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Full text of "Grundzüge der Phonetik: Zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen"

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The New York Public Library 

Literary Society Foundation 
German Philology Collection 



t^kp 



BIBLIOTHEK 



INDOGERMANISCHER GKAMMATIKI 



BEARBEITET VON 



B. DELBBÜCE, E. F07, H. HÜBSCHMANN, A. LESEIEN, 
' G. HETEB, E. SIEVEBS, ¥. STBEITBEBa, B. THÜBNETSEN, H. WEB 

¥. D. WHITHHEY, E. WINDISCH. 



BAND I. 

Am 



GRUNDZÜGE DER PHONETIK ZUR EINFUHRUNG IN DAS STUDIUM DER 
LAUTLEHRE DER INDOGERMANISCHEN SPRACHEN. 



FÜNFTE VERBESSERTE AUFLAGE. 



• m 9 m9 



LEIPZIG, 

DRUCK UND VERLAG VON BREITKOPF & HÄRTEL. 

1901. 



n/LOuCUjiA^ OCA^AA 



GRTJNDZÜGE 

DER 

Vhonetik 



311 



ZUR 



EINFÜHRUNG IN DAS STUDIUM DER LAUTLEHRE 
DER INDOGERMANISCHEN SPRACHEN. 

VON 

EDUARD SIEVERS. ' 



FÜNFTE Y£RB£SS£RT£ AUFLAGE. 




LEIPZIG, 

DRUCK UND VERLAG VON BREITKOPF & HÄRTEL. 

1901. 



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Alle Eedite vorbehalten. 



Vorwort zur dritten Auflage. 



4l8 im Jahre 1875 der Plan für die Bibliothek indoger- 
II. manischer Grammatiken aufgestellt wurde, erschien es 
zweckmässig, der Reihe der eigentlichen Grammatiken ein 
einleitendes Bändchen phonetischen Inhaltes vorauszuschicken. 
Dasselbe sollte, wie auch der Prospect der Sammlung aus- 
drücklich hervorhob, zur Orientirung über die zum Ver- 
ständniss der Lautlehre der indogermanischen Sprachen 
nothwendigen allgemeinen Fragen sowie zur Feststellung 
einer einheitlichen Terminologie für die folgenden Gram- 
matiken dienen. Dieser doppelten Aufgabe suchte dann die 
erste Auflage des vorliegenden Werkchens gerecht zu 
werden, die im Jahre 1876 erschien. Plan und Anlage 
war ihm durch die angeführte Bestimmung vorgezeichnet. 
Zur Erreichimg des ersten Theiles seiner Aufgabe genügte 
es, die in Betracht kommenden Erscheinungen an einer 
Sprache zu exemplificiren, ohne dieselben zugleich statistisch 
durch ein engeres oder weiteres Gebiet hin zu ver- 
folgen. Dass ich dabei, soweit es irgend anging, bei Bei- 
spielen aus der deutschen Sprache und ihren Mundarten 
stehen blieb, war nur natürlich. Denn einerseits wurde 
das Buch doch zunächst für deutsche Leser geschrieben, 
von denen die meisten doch kaum in der Lage gewesen 
sein würden, ausserdeutsches Material einer genügenden 
Controle zu unterziehen; andererseits war und bin ich der 



VI Vorwort. 

TJeberzeugung, dass man nur für Angehörige der eigenen 
Sprachgenossenschaft phonetische Dinge verständlich erläu- 
tern könne, wenn man von den wenigen Lesern absieht, 
welche die Phonetik streng fachwissenschaftlich betreiben 
oder über ein grosses empirisches Sprachmaterial verscliie- 
denster Herkunft verfügen. Wenn ich in der zweiten Aus- 
gabe von diesem Gesichtspunkte durch Einflechtung etwas 
zahlreicherer Belege aus fremden Sprachen abgewichen bin 
(das machte sich namentlich bei der Besprechung des Bell- 
schen Vocalsystems nothwendig), so geschah das haupt- 
sächlich auf den ßath von Storm, welcher glaubte, dass 
das Buch dadurch den specielleren Interessen der Phone- 
tiker von Fach nützlicher gemacht werden würde. In der 
neuen Auflage bin ich in dieser Beziehung sehr conservativ 
verfahren. Nur wenig neues Einzelmaterial, das besonders 
aufklärend wirken konnte, hat Aufnahme gefunden. Im 
Uebrigen habe ich auch diesmal wieder streng an dem 
Grundsatze festhalten zu müssen geglaubt, nur Stelbstgehör- 
tes zu beschreiben. Die im Ganzen nicht zahlreichen Ab- 
weichungen von diesem Grundsatz sind stets im Context aus- 
drücklich angegeben. 

Was sodann die innere Gestaltung des Buches anlangt, 
so musste es mir im Bttnblick auf den zweiten Theil meiner 
Aufgabe mehr auf eine Definition dessen ankommen, was 
unter den zur Zeit in der Sprachwissenschaft üblichen 
Namen zu verstehen sei, als auf eine radicale Umwälzung 
der gesammten Nomenclatur auf streng phonetischer Grund- 
lage. Ich hätte, zumal bei dem geringen Interesse, welches 
noch vor zehn Jahren in sprachwissenschaftlichen Kreisen 
für phonetische Fragen herrschte, bei einer solchen Um- 
wälzung schwerlich auch nur auf eine annähernde Zustim- 
mung der übrigen Mitarbeiter an der Bibliothek indoger- 
manischer Grammatiken rechnen dürfen, und somit hätte 
die Reform keinen andern Zweck gehabt, als mein Buch 
gerade für die Kreise sprachwissenschaftlicher Leser un- 
brauchbar zu machen, für welche dasselbe bestimmt war. 



Vorwort. VII 

Auch nach dieser Richtung hin sind in der neuen Auflage 
keine principiellen Aenderungen vorgenommen worden, und 
ich glaube mir durch diese Enthaltsamkeit den Dank meiner 
sprachwissenschaftKchen Leser zu erwerben. 

Auch die BibKographie ist, um das gleich hier zu er- 
wähnen, dem alten Princip getreu geblieben, nur eine Aus- 
wahl aus der überreichen phonetischen Literatur zu geben. 
Das gilt insbesondere auch bezügUch der in den letzten 
Jahren stark angeschwollenen Literatur der rein praktischen 
Phonetik, welche den Bedürfnissen des neusprachhchen 
Schulunterrichts entgegenkommen will. Auf der andern 
Seite wird man manche Schrift aufgeführt finden, welche 
zwar dem Fachphonetiker femer hegt, aber für den Sprach- 
wissenschafter von Interesse ist. Den Stern, welcher in der 
zweiten Auflage die Anhänger der engUschen Richtung der 
Phonetik auszeichnen sollte, habe ich fallen lassen, weil 
inzwischen so viele verschiedene Schattirungen aufgetreten 
sind, dass eine derartig kurze Charakterisirung nicht mehr 
thunlich erscheint. 

Stärkere Umarbeitungen haben hiemach in dieser neuen 
Auflage fast nur die einleitenden Paragraphen und der Ab- 
schnitt über die Vocale erfahren, beides mit Rücksicht auf 
die eingehenderen Discussionen über principielle Fragen, 
welche uns die letzten Jahre gebracht haben. Meine Stel- 
lung zu dem Bell'schen Vocalsystem habe ich trotz aller 
Angriffe, welche dasselbe erfahren hat, nicht aufgeben kön- 
nen. Dass ich dasselbe überschätzt habe, vermag ich sei- 
nen Gegnern nicht zuzugeben. Ich glaube auch heute noch 
nicht nur, dass Bell's System seiner Zeit das relativ voll- 
kommenste Vocalsystem gewesen ist, das bis dahin aufge- 
stellt worden war, sondern auch, dass Bell's Princip der 
Classification der Vocale nach den Zungenstellungen ohne 
Rücksicht auf die Klangverwandtschaft die einzige sohde 
Basis für den Weiterbau der Vocallehre abgibt. Für ab- 
geschlossen habe ich auch Bell's System niemals ge- 
halten. 



VIII Vorwort. 

In der Einleitung habe ich mich bemüht, die Gründe 
schärfer und deutlicher auseinanderzusetzen, welche mich 
zu der Ueberzeugung führen, dass ein allen Anforderungen 
gleichmässig gerecht werdendes allgemeines Lautsystem ein 
Ding der Unmöglichkeit ist, und dass man also auch gar 
nicht darnach streben solle, ein solches aufzustellen. Ob es 
mir .freihch gelingen wird, auch andere von der Richtigkeit 
dieser Negation zu überzeugen, mit der ich zur Zeit ziem- 
lich allein zu stehen scheine, muss ich dahin gestellt las- 
sen. Die Hoffnung auf die Zukunft habe ich noch nicht 
aufgegeben. Einstweilen aber möchte ich auf alle Fälle 
unsere Systemsucher auch hier noch einmal ausdrücklich 
gebeten haben, die für bestimmte sprachwissenschaftliche 
Zwecke aufgestellten Specialsysteme dieses Buches nicht 
wieder für Allgemeinsysteme in ihrem Sinne auszugeben und 
danach zu beurtheilen. Ich bitte es femer nicht als einen 
Rückzug aus einer verlorenen Position zu betrachten, wenn 
ich die beiden Paragraphen, welche sonst der Besprechung 
der Sonoren gewidmet waren, vereinigt und dem neuen Text 
eine andere Stellung gegeben habe als früher. An der 
Nothwendigkeit einer Unterscheidung von Sonoren und Ge- 
räuschlauten halte ich nicht minder fest, als an dem Glau- 
ben, dass es praktisch war, diesen Unterschied an erster 
Stelle zu behandeln, weil jeder Anfänger ihn leicht fassen 
kann, auch ehe er einen Einblick in die Erzeugung der 
Sprachlaute gewonnen hat; ich habe aber geglaubt dem 
ziemhch allgemein ausgesprochenen Verlangen nach einer 
andern Anordnung mich fügen zu sollen und also diesmal 
den genetischen Theil vorausgestellt, zumal diese Ordnung 
allerdings den Vorzug der grösseren Consequenz besitzt. . . 

Zum Schlüsse möchte ich endlich den Wunsch wieder- 
holen, dass man das vorliegende Werkchen nicht als eine 
Art Nachschlagebuch betrachten möge, aus dem man liie 
und da eine Einzelheit zu beliebigem Gebrauch herausgreifen 
kann. Nur systematische Untersuchung der Zusammen- 
hänge zwischen den einzelnen phonetischen Erscheinungen 



Vorwort. IX 

auf Grund der Selbstbeobachtung kann dem Sprachwissen- 
schafter bei seiner Thätigkeit nützen, und zu solcher Selbst- 
beobachtung eine Anleitung zu geben, ist die Hauptaufgabe 
dieses Büchleins. Wer aus dem darin niedergelegten Mate- 
rial ernstlichen Nutzen ziehen will, dem ist daher vor allem 
zu rathen, dass er bei der Durcharbeitung von Anfang an 
jedes gegebene Beispiel sich so lange vorspreche oder vor- 
sprechen lasse, bis er sich ein eigenes Urtheil über die Rich- 
tigkeit der betreffenden Angaben erworben hat. Dabei sei 
er sich stets bewusst, dass er das fremdsprachliche Material 
zunächst nicht um dessen selbst willen sich aneignet, son- 
dern um daran ein erstes Hülfsmittel zum Studium der 
eigenen Sprache zu haben. Nur wer auf diesem Boden 
sicher steht, versuche sich an weiteren, aber stets zusammen- 
hängenden Beobachtungen. Erst wenn er auf diese Weise 
sich einen Einblick in die Entwickelungsreihen lebender 
Sprachen verschafft hat, gehe er dazu über, Probleme aus 
der Lautgeschichte früherer Sprachperioden vom phone- 
tischen Standpimkte aus zu betrachten. Andernfalls dürfte 
die verfrühte Anwendung phonetischer Sätze in der Sprach- 
wissenschaft mehr Schaden als Nutzen bringen. 

Tübingen, 14. October 1885. 

; E. Sievers. 



Vorwort zur fünften Auflage. 



Was über Anlage und Charakter dieses Werkchens im Vor- 
wort zur dritten Auflage gesagt ist, gilt auch noch von 
der fünften. Obwohl auch in dieser wiederum mehrere Ab- 
schnitte umgearbeitet sind, beansprucht sie doch auch nicht 
eben mehr zu sein als eine formell revidirte Wiederholung 
der vierten, die schon ihrerseits der dritten gegenüber eine 
ähnliche Stellung einnahm. Neues fremdsprachliches Be- 
obachtungsmaterial, das nach dem S. VI erwähnten Grund- 
satz allein stärkere sachliche Abänderungen hätte veranlassen 
können, ist mir seit dem Erscheinen der dritten Auflage 
kaum in erheblicherem Masse zugeflossen, und eine Aus- 
einandersetzung mit der immer mächtiger anschwellenden 
phonetischen Specialliteratur oder auch nur den neueren 
Gesammtdarstellungen der Disciplin verboten nicht minder 
der Plan des Werkes selbst als auch die Schranken die der 
Leistungsfähigkeit des Einzelnen gesetzt sind, der nicht in 
der Lage ist, einen grösseren Theil seiner Zeit und Kraft 
dauernd einer solchen Specialdisciplin zu widmen, wie es die 
Phonetik ist. Wer sich über die in der phonetischen Literatur 
aufgetretenen Richtungen und Strömungen im Einzelnen 
unterrichten will, findet für die Zeit bis zu Anfang der 
neunziger Jahre einen zuverlässigen Eührer in der zweiten 
Auflage von Johan Storm's Englischer Philologie (I. Leipzig 
1892), anderes auch in den in der Bibliographie citirten 



Vorwort. XI 

•össeren Werken von Vietor und Jespersen, bibliographisch« 
achweisungen mit kurzen kritischen Bemerkungen auch bei 
reymann. 

Meine Thätigkeit hat sich also auch bei der fünften 
uf läge im Wesenthchen wieder darauf beschnlnken müssen, 
1 Einzelnen auszumerzen, was ich als irrig oder unzweck- 
ässig erkannt zu haben glaubte, einigen Partien einen wie 
h hoffe präciseren und klareren Ausdruck zu geben und 
nige neue Beobachtungen einzuschalten. Dass ich anderer- 
dts da, wo ich durch erhobene Einwände nicht von der 
nrichtigkeit meiner Anschauungen überzeugt worden war, 
lese Anschauungen nochmals zum Ausdruck gebracht habe, 
ird man mir hoffentlich auch diesmal nicht als besondere 
erstocktheit auslegen. 

In den letzten Jahren ist das Schlagwort » Experimental- 
lonetik« zu einer neuen Macht geworden. Ich habe mich 
Lesern neuen Zweig der phonetischen Disciplin gegenüber 
ich in dieser fünften Auflage wieder im Wesentlichen ab- 
artend verhalten müssen, schon aus dem Grunde, weil ich 
gene Oontrolexperimente nicht habe anstellen können. Auch 
ekenne ich, dass ich den Enthusiasmus nicht ganz theile, 
lit dem die Experimentalphonetik auch von philologischer 
•eite begrüsst worden ist. Zwar bezweifle ich nicht, dass 
ie vervollkommneten graphischen Apparate der Neuzeit 
n Wesentlichen das richtig wiedergeben was in sie hinein- 
;esprochen wird, wohl aber bezweifle ich auf Grund lang- 
ähriger Erfahrung im phonetischen Unterricht, dass es ohne 
chwerste Selbstzucht jemandem gelinge, in einen Apparat 
lasjenige hineinzusprechen oder mit einem Messapparat im 
5prachorgan dasjenige hervorzubringen was er sonst unter 
lormalen Bedingungen spricht. Ich bin also vor der Hand 
geneigt zu glauben, dass die Abweichungen von der Sprech- 
aonn die durch die psychische Befangenheit vor dem Apparate 
entstehen im Durchschnitt mindestens ebenso häufig und 
'benso gross sein werden, als die Fehler die einem gut ge- 
schulten Phonetiker bei der Beobachtung xms^x. S^x^dsNfc^ 



XII Vorwort. 

ohne Apparate mit unterlaufen, und nicht minder gross sind 
die Gefahren, welche falsche Deutungen oder falsche Ge- 
neralisirungen an sich richtiger Deutungen der von den 
Apparaten aufgezeichneten Ourven mit sich bringen. Was 
jene Untersuchungen bisher an bleibend WerthvoUem ergeben 
haben, scheint mir ausserdem mehr der streng naturwissen- 
schaftlichen Seite der Phonetik anzugehören und schon des- 
halb nicht in den Bereich dieses Werkchens zu fallen. 

Und so lasse ich denn das immer noch verlangte Buch, 
mehr dem Wunsche der Herrn Verleger als eigenem Triebe 
folgend, hiermit nochmals ausgehn, ein Vierteljahrhundert 
nach seinem ersten Erscheinen und im vollen Bewusstsein 
von den mancherlei Lücken und Schwächen die ihm noth- 
gedrungen anhaften, aber doch auch in der tröstlichen 
Zuversicht, dass es noch das eine oder andre enthalte, das 
seine Existenz neben den eingehenderen Specialdarstellungen 
der neueren Zeit auch heute noch rechtfertigt. 

Leipzig, 21. April 1901. 

E. Sievers. 






Inhalt. 



Seite 

ibschnitt. Einleitiingr« 

Cap. 1. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik 1 

Cap. 2. Allgemeine akustische Sätze 9 

Cap. 3. Das menschliche Sprachorgan 12 

Cap. 4. Die Functionen der Sprachorgane im Allge- 
meinen: Ruhelage 21. Der Begriff der Articu- 
lation 21. Die Eespirationsverhältnisse 22. Die 
Th'ätigkeit des Kehlkopfs 25 (Die Stipime oder 
Vollstimme 26; die Flüsterstimme 28; die Mur- 
melstimme 29). Die Thätigkeit des Ansatzrohrs 
(schallbildende und schallmodificirende Articu- 
lation) 30. Zusammenfassung (Factoren der 
Lautbildung) . , 33 

Cap. 5. Die Eintheilung der Sprachlaute: Vorfragen: 
Sprachlaute oder Sprachelemente? 34. Die Ein- 
theilung der Sprachlaute im Allgemeinen (Vocale 
und Consonanten, und Sonant und Consonant) 38. 
Was sind Einzellaute? 43. Aufstellung eines 
Sprachlautsystems (Unthunlichkeit allgemeiner 
Systeme) 46. Gesichtspunkte der Gruppirung. 50 

• ibschnitt. Die Gruppen der Spraehlaute und die Einzellaute« 

I. Die Gruppen. 

Cap. 6. Die Articulationsarten des Ansatzrohrs ... 51 
Cap. 7. Die Articulationsstellen des Ansatzrohrs 55. 
Lippenlaute 57. Zungengaumenlaute 57 (mediane 
und laterale, coronale und dorsale Articulation 
59) : Vorderes Gebiet 60 (cerebrale 61, alveolare 
postdentale, interdentale Coronallaute 61 ; dor- 
sale 62). Mittleres Gebiet (Palatale) 63. Hinteres 
Gebiet (Velare) 63. Emphatische Laute 64. 
Laterale 64. Faucallaute ^ 



XIV Inhalt. 

Se 

Cap. 8. Die Articulationen des Kehlkopfs: Allgemeines 

67. Laryngallaute i 

Cap. 9. Die Sprachlaute nach ihrer Stärke und Dauer : 
Stärke (Fortis und Lenis) 69. Dauer .... 

Cap. 10. Die Sprachlaute nach ihrem akustischen Werth : 
Sonore und Geräuschlaute 

U. Die einzelnen Sprachlaute. 

A. Die ursprünglichen Sonoren. 

Cap. 11. Die Vocale 79: Die Anordnung nach Klang- 
reihen 80. Die Anordnung nach Eigenton- 
reihen 88. Die Anordnung nach Articulations- 
reihen (Bell's System) 94. Lauttabelle I (Vocal- 
tafel) 103. NasalvocaJe 109. Gemurmelte Vocale 
110. Stimmlose Vocale und h 111. Schluss- 
bemerkungen 1 

Cap. 12. Die Liquidae 115: r- Laute 116, ^-Laute. . . 11 
Cap. 13. Die Nasale 1! 

B. Die Geräuschlaute. 

Cap. 14. Die Spiranten: Labiale und Labiodentale 127. 
Zischlaute 128. Palatale und velare o;- Laute 
133. Laryngale i; 

Cap, 15. Die Verschlusslaute: Nach ihren Articulations- 
stellen: Labiale, Laute der Zungenspitze 135, 
Palatale 136, Velare, Laterale, Laryngale 137. 
Nach den verschiedenen Arten ihrer Bildung 138. 
Verhältniss der verschiedenen Bildungsweisen 
zu der älteren Terminologie (Tenuis, Media, 

Aspirata u. a.) 1 

Lauttabelle 11 1- 

III« Absehnitt« Combinationslehre« 

Cap. 16. Allgemeineres 1- 

L Laute und Lautverbindungen. 

Cap. 17. Lauteinsätze und -absätze : BeiVocalenloO, bei 
Liquiden und Nasalen 155, bei Spiranten 156, 
bei Verschlusslauten 1.' 

Cap. 18. Die Berührungen benachbarter Laute im All- 
gemeinen !•' 

Cap. 19. Die Berührungen von Sonoren 159. Verbindung 
zweier Vocale, die verschiedenen Silben ange- 
hören 160. Diphthonge 160. Halbvocale 166. 
Triphthonge 167. Verbindungen von Vocalen 
mit Liquiden und Nasalen, imd von Liquiden 
und Nasalen unter einander 1( 



Inhalt. XV 

Seite 

Cap. 20. Berührungen eines sonorenLauies mit Gerausch- 
lauten : Sonore und Spiranten 168. Sonore und 
Verschlusslaute 170 

Cap. 21. BerührungenvonGteräuschlautenlTö. Affricatae 
176. Oeffnung von Yerschlusslauten ohne Ex- 
plosion 178 

Cap. 22. Berührungen homorganer Laute (laterale und 

nasale Explosion u. a.) 179 

Cap. 23. Mischung verschiedener specifischer Articula- 
tionen (Einwirkungen von Vocalen auf Con- 
sonanten etc.) 181. Palatalisirung 185. Yela- 
risirung 188. Rundung oder Labialisirung 189. 
Aufnahme anderer Articulationen 190 

Cap. 24. Beduction 190. Beduction des B.eibungsge- 
räusches von Spiranten (G^räuschreduction) 191. 
Reduction von Dauerlauten zu Gleitlauten (Stel- 
lungsreduction) 193. Beduction stimmhafter 
Laute zu stimmlosen (Stimmreduction) .... 196 

IL Silbenbildung. 

Cap. 25. Der Bau der Silbe im Allgemeinen 198. Druck- 
silben und Schallsilben 202. Die relative Schall- 
fülle der SilbengUeder . 203 

Cap. 26. Die relative Druckstärke der Silbenglieder. . 206 

Cap. 27. Die Silbentrennung 209. Druckgrenze vor und 
nach einem Consonanten 210; in einem Con- 
sonanten (Gemination) 211 

in. Accent und Quantität. 

Cap. 28. Allgemeines 215 

1. Silbenaccent. 

• 

Cap. 29. Der exspiratorische oder dynamische Silben- 
accent 218. Die Exspirationsbewegung der Silbe 
an sich: Silbengipfel, ein- und zweigipflige 
Silben 218; Stosston 221. Die Druckabstufung 
des Silbenschlusses (stark und schwach ge- 
schnittener Accent) 222 

Cap. 30. Der musikalische oder tonische Silbenaccent . 225 

2. "Wort- und Satzaccent. 

Cap. 31. Allgemeines 228 

Cap. 32. Der exspiratorische oder dynamische Satz- 
accent: Der Satz und seine Glieder 232. Die 
Formen der Sprechtakte 235. Die Abstufung 
innerhalb der Sprechtakte 237. Die Abstufungen 
der Satztakte unter einander ^^S^ 



XVI Inhalt. 



Seite 



Gap. 33. Der musikcdische oder tonische Wort- und Satz- 
accent: Vorbemerkungen 242. Der tonische 
Wortaccent 246. Der tonische Satzaccent . . 251 

3. Quantität. 

Cap. 34. Allgemeines 254 

Gap. 35. Lautquantit'ät 

Gap. 36. Silben- und Taktdauer: Silbenquantität 261. 
Taktdauer 



IT. Abscknitt. Lantwechsel und Lautwandel. 

Gap. 37. Allgemeines (Ursachen des Lautwechsels 268. 

Entstehungsweise 269. Springender Lautwechsel 

270. Lautwandel 270. Glassification der Arten 

des Lautwechsels 273. Assimilationen 275) . 267 

Gap. 38. Lautwechsel durch örtliche Verschiebung . . 278 

Gap. 39. Lautwechsel durch graduelle Verschiebung der 

Hemmung 283 

Cap. 40. Lautwechsel durch zeitliche Verschiebung von 
Articulationsfactoren 287. Verschiebung der 
Exspiration 288. Verschiebung der Kehlkopf- 
articulation gegen die Articulationen des An- 
satzrohrs 289. Verschiebung von Ansatzrohr- 

articulationen 291. Metathesen 297 

Gap. 41. Lautwechsel durch dynamische Verschiebung . 298 
Gap. 42. Quantit'ätswechsel 300 

Literatur 305 

Register 316 



I. Abschnitt. 
Einleitung. 

Cap. L Stellung, Aufgabe nnd Methode der Phonetik. 

1. Unter Phonetik verstehen wir die Lehre von der 
iprachbildung, d. h. von der Erzeugung, dem Wesen und 
ler Verwendung der Sprachlaute zur Bildung von Silben, 
iVörtem und Sätzen, endhch auch von den allgemeinen Be- 
lingungen ihres Wandels und Verfalls. Somit bildet die 
Phonetik ein Grenzgebiet zwischen der Physik, insofern sie 
deh mit der akustischen Analyse der einzelnen Lautmassen 
beschäftigt, der Physiologie, insofern sie die Functionen der 
zur Erzeugung und Wahrnehmung der Sprache thätigen Organe 
erforscht, und endhch der Sprachwissenschaft, insofern sie 
über die Natur eines wichtigen Objectes derselben Aufschluss 
ertheilt. 

3. Nur für die beiden genannten naturwissenschafthchen 
Disdphnen kann die Erforschung des Werdens und der Natur 
der Einzellaute Selbstzweck sein, aus denen sich die Sprache 
aufbaut. Für den Sprachforscher ist die Phonetik nur eine 
Hülfswissenschaft. Demgemäss stuft sich auch das Literesse 
der Einzeldisciplinen an den verschiedenen Theilgebieten ver- 
schieden ab. Aufgabe und wesenthchstes Ziel der naturwissen- 
schafthchen Forschung ist es, die aUgemeinen grundlegenden 
Gesetze über Natur, Bildung und Verwerthung der Sprachlaute 
festzustehen. Dem Sprachforscher fäht dagegen die Aufgabe 
2U, diese Grundgesetze in ahe die Verzweigungen hinein zu 
verfolgen, welche sie in den verschiedenen Sprachen und Mund- 
arten erfahren haben, und die Resultate dieser Specialforschung 
seinen wissenschafthchen Zwecken nutzbar zu machen. Dem 
Naturforscher muss es demnach mehr auf das AllgemöinÄ^ 

SieVerB, Thonetik. 6. Äuß. \ 



2 3. 4. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik. 

Theoretische ankommen, den Sprachforscher interessirt vor- 
wiegend das Einzelne in seiner speciellen Verwendung innerhalb 
der Objecto, deren Studium er sich widmet. 

3. Innerhalb des weiten Gesammtgebietes der Sprach- 
wissenschaft selbst haben ohne Zweifel die auf die Erfor- 
schung der lebenden Sprachen gerichteten Studien das 
unmittelbarste und praktisch bedeutsamste Interesse an den 
Aufschlüssen über die Natur sprachlicher Erscheinungen, 
welche die Phonetik zu geben vermag; denn nur auf Grund 
phonetischer Erkenntniss lässt sich das Thatsächliche in der 
Aussprache der verschiedenen Idiome feststellen. Die Erkennt- 
niss von der Richtigkeit dieses Satzes hat sich immer mehr 
Bahn gebrochen, und in gleichem Masse ist die praktisch- 
phonetische Forschung mehr und mehr bestrebt gewesen, auch 
den Zwecken des modernen Sprachstudiums entgegenzukommen. 
Sie hat namentlich ihr Augenmerk darauf gerichtet, unter thun- 
lichster Beschränkung theoretischer Erörterungen zuverlässiges 
Beobachtungsmaterial zu beschaffen und dieses nach prakti- 
schen Gesichtspunkten unter einfache Hegeln zu bringen. Der 
Erfolg, welchen diese Bestrebungen zu verzeichnen gehabt 
haben, bürgt hinlänglich dafür, dass der eingeschlagene Weg 
für die Lösung dieser Aufgabe der richtige war. Um so zweifel- 
hafter muss es erscheinen, ob das in neuester Zeit auch bei 
einstigen Vertretern der praktischen Sichtung in Schwang ge- 
kommene übermässige Betonen der rein mechanisch messenden 
und darstellenden sog. Experimentalphonetik der philologi- 
schen Seite der Disciplin auf die Dauer mehr zum Nutzen als 
zum Nachtheil gereichen wird, unbeschadet einer Reihe auch 
praktisch verwerthbarer Resultate, welche diese Experimental- 
phonetik bisher gezeitigt hat. 

4. Wiederum anders als für den Erforscher der lebenden 
Sprachen stellt sich das Verhältniss der Phonetik zu der 
historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft. Für 
diese kommt die praktische Seite der Phonetik nur insoweit in 
Betracht, als es gilt, die Aussprache der lebenden Vertreter 
einer Sprach- oder Mundartengruppe festzustellen, deren Ge- 
schichte erforscht werden soll. Solcher Feststellungen bedarf 
der Sprachforscher insbesondere zur Belebung der mangelhaften 
Abbilder sprachlicher Erscheinungen, welche die unvollkomme- 
nen Schriftsysteme alter und neuer Zeit gewähren, die nur zu 
oft Eigenthümlichkeiten der Aussprache verhüllen, welche für 
die Entwickelung der Sprache von Wichtigkeit sind. Aber der 



4. 5. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik. 3 

chwerpunkt des Interesses, welches die Sprachforschung an 
er Phonetik nimmt, liegt doch auf einer andern Seite. Dem 
Iprachhistoriker soll die Phonetik in erster Linie Aufklärung 
erschaffen über die Natur, den Verlauf und die Zusammen- 
änge der verschiedenen lautlichen Processe, deren Anfang und 
Endpunkt er durch geschichtliche Betrachtung der Sprache 
3stgestellt hat. Sie kann dies thun, indem sie ihm in dem 
[ebeneinander der lebenden Sprachen und Mundarten Reihen 
on Entwicklungsstufen aufweist, die ihn zu bündigen Analogie- 
ßhlüssen über den Entwicklungsgang der Einzelsprache führen, 
nd indem sie ihm, abermals an der Hand der lebenden Sprache, 
as Verhältniss zwischen der den sprachlichen Wandel be- 
ingenden Ej:aft und der daraus im Einzelfalle resultirenden 
''eränderung gewissermassen paradigmatisch darstellt. Der 
iprachhistoriker bedarf daher in minderem Masse als der Neu- 
hilologe detaillirter Einzelvorschriften über die Aussprache 
ieses oder jenes Idioms, und in noch geringerem Masse der 
Lufstellung eines allgemeinen Systems, in dem die Einzellaute 
er verschiedenen Sprachen nach einem bestimmten Schema 
m- für allemal untergebracht sind. Ja, man kann geradezu 
agen, dass, während für den phonetischen Theoretiker sein 
System und die daraus fliessende strenge Scheidung der einzel- 
leh Lautgruppen und Laute im Mittelpunkte des Interesses 
itehen, der den geschichtlich bezeugten Wandlungen und Ver- 
ichiebungen eben dieser Gebilde nachgehende Sprachhistoriker 
un meisten Nutzen ziehen wird aus einer systematischen Be- 
frachtung gerade der Berührungspunkte zwischen den einzelnen 
Onterabtheilungen, welche der Systematiker aufstellt und nach 
Kräften aus einander zu halten sucht. 

5. Den Bedürfnissen aller der vorgenannten Interessen- 
beise gleichmässig gerecht zu werden, wird keine Einzel- 
darstellung der Phonetik im Stande sein. Dem Phonetiker 
naturwissenschaftlicher Sichtung wird das sprachliche Einzel- 
material, dessen der Philologe und Linguist bedarf, kaum je in 
vollem Umfange zugänglich sein. Zudem entbehrt es für ihn 
des Interesses, da auch die grösste Häufung des Materials ihm 
keine wesentliche Unterstützung bei der Ableitung der all- 
gemeinen Sätze über Sprachbildung bieten kann, nach der er 
strebt. Noch femer liegen ihm die entwicklungsgeschichtlichen 
Probleme des Sprachhistorikers. Wiederum werden die wenig- 
sten Vertreter der philologischen Seite dem Naturwissen- 
schafter in die Details seiner anatomischen, physiolog^achftTLXvxÄ. 



4 6. 7. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik. 

physikalischen Forschungen folgen wollen oder können. Gresetzt 
aber auch, es gelänge einem Einzelnen, alle die Kenntnisse zu 
vereinigen, deren eine allseitige Darstellung der Phonetik be- 
darf, und diese in einem Lehrbuch der allgemeinen Phonetik 
niederzulegen, so würde ein solches Werk doch wieder nicht 
den Bedürfnissen des Lernenden entsprechen können, der docli 
zunächst wohl stets nur mit einem einseitigen Interesse an die 
Phonetik herantritt und demgemäss auch nur der einen oder 
anderen Seite derselben, nicht allen, ein Verständniss ent- 
gegen bringt. 

6. Solchen Erwägungen gegenüber erscheint es angezeigt, 
den Gedanken an eine Allgemeindarstellung der Phonetik 
überhaupt fallen zu lassen zu Gunsten von Einzeldarstellungen, 
welche, von dem Allgemeinen nur das Nothwendigste in Kürze 
berührend, den besonderen Bedürfnissen der verschiedenen 
Literessenkreise um so grössere Aufmerksamkeit widmen. 
Einem solchen Sonderinteresse will denn auch beispielsweise 
das vorliegende Werk dienen. Es ist zunächst geschrieben zur 
Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen 
Sprachen älterer Zeit, etwa in dem Umfange, wie sie in der 
»Bibliothek indogermamscher Grammatiken« vertreten smä] 
und es versucht dieser Aufgabe gerecht zu werden, indem es 
sich bestrebt an der Hand ausgewählter Beispiele über eine 
Reihe von phonetischen Fragen zu orientiren, welche für das 
Verständniss indogermamscher Lautentwicklung in Betracht 
kommen. Was sonst zur Vervollständigung des Materials etwa 
beigebracht ist, will und soll also nur als gelegentliche Ergän- 
zung dienen, die das Buch, soweit das dem Verfasser möghcli 
war, auch dem Nichtindogermanisten bei sprachgeschichtlichen 
Arbeiten verwerthbar machen hilft. Es ist also bei dieser 
Betonung des sprachgeschichtlichen Momentes selbstverständ- 
lich, dass das Buch sich weder an naturwissenschaftliche Leser 
wendet, noch den Bedürfnissen der neueren Philologie und 
specieU des Unterrichts in den neueren Sprachen anders als 
gelegentlich insoweit B;echnung tragen kann und will, als diese 
Bedürfnisse sich mit denen des Sprachhistorikers berühren. 

7. Es liegt in der Natur der Sache begründet, dass für alle 
phonetische Ausbildung ein gewisses Quantum von münd- 
licher üeberlieferung unerlässlich ist. Eine blosse Beschrei- 
bung wird nie im Stande sein, diejenigen Feinheiten der Laut- 
gebung klarzulegen, welche den eigenthümlichen Charakter 
einer Sprache oder Mundart und damit auch oft die specielle 



8. 9. Stellung, Angabe und Methode der Phonetik. 5 

Bdchtung ihrer Weiterentwicklung bestimmen, während das 
durch mündliche Schulung vorgebildete Ohr chese Dinge mit 
Leichtigkeit au£mfassen vermag. Am ehesten mag es noch 
gelingen, die allgemeinen naturwissenschaftlichen G-rundgesetze 
der Sprachbildung theoretisch und doch allgemein verständlich 
vorzutragen. Je mehr aber die Phonetik den praktischen 
Zwecken des Sprachunterrichts oder der Sprachforschung 
dienstbar gemacht werden soll, um so mehr muss die eigene 
directe Beobachtung des Lernenden an die Stelle der Unter- 
weisung durch den Lehrer treten. Ein für philologische Leser 
berechnetes Lehrbuch der Phonetik kann und darf daher im 
Wesentlichen nichts anderes sein, als eine Anleitung zur Beob- 
achtung, welche dann ihrerseits dem Lernenden die feste 
Gtnmdlage für die praktische Yerwerthung der so gewonnenen 
phonetischen Sätze zu schaffen hat. 

8. Yerhältnissmässig einfach gestaltet sich in dieser Be- 
ziehung noch die Aufgabe des Sprachlehrers, dessen Beob- 
achtungsfeld sich im Wesentlichen auf die Normalaussprache 
derjenigen Oultursprachen beschränken darf, auf welche sich 
sein Unterricht erstreckt. Der Sprachforscher dagegen darf 
an eine solche Beschränkung nicht denken. Je mannigfaltiger 
die lautgeschichtlichen Probleme sind, an deren Lösung er 
arbeitet, um so umfassender und sicherer muss auch sein Ueber- 

: blick über die sprachlichen Entwicklungszustände lebender 
Idiome sein, wenn er sich nicht fort und fort der Gefahr aus- 
{ setzen will, zu einem falschen Erklärungsmittel zu greifen. 

9. Vor allem muss der Sprachforscher, der aus phonetischen 
Stadien ernstlichen GTewinn für seine Wissenschaft zu er- 
arbeiten strebt, sich von vom herein von einer Masse von Vor- 
nräieilen zu befreien suchen, zu denen theils die Schule, theils 
die praktische Uebung des Lebens hintreibt, und von denen 
gerade geldirte Kreise am allerwenigsten frei sind. Li erster 
Linie steht unter diesen Yorurtheilen die Meinung, dass allein 
in den Schrift- oder Oultursprachen das sprachlich Normale 
und Natürliche geboten werde. Die notiiwendige Voraus- 
setzung dieser Lehre, die Einheitlichkeit der Sprachen, besteht 
ja überall nur auf dem Papier: und so müssen, wenn der Ein- 
zehie nach alter Unsitte den Lautzeichen der Schrift willkür- 
lich seine individuelle Aussprache unterlegt und diese zur ein- 
zigen Grundlage seiner Beurtheilung fremder Sprachen macht, 
schliesslich eine unzählbare Masse von Standpunkten in unlös- 
lichen Oonflict gerathen. Und bestünde nun auch wirklich in 



6 10. 11. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik. 

einer Cultursprache irgendwo eine grössere Einheit (und diese 
könnte erfahrungsgemäss doch nicht anders als durch künst- 
liche Züchtung auf Grund eines aus einer früheren Sprach- 
periode überlieferten Schriftsystems entwickelt sein), "wie 
könnten aus ihr gewonnene Anschauungen zur Aufklärung der 
so oft von der Einheitlichkeit zur Vielfachheit hindrängenden 
Sprachentwicklung dienen? Dazu kommt, dass die einzelnen 
modernen Cultursprachen einander zu fem stehen, als dass man 
aus ihrer Vergleichung allein mit der erforderlichen Sicherheit 
allgemeinere Sätze über Laut- und Sprachentwicklung ableiten 
könnte. Hier müssen die Mundarten ergänzend eintreten, weil 
sie allein die dort fehlenden Mittelglieder zu liefern im Stande 
sind. Zudem vermögen die Mundarten dem Beobachter in der 
Regel ein viel deutlicheres Bild von der Consequenz der Laut- 
gebung und Lautentwicklung zu geben als die Schrift- und 
Cultursprachen, die nicht nur in ihrem jeweiligen Bestände ein 
Gemisch von Sprach- und Lautformen verschiedenartigsten 
Ursprungs darzubieten pflegen, sondern auch allzeit viel mehr 
willkürlichen Beeinflussungen seitens des einzelnen Lidividuums 
unterliegen, als die nur durch die unbewusste und deshalb 
stetigere Tradition des mündlichen Verkehrs fortgepflanzten 
Idiome des niederen Volkes. 

10. Den Ausgangspunkt für alle phonetischen Studien muss 
sonach dem Sprachforscher die ihm von Jugend auf geläufige 
Mundart bilden. Ist ihm eine eigentliche Volksmundart nicht 
zugänglich, so halte er sich zunächst wenigstens an die un- 
befangene, leichte Umgangssprache der Gebildeten seiner Hei- 
math, nicht an die meist künstlich gemachte und darum oft 
inconsequente Sprechweise der Schule, der Kanzel, des Theaters 
oder des Salons. Erst wenn man zu völliger Klarheit über alle 
lautlichen Erscheinungen der eigenen Mundart gekommen ist, 
gehe man zum Studium erst näher liegender, dann allmählich 
auch zu dem femer stehender Mundarten und Sprachen über, 
und wenn es irgend angeht, suche man sich eine oder mehrere 
Mundarten vollkommen anzueignen. 

11. Ueber die Art, wie man bei diesem fortschreitenden 
Studium insbesondere die Lautsysteme verwandter Mundarten 
zu betrachten hat, sind unten namentlich in den Schluss- 
betrachtungen des Cap. 11 (285 ff.) einige nähere Andeutungen 
gegeben. Es sei aber auch hier schon nachdrücklichst darauf 
hingewiesen, dass die Aufgaben der historischen Phonetik nicht 
durch blosse statistische Betrachtung von Einzellauten und 



12. 13. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik. 7 

deren Veränderungen gelöst werden können. Denn im All- 
gemeinen ist es nicht der einzelne Laut, welcher Aach gewissen, 
überall gültigen Gesetzen der Veränderung unterliegt, sondern 
es findet gewöhnlich eine correspondirende Entwicklung 
correspondirender Lautreihen in correspondirender 
Stellung statt (vgl. z. B. die gleichmässige Verschiebung der 
Tenues-, Medien- und Aspiratenreihen in der germanischen 
Lautverschiebung, oder die Umsetzungen ganzer Vocalsysteme 
durch Steigerung oder Minderung der specifischen Articulation 
der Vocale u. dgl.) ; ja in der Regel werden sich auch noch 
besondere Gesichtspunkte auffinden lassen, welche die Ver- 
änderung einer solchen Lautreihe aus dem Gesammthabitus des 
Systems und der besonderen Stellung jener Beihe in ihm er- 
klären helfen. 

12. Vor allen Dingen suche man sich also einen genauen 
Mnblick in den Bau jedes zu behandelnden Lautsystems 
zu verschaffen. Man wird gut thun, dabei stets im Auge zu 
behalten, dass dieser nicht so sehr durch die Anzahl der zufällig 
in ihm zusammengewürfelten Laute an und für sich, als durch 
das Verhältniss dieser einzelnen Glieder unter einander bedingt 
wird, und dass nicht der akustische Eindruck eines Lautes das 
Wesentliche bei der Sache ist, sondern die Art, wie er ge- 
bildet wird. Denn das was wir Lautwandel nennen, ist ja erst 
eine secundäre Folge der Veränderungen eines oder mehrerer 
derjenigen Bildungsfactoren, durch deren Zusammenwirken 
ein Laut erzeugt wird. 

13. Die Erwerbung einer derartigen phonetischen Vorbil- 
dung ist, wie hier von vom herein betont werden soll, keine 
leichte Sache. Sie erfordert eine unermüdliche, ausdauernde 
Schulung der Sprachorgane und, namentlich mit Beziehung auf 
den zuletzt angeführten Satz, des Gehörs. Denn einerseits 
pflegt das Ohr für ihm fremdartige Laute oder deren Unter- 
schied von den ihm geläufigen stets bis zu einem gewissen 
Grade taub zu sein, oder wo wirklich ein Unterschied wahr- 
genommen wird, pflegen wir oft Mitteldinge zwischen den frem- 
den und den eigenen Lauten zu hören, die nur dadurch ent- 
stehen, dass die Vorstellung der eigenen Laute mit der der 
entsprechenden gehörten fremden Laute zusammenschmilzt. 
Andererseits laufen wir bei der nun einmal erworbenen Un- 
empfindlichkeit des Gehörs für kleinere Verschiedenheiten im 
Eiange der Laute oft Gefahr, fremden Lauten, die man nur mit 
dem Gehör erfassen kann, solche Articulationen zuzuschreiben^ 



2 



t. 



i 



8 14. Stellung, Au%abe und Methode der Phonetik. 

mit denen man bei dem Versuche der Nachbildung dem akusti- 
schen Effect derselben einigermassen nahe kommt, obwohl oft 
genug diese eigenen Artikulationen den fremden nicht ent- 
sprechen. Man wird also erst dann sagen dürfen, dass ein vor- 
läufiger Abschluss in der phonetischen Vorbildung nach dieser 
Sichtung hin erreicht ist, wenn es dem Beobachter gelingt, 
jeden fremden Laut, womöglich auch nach dem G^hör allem, 
richtig zu erfassen und nach seiner Stellung im eigenen nvie 
nach seinem Verhältniss zu entsprechenden Lauten anderer 
Systeme zu charakterisiren. Als eine Vorbereitung für die Er- 
reichung dieses Zieles mag auch die vorsichtige Beschäftigmig 
mit experimentalphonetischen Studien hie und da von Nutzen 
sein, insofern sie zumal den stumpf hörigen Anfänger über bis- 
her übersehene Lücken in seinem Beobachtungsvermögen auf- 
klären können. Wirkliche Herrschaft über das Errungene er- 
laiigt aber dann doch wieder nur derjenige, dem es gelingt 
seine Sinne so zu schärfen, dass er nicht mehr dem Banne der 
vielfach täuschenden todten Apparate zu unterliegen braucht — 
14. Die landläufige Grranmiatik nimmt gewöhnlich von den 
Buchstaben oder Lauten ihren Ausgang und steigt von da zu 
der Betrachtung der Silben, Wörter und Sätze auf. Es ist 
aber von selbst einleuchtend, dass eine streng systematisch vor- 
gehende Phonetik bei der Untersuchung des Satzes beginnen 
müsste, deim der Satz allein ist ein in der gesprochenen Sprache 
selbst gegebenes, direct zu beobachtendes Object. Das Wort, 
die Silbe, der Einzellaut aber nehmen gar oft im *Satze' (dies 
Wort in dem weiteren Sinne gefasst, in dem es gewöhnlich 
gebraucht wird; zur Sache selbst s. 611 ff.) verschiedene Gre- 
stalt an, und der Einzellaut existirt in der absoluten Form, 
wie ihn uns die Grammatik vorzuführen gewohnt ist, häufig gar 
nicht einmal isolirt in der Sprache. So sollte also zunächst der 
*Satz' untersucht werden, mit allen denjenigen Veränderung«!, 
die er beim mündlichen Ausdruck erfahren kann (z. B. den- 
jenigen, welche derselbe 'Satz' erleidet, wenn er als einfache 
Aussage, alsAusrufs-, als Fragesatz etc. verwandt vmd, u.a.m.j. 
Erst nachdem man gelernt hat, diesen veränderlichen Eigen- 
schaften des Satzes Rechnung zu tragen, sollte man zur Zer- 
legung des Satzes selbst fortschreiten, d. h. zur Untersuchung 
der einzelnen Sprechtakte (620 ff.) und der Silben als Glie- 
der dieser Sprechtakte. Daran erst hätte sich dann die Analyse 
der Silben als solcher und die ihrer Einzellaute anzu- 
schliessen. Was sich dann am Ende als Definition des Einzellautes 



15. Allgemeine akustische Sätze. 9 

rgibt, ist schliesslicli doch nur eine zum guten Theil von will- 
ürlich gewäMten Gesichtspunkten abhängige Abstraction von 
en vielfach veränderlichen Gestalten, unter denen derselbe 
^genannte Einzellaut in der zusammenhängenden menschlichen 
lede auftreten kann. Aus praktischen Gründen pflegt man 
ber auch beim Studium der Phonetik von den einfachsten 
Hementen zu den complicirteren Gebilden fortzuschreiten, und 
lese allgemein angenommene Methode ist auch in dem vor- 
egenden Werke festgehalten worden. Will man sie aber be- 
olgen, so muss mau sich stets die wichtige Thatsache ver- 
egenwärtigen, dass wir mit den wenigen Dingen, die wir von 
em künstlich isolirten Einzellaut aussagen können, noch 
leineswegs das Wesen desselben in der lebendigen Sprache 
rschöpft haben. Jedenfalls ist die Aufstellung eines blossen 
jautsystems, so wichtig sie an sich ist, doch immer nur eine 
Ler elementarsten Thätigkeiten des Phonetikers, in dessen 
Bereich die gesanmiten Erscheinungsformen der gesprochenen 
Jprache fallen. Man beruhige sich also nicht bei dem Studium 
ler Laute an sich, sondern prüfe, immer zunächst wieder an 
ler Hand der Muttersprache, ebenso genau die Silben-, Takt- 
ind Satzbildung. Alle so erworbenen Kenntnisse erprobe man 
lann weiter zunächst an der Behandlung lebender Sprachen 
md Mundarten, und erst wenn man sich hier völlig gerüstet 
Ludet, gehe man zur Anwendung der phonetischen Kriterien 
rar Erläuterung älterer Sprachzustände und ihrer allmähhchen 
Veränderung bis zu ihren modernen Repräsentanten über. 



Cap. 2. Aligememe akustische Sätze. 

15« Unter dem Namen Schall fassen wir sämmtliche ver- 
nittelst der Gehörorgane und nur vermittelst dieser wahr- 
genommenen äusseren Eindrücke zusammen. Schall entsteht 
dadurch, dass ein elastischer Körper in rasche hin- und her- 
gehende Bewegung (Schwingungen) versetzt wird. Diese 
Bewegung theilt sich zunächst den den Körper umgebenden 
elastischen Medien (in weitaus den meisten Fällen der Luft) 
mit und wird von diesen wieder auf gewisse Theile des Gehör- 
organs übertragen, welche nun ihrerseits durch B;eizung der 
Gehörnerven in uns die Empfindung des Schalles hervorrufen. 
Die Fortpflanzung der Schallbewegung geschieht in der Form 
von Wellen (Schallwellen). 



10 16 — 19. Allgemeine akustische Satze. 

16. Der erste und Hauptunterschied verschiedenen Schal- 
les, den unser Ohr auffindet, ist der Unterschied zwischen 
Geräuschen und musikalischen Klängen. Die Empfin- 
dung eines Klanges wird durch schnelle periodische Bewegungen 
der tönenden Körper hervorgebracht, die eines Geräusches durch 
nicht periodische Bewegungen. Unter einer periodischen Bewe- 
gung verstehn wir dabei eine solche, welche nach genau gleichen 
Zeitabschnitten immer in genau derselben Weise wiederkehrt. 

17. Geräusche lassen sich nicht weiter akustisch classi- 
ficiren ; dagegen unterscheidet man musikalische Klänge nach 
ihrer Stärke, ihrer Tonhöhe und ihrer Klangfarbe. Die 
Stärke wächst und nimmt ab mit der Weite (Amplitude) 
der Schwingungen des tönenden Körpers, die Tonhöhe mit der 
Schnelligkeit, mit der die einzelnen Schwingungen aufein- 
ander folgen, oder, was dasselbe ist, mit der Anzahl der inne^ 
halb eines bestimmten Zeitraums (einer Secunde) gemachten 
Schwingungen, der Schwingungszahl. Die Klangfarbe 
(das Timbre) endlich hängt ab von der Schwingungsform, 
oder, was auf dasselbe hinauskommt, von der Zusammen- 
setzung des Klanges. 

18. Die durch die einfachste Form periodischer Bewegung, 
d. h. durch einfache Pendelschwingungen hervorgerufene Klang- 
empfindung nennt man einen (einfachen) Ton. Solche ein- 
fache Töne geben von den gebräuchlichen musikalischen In- 
strumenten fast nur die Stimmgabeln. Die meisten übrigen 
erzeugen nur akustisch complicirtere Gebilde, die sog. Klänge 
im engeren Sinne. Diese Klänge haben nicht mehr jene ^ein- 
fachen "*, sondern 'zusammengesetzte' Schwingungsformen, die 
aber wiederum alle von der Art sind, dass sich eine jede ein- 
zelne von ihnen, und zwar wieder immer nur in einer gani 
bestimmten Weise, in eine Reihe einfacher Pendelschwingungen 
auflösen lässt. Da nun aber jeder einfachen Pendelschwingungs- 
form ein sog. einfacher Ton entspricht, so kann man auch 
sagen, (iass ein jeder 'Klang' sich in ganz bestimmter Weise 
in eine Bicihe 'einfacher Töne' auflösen lässt oder aus einer 
Beihe bestimmter einfacher Töne zusammengesetzt ist. 

19. Die Töne, aus denen sich diesergestalt ein Klang zu- 
sammensetzt, heissen seine Theiltöne (Partialtöne). Beson- 
ders charakteristisch für die Reihe der Theiltöne, die in einem 
Klange auftreten können, ist, dass ihre Schwingungszahlen sich 
wie die einfachen ganzen Zahlen 1, 2, 3, 4 u. s. w. verhalten. 

Den tiefsten Theilton des Klanges (also den mit der rela- 



20 — 25. Allgemeine akustische Sätze. 11 

tiven Schwingungszahl 1) nennt man dessen Grundton. Nach 
ihm wird die Tonhöhe des ganzen Klanges bemessen. Die 
übrigen Theiltöne heissen, weil sie in der musikalischen Scala 
über dem Grundton liegen, auch die (harmonischen) Obertöne. 

Dem ungeübten Ohre verschmelzen die Theiltöne eines 
Klanges leicht zu einer durchaus einheitlichen Empfindung; 
doch kann man ihr gleichzeitiges Vorhandensein im Klange 
durch Hülf sapparate (Resonatoren) leicht nachweisen. 

20« Die Farbe eines Klanges hängt nach 17 ff. von der Art 
ab, wie in ihm verschiedene Theiltöne gemischt sind, oder mit 
andern Worten von der verschiedenen Anzahl und Stärke seiner 
Theiltöne. Sie kann also durch Verstärkung, Schwächung oder 
gänzliche Beseitigung eines oder mehrerer Theiltöne willkürlich 
verändert werden. Hierzu bietet sich ein Hauptmittel in der 
[Resonanz. 

21. Jeder überhaupt zur Klangerzeugung fähige Körper 
hat einen Eigenton (z. B. also eine Saite eines Streich- 
instruments oder eines Claviers, aber auch jeder begrenzte 
Luftraum). 

22. Wird ein Körper von den Schallwellen eines Klanges 
getroffen, in welchen ein dem Eigenton des Körpers gleicher 
oder doch nahezu gleicher Theilton enthalten ist, so wird der 
Körper zum Mittönen erregt. Dadurch wird der betreffende 
Theilton verstärkt, und infolge davon auch die Farbe des ge- 
sammten Klanges verändert. 

23. Je elastischer der zum Mittönen bestimmte Körper ist, 
um so besser ist er für seinen Zweck geeignet. Insonderheit 
sind daher begrenzte Lufträume, Resonanzräume, dazu an- 
wendbar. Diese haben aber zugleich noch die Eigenschaft, den 
Durchgang von Tönen, die nicht mit dem Eigenton des Hohl- 
raums zusammenfallen, mehr oder weniger verhindern, d. h. 
diese Töne, falls sie durch den Hohlraum durchgeleitet werden 
sollen, dämpfen zu können. 

24. Auch die Geräusche sind Gemische von Tönen, nur 
stehen diese Töne nicht in dem harmonischen Verhältniss zu 
einander wie die Theiltöne der Klänge (daher die Unregel- 
mässiigkeit der — nicht periodischen — Schwingungsform). 

Es versteht sich aber von selbst, dass auch die unharmoni- 
schen Töne, aus denen ein Geräusch zusammengesetzt ist, der 
Verstärkung durch Resonanz und der Dämpfung fähig sind. 

26. Resonanzräume von veränderlicher Gestalt und verän- 
derlichem Rauminhalt werden bei den meisten Blasinstr\iDcve\vtocL 



12 26—28. Das menschliche Sprachorgan. 

verwandt. Man pflegt sie in dieser Anwendung mit de 
Namen Ansatzrohr zu bezeichnen, weil sie meistens mit der] 
Schallquelle direct verbunden sind. Eine ebensolche VerbiD- 
düng einer Schallquelle mit einem Ansatzrohr, das der mamii{^ 
faltigsten Umgestaltung (d. h. der vielfältigsten Modificatio&| 
eines hindurchgeleiteten Schalles] fähig ist und innerhalb dessei 
zugleich wieder Geräusche verschiedenster Art erzeugt werdÄ 
können, bietet das menschliche Sprachorgan dar, dessen Ein- 
richtung und wesentlichste Functionen die folgenden Oapitelj 
besprechen werden. 

Cap. 3. Das menschliche Sprachorgan. 

26. Das menschliche Sprachorgan besteht aus drei wesenirl 
lieh verschiedenen Theilen mit wesentlich verschiedener Func- 
tion: dem Respirationsapparat, dem Kehlkopf und dem dem 
letzteren vorgelagerten Ansatzrohr. 

27« Die Aufgabe des Respirationsapparats ist die Her- 
stellung des zur Erzeugung von Sprachlauten noÜiwendigen, 
aber noch nicht selbst schallbildenden Luftstroms. Kehlkopf 
und Ans atz röhr dienen entweder gleichzeitig oder unabhängig 
von einander zur Bearbeitung dieses Luftstroms ; und zwar er- 
regt der Kehlkopf denselben in der Regel zum Tönen, nur 
in selteneren Fällen (namentlich bei der Bildung des h und des 
Kehlexplosivs, vgl. Cap. 17, sodaim aber regelmässig beim 
Flüstern) zur Hervorbringung von blossen Geräuschen; das 
Ansatzrohr aber wird entweder zur Modification der im 
Kehlkopf erzeugten Klänge oder Geräusche, oder aber zur 
Hervorbringung selbständiger, von der Thätigkeit des Kehl- 
kopfs unabhängiger Geräusche verwandt. Es ist von grosser 
Wichtigkeit, von vom herein sich dieses Functionsunterschie- 
des deutlich bewusst zu werden. 

28. Zur Veranschaulichung des Gesagten achte man auf die ver- 
schiedene Thätigkeit der einzehien Organe, während man die Sprachlaute, 
die man von Jugend auf zwanglos zu bilden gelernt hat, in systematischer 
Anordnung nach einander ausspricht. Man kann hierbei dem ungeübten 
Ohre durch das Gefühl zu HüÜe kommen, indem man einen Finger auf 
den Kehlkopf legt (Kempelen 232). Jedesmal wenn die Stimmbänder 
tönen, geräth der Kehlkopf in deutlich fühlbare zitternde Schwingungen. 
Diese wird man z. B. bei idlenVocalen und den Nasalen leicht wahrnehmen 
(bei diesen Lauten dient das Ansatzrohr nur zur Modification). Dageg^ 
ist es alsbald einleuchtend, dass z. B. bei ^, ^, ^ ; cA, «, / innerhalb des 
Ansatzrohrs selbst ein Geräusch gebildet wird. Der Kehlkopf bleibt 
während der Bildung dieser Laute ganz ruhig. Er geräth aber sofort 



29 — 31. Das menschliche Sprachorgan. 13 

ieder in das charakteristische Zittern, wenn man die sogenannten 
iSnenden Mediae g, d, h oder sog. weiches s (franz. engl, z) oder franz. 
ngl. V ausspricht. Für die Selbstbeobachtung ist vielleicht das beste Ver- 
ahren, sich beide Ohren fest zuzuhalten oder zu verstopfen. Auch der 
eiseste SHang des Kehlkopfs gibt sich dann als ein ganz oharakteristi- 
iches lautes Schmettern im Ohre zu erkennen, während die Geräusche 
ier Mundhöhle keine wesentliche Aenderung erfahren. Für die Beob- 
ichtung anderer empfiehlt sich die Anwendung eines Kautschukschlauchs, 
lessen eines Ende in den G^hörgang eingepasst wird, während man das 
mdere, zur Auffangung der Schallwellen mit einem kleinen Glastrichter 
versehen, vor den Mupd (bei Nasalen vor die Nasenöfinung) führt. Man 
kann dann sehr leicht und deutlich imterscheiden, ob ein beliebiger Laut 
bloss aus Klängen oder aus Geräuschen oder aus beiden zugleich besteht. 
Zur Controle der Kehlkopfthätigkeit kann man auch den Trichter, wie 
beim Auscultiren, luftdicht auf den Kehlkopf aufsetzen (vgl. Brücke, 
Wiener Sitz.-Ber., mathem.-naturw. Cl. XXVm, 69 f ). 

29» Auch das Ansatzrohr kann zur Erzeugung von Klängen benutzt 
werden; dies geschieht z. B. beim Pfeifen. Diese Klänge kommen aber 
in der Sprache nicht zur Verwendung. Für diese ist also die Beschränkung 
ier Thätigkeit des Ansatzrohrs auf die Bildung von eigenen Geräuschen 
imd dieModification der Kehlkopfklänge imd -geräusche streng festzuhalten. 

30. Was den Bau der einzelnen Theile des Sprach- 
3rgans betrifft, so ist ein näheres Eingehen auf den des 
ßespirationsapparats für die Zwecke der Sprachwissen- 
jchaft nicht erforderlich (über seine Function wird 60 ff. das 
Wesentlichste beibringen). Unerlässlich ist dagegen das Stu- 
lium des Kehlkopfs und insbesondere des Ansatzrohrs. Volle 
Klarheit kann hier freilich nur die Autopsie bringen, und zu- 
mal beim Kehlkopf ist die Betrachtung eines anatomischen 
Präparats oder guten Modells fast unerlässlich. Eine in's Ein- 
zelne gehende Beschreibung ohne diese Autopsie oder zahl- 
reiche Abbildungen würde dagegen eher verwirrend als auf- 
klärend wirken. Es sollen daher hier nur die hauptsächlichsten 
Punkte angegeben werden, die für das Verständniss der Laut- 
bfldung in Betracht kommen. Wir beginnen mit dem Kehlkopf. 

31, Der Kehlkopf [larynx] besteht der Hauptsache nach 
aus folgenden beweglichen Theilen. Auf der Luftröhre [trachea)^ 
welche den Zutritt der Luft zu den Lungen vermittelt, ruht als 
ihr oberstes abschliessendes GUed und als Träger des ganzen 
Kehlkopfs der ßingknorpel (cartilago cricoidea]. Er hat un- 
gefähr die Gestalt eines Siegelrings, dessen breite, platten- 
förmige Fläche nach hinten gekehrt ist. Ueber ihm ruht der 
Schildknorpel [cartilago thyreoidea^ der Adamsapfel nach 
inserer vulgären Bezeichnung). Dieser besteht aus zwei etwa 
iereckigen Platten, die nach vorne unter einem Winkel an 



14 32. 33. Das menschliche Sprachorgan. 

einander gelehnt sind und so eine auch von aussen leicht fühl- 
bare Kante bilden. Nach hinten zu klaffen diese beiden Flügel 
soweit auseinander, dass sie die Platte des Bingknorpels 
zwischen sich aufnehmen können. Die hinteren Kanten der 
Flügel laufen nach oben zu je in einen homförmigen Fortsatz 
aus. Vermittelst dieser Homer hängt der Schildknorpel zu- l- 
sammen mit dem Zungenbein [os hyoideum)^ einem Knochen 
von der Gestalt eines Hufeisens, dessen Oeffnung wie die des 
Schildknorpels nach hinten zu liegt. Das Zungenbein gehört 
bereits nicht mehr zum Kehlkopf, doch bildet es für diesen wie 
der Bingknorpel eine Hauptstütze. 

32« Ueber die Lage der drei besprochenen festen Theile kann man 
sich leicht durch Betasten des Kehlkopfs unterrichten. Geht man auf 
der vorderen Kante des Schildknorpels (des Adamsapfels also) mit der 
Eingerspitze aufwärts, so gelangt man über eine nachgiebige Stelle hinweg 
auf den nach vom zu liegenden Bogen des Zungenbeins, dessen beide 
Arme sich dann ziemlich weit nach rechts und links verfolgen lassen. 
Geht man umgekehrt auf dem Grat des Schildknorpels abwärts, so stösst 
man auf den vordem schmalen Band des Bingknorpels, der sich durch 
seine grössere Widerstandsfähigkeit gegen den Druck leicht von den 
Knorpelringen der Luftröhre unterscheiden lässt, die sich nach unten an 
ihn anschliessen. 

33. Der durch Ring- und Schildknorpel umschlossene 
Hohlraum ist durch Muskeln und Schleimhäute derartig aus- 
gekleidet, dass man das Ganze als eine Röhre betrachten kann, 
aus deren Hinterwand ein Stück herausgeschnitten ist. Auf 
der Basis dieses Ausschnitts, also auf dem obem Rande der 
Platte des Ringknorpels, sind zwei kleine Knorpel von drei- 
eckiger Grundfläche verschiebbar und drehbar befestigt, die 
Stellknorpel (auch Giessbeckenknorpel oder Giess- 
kannenknorpel, cariilagines arytaenoideae). Von den drei 
Ecken ihrer Grundfläche springt je eine in den Hohlraum der 
Röhre vor; sie wird bezeichnet als der Stimmfortsatz [pro- - 
cessus vocalis). Die beiden andern sind für uns gleichgültiger. 
Von den beiden Stimmfortsätzen aus ziehen sich von hinten 
nach vom quer durch die Röhre hindurch zwei mit Schleimhaut 
überkleidete Muskelbündel, die Stimmbänder [chordae vom- 
les). Nach vom zu sind dieselben unmittelbar neben einander 
in der Höhlung des Schildknorpels angeheftet, nach rechts und 
links laufen sie in die Seitenwände der Röhre aus. Diese wird 
also durch die von beiden Seiten aus vorspringenden Stimm- 
bänder bis auf einen in der Richtung von hinten nach vom 
verlauf enden Spalt von wechselnder Breite verengt, die Stimm- 
ritze (fflottisj auch glottis vera im Unterschied von der nachher 



34—36. Das menschliche Sprachorgan. 15 

1 nennenden glottis spuria). Die Glottis zerfällt wieder in zwei 
abschnitte, die Bänderglottis oder die eigentliche Stimm- 
tze, d. h. das Stück zwischen der vordem Insertion im Schild- 
aorpel und den processus vocales^ und die Knorpelglottis 
der Athemritze, d. h. den Raum zwischen den einander zu- 
ekehrten Innenflächen der Stellknorpel. Durch Drehung und 
''erschiebung der Stelllaiorpel kann die Gestalt der Stimm- 
tze dergestalt variirt werden, dass entweder beide Theile 
eöffnet oder beide geschlossen oder nur die Bänderglottis 
eschlossen ist. Ausserdem können die Stimmbänder durch 
esondere Muskeln verlängert oder verkürzt und in verschie- 
enen Graden gespannt werden. 

34. Die Stimmritze bildet die erste Einengung, die sich 
em aus den Lungen ausgetriebenen Luftstrom entgegenstellt. 
Inmittelbar über derselben erweitert sich der Kehlkopf rechts 
nd links wieder zu zwei häutigen Taschen [ventricuU Mor- 
affni), deren obere Begrenzung abermals durch zwei in den 
inem Raum vorspringende Bänder von mehr wulstiger Gestalt 
egeben wird, die Taschenbänder oder falschen Stimm- 
änder. Sie unterscheiden sich von den Stimmbändern beson- 
ers dadurch, dass sie keinen eigenen Muskel enthalten und 
ass sie weiter von einander abliegen, also auch nicht zur Schall- 
rzeugung verwandt werden. Den spaltf örmigen Zwischenraum 
wischen ihnen findet man bisweilen mit dem Namen der 
alschen Stimmritze [glottis spuria) bezeichnet. Auch er 
jt wie die Stimmritze, nur nicht in demselben Grade, der Ver- 
ngerung und Erweiterung, ja selbst des theilweisen Ver- 
chlusses fähig. 

35. Endlich gehört zum Kehlkopf noch der Kehldeckel 
spiglottis), ein platter Knorpel von bimförmiger Gestalt. Mit 
einer schmalen Spitze ist derselbe unmittelbar über der vor- 
leren Insertion der Stimmbänder am Schildknorpel angeheftet, 
ler obere, breite Theil ragt dagegen wie eine Klappe über die 
>bere Oeffnung des Kehlkopfs hinaus. Durch einen besondem 
tf askelapparat kann diese Klappe mehr oder weniger geneigt 
yder auch vollständig auf die Oeffnung des Kehlkopfs nieder- 
fedriickt werden. 

36« Die oberen Theile des Kehlkopfs, von den Stimmbändern an 
gerechnet, kann man auch am lebenden Individuum vermittelst des K ehl - 
copfspiegels imtersuchen. Derselbe besteht aus einem kleinen runden 
)der eckigen Spiegelchen, das an einem Stiele imter einem Winkel von 
rtwa 45® in den über dem Kehlkopf liegenden Theil des Mundraums 
angeführt wird. Zur Selbstbeobachtung genügt ausser emeui ^o^^^^'Dl 



16 37 — 40. Das menschliche Sprachorgan. 

Spiegelchen noch ein kleiner Handspiegel, der das Bild des Kehlkopfs 
dem Auge des Beobachters reflectirt, imd eine hellbrennende Lampe, 
Cylinder rings mit einem Schirm umgeben ist, der nur durch eine 
Munde zugewandte Oefifnimg die Strahlen der Lampe durchdringen 
Ausfuhrlichere Angaben über die Handhabung des Instruments s. u. A 
Czermak, Der Kehlkopfspiegel, 2. Aufl., Leipzig 1863 (z. Th. wiedi 
aus den Wiener Sitz.-Ber., math.-naturw. Gl. ^^TT (1868), 657— ö84). 

37. Unter dem Namen Ans atz röhr fassen wir alle 
dem Sprachorgan zugehörigen und oberhalb der S 
liegenden Hohlräume zusammen. Von diesen gehört 
kleinste, der Kehlraum, noch dem Kehlkopf selbst an; esi 
das nach oben durch den Kehldeckel, nach unten durch 
Stimmbänder begrenzte Stück desselben. Ueber ihiw befim 
sich der Kachenraum, welcher seinerseits nach vom unl 
oben in die beiden wichtigsten Theile des Ansatzrohrs, di 
Mundraum oder die Mundhöhle und die Nasenräami 
oder die Nasenhöhlen übergeht. Seine Abgrenzung g< 
den ersteren ergibt sich ungefähr durch die Stellung des wei 
Gaumens (s. unten 48) bei der Aussprache des volaren » (s. 3 
und 163), die gegen die Nasenhöhlen durch die Stellung dei 
Gaumens bei der Aussprache der nicht nasalirten Vocale. 

38. Kehlraum und Sa,chenraum (die man auch wohl unter 
dem Namen Kehlraum oder Schlundkopf zusammenfasst) 
werden bei der Bildung aller Sprachlaute von dem schallerzeip 
genden Luftstrom passirt. Ihre Gestaltveränderungen smd 
nicht allzu erheblicher Art, und können hier um so eher übe^ 
gangen werden, als sie bei weitem nicht in dem Grade wie die 
übrigen Theile des Ansatzrohrs die Sprachlautbildung bediK^ 
Aussen. Mund- und Nasenraum können dagegen einerseits beia* 
Sprechen je nach Willkür entweder einzeln oder gemeinschaft- 
Hch in Anspruch genommen werden, andererseits verlangt die 
bedeutende Einwirkung, welche Combination oder Nichtcom- 
bination dieser Theile, sowie die Gestaltveränderungen des 
Mundraums auf die Sprachlautbildung ausüben, hier ein etwas 
detaillirteres Eingehen. 

39. Die Mundhöhle ist der complicirteste Theil des gan- 
zen Ansatzrohrs; sie ist aber zugleich auch am leichtesten zu 
studiren, da alle ihre Theile mit blossem Auge, bei Selbst- 
beobachtung mit Hülfe eines gewöhnlichen Spiegels, zu über- 
schauen sind. 

40. Im Allgemeinen ist zunächst daran zu erinnern, dass 
der Mundraum zwischen dem unbeweglichen Oberkiefer und 
dem beweglichen Unterkiefer eingeschlossen liegt. Den 



41. 42. Das menschliche Sprachorgan. 17 

Kinkel, welchen der Unterkiefer mit dem Oberkiefer macht, 
^egt man als Kieferwinkel zu bezeichnen. Sind die beiden 
ÜSahnreihen fest auf einander gepresst, so ist der Kieferwinkel 
I«ichNull; er wächst, je mehr der Unterkiefer gesenkt wird 
iSid nimmt ab bei jeder Hebung desselben. Der Grösse des 
Cjeferwinkels entsprechen daher die Veränderungen des Eaum- 
äQialts wie der Form der Mundhöhle, welche durch einfache 
lenkung oder Hebung des Unterkiefers bedingt werden. Die 
iEamiigfaltigkeit dieser Veränderungen wird sodann noch ver- 
liebrt durch die Bewegungen der an Ober- und Unterkiefer 
apigehefteten selbständig beweglichen Weichtheile, nämlich des 
reichen G-aumens, der Zunge und der Lippen. 

41» Für die Praxis ergibt sich hieraus die Kegel, im Einzelfisdle 
^esmal festzustellen, welchen Antheil an einer BAumveränderung der 
timdhöhle der Elieferwinkel und die Stellung der beweglichen Weich- 
beile hat. Im Allgemeinen ist jedoch zu bemerken, dass dem Kiefer- 
rinkel als solchem eine besondere Wichtigkeit nicht zukommt. Die er- 
cifderliche Mimdstellung wird in der Begel durch einen Ausgleich zwischen 
jQn beiden genannten Factoren hergestellt, und zwar so, dass bei geringeren 
linstellungen meist nur die Weichtheile th'ätig sind und nur bei grösseren 
Veränderungen der Stellung auch der Unterkiefer je nach Bequemlichkeit 
der Gewohnheit mehr oder weniger mit bewegt wird. 

42. Ueber Form und Bewegung derLippen, mit deren 
Schreibung wir aus Rücksichten der Anschaulichkeit begin- 
len, lehrt die einfache Anschauung alles Nöthige. Man unter- 
i<dieide zunächst zwischen passiven und activen Bewegungen 
1er Lippen. Passiv sind diejenigen Bewegungen, welche allein 
lurch die Hebung oder Senkung des Unterkiefers bedingt sind. 
Die Oeffnung der Lippen, welche diesergestalt durch Senkung 
les Unterkiefers hervorgebracht wird, und deren Grösse, wie 
ach aus dem oben Gesagten ergibt, der Grösse des Kiefer- 
^vinkels proportional ist, kann man als indifferente oder 
leutrale Lippenöffnung bezeichnen. Solche Lippenöffnung 
laben beispielsweise Vocale wie a, a, e. An activen Lippen- 
)ewegungen sind drei zu unterscheiden, nämlich 

a) die spaltförmige Ausdehnung der Lippenspalte durch 
Auseinanderziehen der Mundwinkel, wie eventuell beim 
hellen i (oder z. B. beim Lächeln oder Lachen). 

b) die Rundung, d. h. eine (active) Verkürzung des 
Längendurchmessers der Mundspalte, die zu einer 
mehr oder weniger ringförmigen oder ovalen Ver- 
engung der Mundöffnung führt, wie etwa bei w, o, ö, ü; 
endlich 

SieverB, Phonetik. S.Äaß. <^ 



18 43 — 47. Das menschliche Sprachorgan. 

c) die Vorstülpung, die man ebenfalls bei der Bildung dei 
1/, 0, ö, ü oder gewisser Arten von seh beobachten kann. 

43. Die Rundung selbst geschieht entweder dadurch, 
dass man die seitlichen Theile der Lippen auf einander pressl 
und demnach nur in der Mitte eine Oeffnung lässt (vertieaU 
Rundung), oder dadurch, dass man die beiden Mundwinkd 
einzieht (horizontale Rundung). Beide Arten können sicK 
auch mit einander verbinden, die verticale Rundung auch mil 
spaltförmiger Ausdehnung der Lippen. 

44« Die Vorstülpung ist immer mit einer gewissen Eun- 
dung verbunden. Auch bei ihr sind verschiedene Formen zu 
unterscheiden, je nachdem der vorgestülpte Lippensaum eine 
mehr kreisförmige oder mehr viereckige Oeffnung bildet. Erstere 
ist den Vocalen wie w, o, ö, ü eigen, letztere findet sich nament- 
lich öfter bei «cÄ-Lauten vertreten. 

46. Ln Uebrigen versäume man nicht, sein Augenmerk 
auch auf die verschiedenen Stärkegrade zu richten, in 
denen die Lippen sich bei der Sprachlautbildung betheiligen 
So pflegt z. B. beim u die Rundung stärker zu sein als beim 
geschlossenen o, und bei diesem stärker als beim offenen o 
ähnlich bei der Reihe ü^ ö, so zwar, dass die Rundung des t 
die des u oft noch übertrifft, während die des geschlossenen ( 
etwa der des u gleichkommt, u. dgl. mehr. 

46. Bei der Beobachtung der Bildung der einzekien Sprachlauti 
pflegt sich unwillkürlich die Aufmerksamkeit auf die Th'ätigkeit der Zung< 
und des Kehlkopfs zu concentriren, und man geräth dabei leicht in G^fahi 
die der Lippen zu übersehen. Vor diesem Fehler ist aber eindringlichs 
zu warnen, da auch die Lippenthätigkeit insbesondere bei der Vocalbildunj 
eine sehr bedeutende Bx)lle spielt. So beruht, um nur eins gleich hier an 
zuführen, der eigenthümliche Klangcharakter des englischen Yocalismn 
wesentlich mit auf der geringen Theilnahme der Lippen an der Spracli 
lautbüdung (wie es denn in England eine ausgesprochene Anstandsreg( 
ist, die Lippen beim Sprechen möglichst wenig zu bewegen). Für manch 
deutsche Mundart ist die starke Vorstülpung der Lippen bei der Rundun 
charakteristisch, so dass ein Deutscher leicht zu der Meinung geführt wei 
den kann, als seien Bundung und Yorstülpung im Wesentlichen eine eii 
heitliche Handlung. Aber das Schwedische zeigt z. B. sehr starke Yei 
engungsgrade bei dichter Anpressung der Lippen an die Zahne, es erscheii 
also dort die Zusammenziehung der Lippenspalte durchaus unabhängi 
von der Vorstülpung. Auch dem Englischen geht die Vorstülpung fai 
ganz ab, ohne dass dieser Sprache deshalb die Rundung fehlte. 

47. Hinter den Lippen bilden die Zähne eine abermalig 
Verengung des Ansatzrohrs, welche unter Umständen für di 
der Lippen vicarirend eintreten kann. 



48*50. Das menschliche Sprachorgan. 19 

48. Verfolgt man nun, von der Innenseite der Oberzähne 
l^eginnend, mit der Fingerspitze die obere Wandung der 
Mundhöhle, so gelangt man zuerst an eine kleine nach innen zu 
convexe Wölbung, die Alveolen der Oberzähne. An diese 
schliesst sich der nach innen concav gewölbte harte Gaumen, 
der etwa soweit rückwärts reicht wie die beiden Zahnreihen. 
Ist man mit dem Finger bis zu dieser Grenze fortgeschritten, 
80 fühlt man, wie an die Stelle des bis dahin harten Gaumen- 
dachs plötzlich eine weiche, dem Drucke nachgebende Platte 
tritt. Dies ist der weiche Gaumen oder das Gaumensegel 
(velum palati). Man kann dieses in seiner ganzen Ausdehnung 
am bequemsten übersehen, wenn man ein recht breites ä aus- 
spricht und wo möglich die Zungenspitze aus dem Munde her- 
vorstreckt. Hierbei sieht man, wie das Gaumensegel nach hinten 
zu durch einen bogenförmigen Muskel, den hintern Gaumen- 
bogen (Schlundgaumenbogen, arcus pharyngopalatinua) 
begrenzt wird, dessen untere Enden nach dem Pharynx zu ver- 
laufen. Durch die von diesem Bogen freigelassene Oeffnung 
hindurch erbUckt man die hintere Rachenwand. Ungefähr in 
seiner Mitte ist das Gaumensegel von einem zweiten, nur stär- 
ker gewölbten Bogenmuskel durchzogen, dem vordem Gau- 
menbogen (Zungengaumenbogen, arcus fflossopalatinus), 
dessen beide senkrechten Pfeiler seitwärts in die Zunge ver- 
laufen. Zwischen den beiden Gaumenbögen liegen seitlich die 
Mandeln (tonsillae), und von der höchsten Wölbung des vordem 
Gaumenbogens herab zieht sich nach dem hintern Gaumen- 
bogen hin und über diesen noch etwas hinausragend das Zäpf- 
chen [uvula), 

49. Die Bewegungen des Gaumensegels sind einfach. 
Es kann entweder nach vom gezogen werden, bis zum Zungen- 
rücken hin (dies geschieht z. B. bei der Aussprache des velaren 
19, s. unten 322), oder nach rückwärts an die hintere BÄchen- 
wand gepresst werden (z. B. bei der Aussprache der Vocale), 
wobei es zugleich mehr oder weniger gehoben wird. Im ersteren 
Falle sperrt es, wie schon oben bemerkt, den Rachenraum vom 
Mundraum, im letzteren vom Nasenraum ab. Beim ruhigen 
Athmen und bei der Aussprache von nasalirten Lauten hängt 
es freischwebend zwischen Zungenrücken und Rachenwand, so 
dass Mund- und Nasenraum ein Oontinuum, oder doch min- 
destens zwei communicirende Hohbäume darstellen. 

50. Auf der untern Seite des Mundraums begegnen wir 
von den Lippen nach innen fortschreitend z\mäch!a\i\^\aÄföt äsäx 



20 öl — ^* ^^ menschliche Sprachorgan. 

Zahnreihe, sodann der Zunge, welche nach vom zu in eine 
freiliegende, weniger massige Spitze ausläuft. An ihren rück- 
wärtsliegenden, absteigenden Theil schliesst sich der Kehl- 
deckel (s. 35) an, den man leicht fühlen kann, wenn man eine 
Fingerspitze auf dem Bücken der Zunge abwärts führt. 

Die verschiedenen Bewegungen der Zunge werden, da 
sie fast sämmtlich zur Unterscheidung von EinzeUauten dienen, 
erst später im Einzelnen besprochen werden. 

51« (Jm zum Yerst'ändniss der complicirten Bewegungen der Zunge 
zu gelangen, ist es sehr rathsam, sich einige Kenntniss von ihrer Muscu- 
latur zu yerschafifen. Hierbei kommen zimächst die beiden Wurzeln der 
Zunge in Betracht. Die vordere Zungenwurzel {muaculua genioglossus) setzt 
an der innem Seite des Unterkiefers an und zieht die Zunge durch ihre 
Oontraction nach vom; die hintere Zungenwurzel (mtisculus hyoglossus) 
ist am Zungenbein (s. 81) angeheftet und zieht die Zunge nach hinten und 
unten. Ausserdem besitzt die Zunge noch einen obem Längsmuskel, der 
die Zungenspitze nach oben gegen den harten Guumen hebt, und einen 
untern Muskel, der sie gegen die untern Schneidezähne senkt; femer quere 
und senkrechte Muskelfasern, welche die Zunge ganz oder stellenweise 
verschmälem, verlangem, hügelformig aufheben oder umgekehrt verbrei- 
tem, verkurzen und aushöhlen können. Endlich besteht noch ein vielfach 
zusammengesetztes Muskelsystem, welches die Zunge in ihrem vorderen, 
mittleren oder hinteren Theile hebt oder senkt. 

52. lieber dem Mundraum liegt seiner ganzen Länge nach 
der, abgesehen von dem beweglichen Gaumensegel, rings von 
festen Wänden umschlossene, also wesentlich unveränderliche 
Nasenraum. Vom Mundraum scheiden ihn der harte und der 
weiche Gaumen (das Gaumensegel), welcher letztere je nach 
seiner Stellung die Oommunication zwischen beiden verhindert 
oder gestattet. Charakteristisch ist für den Nasenraum, dass 
er in zwei Mündungen, die Nasenlöcher, endigt und dass diese 
nicht wie die Mundöffnung verschlossen werden können. 

53« Das gesammte Ansatzrohr besteht hiemach im Wesent- 
lichen aus drei Theilen, deren Oommunicationen imter einander 
durch zwei klappenartige Verschlüsse regulirt werden können: 
dem Kehlraum nebst dem zugehörigen Kehldeckel, und Mund- 
und Nasenraum, denen als gemeinschaftliche Klappe der weiche 
Gaumen dient; den Verkehr mit der äussern Luft reguliren die 
Lippen. 

54:« Von allen in diesem Capitel besprochenen Theilen des Sprach- 
organs verlangen die sichtbaren das genaueste Studium. Eine vollständige 
und sichere Kenntniss der Theüe des Mundraums und ihrer Bewegungen 
ist ganz unerlässlich. Man beginne also mit dem Studium des Mund- 
raums. Sodann versuche man mittelst des Kehlkopfspiegels einen Einblick 
in den Kehlkopf zu gewinnen, und endlich orientire man sich über den 



55—58. Die Functionen der Spraohoigane im Allgemeinen. 21 

innem Bau des ganzen Organs womöglich durch das Studium anatomi- 
scher Präparate, sei es vom menschlichen, sei es vom thierischen Körper. 
- Yon ausfuhrUcheren Beschreibungen, wie sie sich fast in jedem anato- 
mischen oder physiologischen Handbudi finden, nenne ich hier nur als 
iiir die Zwecke des Sprachstudiums besonders empfehlenswerth (auch 
wegen der Abbildungen) die von Merkel, Laletik S. 5 — 36, auf welche auch 
4ie hier gegebene Darstellung vielfach zurückgeht, und den Atlas von 
Techmer; weitere Literatur s. bei Griitzner 38 ff. 

€ap. 4. Die Functionen der Sprachorgane im Allgemeinen. 

(Buhelage. Articulation. Bespiration. Die Stimmregister. 
Schallbildende und schallmodificirende Articulationen.) 

1. Die Euhelage des Sprachorgans. 

55. Während des ruhigen Ein- und Ausathmens ist die 
Eespiration einer willkürlichen Einwirkung von Seiten des 
Individuums in der Regel nicht unterworfen. Das Ansatzrohr 
und der Kehlkopf befinden sich dabei in einer Stellung, welche 
der Athmungsluft gestattet, ungehemmt und geräuschlos hin- 
durchzuströmen. Die Stinunritze ist zu diesem Zwecke in ihren 
beiden Theilen weit geöffnet. Das Gaumensegel hängt schlaff 
herab, so dass der Athmungsstrom sowohl in die Mundhöhle 
wie in den Nasenraum eintreten kann. Die Zunge liegt schlaff 
in der Mundhöhle, welche sie zum Theil ausfüllt. Die Kiefer 
sind massig von einander entfernt, die Lippen normalerweise 
geschlossen. Wir nennen diese Lagerung der Organe die In- 
differenz- oder Euhelage. 

56« Genauere Angaben, namentlich über die Stellung der Zunge, 
lassen sich nicht machen, weil hier zu viele individuelle Abweichungen in 
Frage kommen. Diese zu bestimmen ist die Sache des einzelnen Beob- 
achters. 

57. Die Eruhelage des Sprachorgans ist die natürliche Basis 
für die einzelnen Articulationsbewegungen, welche zur Bildung 
von Sprachlauten führen (vgl. 58). Es ist daher wichtig, dass 
der Beobachter sich von vom herein der Lagerung der einzelnen 
Theile seines Sprachorgans, namentlich des Ansatzrohrs, klar 
bewusst werde und sein Muskel- und Tastgefühl bezüglich 
dieser Theile dergestalt übe, dass er jede Bewegung alsbald be- 
merkt und nach ihrer Richtung, Stärke u.s. w. abschätzen lernt. 

2. Der Begriff der Articulation. 

68. Eine Erzeugung von Sprachlauten findet nicht statt, 
so lange Kehlkopf und Ansatzrohr in der Ruhelage verharren 



22 ö9. Begriff der Articulation. 60. Die Bespirationsverhältnisse. 

und die ruhige Athmung ihren Fortgang behält. Auch durd 
blosse Steigerung des Drucks beim gewöhnlichen Athmen bringk 
man, auch bei geö;ffnetem Munde, nicht eigentliche Sprachlanla 
hervor (auch nicht das //, s. 391 f.), sondern nur gewisse Ge- 
räusche, wie Schnaufen, Keuchen, Schnarchen, je nachdoi 
Mund und Nase oder bloss die letztere geöffnet ist. Zur Bffl- ?- 
düng sog. articulirter Sprachlaute ist erforderlich, daai 
der durch das Sprachorgan geführte Luftstrom in bestimmt« 
Weise willkürlich geregelt und ihm auf seinem Wege durd 
Kehlkopf und Ansatzrohr irgendwo ein Hemmniss entgegen- - 
gestellt wird, das zur Erzeugung eines Schalles führt. Es ge- 
hören demnach zum Begriffe der Articulation streng genom- 
men nicht nur die Bewegungen, durch welche Kehlkopf oder 
Ansatzrohr zur Bearbeitung dieses Luftstroms aus ihrer Euhe-F 
läge herausbewegt werden, sondern auch jene willkürlichB|-' 
Regelung des Luftstroms selbst. Doch ist es vielfach übKck 
gewesen, das Wort 'Articulation^ in dem engeren Sinne etwa 
von 'specifischer Einstellung* zu gebrauchen, also nur von Arti-i- 
culationen des Kehlkopfs und des Ansatzrohrs zu sprechen. In|* 
diesem engeren Sinne soll denn der Ausdruck auch im Folgenr 
den allein gebraucht werden. 

59« Für die AusdehnuDg des Begriffes der Articulation auch aaf di» 
vom normalen Athmungsrhythmus abweichende^ zum Zweck der Spradirl- 
bildung willkürlich geregelte Respiration plaidirt namentlich Techmer 
(s. besonders Zeitschr. f. allg. Sprachwissenschaft 1, 106 ff.). 

3. Die Respirationsverhältnisse. 

60, Beim Athmen wird die Luft unter wesentlich gleichen 
Druckverhältnissen und in gleichen Zeiträumen langsam und 
gleichmässig eingezogen und ausgetrieben. Beim Sprechen' 
wird dagegen zunächst durch einen raschen Hub des Brui^ 
kastens ein grösserer Vorrath von Luft schnell in die Lungen' 
eingeführt. Die Austreibung aber geschieht mehr in abgebro- 
chenen einzelnen Stössen von verschiedener, aber geregelter 
Dauer und sehr verschiedenem, aber geregeltem Druck. Trote 
dieser Discontinuität der einzelnen Luftstösse pflegt man aber 
auch hier zusammenfassend von einem Respirations- oder 
Athmungsstrom zu sprechen. Um aber diesen arbeitenden 
Strom von dem des gewöhnlichen Athmens zu unterscheiden, 
kann man ihn, anknüpfend an die erwähnte Druckregulirung 
etwa als Druckstrom bezeichnen, die einzelnen Stösse ab 
Druckstösse. Von der jeweiligen Stärke des Druckstroms 



^ 61. Die Kespirationsverhältnisse. 23 

(dem Stromdruck) hängt dami wiederum primär die Stärke 
der einzelnen sprachlichen Gebilde ab, welche in den betreffen- 
den Momenten hervorgebracht werden (Laute, Silben, Worte 
etc.). Dabei ist indessen nicht zu übersehen, dass die (primäre) 
Druckstärke, mit welcher die Luft aus den Lungen in das 
Sprachorgan eingetrieben wird, nicht immer allein massgebend 
ist für die Stärke des specifischen Klanges eines Lautes. 
Bei einem Laut wie f wirkt z. B. der Druckstrom mit voller 
Stärke auf die ihm an den Lippen und Zähnen entgegen- 
gestellten Hemmnisse ein, und das Keibungsgeräusch des / ist 
daher entsprechend kräftig. Anders bei v. Bei diesem Laute 
wirkt die Stimme mit. Durch den Widerstand, welchen der 
Druckstrom hier bereits im Kehlkopf findet, wird ihm ein Theil 
seiner £[raft geraubt, er arbeitet also an der Hemmungsstelle 
des Mundes nur noch mit verminderter Kraft (secundärer 
Druckstärke); daher ist das Keibungsgeräusch des v verhält- 
nissmässig schwächer als das eines /, welches mit gleichem 
primären Druck von Seiten der Lungen aus gebildet wird (auch 
abgesehn davon, dass bei v die mittönende Stimme das B-ei- 
bungsgeräusch noch zum Theil verdeckt). Man muss sich mög- 
Uchst bald daran gewöhnen, diese secundäre Druckstärke von 
der primären streng zu unterscheiden. Li der Regel wird es 
genügen, Lungendruck (= primäre Druckstärke) und An- 
satzrohr- oder Munddruck (je nachdem = primärer oder 
secundärer Druckstärke) auseinander zu halten. 

61« Directe Messungen der Druckstärke lassen sich nur in verhalt- 
mssmässig seltenen Fällen ausführen. Am leichtesten sind sie noch bei 
den Yersrchlusslauten (besonders den Labialen) und bei Beibelauten mit 
starker Engenbüdung vorzunehmen. Der einfachste Demonstrationsapparat 
dazu ist eine U-förmig gebogene, zu etwa einem Drittel mit Wasser gefüllte 
Glasröhre, an deren einem Ende ein dünner Kautschukschlauch befestigt 
ist. Das andere Ende dieses Schlauches wird in den Mund eingeführt, 
bis hinter den Verschluss oder die schallbildende Enge. Man sieht übri- 
gens leicht, dass bei diesem Verfahren nur der Munddruck gemessen wer- 
den kann, einerlei, ob er dem primären Stromdruck gleich oder bereits 
secundär durch Hemmung im Kehlkopf vermindert ist. Doch empfiehlt 
sich dieser Versuch gerade für Demonstrationszwecke, weil er die Wirkung 
der Kehlkopf hemmung auf die wirkende Kraft des Druckstroms (z. B. bei 
der Vergleichung von f und v) sehr gut veranschaulicht. Im TJebrigen 
muss für die Beobachtung im Allgemeinen noch die Entscheidung haupt- 
sächlich massgebend sein, welche das Ohr nach den Stärkegraden der 
Schallempfindung gibt. Als Aushülfe dient dabei vielfach das verschiedene 
Muskelgefühl, das sich bei der Aussprache von Lauten verschiedener 
Druckstärke in den Articulationsorganen (z. B. bei b und p in den Lippen) 
kundgibt. 



i 



24 62 — 67. Die Respirationsverhältnisse. 

62« An und für sich ist die Zalil der Möglichkeiten verschiedeDtt 
Drackstärke unbeschränkt: für die Sprache kommt es aber nicht so wesent- 
lich auf ihr absolutes Mass, als auf das Y erhältniss der innerhalb einer Sprache 
oder Sprachgruppe zur Unterscheidung gewisser sprachlicher Gebilde that- 
sächlich verwandten Druckgrade an. Hierdurch wird die Beobachtung 
sehr vereinfacht, da die Anzahl der verschiedenen Grade selten über zw« 
oder drei hinausgeht. Es kommt z. B. bei der Unterscheidung von b und ji, 
d und t, g und k bezüglich ihrer Druckverhältnisse zunächst nur darauf an, 
dass hier überhaupt zwei Grade von Druckstärke einander gegenüber 
stehen. Die Einzelmasse des Drucks bei der Aussprache dieser Laote 
können vielfach wechseln und wechseln thatsächlich, je nachdem man die- ^ 
selben z.B. in lauterer oder leiserer B.ede oder im Flüstern verwendet, aber 
überall bleibt der Gegensatz zwischen den zwei Graden. Hat man also 
zunächst die Anzahl der überhaupt unterschiedenen Grade festgestellt, so 
folgt als zweite Aufgabe, den Abstand derselben von einander festzustellen 
(in Süd- und Mitteldeutschland liegen z. B. b und p u. s. w. einander viel- 
fach näher als in Korddeutschland, u. dgl.). — Ebenso verhält es sich mit 
den Druckabstufungen der complicirteren sprachlichen Gebilde, wie der 
Silben, Sprechtakte u. s. w. Ueber diese ist Cap. 2ö ff. zu vergleichen. 

63. Im Vorhergehenden ist stillschweigend vorausgesetzt, 
dass die Sprachbildung nur während des Processes der Aus- 
treibung oder Exspiration vor sich gehe. In der That ist 
diese Art der Lautbildung durchaus die gewöhnlichere und 
nach dem Bau und der relativen Lage der Sprachorgane die 
natürlichere; denn nur so kommt der arbeitende Luftstrom 
(Druckstrom) der fortschreitenden Bewegung der Schallwellen 
zu Hülfe. 

64. Spricht man die einzelnen Sprachlaute inspirirend 
statt exspirirend, so wird die klare und scharf abgegrenzte Fär- 
bung derselben verwischt, die Stimme wird rauher und dumpfer. 
Zu einer regelmässigen Verwendung ist denn auch die inspira- 
torische Lautbildung in den meisten Sprachen nicht gekommen. 

65. Im Deutschen werden allenfalls in nachlässiger Rede Partikeln 
wie^fl, Juch mit Inspiration gesprochen, seltener auch so (gewöhnlich 
dann ho ausgesprochen], beide aber auch nur dann, wenn sie für sich allein 
in die Hede eines andern eingeworfen werden. Ueberhaupt hängt sehr 
vieles dabei lediglich von persönlicher Angewöhnung ab. Sonst kommt es 
wohl vor, dass dies oder jenes Wort während eines Gähnanfalles mit In- 
spiration hervorgebracht wird. Zuerst beobachtet wurde die inspiratorische 
Sprechweise von Kempelen S. 103 f. bei 'geschwätzigen Weibern und 
eifrigen Betern in katholischen Kirchen*. Aus der Schweiz berichtet 
Winteler S. ö ihre gelegentliche Anwendung zur Unkenntlichmachung der 
Stimme. 

66. Ohne eigentliche Respiration werden ausser den Schnalzlauten 
(67) nur noch die Tenues mit Kehlkopfverschluss (865) gebildet. 

67. Von den inspiratorischen Lauten sind wiederum zu 
trennen die sog. Schnalzlaute, die man bisweilen irrig mit 



I 68—70. Die Thatigkeit des Kehlkopfs. 25 

\ 

9 

jenen zusammengeworfen hat. Sie sind in Wirklichkeit vielmehr 
(wie bereits Ghladni S. 216 richtig erkannte) sog. Sauglaute , 
I d.h. Schalle die durch Abreissen einer angesaugten Druckfläche 
I Ton einer Gregenfläche gebildet werden. Meist kommen solche 
Schnalze (so z. B. im Deutschen) nur als isolirte Interjectionen 
oder Lock- imd Treibrufe vor; anderwärts, z. B. im Hotten- 
tottischen, treten sie aber auch als eigentliche Sprachlaute auf. 
Sie erscheinen dann regelmässig in Begleitung von Lauten 
exspiratorischer Bildung. Auch dies trennt sie von den oben 
gegebenen Beispielen von inspiratorischer Bildung, die sich stets 
auf ganze Silben, Wörter oder Sätze erstreckten. 

4. Die Thatigkeit des Kehlkopfs. 

68. Der erste Theil des Sprachorgans, welcher sich dem 
arbeitenden Druckstrom articulirend entgegenstellen kann, ist 
der Kehlkopf. Die Articulation besteht hier in der stufenweisen 
Verengerung der Stimnuitze bis zu völligem Verschluss. Je 
nachdem mit diesen verschiedenen Verengungsgraden der 
Stimmritze verschiedene Grade des Luftdrucks combinirt wer- 
den, entstehen im Kehlkopf Geräusche oder Erlange verschie- 
denster Art. Man bezeichnet die ersteren als Kehlkopf- 
geräusche, die letzteren mit einem zusammenfassenden Namen 
als Stimme (Chladni 187 f.), engl, voice. 'Stimme* ist dem- 
nach jeder durch periodische Schwingungen der Stimmbänder 
hervorgebrachte musikalische Erlang, einerlei welcher Höhe, 
Stärke u. s.w., und ganz abgesehen von seiner Verwendung zur 
Erzeugung verschiedener Sprachlaute. 

69. Für das einfache Wort 'Stimme* wird vielfach auch 
das zusanmiengesetzte 'Stimmton' gebraucht, ohne dass jedoch 
unter dem letzteren irgend etwas anderes zu verstehen wäre, 
als was man gemeinhin auch ausserhalb der phonetischen Ter- 
minologie unter 'Stimme' versteht. 

70. Von den Producten des Kehlkopfs schhessen wir hier 
zunächst diejenigen aus, welche als mehr oder weniger selbstän- 
dige Einzellaute auftreten (die sog. Laryngale, s. darüber 
178 etc.) und beschränken uns vorläufig auf die Besprechung 
derjenigen, welche als Ligredienzien der Schälle ganzer Eeihen 
von Sprachlauten erscheinen. Unter diesen steht wenigstens 
beim gewöhnlichen lauten Sprechen die Stimme an Wichtig- 
keit voraus. Wir behandeln sie daher zuerst. 



26 71— 7ö. Die VoUstimme. 

71« Hierbei ist allerdings gleich darauf aufmerksam zu machen, 
eine directe Untersuchung der Eigenschaften der Stimme am lebe 
Sprachorgan nicht möglich, wenigstens bis jetzt nicht erreicht ist. D( 
die Stimme gelangt vermöge des eigenthümÜchen Baues des Sprachoi 
niemals unverändert, sondern bereits umgestaltet durch die Besoi 
Wirkungen des Ansatzrohrs, zum Ohre des Hörenden, sei es z. B. als Yc 
oder als Liquida oder als Nasal u. s. w. Nun bleiben aber für jeden 
Einzellaute dieResonanzverh'ältnisse des Ansatzrohrs sich wesentlich glei 
da sie von der Thätigkeit des Kehlkopfs unabhängig sind. Daraus folj 
aber wieder, dass die verschiedenen Bildungsarten der Stimme sich inSlnhl 
lieber Weise auch bei jedem Einzellaut finden müssen, bei dessen £^| 
zeugung die Stimme betheiligt ist, mit andern Worten, dass sich dkl 
Eigenschaften der Stimme ohne erheblichen Schaden auch an einem Einzd-| 
laut (z. B. jedem beliebigen Yocal) demonstriren lassen. 

a. Die Stimme (Vollstimme). 

72« Bei der gewöhnKchen lauten Stimme (VoUstimme)! 
hat man im Allgemeinen zu unterscheiden die Stärke oder] 
Intensität, die verschiedenen Stimmregister, die Ton- 
höhen im Einzelnen und die Qualität (Stimmqualität). 

73. Die Stärke hängt wie bei jedem Klang von derl 
Energie ab, mit welcher der tönende Körper zu Schwingungen 
erregt, d. h. hier von der Energie, mit welcher der arbeitende! 
Druckstrom durch die Stimmritze getrieben wird: je stärker derl 
Stromdruck, um so lauter die erzeugte Stimme bez. der erzeugte 
Vocal etc. 

Es versteht sich übrigens leicht, dass gegenüber dem 
Wechsel des Stromdrucks der Kehlkopf sich nicht indifferent 
verhält. Vielmehr wächst, nach einem für alle Articulationen 
geltenden Gesetze, mit der Energie des Stromdrucks auch die 
der Hemmung, also hier die der Kehlkopfarticulation. Die 
articulirenden Kehlkopfmuskeln müssen gegenüber einem ge- 
steigerten Stromdruck stärker angespannt werden, um die 
Stimmbänder in ihrer Articulationsstellung verharren und nicht 
gewaltsam auseinandertreiben zu lassen. Daher ermüdet auch 
bei lauterem Sprechen der Kehlkopf in demselben Masse wie 
die Brust schneller als bei leiserem. 

74. In Bezug auf die sog. Stimmregister sind haupt- 
sächlich zwei Arten von Stimme, die Bruststimme und die 
Kopf- oder Falsetstimme, zu unterscheiden. Physiologisch 
ist dieser Unterschied begründet durch die verschiedene Stel- 
lung und Action der Stimmbänder. 

75. Bei der Bruststimme werden die Stimmbänder fest 
schliessend mit ihren Innenrändem an einander gelegt; der 



76—79. Die Vollstimme. 27 

. Stimmbandmuskel zieht sich zusammen und gestaltet so den 
; ganzen Stimmbandkörper zu einer festen, elastischen Masse. 
■'Durch den aus den Lungen kommenden Luftstrom wird der in 
dieser Weise gebildete Verschluss des Kehlkopfs derart unter- 
brochen, dass die Stimmbänder für einen Moment nach oben 
und damit zur Seite gedrängt werden, um im nächsten vermöge 
ihrer Elasticität wieder zusammen- und nach unten durchzu- 
schlagen, worauf derselbe Vorgang von neuem beginnt. So 
entsteht eine Reihe discontinuirlicher Luftstösse, welche durch 
ihre rasche periodische Aufeinanderfolge im Ohre die Empfin- 
dung des Belanges hervorrufen. 

76. Bei der Kopfstimme wird der Stimmbandmuskel 
nicht contrahirt; die Stimmritze ist in ihrem vorderen Theile 
nicht ganz geschlossen, sondern nur bis auf einen schmalen 
elliptischen Spalt verengt; die Stimmbänder schwingen (nach 
den stroboskopischen Untersuchungen von Carl Müller und 
Oertel, vgl. Grützner 97) zwar wie bei der Bruststimme in ihrer 
ganzen Breite, aber nicht als ganze Massen, sondern so, dass 
sich sagittale Knotenlinien darin bilden. Femer findet Berüh- 
rung der Innenränder beim jedesmaligen Durchgang durch die 
Articulationslage nicht statt, sondern der erwähnte Spalt wird 
nur in periodischer Folge erweitert und verengt. Die hierdurch 
entstehenden Luftpulsationen verhalten sich übrigens bezüglich 
ihrer Einwirkung auf das Ohr ebenso wie die der Bruststimme. 

77« Gknaueres über diese beiden, sowie die zum Theil noch daneben 
angenommenen anderen Eegister s. bei Grützner S. 87 fif. 

78« Innerhalb beider B-egister liegt eine lange Reihe von 
Klängen verschiedener Tonhöhe. Diese hängt nach 17 von 
der SchneUigkeit der Stimmbänderschwingungen ab, und diese 
wird wieder bestimmt durch das Verhältniss des jeweiUgen 
Stromdrucks zu der Länge und der Spannung der Stimmbänder. 

79. Die Stimmqualität endlich beruht, abgesehen von 
Verschiedenheiten des feineren anatomischen Baues bei den 
einzelnen Lidividuen, hauptsächlich auf der verschiedenen Art 
der Einstellung der Stimmbänder. Bei der gewöhnlichen 
Sprech stimme wirken die Stimmbänder meist mehr oder 
weniger als aufschlagende Zungen, d. h. ihre Bänder schlagen 
beim Durchgang durch die Mittelstellung auf einander auf; 
bei der Singstimme sind sie präciser als durchschlagende 
Zungen eingestellt, d. h. ihre Bänder berühren sich eben nur 
beim Durchgang durch jene Stellung. Innerhalb beider Stimm- 
arten, besonders aber in der Sprechstimme, gibt es wieder 



28 80. Die Yollstimme. 81.82. Die Flüsterstimine. 

mannigfache Abstufungen der Qualität, je nachdem die Stmmirj 
bänder mehr oder weniger gegen einander gepresst, mehr 
weniger straff, mit grösserer oder geringerer Elasticität gespj 
werden, u. dgl. Sie dienen insbesondere dem Ausdruck d« 
verschiedenen Affecte (vgl. 678). Ueber die intermittirendi 
oder Knarrstimme s. 309. 

80« Die besondere Stimme, deren sich die Bauchredner bedienen,] 
besteht theils in einer schwachen, gedämpften Fistelstimme, theils in einem j 
Quetschton, der durch starkes Aufeinanderpressen der Stimmbänder ge- 
bildet wird. Im Uebrigen aber wird die Täuschung besonders durch den ; 
Contrast dieser 'Bauchstimme' und der natürlichen Stimme des Bauch- J 
redners hervorgebracht. 

b. Die FlÜBterstimme. 

81. Beim Flüstern (engl, whisper) ist die Stimmritze wie] 
bei der Kopfstimme nicht vöUig verschlossen; zugleich ist aber; 
der Stromdruck soweit herabgesetzt, dass der Druckstrom nicht 
mehr die Kraft hat, die Stimmbänder zum Tönen zu bringen, 
sondern nur durch seine Reibung an ihnen Geräusche, die be- 
reits oben genannten Kehlkopfgeräusche zu erzeugen. Diese 
verhalten sich, soweit es ihr akustischer Charakter zulässt, der 
Stimme analog. Allerdings kommen dabei die Unterschiede; 
bezüglich der Tonhöhe mehr in Wegfall, so dass man wesent- 
lich nur verschiedene Grade der Stärke und der Rauhigkeit 
imterscheiden kann. Dieselben sind ihrerseits bedingt durch 
die Stärke des Drucks auf der einen, und die Energie und die 
Art der Engenbildung auf der andern Seite. Hinsichtlich 
dieser letzteren sind drei Hauptformen zu unterscheiden. 

82. Die erste Form kann man die des sanften Flüstems 
nennen. Hier ist bei ganz geringem Stromdruck die ganze 
Stimmritze spaltförmig verengt. Verstärkt man den Strom- 
druck, um damit zum mittleren Flüstern überzugehn, so wird 
gleichzeitig die Bänderglottis geschlossen, so dass nur die 
Knorpelglottis offen bleibt. Dies mag die gewöhnlichste Bil- 
dungsweise sein; nur ausnahmsweise begegnet man der dritten 
Form, der desheiserenFlüstems (wheeze der Engländer). Bei 
dieser sind auch die Taschenbänder in ihrem vordem Theüe 
geschlossen; der Kehldeckel wird gleichzeitig stark gesenkt, so 
dass nur eine kleine Oeffnung für die Luft bestehn bleibt. Diese 
Form verlangt übrigens sehr starken Druck und ermüdet den 
Kehlkopf wegen der energischen Oontraction aller seiner Theüe 
sehr schnell. 



83. Die Flüsterstimine. 84—87. Die Murmelstimme. 29 

83« Im ausdrücklichen Gegensatz zu Helmholtz (Tonempfindungen 
• 170), welcher nur die mittlere Form anzuerkennen scheint, verweise ich 
öif die wichtigen Ausführungen von Czermak, Wiener Sitz.-Ber., math.- 
■torw. Cl. XXTX (1858), 670 ff. (daraus wiederholt in seiner Schrift über 
an Kehlkopfspiegel S. 69 ff., beidemal mit vorzüglichen Abbildungen der 
anchiedenen Articulationsformen des Kehlkopfs) und besonders LII 
JB66), 623 ff., mit denen meine eigenen laryngoskopischen Beobachtungen 
ollkommen übereinstimmen. 

o. Die MurmelBtimme. 

84. Eine Art Mittelstellung zwischen der Vollstimme und 
mm Flüstern nimmt die Murmelstimme (Halbstimme) ein, 
deren man sich beim Murmeln, d. h. halblauten Sprechen be- 
dient und die auch in verschiedenen Variationen beim Stöhnen 
■zeugt wird. Beim lauten Sprechen tritt sie nicht selten an 
unbetonten Stellen der Bede ein, z. B. im Deutschen ge- 
röhnlich bei der Bildung des sog. geschwächten e (Weiteres 
• 279 ff.). 

85. Von der Vollstimme unterscheidet sich die Murmel- 
timme insbesondere dadurch, dass die Stimmbänder infolge zu 
•eiter Stellung und zu geringen Stromdrucks nur schwach und 
mvollkommen ansprechen, der Stimme also Flüster- und 
äauchgeiüusche beigemischt werden, welche die beim Murmeln 
mtweichende Nebenluft hervorbringt. Sie kann vermuthUch 
lurch beliebig schlaffe Articulation des Kehlkopfs erzeugt wer- 
ten, vielleicht aber ist für sie typisch die zuerst von Czermak, 
l^iener Sitz.-Ber., math.-naturw. Ol. LH (1865), 630 beob- 
ichtete Bildungsweise, dass die Knorpelglottis geöffnet bleibt 
Vgl. auch Grützner S. 224). 

86. Das Mischungsverhältniss von Stimme und Hauch- 
ider Müstergeräusch kann sehr verschieden sein. Ueberwiegt 
Jas Stimmelement, so kann die Murmelstimme sich der Voll- 
ttinmie sehr nähern, so zwar, dass eine ganz bestimmte Grenze 
vielleicht überhaupt nicht festzulegen ist, namentlich nicht 
Bwischen sog. 'dumpfer* Sprechweise und dem eigentlichen 
Knrmeln. In jedem Falle wird aber hier die Murmelstimme als 
Jas Beherrschende, also als eine Parallele zur Vollstimme em- 
pfanden. 

87. Ueberwiegt andrerseits der Hauch, so kann das 
Stimmelement auch für die Empfindung dahinter zurücktreten: 
man wird dann nicht sowohl von ^'gemurmelter* oder ^'gehauch- 
ter' 'Stimme* als vielmehr von einem 'stimmhaften (oder 
fenauer gemurmelten) Hauch* reden. Solche ^UTMcJasi\Ä 



30 88- I^ie Murmelstimme. 89—91. Th'atigkeit des Ansatzrohrs. 

Hauche erscheinen z.B. bei der Bildung gewisser Aspiraten ffl|>* 
Armenischen (436. 442), aber auch sonst neben echt stii 
losen 'h' (283). 

88. Wie weit speciell bei der Bildung stimmhafter 'Coi 
nanten' auch beim lauten Sprechen die Murmelstinmie statt 
Vollstimme verwendet wird, ist noch nicht genügend erfoi 

5. Die Thätigkeit des Ansatzrohrs. 

89. Im Vorhergehenden wurde gezeigt, dass die Hauptai 
gäbe der Kehlkopfarticulationen darin besteht, für die Büd 
ganzer Reihen von Sprachlauten (Vocalen, Liquiden, 's 
haften* Medien und Spiranten, also Vertretern durchaus 
schiedener Lautclassen) ein gemeinschaftliches Element, 
Stimme (bez. Murmelstimme, Flüsterstimme u. s. w.) zu liefe 
bei anderen Lautreihen bleibt hinwieder der Kehlkopf 
passiv (vgl. 28). Seltener liefert der Kehlkopf eigene 
laute (die sog. Laryngale, 178). In allen diesen Bezieln 
verhält sich das Ansatzrohr abweichend: es ist niemals ga 
passiv (d. h. ohne merkbaren Einfluss auf den Charakter d 
einzelnen Sprachlauts) und seine Articulationen ergebe 
stets nur Producte von wesentlich einheitlichere 
Charakter, innerhalb deren nur noch etwa graduelle Uni 
schiede auftreten, die von der wechselnden Stärke des Stroi 
drucks abhängen, oder quahtative, die sich je nach derBethi 
gung oder Nichtbetheiligung des Kehlkopfs an der Articulati 
ergeben. 

90. Hat man z. B. dem Ansatzrohr die zur Bildung eines a nothwei 
dige Aiüculationsform gegeben, so wird man unveränderlich immer m 
wieder ein a hervorbringen, so lange man die gegebene Stellung 
mag man mm lauter oder leiser oder flüsternd, höher oder tiefer spreche* 
Aehnliches kann man bei der Bildung eines /, «, ch, oder auch eines M 
^ — ^> 9 — ^ '^' 8- f- beobachten. — Uebrigens bedingen die graduellen Unte^ 
schiede meist auch zugleich kleine Aenderungen der Articulation, wie dtf 
stärkere Zusammenpressen der Lippen bei^ als bei h etc. (vgl. 186). 

91. Die Möglichkeit, verschiedene, scharf von einander ab* 
gegrenzte Sprachlaute hervorzubringen, beruht also in erster 
Linie auf der Möglichkeit, dem Ansatzrohr verschiedene Aj*' 
culationsformen zu geben. Diese werden demnach später 
der Besprechung der einzelnen Sprachlaute selbst die Aufmerk' 
samkeit wesentlich in Anspruch nehmen: hier soll zunächst 
nur ein Fundamentalunterschied in der Form und der Wirkung 
der Articulationen überhaupt klargelegt und festgestellt werdeB« 



92 — 95. Die Thätigkeit des Ansatzrohrs. 31 

92. Wenn man die Bildung z. B. eines /?, <, k oder eines 
', s, ch beobachtet, so findet man leicht, dass dabei der Kehl- 
topf keinen Antheil als Schallerzeuger hat (28). Vielmehr er- 
fahrt ein stimmloser Druckstrom irgendwo im Ansatzrohr, z. B. 
bei p und/ an den Lippen (bez. Zähnen) eine Hemmung, 
welche zur Erzeugung eines Geräusches an dieser Stelle Ver- 
anlassung gibt. Wird die Hemmung aufgehoben, so erlischt 
das Geräusch, auch wenn die Exspiration noch weiter fort- 
dauert. Wird die Hemmung an einer andern Stelle des Ansatz- 
rohrs hergestellt, so erscheint ein von dem ersten Geräusch 
Terschiedenes. In jedem Falle lässt sich aber innerhalb des 
Ansatzrohrs eine Stelle bestimmen, an welcher das Geräusch 
seine Entstehung findet. 

93. Ganz anders bei der Bildung z. B. eines Vocals, sagen 
wir a. Wir wissen, dass hier der Kehlkopf als Substrat des 
Lautes die Stimme liefert. Diese liegt aber auch dem t, u u. s. f. 
zu Grunde; man gelangt von a zu t oder zu jedem beliebigen 
andern Vocal durch blosse Gestaltveränderungen des Ansatz- 
rohrs, während der Kehlkopf in der alten Articulationsstellung 
beharrt. Der Unterschied zwischen or, t, u beruht also eben so 
gut auf der Articulation des Ansatzrohrs, wie der von/, «, ch\ 
aber nirgends kann man innerhalb des Ansatzrohrs eine Stelle 
fixiren, an welchem der dem a im Gegensatz zu i und u eigen- 
thümliche Klang (als etwas von der Stimme Unabhängiges) ge- 
bildet würde. Vielmehr wirkt hier das Ansatzrohr als Ganzes 
nach dem Princip der Resonanz (s. 21 ff.) umgestaltend auf die 
im Kehlkopf erzeugte Stimme ein. 

94. Ln ersteren Falle bewirkt also die Articulation des 
Ansatzrohrs die Erzeugung eines selbständigen Schalles 
oder genauer gesagt Geräusches (/, «, ch\ im zweiten Falle nur 
die Modificirung eines bereits anderwärts erzeugten 
Schalles, hier speciell eines Belanges. Wir nennen danach 
eine Articulation der ersteren Art eine schallbildende, eine 
der zweiten Art eine schallmodificirende. 

95. Man sieht leicht, dass der Kehlkopf, sobald er über- 
haupt an der Articulation theilnimmt und nicht bloss rein 
passiv die Luft durch die weitgeöffnete Stimmritze durchströmen 
lässt, immer nur schallbildend wirkt, und dass auf diesen Schall 
das Ansatzrohr stets modificirend einwirken muss. Die Fällig- 
heit der Schallbildung ist aber nicht auf den Kehlkopf be- 
schränkt, sondern auch dem Ansatzrohr eigen, wie wir oben 
bei/, «, ch gesehen haben. Die Producte dieser Schallbildung 



32 ^- ^* Schallbüdende und schaUmodificirende Articnlatioxi. 

im Ansatzrohr verhalten sich denen des Kehlkopfs anali 
auch sie gelangen nicht unverändert zum Ohr des Hörers, 
dem auch sie werden stets durch einen Theil des Ansatzroi 
resonatorisch modificirt. Bei dem am Gaumen gebildeten 
wirkt z. B. der Theil der Mundhöhle, welcher vor der ehr. 
liegt, als Besonanzraum mit Es sind also ohne Ausnahm 
bei jedem Sprachlaut beide Arten von Articulation 
vorhanden. Dass wir die Wirkung der schallmodificirenden 
Articulationen bei den 'Oonsonanten' nicht so wahrzunehmen 1^ 
pflegen wie bei den ^'Vocalen*, hat seinen Grund theils darin, 
dass wir überhaupt nicht gewohnt sind darauf zu achten, theils 
darin, dass sie in der That nicht so sehr ins Ohr fallen wie bei 
den Yocalen. Man kann sich aber leicht überzeugen, dass sie 
thatsächlich jederzeit vorhanden sind. Man spreche z. B. an- 
haltend ein 8 oder ch und verändere während dessen die G^talt 
der Mundöffnung beUebig; jede Veränderung der Lippen- 
stellung wird dann eine andere Färbung des s oder ch zur 
Folge haben. Denselben Versuch kann man beim m bezüglich 
der Unterkiefer- und Zungenstellung machen, u. s. w. mit den 
nöthigen Modificationen bei allen Consonanten. Ueberall blei- 
ben hierbei die schallbildenden Articulationen ungeäüdert be- 
stehn, niu* ein an diese Articulationsstellen angrenzender 
Besonanzraum wird verschieden umgestaltet. Ob den Einwir- 
kungen desselben ein musikalischer Erlang, wie bei den *Voca- 
len' und einigen 'Consonanten^, oder ein Geräusch, wie bei den 
übrigen ^Consonanten^ unterliegt, ist nur insofern nicht gleich- 
gültig, als die akustisch einfacheren Klänge (also auch die 
Stimme) viel empfindlicher gegen resonatorische Einflüsse sind, 
als die Geräusche. 

96« Aas diesem (und dem gleich nachher zu nennenden) Grunde e^ 
scheint uns nämlich der Unterschied zwischen i imd u z. B. um so viel 
bedeutender als der ganz analoge zwischen einem s mit spaltförmiger oder 
gerundeter Mundöffnung (s. 469 ff.), dass wir nicht nur t und u als geson- 
derte Laute betrachten, sondern zwischen ihnen noch eine ganze Vocal- 
scala einschieben, während wir die Verschiedenheit jener s gar nicht oder 
doch nur selten wahrnehmen. 

97. Ausserdem ist noch zu beachten, dass ein Laut um so 
mannigfacher und deutlicher modificirt werden kann, je grösser 
und veränderungsfähiger das zur Resonanz dienende Stück des 
Ansatzrohrs vor der Articulationsstelle ist, d. h. je weiter rück- 
wärts im Sprachorgan seine schallbildende Articulation statt- 
findet. In erster Linie stehen also hier die Vocale (deren Unter- 
schiede überhaupt bloss auf schallmodificirender Articulation 



98 — 100. Allgemeine Factoren der Lautbildung. 33 

en], dann folgen die Velare, Dentale und schliesslich die 
le. Bei diesen ist zwar (wie oben beim m gezeigt wurde) 
jisatzrohr selbst sehr veränderungsfähig, aber der Beso- 
aum liegt hier hinter der schallbildenden Articulations- 
und wirkt in Folge dessen weniger stark auf den Klang 
autes ein. 

6. Zusammenfassung. 

i. Zum Zustandekommen eines Sprachlauts sind demnach 
;eit drei Factoren erforderlich: 

Ein arbeitender Druckstrom, dessen wechselnde 
e und Dauer durch die Thätigkeit der Athmungsmuscu- 
regulirt wird. 

selteneren Fällen wird eine der Wirkung des Druekstroms analoge 
Qg durch andere Mittel erzielt; so bei den Schnalzlauten (67) durch 
i, oder bei den Tenues mit Kehlkopfverschluss (866) durch Com- 
n der Luft im Mundraum ohne Zufiüir von Seiten der Lungen. 

Eine schallbildende Hemmung dieses Stroms, die 
lern Orte (theils im Kehlkopf, theils im Ansatzrohr, theils 
den gleichzeitig), dem Grade (Verschluss oder Engen- 
ig, letztere wieder mehrfach abgestuft), der Dauer und 
bärke verschieden sein kann. Die Stärke der Hemmung 
b sich nach derjenigen des Stromdrucks (vgl. 73 und 90), 
it also im Allgemeinen nicht weiter besonders betrachtet 
:den. 

Ein Besonanzraum, welcher dem durch das Zusam- 
rken von 1. und 2. erzeugten Schall seine specifische 
nggibt. 

. Alle Veränderungen von Sprachlauten, welche die 
igeschichte aufweist, entstehen hiemach entweder durch 
derungen der Stärke und Dauer des Stromdrucks, oder 
des Grades, des Ortes und der Dauer der Hemmung, 
3lche des Besonanzraums, oder Combinationen derselben, 
genaue Bücksicht auf diese drei Factoren der Sprach- 
g ist also auch eine systematische Betrachtung des Laut- 
Is nicht möglich. 

0. Früher hat man die Lautwandlungen oft nur vom Gksichts- 
1er Veränderungen in der Druckstärke und der schallbildenden 
ition aus betrachtet (z. £. Uebergang von Tenues zu Medien und 
hrt, oder "Wandel von Verschlusslauten zu Spiranten u. dgl.) ; das 
ebiet des von den Einwirkungen der modificirenden Articulationen 
gen Lautwandels hat erst in geringerem Masse eine zusammen- 
) Behandlung gefunden. Das Yerdienst, auf eine Btreii^^^O^i^^dQQSi^ 

ers, Phoaetik. 5. Äuä. ^ 



34 



101. 102. Die Eintheilung der Sprachlaute. 



der beiden verschiedenen Articulationsfactoren nachdrücklich und 
voller Klarheit aufmerksam gemacht zu haben, gebührt nach den ei 
Anregungen von Heyse S. 15 und Merkel Anthrop. 771 namentlich Wintel 
(Ker. Mundart 5 ff.), auf (^^SBen Angaben die hier gegebene Darstellt 
wesentlich zurückgeht; nur habe ich schallbildend und schallmodi 
ficirend an die Stelle der Winteler'schen lautbildend und -modii 
cirend treten lassen, weil diese zu Missverständnissen Anlass geben kc 
nen; denn ein Laut, d. h. ein Sprachlaut, entsteht ja eben erst durch 
Zusammenwirken von Schallbildung und -modification. 



Cap. 5. Die Eintheilang der Sprachlante. 

(Principielle Vorfragen.) 

1. Sprachlaute oder Sprachelemente? 

101« Als die einfachsten Elemente, aus denen sich 
Silben oder Wörter aufbauen, betrachtet man in der Begel 
was man Sprachlaute zu nennen pflegt, und man vei 
darunter meist Schälle, die erzeugt werden, während der 
beitende Druckstrom durch eine bestimmte Stellung der 
Hemmung und Resonanzbildung dienenden Theile des Spi 
Organs geführt wird. Diese Auffassung bedarf jedoch der 
gänzimg in mehrfacher Hinsicht. Ein Wort wie ama oder am 
besteht, wie man leicht sieht und weiter unter unten Cap. 16: 
näher ausgeführt werden wird, nicht bloss aus a + m + 
d. h. den Lauten oder Schällen, welche erzeugt werden, wäl 
rend die Sprachorgane fest eingestellt sind, d.h. sie 
ruhend in der a-Stellung, der w-Stellung und wieder der 
Stellung befinden. Denn auch während sich die Spracl 
Organe aus der a-Stellung in die ^^i-Stellung u. s. w. bewege^ 
oder gleiten, ertönt die Stimme weiter. Während dies 
Uebergangszeit aber erklingt natürlich weder der reine cJ 
noch der reine m-Laut, sondern zwischen den Anfangslaut 
und den Endlaut m schiebt sich eine continuirliche Reihe vc 
TJebergangs- oder Gleitlauten ein; ebenso wieder b( 
Uebergang vom m zum a, und so überhaupt überall, ^^ 
eine Umstellung der Organe während fortdauernde 
Exspiration stattfindet. Die Sprache besteht daher nie 
nur aus einer Reihe unverknüpfter Stellungslaute, wie 
die obige Definition ansetzt, sondern aus einer Kette, in 
Stellungs- und G-leitlaute mit einander regelmässig abwechsel 

102. Für das Verhältniss dieser beiden Arten von Lauten i 
besonders charakteristisch, dass die Stellungslaute selbstänc 



103. 104. Die Eintheilung der Sprachlaute. 35 

h. unabhängig von ihrer Umgebung sind. Ein jedes einzehie 
hat wie jedes einzehie m seine bestimmte Stellung. Die 
ieiüaute sind dagegen unselbständig, sie richten sich nach der 
eciellen Nachbarschaft, in der ein Laut erscheint. In am ist 
r üebergangslaut zum m hin ein anderer als bei em^ im, om, 
%j oder auch als bei al, ar, ö/*u.s.w., weil im ersten Falle der 
usgangspunkt, im zweiten der Endpunkt der Bewegung ein 
rschiedener ist. Aber gerade wegen dieser Unselbständigkeit 
sr Gleitlaute, die überhaupt nicht isolirt darstellbar sind, 
.nn man dieselben bei der ersten vorläufigen Betrachtung der 
nstituirenden Elemente der Sprache bei Seite lassen. Sie 
iden dann in dem Abschnitt über Oombinationslehre ihre 
Lsführlichere Besprechung. 

103. Von grösserer Bedeutung ist ein anderer Einwand 
igen die Annahme von 'Sprachlauten' als constituirenden 
prachelementen, den namentlich Flodström betont hat. Nicht 
ile Momente der gesprochenen Sprache sind lautend. 
öe Eeihe der Sprachschälle wird oft durch Pausen, d. h. 
luüose Momente von grösserer oder geringerer Dauer unter- 
rochen. Dies ist der Fall bei allen sog. stimmlosen Verschluss- 
mten, wie /?, t, k. Es kann ja gar keinem Zweifel unterliegen, 
ass in einem Worte wie apa oder appa in der Zeit zwischen 
em Verschluss und der Wiederöffnung der Lippen keine 
challbildung stattfindet, und dass also die Hörbarkeit des p 
ez. des t, h u. s. w. in ähnlichen Fällen auf dem beruht, was 
>r dem ersten bez. mit oder nach dem zweiten dieser Momente 
'oducirt wird. Ebenso ist es ohne Weiteres klar, dass in dem 
'^orte appa die jo-Pause genau der Zeit entspricht, in welcher 

dem Worte amma die m-Stellung eingehalten wird. Die 
Pause des einen Wortes ist dem Stellungslaut m des an- 
ren Wortes gleichwerthig. Da man aber Pausen, d. h. Nega- 
>nen der Schallbildung, nicht als Laute bezeichnen könne, 

wird gefolgert, dass man den Ausdruck Sprachlaut als 
Igemeinen Namen der constituirenden Sprachelemente auf- 
ben und einen andern, noch allgemeineren Ausdruck, wie 
E>rachelemente, dafür einführen müsse. Ein solches Element 
i nach Flodström Mas was hervorgebracht wird — sei es nun 
ut oder nicht — indem Luft aus den Lungen herausgetrieben 
ird und die Sprachorgane eine gewisse Stellung in Verbindung 
it einem gewissen Grad von Spannung inne haben'. 

104. Diese Auffassung ist ohne Zweifel bis zu einem ge- 
issen Grade correcter als die frühere AnaicYA,, n^äööä iixä 



36 105.106. Die Eintheilmig der Spraohlaute. 

Sprachlaute anerkannte. Aber die Terminologie, die ( 
aufgebaut wird, ist höchst unbequem. Darf man p^ tj k 
mehr 'Laute' nennen, so müssen auch Ausdrücke wie * 
geschichte, Lautlehre, Lautwandel* verworfen werden; 
man sich aber zur Annahme von 'Sprachelementgescl 
Sprachelementlehre, Sprachelementwander je allgemei] 
schliessen werde, ist mindestens höchst zweifelhaft, und so 
es sich wohl zu erwägen, ob die Neuerung in Namei 
Definition so vollkommen ist, dass man ihr nothv 
folgen muss. 

105. G-egen den Namen 'Sprachelement' statt 'S] 
laut' lässt sich ausser der angedeuteten Unbequemlichkeit 
einwenden. Er ist umfassender und greift weniger einer 
nition vor, als das Wort 'Sprachlaut'. Aber die Flodströi 
Definition ist ohne Zweifel zu eng. Für die Laute, die 
den indogermanischen Sprachen zu begegnen pflegen, 1^ 
man sie sich im Granzen gefallen lassen, aber sie schliesst 
die Schnalzlaute (s. 67) aus ; denn während die Zunge £ 
Zahne oder den Gaumen festgesaugt wird und in dieser Sb 
verhaoTt, wird sicherUch keine Luft aus den Lungen h 
getrieben. Und selbst innerhalb des Gebietes indogerman 
'Laute' lassen sich begründete Zweifel an der Allgemein^ 
keit der Definition erheben. Wie in 365 gezeigt ist, w 
in gewissen Sprachen die sog. Tenues A, ^, p mit Kehlko 
schluss gebildet; die Compression der Luft im Mundrau] 
geschieht nicht durch Austreiben der Luft aus den Li 
sondern durch Zusammendrücken der Weichtheile des M 
und Hebung des Kehlkopfs. Ob diese letztere stets durch 
Luftdruck von unten her unterstützt wird, ist sehr zweife 
jedenfalls ist diese Unterstützung nicht nothwendig, un 
alle Fälle kann dieser Subsidiärdruck nicht mit dem Druc 
direct wirkenden Exspirationsstroms auf eine Linie gestell 
den. Bezüglich der Respirations- oder Luftdrucksverhäl 
verlangt also auch die Definition Flodströms eine nicht 
hebliche Erweiterung. 

106. Eine weitere Frage ist diese: Darf man wirklic 
cretiren, dass nur durch Verbindung von Stellung (ine 
Spannung und Exspiration bez. der eventuellen Surrogai 
diese) ein selbständiges 'Sprachelement' erzeugt werde; 
andern Worten: Sind es wirkhch nur Gleitlaute zu unc 
der Verschlussstellung, welche die sog. Verschlusslaute (i 
mit Beschränkung auf die stimmlosen] hör- und untersche 





107. Die Eintheilung der Sprachlaute. 37 

jhen? Die Frage ist für die vordere Hälfte der Verschluss- 
ite zu bejahen. In ap hört man, von der Explosion des p 
[esehen (die man ja auch beliebig unterdrücken kann, indem 
die Lippen geschlossen hält) wirklich weiter nichts als das 
id den Gleitlaut zur jt?-Stellung (vgl. 444 f.). Anders aber 
it es sich mit dieser Explosion selbst. Dieselbe besteht 
einem rein momentanen Knall, der in dem Augenblicke 
jteht, wo der Lippenverschluss gelöst wird. Dieser rein 
tentane Charakter ist besonders deutlich zu beobachten bei 
Tenues, die mit verschlossenem Kehlkopf gesprochen wer- 
und bei diesen wiederum am besten, wenn sie im isolirten 
ilaut stehen. Die Explosion der Tenues steht in dieser 
iehung völlig auf einer Stufe mit dem Knalle der Schnalz- 
ite, der bei Lösung des Saugverschlusses entsteht. Beide 
len eben deswegen nicht als Q-leitlaute gefasst werden, 
sie momentan sind und nicht wie die wahren Gleitlaute 
fldet werden, während das Sprachorgan eine continuirliche 
le von G^staltveränderungen durchläuft. Die Explosions- 
kttsche können unter Umständen ganz von allen folgenden 
^en getrennt sein. So ist es z. B. ganz immöglich, einen 
Hpimäaut zwischen einem Schnalzlaut und einem folgenden ex- 
»risch gebildeten Schall zu statuiren. Auch wird man 
iwerlich behaupten können, ein auslautendes p oder t oder h 
le stets unaspirirt gedacht) stelle bloss einen Gleitlaut von 
zu Pause, vom Nichts zum Nichts dar. Dass sich an die 
dosion der Verschlusslaute sehr oft, ja gewöhnlich, wirk- 
te Gleitlaute anschliessen, verschlägt dabei natürlich nichts, 
10 wenig als es für die Definition der Verschlusslaute in 
iht kommen kann, dass in gewissen Gombinationen die 
dosion unterdrückt werden kann (457 S.), d. h. dass aus- 
eise Pausen auch ohne nachfolgende Explosion auftreten 
len. 

\\ 107« Aus diesen Thatsachen folgt, dass man die *Ver- 
beUusslaute' mit den übrigen Sprachlauten überhaupt nicht 
imter ^ine Definition bringen kann, es sei denn, dass man sie 
18 als * Sprachelemente' charakterisirt, womit aber ihre Natur 
keiner "Weise aufgeklärt oder bestimmt wird. Muss man aber 
zugeben, so kann man sich weiterhin begnügen festzu- 
iUen, dass zur Sprachbildung dienen 1) Stellungslaute, 
Explosionslaute, 3) Gleitlaute und endlich 4) Pau- 
>ii, die während der Dauer gewisser Stellungen eintreten, und 
lurch eine gewisse Parallele zu den Stellungslauten bild^w. 




38 108. Eintheilung der Sprachlaute. 109. 110. Yocal u. Consonani 

Auf der andern Seite sind diese Pausen und Explosionen 
der Sprache im Allgemeinen derart an einander gebunden, 
man sie für praktische Zwecke getrost unter Einern Na 
zusammenfassen kann. Als solcher Name empfiehlt sich 
wie vor die alte Bezeichnung Verschlusslaute, weil 
die Einstellung der Organe richtig angibt, welche sowohl i 
Pausenbüdung wie für Explosionen nothwendig ist. Nat 
müssen diesen 'stimmlosen Verschlusslauten* = 'Folgen 
Pause und Explosion' noch die stimmhaften Schallgebäde 
gerechnet werden, welche entstehen, wenn während dersell 
Articulationsfolge die Stimme ertönt, bei denen also statt 
Pause als erstes Glied der durch die Verschlussstellung 
dämpfte Stimmton erscheint. 

108. Zusammenfassend können wir hiemach consl 
dass die Sprache allerdings aus lautenden und nicht laui 
Elementen besteht, dass aber die letzteren hinter den ei 
so aurücktreten und derartig an sie gebunden sind, dass 
unter gebührenden Oautelen den althergebrachten Ns 
Sprachlaute für die verschiedenen Elemente der Sprache 
behalten darf. 

Nach diesen Vorerörterungen können wir uns der 
nach der Eintheilung und Gruppirung der verschieden 
Sprachlaute zuwenden. 



2. Eintheilung der Sprachlaute im Allgemeinen. 

109. Seit den ältesten Zeiten zerlegt die Grammatik 
Masse der Sprachlaute in zwei grosse Hälften, Vocale 
Gonsonanten. Diese Eintheilung hat einen nicht gern 
praktischen Werth, insofern sie einen wesentlichen Function^ 
unterschied der Laute bei ihrer Verbindung zu Silben 
Wörtern im Ganzen richtig bezeichnet. Sie ist ausserdem 
unserer gesammteh einschlägigen Terminologie, überhaupt 
allen Forschungen über Lautlehre so innig verwachsen, dass 
wohl für unmöglich gelten muss, sie vollständig durch eine 
dere zu ersetzen, obschon sie, namentlich mit Rücksicht 
ihre Verwendung auf dem Gebiete wissenschaftlicher Lautle 
an manchen Gebrechen leidet. Von diesen sollen hier nnr di* 
zwei am meisten in die Augen fallenden erwähnt werden. 

110. Der erste, principielle, Fehler ist der, dass beid« 
von den römischen Grammatikern überkommenen Zerle 
der Sprachlaute in vocales und consonantes Beobachtung 



111. 112. Yocal und Consonant. 39 

)er die Bildungsart von Sprachläuten mit solchen über 
re Verwerthung bei der Silbenbildung unentwirrbar ver- 
lickt sind. Etymologisch betrachtet heisst litterae vocales 
chts anderes als 'Stimmlaute*, der Name geht also von 
)r Lautbildung aus. Dann ist er aber auf alle Fälle zu eng, 
inn auch andere Laute als die 'Vocale* im traditionellen 
inne haben Stimme. Er ist auch dann noch zu eng, wenn man 
n auf die Laute beschränkt, die nur aus resonatorisch modi- 
Jirter Stimme bestehen (s. 71. 188 ff. etc.), denn zu diesen ge- 
>ren ausser den 'Vocalen' mindestens meist auch noch die 
►g. 'Liquidae' und 'Nasale', welche die alte Auffassung doch 
ieder zu den 'Oonsonanten' rechnet. Wiederum wird der 
ame vocales auch wieder mit der Silbenbildung in Verbindung 
äbfacht, indem er — für das Griechische und Lateinische 
ich wirklich ganz zutreffend — für jede Silbe einen *Vocal' 
3wissermassen als 'Hauptlaut* der Silbe fordert. Der Name 
msonantes aber ist zunächst rein functioneUer Natur, denn er 
3nennt eine Summe von Lauten nur nach der Kolle, die sie als 
Begleiter* der Vocale (d. h. eben jener Hauptlaute] bei der 
ilbenbildung spielen, und ohne alle Eücksicht auf die speci- 
sche Art ihrer Erzeugung. 

111. Trotz dieser Inconsequenz der Bezeichnungsweise 
ürden sich die — nunmehr neu zu definirenden — Namen 
reales und consonantes doch vielleicht weiter verwerthen 
issen, wenn sich mit ihnen überhaupt irgend eine be- 
bimmte Scheidung der Laute sei es nach der gene- 
schen, sei es nach der functionellen Seite hin glatt 
urchf Uhren Hesse. Das ist aber nicht der FaU, und darin 
egt der zweite, praktische, Hauptfehler des alten Systems, 
lir die Unmöglichkeit einer solchen Scheidung legen schon die 
iten Hülfstermini wie 'Diphthonge*, 'Halbvocale*, 'Liquidae* 
ad wie sie alle heissen mögen, ein halb unfreiwilliges Zeugniss 
b. Genetisch widersinnig ist femer die alte Scheidung, weil 
e, wie bemerkt, die 'Vocale*, d. h. a, e, t, o, u u. s. w. von den 
inen nächstverwandten Lauten, wie den Liquidae /, r und 
[asalen m, n etc. willkürlich losreisst und so einen Gegensatz 
iatuirt, der nicht vorhanden ist. 

112. Ebenso schlecht steht es aber auch nach der functio- 
ellen Seite hin. Silben wie ai, au haben z. B. zweifellos genau 
enselben Typus der Bildung wie al, ar, indem sie sämmtlich 
US einem 'HaupÜaut* (hier a) und je einem 'Begleiter* (t, u; /, r) 
estehen, und doch schreibt die alte Auffassung der ersteren 



40 112- Vooal und Oonsonant. 

öruppe je zwei *Vocale* oder einen 'Diphthong' zu, der zweitöi 
je einen 'Vocal' und einen 'Oonsonanten'. Sind aber die /,f 
des zweiten Falles 'Consonanten', d. h. Begleiter des Haupt* |^ 
lauts a, so müssen auch die t, u von m] au als eben solche Be^ 
gleiter 'consonantisch' fungiren bez. demgemäss hier als 
sonanten' bezeichnet werden. Das was man genetisch 'Vocal^ 
nennt, tritt also, wie man sieht, functionell bald als 'Vocal'J^ 
bald als 'Consonant' auf. Ebenso verhält es sich aber anck 
mit den 'Oonsonanten' des alten Systems. Muss, wie dieses 
System, gestützt auf die thatsächlichen Verhältnisse des Griedih 
sehen und Lateinischen (110), es verlangt, jede Silbe eincii 
* Vocar enthalten, so treten in überaus vielen Sprachen aucä 
Laute, welche jenes System zu den 'Consonanten* zahlt, ebea- 
sowohl in der Function von 'Vocalen*, wie in der von 'Ooih 
sonanten* auf, dergestalt dass diese Verschiedenheit der 
Function ^ossentheils etwas Zufälliges ist, dass sie zum The3 
von der Stellung des einzelnen Lautes innerhalb der Silbe oder 
dem Wort, überhaupt von seiner nächsten Lautumgebung ab- 
hängt, in andern Fällen aber auch ganz willkürlich geregelt 
werden kann. Niemand kann z. B. daran zweifeln, dass Worte 
wie ritten, handel in ihrer landläufigen Aussprache eben so gut 
zweisilbig sind wie ritte, hände, dass also die Silben -ten, -M 
und -te, 'de gleichwerthig sind. Untersuchen wir dieselben auf 
ihre Zusanmiensetzimg hin, so finden wir, dass die beiden letz- 
teren aus den 'Oonsonanten* t, d und dem ' Vocal' e bestehn. 
Während der Bildung des t, d sperrt die Zungenspitze den 
Mundraum luftdicht ab, zur Bildung des e senkt sie sich, der 
Luft freien Austritt aus dem Munde gestattend. Nur unter 
dieser Bedingung kann überhaupt ein e hervorgebracht werden. 
In 'ten, -del schreiben wir zwar dasselbe Vocalzeichen e wie 
in -^ö, -de, aber der Aussprache ist es fremd. Spreche ich 
ritten aus, so bleibt die Mundhöhle von dem Moment an durch 
die Zungenspitze abgesperrt, wo das erste t articulirt wird; es 
kann also auf das t in Wirklichkeit ein e nicht folgen, vielmehr 
schliesst sich das n direct an das t an. Aehnlich bei -ef/; die 
Zungenspitze bleibt in ihrer absperrenden Stellung bis zu Ende 
der Silbe ; statt dass sie sich wie bei -de zur Bildung des e 
senkt, wird die Zunge weiter hinten so zusammengezogen, dass 
eine oder zwei kleine Seitenöffnungen entstehen, aus welchen 
das l heraustönt. Man spricht also rit-tn, han-dl, d. h. n und l 
sind dem e in rit-te, hän-de gleichwerthig, haben Vocahsche 
Function. Kehrt man die Lautfolge um, so werden /», / zn 



113. 114. Yocal und Consonant. 41 

•nsonanten, wie in hand^ bald. Aber auch ohne dies kann der- 
be Functionswechsel eintreten, z. B. durch Anschiebung eines 
ocals*, wie in berittne^ behandle^ sobald diese Wörter drei- 
Wg ausgesprochen werden. Der Vocal allein ist aber wiederum 
iht massgebend, denn man kann eben so gut auch be-^t^tn^nje, 
'han-dl^ßje viersilbig aussprechen, ohne zwischen ^-n, rf-/ ein 
»inzuschieben, d.h. man kann den n, l auch vor einem 'Yocal' 
calische' Function ertheilen. Genauer betrachtet, betrifft 
IS aber wieder nur die erste Hälfte der w, Z, denn ihre zweite 
Lifte wird doch als Anlaut der letzten Silbe -nc, -le und zwar 
'Consonant' empfunden. Auch unter einander können n 
d / beliebig ihre Functionen vertauschen; in handeln^ gespro- 
iXL han-dlrij ist / 'Vocal', n 'Consonant', in schallend^ gespro- 
m schal'lndj umgekehrt. Ja, die Spaltimg desselben Lautes 
einen 'vocalischen' und einen 'consonantischen' Theil, die 
' eben in be-riMn-fnJe u. s.w. kennen lernten, kann sogar so 
Lt ausgedehnt werden, dass derselbe Laut zwei ganze Silben 
' sich allein ausfüllt und dabei abwechselnd als 'Vocal', 
>nsonant', 'Vocal' und wieder 'Consonant' fungirt. Das ge- 
ieht z. B. in Worten wie berittenen, welche man sehr häufig 
be-rit'tn-'nnn aussprechen hört (man spreche rasch und un- 

angen einen Satz wie: die berittenen Offiziere . . . . , und man 
d fast unwillkürlich zu dieser Aussprache greifen ; mit n be- 

3hne ich nach Kräuter hier das n in 'vocalischer' Fimction). 
1 und derselbe Laut wird also fortwährend zwischen den 
den Kategorien hin- und hergeworfen, und vielfach hängt es 
iz vom Beheben des Sprechenden ab, ihm die eine oder die 
lere Function zuzutheilen. 

Worin der Unterschied dieser Fimctionen besteht, soll gleich 
r mit einigen Worten zur weiteren Klarlegung des Gesagten 
redeutet werden; wir werden dann weiter unten in dem 
schnitt über die Silbenbildung eingehender darauf zurück- 
nmen (515 ff.). 

113. Zur Bildung einer Silbe genügt, wie eine einfache 
pechprobe lehrt, schon ein einziger Sprachlaut. So stellen 
spielsweise die isolirt gesprochenen Vocale a, e, i, o, u func- 
lell zugleich fünf isolirte Silben dar. Ein jeder so functioni- 
ide Laut ist also hinsichtlich seiner Function ohne Weiteres 

silbenbildend oder kürzer als silbisch zu bezeichnen. 

114. Andrerseits können aber auch mehrere Laute zu einer 
be zusammentreten, vgl. etwa Silben wie wa, la^ ba^ pa oder 



42 llö — ll*?' Sonant und Consonant. 

an, ar, as, qf u. dgl. In diesem Fall dominirt dann für dasO! 
allemal einer der verbundenen Laute (als 'Hauptlaut') überdi 
oder die andern (in den gegebenen Beispielen ist es jedesnulüie 
der ' Vocar, bei Silben wie ai, au der erste ' Vocal^). MitBüi 
sieht auf diese dominirende Stellung innerhalb der Silbe 
der betreffende Hauptlaut ebenfalls als an sich silbenbili 
oder silbisch empfunden. Die begleitenden übrigen 
sind aber dann ihrer Function nach unsilbisch, insofern 
Hinzufügung nicht neue Silben hervorruft. Die n, l in rt^i 
han-dl gelten uns also für 'silbisch^, weil sie gegenüber dem ^ 
ihre Silbe dominiren, in he-ritt^ie, he-hand-le aber sind sie ' 
silbisch', weil hier das e ihnen gegenüber dominirt. 

115. Dieser Gegensatz der Function wird durch die Ai 
jectiva silbisch und unsilbisch hinlänglich gekennzeiclm« 
aber diese gestatten nicht zugleich auch die Bildung enl 
sprechender und bequemer substantivischer Namen. Als solci 
hat neuerdings W. von Hörschelmann die nach manchen Seitea] 
hin sehr passlichen Ausdrücke Dominant (für den HaupÜaul 
und Dominaten (für die etwaigen Begleiter des HaupÜaul^ 
vorgeschlagen: nur fehlen da wieder gleich empfehlensw« 
adjectivische Parallelen. 

116. Unter diesen Umständen behält auch jetzt noch ein 
zuerst von Thausing (Das natürl. Lautsystem S. 97) vorgeschlar 
genes Namenpaar seine praktischen Vorzüge. Thausing ge- 
braucht nämlich das Wort Con- sonant ausschliesshch iß 
seinem ursprünglichen functionellen Sinn als Namen für 
was wir oben als Begleiter des Hauptlauts der mehrlautigen 
Silbe bezeichneten, und stellt ihnen statt des alten nun mcht| 
mehr zutreffenden Q-egensatzes 'VocaT den Ausdruck * Sonant 
als Bezeichnung des Hauptlauts der Silbe entgegen. Diese 
Ausdrücke sind auch insofern bequem, als man von ihnen nie- 
der ohne Weiteres die adjectivischen Parallelen 'sonantiscb 
(= 'silbisch*) und 'consonantisch* (= 'unsilbisch*) ab- 
leiten kann. 

117. Demgegenüber fällt der kleine Uebelstand kaumin's 
Gewicht, dass die Wörter 'Consonant* und 'consonan- 
tisch* nunmehr in einem von der älteren Grrammatik abweichen- 
den Sinne gebraucht werden, wie das ja in der neueren Wissen- 
schaft auch von andern termini technici gilt: man hat sich 
lediglich zu merken, dass diese Ausdrücke phonetisch nur der 
Functionslehre angehören. Wer daran Anstoss nimmt, wird 
am besten thun, den Ausdruck 'Consonant* überhaupt zu 



li 



iL 



L* 



•I 



118. Sonant und Consonant. 119. Was sind Einzellaute ? 43 

ermeiden und sich mit dem Substantiv 'Dominant' oder 
Sonant' und den Adjectivis silbisch und unsilbisch zu 
»ehelfen. 

118. Hiermit wäre für den functionellen Theil der Laut- 
orschung, welcher die Verwendung der Sprachlaute zurSilben- 
ind Satzbildimg zu behandeln hat (s. unten Gap. 25 ff.) ein 
rster Grund gelegt. Die Eintheilung nach dem Princip der 
ionanz und Consonanz ist aber natürlich nicht geeignet, zur 
}-rundlage für die Betrachtung des Wesens der Laute zu 
üenen, welche sich vielmehr auf die Bildung der Laute und 
len daraus resultirenden akustischen Werth derselben zu 
ichten hat. 

3. Was sind Einzellaute? 

119. Hier ist mm etwas genauer auf die Frage einzugehen, 
^as denn ein Einzellaut (oder Einzelelement) sei und was 
ür dessen Charakteristik in Betracht komme. Streng theore- 
isch wäre wohl zu antworten, dass darunter ein isolirbares 
Stwas (meist ein Schall) zu verstehen sei, das durch eine be- 
timmte Zusammenwirkung bestimmter Factoren der Sprach- 
•ildung und nur durch diese erzeugt wird. Aber in der Praxis 
at Niemand daran gedacht, diesen Satz in voller Strenge 
urchzuführen. Um überhaupt eine Uebersicht über die zahllose 
fange der Einzellaute, die durch jene Definition gegeben sind, 
u ermöglichen, hat man stets eine Anzahl naheverwandter 
jaute zu einer Gruppe oder Kategorie zusammengefasst und 
Is *Einzellaute* betrachtet. So fasst man z. B. alle diejenigen 
Ichälle unter der Kategorie des * Lautes' a zusammen, welche 
ei einer gewissen Mundstellung und tönender Stimme hervor- 
ebracht w^den können, ohne Kücksicht auf Tonhöhe, Stärke 
.. s. w. der einzelnen Lautexemplare, aus deren Gesammtheit 
ie Kategorie a abstrahirt ist. Diese Verallgemeinerung kann 
Lur geschehen, wenn man gewisse Factoren der Sprachbildung 
Is nebensächlich für die Definition ignorirt. So ist in dem 
gegebenen Beispiel a abgesehen worden von der qualitativen 
\xi der Hemmung im Kehlkopf, nach der sich Tonhöhe, Rein- 
leit oder Rauhheit des Klanges u. s. w. reguliren, und von der 
Grösse des Stromdrucks, welche die Stärke der verschiedenen 
Sinzel-a bedingt. Dies Verfahren ist an sich willkürlich, aber 
)raktisch berechtigt, weil a von verschiedener Tonhöhe, Stärke 
1. dgl. thatsächlich von den Sprechern und Hörern nicht als 



44 1^- Was sind Einzellaate? 

verschieden empfunden und demnach nicht in einen Gegensatz 
zu einander gestellt werden. Wie viel von den Unterscheidungs- 
merkmalen der einzelnen Lautexemplare als gegensätzlich und 
denmach als wesentlich empfunden wird, lässt sich natürlid 
nicht allgemein bestimmen. Es herrscht da grosses Schwanken, mi 
Wie wir gesehen haben, werden z. B. bei den Vocalen (bez. bei |q! 
den Sonanten überhaupt) Unterschiede der Tonstärke nicht ah 
wesentliche Unterscheidungsmomente aufgefasst. Wenn im 
Deutschen das a einer ^unbetonten' Silbe regelmässig schwäclier 
ist als das einer ^betonten' Silbe, so trifft diese Unterscheidung 
ja nicht den Yocal an sich, sondern die Silbe, in der er stdii 
Anders bei den Oonsonanten. Auch die Consonanten unbeton- 
ter Silben stehen denen der Tonsilben an Stärke nach, wie die 
Vocale in entsprechender Stellung; aber unabhängig von dieser 
Abstufung nach der Silbenstärke haben viele Sprachen auci 
noch eine selbständige Abstufung der Consonanten nach Stärke 
und Schwäche entwickelt, unterscheiden also z. B. starke und 
schwache/, ä, ck oder starke und schwache stimmlose Ve^ 
schlusslaute (359) u. dgl. Man kann also keineswegs behaupten, 
dass die Druck- bez. Tonstärke bei den Definitionen der 'Einzel- 
laute' und ihrer Gruppen als unwesentlich überall bei Seite zu 
lassen sei, und so zeigt sich auch von dieser Seite, dass es un- 
möglich ist, eine zweckdienliche Eintheilung der Sprachlaute 
bloss auf Grund ihrer Articulationsstellung zu geben. 

130. Allerdings ist es richtig, dass Unterschiede der Arti- 
culationsstellung in der Regel auffälligere Verschiedenheiten 
bedingen, als Unterschiede der Tonstärke oder Tonhöhe. Ein 
f und s stehen z. B. sicher einander femer, als ein starkes und 
schwaches / oder ein starkes und schwaches s. Man wird also 
zugeben dürfen, dass die Frage nach der Articulationsform 
eines Lautes im Allgemeinen der nach seiner Stärke voraus- 
zugehen hat. Bedingt aber jede Verschiedenheit der Articula- 
tionsform nun auch die Aufstellung eines besonderen Einzel- 
lautes (der dann eventuell sogar noch nach Abstufungen der 
Stärke zu spalten wäre)? Theoretisch gewiss, aber in praxi 
lässt sich auch diese Regel nicht durchführen. Die Zahl der 
hiemach zu unterscheidenden Einheiten behält immer noch 
eine verwirrende Grösse, und so bleibt abermals nichts anderes 
übrig, als von gewissen, weniger wesentHchen Unterschieden 
auch der Articulationsform unter Umständen für die Definition 
des Einzellauts abzusehen, und wieder bietet sich uns hier 
das Princip der Unterscheidung nach gegensätzlicher und nicht 



121.122. Was sind Einzellaate? 45 

gegensätzlicher Verwendung als eine Handhabe dar. Ein Bei- 
spiel mag erläutern, wie auch hier allgemeingültige Bestim- 
mungen nicht zu machen sind. Niemand wird bezweifeln, dass 
die drei Yocale a^ e, i als selbständige Einzellaute au&ufassen 
sind. Ihre unterschiede beruhen auf einer Verschiedenheit der 
Zungenstellung. Bei der Aussprache eines m hat die Zunge 
aa sich nichts zu thun; sie kann in der Buhelage verharren. 
In den Silben ma^ me, mi wird aber (vgl. namentUch unten 
469 ff.) die Zunge schon während der Bildung des m mehr oder 
weniger die für das a, e^ % nöthige Stellung annehmen. Sind 
nun die m dieser drei Silben als drei selbständige EinzeUaute 
anzusetzen oder nicht ? Thatsächlich sind ihre Articulations- 
fonnen verschieden, so gut wie die der a, e^ t ; aber die Zungen- 
stellung, welche bei diesen Vocalen den specifischen Klang- 
unterschied bewirkt, verändert nicht in gleicherweise stark den 
specifischen Klang des iw, der im Unterschied zu dem Vocal- 
Uang in allen jenen drei m hervortritt. Was dort specifisch 
ist, ist hier nebensächlich, und kann demgemäss hier für die 
Definition des m ebenso gut ignorirt werden, wie die Tonstärke 
bei der Definition der Vocale. Auch hier also lässt sich eine 
Grenzlinie nur auf Grund praktischer Einzelerwägungen ziehen, 
nicht nach theoretischen Gresichtspunkten, denn es lässt sich 
nicht allgemein theoretisch feststellen, was für specifisch zu 
gelten hat und was nicht. 

131. Die Zahl der an sich unterscheidbaren *Spr ach- 
laute' ist also, wie die Erfahrung in Uebereinstimmung mit 
der Theorie lehrt, eine unbeschränkte zu nennen. Aber aus 
dieser unendlichen Zahl wählt die Praxis zunächst nur eine 
beschränkte Anzahl von gegensätzlich verwendeten Typen oder 
Kategorien aus, um an deren specifische Charakteristica 
ihre Definitionen anzuknüpfen. Für jeden einzelnen Sprachlaut 
in diesem weiteren Sinne bleibt dabei ein gewisser Spielraum 
übrig, innerhalb dessen die Unterarten oder Varietäten ihren 
Platz finden, welche in der Sprache oder den verschiedenen 
Sprachen auftreten, imd deren genaue Feststellung eine der 
Hauptaufgaben der beschreibenden Phonetik ist. 

132« Bei dieser Betrachtung mussten die Gleitlaute ausgeschlos- 
sen werden, weü sie nicht einheitliche, isolirbare Theüe der Sprache sind 
und daher auch keine einheitliche Definition gestatten. Sie werden eben 
deswegen nicht als selbständige Sprachlaute behandelt (vgl. 102) und finden 
•ieshalb erst bei der Combinationslehre ihre Besprechung. 



46 123. Aufstellung eines Sprachlautsystems. 

4. Aufstellung eines Sprachlautsystems. 

123. Mit der angedeuteten Eeduction der Sprachlaute 
ein übersehbares Minimum von Typen sind indessen 
Schwierigkeiten nicht erschöpft, welche sich der Auf stelh 
eines Sprachlautsystems hemmend in den Weg s 
wenn man darunter eine Anordnung versteht, in der j 
Typus oder Sprachlaut ein für allemal seine feste Stelle 
wiesen ist. Wenn, wie wir gesehen haben, jeder Sprachlaut 
Product des Zusammenwirkens verschiedener Bildungi 
factoren ist, welcher von diesen ist dann nothwendig te 
oberste und wesentlichste, und muss also für die AnordnuDj 
des Systems in erster Linie den Ausschlag geben? In weldwf 
Beihenfolge müssen die andern beim Aufbau des Systems ihtt 
untergeordnet werden? Und wenn eine Lautgruppe y durck 
einen gemeinsamen Bildungsfactor mit einer Gruppe x, duiA 
einen zweiten mit einer Q-ruppe z zusammenhängt, nach weldia 
Gesichtspunkten ist da zu gruppiren, wenn einmal aus diesen 
oder jenem Grunde zwei von diesen drei Gruppen zu einer 
höheren Einheit verbunden werden sollen? Eine allgemein 
gültige Vorschrift für die Lösung dieser und ähnlicher Fragen, 
wie sie namentlich auch dem Sprachhistoriker auf Schritt nnd 
Tritt sich darbieten, lässt sich nicht geben, weil man die ein- 
zelnen Laute häufig von ganz verschiedenen Gesichtspunkten 
aus betrachten kann und muss, und sich die Werthverhältnisse 
der einzelnen Büdungsfactoren mit diesem Wechsel des Ge- 
sichtspunktes verschieben. Versuchen wir z. B. zur Veran- 
schaulichung des Gesagten die Lautgruppe amba zu analysiren. 
Der Vocal a ist reiner Stimmlaut, d. h. Stinune modificrrt durch 
die Kesonanz der Mundhöhle. Eine Geräuschbildung im An- 
satzrohr findet nicht statt. Isoliren wir das folgende m, so ist 
auch dieses ein reiner Stimmlaut, ebenfalls ohne G^räusch- 
büdung im Ansatzrohr, also dem a nahe verwandt, von ihm nur 
geschieden, aber doch in sehr charakteristischer Weise geschie- 
den, durch den Schluss der Lippen und eine andere Stellung 
des Gaumensegels (134 f.). Es folgt das i, das wir ebenfalls 
isoUren können. Mund und Nase sind abgesperrt, in den Hohl- 
raum des Mundes hinein ertönt die Stimme (367), ebenfalls 
ohne begleitendes Geräusch. Also auch das stimmhafte b kann, 
was die Lautgebung während der Verschlussstellung anlangt, 
als einfacher Stimmlaut charakterisirt werden, und ist ge- 
legentlich so charakterisirt worden. Mit dem m ist dieser der 



123. Verschiedene Ausgangspunkte der Lautanalyse. 47 

Articulationsstellung nach verwandt durch den gemeinschaft- 
lichen Verschluss der Lippen. Ja man kann das m ebenso gut 
^ ein nasalirtes stimmhaftes b bezeichnen wie man von einem 
"Basalirten Yocal spricht, denn m unterscheidet sich von b eben 
-vie der nasalirte Vocal vom reinen Vocal nur dadurch, dass bei 
dem erstem das Gaumensegel frei im Munde schwebt, der Luft 
JSngang in Mund- und Nasenraum verstattend, bei letzterem 
aber der Itachenwand fest anUegt. Müsste man danach die 
I^Tasale als selbständige Classe nicht ganz aus dem System der 
%rachlaute eliminiren und sie vielmehr als Unterabtheilung der 
. Mediae fassen, wie man die Nasalvocale als Varietät der reinen 
Vocale darzustellen pflegt? Wir haben aber weiter oben beim 
h die Acte des Verschlusses und der Oeffnung ignorirt, die im 
Zusammenhang der Kede das Ertönen der Stimme begleiten 
imd die dergestalt charakteristische SchäUe erzeugen, dass sie, 
namentlich bei schwach tönender Stimme, als das Wesent- 
lichere empfunden und demgemäss auch von der Theorie an- 
gesehen werden können. Dadurch tritt das J, das wir eben als 
nahen Verwandten der 'Stimmlaute' a und m kennen gelernt 
hatten, in nächste Beziehung zu dem stimmlosen /?, das doch 
sonst als vollkommenster Gregensatz zum Vocallaut aufgefasst 
werden muss. WoUen wir mm b und p vergleichen, was ist 
denn da das Wichtigere : die Verschlussbildung und Oeffnung, 
oder das Tönen und Nichttönen der Stiname? Und wenn wir 
uns etwa aus diesem oder jenem Grunde entschliessen, b und p 
in erster Linie als Verschlusslaute zu charakterisiren, gehört 
dann das iw, bei dessen Bildung die Lippen geschlossen, ein 
Canal aber, der Nasencanal, geöffnet ist, zu diesen Verschluss- 
lauten, welche beide Luftwege (durch Mimd und Nase) ab- 
sperren, oder zu den Vocalen, welche auch einen Luftweg offen 
lassen, nämlich den durch den Mund, während der Nasencanal 
abgesperrt wird? Unterscheiden sich femer b als 'stimmhafter' 
undj!? als 'stimmloser' Verschlusslaut lediglich durch die Be- 
theiligung oder Nichtbetheiligung der Stinmie an der Hervor- 
bringung dieser Laute? Eine einfache Messung des Exspira- 
tionsdrucks mit dem oben 61 erwähnten Instrument zeigt sofort, 
dass b nicht nur stimmhaft ist, sondern auch einen geringeren 
Munddruck (60) bez. Explosionsdruck besitzt. Wenn nun in 
einer ganzen Keihe von Sprachen an die Stelle des 'stimm- 
haften' b ein Laut getreten ist, welcher zwar nicht selbst stimm- 
haft, aber vom p doch durch schwächeren Explosionsdruck 
deutlich geschieden ist (369), soll man denselben nun als ein 



48 12^* Unthunlichkeit eines aUgemeinen Systems. 

'stimiüloses ft' oder als ein 'schwächeres ^' bezeichnen? 
mit anderen Worten, wenn die alten Ausdrücke Media 
Tennis beibehalten werden sollen, welche ursprünghch 
stimmhaften und schwachen bez. den stimmlosen und 
Laut bezeichnen sollten, welcher von ihnen muss denn die 
Weiterung seines Begriffes erfahren? Es ist doch sehr natörlic 
dass derjenige, welcher sein b stimmhaft spricht, in die 
Mittönen der Stimme das eigentliche Charakteristicuin 
Lautes findet, daher auch geneigt sein wird, jenen schwacho^^ 
stimmlosen Laut dem p naher zu stellen, während umgekebt| 
derjenige, welcher ein 'stimmloses b' zu büden und nur di 
den Explosionsdruck vom p zu unterscheiden gewöhnt ist^ 
feineres Ohr für alle unterschiede der Druckstärke haben 
also in der Abstufung der Stärke das Wesentliche erblickaj 
wird (vgl. jedoch hierzu 367 ff.). Ihm rangirt dann das }Bi\ 
tönen der Stimme bei Andern, wenn er es überhaupt beachtek^j 
erst in zweiter Linie. Der strenge Systematiker wird vieUeic 
sagen, dass solche subjective Bedenken oder Auffassungen sieht I 
in Betracht kommen dürfen, wo es die Aufstellung eines ab- 
stracten Systems gilt. Aber es bedarf doch auch wieder nur 
eines geringen Nachdenkens, um zu erkennen, dass dies sub- 
jective Empfinden gewisser charakteristischer Eigenheiten gfr 
wisser Laute im Vorzug vor anderen Eigenheiten derselböi 
Laute für die geschichÜiche Entwicklung derselben, . mithis 
auch für die geschichtliche Entwicklung einer ganzen Sprache 
von bedeutendem Einfluss sein kann. Für denjenigen, welcher 
die Phonetik zu sprachgeschichtlichen Untersuchungen benutzen 
will, ergibt sich geradezu die Nothwendigkeit, auch auf diese 
subjectiven Momente in der Auffassung der Laute durch die 
Sprechenden Rücksicht zu nehmen, selbst auf die Gefahr hin, 
sein abstractes System dadurch zu stören. 

134. Aus solchen und ähnlichen Erwägungen ergibt sidi, 
dass ein allgemeines System für die Eintheilung der 
Sprachlaute, das namentlich auch für die Bedürfnisse des 
Sprachhistorikers überall ausreichte, nicht aufgestellt werden 
kann. Mehr nebensächlich ist dabei die Schwierigkeit, dass 
Niemand von vom herein alle überhaupt möglichen Combi- 
nationen der einzelnen Articulationsformen überschauen kann. 
Das 'allgemeine System' wäre, was diesen Punkt anlangt, ein- 
fach von Zeit zu Zeit zu modificiren, je nachdem neues Beob- 
achtungsmaterial neue Combinationen aufweist. Vor allem 
aber ist es, wie bemerkt, unmöglich, eine allgemein gültige 



125. 126. Aufstellung von Einzelsystemen. 49 

Bgordnung für die einzelnen Eintheilungsprinci- 
m ausfindig zu machen. Am ehesten lässt sich noch für eine 
zehie sprachliche Einheit (Mundart oder Sprache) ein be- 
Dmtes System, d. h. eine bestimmte Anordnung der einzelnen 
ktheüungsprindpien aufsteUen. Aber ein Prindp, das für 

Gliederung der einen Sprache von höchster Bedeutung 

tritt oft genug in einer andern ganz zurück, würde also für 
se erst an einer andern Stelle des Systems zu berücksich- 
Bn sein. 

125« Ich meine also, wenn auch im ausdrücklichen Gegen- 
ze zu den den grössten Theü der phonetischen Literatur 
xerrschenden Tendenzen, durchaus an der Meinung fest- 
.ten zu müssen, dass das Streben nach einem allgemeinen 
iitsystem nutzlos sei, zumal für die historische Phonetik. 
r Sprachhistoriker bedarf (wie übrigens auch der Praktiker) 
lachst einer genauen Erforschung und Charakterisirung der 
nzelsysteme derjenigen Idiome, welche den Gegenstand 
ner sprachgeschichtlichen Untersuchung bilden. Für die 
torische Verknüpfung der Einzelsysteme verwandter Idiome, 
» sich aus gemeinschaftücher Grundlage entwickelt haben, 
lucht er sodann eine klare Uebersicht über die einzelnen 
türlichen Gruppen, in welche die Laute einer Sprache 
faUen, je nachdem man ihre Gesammtheit von dem einen 
3r andern Gesichtspunkt aus betrachtet. Er wird es bei- 
elsweise einmal mit der Geschichte aller Yerschlusslaute im 
gensatz zu den mit offenem Munde gebildeten zu thun haben, 

anderes Mal mit der Geschichte der reinen Stimmlaute im 
gensatz zu den Lauten, die ganz oder theilweise auf Geräusch- 
iung beruhen, oder mit der Geschichte der Labiale, Dentale, 
latale, Velare, oder der Nasallaute im Gegensatz zu den 
htnasalirten Lauten, u. s. w. Dabei wird er vielfach dieselben 
ute verschiedenen Gruppen zutheilen müssen: ein m bei- 
elsweise bald als reinen Stimmlaut, bald als Labial, bald als 
sal, bald als Halbverschlusslaut betrachten müssen. Alle 
se Betrachtungsweisen sind für ihn gleich wichtig, und mit 
• Wahl des Standpunkts wechselt auch die Gestalt des 
stems in entsprechender Weise. 

126. Derartige Verschiedenheiten der Betrachtung machen sich ins- 
ondere auch bei der Classificirung der verschiedenen Varietäten eines 
utes' im weiteren Sinne geltend. Für die Entscheidung der Frage, 
che von diesen Varietäten im einzekien Falle als die normale zu he- 
chten sei — einer Frage, die ja vom absoluten Standpunkt aus über- 
ipt nicht zu beantworten ist — haben bei der ßpecieüeu Ajüi^dk^^ ^^% 

S i e T e r 5, Pbonetik. 5. Ana. ^ 



1 



50 1^* Gesichtspunkte der Qrappirung. 

vorliegenden Werkes vorwiegend sprachgeschichtliche Momente herfa»| 
gezogen werden müssen. Insbesondere hat in der Begel diejenige Yarie 
zur Grundlage der Definition gedient, welche sprachgeschichtUch ak i 
Mutterform der übrigen gelten darf. So gibt es z. B., wie unten tlSC 
ausgeführt ist, zwei Arten von ^Lauten, deren eine bloss aus resonatonsek 
modificirter Stimme besteht, während die andere ein eigenes Mundgenuudi 
hat. Ebenso zeigt 500 f., dass es neben den spirantischen, d. h. ai^ Mund' 
geräuschbildung beruhenden Lauten wie Ö , j auch Formen ohne diesei 
Geräusch gibt, die also auch nur aus resonatorisch veränderter Stimm 
bestehen. Streng systematisch müssten beide Lautclassen vollkommci 
parallelisirt werden; sie werden aber hier absichtlich getrennt, weilstn 
Grund hat anzunehmen, dass / mit Geräuschbildung innerhalb der indo* 
germanischen Sprachen das Secundäre sind, während sich für ()r, j dl ^ 
Umgekehrte wahrscheinlich machen lässt. Doch ist hin und wieder aIlme^ 
kungsweise auf die verschiedenen Möglichkeiten der Auffassung hifi^ 
gewiesen. 

5. Gesichtspunkte der Gruppirung. 

127. Was nun endlich die leitenden Gesichtspunkte för 
diese gruppenweise Betrachtung der Sprachlaute betrifft, so i 
zuvörderst die These Flodström's, die Sprache könne theils ah 
vemommen oder gehört, theils als hervorgebracht oder g 
sprechen betrachtet werden, dahin zu berichtigen, dass 
der Art der Hervorbringung der Sprache bez. ihr« 
mente auch die Natur der hervorgebrachten Producte zu 
forschen ist. Allerdings hängt die Natur der spracblii 
Producte von der Art ihrer Erzeugung ab, und ihre 
tung hat daher erst an zweiter Stelle zu geschehen. Aber 
wäre mehr als willkürlich, wollte man darauf hin die Erö 
der Natur der Sprachlaute aus der Phonetik verbannen, od< 
ihr gar ein Recht auf Existenz absprechen. Denn nicht nuri 
die Natur der producirten Sprachlaute oder -Elemente für die 
Lehre von der Bildung sprachlicher Complexe höherer Ordnung 
(namentlich die Lehre von der Silbenbildung) von der grössteij 
Bedeutung, sondern es spielt auch die Verschiedenheit te 
SchaUmaterials in der Entwicklungsgeschichte der Sprache eitf 
wichtige Rolle. Wir werden also neben der Erörterung derehh 
zelnen Factoren der Sprachbildung auch den akustischefi 
Gesammtwerth der fertigen Laute ins Auge zu fassen haben» 
d. h. nicht sowohl die specifische Schallqualität (Klang&ite) 
des einzelnen Lautes, als gewisse durchgreifende YerschiedeD' 
heiten des zur Sprachbildung verwendeten Schalhnateriab 
namentlich mit Bezug auf die 16 ff. behandelte TJnterscheidiiog 
zwischen musikalischen Klängen und Geräuschen. 



n. Abschnitt. 



Gruppen der Sprachlaute und die Einzellaute. 



L Die Oruppen. 
Cap. 6. Die Articnlationsarteii des Ansatzrohrs. 

A. Nasenraum. 

128« Die Gestalt des Nasenraums kann, abgesehen von 
en durch die verschiedenen Stellungen des G-aumensegels be- 
ingten unwesentlichen Gestaltveränderungen (49. 52), nicht 
rillkürlich verändert werden. Nimmt er also überhaupt an der 
^utbfldung Theil, so dient er entweder als blosser Kesonanz- 
aum, wie bei den stimmhaften Nasalen m, n, f9 \x. s, w. oder 
en nasaJirten Yocalen, oder die hindurchstreichende Luft 
»ringt an den Engen des Canals ein reibendes Geräusch her- 
or, wie z. B. beim Schnaufen durch die Nase, oder schwächer 
>ei manchen stimmlosen Nasalen. 

B. Mundraam. 

129« Für die Articulationsformen des Mundraums ist 
;hai»kteristisch, dass derselbe zwei veränderliche Ausgänge 
lat, nämlich durch die eigentliche MundöSnung und durch die 
^ase. Fassen wir zunächst nur die Articulationen des ersteren 
juftwegs ins Auge, so ergeben sich für diesen folgende drei 
»rindpiell verschiedene Stellungen oder Abstufungen der Ar- 
iculation: 

130« Weitstellung: Der Mundcanal ist durch- 
ehends so weit geöffnet, dass die ausgetriebene Luft un- 
ehindert hindurchströmen kann, ohne durch Eeibung an den 
tändem einer entgegenstehenden Enge ein Geräusch zu er- 
6ugen; höchstens bringt der Anfall des Luftstroms an die 

4* 



52 131 — 136. Die ArticulationBarten des Ansatzrohn. 

Wände des Hohlraums, den die articulirende Mundhöhle bili 
ganz schwache Geräusche hervor, die sich indessen (als 
Anfallgeräusche) von den Engenreibungsgeräuschen 
lieh unterscheiden. Der A^undraum dient in diesem Falle 
nur als Besonanzraum. Dies ist z. B. gewöhnlich der FaD 
den stimmhaften Yocalen und Nasalen, meist auch den r- 
/-Lauten, d. h. derjenigen Gruppe, welche nach denErö: 
von 1 88 ff. als Sonorlaute zu bezeichnen sind. 

131« 2. Reibungsstellung: Der Mundcanal ist 
einer bestimmten Stelle so weit verengt, dass der 
spirationsstrom an den Bändern der Enge ein reibendes 
rausch erzeugt. Dies geschieht z. B. bei Lauten wie /, «, 
oder franz. engl, t?, z u. ä. 

132. 3. Yerschlussstellung: Der Mundcanal ist 
einer Stelle vollkommen geschlossen, z.B. an den Lippen 
i, /?, hinter oder an den Zähnen bei cf, ^, am Gtiumen bei ;, 
aber auch z. B. bei den sog. Nasalen m, n, f?, s. unten 137, 

133« Mit diesen Stellungen combiniren sich nun die 
schiedenen Stellungen, welche das Gaumensegel als 
lator des zweiten Mundausgangs einnimmt. Dieser lei 
scheint es nur zwei zu geben, da bisher (abgesehn vom S 
chen) eine Stellung desselben nicht beobachtet worden 
welche zur Erzeugung eines Beibungsgeräusches durch ei 
durch die Nase geführten Luftstrom diente. Es kommen 
nur folgende Stellungen in Betracht: 

134« 4. Der Nasenraum ist durch Anpressen desGao* 
mensegels an die hintere Bachenwand abgesperrt, also vos 
der Articulation ausgeschlossen. So werden die meisten Sp: 
laute gebildet; man kann diese demnach als reine Mundlautl' 
bezeichnen. 

135. 5. Der Eingang zum Nasenraum ist durch S^ 
kung des Gaumensegels geöffnet. Bei dieser SteUung 
entstehen Laute, die man als Mundnasenlaute charaki^ 
risiren kann, weil bei ihrer Erzeugung sowohl Mund- ^ 
Nasenraum betheiligt sind. Bezüglich der verschiedenen Be- 
theiligungsweisen des Nasenraums s. oben 128. 

136« Das Yerhalten des Gaumensegels bei der Bildung der Sprach' 
laute, insbesondere der Vocale, hat lange den Gegenstand einer Controver« 
gebildet, und es sind eine Menge zum Theil sehr mühsamer Expenmente 
ausgeführt worden, um die Frage nach dem vollständigen Abschluss dtf 
Nasenhöhle speciell bei der Bildung der reinen Vocale objectiv zu ent- 
scheiden (vgl. z.B. Brücke, Grundzüge 28; "Wiener Sitz.-Ber., matL-naturw« 



137. Die Aiticulationsarten des Ansatzrohrs. 53 

XXVm (1858), 90 ff. Czermak, ebenda XXIV (1867), 4 ff. XXVm 
38), 575 ff. Merkel 62 ff.). Sehr einfach und überzeugend ist Czermak^s 
rfahren. Man bringe wahrend der Bildung des zu untersuchenden 
Utes eine kalte poHrte Platte, etwa eine Messerklinge, vorsichtig unter 

Nasenöffiiung. Ist die Gtkumenklappe fest geschlossen, so bleibt die 
ktte rein, bei der geringsten Oeffhung aber beschlägt sie sich mit 
fcflserbläschen. Fast ebenso empfindlich und für die Demonstration besser 
Signet ist folgende Modification des Brücke^schen Verfahrens (Qrundz. 28), 
e brennende Kerze vor die Nasenöfihung zu bringen. Man befestigt in 

Enden zweier Kautschukschläuche kleine Metall- oder Glasröhren, 

in eine feine Spitze auslaufen ; vor den Mündungen derselben werden 
di kleine Kerzenflammen angebracht. Die beiden andern Enden fuhrt 
n möglichst luftdicht in die eine Nasen-, bez. die Mundöffiiung ein (bei 
r letztem kann man auch zur bequemem Auffangung des Luftstroms 
en kleinen Trichter benutzen). Spricht man dann einen reinen Vocal 
i, so wird nur die vor der Mündung des Mundschlauchs befindliche 
unme umgeblasen, bei einem Nasal nur die andere, bei einem nasalirten 
»cal, auch bei der geringsten Spur von Nasalirung, gerathen beide in 
rtiges Flattern. Um die Sache auch durch das Ghehör entscheiden zu 
Dnen, kann man bei stimmhaften Lauten auch die Enden der Kautschuk- 
iläuche (ohne jene Spitzen) in die Ohren einführen; man hört dann das 
Eurakteristische Schmettern des Stimmtons je nach der Art des unter- 
shten Lautes nur in je einem oder gleichzeitig in beiden Ohren. Ein 
ir einÜEU^hes Experiment ist auch das, während der Aussprache des be- 
»ffenden stimmhaften Lautes die Nase plötzlich zuzuhalten. Ist der Laut 
salirt, so verändert er sofort merklich seinen Klang, weil sein bisher 
iener Besonanzraum in einen gedeckten verwandelt wird. Ganz empfind- 
h ist übrigens dieser Versuch nicht, weil auch bei reinen Vocalen mit 
'äff angespanntem Gtiumensegel (namentlich i) die Schallschwingungen 
jrch das letztere in den Nasenraum übertragen werden, so dass auch 
^ser einen geringen Einfluss auf den Gresammtklang des Vocals 
bält. 

187« Nennen wir alle diejenigen Geräusche, welche durch 
eibimg eines Luftstroms an den Eändem einer Enge ent- 
ehen, Reibelaute oder Spiranten (auch Fricativae wird 
ifür gebraucht), alle diejenigen Sprachlaute aber, welche mit- 
ist eines völligen Verschlusses des Sprachorgans gebildet 
erden, einstweilen Verschlusslaute, so ergeben sich aus 
3n oben angegebenen Factoren folgende verschiedene Laut- 
nippen: 

1. Aus 1 und 4 die rein sonor gebildeten Arten der 
bcale und Liquidae (Cap. 10 ff.). 

2. Aus 1 und 5 die nasalirten Vocale und Liquidae 
Jap. 10 ff.). 

3. Aus 2 und 4 die Mundspiranten oder Spiranten 
1 engeren Sinne; z. B. stimmloses /, $, ch oder stimmhaftes 

2, j (Cap. 14). 



54 1^* 13^- ^i® Articiilationsarten des AnBatzrolin. 

4. Aus 2 und 5 nasalirte Spiranten, wie sie an 
einfacher Mundspiranten in 'nasaÜrenden' Sprachen, z.B. 
fach im nordamerikanischen Englisch, auftreten. Die Ni 
rung ist meist nur gering, da sich sonst, bei der dq 
Ausflussöffnung, das spirantische Reibungsgeräusch zu I 
verlieren würde. 

5. Aus 3 und 4 die Mundverschlusslaute oder Yer 
schlusslaute im engeren Sinne; hierher gehören die 
Tenues k^ t^ p und Mediae ^, cf, b nebst ihren 
(Cap. 15). 

6. Aus 3 und 5 die sog. Nasale, m^ n, i9 u. s. w. (Gap. 1 
die, wie bereits oben 123 angeführt, als nasalirte Mond 
schlusslaute aufgefasst werden können. 

138. Die Praxis hat diese 6 Classen von Lauten, aus d 
ohnehin die vierte meist in Wegfall kommt, noch weiter 
cirt, indem sie die zweite nur als eine Unterabtheilmig 
ersten betrachtet, während sie 5 und 6 als getrennte 
bestehen lässt. Ein Gesammtname für die in unserer 
Classe vereinigten Laute ist bisher nicht üblich gewesen, 
kann dafür etwa (mit Bezug auf die 188 festgestellte TJntefr' 
Scheidung von Sonoren und Geräuschlauten} den Namen Mund 
sonore gebrauchen. Classe 2 wäre demnach als die der nasa- 
lirten Mundsonoren zu bezeichnen. Classe 3 und 5 pfl^i 
schlechthin als Spiranten und Yerschlusslaute au^e: 
zu werden. Für Classe 6 ist von Alters her der Name Nasal 
üblich gewesen; seit Brücke ist dafür auch der nichtssagende 
Name Besonanten aufgekommen, der besser vermieden^ 

139« Man unterscheide in der Praxis scharf zwischen einem Nasil 
als einem Laute unserer sechsten, und einem nasalirten Laute ak 
einem unserer zweiten (und vierten) Classe. Namentlich aber muss Ttf 
einer Vermischung der dritten und fünften Classe, insbesondere vor du* 
Verwechselung der Ausdrücke Spirans (zu Cl. 3) und Aspirata (ä 
Cl. ö) nachdrücklichst gewarnt werden. Die grosse Verwirrung, an weldiff 
lange Zeit z. B. die Lehre von der Entwicklung der Mediedaspiraten is 
den indogermanischen Einzelsprachen litt, ist wesentlich eine Folge hb* 
klarer Vorstellungen auf diesem Gebiete gewesen. Obwohl die hier is 
Betracht kommenden Verhältnisse so ausserordentlich einfach sind, lii^ 
man doch die in sich selbst widerspruchsvollsten Definitionen mit Bobs 
hingenommen; wie wenn z. £. Corssen das lat. / als eine 'labiodental 
Spirans mit festem Kern' bezeichnete. Von einem solchen Kern, unter des 
wohl ein Verschluss verstanden werden soll, kann natürlich bei eintf 
Spirans keine Hede sein. Geht der Spirans ein Verschluss voraus, flo 
bekommen wir einen Doppellaut, eine Affricata, d. h. Verschlusslant + 
Spirans [s. 454 ff.), folgt der Oeffnung des Verschlusses ein einfache 



M 



140 — 141. Die Articnlationsarten und -stellen des Ansatsrohrs. 55 

ßh. (statt der Spirans), so entsteht das, was wir Aspirata nennen 

401« 484 ff.). Zu den Yerschlusslauten gehören eben nur die sog. 

Tenues und Mediae nebst deren Aspiraten nach der landläufigen Termino- 

^logie; zu den Spiranten dagegen alle übrigen * Q^rauschlaute' (188), 

(besondere auch die nur in Folge missverständlicher Namensübertragung 

viel&ch ^schlich als Aspiraten bezeichneten lat. deutschen / und eA, 

engl, th, oder tp, /, d' der neugriechischen Aussprache. 

140« Das indische System stellt die Nasale wegen ihrer 
MimdcanalYerschlüsse zu den Yerschlusslauten, und einige 
^]!f6aere möchten sich dem anschliessen. Es ist in der That 
nicht unwichtig, auf diese Verschlüsse bei den Nasalen hinzu* 
weisen: sie spielen bei der Combination der Laute eine wesent- 
liehe ILolle. Aber man darf nicht vergessen, dass doch der 
Nasencanal bei der Hervorbringung der Nasale geöffnet ist, 
und dass sie dadurch den Yocalen und Liquiden, überhaupt 
allen Lauten nahe stehen, die nicht mit völligem Verschluss 
aller Luftwege gebildet werden. Sichtiger wird man die Nasale 
daher als Halbschlusslaute bezeichnen. Zu diesen stellt 
sich dann in gewissem Sinne auch die Liquida /, welche wie 
die Dentale t, cf, n eine Absperrung des Mundcanals in der 
Mittellinie des Mundes aufweist (312). 



Cap« 7. Die Articnlationsstellen des Ansatzrohrs. 

141« Eine grosse Anzahl von Sprachlauten entsteht, wie 
wir oben 89 ff. und öfter gesehen haben, dadurch, dass irgendwo 
im Ansatzrohr eine Enge oder ein Verschluss gebildet wird, 
welcher den exspirirten Luftstrom in Schallschwingungen ver- 
setzt. Den Ort dieser Engen- oder Verschlussbildung nennen 
wir die Articulationsstelle des betreffenden Lautes. Wir 
sagen also z. B., dass j>, &, m (abgesehen von der eventuell 
begleitenden Stimme) ihre Articulationsstelle an den beiden 
Lippen, dass/ die seinige zwischen Unterlippe und Oberzähnen 
habe, u. s. f. 

Solche Articnlationsstellen nun haben alle Sprachlaute, 
auch diejenigen, bei denen eine Geräuschbildung im Ansatzrohr 
nicht stattfindet; so theilt z. B. das geräuschfreie (stimmhafte) 
m den Lippenverschluss mit p, ft, das ebenso gebildete l die 
Stellung der Vorderzunge mit t, rf, n. Der Unterschied ist nur 
dieser, dass bei der einen Reihe von Sprachlauten die Articula- 
tionsstelle schallbildend auftritt, bei der andern dagegen nur 
die Gestalt des Besonanzraums und damit den Charakter der 
Resonanz bedingt. 



56 1^ — 1^* ^^^ Articttlationsstellen des Ansatzrohn. 

142. Die Bestiimnung der Articulationsstelle eines Lanlenli 
gelingt um so leichter, je prägnanter ausgeführt die EineDguiipEiJ 
desMundcanals (bis zum völligen Verschluss) ist. Daher bii 
die Laute, welche durch Articulation der mittleren Z 
partien gegen den Gaumen gebildet werden, viel erheblii 
Schwierigkeiten für die Bestimmung dar, als die anderen LaüAre 
zumal man meist auf Tastversuche angewiesen ist. Am 8cliwtt%<n 
rigsten sind im Allgemeinen die Arüculationen der Yocale if ii 
fixiren, weil bei diesen am wenigsten prägnante Yere; 
des Mundcanals auftreten. Es soll daher ihre Besclireibiing||^ 
bis zu dem die Einzelvocale behandelnden Abschnitt aufgehobei 
und hier nur von den schärfer hervortretenden Articiüatioitt'^^ 
stellen der übrigen Laute gehandelt werden. 

143* Einen sehr wesentlichen Fortschritt in der genaueren Bestisi' 
mrnig der ArticolationssteUen bezeichnet die sehr sinnreiche Farbungs* 
methode von Oakley-Coles und Grützner (S. 204 u. ö., vgl 
Techmer S. 30}, die dann später durch Kingsley durch die Einfuhruiig 
des künstlichen Ghiumens (s. u.) vervollkommnet wurde. Grützner bestraclit 
die trocken abgewischte Zunge dick mit Carmin- oder chinesischer Tusche, 
und articulirt dann möglichst deutlich und zwanglos die Laute. Hierauf 
wird der Mund geöf^et gehalten und bei passendem Licht mit eine» 
grossen Kehlkopfspiegel, der schräg oben nach dem Gtiumen sieht, und 
einem gewöhnlichen Toüettenspiegel betrachtet. Kingsley fuhrt statt 
dessen einen künstlichen Gtiumen in den Mund ein, d.h. eine dünne genas 
nach dem Gtiumen des einzelnen Lidividuums gearbeitete Platte, auf 
welcher sich die Gontactflächen der Zunge markiren, die dann nach He^ 
ausnähme der Platte direct abgelesen werden können. Abbildungen desl^ 
Zungen-r, «, i gibt Grützner S. 204. 207. 219. 221; anderes bei Teduner, 
Atlas tab. IV, R Lenz, Zs. f. vergl. Sprachf. 29, 1 ff.^ N. W. Kingsley in 
Techmer^s Zs. 3, 225 ff. und sonst. 

144. Es fragt sich hier zuerst, wie viele solcher Articu- 
lationsstellen wir anzunehmen hahen, und wie dieselben za 
einander liegen. 

Ln Anschluss an die Lautsysteme des Griechischen und 
Lateinischen pflegte man sonst nur drei verschiedene Artictt- 
lationsstellen anzunehmen, deren Producte als gutturale, 
dentale und labiale Laute bezeichnet wurden. Nach der 
Kenntnissnahme vom Sanskrit fügte man hierzu noch die sog. 
palatalen und cerebralen Laute, die man nach dem indi- 
schen Lautsystem zwischen Gutturalen und Dentalen einschob. 
Das so entstehende System ist indessen physiologisch nicht 
ohne Weiteres verwendbar. Die Bücksicht auf die bei der 
Bildung der einzelnen Laute betheiligten Organe wie auf die 
Lautgeschichte fordert vielmehr, wie Winteler gezeigt hat, 



145. Articolfttioiustellen. 146. 147. Die Lippenlaute. 57 

inächst eine Zweitheilung, in Lippenlaute oder Labiale, 
ie nur yermittelst der Lippen unter gelegentlicher Zuhülfe- 
ahme der Zähne, und Zungengaumenlaute oder Linguo- 
alatale, die yermittelst der Articulation irgend eines Zungen- 
lieils gegen irgend einen Theil des innem Mundraums, speciell 
[es weichen oder harten Gktumens, eventuell auch der Zähne 
lervorgebracht werden. Als dritte Gruppe schliessen sich diesen 
lie faucalen Laute an, die durch Articulation des weichen 
jaumens gegen die hintere Bachenwand erzeugt werden. 

145« Es versteht sich übrigens aus der Unabhängigkeit der 
[jippen- und Zungenarticulationen von einander von selbst, 
lass beide auch gleichzeitig bei der Bildung eines Lautes 
nitwirken können. Das Weitere hierüber wird die Combinations- 
ehre bringen. 

An Einzelheiten ist folgendes zu bemerken: 

1. Die Lippenlaute. 

146« Die Lippenlaute zerfallen je nach der Nichtbethei- 
igung oder Betheiligung der Zähne an der Articulation in 
)ilabiale (rein labiale, labiolabiale) und labiodentale. 
Sa den ersteren gehören unsere gewöhnlichen i, p, m und das 
nitteldeutsche w. Hier sind die beiden Lippen entweder bis 
!um völligen Verschluss zusammengebracht (wie bei 4, />, m) 
)der einander bis auf einen kleinen Spalt genähert (wie beim w). 
Die Labiodentalen entstehen dagegen durch leichtes Anpressen 
ier Unterlippe an die Oberzähne; die Oberlippe bleibt zwar 
i^esentlich in der Buhelage, doch nimmt sie iu den meisten 
Fällen ebenfalls an der Lautbildung AntheiL 

147« Die Yariationsfähigkeit der Labiale ist (abgesehen von 
ihren Modificationen durch gleichzeitige Zungenarticulationen) 
im Ganzen keine sehr grosse. Alles in dieser Bichtung zu Beob- 
iichtende ergiebt sich leicht durch das 42 ff. über die verschie- 
lenen Formen der Lippenarticulation Bemerkte. 

2. Die Zungengaumenlaute. 

148« Viel grössere Mannigfaltigkeit und damit erhöhte 
Schwierigkeiten für die Classificirung bieten die Linguopalatale. 
)ie aiüculirenden Theile sind hier die obere und hintere Lmen- 
läche des Mundraums (das Munddach), speciell der Gaumen 
Q seiner ganzen Ausdehnung, und die Zunge. Die letztere 



58 1^- 1^^' ^io Zungengramnenlaute. 

allein aber ist eigentlich das bewegliche Instrament der 
lation. Durch ihre Formverändeningen (unterstützt durch 
Hebung und Senkung des Unterkiefers) werden haup 
die betreffenden Engen oder Verschlüsse zu Wege gebraß""p5T 
Das Munddach verhält sich dabei mehr passiv, namentüdi 
ganze harte Gaumen. An dem festen Dache des Mnndrai 
werden daher am besten die Orte zu markiren sein, an de— _ 
die Articulation stattfindet. Ein zweiter Gesichtspunkt für b' 
Charakteristik der Linguopalatale ist gegeben in der 
nach der Form der Theile, mit welchen die Zunge articoürt 
149. Gehen wir, um die Frage nach den Orten der Art 
culation zu beantworten, von den sog. 'Gutturalen' der alia 
Terminologie aus, so ist der äusserste Yerschlusslaut dieser 
Keihe nach rückwärts zu ein tiefes k^ das durch Berührung dei 
hinteren Zungenrückens mit einem möglichst weit nach hinten 
und unten gelegenen Theil des Munddachs gebildet wird (man 
kann dabei selbst bis unter die Begion des Zäpfchens hinab- 
steigen). Es ist nun ohne Weiteres klar, dass man von hieräos 
nach vom fortschreitend nach einander jeden Theil der Zunge 
mit einem entsprechend gelegenen Theile des Munddachs in 
Berührung bringen, dass man die Berührungsstelle ganz all- 
mählich und unmerklich von hinten nach vom verschieben kann 
Jeder der verschiedenen Berührungsstellen muss ein eigener 
Laut entsprechen, und ganz analog verhalten sich die neben 
den Verschlüssen einhergehenden Engenbildungen und ibe 
Lautproducte. Man bekonmit also eine continuirlich abgestufte 
Reihe von Lauten, deren Anzahl der Theorie nach unendlich 
ist. In der Praxis aber werden jedesmal eine ganze Beihe 
solcher Laute, die sich durch einen wesentlich gleichen Klang- 
Charakter auszeichnen, zu einer Einheit zusammengefasst, so 
dass für die Articulation eines jeden Lautes ein gewisser Spiel- 
raum innerhalb bestimmter Grenzen gelassen wird. Unsere 
Ausdrücke Palatale, Dentale, Gutturale u. s. w. weisen also, 
wie die meisten Namen für Sprachlaute oder deren Gruppen, 
nicht auf eine absolut feststehende Articulation oder einen un- 
abänderlich fixirten Sprachlaut, sondern sie bezeichnen Bur 
ganze Lautkategorien, deren Anordnung sich nach der Ve^ 
wandtschaft ihrer Articulationsweisen und deren Anzahl sieb 
nach ihrem Vorkommen in gegensätzlicher Verwendung be- 
stimmt (s. 119). Ln Allgemeinen aber wird es genügen, zu- 
nächst drei grosse Gebiete, ein vorderes, mittleres und hin- 
teres aufzustellen, je nachdem die Laute mit der Zungenspitze, 



150. 161. Die Zungengaomenlaute. 59 

gm mittleren oder hinteren Theile des Zungenrückens articulirt 
erden. Das erstere umfasst, wie man sieht, die Dentale des 
iten griechischen Systems (einschliesslich der sanskritischen 
^rebrale), das zweite die sog. Palatale, das dritte die Guttu- 
ale der älteren Terminologie, die man aber deutlicher und 
Bsser als Velare bezeichnet. 

150. Was den zweiten Punkt anlangt, so sind zu unter- 
)heiden: 

A. Mediane Articulation: die Articulationsstelle liegt 
L der Mittellinie des Mundes, und zwar: 

1. Coronale Articulation: die Articulation wird durch 
en vorderen Zungensaum bewirkt, welcher sich als eine 
lehr oder weniger scharfe Kante dem Gaumen entgegenstellt 
:. B. beim Zungenspitzen-r und verschiedenen der sog. Dental- 
lute). 

2. Dorsale Articulation: die nothwendigen Engen bez. 
Verschlüsse werden durch Emporheben eines Theiles des 
iungenrückens (z. B. beim y des vordem, bei A, ch des hin- 
em) zum Gaumen gebildet. 

Üeber besondere Modificationen dieser beiden Articulations- 
msen bei den sog. emphatischen Lauten s. unten 166« 

B. Laterale Articulation: hier liegen die charakteristi- 
schen Engen oder Verschlüsse zwischen den Seitenrändern 
der Zunge und den Backenzähnen (bei den /-Lauten). 

161. Die Articulationen des hinteren und mittleren Theils 
der Zunge sind aus leicht ersichtlichen Gründen sämmtlich 
dorsal, was die Gestalt der Zungenoberfiäche anlangt (wodurch 
laterale Articulation natürlich nicht ausgeschlossen ist). Die 
Zungenspitze aber vermag wegen ihrer grösseren Beweglichkeit 
sowohl coronal als dorsal zu articuliren. So bilden denn die 
JOg. Dentale im herkömmlichen Sinne des Wortes eine Ver- 
nittelung zwischen den Gruppen coronaler und dentaler Bil- 
long, indem man zu ihnen sowohl coronal als dorsal gebildete 
jaute rechnet. Eine ArtUebergangsstufe scheinen die gewöhn- 
ichen «-Laute zu bilden. Bei diesen ist nämlich der äusserste 
iungenrand ein wenig nach unten umgeknickt, so dass die 
igentliche Enge mit einem dicht hinter dem Zungensaume 
elegenen Theile des Zungenrückens gebildet wird. Für 
iesen Theil der Zungenspitze hat Sweet den Ausdruck blade 
Zungenblatt' eingeführt. 



60 152—154. Die Zungeng^umenlaate. 

152* Ueber die Nothwendigkeit der Untencheidung ooronakraAiiai 
dorsaler Articalation s. Michaelis, üeber die Physiologie und Orthognfkfer 
der «-Laute, Berlin 1862, und Kuhn^s Zeitschr. XXfd, 518 ff. Nor M] 
Michaelis den Begriff 'dorsal' enger, indem er ihn nur fBr die 
dem Zongenrücken und dem vorderen Theile des Qaumens oder den 
Schneidezähnen gebildeten Laute anwendet. Statt 'coronal' 8agtMiohi(il| 
'apical', was mir weniger passend erscheint, da man dabei unwilMriiiili 
zu sehr bloss an die vordere Spitze denkt: jedenfalls aber hatte Micbeüil 
Becht, den früher von mir gebrauchten missverständlichen Ansdraök W I \ 
statt 'coronal' zu verwerfen. — Die laterale Articulation ist, wenn im] 
will, nur eine Unterabtheilung der allgemeinen Kategorie der Band- 
articulationen der Zunge ; die andere Abtheilung derselben bilden d» \ 
coronalen. 

Hiemach gewinnen wir folgende Gruppen von Zungen*^ 
gaumenlauten: 

A. Mediane Articulationen. 
1. Vorderes Gebiet. 

153* In der Indifferenzlage ruht die Zungenspitze hint» 
den ünterzähnen. Sie kann von dort ausgehend stufenweise 
gehoben und mit entsprechenden Theilen der beiden Zab- 
reihen, der Alveolen der Oberzähne und des harten Gaumens 
in Berührung gebracht oder diesen genähert werden. Hat sie 
so die obere Grenze der Alveolen überschritten, so kann sie 
selbst etwas nach hinten übergebogen werden. Die Unt^ 
fläche der Zunge wird dabei nach vom zu convex und berührt 
theilweise den harten Gaumen (Brücke S. 36 f.). Die Articu- 
lation selbst kann dabei entweder coronal oder dorsal sein, vgl 
oben 150. 

154« Dies ganze Articulationsgebiet pflegt die vergleichende 
Grammatik im Anschluss an das indische Lautsystem gewöhn- 
lich nur in zwei Unterabtheilungen zu zerlegen, die der Cere- 
brale und Dentale. Brücke theilte sodann die letztere Gruppe 
wieder in Alveolare, Dorsale und (eigentliche) Dentale ein, 
f asste aber selbst innerhalb seiner Dentale Laute von ganz ver- 
schiedenem Mechanismus zusammen, indem er z. B. lehrte, dass 
ein Mentales' t gebildet werden könne, 'indem man die Zahn- 
reihen ein wenig von einander entfernt und den Spalt mit dem 
Zungenrande verstopft, oder indem man den Band der flad 
liegenden Zunge ringsum an die obere Zahnreihe anpresst, oder 
endlich indem man die Spitze der flach liegenden Zunge nadi 
abwärts biegt und hart über derselben durch festes Aufdrücken 
der Oberzähne den Verschluss bildet' (Grundz.^ 37). Nach ihm 



155—168. Vordere Zongengaiomenlaate. 61 

bat dann namentlich zuerst Michaelis strenger die Orte und 
Arten der Articulation (ob dorsal oder coronal gebildet) zu 
unterscheiden gelehrt, da diese namentlich bei der Bildung von 
Spiranten («-Lauten) sehr wesentlich sind. So erhalten wir von 
oben beginnend: 

a. Laute coronaler Articulation. 

165« 1. Cerebrale (dies die übliche, wenn auch falsche 
Uebersetznng des sanskr. mürdhanyaj des indischen Namens 
dieser Lautclasse) oder cacuminale (M. Müller), auch höchst 
unpassend von einigen als linguale bezeichnet; deutlicher 
ist der englische Name *inYerted\ Die Zungenspitze ist hier 
nach dem Gaumendache auf- und zurückgebogen. Dorsal ge- 
bildete Nebenformen dieser Classe gibt es meines Wissens nicht, 
die angegebene Zungenstellung lässt ihre Bildung nicht wohl 
als möglich erscheinen. — Es fallen hierher die bekannten 
Cerebrallaute der dravidischen Sprachen und des Sanskrit {f, fh, 
rf, dk, «, ^, r. Brücke's fi, d^ u. s. w., Sweet's (<+), rf+) u. s. w.), 
aach im Schwedischen sind sie häufig; im Englischen kommt 
cerebrales r dialektisch vor. 

166. 2. Alveolare, Brücke's t\ d^ u. s.w., Sweet's point 
consonants, Lundell's Supradentale. Der Zungensaum 
wird durch Hebung der Vorderzunge nach den Alveolen der 
Oberzähne hingeführt, ohne die Oberzähne selbst zu berühren, 
aber auch ohne ersichtliche Rückbiegung der Zunge, die zu 
cerebraler Articulation führen würde. Bei der räumlichen Aus- 
dehnung der Alveolen sind eine ziemliche Anzahl von Varietäten 
mögUch: man kann etwa vordere und hintere Alveolare unter- 
scheiden, je nachdem die eigentliche Articulationsstelle mehr 
an der Unterfläche oder der nach innen gewendeten Seite der 
Alveolen stattfindet. Alveolare t, d, n u. s. w. sind in Deutsch- 
land sehr verbreitet. 

157. 3. Postdentale (Lundell), Sweet's point-teeth 
consonants, von Michaelis noch unterschieden in Super- 
ficiale (nach der superficies interna dentis) und Marginale, 
je nachdem die Articulation zwischen Zungensaum und der 
Hinterfläche oder dem untern Rande der Oberzähne stattfindet. 
Hierher gehören die t, d mancher Sprachen, auch z. Th. das 
engl. th. Brücke's t\ d^ u. s. w. umfassen auch noch die folgende 
Gruppe, die 

158« 4. Interdentale (Brücke, Sweet, Lundell). Wir 
verstehen hierunter nur diejenigen Laute, bei welchen der 



62 1^' 1^- Vordere Zungeng^umenlaute. 

Zungensaum selbst den Spalt zwischen den beiden ZahnreiheB 
verstopft. Hierher gehören z. B. die t, d des ArmenischeB 
(doch nicht ausnahmslos) und anderer orientalischer SpracHJ 
neugriech. d, &, auch oft engl. th. 

Diese Interdentalen halten die neutrale lütte 
coronaler und dorsaler Articulation, indem die Yordei 
flach und ohne Knickung ausgebreitet daUegt. Sobald 
Hebung der Zunge statt&idet, gelangen wir zu der Artic 
tionsweise der Postdentalen, Alveolaren und Cerebralen. WtA\ 
aber die Zungenspitze nach unten gedrückt und ein weit 
rückwärts gelegener Theil der Zunge gehoben, so bekoiniiMi| 
wir die specifische Articulationsf orm der 

b. Laute dorsaler Articulation. 

159. Brücke beschreibt nur eine Art dorsaler Laute der 
Yorderzunge, die er schlechthin Dorsale nennt (Lundelli 
Dentipalatalej. Sein dorsales t wird z. B. gebildet, ind£ii< 
man mit dem vorderen convex gemachten Theile des Zungfl«' 
rückens gegen den vorderen Theil des Gaumens scblie4 
während die Zungenspitze nach abwärts gebogen und gegen d» 
untern Schneidezähne gestemmt wird. Man kann aber andi 
z. B. ein s bilden, dessen Enge zwischen dem Zungenrüd^ii 
und den Oberzähnen liegt, während der eigentUche Zungei^ 
säum noch immer hinter den Unterzähnen ruht (so wird z. 6. 
das franz. s, z articulirt). Manche Personen, die mit der Zung^ 
'anstossen', bilden ein s zwischen dem *Zungenblatt' und 
Kante der oberen Schneidezähne. Man kann also fast alle 
Articulationen auch dorsal bilden, die oben bei den coronalen 
Lauten aufgeführt wurden. Eine praktische Einschränkung er- 
fährt dieser Satz aber dadurch, dass die dorsale Wölbung des 
Zungenblatts die Bildung rein postdentaler Yerschlusslaute 
fast unmöglich macht, da gar leicht bei dem Yersuche dazu 
auch die obem Alveolen mit berührt werden. Jedenfalls abö 
ist das dorsal-dentale franz. s von den dorsal-alveolaren 
^-Lauten Brücke's zu trennen. 

160« Die Scheidung der Laute dorsaler Bildung rührt wieder za- 
nächst von Michaelis her. — Uebrigens lässt sich der Unterschied der 
beiden zuletzt genannten Gruppen deutlich fast nur bei den Spiranten 
beobachten. Bei denVerschlusslauten ist die Berührungsfläche von Zungen- 
rücken und Gbiumen meist so breit, dass es schwer ist, deren Begrenzung 
genügend zu ermitteln. 



161 — 163. Mittlere und hintere Zungengaamenlaute. 63 

2. Mittleres Gebiet (Palatale). 

161. Unter Palatalen (Praepalatale Lundell) ver- 
teilen wir die durch Articulation des mittlem Zungenrückens 
egen den harten Gttumen gebildeten ^-ähnlichen Yerschluss- 
tute und die diesen entsprechenden Spiranten. Dieser Art 
nd z. B. diejenigen A-Laute, welche die Slaven, aber auch viele 
^tsche Mundarten vor den sog. Veichen' oder 'palatalen' 
ocalen {ä, e^ i u. ahnl.) bilden, von Spiranten der deutsche 
A-Laut, u. dgl. Man sieht, dass bei der Ausdehnung des 
iticulationsgebiets, das sich von der hintern Grenze der 
Iveolen bis zum weichen Gaumen erstreckt, wieder eine grosse 
[annigf altigkeit von Lauten möglich ist. Man kann dies leicht 
erfolgen, wenn man der Reihe nach die Verbindungen Aä, ke^ 
»jSenes e), ke^ (geschlossenes e), ki^ (offenes *), ki^ (geschlosse- 
es i) spricht. Je weiter man sich dem Ende dieser Reihen 
ähert, um so mehr wird auch die Articulationsstelle des k 
ach vom verschoben. Man kann die einzelnen Laute dieser 
^alatalgruppe nach Massgabe von Cap. 23 etwa durch einen 
hergesetzten Vocalexponenten bezeichnen (c\ c^ u. dgl.), oder 
uch zu genauerer Scheidung noch zunächst die Unterabthei- 
angen der hinteren und vorderen Palatale (c^, c^ u. s. w.) 
erwenden. 

162« £s ist besonders darauf zu achten, dass wir unter dem Namen 
Palatalen nicht auch die zusammengesetzten ^cA-Laute begreifen, die 
oan vielfach mit diesem Namen bezeichnet. Diese werden erst im folgen- 
len Abschnitte Cap. 21, 1 ihre genauere Besprechung finden. 

3. Hinteres Gebiet (Velare). 

163. Als Velare (früher meist als Gutturale bezeichnet) 
)leiben hiemach nur diejenigen Zungengaumenlaute übrig, bei 
lenen der hintere Zungenrücken gegen den weichen Gaumen 
)ez. die weitere Fortsetzung des Munddachs nach hinten und 
inten (149) articulirt. Viele Sprachen unterscheiden hier aber- 
oals zwei Gebiete, das der vorderen und der hinteren 
/^elare (*^, g^ und A^, g^ u. s. w.; Mediopalatale und Post- 
»alatale Lundell). Zu der hinteren Eeihe gehören z. B. die 
iefen Gutturale der semitischen und mancher kaukasischen 
iprachen (sem. koph, georgisch q\ von Spiranten z. B. das tiefe 
chweizerische ch und die diesem entsprechenden stimmhaften 
jaute, die man vielfach als Ausartungen des Uvularen r findet 
SU ihnen gehört auch das armenische ^at), Bier articulirt 



64 164—167. Die Zongengaamenlttate. 

überall die Zunge mit dem unteren Bande des weichen Gkii 
Zur vorderen Reihe gehören die gewöhnlichen europ. i, g fori 
a, 0, u und ahnlichen Yocalen, der deutsche ooA-Laut o. a. olI 

164* Ueber die hier dem Worte Velare gegebene Bedeatong 1.171^ 

166. Für die Sprachgeschichte ergibt sich aus dem 
ten der Satz, dass eine continuirliche Lautreihe und also einsj 
entsprechende Lautentwicklung von den hinteren Velaren 
zu den dorsalen Lauten der Yorderzunge besteht. Von dieseij 
gelangen wir zu den alveolaren und cerebralen Lauten 
durch einen Sprung, insofern nicht etwa im einzehien 
interdentale Laute den Uebergang vermittelt haben. Zu 
Labialen gelangen wir abermals nur durch einen Sprung in 
Articulation. 

4. Anhang. 

Die Articulation der sog. emphatischen Laute. 

166. Neben den gewöhnlichen medianen Zungengaumeih 
lauten besitzen die semitischen Sprachen noch eine Reihe ab- 
weichend gebildeter Laute, die man als emphatische Laute 
und in den üblichen Transcriptionssystemen durch einen unta^ 
gesetzten Punkt zu bezeichnen pflegt. So stehen im Arabischen 
den gewöhnlichen Tenues vi) A, o ^ die emphatischen /j i, Jo /, 
der Media s^ d die emphatische ija dy der stimmlosen roA 
stimmhaften Spirans ^jn s und : 2: die emphatischen ParaOelea 
(jj) s und J5? ? gegenüber. Das Aethiopische hat auch ein e©- 
phatisches p. Die Articulation dieser Laute im Einzelnen ist 
noch nicht mit hinlänglicher Sicherheit erforscht. Ihren Nama» 
tragen sie deshalb, weil sie mit kräftigerer Anspannung der 
articulirenden Theile gebildet werden. Diese erstreckt sich ins- 
besondere auch auf die Zunge, welche namentlich in ibiea 
hinteren Partien stark gewölbt, sozusagen klossf örmig verdickt 
wird. Bei den Tenues kommt ausserdem vielleicht Kehlkopi- 
verschluss hinzu (vgl. 365)^ bei den stimmhaften Lauten wak- 
scheinlich auch Pressstimme statt der gewöhnlichen Stimme 
(vgl. 172, 7. 175). 

B. Laterale Articulationen. 

167. Oben 150, B wurde bereits ausgeführt, dass die 
specifische Articulation der Laterallaute darin bestehe, dass 
ihre Articulationsstelle zwischen den Seitenrändem der Zunge 
und den Backenzähnen liege. Das bekannteste Beispiel 



16&— 170. Die Faucallaute. 65 

lerselben sind die 7- Laute. Laterale Verschlusslaute finden 
ich^ soweit bekannt, in den indog. Sprachen nur vor oder nach 
-Lauten alsYertreter von medianen Yerschlusslauten, nament- 
ich Dentalen und Palatalen. 

3. Die Faucallaute. 

168. Faucale Laute werden, wie bereits 144 angegeben 
?urde, durch Articulation des weichen Gaumens gegen die hin- 
.ere Bachenwand gebildet. Da nun, wie ebenfalls bereits früher 
133) angedeutet wurde, zwischen Gaumensegel und Bachen- 
¥and ein eigenes Beibungsgeräusch, das zur Sprachlautbildung 
liente, nicht erzeugt wird, wenn das Gaumensegel gesenkt ist, 
;o ergibt sich, dass faucale Beibelaute einstweilen nicht zu 
itatuiren sind. Dagegen wirkt die Schliessung und Oejffnung 
ier Gaumenklappe ganz ebenso wie z. B. die Schliessung und 
OeSnung der Lippen von^- oder i-Lauten u. dgl., d. h. durch 
die Schliessung und OeiSnung (sammt der Yerschlussstellung] 
der Gaumenklappe entstehen faucale Verschlusslaute in 
demselben Sinne wie labiale Verschlusslaute bei ähnlicher 
Action der Lippen u. s. w. (vgl. oben 107). 

169. Ein Durchgang durch die Verschlussstellung der 
Gaumenklappe ist natürlich überall da vorhanden, wo ein reiner 
Mundlaut neben einem Mundnasenlaut oder einem Nasenlaut 
gebildet wird (vgl. 133 ff.), aber die Wirkung des Faucal- 
Schlusses bez. der Faucalöffnung kommt fast nur dann deut- 
licher zur Geltung, wenn der Mundcanal gleichzeitig abgesperrt 
und die Schliessung und Oeffnung der Gaumenklappe demnach 
der einzige schallbildende Articulationsact des Ansatzrohrs ist. 
So hört man z. B. den Knall bei der Oeffnung der Gaumen- 
Uappe leicht beim Uebergang vom t zun oder b zu min Wör- 
tern wie Aetfmj abmachen, viel schwieriger (fast nur beim 
Flüstern) den schwächeren Knall, der durch die Oeffnung des 
Ealbverschlusses (vgl. 140) bei der Verbindung von Spiranten 
nit Nasalen, wie sna, sma entsteht, und bei der Verbindung 
roTi beliebigen Mundlauten mit Nasalvocalen erfassen wir über- 
laupit wohl nur die Mundlaute, in Verbindungen wie pq, fq 
ilso nur die Lippenlaute p, f. Die Gleitlaute, die durch 
Schliessung der Gaumenklappe entstehen, sind ebenfalls im 
Tanzen wenig deutUch ausgeprägt. 

170. Die eigentliche Articulationsstelle der Faucallaute ist 
lur wenig variabel, insofern das Gaumensegel höchstens etwas 

Sierera Phonetik. 5. Äuß. l\ 



66 



171. Die Faucallaate. 



melur gesenkt oder mehr in die Höhe gezogen sein kann. Es MJ 
daher streng genommen auch nur eine Gruppe von Faucallaat» 
anzusetzen (innerhalb deren nach Massgabe der folgendoij 
Oapitel stimmlose und stimmhafte, Fortes und Lenes u. dgL 
unterscheiden sind). Dagegen wird der Klang der Faucakair 
stark beeinflusst durch die durch gleichzeitigen Mundversdbl« 
oder -halbverschluss bedingte verschiedene Besonanz: mafle 
glaubt also z. B. beim Uebergang von p zvitn (f aucale Ej^Ic 
nach labiof aucalem Schluss) einen /»-ähnlichen, beim üel 
von ^ zu n (f aucale Explosion nach dentif aucalem Schluss) 
^-ähnlichen Explosivlaut zu hören, u. s. w. Bei den 
haften Yerschlusslauten i, d, g wirkt ausserdem der verschiB-j 
dene Klang des Blählauts (357) in derselben Richtung, 
unseren Schriftsystemen haben daher die Faucallaute 
gesonderte Bezeichnung empfangen, und da sie, wie wir 
haben, thatsächUch an Mundschlüsse oder -halbschlüsse gebi 
den sind, so kann man sie wohl als ünterabtheilungen 
Mundverschlusslaute betrachten, die aus ihnen durch den 
milatorischen Einfluss nasaler oder nasalirter Laute herrc 
gehen. Sie werden also wie die lateralen Verschluss! 
hauptsächUch erst in der Oombinationslehre weiter bei 
werden. 

171« In den ersten Auflagen dieses Buches sind die Faucaleab 
Velare bezeichnet worden, weil sie durch Action des Gtiumensegeb, 9elM*j 
palati, erzeugt werden. Da indessen bei den Zungengaum6nl8at8& 
verschiedenen Unterarten in der Hauptsache nicht nach den versohiedeiMi] 
Theilen der articulirenden beweglichen Zunge, sondern nach den vendiift' 
denen Theilen des festen Munddachs unterschieden werden, gegen wc 
die Zunge articulirt, so empfiehlt es sich auch hier den Namen nidlt y^^ 
dem articulirenden beweglichen Yelum, sondern von der festen Wand der 
Fauces abzuleiten, zumal der Name Velare jetzt fast allgemein xiirfio*{ 
Zeichnung der 'Gutturalen' im alten Sinne, d. h. der durch ArticillitiA. 
der Hinterzunge gegen dasVelum palati gebildeten Laute, verwendet wirt^ 
(vgl. oben 168). Ghinz einwandfrei ist freilich auch der Name 'Faucale' ' 
nicht, da er die Beziehungen der betr. Laute zu den Nasenlauten ni<^ 
scharf hervortreten lässt und auch eine Articnlation der Zunge gegen die 
Badienwand möglich ist (149), deren Producte aber praktisch doch de» 
Velaren zugerechnet werden müssen. Man muss eben auch hier dtf 
Satzes eingedenk sein, dass eine Benennung nur a potiori geschehen kaiuL 1 



172. Die Aiticulationen des Eehlkop£i. '67 

Cap. 8. Die Artieulationen des Kehlkopfs. 

a. Allgemeines. 

172. Der Kdilkopf besitzt im Gregensatz zum Ansatzrohr 
r ^ine Articulationsstelle, die Stimmritze. Dagegen weist 

gegenüber den drei Articulationsstufen des Ansatzrohrs 
^eitstellung, Beibestellung, Yersohlussstellung, 130 ff.) ein 
bflchiedenes Mehr von Stufen auf. Es sind nämlich mindestens 
gende, i^um Theil wieder in sich abgestufte Stellungen zu 
fcerscheiden (vgl. dazu 68 f.) : 

1) Weitstellung: die Stimmritze ist so weit geöiSnet, dass 
> ausgetriebene Luft ohne geräusch- oder klangbildende Hern- 
tng hindurchstreichen kann. Der Kehlkopf nimmt in diesem 
klle an der Schallbildung keinen Antheil. Er wirkt höch- 
ms insofern activ oder positiv mit, als die Stimmritze gegen- 
«r der ganz weiten Stellung beim freien Athmen beim 
riechen mehr oder weniger verengt sein kann, um den Luft- 
nck besser reguliren bez. ein übermässiges Ausströmen von 
qrechluft vermeiden zu können. Diese relative Engenstellung 
X Stinmiritze kann natürlich dem Grade und der Form nach 
rschieden sein. 

2) Die Reibestellung, genauer die Hauchreibestel- 
xig: die Stimmritze ist soweit verengt, dass die ausgetriebene 
ift an ihren Bändern ein mehr oder weniger deutlich hauch- 
tiges bez. von einem Hauche begleitetes Beibungsgeräusch 
aeugt Dies ist z. B. der Fall bei den deutlicher geriebenen 
^rmen der stimmlosen h (392). 

3) Die Flüsterstellung, genauer gesagt die Gruppe der 
lüsterstellungen (81 f.): die Stimmritze ist so weit verengt, 
188 eines der specifischen Flüstergeräusche entsteht. Von den 
roducten der Hauchreibestellung unterscheiden sich diese durch 
16 F^en des hauchartigen Charakters. 

4) Die Stimmstellung, genauer gesagt die Gruppe der 
timmstellungen (72 ff.): die Stimmritze ist so weit verengt 
yA die Stimmbänder sind derart elastisch gespannt, dass sie 
3rch die ausgetriebene Luft in Klangschwingungen versetzt 
erden. 

5) Die Murmelstellung (84 f), eine Art Mittelstufe 
»rißchen Stimm- und Flüster- oder Beibestellung, bei der zu- 
leich Klang und Beibegeräusch erzeugt wird. Eine Unterart 
ierron ist die Hauchmurmelstellung (87), bei Ast ^«^ 



68 



173 — 175. Die Articullationen des Kehlkopfs. 



Stimmritze so weit geöiSnet ist, dass sich neben dem Mi 
klang auch ein Hauchelement bemerkbar macht. 

6) Die einfache Yerschlussstellung: die Stimmritze 
unter massigem Druck verschlossen. Bei der Durchbi 
des Verschlusses entsteht ein ganz momentaner, stimml 
Knall, der stimmlose Kehlkopfexplosivlaut (vgl. 358 etc.). 

7) Die Pressstellung: die Stinunbänder sind so festi 
einander gepresst, dass nur mit forcirtem Druck Luft di 
getrieben werden kann, diese aber doch die Stinunbänder 
(unreinen) Klangschwingungen erregt. Eine schwächere 
Stellung findet sich statt der gewöhnlichen Stimmstellung 
der Quetsch- oder Pressstimme der Bauchredner (80), 
auch sonst als Charakteristicum mancher Sprachen ü1 
(z. B. sehr deutlich im Somali). Eine forcirte Pressstellung] 
wie es scheint das arab. ^ (351). 

173. Was die Benennung der einzelnen Lautclassen 
Rücksicht auf diese verschiedenen Stellungen und Lei« 
des Kehlkopfs anlangt, so hat man sich jetzt ziemlich allgeme 
dahin geeinigt, mit Trautmann alle diejenigen Laute als stimmj 
haf t zu bezeichnen, welche mit irgendwie tönender Stimme 
bildet werden. Alle übrigen Laute der gewöhnlichen *lauta] 
Sprache heissen dem entsprechend stimmlose Laute, 
dritte Hauptgruppe gesellen sich hierzu die Flüsterlaute 
geflüsterten Laute; diese finden aber gewöhnlich nur in 
Flüstersprache ihre Verwendung, und stehen da den s1 
Lauten der lauten Sprache parallel: beim lauten Sprechen 
den eigentliche Flüsterlaute verhältnissmässig selten eingei 
Für die laute Sprache besteht also im Allgemeinen nur 
Hauptgegensatz von stimmhaft und stimmlos. 

174« Statt stimmhaft und stimmlos pflegte man früher me 
tönend und tonlos zu sagen mit Beziehung auf das Tönen oder IGc 
tönen der Stimme. Doch ist der Ausdruck tonlos missverstandlich, 
er auch im Sinne von unbetont gebraucht wird. Es ist daher bc 
die alte Terminologie ganz zu vermeiden^ obwohl sie auch jetzt noch ] 
ganz ausgestorben ist. 

175. Die stimmhaften Laute zerlegen sich nach ied 
Ausführungen von 172 wieder in mehrere Unterabtheilungen,] 
die gegebenen Falles auch terminologisch auseinanderzuhalt 
sind. Vor allen Dingen ist der Gegensatz von vollstimmigei 
Lauten mit der Stellung 4 und von gemurmelten oder hall 
stimmigen Lauten mit der Stellung 5 im Auge zu behali 
zumal auch beim lauten Sprechen namentlich in unbetont 



176—178. Eehlkopfarticulationen. 179. Stärke der Sprachlaute. 69 

ll>en die Yollstimme oft zur blossen Murmelstimme herabsinkt. 
Ir die Producte der Hauchmurmelstellung (172, 5) könnte 
ui etwa den Ausdruck hauchstimmig verwenden, für die 
roducte der schwächeren Formen der Pressstellung (172, 7) 
Ol Ausdruck pressstimmig, für die der forcirten Press- 
^llung (s. ebenda) den Ausdruck Kehlpresslaute (vgl. 351). 

176. Die Articulationen des Kehlkopfs sind von denen des 
osatzrohrs im Prindp unabhängig, d. h. jede der genannten 
Teilungen der Stunmritze kann mit jeder Stellung des Ansatz- 
lirs combinirt werden. Namentlich können also bei jeder 
icmdstellung sowohl 4ie verschiedenen Arten von stunmhaften 
« von stimmlosen Lauten erzeugt werden. Nur versteht es 
d von selbst, dass der Kehlkopfverschluss auch die Schall- 
Ulung im Ansatzrohr unterbricht. Die Schallbildung beginnt 
lim Kehlkopfverschluss ebenso wie bei den Verschlüssen des 
nsatzrohrs erst mit dem Moment, wo der Verschluss ge- 
mengt wird. 

177. üeber den Einfiuss der Kehlkopfarticulationen auf den akusti- 
faien Werth der Sprachlaute s. Gap. 10. 

b. Die Laryngallaufe. 

178. Unter Laryngallauten versteht man im Gegensatz 
L denjenigen Producten des Kehlkopfs, welche ganzen Reihen 
ler Gruppen von Sprachlauten als Ingrediens dienen (Voll- 
imme, Murmelstimme, Flüsterstimme u. s. w.), diejenigen im 
l«hlkopf gebildeten Schälle, welche als besondere Sprachlaute 
tr sich fungiren. Sie sind wie die Mundlaute (137) entweder 
Lryngale Reibelaute (wie die h mit deutlichem Reibungs- 
^«räusch, z. B. das arab. j^), oder laryngale Verschluss- 
^. Explosivlaute, wie das semit. Aleph, arab. Hamza oder 
^ arab. g^. Weiteres über sie s. 363 f. ; über ihre Verwerthung 
Üb 'Einsätze' s. 382 ff. 

Cap. 9. Die Sprachlaute nach ihrer Stärke und Dauer. 

1. Stärke. 

179« Die Stärke der Sprachlaute ist für diese selbst nicht 
Du so durchgreifender Bedeutung wie die bisher erörterten 
Vetoren der Lautbildung. Zu einem guten Theile dient die 
Unterscheidung von Lauten grösserer oder geringerer Stärke 
loss den Zwecken der Silben- und Wortbildung, insofern. 



70 



180.181. Die Sprachlaute nach ihrer StSürko. 



z. B. alle Laute einer dynamisch betonten Silbe (tö7 S.) di 
gehends stärker sind als die einer dynamisch unbetonten, 
unterschiede dienen also nicht zur Charakteristik der Spi 
laute an sich. Wohl aber treten in einigen FäUen auch 84 
abstufungen auf, welche vom Accent durchaus unabhängig 
demnach als i&tegrirende Oharakteristica der Spracfalaute 
betrachten sind. Prüft man z. B. mittelst des oben 61 b< 
benen kleinen Apparats den Luftdruck stimmloser und 
hafter Parallellaute wie p und i, oder/ und ü (indem man 
bindungen wie paba^ oder bapa^ fa^cty vafa mit möglic 
gleicher Stärke aller Silben spricht), so findet man, dass er 
allen stimmlosen grösser ist als bei den entsprechenden 
haften. Es thut nichts zur Sache, dass man ein leises p 
absolut geringerem Luftdruck aussprechen kann als ein 
nachdrücklich tönendes b : es kommt nur darauf an, dass 
sonst gleicher Sprechstärke die erwähnte Abstufung vorhande 
ist. In Beziehung auf das relative Mass des Luftdrueks 
der Erzeugung ihres Geräusches sind daher p und s1 
i, / imd stimmhaftes v einander als Fortis und Lenis 
gegenzustellen. 

180. Zweierlei ist hierbei zu beobachten: einmal ist 
geringere Luftdruck im Munde bei den stimmhaften &, f g( 
über p^ f mindestens zum Theil nur die Folge der H( 
des Exspirationsstroms, welche dieser im Kehlkopf durcb 
Einsetzen der Stimmbänder zum Tönen erfährt (s. 60), 
zweitens Hegt es auf der Hand, dass die geringere Stärke^ 
welcher die specifischen Geräusche der i, v erzeugt werde 
nicht nothwendig als der wesentlichste unterschied die 
Laute von p^ f betrachtet werden muss. Ln G^entheil, 
Mittönen der Stimme bei 6, v wird immer das am ersten in 
Ohren fallende Merkmal sein. Aber alles dies stösst die Tl 
Sache nicht um, dass die specifischen Schälle der i, t?, soi 
sie im Munde erzeugt werden, mit weniger starkem Druck 
nauer Munddruck) gebildet werden als die von py /, demi 
diese Frage ist es völlig gleichgültig, ob der schwache Loft*] 
Strom direct als solcher aus den Lungen kommt, oder ob er 
unterwegs aus einem stärkeren abgeschwächt worden ist. 
^ 181. Ist also anzuerkennen, dass in Sprachen, welche solche 
Parallellaute wie p und b etc. durch Nichttönen und Tönen 
Stimme unterscheiden, die geringere Stärke des b etc. nicht 
wichtigstes Unterscheidungsmerkmal aufgefasst zu w( 
braucht, so muss auf der anderen Seite doch auch 



182.183. Die Spraohlaute nach ihrer Stärke. 71 

dgestand^ werden, dass es Sprachen gibt, welche stimmlose 
j^aute verschiedener Stärke einander gegenüberstellen. 
)er Schweizer z. B. unterscheidet die Silbai pa und ba, ta und 
\a durch stärkeren Druck beim p^ t, schwächeren beim b, d^ 
.berstiamilos sind beide Laute. Ebenso unterscheidet er z. B. 
lenau ein starkes und ein schwaches stimmloses s^f^ch u. s. w. 
z. B. in hafe: gaffe^ jese: esse, Ueche: tsechche, Winteler 20) 
mabhängig vom Accent oder der Stellung in der Silbe. Hier 
ileibt eben der Stärkeunterschied das einzige greifbare Unter- 
scheidungsmerkmal, hier müssen die Ausdrücke Fortis und 
^enis angewandt werden, wenn man den factisch bestehenden 
Jnterschied der Laute charakterisiren will. Der Unterschied 
srweist sich aber auch sonst nützlich. So ist z. B. das deutsche 
inlautende s (wo es stimmlos gesprochen wird) meist eine Lenis 
m Vergleich zu dem gleichstehenden englischen s, 

182. Auch auf die Laute, bei denen eine Schallbildung 
lur im Kehlkopf stattfindet (die Sonorlaute, 188 f.) kann natür- 
ich das Princip der Scheidimg nach der Stärke der Stimme 
ausgedehnt werden. Die Stimme erfährt aber durch blosse 
Steigerung nicht eine wesentliche qualitative Veränderung, 
i?ährend die Veränderung des Klanges bei den Geräuschlauten 
iine sehr wesentliche sein kann. Daher werden 'sonore' Fortes 
and Lenes wohl kaum in gegensätzlicher Verwendung ge- 
braucht, ihr Wechsel hängt hauptsächlich von den verschiede- 
nen Arten der Silbenbildung und des Accents ab. Vergleicht 
Doan Fälle wie alle: ahle, Amme: ahme, Amt: ahmt in der ge- 
iröhnHchen nord-, mittel- und süddeutschen Aussprache, oder 
Doch besser etwa schweizerisches mäne mahnen, male mahlen 
mit deutschem Manne, falle, so wird man leicht erkennen, dass 
das den kurzen Vocal noch während eines Momentes voller 
Energie abschneidende 11, mm, nn an der Stärke des Vocals 
partidpirt, also Fortis ist im Vergleich mit dem l, m, n nach 
langem (in den angeführten mäne, male auch kurzem) Vocal 
mit schwachem Ausgang (589 ff.). Selbst bei stimmhaften 
ßeräuschlauten (183) lässt sich gelegentlich eine solche Ab- 
stufung erkennen; wenigstens scheint mir, dass die stimm- 
haften s in norddeutschem aussein oder engl, puzzle ein 
»i^enig stärker sind, als die von norddeutschem rieseln, engl. 
neasles u. ä. 

183. Man wird hiemach gut thim, auch abgesehen von 
lern Gegensatz von Lungendruck und Munddruck (s. 60), 
iberaU den G^ensatz von 'Lautstärke' und 'Silbenstärke 



72 184—186. Die Sprachlaute nach ihrer Stärke und Dauer. 

im Auge zu behalten. Zum Gebiet der 'Silbenstärke* rech- 
nen wir alle diejenigen Stärkeunterschiede, welche nur vom 
Accent und ähnlichen Einflüssen abhängen. Sie sind also erst 
in der Silbenbildungslehre zu behandeln. Dagegen gehört die 
Lehre von der Lautstärke schon in die Lehre von den Einzel- 
lauten, indem sie über alle diejenigen Stärkeunterschiede zu 
handeln hat, welche für einzelne Laute an sich charakteristisch 
sind. 

184« Man achte darauf, dass die schweizerischen Forte» an vielen 
Orten als Geminaten gesprochen werden. In den oben angeführten Bei- 
spielen bedeutet aber das ff^ s«, chch in gaffe^ esse, Uechche durchaus nur 
einen einfachen, nicht geminirten (555 ff.) /-, «-, cA-Laut. — Uebrigew 
macht Heusler, Der alem. Consonantismus der Mundart von Baselstadt 
S. 24 mit Recht darauf aufmerksam, dass stimmlose Lenis imd Fortis ihre 
gegensätzliche Natur oft (wenigstens in der von ihm behandelten Mund- 
art) nur in sonorer (189) Umgebung bewahren. Treten zwei oder mehrere 
stimmlose Laute zusammen, so erhalten ihre Articulationen eine gewisse 
mittlere Stärke, kräftiger als die der Lenis, etwas schwächer als die der 
Fortis. Heusler bezeichnet diese Laute als neutrale. 

185. Für diejenigen, welche gewöhnt sind, nur die Qualitätsunter- 
schiede zwischen Tennis und stimmhafter Media oder stimmloser und 
stinmihafter Spirans zu erfassen, sind einerseits die Explosivlaute, anderer- 
seits die Liquiden und Nasale zur Yeranschaulichung des Ghesagten am 
besten geeignet. Man hört in Worten wie Amme im Gegensatz zu ahm 
oder mahne die grössere Stärke des m ganz deutlich, sobald man nur 
gelernt hat sich von der durch das Schriftbild erzeugten Vorstellung eines 
durch mm bezeichneten Doppellauts zu emancipiren. Bei k^t^p: g^d^l 
achte man auf das Gefühl in den sich berührenden articulirenden Theilen 
des Mundes ; man wird dann ohne Mühe die stärkere Zusammenpressung 
z. B. der Lippen bei p im Gegensatz zu b erkennen, und von da aus gekngt 
man zu dem sicheren Rückschluss auf die grössere Stärke des Drucks 
(vgl. 60). Hat man sich an die gesonderte Auffassimg der Explosions- 
geräusche gewöhnt, so wird man auch lernen, sich von der geringeren 
Stärke des B>eibungsgeräu8ches der stimmhaften Spiranten gegenüber den 
stimmlosen zu überzeugen und nun auch dasYerhältniss der ohne Beihülfe 
des Stimmtons unterschiedenen Fortes und Lenes richtig zu würdigen. — 
Auf der anderen Seite empfiehlt sich für diejenigen, welche alle Laute mit 
Geräuschbildung im Ansatzrohr (G^räuschlaute, 189) stimmlos sprechen 
und also die Beimischung des Stimmtons in stimmhaften 'Geräuschlauten 
schwer mit dem Gehöre zu erfassen vermögen, die Anwendung des oben 
28 näher beschriebenen Auscultationsschlauchs. 

2. Dauer. 

186. Die Dauer oder Quantität eines Lautes hat an sich 
keinen Einfluss auf dessen Qualität. Sie kann daher auch nicht 
zu einem eigentlichen Eintheilungsprincip erhoben werden. 
Indessen hat man wohl mit Eücksicht auf die Dehnbarkeit oder 



187. 188. Die Sprachlaute nach Dauer und akustischem Werth. 73 

Nichtdehnbarkeit der specifischen Schälle der Sprachlaute 
zwischen Continuae oder Dauerlauten und momentanen 
Lauten unterschieden. Zur letzteren Gruppe gehören bloss 
^e Esqplosionen der Yerschlusslaute, welche letzteren nur eine 
Dehnung der zwischen Verschluss und Oeffnung liegenden 
Pause (103) bez. der während dieser Zeit ertönenden Stimme ge- 
statten. Im Uebrigen wird über die Quantität der Sprachlaute 
im dritten Theile (684 ff.) zu handeln sein. 

187« Es ist jedoch zu beachten, dass die Fortes häufig gegenüber 
r den correspondirenden Lenes desselben Lautsystems zugleich eine etwas 
F grossere Zeitdauer beanspruchen. So wird die Yerschlussstellung bei den 
^Schweiz. p,t,k Winteler's z. B. länger eingehalten als bei seinen h^ d, g. 
^ Li wie weit dies auf einem natürlichen Zusammenhang zwischen Stärke 
[imd Dauer der Exspiration oder auf willkürlicher Gewohnheit beruht, mag 
L dahin gestellt bleiben. 



Cap. 10. Die Sprachlaute nach ihrem akustischen Werth. 

Sonore und Geräuschlaute. 

188. Wie bereits oben verschiedentlich ausgeführt wurde, 
lonunen bei der Sprachbildung sowohl musikalische Klänge als 
Geräusche zur Verwendung. Die ersteren, die wir als Stimme 
zusammenfassen, haben ihren Ursprung nur im Kehlkopf, die 
letzteren vorwiegend im Ansatzrohr. Nennen wir mit Rück- 
sicht auf diese Verschiedenheit des akustischen Materials die- 
jemgen Sprachlaute, bei denen eine Stimmbildung stattfindet, 
Klanglaute oder, da hier Klang und Stimme identisch sind, 
Stimmlaute (bez. stimmhafte Laute, vgl. 173), diejenigen 
aber, welche ein Geräusch enthalten, Geräuschlaute, so er- 
geben sich folgende Hauptabstufungen der Sprachlaute nach 
ihrem akustischen Werthe: 

1. Reine Stimmlaute oder Sonore. 

2. Reine (stimmlose) Geräuschlaute. 

3. Laute, in denen Stimme und Geräusch verbun- 
den sind. 

Zur dritten Gruppe gehören z. B. das franz. engl, t?, 2:, wie 
nan nach den oben 28 gegebenen Andeutungen leicht er- 
nitteln kann. Diese Mischlaute sind, je nachdem das eine oder 
mdere Element in ihnen vorwiegt, als stimmhafte Geräusch- 
aute oder als geräuschhafte Stimmlaute zu charakteri- 
iren. Doch ist gleich hier hinzuzufügen, dass in der Regel die 



74 1B9 — 192. Sonore und .Geräosohlaate. 

G^eräuBchbüdung der wesentlichere Factor ist, man also meM 
nur Yon stinunhaften Geräuschlauten zu sprechen hat 

189. Für die Praxis ordnet man daher diese Mischlaote 
besser der Gresammtgruppe der Geräuschlaute unter, und ißt- 
legt demnach besser so : 

I. Sonore. 
n. Geräuschlaute, und zwar: 

1. Stimmhafte. 

2. Stimmlose. 

190. Man achte genau auf den Unterschied der Begriffe stimin- 
haf t und sonor. Jeder Sonorlaut ist zwar zunächst auch stimmhaft (dodi 
vgl. 197 f.), aber nicht umgekehrt jeder stimmhafte Laut auch ein SoIlO^ 
laut. Ebenso hüte man sich vor Verwechselungen zwischen sonor mi 
sonantisch. Sonor bezeichnet einen bestimmten akustischen Werth ge- 
wisser Laute, sonantisch aber bezieht sich auf die Functionen beUebiger 
Laute bei der Silbenbildung (116). 

1 91 • Die vorstehenden Bestimmungen sind zunächst nur für das liots 
Sprechen massgebend; sie lassen sich aber auch ohne weiteres auf die 
Murmel- und Flüstersprache übertragen, wenn man statt der YoUstiiiune 
die Murmelstimme bez. das Flüstergeräusch einsetzt. Die Terminologie 
braucht dabei nicht besonders abgeändert zu werden. 

192. Eine vollkommen feste Grenze zwischen den Sono^ 
lauten und den stimmhaften Geräuschlauten kann nicht ge- 
zogen werden. Bei normaler Sprechweise bestehen die Sonoreft 
lediglich aus resonatorisch modificirter Stimme, d.h. der 
tönende Luftstrom bringt weder durch seinen Anfall an die 
Wände des Ansatzrohrs noch durch Keibung an den Bänd^ 
einer entgegenstehenden Enge ein deutliches eigenes G^rausd 
hervor. Doch ist das hierzu nothwendige Gleichgewichtsvffl- 
hältniss zwischen der Druckstärke und der Hemmung im Kehl- 
kopf einerseits und der Weite der Ausflussöffnung andererseto 
leicht Störungen ausgesetzt, welche die Bildung von Neben- 
geräuschen veranlassen. Insbesondere kommen hierbei in 
Betracht: 1) Verengerungen der Ausflussöffnung; 
2) Steigerung des'Exspirationsdrucks ohne gleichzeitige 
Verstärkung des Widerstands im Kehlkopf ; 3) Erschlaffung 
der Kehlkopf articulation (eventuell Oeffnung derKnoipel- 
glottis, 33) bei gleichbleibendem Exspirationsdruck. Imersteren, 
Fall genügt bereits die geringe fortschreitende Bewegung des 
tönenden Luftstroms im Mundraum, um an der verengerte 
Ausflussöffnung ein Geräusch zu erzeugen; in d^ beiden an- 
dern Fällen wird diese fortschreitende Bewegung so gesteigert, 



itt 



i'f 



198 — 196. Sonore und G«r'äu8cblaute. 75' 

dass sie auch bei grösserer Weite der AusflussÖSnung noch 
schaUbUdend zu wirken yermag. 

193. Beim gewöhnlichen Sprechen, weniger beim Singen, 
mögen wirklich derartige Nebengeräusche vielfach vorhanden 
sein, je nach der individuellen Fähigkeit oder Gewohnheit, den 
^Eiinklang zwischen Exspiration und Hemmung mehr oder 
-weniger vollkommen herzustellen. Sie werden aber meist durch 
die Stimme überdeckt und höchstens bei ganz geschärfter Auf- 
merksamkeit wahrgenommen; man vergleiche z. B. den Klang 
eines m, n, l oder nicht gerollten engl, r mit dem eines stünm- 
liaften $ (franz. engl, z) oder v u. dgl. 

194. Im Allgemeinen können sich solche Nebengeräusche 
xun so leichter bemerklich machen, je stärkere Engenbildung 
die Articulationsstellung eines Lautes aufweist. Aber auch in 
diesem Falle heben sich die Geräusche erst dann als etwas be- 
stimmt Gesondertes von der Stimme ab, wenn die Stärke der 
Exspiration sehr bedeutend die der Kehlkopf articulation über- 
steigt. So bedarf es z. B. schon einer erheblichen Steigerung 
des Luftdrucks, um ohne Veränderung der Kehlkopf articulation 
und der Mundstellung ein sonores i in den Reibelaut /, oder 
ein sonores / in ein spirantisches / überzuführen. Bei Sonor- 
lauten von grösserer Oejffnung, wie beispielsweise dem Vocal a, 
gelingt es gar nicht, diesergestalt ein Geräusch zu erzeugen. 
Viel leichter stellt sich Geräuschbildung bei Verengerung der 
Ausflussöffnung ein ; aber auch dies ist wieder nur möglich bei 
Lauten, die an sich schon eine verhältnissmässig geringe Oeff- 
nung besitzen, wie etwa das t oder stark gerundetes u (vgl. 272) 
oder 7, r; bei a und ähnlichen Lauten versagt aber auch dies 
Mittel, weil bei der Verkleinerung der a-Oejffnung zur Reibimgs- 
enge die specifische a-Stellung ganz verloren gehen würde. 

195. Umgekehrt können auch stimmhafte Geräuschlaute 
(Beibelaute) durch Erweiterung ihrer Reibeenge oder Minde- 
rung der fortschreitenden Bewegung ihres tönenden Luftstroms 
in sonore Laute übergeführt werden. Man kann z. B., wie in 
500 des Näheren ausgeführt ist, auch sonore Formen neben 
den spirantischen stimmhaften s (franz. engl, z)^ neugriech. <}, 
Veichem* engl, th^ franz. engl. ©, deutschem j (wie in nordd, 
tage^ bogen) u. s. w. bilden. 

196« Man konnte geneigt sein, auch die stimmhaften Verschluss- 
laate 'wie h, d, g hierher zu stellen, da bei ihnen während der Dauer der 
YeradiliisssteUiing in der That ein reiner Stimmlaut gebüdet wird (der 
sog. Blählaut, 867). Da wir aber Yerschlussstellung und Explosion, bei 



76 197 — 199. Sonore und Q^räoschlaute. 

den 'YerschluBslauten' als zusammengehörig betrachten (vgL oben 107), 
die Explosion aber in einem Geräusch besteht, so müssen wir die stimm- 
haften bf d^ g vielmehr zu den stimmhaften Q^räuschlauten rechnen. 

197. Weiterhin ist darauf aufmerksam zu machen, dass 
auch bei den stimmlosen Dauerlauten eine ähnliche Abstufung 
stattfindet wie zwischen Sonoren und stimmhaften Spiranten 
Bei Lauten wie fy s wird ein deutliches Reibungsgeräusch an 
^ der Articulationsenge gebildet ; ebenso z. B. bei dem stimm- 
losen welschen II oder isländ. hl^ 317 (in Deutschland hört man 
ein solches deuthch spirantisches stimmloses / als Ersatz für seh 
oft bei Personen, welche 'mit der Zunge anstossen'). Ebenso 
stimmlos wie diese Arten des / ist aber auch z. B. das engUsche 
l vor und nach stimmlosen Lauten wie in shalt^ feit oder ßat^ 
pligt u. dgl., nur fehlt das kräftige Reibungsgeräusch. Dies 
beruht darauf, dass der Luftdruck im Verhältniss zu der Grösse 
der Ausflussöffnung zu gering (oder imigekehrt die letztere im 
Verhältniss zur ersteren zu gross) ist, als dass an der Articu- 
lationsstelle bez. -enge ein deutliches Reibungsgenlusch erzeugt 
werden könnte. Das schwache Geräusch, welches man bei 
diesem / wahrnehmen kann, wird vielmehr durch den AnM 
des Exspirationsstroms an die Wände des Ansatzrohrs hervor- 
gebracht. Man muss also hier stimmlose / mit und ohne 
Reibungsgeräusch oder spirantische und nicht spirantische 
stimmlose / unterscheiden. Ebenso ist z. B. das englische r nach 
p und k meist stimmlos und nicht spirantisch, nach t aber 
spirantisch (303 f.). Fernere Beispiele für nicht spirantische 
stinunlose Dauerlaute sind die 'stimmlosen Vocale* (282 ff.). 

198« Wie man sieht, beruht die Bildung der stimmlosen, 
nicht spirantischen Dauerlaute wie die der Sonoren auf der 
Herstellung eines gewissen Gleichgewichts zwischen Oeffnung 
und Exspirationsstärke. Sie verhalten sich zu den Sonoren wie 
die stimmlosen Spiranten zu den stimmhaften, und können da- 
her wohl als stimmlose Sonore bezeichnet werden, wenn 
man mit einer Erweiterung des Begriffs unter Sonoren Dauer- 
laute ohne Engenreibungsgeräusch versteht. 

199. Nach dieser Erweiterung umfassen die Sonorlaute, wie leicht 
ersichtlich, alle Laute, welche bei der 180 unter 1 aufgeführten Stufe der 
Mundstellung gebildet werden. Das Wort Sonore bezeichnet das freilicli 
nicht und sollte es von Hause aus nicht bezeichnen, da es ursprünglich 
bloss als Name für stimmhafte Laute ohne Engenreibungsgeräusch ein- 
geführt wurde, zu einer Zeit, wo die stimmlosen Parallelen dieser Laut« 
in Deutschland wenigstens noch nicht genügend bekannt geworden waren. 
Da es aber zur Zeit noch an einem brauchbaren Gesammtnamen fnr 



\ 



200. 201. Sonore und Geräuschlaute. 77 

timmhafte und stimmlose Dauerlaute ohne Reibungsgerausch fehlt, so 
lö^e es auch femer gestattet sein, den eigentlichen, d. h. stimmhaften, 
onoren zur Bezeichnung von stimmlosen Lauten, die sonst wie die Sono- 
311, d. h. ohne Reibungsgerausch gebildet werden, 'stimmlose Sonore 
e^enüberzustellen. Die an sich gewiss widerspruchsvolle Zusammen- 
Teilung von 'stimmlos' und 'sonor ist ja nicht schlimmer als z. B. der all- 
emein übliche Terminus 'stimmlose Yocale', der gerade auch von solchen 
'honetikern mit Vorliebe gebraucht worden ist und gebraucht wird, 
reiche die Zusammenstellung von 'stimmlos' und 'sonor' aufs Heftigste 
ekämpfen. 

200. Was die Bezeichnung und Classification der bisher 
gesprochenen Parallelformen anlangt, so ist die Praxis der 
xrammatik und Sprachwissenschaft darin nicht consequent 
gewesen. Man pflegt z. B. ein sonores i einen Vocal zu nennen, 
)ei Stimmlosigkeit aber zum Theil unter die h einzurechnen 
vgl. 282) ; ein stimmhaftes i mit Reibungsgeräusch bezeichnet 
nan als die Spirans j, die stimmlose Parallele dazu als die 
)alatale Spirans ch. Auf der andern Seite fasst man sonore und 
{pirantische /, ©, j etc. im Anschluss an die hergebrachte 
Drthographie (die sich nur je eines Zeichens bedient) in der 
Siegel als Varietäten desselben Lautes auf; bei den Liquiden 
md Nasalen rechnet man aus demselben Grunde auch die 
stimmlosen Formen meist als Unterarten mit ein, während man 
ien stimmhaften 'Spiranten' t?, j die stimmlosen /, ch als ge- 
sonderte Laute gegenüberstellt. Bei all diesen Abgrenzungen 
ist man von dem verhältnissmässig einfachen Lautbestande der 
alteren indogermanischen Sprachen ausgegangen, und an diesen 
schliessen sich denn in der Regel die üblichen Definitionen der 
verschiedenen hierher gehörigen Laute oder Lautgruppen an. 
Mit wachsender Kenntniss des bunteren Lautbestands der 
moderneren Sprachen hat man das neu hinzutretende Material 
meist nach seinem historischen Zusammenhang mit dem älteren 
betrachtet, und nur in entsprechender Weise die alten Defini- 
tionen der einzelnen Gruppen erweitert. So stützen sich z. B. 
die herkömmlichen Definitionen der Vocale, Liquidae und 
Nasale auf die sonoren Formen dieser Laute, die geräusch- 
baften oder stimmlosen Formen werden als abgeleitete betrachtet, 
wie umgekehrt etwa sonore Nebenformen zu den spirantischen 
2, ^Ä, tj, j als Abkömmhnge dieser aufgefasst. 

201. Für die rein phonetische Betrachtung und Gruppi- 
^g der Sprachlaute ist natürlich eine solche Auffassungsweise 
zu verwerfen; dem Sprachhistoriker aber bietet die historische 
Gruppirung erhebliche Vortheile dar. Insbesondet^ äs»\» ^x ^\fe 



78 202. 203. Sonore und Gbräuschlaate. 

indogermanische Lautgeschichte die Eintheilung der Sprach- 
laute in (ursprüngliche) Sonore und GFeräuschlaute von grösster 
Wichtigkeit, und ebenso spielt dieser unterschied in der Lehre 
von der Silbenbildung eine grosse BoUe. 

202* Im Sanskrit wirken z. B. die Sonoriaute beim Sandhi in ganz 
anderer Weise ein als die Gerüuschlaute (Whitney, Ind. Ghramm. § 117). 
Femer konnten in der indogermanischen Grundsprache alle Sonoriante ab 
Sonanten fungiren, die Geräuschlaute dagegen nur als Consonanten (vgl 
namentlich K. Brugmann, Nasalis sonans in der indogermanischen Gmnd* 
spräche, in Gurtius^ Studien IX, 287 ff., und überhaupt die neueren Unter- 
suchungen über indogermanischen Yocalismus). 

203« Von diesen Erwägungen ausgehend, stellen wir bei 
der folgenden Besprechung der Einzellaute diejenigen Gruppen 
voraus, welche für die älteren indogermanischen Sprachen als 
normaler Weise sonor gebildet anzusetzen sind. Es sind dies 
die sogenannten Yocale einschliesslich ihrer unsilbischen For- 
men (der sog. Halbvocale, 422), die Liquidae (d. h. die r- und 
/-Laute) und die Nasale. Die nasalirten Yocale und Liquidae, 
welche im Lidogermanischen stets aus nicht nasalirten durck 
den Einfluss benachbarter Nasale hervorgegangen sind, werden 
dabei als Anhänge zu den nichtnasalirten Yocalen und Liquidm 
behandelt. Auf die Besprechung dieser ursprünglichen indo- 
germanischen Sonorlaute lassen wir sodann die Erörterung der 
ursprünglichen Geräuschlaute, d. h. der Spiranten und der 
Yerschlusslaute nach der herkömmlichen Bezeichnung 
folgen. Die Processe, durch welche Laute der einen Gruppe in 
die der andern übertreten, also Sonorlaute sich in Geräusdt- 
laute wandeln und umgekehrt, werden dann an einer spätem 
Stelle ihre Besprechung finden (s. namentlich Cap. 24), soweit 
nicht schon bei der Besprechung der Einzellaute darauf Bück' 
sieht zu nehmen ist. 



II. Die einseinen Sprachlaute. 

A. Bie arsprfiüglichen Sonoren. 

Cap. 11. Die Vocale. 

204. Unter Yocalen verstehen wir im Allgemeinen eine 
jhmppe von Sonorlauten, welche mit offenem Munde und 
lorsaler Articulation der Zunge gebildet werden, ein- 
ichliesslich ihrer stimmlosen Parallelen. In diesen beiden 
3iarakteristicis liegt der wesentliche Unterschied der Vocale 
rem den Nasalen und Liquiden begründet, über deren Articu- 
lation die folgenden Capitel das Nähere bringen werden. Nicht- 
lorsale Articulation von Yocalen findet sich, soweit bekannt, 
nur als Sesultat der Verschmelzung von Vocalarticulationen 
Dodt den nichtdorsalen Articulationen von Nachbarlauten, die 
nach Cap. 23 zu beurtheilen sind. 

S06« Um die bunte Mannigfaltigkeit der Laute dieser 
Bildiing besser überschauen zu können, hat man dieselben zu- 
nächst in gewisse Reihen geordnet, und innerhalb dieser Reihen 
eine grössere oder geringere Anzahl von Normalvocalen an- 
genommen, denen dann die übrigen Glieder als Varietäten 
imtergeordnet wurden. Bei diesem Ordnungswerk, wie bei der 
Yergleichung der einzelnen Reihen imter einander, ist man von 
verschiedenen Standpunkten ausgegangen, deren jeder in seiner 
Art praktische Vortheile bot oder zu bieten schien. Das gilt 
insbesondere von den verschiedenen Gesichtspunkten, welche zu 
der Aufstellung der Vocalreihen geführt haben. Man kann 
'Wohl sagen, dass auch heutzutage noch drei Principien der An- 
ordnung sich um den Sieg streiten, und über diese soll im Fol- 
genden etwas eingehender, jedoch stets mit Beschränkung auf 
einige hervorragendere Vertreter der verschiedenen Richtungen, 
gehandelt werden. 



80 206. 207. Klangreihensysteme. 

1. Die Anordnung nach Klangreihen. 

206. Die ältesten Versuche einer Reihenordnui 
Vocale gingen nicht sowohl von einer Untersuchung d< 
schiedenen Articulationsstellungen aus, als von einer B« 
tung der Klangunterschiede der einzelnen vocalischen 
Erst in zweiter Linie wurden dann auch die Articul 
Stellungen geprüft und ihr Verhältniss zu den verschi< 
E^angqualitäten untersucht. Man nahm diesergestalt ai 
die indogermanische Ursprache nur drei bestimmte *^ 
qualitäten' besessen habe, a, t, u (was beiläufig dui 
neueren Untersuchungen über indogermanischen Vocalisi 
irrig erwiesen ist). Auch innerhalb der complicirteren 
Systeme der modernen Sprachen schienen diese drei Lau 
'die entschiedensten und stärksten Gegensätze voca 
Eäangfarbe' darstellend, besonders hervorzutreten. Ih 
hältniss und ihre relative Lage musste also zuerst fixirt ^ 
damit auch den zwischenliegenden Vocallauten ihre Stelli 
'System' richtig angewiesen werden konnte. 

207. Zunächst pflegte man diese 'drei Grundpfeile 
Vocalismus ungefähr in Gestalt einer Pyramide oder 
gleichseitigen Dreiecks mit dem a an der (unteren, oberei 
seitlichen) Spitze zu gruppiren, damit andeutend, dass zw 
je zweien derselben (t — a, a— w, u—i) ein gleicher AI 
vorhanden sei. Die übrigen Vocale wurden zwischen denj( 
Lauten eingetragen, zwischen welchen sie ihrem Klange 
eine Art Mittelstufe zu bilden schienen, also e zwischen a 
zwischen a und u. Durch weitere Ausbildung dieser 
von Hellwag (1781) in der Form 

u ü i 

ö e 

a a 

a 

aufgestellten Pyramide (näheres bei Vietor, Phonetik^ 
gewann zuletzt Brücke folgendes Schema: 







a 








a« 




a" 




c« 


e" 


aoe 


0« 


0« 


t» 








u* 



e e" er 
% f* u* u 

(a^ bezeichnet hier ein dem a nahestehendes ä, e^ das ge^ 
liehe ä oder offene e u. s. w.). 



208—211. Die Vocale: 1. Winteler's Reihe «--«— i. 81 

20S. Dies Vocaldreieck ist in verschiedenen Modificationen 
auch heute noch vielfach in Gebrauch. Eine wesentliche Modi- 
ßcation, und zwar eine Verbesserung, erfuhr es zunächst durch 
V^inteler, welcher, davon ausgehend, dass die Articulations- 
itbstäiide zwischen Oj %, u nicht überall gleich seien, vielmehr 
las a eine Art neutraler Mitte zwischen t und u bilde, vielmehr 
vorschlug, jene drei Laute in der Folge u — a— t oder umgekehrt 
iuf einer geraden L inie zu verzeichnen, und die Laute wie w, ö 
ils * Vermittelungsvocale' auf einer zweiten, zur ersten senkrecht 
stehenden Geraden einzutragen. 

Zur Begründung dieses Anordnungsprincips und seiner 
Durchführung im Einzelnen lässt sich etwa das Folgende sagen: 

209. Beim a ist der Mundcanal durchgehends massig ge- 
öffnet. Die Zunge entfernt sich nicht viel aus ihrer Ruhelage. 
Bei « und u werden dagegen durch kräftigere Articulation 
bedeutende Engen im Ansatzrohr hervorgebracht, die Articu- 
lation nähert sich also mehr derjenigen der *^Consonanten' im 
alten Sinne des Wortes. Da nun bei stärkerer Engenbüdung 
kleine Differenzen in der Articulation stärkeren Einfluss auf 
den Charakter der entsprechenden Laute haben als bei 
geringerer, so sind auch i und u viel empfindlicher gegen Ver- 
änderungen der Articulation als a, welches bei sehr verschie- 
dener Mundweite doch stets mit derselben Klangfarbe hervor- 
gebracht werden kann. Aus diesem Grunde fand Winteler es 
rathsam, nicht, wie man bisher meist zu thun pflegte, von dem 
a als dem 'einfachsten und reinsten' Vocal auszugehn, sondern 
(nach einer schon von du Bois-Reymond, Kadmus 193 gegebe- 
nen Vorschrift) von den beiden mit grösserer Sicherheit zu 
bestimmenden Endpunkten der Vocallinie u — i und von da aus 
erst nach der Mitte vorzuschreiten. 

210« Dies Verfahren gewährte zugleich noch den Vortheil, 
dass es von Anfang an die Articulationen der beiden verschie- 
denen Theile, welche zur Bildung des vocahschen Resonanz- 
raums dienen, die der Zunge und die der Lippen, schärfer 
hervortreten liess ; denn bei u und i articuliren beide viel ener- 
gischer als beim a und den diesem zunächst liegenden Vocalen, 
und die Formen ihrer Articulation sind die möglichst entgegen- 
gesetzten. 

211. Die Zunge wird beim u in ihrer ganzen Masse nach 
hinten gezogen und in ihrem hintern Theile zum weichen Gaumen 
emporgehoben. Beim i dagegen ist sie nach vom gedrängt und 
mit ihrem Vordertheile dem harten Gaumen genähert. 

82 er ers, Phonetik. 5. Anü. ^ 



82 212—217. Die Vocale: 1. Winteler'8 Beihe 

212. Die Lippen ziehen sich bei dem möglichst toU ge- 
sprochenen u bis auf eine kleine kreisf önnige OefEnnng zii8ai&- 
men imd werden gleichzeitig, das Ansatzrohr yerlängemdi etwas 
vorgeschoben ; beim möglichst hellen i werden die Mundwinkel 
auseinander gezogen und es entsteht ein breiter Spalt an Stdk 
jener kreisrunden Oeffnimg beim u (vgl. oben 42). 

213. Beim u wird also im vordem Munde ein ziemM 
grosser, kugelahnlicher Besonanzraum mit kleiner runder Aos- 
flussöffnung hergestellt ; beim üebergang zum i wird dasVolumfli 
desselben auf ein Minimum reducirt und dabei zugleich dk 
Ausflussöffnung möglichst vergrössert. Demgemäss werden hm 
u die tieferen Theiltöne des Stimmklangs verstärkt und die 
höheren gedämpft; beim i umgekehrt (vgl. dazu unten 2S4£). 

214« Hierauf beruht es, dass das u auch beim gewöhnlichen Spreci« 
tiefer klingt als das i, auch wenn die Stimmbänder beidemal dieselbe 
Schwingungszahl haben, und dass das u auf sehr hohen Tönen, das t idh* 
gekehrt auf sehr tiefen nicht mehr anspricht. 

215* Ausser den beiden genannten Factoren zog man übrigens tuk 
noch die Hebung des Kehlkopfs bei % und seine Senkung bei u in Befanctt 
(Chladni 190 f. u. ö.). Diese Bewegungen sind aber grossentheili wM 
willkürlich, sondern wesentlich durch das Vorschieben bez. ZurndcDeioi 
der Zunge bedingt (so richtig Thausing S.lö gegen Brücke, der ein umge- 
kehrtes Yerhältniss annimmt). Man kann sie deshalb bei der Beobacbian|f 
ohne grossen Schaden ausser Acht lassen, weil sie unwillkürlich eintreteo, 
wenn man die Zungenarticulation richtig ausfuhrt. 

216. Um nun aus der Menge der möglichen Variationen 
von u und t die beiden äussersten Grenzpunkte auswähle » 
können, lehrte Winteler namentlich auf die Engenbildungen W 
der Articulation dieser Laute zu achten. Beim u liegt dift 
grösste Enge zwischen den Lippen, beim % zwischen der Vordop- 
zunge und dem harten Gaumen. Beide Engen können nach IJt 
auch schallbildend auftreten, und zwar um so leichter, je 
stärker der Grad der Verengung ist; damit wird aber & 
Existenz des Vocals, welcher doch ein reiner Stimmlaut sein 
soll, beeinträchtigt. Man erhält also nach Winteler die äuBSO- 
sten Grenzwerthe von u und t , wenn man bei der eben besohlt 
benen Articulationsweise bis zu dem äussersten Grade von 
Verengung fortschreitet, welcher noch erlaubt, jene Vocale ba 
normalem Exspirationsdruck ohne Beimischung jener Q^räusdw 
hervorzubringen. 

217. Schwieriger als die Bestimmung dieser äussersten « 
und t ist die der 'neutralen Mitte', des a, weil hier die sehr 
einfache Q^räuschprobe in Wegfall kommen muss. Man geht 



218. 219. Die Vooale: 1. Winteler'8 Beihe ti-a— ». 83 

bier am besten yon der Indifferenzlage aus. Bringt man mm 
Eibwechselnd ein 'dunkles' a imd ein 'breites' ä hervor, so sieht 
man, wie bei ersterem der Zungenkörper nach hinten, beim 
zweiten etwas nach yom geschoben wird (die gleichzeitig wahr- 
nehmbare Hebung der Zimge ist wesentlich nur eine Folge der 
Hebung des Gkiumensegels, welches bei der Yocalbildung den 
Nasenraom abschliessen muss). Verringert man diese Yorwärts- 
imdBlickwärtsbewegung allmählich, so müsste man schliesslich 
Biit der Blickkehr zur Buhelage zu einer ganz neutralen Mittel- 
itettung gelangen, welche als Articulationsproduct das ganz 
eine, neutrale a lieferte. Bei dieser Stellung wird aber ein 
rater ä-ähnUcher Laut erzeugt, den man nicht mehr zu den 
ijrten des a rechnen kann. Ein eigentlicher a-Laut kommt 
rst bei einer merklichen Bückwärtsbewegung der Zunge zu 
Itande, also durch eine positive Articulation aus der Indifferenz- 
ige heraus. Daher setzte Winteler an die Stelle der bisher 
ngenommenen Einheit eine Zweiheit von Lauten, die er nicht 
npassend die ti- imd die t-Basis nannte, insofern durch Stei- 
^nmg ihrer specifischen Articulationen — Zurückziehung der 
junge aus der Buhelage bei der u-Basis, Yorschiebung der 
Sunge bei der t-Basis — die Zwischenlaute zwischen a und t , 
i und u imd endlich i und u selbst erreicht werden. Die mög- 
ichst geringe Bück- oder Yorwärtsbewegung der Zunge stellt 
Jso die äussersten Nähepunkte der beiden Basen dar. 

218. Dass man hiemach das a nicht, wie vielfach (seit Kempelen 
Ol) geschehen, als den 'natürlichen Yocal' bezeichnen darf, leuchtet von 
dbst ein, da aach zu seiner Bildung die einzelnen Theile des Ansatzrohrs 
krticulationsbewegungen ausführen müssen. Lässt man die Stimme er- 
onen, wahrend die Mundorgane sich in der Ruhelage befinden, so erhält 
oan den seiner Klangfarbe nach zwischen ä und ö liegenden nasalirten 
jaat^ den wir unwillkürlich beim Stöhnen hervorbringen. Auch der blosse 
LbBcMusB der Nasenhöhle durch Hebung des Ghiumensegels genügt noch 
licht, um ein a hervorzubringen, man bekommt vielmehr, wie schon an- 
:edeutet, bei Ausführung dieser Articulation (wobei man behutsam darauf 
chten muss, die Zunge nicht aus ihrer Ruhelage zu bewegen) ein ä, den 
rsten Schreilaut der Kinder, den man mit viel mehr Recht als das a 
inen Naturlaut nennen könnte, wenn das Gtanze nicht doch auf eine blosse 
ipielerei hinausliefe. 

21 9« Was nun die weitere Gliederung der Reihe u — a — % 
nlangt, so lassen sich die Zwischenlaute wie o und e nicht so 
icher bestimmen, wie jene drei Markpunkte. Doch zeigt eine 
Betrachtung der Articulationen dieser Laute im Yerhältniss 
u der yon w, a, t wenigstens den Weg zu einer weiteren, 
iemlich exacten Yocaleintheilung. 



84 220—223. Die Vocale : 1. Winteler'ß Reihe 

• 

230* Geht man vom äussersten u allmählich zu einem im 
Uebrigen beliebigen o -Laute über, so wird der hintere emp(N^ 
geflohene Theil der Zunge ebenso stufenweise gesenkt, imd d» 
ganze Zunge etwas vorgeschoben (in der Bichtung zur Indiffe- 
renzlage); die Mundöffnung erweitert sich in entsprechendes! 
Verhältniss, ohne ihre gerundete Gestalt zu verlieren. Verfolgt 
man diese allmähliche Verschiebung unter gleichzeitiger Sen- 
kung des Unterkiefers weiter, so gelangt man zur t^-Basis de« 
a, bei welcher die Zunge nun bereits der Ruhelage ziemjid 
nahe flach ausgestreckt im Munde liegt; die willkürliche Articft- 
lation der Lippen (d. h. ihre kreisförmige Zusammenziehimgj 
hat aufgehört, die Gestalt der Mundöffnung ist einfach abhängig 
von der Senkung des Unterkiefers. 

221. Durchläuft man nun vom a ausgehend die Zwiscbeoh 
stufen zum i hin, so wird die Vorschiebung der Zunge fort- 
gesetzt und ihr Vordertheil hebt sich stufenweise zum härtet 
Gaumen in die Höhe ; der beim Gange von u zu, a hin etwas 
gesenkte Unterkiefer steigt ebenso allmählich väeder init 
empor, und es kann abermals eine willkürliche Articulation der 
Lippen beginnen, indem die Mundwinkel auseinander gezogei 
werden. 

222. Man durchläuft also vom u ausgehend sämmtliche 
mögliche Vocalnüancen der Reihe u — i, indem man die 2095. 
gegebenen Oharakteristica der w- Articulation gradweise ver- 
ringert, bis sie gleich oder fast gleich werden, dann aber zu 
der ebenda charakterisirten t- Stellung gleichfalls durch grad- 
weise Steigerung der beiden Articulationsfactoren (Zungea- 
und Lippenthätigkeit) fortschreitet. Zwischen u und i liegt 
also eine lange ganz continuirliche Reihe gleichmässig ab- 
gestufter und in einander übergehender Vocalnüancen. Alle 
hier zu machenden Unterschiede sind folglich auf der oben 5568 
erwähnten Vocallinie u — i einzutragen. 

223. Da man nun doch nicht für jeden einzelnen Punkt 
dieser Linie, d. h. für jede möghche Nuance, ein gesondertes 
Zeichen aufstellen kann, so bleibt nichts anderes übrig, als die 
Linie in eine gewisse Anzahl von Theilen zu zerlegen, d. h. statt 
einzelner Vocalnüancen vielmehr Gruppen oder Kategorien 
(vgl. schon oben 121) von solchen aufzustellen, deren einzelne 
Varietäten sich einem Normalvocal unterordnen, der ab 
eigentlicher Repräsentant der Kategorie gilt. Als Normalvocal 
ist diejenige Nuance zu bezeichnen, welche den Klangcharakt^ 
der Kategorie am ausgesprochensten wiedergibt 



224—227. Die Vocale : 1. Winteler's Reihe u^a—i. 85 

224. Für die Aufstellung dieser Normalvocale sind nun 
ach Winteler besonders zwei Gresichtspunkte massgebend: 
Irstens, dass der Abstand derselben unter einander gleich 
li, d. h. also, dass wenn z. B. zwischen a und u nur ein 
üttellaut (o) eingeschoben werde, dies Normal -o dann erzeugt 
erde, wenn man die TJebergangsbewegung der Organe von a 
i u genau in der Mitte unterbricht. Bei zwei Mittellauten 
itte diese Unterbrechung zweimal, beim ersten und beim 
weiten Drittel, stattzufinden. Natürb'ch kann man die so f est- 
isetzenden Normalvocale nur durch allmähhches, sorgfältiges 
•urchprobiren der ganzen Articulationsreihe u—a — i ermitteln, 
^t man dies aber gethan und sich die Articulationsweise 
nd den Klang der gefundenen Normalwerthe genau einge- 
rägt, so wird es leicht sein, das Verhältniss derselben zu einer 
jden abweichenden Vocalnüance zu erkennen und auch für 
udere zu charakterisiren. 

225. Was sodann die Anzahl der Kategorien betrifft, so 
laubte Winteler für die indogermanischen Sprachen mit einer 
Verdoppelung der bisher vorgeführten Vocalkategorien «, o, 
;, e, t auskommen zu können (zwei i und u waren jedoch schon 
or ihm von den Engländern, in Deutschland auch von Böhmer 
aufgestellt worden). 

226. Zu den so erhaltenen zehn Normalvocalen der Reihe 
5 — a — % kommen nun noch die bisher ausser Acht gelassenen 
jaute von der =Klangf arbe ü^ ö, die man als Vermittelungs- 
ocale bezeichnen könne. Während nämlich bei der Bü- 
lung der Laute u — a — i die beiden die Klangfarbe bedingen- 
len Factoren (die Articulation der Zunge und die der Lippen, 
. 211 f.) auf dasselbe Resultat hinwirken, treten bei ü^ ö diese 
Tactoren in Gegenwirkung, d. h. es verbindet sich die Zungen- 
rticulation eines hellen Vocals mit der Lippenarticulation 
ines dunkeln oder umgekehrt. So ist z. B. beim deutschen ü 
lie Zunge vorgestreckt und gehoben wie beim i, die Mund- 
ffnung aber rundhch contrahirt wie beim u. Dieser Articu- 
itionsweise entsprechend hegen denn auch die Klangfarben 
lieser Vocale in der Mitte zwischen denen der Reihe u — a und 
[er Reihe a — i, 

227. Die Eintheilung dieser Vermittelungsvocale ergibt 
ich nach dem Gesagten leicht. 

Es sind ebenso viele Vermittelungsvocale aufzustellen, als 
Jtufen zwischen a und u vorhanden sind, bez. zwiacheiL auTid^.^ 



86 



228—290. DieVooale: 1. Winteler's System. 



nur dass eine Yermittelnng zwischen den beiden Basen des a 
wegfällt, weü beide ohne selbständige Articulation der Lqvpea 
gebildet werden. 

228. Hiemach stellte sich das Winteler'sche Schema 
folgendermassen dar: 




rl «/2 



«1 U* OA Q 



1 



Lepsius: 
Brücke: 



u 
u 



9 ö 

0^ 



a 

a 
a 



& 



e^ e' 



9 ^ ^ 



Böhmer: u t{ o g a q. 



a' 



a 



e^ e 



f 



q e I 



«1«» ö^ fi 



u 



V 1. 



Q 0, 



<B Cl 



Dabei sind nur die Bezeichnungen durch Zahlenexponenten an 
Stelle anderweitiger typographischer Auszeichnungen Winteler's 
gesetzt. Der Exponent ^ deutet an, dass der Yocal unter den 
beiden dasselbe Grrundzeichen tragenden Lauten die spedfisdie 
Klangfarbe am deutlichsten habe; in der Praxis kommt ^ mit 
dem üblichen 'geschlossen', > mit 'offen' zusanmien. 

229. Zur Yergleichung mögen hiemeben die sonst ge- 
bräuchlichsten deutschen Transscriptionssysteme, die von 
Lepsius, Brücke und Böhmer Platz finden: 



230« Es ist unmöglich, für die gegebene Yocalreihe ohne mündliche 
Erläuterung genau treffende Beispiele aus den lebenden Sprachen nod 
Mundarten anzuführen, da die individuelle Sprechgewohnheit des Lesen 
fast überall zu Missyerständnissen fuhren würde, ungefähr tre£fen u\ oS 
e^ i^f ii^f If^ mit den Lauten der deutschen langen t«, o, e, », tf, ö Wseasn 
oder mit franz. ouy au^ ^, i, u {eu); die mittel- und norddeutschen knrien 
t#, 0, e (ö), », ü, ö fallen meist in die Sphäre von unseren i#*, o*, «*, «*, «*, »*. 
Das &» ist der breite tf-Laut, welchen die Bewohner der Ostseeprovioien 
in Worten wie Bär^ Meer bilden und der auch in süddeutschen und 
schweizerischen Mundarten als Umlaut von kurzem und langem a m^ 
flEUsh auftritt. Unter a ist das sog. reine a des Italienischen und FranzSn- 
sehen zu verstehen. Langes o^ ist der auch in Mittel- und Norddeutscb- 
land öfter gehörte Zwischenlaut zwischen a und o im englischen eom, 
fdü u. dgl. Auch sein Umlaut ö^ kommt als I^uige in XorddeutschlaQd 
öfter vor. 



231. 232. Die Vocale: 1. Winteler's Syitem. 87 

• In der ersten Ausgabe dieses Baches war auf Ghrond einer von 
übernommenen falschen Analyse der Bildung des russischen jery 
^er ahnlicher Laute das Winteler*sche System durch Annahme 
eiten Beihe von Yermittelungsyocalen erweitert, die als durch 
tion der Zunge narticulation der Reihe u — a mit der Lippe n- 
on der Beihe i—a entstanden gedacht wurden. Das erweiterte 
»ekam dadurch (mit Weglassung der Kreislinien) die Gestalt: 

ifl 
ö^ 
Iß 
u^ u^ 0^ aß a & «s ei »s »i 
o« 
öl 

16 Anordnung ist später in mehr oder weniger modificirter Qe- 
Trautmann und Techmer aufgenommen und weiter ausgebildet 

• Dies sogenannte Normalsystem bedarf aber noch 
idener allgemeiner Modificationen, um den An- 
ngen der Praxis gerecht zu werden, denn es beruht 
llkürlicher Auswahl bestimmter Momente der 
barakterisirung. Der Satz, dass zur Bildung der 
1er Voeakeihe u — a — % die Articulation der Zunge und 

Lippen gleichmässig und in möglichster Energie vor- 

sein müsse, ist wesentlich deswegen aufgestellt, weil 

ch nun einmal von einer bestimmten Articulationsweise 

1 musste, und gerade die gewählte die sicherste Bestim- 

1er Endpunkte der Vocalreihe zu ermöglichen schien. 

hit aber die Beobachtung, dass selbständige Lippen- 

sit, namentlich bei den Lauten der t-Beihe, vielfach gar 

delfach wenigstens nur in sehr geringem Masse vorhan- 

Was hier an der Lippenihätigkeit erspart wird, wird 

durch gesteigerte Zungenthätigkeit ersetzt, damit einiger- 

dieselbe Klangfarbe herauskomme, wie bei den Vocalen 

pkerer Lippenbetheiligung. Gegenüber diesen letzteren 

lie auf die erstere Weise erzeugten Vocale zwar etwas 

• scharf ausgeprägte Klangfarben als die vorher beschrie- 
aber man kann doch auch bei ihnen sämmtliche ünter- 
der ganzen Scala durchlaufen (es ist also z. B. ein ohne 

rundung gesprochenes u^ nicht etwa einem mit Lippen- 
g gesprochenen u^ gleichzusetzen; denn bei letzterem 
loch immerhin, wenn auch schwächer als beim u\ eine 



88 233.234. Die Vocale: l.Winteler's System. 2. Eigentonsystem. 

Lippenrundung statt). Beim a hört natürlich der Unterschied 
der beiden Bildungen auf, da dieses stets ohne selbständige 
Lippenarticulation gebildet wird. 

233. Man hatte seit Brücke {Grundzüge S. 23 ff.) diese 
ohne energische Lippenbetheiligung hervorgebrachten Vocale 
unvollkommene genannt, weil dabei 'nicht alle Mittel in 
Gebrauch gezogen werden, welche die menschlichen Sprach- 
werkzeuge darbieten, um den Vocallaut deutUch unterscheidbar 
und klangvoll hervortreten zu lassen*. Dieser Name ist bequem, 
aber Missdeutungen ausgesetzt, weil man unter unvoUkomme- 
nen Vocalen auch oft die unter dem Einfluss der Accentlosig- 
keit nur mit mangelhafter Articulation gebildeten gemurmel- 
ten Vocale (279 ff.) versteht. Man würde deshalb auch Ton 
diesem Standpunkt besser thun, zimächst Vocale mit activef 
und passiver Lippenarticulation (vgl. 42) zu unterscheiden. 
Weiterhin würde man für jeden Einzelfall genau angeben 
müssen, ob Zungen- und Lippenstellung den angenommenen 
Normalstellungen dieser Organe entsprechen, oder ob und wie 
weit sie sich davon entfernen. Namenthch würde dabei auch 
auf die verschiedenen Stufen der Energie der Lippenbetheiligung 
Gewicht zu legen sein. Auch die Stellung der Vermittelungs- 
vocale, welche Winteler's Schema in die Mitte der beiden Ye^ 
mittelten Laute gestellt hat, würde noch jedesmal naher zu 
präcisiren sein, je nachdem die charakteristische Articulations- f 
form des einen oder andern dieser Laute überwiegt. f 

2. Die Anordnung nach Eigentonreihen. 

234. Das eben skizzirte Klangfarbensystem leidet — von 
einigen weiter unten zu erhebenden Einwänden abgesehen - 
an dem praktischen Uebelstande, dass es sehr schwer ist, ^ 
Gebiete der einzelnen Laute oder Klangfarben scharf von ein- 
ander abzugrenzen. Schon die Bestimmung der Endpunkte der 
Linie u — i bereitet Schwierigkeiten. Die Geräuschprobe Kefert 
allenfalls einen brauchbaren Grenzwerth für das /, aber schon 
bei dem u lässt sie im Stich. Zwar kann man mit ihr de^ 
äussersten Grad der Lippenverengung beim u fesstellen, ^ 
die Zunge hat dabei freien Spielraum, und ihre Stellung B^ 
sich demnach nicht ohne Weiteres fixiren. Femer wird für d» 
einzelnen Normalvocale gleicher Abstand von einander ^^ 
dert, aber es wird kein Mittel angegeben, das uns in den Sta^^l 
setzte, die Bewegungen, die von einem Laute zum ^^^^ 



235. 236. Die Vocale: 2. Das Eigentonsystem. 89 

i, genau za messen, und danach die Abstände der Einzel- 
7on einander zu bestimmen. So war es denn natürlich, 
lan ein Mittel zu objectiverer Constatirang der Normal- 
[gen suchte, und man glaubt vielfach, ein solches Mittel 
Eigentönen der Vocale gefunden zu haben. 

5. Der Unterschied der vocalischen Klangfarben beruht 
len Untersuchungen besonders von Grassmann, Donders 
[elmholtz (die Hauptliteratur s. bei Grützner S. 174 ff.) 
r verschiedenen Einwirkung, welche das Ansatzrohr auf 
immklang ausübt, indem es kraft seiner Eigenschaft als 

Resonanzraimi einzelne Theiltöne der Stimme verstärkt, 
I dämpdEt (vgl. 23). Kann nun auch die akustische Theorie 
)calbildung noch nicht als durchaus gesichert und abge- 
ben gelten, so steht doch der Fundamentalsatz fest, dass 
^jüculationsf orm de§ Ansatzrohrs ein bestimmter Eigen- 
tspricht. Die Höhe dieses Tones kann man auf verschie- 
Veise bestimmen, z. B. durch Percussion der Mundhöhle 
^schlossenem Kehlkopf, oder durch Beobachtung der 
rgeräusche der Vocale, am sichersten endlich durch die 
gabelprobe. Hält man nämlich angeschlagene Stimm- 
L von verschiedener Höhe vor die Oeffnung des für einen 
mten Vocal eingestellten Ansatzrohrs, so wird nur der 
erjenigen Gabel durch das Mittönen der Luft im Mund- 
3ine deutliche Verstärkung erfahren, deren Eigenton dem 
undraimis gleich ist (22). Man kann hiemach nicht nur 
)he des Eigentons jeder Vocalstellung ermitteln, sondern 
lehrt auch das Ansatzrohr mit Hülfe der Stimmgabelprobe 
3it auf einen geforderten Eigenton einstellen. 

6. Bestimmungen der Eigentöne von Vocalen sind in 
• und neuerer Zeit vielfach vorgenommen worden. Einige 
mienstellungen darüber s. z. B. bei Merkel, Laletik S.47, 
aer S. 177 ff., Trautmann, Sprachlaute S. 27.ff., Victor^ 
ff., Bremer S, 170. Wenn die Resultate der einzelnen 
chter stark von einander abweichen, so hat dies, wie 
mann richtig hervorhebt, darin seinen Grund, dass ein 
zunächst die Eigentöne seiner eigenen Vocale bestimmte, 
nd doch die Aussprache der Vocale bekanntlich in den 
len Sprachen und Mundarten, ja selbst bei einzelnen 
iuen, sehr erheblich differirt. Dem gegenüber hat dann 
tmann den Satz aufgestellt, dass man, um zu einem 
ibaren System zu gelangen, nicht von beliebigen Einzel- 
jmen ausgehen müsse, sondern von einem idealisirten 



90 297. ' Die Vooale: 2. Das Eigentonsystem. 

Yocalsystem, welches die HAupÜaute der bekannteren Sprachen 
enthalte. Ein solches gewinnt er auf Ghrund der Yergleiduaf 
der wichtigsten YocaUaute insbesondere des Deutschen, Ftafr* 
zösischen und Italienischen nach ihrer mustergültigen Au- 
spräche. Diese Sprachen liefern ihm zunächst drei Beihen vdb 
je 4 Yocalen, welche ungefähr den drei Halbreihen beiWintdff' 
entsprechen, nur noch durch eine vierte Seihe er^^Lnzt werdet 
(vgl. 231). Setzen wir statt der besonderen Zeichen Trautmaim'i 
die oben verwandten Typen mit Zahlexponenten, so gewisst 
Trautmann's System die G^talt: 

iß 

t«i oi o2 a & «2 ^1 |i 

Ol 

tli 

Yon dem System Winteler's unterscheidet sich dasselbe, ab* 
gesehen von der Annahme der vierten Seihe, dadurch, dass m 
einerlei u^ i, ü (ü) angesetzt werden, während Winteler aock 
diese Yocale in je zwei Abtheilungen zerlegt. 

337. Charakteristisch ist für Trautmann's System die Be- 
gründung. Auch er findet, dass sein System eine Ordnung der 
Yocale nach ihrer Articulationsverwandtschaft enthalte. Seine 
Yocalreihen sind ihm aber nicht nur Articulationsreihen, soor 
dem stellen zugleich harmonische Seihen von Eigentönen dar. 
Die Eigentöne der Seihe u^ o^ o^ a bilden nach ihm zusammen 
den Septimenaccord g2 h2 da £3, die der Seihe & e^ e^ i^ emen 
Septimenaccord, der genau eine Octave höher liegt als der ersi», 
also g3 hs d4 £4. Die Eigentöne von 0^ ö^ ü^ sind dieselben irie 
die von & e^ e\ die von ö^ ö^ ü^ dieselben, wie die von a d^ o\ 
Dies vierzehnvocalige System wird sodann erweitert durch die 
Annahme von Zwischenvocalen, die sowohl was den Eigen- 
ton als die Mundstellung betrifft, genau die Mitte zwischen zwei 
Grundvocalen halten, femer durch die Annahme von Neben- 
vocalen, die durch Beimischung mehr oder minder genlusdt- 
artiger Oberhalle (Hall = Eigenton) charakterisirt sind, welche 
ihrerseits darauf beruhen, dass das Ansatzrohr an einer ge- 
wissen Stelle etwas eingeengt wird, und demnach in Yorcte^ 
gaumen-, Hintergaumen-, Gaumensegel-, Sachen- und Eeht 
Nebenvocale zerfallen. 



238. 230. Die Vooale: 2. Dm Bigentonsystem. 91 

888. Trautmann glaubt dieses System nicht als ein künst- 
Iiannonisch gemachtes, sondern, da die meisten seiner 
[Slieder die am häufigsten begegnenden Yocale seien, als ein 
der Natur abgelauschtes bezeichnen zu können (S. 51). Da- 
gegen ist zunächst einzuwenden, dass es nicht angeht, nur den 
FocaUsmus einiger ausgewählter Cultursprachen zur Grundlage 
dnes y ocalsjrstems zu machen, das allgemeinen Zwecken dienen 
oll, namentlich wenn der Yocalismus dieser Mustersprachen 
in so einförmiger ist, wie etwa der des Deutschen, Französi- 
shen und Italienischen. Ein YocaUsmus wie der des Englischen 
Isst sich, um nur ein praktisches Beispiel anzuführen, nur yer- 
littelst so vieler Modificationen dieses Systems ausdrücken, 
ass schliesslich von dem Grundsystem selbst nichts mehr übrig 
leibt. Es ist femer zu bezweifeln, dass jene harmonischen 
Leihen Trautmann's wirklich die normalen Sprechvocale der 
enannten Cultursprachen darstellen. Soweit ich nach den 
ünzelangaben Trautmann's (namentlich auch bezüglich der 
rechselnden Grösse des Eieferwinkels, welche beim gewöhn- 
ichen Sprechen fast gar keine praktische Bedeutung hat (vgl. 
rO f O; urtheilen kann, sind seine deutschen Normalvocale zum 
rossen Theile Laute, die der gesprochenen Sprache, selbst in 
brer reinsten, bühnenmässigen Form, fremd sind, und in dieser 
Lbstufung höchstens hie und da beim Gesang oder beim Yor- 
ind Nachsprechen isolirter Einzelvocale gebildet werden. 
Yenn man aber doch einmal für jede einzelne Sprache, auch 
las Deutsche, noch besondere Angaben über die Höhe der 
Sigentöne ihrer Yocale haben muss, so nützt die Erkenntniss 
icht viel, dass man sich auch eine Idealsprache denken kann, 
1 der die Eigentöne gewisser Yocale eine harmonische Beihe 
bilden. 

Dieselben Bedenken scheinen mir ebenso dem wieder anders 
earteten Eigentonsystem Bremer' s entgegenzustehn. 

239. Erwägt man femer, dass die Eigentöne der Yocale 
tets von der jeweiligen Stellung des Ansatzrohrs abhängen, 
Iso etwas Secundäres sind, so gelangt man zu dem Besultate, 
ass sie höchstens als Controlmittel bei der Feststellung dieses 
der jenes Yocals Yerwendung finden, nicht aber zu einem 
resentlichen Factor bei der Anordnung der Yocale gemacht 
rerden können. Aber auch als Controlmittel sind sie nur mit 
Vorsicht zu gebrauchen, schon aus dem Grunde, weil ganz ver- 
chiedene Organstellungen doch denselben Eigenton besitzen 
önnen. Femer ist die Bestimmung der Eigentöne an sich^ wie 



92 240. 241. Die Vocale: 2. Das Eigentonsystem. 






auch die Anhänger des Eigentonsystems zugeben, mit criieb- 
liehen Schwierigkeiten verknüpft Ohne genaueste mündlidiB 
Anweisung seitens eines erfahrenen Lehrers wird wohl hum 
ein Anfänger je im Stande sein, die Flüsterprobe praktisdi zi 
verwerthen. Auch die Stimmgabelprobe ist nicht so leicht fl 
machen, als man wohl denken möchte. Der Anfönger, der seil 
Sprachorgan noch nicht völlig in der Gewalt hat, ist stets der 
Gefahr ausgesetzt, nur einseitig die Lippenöffnung oder die 
Stellung der Zunge zu varüren, um zu einer Stellung von be- 
stimmtem Eigenton zu gelangen, mag man ihm auch nodi si 
deutliche Vorschriften über die Bildung der gesuchten Artk»* 
lationsstellung geben: ja in den meisten Fällen gelingt d« 
Anfänger das ganze Experiment der Einstellung auf einen to* 
stimmten Ton überhaupt nicht, wenn nicht etwazufälhg einita 
geläufiger Vocal den geforderten Eigenton hat. Li der Begi r 
führt eine Beobachtung der Klangfarben der gesprochen« 
Vocale rascher und sicherer zu dem gewünschten Ziele. 

240. Das Eigentonsystem gewährt daher weder in theo- 
retischer noch in praktischer Beziehung irgendvne erheblid« 
Vortheile vor dem Klangfarbensystem, durch dessen Modific*" 
tion es entstanden ist. Dafür hat es an allen wesentiidiÄ 
Gebrechen desselben Antheil, und muss also mit ihm 
oder fallen. 

241. Das Klangfarbensystem wie das Eigentonsystem ia* 
in letzter Listanz auf der altüberlieferten Vocalreihe u, o^a^e^^ 
aufgebaut. Von diesen Vocalen erfordern a, «, z in derBege' 
nur eine selbständige Zungenarticulation , o und u dagegen 
neben dieser auch eine selbständige Lippenarticulation, die 
Rundung. Das Gleiche gilt von Lauten wie ö, ü. Was berech- 
tigt nun dazu, o und u als Grundlaute zu betrachten, ö undö 
dagegen als *^Vermittelungs vocale^? Wo ist femer in einem so 
aufgebauten System Raum für die gar nicht seltenen Vocale, 
die mit der Zungenstellung von o, u, aber ohne deren Lippen- 
rundung gesprochen werden? Sie fehlen auch in dem Vfe' 
reihensystem Trautmann's, denn dessen vierte Reihe umf asst ja? 
wenigstens seiner Definition nach, nicht Laute mit rein passivöf 
Lippe. So gut man aber ö, ü als aus e, i abgeleitet betrachtet, 
so gut müsste man consequenter Weise auch das o, u aus der 
Reihe der Grundvocale streichen, denn auch sie verbinden einß 
modificirende Lippenarticulation mit der Zungenarticulation. 

* Es fehlen femer in jenen Systemen die Vocale, welche durch 
Articulation der Mittelzunge gegen den Gaumen gebildet werden. 



f 



242. DieVocale: 2. Das EigentonsysteiiL 93 



Diese Yocale sind nach Klang, Eigenton und Articulation von 
den Yocalen der Yorderzunge, wie t, e ebenso geschieden, wie 
ron denen der Hinterznnge, wie a, o, u. Was berechtigt also, 
¥enn man ihre Existenz anerkennt (wie dies z. B. Trautmann 
hat), dieselben nur als Nebenvocale zu charakterisiren? 
iYarum sind sie nicht eben so gut in das Normalsystem auf- 
imehmen wie die Yocale der Yorder- und Hinterzunge? 

242, Der Hauptfehler beider Systeme indessen liegt darin, 
lass sie auf irrthümUchen Yoraussetzungen über das Yerhält- 
liss der Klangreihen bez. Eigentonreihen zu den Arti- 
mlationsreihen aufgebaut sind. Die Yertreter beider Systeme 
ond zwar der Meinung, dass ihre Seihen den Abstufungen der 
Articnlationen parallel gehen, aber diese Meinung beruht in 
nelen Fällen einfach auf einer leicht nachweisbaren Täuschung. 
Man betrachtet z.B. die Beihe a, ä, e, t (genauer etwa Winteler's 
& e^ e^ i und die entsprechenden Yocale Trautmann's) als eine 
gleichmässig abgestufte Klangreihe mit gleichmässig abgestuften 
Eigentönen (nach Trautmann steigen hier z. B. die Eigentöne 
Yon Yocal zu Yocal je um eine Terz). Aber man gelangt von 
a oder & zum ä (e^) durch Yorschiebung der Zunge in horizon- 
taler Kichtung, vom ä (e^) zum e^ und i dagegen durch Hebung 
der Yorderzunge, also eine Articidationsbewegung anderer 
Sichtung und anderer Art. Nach dem Yerhältniss der Articu- 
lationsstellungen bez. der Bewegungen, durch die man von dem 
einen Laut zum andern gelangt, müsste man jene Yocale etwa 
so ordnen: 



e 
a ä 



aber nicht auf einer geraden Linie. Noch schlagender ist etwa 
der folgende Fall. Die Folge a, offenes o, geschlossenes o in 
engl, fast, fall, foal stellt ohne Zweifel eine gleichmässig ab- 
gestufte Klangreihe dar; auch die Eigentöne fallen in der- 
selben Sichtung, wie der Klang der Yocale dumpfer wird. Bei 
dem offenen o von fall steht aber die Hinterzunge tiefer als 
bei a und dem geschlossenen o. Der Klangfolge a, o^^ o* ent- 
spricht also hier die Articulationsfolge o^, a, oi, und so in 
vielen anderen Fällen. Fragt man sich aber, was für die syste- 
matische Anordnung der Yocale den Ausschlag geben muss, die 
Aehnlichkeit der Klangfarben bez. die damit zusanmihängende 
Abstufung der Eigentöne, oder aber die Articulationsstellungen. 



94 



248.-246. Die Yocale: 3. Bell's System. 



aus denen £[langfarbe wie Eigenton resultiren, so kanndii 
Antwort natürlich nur zu Gunsten der letzteren ausfallen. Fk| 
die Aufstellung eines Vocalsystems kann nur die Anordnn 
nach Articulationsverwandtschaft massgebend sein. Die 
färben und Eigentöne sind zwar schätzbare, ja unentl 
Hülfsmittel für die Controle der Einstellung im 
aber auch nichts mehr. 



3. Die Anordnung nach Articulationsreihen. ||| 

243. Das Verdienst, ein Vocalsystem eingeführt zu 
welches das subjective Moment der Abschätzung der 
lationsyerwandtschaft nach der akustischen Aehnlichkeit 
schliesst, gebührt dem Schotten A. Melville Bell. SeinYc 
System baut sich ebenso ausschliesslich wie das System 
übrigen Laute auf einer Analyse der Articulationsweit 
auf, ohne Rücksicht auf grössere oder geringere E!lang?( 
Schaft der einzelnen Yocale, und hierin hegt ein grosser 
cipieller Fortschritt, den auch diejenigen nicht wegl( 
können, welche mit Vorliebe betonen, dass Bell bei der 
führung des Systems im Einzelnen Fehler begangen hat (^ 
sie übrigens einem jeden Phonetiker ohne Ausnahme mit nnt 
gelaufen sind). Jedenfalls darf das System Bell's nach 
Verbesserungen, welche es durch Sweet imd Storm 
hat, als das relativ Yollkommenste aller bisher auf( 
Vocalsysteme gelten. Natürlich soll mit dieser Anerkenni 
des Systems nicht gesagt sein, dass es nicht für weitere 
bildung und Verbesserung im Einzelnen noch hinlängUe 
Baum böte. 

244* Bie Beschreibung des Systems gebe ich im Folgenden in M 
liehst engem Anschluss an die Darstellungen von Sweet, Handbook 81 
und Storm, Englische Philologiei 66 ff. (vgl. l« 111 ff.), aus denen ich/ 
System zuerst kennen gelernt habe. Später habe ich dann G^c 
gehabt^ die einzelnen Aufstellungen mit Sweet mündlich durchzuprafto. 

345. In dem alten Vocaldreieck wie in der V( 
u — a — i werden, wie gelegentlich schon bemerkt wurde, Vc 
mit einfacher Zimgenarticulation mit solchen zusammengewc 
fen, welche Zimgen- und Lippenarticulation haben, 
gegenüber hält Bell's System die Articulationen der Zuni 
und der Lippen streng auseinander, und classificirt dieVc 
zunächst nur nach den Stellungen der Zunge: beides 
Becht, da ja im Princip zu jeder beliebigen Zimgenstel 
jede beliebige Lippenstellimg modificirend hinzutreten 



246. Die Yooale: 8. Bell^B System. 95 

6rdem wird, was in keinem der älteren Systeme der Fall 

auf die yerschiedenen Spannungsyerhältnisse der 
LÜrenden Weichtheile Bücteicht genommen, durch welche 
esonanzrerhältnisse und demnach auch die Klangfarben 
iizelnen Yocale sehr wesentUch mit bestimmt werden, in- 
1 Besonanznlume mit gespannt-elastischen Wänden anders 
iren als solche mit schlaffen Wänden (ygl. Helmholtz, 
npfindungen^ 185 f.). 

LG. Zungenlage. Die Zungenstellungen der Yocale 
besonders ausgezeichnet durch mehr oder minder starke 
le (204) Erhebungen bestimmter Theile des Zungen- 
ns, welche zur Bildung einer mehr oder weniger ausge- 
en charakteristischen Enge zwischen Zunge und Mund- 
führen. Für jeden Yocal ist also zunächst festzustellen, 
ese charakteristische Enge liegt und wie gross dabei der 
md zwischen Zunge und Munddach ist. Um hier systema- 
1 zu können, muss man vorerst lernen, die verschiedenen 
sum Theil recht complicirten Bewegungen des Zungen- 
rs, durch die man von der Stellung eines Yocals zu der 
andern gelangt, in ihre einfachsten Factoren zu zerlegen, 
lies zu geschehen hat, können ein paar einfache Tastver- 

zeigen, bei denen man einen Finger möglichst weit in den 
l einführt und auf die Zunge auflegt. Spricht man nun 
i^ocalfolge wie t — u oder e — a, so findet man, dass sich 
nal die Gesammtmasse der Zunge von vom nach hinten 
jt, um zu der Stellung des zu zweit genannten Yocals zu 
len, und umgekehrt: legt man den Finger fest auf die 
e, so folgt er einfach ihrem Zug nach hinten bez. dem Yor- 
)en nach vom, legt man ihn lockerer auf, so gleitet die 
e unter ihm fort. Anders bei einer Yocalfolge wie i — e 
u — a. Hier braucht keinerlei Yerschiebung der Zungen- 
) nach hinten (oder bei umgekehrter Folge nach vom) ein- 
ten, wohl aber senkt sich der Zungenkörper, und zwar von 

in seinem vordem, von uza a ia seinem hintern Theil, 
mtsprechend steigt er von « zu t , von a zau, u. s. w. Mit 
n Worten, man gelangt von i zu w, von e za a und um- 
irt durch Horizontalbewegungen, von i zu e, von u 
indumgekehrt durch Yerticalbewegungen der Zunge, 
luf diese beiden Grundformen der Bewegung lassen sich 

alle anderen Bewegungsformen zurückführen, die man 
hren muss, um von einer Yocalstellung zu einer andern 
mmen. Man fühlt z. B. wie bei einer Folge wie a— t die 



96 247. 248. Die Vocale: 3. BeU's System. 

Zunge nicht nur vorgeschoben, sondern auch in ihrem vorA 
Theü gehoben wird, u. dgl. mehr. Man kann aber diese bei( 
Theile der Bewegung auch von einander isolieren, indem d 
z. B. zunächst die Zunge von der a- Stellung aus einfach ) 
wärts schiebt bis zur ö-Stellung, und dann den vordem T 
der Zunge hebt bis zur t- Stellung. Man vergleiche etwa 
beiden Diagramme 

i _ und / 

t 

a e < a 

247, Die (relative) Zungenstellung eines jeden einzel 
Vocals (genauer gesagt, die relative Lage der charakteristisc 
Enge) wird also durch zwei Stellungselemente bestimmt, 
man kurzweg als Horizontal- und Verticalstellung 
zeichnen kann. Doch darf man diese beiden Ausdrücke n 
allzu buchstäblich nehmen, weil der Mundraum nicht eine 
rade, horizontal liegende Röhre bildet, sondern eine gekrüno 
Gestalt hat, bei der sich ein vorderer, mehr horizontal liei 
der Theil (zwischen Vorder- und Mittelzunge und dem ha 
Gaumen sowie dem Anfang des Gaumensegels), und ein hint( 
mehr absteigender Theil (zwischen dem hintern Zungenrü( 
und dem hintern Theil des Gaumensegels und der Rachenw! 
unterscheiden lässt. Auch ist zu beachten, dass der vordere! 
infolge der Wölbung des Gaumendachs in der Mitte an 
weiter ist als an seinem vordem und hintern Ende. Von s 
diesen Unregelmässigkeiten der Gestalt des Mundraums isl 
jener Nomenclatur und der Ausgestaltung der entsprechei 
Vocaltabelle (s. 266) abgesehn, indem der Mundraum sehe 
tisch als eine gerade horizontale Röhre gedacht wurde. ] 
Verfahren ist durchaus zweckmässig und entspricht nur 
allgemein bei der Aufstellung orientirender Schemata 
liehen Praxis. Es ist daher kaum mehr als Selbsttäusch 
wenn einige Phonetiker geglaubt haben, BeU's System dadi 
im Wesen zu verbessern, dass sie die geradlinig-rechtwint 
Anordnung Bellas (s. die Diagramme in 246 und die Vc 
tabelle in 266) durch eine andere typographische Anordr 
der VocaJzeichen ersetzten, die den Krümmungsverhältni 
des Mundraums genauer angepasst sein soll. 

248, Die Zahl der mögHchen Abstufungen der Zuni 
Stellung in horizontaler wie in verticaler Richtung ist an 
wieder unendlich gross. Doch genügt es, für praktii 



249—251. Die Vocale: 3. BeU^s System. 97 

Zwecke, zunächst in jeder lUchtung drei Abstufungen auf- 
zustellen. 

249. Horizontale Zungenstellungen. Die Vocale sind 
KD dieser Beziehung entweder hintere {back, velare), wenn die 
Sunge zu ihrer Bildung aus der Buhelage nach hinten gezogen 
vrird und demnach die charakteristische Enge zwischen Binter- 
amge und weichem Graumen bez. hinterer Kachenwand liegt, 
me beim sog. reinen a; oder vordere (fronte palatale), wenn 
lie Zunge vorgeschoben wird und demnach gegen den harten 
turnen articulirt, wie etwa beim t; oder endlich gemischte 
mixed^)y palatovelare], wenn die Zunge auf ihrer Basis eine 
Dittlere Stellung einnimmt, wie etwa bei engl, err oder deut- 
tehem e in Gabe (es ist nur das ö-ähnlich klingende imbetonte e 
:u. verstehn, wie es etwa im Bühnendeutschen gesprochen wird; 
lie Dialekte haben vielfach auch e- oder ä- oder a- ähnliche 
(Varietäten, auf die dann das oben Gesagte nicht mehr passt). 

260. Neben diesen Hauptstellungen sind eventuell noch 
Zwischenstufen zu imterscheiden, die man als innere und 
iussere [inner und outer) bezeichnen kann. So wäre z. B. ein 
ij bei dem die Zunge gegen die t- Stellung nicht nur gesenkt, 
londem zugleich auch ein wenig zurückgezogen würde, als ein 
inneres c' zu bezeichnen, u. dgl. mehr, oder ein Laut der nach 
ler horizontalen Lage der Zunge zwischen dem front e^ und 
lem mixed e^ (s. unten) liegt, entweder als 'inneres e^^ oder als 
äusseres i^^ zu bezeichnen, je nachdem er dem einen der hei- 
len genannten Normalvocale naher Hegt. In der Praxis wird 
kber kaum je mehr als ^ine Mittelstufe anzusetzen sein. 

251. Verticale Zungenstellungen. Je nach der grösse- 
•en oder geringeren Erhebung des articulirenden (horizontalen) 
Zungentheils gegen das Munddach hin sind die Vocale ent- 
veder hohe [high] wie etwa das «, mittlere [mid) wie etwa das 
?, oder niedrige [low] wie etwa der Vocal in engl. air. Hohe 
7ocale sind also die mit geringstem Abstand der dorsalen 
Sungenwölbung vom Munddach, mittlere die mit mittlerem, 
liedrige die mit grösstem Abstand. Als Zwischenstufen 



1) Der Ausdruck mixed für Vocale mit horizontaler Mittelstellung der 
Sunge beruht auf einer irrthümlichen Analyse BelPs, welcher ursprünglich 
rlaubte, dass bei diesen Vocalen Vorder- und Hinterzunge gleichzeitig 
urticulirten. Er empfiehlt sich aber durch seine Kürze und wird schwer 
lurch evien andern, ganz sachentsprechenden zu ersetzen sein, da der Aus- 
Lruck * mittlere Vocale' für die Scheidung nach Verticalstellungen vor- 
)ehalten bleiben muss (s. 251). 

Qierera, Phonetik. 5.Änß. ^ 



98 252—266. Die Vocale: 3. Bellas System. 

kann man ausserdem noch gesenkte (lotoered) und erhoU 
(raised) unterscheiden, z. B. zwischen dem Ät^A-/r(m^-Vo(al( 
und dem mid-front-Yocsl e noch einen lotoered hi ff h-froniTSiA^ 
einen raised mid-front-Yocsl einschieben. In der Praxis 
man aber auch hier meist mit einer einzigen Mittelstafe 
kommen. 

252. Spannung. Vocale wie beispielsweise deut 
oder englisches langes i und e sind, wie im Yorhergehendül 
ausgeführt ist, durch (primär, vgl. 255) yerschiedene Zungeft-j 
Stellung oder Zungenlage charakterisirt. Man muss also, 
vom l zum e zu gelangen, entweder den Kieferwinkel vergrössea^ 
(d. h. bei eventuell vollständig innerhalb des Kiefers 
Zunge den ganzen Unterkiefer senken) oder den articidirendeD^ 
Vordertheil der Zunge innerhalb des Unterkiefers herabdrückea.! 
Wesenthch anders ist aber der Mechanismus, wenn man z. B.j 
vom deutschen oder englischen langen l zum kurzen«, Tonij 
zu ^ u. dgl. übergeht. Beim langen «, e fühlt man bei 
Aufmerksamkeit leicht, wie die Zunge zumal in dem articTlliKÄ•^ 
den Vordertheil straff angespannt ist; geht man dann zu t, 
über, so wird sie schlaffer und sinkt gewissermassen in sichzi 
sammen. 

253* Man kann den Spannungsunterscliied bei den vorderen Yocalei 
wie t, e :%, e auch von Aussen her leicht durch Betasten feststellen, indes 
man einen oder besser zwei Finger von unten her gegen die vomzvischfiB 
den beiden Unterkieferknochen eingebetteten Weichtheile presst; bei t,» 
ist dann die ganze Unterwand stärker angespannt, bei t, e aber erschlaÄ 
sie. Bei den hintern Vocalen wie ü : ü oder ö : 6 muss man dagegen weittf 
rückwärts gelegene Theüe betasten, etwa so dass man Daumen und Zeig»* 
finger zu beiden Seiten des Kehlkopfs einsetzt und sie dann entsprechend 
in die Höhe schiebt. 

254-« Bei genauerem Aufmerken findet man übrigens leicht, dass der 
hier geschilderte Spannungsunterschied sich nicht auf die Zunge aUeifl 
beschränkt, sondern in analoger Weise bei allenanderLautbil* 
düng activ betheiligten Organen wiederkehrt, welche übe^ 
haupt verschiedene Spannimgsgrade gestatten. Dies gilt bei derVocfl' 
büdung einmal von den Lippen, bei deutlicher Rimdung (261 ff) od*'' 
spaltförmiger Erweiterung (264), sodann aber namentlich auch von dea 
Stimmbändern. Beim Nachlassen der Mundspannung nimmt auch die 
Stimmbandspannung ab, imd umgekehrt. Dies macht sich praktisch m 
einer entsprechenden 'Verdumpfung' bez. ^Erhellung' des betreffenden 
Vocalklangs bemerkbar (vgl. noch 266) ; insbesondere ist dabei charakte- 
ristisch, dass auch die Tonhöhen der 'ungespannten' Vocale (256) etwa» 
tiefer liegen als die der jeweilen correspondirenden 'gespannten Vocale- 

255. Solche Spannungsunterschiede ziehen sich nun'durctt 
das ganze Vocalsystem hindurch. Man hat daher auch überall 



256. 257. Die Vocale: 3. Bell's System. 99 

zben gespannten und ungespannten Yocalen zu unter- 
Lden. Doch ist dabei darauf zu achten, dass der Unter- 
)d der Spannungs- und Entßpannungsgrade in den einzebien 
bchen sehr verschieden sein kann, dass es sich also abermals 
iinen relativen Gegensatz handelt. Auch die Veriheilung 
beiden Arten von Vocalen kann sehr verschieden sein. Die 
bachtung wird da wesentlich erleichtert, wo sich der Gegen- 
zwischen Spannung und Nichtspannung mit einem andern, 
1. quantitativen, Gegensatz verbindet. Dies ist z. B. im 
tschen und Englischen der Fall, indem hier die langen 
ale wie «, e, ü, ö meist gespannt, die kurzen wie t, ^, w, ö 
it ungespannt sind. 

!66. Die ungespannten Yocale klingen tiefer und dumpfer, 
Lger *^metallisch' als die gespannten. Dies beruht einerseits 
der Verschiedenheit der Kesonanz von Lufträumen mit 
äffen und elastischen Wänden (245), andrerseits auf der 
Jchiedenheit der Stimmbänderspannung (264), endlich spielen 
i Verschiedenheiten der Zungenform mit ein. Doch sind 
ä letzteren, wenn sie natürhch auch eine Verschiedenheit 
Gesammtstellung der Zunge involviren, als secundär zu be- 
men, da sie durchaus von Spannung und Nichtspannung 
Zunge abhängen. Wie jeder angespannte Muskel wölbt 
nämlich auch die gespannte Zunge in dem articuHrenden 
Q stärker convex nach oben, als wenn sie entspannt wird 
damit zusammensinkt. Die stärker gespannte Zunge tritt 
5r auch bei gleicher Höhenstellung (251) dem Munddach 
är als die ungespannte, daher ist denn auch die Mundweite 
ungespannten Vocale etwas grösser als die der entsprechen- 
gespannten, aber der Gegensatz ist wesentlich andrer Art 
itwa der zwischen hohen und mittleren oder mittleren und 
Jn Vocalen. Man vergleiche etwa den Gegensatz zwischen 
de, z und ^ einerseits, und den zwischen ^ und ^, e und ^ 
perseits: der erstere beruht auf der Verschiedenheit der 
igenhöhe, der letztere auf der Spannungsverschieden- 
der articuHrenden Weichtheile. 

257. Den hier geschilderten Gegensatz zwischen 'ge^ipannt' und 
gespannt' bezeichnete Bell mit den Namen primary und wide; dafür 
Sweet seinerseits narrow und wide eingeführt, was man dann abermals 
eng' und 'weit' übersetzt hat. Diese (auch noch in der 4. Auflage 
!s Buches gebrauchte) Bezeichnungsweise ist an sich nicht unrichtig, 
ie an die thatsächlich bestehenden Unterschiede der Mundweite (256) 
LÜpft, aber doch nicht ganz empfehlenswerth, iasofem sie Ver- 
islungen mit den durch verschiedene Höhenstelhmgcn. d<er Tivm^^ 

1* 



} 



100 258—261. DieVooale: 3. BeU's System. 



hervorgerufenen Yerschiedenlieiten der Yocalbildang nicht gans 
Bchliesst. Diese Gefahr vermeidet man bei consequenter AnwenduiL. 
Namen 'gespannt' mid 'angespannt', welche die entsprechen« 
Sonderheit der Articulation ganz nnmissverständlich zumAusdrackbrE— 

358* Man hüte sich auch davor, die Begriffe 'gespannt' (oder ^ 
und 'ungespannt' (oder 'weit') mit denen zu verwechsehi, welcl^ 
althergebrachten Ausdrücke 'geschlossen' und 'offen' bezeisM 
sollen. Diese letzteren wollen nur aussagen, dass ein Vocal geringer^= 
grössere Mundweite habe als ein anderer, aber ohne alle Bücksicht &.. 
Yerschiedenheit der Articulationsweise, welche die Differenzen der 
weite im einzelnen Fall hervorruft, speciell also ohne Bücksicht 
die specifische Mundweite auf grösserer oder geringerer Erhebung^ 
oder auf grösserer oder geringerer Spannung der Zunge beraht^ 
auf einem Q^misch von beiden. Ein Vocal kann also 'offener' sein 
anderer, weil er geringere Zungenhöhe hat, oder aber weil er gering 
Spannung hat, und umgekehrt bei den 'geschlossenen' Yocalen. Im & 
zelnen Fall kann sich also wohl einmal 'gespannt' mit 'geschlossen äecia 
aber es muss nicht so sein. So nennen wir z. B. das kurze deatsciei 
'offen' im Gegensatz zum 'geschlossenen' langen t (oder 'offener ab du 
lange t'), und das deckt sich hier auch wirklich mit dem Untersclued fon 
'ungespannt' und^'gespannt'. Wir sagen aber z. B. auch das engl ai,eiB 
Wörtern wie air, there sei 'offener' als das deutsche lange ein. See u. dgL' 
hier sind aber beide Yocale gespannt, aber sie haben verschiedene Zungen^ 
höhe (das deutsche e als mittlerer, der englische Laut als tiefer yo€4 
Nicht minder nennen wir auch z. B. das engl, a in man, hat 'offener' ib 
das deutsche e, ä m helfen, Mächte, da doch beide trotz verschiedener 
Zungenhöhe in gleicher Weise ungespannt sind. Da wo die Grammatik 
mit 'geschlossenen oder geschlosseneren' und 'offenen' oder 'offeneren 
Yocalen operirt, muss also die Phonetik jedesmal erst des Genaueren cofi- 
statiren, was mit dem mehrdeutigen Ausdruck gemeint ist. 

269, LippenarticulationderVocale. ZujederZungen- 
stellung und -Spannung kann eventuell eine besondere, selb- 
ständige Articulation der Lippen hinzutreten. Diese Articu- 
lationen bestehen nach dem, was in 42 erörtert worden ist| 
entweder in einer Rundung [rounding^ Labialisirung), di« 
mit oder ohne Vorstülpung der Lippen ausgeführt werden kann, 
oder in einer spaltförmigen Ausdehnung der Lippen- 
Öffnung. 

260* Zu beachten ist dabei, dass nach 254 Yocale mit gespaimtei 
Zimge die Spannung bis zu einem gewissen Grade auch auf düe Lippß' 
a,usdehnen, sofern diese bei der Articulation activ betheiligt sind. M« 
beachte etwa den Spannungsunterschied der Lippen bei deutschem langen 
^gespanntem') ü und kurzem ('ungespanntem') ü oder entsprechendem ö:* 
u. dgl. Je grösser die Activität der Lippen, um so deutlicher ist auch de 
Spannungsunterschied, d. h. er ist deutlicher bei stark als bei schwad 
gerundeten Vocalen (vgl. 261), u. dgl. 

261. Rundung. Innerhalb dieser sind im Einzelnen wie- 
der Abstufungen nach dem Grade der Verengung dei 



262. 263. Die Vocale: 3. Bell's System. 101 

iippenöffniing und nach ihrer Form zu unterscheiden. Was 
lie ersteren anlangt, so unterscheidet Sweet drei natürliche 
lauptabstufungen, welche häufig den Abstufungen der Zungen- 
löhe entsprechen, indem gerundete hohe Vocale sehr gewöhn- 
ich die engste, niedrige Vocale die weiteste, mittlere Vocale 
äne mittlere Lippenöfinung haben. Man vergleiche z. B. die 
Vocale in engl, toho^ no, sato, deutsch du, so, dialektisch yd. 
Bei dem u sind die Lippen bis auf eine ganz enge Oefinung zu- 
sammengezogen, bei ist die OefEnung weiter und breiter, und 
beim d sind nur die Mundwinkel etwas zusammengezogen. 
Doch ist dieser Parallelismus zwischen Zungenhöhe und Run- 
dxmgsgrad meist nur ein habitueller, und nur insofern durch 
natürliche Verhältnisse geboten, als Vocale mit niedriger Zungen- 
stellung und dem entsprechender stärkerer Senkung des Unter- 
kiefers kaum eine sehr starke Verengung der Lippenöffnung 
gestatten. Sonst kann sich auch eine Rundung ersten Grades, 
wie wir sie etwa bei dem 'geschlossenen^ (d. h. hier 'gespannten') 
u haben, auch mit einer niedrigeren Zuugenstellung verbinden, 
U.S.W. Als Beispiel kann das deutsche 'geschlossene' ü wie in 
über dienen; dasselbe hat die starke Rundung des u, aber die 
Zungenstellung des 'geschlossenen' e, welches ein Vocal von 
mittlerer Zungenhöhe ist. 

262. WassodanndieFormunterschiedein der Rundung 
betrifft, so unterscheide man im Einzelnen, ob die Rundung 
bloss durch Verticalbewegung der Lippen gegeneinander erzeugt 
wird (verticale Rundung), oder durch Einziehung der Mund- 
winkel (horizontale Rundung), oder durch beides zugleich 
(gemischte Rimdung) ; femer ob die Lippen ihren natürlichen 
Abstand von den Zähnen behalten oder an diese stärker an- 
gepresst oder aber vorgestülpt und dadurch von den Zähnen 
abgehoben werden (42 ff.). 

263* Sweet definirt Bundung als 'a contraction of the mouth cavity 
by lateral compression of the cheek passage and narrowing of the lip 
aperture'. Er unterscheidet daher mit Bell neben der Lippenrundung 
auch noch eine innere oder Wangenrundung [inner routiding, cheek- 
roundinff, cheek-narrowing), und bemerkt, dass die Bundung immer auf 
'den Theil des Mundes concentrirt sei, wo der betreffende Vocal gebildet 
werde (vgl. auch Primer S.löf.). Bei der Bundung von vorderen Vocalen, 
wie des franz. u, sei die Wangencompression hauptsächlich auf die Mund- 
winkel und die unmittelbar daran grenzenden Partien der "Wangen be- 
schränkt, während bei hinteren Vocalen, wie dem (deutschen) u , die Haupt- 
compression in den hinteren Theilen der Wangen stattfinde. Wenn hintere 
Vocale bloss mit Lippenverengung, ohne gleichzeitige innere Bundung 
ansgesproohen werden, erVäJt mau nach ihm nicht die entsprechenden 



102 264—266. Die Yocale: 3. BeU's System. 

genmdeten Yocale, sondern nur dumpfe {muffled) Varietäten der gewol 
liehen Laute. Ebenso ist, wenn ein vorderer Yocal nur mit innerer Saihl 
düng ausgesprochen wird, das Besultat nur ein dumpfer 'gutturalisirte^l 
Yordervocal, nicht ein gerundeter Yordervocal (Sweet S. 13 ff.). Es k 
richtig, dass bei der Rundung durch Anpressung der Lippen an die 
auch die Wangen z. Th. eine straffere Spannung annehmen, aber ich: 
mag nicht dieser eine derartig besondere Bedeutung beizulegen wie Bd] 
und Sweet es thun, da doch die Wangen auch in schlaffem Zustande an i 
Zahnreihen anzuliegen pflegen, also wenigstens die Gestalt des Besonn»] 
raums auf diese Weise nicht wesentlich verändert werden kann. 
Einfluss der Spannung auf die Besonanzwirkung des Mundraoms wirdi 
allerdings nach dem in 245 Bemerkten auch hier nicht principiell lei 
dürfen. Doch bedarf die Sache noch näherer Aufklärung, namentUch 
nach der Seite der Frage hin, welche Bolle die in 254 erwähnte Yer 
denheit der Stimmbänderspannung im einzelnen Falle spielt. 

264. Spaltf örmige Ausdehnung der Lippenöffnunj 
(42) findet sich namentUch oft bei den vorderen Vocalen, 
dadurch einen helleren Klang erhalten, kann aber auch, 
Sweet bemerkt, auf andere Vocale ausgedehnt werden. An 
eine Verbindung von verticaler E.undung und Auseinanc 
ziehen der Mundwinkel ist möglich und scheint sich hie und 
thatsächlich zu finden. 

265. Von diesen Gesichtspunkten ausgehend stellt 
englische System zunächst 18 (:= 9 gespannte und Oungespannt 
Normalvocale ohne active Betheiligung der Lippen auf, 
stellt diesen weitere 18 entsprechende gerundete Normalvoc 
gegenüber, indem es die spaltförmige Ausdehnung der Lipi 
Öffnung als weniger wesentlich bei Seite lässt und von den tc 
schiedenen Arten und Formen der E.undung für jede Zungea-j 
höhe je nur eine correspondirende Stufe in Hechnung zieht, 
so gebildete Vocaltafel umfasst danach 36 Grrundvocale, s. diej 
Tabelle S. 103. 

266. Diese Tabelle ist die von Sweet aufgestellte Yocaltafel mittej 
Verbesserungen und Zusätzen von Storm. Nur weicht die Anordnung *! 
so weit ab, als Sweet die gespannten und ungespannten Vocale von &DrM^ 
ander trennt; bei ihm lautet die oberste Vocalreihe y, ih^ 1; Ay Aj( 
während ich vorgezogen habe, die gespannten und ungespannten Forma 
der Vocale sonst gleicher Zungenstellung neben einander zu geben. 



266. Die Yocale: 3. Bell's System. 



103 






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Hoch (high) [Mittel (mid) lm«ari«aoi<r\ 



104 267—270. Die Vocale: 3. BeU's System. 

267. In dieser Tabelle sind die Transscriptionen, welche 
Sweet im Handbook gebraucht, an zweiter Stelle in Enammem 
beigefügt. Abweichend von ihm sind bei unserer Transscription 
im Anschluss an das oben bei der Darstellung der älteren 
deutschen Systeme befolgte Verfahren die gespannten Vocale 
durch den Exponenten \ die ungespannten durch den Ex- 
ponenten 2 bezeichnet, während Sweet die ersteren unbezeichnet 
lässt, die letzteren durch Cursivdruck unterscheidet. Die ge- 
mischten' Vocale bezeichnet Sweet im Handbook durch bei- 
gesetzte h , später durch Uebersetzen eines Doppelpunkts, also 
ä, e etc. Unsere Transscription folgt dem Vorschlage von Stonn, 
welcher nur ^inen Punkt zur Bezeichnung dieser Vocalreihe an- 
wendet (einen Doppelpunkt erhält danach nur das i' neben t). 

268. Um dieses System zu studiren beginnt man nacl 
Storm am besten mit dem langen ^^geschlossenen', genauer ^ge- 
spannten' t in thrij sie {i\ high-front-narrow). Wenn man aus 
dieser Stellung den Zungenrücken (oder aber den ganzen Unter- 
kiefer, 252) allmählich senkt, sonst aber dieselbe Spannung 
und Form der Zunge behält, erhält man erst das gespannte 
('geschlossene') e in See (e\ mid-front-narrow), dann das breite 
i im schwed. lära [ce^ low-front-narrow), welches Storm im 
Wesentlichen mit dem ital. e in bello^ spavento identificirt. 

269« Doch gibt Sweet nachträglich S. 211 zu, dass beim Uebergang 
von engl. »^ zu e^ und cb^ nicht nur die Zunge gesenkt, sondern der Ort 
der grössten Enge weiter rückwärts verlegt wird, so dass die Grösse des 
Besonanzraums nach beiden Richtungen hin wächst. Ebenso bemerkt 
Sweet richtig, dass man dem e^ denselben Grrad der Enge geben kann wa 
dem »^, ohne die beiden Laute zu vermischen. Solche Specialitäten sind 
bei der Lautbeschreibung im Einzelnen natürlich jedesmal genau zu ver- 
merken. Auf jeden Fall aber ist zu beachten, dass eine Zurückziehmig 
der Zunge bei tieferem Stand keinesfalls nothwendig ist, wenn sie auch an 
sich nahe liegt (um die erforderliche Grösse und Gestalt des Besonanz- 
raums im Yordermund bequemer herzustellen). 

2 70. Dann spreche man das 'offene' (d. h. hier 'ungespannte^ 
i in Fisch (t^, high-front-wide, man hüte sich aber dabei in den 
i^-ähnlichen Laut zu verfallen, mit dem man in Norddeutsch- 
land oft das kurze i spricht). Dabei wird die Vorderzunge loser 
und schlaffer als beim geschlossenen iK Wenn man von dieser 
Stellung aus die Zunge senkt, so erhält man zuerst das *^offene' 
büknendeutsche e in Menschy helfen (e*, mid-front-wide), v^elches 
mit ä in Männer identisch ist, engl, e in man, pen^ dann 
durch noch tiefere Senkung das engl, a in man [<b\ low-front- 
Tvidej. 



271. 272. Die Vocale: 3. BeU's System. 105 

271. Zur Veranschaulichung der entsprechenden gerun- 
deten Vocale ist der deutsche Vocalismus nicht geeignet. Es 
vrird zwar meist (auch noch von Sweet und Storm) angenommen, 
dass dem t^ als Rundungsvocal {y\ high-front-narrow-round) 
das deutsche ü in über, Sühne entspreche, dem e^ als «^ das 
'geschlossene' ö in Söhne (mid-front-narrow-round), femer dem 
i^ als y^ das ^offene' ü in Sünde, schützen (high-front-wide-round), 
und dem e^ als e^ das 'offene' ö in Götter, Stöcke (mid-front- 
wide-round), doch beruht diese Annahme auf einer falschen 
Analyse der Stellungen dieser Laute (weswegen die betreffen- 
den Beispiele in der Tabelle eingeklammert sind). Abgesehen 
von individuellen Schwankungen hat das 'geschlossene' ü deut- 
scher Wörter die Zungenstellung des 'geschlossenen' e, das 
'offene' ü die eines etwas 'offeneren' e\ das 'geschlossene' ö die 
des ä, das 'offene' ö etwa die des engl, a in man, hat, d. h. in 
den deutschen ü, ö steht die Zunge je um eine Stufe tiefer als 
in den t , e (dafür ist die Kundung sehr stark : beim ü ^ werden 
oft die Lippen an die Zähne gepresst, auch wo sie beim u vor- 
gestülpt werden). Das deutsche ü ist also sozusagen nicht so- 
wohl als 't/w', als vielmehr als 'e/w' zu charakterisiren, wenn 
man die beiden Factoren der Zungenstellung und des Ge- 
sammtklangs bezeichnen will. Wirkliche i/ü sprechen wir da- 
gegen (mindestens oft) in Fremdwörtern, zumal für griechisches 
y, also z.B. in Lyrik, Physik, Myrte u.dgl. Andere Sprachen, 
wie das Französische und die skandinavischen Sprachen, besitzen 
dagegen ganz allgemein ü- und ö-Laute, welche den ungerun- 
deten Vordervocalen i, e, ce fast ganz genau entsprechen. Das 
u von franz. lune, das y von dän. Lys hat wirklich die Zungen- 
stellung des i\ das franz. eu you peu die des e^; durch noch- 
malige Senkung der Yorderzunge gelangt man von da zu dem 
breiten schwed. und ostnorw. ö in för {oß\ low-front-narrow- 
round), welches auch in dem franz. nasalirten un die vocalische 
Grundlage bildet. Ebenso ist das dän. y in Lyst ein der 
Stellung in der Tabelle entsprechendes y^ (high-front-wide- 
round), das franz. eu in peuple, gedehnt in peur, beurre ein 
ebensolches e^ (mid-front-wide-round) u. s. w. 

273. Grenau parallel der Reihe der Palatalvocale läuft, 
soweit überhaupt vertreten, auch im Deutschen die Reihe der 
gerundeten Velarvocale. Wir gelangen durch einfache 
Zungensenkung vom deutschen gespannten langen u mdu (u \ 
high-back-narrow-round) zu langem gespanntem oinso [o\ mid- 
back-narrow-round) und zum gespannten englischen aw in saw 



fi: 






i.. 



106 273. Die Yocale: 3. Bell's System. 

{o\ low-back-narrow-round) und vom ungespannten f offenen) 
kurzen ä z.B. in deutschem undy engl, füll [u^j high-back-iride- 
round) zu deutschem ungespanntem o in Stock (o^, mid-bad- 
wide-round) und dem engl, ungespannten kurzen o in not (d^, 
low-back-wide-round). 

273. Schwieriger ist für den Deutschen die Seihe der 
nicht gerundeten Velarvocale, d.h. des a und seiner näcl- 
sten Verwandtschaft. Bier ist das ä^ (mid-back-wide) das sog. 
reine a des Italienischen und der deutschen Bühnenausspradie 
(nicht aber das franz. kurze a in madamej patte, welches, w 
Storm zeigt, etwas palatalisirt ist, Storm bezeichnet ^s sk &]] 
von ihm ist das englische w in but {a\ mid-back-narrow) rar 
durch stärkere Wölbung der Bünterzunge nach dem Graumea- 
segel zu unterschieden, die sich aus der stärkeren Spannung ißt 
Zunge ergibt. Storm betont mit Brecht nachdrücklich, im 
dieser Laut mit dem deutschen ö gar nichts zu thun hat, ob- 
schon er ein deutsches, skandinavisches oder französisches Olir 
daran gemahnt (namentlich müssen die Lippen durchaus geö&et 
gehalten werden); vielmehr geht das u [a^) im Englischen seBwk 
nahezu in a (d. h. a^) über. Den Laut a^ findet Bell in dem 
gael. laoffhj das ich nicht von Eingebomen gehört habe, imd 
Sweet in dem armen, e (Lepsius), z.B. in dem Artikel ez (dieser 1 
letztere Laut klingt uns auch sehr ö-ähnlich). Li Deutschland 
scheint sich das a nur in Diphthongen zu finden. So bildet 
ein A^ oder 'offenes' a^ das Anfangsglied des Diphthongs ei 
(= mhd. i) wie in sei, weil, Zeit in vielen schwäbischen Mimd- 
arten, ein 'offenes' a^ das Endglied des Diphthongs aw, wie in 
Haus in thüringisch-sächsischen Dialekten, u. s. w. Der Laut i* 
erscheint nach Bell auch in der Oockney-Aussprache des langen 
0, z. B. in no gesprochen ua^ö^, nach Sweet auch viellddit 
manchmal im diphthongischen t, z. B. dem Pronomen /, ge- 
sprochen ii2i'2 (gewöhnlicher eH'^\ soweit ich urtheilen kami, ist 
A^ der regelrechte Anfangslaut des englischen diphthongischen« 
in der Lish brogue). Das o^ erscheint nach Sweet häufig in der 
schottischen und provinciell auch in der englischen Ausspradie 
in hut, cut u. s. w. ; Sweet findet es auch als gewöhnlichen Laut 
des kurzen a im 'Mittel- und Süddeutschen' {?), z.B. in Eafeef 
kanne. Das v^ ist nach Sweet das schottische a in man, hat 
und das schwedische lange a ia fader, fara, nach Storm auch 
das süd(ost)deutsche etwas dumpfe a in Vater u. s. w., auch das 
franz. d in lache, pdte. 



274 276. Die Vocale: 3. BeU's System. 107 

274. Am wenigsten leicht verständlich für den Deutschen 
smd die Articulationen der gemischten Vocale. An der 
Spitze steht das gespannte russ. jery (t i), aus diesem entsteht 
durch Senkung der Zunge das deutsche ö-ähnliche unbetonte e . 
in Gabe u.s.w. (vgl. 249; doch ist die Spannung dieses Lautes 
fast mehr als fraglich, Tgl. auch Storm^ S. 137), aus diesem 
durch abermalige Senkung das <b^ in engl, bird. Den imge- 
jspannten Laut, welcher dem russ. jery entspricht, findet Sweet 
oft gebraucht in pretty imd just und einigen andern englischen 
Wörtern; nach Bell ist der zweite Vocal in Worten wie ßshes 
dieses t^\ mir scheint sehr oft unbetontes langes u im Eng- 
lischen zu jt^ zu werden (wenn der Vocal nicht ganz verdrängt 
wird), z. B. in regulär^ natural^ betontes u auch oft in curious 
(gesprochen k(jj'%hies oder kffjihii^s). Die beiden ü kommen 
nach Sweet oft in nachlässiger Aussprache für engl, oo vor, 
z. B. in tü^w oder tüho für two\ ö^ in der sogenannten 'affectir- 
ten* Aussprache des engl, no u. s. w., ä^ ist nach Ellis das lange 
österreichische a in 'Euer Gnaden ^ tß nach Bell die Cockney- 
Aussprache des a in ask u. s. w. — 

275. Dies System bezeichnet, wie man sieht, einen Fort- 
schritt insbesondere in zwei Eichtungen. Einmal weil es sich 
von der alten irrigen Vorstellung von dem Parallelismus 
zwischen Klangreihen und Articulationsreihen emancipirt hat, 
sodann weil es die constituirenden Zungenstellungen und -Span- 
nungen von den modificirenden Lippenarticulationen nach Ge- 
bühr trennt. Gleichwohl darf auch dies System noch nicht für 
abgeschlossen gelten. Abgesehen davon, dass im Einzelnen, 
wie gelegentlich des deutschen ü und ö bemerkt wurde, den 
Bearbeitern desselben falsche Analysen der Stellung dieses oder 
jenes Vocals untergelaufen sein können (was aber natürlich 
kein Argument gegen die Richtigkeit der Eintheilungsprinci- 
pien ist), so sind einige der angeführten Kriterien z. Th. noch 
etwas zweifelhafter Natur und erfordern noch genauere Unter- 
suchung. Namentlich gilt dies wohl auch heute noch von der 
Unterscheidung der gespannten und ungespannten Vocale, ins- 
besondere auch, wenn man zugleich das in 254 Erörterte mit 
beizieht Der Unterschied in der Spannung der articuhrenden 
Ch^gantheile ist zweifellos vorhanden, aber ob er das einzige 
bedingende Moment für die Scheidung der beiden Gruppen ist, 
muss einstweilen noch dahingestellt bleiben (s. hierzu besonders 
die Ausführungen von Storm^ S. 136 ff.). Femer liegt es auf 
der Hand, dass die Tabelle über den Bestand der gerundeten. 



108 



276. Die Yocale: 3. Bell's System. 



Yocale keinen Anspruch auf allgemeine Gültigkeit liaj)^i kann, 
weil das Yerhältniss von Rundung und Zungenarticiilation nidil 
überall das gleiche ist. Das deutsche ü findet so, um bei diesem 
Beispiel stehen zu bleiben, in der Tabelle keinen Platz. An die 
Stelle des y gehört es nicht, weü es andere Zungenstellunghflt, 
und die ihm nach der Zungenstellung gebührende Stellung ist 
bereits durch das e der Tabelle occupirt, und wollte maa es 
dahin versetzen, so fiele wiederum das aus. Unanfechtbar ist 
dagegen, wie mir scheint, das Anordnungsprincip für die Yocale 
ohne active Lippenthätigkeit. An die Stelle der ^inen Tabdie 
für 'gerundete' Vocale müssen dagegen ohne Zweifel Special- 
tabellen treten, die sich nicht nur auf die gerundeten Vocale^ 
sondern eventuell auch auf die Vocale mit spaltförmiger Er- 
weiterung der Lippen zu erstrecken haben (soweit man die letzS- 
tere nicht etwa durch Hülf szeichen hervorheben will, die man 
an den Zeichen für die Vocale ohne Lippenmodification BSt 
bringt). Für die Anordnung der Vocale in diesen Special- 
tabellen muss natürlich wieder die Zungenstellung massgelmd 
sein. So würden z. B. die ü und ö des Französischen, Dänischm 
und Deutschen in den Specialtabellen in folgender Ordnung 
einzutragen sein: 



franz. dän. 



u 



deutsch 



u 

• • 

o 



Zu jeder Specialtabelle würde dann ein besonderer Vermerk 
über Grad und Form der Lippenmodification hinzuzufügen sein. 
Mit diesen Modificationen wird das System allen billigerweise 
zu machenden Anforderungen entsprechen, insofern es eine ob- 
jectiv richtige und praktisch durchführbare Classification der 
Glieder jedes Einzelvocalismus gestattet. 

276. G^gen diesen Satz darf nicht der Einwand erhoben 
werden (der thatsächlich erhoben worden ist), dass Niemand im 
Stande sei, 36 und mehr Vocale durch das blosse MuskelgefüU 
aus einander zu halten. Das ist auch niemals so verlangt wo]> 
den. Für die Einübung jeder einzelnen Stellung sind natürUch 
die Controlmittel, welche das Gehör bez. die akustische Be- 
stimmung der Eigentöne etc. bieten, hier ebenso anwendbar 
wie bei jedem andern System, und damit fällt jener Einwand 
zu Boden. Wie weit der Einzelne in der Sicherheit der 



277.278. NasalYOcale. 109 

Lchbildimg fremder Laute gelangt, ist Sache seiner Technik, 
d nicht jedem wird es gelingen, in dieser Beziehung idealen 
if orderungen zu genügen. Dagegen kann man verlangen — 
d dies Ziel ist erreichbar — , dass jeder Beobachter sich über 
3 relative Zungenlage und -Spannung sowie die relative 
ppenstellung seiner Vocale und deren Verhältniss zu den 
rticulationen fremder Vocale klar werde. Zu diesem Ziele 
hrt, wie bereits in 246 angeführt wurde, am sichersten und 
Lchtesten ein genaues Studium derjenigen Bewegungen des 
inzen Zungenkörpers oder einzelner Theile desselben, welche 
m der Stellung eines Yocals zu der eines andern führen, und 
3rade zu dem Studium dieser Bewegungen gibt die Anordnung 
er Vocale in dem englischen System die beste Anleitung. 

Nasalvocale. 

277. Streng genommen kann jede Vocalnüance mit dem 
^asenton gebildet werden. Dabei sind verschiedene Stärke- 
^rade der Nasalirung zu beobachten, je nachdem sich das 
^umensegel mehr oder weniger von der hinteren Bachenwand 
bbhebt und sich der Zunge nähert. Je mehr dies geschieht, um 
;o stärker wird der nasale Klang des Vocals. Da aber, soviel 
rir wissen, keine Mundart mehr als ^ine Stufe der Nasalirung 
entwickelt hat, so braucht auch nur ein allgemeines Zeichen für 
hr Vorhandensein festgesetzt zu werden; wir wählen dazu ein c 
in dem Vocal (^, ^, $', 9, t{ u. s. w.). Die Stufe der Nasalirung 
st für die Einzelmundart jedesmal genauer zu bestimmen und 
jventuell durch ein Hülfszeichen auszudrücken. 

278. Man darf nicht ohne Weiteres die französischen 
Nasalvocale als Repräsentanten dieser Gattung auffassen. Die 
Nasalirung derselben ist auf jeden Fall stärker als die der 
neisten deutschen Mundarten, welche die Nasalirung überhaupt 
:ennen. Es ist aber noch zweifelhaft, ob diese stärkere Nasa- 
imng bloss durch stärkere Senkung des Gaumensegels oder 
,uch durch "eine besondere velare Engenbildung zwischen 
jungenrücken und Gaumensegel bedingt wird, wie Bell und 
lach ihm Sweet (doch zweifelnd, vgl. Handb. 211) und Storm 
nnehmen. In einem Falle habe ich sicher eine stärkere Wöl- 
lung der Hinterzunge zum Gaumensegel hin beim üebergang 
on a zu ^ beobachtet. Die französischen Nasale sollten also, 
de Storm2 g 59 bemerkt, eigentlich Velarnasalvocale 
leissen; die deutschen Nasalvocale aber scheinen auch ihm rein 



110 . 279-281. Gemurmelte Yocale. 

nasal, d. h. ohne velaren Charakter gebildet zu werden. Da- 
gegen findet Storm im Polnischen auch noch dentale imd 
labiale Varietäten: 'Die polnischen Nasalvocale ^, q nehmen 
vor d, t einen mehr dentalen, vor ft, p einen mehr labialen 
Charakter an, so dass ein unvollkommenes n oder m mit dem 
Yocal verschmilzt, indem bei Zähnen xmd Lippen eine ähnliche 
lose Annäherung stattfindet, wie sonst beim weichen Gkuunen, 
p^ta^ Dqbrowski.^ 

Gemurmelte Vocale. 

279. Zu allen vollstimmigen Yocalen können, wie geflüsterte 
(81 f.), so auch gemurmelte Parallelen (84 ff.) gebildet werdai 
Letztere treten namentlich auf bei durchgehender Anwendung 
der Murmelstimme statt der Yollstimme. Ausserdem findsi 
sich aber auch beim lauten Sprechen an 'unbetonten', d. h. nach- 
druckslosen Stellen der Bede sehr oftMurmelvocale; es gehören 
dahin z. B. die sog. geschwächten e des Deutschen (deren richtige 
Aussprache solchen Ausländem, welche in ihrer Muttersprache 
keine Murmelvocale kennen, ziemliche Schwierigkeiten zu be- 
reiten pflegt), das hebr. Schwa mobile (— ) nebst den zugehörigen 
Chatephs (-::-, -^, — ), vermuthlich auch die sog. Svarabhakü- 
vocale des Indischen u. dgl. Wir bezeichnen diese Murmel- 
vocale durch kleine Vocalzeichen über der Linie, z. B. nhi 
hatte ^ gesprochen ^at^. 

280. Wie das Beispiel des Hebräischen zeigt, können audi 
da, wo Murmelvocale infolge blosser Nachdruckslosigkeit an 
die Stelle vollstimmiger Vocale in lauter Rede treten, noch ver- 
schiedene Vocalqualitäten unterschieden werden, aber ihr Klang- 
unterschied fällt wegen der Schwäche der Stimme nicht so in's 
Ohr, und meist wird auch wegen der Nachdruckslosigkeit der 
betreffenden Silben die specifische Articulation weniger correct 
ausgeführt, so dass schliesslich an Stelle aller Vollvocale unter- 
schiedslos ein einziger Murmelvocal (der sog. unbestimmte 
Vocal, jetzt auch wohl schlechthin Schwa getiannt) treten 
kann, bei dem höchstens noch Unterschiede nach der lautlichöl 
Nachbarschaft gemacht werden (da er oft nur als Gleitlaut auf- 
tritt, s. 606). Uebrigens ist die Qualität dieses 'unbestimmten 
Vocals' (9) in den Sprachen und Mundarten, die ihn überhaupt 
kennen, im Einzelnen sehr verschieden. 

281« Nicht alle 'unbetonten Vocale werden zu Murmelvocalen oder 
SchwsLSj auch nicht im Deutschen, vgl. z. B. schwäb. giete 'Güte' mit 



282. 283. Stmunlose Yocale und h. , Hl 

^oÜTOcal e gegen. gu9t» 'g^ie' mit Murmelyocal; jedenfalls ist die Stimme 
m zweiten Falle weit sch^t^Usher als im ersten. Mn ähnliches Yerhältniss 
lesfceht z. B. zwischen engl, father, gesprochen fäd? und nhd. hatte, 
gesprochen ^at'. 

Stimmlose Vocale und h. 

282. Führt man einen nicht tönenden (stimmlosen) Luft- 
strom dnrch die Mundstellungen beliebiger Yocale, so erzeugt 
er an den Wänden des Mundraums schwache Anfallgeräusche 
(130), die man systematisch als stimmlose Yocale zu bezeich- 
nen hat (vgl. 198 f.). Solcher stimmloser Yocale kann es an 
sich ebenso viele geben als der gewöhnlichen stimmhaften, ge- 
imirmelten, geflüsterten u. s. w. 

283« Dass alle diese stimmlosen Yocale in den herkömm- 
Hch^i Alphabeten durch ein gemeinsames ^ Hauch*- Zeichen wie 
i oder * wiedergegeben werden, hat zuerst Whitney (Oriental 
find Linguistic Studies ü, 268) ausgesprochen und nachher 
Boffory (Kuhn's Zeitschr. XXTTT, 554 ff.) weiter ausgeführt, 
^ach dieser Auffassung würde also z. B. ha die Lautfolge von 
stimmlosem a + stimmhaftem a darstellen (vorausgesetzt dass 
die a- Stellung schon vom Anfang des k an eingesetzt ist, was 
nicht immer der Fall ist). Früher pflegte man dagegen die h als 
selbständige und zwar stimmlose * Hauche' oder entsprechende 
laryngale ßeibelaute (178) zu fassen, und zu sagen, in ha habe 
dieser Hauch- oder Reibelaut die modificirende Mundstellung 
des a bez. a-Kesonanz, in he die e-Resonanz u.s. w. (vgl. 4:69ff.). 
Eine weitere Complication erfährt die Sachlage dadurch, dass 
es neben den stimmlosen h auch stimmhafte h gibt, ge- 
nauer gesagt halb- oder hauchstimmige h (vgl. 172, 5. 176). 
Solche stimmhafte h sind zuerst von den alten indischen Gram- 
matikern im Sanskrit beobachtet worden, welche sowohl die 
gewöhnlichen h dieser Sprache als die Hauche der stimmhaften 
Aspiraten 6ä, c?ä, gh (436 f.) für stimmhaft erklärten. Deutlich 
stimmhaft sind auch die * Hauche' der in 436. 442 erwähnten 
armenischen Aspiraten im Dialekt von Astarak. Auch einigen 
slavischen Sprachen, namentlich dem Cechischen, sind frühzeitig 
stimmhafte h zugeschrieben worden, ohne dass jedoch immer 
mit Sicherheit zu entscheiden wäre, ob damit ein echtes h und 
nicht vielmehr ein sehr schwacher (überweit gebildeter, 499 f.) 
stimmhafter velarer Reibelaut gemeint war (Geschichtliches 
hierzu s. bei E. A. Meyer, Stimmhaftes A, Marburg 1900). 
Bei einiger Uebung sind solche stimmhafte h ohne grosse 



112 284. Stimmlose Yocale mid A. 

Schwierigkeit zu büden ; sie gelingen am leichtesten bei h zwischen 
Yocalen, wenn man mit mögUchst tiefer, brummender Stumne 
spricht, lassen sich dann aber, wenn man die Articulationsweise 
einmal richtig erfasst hat, auch bei höherer Stimmlage und 
glatterer Stimme erzeugen. Dem Klange nach sind sie von den 
stimmlosen h deutlich zu unterscheiden. 

284« Yermuthlich sind alle die verschiedenen Auf&ssung» 
der hier beschriebenen Sachlage bis zu einem gewissen Orade 
berechtigt, nur jede in ihrer Art und innerhalb bestimmter 
Grenzen. Zunächst ist es sicher, dass es so gut ^stinmilose i' 
wie 'stimmhafte Ji gibt (um zunächst an dieser Terminologie 
festzuhalten). Völlige Stimmlosigkeit ist z.B. für das Deutsdie 
bei den anlautenden h und den h hinter Stimmlosen auch durd 
die experimentellen Untersuchungen von E. A. Meyer (28^ 
wieder festgestellt worden. Ebenso haben diese üntersuchungeB 
wohl festgestellt, dass z. B. beim gewöhnlichen h des Deutsche 
zwischen Vocalen die Stimmritze nicht (wie beim anlautenden i 
und dem h hinter Stimmlosen) geöffnet ist, sondern dass die 
Stimmbänder hier in einer lockereren Schlussstellung verharren, 
welche schwingungsähnliche Bewegungen der Stimmbänder c^ 
möglicht und thatsächlich hervorruft (vgl. dazu auch schon & 
Bemerkungen von Jespersen, Fonetik S. 317 f.). Dagegen it 
noch keineswegs durch jene Untersuchungen erwiesen, da» 
diese Bewegungen echte Schallschwingungen sind. Vielmelir 
weist die Grösse und Gestalt der von Meyer mitgetheiltei 
Schwingungscurven deutlich darauf hin, dass es sich mindesten» 
zum Theü nur um eine Art von Schlotterbewegung der siai^ 
entspannten Stimmbänder handelt, die physikalisch nicht ge-Ujr 
eignet ist, einen musikalischen Klang hervorzurufen. Es beralit«; 
daher sichtlich auf falscher Ausdeutung der betreffenden Cteji 
ven, wenn Meyer nun alle z. B. deutschen h für 'stimmhaft 
erklärt, welche solche Schlottercurven aufweisen. Dieser NaDü»^ 
ist vielmehr strengstens für diejenigen h zu reserviren, welcWyr^ 
wii'kliche und damit auch für das geschulte Ohr wahmehinbai»*|:ix 
Schallschwingungen besitzen. Dass es im Deutschen neb» 
echt stimmlosen h (auch zwischen Vocalen) auch gelegenüi*» i 
solche wirHich stimmhafte h gebe, braucht deshalb nicht ^ Ife 
leugnet zu werden (vgl. 283 Schluss). f tu 

\ 



w,l 



285—287. DieYooale: Sohlossbemerkimgen. 113 

Schlussbemerkungen. 

285. Die ältere Grammatik, welche überhaupt mehr von 
len geschriebenen Lautzeichen als von den gesprochenen Lauten 
oszugehen pflegte, hatte sich im Anschluss an das consequent 
ntwickelte Zeichensystem der alten Sprachen die Auffassung 
a eigen gemacht, dass es nur eine beschränkte Anzahl von 
^ocalen gäbe, deren Unterschiede durch das traditionelle 
leiclieninaterial hinlänglich bezeichnet wären. Zwar lehrte die 
(eobachtung, dass fast überall mehr Verschiedenheiten existir- 
m als durch das Zeichensystem wiedergegeben waren. Allein, 
a man einmal daran gewöhnt war, nur die innerhalb des 
Dgsten Gresichtskreises als 'gebildet' bezeichnete Aussprache 
jer Vocale (wie überhaupt aller Sprachlaute) als massgebend zu 
«tracliten und alle Abweichungen davon als '^dialektische Eoh- 
Leiten' oder *Provincialismen' zu brandmarken, übertrug ein 
eder ohne Weiteres die ihm geläufige Aussprache seiner Laut- 
Leichen auf die Lautzeichen anderer Idiome, unbekünmiert, ob 
sr damit den eigenthümlichen Charakter derselben verwischte 
>der nicht« Dass bei einem solchen Verfahren von einem wirk- 
ichen Yerständniss irgend eines Lautsystems keine Eede sein 
kann, ist ohne Weiteres klar. Dem gegenüber ist folgendes 
festzuhalten. 

286« Da die Sprache nicht bloss in den Kreisen der 
^Gebildeten', noch weniger auf dem Papier sich bildet und fort- 
entwickelt, viehnehr im Munde des Volkes ihre eigentliche Ent- 
wicklungsstätte hat, so ist für die Sprach- und Lautgeschichte 
(die doch nicht nur Schulzwecken dienen soll) ein jeder Unter- 
schied zwischen einer ^Sprache der Gebildeten' und den 'Dialek- 
ten' ein für allemal aufzuheben. Eine jede factisch bestehende 
Mundart, und wäre sie auch auf das allerengste Gebiet ein- 
geschränkt, ist auf diesem Felde den andern vollkommen 
gleichberechtigt und vollkommen gleich wichtig. Nur stehen die 
Mundarten der Gebildeten darin hinter denen der Ungebildeten 
zurück, dass sie kaum jemals eine ungehinderte und consequente 
Entwicklung aufweisen, sondern meist willkürlichen Eingriffen 
von Seiten der Schule und des abschleifenden und nivellirenden 
Verkehrslebens ausgesetzt sind. 

287« Es gibt nicht bloss eine kleine Anzahl absolut gültiger 
Vocale, sondern eine für den Einzelnen unübersehbare Keihe 
von solchen, die durch unmerkbare und ganz continuirliche 
Uebergänge unter einander verbunden sind. 

8 i e T e r 8 , Phonetik. 5. Aufl. 3 



114 288—291. DieVocale: Schlassbemerkongeii. 

288. Hiemach ist es unmöglich, ein Yocalsystem auizi- 
stellen, das alle wirklichen und möglichen Yocalunters 
enthielte. Ein solches System entspricht ausserdem nicht eb* 
mal den praktischen Bedürfnissen. Wir brauchen nicht n! 
wissen, wie viel Vocalntiancen es überhaupt gibt, sondern il 
welcher Weise das Vocalsystem einer jeden einheitlichen 
genossenschaft zusammengesetzt ist (d. h. wie viele Vocale 
unterscheidet und wie dieselben zu einander liegen), und li 
dieses System sich zu andern ebensolchen Systemen verhäli 

289« Zur Yeranschaulichung dieser Verhältnisse dient d 
mit Rücksicht auf die wirklich innerhalb einzelner Sp] 
genossenschaften vorkommenden Unterschiede entwoi 
Normalzeichensystem. Die Abweichungen der einzelnen Mi 
arten von dieser Articulationsweise sind genau anzugeben, 
eventuell durch Hülf szeichen zu bezeichnen. 

290« Hierbei kommt es wiederum nicht sowohl auf M 
Yerhältniss des einzelnen Lautes zum einzelnen Laute an, 
auf das Yerhältniss der Systeme. Man unterlasse also nie 
untersuchen, ob sich die Abweichungen der Einzelvocale zwei 
oder mehrerer Systeme nicht auf ein gemeinsames, die Stelli 
der Systeme ohne Weiteres charakterisirendes Princip znriii 
führen lassen. 

291. Solche Principien sind beispielsweise die stärkere od« 
geringere Spannung der articulirenden Weichtheile (252 ff.) nJ 
deren Folgeerscheinungen, die stärkere oder geringere Beth* 
ligung der Lippen (233 u. ö.), verschiedene Stufen der Ni 
lirung (278) u. dgl. Femer gehört hierher namentlich ai 
eine durchgehends bei allen Vocalen des Systems abweichen* 
Lagerung der Zunge, die von Differenzen in der Kuhelage 
Organe herrührt und die man jetzt meist mit P. Franke als di^i 
specifische Articulationsbasis der betreffenden Idiome 
bezeichnen pflegt (früher hatte ich den Namen *OperatioDf 
basis' vorgeschlagen). Versuche ich als Mitteldeutscherz.* 
eine prägnant norddeutsche Mundart wie etwa die holsteinis* 
zu sprechen, so muss ein für allemal die Zunge etwas zurö* 
gezogen und verbreitert werden; hat man diese Basis ^^. 
gefunden und versteht man sie beim Wechsel verschietoj 
Laute festzuhalten, so folgen die charakteristischen I^ 
nüancen der Mundart alle von selbst. Füge ich zu dieser A^ 
culationsweise noch die Neigung der Zunge zu supradentaj' 
Articulation (166) bei passiver Lippenlage, so gewinne ich ^ 



292. Die Yocato: SoilfaiMbemerkungen. 293. Die liquidae. 115 

asis zur Aussprache des Englischen. Manche Sprachen zeich- 
m sich durch tiefen Kehlkopfstand und im Zosammenhang 
Unit durch die Neigung aus, die Gesammtmasse der Zunge 
ich hinten zu ziehen, also alle Laute etwas zu velarisiren, 
ährend andere (darunter namentlich wieder solche mit hohem 
^ehlkopfstand) Vom im Munde' gesprochen werden, u. dgl. 
.her auch geringere Unterschiede haben noch sehr merklichen 
ünfluss auf den Charakter der Sprache. In der mir geläufigen 
Lederhessischen Mundart articulirt die Zunge schlaff und mit 
LÖglichst geringer Anspannung aller ihrer Theile, auch die 
[d^opf articulation ist wenig energisch. Um dagegen den rieh- 
gen Klangcharakter mancher sächsischen Mundarten (natür- 
eh abgesehn von den Verschiedenheiten des Lautsystems) zu 
reffen, muss die ganze Zunge angestrafft werden und der Kehl- 
:opf bei stärkerem Exspirationsdruck energischer articuliren. 
)aher machen auch diese Mundarten einen harten, etwas 
chreienden Eindruck gegenüber dem dumpfen, fast verdrossen 
ind theilnamlos zu nennenden Charakter der hessischen Mund- 
fft — Derartige Vergleichungen sind höchst lehrreich; wer 
rgendwie in der Lage ist, mehrere Mundarten sich aneignen zu 
Lönnen, versäume ja nicht dies zu thun und die Abweichungen 
lerselben systematisch zu studiren. Dabei leistet die oben 
erwähnte .Äxticulationsbasis die besten Dienste. 

292« "Was hier an dem Beispiel der Vocale, namentlich in 
Beziehung auf den Mangel objectiver Grenzen und die Noth- 
?rendigkeit systematischer Gliederung, erläutert worden ist, 
pii mehr oder weniger von allen Sprachlauten und wird daher 
m Folgenden stets stillschweigend vorausgesetzt werden. 

Cap. 12. Die Liquidae. 

293« Unter Liquiden sind nach der alten Terminologie 
1er Grammatik streng genommen nur die sonor gebildeten 
irten der r- und /-Laute zu verstehen. Doch hat sich der 
^rachgebrauch allmählich dahin geeinigt, dass man alle r- 
ind 2-Laute schlechthin als Liquidae bezeichnet. Neben den 
itimmhaf ten Sonoren r, l sind danach zimächst ihre stimm- 
osen Parallelen ohne Engenreibungsgeiüusch aufzuführen 
197), weiterhin die spirantischen r, /, die zu den sonoren 
^nnen in einem ähnlichen Yerhältniss stehen wie die Spirans/ 
der stimmhafte f<?A-Laut) zu dem Yocal t. Da nämlich auch bei 
len r, l bedeutende Engen im Ansatzrohr heTg^stelLt ^^t4ki:l^ 



116 [294—297. Die Liquidae: 1, a. Cerebrales r. 

so können sich unter den oben 192 geschilderten BedinguogeD 
auch bei ihnen leicht Engenreibungsgeräusche einstellen. Audi 
die spirantischen r, / können sowohl stimmhaft wie stimmloi 
gebildet werden. 

294. Die Laute, welche wir in hergebrachter Weise mit r 
und l bezeichnen, werden also entweder als Sonore oder ab 
Geräuschlaute gebildet. Doch scheint es ziemlich sicher zu m^ 
dass die indogermanischen Sprachen ursprüngUch nur sonon 
Formen kannten. Wir stellen daher diese bei der Betrachtai^f 
wieder voran. 

295. Wie bei den Yocalen, so haben wir auch bei da 
Liquiden Zungen- und Lippenarticulation zu scheiden; nor 
tritt die letztere gegen die erstere noch mehr zurück. 8 
richtet sich gewöhnlich nach der betreffenden Lautumgebun^e 
Der specif ische r- oder /-Klang, auf den allein es zunäcU 
bei der allgemeinen Charakteristik dieser Laute ankommt, ^ 
durch die diesen Lauten im Gregensatz zu den Yocalen eigen- 
thümliche Articulationsweise der Zunge bedingt. 

296. Die Articulation der Vocale ist, wie wir gesehen haba 
(204), an sich durchaus dorsal, der liquide r-Laut entsieUS ' 
(soweit er allein durch Zungenarticulation gebildet wird, i^ 
306 ff.) durch coronale, der /-Laut durch laterale Articobh 
tion der Zunge, d. h. für die r-Laute ist die Articulation d«!" 
vordem Zungensaums, für die /-Laute die der beideftl 
Seitenränder charakteristisch. Das Eollen der ZungenspüxdF 
beim r ist, wenigstens wenn wir den historischen EntwickluiigB-|' 
verlauf der indogermanischen Sprachen in's Auge fassen, ab 
unwesentlich und mindestens zum Theü als secundär zu be- 
trachten; desgleichen sind das sog. 'gutturale* oder 'uvulart 
und das Kehlkopf- r offenbar erst spätere Substitutionen flr 
das ursprünglichere Zungenspitzen-r. Diese letzteren Laute 
werden daher unten (306 ff.) gesondert betrachtet. 



1. Die r-Laute. 

a. Cerebrales r. 

» 

297. Die am wenigsten leicht der Beimischung von Ge- 
räuschen ausgesetzte Art des liquiden r ist die cerebrale oder 
cacuminale. Sie ist häufig in den neuindischen SpradieB; 
kommt aber auch in Europa vor, z. B. dialektisch im EngUschflB 
(nach Sweet in den westlichen Grafschaften und in Kent, abtf 



298—301. Dielaquidae: 1, a. Cerebrales r. b. Alveolare r. 117 

)h im amerikanischen Englisch). Von den im Deutschen 
ichen r- Arten unterscheidet sie sich besonders durch den 
izlichen Mangel des Bollens. Ein stimmloses gerolltes Cere- 
I-r habe ich in der Sprache der Somali beobachtet. 

298« Der vordere Zimgensaum ist bei der Büdung dieses r 
gs hemm aufgebogen, so dass die Zunge löffelartig ausgehöhlt 
oheint, und dem harten Gaumen hinter den Alveolen der 
erzähne genähert. In dieser Stellung verharrt der Zimgen- 
m, wemgstens bei den angeführten germanischen Lauten, 
hrend der ganzen Dauer des r ohne Schwingungen, einerlei 
dasselbe als Consonant, wie etwa in der erwähnten dialek- 
5hen Aussprache des Englischen bei Wörtern wie roto, mor^ 
D, amerikanisch hard^ far, oder als Sonant gebraucht wird, 
3 z. B. in Amerika nicht selten der Fall ist bei Wörtern wie 
, ürdj heard (gesprochen «r, Jrrf, hrd\ auch engl, pretty 
tet o^prte\ doch vgl. auch 495). 

b. Alveolare r. 

299. Die Büdung des cerebralen r erfordert eine ziemlich 
rke Zurückbiegung der Zungenspitze, damit der Zungensaum 
iter den Alveolen die Enge büde. Durch einfache Hebung 
: Vorderzunge aus der Ruhelage gelangt man zu einer Engen- 
iung zwischen dem Zungenrand und den Alveolen. Dies ist 

Stellimg aus der im Deutschen und den meisten andern 
rächen in der Regel die sog. alveolaren r articulirt werden. 

300. Der Spielraum der alveolaren r ist ziemlich bedeutend, 
erstreckt sich von der Hinterfläche der Alveolen bis an 

•en vorderste Grenze am Bande der Oberzähne. Man kann 
lach ein vorderes, mittleres und hinteres Alveolar-r 
verscheiden (Sweet's outer r, medium r und inner r; Hoffory 
mt das vordere r^ alveolar, das mittlere und hintere r^ 
igival, Kuhn's Zeitschr. XXm, 531 f.). 

301. In diesem Gebiete stehen sich nun zunächst gerollte 
1 nicht gerollte Varietäten gegenüber. Das EoUen 
Uing) entsteht dadurch, dass der dünn emporgewölbte Saum 

Zunge durch den Exspirationsstrom nach aussen geworfen 
d, um im nächsten Moment vermöge seiner Elasticität wie- 
in seine alte Lage zurückzukehren. Die ATi7fl.b1 der so gege- 
len Schläge ist im Einzelnen verschieden. Charakteristisch 
für den Klang dieser r, dass bei jedem Zungenschlag der 
mg der Stimme geschwächt wird, da bei jedem Schlage eine 



r 



^ 



118 302. DieLiquidae: 1, b. Alveolare r. 

Yerengong der Ausflossöffnung stattfindet. Beibtmgsgerä 
brauchen dabei nicht erzeugt zu werden. Man kann daher» 
die gerollten Alveolar-r in den meisten Fällen noch zu 
reinen Sonoren rechnen. Die Bildung von BeibungsgeriLi 
hängt zum guten Theile von der Grösse der Ausflussö&img 
So lange, wie beim stark gerollten deutschen Bühnen-r, 
nur der vordere Saum der Zunge, sondern auch ein nidit 
beträchtlicher Theil der Seitenränder mitschvnngt, stehn 
Geräusche hinter der Stimme durchaus zurück. Erst 
wenn die Seitenränder der Yorderzunge bis fast ganz nach 
hin an die Zähne angepresst werden, so dass nur der vo: 
Theil des Zungensaums in einer sehr verkleinerten Enge 
und herschwingen kann, bekommen die Eeibungsgeräusche 
deutlicheren 8- oder «cä- ähnlichen Klang, namentUdi 
Flüstern (so z. B. in dem vordem armenischen r^). Je 
der Exspirationsdruck und je kleiner die Oeffnung, um sodei 
lieber werden sie ; ja es kann sich schliesslich an das r ein vol 
ständiges stimmhaftes seh anschliessen (wie im czecL f, aber 
poln. rz ist schon reines z geworden). So entstehen spiran 
tische gerollte Alveolar-r. Auch stimmlose gerollte 
Alveolar-r kommen oft vor, namentlich nach stimmlosen Ge- 
räuschlauten; als selbständige Consonanten auch z. B. imisL 
hr (Hoffory, Kuhn's Zeitschr. XXm, 533) etc., als Sonantea^; 
oft in der Aussprache der Bewohner der baltischen Provinzett 
in Wörtern wie Vater , Mutter , Messer etc. Ob das i^timnilosef 
ein blosses Flattergeräusch ist, oder mehr sibilantischen Charak- 
ter annimmt, hängt dabei wieder von der speciellen Form der 
Articulation ab. * 

302. Das ungeroUte Alveolar-r ist im Enghschea 
häufig; es ist die normale Aussprache des anlautenden r na 
Englischen, wie jetzt wohl alle Phonetiker annehmen. Gelegent- 
,lich kommt es in Nordwestdeutschland vor (ich habe es voll 
Ostfriesländem gehört). Man kann dieses r mit ziemhcher Id* 
tensität und lange anhaltend hervorbringen, ohne dass es des- 
wegen zu einem gerollten wird. Es scheint, dass bei ihm die 
vorderen Partien der Zunge massiger geformt sind, alsowenigtf 
leicht in jene Flatterbewegung versetzt werden können. Vi^ 
leicht liegt aber auch der Unterschied mit darin, dass die Oeff- 
nung eine grössere ist als beim gerollten r. Vermuthlich häng^ 
das dann weiterhin damit zusanmien, dass die Zungenspitze 
beim gerollten r stärker gespannt, beim ungerollten aber 
schlaffer ist, sodass also hier der Gegensatz von gerolltem in»d 



303—305. Dieliquidae: 1, b. Alveolare r. c. Dentaler. 119 

Qgerolltem r mit dem von gespanntem und angespanntem 
zusammenträfe. 

303. Das entsprechende spirantische ungerollte Alveo- 
ur-r findet sich ebenfalls im Englischen sehr häufig, Es hat 
eine Hauptstelle in den Lautverbindungen tr und dr wie in 
ry, Street^ dry u. s. w. Beim t und d sperrt hier nämlich die 
Sunge in der r-Lage die Mundhöhle vollkommen ab; wenn 
dch nun beim üebergang zum r die Zunge nicht schnell genug 
rom Graumen entfernt oder der Luftdruck nicht augenblicklich 
val das für r gebührende Mass reducirt wird, so entsteht an der 
Snge zwischen Zungensaum und Gaumen ein dem engl, sh ahn- 
iches Eeibungsgeräusch, das sich mit dem Stimmton zu dem 
tpirantischen r verbindet. Nach stimmlosen Lauten wie <, p 
irird das r vielfach stimmlos, wenigstens in seinem Anfang, erst 
)eim Üebergang zum Vocal tritt Stimme hinzu. 

304* Dies ist die gewöhnliche Aussprache des engl, ir, und so er- 
dart es sich, dass Wörter wie t^ied für ein ungeübtes Ohr nicht immer 
eidit von solchen wie ehide zu unterscheiden sind; doch hat der Zischlaut 
m eh dorsalen, der in tfj deutlich coronalen Charakter (s. 888). Stimm- 
oses r ohne deutliches Engenreibungsgeräusch hat das Englische nament- 
ich oft in der Verbindung pr^ cf wie in pride, cjrow, als Sonanten hört 
man es in Lautfolgen wie Ip^opoae (gesprochen aHprpo^z, wenn nicht das 
r ganz übergangen und ma p^p mit doppelter Explosion gesprochen wird) 
ond ahnlichen. — Ueber r als stimmloses r s. 512» 

c. Dentale r. 

305. Weit seltener als alveolare r sind dentale r im 
eigentlichen Sinne des Wortes, bei denen der Zungensaum 
jagen die untere Kante oder diie Hinterfläche der Oberzähne 
articulirt, ohne sich in specifischer Weise den Alveolen zu 
aähem (interdentale und postdentale r). Aus eigener 
Beobachtung kenne ich von dieser Gruppe nur die r des Irisch- 
Englischen in den Verbindungen ^r, thr^ dr^ wie in try^ streei, 
'hrecj drf/j die mit rein dentalem t, d einsetzen. Die r sind 
der leicht gerollt, nach d stimmhaft, nach t und th (das eben- 
alls als dentaler Verschlusslaut gesprochen wird) stimmlos, 
anderes s. bei Storm^ S. 64 (wo aber zum Theil überweit 
;ebildete [reducirte, BOO] d-Laute mit untergelaufen zu sein 
cheinen). 



120 306—309. Dieliquidae: 1, d. üviilareB r. e. Kehlkopf- r. 



Die SubstitutioiiBsitterlaute. 

306« An Stelle der den ältesten indogermanischen Sprachen 
wahrscheinlich allein eigenen r-Laute der Zungenspitze sind in 
den moderneren Idiomen vielfach Laute ähnlichen Elanges, 
doch verschiedener Bildungsweise getreten. Indem man nM- 
lich das Sollen als das Charakteristische der deshalb als 
Zitterlaute bezeichneten r empfand, substituirte man — 
natürlich unbewusst — statt des schwingenden Zungensaams 
andere ähnlicher Schwingungen fähige Theile des Spradn 
organs, und gewann auf diese Weise eine Reihe neuer Laute, 
die wir im Gegensatz zu den älteren Zungenspitzenlauten ab 
Substitutionszitterlaute bezeichnen können. Dieselben sind: 

d. Uvulares r. 

307. Das sog. gutturale oder besser uvulare r yfsA 
durch Schwingungen des Zäpfchens gebildet Dies geschidit 
in der Weise, dass man den Zungenrücken zum weichen Gaumen | 
emporhebt, wie beim velaren cä, jedoch in der Mittellinie der 
Zunge eine Binne bildet, in der das Zäpfchen frei nach voni 
und rückwärts schwingen kann. Je tiefer diese Binne ist, um 
so leichter ist das r von auffallenden Eeibungsgeräuschen frei- 
zuhalten. In den lebenden Sprachen wird aber die Sinneo- 
bildung vielfach vernachlässigt, so dass das r einen sehr kratzen- 
den Charakter bekommt und selbst vollständig in die stimmhafte 
velare Spirans j übergeht; daher denn auch die bis auf Brücke, 
Wiener Sitz.-Ber. 11,202, gangbare Vorstellung, das 'Gaumen-r' 
werde durch Zittern des weichen Gaumens erzeugt; richtig ist» 
dass bei energischer Aussprache des kratzenden r ohne ge- 
nügende Binnenbildung der Band des Gaumensegels etwas in 
flatternde Bewegung geräth. 

308. Im Auslaut und neben stimmlosen Geräuschlauten 
wird auch das uvulare r sehr häufig stimmlos gebildet und 
wechselt demgemäss auch gelegentlich mit der stimmlosen 
velaren Spirans x, 

e. Das Kehlkopf- r. 

309. Dieser Laut entsteht nach Brücke, Sitz.-Ber. II, 207. 
Grundz. 13 f. (vgl. auch Merkel, Schmidt's Jahrbb. C, 86. 
Donders, Phys. 20. Ellis IV, 1099), wenn man zu immer tieferen 
Tönen herabsteigend die untere Grenze seines Stimmumfangs 



909. Die Liquidae: 1, e. Das Eehlkopf-r. 121 

äberschreitet, so dass die Stimmbänder nicht mehr in der ge- 
börigen Weise tönen, sondern in einzeln vernehmbaren Stössen 
zittern. Es wäre hiemach das Kehlkopf-r als ein Stück inter- 
mittirender Stimme oder etwa Knarrstimme zu charak- 
terisiren (vgl. auch Grützner 209). Wirklich gelingt es leicht 
einen solchen intermittirenden Klang zu erzeugen, namentlich 
bei Inspiration, wobei die einzelnen Stösse langsamer und deut- 
licher getrennt vemehmbar einander folgen. Aber seine Bildung 
ist keineswegs an die tiefsten Töne des menschlichen Kehlkopfs 
gebunden, sondern seine Tonhöhe kann, wie schon Donders 
beobachtete, wesentlich erhöht werden. Bei einiger Uebung 
kann man das Knarren durch den grössten Theil des Umf angs 
der Bruststimme durchführen, jedenfalls ist die E[narrstimme 
imierhalb der Tonlagen des gewöhnlichen Sprechens durchaus 
leicht bildbar. Hieraus folgt, dass sie unter Umständen für die 
gewöhnliche glatte Stimme vicarirend eintreten könne. So be- 
merkte Donders, dass Dickhälse die Neigung haben ihn statt 
der glatten Stimme zu gebrauchen (auch wir reden ja oft von 
'knarrenden' Stinmien}, und dass sich das Knarren bei Andern 
mit der Stimme verbindet oder mit ihr abwechselt und den 
Eindruck klagender Sentimentalität hervorbringt (dies hört 
man, wie ich hinzufüge, namentlich oft bei Kindern in weiner- 
Kcher Stimmimg, tmd vielfach bei recht hoher Tonlage), wäh- 
rend Knarrstinmie bei geschlossenem Munde als klägliches 
Stöhnen erscheint. Abgesehen von diesen Fällen durchgehen- 
der Ersetzung der glatten Stimme durch die Knarrstimme tritt 
die letztere dialektisch auch als hiötorischer Vertreter von 
Vocal + r auf. Entweder verschmelzen diese beiden Laute 
ganz zu (intermittirendem) Knarrvocal, oder der Vocal wird 
glatt eingesetzt und nur der Ausgang wird knarrend gebildet. 
So hört man, wie ebenfalls Donders beobachtete, im Londoner 
Dialekt z. B. q^s mit knarrendem Vocal für horse^ ähnlich habe 
ich von Dänen Worte wie kar^ har aussprechen hören. Aber in 
ien von Brücke angeführten Beispielen ort Ort, vmrt Wort, 
iürt Dorothea, habe ich, soweit mir ihre Aussprache überhaupt 
)ekaiuit ist, nichts anderes zu hören vermocht als einen dem 
», w, i^ folgenden, mehr nach der neutralen Mitte des Vocal- 
ystems zu liegenden vocalischen Nachklang von sehr geringer 
Jtäxke, obgleich mir die Bildung der Ejiarrstimme seit meinen 
Sinderjahren vollkommen geläufig ist; vielleicht also dass die 
aiarrende Aussprache jener und ähnlicher Wörter nicht so 
Hgemein durch Niederdeutschland verbreitet ist. — Es ist 



122 310—312. Die Liqoidae: 1, f. Das Lippen -r. 2. Die /-Lvite. 

übrigens zu beachten, dass da, wo knarrender Yocal für Yocal 
+ T steht, das r oft durch eine mehr oder weniger starke velaie 
Einschnürung markirt wird; dadurch wird der Best desYocals 
gedämpft und so wegen seiner geringeren SchaUfülle (518) als 
Consonant gegenüber dem als sonantisch empfundenen Um- 
gänge gefühlt. 

f. Das Lippen -r. 

310. Auch mit den Lippen kann man einen Zitterkot 
erzeugen. Die Lippen müssen dabei ganz locker auf einanda 
gelegt und vorgeschoben werden. Man bildet diesen Laut, in 
Deutschland wenigstens, stimmlos oft beim tiefen Ausathmen 
bei grosser Hitze als eine Art Literjection, die llrschöpfang 
andeutet. Kürzer herausgestossenes pr (stimmlos) und hr dient 
als Literjection des Abscheus und der Verachtung, lang ge- 
dehntes hr findet sich oft bei Kutschern, wenn sie ihren Pferdei 
Halt gebieten (Brücke ^ 49) neben hr mit alveolarem oder uvula- 
rem r. Als eigentlicher Sprachlaut ist das Lippen-r selten. 
Kempelen beobachtete gelegentliche Bildung desselben als 
'Sprachfehler' einzelner Lidividuen (S. 331), nach einer Angabe 
von Forster bei Chladni S. 213 soll es in der Sprache einer 
Lisel in der Nähe von Neuguinea vorkommen. In den finnischen 
Idiomen findet es sich nach Genetz, Einführ. S. 15 in einigen 
Interjectionen und daraus abgeleiteten Wörtern, wie jww, 
prukottelen, 

Nasalirte r. 

311« Nasalirte r, namentlich nicht-gerollte Arten, 
leicht zu bilden, und kommen oft bei Individuen vor, welche 
die Neigung haben zu nasaliren; sonst scheinen sie als beson- 
dere Sprachlaute in lebenden Sprachen wenigstens noch nicht 
nachgewiesen zu sein. 

2. Die /-Laute. 

312. Das Gemeinsame der /-Laute ist das, dass wie bei e/, ^ 
die Zungenspitze die Mundhöhle in ihrer Mittellinie nach vom 
zu absperrt, dagegen die mittlere Zunge sich seitlich von den 
hintern Backenzähnen abhebt und so zwei zur Mittellinie sym- 
metrisch gelegene Ausflussöflfnungen für den Schall bildet (daher 
der englische Name divided für diese Art der Articulationj. 
Häufig aber wird nur ^ine solche Ausflussöffnung hergestellt; 



313—315. DieLiquidae: 2. Die /-Laute. 123 

vir erhalten so asymmetrische oder einseitige l (ein rechtes 
ind ein linkes). 

313. In der Menge der so erzeugten Laute sind ebensoviele 
Jpecies zu unterscheiden als wir oben 154 ff. Articulationen 
ler "Vorderzunge aufgestellt haben: also cerebrale, palatale, 
klveolare, postdentale und interdentale (mit den Unter- 
ibtheilungen Ton Lauten coronaler oder dorsaler Articulation). 
Cerebrale l finden sich wieder im Sanskrit und den neuindischen 
Sprachen, palatale in den ital. gly span. ß, port. Ih (vgl. 484), 
ilTeolare im Englischen und Norddeutschen u. s. w. 

314. Die Unterschiede der Klangfarbe dieser Species sind 
licht sehr bedeutend. Allenfalls treten die cerebralen l den 
irei übrigen Arten gegenüber. Dagegen wechselt der Klang 
ies / sehr stark je nach dem Verhalten des Zungenkörpers 
tmd der Grösse der dadurch bedingten Ausflussöffnimgen. Der 
dunkelste /-Laut entsteht, indem man nur die Zungenspitze 
zum Abschlüsse verwendet, d. h. den vordem Zungenkörper 
im Uebrigen möglichst senkt und vom Gaumen entfernt hält, 
und dadurch zugleich jene Oeffnimgen zu ziemhch langen 
Spalten ausdehnt. So wird im Vordermunde ein grosser Hohl- 
raum tiefer Besonanz geschaffen, der dem l seinen eigen- 
Ühümlichen 'dunklen' Klang verleiht. Der EQang wird immer 
heller, je mehr man den vordem Theil des Zimgenkörpers hebt 
imd dadurch den Eesonanzraum und die Ausflussöffnungen 
Terkleinert. Unser gewöhnliches deutsches l steht etwa in der 
Mtte, doch weichen auch die deutschen Mundarten vielfach 
nach der einen oder andern Seite ab; als Beispiel des 'hellen* 
i mag das slavische 'mouillirte' l genannt werden. 

316. Die meisten Phonetiker setzen seit Purkinje auch ein 
gutturales, genauer velares l an und finden dies in dem 'här- 
ten' russ. l {iy M)y dem niederländ. / nach Vocalen, wie in welj 
helpen und ähnlich klingenden Lauten. Li der Auffassung 
dieses Lautes scheint aber noch keine Uebereinstimmung zu be- 
stehen. Nach Bell und Sweet (welche den Laut als back- 
divided bezeichnen) muss ein 'centraler Verschluss' mit der 
ganzen Zungenwurzel ausgeführt werden, wobei die Zimge 
stark zurückzuziehen ist. Die Luft entweicht zwischen den 
Seiten der Zungenwurzel und den hintern Backenwänden 
(Sweet S. 44). Storm gibt dagegen (2 S. 65) an, dass die hintere 
Zimge gehoben und der ganze hintere Mundcanal verengt 
(also nicht gespalten) werde, und dass hierdurch der velare 
Klangcharakter entstehe; diese Articulation erkläre auch die 



124 316—320. DieLiquidae: 2. Die /-Laute. 

häufigen üebergänge des / in ti, o (als velare Yocale; übn- 
gens spricht auch das armen, j^ für griecL A, z. B. inpav^os^ 
Ilavlogy für eine solche Articulation). Ich ksoin in dieser Frage 
kein bestimmtes ürtheil abgeben, neige mich aber bezügUch des 
slavischen harten / der Auffassung Storm's zu ; das gaL / in 
kiogh (gesprochen h^), welches Bell als Beispiel des back- 
divided / aufstellt, habe ich nicht Ton Eingeborenen gehört. 

316. Zu diesen Unterschieden gesellen sich dann noch die 
durch die yerschiedenen Lippenstellungen bedingten Ab- 
weichungen: das dunkle / wird durch Bundung der Lippen 
noch dumpfer, das helle l durch Zurückziehen derselben nodi 
heller u. s. w. Die Art des Verschlusses ist hierbei überall ziem- 
lich unwesentlich. Doch begreift man leicht, dass aus Bequem- 
lichkeitsrücksichten ein cerebrales / yorvnegend mit dunkler, 
ein dorsales, bei dem der Zungenrücken schon ziemlich ge- 
hoben ist, Torwiegend mit heller Klangfarbe gebildet wird. 
Das palatale l ist selbstyerständlich stets hell. 

317. Spirantische / entstehen leicht bei stärkerer Engen- 
bildung an der Articulationsstelle. Stimmlose / sind nament- 
lich im Auslaut und in der Nachbarschaft stimmloser Geräuscb- 
laute häufig. Das welsche II und isländische hl sind ebenfalls 
einfach stimmlose / mit deutlichem Beibungsgeräusch. Ohne 
solches wird dagegen z. B. das stimmlose engl, l top und nach 
Stinmilosen wie in^^, play, clay, slow oder helpj feit u. dgl. 
gebildet. Die Stärke des Beibungsgeräusches der spirantischen 
Formen kann natürlich wieder mannigfach abgestuft sein, je 
nach dem Verhältniss der Grösse der AusflussöfEnung und der 
Stärke der Exspiration. 

318. Nasalirte l sind leicht zu bilden und konunen öfter 
in nasalirenden Sprachen vor (im Sanskrit beim Zusammen- 
treffen von Nasal -)- 1: yaUlokamy mahahluhäti für yam lokam^ 
mahän lunäti, Hoffory, Kuhn's Zeitschr. X'^TTTTj 550). 

319* Wir haben beim / wegen der Beweglichkeit des ZungenkÖrpen 
wie bei den Yocalen eigentlich eine ganze Scala von Lauten. Ein wesent- 
licher unterschied beider Lautgmppen liegt aber darin, dass beim / weit 
weniger Stufen zu gegensätzlicher Geltung entwickelt sind. In der Begel 
werden nämlich vom / höchstens zwei Stufen, helles und dunkles /, unte^ 
schieden. Auch zwischen cerebralem und nicht-cerebralem / hat sich nur 
in wenigen Sprachen, wie z. B. im ältesten Sanskrit oder im Schwedischen) 
ein Gegensatz herausgebildet; noch weniger pflegt man sich des IJnte^ 
schieds der nicht-cerebralen Species bewusst zu werden. 

320* Der specifische /- EUang ist bedingt durch einen gewissen Grsd 
der Enge der Ausflussö£fnungen. Man kann alle Yocale, statt in der 



321. Die liqoidae: 2. Die /-Laute. 322. Die Nasale. 125 

gewöhnlichen Weise, auch so bilden, dass man die Zungenspitze an den 
hkumen andruckt, nur muss dann die Zunge ziemlich stark verschmälert 
werden. Verbreitert man sie in dieser Stellung allmählich bei tönender 
Stimme, so hört man, wie der Yocallaut immer mehr verschwindet 
md dafür der specifische /-Klang immer klarer hervortritt. Auf diesem 
^erhaltniss benäien grossentheils die Beruhrungen zwischen /-Lauten und 
7ocalen. 

321* Bei dem cerebralen / kommen oft Berührungen mit dem cere- 
inralen r vor, indem der centrale Verschluss des Mundcanals gelockert, 
itber die seitliche Einziehung der Zunge wie bei den /-Lauten beibehalten 
Rrird. Dieser Art ist das sog. 'dicke' / des Ostnorwegischen und Schwedi- 
schen, dessen Bildung Storm^ S. 42 so beschreibt: 'Die Zungenspitze 
vnrd gegen den mittleren Gkiumen, ohne ihn zu berühren, zurückgezogen 
imd dann plötzlich, mit einem Schlage den Vordergaumen entlang wieder 
in ihre normale Lage versetzt. Dabei wird meistens im letzten Momente 
der Vordergaumen von der Zungenspitze flüchtig berührt, aber dies ist 
unwesentlich; wird die Berührung energischer, so entsteht (cerebrales) rd. 
Hierdurch entstehen verschiedene Lautnüancen dicht nach einander, 
namentlich lautet im ersten Moment mehr ein spirantisches cerebrales r, 
im nächsten ein cerebrales /, das bisweilen etwas von d hat. Diese Laute, 
die eigentlich nach einander folgen, verschmelzen dem G^hör zu einem ein- 
zigen gemischten Laut, der auf uns (Norweger) mehr den Eindruck von / 
macht, auf die Ausländer aber mehr den von r. . . Auch ist dieser Laut 
TerluUtnissmässig momentan und lässt sich nicht verlängern oder ver- 
doppeln.' Einen andern, aber analogen Mittellaut zwischen imgerolltem 
(alveolarem) r und / (bei dem der Anschlag an den Vordergaumen oder die 
Alveolen fehlt) habe ich von einem Papua von der Insel Fentecoste (Neu- 
Hebriden) und einem Exetenser gehört (vgl. auch Elli8]V,1133 und Sweet 
8.85 über das Japan, r), endlich einen dem norwegischen dicken / sonst 
fifanz genau entsprechenden, speciell auch mit umgeknickter Zungenspitze, 
nur viel weiter nach vom, von den Alveolen abwärts, gebildeten Laut in 
der Sprache der Somali (wo er aus einem ähnlich articulirten d hervor- 
geht, und mit diesem wechselt). 



Cap. 13. Die Nasale. 

322« Der specifische Nasalklang wird, wie wir oben S. 52 ff. 
fesehen haben, der Stimme dadurch mitgetheilt, dass zu einem 
lehr oder weniger grossen Theile der Mundhöhle die Nasen- 
öhle als Eesonanzraum hinzutritt. Die einzelnen Species der 
Tasale aber beruhen auf der Verschiedenheit der Orte, an 
enen der Mundraum nach aussen hin abgesperrt wird. So er- 
alten wir wieder die Hauptgruppen der labialen (m), denta- 
3n («, mit allen den Unterabtheilungen die wir 164: ff. kennen 
elemt haben), palatalen [n) und velaren {?d) Nasale. Cere- 
rale n finden sich z.B. im Sanskrit, den neuindischen Sprachen 
nd im Schwedischen (für rn), palatales n erscheint im span. n 



126 323. Die Nasale. 

z. B. in aüo, ital. gn in camptiffna^ auch in der schweizerischen 
Aussprache des fränz. gn z. B. in compagnon^ champagne\ das 
nordfr. gn ist aber nach Storm* 8. 77 (vgl. auch 174) vielmehr 
ein mouillirtes halbvelares td^ da seine Articulationsstelle weiter 
hinten, an der Grenze des harten und weichen Graumens liegt 
Jener vordere Palatallaut würde daher als li^, der nordfranzö- 
sische Laut aber vielleicht als ^^ zu bezeichnen sein. Im Uebri- 
gen muss auch hier wieder darauf aufmerksam gemacht werden, 
dass jede Species zahlreicher IJnterabtheilungen fähig ist, je 
nachdem die nicht gerade den Verschluss bildenden Theile des 
Ansatzrohrs verschiedene Lagerung h^ben. Am deutUchsten I 
ist dies beim m, denn bei diesem kann nicht nur die Zunge f 
ungehenmit dieselbe Reihe von Articulationsstellungen dnrcih| 
laufen wie bei den Yocalen, sondern auch die verschlussbilden- 
den Lippen können noch durch Vorschiebung oder Zurad- 
ziehung u. s. w. auf den Klang des Nasals einwirken (Näheres 
s. Cap. 23). Stinmihafte Nasale mit Gleräuschbildung könnes 
zwar auch erzeugt werden, aber sie konunen, soweit meine Er- 
fahrung reicht, nicht vor. Stimmlose Nasale aber sowohl nft 
als ohne Beibungsgeräusch begegnen in vielen Sprachen, z. E 
stinmüoses spirantisches n im isländ. hn imd hn^ z. B. in ^ft^, 
knif (Hoffory, Kühnes Zeitschr. XXTTT, 546 ff.), desgleichen 
stinmiloses m in der Literjection hm (worüber unten 397 Ge- 
naueres). Ohne wesentUches Beibungsgeräusch erscheint da- 
gegen z. B. das stimmlose engl, n in snow^ lent^ mint u. dgL 
Die Stärke des Reibungsgeräusches kann auch hier wieder eine 
verschiedene sein. 

323. Ich habe früher die Existenz stimmloser Nasale geleugnet, in- 
dem ich das was oben als 'stimmloser Nasal' bezeichnet wurde, früher im 
Anschluss an die alte Definition der Nasale, welche nur stimmhafte Formen 
kaimte, als einen 'durch die Nase geführten Hauch' betrachtete. Ueber 
die Zweckmässigkeit einer Erweiterung jener alten Definition vergleiche 
dagegen die ausführlichen Erörterungen von Hoffory a. a. 0. Auch die 
englischen Phonetiker erkennen die Existenz stimniloser Nasale durchs 
aus an. 



,.V; 



'> 



■iL 



324—326. Die Spiranten: 1. Labiale. 127 



B. Die Ger&nsehlante. 

Cap. 14. Die Spiranten. 

1. Labiale und Labiodentale. 

324. Kein labiale Spiranten sind im ganzen selten. Den 
)ilabialen Yerschlusslauten (348) entsprechen grossentheils 
abiodentale Spiranten, so demp das/, dem stimmhaften b das v, 
rie es in Norddeutschland, femer in den romanischen Sprachen 
ind im Englischen ausgesprochen wird. Bilabiales / ist mir 
lur bei vereinzelten Lidiyiduen Torgekonmien, während bilabia- 
es tu (oft, wie auch ü, reducirt gesprochen, 606) in einem 
jrossen Theile von Mittel- und Süddeutschland herrscht. In 
Firol habe ich auch ein bilabiales w beobachtet, das nach eng- 
lischer Terminologie divided (312) gebildet wird, d. h. mit Ver- 
schluss der liippen in der Mitte imd mit zwei seitlichen Aus- 
äussöffnungen. Doch scheint diese Bildungsart nicht für alle 
Individuen gut möglich zu sein. Es kommt bei dem mittleren 
Lippenschluss viel auf die Gestalt der Lippen des einzelnen 
Individuums an (leichter gelingt er bei stärkerer Ausdehnung der 
Lippenspalte, so z.B. wenn man mit lächelndem Munde spricht). 
Auch das span. b scheint, wenigstens zum Theil, mit Mittel- 
schluss gebildet zu werden (vgl. dazu Storm^ S.154. ^ S.434). 

326. Da die meisten modernen / und v der indogermani- 
schen Sprachen aus bilabialen VerscUusslauten hervorgegangen 
iind, so müssen wohl bilabiale f und w als deren Vorstufen in 
grösserem Umfange angesetzt werden. Der Grund für die fast 
ollständige Aufgabe des bilabialen f mag in dessen geringer 
jautstärke liegen, die es zu leicht imvemehmlich werden liess. 
Jeim labiodentalen f und v rührt die grössere Schärfe des 
jautes von dem Anblasen der Oberlippe vermittelst des zvdschen 
Jnterlippe und Oberzähnen hervorgetriebenen Luftstroms her 
man erkennt das leicht, wenn man während der Bildung eines 
', t? die Oberlippe mit dem Finger in die Höhe hebt). Beim w, 
lessen Stbnmhaftigkeit den Laut vor der Unvemehmlichkeit 
itwas schützt, war eine derartige Verschärfung des Blase- 
Geräusches nicht so nothwendig. 

326. Die beiden stimmhaften Spiranten dieser Keihe, t? 
md Wj sind streng von dem *Halbvocal* ^ getrennt zu halten, 
iber den unten 410 ff. 422 zu vergleichen ist. Aack das 



128 327—329. Die Spiranten: 1. Labiale. 2. Zischlaute. 

stimmlose ^ in engl, toh ist nicht mit dem bilabialen / zu iden- 
tificiren. Die Scheidung documentirt sich schon äusserUch in 
der Articulation, indem bei den Spiranten Vj to die Ldppen- 
ränder mehr oder weniger gradlinig und parallel einander 
genähert sind, während der Halbvocal ^ die Kundung und 
grössere Mundöffnung des Yocals u theilt, ausserdem aber audi 
wie dieser eine Zungenarticulation in Anspruch nimmt. 

327* Eine eigenthümliche Abart des / findet man bei einzelnen In- 
dividuen (namentlich Juden) als Vertreter für /. Die Unterlippe ist dabei 
weit hinaufgezogen, sodass die Schneide der Oberzähne etwa in der Mitte 
der inneren Lippenfläche oder noch tiefer aufsetzt. Die Oberlippe isteboi* 
falls dem entsprechend gehoben, und beide Lippen sind nach aussen Tor- 
gestülpt, sodass sie vor den Zähnen einen kesself5rmigen Baum bilden 
(887). Ich bin nicht sicher, ob dabei auch die Zunge eine selbständige 
Articulation vornimmt (nämlich die Bildung eines ähnlichen Kessels hinter 
den Zähnen), möchte es aber fast glauben. 

2. Die Zischlaute. 

328. Hiermit betreten wir das für die Beschreibiug 
schwierigste und auch in seiner historischen Entwicklung noch 
am wenigsten aufgeklärte Gebiet unseres Lautsystems. Das- 
selbe umfasst eine Reihe von Spiranten, deren Anfang das 
interdentale 6, deren Ende das palatale s bildet und in deren 
Mitte die verschiedenen s- und ^-Laute liegen. Wir stellen 
voran die 

329. Zischlaute coronaler Bildung. Hier begegnen 
zunächst die interdentale oder postdentale stimmlose 
Spirans 6 nebst dem entsprechenden stimmhaften d. Die erstere 
Species wird durch Vorschieben des flach ausgebreiteten Zungen- 
saums zwischen die ein wenig von einander entfernten Zahn- 
reihen gebildet. Derselbe braucht nicht über die Kante der 
Oberzähne hervorzuragen. Die Hauptsache ist, dass die Enge 
zwischen dem Zungensaum und der Kante der Oberzähne ge- 
bildet wird (Michaelis^ marginales s). Dieser Art sind neur 
griech. S- und ö und oft englisches ^hartes* und Veiches' A 
nach dem Zeugniss von Storm^ S. 69, dem ich nur beistimmet 
kann. Sweet findet dagegen das engl, th gewöhnlich post- 
dental gebildet. Er unterscheidet nur zwei Hauptarten. Bei 
der einen wird der Zungensaum gegen die Hinterfläche der 
Oberzähne gepresst und die Luft entweicht durch die Zwischen- 
räume der Zähne (interstitielles 6, d); die Berührung 
zwischen Zungensaum und Zähnen wird aber oft gelockert und 



330—333. Die Spiranten: Coronale Zischlaute. 129 

unter umständen der Zwischenraum so erweitert, dass das 
Beibnngsgenlusch ganz verloren geht. Die zweite Art ist ein 
'inneres tKy "bei welchem keine directe Berührung der Zähne 
stattfindet, sondern die Zunge bloss den Alveolen unmittelbar 
.Mater der obem Grenze der Zähne genähert ist. Natürlich 
sind aber wieder noch mehrere Unterabstufungen mögUch. Ein 
^mittleres postdentales d mit sehr weiter Oeffnung ist z. B. das 
:8pan. d wenigstens in der chilenischen Aussprache. Stimmlos 
■erscheint dasselbe für « + rf, z. B. laOoOientes für las dos dientes 
(fiber das span. d s. 8torm2 g. 154. 1 g. 426). 

330. Man kann das auch ^divided' und einseitig 
bilden. Die Engen hegen dann entweder beidseitig oder ein- 
^seitig an den Eckzähnen. Dieser Laut scheint als Vertreter 
t des 5 in Deutschland nicht ganz selten zu sein. Ich glaube ihn 
■öfter von Berlinern sowie im Judendeutsch gehört zu haben, 
wl)in aber nicht sicher, ob er nicht vielmehr mit dem Zungenblatt 
•: gebildet wird. Vom engl, th unterscheidet er sich durch stär- 
;ieres Zischen, vielleicht weil die Lippen mit angeblasen werden 

oder doch die Luft sich in dem kleinen Hohlraum zwischen 
Zahnen und Lippen fängt. 

331. Bei dem interstitiellen 6 — welches natürlich nur von Personen 
' nut anseinanderstehenden Oberzähnen gebildet werden kann — findet auch 
: oft ein Anblasen der Oberlippe statt. Ich habe früher geglaubt, dass die- 
ses Anblasen dem 6 überhaupt erst seine eigentliche Hörbarkeit verleihe 
(wie beim /, v), habe mich aber überzeugt, dass dasselbe nur etwas Secun- 
daresist. 

332* Der Articulation nach stehen diese Spiranten den labiodentalen 
/, V nahe, daher auch der häufige Uebertritt derselben in die letztere 
Classe. Es bedarf dazu nur eines geringen Hebens und Einwärtsbiegens 
der Unterlippe, um diese mit den Oberzähnen in Berührung zu bringen, 
d. h. sie an der Bildung der Enge für das Blasegeräusch theilnehmen zu 
^en. Durch Bückkehr der beim 6 , 6 articulirenden Zunge zur Ruhe- 
lage ist dann der vollständige Uebergang zu /, v vollzogen. 

333. G^eht man mit dem Zungensaum noch mehr in die 
Ö!öhe, sodass die Enge an den Alveolen gebildet wird, so ent- 
steht das stimmlose Alveolar-r desEngHschen nebst seinen 
Mimmhaften Nebenformen mit und ohne Eeibungsgeräusch 
stimmhaftem spirantischem und sonorem r), bei noch stärkerer 
Seb'ung imd Zurückbiegung der Zunge das stimmlose Cere- 
iral-r, die man herkönmilicher Weise nicht zu den Zischlauten 
5u rechnen pflegt. Einen stimmlosen alveolaren Zischlaut 
lieser Art, über dessen Analyse ich aber nicht vöUig sicher bin, 
glaube ich in der irischen Aussprache von t nack Vocalew.^ 

Sierera, Phonetik. 5. Aüß. Ci 



130 



334. 336. Die Spiranten: Die «- nnd /-Laute. 



namentlich nach i gehört zu haben, z. B. in meat, eating; 
Enge muss aber ziemlich weit sein, da das Zischen nicht s^ 
stark ist (das Volk substituirt gewöhnlich postdentales oder 
interdentales 6 dafür; den entsprechenden alveolar-coronaleB 
Laut habe ich nur bei Gebildeten gefunden, welche noch dk 
Irish brogue sprechen, aber doch bestrebt sind das gewöhslicb 
alveolare t zu bilden). 

334. Die Zischlaute s und s nebst den entsprechende 
stimmhaften z und z. Hier gilt es vor allen Dingen den aus der] 
Sanskritgrammatik z. Th. auch in die sprachwissenschaMdid, 
Literatur eingedrungenen Lrthum zu beseitigen, als sei 'cere- 
brales ä' ohne Weiteres identisch mit «, oder 'palatales s' mit 
skr. f , d. h. als verhielten sich die drei Laute i, f , « so zueia- 
ander wie die skr. Verschlusslaute t^ c, t Vielmehr existirett 
vollkommen ausgebildete Parallelreihen von s- und i-Lauten^ 
d. h. es gibt sowohl cerebrale, palatale als dentale s und i 

335. Was nun zunächst die eigentlichen «-Laute 
so ist nach den Untersuchungen von Bell und Sweet für aft 
charakteristisch, dass die Engen mit dem Zungenblatt (161| 
gebildet werden. Nicht minder wichtig ist aber, wie es scheint^ 
dass bei ihrer Bildung die Zunge in ihrer Mittellinie zu einer 
schmalen mehr oder weniger tiefen Binne eingekerbt vird, 
durch welche der Luftstrom gegen die obere Zahnreihe oder 
die Alveolen geblasen wird. Dies unterscheidet die eigentlichöi 
Ä- Laute wesenthch von den rein coronalen Zischlauten. K* 
Enge selbst kann vom untern Bande der Oberzähne an auf- 
wärts bis zu der Articulationsstelle der Cerebralen gebildet 
werden. Engenbildung an der Kante der Zahne bringt ein 
lispelndes s hervor, das man als individuelle Eigenthümlici" 
keit bei einzelnen Personen findet. Beim franz. s, z ruht die 
Zungenspitze ebenfalls noch hinter den Unterzähnen, die Eng« 
liegt zwischen dem Zungenblatt und der Hinterwand der 
Oberzähne, an welche die Zunge stark angepresst wird 
Aehnlich sind wohl die meisten mitteldeutschen s gebildet, dock 
liegt da die Enge bereits am untern Bande der Alveolen. Ö 
Norddeutschland dagegen, namentlich in den MundarteBp 
welche das st, sp am zähesten festhalten, findet man alveolar« 
Ä, bei welchen auch die Zungenspitze bis über den untern Barf 
der Oberzähne hinauf gehoben ist. Diesem scheint das g«' 
wohnliche englische s nahezukommen; doch hat dies 
Sweet weitere Oeffnung als der deutsche und franzöi 
Lsbut Ausserdem schemt mr beim norddeutschen s die 



336. 337. Die Spiranten: Die «'-Laute. 131 

^rderzunge mehr convex gewölbt zu sein, wahrend das eng- 
pbche s eine Art üebergang zur coronalen Articulation dar- 
Irtellen mag: Das palatale i, das z. B. im Bussischen vor 
^alatalen Vocalen («, i u. s. w.) vorkommt, unterscheidet sich 
ührch noch weiter rückwärts liegende Enge und stärkere 
-Wölbung des gesammten Vorderkörpers der Zunge. Ein wirk- 
liches cerebrales s findet Storm^ S. 70 im Ostnorwegischen und 
^wedischen in der Verbindung rs, z. B. Börse 'Büchse', und 
im baskischen sosa 'un sou' (im Dialekt von Bayonne). Em- 
phatische alveolare «-Laute sind das arab. (ja s und J^ ;? (166). 

336. Ueber die eigentliche Articulation der «-Laute 
sehen die Ansichten der Forscher noch weit auseinander, weil 
wese Laute ausserordentlich viele und stark von einander 
abweichende Specialitäten entwickelt haben, die Articulation 
der Zunge aber sich noch mehr als bei den «-Lauten der 
directen Beobachtung entzieht. Nur so viel steht fest, dass die 
Enngenarticulation der s stets etwas weiter rückwärts liegt als 
die der s (s. die sehr instructiven Abbildungen und Beschrei- 
bungen beider Laute bei Grützner 219 ff.) ; wahrscheinlich ist 
Bur auch, dass die Lippen an der Modification des specifischen 
Geräusches mehr oder weniger betheiligt sind (vgl. auch 342). 
Diese Mitwirkung kann auf wesentlich zweifach verschiedene 
Weise herbeigeführt werden. Entweder wird die beim s vor- 
bandene Binne in der Zunge dergestalt verbreitert oder ganz 
in Wegfall gebracht, dass auch bei neutraler Lage die Lippen 
noch wenigstens in ihren seitlichen Partien von dem Exspira- 
tionsstrom getroffen werden, oder es werden, bei Beibehaltung 
jener Binne, die Lippen gerundet und oft auch mehr oder 
weniger vorgestülpt und bilden dann eine annähernd recht- 
eckige Oeffnung. Auch einseitige S finden sich; hier stemmt, 
sich der linke, seltener der rechte Zungenrand gegen den 
Gfamnen an imd so wird der Luftstrom nach der entgegen- 
gesetzten Bichtung in den Mundwinkel hinein, gegen die in 
ier Regel etwas seitlich abgehobenen Lippen geführt. Diese 
^it fiindet sich recht oft in Norddeutschland, namentlich ist sie 
t)ei Berlinern ganz gewöhnlich, aber auch von Engländern habe 
ch gelegentlich diese einseitigen i gehört. 

337« Das Wesentlichste ist vielleicht bei allen «-Articu- 
iationen die Bildung eines grösseren kesseiförmigen Baumes im 
Vordermunde, in welchen der Exspirationsstrom hineingetrieben 
mrd. Wenigstens scheinen mir die s sich von den eiits^T^eXi^TLdföQ. 



132 338. 339. Die Spiranten: Die /-Laute. 

Species der s stets durch eine dumpfere Kesselresona 
unterscheiden (mit dieser Resonanz schwindet daher vi' 
dem specifischen Klangcharakter des S bei Personen, des 
untern Schneidezähne fehlen. Man beachte auch, dass 
die cerebralen s, bei denen ein ähnlicher Kesselraum g( 
wird, einen i-ähnlicheren Klang haben). Die Lippenar 
tion hilft diese Kesselbildung nur vervollständigen und 
ficiren. AehnUch sagt auch Storm^ S. 72: *Wenn ich n 
Zungenspitze hebe, so entsteht nur supradentales s] ersi 
ich zugleich einen Theil des Zungenrückens ins Niveau I 
entsteht £, indem sich hinter dem Gaumendach ein ge^ 
Baum bildet, der einen tieferen Eigenton und ein mehr 2 
mengesetztes Geräusch hervorbringt.' 

338« Brücke erklärte dagegen das ihm geläufige alveolare s fi 
^zusammengesetzten Consonanten', weil seine Articulation nicht 
sei, sondern weil das s die 'Engenbildung eines alveolaren s mit 
gutturalen x^ verbinde'. Abgesehen davon, dass die doppelte Engen 
durch Brücke keineswegs ausser Zweifel gestellt ist (vgl. Merkel, 
102 £f., Grützner 222) ist doch der Laut i durchaus einheitlich i 
nicht mehr Anspruch auf den Namen 'zusammengesetzt', als z. 
palatalisirten oder genmdeten Laute, welche durch gleichzeitige "V^ 
verschiedener Articulationen des Ansatzrohrs erzeugt werden. — 
S. 39 beschreibt im Anschluss an Bell das s folgendermassen : 'D 
dem 8 sehr ähnlich, hat aber mehr von dem point-element (d. h. s 
Betheiligung des Zungensa ums); dies hat seinen Grund in d 
näherung an stimmloses r; das 8 ist in der That ein «, das auf den 
zu stimmlosem r angehalten ist. Dies geschieht, indem man die 
aus der «-Lage ein wenig zurückzieht und mehr nach oben wend 
den Zungensaum mehr in Action bringt.' Ich halte auch diese B( 
bung nebst den weiteren Angaben Sweet's noch nicht für hinl 
sicher oder geeignet eine deutliche Vorstellung von dem »-Mecha 
zu geben. 

339. Varietäten des s ergeben sich namentlich 
'durch die verschiedenen Stellungen der Zungenspitze u 
Wölbung verschiedener Theile der Zungenfläche. Gewö 
sind die s wohl supradental, d. h. auch die Zungenspitze 
zu den Alveolen gehoben. Doch kommen auch s mit ges( 
Zungenspitze vor, z. B. in Mittel- und Süddeutschland 
wie mir scheint, auch wohl in den palatalen oder moui 
i'-Lauten der slavischen Sprachen. Beim poln. ^ (auch ir 
Hhj poln. ö) imd dem damit von Storm^ 8.72 gleichges 
norw. sky sj in. skilling^ sjcel ist der mittlere Zungenrücb 
hoben. Hlalbpalatale s sind fast überall die deutschen 
Consonanten, die aus einfachem altdeutschen s hervorgeg; 
sindf wie in stehn^ sprechen^ %chlagen^ schneiden^ sckwerj { 



340. Die Spiranten: Die «-Laute. 341.342. Diea;-Laute. 133 

fsi etc., gegenüber dem deutlich nichtpalatalen s aus alt- 
utschem sk, wie in Schade, schreiben etc. Durch Hebung 
8 hintern Zungenrückens entsteht nach Sweet und Storm das 
k^wedische s in sktlling, sjalj das besonders im Südschwedi- 
:xen durch labiale Modification und Senkung der Yorderzunge 
rstäxkt werden kann und das wie ein Zwischenlaut zwischen 
utschem seh und eh in ach klingt (Storm ^ S. 72). Auch die 
loaz. cÄ,y sind wohl mit gesenkter Zungenspitze gebildet, die 
irddeutschen und englischen s aber mit gehobener Zungen- 
itze. Dazu hat, wie Sweet bemerkt, das engl, sh grössere 
i^finung als das deutsche seh und dadurch liegt zugleich 
Lue Enge etwas weiter rückwärts. Eigentlich cerebrales ^ 
heint z. B. das Sanskrit besessen zu haben: gehört habe ich 
cn Laut nicht. 

340« Die palatalen 8 nahem sich oft im Klange den Palatalen ch- 
.'Uten (tcA-Laut), mit denen sie oft wechseln (wie denn z. B. dem russ. 
mit palatalem tcA-Laut oder stimmlosem spirantischem i im Polnischen 
mt palatalem S entspricht). 

3. Die palatalen und velaren a:-Laute. 

341. ifeben dem palatalen Zischlaut s, z steht der palatale 
Girant x 7 d^^ wir im Deutschen mit dem Namen des »cA-Lauts 
i bezeichnen pflegen, nebst seinem stimmhaften Correspon- 
snten, der Spirans/, wie sie in Nord- und Mitteldeutschland 
■ossentheils gesprochen wird (wohl zu unterscheiden Ton dem 
iJbyocal j, der z. B. in Süddeutschland häufig vorkommt, 
5I. 422). Der physiologische Spielraum dieses x ist natürlich 
srhältnissmässig sehr bedeutend (vgl. 161). Unser deutsches 
i nach oder vor t und unser j würden zu der vorderen pala- 
den Species [x^) gehören (noch weiter nach vom liegt das /, 
BS z. B. in Thüringen und Sachsen für j (und g) gesprocheo 
ärd, wie ia jeder, jung, liege, gespr. x^c?*j, xw^(Ä), Itx^ u.dgl.), 
Ehrend z. B. das holländische g nach e, i der hinteren Palatal- 
aihe (x^) zuf äUt. 

342* Eine Art Zwischenlaut zwischen /und x ix) findet sich in einem 
""Wtmitteldeutschen Dialektgebiet (Frankfurt, Nassau etc.) als Vertreter 
(XQ etymologischem / und x neben palatalen Lauten, also z. B. in Yerbin- 
■tngen wie gr%xix9 g9xix^9 'griechische Geschichte'. Die Zungenarticula- 
Mm scheint hier wesentlich die eines x zu sein, gleichzeitig besteht aber 
•Äe leichte (verticale) Kundung der Lippen, die dem Laut seinen /-ähn- 
(«^en Charakter verleihen hilft (vgl. 886). 



134 343—345. Die o;- Laute. 346. Laryngale Spiranten. 

34:3. An die palatalen schliessen sich der Articolation 
die Velaren x^ an. Das vordere velare x^ ist das gewa 
deutsche ch nach a, o, u (der acA-Laut), das hintere velBreiif>^' 
das tiefe ch der Schweizer und mancher süddeutscher Mi 
arten, das xe der Armenier. Auch russ. Xj poln. ch 
wohl grossentheils zu den hinteren Velaren. Sie unterscheide^ e 
sich aber von den deutschen Formen durch eine aofMi 
Schwäche des Beibungsgeräuschs. Anlautendes russischeg 
klingt oft geradezu wie ein recht energisches h. Auch Stom' 
S. 73 bemerkt, dass es ihm zwischen deutschem ch und h 
liegen scheine, und dass es ein ocA-Laut mit loser Annäbi 
der Organe sei (vgl. dazu 499). 

344. Dem x^ entspricht als stimmhafter Co 
das j^ = neugriech. y. Es ist der Laut, den man m Noi4|l^ 
deutschland für inlautendes g nach a, o, t< z.B. in Tage^ 
hört (im Auslaut spricht man ganz diesem j^ entsprechi 
stimmlos a:*, täx^, böx^). Auch als Vertreter des uvularenfiv^ 
konmit das j* vor, obwohl diesem genauer das hintere j' 
(= armen, ^at) entspricht. 

346. Die X' ^^^ a:-Laute unterscheiden sich von 
Zischlauten durch eine durchaus dorsale Articulation. Es fehlt 
ihnen das scharfe Zischen, das die «-Laute durch den AnM 
der Luft an die Zähne erhalten, und die Kesselresonanz 
^- Laute. Ihre Beibungsgeräusche sind daher milder als 
der Zischlaute und so erfahren sie häufiger als jene eine 
Beduction (vgl 499 ff.). 

4. Laryngale Spiranten und Verwandtes, ^äj 

346. Als laryngale Spiranten im eigentUchen 
Worts sind nur diejenigen Formen der sog. A-Laute m. 
nen, welche mit deutlichem Beibungsgeräusch im Kel 
gebildet werden. Von stinmilosen Formen gehört hierher tot 
allem das sog. heisere h (^) des Arabischen und andrer 
Sprachen (ich kenne es z. B. noch aus dem Somali). Hier ist| 
wie Czermak gezeigt hat, die Bänderglottis geschlossen, der 
Hauch entströmt nur durch die geöffnet gehaltene Knorpel- 
glottis, an deren Bändern er das specifische Beibungsgeräusä 
erzeugt. Nach den Angaben bei Ellis IV, 1130 a wird ein 
solches h auch von Wandern oft gesprochen, doch dürfte i^i 
Beibungsgeräusch bereits erheblich schwächer sein als beim 
vollen arab. ^. Schwächere Beibungsgeräusche finden sich auch 



^7. Laryngale Spiranten. 348. 349. Die Yerschlusslaute. 135 

^V^^ nicht selten bei den h yerschiedener Sprachen. Treten 
solche Beibungsgerilusche nicht auf, oder sind sie so 
iwach, dass sie nicht gesondert empfunden werden, so sind 
entsprechenden Formen der h vieknehr als blosse Hauch- 
laute zu charakterisiren, und zwar als laryngale Hauch* 
^ laute, sofern bei ihrer Bildung die Stimmritze (behufs Luft- 
crspamiss) merklich verengt ist. Feste Grenzen zwischen diesen 
Tcrochiedenen Arten Ton h sind demnach nicht zu ziehen, auch 
Mit es zur Zeit noch an hinlängUch genauen Einzelermitte- 
lungen. Hier kann wohl die neuerdings von E. A. Meyer (s. 284) 
wieder aufgenommene Methode der stroboskopischen Unter- 
suchung des Kehlkopfs (vgl. 76) noch brauchbare Eesultate 
nbwerfen. 

347. Als stimmhafte Parallelen sind die stimmhaften h 
inzuführen, über die in 283 ff. gehandelt ist. Ueber das 
ärab. ^ s. 354. 

Weiteres hierzu s. bei den Vocalein- und -absätzen 388 ff. 



Cap. 15. Die Verschlnsslante. 

A. Die Verschlusslaute nach ihren Articulations- 

stellen. 

1. Labiale. 

348. Die Verschlusslaute dieser Reihe sind im Allgemeinen 
aur bilabial. Nur in der Verbindung mit den theilweise homor- 
janen labiodentalen Spiranten (/, v, also/?/, it?, vgl. unten 
167) erfährt auch die Unterlippe in der Regel die Pressung 
fegen die Oberzähne, welche diesen Spiranten eigenthümlich 
st. Der Klang der Verschlusslaute wird dadurch wenig oder 
:ar nicht verändert, die ganze Erscheinung ist offenbar erst 
ecundär und ohne besondere Wichtigkeit für die Lautgeschichte. 
Jeher sog. emphatisches p s. 166. 

2. Die Laute der Zungenspitze. 

349. Cerebrale f, d nebst den Aspiraten ^A, dh sind aus 
em Sanskrit und den neuindischen Sprachen zuerst bekannt 
eworden, wo sie häufig vorkommen. In Europa kennt sie das 
chwedische, wo r^, rd als (r)^, [r)d ausgesprochen werden. 
LUch das sicil. d in cavaddu für cavallo ist nach Storm^ S.43 
Brebral, aber ohne Beimischung eines r-Lautes, während ihm 



136 3Ö0. Die Yenchlasslaate: Palatale. I c 

das ind. d zunächst gleich dem schwed. rd klingt, aber hxsAi* 
von dem 'dicken' / (s. 321) zu unterscheiden ist. Die englisdafc 
/, d^ welche von den Indem bekanntlich als cerebral atd^ebatliz: 
werden im Gegensatz zu deren rein interdentalen rT, ^, saifti: 
in Wirklichkeit alyeolar. Alveolare t^ d herrschen audikly 
Deutschland, namentlich im Norden, vor. Sie sind überhai^lre 
vielleicht die üblichste Art der sog. Dentalen. Es gibt nuoKto'p 
lei Abstufungen derselben, je nachdem die bis zu den AlTeofan i 
heraufgezogene Zungenspitze reiner coronale oder mehr dona»: 
Articulationsform hat (mir scheinen die norddeutschen Aheobw] 
-^, -(/ etwas mehr dorsal gebildet als die englischen, vielleidiK 
auch etwas weiter nach vom). Zu den Alveolaren gehören aou 
die emphatischen ^ (;), ^ [d] des Arabischen (166). Dorsw 
alveolar in dem 159 bestimmten Sinne (Brüdka^s BäÖIH^ 
sind vielfach die ^, £^ in Mittel-, auch wohl in SüddBiiibHJiiiiv^ 
(namentlich oft in den Af fricaten ts und ts auch da wo das ebw ^ 
fache t nicht dorsal gebildet wird), mouillirt erscheinen sie ilfc 
russ. >wt», dh, Postdentale t^ rfhabe ich im Spanischen beolhl: 
achtet, gelegentlich auch in Deutschland. Findet der Vaf'p 
schluss am untern Bande der Oberzähne statt, so sind diel 
Postdentale schwer von den Interdentalen zu unterscheiden fc 
In der letzteren Weise werden nach dem Zeugniss von Storm'l 
S. 69 noch heutzutage die indischen Dentale gesprochoit 
Selbst beobachtet habe ich sie in grösserem Umfange im Serbi-l- 
sehen und Armenischen, wo sie die regelrechten Vertreter der I: 
Dentalclasse zu sein scheinen. Auch im Englischen erscheinen I 
dialektisch interdentale t und d für hartes und weiches /A, z.B. I 
in der Aussprache der Irländer. Stimmloses d für weiches ii 1 
habe ich im Dialekt von Westmoreland gefunden, wie in Amfr, | 
mudr für brother^ mother\ das r ist gerollt, die Mediae und das 
Schluss-r sind stimmlos. Im Deutschen findet man die inter- 
dentalen ^, d ebenfalls öfter, individuell wie dialektisch, letz- 
teres z. B. in Kärnten, sonst namentlich bei Juden. Li den 
älteren indogermanischen Sprachen scheint diese Lautreihe 
weiter verbreitet gewesen zu sein als in den modernen, wenn 
man aus dem häufigen Uebergang 'dentaler' Verschlusslaute 
in interdentale Spiranten (t^ f im 6\ ^ zu d) einen Schluss 
ziehen darf. 

3. Palatale. 

350« Das Verbreitungsgebiet der echten Palatale c, \ ist 
ziemlich beträchtlichen Umfangs (sehr reichliche Belege aus 



351 — 353. Die Yenchlasslaate: Velare, laterale, laryngale. 137 

den germanischen Sprachen bringt z. B. H. Möller, Die Palat&l- 
reihe der indogermanische Grundsprache im Germanischen, 
Ldpzig 1875) ; nur pflegen wir die Existenz dieser für die Laut- 
geschichte so wichtigen Olasse von Lauten gern deswegen zu 
übersehn, weil ihre deutschen Vertreter mit den entsprechenden 
yelaren Verschlusslauten unter denselben Zeichen (k, g) com- 
hmirt werden. Wegen ihrer Articulationsverwandtschaft mit 
den palatalen Vocalen erscheinen sie besonders häufig vor 
[diesen (besonders i, e^ vgl. auch 482 ff.), aber auch vor andern 
|Tocalen fehlen sie nicht (vgl. z. B. lit. kiaüU^ kiaüszis, d. h. 
Mfttf/e^, causis). 

4. Velare. 

351. Die zwei Velarreihen (163) sind in den semitischen 
iBiNrachen noch zum Theil unterschieden, z. B. im hebr. kaf 
■und kof (das letztere gehört, wie arab. /j ^, zu den emphati- 
schen Lauten, 166), ein k^ ist auch das georgische q] k^z^ hört 
man oft von Schweizern, auch wohl k^ allein, wenn dieselben 
Schriftdeutsch sprechen; sonst habe ich k^ im Deutschen 
nur gelegentlich als individuelle Eigenthümlichkeit einzelner 
Sprecher beobachtet. Die deutschen k vor a, o, u sind k^, vor 
den palatalen Vocalen wird die Articulation meist weiter nach 
vom verschoben, jedoch bestehen dabei starke dialektische 
Unterschiede, ohne dass die Verschiedenheit der Articulation 
zum deutlichen Bewusstsein käme. 

5. Laterale. 

352. Laterale Verschluss- oder genauer Explosivlaute sind 
in den indogermanischen Sprachen regelmässig die sog. Dentale 
Und Palatale vor l Ihr EQang richtet sich natürlich nach der 
Sonstigen Stellung des Zungenkörpers, worüber die Combina- 
tionslehre Näheres bringen wird (Cap. 22). Einen stimmlosen 
lateralen Explosivlaut ohne nachfolgendes l kenne ich aus der 
Sprache der Tlinkiten nach Mittheilungen des Herrn A. Pinart. 

6. Laryngale. 

353. Der einfache, stimmlose Kehlkopf explosivlaut (vgl. 
172, 6), den wir mit ^ bezeichnen, dient namentlich in den semi- 
tischen Sprachen (welche überhaupt ein ganzes System von 
Laryngallauten aufweisen) als besonderer Sprachlaut mit etymo- 
logischem Werth (hebr. Aleph, arab. Hamza u. s. w.). Anderwärts, 



138 364.356. DieVendüiuslaateiLaryngale. 366.357. Arien ihrer Büdg. 

z. B. auch im Deutschen, tritt Stimmritzehschluss und -explosion 
nur als eine der verschiedenen Wechselformen des Ein- bez. 
Absatzes von Yocalen und andern Lauten auf (vgl. 385. 365 etc.). 
Wiederum anderwärts dient dieser Vorgang auch accentuellen 
Zwecken (bei dem sog. Stosston, 585 ff.). Aus dieser Yersclue- 
denheit der Function erklärt sich auch die Verschiedenheit der 
Bewerthung unseres Lautes in der phonetischen Literatur, die 
ihn theils als selbständigen Sprachlaut, theils als mehr oder 
weniger secundäre Begleiterscheinung betrachtet, ohne am 
jedoch die Auffassung des phonetischen Vorgangs selbst da- 
durch tangirt würde. 

354. Eine stimmhafte Parallele zu ' und h (346) scheint 
das semit. Ajin (arab. ^) zu sein. Dieser Laut beginnt, wenigstens 
im Anlaut, wohl zweifellos mit Kehlkopf schluss, aber dieser ist 
viel stärker forcirt als beim ' (172, 7), und zwischen Explosion 
und Folgelaut schiebt sich daher ein Stück forcirter Press- 
stimme ein, so dass das ganze als stimmhafter Kehlpresslaot 
(176) bezeichnet werden kann. Der Grad der Pressung wech- 
selt übrigens z. B. in den verschiedenen arab. Dialekten ziem- 
lich stark: je stärker und deutlicher das Hamza articulirt wird, 
um so stärker gepresst ist auch das ^, und umgekehrt, sodass 
manchmal das ^ kaum etwas anderes ist als ein etwas stärkeres 
Hamza. Auch hier ist noch genauere Untersuchung erforderlich, 
zumal im Lilaut kein Verschluss zu bestehen scheint. 

355* Ueber die faucalen Explosivlaute s. 168 ff. und 465 £ 



B. Die Verschlusslaute nach den verschiedenen 

Arten ihrer Bildung. 

356. Bei allen Verschlusslauten wird nach der Bildung 
des Verschlusses die Luft im Mundraum (bez. bei den laryn- 
galen ' und ^, 354 f. die Luft im Lungenraum unterhalb der 
Stimmritze) auf irgend eine Weise comprimirt, und diese ver- 
dichtete Luft erzeugt dann bei der Aufhebung des Verschlusses 
das charakteristische Platzgeräusch der Verschlusslaute. 

357. Bei den stimmlosen Verschlusslauten wie j9, ^, A ist 
dieser Knall der einzige Schall, der überhaupt erzeugt wird 
Bei den stimmhaften, wie rom. slav. b, d, ff, tritt während der 
Dauer des Verschlusses und der Explosion noch der Stimm- 
ton hinzu. Man bezeichnet diesen hier wohl als Blählant, , 
weil die zur Stimmbildung durch die Stimmritze getriebene E 



^ 



368—360. Die VenGhloBslaate: Fortes und Lenes. 139 

iuft den als Blindsack vorgelagerten (nach vom zu abgesperr- 
en) Mundranm allmählich aufbläht. 

358. Wegen dieser Absperrung klingt der Blählaut der Verschluss- 
rate dnmpfer als sonst die Stimme bei Lauten, die eine Ausflussöffiiung 
laben; auch scheint hier besonders oft die Murmeistimme (84 f.) statt der 
^oUstimme einzutreten. Es ist deshalb nicht immer leicht, das Vorhan- 
lensein von Stimme bei einem Verschlusslaut herauszuhören, und so em- 
£ehlt sich hier besonders die Anwendung der in 28 bezeichneten Control- 
nitteL üeber die Pressstimme beim c s. 854. 

359. Je nach dem Grade der Compression und der dazu 
m Yerhältniss stehenden Stärke des Explosionsknalls sind 
nreiterhin Lenes und Fortes zu unterscheiden. So ist das 
rtimmlose g in thüring.-sächs. geht Lenis im Yerhältniss zu der 
ebenfalls stimmlosen Fortis h in thüring.-sächs. kommt ^ soweit 
lies h ohne Aspiration (also vulgo wie gommt) gesprochen 
wird. Deutlicher ist der Unterschied in den süddeutschen, 
jpecieU in den schweizerischen Mundarten ausgeprägt, wo neben 
Jen stimmlosen unaspirirten Fortes, die durch Py t, k (letzteres 
Schweiz, oft^^) ausgedrückt werden, ganz entsprechende stimm- 
lose Lenes by d, g auftreten (s. besonders Winteler S. 18 ff. und 
Hausier, Der alem. Oonsonantismus der Mundart von Basel- 
stadt S. 1 ff.). Auch sonst sind im Deutschen diese stimmlosen 
Lenes nicht selten, ebenso kennt sie das Dänische und auch das 
Englische hie und da (z. B. regelrecht der Dialekt von Wesi>- 
moreland). Im Armenischen wechselt die stimmlose Aussprache 
1er J, d* g (also die Aussprache als stimmlose Lenis) mit der 
itimmhaften Aussprache promiscue ab, ohne dass deshalb der 
Jnterschied von den unaspirirten Fortes p, ty k oder den 
spirirten Fortes /?Ä, th, kh verwischt würde, und so erscheinen 
berhaupt in den Sprachen, welche sonst ihre by d, g stimmhaft 
prechen, in der Nachbarschaft stimmloser Laute öfter auch diese 
binunlosen Lenes (vgl. z. B. vielfach auftretendes norddeutsches 
jh bin mit stimmlosem i, mit du bist mit stimmhaftem b). 

360* Es ist wohl zu beachten, dass die stimmlosen Lenes in den ein- 
ilnen Sprachen erhebliche Stärkeunterschiede aufweisen. Am schwächsten 
nd sie vielleicht in den Schweizermundarten, stärker bereits in Süd- 
eutschland. In Mitteldeutschland, ja auch in einem grossen Theile von 
[orddeutschland, wo wie in England die anlautenden b, d, g sehr gewöhn- 
ch stimmlos gesprochen werden, haben die betreffenden Laute wohl 
Skhezu die Stärke einer romanisch-slavischen Tenuis, so dass auch hier 
ine feste Grenze zwischen den beiden Classen (Lenes und Fortes) nicht 
ezogen werden kann • (abgesehen von dem nachher zu erörternden Unter- 
3hied zwischen Spreng- und Lösungslauten). — lieber 'neutrale' 
iwischenstufen zwischen Portes und Lenes s. auBserdem oben 184» 



140 361—364. DieVerschlusslaate: ForteBimdLenes. 

361* Nach Winteler unterscheiden sich die stimmlosen Lenes 6, (f, f 
der Schweizer ausschliesslich durch geringeren Luftdruck von den Lmpi 
her von den entsprechenden Fortes p,t,k, Sweet üasst dagegm dis 
*stimmlosen Lenes' 6, <^, ^ als haff-voicedstopsj d. h. nach ihm befindet 
sich die Glottis während des Verschlusses in der Stellung zum Tonen, aber 
ohne dass Luft hindurchgepresst wird; der Glide zum folgenden Yocalsei 
deshalb stimmhaft, was bei den 'Tenues' nicht der Fall ist. Wenndioe 
Auffassung richtig ist, so würde sich die Schwäche der Sxplosion bei deD 
betreffenden Lauten mindestens zum Theil aus der Hemmung der Exspin- 
tion durch die verengte Stimmritze erklären lassen. Zuzugeben ist jeden- 
falls, dass bei den englischen anlautenden stimmlosen b, d, g der Gldtlant 
oft stimmhaft gebildet wird, da das Englische in dieser Stellung überhaopi 
noch zwischen stimmhafter und stimmloser Aussprache schwankt, d.h. dn 
Stimmeinsatz sogar noch in die Verschlussstellung hineinziehen kazm. 
Nach den Beobachtungen von E. A. Meyer S. 22 (vgL namentlich auch die 
Curventafel S. 20) scheinen aber stimmlose Verschlusslaate nach Stimm- 
haften überhaupt (d. h. ohne principiellen Gegensatz von Lenis wai 
Fortis) während des ersten Theils der Yerschlussdauer noch oft eine 
lockere Schlussstellung der Stimmbänder aufzuweisen, die zu (stimmlosen| 
Schlotterschwingungen der Stimmbänder (vgl. 284) Anläse gibt, wahreod 
das Endstück der Yerschlussdauer schwingungslos ist und daher woU 
Oeffnung der Stimmritze voraussetzt. Auch hier ist also noch genauere 
Erforschung des ganzen Yorgangs abzuwarten. — üeber stimmlose Ve^ 
schlusslenes als 'reducirte stimmhafte Mediae' s. 518. 

363« Bei diesen stimmlosen Parallelen beruht der Unter- 
schied der Explosionsstärke, wie man sieht, auf der Verschie- 
denheit des Gesammtdruckes: die Lenis wird mit schwächerem, 
die Fortis mit stärkerem Drucke gebildet. Etwas anders liegt 
die Sache bei den stimmhaften Verschlusslauten. Bei diesen 
wird ein Theil der Kraft des zur Lautbildung verwandten Luffc- 
stroms durch die Erzeugung der Stimme absorbirt; wegen der 
durch die verengte Stimmritze gehemmten Luftzufuhr wird die 
Compression der Luft im Mundraum nicht so weit getrieben 
wie bei sonst gleichem Druck und offenem Kehlkopf; der Ex- 
plosionsknall ist daher auch stets schwächer als bei den stinun- 
losen Parallelen gleicher Druckstärke (vgl. 170 f.). Sie haben 
also ihrem Gesammteffect nach stets etwas von dem Charakter 
der Lenes an sich, auch da, wo sie dem Gesammtdruck nach 
als Fortes zu bezeichnen sind. 

363. Eine weitere Scheidung der Verschlusslaute ergibt 
sich je nach der Art, wie die Compression der Luft im Mund- 
raum herbeigeführt wird. 

364. Gewöhnlich erfolgt diese von den Lungen aus, indem 
durch den Druck der Exspirationsmusculatur Luft aus den 
Lungen in den Mund getrieben wird. Bei den stimmlosen 
Ver/Schlusslauten dieser Art steht dabei die Stimmritze offen 



( 



366. Die Yenchlusslaute: Offen. a.ge8chlo88. Kehlkopf. 141 

(höclistens ist sie nach Massgabe des zu Schluss von 361 Gte- 

sagten zu einem lockeren Halbschluss verengt), bei den stimm- 

haften ist sie zum Tönen eingestellt. So werden einmal alle 

stimmhaften Yerschlusslaute, wie rom. slav. b^ d^ g (überhaupt 

auch wohl alleLenes) gebildet, femer die sog. reinen Tenues 

mit offenem Kehlkopf, welche jetzt z. B. bei den Slaven 

i imd Bomanen im An- und Inlaut allgemein üblich, aber auch 

1 in Deutschland (namentUch im Westen von Norddeutschland, 

- des^ in Holland) verbreitet sind. Endlich fallen auch die 

[ Aspiraten hierher, bei denen der Explosion noch ein Hauch 

I folgt (vgl. 436 ff.). 

L 

\ 365. Seltener werden Verschlusslaute mit Kehlkopf- 
I verschluss gebildet. Bei diesen wird nach der Bildung des 
I Mundverschlusses die Oommunication des Mundraums mit den 
I Limgen durch festen Verschluss der Stimmritze abgeschnitten. 
\ Die Compression erfolgt dann durch Hebung des Kehlkopfs 
{ und Zusammenpressung der Wände des Mundraums. Bei der 
r Explosion verpufft somit nur das geringe Quantum Luft, das 
; bisher im Mundraum eingeschlossen war. Deshalb klingen 
\ diese Laute stets sehr kurz und scharf abgestossen ; zur Bildung 
eines nachfolgenden Hauches ist nie Gelegenheit geboten. Wir 
bezeichnen sie als ä, f , p u. s. w., d. h. als A, f , p mit ', dem 
Zeichen des Kehlkopfverschlusses (363). — Die Verbreitung 
dieser Laute scheint gering zu sein. Bisher habe ich sie mit 
Sicherheit selbst nur im Armenischen in der Aussprache von 
Tiflis und Erzerum und im Georgischen beobachtet, doch ge- 
hören vielleicht auch die emphatischen ij t, p der semitischen 
Sprachen (arab. /ä k, J^t, aethiop. jo, 166) hierher. Bei den 
armenischen Lauten dieser Art erfolgt die Explosion des Mund- 
und Kehlkopfverschlusses durchaus gleichzeitig, sodass man 
also nur eine Explosion hört; im Georgischen folgt dagegen die 
Kehlkopfexplosion der Mundexplosion nach und wird deutlich 
von dieser gesondert gehört. Uebrigens sind diese Verschluss- 
laute bisher jedenfalls nur als Fortes beobachtet worden. Dass 
sie bei vollem Kehlkopfverschluss zugleich stimmlos sind, ver- 
steht sich von selbst. Eine Art von stimmhaften Parallelen 
bilden jedoch vielleicht die stimmhaften emphatischen Ver- 
schlusslaute wie arab. {je (^), 166; auf nahe Berührung der bei- 
den Classen weist jedenfalls auch der dialektische Uebergang 
von arab. rj k in (ursprünglich gepresstes?) ff hin; auch das 
georg. Ä' wird in dieser Weise öfter als gepresstes ff gesprochen. 



142 366—369. Die YencUiUBlaate: Spreng- und LSrnrngskiite. 

366« Ueber das Bestehen oder Fehlen eines Kehlkopfirencbhnei 
entscheidet leicht ein einfaches, nach meinen Angaben bereits von GratEoer 
S. 211 beschriebenes Experiment. Man stecke ein feines Böhrchen (eiae 
nicht zu starke, auf beiden Seiten offene Federspule genügt) zwischen die 
Lippen und spreche dann mehrmals die Silben |)a oäerpa (mit Aspiratbii) 
aus. Trotz dem Ausströmen der Luft durch das Böhrchen kann man deut- 
lich den Eindruck eines p oderp erzielen (ebenso gelingt das EiperimeQi 
bei ba)j zum Beweis, dass fortwährend von den Lungen aus mehr Lnft zu- 
strömt, als durch das Böhrchen abfliesst; die eingeschlossene Luft bleiki 
also stets stärker comprimirt als die äussere und kann also jederzeit bd 
Lippenöffiiung noch explodiren. Ein^a aber gelingt nicht, weil bei Kdil- 
kopfschluss die Luft im Mundraum sich sofort mit der äusseren Luft im 
Gleichgewicht setzt. Man hört also zunächst nur das kurze Zischend« 
entweichenden Luft, dann den Vocal (mit festem Einsatz, 885] : die Treo- 
nung der Lippen geht ohne Explosionsgerausch vor sich. Schliesst mn 
die äussere Oeffiiung des Böhrchens mit dem Finger während man ein ge* 
wohnliches p articulirt, so entweicht die Lufb bei Oefifhung des Fingst 
Schlusses in andauerndem Strome, dessen Dauer beim Ansatz zu aspirirtem 
p noch gesteigert wird. Bei wirklichem p aber verpufft das geringe 
Quantum comprimirter Lufb im Mundraum fast momentan. 

367. Endlich wird noch ein sehr wichtiger Unterschied 
bedingt durch die verschiedene Art, wie die Bildung und 
Aufhebung des Mundverschlusses erfolgt. Hiemach sind 
zu unterscheiden: 

368. 1. Gespannte Verschlusslaute oder Spreng- 
laute. Die articulirenden Weichtheile sind mindestens in der 
Berührungszone in sich activ angespannt (vgl. 262 ff.), die 
Berührungsflächen sind infolge dessen relativ schmal (nament- 
lich bei den Lippen lässt sich das deutlich beobachten: die 
Spannung markirt sich da auch in einem schärferen Anziehen 
der Lippen an die Zahne). Der Verschluss wird durch einen 
plötzhchen, auf den Moment der Verschlussaufhebung concen- 
trirten Luftstoss geradezu gesprengt. Das Platzgerausch hat 
dadurch einen scharf abgestossenen Charakter. Der Strom- 
druck sowie der entsprechende Druck der articulirenden Theile 
auf einander braucht deshalb nicht übermässig stark zu sein. 
Dieser Art sind heutzutage z. B. die /?, t, h der romanischen 
Sprachen, des- Neugriechischen, des Niederländischen, auch die 
unaspirirten Tenues von Nordwestdeutschland, femer alle sog. 
Tenuisaspiraten. Da übrigens die Sprengung, selbst bei geringer 
Pressung der verschhessenden Theile, eine gewisse Druckstärke 
voraussetzt, so begreift es sich, dass Sprenglaute nur als Fortes 
und nur stimmlos auftreten. 

369. Der Ausdruck 'Sprengung' ist nicht so zu verstehen, als ob die 
Oe^ung des Mundes blosa d\xxc\i di<& Kr«.ft der comprimirten Laft 



70.371. DieVerschfaiBsL: Spreng- u.L(>8iing8l. 372. Terminologie. 143 

rfolgte. Der Yersohlass kann vor dem Moment der Explosion selbst 
ereits etwas gelockert sein: es kommt nur darauf an, dass von der ex- 
lodirenden Laft ein letztes Yerschlusshemmniss durch Sprengung über- 
nmden wird. Die weitere Oefihung des Mundes für die Stellung des 
bigenden Lautes erfolgt natürlich ganz durch eigene Muskelwirkung. 

370. 2. Ungespannte VerschlusslauteoderLösungs- 
laute. Die articulirendenWeichtheile sind in sich ungespannt 
md daher weniger elastisch, die Berührungsflächen breiter. 
Der Verschluss wird nicht sowohl 'gesprengt' als 'gelöst', d. h. 
Sie unelastischen Massen der articulirenden Weichtheile wer- 
3en langsamer und ausschliesslicher durch eigene Muskelwir- 
hmg von ihren Widerlagen gewissermassen abgewickelt oder 
abgezogen, oline jenes plötzliche elastische Abspringen von der 
Wlderlage, das die Sprenglaute auszeichnet. Dieser Art sind 
sowohl die sthumliaften als die stimmlosen Lenes (stimmhafte 
and stimmlose b, d, ff oben 359. 363). Eine Art stimmloser 
Portes dieser Gattung bilden die Laute, welche in vielen Gegen- 
den Mitteldeutschlands für anlautende b, d, ff wie anlautende 
p, tj (k) gebildet werden (vgl. namentlich das bereits angeführte 
4 in thüring.-sächs. kommt j vulgo gommt^ gegenüber ff in geht^ 
oben 359). Der Stromdruck (und entsprechend der gegen- 
seitige Berührungsdruck der articulirenden Theile) kann bei 
diesen Lösungslauten ebenso stark sein wie bei den Spreng- 
fertes (ja directe Messungen zeigen, dass er vielfach stärker ist), 
aber seine grösste Stärke liegt nicht im Momente der Explosion, 
sondern im Lmem der Pause, die dieser vorangeht. Auch bei 
starkem Druck hat nach allem dem die Explosion bei den 
Lösungslauten einen dumpferen und matteren Klang als bei 
den Sprenglauten. 

371* Mit Unrecht hat man die Lösungsfortes nach den Angaben 
Uerkers über die sächsischen Laute bisweüen zu den Y erschlusslauten mit 
^ehlkopfverschluss gerechnet; das in 366 angegebene Experiment zeigt 
lofort die ünhaltbarkeit dieser Ansicht. 



1 Verhältniss der verschiedenen Bildungsweisen zu 

der älteren Terminologie. 

(Tenuis, Media, Aspirata u. ä.) 

373. Das Consonantensystem der griechisch-römischen 
Grammatiker umfasste nur zwei Arten von Verschlusslauten, 
lie wir heutzutage mit den lateinischen Namen der Tenues 
ind Mediae zu benennen pflegen. Die sog. A%^\x2ut^xy. da^ 



144 3'73- 3'74' I^i^ Yerschlttsslaute: Terminologisohes. 

Griechischen q>, Xt ^ oder lat. ph^ th^ ch waren aber zu 
Zeit, wo jene Systeme aufgestellt wurden, bereits Spiranl 
oder werden doch von uns als Spiranten gesprochen (aasser 
Deutschland das &, welches vom t meist nicht unta^i 
wird). Die Zeichen für die ^Tenues* tt, i^, x, lat. />, <, c, i 
und die 'Mediae* ß^ d, y, lat. h^ d^ g sind in die Schriftei 
aller abendländischen Nationen übergegangen, und es ist daher 
in Deutschland z.B. üblich geworden, diejenigen Laute, wddl 
durch Ptifh^q bezeichnet werden, Tenues zu nemien, üe^ a 
jenigen aber, welche durch h^ d^ g ausgedrückt werden, sK 
Mediae zu bezeichnen. Die />, ^, A; werden aber in verscIiiedeDfll Z 
Gegenden ganz verschieden ausgesprochen, bald mit stärkereit 
bald mit schwächerem Hauch, bald vollkommen hauchlos 
bei h und g ist die Verwirrung erst recht gross geworden, 
diese nicht nur als Verschlusslaute, solidem auch als stiiDB'* 
hafte oder stimmlose Spiranten gesprochen werden, z. R i 
mitteldeutschem (und norddeutschem) lehe^ Tage^ Tag TL8.f*^i: 
(im Auslaut aber wie in Leib hören wir sogar oft aspirirtesft 
ebenso ein k für auslautendes g, z.B. im schlesischenaIldobe^ 
sächsischen Dialekt). 

373. Gegenüber diesem Wirrsal von Aussprach8wei8ei|cn 
musste eine strengere Lautwissenschaft auf eine bestimmte« 
Definition der alten Ausdrücke Tennis und Media dringe»,^ 
wenn dieselben überhaupt aufrecht erhalten werden solltes, 
und es schien aus praktischen Gründen unthunlich, ja unmöf 
lieh, dieselben gänzlich zu verdrängen. Nun ist es vollkommö 
klar, dass die alten Grammatiker unter ihrer Tenuis einen un-|: 
aspirirten stimmlosen Verschlusslaut, unter ihrer Media 
einen unaspirirten stimmhaften Verschlusslaut verstandöi. 
Auf weitere Unterscheidungsmerkmale der Beihen /?, t^hf 
i, cf , ^ u. s. w. haben sie ihr Augenmerk nicht gerichtet, und sie 
brauchten es nicht, weil ihre Sprachen in der That, so viel vir 
sehen können, nur zwei gegensätzlich verwendete Reihen (/>,^j 
k^ q =^ stimmlosen unaspirirten Sprengfortes und b^ dj g^ 
stimmhaften unaspirirten Lösungslenes) besassen. Dagegen laA 
die daraus gefolgerte Annahme, dass der Unterschied zwischen 
Tenuis und Media im alten Sinne nun auch überhaupt nur ii 
Stimmlosigkeit und Stimmhaftigkeit bestehe, in neuerer Zeit 
vielfach zu Lrungen geführt. 

374. Lisbesondere ist über die Namengebung der stimm- 
losen Verschlusslenes und ihre Einreihung in das 'System 
viel und eifrig gestritten worden. Brücke hielt sie fälschlid 



375. Die Yenchliuslaate: Terminologisches. 145 

iBr geflüsterte Laute, was ihm andere nachgeschrieben haben: 
hon der Unrichtigkeit dieser Ansicht kann man sich in jedem 
lAngenblick durch Auscultation des Kehlkopfs (28) und durch 
liÜB Thatsache überzeugen, dass auch beim Flüstern die stimm- 
llöse Lenis von der wirklich geflüsterten Lenis leicht unter- 
■Khieden werden kann. Genaueres über die stimmlosen Lenes 
»kt erst Winteler gelehrt; nach ihm haben besonders Hoffory 
■ß& Scherer's G^chichte der deutschen Sprache ^ 602 ff. und 
■Kuhn's Zeitschr. XXV, 419 ff.), Storm, Eng). Phü. 40 f. und 
lA^Heusler a.a.O. zur Klärung der Sachlage beigetragen, so dass 
lim Zweifel über die Bildung dieser Laute wohl nicht mehr be- 
ftteht. In der Bezeichnung schwankt man dagegen noch. Die 
«inen bezeichnen die stimmlosen Yerschlusslenes als stimm* 
lose Mediae, weil sie den Medien im alten Sinne (d. h, den 
stimmhaften Yerschlusslenes) im EQange am nächsten stehen 
ond sich mit diesen auch geschichtlich am häufigsten berühren; 
die andern ziehen den Ausdruck schwache Tenues vor, weil 
sie sich mit den Tenues im alten Sinne (d. h. den stimmlosen 
Verschluss-, genauer Sprengfortes) in der Stimmlosigkeit be- 
rühren: in beiden Fällen ist der alte Begriff von 'Media' imd 
'Tenuis' erweitert worden, und so wäre es am Ende ziemlich 
gleichgültig, ob man den einen oder andern Ausdruck gebrauchte, 
wenn es feststünde, dass mit den angegebenen Unterscheidungs- 
merkmalen (stimmhaft und stimmlos, Fortis und Lenis) der 
Unterschied aller vorkommenden Arten von Yerschlusslauten 
auch wirklich erschöpft ist. Das ist aber, nach der oben fest- 
gestellten Unterscheidung von Sprenglauten imd Lösungslauten 
nicht der Fall. Mit Bücksicht auf diesen Unterschied gehören 
die stimmlosen Lenes als Lösungslaute sicher naher mit den 
Medien (d. h. nach der ursprünglichen Bedeutung dieses Namens 
::= stimmhaften Lösungslenes) zusammen als mit den Tenues 
(d. h. ursprünglich stimmlosen Sprengfortes). Will man also 
^nen der beiden Ausdrücke Tenuis und Media erweitem, so 
kann es füglich nur der Name 'Media' sein, indem man, bei 
sonst gleichem Bildungsmechanismus, stimmhafte und stimm- 
lose Media ebenso einander gegenüberstellt, wie man ent- 
sprechendes bei behebigen andern Geräuschlauten thut. Dabei 
bleiben freilich die mitteldeutschen Lösungsfortes einstweilen 
ohne Namen und uneingereiht in die alte Beihe Tenues — Mediae : 
ein Schade, der nicht allzu bedeutend sein dürfte. 

375. Li Anknüpfung an die alte Terminologie könnte man 
hiemach etwa folgende Ausdrücke noch verwenden: 

Sie Ter 8, Phonetik. 5. Aufl. 1A 



146 376. LanttabeUe. 

1) Echte Tenues, d. h. unaspirirte Sprengf ortes, und 
zwar a) Tenues mit offenem Kehlkopf, wie die Teimes des 
Romanischen, Slavischen, Neugriechischen etc. (oben t64), und 
b) Tenues mit geschlossenem Kehlkopf, wie zumTheil 
im Armenischen und Georgischen (oben 365). Urnen scbliessei 
sich die Tenuisaspiraten an, über welche des Weiteren 
440 ff. zu vergleichen ist. 

[2) Die mitteldeutschen etc. stimmlosen Lösungsforte8, 
für die nach dem Gesagten ein passlicher Name noch fehlt] 

3) Mediae, d. h. nun (nach der Modificimng der alten Be- 
deutung des Wortes) Lösungslenes, undzwar a) stimmhafte 
(Mediae im alten Sinne), imd — b) stimmlose (bezeichnet ab 
J}i ^) 9i s. 513). Zu den stimmhaften Medien gesellen sich dann 
die (stimmhaften) Mediae aspiratae, s. 436 f. 

376. Hiemach erhält das System der G^räuschlaute mit 
Anschluss der Nasale und Liquidae etwa folgende Gestalt: 

Biese Lautgruppen nmsohliessen den gesammten Bestand des Indo- 
germanischen an 'Consonanten' mit Ausniübme der Halbvocale, die vä 
nach ihrer Articulationsform nicht ohne Weiteres hier einreihen lasaeoi 
Yon den Nasalen nnd Liquiden sind der Einfachheit halber im AllgemeiofB 
nur die sonoren Formen zurVeranschauIichung der Articulationsrerwandt* 
Schaft in die Tabelle aufgenommen, da die spirantischen und stiminloMi 
Formen derselben nur durch diakritische Zeichen von den sonoren Fonott 
unterschieden werden (z. B. für stimmlose Formen gewohnHch stiniB* 
hafter Laute, wie in^^d, g etc., vgl. darüber ausser Cap. 12 f. noch Mi- 
Auch die besonderen Lautarten der semitischen Sprachen wie die eiD- 

phatischen Laute (166) und Laryngale wie arab. ^ und ^ (846» S54) 
nicht mit aufgenommen. 



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1 1 T 




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1 1 1 










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in. Abschnitt. 



Combinationslehre. 

Cap. 16. Allgemeineres. 

377. Wir haben bisher die Sprachlaute gewissermassen nur 
in abstracto behandelt, d. h. die Bedingungen erörtert, unt^ 
denen ein Laut von einer bestimmten Stellung, einem gewissai 
Klang, einer bestimmten Stärke zu Stande kommt, oder mü 
andern Worten, wir haben uns nur mit der Untersuchung der 
Eigenschaften beschäftigt, welche einem isolirt dastehende 
Laute in der mittleren Zeit seines Bestehens zukommen, 



nachdem alle die einzelnen Articulationsbewegungen ausgeffihit 
sind, welche die Hervorbringung jenes Lautes verlangt. Hier- 
nach bleibt noch zu erörtern, wie sich diese Einzellaute zu des 
complicirteren Gebilden der empirischen Sprache, d. h. Silta 
und Sätzen, vereinigen. Die erste Frage, die uns hier beschäf- 
tigen muss, ist die, wie ein nach vorwärts oder rückwärts 
isolirter Laut seinen Anfang bez. sein Ende findet, d.h. in 
welcher Folge und Weise die einzelnen Articulationsbewegmig^ 
die zu seiner Hervorbringung nothwendig sind, vorgenommen 
bez. beendigt werden. Diese Fragen finden ihre Erledigung in 
der Lehre von den Lauteinsätzen und -absätzen. 

378. Demnächst sind zu behandeln die Lautübergänge 
oder Griides, d. h. diejenigen Laute, welche erzeugt werden, 
wenn der Exspirationsstrom fortdauert, während irgend efl 
Theil der Sprachorgane aus der festen Stellung für einen Lact 
in die feste Stellung für einen andern Laut übergeführt wird 
(vgl. 101 ff.). Spricht man z. B. die Silbe al aus, so tönt di« 
Stinmie fort, während man die Zunge aus der a-Lage in die 
/-Lage bringt. Während dieses Uebergangs kann natürKA 
weder der reine a-Laut, noch der reine /-Laut existiren, son- 
dem zwischen dem anfangs intonirten reinen a und dem 



379—381. Gombinanonslehre: Allgemeineres. 149 

[ilxLss bildenden / schiebt sich eine continuirliche Reihe von 
bergangsschällen an, die wir in ihrer Gesammtheit als den 
Übergang oder (nach engl, glide) als den (specifischen) 
Leitlaut zwischen Anfangs- und Endstellung bezeichnen. 
3t aber die Dauer dieses Uebergangs gegenüber der der Ein- 
Itung der Anfangs- und Endstellung meist eine verschwin- 
md geringe ist, so kommen die Gleitlaute in der Kegel nicht 
L gesonderter Wahrnehmung. Ist dies dennoch der Fall (was 
unentUch eintrifft, wenn die Anfangs- oder Endlaute eine be- 
hütende Schwächung, Reduction, erleiden, 504 ff.), so wird 
ir Grleitlaut entweder als Ausgang des vorangehenden, oder 
8 Eingang des folgenden Lautes betrachtet. In dem oben 
^ebenen Beispiel ist also der Gleitlaut von a zu / sowohl der 
.usgang des a, als der Eingang des /. 

379« Anf die ^Glides' nnd ihre ungemeine Wichtigkeit hat zuerst 
11 i 8 hingewiesen, vgl. dessen Early English Fronunc. I, 51. Unab- 
ingig von ihm hat dann Merkel Beobachtungen über 'Ein- und Ab- 
tze' der Yocale angestellt (dieser Name rührt von ihm her, s. Schmidt^s 
ihrb. 0, 86). Man unterscheide genau die Ausdrücke Einsatz und 
ingang, Absatz und Ausgang. Einsatz und Absatz, bei den Eng- 
ndem initial und final glide, beziehen sich auf Laute, die nach vom oder 
nten isolirt sind; Ein- und Ausgang (englisch on-glide und off-glide) aber 
Iden den üebergang zweier Nachbarlaute. 

380* Hieran haben sich sodann zu schliessen Erwägungen 
ber die Veränderungen, welche Laute selbst, nicht nur ihre 
ün- oder Ausgänge, beim Zusammentreffen mit andern erfahren 
'alatalisirung, Velarisirung, Rundung, laterale und faucale 
^losion und dergleichen). Anhangsweise sind endlich in 
ap. 24 eine Reihe von Erscheinungen zusanmienf asst, die ich 
it dem Namen der Reductionen belege. 

381. Von da aufsteigend wird demnächst die Bildung der 
üben zu erörtern sein. Es gilt dabei, die Bedingungen zu 
•mittein, unter denen überhaupt Sprachlaute zu einer Silbe 
isammentreten können und deren Verhältniss zu einander zu 
tttersuchen. Daran wird sich endhch die Lehre von Accent 
tid Quantität (Gap. 28 ff.) zu schliessen haben. 



160 392—384. Ein- und Absätze der Yocale. 



I. Laute und LautTorbindangen. 

Cap. 17. LanteinsStce und -abs&tse. 

1. Vocale. 

382. Die drei Hauptfactoren der Yocalbildung sind 
Bildung des Druckstroms, die Einstellung der Stinunbänder 
zum Tönen und die Einstellung des Ansatzrohrs für die sped- 
fische Besonanz. Von diesen muss die letztgenannte Bew^nof 
mindestens in dem Momente bereits vollendet sein, wo db 
Stimme ertönt, und die so erreichte Einstellung des Ansatznin 
muss mindestens bis zu dem Momente des Erlöschens der 
Stimme angehalten werden, wenn ein einfacher Yocal von be- 
stimmter Klangfarbe entstehen soll. Sie kann aber auch nat&^ 
lieh ohne Schaden für den Yocal bereits vor dem Beginn der 
Exspiration eingeführt und über deren Ende hina)is festgehaltei 
werden, da sie ja allein für sich keinen Laut erzeugt, ünte^ 
schiede dieser Art sind also weniger bedeutsam. Dagegen e^ 
geben sich wichtigere Differenzen, je nachdem sich zu Eingaiig 
oder Ausgang eines Yocals die Exspiration und die Eehl 
köpf articulation combiniren. Lediglich diese Gombinationen 
sollen im Folgenden als Yocaleinsätze und -absätze be- 
zeichnet werden. 

383« Man achte darauf, dass diese beiden Namen wirklich nichts an- 
deres ausdrücken sollen, als was in der gegebenen Definition gesagt ist 
Natürlich können die Ein- und Absätze, sofern sie von den Vocalen sdbit 
mehr oder weniger deutlich getrennte Schallproducte liefern (und das iit 
ja meist der Fall), auch als selbständige Laryngallaute betrtchtet 
werden, wie das auch im Vorhergehenden bereits des Oefteren geschehet 
ist (vgl. 178« 346« 858 f. und sonst). Aber eine zusammen&ssende E^ 
orterung der betreffenden Articulationsvorgänge auch an dieser Stelle ist 
doch unentbehrlich, will man anders über die verschiedenen Arten der 
Behandlung des Vocalanlauts und -auslauts zur Klarheit gelangen. J^ 
sachliche Schwierigkeit liegt eben darin, dass Laryngale und Vocale ift 
gleicher Stelle gebildet werden und daher eine feste Ghrenze zwiBches 
Ein- und Absatz einerseits und selbständigem Laryngallaut andreneiti 
nicht zu ziehen ist. Aehnliches gilt dann mutatis mutandis auch von des 
Ein- und Absätzen der übrigen Laute. i.c 

384. Vocaleinsätze. Vor dem Beginn eines Vocals, dem 
nicht schon ein anderer Mundlaut vorausgeht, ist normaler 
Weise die Stimmritze zum Behuf des Athmens geöffnet. & 
wird also zur Yocalbildung jedesmal eine eigene Ernstellmig^ 



386—387. Ein- und Absätze der Vooale. 151 

Stiininbänder erf orderKch. Nach der Art wie diese bewirkt wird, 
^interscheiden wir drei Hauptformen: 

385« Der feste Einsatz [check glottid Ellis, glottal catch 
Sweet). Die Stimmbänder werden zunächst fest geschlossen, 
dann wird bei beginnender Exspiration der Verschluss gesprengt, 
vorauf dann die Stimme sofort einsetzt. Hier geht also dem 
eigentlichen Vocal, wie schon Rapp I, 54 bemerkte, der stimm- 
lose Kehlkopfexplosivlaut (oder wie er sich ausdrückt, 
der Kehlkopfschlaglaut], 329, voraus, dessen eigenthümliches 
Biiacken man namentlich beim Flüstern gut beobachten kann. 
uVon der Verbindung anderer Explosivlaute mit Vocalen unter- 
iteheidet sich der 'feste Einsatz' nur dadurch, dass hier Ex- 
L-plosion und Stimme an derselben Stelle gebildet werden, also 
!keine weitere Umstellung der Organe für die Stimme erf order- 
Kch ist; dadurch verliert der Explosivlaut etwas an Deutlich- 
keit, namentlich da, wo er nicht sehr energisch gebildet wird. 
: In manchen Sprachen, so z. B. namentlich im Deutschen, wech- 
.^It er frei mit dem leisen Einsatz (387), so zwar, dass isolirte, 
namentlich stark betonte Vocale im freien Anlaut ihn bekom- 
men, während er bei unbetonter Stellung und im Satzinnem zu 
biTerschwinden, d. h. eben durch den leisen Einsatz ersetzt zu 
werden pflegt. 

386« Man bezeichnet den Kehlkopfexplosivlaut, auch wo 
er bloss als Einsatz dient, gewöhnlich mit ' (vgl. 353), d.h. dem 
Zeichen des griech. Spiritus lenis, mit dem man diesen Ein- 
satz eine Zeit lang fälschlich identificirt hat. In den indogerm. 
1^ Sprachen scheint er überhaupt ziemlich modern zu sein, nach 
: den Kriterien zu schliessen, die bei so vielen Sprachen gegen 
seine Anwendung sprechen (Elisionen und Contractionen von 
\ Kachbarvocalen, sowie das Herüberziehen wortauslautender 
~. Consonanten zum vocalischen Anlaut des Folgeworts, die sog. 
Liaison). 

387. Der leise Einsatz [clear glottid EUis, clear beginning 
' Sweet). Die Stimmbänder werden von vom herein zum Tönen 
eingestellt. Erst nachdem diese Stellung erreicht ist, setzt die 
Exspiration ein. Dieser Einsatz ist bei isolirten Vocalen beim 
gewöhnlichen Sprechen (weniger beim Singen) in Deutschland 
Ungewöhnlich, wohl aber herrscht er auch hier bei wortanlauten- 
den Vocalen im Innern des Satzes (vgl. 386). Im Englischen 
ist er nach der Aussage der englischen Phonetiker die üblichste 
^orm des unaspirirten Vocaleinsatzes. Er ist nicht ganz leicht 



152 388.389. Ein- und Absätze der Yocale. 

rein auszuführen, da es unter Umständen Schwierigkeit macht, 
namentlich bei rascher und lebhafterer Sprechweise die StiimDr 
bänderarticulation mit der gerade bei ihrem Beginne nach der 
Seite der Stärke hin schwerer controlirbaren Exspiration in den 
richtigen Einklang zu setzen (vgl. auch oben 192 ff.}. Sprachen, 
welche es lieben, den Yocal mit einem stärkeren Druckstoss 
anzuheben (also wohl überhaupt Sprachen mit starkem dynami- 
schem Accent, wie eben z. B. das Deutsche), lassen daher im 
freien Anlaut gern dafür den festen Einsatz (386) eintreten, 
während anderwärts eine Neigung zum leise gehauchten Eiih 
satz (389) sich findet. Ob dieser letztere oder der leise Einsatz 
selbst dem altgriech. Spiritus lenis entspricht, ist unsicher; 
das Neugriechische bedient sich normaler Weise des leisen 
Einsatzes. 

388. Die gehauchten Einsätze. Die Exspiration beginnt 
schon bei noch geöffneter Stimmritze, die Stimmbänder werdcm 
erst ein wenig später zum Tönen eingesetzt. Da die Zeit, welche 
zwischen dem Beginn der Exspiration und dem Einsetzen der 
Stimme liegt, sowie die Stärke und die specielle Form der 
Exspiration während dieser Zeit, endlich auch die Art des 
Uebergangs der Stimmbänder von der Athemstellung zur 
Stimmstellung variabel sind, so ergeben sich eine Reihe von 
Verschiedenheiten, deren Haupttypen hier noch hervorgehoben 
werden sollen. 

389. Purkinje unterschied bereits neben dem gewöhnhchen 
h einen 'leisen Hauch^, welchen er (vielleicht mit Recht) dem 
griech. Spiritus lenis gleichsetzte; derselbe ist nach ihm der 
Laut, 'der jedem Vocal vorhergeht, der mit anfangs offener 
Stinmiritze gesprochen wird' (Brücke 11). Hiemach ist dieser 
Laut wohl zu identificiren mit dem, was die englischen Phone- 
tiker ffradual glottid nennen und als die gewöhnlichste Art des 
Vocaleinsatzes bezeichnen (Ellis IV, 1129, Sweet 63). Die 
Stimmritze durchläuft dabei die Stellungen für stimmlosen 
Hauch und Müsterstimme, ehe die Stimme einsetzt, der eigent- 
liche kräftige Impuls der Exspiration aber beginnt erst in ddi 
Moment, wo die Stimme selbst anhebt. Ln Deutschen scheint 
dieser Einsatz kaum vorzukommen (man hört ihn wohlgelegent- 
Hch in Interjectionen, wie dem bedauernden oh oder dem er- 
staunten ah u. dgl.), aber man verfällt leicht in denselben, wenn 
man versucht, einen Vocal kräftig, aber ohne den festen Ein- 
satz, zu singen (vgl. die Bemerkung von Sweet a. a. O., und die 
Ausführungen von Storm^ S. 93). 



390—392. Ein- imd AbMtze der Yooale. 153 

390. Begiimt dagegen die Exspiration mit stärkerem Druck 
sreits merkliche Zeit vor dem Einsatz der Stimme, so ent- 
ehen die deutlicheren und kräftigeren Hauchlaute, die gewöhn^ 
2h mit h bezeichnet werden. Diese selbst können wieder 
esentlich verschieden sein je nach der Art der Luftgebung 
id deren Verhaltniss zu etwaiger Hemmung im Kehlkopf. 

391. Was den ersteren Funkt anlangt, so scheint z. B. beim 
rwöhnlichen deutschen h der Luftstrom mit schwachem Druck 
Qzosetzen und nach dem folgenden Vocal hin allmählich 
id continuirlich stärker zu werden (vgl. die Curve Ha bei 
. A. Meyer). Dies Crescendo-Ä ist wohl die Form, welche 
Qis SkiBßatua glottid bezeichnet. Ihr stellt Ellis lY, 1130 den 
g. jerk entgegen, bei dem der Hauch mit voller Stärke ein- 
tzen und nach dem Yocal zu schwächer werden soll (De- 
•escendo-Ä). Diese Form scheint im Deutschen wohl ge- 
gentlich bei dem kurz herausgestossenen ha! (als Ausruf des 
rstaunens) vorzukommen. Davon verschieden ist dann wiederum 
is etwas f orcirte h des EngUschen, das zunächst anschwillt und 
um wieder an Druck abnimmt, ehe die Stimme einsetzt (vgl. 
[eyer's Curve Ula). 

392. Hinsichtlich des zweiten Punktes soll nach den ünter- 
ichimgen von Czermak ("Wiener Sitz.-Ber., math.-naturw. 
1. Ln, 2, 623) und Brücke (Grundz. 9) wesentlich sein, dass 
ie Stimmritze während der Dauer des h (wenigstens des deut- 
shen) in der Hauptsache auf einem bestimmten Verengungs- 
rade festgehalten wird, der zwischen Athemöffnung und 
lüsterstellung die Mitte hält. Wahrscheinlich aber beruhen 
iese Angaben wenigstens zum Theil auf einem leicht erklär- 
chen Beobachtungsfehler. Die Stimmbänder treten allerdings 
1 die beschriebene Stellung, wenn man das h künstlich auszu- 
alten sucht, das Q-anze dient aber wohl nur der freilich in 
iesem Falle sehr nothwendigen Athemersparung und ist des- 
alb für die kürzeren h der natürlichen Bede an sich nicht ver- 
lindlich. Vielmehr setzt z. B. beim gewöhnlichen deutschen h 
wde auch schon Brücke richtig beobachtete) der Hauch bei weit 
;eöflEneter Stimmritze ein und die Stimmbänder nähern sich ein- 
nder in continuirlicher Gleitbewegung bis die Stimme einsetzt. 
])harakteristisch ist für diese Art von A, dass dabei kein irgend 
leutlich wahrnehmbares Beibungsgeräusch im Kehlkopf erzeugt 
rird, das h vielmehr als ein einfacher Hauch auftritt. Man 
:ann danach diese Art von h genauer als gehauchte h oder 
Jauch-Ä bezeichnen; als Zeichen für sie soll im Folgenden 



154 393.394. Ein- und Absätze der Yoeale. 

das Zeichen des griech. Spiritus asper ' verwendet werden. - 
Andrerseits kann aber auch der Kehlkopf während der Dauer 
des Hauchs mehr oder weniger absichtlich in eine Stellung ge- 
bracht werden, welche ein Keibungsgeräusch erzeugt: dann ent- 
stehen Eeibe-A (Ellis toheezing glottid), die man etwa direct 
durch h graphisch andeuten kann. Solche h kommen, nament- 
lich bei lauterem Sprechen, auch im Deutschen vor. Sie können 
an sich wieder nach der Stärke des Beibungsgeräusches yer- 
schieden sein. Vgl. hierzu namentlich noch 178. 282 ff. 358. — 
EndUch kann auch die Stimmritze vor dem Einsetzen der Yoll- 
stimme in eine Stellung gebracht werden, bei der eine leise, 
hauchdurchsetzte Murmelstimme (87) gebildet wird. Dann ent- 
stehen stimmhafte h oder stimmhaft gehauchte Ein- 
sätze, lieber sie vgl. noch 283 ff., über das arab. ^ s. 354. 

393. Dieselben Erscheinungen wiederholen sich am Aus- 
gang der Yocale, und wir haben demnach einen festen, einen 
leisen und (stimmlos) gehauchte Yocalabsätze zu unter- 
scheiden. Bei dem leisen Absatz hört entweder die Exspiration 
auf, während die Stimmbänder noch ruhig in ihrer Lage ver- 
harren, oder gleichzeitig mit der Oeffnung der Stimmritze (bei 
weniger sorgfältiger Articulation entsteht aber leicht statt des 
leisen Absatzes der leise gehauchte Absatz, der auch im Deut- 
schen nicht selten ist). Beim festen Absatz dagegen, den wir 
mit ^ am Schlüsse des Vocals bezeichnen, wird der noch kräftig 
ertönenden Stimme durch plötzlichen, energischen Verschluss 
ein Ende gemacht, an den sich dann eventuell sofort vneder 
eine Explosion anschliesst. Wir gebrauchen diesen Absatz z.B. 
wo vrä zwei benachbarte, namentUch gleiche Vocale scharf von 
einander trennen wollen, femer in solchen in ärgerlichem Affect 
gesprochenen "Wörtchen wie e/a /, no!^ oft auch in dem zwei- 
felnden /a/, nd! Den hauchenden Absatz, bei dem nach 
Oeffnung der Stimmritze die Exspiration noch eine Zeit lang 
fortdauert (der sanskritische Visarga), wenden vnr ebenfalls oft 
bei stark betonten auslautenden kurzen Yocalen an, wie in/a, 
da . Die Stärke des Hauchs ist dabei in den einzelnen FlUIen 
sehr verschieden und bedarf stets der genaueren Specialisirang. 

394. Nicht ganz selten ist auch die Verbindung zweier 
Ein- oder Absätze; so hört man oft statt des eben angeführten 
da auch dd^ mit sehr starkem Hauch; geläufiger aber als im 
Deutschen ist diese Verbindung z.B. im Dänischen, welches aus- 
lautende Vocale mit gestossenem Ton (586 ff.) vielfach in dieser 
Weise ausgehen lässt (z. B. pd'' , nei^ neben ^d', ne€ u.dgl.). 



395—397. Ein- und Absätsse der Yocale, Liqoidae und Nasale. 156 

396* Auch das Kehlkopf- r, über welches bereits 809 das Nöthige 
beigebracht ist, lässt sich unter umständen als eine specifische Form des 
Yocalaasgangs betrachten, indem sich an die glatte Stimme des Yocals 
noch ein Stück Enarrstimme ansetzt. 

2. Liquidae und Nasale. 

396. Auch bei diesen Lauten können die yerschiedenen 
Ein- und Absätze sämmtlich gebildet werden, doch überwiegt 
bei ihnen fast überall der leise Einsatz. Dies ist leicht be- 
greiflich, da sie als Consonanten mit schwächerem Exspirations- 
druck als der Sonant (Vocal) ihrer Silbe gesprochen werden, 
als Sonanten aber nur in Verbindung mit andern Lauten auf- 
treten, welche sich auch mit Yocalen durch den leisen Einsatz 
zu verbinden pflegen. So pflegen namenthch gehauchte Ein- 
sätze im eigentlichen Sinne des "Wortes zu fehlen, d. h. Ver- 
bindungen einer stimmlosen und stimmhaften Liquida u. s. w. 
Wo ursprünglich ein stimmloser Hauch und eine Liquida oder 
Nasal in einer Silbe zusammenstiessen, hat sich in der Eegel 
diese Gruppe in eine einheitliche stimmlose Liquida bez. stimm- 
losen Nasal umgesetzt. So werden z. B. die altgermanischen 
A/, Ar, hn im heutigen Isländischen als stimmlose (und zwar 
spirantische) r, l, n gesprochen (Hoffory, Kuhn's Zeitschr. 
XXTTT, 531 ff.), die Stimme setzt erst mit dem folgenden Vocal 
oder höchstens während der Gleitbewegung zu diesem hin ein. 
Dagegen ist der leise gehauchte Absatz im Wortauslaut in 
Tielen Sprachen sehr verbreitet, z. B. im Dänischen, aber auch 
im Deutschen kommt er vor. Den festen Einsatz habe ich 
bei isolirt anlautenden consonantischen Liquiden oder Nasalen 
nirgends beobachtet, ausser öfter etwa bei den ablehnenden, 
namentlich im Affect gesprochenen Wtw, doch ist es nicht un- 
wahrscheinlich, dass die Vocalvorschläge mancher Sprachen 
vor r, l, tjty n durch Annahme einer früheren Aussprache V, 7, 
'i», ^n zu erklären sind. Ueber inlautende 'w, 7 u. s. w. in 
Sprachen mit 'gestossenem Ton' vgl. 586. 

397* Am deutlichsten lassen sich die yerschiedenen Ein- und Ab- 
sätze an den Inteijectionen erkennen, die wir durch hm zu umschreiben 
pflegen. Dieselben sind nämlich oflfenbar nur durch die Wirkung von 
Trägheitsgesetzen aus Wörtern wie so , ja , ach u. s. w. hervorgegangen, 
und zwar so, dass das Ansatzrohr durchaus in der 55 ff. beschriebenen 
Bnhelage verharrt und nur die Articulationen des Kehlkopfs und die 
nöthigen Exspirationsbewegungen ausgeführt werden. Jeder Vocal eines 
auf diese Weise corrumpirten Wortes muss je nach der Lagerung der 
Vorderzunge zu m oder n werden, jeder begleitende Consonant mit 



156 398.399. Ein- und Absätze der Spiranten. 

merklichem Druckstrom zum gehauchten Ein- oder Absatz, nur dass hier der 
Hauch durch die Nase statt durch den Mund geführt (also zum ^stimmlosen 
Nasal'} wird. Die nahe Zusammengehörigkeit mit jenen Worten wird in 
jedem Falle noch durch die üebereinstimmung in der oft sehr charakte- 
ristischen Accentuirung angedeutet. So entspricht das mf mit langgezo- 
genem, fragend accentuirtem m deutlich einem ebenso betonten $of, ein 
anderes, nur durch den Accent unterschiedenes einem zustinimenden «o 
oder auch Ja, während das kurz gestossene 'm oder 'm' aus dem zweifeln- 
den, gewöhnlich mit musikalisch hohem Ton gesprochenen jci oder ja' her- 
vorgeht; 'm' ist 'ach (mit kurzem m), gedehntes 'm oder m entspricht folge- 
richtig den Formen 'nein oder nein. Man kann auch wieder beide EinsStie 
in der Folge '' combiniren, indem man den Luftstrom des h mit einer Ex- 
plosion beginnen lässt; so hört man oft ^m' mit ganz kurz abgestossenem 
Stimmton als Laut halb weinerlicher ärgerlicher Ungeduld bei Elindem, 
auch "m mit circumflectirter oder einfach gedehnter Betonung 580« 601 ff.) 
oder mit offenem Munde "'S für aAa (mit Unterdrückung des ersten Yocalsj 
u. dgl. m. 

3. Spiranten. 

398. Die stimmhaften Spiranten verhalten sich im An- 
laut wie die Liquiden und Nasale, nur dass, wie es scheint, 
hier ein gehauchter Einsatz gar nicht vorkommt. Der feste 
Einsatz scheint öfter da vorzukommen, wo auf die Spirans noch 
ein Consonant folgt, also in Verbindungen wie zla, £ra u. dgl., 
doch stehn mir hierüber keine sichern Erfahrungen zur Ver- 
fügung. Im Auslaut bekommen die stimmhaften Spiranten 
(soweit sie eben nicht ganz stimmlos werden) ebenfalls wohl nur 
den leisen Absatz (d. h. die Exspiration muss mindestens gleich- j 
zeitig mit dem Aussetzen der Stimmbänder aufhören) oder den 1 
leise gehauchten, d. h. die Stinmie erlischt, ehe die Exspiration I 
gänzlich aufgehört hat; der Best derselben bildet dann noch 1 
ein stimmloses Anhängsel zu dem stimmhaften Körper der 
Spirans (so z. B. im engl, auslautenden t?, z, d u. s. w.). Auch 
ein stärkerer Hauch würde sich natürlich wieder in die ent- 
sprechende stimmlose Spirans umsetzen ; es würden also Ver- 
bindungen von stimmhafter mit stimmloser Spirans entstehen, 
wie man sie für die Velarreihe z. B. in manchen Gregendes 
Norddeutschlands bei der Aussprache auslautender rg, rch 
[Burff, durch, mit velarer stimmhafter Spirans j statt des r) 
hören kann. 

399. Bei den stimmlosen Spiranten kehrt sich das oben 
bei Gelegenheit derVocale 382 besprochene Verhältniss zwischen 
Kehlkopf- und Ansatzrohrarticulation um, insofern die erstere 
ja für die Bildung der Spirans selbst gar nicht in Betracht 
kommt. So entsteht hier der leise Einsatz überall da, wo die 



400. Ein- und Absätze der Yerschlusslaute. 157 

Ixspiration bei offenem Kehlkopf erst nach der Einstellung des 
jisatzrohrs in die specifische Articulationstellang beginnt, der 
»ise Absatz, wo sie während der Dauer jener Einstellung er- 
seht. Die Herstellung eines gehauchten Einsatzes würde 
bsichtliche Verzögerung, die des gehauchten Absatzes absicht- 
ch beschleunigte Aufhebung der Mundeinstellung verlangen : 
l-rund genug dafür, dass dieselben in der Regel nicht angewandt 
erden. Bei der Combination mit folgendem Vocal, welche 
'ortdauer des Druckstroms und zugleich Aufgebung der speci- 
schen Mundarticulation fordert, kommt jedoch z. B. der Fall 
icht gerade selten vor, dass man tia^ pf<^^ ^'^ statt des ge- 
wöhnlichen tsa^ pfa^ kxa spricht (d. h. zwischen dem Erlöschen 
es specifischen Eeibungsgeräusches des «,/, x und dem Eintritt 
er Stimme liegt noch ein deutlicher Hauch) ; ähnlich entsteht 
in 5% i' , /" u. dgl. durch Composition in Fällen wie das heüsi, 
asch hin, aufheben. Ebenso scheint der feste Absatz nur bei 
.er Combination mit Yocalen mit festem Einsatz vorzukommen 
n Verbindungen wie es^ ist, auf einem, docK er, mit pronon- 
irtem festen Vocaleinsatzj. Festen Einsatz im isolirten Anlaut 
lenne ich nur in dem aus ^es verkürzten ' ^ l^s at = es hat) und 
ihnlichen Fällen. Bei rascher Bede fallen übrigens, namentlich 
Q unaccentuirten Silben, auch diese Unterschiede fast alle 
;ort; man spricht also die letzten Beispiele wie dasaist, raiin, 
mfe(b)m, sat u. s. f. 

4. Verschlusslaute. 

400. Ueber den Einsatz anlautender Verschlusslaute ist 
aum etwas Wesentlicheres zu bemerken. Bei den stimm- 
osen Verschlusslauten besteht er einfach in der völligen Ab- 
perrung von Mund- und Nasencanal, und zwar geschieht diese 
urchaus, ehe der zur Lautbildung bestimmte Druckstrom be- 
innt. Bei den stimmhaften Verschlusslauten folgt hierauf 
as Eintreiben des stimmhaften Druckstroms in die Mundhöhle, 
Iso die Bildung des sog. Blählauts (oben 367), dessen Ein- 
itze wieder alle die bei den Vocalen auftretenden sein können. 
)och kommt gewöhnlich nur der leise, seltener der feste Ein- 
itz vor. Der Act des Verschlusses ist selbst völlig geräusch- 
>s. Es ist also auch z. B. vollkommen gleichgültig, ob bei der 
tildung einer Silbe wie pa, ba die Lippen bereits vorher (wie 
ewöhnlich beim Athmen durch die Nase) verschlossen sind oder 
b erst zimi Behuf des Sprechens der Verschluss hergestellt wird. 



158 401— 403.yer8chliuMl. 404. Die Berähraiigen benachbarter Laate etc. 

401. Mannigfaltiger sind die Absätze der Verschluss- 
laute. Dem festen Absatz vergleichbar ist der Ausgang der 
Tenues mit geschlossenem Kehlkopf (oben 365); den 
leisen Absatz haben wir bei allen nichtaÄpirirten Yerschloss- 
lauten mit offenem Kehlkopf anzuerkennen, gehauchte Ab- 
sätze bei auslautenden Aspiraten (näheres über diese unter- 
schiede s. noch 436 ff.). 

402. Mediae bez. Lenes werden, ihrer ganzen Stellung 
im System entsprechend, nur mit leisem Absatz gebildet. Bei 
der stimmhaften Media genügt ja zur Explosion schon die 
geringe Luftmenge, welche während der kurzen Dauer des 
Mundverschlusses durch die zimi Tönen verengte Stimmritze in 
die Mundhöhle eingetrieben wird, und wenig bedeutender ist 
der Stromdruck bei der stimmlosen Media mit offenem Kehl- 
kopf. Die Verschiedenheit von der entsprechenden Tenuis mit 
leisem Absatz ist also namentlich im isolirten Auslaut keine 
grosse, und beide Lautarten können daher von ungeübteren 
Beobachtern leicht verwechselt werden. 

403. Bezüglich des zeitlichen Verhältnisses des Stimmtons 
der stimmhaften Mediae zu Verschluss und Explosion ist 
übrigens zu bemerken, dass die Stimme mindestens den Ve^ 
schluss um einen Moment überdauern, d. h. dass überhaupt ein 
Blählaut (357) gebildet werden muss. Wir rechnen also auch 
diejenigen (auslautenden) Mediae noch zu den stimmhaften, bei 
denen die Explosion selbst erst nach dem Erlöschen des Blah- 
lauts stattfindet. Nur diejenigen Mediae sind als stimmlos zu 
bezeichnen, bei welchen Verschluss und Explosion ohne 
Stimmbildung erfolgen. — Ueber nur scheinbar stimmhafte 
Verschlusslaute mit lockerer Engstellung der Stimmritze s. 
noch 361. 

Cap. 18. Die Ber&hrnngen benachbarter Laute 

im AUgemeinen. 

404. An die Spitze der Betrachtung aller Lautcombina- 
tionen ist billig der zuerst von Winteler, Kerenzer Mundart 
S. 131 ff. genauer ausgeführte und formulirte Satz zu stellen, 
dass bei der Berührung zweier Laute die beiden ge- 
meinschaftlichen Bewegungen thunlichst nur einmal 
ausgeführt werden. Dies gilt sowohl für die Articulation im 
engeren Sinne (Kehlkopf- und Mundarticulation, oben 5S) wie 
für die Respiration. 



4O5--406. Beruhnmgeii benachbarter Lante Bpec. d Sonoren. 159 

405. Für die Lehre von den Ueb ergangen ergibt sich 
iraus der spedelle Satz, dass der Begel nach jeder folgende 
aut mit dem Eingang beginnt, welcher dem Aus- 
tng des vorhergehenden Lautes entspricht. So be- 
lohnen also ka, Ua, ka im Folgenden die Verbindung einer 
mnis mit leisem, festem, gehauchtem Ausgang mit einem 
ocale mit leisem, festem, gehauchtem Eingang. Es bedarf 
lier der üebergang auch nur einer einfachen Bezeichnung. 
1 ersteren Falle schliessen sich die beiden Nachbarlaute so 
mg an einander an, da^s nichts Fremdartiges zwischen ihnen 
khrgenommen wird; wir nennen deshalb diesen üebergang 
n directen. Solche directe üebergänge haben wir z. B. in 
m Diphthongen, wie ae, au^ oder Verbindungen wie a2, ar etc. 
ir die sonstigen Verbindungen ergeben sich die Bezeichnimgen 
ir festen und gehauchten üebergänge von selbst. 

406. Unter den sonstigen Fällen verdienen sodann nament- 
;Ii die Berührungen ganz oder theilweise homorganer Laute 
»sondere Berücksichtigung, weil gerade hier jener Satz viel- 
Lcht die weitgreif endste Gültigkeit hat; ausserdem diejenigen 
äUe, wo nicht nur die nothwendigen, specifischenArticulations- 
.ctoren, sondern accessorische jenem Gesetze sich fügen. Da- 
n gehören insbesondere die Vorausnahmen specifischer 
xticulationen folgender Laute bei der Bildung vorausgehender 
aute, wie das z. B. bei der Falatalisirung und Rundung ge- 
jhieht (Cap. 23). 

Cap. 19. Die Berfihrongen von Sonoren. 

407. Allen Sonoren ist als Factor der Articulation die 
Itimme gemeinsam. Diese tönt in der Begel während der 
Bildung der beiden Nachbarlaute ununterbrochen fort, der 
Jebergang von dem einen Laut auf den anderen wird also nur 
urch einfache Umstellung der Ansatzrohrorgane gebildet. 

408. Eine Unterbrechung der Stimme findet nur statt, 
renn die beiden Laute absichtlich durch einen Hauch (ge- 
tauchter üebergang) oder durch Kehlkopfverschluss (festen 
Jebergang) geschieden werden. 

An Einzelfällen ist noch das Folgende zu bemerken. 



160 409. Verbindung zweier Yocale. 410. Diphthonge n. Halbyoeale. 



L 



t 



c 



1. Verbindung zweier Vocale, die verschiedenen 

Silben angehören. 

409. Vocale, welche zwei verschiedenen Silben angeh8renj| = 
werden dadurch schon hinreichend auseinander gehalten, daaf 
der zweite durch einen deutlich getrennten neuen Exspiratiom^ 
stoss eingeführt wird. Der Gleitlaut ist dabei kaum vemehiDf 
bar, weil zwischen den beiden Stössen der Stromdruck sehr 
geschwächt ist. Ausserdem kann aber auch noch Kehlkopf* 
verschluss zur Trennung der beiden Laute verwandt werdai 
(also entweder 'a-t, 'a-o, 'o-e, oder 'aV, 'ao, 'oe u. s. w.). Gte- 
hauchter üebergang (a e, ao etc.) ist in den indogermanisdien 
Sprachen meist ein Best eines einst zwischen beiden Lautaa 
ausgesprochenen Mundlauts (im Deutschen z. B. Best einer 
Velaren Spirans, im Griechischen und anderwärts Best eines i 
u. dgl). Man unterscheide wieder die verschiedenen Stufen der 
Stärke des Hauchs : einen schwachen Hauch (leise gehauchte 
Üebergang) findet man nach Storm und Sweet (bei Storm^ S. 94) 
oft im Französischen als Aussprache des aspirirten A, aber audi 
oft zwischen einfachen Nachbarvocalen, wie in Baaljßeau ete. 
Beim schnelleren Sprechen herrscht indess wohl in den meistak 
Sprachen die erstgenannte Art der Aufeinanderfolge mit cott- 
tinuirlicher Stimme vor, und dass das auch in den früherea 
Sprachperioden so gewesen ist, zeigen die vielen Contractionen 
von Vocalen an, welche bei Annahme einer Aussprache niü 
Kehlkopfverschluss oder Hauch zwischen beiden Lauten nicht 
erklärlich sein würden. 

2. Diphthonge und Halbvocale. 

a. Diphthonge. 

410, Unter einem Diphthong im weitesten Sinne des 
Worts versteht man eine einsilbige Verbindung zweier 
einfacher Vocale, von denen mithin nach den allgemeine 
Gesetzen der Silbenbildung (616 ff.) der eine silbisch oder 
Sonant, der andere unsilbisch oder Oonsonant ist. Wir bezeich- 
nen solche unsilbisch gebrauchte Vocale durch untergesetztes ^. 
Danach bestehen beispielsweise die Diphthonge ai, a% aus dem 
hier silbischen Vocal a und den hier unsilbischen Vocalen i 
bez. ff, oder imigekehrt die Diphthonge ia, ^a aus den hier un- 
silbischen Vocalen i bez. ^ und dem hier silbischen Vocal a. 



= 



411-413. Diphthonge. 161 

411« Sweet definirt die Diphthonge als Verbindungen von Yocal + 
lide, indem er als Grundform etwa des ai annimmt, dass der Diphthong 
bgebrochen werde, sobald die Stellung für den Endlaut erreicht ist, 
hne dass dieser selbst eine messbare Zeit hindurch angehalten wird. Er 
ibt aber zu, dass der glide auch zum vollen Yocal gemacht werden könne, 
bne dass der diphthongische Charakter der Verbindung verloren geht, 
[an kann deswegen ebensogut oder besser auch vom vollen Yocal aus- 
ehn und Sweet^s Grundform als durch Keduction (504 fif.) entstanden 
ßtrachten. Für alle Falle genügt die oben gegebene Definition, welche 
Ünsilbigkeit der Gruppe und für ihre beiden Glieder den Gegensatz von 
onant und Consonant fordert. 

412. Die beiden Glieder eines Diphthongs pflegen nicht 
dt gleicher Druckstärke gesprochen zu werden, vielmehr nimmt 
ie Druckstärke von dem silbischen Glied zu dem unsilbischen 
in in der Begel ab, und umgekehrt. Diphthonge mit abnehmeur 
er Druckstärke, wie beispielsweise deutsches aj, a^, bezeich- 
et man als fallende, solche mit zunehmender Druckstärke, 
ie etwa ja, ^a, als steigende Diphthonge. Seltener er- 
cheinen daneben nach den Beobachtungen einiger Phonetiker 
i. namentUch Storm^ S. 85 f.) auch Diphthonge mit wesentlich 
leich bleibender Druckstärke, sog. schwebende Diph- 
honge. Storm findet solche z. B. (nach V. Thomson) im 
äröischen ^a, wie in m^avür 'Mann', femer in norwegischen 
)ialekten und sonst. Auch deutsche Mundarten scheinen Aehn- 
Lches aufzuweisen. 

413* üeber die eigentliche Natur dieser sog. schwebenden Diph- 
honge ist es nicht ganz leicht in^s Keine zu kommen. Nach den von 
)torm a. a. 0. gegebenen Beispielen scheint es sich wesentlich um sog. 
mechte Diphthonge (418) zu handeln, bei denen das unsilbische Glied 
regen seiner grösseren Schallfülle (518) stärker in^s Ohr fällt und so 
len Eindruck hervorruft, als stehe es dem silbischen Glied auch an 
Druckstärke gleich oder doch ganz nahe. Andrerseits ist nicht zu ver- 
cennen, dass thatsächlich bei den Diphthongen der Wechsel der Druck- 
itarke sehr verschieden stark sein kann. Im Deutschen macht sich z. B. 
las starke und rasche Absinken der Druckstärke bei den fallenden Diph- 
hongen imter anderem sehr gewöhnlich auch dadurch bemerklich, dass 
las unsilbische Schlussglied nicht mehr mit YoUstimme, sondern nur noch 
nit (kräftigerer oder schwächerer) Murmelstimme gesprochen wird, was 
^ederum anderwärts mindestens nicht in gleichem Umfang der Fall 
m sein scheint. Jedenfalls dürfte es sich bei dem Gegensatz zwischen 
ichwebenden Diphthongen einerseits und den gewöhnlichen fallenden und 
steigenden Diphthongen andrerseits nur um einen graduellen Unterschied 
and nicht um einen eigentlichen Wesensgegensatz handeln: gibt doch 
selbst Storm zu, dass bei jenen der 'Nachdruck' bald auf den ersten, bald 
auf dem zweiten Vocal zu liegen scheine (obwohl er in Wirklichkeit nach 
seiner Meinung gleichmässig über beiden schweben soll). Gerade dies 
Schwanken in der Auffassung der 'schwebenden' Diphthonge scheint eben 

Sierers, Phonetik S.Aaß, W 



160 409. Verbindung zweier Yocale. 410. Diphthonge n. Halbvocale. 

1. Verbindung zweier Vocale, die verschiedenen 

Silben angehören. 

409. Vocale, welche zwei verschiedenen Silben angehören, 
werden dadurch schon hinreichend auseinander gehalten, im 
der zweite durch einen deutlich getrennten neuen Exspirations- 
stoss eingeführt wird. Der Gleitlaut ist dabei kaum vernebln* 
bar, weil zwischen den beiden Stössen der Stromdruck sdir 
geschwächt ist. Ausserdem kann aber auch noch Kehlkopf- 
verschluss zur Trennung der beiden Laute verwandt werden 
(also entweder 'a-t, 'a-o, 'o-e, oder 'aV, 'ao, 'o'e u. s. w.). Gte- 
hauchter IJebergang (a e, ao etc.) ist in den indogermanisdieB 
Sprachen meist ein Best eines einst zwischen beiden Lauten 
ausgesprochenen Mundlauts (im Deutschen z. B. Best einer 
Velaren Spirans, im Griechischen und anderwärts Best eines i 
u. dgl.). Man unterscheide wieder die verschiedenen Stufen dee 
Stärke des Hauchs : einen schwachen Hauch (leise gehauchl 
IJebergang) findet man nach Storm und Sweet (bei Storm^ S. 
oft im Französischen als Aussprache des aspirirten h, aber 
oft zwischen einfachen Nachbarvocalen, wie in Baal,Jleau 
Beim schnelleren Sprechen herrscht indess wohl in den meii 
Sprachen die erstgenannte Art der Aufeinanderfolge mit 
tinuirlicher Stimme vor, und dass das auch in den früh< 
Sprachperioden so gewesen ist, zeigen die vielen Oontractionen 
von Vocalen an, welche bei Annahme einer Aussprache mal.; 
Kehlkopfverschluss oder Hauch zwischen beiden Lauten nii 
erklärlich sein würden. 

2. Diphthonge und Halbvocale. 

a. Diphthonge. 

410, Unter einem Diphthong im weitesten Sinne 
Worts versteht man eine einsilbige Verbindung zweit 
einfacher Vocale, von denen mithin nach den aUgemeindj 
Gesetzen der Silbenbildung (616 ff.) der eine silbisch otej 
Sonant, der andere unsilbisch oder Oonsonant ist. Wir bezeic 
nen solche unsilbisch gebrauchte Vocale durch untergesetztes 
Danach bestehen beispielsweise die Diphthonge a|, a^ aus d€ 
hier silbischen Vocal a und den hier unsilbischen Vocalen 
bez. ?f , oder umgekehrt die Diphthonge ja, ^a aus den hier 
silbischen Vocalen i bez. ^ und dem hier silbischen Vocal a. 



411-413. Diphthonge. 161 

l« Sweet definirt die Diphthonge als Verbindungen von Yocal + 
idem er als Grundform etwa des ai annimmt, dass der Diphthong 
chen werde, sobald die Stellung für den Endlaut erreicht ist, 
ISS dieser selbst eine messbare Zeit hindurch angehalten wird. Er 
T zu, dass der glide auch zum vollen Yocal gemacht werden könne, 
bss der diphthongische Charakter der Verbindung verloren geht, 
im deswegen ebensogut oder besser auch vom vollen Yocal aus- 
id Sweet^s Grundform als durch Keduction (504 fif.) entstanden 
ben. Für alle Falle genügt die oben gegebene Definition, welche 
gkeit der Gruppe und für ihre beiden Glieder den Gegensatz von 
and Consonant fordert. 

i. Die beiden Glieder eines Diphthongs pflegen nicht 
icher Druckstärke gesprochen zu werden, viehnehr nimmt 
uckstärke von dem silbischen Glied zu dem unsilbischen 
ler Regel ab, und umgekehrt. Diphthonge mit abnehmenr 
uckstärke, wie beispielsweise deutsches ai, ayL, bezeich- 
n als fallende, solche mit zunehmender Druckstärke, 
i^a ia, ^a, als steigende Diphthonge. Seltener er- 
m, daneben nach den Beobachtungen einiger Phonetiker 
lentlich Storm^ S. 85 f.) auch Diphthonge mit wesentlich 
bleibender Druckstärke, sog. schwebende Diph- 
e. Storm findet solche z. B. (nach V. Thomsen) im 
hen ^a, wie in m^avür'TÄMm^ femer in norwegischen 
ten und sonst. Auch deutsche Mundarten scheinen Aehn- 
iufzuweisen. 

\. Ueber die eigentliche Natur dieser sog. schwebenden Diph- 
ist es nicht ganz leicht in^s Keine zu kommen. Nach den von 
i. a. 0. gegebenen Beispielen scheint es sich wesentlich um sog. 

Diphthonge (418) zu handeln, bei denen das unsilbische Glied 
leiner grösseren Schallfülle (518) stärker in^s Ohr fällt imd so 
druck hervorruft, als stehe es dem silbischen Glied auch an 
stärke gleich oder doch ganz nahe. Andrerseits ist nicht zu ver- 

dass thatsächlich bei den Diphthongen der Wechsel der Druck- 
shr verschieden stark sein kann. Im Deutschen macht sich z. B. 
ke und rasche Absinken der Druckstärke bei den fallenden Diph- 

unter anderem sehr gewöhnlich auch dadurch bemerklich, dass 
Ibische Schlussglied nicht mehr mit Yollstimme, sondern nur noch 
Iftigerer oder schwächerer) Murmelstimme gesprochen wird, was 
m anderwärts mindestens nicht in gleichem Umfang der Fall 

scheint. Jedenfalls dürfte es sich bei dem Gegensatz zwischen 
nden Diphthongen einerseits und den gewöhnlichen fallenden und 
en Diphthongen andrerseits nur um einen graduellen Unterschied 
ht um einen eigentlichen Wesensgegensatz handeln: gibt doch 
tonn zu, dass bei jenen der 'Nachdruck' bald auf den ersten, bald 

zweiten Vocal zu liegen scheine (obwohl er in Wirklichkeit nach 
ileinung gleichmässig über beiden schweben soll). Gerade dies 
ken in der AufiTassung der 'schwebenden' Diphthonge scheint e^^i^ 

^rs, "P^ionetik. S.Aaß. 'W 



162 



414. 415. Diphthonge. 



auf starke Ausgleichung der Gonträrwirkungen von Druckstarke wA\ 
Schallfulle (bez. Dämpfung) hinzuweisen. 

414. Hinsichtlich der Druckvertheilung bei Diphthonge] 
ist noch Folgendes zu bemerken. Steht ein unsilbisch verwend-j 
barer Vocal zwischen zwei andern Vocalen, z. B. in den Laut«] 
folgen ata, aua^ so hängt es ganz von der Druckvertheilung 
ob diese Folgen als ai-a^ at/^a oder als a-ia^ a-^a oder endüc 
als ai-ia, a^/^-^^ d. h. als fallender Diphthong + Vocal, oi 
als Vocal + steigender Diphthong, oder als fallender + steij 
der Diphthong empfunden werden. Im ersten Fall wird 
j(, ^ noch mit demselben Luftstoss hervorgebracht wie das 
a und schliesst sich mit diesem zu dem Diphthongen ai 
men (vgl. 520); im zweiten setzt neuer Druck erst mit demj, 
ein, die demnach zum Folgenden gezogen werden, im 
Fall liegt eine Druckgrenze (546) innerhalb der zugleich! 
ausgehaltenen {, tf , deren erste Hälften also mit dem ei 
deren zweite Hälften mit dem zweiten Luftstoss gebildet 
den. Die Uebergänge von einem Vocal zum andern bleil 
aber dabei überall gleich, und streng genommen wird sich 
jedem Falle die Existenz eines unsilbischen (^halbvocalischea^ 
422) Gleitlauts nachweisen lassen, auch an den Stellen wo 
für gewöhnlich nicht besonders wahrgenommen wird. Mit 
spirantischen /und w (vgl. 324 ff. 348) sind diese unsill 
sehen Vocale bez. Gleitlaute ja nicht zu verwechseln. 

415. um die Mundarticulation eines beliebigen 
thongs (einerlei ob er fallend, steigend oder schwebend gebili 
ist) festziQegen, hat man zunächst seine beiden Oomponentei 
zu ermitteln, d. h. denjenigen Vocallaut mit dem der 
thong beginnt, und denjenigen mit dem er schliesst: der 61« 
laut zwischen Anfangs- und Endvocal bez. Anfangs- und 
Stellung ergibt sich dann ziemhch von selbst, da derUeb( 
auf dem kürzesten Wege erfolgt. Der Ermittelung der 
ponenten stellen sich aber oft ziemlich grosse subj< 
Schwierigkeiten entgegen. Einerseits täuscht leicht die 
trästwirkung der beiden Nachbarlaute über ihren WJ 
Charakter, andrerseits treten in den Diphthongen oft Vo( 
auf, die in den betreffenden Sprachen als isolirte Vocale nie 
vorkommen und daher um so leichter falsch eingeschätzt 
den. Endlich geben auch die herkömmlichen Orthographifl 
Systeme leicht Anlass zu Irrungen: die Schrift ist gerade 
sehr oft hinter der Entwicklung der gesprochenen Spi 
zurückgeblieben, und hat daher Aussprachszustände fixirt, 



? 



« 



\ 



416.417. Diphthonge. 163 

[st nicht mehr hestehen. So schreihen wir zwar im Deut- 
en z. B. Diphthonge wie ai (et), au, eu [äu), oi noch mit 
antendem t, u, wir sprechen aher als Endlaute thatsächlich 
5t e-, o-nnd ö'-Laute, also z.B. ae^ (ae^, eee^), ao^ (ao\ oh^), 
, B^0\ ae} (vulgo äö etc.) u. dgl., wonehen natürUch im 
zehien noch vielfache Schattirungen in beiden Componenten 
leobachteQ sind. Aehnlich auch bei steigenden Diphthongen. 
^li hier treten keineswegs nur {, ^ als Anfangslaute auf, wie 
twa die Schrift vortäuscht, sondern ebensogut auch Laute 
e, (in Verbindungen wie ea, oa), vgl. z. B. den Gegensatz 
Schwab. iut9 'jung' : ea 'ja' u. dgl. 

A16* Den wahren End- bez. Anfangslaut richtig herauszuhören oder 
li längeres Verharren in seiner specifischen Articulationsstellung deut- 
»r zu Gehör zu bringen erfordert ziemlich viel Uebung, namentiid^ bis 
gelernt hat sich vollständig von der durch das Schriftbild erweckten 
durch die lange Gewohnheit gefestigten Vorstellung zu befreien, als 
s se ein t oder u etc. in jenen Lautmassen enthalten sein, um so sorg- 
irermussman also hier prüfen. Wem es noch an Uebung gebricht, 
^ann sich durch ein einfaches Experiment von der Richtigkeit des 
Igten überzeugen. Man lege einen Finger (oder auch zwei überein- 
'T) auf die Vorderzunge: man kann dann immer noch vollkommen 
' und deutliche Diphthonge von der Art der deutschen ei, ai in der 
öhnlichen mitteldeutschen Aussprache oder das erwähnte schwäb. f^ä 
liervorbringen, nicht aber ein t, das also in jenen Diphthongen noth- 
äig fehlen muss. 

417. Ein allgemeineres Abstandsminimum oder -maxi- 
n der Componenten lässt sich nicht angeben. Für Deutsch- 
i trifft ün Grossen und Ganzen wohl der Satz zu, dass die- 
sen nicht so weit auseinander liegen als die Vocale, welche 
landläufige Schrift als Componenten erscheinen lässt. Doch 
Len auch keineswegs Verbindungen wie ai, aw, «w, w«, welche 
ü ziemlich auch die Abstandsmaxima darstellen. Nach der 
ihnalseite zu liegen z. B. die sog. langen Yocale des Eng- 
ten [he, who, noj say), welche in Wirklichkeit durchaus 
bthongischen Charakter haben, indem bei ihnen gegen den 
duss hin stärkere Verengungen eintreten. So stellt der Laut 
\e einen Diphthong aus etwas offnerem und etwas geschlos- 
6rem i dar, der in who eine ähnliche Verbindung zweier u 
reet bezeichnet das zweite Element inconsequent hier mit j 
1 w, schreibt also y , uw, während er sonst den Endlauten 
• Diphthonge die Vocalzeichen belässt), no enthält ein ow, 
» ein ei etc. Für die umgekehrte Folge können engl. Bei- 
de wie ye, toool, toound (gespr. iii, ^uH, y/ü^nd) dienen; hier 
!d, wie überhaupt da, wo vor einem silbischen Voca\ -ma i ^ u 

11* 



166 ^22. HalbYOcale. 

Langdiphthonge zu bezeichnen. Langen zweiten Compone 
ten neben kurzem ersten haben z. B. die schwäb. ei, ou = 
i, ü,u. dgl. Genaueres s. unten unter 'Quantität', Cap. 34f. 

b. Halbvocale. 

433* unter dem mehr in der sprachwissenschaftlichen 
in der phonetischen Literatur üblichen Namen Halbvocal 
sind lediglich unsilbisch verwendete Yocale zu verstehen 
man sagt daher auch z. B., die fallenden Diphthonge wie 4 
a'^ etc. bestehen aus dem 'Yocal' a und den 'Bblbvocalen' 
bez. ^y die steigenden Diphthonge wie ißy ^a etc. aus den'HaDh 
vocalen' {^ ^ und dem * Vocal' a u. s. w. (vgl. 410). Eine fe* 
Praxis der Nomenclatur hat sich aber nicht herausgebfldei 
Ln Anschluss an den Sprachgebrauch der älteren Grammatik 
der Lider, Griechen und Lateiner pflegt man in der indogeim, 
Sprachwissenschaft vielmehr die fallenden Diphthonge wie a|\ 
a^ als 'Diphthonge' schlechtweg zu bezeichnen, und nur da voii 
'Halbvocalen' zu reden, wo das unsilbische Glied dem silbischen 
vorausgeht, d. h. bei den steigenden Diphthongen, wie {a^ yi^i 
welche dort traditionell als Verbindungen von selbständigoi 
Consonanten mit Vocalen (als Gruppen von 'Halbvocal + Vocal') 
aufgefasst werden, während man die fallenden Diphthonge, wifl 
der Name besagt, als eine Art von Doppellauten betrachtäi 
Dieser Gebrauch knüpft ziemlich willkürlich an allerlei gri 
matische und sprachgeschichtliche Erwägungen an, selbst 
rein Orthographisches (so werden z. B. in der Schrift d< 
Sanskrit Lautfolgen wie ia, ^a mit Consonantzeichen für 
h U geschrieben, TT, öf, nicht mit den sonst üblichen Arten yo& 
Yocalzeichen]. Li der romanischen Philologie werden dagegen 
Folgen wie franz. ««, oi (d. h. (e, ^%), ital. uo (d. h. f^o^), span. 
ue (d. h. ^e^) gern als 'steigende Diphthonge' benannt, weil s» 
aus urspr. einfachen Vocalen hervorgehn und in der landläufigst 
Orthographie mit 'Vocal'- zeichen geschrieben werden, u. dgl 
mehr. Dieser ganze, willkürlich wechselnde Sprachgebrauch 
hat, wie man sieht, mit dem Wesen der Sache nichts zu thun 
Qualitativ sind die unsilbischen 'Halbvocale' ebensogut ' Vocale* 
wie die silbischen 'Vollvocale', nur haben sie verschiedene 
Function bei der Silbenbildung, und bei dieser kann es natü^ 
lieh auf die Reihenfolge, ob z. B. ai oder ia, ebenso wenig aar 
kommen wie etwa bei Paaren wie al oder /a, ar oder ra u. d^ 
Immerhin ist der Name 'Halbvocal' nach manchen Richtungen 




13. 424. Halbvocale. 425. Triphthonge. 426. yocale + Liqu.u.Nas. 167 

in bequem, zumal für die t\ ^, die man damit gut von den 
)irantischen j und v unterscheiden kann. Einiges andere 
ieser Art im Folgenden. 

433* 'Nasalirte Halbvocale' erscheinen häufig in nasalirten 
^phthongen, z. B. in den süddeutschen Mundarten. Nasalirtes { neben 
sinem % findet sich nach Böhtlingk im Jakutischen, z. B. in af ? Sünde 
eben aj^ Schöpfung; nach Sweet S.47 wird es im Französischen oft bei 
achlässiger Aussprache für gn (mouillirtes fi) gebraucht. 

424« Als 'stimmlose Halbvocale' dürfen ihrer imsilbischen 
'unctdon nach die stimmlosen consonantischen Glieder mancher Diph- 
longe bezeichnet werden, welche namentlich unter dem Einfluss stimm- 
iger Nachbarlaute aus stimmhaften Halbvocalen entstehen. So finden wir 
ämmloses y^ im engl, wh in which^ tohat u. s. w., stimmloses t in engl. 
wre, eure, franz. pied, pion, tiens u. s. w. und vielen ähnlichen Fällen in 
Eide^ Sprachen. Auch die h ohne B.eibungsgeräusch (282 £f. 892) kön- 
en fimctionell hierher gerechnet werden. Streng genommen sollen alle 
lese 'stimmlosen Halbvocale' kein Beibungsgeräusch haben, aber sehr 
dcht mischen sich bei stärkerer Engenbildung und stärkerem Hauch 
lamentlich beim {j solche Beibungsgeräusche bei, und es vollzieht sich 
in Uebergang zum Gheräuschlaut [x, « u. dgl., vgl. z. B. die landläufige 
Dglische Aussprache von Wörtern wie naturey creature etc. mit ti oder tx)> 

3. Triphthonge. 

425. Auch der Name Triphthong, der im weitesten Sinne 
ille einsilbigen Verbindungen dreier Vocale umfasst, wird ver- 
diieden gebraucht, je nachdem man consonantisch anhebende 
Verbindungen, wie die «W, ieu mancher romanischen Sprachen 
d. h. ieiy ie^, soweit sie überhaupt einsilbig sind), mit hinzu- 
echnet od^ nicht. Solche Triphthonge wären nach Analogie 
ler Bezeichnung *^ steigende' und 'fallende' Diphthonge als 
;teigend-f allende Triphthonge zu charakterisiren. Beidurch- 
;ehends fallenden Triphthongen beginnt das silbische Glied 
ind die beiden anderen Yocale folgen unsilbisch nach. Der 
Lrt sind z. B. die schweizerischen ücei in blüceijce blühen etc. 
Winteler 165, Stickelberger, Schaffhauser Mundart 10). 

4. Verbindungen von Vocalen mit Liquiden 

und Nasalen. 

426. Auch hier haben wir es hauptsächlich nur mit den 
jinsilbigen Verbindungen zu thun. Diese sind den Verbin- 
lungen zweier Vocale vollkommen analog, nur mit der Ein- 
schräiikung, dass nach den Gesetzen über die Abstufung der 
Bchallfülle (51S. 53S ff.) die Liquidae und Nasale m ia*&\> ^^\\. 



166 422. HalbYOcale. 

Langdiphthonge zu bezeichnen. Langen zweiten Compon< 
ten neben kurzem ersten haben z. B. die schwäb. ei, ou = 
i, üjU. dgl. Genaueres s. unten unter 'Quantität', Cap. 34 f. 

b. Halbvocale. 

433. unter dem mehr in der sprachwissenschaftlichen 
in der phonetischen Literatur üblichen Namen Halbyocale 
sind lediglich unsilbisch verwendete Vocale zu verstehen; 
man sagt daher auch z. B., die fallenden Diphthonge wie 4 
ay, etc. bestehen aus dem 'Yocal' a und den 'Bblbvocalen' 
bez. y^^ die steigenden Diphthonge wie ißy y^a etc. aus den' 
vocalen' {^ y, und dem 'Vocal' a u. s. w. (vgl. 410). Eine 
Praxis der Nomenclatur hat sich aber nicht herausgebili 
Ln Anschluss an den Sprachgebrauch der älteren Grammai 
der Lider, Griechen und Lateiner pflegt man in der indo, 
Sprachwissenschaft vielmehr die fallenden Diphthonge wie d|, 
ay, als 'Diphthonge' schlechtweg zu bezeichnen, und nur da y< 
'Halbvocalen' zu reden, wo das unsilbische Glied dem sübischal 
vorausgeht, d. h. bei den steigenden Diphthongen, wie jfa, 
welche dort traditionell als Verbindungen von selbstän 
Consonanten mit Vocalen (als Gruppen von 'Halbvocal + Vocal 
auf gef asst werden, während man die fallenden Diphthonge, 
der Name besagt, als eine Art von Doppellauten betracb 
Dieser Gebrauch knüpft ziemlich willkürlich an allerlei 
matische imd sprachgeschichtliche Erwägungen an, selbst 
rein Orthographisches (so werden z. B. in der Schrift di 
Sanskrit Lautfolgen wie j(a, y,a mit Consonantzeichen für dal 
ii Vk geschrieben, U, cf, nicht mit den sonst üblichen Arten yo» 
Vocalzeichen). Li der romanischen Philologie werden dagegea 
Folgen wie franz. ie, oi (d. h. ie^ i^a)y ital. uo (d. h. f^o^), spait 
ue (d. h. y^e^) gern als 'steigende Diphthonge' benannt, weil sift 
aus urspr. einfachen Vocalen hervorgehn und in der landläufige» 
Orthographie mit ' Vocar-zeichen geschrieben werden, u. dgl 
mehr. Dieser ganze, willkürlich wechselnde Sprachgebrattch 
hat, wie man sieht, mit dem Wesen der Sache nichts zu thun 
Qualitativ sind die imsilbischen 'Halbvocale' ebensogut 'Vocale 
wie die silbischen 'Vollvocale', nur haben sie verschiedene 
Fimction bei der Silbenbildung, und bei dieser kann es natii^ 
lieh auf die Reihenfolge, ob z. B. ai oder ja, ebenso wenig aar 
kommen wie etwa bei Paaren wie dl oder /a, ar oder ra u. d^ 
Immerhin ist der Name 'Halbvocal' nach manchen BichtungeB 



3. 424. Halbvocale. 425. Triphthonge. 426. yocale + Liqa.u.Nas. 167 

n bequem, zumal für die t\ ^, die man damit gut von den 
>irant^chen j und v unterscheiden kann. Einiges andere 
ieser Art im Folgenden. 

423« 'Nasalirte Halbvocale' erscheinen häufig in nasalirten 
^phthongen, z. B. in den süddeutschen Mundarten. Nasalirtes { neben 
sineni % findet sich nach Böhtlingk im Jakutischen, z. B. in af ? Sünde 
eben aj^ Schöpfung; nach Sweet S.47 wird es im Französischen oft bei 
achlässiger Aussprache für gn [mouillirtes fi) gebraucht. 

424« Als 'stimmlose Halbvocale' dürfen ihrer imsilbischen 
imctdon nach die stimmlosen consonantischen Glieder mancher Diph- 
longe bezeichnet werden, welche namentlich unter dem Einfluss stimm- 
iger Nachbarlaute aus stimmhaften Halbvocalen entstehen. So finden wir 
ammloses y^ im engl, wh in which^ tohat u. s. w., stimmloses i in engl. 
lire, eure, franz. pied, pion, tiens u. s. w. und vielen ähnlichen Fällen in 
idem Sprachen. Auch die h ohne B.eibungsgeräusch (282 £f. 892) kön- 
on fimetioneU hierher gerechnet werden. Streng genommen sollen alle 
lese 'stimmlosen Halbvocale' kein Beibungsgeräusch haben, aber sehr 
acht mischen sich bei stärkerer Engenbildung und stärkerem Hauch 
lamentlich beim (} solche Beibungsgeräusche bei, und es vollzieht sich 
in Uebergang zum Gheräuschlaut (x, « u. dgl., vgl. z. B. die landläufige 
Qglische Aussprache von Wörtern wie naturey creature etc. mit ti oder tx)' 

3. Triphthonge. 

425. Auch der Name Triphthong, der im weitesten Sinne 
ille einsilbigen Verbindungen dreier Vocale umfasst, wird ver- 
dhieden gebraucht, je nachdem man consonantisch anhebende 
i/^erbindungen, wie die tei^ ieu mancher romanischen Sprachen 
d. h. ieiy iey^^ soweit sie überhaupt einsilbig sind), mit hinzu- 
echnet oder nicht. Solche Triphthonge wären nach Analogie 
ler Bezeichnung "^steigende' und 'fallende' Diphthonge als 
teigend-f allende Triphthonge zu charakterisiren. Beidurch- 
;ehends fallenden Triphthongen beginnt das silbische Glied 
ind die beiden anderen Vocale folgen unsilbisch nach. Der 
Lrt sind z. B. die schweizerischen ücei in blüceijce blühen etc. 
Winteler 165, Stickelberger, Schaffhauser Mundart 10). 

4. Verbindungen von Vocalen mit Liquiden 

und Nasalen. 

426. Auch hier haben wir es hauptsächlich nur mit den 
dnsilbigen Verbindungen zu thun. Diese sind den Verbin- 
iungen zweier Vocale vollkommen analog, nur mit der Ein- 
schränkung, dass nach den Gesetzen über die Abstufung der 
Schalliülle (51S. 52S ff.) die Liquidae und Nasale m ia*&\> ^^\\. 



168 427. 428. Yocale, Liquidae u. Nasale. 429. Sonore u. Spiranten. 

Fällen die unsilbischen Glieder der Verbindungen sii 
Dass wir Gruppen wie ar, alj am^ an, ai9 (genauer geschrieb 
oTj ^h ^^1 ^^) ^^) ^^"^ <^6 unsilbische Geltung des an zweit 
Stelle stehenden Sonorlauts zu bezeichnen) nicht auch 
'Diphthonge' auffassen, liegt grossentheils bloss an der G 
wohnheit, /, r, w, «, f? als 'Consonanten' zu bezeichnen, i 
mit einem 'Vocal' nicht eine derartig homogene Verbindü 
eingehen können wie zwei 'Vocale' unter einander. Eine i 
wisse praktische Berechtigung hat allerdings die Abtrennu 
dieser Verbindungen von den vocalischen Diphthongen, in 
nämlich die Liquidae imd Nasale ihrer Articulation und ihr 
Klange nach von den Vocalen so weit abstehen, dass sie i 
denselben für unsere Empfindung nicht zu einer so homogei 
Lautmasse zusanmienschmelzen, als das bei reinen Vocal?* 
bindungen möglich ist. Am besten verschmilzt noch das 
namentlich wenn es starke Oeffnung hat (darum gehen o/, ol 
häufig geradezu mau^ ou, anderwärts in at, oi etc. über). An 
die ungerollten r geben sehr einheithch klingende Verbindunge 
bei den gerollten bringt das Rollen, bei den Nasalen der Nas^ 
klang etwas dem Vocale nicht Homogenes, und deshalb me 
als getrennt Empfundenes in die Verbindimg. Aber Nass 
vocal + Nasal klingen wieder gut einheithch. 

427. Zweisilbige Verbindungen von Vocal + Liquid 
oder Nasal bedürfen hier keiner weiteren Erörterung. 

5. Verbindungen von Liquiden und Nasalen 

untereinander. 

428. TJeber diese Verbindungen ist an dieser Stelle kauj 
etwas zu bemerken, da Erörterungen über ihre relative 
Functionen als Sonanten und Consonanten erst weiter unte 
angestellt werden können. Ebenso wird über die sogenannt 
Gemination erst 555 ff. das Nöthige zur Sprache gebrad 
werden. 

Cap. 20. Ber&hrimg eines sonoren Lantes 
mit Cferänsclilanten. 

1. Sonore und Spiranten. 

429. Stimmhafte Spiranten. Diese verhalten sich be^ 
zügUch des ihnen mit den Sonoren gemeinschaftiüchen Facto«, 
der Stimme, durchaus den 'Halbvocalen' (422), Liquiden v^i 



430—432. Sonore nnd Spiranten. 169 

j Jlasalen analog, d. h. die Stimme wird in der Begel continuir- 
:ifch durch die Lantverbindung durchgeführt, und während ihrer 
Dauer die Umstellung der Mundorgane vollzogen; also auch 
bier herrscht der directe Uebergang vor. Der einzige XJnter- 
ichied zwischen unserer Gruppe und den Gruppen mit Liquida 
»der Nasal besteht darin, dass bei den Spirantenverbindungen 
challbildende Engen im Ansatzrohr hergestellt werden müssen 
ji Stelle der nicht schallbildenden Engen bei den erstgenann- 
en Liauten. Da übrigens manche Sonorlaute, namentHch die r 
md manche Halbvocale mit starker Engenbildung, leicht acces- 
oiische Nebengeräusche entwickeln, andererseits die specifischen 
Skräusche der Spiranten durch Beduction häufig geschwächt 
rerden, so ergibt sich leicht, dass die beiden Gruppen sich viel- 
ach berühren können. 

430« Stimmlose Spiranten. Bei diesen muss neben 
ier Aufhebung bez. Bildung der spirantischen Enge {sa — as) 
iuch noch der Einsatz bez. Absatz der Stimme ausgeführt 
«rerden. 

431. Im Deutschen ist es üblich, die Stimme plötzlich ein- 
bez. abzusetzen, und genau gleichzeitig mit der ebenfalls rasch 
ausgeführten Umstellung der Mundorgane, wenn der Sonorlaut 
silbisch ist, z. B. also in Verbindungen wie sa, as. Die Ver- 
bindung geschieht also mittelst des directen üebergangs. 
Gehauchter Uebergang ist seltener; abgesehen von Fällen der 
Composition von Grenzlauten ursprünghch getrennter Silben, 
wie s'at für es hat (399), finden sich im Deutschen gelegentUch 
Typen wie a's mit schwachem Hauch zwischen a und s, Sie 
entstehen dadurch, dass die spirantische Enge für das s etwas 
später gebildet wird, als die Stimme aussetzt. Auch die arme- 
nischen 'aspirirten Affricatae' (455) haben bisweilen einen deut- 
lichen Hauch zwischen der Spirans und dem folgenden Vocal, 
Isoj i^a etc. Festen Uebergang, as, finden wir in Sprachen 
mit sog. *Stosston' (585 ff.). 

432. Ist der Sonorlaut aber unsilbisch, so wird er durch 
len stimmlosen Nachbarlaut häufig ebenfalls stimmlos gemacht, 
venigstens setzt bei Verbindungen wie sla, sna die Stimme oft 
jrst nach der Einstellung des Mundes für /, n etc. ein, sodass 
1er Eingang des /, n noch stimmlos gebildet wird. In Gruppen 
?ie alsj ans findet dann das umgekehrte Verhältniss statt: die 
Stimme erlischt, ehe die Einstellung für /, n aufgehoben wird; 
rir erhalten dann /, n mit stimmlosem Ausgang. Ob diese 
timmlosen Ein- und Ausgänge spirantische Beibegeräusche 



PM 



M 



170 433. Sonore u. SpirantezL 434. 435. YenchloBslaate o. Sonore. 

entmckeln, hängt von der Stärke des Stromdrucks und dem 
Grad der Engenbildung ab ; nothwendig ist es nicht, und dies 
ist wohl der Grund, warum diese stimmlosen Theile der Sono- 
ren so leicht übersehen werden. 

433* lieber stimmlose (reducirte) Halbvocale an dieser Stelle 
vgl. 424. 

2. Sonore und Yerschlusslaute. 

a. Yerschlusslaut vor sonorem Sonanten. 

434. Mit demselben Luftstoss, welcher den Verschluss des 
vorausgehenden Explosivlauts durchbricht, muss auch der fol- 
gende Sonorlaut erzeugt werden, sobald sich beide Laute Toll- | 
kommen einheitUch zu einer Silbe verbinden sollen. Die be- 
treffenden Verbindungen lauten ganz anders bei der Vertheünng 
auf verschiedene Silben, und es treten in dem letzteren Falle 
Oombinationen verschiedener Ein- und Absätze entgegen der 
404 erwähnten allgemeinen Eegel auf. So ist z. B. einsilbiges 
ka (d. h. Ä + ö Ddit festem Uebergang, 401 u. ö.) zu unter- 
scheiden von deutschem k-a oder A^-'a etwa in hack-ab^ d. L 
^ak-ap oder ^ak^-ap^ in denen das k leisen bez. gehauchten 
Absatz hat (allerdings spricht man gewöhnlich bei rascherer 
Rede nicht so, sondern * a-kap^ kaimi auch ' a-k'ap). Nicht gleich 
p^a ist deutsches jo-'a oder p^-^a in ab-halten, d. h. 'ap-'altn oder 
'ap'-altn bei deutlicher Markirung der Silben, obwohl man in 
schneller Rede auch hier wieder gewöhnlich ^or-p^al-tn abtheilt 
Wir haben es hier wieder nur mit den durch einen einheithchen, 
continuirlichen Luftstoss hervorgebrachten Verbindungen zu 
thun. Hier ist etwa Folgendes zu beachten. 

436. Stimmhafte Mediae. Da bei der Verbindung | 
stimmhafter Mediae mit nachfolgenden Sonoren die Stimme als 1 
gemeinschaftlicher Factor forttönen muss (vgl. 407), so verbietet 1 
sich die Anwendung des festen Uebergangs meist von selbst | 
(ausser im Falle der Composition, z. B. in^ti-'m neben viel- 
leicht ebenso häufigem oder häufigerem gi-him^ sofern nicht, 
wie das im Deutschen am gewöhnlichsten ist, gi-plm dafür ein- 
tritt). Durchaus die gewöhnlichste Form ist die des directen 
Uebergangs, d. h. der Blählaut und der folgende sonore Laut 
bilden eine continuirliche Einheit. Doch ist zweierlei hierbei 
zu beachten. Einmal scheint es, dass bei der Bildung des Bläh- 
lauts die Stimmbänder nicht so fest zum Tönen eingesetzt sind 
wie bei der Bildung von Sonoren (d. h. die stimmhaften Medien 



436. Yenchlosslaate und Sonore. 171 

enthalten vielleicht nur Murmelstimme, nicht Yollstinmie). An- 
dererseits wird der BläMaut lun so schwächer, je mehr er sich 
seinem Ende, d.h. der Explosion, nähert, weil mit der zunehmen- 
den Verdichtung der Luft im Mundraiun die Stimmbänder 
immer weniger leicht und kräftig ansprechen. Mit der Explosion 
setzt dann die Stimme voll ein. Der Contrast zwischen dem 
Moment vor und dem nach der Explosion führt dabei leicht zu 
der Annahme, dass der Blählaut vor der Explosion erlösche 
und die Stimme nachher wieder neu einsetze. Die Aus- 
cultation des Kehlkopfs zeigt aber, dass in Wirklichkeit nur 
eine Schwächung und nachfolgende Verstärkung der Stimme 
eintritt. 

436. Schwierigkeiten bereitet die Analyse der sog. Media e 
aspiratae, d. h. der stimmhaften Mediae mit gehauchtem 
Absatz, welche namentlich im Sanskrit und den neuindischen 
Mundarten vorliegen und bereits in dem indogermanischen 
Lautsystem eine wichtige Stelle einnahmen. Aus der älteren 
Literatur über diese vielbesprochenen Laute seien hervorgehoben 
die Aufsätze von 0. Arendt in Kuhn und Schleicher's Beiträgen 
H, 283 ff. und E. Brücke, Sitz.-Ber. der Wiener Akad., phil.- 
hist. Cl. XXXI, 219 ff. Nach den Angaben von Brücke, die 
ich durch mündliche Mittheilimgen von Kielhorn bestätigt finde 
(s. auch Storm2 g, 75 f.), existiren in neuindischen Idiomen, z.B. 
im MahratM, stimmhafte Medien, denen sich ein stimm- 
loser Hauch, unser h anschliesst, wie etwa in hhau Bruder. 
Diese wären als V etc. zu transscribiren, also }> au u. s. w. Doch 
kann diese Aussprache schwerlich die der alten Inder gewesen 
sßin, da diese ihren Medialaspiraten einen stimmhaften Hauch 
zusprechen. Bei einem Hindu glaube ich auch in der That bei 
langsamer und deutlicher Aussprache hier in einem Wort wie 
V ai Bruder einen leicht stinmihaften Hauch (vgl. 87. 283 etc.) 
gehört zu haben, der freilich bei flüchtigerer Eede fast ganz 
verschwand (vgl. 487); weit deutlicher stimmhaft sind die 
Brauche einer Art von Aspiraten, die ich in dem armenischen 
Dialekt von Aätarak habe beobachten können, als Vertreter der 
ostarmen. Mediae b, d, g. Hier schliesst sich an die Explosion 
der (stimmhaften) Media zunächst ein Stück gehauchter Mur- 
melstimme an, ehe die Yollstimme einsetzt. Der Hauch ist 
dabei so stark, dass zu vermuthen steht, dass bei seiner Erzeu- 
gung die Knorpelglottis geöffnet ist und dass sie sich erst beim 
Einsatz der Vollstimme schliesst. Bezeichnen wir diese Aus- 
sprache durch ", so lauten also armen. Wörter me babik^ do^dik 



172 ^7. 438. Stimmhafte ti# stunmlose Yenchlosslaiite a. Sonore. 

in jenem Dialekte b^'ah'Ukj d^^ad'Uk (über entsprechende Tenues 
aspiratae mit tönend gehauchtem üebergang s. 442). 

487. Eine dritte Art von Medialaspiraten wird auf Grund 
der Angaben zweier Bengalesen vonEUis, Academ7l874,V,68 
und Early Engl. Pron. IV, 1134 ff. beschrieben. Ellis leugnet 
(freiUch unter dem Widerspruch von Sweet bei Storm^ S. 75 f.) 
das Vorhandensein eines Hauchs, namentUch eines stimmlosen, 
und gibt an, dass seine Gewährsmänner ihn unabhängig von 
einander vor der bei den Deutschen üblichen Aussprache der 
Medialaspiraten als stimmhafter Media + stimmlosem Hauch 
warnten. Nach Ellis hört man nach der Explosion der Medial- 
aspirata nur eine momentane Verstärkung des folgenden Vocals 
(a momentary energising of the foUowing vowel). Dies scheint 
ungefähr zu der in 436 erwähnten flüchtigeren Aussprachsform 
des neuind. i' zu stimmen, bei der ich (freüich unter Umständen 
die für die genauere Beobachtung sehr imgünstig waren) auch 
einen Crescendo-Eingang des Vocals neben etwas deutiicher 
stimmhaftem und etwas länger ausgehaltenen b gehört zu haben 
glaube. Dann wäre also die Murmelstimme hier weniger hauch- 
artig und die Zeit des Uebergangs von der Explosion zum Voll- 
vocal zu Gunsten der Dauer der Verschlussstellung stark ver- 
kürzt. Eine genauere Untersuchung bleibt also auch hier noch 
unerlässlich, zumal auch wegen der Frage, ob der Hauch der 
deutlicher gehauchten Formen dieser Aspiraten wirklich stimm- 
los oder (mindestens vor stinmihaften Folgelauten) stimmhaft 
ist, einer Frage bei deren Beantwortung schon deswegen leicht 
Irrthümer eintreten können, weil man niedrigere Grade von 
Stimmhaftigkeit hier leicht überhört. 

438. Stimmlose Verschlusslaute (Tenues) mit ge- 
schlossenem Kehlkopf verbinden sich mit folgenden Vocar 
len durch den festen Üebergang (also ka^ ia, pa\ d. h. mit 
der Explosion des Kehlkopfverschlusses setzt zugleich die 
Stimme ein, wie beim festen Einsatz nach vom zu isolirter Vocale. 
Die Articulation muss dabei so geregelt sein, dass die beiden 
Explosionen, die des Mundverschlusses imd die des Kehlkopf- 
verschlusses, gleichzeitig erfolgen. So werden z. B. die betr. 
Tenues im Armenischen gesprochen (365); im Georgischen 
(s. ebenda) kommt dagegen die Kehlkopf explosion regelmässig 
etwas verspätet, und so erscheint dort der Vocal durch eine 
Pause und den neuen (Kehlkopf-)Explosivlaut getrennt (also 
georg. A'a, t^a^ p^a gegen armen, ka^ la^pa). 



439—442. Stimmlose Yerschlusslaute und Sonore. 173 

439. Unaspirirte stimmlose Verschlusslaute mit 
t)ffenem Kehlkopf (also Verbindungen wie Aa, to, pa [so- 
wohl Spreng- als Lösungsfortes] und ga^ da, ba) haben den 
directen Uebergang, d. h. unmittelbar nach der Mund- 
explosion schlagen die Stimmbänder zur Stimmstellung zusam- 
men und erfolgt ebenso plötzhch die Einstellung des Mundes 
für die specifische Articulationsstellung des Folgelauts. Auf 
die Explosion folgt also nur ein Gleitlaut von minimaler Dauer, 
der jedenfalls ohne hauchartigen Charakter ist. Er ist der 
Kegel nach stimmlos, allenfalls aber auch schon stimmhaft 
(namenthch nach stimmlosen Lenes, die historisch aus stimm- 
haften hervorgegangen sind und in der betreffenden Sprache 
etwa noch mit solchen wechseln; vgl. oben 374). 

440. Bei den aspirirten Verschlussfortes (den Te- 
nues aspiratae), also bei A'a, t'a^ p'a mit gehauchtem 
Uebergang, setzt die Stimme erst eine merkbare Zeit nach 
der Mundexplosion ein. Die Zwischenzeit wird durch einen 
Hauch von verschiedener Stärke und Dauer ausgefüllt. Solche 
Aspiraten sind z. B. die bühnendeutschen A;, t, p im Anlaut. 
Der Hauch ist hier von mittlerer Stärke und Dauer. Weit 
stärker ist er z. B. bei den A'a, t^a, pa in der irischen Aus- 
sprache des Enghschen oder denen des Dänischen (von denen 
Sweet angibt, dass sie durch einen selbständigen Hauch nach 
der Explosion gebildet werden); die Hauche sind hier so stark, 
dass sie oft deutliche Reibegeräusche bilden, d. h. die Affricata 
(454) an die Stelle der Aspirata tritt (das dän. ^' klingt, wie 
schon Storm2 g, 74 bemerkt, namentlich vor palatalen Vocalen 
oft beinahe wie deutsches z^ und annähernd ähnliches lässt 
sich auch in der Irish brogue beobachten). Als Beispiele 
schwacher Aspiraten können die A, i^ p des Englischen nach 
der normalen Aussprache dienen (doch habe ich von Schotten 
gelegentlich auch unaspirirte anlautende Tenues gehört, wie in 
time^ teil), 

441« Aspirirte stimmlose Verschlusslenes scheinen nicht 
eben Yorzukommen, obwohl sie sich bilden lassen, indem man zim'ächst mit 
schwachem Druck ezplodirt und dann die Exspiration für den Hauch ver- 
stärkt. Doch ist diese Bildung unbequem, und deshalb tritt, wo etymo- 
logische stimmlose Yerschlusslenis + Hauch mit einander verschmelzen, 
wohl stets Verstärkung zur Tenuis aspirata ein, wie in oberd. palP^ UBrt 
VQB b-haUe f g-hört u. dgl. 

4 42* Eine besondere Merkwürdigkeit, nämlich Tenuesaspiratae 
mit stimmhaftem Hauch weist der armenische Dialekt von Astarak 
als Nebenform der oben (486) beschriebenen Mediae aspix«.taA ^\]i. '^^^^til 






.rj 



:l 






174 443—445. Yerschlusslaate und Sonore. 

der bereits erwähnten sehr energischen Exspiration setzt dort mimlich 
sogar die gehauchte Murmelstimme sehr oft erst nach der Explosion ein* 
In Wörtern wie ^"ap"tA;, f^at^'ik beginnt also die Aspirata mit einer 
stimmlosen Explosivfortis, an die sich dann, mehr oder weniger durch ein 
kurzes Stück stimmlosen Hauchs getrennt, der stimmhafte Hauch an- 
schliesst. 

b. Yerschlusslaut vor sonorem Consonanten. 

443. Nach stimmhaften Verschlusslauten (einerlei ob 
rein oder aspirirt), also in Verbindungen wie J/a, gra, dna bez. 
67a, g'ra^ d^na bleibt der Consonant selbstverständlich überall 
stimmhaft, während er nach stimmlosen öfters die Stimme 
verliert, indem diese erst beim folgenden Sonanten einsetzt 
Namentlich tritt der Stimmverlust wohl stets nach stimmlosen 
Aspiraten ein, also bei Bindungen wie^7a, AVa, fna\ je nach 
der Stärke der Aspiration bekommen dann die stimmlos gewor- 
denen Consonanten einen mehr oder weniger hauchartigen 
Charakter. Nach imaspirirten stimmlosen Verschlusslauten 
herrscht Schwanken ; im allgemeinen setzt die Stimme durcb- 
schnittUch um so früher ein, je geringer der Druck der stimm- 
losen Explosiva ist. — Dass es auch hier Mittelstufen mit halb 
stimmlosem, halb stimmhaftem Consonanten geben kann, ver- 
steht sich von selbst. 

c. Yerschlusslaute nach Sonoren. 

444. Bei einer Lautfolge wie apa, aha u. s. f. gehört, wie 
.ohne Weiteres zugestanden werden wird, die Explosion des 

Verschlusslauts zur zweiten Silbe, und ebenso wird zugegeben 
werden, dass auch bei op, ab das Explosionsgeräusch als etwas 
der Silbe Nachklappendes, nicht eigenthch zu ihr Grehörendes 
empfunden wird. Die Silbe findet mit dem Verschluss des 
Explosivlauts ihr Ende (vgl. darüber 634). 

445. Spricht man nun eine derartige Lautreihe wie apa^ 
aha oder auch nur op, ah so aus, dass man nach dem Ver- 
schluss eine längere Pause macht oder dass man die Explosion 
ganz unterdrückt, so genügt schon der blosse Verschluss, um 
jeden Zweifel über den folgenden Laut zu heben; man wird 
z. B. ein a mit jt?-Verschluss deutlich von einem mit t- oder 
A-Verschluss gebildeten unterscheiden, imd ebenso ist es bei 
a-5, a-c?, a-g. Man hat hieraus geschlossen, dass neben den 
explosiven auch implosive (prohibitive, occlusive) Ve^ 
schlusslaute existiren, die durch das Geräusch des Zusammen- 
Jclappens der Mundorgane erzeugt werden (bei Verbindungen 



446. 447. Sonore und Yenchliisalaate. 175 

ie ampaj anta^ ai9ka müsste gar der Verschluss der Gaumen- 
iappe das Geräusch erzeugen). Aber man wird bei einiger 
.ufmerksamkeit finden, dass ein derartiges Geräusch beim ge- 
öhnlichen Sprechen durchaus nicht existirt. Viehnehr erleidet 
iir der Yocal eine eigenthümliche Modification am Schlüsse, 
ELdurch dass sich an den eigentlichen Yocal der spedfische 
rleitlaut von der Vocalstellung zur Stellung des folgenden Ver- 
Musslauts anreiht, und nach diesem Gleitlaut schliessen 
ir, falls die Explosion nicht alsbald erfolgt, auf die Articula- 
onsstellung des folgenden Explosivlauts (vgl. 103). Bei den 
ümmhaften Medien kommt dazu noch die Klangfarbe des 
ilahlauts als ünterscheidungsmittel in Betracht^ da auch diese 
ach der Grösse des durch die Mundabsperrung gebildeten 
Uindsacks wechselt. — Die grössere oder geringere Deutlich- 
eit des Gleitlauts richtet sich aber wesentlich nach der Stärke 
es Yocals im üebergangsmoment (man hört den Gleitlaut also 
. B. deutlicher in apa als in äpa^ weil im letztem Falle der 
ichluss des langen Yocals geringere Stärke hat; deutlicher bei 
olgender Fortis als vor Lenis, weil bei ersterer noch stärkere 
Exspiration dem Yerschluss vorangehen muss, u. s. w.). 

446* In den meisten Sprachen dürfte dieser directe 
Jebergang mit durchaus stimmhaftem Sonorlaut der häufigste 
ein, wenn der Sonorlaut silbenbildend ist. Die Sprachen mit 
og. Stosston (im Sinne von 585 ff.) kennen daneben auch den 
esten XJebergang (ä joa, ata^ ä^ba, a^da etc.). Gehauchter 
Jebergang nach Yocalen ist selten, findet sich aber z. B. regel- 
aässig im Isländischen vor U^hh^pp^ z. B. in döttir^ gesprochen 
löUtTj nach Sweet S. 76 auch bisweilen im Schottischen, z. B. 
Q ^tp^t = what Er entspricht dem skr. Yisarga vor Yer- 
chlusslauten. 

447. Unsilbischer Sonorlaut wird consequenter Weise 
)ft mehr oder weniger (d. h. ganz oder nur in seinem letzten 
Pheile) stimmlos; vgl. z. B. engl. butU mit buüd^ feit mit 
^elled, tent mit (end u. dgl. 

Cap. 21. Berflhrnngen von Geränschlanten. 

448. Es ist nicht nöthig, hier alle überhaupt möglichen 
Kombinationen zu besprechen, da nach dem bisher Erörterten 
line Menge derselben ohne Weiteres verständlich sein wird. 

449. Selbstverständlich gilt auch hier das Gesetz, dass 
timmhafte Geräuschlaute ohne Aussetzen der Stimme 



176 448 — 453. Berührongen von Q^räoBchlaaten. 454. Affiricatae. 

combinirt werden. Für die Verbindung eines stimmhafte 
Geräuschlauts mit einem stimmlosen giebt es keine al 
solut gültigen Gesetze für den Fall, dass beide Laute auf m 
schiedene Silben yertheilt sind. Sollen beide den Anlaut eiiu 
Silbe bilden, so tritt wohl fast ausnahmslos Assimilation eh 
d. h. beide werden stimmhaft oder stimmlos. Weniger streu 
wird dies Gesetz im Silbenauslaut gehandhabt. Zur Bildim 
Yon Ausnahmen ist das als Substitut für uvulares r fungirend 
j am meisten geeignet, da es bei geringem Stromdruck im 
geringem Keibungsgeräusch den Sonoren noch am nächste 
steht. Hier ist wenigstens der Anfang des ersten Lauts of 
noch stimmhaft, der Ausgang aber wird dem stimmlosen Folge 
laut assimilirt. 

460. Nicht homorgane Spiranten können sich ebenso 
ohne Weiteres imter einander verbinden wie nicht homorgane 
Yerschlusslaute; bei letzteren können sich also sämmtiiciie 
Ein- imd Absätze wiederholen, z. B. ahda mit stimmhafter oder 
stimmloser Media, apta mit leisem, apia mit festem, apYa mä 
gehauchtem Absatz; aber auch apt'a mit verschiedenen Ab- 
sätzen; auch apda, selbst abta u. s. w. sind möglich, vgl. zA ; 
Worte wie engl, trap-door^ lap-dog, oder big-talk^ dog-H 
u. dgl. Es gilt hier für jede einzelne Sprache die speciellea 
Neigungen genauer zu untersuchen. 

461« Ak Beispiel seien hier die Untersuchungen von Kräuter über 
nhd. Aspiraten und Tenues, Kuhn's Zeitschr. XXT, 30 ff., angeffilttt 
Diese haben z. B. ergeben, dass auch diejenigen deutschen Mundarteo, 
welche anlautende Tenues aspiriren (Ä'a, <'a, ^*a), doch beim Zusammfi'»' 
treffen zweier Tenues die doppelte Aspiration vermeiden, u. dgl. ffl«^* 
Ich bemerke aber, dass anderwärts, z. B. im Armenischen, diese Ab' 
neigung nicht besteht und man wirklich zwei nicht homorgane Aspi»** 
neben einander spricht. 

452. Ueber die Verbindungen von Spiranten undVe^' 
schlusslauten ist nichts zu bemerken, was sich nicht ebei* 
falls von selbst verstünde. 

^ 

453. Ausser diesen allgemeinen gelten noch einige specid^ 
lere Bestimmungen über Lautfolgen, die bisher nicht zurSpracto 
gebracht worden sind. 

1. Affricatae. 

454. Bei der Verbindung eines einfachen Verschlussla^j 
mit einem nachfolgenden Sonoren (seltener Geräuschlaut) vWj 
der Mund sofort und mit thunlichster Geschwindigkeit zu d« 



i 



456. AfiPricatae. 177 

iir den Sonoren erforderlichen vollen Weite geöffnet. Geschieht 
lies nicht, sondern wird zunächst, wenn auch nur für einen 
:urzen Moment, der Verschluss nur so weit geöffnet, dass die 
ixspirirte Luft an den Sandern der so gebildeten Enge sich 
reibt, so schiebt sich zwischen den Explosivlaut und den Sono- 
ren ein dem ersteren homorganes Beibungsgeräusch ein. So 
mtstehn Verbindungen wie die deutschen pfa^ tsa, kxa u. s.w. 
Wir nennen dieselben Affricatae, sobald beide Laute, Ex- 
plosivlaut und Spirans, im Silbenanlaut stehn, d. h. hier mit 
lemselben Luftstoss hervorgebracht werden. Sie dürfen durch- 
\v& nicht verwechselt werden mit den auf zwei Silben vertheilten 
n-f^ t'S u. dgL, die wir bei deutlich accentuirter Aussprache 
3twa in ab'/ahreny hat-sich hören (vgl. das oben 434 über die 
Äjspiraten Bemerkte). 

456. Je nach der Verschiedenheit des Absatzes der Ex- 
plosion wird auch die Qualität und Quantität bez. Stärke der 
Spirans verschieden sein. Aus den stimmhaften Medien ent- 
wickeln sich so stimmhafte [dz, dzj g^ u.s.f.), aus den stimm- 
losen Medien stimmlose Affricaten. Am vollständigsten ist die 
Beihe wieder bei den Fortes (Tenues) entwickelt, weil diese 
die vielfachsten Absätze haben. Den Tenues mit leisem Ab- 
satz entsprechen also pfa^ tsa, Üa, wie sie etwa der Schweizer 
oder auch der Mitteldeutsche, vielfach auch der Norddeutsche 
spricht, den Aspiraten die Formen jo^a, t'sa, t'sa u.s.w., in 
denen dasy, «, s mehr oder weniger als Fortis erscheint, jedes- 
mal entspechend der Energie des Hauchs bei der correspondi- 
renden Aspirata. Sie kommen öfter in Norddeutschland vor, 
aber ohne von den nichtaspirirten principiell geschieden zu sein. 
Besonders deutlich unterschieden werden beide Beihen z.B. im 
Armenischen und andern asiatischen Sprachen mit ähnlichem 
Lautsystem (so ist es mir keinem Zweifel unterworfen, dass das 
skr. cÄ, wenn es wirklich bereits als palatale Affricata ge- 
sprochen wurde, dem armenischen t^s [vgl. Hübschmann, Z. D. 
M. Gt. XXX, 53 f. 57 f., Lepsius' c] gleichzustellen ist). Ganz 
eigenthümlich klingen die Affricaten mit festem Absatz, 
von denen das Tifliser Armenisch z. B. die Laute is und is 
aufweist (Hübschmann's ts und c, Lepsius' f und c). Hier kann 
eben nur das im Munde eingeschlossene Luftquantum zur Bil- 
dung der Spirans verwendet werden; daher klingt dieselbe ganz 
kurz abgestossen, kürzer als sonst etwa eine Lenis s oder i, 
aber doch durch die Anlehnung an den vorhergehenden starken 
Yerschlusslaut ziemlich energisch. 

8 i er er s, Phonetik. 5.Auß. \^ 



178 4^- Affiicatae. 457. Oe&uiig von Yerschliusl. ohne Exspiration. 

456« Eine feste Grenze zwischen Affiicaten und einfachen Tenues 
ist vielfach nicht vorhanden. Hinteres velares k wird oft mit einem Ansati 
von Beibungsgeräusch gesprochen, weil der Verschluss wegen der grossen 
zu bewegenden Massen nur relativ langsam in die entsprechende Weit- 
stellung übergeführt werden kann (man vgl. das kx der Schweizer). So- 
dann stellt sich eine Spirans besonders leicht vor Vocalen mit starker 
Verengung des Ansatzrohrs ein, insbesondere vor i, vgl. z. £. ross. m 
etwa in n/imhj u. dgl. Daher erklärt sich der Uebergang so vieler pala- 
talisirter Laute in Afifricaten (vgl. 489). 

2. Oeffnung von Verschlusslauten ohne Exspiration. 

457* Man kann zwei Yerschlusslaute so mit einander ver- 
binden, dass der Verschluss für den zweiten erst nach der Ex- 
plosion des ersten hergestellt wird. Die Explosion des erstat 
kommt in diesem Falle deutlich zu Gehör. So spricht man de^ 
artige Gruppen beim langsamen Syllabiren wohl im Deutsch^ 
auch in der Bühnensprache bei getragener Dedamation: für 
das Schwedische ist diese Aussprachsweise nach Sweet S. 83 
Regel; akta klingt z. B. deutlich wie ak + ta (mit leisem AJb- 
satz des k). In der gewöhnlichen deutschen Yerkehrssprache 
aber, im Englischen und wahrscheinHch in den meisten Spradien 
(Sweet a. a.O.) ist eine andere Bildungsweise gewöhnlicher: der 
Verschluss für den zweiten Laut wird während der 
Dauer des Verschlusses des ersten hergestellt, z.B. 
der ^-Verschluss in lebte, während noch die Lippen für das i 
geschlossen sind. Die Lippen werden also erst geöffnet, nach- 
dem durch den ^-Verschluss die Communication mit derLungo 
abgesperrt ist, d. h. die Lippenöffnung erfolgt ohne alle Com- 
pression der Luft hinter der Articulationsstelle (356). ImIue^ 
hin aber erzeugt auch hier die Oeffnung der lippen ein gaitf 
leises Geräusch. Noch schwerer wahrnehmbar ist das betreffende 
Oeffnungsgeräusch bei der Oeffnung eines ^-Verschlusses tot 
Aj z. B. in hat'kein. Liegt die zweite Verschlussstelle aber vor 
der ersten, wie z. B. in Akte, Deckbett, so verliert sich da* 
Oeffnungsgeräusch noch gar in dem Blindsack, der durch 
vorderen Schluss hergestellt ist. Treten mehr als zwei VöP' 
schlusslaute in dieser Weise zusammen, so wird der mitteWe 
ganz wirkungslos, auch wenn man die Articulation desselbeiij 
ausführt ; vgl. z. B. Bildungen wie Hauptktmststücky er trinkt 
Wasser ; diese werden denn sehr oft geradezu wie haup-k^, trifak^' 
(mit gedehntem^, k) gesprochen. Man hört eben hier übeiaP^ 
wie Sweet richtig bemerkt, nur den Eingang des ersten und 
JSxpiosion nebst dem Ausgang des letzten VerschlusslauiB. 



«a 



460—464. Beriihnmgen homorganer Laute. 179 

468« Üeber yerbindungen wie p — b, t — d, k — g oder umgekehrt 
—py d — tj g — h 8. 668; über pn in engl, open u. ä. 8. 466« 

459» Gkmz nahe stehen diesen Yerbindongen solche von Verschluss- 
Koten mit beliebigen Gonsonanten, wenn die Silbengrenze zwischen 
eide gelegt wird, also die Oeffhnng in einem Augenblicke stattfindet, wo 
ochstens minimaler Stromdmck vorhanden ist; wir sprechen oft so ab- 
BM#fi, iibsagen, auch geradezu vor Vocalen, hat aber etc. [nicht in Süd- 
leutschland und der Schweiz, wo der Consonant stets zum Folgenden 
gezogen wird); vgl. 551. 



Cap. 22. Berfthniiigeii homorganer Lamte. 

460. Für die Verbindung eines Dauerlauts mit 
dnem (ganz oder theilweise) homorganen Yerschlusslaut 
(St wohl ausnahmslos die Kegel, dass die Yerschlussbildung 
'on der homorganen Engenbildung ausgeht, nicht erst durch 
dnen Bückgang der Organe durch die Buhelage vermittelt 
rird. So schliessen sich fp^ sty Stj rty xk unmittelbar an ein- 
ender; ähnlich Ity indem die Zungenspitze in der /-Lage bleibt 
ind nur die Seitenöffnungen geschlossen werden; bei mp^ nt, t9k 
rird nur die Gaumenklappe geschlossen, u.s.w. 

461. Geht der Verschlusslaut dem Dauerlaut voran, 
gilt dies Gesetz ohne Einschränkung nur dann, wenn der 
)auerlaut die Explosion in der Bichtung der Mittellinie des 
ifundes gestattet, also für ji;/', U^ tiy tr, kz u.s.w. Liegt aber 
be Enge des Dauerlauts nicht in der Mittellinie der Mund- 
LÖhle, so ist das Gesetz nur Ton beschränkter Gültigkeit, offen- 
)ar weil durch die veränderte Explosionsweise der Charakter 
les Explosivlauts selbst stärkeren Veränderungen unterliegt. 
Jan solchen kommen hierbei vornehmlich in Betracht: 

462. 1. Die laterale Explosion der (namentlich vor- 
leren) Zungengaumenlaute vor /, also dl, tl (in allen Arten) 
ind kl (namentUch bei palatalem c). Hier bleibt die Zunge in 
1er Verschlussstellung, die Explosion erfolgt seitwärts, indem 
üe Bänder der Zunge sich für das l von den Zähnen abheben, 
^egen dcp: Aehnlichkeit der Articulation schliesst sich auch 
vi hier an. 

463. Die Verbindung el mit lateraler Explosion hört man oft in 
IftA^v^w», z. B. glauben , gesprochen elau-m oder dö-m n. dgl. Sie geht 
ibrigens sehr oft in tl über; man spricht also auch geradezu Uä-m, 

464. Auch bei der Bildung anderer Laute kann die speoifische 
-Articulation vorausgenommen werden (vgl. 495), aber die eigentliche 
Lrticulation dieser Laute wird dadurch nicht so sehr afiäcirt. Bei einer 
/Verbindung wie pl^ hl findet zwar bei Vorausnähme d«r l-Ai\\^\)\«i(Kntv 



180 465-468. Berührungen homoTganer Laate. 

eine Explosion durch die Seitenöffhungen zwischen Zunge und Zahnen 
statt, da der Mittelweg durch die Anpressung der Yorderzunge an yorde^ 
zahne oder Gaumen versperrt ist. Aber die spedfische Lippenezplosion der 
Labiale bleibt bestehn. Auch die Velare scheinen im Allgemeinen keine 
wesentliche ümlagerung ihrer Ezplosionsstelle zu erfahren, es sei denn, 
dass sie mit dem velaren / (815) verbunden werden. 

465. 2. Die nasale Explosion der Yerschlusslaute yor 
homorganem Nasal, also pniy in^ kfd u.s.w., wie in abmacken, 
Aetna u. dgl. Hier wird der gewöhnlichen Explosion die Ex- 
plosion der Gaumenklappe substituirt, d. h. der gewöhnliche 
Mondexplosivlaut durch den entsprechenden f aucalen Explosiv- 
laut (168) ersetzt. 

466* In den meisten Sprachen sind sowohl die latersüle wie die xianle 
Explosion in den angegebenen Fällen Begel, sobald es sich um reine Tennis 
oder Media handelt. Dagegen kommt die Aspirata der Tenuis öfter ohne 
diese Assimilation vor; doch auch für die reine Tenuis sind mir hier und 
da (z. B. im Magyarischen) Falle des Unterbleibens der nasalen EzpkH 
sion bekannt geworden. — Im Deutschen haben beide Arten von Ün- 
legung der Explosionsstelle sehr stark um sich gegriffen. Namentüch 
haben sich auch die unbetonten Endsilben -«/, -en hier angeschlossen: sie 
verlieren meist ihren Vocal und ausserdem assimilirt sich das n von •$» 
gern an den vorausgehenden Verschlusslaut. So spricht man mit sflM' 
schem l, n fast überall th-dly ki-tl, la-dn^ hd-tn^ auch hlat-hm^ Id-ptR, 
knä'ki9 [in Sachsen auch mit doppelter Assimilation knä-kn oder tnorhR] 
für Tadel y Kittel , laden y hatten ^ bleiben, Lappen , knacken) doch gdNB 
hierin die verschiedenen Mimdarten öfter auseinander. — Uebrigens i&asM 
man sich über das Vorkommen oder Fehlen dieser letzteren Art von hsar 
milation selbst in der eigenen Mundart sehr gewöhnlich. Hecht schlageod 
tritt aber z. B. der Unterschied zwischen assimilirenden und nichtasdni' 
lirenden Sprachen hervor, wenn wir etwa unsere heimische Articulatioss- 
weise auf das Englische übertragen und th*-ki9 [e «= e^), d^-pm für ^*-ifai, 
d'*'pn [taken, open) aussprechen (im letzteren Falle wird übrigens der 
Zungenverschluss des n, wie Sweet S. 213 zuerst bemerkt, schon vor der 
Explosion des p gebildet, sodass das p hier nach 457 zu beurtheilen ist). 

467. Ausser den zuletzt geschilderten wesentlicheren Assh 
milationen kommen gelegentHch noch andere, weniger belang' 
reiche vor, namentlich wenn Verschlusslaut und Spirani 
nicht ganz homorgan sind. So pflegen wir bei ^ und j; 
dasjp labiodental zu bilden; beim t von ts legt sich die Zwafi 
oft seitlich stärker an den Gaumen an als beim isolirten t^ 
bekommt überhaupt eine stärkere dorsale Wölbung, u. dgLmeh^ 
Ueberall zeigt sich dasselbe Bestreben, möglichst vollka 
Homorganität herzustellen, welches so vielfache AssimilationflB: 
hervorgerufen hat. 

468. Auch beim Zusammentreffen zweier Dauerlaat 
Jrommt das Gesetz nou dec nur einmaligen Aus 






469. 470. Mischung verschiedener specifischer Articnlfttionen. 181 

gemeinschaftlicher Articulationsfactoren wieder zur Geltung; 
aoiaii vgl. also Lautfolgen wie miOy mfj nsy ns^ t9x und umgekehrt. 
Die einzebien Fälle bedürfen keiner weiteren Ausführang. 



Cap. 23. Mischung yerschiedener speciflficher 

Articulationen. 

469. Zwei Nachbarlaute können im Wesentlichen auf zwie- 
ach verschiedene Weise mit einander verbunden werden. Ent- 
reder articulirt man den ersten Laut zunächst unbekümmert 
m den Folgelaut, d. h. man stellt nur diejenigen Theile des 
iprachorgans ein, welche an der Bildung der speciBschen Arti- 
olation des ersten Lautes nothwendig betheiligt sind, oder 
lan nimmt von Anfang an dergestalt bereits auf den kommen- 
en zweiten Laut Bücksicht, dass die bei der specifischen Arti- 
olation des ersten Lautes nicht beschäftigten Theile des 
prachorgans ganz oder theilweise so eingestellt werden wie 
3 der Folgelaut verlangt. Einige Beispiele mögen dies er- 
iutem. 

470. Eine Silbe wie mi wird nach der ersten (z. B. im 
)eut8chen meist üblichen Art] so begonnen, dass man die 
ippen schliesst, die Gaumenklappe öffnet und dann die Stimme 
insetzt. Das Product dieser Articulation ist ein (indifferentes) 
1. Die Zunge befindet sich dabei zunächst unthätig in der 
tnhelage. Um nun von dieser Gesammtstellung zu der des i 
n gelangen, muss man einerseits die Gaumenklappe schliessen 
md die Lippen öffnen, andrerseits die Zunge in die «-Stellung 
»ringen (um hier von einer etwaigen spaltf örmigen Ausdehnung 
ler Lippen u. dgl. abzusehen). Von diesen verschiedenen Be- 
Rregangen müssen Gaumenschluss und Lippenöffnung, die zu- 
lammen das Ende des m herbeiführen, gleichzeitig vollzogen 
irerden. Dagegen pflegt man (wie das für bestimmte Einzelfälle 
wohl zuerst Bremer S. 56 f. deutlich ausgeführt hat) die Zunge 
schon während der Dauer des m allmählich in die «-Stellung 
liinein oder wenigstens in der Sichtung auf diese Stellung hin 
l^eiten zu lassen. Aehnlich auch bei der Bildung von Folgen 
nie hu. Hier kann man zunächst bei indifferenter Lippen- 
itellmig bloss den volaren Verschluss des k bilden und dann 
^während der Dauer des h die Lippen in die für das folgende 
^ erforderliche Bundungs- bez. Vorstülpungsstellung gleiten 
^en. 



182 471—474. Mischnng yerwhiedener spedfiscdier Articalatiotteii. 

471. Ebenso gut kann man aber auch nach der zweiten 
Art ohne Störung der specifischen Articulation des m (als 
labialen Nasals) oder des k (als velaren Yerschlusslauts) bei m 
die Zunge von vom herein in die t- Stellung, bei ku desgleichen 
die Lippen in die Eundungsstellung etc. des u bringen und dann 
diese Elemente der G-esanmitstellung bis zum Ende des m bez. 
k festhalten, so dass also m und «, k und u von AnfaTig an 
enger an einander gebunden erscheinen. Wir wollen diese Art 
engerer Bindung erf orderKchen Falls durch ein ^ über der be- 
treffenden Lautfolge bezeichnen, also mi^ f^ im Gegensatz za 
der in 470 beschriebenen ersten Art der lockereren Bindung 
mi^ ku^ die wir nicht besonders auszeichnen. 

472. In derselben Weise wie das m in der 470 beschriebenen Folge 
mi u. ä. werden sehr gewöhnlich auch die A in Bindungen wie Aa, A«, At, 
ho f hu hervorgebracht, d.h. die Zunge begibt sich erst wahrend der Dauer 
des Hauchs durch G^leitbewegung in die Stellung des folgenden Yocak 
Daneben gibt es aber natürlich auch Bindungen wie ha^ he, ht etc. mit 
fester Zungenstellung während der Dauer des A, namentlich da wo das A 

zwischen gleichen Yocalen steht, wie in ahoy M, uhu u.b.w. 

473. In beiden Fällen ist während der Dauer der m, k 
mindestens ein Theil der specifischen Articulation der », u als 
unspecifisches Element in die m- und ^-Stellung eingemischt 
worden, und zwar hier speciell durch Anticipation. Mit Eück- 
sicht auf die verschiedene Art dieser Anticipation entweder 
durch allmähhche Gleitbewegung (470) ujid damit durch fort- 
schreitende Mischung, oder durch feste Aufnahme von Anfan; 
an (471], können wir danach genauer ein Eingleiten oder aber 
eine Vorausnähme dieses Mischungselements unterscheiden, 
oder sagen, dass mi, ku mit eingleitendem, mi, ku aber mit 
vorausgenommenem i- bez. e^-Element gebildet werden. 

474. In analoger Weise können aber auch Elemente der 
specifischen Stellung eines vorausgehenden Lautes entweder Us 
zum Schluss des Folgelauts beibehalten, oder aber wahrend da: 
Dauer dieses zweiten Lautes durch eine Gleitbewegung aUn^ 
lieh entfernt werden. Man kann also z. B. die Folge t + 1» enfe- 
weder als im sprechen, d. h. so, dass man die t-Stellung der 
Zunge bis zum Schluss des m beibehalt, oder aber als nn, d-b. 
so, dass man schon während der Dauer des m die Zunge ans 
der anf ängHchen « - Stellung nach der Euhelage hin zurücksinbo 
lässt (das letztere ist die im Deutschen gewöhnlichste Ai^i 
ähnhch bei uk im Gegensatz zu uk bezüglich der Einhaltnog 
oder allmählichen Aufgabe der Lippenrundung während dff 






Alb— 411. Mischung verschiedener specifischer Articidationen. 183 

Dauer des k. Im ersteren Fall kann man von einem Durch- 
halten, im zweitenFall von einem Abgleiten des eingemisch- 
ten Articalationselements reden: vn bezeichnet danach eine 
Aussprache mit durchgehauenem, im eine Aussprache mit 
abgleitendem t-Element, u. s.w. 

476. Die bisher besprochenen Beispiele mi, im und ku, um 
sind insofern besonders einfach, als es sich bei den ersteren um 
die Einmischung eines Zungenstellungselements (des i) in die 
Stellung eines reinen Lippenlauts, bei den letzteren um die Ein- 
mischung eines Lippenstellungselements (der Bundung etc. des 
u) in die Stellung eines reinen Zungengaumenlauts handelt, also 
um die gleichzeitige Bildung zweier Stellungselemente die sich 
gegenseitig in keiner Weise stören. Anders da wo sich zwei 
specifische Articulationen eines und desselben Organs zu 
mischen haben, was namentlich bei der Berührung von zwei 
Zungengaumenlauten (einschliessHch der Yocale) in Betracht 
kommt. Hier ist eine Mischung nur um den Preis eines Com- 
promisses zwischen den beiden specifischen Articulationen mög- 
lich. Bei einer Folge wie ki setzt man daher zunächst ein ge- 
wöhnliches (etwa vordervelares) k ein, rollt dann die Verschluss- 
stelle durch Yorwärtswälzen der an den Gaumen angedrückten 
Zunge gewissermassen am Gaumendach ab, bis man zu einer 
fiir die Bildung des folgenden i bequemen Verschlussstellung 
gelangt ist, undlässt dann explodiren; bei der Folge ki wird 
dagegen der Verschluss des k von vom herein an der mehr nach 
vom gelegenen Stelle gebildet, von der aus ein bequemer Ueber- 
gang zum i mögHch ist. umgekehrt bei ik und ik, 

476* Besonders deutlich sind diese verschiedenen Bildungsweisen 
bei Oonsonanten zu unterscheiden, die zwischen zwei verschiedenen Vocalen 
stehen, also bei Folgen wie a-m-t, a-m-u, i-m-a, a-k-u, u-k-a einer- und 
solchen wie a-Ä-t, i-k-a, u-k-i, i-k-u andrerseits. Hier wird beispiels- 
weise bei a-ki das k nach dem velaren Yocal a zunächst velar eingesetzt, 
dann die Verschlussstelle für das folgende palatale i bis zu einer mehr 
oder weniger ausgeprägten Falatalstellung nach vom geschoben und 
daan explodirt, bei a-ki dagegen gleich nach dem a palatales k ein- 
gesetzt, u. s. w. 

477. Weiterhin ist zu beachten, dass es sich bei den ver- 
schiedenen Articulationsmischungen nicht immer nur um reine 
Beispiele von Vorausnahme bez. Durchhaltung einerseits und 
▼on Eingleiten bez. Abgleiten andrerseits handelt, sondern 
dass auch hier Gompromissformen auftreten können. So wird 
2. B. beim gewöhnlichen deutschen ki zwar nicht die volle 



184 478 — 480. Mischung verschiedener speoifischer ArticalatiQnen. 

Palatalstellung der Folge hi yorausgenommen, aber doch das i 
etwas mehr nach vom eingesetzt als etwa in den Folgen ha^ ib, 
und dann gleitet man von dieser vorausgenommenen Mttd- 
stellung aus in die mehr palatale Stellung über, von der aus die 
Explosion erfolgt, sodass also partielle Vorausnähme imd Em- 
gleitbewegung hier mit einander verbunden sind. 

478. Es ist auch nicht nöthig, dass das in die Articulation 
des Nachbarlauts eindringende Mischelement wie in den bisher 
gegebenen Beispielen allemal oder allein das des Sonanten bez. 
Yocals der be^effenden Silbe sei, vielmehr können auch die 
Oonsonanten die Sonanten ihrer Silben in ganz analoger Weise 
beeinflussen. So bildet man im Deutschen, Englischen etc. 
Yocale wie i^ e nach Labialen (welche der Zungenaction volle 
Freiheit lassen) bez. reinen Dentalen bei sonst gleichen Aus- 
sprachsbedingungen (hierauf ist bei der Beobachtung besonde- 
res Gewicht zu legen) normaler Weise etwas höher imd weiter 
nach vom als nach Alveolaren oder Velaren etc., bei denen die 
Zunge mehr rückwärts articulirt; man vgl. etwa den helleren 
bez. dumpferen Elang der % in deutschem Finder^ Binder : Kith 
der, Rinder y engl, thee : tea u. dgl. (vgl. auch 665). 

479. Endlich ist auch nicht zu übersehen, dass das 
Mischungsverhältniss der beiden contrastirenden Articulatiö- 
nen graduell sehr verschieden sein kann, und zwar wiedemm 
besonders nach zwei Bichtungen hin. Da alle die besprochenen 
Erscheinungen auf die Herstellung einer glatteren Bindung der 
beiden Nachbarlaute hinauslaufen, so ist leicht zu verstehn, 
dass zu einer Mischung um so eher und stärker Anlass gegeb^ 
ist, je weiter die beiden Articulationsstellungen von einander 
abliegen. Daher wirken z. B. Vocale mit energischer Zungen- 
und Lippenthätigkeit, wie etwa das hohe palatale t oder das 
stark gerundete u oft stärker als Vocale von mittlerer Zungen- 
höhe und mit geringeren Graden von Bundung. Ajidrerseits 
hängt es sehr von den Gewohnheiten der einzelnen Sprachen 
ab, wie weit man etwa im Einzelfall der contrastirenden SteUnng 
eines Nachbarlauts entgegen kommt. Es handelt sich dabei 
nicht nur um den allgemeinen Gegensatz von völliger Voraus- 
nähme bez. Durchhaltung einerseits und die bloss partielle An- 
gleichung durch Eingleiten und Abgleiten, sondern namentUd 
auch um die verschiedenen Compromissstuf en dieser Erschei- 
nungen die in 477 berührt worden sind. 

480. Was schliesslich die Einwirkung der Aufnahme dnes 
beliebigen fremden Mischungselements auf den Charakter des 



481. Mischung vench. spec. Articulat. 482. 483. Falatalisirung. 185 

teinflussten Lauts anlangt, so ist klar, dass dessen Stellung 
id demnach sein Klang jedesmal eine grössere oder geringere 
iodification erfahren. Der Ellangunterschied tritt nach Mass- 
ibe von 95 ff. bei Stimmhaften, seien sie sonor oder nicht, am 
gütlichsten hervor, aber auch die stimmlosen Spiranten und 
)lbst die Explosionsgeräusche der Yerschlusslaute werden 
lehr oder weniger afficirt, desgleichen natürlich auch die die 
inzelnen Stellungslaute lunrahmenden Gleitlaute. Besonders 
eutUch machen sich alle diese Erscheinungen bei den Einwii^ 
ungen von Yocalen auf ihre unsilbischen (consonantischen) 
Tachbarlaute bemerkbar. Es gibt also auch von den ^Oonso- 
anten' im alten Sinne des Worts streng genommen ebensoviel 
Ipielarten als es Yocalntiancen in der betreffenden Sprache gibt 

nan spreche sich zur VerdeutUchung ama^ eme, imi u.s.f. mit 
mg ausgehaltenem m und Beibehaltung des vocaUschen 
fischungselementes vor, oder />a, pe^ pt u. dgl., die letzten am 
testen flüsternd). Graphisch kann man diese verschiedenen 
Consonant'- Nuancen bei isolirtem Consonantzeichen etwa durch 
iinen übergesetzten kleinen Yocalexponenten bezeichnen. Da- 
lach wären also z. B. r**, r* Arten von r die mit Einmischung 
1er u- bez. i-Articulation gebildet, also so gesprochen werden 
m es in den Verbindungen rw, ri etc. (s. 474) geschieht. 

481. Unter den verschiedenen Mischungserscheinungen 
sind sprachgeschichtlich besonders die durch die Aufnahme von 
Stellungselementen t- und «-ähnlicher Vocale bevrirkten von 
Wichtigkeit, die man mit dem Namen der Falatalisirung 
und Rundung zu bezeichnen pflegt. Ueber diese und einige 
andere Erscheinungen soll im Folgenden noch etwas specieller 
berichtet werden. 

1. Falatalisirung. 

482. Unter Falatalisirung (vulgo Mouillirung) ver- 
steht man die Veränderung, welche ein beHebigerLaut (oder eine 
Lautgruppe) durch Anpassung an die Mundarticulation eines 
palatalen Yocals (speciell oft i oder {, s. unten) erfährt, d. h. 
lorch eine dem Falatalvocal entsprechende dorsale Erhebung 
1er Vorderzunge (dazu gesellt sich bisweilen eine spaltförmige 
Elrweiterung der Lippen, mögen diese geöffnet oder geschlossen 
iein, vgl. 264). 

483. Im Folgenden sollen nur solche Fälle behandelt wer- 
len, bei denen es sich um eine durchgehende Falatalisirung 



186 484—486. PalataliBirang. 

handelt, und nicht nur um die blossen Ansätze zu Pakt 
rungen, die bloss durch Gleitbewegungen zur Palatalstel 
hin (470) hervorgebracht werden. AehnHches gilt auch voi 
Bujidung (unten 491 ff.]. 

484. Als Beispiele palatalisirter Gonsonanten kö 
namentlich die Consonanten vieler slavischen Sprachen 
(ursprünglichen) t , j dienen, z. B. russ. Mumh lÜ^ nunmo i 
poln. n^ k\ aus dem Grebiet der romanischen Sprachen f 
hierher das franz. gn (322), ital. gl^ gn^ span. //, ^, po 
/Ä, nh (deren Palatalisirung ich früher fälschlich bezwei 
vgl. Storm^ S. 76) ; unter den deutschen Mundarten sind nan 
lieh die siebenbürgischen reich an palatalisirten Lauten. 

485. Was die Einwirkung der Palatalisirung 
die specifischen Articulationen der betroffenen L 
betrifft, so findet nach 475 bei Labialen eine Störung 
selben nicht statt, da hier die specifische Articulation durch 
Lippen, die Palatalisirung durch die Zunge ausgeführt w 
ein gleiches gilt von denFaucalen. Bei allen Zungengi 
menlauten aber muss ein Compromiss zwischen den beii 
sich kreuzenden Articulationen eintreten. Bei Lauten, de 
Zungenarticulation der der palatalen Yocale conträr ist, 
volvirt derselbe oft geradezu eine Verlegung der Articulatio 
stelle. So sind z. B. die eigentUchen Velare (163) derPa 
talisirung nicht direct fähig, weil bei ihnen die Hinterzunge 
nach hinten und oben gezogen ist, dass die Vorderzunge < 
erforderliche Palatalstellung nicht mehr einnehmen kann. S 
also deutlich und ohne Gleitbewegung während der Dauer d 
Lauts (470) palatalisirt werden, so wird die Articulationsi« 
selbst vom weichen zum harten Gaumen vorgeschoben, d. h. 
die Stelle des eigentlichen Velars tritt ein Palatal (161). V 
den sog. Dentalen widerstreben die Cerebralen und Corom 
alveolaren einigermassen der Palatalisirung; dagegen sind < 
Dorsalen ganz besonders dafür geeignet (so namentlich an 
das dorsale helle /, 314). Uebrigens ergeben sich die einzeln 
Abweichungen der Articulation palatalisirter Consonanten t 
der der indifferenten leicht durch einfaches Probiren. 

486. Die Palatalisirung kann verschiedene Grade »i 
weisen, je nach der Zungenhöhe des die Palatalisirung be^ 
kenden Vocals : je höher der Vocal, um so mehr wird auch < 
dorsal gewölbte Zunge dem Gaumen genähert und um so dd 
lieber wird der Palatalklang. Die Anpassung an die t- ot 
/-Stellung erzeugt daher die stärksten Grade von PaJatalisirai 



487.488. Palatalisinmg. 187 

laicht selten geht dabei die Palatalisirang über die Zimgenhöhe 
des palatalisirenden Yocals noch hinaus (auch bei i selbst: so 
ist z. B. die Zunge bei der Bildung des n in ung. nyilik^ d. h. 
nllik^ dem Guumen noch mehr genähert als für das i erforder- 
lich ist). 

487* THn palatalisirter Laut ist an sich ein ebenso ein- 
heitlicher Laut als jeder beliebige nicht palatalisirte (in- 
diferente) Laut. Palatalisirte Dauerlaute lassen sich also 
beliebig lange aushalten, ohne dass man die Palatalisirung auf- 
gibt oder in j ({) übergeht. Bei den zahlreichen auslautenden 
nbj Ahj ch des Bussischen oder den n, Ij i des Polnischen ist 
denn auch nicht die geringster Veränderung der Articulation 
während der Dauer des Lautes währzunehmen. Ebensowenig 
ist etwa bei russ. poln. pi, tt, fci oder W, di^ gi von einem j [{) 
zwischen dem Yer schlusslaut und dem i die Bede (doch vgl. 489), 
und doch unterscheiden sich die />, ^, X;; i, cf, y dieser Verbin- 
dungen ganz deutlich durch die Farbe ihres Explosionsgeräu- 
sches von den indifferenten Parallelen mpa^ ta^ ha etc. Es ist 
also falsch, palatalisirte (odermouillirte) Laute als Folgen von 
*Consonant 4-/(0' zu definiren, wie das früher öfters ge- 
schehen ist (so ist beispielsweise ital. hagno = ha-no^ nicht = 
laafirip\ man achte auch auf die verschiedene Silbentrennung!). 

488. Dagegen ist es richtig, dass sich specifische Gleit- 
laute Yon der Palatalstellung eines palatalisirten Lautes zu der 
mehr indifferenten Stellung eines weniger oder gar nicht pala- 
talen Vocals für das Ohr mehr oder weniger bemerkbar machen, 
und zwar um so mehr, je grösser der Abstand zwischen Palatal- 
und Vocalstellung ist (aber auch selbst in Fällen wie dem oben 
486 erwähnten ung. nyilik). Ebenso kann auch der XJebergang 
von einem weniger palatalen oder nicht palatalen Vocal zu 
einem palatalisirten Nachbarlaut den Eindruck hervorrufen, 
als klinge diesem Folgelaut ein leises { vor, das sich mit dem 
vorausgehenden Vocal diphthongisch verbinden kann. Aber die 
genannten Gleitlaute gehören ebensowenig als integrirende 
Bestandtheile zu dem palatalisirten Laute selbst wie beliebige 
andere Gleitlaute zu den Stellungslauten, die sie verbinden. Es 
ist also nochmals zu betonen, dass die eigentliche Palatalisirung 
nur in der veränderten Articulationsstellung der betreffenden 
Laute besteht; alles Uebrige sind nur Begleiterscheinungen. -^ 
Dass daneben wirkliche Verbindungen von palatalisirten Con- 
sonanten mit folgendem oder vorausgehendem i (also einem 



Igg 489. Palatalisinmg. 490. Velarisinmg. 

iLnsilbischen Stellungslaut Ton messbaxer Dauer) yorkommen 
können, wird damit natürlich nicht geleugnet 

489. Charakteristisch ist für alle palatalisirten Liaute die 
Engenbildung zwischen der Yorderzunge und deml^ 
harten Gaumen. Sprachgeschichtlich gewinnt diese dadmdr 
eine besondere Bedeutung, dass sie bei Yerschlusslauten ^ 
auch als Schallerzeugerin auftreten kann, und zwar geschiefat 



i 



dies um so eher, je grösser die Druckstärke und die exspinrte 
Luftmenge ist. Wenn nämlich der XJebergang vom Yerschloai 
zum folgenden Yocal nicht ganz schnell und mit yoUkommen 
genauer Eegelung des Stromdrucks yorgenommen wird, so 
heftet sich an das Explosionsgeräusch noch ein entsprechendeB 
Beibungsgeräusch an, das nach stimmhaften Explosiylauteii 
stimmhaft, nach stimmlosen stimmlos ist ; man ygL YSTorte irie 
russ. ÖpaTB = brat*, hätb =p^ät* oder ]it.retR für relkia U.8.V. 
Diese Keibungsgeräusche ähneln wohl einem palatalen % (d* ^ 
dem stimmlosen Correspondenten unseres spirantischen /), dodi 
sind sie keineswegs ohne Weiteres mit ihm identisch; vielmehr 
richten sie sich nach der speciellen Stellung des betreffenden 
palataUsirten Lautes. In den angeführten Beispielen ist das 
Geräusch bei k ein ganz anderes, weiter rückwärts gebildetes 
als bei t, ausserdem haben die Geräusche meist stärkere Engen- 
bildung als die x ^iiid weichen vielfach nach der Seite palataK- 
sirter s- und i-Laute ab (z. B. im Poln. wird 6 aus altem und 
russ. Tb = t\ dz aus äi» = d^)- Es ist hier sehr schwer eine 
Grenze zu ziehen, bei der einfacher palatalisirter Explosivlaut 
aufhört und palatalisirte Affricata beginnt. 

2. Yelarisirung. 

490. Der Palatalisirung entgegengesetzt ist die Yelari- 
sirung, d. h. die Zurückziehung des Zungenrückens nach dm. 
weichen Gaumen oder der Bachenwand hin. Sie tritt im Gan- 
zen seltener als eine deutlich ausgeprägte Spracherscheinnng 
auf als die Palatalisirung. Am leichtesten ist sie bei Labialen 
durchzuführen. Bei mu kann z. B. die Zunge ohne Störung der ! 
m- Articulation schon wahrend der Dauer des m in der velaren 
{«-Stellung stehn, oder bei mu während der Dauer des m in 
diese übergeführt werden. Bei Zungengaumenlauten ist da- 
gegen die Einmischung velarer Zungenstellung wieder nur doich 
Compromiss möglich (vgl. dazu etwa die Beispiele von 478). 



491-494. Bondimg (and Palatalisinuig;. Ig9 

3. Sundung. 

491. Beim f^ und anderen gerundeten Vocalen ist die Thätig- 
kflit der Lippen von grösserer Bedeutung als beim t , und die 
XSinirirkung soldier Yocale auf benachbarte Laute oder Laut- 
grüppen besteht denn auch wesentlich in der Aufnahme der 
Siondung (und Yorstülpung) der Lippen. Man kann daher 
diesen Yorgang a potiori mit dem Namen Bundung bezeich- 
nen; Andere gebrauchen in gleichem Sinne auch das Wort 
Labialisirung (vgL übrigens 483). 

492. Ln Granzen verhält sich die Bundung der Palata- 
Ksmmg analog, auch was ihre Gradabstufungen anlangt. Weil 
aber die Engenbfldungen an den Lippen hier nicht so beträcht- 
lich sind, so kommen auffallendere Beibungsgeräusche nicht 
80 leicht zu Stande, oder sie werden Ton uns nicht als besondere 
Laute empfunden, zumal wir keine rein labialen Spiranten 
(ausser dem gewöhnlich reducirt gesprochenen w) zu kennen 
pflegen. Doch ygl. man z. B. dän. k'un, pund^ t^unge\ bei 
ihnen erfahrt der H^uch der anlautenden Aspirata deutlich 
eine Modification durch die Beibung an den Lippeniündem. 

Auch eine Yerbindung von Bundung und Palatali- 
sirung kommt oft vor ak Folge der Einwirkung gerundeter 
Palatalvocale wie ö', t^, z. B. in dän. tyve^ pynte^ ky8t\ doch ist 
hier die PalataUsirung meist nicht sehr stark, weil solche Yocale 
gerade den Sprachen fehlen, die sich (wie die slavischen) durch 
8tarl:e Palatalisirung auszeichnen. 

493. Historisch betrachtet ist der Eintritt der Palatali- 
sirung und Bundung in weitaus den meisten Fällen durch die 
Nachfolge palataler und gerundeter Yocale bedingt gewesen, 
weil wirklich isolirt auslautende Yerbindungen von solchen 
Vocalen + Folgelaut nur selten vorkamen, bei inlautenden 
Verbindungen der Art der unsilbische Folgelaut in der Begel 
als Anlaut zur folgenden Silbe gezogen und damit dem Ein- 
flüsse von deren Yocal unterworfen wurde. So treten denn 
beide Erscheinungen nach einem Yocal erst verhältnissmässig 
spät und vereinzelt auf. Einigermassen verbreitet sind fast nur 
ie XJebergänge von Yelaren nach einem i in Palatale (und 
weiterhin in Affricaten ; so z. B. altenglisch ich aus ags. tc, tohich 
aus hwylc für htoi-lic u. dgl.). 

494. Endlich ist, wie bereits angedeutet wurde, die pala- 
talisirende oder labiaUsirende Einwirkung eines Yocals nicht 



s 






'<i 



>^ 



190 495. Aufhahme anderer Articulationen. 496. Bedaction. 

auf einen einzigen Nachbaxlaut beschränkt; yielmehr nehmen 
in der Begel alle dem betreffenden Yocal silbenanlautend yo> 
hergehenden (unsilbischen) Sprachlaute an der Palatalisinmg 
oder Bundung theU, ja selbst Laute, die andern Silben ange- 
hören, können davon ergriffen werden (Näheres für das Ea»- 
sische s. z. B. bei Böhtlingk in den M^anges russes II, 26£). 

4. Aufnahme anderer Articulationen. 

495. Ausser den Articulationen der Yocale können auch 
die von andern Sprachlauten in ähnlicher Weise den Articula- 
tionen von Nachbarlauten einverleibt werden, wenn eine Coa- f 
bination der beiden Articulationen möglich ist. Dies geschidt 
namentlich oft bei der Verbindung von labialen und gutturata 
Verschlusslauten (seltener Spiranten) mit /, wie ply bly [ßj S» ^ 
y/, über die bereits 464 gehandelt ist. Die Verschlusslaute der 
Vorderzxmge entziehen sich einer solchen Combination llata^ 
lieh: an die Stelle derselben tritt die ebenfalls bereits be- 
sprochene Verlegung der Explosionsstelle an die Seitenränte I 
der Zunge (462). — Andere Fälle der Art sind die Vorausnähme L* 
einer r- Articulation (namentlich der eines ungerollten), eben- r^ 
falls nach labialen und velaren Verschlusslauten, also in | 
Fällen wie prj br, Ar, gr (im Englischen wie mir scheint ganz 
gewöhnlich). Vocale können in dieser Weise modificirt werden 
durch Hebung der Zungenspitze zur r- Stellung hin. Nach 
Sweet S. 53 wird so z. B. das kentische 'retracted r' in sparro« 
etc. dem vorausgehenden Vocal einverleibt, also {spair^ i t 

V 
späj mit Mischung von a mit cerebralem r. Auch das englf« 

in pretty ist oft ein solcher Vocal mit r-Modification, auch die 
Verbindungen er, «r, ur in der amerikanischen Aussprache, 
wenn nicht ich irre (vgl. oben 298). Natürlich ist diese Be- 
zeichnung *a mit r-Modification a potiori gegeben; überwoge 
das r-Element, so wäre vielmehr von r mit Vorausnahme der 
'a- Stellung' zu reden. — Gleichzeitige Bildung eines «und; 
ist 466 berührt worden. 



Cap. 24. BeductioiL 

496. Als Reductionen bezeichne ich zusammenfassend 
eine Reihe geschichtlich eintretender Veränderungen, welche 
gewisse Sprachlaute dergestalt erleiden können, dass sie 
wesentliche Eigenthümlichkeiten , die für ihre Definition nä 



i! 



496—499. BedQction. 191 

oassgebend waren, einbüsseii, und dadurch Modificationen 
srfahren, die in dem Lautsjstem selbst noch nicht vorgesehen 
iraren. 

497* Nicht alle Schwächungen, Kürzungen etc. von Lauten werden 
ds Beduction bezeichnet ; z. B. nicht die Kürzung eines langen / zu kur- 
sem /, weil dem letzteren immer noch die Eigenschaften eines Dauerlauts 
bleiben. Wir sprechen erst von einem reducirten /, wenn es die Eigen- 
»haften eines Dauerlauts verliert, s. unten unter 2, von einem reducirten 
), wenn es die Haupteigenschaften eines Spiranten, d. h. das Reibungs- 
^eräusch einbüsst, u. dgl. mehr. 

498. Da es sich hierbei zunächst um geschichtliche Verän- 
derungen gegebener Laute handelt, so sollten die Eeductionen, 
streng genommen, erst in dem Abschnitt über Lautwandel be- 
sprochen werden. Lidessen hegen doch in den verschiedensten 
Idiomen Aussprachsweisen vor, die wir bei historischer Betrach- 
tung zwar als *reducirt' zu bezeichnen haben, die aber doch 
inmierhin auch ein empirisch gegebenes Material sind, dessen 
Yerfaältniss zu den friöier aufgestellten Normalformen bereits 
hier erläutert werden muss. 

Es kommen folgende Hauptformen der Eeduction in Be- 
tracht: 

1. Beduction des Beibungsgeräuschs von Spiranten 

(Geräuschreduction). 

499. Diese Geräuschreduction kann auf zweierlei Weise ge- 
schehen, entweder durch Erweiterung der Enge bei Beibehal- 
tung des Stromdrucks, oder durch Herabsetzung des letzteren 
unter Beibehaltung der Normalenge. Da beide Formen in praxi 
schwer auseinander zu halten sind und das Besultat das gleiche 
ist, so bezeichnen wir beide durch untergesetztes ^. Am ge- 
wöhnHchsten ist aber bei stimmlosen Spiranten die Beduction 
durch Erweiterung der Enge. Aus ihnen entstehen auf diese 
Weise Nebenformen, die einen mehr hauchartigen Charakter 
baben, indem das eigenthche spirantische Geräusch so gut wie 
ganz wegfällt. Man könnte diese Formen wohl als modificirte 
h bezeichnen; so wäre also ein derart reducirtes s ein h mit 

«-Modification. Ein solches labiodentales/ habe ich von einem 

Papua z. B. in der Aussprache des malaischen Zahlworts fueli 8 

gehört. Ein postdentales dieser Bildung ist das 329 bespro- 
chene chilenische und das englische in der nachlässigen 
Aussprache von / think als / hink (Sweet S. 39) ; ein s habe ich 



192 500. 501. G«räusohredaotion. 



'ILi 



I 






ebenfalls im chilenischen Spanisch gefunden, z. B. in eife/ 

welches fast wie eUo klingt (nach Storm^ S.426 ist dies aAfik|^^ 
die andalusische Aussprache). Ein stärker supradentales liil 

manchmal der 333 erwähnte irische Zischlaut für vocatischesi 
und das stimmlose englische r nach p, ky z. B. in pride^ ctw 
(nach t ist das r wegen der stärkeren Engenbildung deutlidier 
spirantisch, 284 f.). Auch das russ. x (343) gehört Tielleidit 
als X hierher. 

500. Aus stimmhaften Spiranten entwickeln sich ia r 
ähnlicher Weise sonore Nebenformen, da bei Wegfall d« 
Keibungsgeräusches bloss die Stimme als Schallbildner ahi||!i^ 
bleibt. Hier ist noch schwerer zu unterscheiden, ob Erweitenmg 
der Enge, oder Herabsetzung des Stromdrucks durch vollköBh 
menere Hemmung im Kehlkopf die Ursache der Beductioniit 
Die Beduction stimmhafter Spiranten ist aber viel häufiger di 
die stimmloser, vermuthlich weil bei ihnen das Beibungsgedosii 
an sich durch die Hemmung im Kehlkopf schwächer ist als du 
der stimmlosen; denn es lässt sich überhaupt beobachten, dass, 
je schwächer das Beibungsgeräusch eines Spiranten ist, um so 
leichter und öfter derselbe reducirt wird. So ist das mittel- 
deutsche labiale w wohl stets geräuschlos, also tc, solange mBi 

es auch aushält. Ebenso leicht ist labiodentales v zu bilden; 

A 

d ist im Englischen gewöhnlich statt d (man vergl. des Coß- 

trastes halber z. B. das deutlich spirantische neugriech. d), nrf 
auch das gehauchte span. d ist wohl sicher als d anzusetzen 

Sehr verbreitet ist endlich j , z. B. als Vertreter des deutscheß 

A 

Uvularen r (307), auch als Sonant, z.B. in Formen wie J^\ 
lieferte^ Lieferung^ oft gesprochen «fö-wj, U-fy-t^j ß'/j"J'* 

A A A * 

(das j im letzten Worte halb Sonant, halb Oonsonant). Selw* 

ner sind reducirte ä, i, offenbar weil diese unter allen Spiranten 
die schärfsten Beibungsgeräusche haben; ein Beispiel 
dorsalen z ist das dänische Veiche d^^ z. B. lade^ ff ade, 

501* Es ist klar, dass man bei schematisclier Darstellung z. 5. 
die sonoren r, /, ja selbst Yocale wie t, u, als Beductionen spirantiBcber 
r, l,j, w auffassen kann (vgl. die Ausführungen von Hoflfory über die 
sonoren l als 'unvollkommen gebildete Spiranten , Zeitschr. f. vgl. Spracht 
XXni, 537 ff. und Sweet S. 51). Die reducirte Spirans j fällt selb8tve^ 

ständlich mit dem Halbvocal i zusammen, da sie ja im Wesentlichen nur 
durch den spirantischen Charakter des j geschieden werden. Man kann 

ebenso auch o , j etc., sobald sie silbisch gebraucht werden, unter ofi 



m 

i 



502.503. Gbränschreduotion. 504. StellnngnreduotioxL 193 

^ Yocale' eiiirechnen, namentlioh kommen die versohiedenen Modificationen 
der Velaren mid palatalen Spiranten den Vocalen sehr nahe nnd können 
dnreli noch stärkere Erweiterung geradezu in diese übergehn. Sweet S. 53 
ilellt nadi Bell's imd eigenen Beobachtungen folgende Entsprechungs- 
tabelle auf (durch ^ bezeichne ich seine 'innere^ durch > die "äussere' 
YanetSt. dmrch ^ die mittlere Normalarticulation): 





ungemndet 








gerundet 


J* 


j* j» ß ß 


ß 


J* 


J» 


J» ß 


9l 


«» A^ «» e« 


I» 


9» 


0« 


tii ce\ 



Bedncirtes 6 hat nach Sweet den Klang eines dentalen r-Vocals, z den 
eines stark vorgeschobenen e\ z den eines eben solchen e^ mit einer 
Beimisohnng von r- Klang, etc. 

&02» Ware es sicher, dass überall nur Engenerweiterung bei dem 
Teilnst der Beib^eräusche im Spiele wäre, so könnte man die reducirten 
Sfunoiten wohl als überweit gebildet bezeichnen. In ähnlicher Weise 
bemerkt Qenetz, Einführ. 6 ff., dass man an jeder Articulationsstelle er- 
leugen könne einen Yerschlusslaut, eine Spirans und einen Halbvocal; 
uator den letzteren versteht er eben das, was wir oben als Spiranten mit 
CMUiBohreduction bezeichnet haben. Nach ihm fallen läpp, gh (oder 
dnrchstrichenes g\ d und finn. d hierher. 

503. Beduction der G-eräusche von Yers c hlu s slauten im eigent- 
Heben Sinne können nicht stattfinden, da sonst der Charakter dieser Laute 
als Yerschlusslaute verloren ginge. Doch findet sich bei den stimmhaften 
Medien eine Erscheinung, welche der Geräuschreduction stimmhafter 
Spiranten durch starke Kehlkopf hemmung analog ist. Es kann nämlich 
der Stromdruck der Medien so herabgesetzt werden, dass gegenüber der 
gleichzeitig ertönenden Stimme der Einsatz oder Absatz des Yerschlusses 
wenig zur Geltung kommt; man hört hauptsächlich nur den stimmhaften 
Glfii^^ant zur Media hin oder von ihr zum folgenden Laute. Dies ist der 
Funkt, wo sich stimmhafte Spirans und stimmhafter Yerschlusslaut berüh- 
ren. Die Gleitlaute zu oder von ihnen sind ja so gut wie identisch, z. B. 
bei postdentalem 6 oder d^ oder j und g. Es kommt nur auf den kurzen 
Moment der Einhaltung der Stellung an. Wird die stimmhafte Spirans 
zum Gleitlaut reducirt (504 ff.) und kommt der Act des Yerschlusses und 
der Oefi&iung der Media nicht zu deutlicher Wahrnehmung, so bleibt es 
oft zweifelhaft, ob in dem Culminationspunkt der Articulation nur eine 
itsffke Engenbildung oder eine völlige Berührung stattgefunden hat. 



2. Beduction von Stellungslauten zu Gleitlauten 

(Stellungsreduction). 

504. Diese trifft am häufigsten unsilbische Sonorlaute 
vor andern sonoren Lauten. Wir bezeichnen sie durch unter- 
gesetztes ^, z. B. ia^ %(^il^i X^^ W'^i 9^' ^^^ entsteht dadurch, 
dass die Stimme erst in dem Moment einsetzt, wo der Ueber- 
gang zum folgenden Laut bereits beginnt, also bei ia, la z. B. 



8 i e T e r 8 , Phonetik. 5. Aofl. 



13 



in 



Wh 




194 505—507. Stellmigsredaction. 

erst dann, wenn sich die Zunge aus der specifischen t-uuers;:^ 
/-Stellung zu entfernen beginnt. Es entstehen dann nicht Tdkl/i 
}, i etc., sondern nur die Gleitlaute der Uebergangsbewegimg 
von iy l zum folgenden Yocal, die man bei dauernder Ao»- 
sprache von iy l überhörte, die aber jetzt, wo sie isolirt d(9B 
Yocal Yorausgehn, deutlich yemommen werden und denEiih 
druck eines dem Anfang der üebergangslaute entsprechendea 
Lautes, also hier {, l hervorrufen. 

605. Mit den unsilbischen Sonoren stehen auf einer Stab 
die durch Geräuschreduction entstandenen Nebenformen der 
stimmhaften Spiranten (oben 600 S.). Wir bezeichna 
deren zeitliche Reduction durch Verbindung der beiden Za- 
chen . und « zu o. So ist z. B. tr die in Mitteldeutscblani 

übliche Aussprache des anlautenden bilabialen w. Entsprecto; 
des labiodentales v findet sich öfter in Oberdeutschland 

der Schweiz, s. Winteler S. 30 f., auch wohl in Norddeui 
land, aber z. B. wohl nicht im Anlaut des Englischen. 
Japan, v scheint mir ebenfalls hierher zu gehören, es ist beson- 
ders schwach und sehr weit gebildet. Als 6 fasse ich auch die 

so oft besprochene Aussprache des anlautenden engl, weichei 
thy bei deren Auffassung das ungeübte Ohr leicht zwischtt 
Spirans und Verschlusslaut schwankt. Das deutsche j Ä 
uvidares r wird im Anlaut auch meist als j gesprochen. 

606. Sonore Gleitlaute können auch silbisch auftieb* 
(Stimmgleitlaut, Sweet's einfacher voice-gHde). Derari? 
sind viele der unbetonten deutschen e, namentlich aber auA ; 
oft die unbetonten englischen Vocale, z. B. das a von agaiiA^ 
das und er von together. Hier tönt die Stimme (bez. Mnrmd- 
stimme) während des Uebergangs von der Ruhelage zum y, te. 
von dem t zum g u. s. w., eine bestimmte Vocalstellung wd gtf 
nicht eingehalten, daher denn auch das entstehende Lautprodnct^ 
keine besondere Verwandtschaft mit einem bestimmten Voc» 
hat, am meisten ähnelt es noch dem e\ oder cb (Sweet S.68|» 
Wir bezeichnen diesen Laut im Anschluss an Sweet's a ^ 
gekehrtes t?, für noice) durch a, d. h. unbestimmter Gleitvocal; 
die specielle Qualität wird durch die Nachbarschaft bestünini 

607. Auch Diphthonge können in ähnlicher WÄ 
reducirt werden, indem nur dfer Gleitlaut zwischen beid» 
Oomponenten erzeugt wird. Reducirte Diphthonge haben» 
¥o\gQ dessen nur die Zeitdauer gewöhnlicher kurzer Vocd«' 



il 



ii: 



i] 



506—011. Stellungsreduction. 195 

treten oft in Folge von Accentschwächungen statt 'langer* 
tithonge auf, aber sie erscheinen auch als 'kurze Diphthonge* 
' ^Brechungen* an Stelle betonter kurzer Vocale, z. B. in 
-westfälischen Mundarten (wahrscheinlich gehören auch die 
kurzen ea^ eo, altn. ta, ig hierher). 

i08« Es ist im Englischen oft schwer za unterscheiden, ob wirklich 
ein Yoice-glide als selbständiger Laut gesprochen wird, also ob nicht 
in together die Stimme erst mit oder nach dem ^-Verschluss einsetzt. 

1 im Deutschen schwankt die Aussprache zwischen Typen wie hataman 

hatman mit silbenbildendem m (ss hatte man). 

I 

509. Auch nach andern Lauten erscheinen die Sonorlaute 
^ohl ursprüngliche als durch Geräuschreduction entstandene) 
eils blosse Gleitlaute, ygl. z.B. was 411 über die Diphthonge 
lerktist; ja man kann vielleicht geradezu behaupten, dass 
gewöhnlich als kurz bezeichneten sonoren Consonanten 
öhnlich nur Gleitlaute sind, indem die eigentliche Stellung 
den Consonanten gar nicht eine messbare Zeit hindurch 
fehalten wird. Die Grenze ist hier, wie Sweet S. 62 richtig 
lerkt, sehr schwer festzustellen. 

510. Ob die Eeduction zu Gleitlauten auch bei Geräusch- 
ten, namentlich auch bei stimmlosen Spiranten vor- 
une, ist schwer auszumachen. Sweet bemerkt S. 63, dass 
rhaupt anlautende Consonanten dazu neigen zu blossen 
Ltlauten zu werden, z. B. auch sin. sa, wo die Stellung für 

Consonanten auch nur momentan ist. Indessen ist hier 
Sachlage doch etwas abweichend, da man auf jeden Fall 
spirantisches Geräusch von messbarer Länge hört. Eher 
se sich von einer deutlichen Beduction zu blossen Gleitlauten 
den Spiranten mit Geräuschreduction reden. 

611. Die hier besprochenen Äeductionen specifischer 
iculationselemente sind nicht mit den in 470 ff. behandelten 
cheinungen zu verwechseln, bei denen es sich im Princip zu- 
hst nur imi Gleitbewegungen handelt, die für den betreffen- 
Laut nicht specifisch sind. Beim deutschen zum blossen 
itiaut reducirten m in ?pa, rpe, rp,i etc. existirt eben über- 
pt nur ein Gleitlaut von der m- Stellung zur Vocalstellung 
in dem 470 besprochenen mi wird dagegen das m als 
ites lautend ausgehalten und nur die für das m an sich nicht 
öhäftigte Zunge in Gleitbewegung versetzt. In den Com- 
taissfälleü von 475 etc. lassen sich dagegen eher Analogien 
den hier in Bede stehenden Erscheinungen erblicken, in- 
im da durch die Gleitbewegungen auch specifiadaÄEXsmKiÄfe 

1^^ 



196 512.513. StimmreductioiL 

der Articulationsstellung verändert werden. In der Begel dttifta 
es sich aber auch bei diesen nicht um yoUe Beduction zum 
blossen Gleitlaut handeln, sondern um zusammengesetzte Ge« 
bilde, die mit einem SteUungslaut anfangen und enden not 
zwischen diesen beiden (übrigens imter sich nahe yerwandteo}^ 
Stellungsstücken ein überleitendes Gleitstück besitzen. 



3. Beduction stimmhafter Laute zu stimmlosen 

(Stimmreduction). 

bl2* Da wir in dem oben vorgeführten Lautsystem bereits 
eine besondere Gruppe stimmloser Laute neben den stimm- 
haften aufgestellt haben, so wäre hier von einer Beduction 
stimmhafter Laute zu stimmlosen nicht weiter zu reden, viel- 
mehr handelte es sich dabei um den Uebergang aus einer 
Lautclasse in eine andere bereits im System vorgesehene. In- 
dessen lässt sich, wenn man die historischen Yerhältnisse 
zwischen gewissen stimmhaften imd stimmlosen Lauten in's 
Auge fasst, doch nicht leugnen, dass der Verlust der Stimme 
auch als eine Art Beduction betrachtet werden kann. Statt 
dass nämlich die Stimme während der Einhaltung der spedfi- 
schen Articulation eines Lautes erzeugt würde, setzt sie erst mit 
dem Moment ein, wo der Bückgang von der Articulations- 
stellung beginnt, oder sie setzt in dem Moment aus, wo diese 
Stellung erreicht wird. Die Stimme ist dann nur in dem Gleit- 
laut vorhanden, der entweder dem stimmlos gewordenen Oon- 
sonanten folgt, oder ihm vorausgeht, oder beides. Steht gar 
kein stimmhafter Laut in der Nachbarschaft, so kann die Stimme ; 
sogar ganz fortfallen. So ist z. B. der Uebergang von dem 1 
stimmlosen n in isl. hniga^ vatna stimmhaft, ebenso der üeber- ] 
gang von e zu stimmlosen l in engl.yi?/^, dagegen entbehrt das ! 
isl. stimmlose n in vatn gänzlich der Stimme. Wir wollen diese 
Art der Beduction durch untergesetztes bezeichnen. So ] 
wären die stimmlosen Nasale, falls sie als Entwicklungspro- 
ducte stimmhafter Nasale gefasst werden, als m, ^, /? zu be- 
zeichnen, stimmlose /, r als Z, r u. s.w. 

7 7 V ' V 

513. Wahrscheinlich sind, wenn wir den historischen Ver- 
lauf der Entwicklung betonen wollen, unter anderm auch die 
stimmlosen Mediae durch Stimmreduction aus stimmhaften 
hervorgegangen, wie unabhängig von einander Storm^ S. 40 f. 
imd Hoffory, Zs. f. vgl. Sprachf . XXV, 419 ff. erkannt habea 



514. Bedaction der DrackstSrke. 197 

id(doGh hätte Hoffory, der sonst historischen Erwägungen keinen 
^Sfaifluss auf die Gestaltung des Lautsystems einräumen wollte, 
ligerade den Ausdruck 'redudrte Medien' vermeiden müssen; 
L^prade yon seinem absoluten Standpunkte aus dürfte er, da er 
^ie 'stimmlosen Medien' als Nebenart der Medien, nicht der 
Tenues anerkennt, die erstgenannten eben nur mit dem Namen 
'stimmloser Medien' belegen). Diese Auffassung stimmt gut 
zu der von Sweet, welcher die stimmlosen Mediae als Mediae 
mit stimmhaftem Absatz (half-voiced stops, d. h. stops mit 
= Toiced glide) bezeichnet (vgl. 439). Eigenthümlich ist diesen 
^«timmlosen oder reducirten Medien, wie bereits öfter hervor- 
[fdioben, der geringere Stromdruck der stinmihaften Mediae 
pBi Gegensatz zu den Tenues. Es ist eben keine andere Yeiv 
iderung eingetreten, als der Wegfall der Stimme während 
der Dauer des Verschlusses. Wenn sich also hier der Oharak- 
^ter des ft, d etc. als stimmloser Lenes durch ihren Ursprung 
t aas Beduction erklärt, so darf man dieselbe Erklärung auch 
vielleicht ziun Theil auf stimmlose spirantische Lenes 
h anwenden. Es ergäbe sich also folgende Beihe : z stimm- 
ig hafte Lenis (Lenis wegen der Hemmung im Kehlkopf, f aUs 
nicht eine besondere Verstärkung etwa dazutritt), z stimmlose 
Lenis (durch Beduction), s stimmlose Fortis. Natürlich ist da- 
mit nicht gesagt, dass nicht auch andere stimmlose Lenes durch 
Verminderung des primären Stromdrucks aus Fortes hervor- 
gegangen sein könnten. 

614. Von einer Reduction der Druckstärke können 
wir nach der 496 gegebenen Definition des Begriffs der Re- 
duction nicht wohl reden. Stärkereduction wäre gleich Auf- 
hören des Drucks und damit der Lautbildung überhaupt. Ueber 
die Schwankungen in der Druckstärke wird die Accentlehre 
Näheres bringen. 



198 515—517. Der Bau der Silbe im Allgemeinen. 



II. Silbenbildung. 

Cap. 25. Der Bau der Silbe im Allgemeineii. 

(Drucksilben und Schallsilben. Die relative Schallfülle 

der Silbenglieder.) 

615. Eine einheitliche genetische Definition des Begriffs 
'SilbeMässt sich nicht geben. Vielmehr kann man zunächst 
nur nach der akustischen Seite hin feststellen, dass das Ohr 
des Hörers die zusammenhängende Bede subjectiv in gewisse 
Theilstücke zerlegt, d. h. in Schallmassen die es als in sich und 
im Gegensatz zu andern ähnlichen Schallmassen relativ enger 
geschlossene Einheiten auf- imd zusammenf asst, und dass diese 
Theilstücke das sind was man als Silben zu bezeichnen pflegt 
(vgl. 618 fE.). 

516. Diese Zerlegung der Eede in Silben beruht darauf, 
dass das Ohr gewisse Discontinuitäten in der Schall- 
stärke der einzelnen Momente der "Rede wahrnimmt und be- 
werthet. Speciell werden Minima der Schallstärke als 
silbenscheidend empfunden, d. h. das Ohr lässt allemal da eine 
Silbe zu Ende gehn und eine neue Silbe anheben, wo in zusam- 
menhängender Eede ein Durchgang durch ein MmiTmiTn yon 
Schallstärke stattfindet. Die Minima selbst können wieder ver- 
schiedener Art sein, nämlich entweder absolute Minima oder 
Schallpausen, d. h. schalllose Momente vor dem Einsetzen 
eines neuen Schalles oder nach dem völligen Verklingen einer 
abgelaufenen Schallmasse, oder relative Minima, d. h. Mo- 
mente geringerer Schallstärke, die, bei fortiaufender Schall- 
bildung, durch Momente grösserer Schallstärke umrahmt sind. 
Die trennende Wirkung absoluter und relativer Minima ist nur 
dem Grade nach verschieden. Abgesehn davon werden relative 
Minima ebenso constant als Trenner empfunden wie die absolu- 
ten. Schwankungen in der Auffassung können daher nur ent- 
stehen, wo es sich nur lun sehr geringe Unterschiede der 
Schallstärke handelt. 

517. Für das Verständniss der Silbenbildung und -trennung 
kommen daher in erster Linie die jeweiligen Abstufungen in 
der Schallstärke der verschiedenen Sprachlaute in Betracht, 
aus denen sich die Eede zusammensetzt. Diese Abstufungen 



518. Der Bau der Silbe im Allgemeinen. 199 

«ind aber sehr verschiedener Art, je nach dem Grunde, welcher 
die einzelne Abstufung der Lautiieit für das Ohr hervorruft. 
Danach sind folgende Arten von Abstufungen zu unterscheiden. 

1) Primäre oder willkürliche Abstufungen. Diese 
beruhen auf einem Wechsel des Stromdrucks oderderDruck- 
stärke, mit der die einzelnen Laute hervorgebracht werden, 
iind sind willkürlich, weil man ja jeden einzelnen Laut nach 
Belieben lauter und leiser, d. h. mit grösserer oder geringerer 
Druckstärke, sprechen kann. 

2) Secundäre oder unwillkürliche Abstufungen. 
Diese sind von der Druckstärke unabhängig und können daher 
luch nicht wie diese nach freiem Belieben wechseln. Sie sind 
ielmehr fest an die specifische Art der Schallbildung des ein- 
lelnen Lautes gebunden und von dieser abhängig. Lmerhalb 
lieser Gruppe sind wieder zwei Richtungen der Abstufung zu 
mterscheiden: 

a) Abstufung nach der Schallart. Hier kommt na- 
nentlich der Gegensatz zwischen musikalischem Klang (bez. 
Stimme) und blossem Geräusch (16) in Betracht. Ln All- 
jemeinen wird näniHch unter sonst gleichen Umständen die 
Stimme als schallstärker empfunden als die Geräusche stimm- 
oser Laute. Lmerhalb der Geräusche gehen die Beibungs- 
5eräusche den Explosivschällen vor, u. dgl. mehr. 

b) Abstufung nach dem Grad der Dämpfung. Wie 
ichon in 23 f. angemerkt wurde, besitzen Hohlräume, also auch 
las Ansatzrohr des menschlichen Sprachorgans, unter anderm 
luch die Fähigkeit, hindurchgeleitete Schälle bis zu einem ge- 
rissen Grade zu dämpfen. Diese Fähigkeit stuft sich wiederum 
wesentlich ab nach der Grösse der Ausflussöffnung des Hohl- 
aums, hier also speciell meist nach der Grösse der Mund- 
Iffnung. Daher sind z. B. Vocale mit weiterer Mundöffnung 
rie a bei gleichem Stromdruck schallstärker als solche wie e, o 
der «, w, weil bei den letzteren durch die stärkere Verengung 
1er Mundöffnung ein Theil der primären Stimmstärke auf dem 
Wege der Dämpfung verloren geht. 

518. Die primären Abstuf ungen der .Schallstärke nach 
»17, 1 kann man hiemach genauer als Abstufungen der Druck- 
tärke bezeichnen, die beiden Unterarten der secundären Ab- 
tufungen nach 517, 2 etwa als Abstufungen der Schallfülle 
osammenfassen. Unter Schallstärke verstehn wir dann das 
fass der absoluten Lautheit jedes einzelnen Sprachschalles im 



200 ^19. Der Bau der Silbe im Allgemeinen. 

einzelnen Falle, und dies Mass ist wiederum in jedem Falle von 
zwei Factoren, der Druckstärke und der Schallfülle, abhängig. 
Diese beiden Factoren können selbstverständlich entweder in 
gleichem oder entgegengesetzten Sinne vnrken, d. h. man kann 
ganz beliebig Laute von grosser Schallfülle zugleich mit grosser, 
Laute von geringerer Schallfülle zugleich mit geringerer Druck- 
stärke sprechen, ebenso gut aber auch Laute von geringerer | 
SchallfüUe mit grosser Druckstärke und umgekehrt. Daraus i 
folgt denn, dass sich die Wirkungen der beiden Factoren auch : 
bis zu einem gewissen Grade gegenseitig compensiren können, i 
d.h. dass z.B. ein weniger schallvoller Laut durch Anwendung j 
grösserer Druckstärke einem schall volleren Laut mit geringerer j 
Druckstärke mehr oder weniger gleichwerthig gemacht w^en ^ 
kann. Ln Ganzen aber überwiegt für die Silbenbfldung d^ 
Einfluss der Schallfülle den der Druckstärke dergestalt, dass 
im Ganzen nur geringere Differenzen der Schallfülle durch 
entsprechende Variation der Druckstärke compensirt oder über- 
wunden werden können (s. 533. 539 f.). 

Hinsichtlich des Einflusses der beiden Factoren auf die 
Silbenbildung im Einzelnen ist etwa Folgendes hervorzuheben. 

I 
1 

519. Es ist bekannt, dass z. B. jeder isolirte Yocal, wenn 
er auch noch so kurz und abgebrochen hervorgestossen wird, 
für sich eine 'Silbe* bildet. Man kann aber auch einen Vocal, 
sagen vm a , so lange aushalten als der Athem reicht, ohne dass 
das Mass einer Silbe überschritten wird. Dabei ist es gleich- 
gültig, ob man den Yocal von Anfang bis zu Ende mit gleicher 

Druckstärke (~) aushält (also a ), oder ihn bei wechselnder 

Druckstärke gleichmässig anschwellen (a) oder allmählich und 

gleichmässig verklingen (a) oder endlich ihn erst anschwellen 

und dann wieder verklingen lässt ( a ; vgl. 637). Bei dieser 
Behandlung der Druckstärke (d. h. den Typen ==,-=:, ::^ und 
^=^ findet, wie man sieht, da die Schallfülle sich hier gleich 
bleibt, innerhalb des Vocals kein Durchgang durch ein Minus 
von Schallstärke statt, und daher vrird der Vocal, so lang er 
auch sein mag, als eine einheitliche Silbe aufgefasst. Spricht 
man dagegen einen Vocal vrie a abwechselnd lauter imd leiser, 
d. L so, dass man den Stromdruck abwechselnd verstärkt und 

schwächt (also Typus -s:=^-c=:-^c:^ ), so zerfällt der ausge- 

haltene Vocal in eine Beihe unterscheidbarer Abschnitte, die 
dem Ohr ebensogut den Eindruck verschiedener Silben machen, 



520. 521. Der Bau der Silbe im Allgemeinen. 201 

etwB, eine Eeihe von a, die mit vollständig getrennten 
:;lcstössen (60) und jedesmaligem Aussetzen der Stimme 
<iet werden. Jede neue Verstärkung des Drucks 
i vorhergegangener Verminderung ruft den Ein- 
'Ic: einer neuen Silbe hervor, und die Grenzen der 
3 Xnen Silben liegen allemal in den Momenten ge- 
s -ter Druckstärke. 

S O. Ebenso kann man auch einer aus verschiedenen Lauten 
cft^miengesetzten Keihe, wie beispielsweise der Folge aia 
Ä- willkürliche Verschiebung der Druckstärke bis zu einem 
►^^n Grade willkürlich verschiedene Silbenwerthe 
X . Wie bereits 414 gezeigt wurde, kann man diese Gruppe, 
^"^rar auch ohne Aussetzen der Stimme, willkürlich entweder 
^i Silben zerlegen, a-i-a, oder in zwei, und in diesem letz- 
te ^all entweder als ai^a sprechen, indem man das i mit dem 
^O. a zu dem fallenden Diphthong ai (412) verbindet, oder 
''^%a, indem man das i als unsilbischen Anlaut zur folgenden 
^ zieht, oder endlich als ai-iOy indem man das i länger aus- 
> aber gleichzeitig auf beide Silben vertheilt. Diese Spal- 
S des t geschieht ebenso wie oben beim a, indem man inner- 
■^ des i den Stromdruck zunächst schwächt und dann wieder 
^l^en lässt, sodass nun der erste Theil des i mit abnehmen- 
^) der zweite mit zunehmender Druckstärke (und damit auch 
^1^ wieder Schallstärke überhaupt) gesprochen wird. Aehnlich 
^ es bei ai-a und a-ia. Im ersten Falle schwächen wir die 
^ckstärke und damit die Stimme nach dem Schluss des i 
H, im zweiten Falle nach dem Schluss des ersten a hin. Beim 
eisilbigen a-t-a aber schwächen und verstärken wir zweimal, 
ischen a und i und wieder zwischen i und a. Die Grenzen 
gen auch hier wieder überall in den Momenten schwächsten 
Tickes. 

621. In allen diesen Fällen wird also als ^ine Silbe em- 
inden, was mit einem selbständigen und zugleich 
ntinuirlichen Druckstoss hervorgebracht wird. Als 
ntinuirlich ist dabei nach 519 f. ein jeder Druckstoss zu 
rächten, der nicht durch Abnahme imd erneute Verstärkung 
\ Stromdrucks (bez. durch den Durchgang durch ein Druck- 
limum) auch für unser Gefühl in getrennte Theilstösse zer- 
t wird (Weiteres dazu s. 637 ff. 680 ff.). Sofern nun weiter- 
i diesergestalt das Mass einer Silbe durch die Exspiration 
:. durch die besondere Art der Druckregelung des arbei- 
iden Luftstroms bedingt wird, kann man eine 50 begcenztÄ 



202 522. 523. Der Bau der Sübe im Allgemeinen. 

Silbe als eine Exspirationssilbe (exspiratorische Silbe) 
oder kürzer als Drucksilbe bezeichnen. 

522. Der Satz, dass innerhalb der Silbe die Druckstärke im 
SinneTon 521 continuirlich sein müsse, lässt sich aber nicht dalun 
umkehren, dass nun auch alles was mit continuirlicher Druck- 
stärke gesprochen wird, für das Ohr nur ^ine Silbe ausmache. 
Die Lautfolge ata oder asa lässt sich z.B. auf keine Weise ein- 
silbig aussprechen, mag man die gleiche Druckstärke von An- 
fang bis zu Ende durchführen oder irgend eine andere Form 
continuirlicher Regelung wählen. An der Zahl der Elemente 
der Lautfolge liegt das nicht, denn Folgen wie ais oder am, 
ains (selbst ainst^ wenn man von der Explosion des / absieht) 
lassen sich leicht einsilbig aussprechen. Der Grund liegt Tid- 
mehr in dem Wechsel von Lauten verschiedener Schallfülle 
innerhalb der Folge. Li asa hat das 8 als blosser Greräuschlant 
wesentlich geringere Schallfülle als die umrahmenden sonoren 
a (vgl. 617, 2, a), in aia ist die Schallstärke des i trotz gleicher 
Schallart durch Dämpfung gegenüber der der a stark vermin- 
dert, und dieser Contrast kann auch durch entsprechende Ver- 
änderung des Drucks nicht beseitigt werden (vgl. 618). Daher 
ist denn auch die Schallstärke in den Folgen am, asa nicht 
continuirlich in dem Sinne abgestuft wie wir oben 621 von 
continuirlicher Druckstärke sprachen. Vielmehr findet bei 
aia^ asa und ähnlichen Folgen auch ganz abgesehn von etwaigem 
Wechsel der Druckstärke ein Durchgang durch ein Minus 
von Schallstärke statt. Da es nun für unsere Auffassung 
gleichgültig ist, auf welche Weise eine Discontinuität (516) 
in die Schallstärke einer Lautmasse hineingebracht wird, so 
versteht sich leicht, dass auch bei gleichbleibender oder sonst 
continuirlicher Druckstärke der blosse Durchgang durch 
Laute geringerer Schallfülle den Eindruck der Mehr- 
silbigkeit eines Lautcomplexes hervorrufen kann. Neben den 
oben charakterisirten Drucksilben sind denmach auch Silben 
aufzustellen, deren Begrenzimg von der Abstufung der natur- 
lichen Schallfülle ihrer Elemente abhängt. Wir wollen diese 
Silben im Unterschied von den Drucksilben mit dem Namen 
Schallsilben bezeichnen. 

623« Dass in der That wiederkehrende blosse Dämpfang im Stande 
ist, einen Sprachscliall von gleichbleibender Druckstärke in verschiedene 
Silben zu zerlegen, kann ein sehr einfaches Experiment lehre^: num 
spreche anhaltend einen Vocal wie a mit möglichst gleichmassiger 
Stärke und schlage dabei mit der flachen Hand auf den Mond, dessen 



524—526. Der Ban der Sübe und die SchaUTüUe ihrer GHeder. 203 

Ausflussöffiiimg dadurch bei jedem Schlag verengert wird. Das Be- 
snltat ist : Yerdumpfung und Dämpfung des Klanges während die Hand 
den Mund schliesst, und umgekehrt in den Momenten, wo die Hand sich 
Tom Munde entfernt. Der Gesammteffect kommt etwa der Silbenfolge 
ioawatDa . . . gleich. Dass bei diesem Experiment der Yocal a auch in 
qualitativ verschiedene Stücke zerfällt wird, verschlägt nichts für die 
Hauptfrage. 

534. Schallsilben und Drucksilben können sich 
begreiflicherweise decken, müssen es aber nicht, und 
zwar können sowohl Lautfolgen, welche an sich eine Schallsilbe 
bilden können, exspiratorisch in getrennte Silben zerlegt wer- 
den (vgl. z. B. zweisilbiges chi mit dem Diphthongen ai) als um- 
gekehrt Lautfolgen mit einheitUcher Exspiration hervorgebracht 
werden, die nach der Abstufung der Schallfülle in mehrere 
Schallsilben zerfallen müssen (vgl. besonders Cap. 27). Femer 
kaim, wie schon 518 bemerkt wurde, die Abstufung der Druck- 
stärke in der Silbe mit der Abstufung der Schallfülle parallel 
gehen (sodass der schallvollste Laut der Silbe zugleich mit 
stärkstem Stromdruck, und die weniger schallvollen Laute mit 
entsprechend vermindertem Druck hervorgebracht werden) oder 
sie kann ihr entgegenwirken. Im Allgemeinen pflegt das erstere 
der Fall zu sein. 

525. Schallsilben wie Exspirationssilben können 
sowohl einlautig als mehrlautig sein. In der mehrlauti- 
gen Silbe aber muss nothwendig eine Abstufung der Schall- 
stärke stattfinden, indem alle übrigen Laute der Silbe einem 
einzigen Laute untergeordnet werden. Dieser die Silbe beherr- 
^hende Laut heisst der Sonant der Silbe (ist silbisch), die 
übrigen heissen die Consonanten der Silbe (sind unsilbisch, 
vgl. 109 ff.). Für diese Abstufung der Schallstärke innerhalb 
der Silbe ist nach 618 in erster Linie die Schallfülle der ein- 
zelnen Laute massgebend, erst in zweiter die Druckstärke. 

Hieraus lassen sich bereits die wesentlichsten Gesetze für 
den Bau der Einzelsilben ableiten. 

626. Die Fähigkeit, Sonant zu werden, hängt bei 
jedem Laute zunächst von seiner Schallfülle ab. Beim Zusam- 
mentreffen mehrerer Laute muss also jedesmal derjenige zum 
Sonanten werden, welcher an und für sich die grösste Schall- 
fülle besitzt. Nur Laute, welche auf gleicher oder nahezu 
gleicher Stufe der Schallfülle stehen, können neben einander 
abwechselnd Sonanten oder Consonanten sein. In diesem Falle 
gibt die jeweilige Druckstärke statt der natürlichen Schallfülle 
den Ausschlag (618). 



204 527--531. Der Bau der Silbe und die SchaUfOne ihrer Glieder. 

527. Ein ähnliches Yerhältniss gilt für die Consonanten 
unter einander: je näher dem Sonanten, um so grösser 
muss die Schallfülle sein. Daher ist die Beihenfolge der 
Lautarten, welche einem Sonanten unsilbisch vorausgehen 
können, genau entgegengesetzt der Beihenfolge der Lautarten, 
welche dem Sonanten als Consonanten folgen können; nur sind 
die Gesetze für den Silbenauslaut strenger als die für den Anlaut 

52S. Die Abstufungen der Schallfülle sind lediglich 
experimentell festzustellen. Dabei ergibt die Untersuchung 
Folgendes. Zunächst haben alle Dauerlaute (186) denYoirang 
vor den Explosiven. Lmerhalb der Dauerlaute stuft sich die 
Schallfülle sodann einmal nach dem Grade ab, in welchem die 
Stimme zur Geltung kommt, sodann nach der Grösse der Aus- 
flussöffnung. Es stehen also alle stimmhaften Dauerlaute 
den stimmlosen voraus, und unter ihnen die Sonoren den 
stimmhaften Geräuschlauten. 

539. Unter den Sonoren wiederum nehmen die Yocale 
den ersten Platz ein, und unter diesen das a, weil hier bei 
trichterförmiger Gestalt des Ansatzrohrs die Stimme am 
wenigsten einer Dämpfung unterliegt. Die Schallfülle nimmt 
ab, je mehr der Mund geschlossen, d. h. je enger der Vocal 
gebildet oder je stärker er gerundet wird (Beispiele hierzu s. im 
Einzelnen bereits 418 etc.). 

530. Nächst den Vocalen kommen die Liquiden und 
Nasale. Sie sind einander für die Silbenbildung gleichwerthig, 
sobald einer der Laute Sonant, der andere Consonant sein soll, 
d. h. man kann hier willkürlich durch Veränderung der Druck- 
stärke Verbindungen wie mn^ nm, rlj Ir, mly Im etc. hervor- 
bringen. Sollen aber zwei von diesen Lauten zugleich Con- 
sonanten sein, so scheint eine derartige Ueberwindung der 
SchaUfülle durch die Druckstärke nicht möglich zu sein, und 
zwar scheinen dabei die Liquiden allemal den Nasalen voraus- 
zustehn, d. h. es sind Silben wie mlä, mrä und a/m, arm mög- 
Uch, aber nicht wohl Imd, rmä oder äml^ dmr. 

531« Yocale können vor Liquiden oder Nasalen nur ausnahmsweise 
unsilbisch auftreten, nämlich wenn sie besonders starke Verengungsgrade 
aufweisen, z. B. i oder stark gerundetes u u.dgl. (also il, ^l, jlfa, ^ etc.)- 
Sie sind ausserdem dann wohl stets zu blossen Gleitlauten redncirt. Nach 
liquiden und Nasalen ist es uns noch schwerer, Yocale unsübisch tu 
sprechen. Am besten gelingen noch Bildungen mit ^ (wie al^] einsilhig' 
In allen solchen Fällen muss man die Druckstärke der Yocale ge¥raltBain 
iierabsetzen. 



532—534. Der Bau der Sübe und die Schallfülle ihrer Glieder. 205 

532* Unter den Liquiden ist unsilbisches r schallvoller als unsilbi- 
sches /, daher wohl einsilbig drly aber nicht dir. Für den isolirten Silben- 
anlant werden sowohl rl wie Ir vermieden. — Die relative SchallfuUe der 
Nasale unter einander scheint ziemlich gleich zu sein. Im Gfanzen ist der 
Znsammenstoss zweier unsilbischer Nasale innerhalb einer Silbe selten, 
und es scheiut dabei nicht sowohl auf ihre Stellung vor oder nach dem 
Sonanten anzukommen, als darauf, dass die Uebergangsbewegung vom 
ersten auf den zweiten möglichst leicht auszuführen sei ; so sprechen sich 
mndj nnd leichter als nmd etc., weil die leicht bewegliche Zungenspitze 
raaeher zum n einsetzen kann, als die Lippen zum m. 

533. Die sonoren Nebenformen stimmhafter Spiranten (500) stehen 
etwa auf gleicher Stufe mit den Liquiden, also j parallel mit r etc. 

A 

534. Unter den Geräuschlauten gehen, wie bemerkt, die 
Spiranten den Explosivlauten vor. Es bilden also z. B. 
tsaj psa einfache Schallsilben, ebenso auch in umgekehrter 
Folge o^^, aspj wenn man von der Explosion desSchluss- 
consonanten absieht. Bei den stimmlosen Explosiven ver- 
steht sich dies von selbst, denn mit deren Pause vnrd der Null- 
punkt der Schallstärke erreicht, die Explosion selbst bringt 
neuen Schall, stellt also eine Verstärkung der Schallstärke dar. 
Ebenso verhält es sich aber auch mit den stimmhaften Explosi- 
ven. Bei ihnen ist die Stimme in dem Moment vor der Ex- 
plosion am meisten herabgesetzt (435), mit der Explosion setzt 
sie wieder voller ein, also haben wir auch bei ihnen nothwendig 
eine Discontinuität der Schallstärke. Ist die Explosion selbst 
bei einem mit Stimme eingesetzten Y erschlusslaut stimmlos, wie 
häufig im Auslaut, so versteht sich wiederum der Bruch der 
Silbe in dem Momente, wo die Stimme aussetzt, von selbst. 
Kommen also irgendwie Yerschlusslaute ins Spiel, so kann 
die Schallsilbe streng genommen höchstens von der 
Explosion des dem Sonanten zunächst vorangehenden 
bis zum Verschluss des zunächst folgenden Verschluss- 
lauts dauern. Noch weniger sind streng genommen Verbin- 
dungen zweier Verschlusslaute im Silbenanlaut oder -auslaut 
möglich, ebensowenig wie Verbindungen von Spirans + Ver- 
schlusslaut im Silbenanlaut oder die umgekehrte Beihenfolge 
im Silbenauslaut. Wenn wir trotzdem ptä, ktdy dpi, äkt, spä, 
stä, dpsy dtSy ja selbst dtst, dtst, htsd^ dsts, zumal bei rascherer 
Sprechweise, als einfache Silben betrachten, so ignoriren wir 
eüifach die Existenz der hier von den anlautenden oder aus- 
lautenden Consonantverbindungen gebildeten kleinen 'Neben- 
silben^ wegen der geringen Schallfülle der hier auftretenden 
stinunlosen Geräuschlaute, denen gegenüber die Hauptsilbe mit 



206 535. 536. Bau der Silbe etc. 537. Druckstärke der SilbengHeder. 

ihrem klangvollen Sonanten durchaus dominirt. Exspirato- 
risch können diese Gruppen von SchaUailbeii natürlich sdff 
wohl einheitlich sein. 

535. Wie viel wir von solchen Nebensilben als Begleiter 
der eigentlichen Hauptsilbe dulden, hängt sehr von der Ge- 
wohnheit ab, namentlich entscheidet wieder die grössere oder 
geringere Leichtigkeit in der Aufeinanderfolge der üebergangs- 
bewegungen. Leicht geduldet werden z. B. Verbindungen, 
deren zweites Glied ein Dental ist, -meptdy ktd, dptj äkty wäh- 
rend tpä^ tkä^ dtpj dik auffallen. Von auslautenden Verbin- 
dungen von Explosivlaut + Spirans erscheinen die Affricaten 
natürlich am leichtesten. Stimmhafte Geräuschlaute eignen 
sich wegen ihrer grösseren Schallfülle noch weniger; man vgl. 
z. B. zhd^ dbz mit spd, dpa u. dgl. — Ausführliche Verzeidi- 
nisse von möglichen oder besser gesagt üblichen Combinationen 
für Silbenanlaut und -auslaut s. z. B. bei Merkel, Laletil 
266. 274. 

536* Derartige complicirte Silbenanlaute und -auslaute erscheinen 
übrigens grossentheils erst in moderneren Sprachperioden durch Ans- 
stossung von Sonanten (Yocalen) u. dgl., welche ihrerseits die Folge der 
energischeren Concentration des ganzen Wortgewichts in der einen Ton- 
silbe zu sein pflegt. Je stärker aber diese hervortritt, um so eher können 
jene schwach accentuirten Anhängsel angefügt werden, ohne den einheit- 
lichen Eindruck des Ganzen zu stören. — Für die Sprachgeschichte 
bleibt zu erwägen, ob vielleicht die Umstellungen von ursprünglichem tk 
zu kah im Sanskrit, zu | im Griechischen oder von 8p zu griech. ^, oder 
auch der Vorschlag eines Yocals vor anlautendem a -}- consonant {s ün- 
pura] in den romanischen Sprachen etc. mit diesen Silbenanlautsgesetzen 
in Beziehung stehn, u. dgl. mehr. 



Cap. 26. Die relative Druckstärke der Silbenglieder. 

637. Innerhalb des einzelnen Druckstosses bez. der mit 
einem solchen hervorgebrachten Drucksilbe bleibt die Druck- 
stärke in der Begel nicht von Anfang bis zu Ende gleich, son- 
dern unterliegt einer gewissen, mehr oder weniger natürhchen 
Abstufung (näheres s. Cap. 29). Die Exspiration beginnt ent- 
weder mit einem plötzlichen Stoss, oder sie setzt schwächer ein 
und schwillt continuirlich an bis sie den Höhepunkt ihres 
Drucks erreicht. Auf diesem kann sie eine Zeit lang verharren. 
Nach dem Schluss des Druckstosses hin nimmt die Druckstärke 
wieder ab, und zwar sinkt sie hier in der Regel allmählich, da 
die Tiätigkeit der Ex8pira\ioT\sm\jÄC,\slat\ir nur schwer so rasch 



d38— 540. Die relative Druckstärke der Silbenglieder. 207 

nd vollständig gehemmt werden kann, dass ein jenem Ein- 
angsstoss an Plötzlichkeit entsprechendes Ende der Exspira- 
ion erzielt wird. Der einzehie Exspirationsstoss hat demnach 
ewöhnlich entweder nur einen deutlichen Decrescendo- 
Lusgang oder zugleich ein& deutlichen Crescendo-Eingang 
nd Decrescendo-Ausgang, zeigt also entweder die Form 
=)>- oder -«=(=)=»-, wobei = die Zeit andeuten möge, wah- 
end welcher der Druck eventuell gleich bleibt (vgl. 619). 

538. Die Drucksilbe umfasst hiernach in der Eegel 
ifomente verschiedener Druckstärke, und diesen ent- 
prechen lediglich daraus resultirende (und also von der Schall- 
ülle unabhängige) Abstufungen in der Schallstärke der Sprach- 
aute, welche während dieser Momente gebildet werden. Wir 
cönnen diese Stärkeabstufungen der Laute einer Drucksilbe als 
Jie relative Druckstärke der Silbenglieder bezeichnen. 

639. Betrachten wir das Verhaltniss der einzelnen Silben- 
glieder zu der wechselnden Druckstärke der Silbe, so ergibt 
sich, dass in der Begel der Sonant der Silbe den Moment 
grossten Drucks in sich schliesst oder dass er doch mindestens 
an diesem stärksten Druckgrad der Silbe participirt, dass er 
also, auch abgesehn von der Frage der Schallfülle, die grösste 
relative Druckstärke besitzt, und dass umgekehrt die ihn be- 
fifleitenden Consonanten auch an Druckstärke hinter ihm zurück- 
SQstehn pflegen. Bei Verbindungen von Lauten gleicher oder 
^ezu gleicher Schallfülle hängt es daher wesentlich von der 
^tiven Druckstärke ab, ob der eine oder der andere Sonant 
^. Consonant der Silbe wird. Das lässt sich namentlich leicht 
U den Verbindungen zweier Vocale illustriren. Uns gelten 

. B. uij iu, d. h. starkes u + schwächeres i bez. starkes i -J- 

ehwächeres u als 'fallende Diphthonge^, aber ui, iu mit umge- 
ehrtem Stärkeverhältniss als 'steigende Diphthonge* (412), 
. h. im ersten Falle ist das erste Glied silbisch, das zweite 
Hsilbisch, im zweiten Falle ist bei gleicher Lautfolge das erste 
Hied unsilbisch, weil es die geringere Druckstärke hat. 

540* Nicht alle Lautfolgen lassen sich (vgl. 518) so ohne Weiteres 

Ktikeliren wie die eben angeführten. Folgen wie a/, la klingen uns gut 
c&silbig^ weil die Abstufung der Druckstärke der Abstufung der Schall- 

l]le parallel geht; al, la dagegen fassen wir eher als zweisilbig auf^ weil 
le Schallfülle des a die des / so überwiegt, dass es trotz seiner gerin- 
Qren Druckstärke neben dem stärkeren l als silbisch empfunden wird. 

äier noch können Gruppen wie aw, welche einen. atiTömVö^^ii \i'»»^ «a. 



208 641—545. Die relative Druckstärke der Silbenglieder. 

zweiter Stelle haben, für einsilbig gelten; das s mag hier grössere Druck- 
stärke haben als das a, aber seine Schallfülle ist wegen seiner Stimm- 
losigkeit doch so gering, dass wir es nicht als silbisch empfinden, sondern 
dem a die Stelle des Sonanten einräumen, üebrigens sind alle solche FSlle 
in der empirischen Sprache sehr ungewöhnlich, im Allgemeinen gehen die 
Abstufungen der Druckstärke und der SAallf ülle zusammen (584). 

541. Die wechselnde Druckstärke der Dracksflbe imti 
jedoch nicht nur auf dasYerhältniss der einzehien Silbenglieder 
unter einander ein, sondern auch auf die Bildung der Ein- 
zellaute selbst, insofern ein jeder Einzellaut entweder mit 
gleichmässiger oder zunehmender oder abnehmender 
Stärke hervorgebracht werden kann, oder mit Combinationen 

dieser drei Grundformen, die wir nach Sweet mit a, ö, ö be- 
zeichnen wollen. 

542* Am deutlichsten sind diese Abstufungen beim Flüstern wahr- J 
zunehmen, weil man dadurch die störenden Einwirkungen etwaiger Tos- ff 
höhenänderungen entfernt (Sweet S. 68). f 

543* Steht ein Laut wie a am Ende einer Silbe, so wird er nachdei L 
zu Eingang Bemerkten stets einen, wenn auch noch so kurzen Decreacendo* 

Abschluss haben, also a ; folgt aber ein anderer Laut, so kann nstöiüc^ 

auch ein reines a gebildet werden. 

644. Die Oonsonanten vor dem Sonanten der Sflbe 
werden in der Begel crescendo gebildet, die nach dem Sonan- 

ten decrescendo, also z. B. na^ an, nan. Bei den Sonantea 
herrscht Decrescendo vor, und zwar um so mehr, je länger d« 
Sonant ist (man vergleiche z. B. die Stärke der t in satt vd 
Saat, welche sich nach derjenigen des Ausgangs des a ridiW 

(445 etc.). Doch hört man auch bisweilen a, z. B. wie Sweet 
bemerkt in der freudiges Erstaunen ausdrückenden Inte^ 

jection ah!, welche als a oder a zu bezeichnen ist (wfe 
namentlich die Flüsterprobe deutlich zeigt). 

646. Für den einheitlichen Charakter der Drucksilbe ist» 
wie bereits 621 u. ö. angedeutet wurde, Oontinuität der 

Druckstärke massgebend, d. h. sowohl a wie a, a, ^ 

und a rufen den Eindruck der Einheit hervor, aber a ote 

a (genauer a etc.) u. dgl. klingen zweitheilig, auch wenn 
nicht die geringste Pause zwischen den beiden Theilen liegt 
(Sweet S. 59). 



Ö46— 549. Schall- und Druckgrenzen der Silben. 209 



Cap. 27. Die Silbentrennung. 

546. Für die Silbentrennung existirt ebensowenig ein ein- 
.tliches Princip wie für die Silbenbildung, vielmehr sind wie 
rt Schallsilben und (Exspirations- oder) Drucksilben, so hier 
^hallgrenzen und (Exspirationsgrenzen oder) Druck- 
enzen zu unterscheiden. 

547« Der Name Schallgrenze ist lediglich im Anschluss an den 
imen Schallsilbe gewählt und soU demnach nur diejenigen noth- 
endigen Silbengrenzen bezeichnen, welche von der Abstufung der 
türlichen Schall fülle abhängen, nicht aber auch die auf willkürlicher 
srabsetzung der Schallstärke durch Minderung des Stromdrucks be- 
henden. 

548. Eine Schallgrenze ist nothwendigerweise über- 
1 da vorhanden, wo bei continuirlicher Druckstärke ein Durch- 
ing durch einen Laut geringerer Schallfülle stattfindet. Laut- 
igen wie a«a, ala etc. sind, wie 622 gezeigt wurde, stets 
indestens zweisilbig, auch wenn keine Discontinuität der 
Iruckstärke besteht; die Grenze liegt hier in dem weniger 
ihallvollen Durchgangslaut i bez. /. Wir bezeichnen die 
ch allgrenze dui'ch ein Spaltungszeichen über dem betreffen- 

en Laut, also ata, ala] die Druckgrenze deuten wir durch - 
inschen den Silben an. 

# 

549. Im Allgemeinen werden blosse Schallgrenzen, wie 
5 scheint, nur da angewandt, wo nur ein Oonsonant zwischen 
wei Sonanten steht, deren erster stark betont und kurz ist. 
o sprechen wir im Bühnendeutschen z. B. zweisilbige Wörter 
lit kurzem Vocal in der ersten Silbe und einfachem, starkem 
Jonsonanten dahinter, also etwa Wörter vne fasse, Kammer , 
üe\ ebenso im Englischen, vgl. etwa hissing, hammer, hilly. 
üct liegt zweifelsohne die Silbengrenze in dem Oonsonanten, 
her derselbe scheint trotzdem gleichmässig zu beiden 
Ülben zu gehören, weil innerhalb desselben keine'Discon- 
inuität der Druckstärke eintritt. Diese Wörter sind demnach 

•ei genauerer Transscription als fas% kam^r, aP u. s. w. zu be- 
lehnen. Sie sind exspiratorisch einsilbig, enthalten 
kber zwei Schallsilben. Diese Art der Verbindung zweier 
Silben wird meist nur mit grosser Mühe von denen erlernt, 
Welche an exspiratorische Trennung aller Nachbarsilben ge- 
höhnt sind. Der Bomane, Slave, Grieche etc. wird z. B. stets 
Jeneigt sein, in solchen Fällen vor oder in dem Oonsonanten 

SieveTs, Phonetik. 5. Auf. \4: 



210 550—552. Druckgrenze vor, nach und im Consonanten. 

eine Druckgrenze anzubringen, also entweder yiz-^e, ka-mer^ a-k 
abzutheilen oder zu geminiren (s. 666 ff.). 

660. Die (exspiratorische) Silbentrennung durch Druck- 
grenzen ist, im Gegensatz zu der Silbentrennung durch SchaB- 
grenzen, frei, d. h. nicht an bestimmte Lautfolgen gebunden, 
und während die selbständige Schallgrenze stets innerhalb 
des Durchgangslautes geringster Schallfülle liegt, kann eine 
Druckgrenze je nach Belieben vor, nach oder in dem (oder 
einem) Oonsonanten angebracht werden, der zwischen den bei- 
den benachbarten Sonanten steht. 

a. Druckgrenze vor und nach dem Oonsonanten. 

661. Wenn nur 4m Oonsonant oder eine (nach 527) im 
Silbenanlaut mögliche Consonantgruppe (z. B. Muta co» 
Liquida) die Nachbarconsonanten trennt, so wird in vielfli 
Sprachen der Oonsonant exspiratorisch regelmässig zur zwei- 
ten Silbe gezogen, z. B. im Französischen, Spanischen, Ifeft- 
griechischen und den slavischen Sprachen, auch mehr od» 
weniger in manchen deutschen, speciell schweizerischen Mund* 
arten. Im Bühnendeutschen, im Englischen etc. geschieht dies 
dagegen meist nur in zwei Fällen, nämlich beim Uebergangvon 
einer schwächeren auf eine stärkere Silbe [be-ßn-den^ ge-la-deh 
engl, a-lone, a-ppear etc.), oder, bei umgekehrtem Verh'altniss - 
der Stärke nach langem Vocal: ho-te^ ha-be, see-le, lo-se^ engl. 
ha-ting^ lo-sing^ sea-ling etc. Ebenso spricht aber der Schweizer 
auch U'Se^ g^-be u. dgl., der Spanier ca-za^ le-tra^ der Busse 
vo-du^ ü-golj go-rod etc. Den Deutschen und Engländern wird 
die Erlernung dieser Art der Silbentrennung nach kurzem 
Vocal meist sehr schwer, da sie die Neigung haben, in sc 
Fällen entweder gar keine Druckgrenze eintreten zu lassen, wiß 

oben 549 ausgeführt ist, sondern l^s^j g^b^, cäza, gorod etc. (flfl^ 
Verschärfung des Oonsonanten, vgl. 560) zu sprechen, 
aber, bei Consonantgruppen, in der Mitte abzutheilen, 
let-ra u. s. w. 

562. Seltener findet sich bei einfachem Trennung»* 
oonsonanten die Druckgrenze nach demselben. Dochziel«* 
wir z. B. im Deutschen einen einfachen Oonsonanten öfter dl 
allein zur vorausgehenden Silbe, wo wir consonantisch aa** 
gehende Endsilben mit vocalisch anlautenden Folgesilben coifr 
biniren, z. B. war-er^ hat-er u. dgl. Die beiden Sätze haiif^ 
gethan? und hat ders gethanf unterscheiden wir z. B. sorö 



553 — 555. Dmckgrenze vor, nach und im Consonanten. 211 

s hat-ers . . , und hct-ters . . . (daneben haben wir auch noch 

entuell hat^rs . . . für hat er's gethän? mit Nachdruck allein 
i gethän). Doch verschiebt sich auch oft, ja meist, die Silben- 
enze in geläufiger Rede, sobald die strenge begriffliche Schei- 
mg der einzelnen Worte ignorirt wird, und es treten die all- 
meinen Trennungsregeln in Kraft. 

553. Stehen mehrere Consonanten, die nach 527 nicht 
len Silbenanlaut bilden können, zwischen zwei Sonanten, so 
gt die Druckgrenze in der Regel zwischen zwei von den Con- 
lanten, also z. B. in hal-me^ ach-te zwischen dem / und m 
z. ch und t. Dass wir es auch hier nicht mit einer blossen 
hallgrenze zu thun haben, folgt schon daraus, dass das m 
z. der Verschluss des t mit den vorausgehenden Lauten zu 
ler Silbe verbunden werden können, halm^ acht (ohne die 
:plosion des t). Eine Schallgrenze hätte bei continuii'licher 
:spiration erst in dem m und nach dem Verschluss des t 
itreten müssen, da aber in unserem Falle die Silbengrenze 
atlich vor dem m, t liegt, so kann es sich eben nur um eine 
Ukürliche Druckgrenze handeln. 

664. Wie viele Consonanten bei grösseren Gruppen zur 
rausgehenden und wie viele zur folgenden Silbe zu ziehen 
ien, darüber lassen sich bestimmte Regeln nicht aufstellen. 
ie Gewohnheiten der einzeliien Sprachen weichen hier stark 
n einander ab. 

b. Druckgrenze im Consonanten. 

555« Dies ist der Fall bei der sogenannten Gemination. — 
m den Begriff der Gemination richtig feststellen zu können, 
üssen wir zunächst daran erinnern, dass die Mehrzahl der 
rutschen Mundarten die durch Verdoppelung des Zei- 
lens ausgedrückten Laute nicht mehr als Geminaten, 
»ndern als einfache und kurze Fortes ausspricht: 
mme^ alle, Wasser, hoffe , Hacke , Knüppel, gesprochen 

n^j ar, to&s^r u. s. f. (vgl. oben). Ebenso kennen das Englische 
Lsser bei der Oomposition, das Französische ausser bei gelehr- 
tt Wörtern (wie grammaire etc.), sowie die slavischen Sprachen 
L Allgemeinen keine Gemination mehr. Dagegen sind z. B. 
£1 Italienische, auf germanischem Boden das Schwedische, das 
mtsch der baltischen Provinzen, sowie einige Schweizermund- 
ben, von nicht-indogermanischen Sprachen das Magyarische 



•i) 



212 566—669. Druckgrenze im Consonanten (Gemination). 

und sämmtliche finnische Sprachen reich an echten Geminatea 
(man yergleiche zur Orienürung etwa ital. anno^ balla^ 
attOj occhioj ebbe, faccia, legge ^ pozzo, mezzo, beachte 
dass gerade auch im Italienischen die Silbengrenze sichvieM 
bereits zu verschieben beginnt, d. h. dass man anfangt z. R 
a-io statt at-to zu sprechen). 

666. Es ist nun ebenso deutlich, dass das Ohr hier wirk- 
lich zwei getrennte Laute (einen am Schlüsse der ersten, einen l;^ 
am Anfang der zweiten Silbe) zu vernehmen glaubt, als 
eine eigentliche Doppelsetzung (d. h. doppelte Einsetzung) des 
betreffenden Consonanten nicht stattfindet. Das letztere 
am deutlichsten die Verschlusslaute (und Affricatae), bei 
zwischen den beiden Silben eine Oeffnung des VerschlussÄ 
nicht eintritt. Der Name Gemination bezieht sich vielmeb 
nur auf jenen Doppeleindruck, den das Ohr empfängt, und 
dieser wird eben dadurch hervorgerufen, dass in den Conso-; 
nanten hinein eine Druckgrenze gelegt wird. 

667. Am deutlichsten ist dies zu beobachten bei stimm-, 
haften Dauerlauten, namentlich Sonoren. In Lautfolgea 
wie ai'ia, avrua, an-na wird z. B. die erste Hälfte des i, «, « 
mit dem Schlüsse des Exspirationsstosses der ersten Silbe 
decrescendo gebildet, bis das Minimum des Druckes erreicht 
ist, die zweite Hälfte crescendo mit dem Eingang des zweiten 
Exspirationsstosses, bis die Stimme in dem zweiten Sonanten 
wieder bei ihrer vollen Stärke anlangt. Der Oonsonant zerfallt 
dabei deutlich in zwei Hälften, deren erste exspiratorisch zur 
ersten und deren zweite exspiratorisch zur zweiten Silbe gehört 

Solche Gruppen sind also als arda, an-na zu bezeichnen; sie 

sind ebenso deutlich von Gruppen wie aia, ana wie von a-i^i 
a-na geschieden. 

668. Ebenso verhält es sich bei stimmlosen Dauer- 



lauten, also bei Folgen wie as-sa u. dgl., nur ist hier 
Decrescendo-crescendo etwas schwieriger zu beobachten, 
es sich nur an dem Geräusch der Spirans geltend macht. 

659. Bei Verschlusslauten fällt die Druckgrenze in 
Zeit zwischen Verschluss und Explosion. Das Decrescendo- 
crescendo der Geminata lässt sich demnach nur bei den stinBD* 
haften Verschlusslauten direct hören, bei denen der Bläbb» 
die Dauer der Verschlussstellung ausfüllt. Bei den geminirte* 



560. Drackgrenze im Gonsonanten (Gemination). 213 

mmlosen Yerschlusslauten dagegen kann man den Bruch 
der Exspiration nur fühlen oder durch einen empfindlichen 
ruckmesser demonstriren. Doch ist der Klang auch der 
mmlosen geminirten Verschlusslaute bei etwas genauerem 
ufmerken von dem der nicht geminirten zu unterscheiden. 

ei einer Lautfolge wie apa ohne Druckgrenze dominirt der 
erschlussact (genauer gesagt der Gleitlaut zur Verschluss- 
ellung hin) über den Oeffnungsact (den Explosionsknall), weil 
• mit stärkerem Druck gebildet wird. Der Verschlusslaut wirkt 
Lso hier vorzugsweise durch Verschlussact und hat daher für 
as Ohr wesentlich sog. occlusiven Charakter, selbst wenn 

lan die Pause erhebhch dehnt. Bei der Folge a-pa dagegen 
ommt der Verschlussact kaum in Betracht, weil er zeitlich mit 
er Druckgrenze zusammenfällt, also bei minimaler Druckstärke 
or sich geht: das jt? ist deshalb hier wesentlich explosiv, und 
war wird auch hier der Charakter des Verschlusslauts durch 
ine Dehnung der Pause nicht verändert. Man kann das 
lamentlich gut beobachten, wenn man die zweite Silbe stärker 

pricht als die erste. Bei der Geminata in ap-pa endhch fällt 
ler Verschlussact noch in den starken Theil des ersten Ex- 
pirationsstosses und macht sich demnach auch für das Gehör 
lurch die Stärke des Gleitlauts bemerkbar, nicht minder tritt 
iber auch die mit dem neuen Stosse hervorgerufene Explosion 
ciüftig und selbständig auf. Es ist also weder der Explosions- 

aut dem Verschlussgleitlaut untergeordnet, wie bei apa, noch 

ier Verschlussgleitlaut dem Explosionslaut, wie bei a-pa, son- 
iem beide sind coordinirt und werden, zumal bei der etwas 
längeren Dauer der Pause (vgl. oben) als coordinirt empfunden 
Verschlussgeminaten sind also für das Ohr deutUch occlusiv- 
explosiv). 

660. Die Natur des der Geminata vorausgehenden 
Lautes ist im Allgemeinen gleichgültig; nur muss derselbe im 
Kfoment der Verschluss- oder Engenbildung noch mit kräftigem 
Druck gebildet werden, damit, vor Verschlusslauten, der Gleit- 
aut deutlich ins Gehör fällt, bei Dauerlauten aber die Druck- 
stärke nach der Druckgrenze hin noch deutlich vermindert wer- 
len kann. Aus diesem Grunde sind kurze Vocale als Vorläufer 
'^on Geminaten am geeignetsten, Verschlusslaute am ungeeig- 
letsten, weil hier das kurze Explosionsgeräusch selbst noch durch 
inen raschen Uebergang hörbar abgeschnitten werden muss. 



214 ^1 — ^^' Brackgrenze im Consonanten (Gemination). 

561* Sogar für den letztgenannten Fall lassen sich anch aus 
Deutschen Beispiele bei Composition beibringen; man unterscheidet 
wenigstens bei langsamer deutlicher Aussprache gibt Trost von gib Troii] 
ähnlich vgl. Lärm machen und lärme^ Moos-sitz und Masse u. dgl, Xnr 
pflegt man hier nicht an Gemination zu denken, weil man die einzelne 
Wörter begriff'lich von einander zu trennen gewohnt ist. — Dass uns 
Gemination nach Längen oder Diphthongen schwieriger zu bilden scheint 
als nach Kürzen, liegt daran, dass wir diese Laute und Lautfolgen mit 
abnehmendem Druck (s. oben 644) zu sprechen gewöhnt sind; dass sie 
aber auch uns nicht unmöglich ist, zeigen Fälle wie noth Ihm u. 



In geläuflgerer Rede lassen wir indess auch bei der Composition fast iibe^ 
all die Gemination fallen, sprechen also giptröst, larmaxn, mosiU^r^n 



u. s. w. 



562. Ueber die Zusammenhänge zwischen Silbentrennung und ex- 
spiratorischem Silbenaccent s. Cap. 29. 

563. Analog der Gemination sind endlich noch die Ver- ^ 
Bindungen eines stimmhaften Lauts mit dem entsprechenden 
stimmlosen. Bei diesen setzt die Stimme in der Silbengrenze 
ein bez. aus, die übrigen Articulationen werden gemeinschaft- 
lich ausgeführt. So spricht man wohl in Norddeutschland M 
dich , lass sie mit stimmhaftem d und z oder mit umgekehrtfl 
Lautfolge in England had to do, hos seen. Sehr gewöhnlicli ^ 
aber treten in diesen Fällen Assimilationen ein, sodass voD 
kommen stimmlose oder stimmhafte Geminaten entstehen. Die 
Ausdehnung der Assimilationen unterUegt in den einzelnen 
Sprachen wieder besonderen Gesetzen. 

564. Nur selten habe ich gefunden, dass bei der Composition zweier 
gleicher Verschlusslaute wirklich doppelte Explosion angewandt wiri 
{ntmmt-Theilj hat-dich), und ich glaube diese Aussprache auf den Einflo* 
des Schulunterrichts zurückführen zu sollen. Abgesehn von individuellea 
G-ewohnheiten, scheint sie z. B. in Ostpreussen allgemeiner übhch zu sein. 
Für das Sanskrit und Griechische galt sicher die G-emination mit nur ein* 
Explosion; denn Aspiraten können nicht verdoppelt werden (im Skrgä^ 
nur kkh^ tthy pph, im Griech. nur x/, t^, tt^j), eben weü der Hauch in der 
Verschlusspause zu Grunde gehn muss. Für das Indogermanische aberi«^ 
(wie Heinzel, Gesch. der niederfränk. Geschäfbssprache S. 128 bemerkte) 
wirklich doppelte Explosion anzusetzen, da an Stelle von tt etc. in einige* 
Sprachen sty ss tritt. 

565. Mit der Quantität der überleitenden ConsonaBt« 
hat die Gemination wenig zu schafiEen. Auch in Gruppen ^l 



aso und a-so kann z. B. das 8 beliebig gedornt werden, 
dass man die Druckgrenze verrückt oder überhaupt eine Dra»' 
grenze einführt. Nur versteht sich von sdbst, dass die MiBi>^| 
dauer der Geminata länger sein muss, als die MinimaldÄifi^ 



6. 567. Drackgrenze im Oons. (G«m.). 568. Acoent und Quantität. 215 

IS einfachen Lauts, weil die Geminata doch in zwei auch für 
ts Gehör trennbare Theile zerfallen muss. 

566* Wenn man also auch zugeben darf, dass die Gemi- 
xten an sich zugleich auch schon bis zu einem gewissen Grade 
mg^ sind, so kann doch nicht streng genug vor dem viel ver- 
eiteten Irrthum gewarnt werden, als ob die Geminaten nun 
ich bloss 'lange Oonsonanten' oder alle 'langen Oonso- 
inten' gleich Geminaten wären. Zur Gemination gehört eben 
s wesentlichstes Moment die Discontinuität der Druckstärke 
nerhalb des Consonanten: lange Consonanten können aber 
ich ebenso gut bei continuirlicher Druckstärke gebildet und 
^liebig lange ausgehalten werden. 

567* Wie wenig Consonantenquantität und Silbentrennung bez. Ge- 

ination mit einander zu thun haben, lässt sich aus den thatsächlichen 

erliältnissen mancher Sprachen leicht zeigen. Ein Livländer, der neben 

eutsch auch Esthnisch spricht, unterscheidet principiell(d. h. je nach 

3r Sprache, die er redet und je nach der Bedeutung) folgende fünf verschie- 

__ I j 
ene Aussprachsformen der Lautfolge ^, m, a: e-ifia, e-ma^ eifia^ ema^ 

I 
n-ma: er hat also zwei Bindeformen für kurzes m (e-iiia und eüia), zwei 

jr einfaches langes m [e-ma und ema) und die Gemination [em-ma). 



III. Accent und Quantität. 

Cap. 28. Allgemeines. 

568. Damit eine Reihe von Lauten als Silbe, eine Eeihe 
on Silben als Wort (oder Sprechtakt, s. 620 ff.), eine Reihe 
'on Wörtern (oder Sprechtakten) als Satz empfunden werde, 
st es nothwendig, dass die Glieder der einzelnen Reihe einer- 
leits durch ein gemeinsames rhythmisch-melodisches Band zu- 
lammengehalten werden, andererseits in einem bestimmten 
Jeher- und Unterordnungsverhältniss zu einander stehen, 
diesen Bedingungen wird genügt durch die planmässige Ab- 
tufung der einzelnen Glieder nach Stärke und Dauer einer- 
md nach der Tonhöhe andererseits. Nach dem Verhältniss 
on Stärke und Dauer bestimmt sich im Wesentlichen das 
hythmische, nach der Tonhöhe das melodische Element der 
Bindung. 



216 569.570. Accent und Quantität. 



rf 
!•<: 



&69* So ordnen sich z. B. die einzelnen Gonsonanten der mehrlaotifeB 
Silbe ihrem Sonanten unter (625); die einzelnen Silben des mehnilbiga 
Wortes oder Sprechtakts sind nach Tonhöhe, Stärke und Dauer abgesfoft, 
und jeder einzelne Satz hat seinen eigenen Rhythmus und seine eigene 
Melodie. Der Unterschied einer blossen Laut-, Silben- und Wortreihem »^ 
einer wirklichen Silbe, einem Worte oder einem Satze wird demjeniga 
sofort klar werden, der etwa Gelegenheit hat, eine Sprechmaschine zabe* 
obachten, die bis jetzt wenigstens nur wesentlich unabgestufbe LautreilieD 
zu liefern vermag. Da diese Maschinen an Stelle der Stimmritze nur eine 
Zungenpfeife von wesentlich unveränderlicher Stimmung besitzen, so haben 
alle 'stimmhaften' Laute solcher Maschinen gleiche Tonhöhe, und afie 
Laute sind, da die Maschine, wie z. B. die Orgel, mit einem Blasebalg 
arbeitet, der wesentlich unter gleichbleibendem Druck steht, gleich starL 
Auch die natürlichen Abstufungen der Dauer in der menscUichen Bede 
lassen sich auf der Maschine nur sehr unvollkommen nachbilden. 

670. Die verschiedenen Abstufungen der Dauer hat die 
Lehre von der Quantität der Satzglieder zu behandeln, deren 
wichtigste Sätze unten 684 ff. vorgetragen werden sollen. Die 
Abstufung nach Stärke und Tonhöhe pflegt man unter 
dem Namen Accent oder Accentuirung zusammenzufassen, 
und diese Namen mögen auch hier verwendet werden, obwohl 
sie zu verschiedenen Zeiten in sehr verschiedenem Sinne ge- 
braucht worden sind. Das lat. accentus als XJebersetzung des 
griech. 7rpoou>Gia bedeutete zunächst *^das zum Sprechen Hmzu- 
gesungene', also (mindestens vorwiegend) die Melodie des G^ 
sprochenen (das griech. irpoacDSia selbst ist allmählich ganz in 
die Bedeutung von ^Quantitätslehre' übergegangen, also aus 
der Accentlehre ganz ausgeschieden). Die antike Accentlehre 
fasste demnach (wie auch die Accentlehre der indischen Gram- 
matiker) wesentlich nur die beim Sprechen gebrauchten Ton- 
höhen bez. Tonintervalle ins Auge und schuf danach die 
Namen der einzelnen 'Accente' (z. B. gr. ö;sta, lat. acutus für 
eine Silbe mit musikalisch hohem, gr. ßapsTa, lat. gravis für eine 
Silbe mit musikahsch tieferem, gr. irspiaTrcDfiivTj, lat. circmr 
ßexus für eine Silbe mit einer Bindung zweier verschiedener 
Töne oder Tonhöhen u. s.w.). Bei modernen Sprachen, wie dem 
Deutschen aber wird das "Wort *" Accent' gemeinhin zunächst 
auf die Abstufungen des Nachdrucks bezogen, mit denen 
die einzelnen SatzgUeder, besonders Silben, gesprochen werden. 
In demselben Sinne reden wir gemeinhin von Betonung. 
Tonsilben, unbetonten Silben u. dgl. oder verstehen unter 
Hoch ton und Tief ton (mit Lachmann) die stärkste bez. 
mittelstarke Silbe einer Silbenfolge u. s. f. Unsere gesammte 
landläufige Terminologie ist also eine bildliche, indem Namen, 



Ö71— 574. Accent und Quantität. 217 

3 von Tonhöhen unterschieden hergeleitet sind, zurBezeich- 
mg von Stärke unterschieden verwendet werden. 

571« Beide Grebrauchsweisen des Wortes 'Accent' sind 
aseitig. Die antike Nomenclatur und Theorie ignorirt die 
bäxkeabstufungen, die landläufige moderne dagegen die Ab- 
;ufungen der Tonhöhen. Beide Arten von Abstufung 
eben aber in allen Sprachen neben einander her: es 
ibt weder Sprachen ohne Stärkeunterschiede noch Sprachen 
hne Tonhöhenunterschiede ; nur sind die einen in dieser, die 
ndem in jener Sprache schärfer ausgeprägt und haben dess- 
alb auch in der grammatischen Theorie zuerst Beachtung ge- 
anden. Erst die neuere Phonetik hat hier, zumal durch die 
arbeiten der englischen und skandinavischen Forscher, Licht 
ind Ordnung gebracht. 

572. Sofern wir nun unter der Lehre vom Accent die 
liehre von der Abstufung der einzelnen Satzglieder nach 
Stärke und Tonhöhe verstehen, zerlegt sich dieselbe zunächst 
n die beiden grossen Gebiete der Lehre vom exspiratori- 
ächen oder dynamischen Accent, der es mit den Stärke- 
ibstufungen zu thun hat, und der Lehre vom musikalischen 
Dder tonischen Accent, der die wechselnden Tonhöhenver- 
hältnisse zufallen. 

673. Innerhalb dieser Gebiete ist sodann weiter danach zu 
scheiden, in welchem sprachlichen Gebilde diebetreffende 
Accenterscheinung auftritt, ob sie sich in der einzelnen Silbe 
abspielt oder in der durch den Sinn zusammengehaltenen 
Silbenreihe, d. h. dem Worte (bez. dem Sprechtakt) oder 
dem ganzen Satze. Wir haben danach die Lehre vom Silben- 
accent zu scheiden von der Lehre vom Wort- und Satz- 
accent. Dabei ist von vornherein zu beachten, dass Wort- 
und Satzbildung vom phonetischen Standpunkt aus kaum, wenn 
überhaupt, zu trennen sind. 

674. Ohne genaue Beachtung dieser Unterschiede ist ein 
srirkliches Verständniss des 'Accents' unmöglich, gerade mit 
Rücksicht auf die irreleitende landläufige Terminologie. Na- 
nentlich ist auch darauf zu dringen, dass die verschiedenen 
dirten der Accentuirung auch graphisch genauer unter- 
jchieden werden als das in den überlieferten Accentuations- 
jystemen z. B. des Sanskrit und des Griechischen nebst den 
tn das letztere sich anschliessenden Systemen der modernen 
Sprachen der Fall ist. 



218 ö7o. Accent und Quantität. 576. 577. Der Silbenaoceni 

575. Das Sanskrit bezeichnet z. B. mit seinem udätta im Allgemeiiien 
den Wortaccent, d. h. es hebt die höchstbetonte Silbe des Wortes vor den 
übrigen hervor, ohne sich um die Art der Hervorhebung (die Art des 
Silbenaccents) zu kümmern (ich sehe natürlich hier, wo ich von der Be- 
zeichnung spreche, gänzlich von den Theorien der Grammatiker ab), vd 
doch versucht es auch den Satzaccent auszudrücken, indem es dem 
Verbum finitum des einfachen erzählenden Satzes den udätta raubt, ohne 
dass es glaublich erscheint, dass nun das Wort überhaupt keine 'Tonsilbe' 
mehr gehabt habe. Im Griechischen finden wir Ansätze zur Unterscheidung 
der Arten des Silbenaccents in dem Gebrauch des Acut und de» 
Circiimflex; dieselben Zeichen aber dienen zugleich dazu, im einzelnea 
Falle den Wortaccent anzuzeigen, und der Gravis ist eine ConcessioB 
an die Forderungen des Satzaccents! Dass bei einer verbesserten 
Bezeichnung die Zeichen der drei verschiedenen Accente in der Begel auf 
denselben Laut zu stehen kommen würden, darf dabei nicht irren, denn e« 
liegt in der Natur der Sache selbst, dass der Laut, der an und für sich un 
meisten in seiner Silbe hervortritt, auch in der Tonsilbe des mehrsilbig® 
Wortes, namentlich wenn dieses auch noch den Satzaccent trägt, ganz be- 
sonders hervortreten muss. 



1. Silbenaccent. 

Cap. 29. Der exspiratorische oder dynamische SilbenaeeeBi 

576. Wie 537 festgestellt wurde, bleibt die Druckstärke 
innerhalb der Silbe in der Regel nicht gleich, sondern unter- 
liegt einer gewissen Abstufung. Die verschiedenen Formen 
dieser Abstufung innerhalb der Einzelsilbe fassen wir unter dem 
Namen des exspiratorischen oder dynamischen Silben- 
accents zusammen. Hierbei ist namentlich zweierlei zu unte^ 
scheiden. 



1. Die Exspirationsbewegung der Silbe an sich. 

(Silbengipfel. Ein- und zweigipflige Silben. Stosston.) 

577. Die Druckstärke der einzelnen Drucksilbe ist, vie 
ebenfalls bereits 637 gezeigt wurde, im "Wesentlichen contmuir- 
Uch abgestuft. Den Moment grösster Stärke nennen wir den 
Druck- oder Silbengipfel. Er kann entweder schon zu An- 
fang der Silbe stehn (dann steigt die Druckstärke nach dem 
Ende zu ab), oder zum Schlüsse (dann steigt die Druckstärke 
auf), oder in der Mitte (aufsteigend-absteigende Druckstärke). 



578—579. Eingipflige Süben. 580. Zweigipflige Süben. 219 

a. Eingipflige Silben. 

578. Enthält eine Silbe bei ganz continuirlicher Abstufung 
[er Druckstärke nur einen solchen Gipfel, so bezeichnen wir 

ie als eingipflig; z. B. continuirlich absteigend, wie in a/, 

»der continuirlich aufsteigend, wie in /a, oder continuirlich auf- 

Lnd absteigend wie in Iah 

579. Eingipflig in diesem Sinne sind z. B. Silben, wie man 
ie im Bühnendeutschen und in vielen deutschen Mundarten in 
•eliebigen Wörtern wie Knappe, hatte, Wasser, halte, Knabt, 
^ote, losen, holte etc. etc. allgemein zu sprechen pflegt. In 
anen hat der Stromdruck schon zu Anfang des (sonantischen) 
^ocals seine grösste Stärke ; dieser Stärkegrad kann dann ent- 
weder durch den Vocal hin festgehalten werden, oder er wird 
leichmässig, wenn auch zimi Theil nur sehr wenig, verringert, 
n dem Vocal selbst ist in Folge dessen keine Spur von Dis- 
ontinuität zu entdecken (auch nicht in Bezug auf den musika- 
[schen Ton, der entweder eben oder einfach steigend oder ein- 
ach fallend ist, s. unten 601). Folgen innerhalb desselben 
)ruckstosses dem Sonanten noch Consonanten, so nehmen diese 
n dem allgemeinen Absteigen der Druckstärke theil. 

b. Zweigipflige Silben. 

580. Neben den eingipfligen Silben findet sich in vielen 
Iprachen noch eine andere Art von Silben, die man als zwei- 
ipflig bezeichnen Jkann. Gilt auch für alle Silben im All- 
emeinen das Gesetz von der Oontinuirlichkeit der Druckab- 
bufung, so finden sich doch namentlich bei einer im Allgemeinen 
bsteigenden Druckstärke häufig geringe Verstärkungen hinter 
em eigentlichen Silbengipfel, die für unser Gefühl zu schwach 
ind, als dass sie als Einsätze zu neuen, selbständigen Druck- 
ilben betrachtet werden können (dies ist namentlich da der 
'all, wo die Verstärkung noch in den Sonanten fällt). Man 
aain diese Verstärkungen wohl als Nebengipfel bezeichnen, 
n Gegensatz zu dem eigentlichen oder Hauptgipfel der Silbe, 
.. h. dem Moment stärksten Drucks innerhalb der ganzen Silbe. 
Vir deuten diese Art der Silbenbildung (den zweigipfligen 
5ilbenaccent) durch " über demjenigen Laut oder denjenigen 
jauten an, in welche die beiden Gipfel entfallen (vgl. 583), 
:. B. Gj du etc. 



:i' 



220 581—584. Zweigipflige Silben. 

581« Die Erkenntniss der Bildung eines exspiratorischen Doppd- 2- 
gipfeis wird oft dadurch erschwert, dass mit dieser sehr oft ein maim^* 
fach yarürter Wechsel der Tonhöhe verbunden ist (vgL 602 f.], der stärker 
ins Ohr fallt als der Wechsel der Druckstärke und dadurch die Anfinerk* 
samkeit des Beobachters von der Abstufung des Stromdrucks ablenkt. 
Daher empfiehlt sich hier wieder sehr die Flüsterprobe (&42 etc.). 

582. Zweigipflige Exspiration ist namentlich in doi 
Sprachen und Mundarten verbreitet, die wir als ^singend' zu 
bezeichnen pflegen. Sie tritt wiederum besonders deutlich in 
den langsamer und nachdrückUcher gesprochenen einsflbigen 
Wörtern am Satzschluss auf, während sie z. B. im Bühnen- 
deutschen wie im EngHschen im Innern des Satzes mehr zn 
verschwinden pflegt. 

683. Die beiden Gipfel fallen entweder in den Sonanten 
der Silbe, oder der zweite kommt einem folgenden Consonan- 
ten zu gute. Lange Vocale nehmen oft beide Gipfel der Silbe 
in sich auf: so hört man oft im Deutschen gedehntes dS^jS^ ^ 
u. dgl. aussprechen (meist zerfällt dabei der Vocal in einen 
Diphthongen mit geringer Distanz der Componenten (vgl. 417). 
Indessen kann auch bei langen Vocalen der zweite Gipfel zn J^ 
einem folgenden Consonanten fortrücken, namentUch wenn 
dieser ein stimmhafter, besonders ein sonorer Laut ist. So 
sprechen wir bei nachdrücklicher Betonung oft (isolirt) kam^ 
nam neben kam, num u. s.w. Nach kurzem Vocal fällt der 
zweite Gipfel wohl stets dem folgenden Consonanten zu, ]d 
Diphthongen also dem zweiten Componenten; vgl. z. B. nach- 
drückliches /iSe Heu (in Pausa) mit h^e-^r heuer u. dgl. Aehn- 
lich bei folgender Liquida oder Nasal, vgl. z. B. thüringisches 

man, kam, hults Mann, Kamm, Holz mit men^r^ kem^^ Jhelt^m 
Männer, Kämme, hölzern. Selbst bei Verbindungen von Vocal + 
stimmloser Spirans + Consonant findet sich die Bildung des 
Doppelgipfels z. B. in der thüringischen Aussprache pausaler 
lacht, fasst im Vergleich etwa zu unemphatischem lachte, fasste. 

684-. Im Einzelnen ist es oft schwer zu sagen, ob man eine 
einsilbige Lautgruppe mit Doppelgipfel oder eine zweisilbige 
Gruppe mit zwei selbständigen Gipfeln vor sich hat; es hängt 
dabei viel davon ab, in wie weit der zweite Gipfel als dem 
ersten absolut untergeordnet empfunden wird. Ausserdem 
kommt in Betracht, dass der Begriff der Silbe bei uns wesent- 
lich conventionell fixirt und in der Praxis sehr dehnbar ist 
Gewiss ist, dass aus einsilbigen Gruppen mit Doppelgipfel 
oft deutlich zweisilbige Verbindungen hervorgehen, z. B. in 



I 



085—687. Der Stosston. 221 

iüchen thüringischen Mundarten Bildungen wie/w-*«, gü-H 
s f^8^ gut oder schwäbisch fvr^s^ gtirH aus ursprünglich 
phthongischem fues , guet 

Anhangsweise ist endlich hier noch eine Art der Silben- 
Idung zu besprechen, die man gewöhnlich unter den *Accen- 
m aufzuzählen pflegt. Es ist dies der sogen. 'Stosston*. 

c. Der 'Stosston'. 

585. Derselbe findet sich z. B. im Lettischen und Däm- 
chen in weiter Verbreitung (zuerst wurde er in der letzteren 
Iprache von Höysgaard beobachtet). Es ist schwer, durch 
losse Beschreibung eine deutliche Vorstellung von demselben 
u geben. Die Hauptsache ist dabei, dass inmitten der Silbe 
in ganz momentaner, fester Verschluss der Stimm- 
itze gebildet wird (vgl. 608). Die Silbe zerfällt dadurch in 
wei Theile, die sich den beiden Gipfeln des gewöhnlichen 
weigipfligen Accents vergleichen lassen, nur dass hier durch 
len Glottisschluss getrennt ist, was dort durch continuirliche 
Jebergänge verbunden war. Wir bezeichnen den Stosston mit 
, dem Zeichen des Glottisschlusses, nach dem Sonanten, also 



t, C U.S.W. 



686. Der Stosston kann sowohl lange wie kurze Vocale 
reffen. Ist der Vocal nach dem Ende zu isolirt, so äussert sich 
m Dänischen wenigstens der zweite Exspirationshub in einem 
lem Vocal nachstürzenden stimmlosen oder doch nur unvoll- 
:ommen stimmhaften Hauch von grösserer oder geringerer 
Stärke, vgl. z. B. dän. pa^ fce^ ix u. dgl. Nach langem 
/'ocal wird ein folgender Consonant mit dem Exspirationsstoss 
[es zweiten Gipfels hervorgebracht. Folgt aber auf einen 
:urzen Vocal ein stimmhafter Dauerlaut, so fällt der ^Stoss' 
i.h. der Glottisschluss) in diesen, nicht in den Vocal, vgl. etwa 
iie dän. aW, vild\ die genauere Beschreibung s. 608. 

587. Streng genommen haben wir es übrigens hier stets mit einer 
Verbindung einer * Vollsilbe' mit einer * Nebensilbe' in dem 684 festge- 
teilten Sinne zu thun, da der Glottisschluss die Schallbildung völlig 
emmt, also eine Schallgrenze bedingt. Indess ist doch der Gresammtein- 
ruck ein sehr einheitlicher, daher man denn wohl 'Silben' mit Stosston 
Is Analoga der zweigipfligen Silben betrachten darf, nur dass bei ihnen 
er Nebengipfel in erster Linie ein Schallgipfel, nicht ein Exspirations- 
ipfel ist : in erster Linie, weil es mindestens zweifelhaft ist, ob nicht der 
iuftstauung, die der plötzliche Kehlkopfschluss zur Folge hat, durch einen 
esonderen kleinen Nebenexspirationsstoss ein Ende bereitet wird. — Man 



222 588. Der Stosston. 589— 591. Drackabstufimg cL Silbenscfalusses. 

hüte sich übrigens den Stosston zu verwecliBeln mit dem festen ü eber- 
gang von Vocalen zu Yerschlusslauten mit Glottisschloss, wie arm. k, 

t,jl^. Li arm. ak, ap etc. wird zwar der Sonant gleichzeitig mit dem Ver- 
schluss auch noch durch den Glottisschluss abgeschnitten, aber die Ex- 
plosion der Glottis fällt nicht mehr derselben Silbe zu. Man kann auch ak, 
ap etc. mit wirklichem Stosston sprechen, dann muss aber eben der Glottis- 
schluss vor den Mundverschluss fallen. 

588« Es versteht sich von selbst, dass der sog. Stosston nur ruck- 
sichtlich der durch dem Glottisschluss bedingten Spaltung der Silbe in 
zwei Theile als besondere Form des 'Silbenaccents' aufzufassen ist. Be- 
züglich des Glottisschlusses selbst fällt er unter die Lehre von den Laut- 
absätzen bez. -Übergängen und ist als solcher an betreffender Stelle bereits 
behandelt. Auch für den, welcher den Glottisschluss als besondem Con- 
sonanten betrachtet, bleibt immerhin jene Spaltung als Charaktensticun 
der Silbe bestehen. 



2. Die Druckabstufung des Silbenschlusses. 

689. Für den Gesammthabitus einer Silbe ist die Druck 
abstufung des Silbenschlusses von grosser Bedeutung, 
d. h. die Art wie oder unter welchen Druckverhältnissen die 
Silbe vom Silbengipfel ab ihr Ende erreicht, oder, wie man sich 
auch ausdrückt, ^abgeschnitten' wird. 

590. In dem nhd. kurzen energisch (gebieterisch) gespro- 
chenen rfa/ bricht der Vocal, der eben noch in voller Stärke 
ertönte, plötzlich ab, in dem langen da verklingt er mehr all- 
mählich. Bei da! haben wir also ein so jähes Decrescendo 
vom Silbengipfel ab, dass eine Abnahme der Stärke innerhalb 
des Sonanten kaum oder gar nicht wahrnehmbar ist: grösste 
Stärke und Null liegen hart und scheinbar unvermittelt neben 
einander; bei da hört man dagegen das stufenweise Decres- 
cendo innerhalb des Sonanten gut und deutlich, und zwar um 
so besser, je mehr man den Sonanten dehnt. 

691. Denselben Unterschied kann man auch in geschlosse- 
nen Silben beobachten, in denen dem Sonanten sich noch ein 
oder mehrere Consonanten anschhessen; man vgl. z. B. nhd. 
Parallelen wie voll: wdlj kämm: kämjfäss: läSj hat: rät, soüt\ 
holt u. dgl. (die kurzvocaligen Wörter sind kurz und energisch, 
eingipflig, gesprochen zu denken). Hier wird der Sonant bei 
den kurzvocaligen Wörtern (voll., kämm, fass, hat, solltet] 
durch den folgenden Consonanten in einem Moment abgelost, 
wo er noch voll und kräftig ertönt (unmittelbar hinter dem 
Silbengipfel), der jähe Absturz der Exspiration fällt in den 



592—594. Die Druckabstufung des Silbenschlusses. 223 

\Aet die silbenschliessenden Consonanten, die daher kräftig 
»eginnen, aber mehr oder weniger abrupt endigen; bei den 
angvocaligen {wöl, käm^ las, rät, holt etc.) erfolgt dieUmstel- 
ung der Organe für den Consonanten, nachdem der Sonant 
3ereit8 deutlich geschwächt ist (also eine merkbare Zeit nach- 
iem der Silbengipfel passirt ist); der Consonant setzt daher 
iuch mit nur massiger Stärke ein, kann aber bei dem lang- 
samem Decrescendo der Silbe deutlich und bequem ausklingen 
(vgl. hamm\ kam u. dgl.). 

592. Wir wollen die erstere Art des Silbenschlusses (mit 
Benutzung eines von Kudelka eingeführten Ausdrucks) als 
den stark geschnittenen, die zweite Art als den schwach 
feschnittenen Silbenaccent bezeichnen, und den ersteren 
lurch ', den zweiten durch ' über dem Sonanten andeuten : 
ilso dä\ da, föl: wol, sölt: holt u. dgl. 

593. Der stark geschnittene Accent hat im Bühnen- 
eutschen seine Stelle in den meisten betonten Silben mit 
urzemVocal; bei langen Vocalen ist er im Deutschen seltener, 
eil es nicht übUch ist, den Vocal in voller Stärke längere Zeit 
uszuhalten; doch findet er sich öfter z. B. auch bei langen 
""ocalen vor folgender (Schrift-)geminata, also etwa bei deut- 
cher Aussprache in Oombinationen wie noth thun (nöt^tmi 
der nö-tun) im Gegensatz zu so thun mit nachdrücklichem so 
t^-tun) ; in rascherer Eede spricht man auch hier indess ge- 
''öhnlicher nö-tün, ganz wie so-tun, 

594. Der schwach geschnittene Accent ist den 
leisten unserer langen betonten Vocale und den Vocalen un- 
etonter Silben eigen: wir sprechen also da, kam, wol, rät wie 
a-fi*, sla-f^, hol-t^ und bh-fm-d% ß-läext (vielleicht), lä-tden 
Latein) u. dgl. ; vgl. auch Parallelen wie ganz neu (mit beton- 
em neu) und ganz neu (mit betontem ganz). Bei kurzen stark- 
anigen Vocalen pflegt er uns Schwierigkeiten zu machen, doch 
3t er mundartlich auch bei diesen verbreitet, vgl. z. B. Schweiz. 
e-s^, ffe-b^ u. dgl., oder sonst gelegentlich dialektisches hälm, 
läl'tn u. dgl. gegenüber bühnendeutschem hälm, hdl-tn u.a. 
MLan erreicht ihn in diesem Falle am leichtesten, wenn man 
iberhaupt die Druckstärke des Vocals von vornherein gering 
limmt, oder indem man den Vocal ein klein wenig dehnt, damit 
rieh in seinem Verlauf die Druckstärke auf das nöthige Mass 
verringern kann. 



224 öd5 — 598. Die Dmckabstufang des Silbenschlosses. 

595. üeberhaupt muss man sich hüten, die YerÜheflun; 
dieser beiden Aeeentarten, welche das Bühnendentsche auf- 
weist, für allgemein verbreitet zu halten. Fehlt ein deutlidi 
stark geschnittener Accent schon einer Reihe von Mundarten, 
so scheint er gar ausserhalb des Deutschen nur verhältmss- 
mässig selten aufzutreten, und zwar da eben auch nur in 
Sprachen, welche wie das Bühnendeutsche sich durch grosse 
Stärke des betonten Sonanten auszeichnen, also sog. staA ex- 
spiratorischen Accent haben. Danach darf man vielleicht an- 
nehmen, dass der stark geschnittene Accent des Bühnendeut- 
sehen und anderer moderner (germanischer) Idiome erst auf 
secundärer Entwicklung beruht. Auch begreift sich leicht, dass 
da es sich hier um graduelle Unterschiede handelt, neben den 
extremen Formen der beiden Accentarten, wie sie das Deutsche 
zum Theil aufweist, auch weniger ausgeprägte Uebergangs- 
formen auftreten können. 

596. Folgt einem stark geschnittenen Sonanten ein doj- 
selben Drucksilbe (demselben Druckstoss) angehörender Con- 
sonant, so participirt dieser mindestens in seinem Eingang no(4 
an der Stärke des geschnittenen Sonanten, erhält also mehr 
oder weniger fortisartigen Charakter, wie schon oben 182 an- 
gedeutet wurde. Dies zeigt sich sowohl im Auslaut der Druck- 
silbe (vgl. z. B. die Stärkeverhältnisse der silbenschUessenden 
Consonanten in Fällen wie soll: wol, sollte: holte [gesf.söl: 
wol, sölt': hol-t^ als beim Schluss blosser SchaUsüben mit 
durchlaufender Exspiration (vgl. z. B. solle: hole^ amme: ahme^ 

ebbe: lebe, egge: lege, gespr. söP: hö-P, am*: ä-m*, eb*: ie-J*? 

eg^: le-g* u.dgl.). 

597« Nur einen speciellen Fall dieser allgemeinen Regel stellt da« 
von Winteler (Kerenzer Mundart 142 ff.) zunächst für seine Mundart be- 
obachtete sog. Winteler'sche Silbenaccentgesetz dar, wonad 
jeder Dauerlaut (Liquida, Nasal, Spirans) in allen einigermassen nad»* 
drücklichen Silben nach kurzem Vocal in der Eegel als Fortis erschdut, 
sobald noch ein demselben Worte angehöriger Consonant darauf folgt 
Dass die letztere Beschränkung von Haus aus nicht wesentlich war, son- 
dern dass es allein auf die Stellung im Nachlaut des stark geschnittenen 
Sonanten ankam, zeigt Heusler, Alem. Consonantismus 12 ff. 

598. Die Unterscheidung des stark und schwach geschnit- 
tenen Silbenaccents berührt sich vielfach mit den verschiedenen 
Arten der Silbentrennung, ist aber nicht von ihr ohne Weiteres 
abhängig, wie schon die oben 594 angeführten Beispiele lehren 
(vgl. namenthch Fälle wie bühnendeutsch hälm mit dialektischem 



^ 



ir 



\ 



599—601. Der musikalische oder tonische Silbenaccent. 225 

dlm u. dgl.). Schallsilbengruppen mit durchlaufender Exspira- 

ion (also ohne Druckgrenze, wie nhd. KdP, dl% käm'r) setzen 
Qerdings wohl überall starke Schneidung des Sonanten der 
rsten Silbe voraus, sie finden sich aber auch nur in Sprachen, 
eiche auch sonst den stark geschnittenen Accent besitzen und 
berhaupt stark erspiratorischen Accent haben. Sprachen, 
eiche alle Silben durch Druckgrenzen von einander scheiden, 
aben vor der Druckgrenze wohl meist den schwach geschnitte- 
en Accent, auch bei kurzen Sonanten, wie in Schweiz, /e-**, 
ß-6', russ. f>o-du etc. 

Cap. 30. Der mnsikalische oder tonische Silbenaccent. 

599. 'Beim Singen verweilt die Stimme ohne Wechsel der 
?onhöhe auf jeder Note und springt dann so rasch wie möglich 
u der folgenden Note über, sodass der verbindende "Gleitton" 
icht wahrgenommen wird, wenn auch keine wirkliche Unter- 
irechung des Tones stattfindet. Beim Sprechen dagegen ver- 
teilt die Stimme nur gelegentlich auf einer Note; sie bewegt 
ich vielmehr fortwährend auf und ab, von einer Note zur an- 
lem, sodass die verschiedenen Noten, die wir zur Bezeichnung 
ler Tonhöhe einer Silbe ansetzen, einfach Punkte sind, zwischen 
lenen die Stimme beständig gleitet* (Sweet, Handb. S. 93 f., 
^gl. auch Storm, Om Tonef. 4 [278]; Engl. Phü. 12, 205 ff.). 

600. Insofern sich nun diese Tonbewegung innerhalb der 
ünzelnen Silbe abspielt, wird sie als musikalischer oder 
chromatischer (Vemer) oder kürzer als tonischer Silben- 
iccent bezeichnet. Für den tonischen Silbenaccent kommen 
Jso alle Unterschiede der absoluten Tonhöhe der einzelnen 
Jilben im Worte oder Satze nicht in Betracht; diese und ähn- 
iche Fragen sind vielmehr erst in der Lehre vom tonischen 
i^ort- oder Satzaccent (Cap. 33) zu besprechen. Unter toni- 
chem Silbenaccent verstehen wir vielmehr einzig und allein die 
Lrt, wie während der Bildung einer Silbe die Tonhöhe 
ler Stimme behandelt wird. 

601. Wie leicht ersichtlich, gibt es drei einfache Haupt- 
ormen dieses Accents: den ebenen-, den steigenden / 
nd den fallenden \. Ausserdem können Combinationen dieser 
rrundformen eintreten, von denen der fallend-steigende v 
Compound rise Sweet) und der steigend-fallende a [com- 
ound fall Sweet) die häufigsten sind. Doppelt steigender 

Siey er 8, Phonetik. 5. Aufl. 15 



226 602. 603. Der musikalisohe oder toniBche Silbenaccent 

oder doppelt fallender Ton, bei dem die Silbe zwei steigende 
oder zwei fallende Töne enthält, lässt sich zwar bilden, ist mir 
aber nicht aus der Erfahrung bekannt. Ln Allgemeinen scheint 
es eben üblich zu sein, bei der Vereinigung zweier Töhe in einer 
Silbe dieselben in entgegengesetzter Richtung sich yerändem ^ 
zu lassen, damit der Grenzpunkt beider deutlicher hervortrete. 

602. Am feinsten sind die tonischen Silbenaccente in 
Sprachen wie dem Chinesischen ausgebildet, in denen die 
Bedeutung derselben Silbe je nach dem tonischen Accent, mit 
dem sie ausgesprochen wird, eine sehr verschiedene sein kann. 
Aber auch in uns näher liegenden Sprachen finden sich zum . 
Theil gut ausgebildete Systeme des tonischen Silbenaccents vor. 
Als Beispiele nenne ich das Serbische und Litauische {rgl 
Masing, die Hauptformen des serbisch-chorwatischen Accents. 
Petersburg 1876) und das Schwedische (vgL z. B. die in der 
Bibliographie citirten Arbeiten von Noreen, Kock etcj. Zwei- 
tönige Silbenaccente finden sich überhaupt in den als ^singend 
bezeichneten Mundarten, gewöhnlich Hand in Hand gehend 
mit zweigipfliger Exspiration (582). In andern Sprachen aber, 
wie der deutschen und englischen höheren Verkehrssprache, 
dienen die verschiedenen tonischen Silbenaccente hauptsächlidi 
mit zur Charakterisirung der verschiedenen Satzarten (vgl 
darüber Cap. 33). Daher lassen sie sich in solchen SpracheB 
am besten bei isolirten Monosyllabis beobachten, welche be- 
grifflich einen ganzen Satz vertreten. So haben wir den ebenen 
Ton in dem (oft etwas gedehnten) nachdenklichen, halb unent- 
schiedenen ja, so (^ja, wenn das so gemeint ist*, 'ja, ich weiss 
eigentlich nicht . . .* u. dgl.), ähnlich auch engl, well D® 
fallenden Ton haben wir im einfach bejahenden /a, den stei- f 
gen den im fragenden /a.^, so?, nun? (vgl. wieder engl. «4 
lefs go tlien und well, are you ready?). Den fallend-stei- i 
g enden Ton findet Sweet auf der Silbe care in dem wämeD» 
gesprochenen take care, den steigend-fallenden in dfiH^ 
ironischen oh!, oh really! Aehnliches kann man auch fürcßß* 
Fälle im Deutschen beobachten, vergleiche etwa das ironisd« 
so mit A und das zornige so mit v , u. ä. mehr. 

603, Bezüglich der Vertheilung der Tonhöhe auf dieeiß- 
zelnen Grlieder der Silbe ist zu bemerken, dass das Steigen i»d 
Fallen keineswegs auf den Sonanten der Silbe beschränkt is^ 
sondern sich auf alle stimmhaften Laute der Silbe erstred* 
Beim fragenden soll er steigt die Stimme vom o bis zum Bw* 
des l und ebenso vom e bis zum Ende des r. Bei zweitönigc» 



rj 



>•» 



if 



604 — 608. Der musikalische oder tonische Silbenaccent. 227 

Lccenten trifft der zweite Ton sehr oft einen oder mehrere Con- 
)nanten, die auf den Sonanten der Silbe folgen. Fast Alles 
as oben 688 über die Vertheilung der einzelnen Glieder der 
übe auf die Druckstösse zweigipfliger Silben dargelegt worden 
ty trifft mutatis mutandis auch auf die zweitönigen Silben zu. 

G04. Für den Gesammteffect der verschiedenen Silbentöne 
t die Grösse der Tonbewegung, d. h. das beim Steigen oder 
allen durchlaufene Intervall sehr wesentlich. So gibt ein 
ii allen Silben eines Satzes gleichmässig durchgeführtes Stei- 
3n durcli das Intervall etwa eines halben Tones der Sprache 
Twas Klagendes, Weinerliches; das Steigen durch ein etwas 
pösseres Intervall, etwa eine Secunde (?), drückt eine einfache 
"rage, ein noch stärkeres Steigen, durch etwa eine Sexte, Er- 
Lannen aus, u. dgl. mehr (Sweet S. 95). 

605. Für die Doppeltöne muss nächstdem auch noch die 
Grösse des Tonschritts, d. h. das Intervall zwischen den 
eiden gebundenen Tönen, bestimmt werden. Hierfür lassen 
ich bestimmte Regeln nicht geben. Noreen a. a. 0. unter- 
cheidet beispielsweise in der Mundart von Fryksdal einen 
eigentlichen Circumflex' aus Quinte + Grundton, einen 'nie- 
bigen Oircumflex' aus Grundton + Terz, und den 'hohen 
]!ircumflex' aus der übermässigen Quarte + Quinte. 

606. Als Namen für alle doppeltönigen Silbenaccente 
gebraucht man jetzt am häufigsten wohl den Ausdruck Cir- 
3umflex (obwohl das Wort als üebersetzung des griech. 
TtsQuiTtcjfiirr] ursprünglich nur einen bestimmten zweitönigen 
A^ccent, nämlich wohl a mit bestimmtem Intervall, bezeichnete), 
oder auch geschliffener bez. geschleifter Accent, im 
Äjischluss an eine zuerst von Kurschat für das Litauische auf- 
gestellte Terminologie. 

607« Der litauische 'geschliffene Accent' Kurschat^s soll allerdings 
aach den Untersuchungen von Masing, Serb.-chorw. Accent S. 46 ff. in 
tonischer Beziehung als ein einfach steigender Accent aufzufassen sein. 
Lbeac in exspiratorischer Beziehung scheinen mir die litauischen 'geschlif- 
fenen Süben trotz des Einspruchs von Masing noch immer zweigipflig, 
ind zweigipflige Süben mit einfach steigendem oder fallendem Ton sind 
wohl mdiur als problematisch. 

608. Auch der dänische 'Stosston' (585 ff.) gehört nach den Angaben 
7on Vemer, Anz. f. deutsches Alterth. VII (1880) 6 f. in musikalischer Be- 
dehung zu den zweitönigen Accenten: 'Beim Articuliren des Wortes maier 
mahlt' setzt die Stimme auf der mit exspiratorischem Drucke versehenen 
»rsten Silbe in tiefem Tone an, — ... mindestens einen Ton unter der 
^hlusssilbe des [nicht gestossenen] Accents nr. 2 [zweisilbiger "Wörter] — , 

15* 



228 609. Der Wort- und Satzaccent im Allgemeinen. 

sie bleibt eine Weile auf derselben Stufe stehn, um sich gegen denSchlnn 
des langen a durch ein jähes Fortament ungefähr eine Quinte hinaof- 
zuschwingen: auf der höchsten Stufe klappen die StimmlMuider plotzlidi 
zusammen, alle Stimmbildung hört während der dadurch entstehenden ganz 
kleinen Pause auf; nach einem Moment öffnen sich die Stimmband» 
wieder, und die Schlusssilbe ler folgt noch auf derselben tiefen Stafe wie 
die Anfangssilbe. Auf Wörtern, die in der Tonsilbe kurzen Yocal mit 
nachfolgendem tönend-continuirlichen Consonanten (d, tOyj, r u.8.w.) 
haben, ist die Modulation dieselbe, nur fällt das aufsteigende Fortament 
sowie der Glottisschluss auf den tönenden 'Consonanten*. — Storm*S.87 
hält indess die musikalische Modulation für freier als Yemer angibt. 



2. Wort- und Satzaccent. 

Cap. 31. Allgemeines. 

609. Mit der Behandlung des Wort- und Satzaccente 
betreten wir ein Gebiet, das auch die alltägliche Praxis zur 
*Accentuation' zu rechnen pflegt. Sagte man auch zunächst 
wohl nur, in einem Worte wie ävifiQ habe die letzte Silbe, in 
einem Satze wie *er sagt es, nicht sie' haben die Wörter er 
und sie Men Accent"*, d. h. verstand man zunächst unto: 
'Accent' nur die Hervorhebung einer bestimmten Silbe iin 
Worte oder die eines bestimmten Wortes im Satze, so hat man 
sich doch allmählich daran gewöhnt, auch die übrigen Theile 
des Wortes oder des Satzes in die Lehre von der Accentuation 
hineinzuziehen. Wir verstehen jetzt unter der AccentuiruDf 
eines Wortes die relative Charakteristik aller seiner Silben, 
unter Satzaccentuirung die relative Charakteristik aller ein- 
zelnen Theile eines Satzes oder die relative Charakteristik te 
einzelnen Sätze gegen einander. Denn zur vollständigen phone- 
tischen Charakteristik eines Wortes oder Satzes gehört aussff 
dem, was bisher über Einzellaute, Lautverbindungen und Silben- 
bildung erörtert ist, nicht nur dass man wisse, es sei eine Silliö 
oder ein Wort vor den andern in irgend welcher Weise hervor- 
gehoben, sondern man muss auch wissen, wie und wodurch 
diese Hervorhebung geschieht, wie die minder hervorgehobenen 
Silben oder Wörter sich unter einander und zu den mehr her- 
vorgehobenen verhalten und was den einen Satz von dem an- 
dern in charakteristischer Weise unterscheidet. 









V 



610. 611. Der Wort- und Satzaccent im Algemeinen. 229 

610. Die Bestimmung dessen, was in dem Worte oder dem 
latze hervorgehoben ist oder werden soll und wie dies im ein- 
einen Falle geschieht, fällt aus dem Gebiet der Phonetik 
leraus und der beschreibenden Grammatik bez. Rhetorik an- 
leim. Die Grammatik hat z. B. zu bestimmen, welche Silbe 
ines Wortes etwa die * Tonsilbe' (d h. die am meisten hervor- 
;ehobene) ist oder welche Silben einen 'Nebenaccent* (d.h. eine 
weniger ausgeprägte Hervorhebung) erhalten. Sie lehrt femer, 
«reiche Wortclassen etwa im Satze ihren ^selbständigen Accent* 
d. h. eine eigene merkbare Hervorhebung) verheren (vgl. die 
Lehre von den Encliticis und Procliticis, die von der Betonung 
des Verbum finitum im Sanskrit), sie hat sich mit der Modu- 
lation des ganzen Satzes und der verschiedenen Satzarten im 
Einzelnen zu beschäftigen, und dgl. mehr. Die Rhetorik aber 
lehrt dem Wechsel des begrifflichen Gewichtes, welches die 
einzelnen Wörter im Satze haben können, jedesmal den richtigen 
Ausdruck zu verleihen, sei es dass sie an den Verstand des 
Hörers appellirt oder dass sie sich mehr den Ausdruck der 
Gremüthsbewegungen und Affecte angelegen sein lässt. Die 
Phonetik hat es einerseits nur mit den allgemeinen Mitteln 
ler Oharakterisirung (d. h. der Lehre von den allgemeinen 
Phonetischen Eigenschaften des Satzes und von seiner phone- 
ischen Gliederung) zu thun, andererseits hat sie den allgemei- 
nen Tendenzen in der Anwendung dieser Mittel nachzuspüren, 
lie sich etwa unabhängig von grammatisch-rhetorischen Einzel- 
Bestimmungen in den Sprachen beobachten lassen. Ehe wir 
^och auf diese Fragen eingehen können, sind zunächst noch 
inige Erörterungen über das Verhältniss von Satz und Wort 
inzuschalten. 

611. Satz und Wort^). Unter einem Satz wollen wir 
ier eine jede selbständige gesprochene Aeusserung verstehen, 
.. h. eine jede in sich geschlossene Lautmasse, die in einem 
egebenen Zusammenhang, sei es der Rede, sei es der Situation 
berhaupt, einen bestimmten Sinn (Gedanken oder Stim- 
mung) zimi Ausdruck bringen soll und in diesem bestimmten 
linn von dem Hörer verstanden wird. 



*) Vgl. hierzu und zum folgenden namentlich die Abhandlung von 
weet, Words, Logic and örammar, in den Transactions of the Philol. 
ociety, London 1875—76, S. 470—503. 



^• 



? 



230 612—614. Der Wort- und Satzaccent im Allgemeinen. 

612. Ein jeder solcher Satz ist absolut eindeutig, 
ein richtig gehörter Satz kann daher von dem Hörer stets nm 
in dem Sinne aufgefasst werden, in dem er von dem Spredier 
gemeint war, vorausgesetzt dass beide der betreffenden Sprache 
Tollkommen mächtig sind. Auf den umfang des Satzes kommt 
es dabei gar nicht an. Sätze die nur aus einer einzige Sflbe 
bestehen, wie y«, neiuj hier, dort, femer Interjectionen u. dgL 
sind in ihrem Zusammenhang ebenso yerständUch und eindeutig 
wie die comphcirtesten Perioden. 

613. Der Inhalt eines Satzes kann begrifflich einheit- 
lich oder mehrtheilig sein. Der Satz ich (als Antwort etw» 
auf eine Frage gegeben) ist einheitlich, der Satz er hat dai 
Bitch gestattet eine Zerlegung in die Begriffe er, haben, rfof 
Buch, Die Träger dieser begrifflichen Theilglieder des Sinnes 
nennen wir Wörter. Man kann daher auch sagen dass ein 
Satz je nachdem aus öinem Worte oder mehreren Wörtern he- 
stehe. Aber durch blosse Aneinanderreihung von Wörtern in 
der Form wie jedes isolirt ausgesprochen werden würde, ent- 
steht noch kein verständlicher, eindeutiger Satz mit bestimmtem 
Inhalt. Diesen empfängt die Wortreihe erst dadurch dass die 
'Wörter' in einer für jeden einzelnen Satz ganz bestimmten 
Weise zusammengefügt, d. h. durch ganz bestimmte Abstufung 
nach Stärke, Tonhöhe, Dauer, femer nach Stinrniqualität u. ä. 
zu einer phonetischen Einheit zusammengeschlossen werden. 

614. Die Schrift, welche alle diese für das Yerständniss 
nothwendigen Bindungsmittel gar nicht oder in ganz unvoll- 
kommener Weise zu bezeichnen vermag, lässt daher meist gaiu 
verschiedene 'Sätze"* die aus denselben 'Wörtern' aufgebaut 
sind, unterschiedslos in ein und derselben Wortreihe zu- 
sammenfallen. Eine solche Wortreihe ist daher stets viel- 
deutig und nie einem wiitlichen Satze der gesprochenen Eede 
gleichzustellen: der Sinn muss erst durch Interpretation gefan- 
den werden. So enthält die Wortreihe er hat das Buch, je 
nachdem man das eine oder andere Wort stärker 'betont*, die 
vier inhaltlich ganz verschiedenen Aussagen er hat das Buch, 
er hat das Buch, er hat das Buch, er hat das Buch, und selbst 
diese Viertheilung genügt noch nicht, um wirklich eindeutige 
Sätze zu schaffen. Durch Aenderung der musikalischen Be- 
tonung, der Stimmlage, der Stimmqualität können jene vier 
Aeusserungen abermals mannigfaltig zerlegt werden. Jene vief 
Wörter können also z. B. enthalten vier einfache Aussagesätze 



{ 






615. 616. Der Wort- imd Satzaccent im AUgemeinen. 231 

vier je nach der 'Betonung* der einzelnen Wörter, wie ange- 
l^eben), Tier Fragesätze, vier Ausrufssätze der Freude, des 
Jtaunens, des Aergers u. s. w. 

616. Es ist also klar dass die phonetische Untersuchuing 
es Satzbaues nicht von den Wörtern ausgehen darf, die im 
latze gebunden erscheinen. Phonetisch betrachtet ist der ge- 
prochene Satz (um den es sich doch allein handeln kann, da 
geschriebene Sätze' überhaupt Undinge sind) in der naiven 
iprache eine geschlossene phonetische Einheit, wie er denn 
uch gar oft gesprochen und verstanden wird, ohne dass 
Sprecher und Hörer sich der einzelnen Theile (d.h. der Wörter) 
lewusst werden, aus denen der einzelne Satz begrifflich besteht. 
Me einzelnen Wörter werden ja im Zusammenhang des Satzes 
►ft so verstümmelt, dass man sie als phonetische Theilstücke 
jar nicht mehr isoliren kann, und doch wird der 'Satz' richtig 
rerstanden. In der hessischen Mundart werden z. B. die drei 
Wörter wollen^ toir, gehn zusammengezogen zu dem dreisilbigen 
Fragesatz wöm^gen?^ die vier Wörter wollen, toir, denn, gehn zu 
iem nur zweisilbigen Fragesatz womgenf (mit langem silbi- 
schem m). Isolirt würden die Wörter dort wöln, mhr^ den, gen 
lauten: in den zusammengezogenen Gruppen oder Sätzen ist 
fon den Lauten der Einzelwörter wenig genug geblieben, und 
äoch ist die verschiedene Bedeutung der beiden Sätze jedem 
Eörer sofort klar, auch ohne den Versuch einer begrifflichen 
Analyse. 

616. Und so ist es schliesslich überall. Erst eine weit- 
?reifende Speculation lehrt uns allmählich den Satz in seine 
begrifflichen Elemente (eben in die Wörter) zerlegen, und diese 
Zerlegung ist eine Hauptarbeit des Grammatikers und Lexico- 
^phen. Je naiver, je weniger grammatisch gebildet Sprecher 
md Hörer sind, um so weniger machen sie beim Sprechen und 
Verstehen Gebrauch von einer begrifflichen Analyse des Satzes: 
jie bilden weder ihre Sätze nach einem logisch-grammatischen 
Schema, noch verstehen sie sie danach, vielmehr thun sie beides 
n unbewusster Nachbildung und Nachempfindung gewisser 
iurch den Gebrauch verständlich gewordener Satztypen. Je 
laiver eine Sprache, um so ungestörter und geschlossener ist 
laher auch die phonetische Einheit und die phonetische Gliede- 
•ung der Sätze. Aber auch selbst beim grammatisch geschulten 
Sprecher ist, abgesehn vielleicht von logisch oder rhetorisch 
)esonders pointirter Sprechweise, wie sie namentlich dem 



232 618--620. Der Satz und seine Glieder. 

gelehrten und schulmässigen Vortrag (vor Allem dem dmek 
Anlehnung an die Schrift durch das .* Wörterlesen' minirtei 
Schulvortrag) eigen ist, die phonetische Gliederung des ge- 
sprochenen Satzes meist mächtiger als die etymologisch-logisdie 
Gliederung nach Wörtern imd Wortgruppen. 

617« Für die phonetische Charakteristik des Satzes und 
seiner Theile kommen aber in erster Linie wieder die drei 
Variationsmittel: Abstufung nach Stärke, Tonhöhe und Dauer 
in Betracht. Wir haben danach getrennt zunächst den exspia- 
torischen oder dynamischen Satzaccent (Stärkeabstufong der 
Sätze uind Satztheile), dann den musikalischen oder tonische& 
Satzaccent (die Tonhöhenabstufung der Sätze und SatztheJe^ 
wobei anhangsweise die verschiedenen Stimmqualitäten ziff 
Sprache kommen) zu behandeln ; die Besprechuing der Abstofonj 
der Dauer der Satzglieder bleibt dem Abschnitt 'Quantittt' 
aufbehalten. 

Cap. 32. Der exspiratorische oder dynamische Satzacceii 

1. Der Satz und seine Glieder. 



618, Satz und Silbe. Ein gesprochener längerer 
stellt sich (wenn wir vom Inhalt absehen) dem Gehör zunächst 
dar als eine in gewissem Sinne rhythmisch gegliederte Beihe 
von Schällen. Aus dieser sondert das Ohr weiterhin eine je 
nach der Länge des Satzes grössere oder geringere Anzahl von 
Theilstücken aus, die wir als Silben bezeichnen xmd deroi 
Bau und wesentlichsten Eigenschaften wir 515 ff. kennen ge- 
lernt haben. 

619, Da die Silbenbildung ganz bestimmten Gresetzen 
unterliegt, so ist im Grossen und Ganzen die Silbeneintheilung 
und Silbenzahl eines Satzes für das Ohr ohne Schwierigkeiten 
zu bestimmen. Niemand zweifelt z. B., dass ein Satz vie 
kommst du? zweisilbig, ein Satz wie kommst du mit? dreisilbig, 
ein Satz wie gib mir das Buch her f ünfsilbig ist, u. s. w. Da» 
auch einsilbige Sätze, wie komm!^ g^h!^ ja^ nein u. dgl., vo^ 
kommen ist bereits oben 612 bemerkt worden. 

620, Silben und Sprechtakte. Ueber dieser Gliede- 
rung des Satzes in Silben steht aber noch eine Gliederung 
höherer Ordnung, durch die der Satz erst den ihm anhaftenden 
rhythmischen Charakter bekommt. Die einzelnen Silben eines 
mehrsilbigen Satzes pflegen nämlich nicht gleichwerfhig zn 



621—623. Der Satz und seine GKeder. 233 

lein; sie werden vielmehr in der Regel derart geordnet, dass 
dch schwächer gesprochene Silben mit einer stärker gesproche- 
aen zu einer in sich geschlossenen Gruppe verbinden, die sich 
Fon etwaigen Nachbargruppen mehr oder minder deutlich ab- 
liebt. So haben wir in dem Satze kommst du \ morgen \ wieder"^ 
sinen dreimaligen Wechsel von stärkerer und schwächerer Silbe 
[>der drei solche Silbengruppen ; in dem Satze gib mir das Buch 
her erkennen wir eine dreisilbige und eine zweisilbige (gipmirdas \ 
büxer) ; in allen diesen Beispielen steht die dominirende stärkste 
Silbe zu Anfang der Gruppe. 

621. Diese Gruppenbildung ist wesentlich exspiratorischer 
Art, d. h. die Druckstösse für die einzelnen Silben der Gruppe 
«Verden zu einer höheren Einheit zusammengef asst. Eine solche 
Gruppe ist gewissermassen eine aus Einzelbewegungen zusam- 
mengesetzte rhythmische Figur, nach deren Ablauf, ganz wie 
beim Tanz, eine neue ähnliche oder gleiche Figur sich an- 
achliessen kann. Jede neue Figur setzt mit einem eigenen 
'Willensimpuls ein, der sich auf die Gesammtgruppe erstreckt, 
tmd dieser neue Einsatz macht sich in einem deutlicheren Ein- 
schnitt in der Exspiration geltend, d. h. die Exspirationsgrenzen 
Zwischen Gruppe und Gruppe sind stärker markirt als die 
zwischen den einzelnen Silben einer Gruppe. Man könnte diese 
Crruppen daher als Exspirationsgruppen bezeichnen; doch 
lat sich dafür mehr und mehr der Name Sprechtakt einge- 
"bürgert, der von der Aehnlichkeit dieser Silbengruppen mit den 
musikalischen Takten hergeleitet ist und sich auch darum em- 
pfiehlt, weil er auch auf ein zweites Hauptelement der Gruppen- 
T)ildung, die Dauer, Eücksicht nimmt (hierüber s. 719 ff.). Sweet 
bezeichnet sie als stress-groups^ d.h. Gruppen, die durch einen 
'Btress oder starken Accent zusammengehalten werden. 

622. In Hinsicht auf seine phonetisch-rhythmische Gliede- 
rung zerfällt also der längere Satz zunächst in Sprechtakte, 
und diese können sich wieder in Silben zerlegen. Das Minimal- 
mass des Satzes ist ein Sprechtakt, das Minimalmass eines 
Sprechtakts eine Silbe. Bei einem einsilbigen Satze wie komm! 
fallen also Satz, Sprechtakt und Silbe ihrem Umfange nach zu- 
sammen. 

623. Wörter und Sprechtakte. Die rein phonetisch- 
rhythmische Gliederung des gesprochenen Satzes darf nicht mit 
der logisch-etymologischen Zerlegbarkeit des Satzes in Wörter 
(6l3j verwechselt werden. Allerdings decken sich in Sprachen 



1 



234 624.625. Der Satz und seine Glieder. 

wie dem Deutschen die Grenzen von Wörtern und Spreditakta 
oft thatsächlieh, z. B. in einem Satze wie die feindlichen \ 
Reiter \ kamen \ gestern \ wieder. Aber ebenso oft, ja öfter 
kommt es vor, dass einzelne Wörter auf verschiedene Takte 
vertheilt werden, ohne dass die Sprache dadurch das geringste 
an Deutlichkeit einbüsst. In dem Satze wo sind die Gefcmj^ 
nen 9 (gesprochen -wozindig^ \ faid'n^n f^ wobei - vor wo anr 
zeigen möge, dass die erste Silbe unbetont ist) gehört das /- 
von ^ Gefangenen^ phonetisch ebensogut zirai Vorhergehende! 
wie die letzte Silbe von feindlichen im vorigen Beispiel. Aud 
das begrifflich selbständige di steht phonetisch nicht anders da 
als die Mittelsilbe li des gedachten Wortes; in gipmirda» 
büxer wird der begrifflich zum folgenden büx gehörige Artike 
das rhythmisch von diesem getrennt und zum Vorhergehenden 
gezogen, u. s. w. (man sieht also deutlich, dass eine begriffliche 
Analyse des Satzes beim Sprechen nicht stattfindet, welche 
sonst nothwendig auch eine phonetische Bindung des begrifflich 
Zusammengehörigen und eine phonetische Trennung des he- 
griffhch Unverbundenen hätte hervorrufen müssen). 

624. Dieser Gesichtspunkt ist für die Lehre von den 'nnhetonten 
Wörtern, wie Encliticae und Procliticae etc., von grosser Bedeutung, aber 
sehr oft zu Gunsten theoretischer Erwägungen über die Nothwendigkeit 
phonetischer Selbständigkeit begriffKch selbständiger Satztheile hintan- 
gesetzt worden; beispielsweise in der Lachmann^ sehen Formulirung der 
mittelhochdeutschen Metrik, welche lehrt, dass nicht ein selbständiges 
Wort zu Gunsten einer Endsilbe eines andern in die Senkung gesetzt wer- 
den dürfe (in Fällen wie mhd. wägen den Hp), weil es als selbständiges 
Wort Anspruch auf grössere Hervorhebung habe. Hier entscheidet nie- 
mals der begriffliche Werth an sich, sondern lediglich die Sprechgewohn- 
heit der einzelnen Sprache. 

625, Wort- und Takttrennung dürfen also zwar zusam- 
menfallen, aber in wohlgegliederter Rede, und namentlich im 
Verse, darf dies nicht allzuhäufig geschehen. Denn die Häu- 
fung von begrifflicher und rhythmischer Trennung (Wort- und 
Takttrennung) an derselben Stelle des Satzes prägt die Tren- 
nungseinschnitte zu scharf aus und lässt somit die einzelnen 
Theile des Satzes zu sehr auseinanderfallen. Bei Kreuzung von 
Wort- und Takttrennung wird dagegen der begriffliche Bruch 
zwischen Wort und Wort durch die rhythmische Bindung und 
der rhythmische Bruch innerhalb des Wortes durch die begriff- 
liche Zusammengehörigkeit der getrennten Stücke gemildert 
und dadurch ein vollkommenerer Wohllaut erzielt. 



626. Taktgliederung. 627—630. Formen der Sprechtakte. 235 

626. Taktgliederung und Satzinhalt. Die Takt- 
^liedenmg eines jeden Satzes in dem oben 611 bestimmten 
Jinne ist ein für allemal unveränderlich. Jede Veränderung 
ler Taktgliederung einer gegebenen Wortreihe verändert auch 
len Sinn der Wortreihe, d. h. schafft jedesmal einen neuen 
}atz. So ergibt eine vierfach verschiedene Taktgliederung der 
iV'ortreihe er hat das Buch die vier verschiedenen Sätze erhatas \ 
üx (der Accent möge hier einfach die starken Silben der Takte 
lervorheben) = ^r hat das Buch, ^rhdtas \ büz = er hat das 
iuch, ^rhatds \ büx oder ^rhatäsbux = er hat das Buch, und 
rhatasbüx = er hat das Buch. 

2. Die Formen der Sprechtakte. 

627. lieber die Silbenzahl der Sprechtakte lassen sich 
allgemeine Regeln nicht aufstellen, da das Maximalmass von 
len Sprechgewohnheiten der einzelnen Sprachen abhängt. Nur 
ässt sich sagen, dass Sprechtakte um so länger werden können, 
je mehr sich eine Sprache besonders starker exspiratorischer 
Ä^ccente bedient: je stärker die Haupttonsilbe eines Taktes, 
am so mehr schwächere Silben kann sie tragen. Im Deutschen, 
Englischen und ähnlichen Sprachen kommen daher sehr lange 
Sprechtakte vor (vgl. übrigens hierzu uinten 652 f.). 

628. Die rhythmischen Formen der Sprechtakte 
können sehr mannigfaltig sein. Auch in Prosa können alle die 
verschiedenen Formen vorkommen, die wir im Verse als Vers- 
Eüsse bezeichnen. Die häufigsten Arten sind wohl: 

629. Fallende ('trochäisch-daktylische') Sprech- 
takte: der Sprechtakt beginnt mit der stärksten Silbe, die 
schwächeren Silben folgen nach. Diese sind in Sprachen wie 
dem Deutschen, Englischen u. s. w., welche meist den Wort- 
anfang betonen, weitaus am gewöhnlichsten. 

680. Steigende ('iambisch-anapästische') Sprech- 
takte: die stärkste Silbe steht am Schlüsse des Sprechtakts, 
äie schwächeren gehen voran, z. B. nhd. gip^hr^ haltän = 'gib 
lier, halt an'. Im Allgemeinen sind diese Takte bei uns selte- 
ler; am ersten finden sie sich noch, wenn sie isolirt stehen, 
lamentlich nach ihrem Ende zu (wie das in den gegebenen 
5eispielen der Fall war). Doch verfallen wir auch im Deut- 
chen, namentlich bei erregter Sprechweise, oft bei längeren 
Sätzen in durchgehends steigenden (iambisch-anapästischen) 
Uiythmus, der durch grössere Lebhaftigkeit von dem ruhigeren 



236 631—634. Die Formen der Spreohtakte. 

fallenden (trochäisch-daktylischen) Gang verschieden ist. Maa 
denke sich z. B. den Satz 'und er gibt mir das Bdch uni 
geht w^g' in aufgeregt ärgerlichem Ton, mit dem Nachdrui 
auf dem Ende gesprochen, so stellt sich die Takttheüui; 



und^rgip(t) \ mirdasbü xufBgetwex fast unwillkürlich ein; 
vgl. erregtes denk dir, \ da kömmt \ der Kerl \ und schlagt \ 3» 
mit der Faust \ ins Gesicht mit ruhig erzählendem da \ kdmA\ 
Mann und \ schlug ihn mit der \ Faust ins Ge- | sieht u. dgL 

631. Steigend-fallende famphibrachische*) Sprech- 
takte: die stärkste Silbe steht in der Mitte des Taktes fie 
etwa in dem Satze wo bist du ? u. dgl. Auch diese Form findet 
sich im Deutschen meist wieder nur isolirt (wie in dem ange- 
zogenen Beispiel), in grösserem Zusammenhang meist nur W - 
schärfer gliederndem Kunstvortrag. Um so häufiger tritt sie- ^ 
im Wechsel mit andern, namentlich daktylisch-anapästisckt 
Formen — in der Dichtung auf (ein grosser Theil der daktf 
lisch-anapästisch gemeinten Verse Zesen's und seiner Nad- 
folger ist z. B. in Wirklichkeit amphibrachisch gebaut, v^ 



was prahlet j \ was blitzen \flf 
chen Zimmer 1 allhierf). 



^1 



etwa Verse wie Was strahlet, 
Spitzen \\ in diesem \ fürtreffli- 

632« Die amphibrachischen Sprechtakte sind besonders empfindüdi 
gegen Veränderungen der Form : sie gestatten kaum mehr als drei SObea 
in der angegebenen Gruppirung (Schema 123). Sobald die Silbenail 
wächst, verschiebt sich gewöhnlich die Gruppirung, d. h. die amp 
brachischen Sprechtakte setzen sich in numerisch verwandte (daktyliscta 
oder anapästische) Formen imi. 

633. Auftakt. Von den Sprechtakten mit steigendem 
Eingang (den echt steigenden und steigend-fallenden Fonne»! 
sind streng zu unterscheiden fallende Takte mit voraus- 
gehendem Auftakt, d. h. einer schwächer betonten 
oder Silbenfolge, die ausserhalb der rhythmischen Gruppe 
Bei diesen setzt der neue Impuls bez. die rhythmische RpJf 
(621) erst nach jenem unbetonten Stück ein, das eben durdi 
den folgenden Bruch isolirt imd dadurch zum 'Auftakt' i* 
eigentlichen Sinne des Wortes wird. 

634« Diese Unterscheidung ist besonders auch für die Metrik, sowoH 
des Gesangs- wie des Sprechverses, von Bedeutung, denn sie üiigt viel 
dazu bei, dem Vers seinen specifischen rhythmischen Charakter zu ve^ 
leihen. Der fallende Fuss hat durchgehendes Decrescendo; dies erstreckt 
sich auch auf die Hebung, die also mit abnehmender Stärke, mehr vc^ 
klingend gesprochen (bez. gesungen) wird; bei dem ganz crescendo g«* 
bildeten steigenden Fuss bleibt auch die Hebung bis zum Schluss glö<* 
stark, und der plötzliche Abbruch danach verleiht dem Verse eioö» 



636—636. Die Formen der Sprechtakte. 237 

raftigeren Charakter. Auch sind die Hebungen der steigenden Füsse 
leist etwas mehr gedehnt als die der fallenden (was sich namentlich auch 
rieder in der Composition bemerklich macht). Die steigend-fallenden 
^usse nehmen eine Art Mittelstellung ein. 

635« Die Musik ignorirt im Ghmzen diesen Unterschied, indem sie 
US praktischen Gründen ihre Takte schematisch von Hebung zu Hebung 
yJBSt, d. h. den Taktstrich stets unmittelbar vor die Hebung setzt, unbe- 
ummert darum, ob an der betreffenden Stelle ein rhythmisch-melodischer 
(ruch einsetzt oder nicht (als Ergänzung, d. h. zur Hervorhebung der nicht 
lit den abstracten, nur der Zeitmessung dienenden Takten identischen 
hythmisch-melodischen Gruppen, wird gelegentlich der Figurationsbogen 
;ebraucht). Infolge dieser mangelhaften Bezeichnungs weise wird denn 
uch der Unterschied der verschiedenen Rhythmenformen selbst beim 
T'ortrag oft verwischt, namentlich bei der Listrumentalmusik, seltener 
mm Gresang, wo die Sinnesgliederung des Textes die rhythmische Glie- 
lerung stützen hilft. So sind also gerade beim Gesang die verschiedenen 
Lrten der rhythmischen Bindung gut zu beobachten. In dem Simrock^schen 
lAede >Wamung vor dem Bhein« sind z. B. die beiden ersten Zeilen der 
atrophe [an den RJUin^ \ an den RhSin^ \ geh nicht \ an den Rhiin || mein 
S^A», I ich rd' I the dir gut ||) steigend, die dritte ist steigend fallend [da 
^iht dir I das L4ben \ zu lieblich \ 4in {|), die vierte fallend mit Auftakt 
da II blüht dir zu \ friudig der \ Müth |{). Hat man sich einmal daran 
^wöhnt, auch beim Gesang die wahren Bhythmusgruppen auszuscheiden^ 
jo wird man sie auch im Sprechvers und der Prosarede leicht wieder- 
erkennen. Nur stehen sie da in noch viel freierem Wechsel als im Gesang, 
md gerade darauf beruht ein guter Theil der eigenthümlichen Wirkung 
tolcher Partien (vgl. etwa Stellen wie er figte \ die Fdlder^ \ zerbrach | 
ien Fdrat || auf || Flüssen und \ Sden das | Gründeis \ borst, wo eine 
Jruppirung der Schlusszeile nach dem Muster der ersten, also auf 
Flüssen \ und S4en \ das Grund- \ eis borst abscheulich wäre). 

636« Eine einheitliche Bezeichnungsweise für die verschiedenen 
Lrten der Sprechtakte wird sich schwer auffinden lassen. Sweet theilt alle 
Sprechtakte nach dem Muster der musikalischen Taktbezeichnung ab, 
l. h. lässt sie stets mit der Hebung beginnen und fasst unbetonte Silben 
of dieser stets als Auftakt, schreibt sie demnach eventuell getrennt und 
»ezeichnet ihre Unbetontheit durch vorgesetztes - (er würde also z. B. 
len steigend-fallenden Takt wobistu f in -wo bistu zerlegen). Im Grossen 
ind Gtmzen trifft ja diese Zerlegung für die Sprachen mit Anfangsbetonung, 
de eben die germanischen, zu, aber sie verwischt doch auch hier nicht 
elten die wahre rhythmische Gliederung, und reicht daher namentlich 
ör die Zerlegung der gebundenen Bede in ihre rhythmischen Elemente 
icht aus. 

3. Die Abstufung innerhalb der Sprechtakte. 

637. Die einzelnen Silben des mehrsilbigen Sprechtakts 
mterscheiden sich, wie bereits angegeben (620), durch ihre ver- 
chiedene Stärke. Die stärkste Silbe eines solchen Takts 
lezeichnet man im Deutschen herkömmlich als die Tonsilbe 



238 638-^1. Die Abstufung innerhalb der Sprechtakte. 

des Takts, oder sagt, dass sie betont sei, den Ton oderdai 
Aecent schlechthin habe; die andern Silben nennt man dann, 
je nach dem Grade ihrer Stärke, unbetont (tonlos) oder 
nebentonig (vgl. 641). Mit Eücksicht darauf aber, dass die 
Hervorhebung der ^Tonsilbe"* hier speciell auf einer Verstärkung 
des Exspirationsdrucks beruht, spricht man auch hier besser 
speciell vom exspiratorischen oder dynamischen Aecent 
(emphasia ElKs, stress Sweet). 

638. Die Abstufung der Silbenstärke innerhalb des Takts 
hat mit der absoluten Stärke (Lautheit) der einzelnen Sflben 
nichts zu schaffen. Für die Abstufung der beiden Silben des 
Taktes habe ist es z. B. gleichgültig, ob der ganze Takt lautff 
oder leiser gesprochen wird, denn mit zunehmender Stärke der 
ersten Silbe wächst auch die Stärke der zweiten, und umge- 
kehrt beim Abnehmen: das relative Verhältniss, auf das es 
hier allein ankommt, bleibt dasselbe. 

639. Für die nähere Charakteristik eines Sprechtakts in 
exspiratorisch-dynamischer Hinsicht kommt namentlich Folgen- 
des in Betracht : 

640. Der Stärkeabstand der starken Silben von den 
schwachem. Dieser kann ein sehr verschiedener sein, ha 
Deutschen ist er z. B. ein sehr grosser, xmd so pflegt er es übe^ 
haupt gern in solchen Sprachen zu sein, welche vorwiegend nnr 
dynamischen Aecent haben, d. h. eben die einzelnen Silben des 
Taktes oder Satzes vorwiegend nur nach ihrer Stärke abstufen. 
In andern Sprachen, wie den romanischen, den slavischen, dem 
Schwedischen etc., ist der Stärkeunterschied geringer, sodass 
die schwachen Silben jener Sprachen von den Deutschen meist 
als halbstark oder einen Nebenaccent tragend empfunden wer- 
den (vgl. 643). 

641. Die Anzahl der entwickelten Stärkestufen. Es gibt 
nicht nur eine zweifache Abstufung der Silbenstärke — starke 
und schwache Silben — , sondern es sind sehr häufig Mittd- 
stufen entwickelt. In einem Takt wie redete sind die beiden 
Schlusssilben schwächer als die erste, zugleich aber ist die 
letzte etwas stärker als die zweite, und man pflegt daher zu 
sagen, dass sie einen (exspiratorischen oder dynamischen) 
Nebenaccent trage. Eiiafacher ist es, direct starke, mittel- 
starke (oder halbstarke) und schwache Silben zu lUlte^ 
scheiden. Zur Bezeichnung verwenden wir im Anschluss an ?:, 
den Grebrauch der englischen Phonetiker • nach dem Sonanten 



642 — 644. Die Abstnfong innerhalb der Sprechtakte. 239 

ier starken, : nach dem Sonanten der mittelstarken Silben, die 
chwachen Silben bleiben unbezeichnet. Das Beispiel von 619 
mrde hiernach gi'pmirda.s bü'xeir zu schreiben sein. Dass 
ibrigens mit dieser Dreitheilung die Zahl der möglichen Ab- 
tufungsgrade noch nicht erschöpft ist, versteht sich von selbst. 

642« Die Unterscheidung dieser drei Stufen deckt sich mit der Lach- 
lann'schen Unterscheidung von Hochton, Tiefton, Unbetontheit. 
>iese Namen aber sind phonetisch nicht verwendbar, da es sich nicht um 
[öhe und Tiefe, überhaupt nicht um Töne (d. h. Tonhöhen) handelt, son- 
em ausschliesslich um Stärke und Schwäche der betreffenden Silben, 
tan müsste also jene Ausdrücke, um sie verwendbar zu machen, min- 
estens in (exspiratorischer oder dynamischer) Hauptaccent, Neben- 
rCcent und Unaccentuirtheit verwandeln, da wir das Wort 'Accent' 
imnal als neutralen Ausdruck sowohl für Stärke- wie für Tonhervor- 
lebungen verwenden. 

643. TJeber die Lagerung der SilbenmittlererStärke 
5u den starken Silben lassen sich feste Regeln nicht geben, 
[m Deutschen folgt im zweisilbigen Takt auf die starke Silbe 
in der ßegel eine schwache, wie in ga'b\ ^ätn^ ^ä'ndl 'Gabe, 
hatten. Hander; eine mittelstarke meist nur, wenn die zweite 
Silbe einen Vollen Vocal' enthält, wie in änä:^ öto:, totrkli.'x 
■Anna, Otto, wirklich'. In isolirten mehrsilbigen Takten macht 
sich meist das Bestreben geltend, schwache Silben mit stärkeren 
regelmässig abwechseln zu lassen, d. h. es folgt auf die starke 
Änfangssilbe eine schwache, dann eine mittelstarke, wieder 
eine schwache, mittelstarke u. s. w. 

644. Was das Verhältniss der Taktabstufung zum 
iynamischen Wortaccent, d. h. zur Stärkeabstufung der 
Silben im Worte anlangt, so bilden selbstverständlich die 
itärksten Silben der Wörter die starken Silben der Takte, und 
liese pflegen in den meisten Fällen festzustehn. Auch die 
oittelstarken Silben der Wörter geben im Allgemeinen mittel- 
tarke Silben im Takt ab. Aber die Veriheilung der mittel- 
tarken Silben im Worte ist, wenigstens im Deutschen, nicht 
QMner fest, sondern sie richtet sich oft auch nach der Zusam- 
aensetzung des Taktes oder der Takte, welche das Wort füllt, 
lamentlich bei mehr getragener ßecitation, insbesondere im 
Terse. Bei rascherem Sprechen von mehrtaktigen Sätzen aber 
issen wir oft eine an sich mittelstarke Silbe durch eine folgende 
tärkere zur schwachen Silbe herabdrücken; wir sagen z. B. im 
Jühnendeutschen und den mittel- und norddeutschen Mund- 
rten mütig^: in Pausa (mü'ti:g^ scheint dagegen im Süden 
ich zu finden), aber mütig^ men^r u.dgl. 



240 647—649. Die Abstufong der Satztakte unter einander. 

646* Diese Variabilität der schwächeren Silben erstreckt sich aadi 
auf die eines eigenen Nachdrucks entbehrenden Worter, namentlich wieder 
die Encliticae u. dgl. Wir sagen z. B. -wo zai'iirg»[:) we'zn , wo seid ilir 
gewesen, dh. das ir hat die schwächste Stelle im Takt, wenn auch auf 
kaum merkbar stärker ist ; aber bei der Vermehrung des Taktes mn die 
Silbe, z. B. in tDÖ'zaiti.-rg» wi'zn (Nachdruck auf wo) wird Hr mittdttark 
und zai schwach (man beachte, dass nicht die ebenfalls häufige Aiu- 
Sprachsweise tvö-zaiäirg^ toezn mit gedehntem starkem tcö und üh^mittel- 
starkem, fast einen neuen Takt einfuhrenden zai gemeint ist). — Man 
vergleiche auch häufige Betonungen wie ^a'ndarbei.-tn EEandarheiten, 
u'nfoUte:ndix unvollstäudig, oder wie mi'taelu:f9»n Mittheilungen, etc. 

646« Es ist oft sehr schwer über die Stärkeverhältnisse der schvir 
cheren Silben in^s Klare zu kommen, zumal man gewöhnlich bestimmt» 
Vorstellungen darüber mitbringt, namentlich wie die oben 624 erwahnteD 
Ansichten über die Stärke 'selbständiger Wörter . Man darf andi nicU 
einzelne Silbengruppen aus dem Satze herausnehmen, weil sich dabei gtf 
zu leicht die Takttheilung imd damit die relative Stärke der einzefaieii 
Silben verschiebt. Sweet empfiehlt daher S.92 nur die zu untersuchenden 
Silben des Satzes mit lauter Stimme auszusprechen, die andern sich nur 
gesprochen zu denken oder sie zu flüstern. 

4. Die Abstufungen der Satztakte unter einander. 

647. Auch die einzelnen Takte des Satzes können unt^ 
einander mannigfach abgestuft sein. Man muss hier zweierlei 
unterscheiden: die bis zu einem gewissen Grade feststehende, 
natürliche Abstufung benachbarter Takte, und die willkürlich 
wechselnde Abstufung von Takten beliebiger Stellung zum 
Behuf von Modificationen des Sinnes einer Wortreihe. 

648. Die erstere Art der Abstufung (einfach rhyth- 
mische Abstufung) vergleicht sich der Abstufung der eia- 
zelnen Silben im Takte. Sie dient dazu, den Eindruck der 
Monotonie im gesprochenen Satze zu verhüten. Am deutliclisteii 
tritt sie für uns hervor, wo die Nachbartakte sich über ein ein- 
ziges Wort erstrecken, das ja in der Regel eine feste Abstufung 
der einzelnen Silben zeigt. In konstanti: no-pl enthalten beide 
Takte eine starke Silbe; functionell steht die Silbe kon der 
Silbe no völlig gleich; aber ihre absolute Stärke ist verschie- 
den, da der Takt nöpl an sich stärker ist als der vorausgehende. 
Im Deutschen, das einfache Wörter von bedeutender Längo 
kaum kennt, tritt diese Erscheinung am häufigsten in ComiK>- 
sitis auf, z.B. a'Wrtü:ms kwnd^\ der Anfangstakt ist hier meist 
der stärkere. 

649. Nach Lachmann's Auffassungsweise hat die Stammsilbe dtf 
zweiten Gliedes von Compositis im Deutschen einen 'Tiefton» 



650—652. Die Abstufungen der Satztakte unter einander. 241 

d.h. nur Mittelstärke; dies ist vom phonetisclien Standpunkt aus unrichtig, 
\7enn es als allgemeine Begel gelten soll. Zwar kann im Compositum die 
Stammsilbe eines zweiten Gliedes zu blosser Mittelstärke und noch weiter 
herabgedruckt werden, ursprünglich aber bezeichnet die Stammsilbe des 
zweiten Gliedes den Eintritt eines neuen Hauptaccents (Lachmann^s Hoch- 
ton), der nur nichir ganz die Stärke des vorausgegangenen erreicht, mithin 
als ein Hauptaccent zweiten Grades zu bezeichnen wäre. 

660. Bei diesen natürlichen Abstufungen ist der Stärke- 
iinterscliied der benachbarten Takte im Ganzen nicht sehr be- 
deutend. Dagegen treten bei jenen willkürlichen Abstufungen 
(dem dynamischen Sinnesaccent) auch grössere Differenzen 
auf, und zwar wächst die absolute wie relative Stärke eines 
Taktes um so mehr, je mehr Gewicht, ^Nachdruck' auf seinen 
Begriffsinhalt gelegt wird. 

651« Durch solche Veränderungen des Nachdrucks, der auf einzelne 
Theile der Wortreihe (von der einfachen Silbe bis zum vielsilbigen Worte 
hinauf) gelegt wird, verschiebt sich oft auch die ganze Takteintheilung 
der Heihe, nämlich stets da, wo eine bei gewöhnlicher Sprechweise schwä- 
chere Silbe zur Nachdruckssilbe gemacht wird: denn dadurch wird sie zur 
Anfangssilbe eines neuen Taktes. Man vergleiche z. B. die Variationen 
der oben 645 analysirten Wortreihe *wo seid ihr gewesen' als wö'zaitt.-rg» 
wezn, 'WO zai'tirg* : tpezn , wb'zai tVrg^ t/oizn (oder -wozai ü'rg* tvezn) etc. 
mit 'Nachdruck' auf tro, seid, ihr etc. Dass es sich auch hier stets um 
Bildimg neuer *Sätze' handelt, versteht sich von selbst. 

652. Takte und Taktgruppen. Es ist oft schwer, 
zwischen einem langen Takte mit gewichtiger mittelstarker Silbe 
und zwei vollen Takten mit fallender Stärke zu unterscheiden. 
Man kann das Wort ^Alterthumskunde^ (s. oben) sowohl als 
a'lt^rtü.ms kwnd^^ wie als a'Wrtümskumd* sprechen und auf- 
fassen. Es hängt das wesentlich von der Stellung im Satze und 
den Nachdrucksverhältnissen der benachbarten Takte ab, auch 
die Quantität spielt eine Rolle dabei (vgl. 719 ff.). Steht eine 
solche Silbenreihe wie ali^rtümskund^ am Ende eines Satzes, 
wo die Quantität der einzelnen Silben überhaupt gesteigert zu 
werden pflegt, so spaltet sie sich leicht in zwei rhythmisch coor- 
dinirte Takte, d. h. die zweitstärkste Silbe erhält einen dyna- 
mischen Accent ersten Grades; z.B. in dem Satze -V^* zTrxfdi 
fd'rle:zutd*ny:b^r (oder fö-rlezu:fd^ny:h^r) grrxis^ a'U*rtü:ms 
ku'nd* *er besuchte die Vorlesungen über griechische Alter- 
thumskunde*. Steht aber eine solche Reihe nachdrucksloser im 
Innern des Satzes, und liegt insbesondere der Nachdruck auf 
einem späteren Takt, so wird zugleich mit einer Minderung der 
Quantität auch der Nachdruck der ganzen Reihe geschwächt, 
Und die zweitstärkste Silbe dadurch zum Range einer bloss 

Sierers, Phonetik. 5. Anfl. \<o 



242 653. Die Abstufungen der Satztakte unter einander. 

mittelstarken Silbe herabgedrückt, z. B. in dem Satze -(fi 
al't'rtümskumd'istavn' toi'8niaftwe:ly^ . . . *die Alterthums- 
künde ist eine Wissenschaft welche . . .' Man könnte hier auch 
abtheilen -rft alt^rtüms kundtut at?i^ vnsnSqft loely^^ manmüsste 
dann aber dabei noch ausdrücklich anmerken und bezeicken, 
dass der zweite und dritte Takt zum ersten, der fünfte Tab 
zum vierten in einem durchaus untergeordneten Verhaltnisg 
stehen. Zieht man es aber vor, die untergeordneten Takte mit 
den dominirenden zusammenzuziehen^ so muss man in ähnlicher 
Weise doch auch den Accentabstufungen der Einzelsilben noch 
Rechnung tragen. In dem oben gegebenen Takte a'Wriüm^ 
ku:ndHstai:n^ haben wir zwar zwei mittelstarke Silben, aber 
dieselben sind doch nicht absolut gleich an Stärke, femer ist 
die dritte hier als ^schwach' bezeichnete Silbe tüms stärker als 
die ebenfalls ^schwache' zweite <'r, ebenso die Silbe ist stärker 
als rf', und wiederum stehen weder diese beiden stärkerai 
Silben tüms und ist einander an Stärke völlig gleich, noch die 
beiden schwächsten t^r und d\ 

653. Die Schwierigkeit der Bezeichnung wächst natürKch 
mit der Anzahl der Glieder, deren Abstufung zu bezeichnen 
ist. Es empfiehlt sich daher vielleicht aus praktischen Grün- 
den, so viele Takte auszusondern als möglich, und die relative 
Stärke dieser Takte durch vorgesetzte Ziffern anzugeben, der- 
gestalt, dass 1 einen Takt grösster Stärke, 2, 3, 4 etc. Takte 
von continuirlich geringer werdenden Stärke andeuten; dann 
erspart man sich die Bezeichnung der Abstufung der einzelnen 
Silben, da dieselbe sich in den so gewonnenen kürzeren Takten 
leicht von selbst regelt ; also etwa 5*rb^ 2züxt^di Ifö^rleimfi 
4nyh*r 2gr%%is^ lalt^rtüms 3kimd\ 

Cap. 33c Der musikalische oder tonische Wort- 

nnd Satzaccent. 

1. Vorbemerkungen. 

654. Unter musikalischem oder tonischem Wort- 
accent verstehn wir die Tonlage und Tonführung des isoKrten 
Einzelwortes. Aus dieser Definition ergibt sich sofort, dass 
gerade dieser Theil des Wortaccents nicht ohne gewisse 
Schwierigkeiten zu beobachten und festzulegen ist. Denn das 
Wort erscheint normalerweise nicht isolirt, sondern als im Sat«ö 
gebunden, und darum ist die Tonlage und Tonführung des 



664. 656. Der tonische Wort- und Satzaccent. 243 

wichergestalt gebundenen Wortes nicht die des Wortes an sich, 
londem sie beruht auf einem Compromiss zwischen dem eigent- 
BTortaccent und dem (ideellen, 655) Satzaccent desjenigen 
Satzstückes, dem das Wort angehört. Das gilt selbst von 
prachlich isolirten Wörtern, die innerhalb der zusammenhän- 
(enden Rede auftreten. Diesen mag zwar die grammatische 
iindung fehlen, aber nicht so auch die begrijffliche etc., denn 
ene Wörter haben zugleich Satzfunction (sie sind einwertige 
Jätze im Sinne von 612) und nehmen danach auch an der Ein- 
räkung des Satzaccents Antheil. Der eigentliche tonische 
SVortaccent tritt erst dann hervor, wenn man das Einzelwoii; 
roUkonmien äff ect- und beziehungslos ausspricht: eine Auf- 
jabe, die freilich in der Regel nicht ohne sorgsamste Uebung 
befriedigend zu lösen ist. Zur Unterstützung kann dabei die 
Vergleichung von Sätzen dienen, die nach der Begriffs- und 
Affectseite hin vollkommen gleich gebaut sind. So wird z. B. 
die Beobachtung, dass die isolirte 3. Sing, geht im Deutschen 
[nach der norddeutschen und bühnengemässen Aussprache) 
höher liegt als die isolirte 3. Plur. gehn (vgl. 668), durch die 
veitere Beobachtung unterstützt und bestätigt, dass in dem 
affectlosen Aussagesatz sie geht die Tonhöhe von sie zu geht 
steigt (= z\, ge'i}j dagegen in dem gleichartigen sie gehn (= zi ' 
^t.w) von sie zu gehn hin fällt, d. h. durch die Beobachtung, 
dass die verschiedene Tonhöhe von geht und gehn auch für die 
Tonführung des Satzes mit massgebend ist. Weiteres dazu 
8. 663 ff. 

655. Innerhalb des Gesammtgebiets des musikalischen 
oder tonischen Satzaccents sind zunächst die zwei Unter- 
'ebiete des empirischen und des ideellen Satzaccents zu 
Uiterscheiden. Zum empirischen (musikalischen) Satzaccent 
ehören die Tonlage, die Tonführung und die Tonqualität der 
artigen empirischen Rede, vom einfachsten isolirten Satz auf- 
;eigend bis zu den compHcirtesten Satzgefügen von Rede und 
-egenrede. Dieser empirische Satzaccent ist aber nicht etwas 
inheitliches. Er beruht vielmehr, wie schon in 654 angedeutet 
urde, auf einem Compromiss zweier Factoren, nämlich des 
nischen Wortaccents einerseits und desjenigen Theils des 
nischen Satzaccents, den wir als den ideellen zu bezeichnen 
tben. Dieser begreift diejenigen tonischen Charakteristica des 
itzes in sich, die dem Satze als solchem zukommen, abgesehn 
so von denjenigen Veränderungen, welche im empirischen 



244 6Ö6. 657. Der tonische Wort- und Satzaccent. 

Einzelsatz durch den Einfluss des tonischen Wortaccents her- 
vorgebracht werden. 

656. Tonischer Wortaccent und ideeller tonischer Satz- 
accent können zumal bezüglich der Tonführung entweder gleich- 
gerichtet sein oder sich kreuzen. In dem isolirten Wort morgen 
liegt z. B. nach der nord- und bühnendeutschen Aussprache die 
Starktonsilbe mor höher als die Schlusssilbe gen (mo'r-gn. oder 
mo'r-gf.)y und dieser absteigende Tonschritt bleibt (nur even- 
tuell mit anderm Intervall) auch etwa am Schlüsse des Aus- 
sagesatzes ich komme morgen. Hier ist also die (absteigende' 
Richtung des Tonschritts in Wort und Satz dieselbe. In dem 
Fragesatz kommst du morgen ? steigt dagegen die Tonhöhe von 
mor zu gen^ also komstumör.gn' etc. (man beachte dabei, dass 
die Höhenstellung der Punkte nur die relative Tonhöhe der 
beiden Nachbarsilben bez. die Richtung des Tonschritts aus- 
drücken sollen, nicht etwa zugleich die absolute Tonhöhe etwa j 
der Starksilbe mor: in dem gegebenen Beispiel liegt z. B. das 
mor des Aussagesatzes normaler Weise tiefer als das mo.r des 
Fragesatzes). Hier ist also der Wortacccent dem Satzaccent 
unterlegen, der Fallschritt des Wortaccents in einen Steigschritt 
des Satzaccents verwandelt worden. Es kann aber auch der 
umgekehrte Fall eintreten^ dass der Wortaccent als der stär- 
kere Factor erscheint. So macht sich z. B. der Tonhöhenunter- 
schied der isolirten Wörter geht und gehn (ge-t und ge.n, 654j 
auch in den Parallelsätzen sie geht und sie gehn (phonetisch 
A, ge't und zv ge.n) geltend, indem sich die Sichtung des Ton- 
schritts je nach der Tonhöhe des führenden Starktonworts um- 
gestaltet. 

657. Ein Beispiel wie das eben gegebene ist zugleich ge- 
eignet, den Unterschied zwischen empirischem und ideellem 
tonischem Satzaccent noch weiter zu illustriren. Hinsichtlick 
des empirischen Satzaccents wäre hier einfach zu constatiren, 
dass der Satz sie geht mit steigendem, der Satz sie gehn mit 
fallendem Tonschritt gesprochen wird (man kann das etw» 
durch sie/geht und sie\gehn graphisch andeuten). Ganz andeß 
hätte die Regel für den ideellen Accent dieser und ähnlich ^ 
bauter Sätze zu lauten, der doch wohl, schon aus allgemeinfli 
Gründen, für einheitlich angesehn und daher auch auf eine eift* 
heitUche Formel zurückgeführt werden muss. Diese form 
würde hier lauten: in Sätzen wie sie/ geht und sie\gehn empßDj* 
das (schwachtonige) Pronomen jeweilen diejenige Tonlaft 



i-i* 



•ii 



668. Der tonische Wort- und Satzaccent. 245 

reiche der Tonlage des führenden (starktonigen) Verbums 
intgegengesetzt ist, d.h. liegt das Verbum hoch, so wird das 
?ronoinen tief, liegt das Verbum tief, so wird das Pronomen 
noch, u. s. w. Für das Verständniss des (empirischen) tonischen 
äatzaccents ist die Beachtung aller solcher Oontrasterscheinun- 
gen Yon grösster Wichtigkeit (vgl. 682). 

668. Für das Verhältnißs des tonischen Accents 
EUJD. dynamischen ist noch Folgendes zu beachten. Wie in 
der Musik der Wechsel von Tönen verschiedener Höhe (hoch 
und tief) nichts mit dem Wechsel ihrer Stärke (forte und piano) 
tsi thun hat, so ist auch der Wechsel der Tonhöhen in der 
fiprache unabhängig von dem Wechsel der Tonstärke 
laden einzelnen Lauten, Silben, Wörtern, Sprechtakten u. s.w. 
Man kann ebenso gut einen lauten Ton tief und einen leisen 
Ton hoch singen wie umgekehrt, und ebenso gut kann man eine 
starke Silbe mit tiefem, eine schwache Silbe mit hohem Ton 
^»rechen wie umgekehrt. Es beruht daher auf einem voUstän- 
^gen Verkennen nicht nur der theoretischen Möglichkeiten, 
sondern auch der thatsächlichen Verhältnisse, wenn man be- 
.lauptet hat, die stärkste Silbe z. B. eines Wortes müsse auch 
den höchsten Ton haben. Man pflegt zur Begründung dieser 
Behauptung wohl zu sagen, das stärkere Anblasen der Stimm- 
bänder in starken Silben müsse deren Ton in die Höhe treiben, 
me das bei jedem mechanischen Zungenwerk geschieht. Dabei 
lässt man aber ausser Acht, dass die Stimmbänder nicht eine 
ein für allemal fixirte Stimmung haben, wie die Zungen der 
mechanischen Zungenwerke. Die Wirkung des stärkeren An- 
blasens kann demnach durch entsprechende Gegenwirkung der 
Kehlkopfarticulation (d. h. entsprechenden Wechsel der Stinmi- 
bandspannung) ohne alles Weitere und ganz mühelos selbst 
mehr als bloss compensirt werden. Wo daher Starkton mit 
Hochton, und Schwachton mit Tiefton factisch zusammengeht, 
beruht das keineswegs auf einem nothwendigen innem Zusam- 
menhang, sondern ist rein Sache der Gewohnheit im einzelnen 
Falle. Man sieht das besonders deutlich daraus, dass fast über- 
all sämmtliche Tonlagen und Tonschritte der Sprache, die im 
isolirten Wort oder in einer bestimmten Satzart vorkommen, 
unter gegebenen Umständen, z. B. durch besondere Bindung 
des Worts im Satze, durch Wechsel der Satzart oder der Stim- 
mung, durch Wahl eines andern Führtons (vgl. 657) u. s. w. in 
ihr directes Gegentheil umgelegt werden können, auch ohne 
alle Verschiebung der dynamischen Verhältnisse. Beispiele 



246 6ö9. 660. Der tonische Wort- und Satzaccent. 

dafür sind bereits im Vorhergehenden gegeben. Man ver 
gleiche etwa aussagendes morgen^ behalten mit den Tonfolgen 
• . und ••. mit fragendem ;»or^ew.^, behalten? mit den umgekehr- 
ten Tonfolgen . • bez. .•• , oder singularisches sie /geht mit stei- 
gendem Tonschritt neben pluralischem sie\gehn mit fallendem 
Tonschritt, und so weiter in buntesten Wechsel, nicht nur von 
Satzart zu Satzart, von Stimmung zu Stimmung u. ä., ^sondern 
auch von isolirtem Wort zu isolirtem Wort, wenn man da die 
Gewohnheiten der einzelnen Sprachen und Mundarten mit ein 
ander in Vergleich stellt. Dasselbe Resultat bezüglich der Un- 
abhängigkeit der Tonhöhe von der Stärke eines Lauts, einer 
Silbe u. s. w. folgt übrigens auch schon aus der Thatsache, dass 
innerhalb der dynamisch einheitlich gebauten Einzelsilbe doch 
ganz verschiedene Arten der Tonbewegung möglich sind (vgl 
599 ff.). 

659. Dagegen besteht in einem andern Sinne allerdings ein 
innerer Zusammenhang zwischen dynamischem und tonischem 
Satzaccent, insofern die Grösse (aber nicht die Richtung! 
der Tonschritte wenigstens innerhalb gewisser Grenzen der 
Grösse der Druckunterschiede proportional zu sein pflegt. Je 
stärker man in der Rede Silben oder überhaupt Satztheile 
irgendwelcher Art dynamisch gegen einander differenzirt, um 
so grösser werden auch die beim Sprechen durchlauf enen Inter- 
valle, und umgekehrt. Noch stärker als die rein dynamischen 
Unterschiede wirken aber hier die Affectunterschiede, da ja 
die Affectunterschiede sich überhaupt in erster Linie im Musi- 
kalischen der Sprache geltend machen. 

660« Hierbei ist natürlich nicht zu übersehen, dass es sich bei alien 
diesen Erscheinungen nur um relative Unterschiede innerhalb einer ein- 
heitlichen Sprache etc. handelt, die mit den absoluten Massen der Ton- 
schritte, die in verschiedenen Sprachen bei gleicher Sprechweise üblich 
sind, nichts zu thun haben. Es ist an sich sehr wohl möglich, dass eine 
Sprache oder Mundart gewohnheitsmässig auch bei dynamisch nicht be- 
sonders differenzirter imd affectfreier Sprechweise grössere Tonschritte 
anwendet als eine andere Sprache etc. selbst bei stärkerer dynamischer 
Diflferenzirung oder im Affectsprechen. Vergleichbar sind hier eben nur 
die verschiedenen Sprechweisen, denen ein und dasselbe sprachliche Mate- 
rial in der Rede unterworfen werden kann und gewohnheitsmässig unte^ 
werfen wird. 

2. Der tonische Wortaccent. 

661. Man pflegt im Allgemeinen wohl Sprachen und Mdd<I' I ,^ 
arten mit stark und weniger deutUch ausgeprägtem tomsckettj;^ 



661—664. Der tonische Wortaccent. 247 

Wortaccent zu unterscheiden. Zur ersteren Gruppe rechnet 
aaan von den germanischen Sprachen z. B. etwa das Schwe- 
üsche und Norwegische, femer etwa das Litauische und Ser- 
jische, von nichtindogerm. Sprachen in erster Linie das 
[Chinesische, etd., zur zweiten Gruppe etwa Sprachen wie 
Deutsch, Englisch u. dgl. Der Unterschied ist wirklich vorhan- 
ien, aber doch nur ein gradueller, denn auch bei den Sprachen 
ier zweiten Gruppe finden sich thatsächlich auch im Worte 
unterschiede der Tonlage und Tonführung, nur fallen sie nicht 
jo stark in's Ohr wie bei den Sprachen der ersten Gruppe. 

663« Die Gründe für diese Verschiedenheit der Wirkung auf das 
Ohr können im Einzehien sehr verschieden sein. Hier möge nur zweierlei 
tiervorgehoben werden. Einmal kommt die Grösse der jeweilen üblichen 
rondistanzen bez. Tonschritte sehr wesentlich in Betracht, insofern das 
grössere Intervall allgemein stärker wirkt als das kleinere. Femer mar- 
kirt sich der tonische Wortaccent um so deutlicher, je mehr eine Sprache 
wesentlich gleichartige Wortformen durch Tonlage und Tonführung prin- 
cipiell zu differenziren pflegt. Hier steht namentlich das Chinesische 
voran, bei dem ein und derselbe (einsilbige) Lautcomplex ganz verschie- 
dene Bedeutung hat (also verschiedene 'Wörter' darstellt), je nachdem er 
mit hohem oder tiefem, mit steigendem oder fallendem Ton u.8.w. ge- 
Bprochen wird. Analogien dazu weisen auch Sprachen wie Norwegisch 
und Schwedisch auf in Parallelen wie etwa norw. vesten 'westlich' und 'die 
Weste', bönner 'Bohnen und 'Bauern', taget 'genommen und 'das Dach'; 
hier wird bei der jeweilen an erster Stelle gegebenen Bedeutung das betr. 
Wort mit tieferem Fallton auf der ersten, mit höherem Steigton auf der 
zweiten Silbe gesprochen, bei der an zweiter Stelle gegebenen Bedeutung 
aber mit zwei Falltönen, deren zweiter tiefer liegt als der erste, u. s. w. 
(Weiteres dazu s. 678). 

Für die tonische Charakteristik des Einzelworts ist nament- 
lich Viererlei zu beachten: 

663. Die relative Tonlage, d. h. die relative Stellung, 
welche sei es das Einzelwort, sei es eine Gruppe formell oder 
begrifflich zusammengehöriger Wörter oder Wortformen im 
Gegensatz zu andern solchen Einzelwörtem oder Gruppen in 
der Tonscala gewohnheitsmässig eiunimmt. Bei mehrsilbigen 
Wörtern oder Wortformen wird man bei der Vergleichung am 
besten von den habituellen Tonhöhendifferenzen der Starkton- 
silben ausgehn. 

664« Die relative Worttonlage ist gewöhnlich nicht ganz leicht fest- 
^stellen, weil sie meist durch den Einfluss des Satzaccents verschoben 
oder überdeckt werden kann. Daher hat man bisher fast nur bei Sprachen 
"^e dem Chinesischen allgemeiner auf die eben dort für das Verständniss 
^ea Gesprochenen direct mit massgebenden Unterschiede der Wortton- 
lage (vgl. 662) geachtet, sie aber da nicht systematisch oder gar nicht 



248 665—667. Der tonische Wortaccent. 

erforscht, wo sie für das Yerständniss der Rede weniger essentiell sind. 
Thatsächlich spielen aber auch in Sprachen wie dem Deutschen, Eng- 
lischen, Französischen diese Unterschiede eine sehr wichtige Bx)lle, nicht 
nur an sich, sondern auch als Basis für die specifische Verschiedenheit der 
Tonführung im Satze (vgl. oben 654 und unten 682). Im Folgenden kön- 
nen daher auch einstweilen nur einige Andeutungen über die Richtimgen 
gegeben werden, in denen sich die weitere Forschung beispielsweise zu 
bewegen haben wird. 

665. Zunächst sind diejenigen Verschiedenheiten der Tonlage aus- 
zusondern, welche auf mehr oder weniger rein mechanischen Ursachen 
beruhen und daher auch oft in Sprachen und Mundarten gleichmässig 
durchgehn, welche sonst in Bezug auf Tonlage imd Tonführung zu ein- 
ander im Contrast stehn. Dahin gehören vor Allem die Unterschiede der 
Tonlage, welche von der Verschiedenheit der Articulationsstellung der 
einzelnen Vocale abhängen. So wird z. B. wohl in allen deutschen Mund- 
arten etwa binden mit höherem Ton gesprochen als banden. Die Erklä- 
rung dieser Thatsache liegt in Folgendem. Beim i ist die Zimge mehr 
nach vom und oben geschoben als beim a, und diesem Zug folgt auch der 
Kehlkopf ein wenig ; Hebung des Kehlkopfs bedeutet aber (wenn nicht im 
Einzelnen wieder besonders ausgeglichen wird) zugleich eine stärkere 
Spannung der Stimmbänder und damit eine Erhöhung ihres Tones. Diese 
Wirkung ist so stark, dass sie sich sogar bei etymologisch gleichartigen 
Vocalen geltend macht, deren Articulationsstellung durch den Einfluss 
benachbarter unsilbischer Laute modificirt ist. Daher zeigen die in 478 
erörterten Beispiele wie deutsch Fi'nder, Bi'nder : Ki.nder (mit nicht 
palatalemÄ), JRi.nder, engl, thee' : tea. zugleich auch Unterschiede der Ton- 
höhe in der durch die Stellung der Punkte angedeuteten Richtung. Man 
beachte übrigens auch, dass diese mechanisch bedingten Unterschiede der 
Tonlage im Satze auch da bleiben, wo bloss habituelle (666) Unterschiede 
bei Veränderung des Satzaccents (vgl. 682) in ihr Gegentheil umgele^ 
werden, dass also z. B. Finder, Binder auch in der Frage höheren Ton 
behalten als Kinder , Rinder u. dgl. 

666« Andere Unterschiede der Tonlage sind habituell, oder, was 
zum Theil auf dasselbe hinausläuft, historisch bedingt. Für sie ist es 
charakteristisch, dass ihre Toncontraste umlegbar sind, sei es etwa in 
den verschiedenen Mundarten einer und derselben Sprache (bez. in unter- 
einander verwandten Sprachen), sei es durch die Wirkung veränderten 
Satzaccents. Wenn z. ß. nord- und bühnendeutsch isolirtes ha'lten mit 
höherem Ton des a gesprochen wird als das Compositum beha.lten, so 
kehrt sich die Tonlage in der oberdeutschen Aussprache um, also haMen 
mit tieferem, behwUcn mit höherem Ton (ähnlich etwa engl, ge.t im Gregen- 
satz zu forge't). Bei Frageton aber werden alle diese Gregensätze direct 
umgekehrt; es heisst also norddeutsch umgekehrt ha.Uenf: heha'ltenh 
oberdeutsch halten ? : beha.lten f , engl, ye'1 f : forge.t f u. dgl. Als Nonnal- 
tonlage hat in allen solchen Fällen natürlich wieder die des nach 654 
affect- und beziehungslos ausgesprochenen Wortes zu gelten, nicht die 
durch Affect oder Beziehung hervorgerufenen Umlegungsformen. 

667. Habituelle Verschiedenheit der Tonlage kann mit begrifflichen 
Unterschieden zusammenhängen. So werden z.B. im Deutschen Familien- 
namen adjektivischer Herkunft durch Contrast der Tonlage von sonst 



668.669. Der tonische Wortaccent. 249 

leichartigen Namen substantivischer Herkunft geschieden, d. h. die erste- 
m liegen im Norden höher, im Süden tiefer als die letzteren ; vgl. z. B. 
ontrastpaare wie Schö'ne : JBö.hme oder SchWn : Bö.hm (aber süddeutsch 
:hö.n : iö'hm, und fragend umgelegt norddeutsch Schö.nf: Bö'hmf, süd- 
intsch Schö'nf : Bö.hmf) etc. Ebenso bei zusammengesetztem Eigen- 
kmen mit adjektivischem und substantivischem erstem Grlied, wie nord- 
latsch A'Uenhurg : Fa.lkenhurg (aber fragend umgelegt A.ltenburgf : 
%'lhenburg f, und umgekehrt im Süddeutschen) u. dgl. mehr. Dass es sich 
er nicht um mechanisch bedingte Unterschiede handelt, geht schon aus 
sr Umlegbarkeit der Tonlagen hervor, ausserdem auch aus dem Umstand, 
kss das adjektivische SchWne nach der norddeutschen Aussprache höher 
ig^t als das substantivische Bü.hme, obwohl das anlautende I an sich die 
Anhöhe des folgenden Palatalvocals gegenüber labialem Anlaut herab- 
ückt. — In letzter Instanz mögen übrigens die hier vorgeführten Con- 
aste der Tonlage im Satzaccent wurzeln, d. h. auf einen typischen Unter- 
hied der Tonlage von im Satze gebundenem Adjektiv -\- Substantiv 
irückgehn. Sie haben sich dann aber thatsächlich vom Satzaccent los- 
jlöst, denn sie bestehn eben auch bei völlig isolirten Einzelworten. 

668« Weit grösser ist die Anzahl und die Mannigfaltigkeit der 
)rinell bedingten Tonlagenunterschiede. Im Deutschen lässt sich 
eispielsweise u. A. Folgendes beobachten. Nach nord- bez. bühnendeut- 
iher Aussprache liegen die Starktonsilben von Compositis mit schwach- 
)niger Vorsilbe tiefer als die der entsprechenden Simplicia oder sonst 
tttsprechender Wortformen, vgl. etwa Contrastpaare wie beha.Hcn : ha'lten 
der verge.hn : ge'hn. Dies gilt auch bei secundärer Verkürzung der Wort- 
>lge, vgl. etwa Glau.be : Lawbe, glil.cken: Mü'cken, Gna.de : Scha'de u. ä. aus 
ihd. geloube : loube etc., seihst gö.n7ien : kö'nnen u.dgl. Bei der Umlegung 
es Satzaccents (z. B. in der Frage) kehren sich auch hier die Contraste 
m, desgleichen wieder beide Contraste in der süddeutschen Aussprache 
nit der hier z.B. auch das Englische zusammengeht: forge't : ge.t, belie'f: 
rie.f u. dgl.). Im Norddeutschen drückt, im Süddeutschen hebt femer 
m Allgemeinen zunehmende Silbenzahl die Tonlage, vgl. z. B. norddeut- 
ches Bad mit höchster, bade mit mittlerer, badete mit tiefster Tonlage, 
^drerseits drückt (nach einer mündlich mitgetheilten Beobachtung von 
J.Burchardi) jeder Circumflex (606) die Tonhöhe im Norddeutschen herab, 
md zwar derartig, dass selbst der Einfluss der Silbenzahl überwunden 
werden kann ; vgl. etwa norddeutsches ich si'nge mit du si.ngst (genauer 
'-('19^ : zt.f98t), oder Contraste wie Braut : (er) brau.t (genauer brdo't : brao.t) 
3« dgl. Aus dem Französischen sei beispielsweise angeführt, dass die urspr, 
^eisilbigen Ausgänge mit sog. stummem e tiefer liegen als Ausgänge 
>hne dieses e, also etwa in Paaren wie m. amr : f. amie.j oder m. ainie' : 
6öi. aimee. , u. s. w. (hierüber und über andre Erscheinungen verwandter 
^atur wird demnächst eine Untersuchung von J. Poirot weitere Auf- 
lärung bringen). 

669. Die relativen Tonhöhen der einzelnen Silben 
tid ihre Intervalle. Die eingehendsten Untersuchungen 
ber hierher gehörige Fragen verdanken wir den schwedischen 
*lionetikem. Diese gehn bei der Vergleichung von dem tiefsten 
cn aus den ein Wort in irgend einer Silbe aufweist (dem 



250 670—673. Der tonische Wortaccent. 

Grundton oder Gravis). Von ihm aus werden die Intervalle 
gemessen, um die sich die übrigen Silben von ihm entfernen. 
Dies Verfahren hat grosse praktische Vorzüge. Mit Rücksicht 
auf die jedesmal gleichzeitig festzustellende Tonlage des ganzen 
Worts dürfte es sich jedoch empfehlen mindestens daneben 
auch noch ein zweites Berechnungssystem einzuführen, das als 
Basis der Vergleichung die jeweilige Tonhöhe der Starktonsilbe 
nimmt (vgl. 663). 

670. Wie viele Abstufungen der Tonhöhe anzusetzen seien, lässt sich 
nicht allgemein bestimmen, auch die Grösse der Intervalle ist eine sehr 
verschiedene. Noreen findet z. B. in der Mundart von F&rö drei Stufen, 
die er als Gravis, hohen Gravis und Acut bezeichnet; der zweite liegt 
eine Secunde über dem Gravis, der dritte eine Terz; ausserdem gibt es 
einen doppeltönigen Circumflex aus Terz -f- Grundton ; in der Mnndsu*t tob 
Dalby bestehen die drei ersten Töne aus Grundton, kleiner Terz und 
Quinte, dazu kommt ein Circumflex aus der kleinen Terz -f- Quinte; die 
Mundart von Fryksdal dagegen kennt nach Noreen vier einfache Ton- 
abstufungen, den tiefen Gravis = Grundton, den hohen Gravis = Terz, 
den tiefen Acut = übermässiger Quart, imd den hohen Acut = Quinte; 
dazu drei Circumflexe, s. 606. 

671. Die Anordnung, in der die einzelnen Töne 
oder Intervalle auf einander folgen. Auch hier ver- 
danken wir die genauesten Beobachtungen wieder schwedischen 
Forschem wie Noreen, Kock u. A. 

672. In dem Dialekt von Färö ist nach Noreen's Untersuchungen 
(unabhängig von den Stärkeabstufungen, des dynamischen Accents) die 
Reihenfolge hoher Gravis, Acut, Gravis, Gravis, in dem von Fryksdal 
tiefer Acut, tiefer Acut, Acut, Gravis, hoher Gravis, Acut. Diese Eegel 
erstreckt sich auch auf die zweitönigen Circumflexe ; jede circumflectirte 
Silbe gilt gleich zwei auf einander folgenden Silben, welche die im Cir- 
cumflex vereinigten Töne einzeln enthalten. Für das Deutsche fehlen ein- 
gehendere Untersuchungen dieser Art noch so gut wie ganz. Andeutend 
sei hier nur hervorgehoben, dass es sich im Deutschen grossentheils um 
(im Satze etc. umlegbare) Contrasttöne handelt, und dass der Oontrast 
auch auf die Grösse der Intervalle von Einfluss ist. So drückt z. B. im 
Nord- und Bühnendeutschen die hohe Vortonsilbe in Compositis wie 
be'ha.lten, ver'ge.hn (666) durch Contrast die Tonhöhe der Starktonsilbe 
unter das Niveau derselben Silbe im Simplex halten, gehn, imd umge- 
kehrt im Süddeutschen u. s. w. 

673. Die Richtung der Stimmbewegung in den ein- 
zelnen Silben. Im Deutschen und EngUschen haben meist 
alle Silben eines Wortes gleichmässig fallenden Silbenaccent 
(601), z. B. in dem Satze ich komme mörgen\ in der einfachen 
Frage kommst du morgen? haben dagegen beide Silben von 
morgen steigenden Silbenaccent. Die Richtung der StiiMö- 
bewegung innerhalb desselben Wortes ist in beiden Fällen die 



674 — 676. Der tonische Wort- und Satzaccent. 251 

ämliche, man kann also hier von einem gleichlaufenden 
?onfall reden. In andern Sprachen ist es dagegen üblich, 
lilben mit entgegengesetzter Richtung des Silbenaccents zu ver- 
laden. Im Norwegischen und Schwedischen herrscht z. B. nach 
en Untersuchungen von Storm, Sweet, Kock u. a. in ursprüng- 
ch zweisilbigen Wörtern die Verbindung von fallendem mit 
beigendem Accent (^ , s. 601 f., auch 662) ; die stärkere Stamm- 
ilbe hat den tieferen und fallenden, die schwächere End- 
ilbe den höheren und steigenden Ton. Im Serbischen dagegen 
xistirt nach Masing die umgekehrte Verbindung von hohem 
teigendem mit hohem fallendem Ton (^J in alten zweisilbigen 
)xytonis u. s. w., z. B. in voda Wasser, im Gegensatz zu dem 
rsprtinglich barytonirten Accusativ vodu mit gleichlaufendem 
?onfall und dynamischem Accent auf der ersten Silbe bei tie- 
erer Stimmlage. Wir können diesen zweiten Tonfall als den 
gebrochenen bezeichnen. Dieser ist übrigens auch in deut- 
chen Mundarten hie und da anzutreffen, z. B. herrscht er wohl 
ti den meisten Schweizermundarten und sonst. Aber die Inter- 
alle des Steigens und Fallens der Stimme sind hier nicht so 
P'oss als etwa im Schwedischen und Serbischen, und das macht 
lie Sache weniger leicht wahrnehmbar (662). 

674. Der gebrochene Tonfall eines zweisilbigen "Wortes ist voll- 
tändig zu parallelisiren mit den doppeltönigen Silbenaccenten, 601; 
prachgeschichtlich sind auch gar häufig Monosyllaba mit Circumflex durch 
/^erkürzung von mehrsilbigen Wörtern entstanden, deren Dauer, Strom- 
iruckabstufungen und musikalische Modulation sammt und sonders in 
lie eine Silbe zusammengerückt sind. Einzelne Beispiele hierfür gewähren 
lamentlich wieder die Arbeiten von Noreen über schwedische Dialekte. 

3. Der tonische Satzaccent. 

675. Auch bezüglich der tonischen Charakteristik des 
Satzes hat der Beobachter sein Augenmerk auf verschiedene 
Punkte zu richten. Namentlich lerne man zunächst diejenigen 
Eigenheiten, welche dem ganzen Satz zukommen, von den- 
enigen scheiden, welche einzelne Theile desselben betreffen. 
5u den ersteren gehört insbesondere : 

676. Das Sprechen in einer gewissen Stimmlage, 
ind zwar unabhängig von der speciellen Füllung des Satzes 
lurch Worte (vgl. Sweet S. 95). Für gewöhnliche Zwecke ge- 
lügt es, mit Sweet drei Stufen derselben anzusetzen, eine 
lohe, mittlere und niedere. Die erste bezeichnet Sweet 
lurch vorgesetztes r, die letzte durch vorgesetztes l, die 



252 677. 678. Der tonische Satzaccent. 

mittlere Stimmlage bleibt unbezeichnet. Die eigentliche Modu- 
lation des Satzes wird durch die verschiedenen Stimmlagen 
nicht beeinflusst. Diese selbst richten sich theils nach der 
natürlichen Beschaffenheit des Stimmapparats (wonach z.B. 
Kinder und Frauen in einer höheren Stimmlage sprechen als 
Männer), theils dienen sie in willkürlichem Wechsel zum Aus- 
druck verschiedener Stimmungen oder logischer Verhältnisse. 
Hohe Stimmlage ist den Ausdrücken starker und freudiger Er- 
regungen eigen, tiefe Stimmlage denen der Trauer oder der 
Feierlichkeit. Von den verschiedenen Satzarten zeichnen sich 
die Fragesätze meist durch höhere Stinmdage aus. Paren- 
thetische Schallsätze empfangen in der Kegel contrastirende 
Stimmlage, d. h. sie werden entweder tiefer oder höher gelegt 
als die umgebenden Sprachstücke, je nachdem diese selbst mit 
relativ hoher oder aber mit relativ tiefer Stimmlage gesprochen 
werden, u. dgl. mehr. 

677. Die Anwendung eines bestimmten Silben- 
ac Cents durch den ganzen Satz hindurch, um diesem einen 
bestimmten Ausdruck zu verleihen ; so macht die Anwendung 
eines nur um ein geringes Intervall steigenden Silbenaccents 
bei relativ hoher Stimmlage den Eindruck klagender, weiner- 
licher Stimmung (oben 604) u. s. w. 

678. Anhangsweise ist auch hierher zu stellen die An- 
wendung einer bestimmten Stimmqualität. In erster 
Jjinie kommen hier die verschiedenen Arten der Reinheit oder 
Glätte des Stimmtons in Betracht; daneben mag noch das 
Tremuliren oder Beben der Stimme besonders erwähnt wer- 
den, welches im Wesentlichen auf einem Zittern im Kehlkopf 
beruht, das geringe Schwankungen in der Stärke und Tonhöhe 
der Stimme hervorruft. 

Alle diese Abstufungen dienen zum Ausdruck verschiedener 
Stimmungen. Ihre Scala ist sehr umfänglich: sie erstreckt sich 
von den sanftesten, flötenartigen Tönen der lyrischen Declama- 
tion bis zu den heiseren Tönen der verbissenen Wuth und 
des Hasses. (Einige Angaben hierüber s. bei Merkel, Laletik 
S. 356 ff.). 

Andere Eigenthümlichkeiten, die auf den Gesammtklang 
der Sprache einwirken können, wie das helle oder dunkle 
Timbre, Verengung der Bänderglottis, geringere oder stärkere 
Mundöffnung u. s. w. (Sweet S. 97 ff.) können kaum noch zu den 
musikalischen Charakteristicis des Satzes im engem Sinne des 
Wortes gerechnet werden. 



679—682. Der tonische Satzaccent. 253 

679. Man kann auch während des Sprechens aus einer 
Iprechweise in die andere übergehen, entweder sprungweise 
der aUmählich. Allmähliche Steigerung der Stimmhöhe z. B. 
- wie man sie z. B. beim Ausdruck steigender Aufregung und 
jeidenschaft hört — bezeichnet Sweet durch vorgesetztes / r, 
llmähliches Sinken durch \ l. 

680. Was die eigentliche Modulirung des Satzes 
nlangt, so lässt sich da über den Wechsel der Tonhöhen 
m Einzelnen kaum eine allgemeinere ßegel aufstellen. 
[!s lässt sich z. B. keinerlei Auskunft darüber geben, welche 
ntervalle überhaupt die Stimme innerhalb eines empirischen 
latzes durchlaufen könne. Denn die Satzintervalle sind, wie 
chon 659 ausgeführt wurde, nicht fest, sondern dehnbar. Es 
:önnen also je nach den Umständen und der Stimmung des 
Sprechenden einmal die allergewaltsamsten Tonsprünge vor- 
lommen, während anderwärts der ganze Satz oder die ganze 
lede monoton heruntergeleiert wird. 

681. Dagegen lassen sich wohl gewisse allgemeine Ten- 
lenzen der Tonführung im Satze beobachten. Um über diese 
q's Klare kommen zu können, hat man vor Allem den in 655 ff. 
TÖrterten Unterschied von empirischer und ideeller Ton- 
ührung im Auge zu behalten. Am leichtesten erkenntlich ist 
m Allgemeinen die ideelle Tonführung des Satzschlusses, 
nsofem gerade hier die verschiedenen Satzarten etc. durch be- 
jtimmte Cadenzen charakterisirt zu werden pflegen. So fällt 
un Schluss einfacher Aussagesätze gewöhnlich die Stimme, 
«während sie im Schluss des Fragesatzes ohne Fragewort zu 
^össerer Tonhöhe emporsteigt, der Schluss des Fragesatzes 
nit Fragewort gern durch steigend-fallende Cadenz ausgezeich- 
let wird, u. s. w. 

682. Im Uebrigen beruht, wie ebenfalls bereits 655 ff. aus- 
geführt worden ist, die empirische Modulation des Einzelsatzes 
Luf einem Oompromiss zwischen dem tonischen Wortaccent und 
lem ideellen Satzaccent. In dieser empirischen Modulation 
»flegen, wenigstens in Sprachen wie dem Deutschen, Englischen, 
?ranzösischen die Tonhöhen der Starktonsilben die Stelle von 
ührenden Tönen oder Leittönen zu spielen, zu denen die 
Jtimme von Fall zu Fall auf- oder absteigt, je nachdem der 
lieitton selbst hoch oder tief liegt. Auch hier herrscht also das 
?rincip des Toncontrastes, das auch überall da gewahrt zu 
)leiben scheint, wo das Niveau der Leittöne und damit die 



254 683. Tonischer Satzaccent. 684—687. Quantität: Allgemeines. 

Richtung der verbindenden Tonschritte in Folge der Wirkungen 
des ideellen Satzaccents umgelegt wird (vgl. 658). 

683* Für fast alle diese Fragen, wie auch die weiteren nach der 
Einwirkung des dynamischen Satzaccents auf den tonischen, oder die 
Kreuzungen des tonischen Wort- und Satzaccents fehlt es noch sehr an 
eingehenden Einzeluntersuchungen. Beispiele von musikalischen Satz- 
notirungen gibt z.B. Merkel, Laletik S. 412 — 428. Auch die vorhergehen- 
den Untersuchungen über Accent im Allgemeinen S. 330 fif. enthalten sehr 
viele richtige und feine, dabei durchaus noch nicht genügend gewürdigte 
Beobachtungen, die nur leider wegen des zu wenig ausgedehnten sprach- 
lichen Gesichtskreises des Verfassers in einer den speciellen Zwecken der 
Sprachwissenschaft wenig entsprechenden Form niedergelegt sind. Weite- 
res s. z. B. bei Storm2 S. 175 £f. und sonst, Jespersen S. Ö83 ff. u.8.w. 



3. Quantität. 

Cap. 34. Allgemeines. 

684. Die Lehre von der Quantität oder Dauer hat es 
mit den Zeitmassen der verschiedenen phonetischen 
Gebilde zu thun. Die hier in Betracht kommenden Erschei- 
nungen sind äusserst mannigfaltig und verlangen deshalb genaue 
Classification. 

685. Zunächst ist streng darauf zu achten, welchem Theil- 
stück der Rede im Einzelfalle eine bestimmte Dauer zukommt 
Danach sind Lautquantität, Silbenquantität und Takt- 
quantität (oder Taktdauer) principiell zu unterscheiden, 
wenn sie auch in innerem Zusammenhange mit einander stehen. 

686. Absolute und relative Quantität. Unter ab- 
soluter Quantität verstehen wir das Zeitmass eines im Einzel- 
falle gegebenen Lautes, einer solchen Silbe u. s. w., das sich 
mit den üblichen Zeitmessern feststellen und also z. B. nach 
Secunden oder deren Bruchtheilen angeben lässt. Bei der 
relativen Quantität handelt es sich dagegen um dasVer- 
hältniss der absoluten Quantitäten der einzelnen phonetischen 
Gebilde zu einander. 

687« Der Ausdruck 'Quantität' im hergebrachten Sinne mit 
seinem Gegensatz von 'kurz' und 'lang' bezieht sich, wie man sieht, zu- 
nächst nur auf diese letztere Abstufung, nicht auf die absoluten Zeitwerthe 
im Einzelnen. Ausserdem ist die Anwendung des Terminus 'Quantität 
insofern noch gewohnheitsmässig eingeschränkt, als man wohl von der 
Quantität eines Lautes oder eiiver Silbe, aber kaum von der Quantiföt 



688—690. Quantität: Allgemeines. 255 

eines Sprechtakts zu reden pflegt; für den letzteren Fall pflegt man wohl 
den Ausdruck 'Dauer"* vorzuziehen, der an sich auch nichts anderes 
besagt als 'Quantität', und gelegentlich auch auf Laute und Silben an- 
gewandt wird. 

688. Traditionelle und rhythmisch bedingte Quan- 
tität. Der Unterschied zwischen *kurz ä^ und *lang ä^ in 
einem Beispiel wie fä : fä wird im Allgemeinen festgehalten, 
auch wenn die Silbe wächst (z. B. fall : fahl^ falle : fühle^ 
fallende \ fahlere u. dgl.). Dieser ganz allgemeine Gegensatz 
von *kurz' und *lang' ist also traditionell gegeben; wir können 
ihn daher als traditionelle oder primäre Quantitäts- 
abstufung bezeichnen. Aber in den angeführten Beispielen 
zeigt sich neben dem beharrenden allgemeinen Gegensatz von 
'kurz' und ^lang' auch ein Wechsel der absoluten Dauer und 
damit zugleich ein Wechsel des factischen Verhältnisses der 
Dauer von ^kurz' und ^lang^ Zwar das 'kurze a^ bleibt sich im 
Wesentlichen gleich und büsst höchstens ein Minimum seiner 
Dauer ein (vgl. 695); dagegen ist die Dauer des 'langen ü" viel- 
fach abgestuft. Insbesondere ist (auch bei gleichem Redetempo) 
das ä des einsilbigen Sprechtakts fahl länger als das des zwei- 
silbigen Sprechtakts fühle und dieses wieder länger als das des 
dreisilbigen Taktes ySÄ/er^. Euer wird also der einfache tradi- 
tionelle Gegensatz von 'kurz' und 'lang' im Einzelnen durch 
i*hythmische Einflüsse variirt ; man kann mithin solche Modi- 
ficationen des traditionellen Grundschemas als rhythmische 
oder secundäre Quantitätsabstufungen bezeichnen. 

689* Auch die starken Verschiebungen der normalen traditionellen 
Quantitäten, die oft durch die Einwirkung des Sinne saccent es (vgl. 712) 
tiervorgebracht werden, kann man den rhythmischen Modificationen zu- 
rechnen, da der Sinnesaccent zunächst das rhythmische Schema und erst 
iurch dieses hindurch die Einzelquantitäten trifft. Dagegen kann man 
andere Abstufungen, wie etwa die häufige Längung durch Anwendung 
sweigiptiiger und zweitöniger Silbenaccente u. dgl. eher der traditionellen 
Abstufung zuzählen, wenn sie auch oft thatsächlich einmal durch rhyth- 
mische Einflüsse entstanden sind. 

690. Quantität und Tempo. Die absolute Dauer aller 
ihonetischen Gebilde wechselt stets nach dem Tempo der 
Elede: je schneller das Tempo, um so kürzer die Dauer des ein- 
:elnen Gebildes und umgekehrt. Die relative Dauer braucht 
)eiin Tempowechsel nicht erheblich verschoben zu werden. — 
!jn Uebrigen unterscheide man beim Tempo wieder die mittlere 
)der allgemeine Sprechgeschwindigkeit der einzelnen 
Sprecher oder Idiome, und das willkürlich wechselnde 



256 691. Quantität: Allgemeines. 692. 693. Lantquantitat 

Tempo verschiedener Satztheile, das wesentlich von Sinn und 
Stimmung abhängig ist. 

691. Zur Feststellung der im Einzelnen anzusetz^den 
traditionellen oder primären Quantitätsstufen darf man, wie 
sich aus dem Gesagten ergibt, zunächst nur gleichartige, 
d.h. unter gleichen rhythmischen u. s.w. Bedingungen stehende 
phonetische Gebilde benutzen. Doch kann man auch für deut- 
lich ausgeprägte Stufen der rhythmischen u. s. w. Variation 
ohne Schaden stehende Namen einführen, wenn man sich nur 
der principiellen Verschiedenheit von primärer und secundärer 
Abstufung stets bewusst bleibt. 

Cap. 35. Lantqnantität. 

692. Die alte Grammatik unterscheidet verschiedene Stufen 
der Dauer (Kürze und Länge) nur bei den Sonanten der Sflben 
(d. h. praktisch nur bei dem was sie als * Vocale' anerkennt) und 
lässt die Abstufungen der Dauer bei den unsilbischen Spract 
lauten (ihren ^Oonsonanten^) ausser Acht (doch vgl. 701), ob- 
wohl deren Quantitäten ebenso verschieden sind wie die der 
Sonanten. So ist im Neuhochdeutschen z. B. das w« , lim Wör- 
tern wie men^r^ fel% ^Männer, Fälle' deutlich kurz; deutlidi 
länger (und zwar auch wieder, namentlich je nach dem Dialekt, 

verschieden abgestuft) in män^fäl^ oder 7ndh,f(d 'Mann, Fall, 
oder ^rmänt\felt%feld^r 'ermannte, fällte, Felder' u.dgl. 

693. Der Gegensatz von 'lang' und 'kurz' im herge- 
brachten Sinne bezeichnet nicht ein bestinpntes Verhältnis« 
des Zeitmasses, sondern zunächst nur den allgemeinen Gegen- 
satz von 'länger' und 'kürzer'. Es ist also ebenso falscl), 
wenn die alten Grammatiker das Verhältniss von sprachliche 
Länge und Kürze auf 2 : 1 normirten (zur Erklärung dieses 
Umstandes vgl. 705), als wenn man etwa mit Brücke (Di^ 
physiol. Grundlagen der neuhochd. Verskunst S. 67) findet, dass 
das Verhältniss der Dauer gewöhnlicher langer Vocale zu der 
der kurzen sich im Allgemeinen dem von 5 : 3 nähere. Solch 
Angaben mögen für einen bestimmten Einzelfall gelten (z. B 
mögen Brücke's Messungen für den abgeglichenen declamato- iy 
rischen Vortrag der neuhochdeutschen Schriftsprache mit ge- 
wissen Einschränkungen zutreffen), aber anderwärts sind die 
Verhältnisszahlen ganz andere. Vor Allem geht auch die tradi- 
tfonelle Abstufung mauclier Sprachen sicher über die Zahlvfl» 

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694—696. Lautquantität. 257 

loss zwei Stufen hinaus. Es bedarf also überall bestimmter 
ünzeluntersuchungen (genauere Messungen s. z. B. bei Ph. 
Vagner, Der gegenwärtige Lautbestand des Schwäbischen in 
er Mundart von Reutlingen S. 181 ff.). 

694. Demnächst bezeichnen lang und kurz den Gegen- 
atz von traditionell dehnbar und nicht dehnbar. Kurz 
lennt man also im Deutschen herkömmlicher Weise die beton- 
en Vocale in Wörtern wie hatte ^ kämm, ross, weil wir diese 
inserer traditionellen Gewohnheit nach nicht dehnen können, 
)hne die typische Form des Wortes zu zerstören; lang dagegen 
he entsprechenden Vocale in väter, kam, rose nicht nur, weil 
de ihatsächlich länger ausgehalten werden als jene (693), son- 
lem auch weil sie beliebig dehnbar sind (also kam . . . , aber 
la . . . m u. dgl.). 

695. Stufen der Kürze, a) Das natürliche Mass der 
Kürze ist das Minimum der Zeit, das man braucht, um einen 
Stellungslaut einer betonten Silbe bei mittlerem Redetempo 
deutlich articuliren und vernehmbar machen zu können. Dieses 
Mass wechselt in den einzelnen Sprachen ein wenig. In Sprachen 
mit stark geschnittenem Accent wie dem Neuhochdeutschen 
und Englischen sind die Kürzen oft schärfer ausgeprägt als in 
Sprachen mit schwach geschnittenem Accent, wo das allmah- 
Kche Decrescendo am Schlüsse des Sonanten oft eine geringe 
Längung hervorruft (vgl. 699). 

b) Minderimg der gewöhnlichen Kürze zur sog. Ueber- 
kürze finden sich namentlich bei TJebergang zu schnellerem 
Tempo und damit flüchtigerer Articulation (daher besonders 
in dynamisch unbetonten Silben); auch die zu Gleitlauten redu- 
cirten Stellungslaute (^504 ff.) können im Allgemeinen als über- 
kurz bezeichnet werden. Dass sich zwischen dem äussersten 
Extrem der Ueberkürze und dem gewohnheitsmässig gestatteten 
Ifaximalmass der gewöhnlichen Kürze auch noch Uebergangs- 
Jtufen beobachten lassen, ist selbstverständlich (so hat z. B. 
W^agner in der Reutlinger Mundart neben der für einzelne 
PäJle durch Messung auf etwa 0,2 Secunden festgestellten ein- 
:achen Kürze und der Ueberkürze von etwa 0,1 Secunde auch 
loch, eine mittlere *Halbkürze' von etwa 0,15 Secunde Dauer 
jemessen). 

696. Stufen der Länge. Die gewöhnlichsten Abstu- 
fungen der Länge sind die (einfache) Länge und die Ueber- 
iänge, die man durch imtergesetztes _ bez. _beme.lMCÄT^feßDa^ 

Sie rers, Phonetik. 5. Auß. VI 



268 697--699. LaatqoaQtUät. 

Als Normaldauer der einfachen Länge betrachtet man is 
Sprachen wie dem Deutschen am besten wohl das Zeitmass der 
sog. langen Vocale in zweisilbigen Wörtern wie böte, kern, 
lose] überlang sind dann die Vocale der einsilbigen Paralldb 
wie bdtj bat, säsSj kam, die deutlich länger sind als die Vocale ^^ 
z. B. der entsprechenden Plurale boten, bäten ^ süssen^ känrn 
(also bbtn, batn, sasn, kämn, aber bgt, bgt, s^s u.dgl., vgl 715). 
— Für die einfache Länge ergaben, um ein Beispiel anzufahren, 
Wagner's Messungen eine Dauer von 0,3 Secunden, für die 
Ueberlänge etwa 0,6 Secunden oder etwas mehr; doch ist es 
fast unmöglich, für die Ueberlänge überhaupt specielle Angaben ^_ 
zu machen, weil gerade sie besonders stark allen rhythmischeo j(; 
Schwankungen ausgesetzt ist. 

697. Im Deutschen beruht der hier veranschaulichte UntendAi 
von Länge und Ueberlänge auf rhythmischer Modification (688), iMO^ 
die Wahl der einen oder andern Quantität von der Silbenzahl dee Tfcktei 
abhängig ist (vgl. auch 714 ff.). Anderwärts, z. B. im Englischem (äii 
überhaupt den Unterschied von Länge und Ueberlänge viel deutlidierMi' 
geprägt hat als das Deutsche) kommt dieser Factor zwar auch in BetmM 
ist aber nicht der einzige. Dort sind z. B. (Sweet S.59) alle betonten«* 
lautenden oder von einem stimmhaften Consonanten gefolgten sog. Isoü* 
Vocale in Fausa überlang (z.B. »<?«f, aeize.^ broad = «, «j«, br^d)y wahrem 
stimmlose Consonanten in gleicher Stellung nur einfache I^nge vor flW» 
dulden (vgl. z. B. aeed und seat^ pease und piece^ brogue und bmke^^'' 
sity piz : pisj br^g : brg^k u. dgl.). — Uebrigens gehen diese Ueberlüng* Kt 
des Engfischen Hand in Hand mit zweigipfliger Betonung («i, S^^ 
gegen sU^ sis), und das ist auch sonst oft der Fall (z. B. im DeutscheDO» 
ja 'Ja u.dgl.). 

698. Sweet bezeichnet die 'Ueberlängen als eigentliche Xangen w 
unsere 'Längen als 'Halblangen. Beide Bezeichnungsweisen sind ans» 
ziemlich gleichberechtigt, doch spricht für die oben vorgeschlagene Be- 
zeichnung der Umstand, dass die 'einfachen Längen' doch auch im B? 
lischen die weitaus häufigere Stufe bilden und die Ueberlängen auch ^ 
sich zweifelsohne historisch aus den einfachen Längen entwickelt haben. 

699. Unter Halblängen (bezeichnet durch untergeseto' 
tes J verstehe ich Zwischenstufen zwischen Kürzen undLäDg<» 
in dem oben festgestellten Sinne, die sich in manchen Sprad»* 
und Mimdarten sowohl aus etymologischer Kürze wie 9^ 
etymologischer Länge entwickeln (Wagner's Messimgenergskö^ 
z. B. die Dauer von etwa 0,25 Secunden für die Reutlinp* 
Mimdart). Aus etymologischen Kürzen entspringen sie mßfsir 
lieh öfters in Sprachen mit schwach geschnittenem oder übe^ 
haupt mit schwachem exspiratorischem Accent, deren SonaD*^ 
wie bereits 695 bemerkt wurde, eine gewisse Neigung ^ f^. 
Längung haben. Solche Halblängen erscheinen in getrissfl» 



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700. 701. Lautquantität. 259 

leutschen Mundarten namentlich vor Dauerlaut + Consonant 
üso in Fällen wie dialektischem hälm neben bühnendeutschem 
alm). Im Englischen erfahren etymologische Kürzen vor aus- 
lutendem stimmhaften Consonanten öfters Längung zur Halb- 
Inge, ohne mit den eigentlichen Längen und Ueberlängen 
luch abgesehen von Qualitätsunterschieden) zusammenzufallen ; 
tan vgl. etwa Reihen wie goddess, god, ffaudy, gatvkj gaud = 
odUj ff od (gelegentUch; aber auch oft ff öd, selbst ff^d), ffo^diy 
q^kj ffü^dy oder madden^ mäd, mäte, mäde = meedn^ ^^4j 
i^tj m^d u. 8. w. (die Entscheidung im Einzelnen ist oft 
chwierig, da die Yertheilung der Silbenquantität auf Sonant 
nd Consonant oft schwankt (vgl. auch 717). Für etymologische 
iänge tritt Halblänge namentlich oft als rhjrthmische Modi- 
ication unter dem Einfluss der Accentlosigkeit ein. 

700. Etymologisch und phonetisch bedingte Quan- 
ität. Li yielen, z. B. allen älteren indogermanischen Sprachen 
3t die Quantität der Sonanten etymologisch bedingt, d.h. der 
ionant jeder einzelnen Wortform ist ohne Bücksicht auf deren 
)au gewohnheitsmässig entweder kurz oder lang (vgl. etwa lat. 
^Q — Uffi^ ahd. stiffu — süffum^ gr. trfv — ^täv), und dieser Unter- 
chied ist offenbar in diesen Sprachen frühzeitig als etwas be- 
onders Oharakteristisches empfunden, daher auch in yielen 
Uphabeten besonders bezeichnet worden (vgl. z. B. das Sanskrit- 
Jphabet oder die griechische Unterscheidung von e— tq, o — (o 
i. dgl.). Allgemeine phonetische Eegeln über die Quantitäts- 
cheidung lassen sich daher für solche Sprachen nicht geben, 
n andern, namentlich vielen modernen Sprachen, ist dagegen 
las etymologische Princip der Quantitätsscheidung mehr oder 
reniger verdrängt worden durch ein phonetisches, insofern 
ich hier der Unterschied der Quantität oft wesentlich nach der 
ikstalt der Silbe richtet. So haben im Neuhochdeutschen alle 
&nen Tonsilben jetzt langen Yocal (z. B. nhd. Näme^ Same 
egen mhd. hame : 8äme\ während die geschlossene Silbe viel- 
ich die Kürze des Sonanten bevorzugt (z. B. nhd. achten ^ 
rächte gegen mhd. ähten : brähte). 

701« Bei den unsilbischen Lauten (Consonanten) schei- 
en die Grammatiker und Schriftsysteme der älteren indoger- 
Lanischen Sprachen nicht so zwischen Kürze und Länge wie 
ei den Sonanten. Einigermassen scharf ist meist nur der 
rnterschied zwischen einfachen Consonanten und Gemi- 
aten durchgeführt, und das ist in erster Linie nicht ein 
rnterschied der Dauej, sondern der SilbeTi\i«imxai^ \5^^'^^\ 



260 701. Lautquantitat. 

und auch *einf ache Consonanten' werden z. B. am Silbenschluss 
oft ohne Weiteres als Längen behandelt, d.h. gedehnt (in einem 
Verse wie voüoov ava otpatÄv äpoe xax9]v, öX^xovto 8e Xao{ miiss 
z. £. das V von dXixovto länger sein als das p Ton copos, weil bei 
gleicher Länge und Silbenzahl des Taktes das lange co yon «bpos 
mehr Zeit absorbirt als das undehnbare kurze o von 6XixovToj. 
Diese Möglichkeit der Dehnung haben die im Nachlaut des 
Sonanten stehenden Consonanten auch jetzt noch in den meisten 
Sprachen (wenn nicht geradezu überall): es fehlt ihnen also 
wenigstens an dieser Stelle eine feste Quantität. Sie dienen 
vielmehr gewissermassen nur zur Füllung der Silbenquan- 
tität, daher sich gern langer Sonant mit kürzerem, kurzer 
Sonant mit längerem Consonanten paart. So sind z. B. im Eng- 
lischen nach den Bestimmungen von Sweet (Handb. S. 60, The 
Acad. 3/4. 80, vgl. Storm ^ S. 434) alle Endconsonanten beton- 
ter MonosyUaba mit kurzem Vocal lang, vgl. etwa hü 'hill' und 
hil *heer, oder bad *bad' imd be*d *bade', man *maii' und m^n 
'mane'. Femer sind infolge der gesteigerten Silbenquantität 
/ imd die Nasale nach Kürze lang vor stimmhaften, kurz vor 
stimmlosen Consonanten: bild ^build' und bilt *^built' u. s. w. 
Im Deutschen sind diese Unterschiede nicht so scharf ausge- 
prägt: die langen Consonanten im Munde des deutschredenden 
Engländers klingen uns daher imgemein schleppend (sie sind 
beiläufig eine der Eigenheiten, welche die Engländer am 
schwersten ablegen). Im Gegentheil hat das Deutsche und 
mehr noch das Dänische bei stark geschnittenem einsilbigem 
Silbenaccent gerade nach kurzem Yocal oft ausserordentiich 
kurze Schlussconsonanten, etwa in dialektischem Mann, hat, 
die nach dem Zeugniss von Sweet enghschen Ohren sehr abrupt 
klingen. Mundarten mit zweigipfligem Silbenaccent weisen da- 
gegen auch im Deutschen wieder gern lange Consonanten im 
Silbenschluss auf (also man, hat u. dgl.). Je nach dem Accent 
und der Silbenzahl kann man hier auch geradezu oft consonan- 
tische Länge und Ueberlänge beobachten, vgl. etwa norddeut- 

iält ^schalt' in ^schelten^ und sali ^schallt', braut 'Braut' und 
brd^t * braut', oder thüring. wäld% me%t^ * Walde, möchte 

gegen waiß, md^t. Auch zeigen consonantische Fortes im All- 
gemeinen eine etwas grössere Dauer als die entsprechendfli 
Lenes (vgl. 187); doch sind gerade im Deutschen die aus altffl 
Geminaten nach kurzem Vocal bei durchlaufender Exspiratiofl 

entstandenen Eortes rdaliv s^lai kwrz (vgl. etwa äl% mSn'r ' 



702—705. Sübenquantität. 261 

iänner'). Anderwärts wieder erscheinen hier deutliche ein- 
ache Längen (entstanden durch Verschiebung der Silbengrenze, 
rie etwa in ital. fä-to neben /a^-^o 'fatto' (666). Für den Silben- 
mlaut besteht vielfach (z. B. auch im Deutschen) die Neigung, 
Konsonanten zum blossen Gleitlaut, also zur Ueberkürze zu 
•educiren (610), während sie anderwärts mehr gleichmässig als 
anfache Kürzen erscheinen. Auch macht sich ein Unterschied 
ier Quantität von Fortis und Lenis gerade in dieser Stellung 
)ft bemerkbar. Genauere Untersuchungen über alle diese und 
Qmliche Fragen sind erwünscht. 

Cap. 36. Silben- und Taktdaner. 

1. Silbenquantität. 

702. Die absolute Dauer einer Silbe (vgl. 686) ergiebt 
ach durch Addition der Zeittheilchen, welche für die Aus- 
sprache der in ihr vereinigten Laute in Anspruch genommen 
werden. Bei Drucksilben hat man dabei von Druckgrenze zu 
Druckgrenze zu rechnen, bei Schallsilben wäre etwa die zeit- 
liche Mitte des trennenden Lautes als Grenzpunkt anzusetzen. 

703« Auch für die Bestimmung der relativen Silben- 
dauer sollte man streng genommen von denselben Grenzen 
ausgehen. Es ist aber übHch geworden, hier von den Con- 
sonanten abzusehen, die etwa dem Sonanten vorausgehen, die 
Silbe also erst vom Eingang des Sonanten ab zu messen. Nur 
80 ist es zu verstehen, dass man eine Silbe wie püra 'kurz', 
eine solche wie ai *lang' nennt, obwohl die erstere in der BrCgel 
eine grössere absolute Dauer haben wird, als die zweite. 

704. Der relative Gegensatz zwischen sog. langen und 
kurzen Silben nun bezeichnet wie bei den Einzellauten (692) 
Heben dem allgemeinen Gegensatz eines Mehr oder Weniger 
^on absoluter Dauer (vom Sonanten ab gerechnet) zunächst 
^ederum nur den Gegensatz von traditionell dehnbar imd 
icht dehnbar. 

705* Die Unterscheidung von langen und kurzen Silben in äieiem 
inne ist von den Metrikern ausgegangen und soll zunächst nur metri- 
;hen Bedürfhissen dienen. Kurz nennen die alten Metriker eine jede 
übe, die beim G-esang traditionell nicht mehr und nicht weniger Noten- 
erth erhalten konnte als die primäre Zeiteinheit (den sog. ^p6vo; 7:pu>To;), 
mg dagegen diejenigen Silben, denen beim Gesang traditionell ein Yiel- 
xshes dieser Zeiteinheit zufallen musste, mittelzeitig [ance^fl) endlich 
[ejenigen Silben, die beim Gesang je nach Bedür&iiss entweder den 



1= 



> 



n 



262 706—706. SUbenqoantität. 

einfachen xp^'^oc 7:pa»T0c oder einen grösseren Zeitwerth erhalten dorte 
Innerhalb der I^änge wurden dann weiter zwei-, drei-, vierseitige xll% 
Längen unterschieden. Diese ganze Eintheilung vergleicht sich, wie 
sieht, den ähnlichen Unterscheidungen unserer Notenschrift. Setzt 
den yp6voc rpt&Toc etwa als Achtelnote an, so waren kurz (^] alle Silbea, 

welche beim Gesang nur das einfache h erhalten konnten; die zweizeitige 

Länge dazu ( — ) war dann I (= 2 mal h), die dreizeitige p-) J (= Snuil 

H), die vierzeitige («— ') J (= 4 mal P) u. s. w. — Am häufigsten war im l> 

Gesang unter den Längen die zweizeitige ( — = I): daher dergeläofige 

Lrthum, dass auch beim Sprechen die 'lange Silbe' die doppelte Dana 
der 'kurzen' gehabt habe. Ueber das Yerhältniss von Länge und KSnein 
der gesprochenen Bede lässt sich aber natürlich aus dem Gesang überiiai^ 
nichts schliessen, weil da alle sprachlichen Zeitwerthe mehr oder weniger 

unter das Joch der rhythmischen Zeitwerthe (wie ^, A J, J u. s.w.) ge- 
beugt werden. 

706. Für undehnbar, also kurz können nach dem 691 
Erörterten nur Silben gelten, die auf einen kurzen Sonan- 
ten ausgehen, d. h. hinter diesem eine Druckgrenze (661) 
haben, also Silben wie rä, lä, prä, fräj prä-tä, (a-ra u.8.w. 

707. unbedingt dehnungsfähig, mithin lang sind dflr 
gegen a) alle Silben mit langem Sonanten, und b) alle 
geschlossenen Silben (einschliesslich der Schallsilben). Bei 
den ersteren trifft eine etwaige Dehnung den Sonanten selbst, 
sofern er am Silbenschluss steht; steht er im Silbeninnem (in 
geschlossener Silbe), so kann gleichzeitig auch der silbenaus- 
lautende Oonsonant gedehnt werden; geschlossene Silben mit 
kurzem Sonanten dehnen stets nur den schliessenden Oonso- 
nanten. Sehr deutlich lässt sich dies namentlich beim Gesang 
beobachten, weil da starke Silbendehnungen vorkommen; man 
vgl. z. B. die Sonantendehnung bei der Silbe mu im Gregensate 
zur Consonantendehnimg bei den Silben r^*, /re^, schvniß) 
schneid Mit in den beiden Zeilen des Blücherliedes Er reitet s^ 
freudig sein muthiges Pferd^ er schwinget so schneidig se» 
blitzendes Schwert (bei blitzendes wird die Pause zwischen dem 
durch stark geschnittenen Silbenaccent markirten Verschluss 
imd der zur Folgesilbe gezogenen Explosion gedehnt). Gfenau 
dieselbe Verschiedenheit der Dehnimg lässt sich aber auch bei 
der gesprochenen Rede beobachten. 

708. Eine scharfe Scheidung zwischen dieser metrischen Art Ton 
Länge und Kürze (genauer Dehnbarkeit und Nichtdehnbarkeit) ist also nur 
möglich in Sprachen mit ausgebildetem Druckgrenzensystem, wie es z. E 
das Griechische und Lateinische waren. An der neuhochdeutschen Bühnen- 
i9[prache lässt sich daher die«eT3iiteT«c\ieidiin^ nicht wohl demonstriren, dt 



709—711. Sübenquantität. 263 

er alle betonten Silben entweder langen Sonanten, oder bei kurzem So- 
inten durchlaufende Exspiration haben, also als Schallsilben geschlossen 
ad. Yon den Mundarten aber haben viele, namentlich süddeutsche und 
>eciell schweizerische, die alte Unterscheidung getreu gewahrt. 

709* Lange Silben mit langem Sonanten bezeichnet die antike Ter- 
tinologie als von Natur ((pt^oet, natura) lang, die übrigen langen 
üben als bloss conventionell (^^aei, positione) lang. Diese letzteren 
(ositionslangen' Silben entsprechen unseren 'geschlossenen Silben mit 
orzen Sonanten'. Für die 'Positionsbildung' ist eben das Wesentliche 
My dass ein silbenschliessender Consonant (oder mehrere) hinter den 
onanten tritt. Nach der alten Definition wird allerdings Positionsl'ange 
nr solchen Silben zugeschrieben, auf deren Sonanten mehr als ein Con- 
mant folgt. Das erklärt sich aber einfach aus dem Umstände, dass die 
lassischen Sprachen (wie übrigens auch viele neuere) silbenschliessende 
lonsonanten überhaupt nur in dem Falle kennen, dass mehrere Conso- 
anten zusammenstehen (vgl. 558) ; denn sobald auf einen Sonanten im Satz- 
inem nur ^in Consonant folgt, wird dieser meist zur Polgesilbe gezogen, 
. h. durch Druckgrenze von dem vorausgehenden Sonanten geschieden, 
er dadurch nun ans Silbenende tritt (vgl. also etwa griech. töv töitov, 
espr. ton-to-pon gegen xov aOxöv, gespr. ^o-na^-^o/i, oder ol nax^pe«, gespr. 
ojcpa-ie-rea gegen ol aXXoi, gespr. ho-iaUloi u.dgl.). 

710* Uebrigens ist die antike und die daraus hergeleitete landläufige 
lodeme Nomenclatur sehr inconsequent, indem sie Silben mit fallenden 
Hphthongen wie at, au, eu etc. für 'lang^ dagegen Silben wie ar, al, am, 
i^as XL dgl. für 'kurz' erklärt, obwohl beide Eeihen ganz gleich gebaut 
indy d. h. aus einem kurzen Sonanten und einem silbenschliessenden Gon- 
onanten bestehen, mithin auch gleiche Quantität haben müssen. In Wirk- 
ichkeit sind ja auch im antiken Vers 'Silben' wie die ar, al etc. nur dann 
nrz, wenn auf sie ein Vocal folgt, also ihr Schlussconsonant zur Polgesilbe 
;ezogen wird (die Silben sind dann also a-ra, a-la etc., nicht mehr ar-, aU 
der ar-a, al-a etc.). Unter denselben Bedingungen aber erscheinen ja auch 
sne Diphthonge ganz gewöhnlich als Kürzen, und zwar um so leichter, je 
chwächer betont ihr Sonant ist, also im Verse in der Senkung (in der 
iebnng bleibt, wegen der grösseren Stärke des Vocals, eher die Silben- 
vennnng ai-a etc., vgl. 414, und damit Länge). Dagegen sind die Diph- 
lionge wie die ar^ al u. s.w. regelmässig lang, wenn ihnen noch ein Consonant * 
»Igt, der den Schlussconsonanten dieser Lautgruppen zur vorausgehenden 
Jflbe drängt. — Aus genau dem gleichen Q-esichtspunkt ist die verschie- 
lenartige Behandlung der Gruppen von Muta + Liquida u. ä. zu erklären: 
Utra = ^^, aber at^a = -^ u.s.w. 

711« Abgesehn von dieser Scheidung metrischer Kürze 
Lnd Länge gelten für die Silben ähnUche Abstufungen der 
)auer, wie sie oben 696 ff. für die Einzellaute festgestellt wor- 
Len sind, namentlich also etwa die Gegensätze von Kürze, 
jänge und TJeb erlange. Die relativen Unterschiede dieser 
Stufen lassen sich abermals nicht durch eine allgemeine Formel 
ausdrücken, sondern auch hier gelten allein die Gewohnheiten 
ler einzelnen Idiome und Sprecher. Doch sind allerdings einige 



264 712—714. Sübenquantität. 

mehr oder weniger allgemeine Zusammenhänge der Quantitäts- 
abstufung mit anderen sprachlichen Erscheinungen zu con- 
statiren. 

712. So pflegt auch die Quantitätsabstufung in einem 
gewissen Zusammenhang mit der Stärkeabstufung zu stehen 
(vgl. 689), d. h. nachdrücklichere Silben empfangen zugleici 
gern eine gewisse Dehnung, während über nachdruckslosere 
Silben der Sprecher auch gern rascher hinweggleitet. Es gut 
eben hier in ausgedehntem Masse die Eegel, dass, was man dem 
einen Theile des Satzes zulegt, den übrigen Theilen entzogen 
wird. Hiermit steht auch die weitere Thatsache im Zusanun^ 
hang, dass Sprachen mit bedeutenderem Stärkeunterschied 
zwischen betonten und unbetonten Silben (wie z. B. das Deutsdie 
und Englische) auch bedeutendere Unterschiede in der Zeitr 
dauer der Silben zu besitzen pflegen, als Sprachen, welche (wie 
die romanischen und slavischen, das Neugriechische und andere) 
betonte und unbetonte Silben mit minder verschiedener Starke 
bilden. 

713. Auch mit den Silbenaccenten berührt sich die 
Abstufung der Silbendauer mehrfach. Ueberlange Silben fin- 
den sich vielleicht am häufigsten und deutlichsten in Sprachen 
mit der Neigung zur Bildung zweigipfliger Silben (580) ent- 
wickelt; als Beispiel kann wiederum besonders das Englische, 
denmächst auch das Deutsche dienen. Für diese Sprachen ist 
es weiterhin characteristisch, dass sie, ausser in nachdrucks- 
losen Silben, wenig entschiedene Kürzen haben: in ihnen macht 
eben die Anwendimg des stark geschnittenen Silben- 
ac Cents (vgl. 707) alle Stammsilben mit kurzem Sonanten und 
einfachem Oonsonanten vor einem folgenden Sonanten dehn- 
bar, vgl. etwa Fälle wie nhd. hät^^ äl% wds^r im Q-egensatz zu 
solchen wie Schweiz, ffe-b^ le-s^ (oben 694). Es ist deshalb voD- 
kommen richtig, zu sagen, das Neuhochdeutsche kenne nur 
'lange' Stammsilben: nach mittelhochdeutschen Begriffen sind 
nhd. blet% snit% Blätter, Schnitte, in der That nicht mehr 
Verschleifbar' (die mhd. Aussprache war hle-t^r^ sni-t'). 

714. Vor Allem aber regelt sich die Silbendauer zu einem 
grossen Theile nach der Silbenzahl der Sprechtakte, 
denen die betreffenden Silben angehören (vgL 688). Sprech- 
takte, die an äusserem Umfang, d. h. eben an Silbenzahl 
nicht zu verschieden sind, werden gern mit gleicher oder doch 
annähernd gleicher Dauer gesprochen (719 ff.), vgl. etwa 



\ 



\ 



715—718. Silbenquantität. 719. Taktdauer. 265 

Sprechtakte wie heil^ \ hdlig^ \ heilige^ \ heiligere \ u. s. w. Dann 
entfällt aber auf jede Einzelsilbe eines aus weniger Silben 
bestehenden Sprechtakts ein grösseres Stück Zeit als auf die 
Einzelsilben eines Taktes von mehr Silben. Aber auch selbst 
da, wo Gleichheit der Dauer der Sprechtakte nicht erreicht 
wird, herrscht doch stets die Neigung, vielsilbige Takte schneller, 
solche von weniger Silben langsamer zu sprechen, d.h. eben die 
Silbendauer nach der Taktform zu modificiren. 

715. Als normale Dauer der einfachen Länge wird man 
daher das Zeitmass 'langer^ Silben in Sprechtakten von mittlerer 
Silbenzahl anzusetzen haben. Für Sprachen wie das Deutsche 
und Englische empfiehlt es sich dabei, wieder von den Quanti- 
täten des zweisilbigen Sprechtakts auszugehen (vgl. 696) und 
demnach die erhöhte Silbendauer des einsilbigen Sprechtakts 
als (rhythmische) TJeberlänge, die geringere Silbendauer in 
mehrsilbigen Takten als (rhythmisch) verminderte Länge 
oder (rhythmische) Unterlänge zu bezeichnen. Die erste Silbe 
des zweisilbigen heilig, tote ist also einfach lang, das einsilbige 
heil, tot überlang, die Eingangssilben von heilige, tötete oder 
heiligere sind unterlang u. s. f. 

716« Mit der Ueberlänge verbindet Bich gern zweigipfliger Accent 
(718). Historisch erklärt sich dies Yerhältniss wohl so, dass der zwei- 
silbige Takt gewissermassen die Normalform des Taktes repräsentirt. Wird 
dessen SUbenzahl auf eins reducirt, so concentrirt sich in dieser einen Sübe 
nicht nur die Dauer, sondern auch die Exspirationsbewegung des zwei- 
theiligen Taktes. 

717« Bei entschieden kurzem Sonanten trifft die Ueberdehnung im 
einsilbigen Takt nur den oder die silbenschliessenden Oonsonanten, also 
falj grau, faU, heil oder /alt, heü u. s. w. ; bei langem Sonanten theils diesen 
allein, theils daneben etwa vorhandene auslautende Oonsonanten, also 
etwa Ihn^ : Ion oder Iqn bez. IQi 'lohne : Lohn', tb-P : t^ oder tat *todte : 
todt' u.dgl. (vgl. übrigens 699). 

718« Die Ueberlänge dieser Art ist an die Einsilbigkeit des Sprech- 
takts gebunden. Sie schwindet also nicht nur, wenn etwa das einsilbige 
"Wort an sich wächst (also etwa län : lön^ , engl, mäh : mdnly u. dgl.), son- 
dern überhaupt, wenn es in einen mehrsilbigen Takt eintritt, also etwa 
guPr I i^n, aber d^r \ ton ist \ gut, oder engl, 'i '«52» gud dog *he has a good 
^og', aber Ö^ dogiz gud *the dog is good' etc. 

2. Taktdauer. 

719. Die Dauer der Sprechtakte kann eine sehr verschie- 
dene sein. Sieht man von den Schwankungen des absoluten Zeit- 
massesab, die durch wechselndes Tempo der Rede hervorgebracht 



266 720. 721. Taktdauer. 

werden (vgl. 690), so regelt sie sich im Einzelnen nach zvfä 
Hauptfactoren, die zu einander in Qegenwirkung stehen: der 
speciellen sprachlichen Füllung einerseits, die von Inhalt 
und Wortwahl abhängt, und allgemeinen rhythmischen Nei- 
gungen andererseits. Der erstere Factor drängt zur Mannig- 
faltigkeit, der letztere mehr zur Gleichförmigkeit hin, d.h. wah- 
rend der bunte Wechsel des Inhalts und der Gliederung der 
Sede Sprechtakte aller möglichen Formen schafft, drängt das 
rhythmische Gefühl dazu, wenigstens die Unterschiede im Zeit- 
mass auszugleichen, also Takte von mindestens annähernd 
gleicher Dauer zu schaffen. 

720« Das Resultat dieses Antagonismus ist nicht überall 
dasselbe: es schwankt yielmehr je nach dem Elraftverhältiiiss 
der beiden Factoren. Je bewusster der Sprecher sein Augea- 
merk auf scharfe logische Gliedenmg des Inhalts seiner Bede 
richtet, um so schwächer wird der Einfluss des niyellirenden 
rhjrtlunischen Gefühls sein, und umgekehrt. Daher dominirt 
das Bhythmische (d. h. auch die Neigung zur Bildung gleich 
langer Sprechtakte) einerseits in der gleichgültigen Bede des 
Alltagslebens (also zumal beim Dialektsprechen), andererseits 
wieder in der Sprache der Leidenschaft, der wie jener das be- 
wusste Aufmerken auf Inhalt und Gliederung des Gesprochenen 
abgeht. In diesen beiden Sprechweisen neigen daher die Einzel- 
takte des Satzes im Allgemeinen am stärksten zu ungefährer 
Gleichheit der Dauer hin. Eine schärfere Regelung der Takt- 
länge tritt jedoch erst in der gebundenen Rede, im Verse, ein: 
sie ist da auch leichter möglich, weil im Verse die Füllung der 
einzelnen Sprechtakte eine viel gleichartigere ist als in der un- 
gebundenen Rede. 

721. Die Neigung zur Rhythmisirung auch der Prosarede 
(d. h. hier zur Zerlegung derselben in Stücke von annähernd 
gleicher Dauer) zeigt sich oft auch da, wo die einzelnen Sprech- 
takte scheinbar ganz verschiedene Dauer haben: in solchen 
Fällen wird nämlich oft eine wechselnde Anzahl von kleineren 
Sprechtakten je zu einer höheren Taktgruppe zusammenge&sst^ 
und diese Gruppen weisen dann gern die vom RhythmusgefäU 
geforderte Gleichheit der Dauer auf. Man kann so oft selbst 
beim Kunstvortrag Takt schlagen, wenn man vielmehr diese 
Taktgruppen als die Einzeltakte markirt (vgl. übrigens hierzu 
auch 652). 



IV. Abschnitt. 

Lautwechsel und Lautwandel. 

Cap. 37. AUgemeines. 

722« Die traditionelle Aussprache der einzelnen sprach- 
chen Gebilde (Laute, Lautgruppen, Silben, Sprechtakte u. s. w.) 
flegt sich im Laufe der Zeit zu verändern. Statt des frühahd. 
asti heisst es z. £. später (gemeinahd.) gesti und statt dessen 
iederum spätahd. und mhd. geste\ dem lat. peregrinus mit n 
beht ahd. piligrim mit m gegenüber, dem altnd. breatan mit 
er Lautfolge re das mittelnd. bersten mit der Lautfolge er, 
. s. w. Die Resultate solcher Veränderungen würde man am 
esten als Aussprachswechsel bezeichnen; doch hat sich 
tatt dessen der Ausdruck Lautwechsel eingebürgert, der 
i auch brauchbar ist, wenn man erwägt, dass auch die Ge- 
Etmmtveränderungen in der Aussprache compUcirterer Gebilde 
jde einer Lautgruppe, einer Silbe, eines Wortes) sich aus den 
Lenderungen zusammensetzen, welche die einzelnen Laute dieser 
/omplexe erfahren. 

733« Aller Lautwechsel beruht auf mangelhafter Eepro- 
uction der traditionellen Aussprache. Die Bildung neuer 
Lussprachsformen geht daher vom einzelnen Individuum 
der auch von einer Reihe von Lidividuen aus, und erst durch 
Tachahmung werden solche individuelle Neuerungen allmah^ 
ch auf grössere Theile einer Sprachgenossenschaft oder auch 
uf deren Gesammtheit übertragen. Dabei ist es für die Weiter- 
ntwicklung der Sprache zienüich gleichgültig, wo die Neue- 
ung einsetzt, ob etwa innerhalb ein und derselben Generation 
on Sprechern oder bei der Uebertragung der Sprache von 
iner Generation auf die andere. WahrscheinUch spielen 
leide Arten der Neuerung bei der Sprachveränderung eine 
ypische Rolle. 



268 724. 725. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen. 

724« Neu entstehende Aussprachsformen treten in einen Gegensatz 
zu den bis dahin allein üblich gewesenen älteren Formen. Die yollstkndige 
Auseinandersetzimg zwischen Altem und Neuem kann unter Umstanden 
lange Zeit in Anspruch nehmen. Eine Zeit lang werden die beiden Formen 
wohl promiscue gebraucht, bis schliesslich die eine den Sieg davon tragt 
So schwanken z. B. viele norddeutsche Mundarten (ähnlich z. B. das Ai- 
menische) zwischen stimmhafter und stimmloser Aussprache der Mediae, 
während das Mittel- und Oberdeutsche längst in die Periode der Allein- 
herrschaft der stimmlosen Aussprache eingetreten ist, u. dgL mehr. — 
Natürlich braucht nicht jede sprachliche Neuerung, die irgendwo auf- 
kommt, zum Siege zu gelangen: in dem Kampfe zwischen Alt und Neu 
kann ebensogut auch das Neue unterliegen wie das Alte. Nur werden 
diese Fälle in der Sprachgeschichte nicht so oft und deutlich za constatiren 
sein, weil Zeugnisse für das nicht durchgedrungene Neue meist fehlen 
werden. 

725. Ursachen des Lautwechsels. Es ist eine noch 
heutzutage sehr beliebte Meinung, dass aller Lautwechsel aus 
einem Streben nach Erleichterung der Aussprache her- 
vorgehe, dass er mit andern Worten stets auf Kraftvermin- 
derung ('Lautschwächung'*), nie auf Kraftvermehrung (*Laut- 
verstärkung') beruhe. Man kann zugeben, dass viele sprach- 
geschichtliche Erscheinungen unter diese Rubrik gebracht 
werden dürfen, aber in der Allgemeinheit, mit der der Satz 
ausgesprochen wird, ist er entschieden falsch. Seine Fehler- 
haftigkeit tritt klar zu Tage, wenn man auch nur eine ganz 
flüchtige Umschau über die verschiedenen historisch bezeugten 
Richtungen der Lautentwicklung hält. Dass aus ursprünghcher 
Tenuis eine Media, d. h. aus der Fortis eine Lenis wird, wie 
etwa im ital. padre gegenüber lat. patrem, und dass diese Lenis 
ganz verschwindet, wie in dem entsprechenden prov. paire^ 
franz. pere, ist gewiss als eine Schwächung zu bezeichnen. 
Aber auch genau die umgekehrte Entwicklungsreihe findet sich, 
z. B. auf germanischem Boden, wo wir ein ddj aus einfachem; 
hervorgehen (got. twaddjS aus *twaiß u. s. w.) und sämmtliche 
ursprüngliche Mediae sich zu Tenues oder Affiricaten umgestal- 
ten sehen (gr.d^xa, IsitdecetUy goi.tathu7i, ahd,zehan). Analog 
steht es auf vocalischem Gebiet. Dieselben Sprachen zeigen 
uns häufig genug (wenn auch theilweise in verschiedenen 
Perioden) z. B. Vereinfachung von Diphthongen zu langen 
Vocalen und Diphthongirungen ursprünghch einfacher Vocale 
(ahd. mer^ I6n gegenüber got. mäis^ läun und ahd. hiar^ fuor 
gegenüber got. h6r^ för ; oder ital. oro neben lat. aunm und 
huono^ Pietro neben lat. bonum, Petrum u. dgl.). Besonders 
interessante Erscheinungen bieten in dieser Hinsicht Sprachen 



726. 727. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen. 269^ 

wie das Dänische, welches seine anlautenden Tenues sehr ener- 
gisch und mit starker Aspiration bildet, während es sie im Tn- 
und Auslaut nach einem Vocal zu sehr wenig energischen 
Spiranten hat herabsinken oder gar ganz verloren gehen lassen. 
. ' 726. Schon diese wenigen Beispiele genügen um zu zeigen, 
dass der BegriBE der Erleichterung der Aussprache, wenn er 
überhaupt weiter bewahrt werden soll, sehr relativ gefasst 
werden muss (oft wird es sich um weiter nichts als eine blosse 
Mode handeln). Ueberhaupt muss stricte festgehalten werden^ 
dass an und für sich die Unterschiede in der Schwierig« 
keit der Hervorbringung von Sprachlauten ausserordentlich 
gering sind, und dass wirkliche Schwierigkeiten bezüglich der 
Nachbildung in der Regel nur gegenüber fremden Lauten be- 
stehen. Denn wie überhaupt jeder Theil des menschlichen 
Körpers durch einseitige Uebung zwar für den einen Dienst, 
den er täglich versieht, besonders ausgebildet, für andere 
Zwecke aber weniger tauglich oder geradezu unbrauchbar ge- 
macht wird, so erlangt auch das menschliche Sprachorgan 
durch die von Jugend auf unausgesetzt fortdauernde üebung 
in der Hervorbringung der Laute und Lautgruppen der Mutter- 
sprache eine unbedingte Gewalt über alle Articulationsbewe- 
gungen, welche diese erfordert. Aber auch nur über diese. 
Haben einmal die Sprachwerkzeuge für und durch ihren be- 
stimmten Dienst eine einseitige Bildung erhalten, so wird alles, 
was aus dem Rahmen der geläufigen Articulationsbewegungen 
heraustritt, als schwierig empfunden. Natürlich gilt dies gegen- 
über den Lauten der einen Sprache ebenso wie gegenüber denen 
ier anderen: dieselbe Schwierigkeit, die der Deutsche bei der 
S'achbildung des engl, th oder der cerebralen r oder cerebralen 
/, t empfindet, hat auch der Engländer etwa bei der Aussprache 
les deutschen ch oder des alveolaren bez. uvidaren gerollten r 
)der der dorsalen rf, t zu überwinden, u. s. f. Solche Schwierig- 
ceiten spielen aber natürlich höchstens bei der Uebertragung 
jiner Sprache von einem Volke auf ein anderes (also bei Sprach- 
mtlehnung im weitesten Sinne des Wortes) eine Rolle. 

737. Entstehungsweise des Lautwechsels. EinLaut^ 
Wechsel kann auf verschiedene Art zu Stande kommen, durch 
illmähliche Verschiebung der Aussprache oder durch 
3inen plötzlichen Sprung in der Articulation. Zwischen 
dem m von ahd. piligrim und dem n von peregrinus oder 
zwischen der Lautfolge re in ahd. brestan und er in späterem 
bersten (732) lassen sich Mittelstufen nicht denken oder sind sie 



270 '^^' '^^- Lautwechsel und Lautwandel im AllgemeineiL 

jedenfalls nicht anzusetzen: das fertige m ist zu einer bestimift- 
ten Zeit einmal an die Stelle des n getreten, ebenso hat er iu 
frühere re direct abgelöst. Man kann hier also passend yon 
springendem Lautwechsel reden. Anders bei demBdspid 
gasii — gesti. Hier ist, wie sich aus Analogien lebender Sprachen 
ergibt, zweifelsohne nicht von dem ursprünglichen a mit einem 
Iditle auf das schliessUch allein herrschende geschlossene e übe^ 
gesprungen worden, sondern die Stellung des a ist ganz all- 
mähUch mehr und mehr der 6- Stellung angenähert worden (es 
wurde also eine Zeit lang gasti mit reinem a, dann ffosii mit 
etwas palatalisirtem a, dann etwa ffästi mit breitem ä^ gAH^ 
schliesslich geUti u. dgl. gesprochen). An Stelle des Sprunges 
finden wir also einen ganzen Process von kleinen Yerschie- 
bungsacten. Diesen Process selbst bezeichnen wir (im G^egensab 
zu seinem Resultat, dem Lautwechsel) als Lautwandel, und 
es ist nur eine abgekürzte Sprechweise, wenn man et¥ra sagt, 
bei gasti — gesti liege ein 'Lautwandel von a zu e^ vor, statt 
'ein durch Lautwandel entstandener Wechsel von a mit e\ 

728. LiBofem auch bei der allmählichen Verschiebung der Aus- 
sprache von Etappe zu Etappe ein kleiner Sprung gemacht wird, ist der 
Unterschied zwischen 'springendem Lautwechsel' und * Lautwandel' za- 
nächst als ein gradueller zu bezeichnen. Es besteht aber auch ein Wesens- 
unterschied, den man nicht übersehen darf. Jede allmähliche Verschiebung 
der Aussprache schafft neue Lautnüancen, die der betreffenden Spradie 
bis dahin fremd waren und nun ältere Lautnüancen verdrängen. Bei dem 
springenden Lautwechsel aber braucht sich an dem Lautmaterial der 
Sprache selbst nicht das Geringste zu ändern: durch die Vertauschong 
des fi von pere(/ri/ius mit m in piligrim wird weder die Aussprache des n, 
noch die des m an sich berührt, und für die Qualität des e und r ist es 
vollkommen gleichgültig, ob sie in der Folge re verbunden werden, wie 
in bre.Han, oder in der Folge «r, wie in bersten, 

729. Deutliche Beispiele des springendenLautwechsels 
sind die Metathesen (823). Auch ein Theil der Assimila- 
tionen und Dissimilationen gehört hierher, wie z. B. die 
Assimilation des wortschliessenden n an den wortanlautenden 
Labial in der Reihe peregrinus — piltgr(m, oder der Umsprang 
gerundeter Velarlaute in Labiale (755) oder die Dissimilatk» 
in mhd. marler — martel (752) u. dgl. Solche Fälle lassen sich 
kaum anders erklären als durch die Annahme wiederholter und 
schhesslich mehr oder weniger allgemein recipirter VersprechBB- 
gen. Der springende Lautwechsel vollzieht sich hier am eifl- 
zelnen Worte, nicht am Lautmaterial der Sprache als solchö», 
und darum haftet ihm oft der Charakter des ZufiQligen vaA 
Unstetigen an, da der v^reiivLelte Sprechfehler, der bei eine© 



790. 731. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen. 271 

Vorkommen des betreffenden Wortes gemacht wurde, beim 
lächsten Vorkommen ohne Weiteres wieder corrigirt werden 
^ann. Wenn trotzdem manche Veränderungen dieser Art mit 
[rosser Begehnässigkeit auftreten, so liegt das daran, dass ge- 
wisse Versprechungen sehr nahe liegen und sich deshalb auch 
»hne oder geradezu gegen unsem Willen häufig einstisllen 
darauf beruht z. B. die regelrechte Wiederkehr derselben 
i^rechf ehler bei den sog. Schnellsprechübungen wie Messwechsel, 
Wctchsmaske u. dgl.). 

730« Eine besondere Art des springenden Lautwechsel» 
lüdet die sog. Lautsubstitution namentlich bei der Herüber- 
ahme fremder Wörter, welche Laute enthalten, die der ent- 
ihnenden Sprache fehlen. Solche Laute werden bei der 
inÜehnung — und dies geschieht naturgemäss mit grosser 
onsequenz — durch ähnliche, und zwar durch die nach dem 
prachgefühl des Entlehnenden nächstliegenden Laute der ent- 
ahnenden Sprache ersetzt (vgl. etwa deutsch Genie, gesprochen 
\m mit franz. genie, gespr. zeni u. dgl., oder, um ein Beispiel 
ir Substitution bei einheimischem Material zu geben, den Ge- 
rauch des uvularen oder Kehlkopf-r statt des Zungenspitzen-r). 
a der Begel ist jedoch der Sprung bei solchen Substitutionen 
icht allzu bedeutend. 

731. Weit ausgedehnter ist das Gebiet der durch Laut- 
•^andel veranlassten Wechsel. Ihm fallen theils die im ein- 
Blnen Lidividuum unbewusst und in kleinsten, fast unmerk- 
chen Etappen fortschreitenden Verschiebungen der beim 
iriemen des Sprechens anerworbenen Articulations- oder 
Iprechbewegungen, theils die ebenfalls meist minimalen Ver- 
chiebungen in der Articulationsweise zu, die bei der Ueber- 
ragüng des Sprechens von einem Individuum auf das andere 
der von einer Generation auf die andere vorkommen. Hier 
andelt es sich also nicht wie beim springenden Lautwechsel 
m ein gelegentliches oder wiederholtes Versprechen, d. h. 
me 'falsche* Verwendung der einmal erlernten Articulations- 
ewegungen, sondern um Einübung oder Angewöhnung neuer, 
on dem Traditionellen abweichender Articulationsweisen, die 
lun unter gleichen Bedingungen auch stets in gleicher Weise 
ur Anwendung kommen wie vorher die früher üblich ge- 
resenen, die nun ausser Uebung gekommen oder (von der 
ängeren Generation) nicht mehr erlernt worden sind, also 
ach nicht mehr ohne Schwierigkeit erzeugt werden können 
726). Gerade weil der Einzelne nur eine beschränkte Men^e 



M 



»• 



Sr 



272 732. 733. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen. 

von Articulationsbewegungen einübt und nur über sie frei ver- 
fügt (726), zeichnet sich der Lautwandel, d. h. die Einübung 
neuer Articulationsformen, durch ungemeine Begehnässigkeit 
und Stetigkeit aus, d. h. man darf erwarten, dass ein irgendwo 
thatsächlich constatirter Lautwandel auch in allen Fällen zu hv 
Tage trete, welche denselben Bedingungen unterliegen wie die- ;a 
jenigen, welche zur Oonstatirung der Thatsache geführt hab^. ^j^ 
Man nennt desshalb den Lautwechsel durch Lautwandel gierade» 
zu lautgesetzlich und erwartet, dass Lautgesetze in diesem 
Sinne ausnahmslos seien. Die mehr oder weniger zahlreichen 
scheinbaren Ausnahmen, welche diesem Satze entgegen stehen, 
sind theils nicht lautlicher, sondern analogischer Art, theOs e^ 
klären sie sich durch zu weite Fassung der Begeln, welche die 
für den Eintritt des Lautwechsels massgebenden Bedingmigen 
nicht genügend specialisirten, theils gehören sie dem Grebiete 
des springenden Lautwechsels an. Die Grenzlinie zwischen 
springendem Lautwechsel und lautgesetzlichem Wandel im 
Einzelfalle sicher zu bestimmen, kann freiUch Schwierigkeiten 
machen. 



'ä: 






732« Bas Wort Lautgesetz ist, wie man sieht, nicht in dem Sinne |^ 
aufzufassen, in dem man von Naturgesetzen redet. Es soll nicht ans- , 
drücken, dass unter gewissen gegebenen Bedingungen eine gewisse Folge '- 
nothwendig überall eintreten müsse, sondern nur andeuten, dass wenn ^ 
irgendwo unter gewissen Bedingungen eine Verschiebung der Artica- 
lationsweise eingetreten sei, die neue Articulationsweise nun auch aus- 
nahmslos in allen Fällen angewendet werde, welche genau denselben Be- 
dingungen unterliegen. 

733« Für die Beurtheilung der Frage nach der Ausnahmslosigkeit 
der Lautwandelprocesse ist übrigens von wesentlicher Bedeutimg der Grad 
der Genauigkeit in Lautauffassung und Lautreproduction, 
den der einzelne Sprecher oder die einzelne Sprachgenossenschofb besüd 
Auch bei dem routinirtesten und exactesten Sprecher bleibt doch für alle 
Articulationsbewegungen ein gewisser Spielraum übrig, ebenso wie z. R 
auch bei dem Besitzer der gleichmässigsten Handschrift (deren Gleich- 
mässigkeit ja auch auf einseitiger Ausbildung der für das Schreiben ye^ 
wendeten Musculatur beruht) kleine Verschiedenheiten in der Bildung der 
einzelnen Zeichen bestehen. Aber diese Zone des Schwankens kann eine 
sehr verschiedene Breite haben. Manche Sprachen (und zu ihnen gehören 
von Hause aus auch die indogermanischen) zeichnen sich durch eine Fülle 
von feinen Lautunterscheidungen aus, weisen also auch nothwendig grosse 
Exactheit der Auffassimg und Nachbildung auf, während andere Idiome 
Lautformen unterschiedslos durcheinanderwerfen, die einem feineren Hortf 
als grundverschieden erscheinen können (ein Papua, den ich untersuchte, 
sprach z. B. in dem Satze ramamini vqka 'ich trinke Kaffee' das Wort für 
'Kaffee' unterschiedslos bald voja mit sanfter stinmihaffcer Spirans, bald 
t'^^a mit stimmhafter Media, bald nojka mit Tennis, bald vgUa mit Tenm» 



i 



734—737. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen. 273 

p., bald vgkxa mit stark kratzender Afiricata aus; bekannt ist femer 
8 Schwanken vieler Sprachen zwischen anlautendem h^d^g und mh, nd, 
r u.dgl.). ConsequenteLautvertretung wird man alsoüber- 
1 nxir innerhalb der Grenzen erwarten dürfen, die durch 
.e [Breite jener Zone des Schwankens im Einzelnen bC'» 
imiat werden. 

734. Anfangs- und Endglied eines Lautwandliingsprocesses 
ünnen unter umständen weit von einander abstehen. Dann 
t aber der Process selbst ein complicirter und lässt sich meist 
ü Sicherheit in eine Beihe successiver Einzelacte zerlegen^ 
sren Addition erst jenen grösseren Endabstand ergibt. Gleich- 
dtige Yeränderungen eines Lautes oder einer Lautgruppe nach 
idbr als einer Bichtung hin (vgl. 742] sind im Allgemeinen 
Lcht anzunehmen. 

7S5. Eine allgemein gültige, streng systematische Classi- 
Icirung der Arten des Lautwechsels bez. -wandeis ist 
benfio tmmöglich wie die Aufstellung eines allgemein gültigen 
lautsystems, weil hier wie dort die Eintheilungsmomente sich 
telfach kreuzen, ohne dass dem einzelnen Momente ohne 
V^eiteres und ein für alle Mal der Vorrang bei der Gruppirung 
Qgesprochen werden könnta Auch hier muss es genügen, 
1-ruppen aufzustellen, die je durch ein gemeinsames Band 
)der mehrere solche) zusammengehalten werden (vgl. 123 ff.). 

786. Eine Anzahl rein praktischer Gruppen dieser Art er- 
ibt sich ohne Weiteres durch den Vergleich von Anfangs- 
md Endpunkt der betreffenden Wechsel. Solche Gruppen 
ind beispielsweise: Wechsel verschiedener Vocale (z.B. velarer 
ind palataler beim sog. Umlaut), Wechsel von Verschlusslauten 
ind Nichtverschlusslauten, von Geräuschlauten und Sonoren, 
on Stimmlosen und Stimmhaften, von Fortes und Lenes, von 
Itellungs- und Gleitlaut, von Geminata und einfachem Laut, 
nch Functionswechsel, wie Wechsel von Sonant und Conso- 
lant, u. dgl. mehr. Fiir das Verständniss der einzelnen Pro- 
esse selbst aber ist vor Allem jedesmal die Frage zu beant- 
rorten, welche von den verschiedenen Articulationsfactoren 
rgL 98 ff.) von einer Veränderung betroffen werden und 
reicher Axt die Veränderung ist. Danach sind insbesondere 
a sqtieiden: 

787. Bäumliche Verschiebung, d. h. Wechsel der 
üirticalationsstellung. Dieser Wechsel kann wieder von zweierlei 
ürt sein. Er betrifft entweder die Articulationsstelle als 
olche, also den Ort der Articulation (örtliche Veradidft!ö\MCi3^^ 

SiererB, Phonetik. ö.Äuß, \% 



274 738—742. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen. 

wie etwa beim Uebergang von Velaren in Palatale) oder (ISOft) 
den Grad der Hemmung (graduelle Verschiebung, z.B. 
beim Uebergang von Verschlusslauten zu Nichtverschlusdauten 
und umgekehrt; Weiteres s. 773 ff.). 

738. Zeitliche Verschiebung. Hierunter soll dieVw- 
schiebung des Ein- und Austritts benachbarter ArticuMon»- 
bewegungen gegen einander verstanden werden. Bei dies» 
braucht die Articulationsbewegung selbst keine oder doch keine 
wesentliche Veränderung zu erfahren. Wenn z. B. aus dar 
Lautgruppe agna die Form aidna erwächst, so bleiben alle eitt- 
zelnen Articulationsbewegungen dieselben, nur wird bei qsm 
das Graumensegel gleichzeitig mit der Bildung des VerscMosses 
zwischen Hinterzunge und weichem Graumen gesenkt, bei ag» 
erst, nachdem dieser Verschluss bereits erfolgt ist (dass bienoit 
auch eine kleine Aenderung in der räumlichen Lagerung der 
Organe verbunden ist, ist mehr nebensächlich). 

739. Dynamische Verschiebung. Sie zeigt sidi in der 
Veränderung der Druckstärke und der damit parallel geheodea 
Stärke der Hemmung (98). 

740. Quantitätsverschiebung. Diese berührt sich ri 
der zeitlichen Verschiebung, unterscheidet sich aber dadurch 
von ihr, dass sie die Articulationsform der einzelnen Laute 
selbst nicht direct beeinflusst; vgl. etwa nhd. tage^ d. L%'? 
aus mhd. fä-ge^ oder Lautfolgen wie a-ma aus äm-ma u. dgl 

741. Die dynamische wie die zeitliche Verschiebung können sowoW 
die Exspiration wie die Articulationen des gesammtenHemmungsappan^ 
d.h. sowohl Kehlkopf- wie Ansatzrohrarticulation treffen. Dagegen fin^» 
sich Örtliche Verschiebung nur beim Ansatzrohr: der Kehlkopf, derin' 
eine Articulationsstelle (die Stimmritze) hat, kann also nur dynamisdi^^ 
graduelle Abstufung der Hemmung aufweisen (z. B. beim Wechsd^ 
Voll- und Murmel- oder Flüsterstimme). 

742. Die verschiedenen Arten der Verschiebung können sidniB^ 
einander combiniren. Namentlich zeigt sich eine solche Combinationviö*' 
fach, wenn man nur das Anfangs- und Schlussglied eines Wechsels ^ 
trastirt. So haben wir in altn. /ad»r gegenüber indog. *p»tSr einedreift»* 
Verschiebung: eine räumliche (graduelle) im Uebergang vom Verseht*' 
laut t zur Spirans, eine zeitliche in der Durchführung der Stimme (<»• 
Uebergang vom stimmlosen Laut p zum stimmhaften d), und eine dyn** ^ij 
mische im Uebergang von der Fortis t (bez. der daraus hervorgegang^ 
Fortis^, 779) zur Lenis d, aber diese Ueberg'ange fallen ganz versdu^ 
nen Sprachperioden zu. Im nhd. vater haben sich gegenüber germ.*/«»* 
genau die umgekehrten Processe vollzogen, aber auch wieder in getröi?' 
ten Zeiträumen. — Dass in der Regel ein gleichzeitiger Eintritt von »ff* 
änderungen zweier oder mehrerer Factoren nicht anzunehmen ist, i» 
bereits 784 erwähnt. 



51 



743—746. Lautwechsel and Lautwandel im Allgemeinen. 275 

r43« Spontan nennen wir fernerhin diejenigen einfachsten 
schiebungsacte, welche lediglich der freien Willkür der 
sehenden ihren Eintritt verdanken, ohne an irgend eine 
5re Bedingung geknüpft zu sein. Beispiele solchen spon- 
n Lautwandels sind etwa die Entrundung gerundeter Vocale 
>ergang von ö, w in i, e durch Wegfall der Lippenarticula- 
►, der Uebergang von indog. o und ä in germ. a und ö, die 
jten Einzelacte der germ. Lautverschiebung (z. B. der Ueber- 
i von indog. b^ d, g zu germ. p, t^ k), die Eixirung des 
•ktons auf die Wurzelsilbe im Grermanischen u. dgl. 

744. Bedingt heisst dagegen derjenige Lautwandel, der 
b an andere Bedingungen als die blosse Willensthätigkeit 
Sprecher geknüpft ist. So ist z. B. der Uebergang des ahd. 
Q ffesti zu mhd. -e in ffeste an die Nachdruckslosigkeit der 
lusssilbe, der Umlaut von ahd. gasti zu ffesti an das Vor- 
densein des i in zweiter Silbe, die Verkürzung des II in nhd. 

'-e (gespr. fal^) gegen mhd. falle (gespr. fal-b mit Geminata] 
die Verschiebung der Druckgrenze gebunden. 

745. Eine besondere Art des bedingten Lautwandels ist 
combinatorische, dessen Eintritt von der Einwirkung von 

chbarlauten abhängig ist. Als Beispiel kann wieder der Um- 
t von ffosti zu ffesti dienen (vgl. 765). 

746. Combinatorischer Lautwandel kann sowohl auf räum- 
er, als auf zeitlicher, als auf dynamischer Verschiebung be- 
eil. Wenn z. B. aus einem Diphthong wie ai allmählich der 
lophthong e hervorgeht, so ist das ein reines Beispiel einer 
lüichen Verschiebung, speciell einer Ausgleichung einer 
iiculationsdiff erenz (d. h. des Masses für die Bewegun- 

welche beim Uebergang von einem Laute zu einem andern 
c^achen sind). Die Exspiration ist in dem neuen e dieselbe 
in dem alten Diphthongen ai, ebenso die Zeitdauer; nur ist 
Abstand, der ursprünglich zwischen der Zungenstellung im 
Bn Momente imd der im letzten Momente bestand (a — i) 
reducirt. Mit anderen Worten, es ist eine räumliche 
^imilation eingetreten. Solche Assimilationen sind auch 
den anderen Gebieten der Verschiebung sehr häufig. Ein 
ipiel für (partielle, 751) Assimilation durch zeitliche 
* Schiebung bietet etwa der Uebergang von affna zu atana 

totale der analoge Uebergang von adna zu anna, abma zu 
^a) u.dgl. Assimilation durch dynamische Verschie- 
ig findet sich z. B. beim Uebergang von mhd. gibet^ ntmet 



276 747 — 760. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen. 

mit Lenis b, m zu nhd. ffiptj nimt mit den entsprechenden 
Fortes. 

747« Aus der Häufigkeit der Assimilation darf indessen keineiwe|i 
geschlossen werden, dass aller combinatorisehe Lautwandel zugleich A». 
milation sei. Das würde namentlich nicht auf die Fälle der zeitlidlfflIye^ 
Schiebung zutreffen, von denen sehr viele nicht zu Assimilationen fSko^ 
z. B. die sog. Epenthesen (809), die Einschiebung gewisser redudrterYocilft 
(Svarabhakti, 812) u.dgl. 

748. Mag das Besultat einer combinatorischen Yersdiiebmig eoi 
Assimilation sein oder nicht, das Zeitmass der veränderten Lratgn^fl 
bleibt zunächst unverändert. Geschichtlich nadiweisbare Yerandmi^ 
desselben beruhen stets auf spontanem Lautwandel, der den Wirinn^ 
des combinatorischen Lautwandels nachgefolgt ist. 

749. Arten der Assimilation. Man pflegt die Asshni- 
lationen je nach der Richtung ihrer Entwicklung in regressiTe 
und in progressive einzutheilen, je nachdem ein Laut eisA 
vorhergehenden oder einen folgenden Nachbarlaut sich mssr 
lirt; als dritte Unterart kann man dazu noch eine reciprob 
Assimilation aufstellen, bei der beide Theile sich gleichmäsaf 
beeinflussen (wie oben beim Uebergang von ai zu e). 

In den indogermanischen Sprachen ist die regressiTe 
Assimilation durchaus überwiegend an Häufigkeit, wahrend 6 
ural-altaischen Sprachen die progressive Assimilation begün** 
gen. Nähere Bestimmungen lassen sich aber nicht wohli 
Kürze geben, weil die einzelnen Sprachen zu sehr differiren. 

750. Ein Beispiel für regressive Assimilation bietet der genn** 
nische Umlaut (714), für progressive die finnisch-türkische Vocalb«'* 
monie, bei der innerhalb eines und desselben Wortes auf Velarvocal» '^ 
ersten Silbe immer nur wieder ein Velarvocal, auf Palatalvocalnurvie«' 
Palatalvocal, und nur auf sog. neutrale Vocale (genauer gesagt, Vo»» 
ohne ausgeprägt palatalen oder velaren Charakter) beliebige VoöJefoljl* 
können. Ueber diesen Gegensatz von regressiver und progressiver W 
kung sagt Böhtlingk (Jenaer Lit.-Ztg. 1874, S. 767) : " Ein indogermani«*« 
Wort ist in dem Masse eine wirkliche Einheit, dass der Sprechende sdb* f^. 
beim Hervorbringen der ersten Silbe das ganze Wort sozusagen im ö^ 
ausgesprochen hat. Nur auf diese Weise ist es zu erklären, dass ^^m^ 
leichterung der Aussprache einer nachfolgenden Silbe [resp. Lautes] «** 
die vorangehende [Silbe resp. Laut] modificirt wird. Ein Individuen *■ S^i 
ural-altaischen Völkergruppe stösst, unbekümmert um das SchickB» *J ^^ 
Wortes, die erste Silbe desselben, den Träger des Hauptbegriffes, öJJ l 
Weiteres heraus ; an diese reiht er dann die weniger bedeutsamen Su»'* 
in etwas roher Weise an, indem er gleichsam erst in dem Angen^"^ 
Abhülfe denkt, wenn er nicht mehr weiter kann.' — Hierzu ist ctwaj 
zu bemerken, dass von einem Bestreben nach Erleichterung ^^^'"? 
gesprochen werden darf, denn willkürlich imd bewusst pflegen *'^^/* 
Assimilationen nicht zu sein. Vielmehr wird die Sache wohl so ^ 
fassen sein, dass dem ^pTeci\i^T öi^\i^^QiidftT% charakteristischen Theüe^ 



w. 



A 



751 — ^753. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen. 277 

ticulation folgender Laute (z. B. um bei af9na aus aana stehen zu bleiben, 
i Senkung des Gaumensegels für das n) besonders lebhaft vorschweben, 
d dass demzufolge die Auslösung derjenigen Nerventhätigkeit, welche 
r fiTzexigung dieser Articulationsbewegung dient, vor der ihr eigentlich 
■teilenden Zeit erfolgt. Umgekehrt wird in den Sprachen, welche die 
g, ^ocalharmonie kennen, durch die Aussprache der ersten Silbe die 
izkgre in der Horizontalstellung des Yocals dieser Silbe gewissermassen 
it gebannt, sodass sie in den Folgesilben von da aus wohl verschiedene 
ohenstufen einnehmen, aber nicht in (wesentlich) andere Horizontal- 
^llnngen gelangen kann, bis der Beginn eines neuen Wortes den Bann 
st. Bei correctem Nachsprechen solcher Fremdbeispiele empfindet man, 
Le ich z. B. beim Finnischen beobachtet habe, dies Zwangsgefiihl in der 
mge ganz deutlich. — Ein interessantes Beispiel für die Nachwirkung 
»rausgegangener Articulationen bietet die Assimilation nachfolgender n 
L -wortanlautende Labiale im Deutschen wie mperegrinus^piligrim u. dgl. 

751* Endlich hat man auch noch zwischen partieller 
nd totaler Assimilation unterschieden. Letztere tritt um so 
dchter ein, je mehr Factoren die beiden Nachbarlaute bereits 
dt einander gemein haben. Es wird z. B. adna unter denselben 
Bedingungen zu anna mit totaler Assimilation, wie agnazu 
f9na oder abna zu amna mit partieller, weil d und n neben 
er Stimme auch noch den dentalen Verschluss gemeinsam 
aben, so dass nur die verschiedene Stellung des Gaumensegels 
Le überhaupt unterscheidet. — Wo weiter auseinanderliegende 
jaute vollkommen assimilirt werden, sind nach dem allgemeinen 
besetz von der Allmählichkeit des Lautwandels in der Regel 
Jebergangsstufen anzusetzen, also etwa für lat. summus aus 
mpmtis die Mittelstufe *submus (wenn nicht vorher noch 
'gubrntM mit stimmloser Media aus geschwächter Tenuis), oder 
ür die Contraction von ai zu e Mittelstufen wie aV, ei u. dgl. 

762. Neben der Neigung zur Assimilation zeigt sich viel- 
ach auch eine Neigung zur Dissimilation, d. h. zur Entwick- 
ong benachbarter Laute in divergirender Sichtung. Als clas- 
isches Beispiel kann die Diphthongirung einfacher Vocale, 
owie die divergirende Weiterentwicklung von Diphthongen 
überhaupt (768) dienen. Eälle springenden Lautwechsels durch 
>issimilation treten namentlich oft bei rascher Wiederkehr 
fewisser Laute (besonders r imd /) ein, vgl. etwa mhd. martel 
leben marter u. dgl. 

763. Von den hierdurch im Allgemeinen skizzirten Arten 
les Lautwechsels möge zum Schluss eine Anzahl von Einzel- 
allen noch in Kürze erläutert werden. 



1*. 



278 7Ö4 — 757. Lautwechsel durch örtliche Verschiebung. 

Cap. 38. Lantwechsel durch Örtliche Yerschiebnng. 

754. Wechsel der Articulationsstelle kann alleLaute 
betreffen und ist äusserst mannigfaltig. Er kann theils auf; 
einem Sprung, theils auf allmähhcher Verschiebung bernieii 
und sowohl spontan als auch bedingt sein. 

756. Von sprunghaften Veränderungen der Ariiciili« 
tionsstelle sind neben den 737. 752 berührten AssimilaüoiHi 
und Dissimilationen wie peregrinus — piligrim, marter—tnarti\ 
etwa noch anzuführen der Ersatz des Zungenspitzen-r doni 
das alveolare oder das Kehlkopf-r (307 ff.) oder das Uiii8pringagn:i 
gerundeter Velare in Labiale (wie in griech. icrfTspo? aus jotmt 
u. dgl.). Beachtenswerth ist namentUch auch die YerMBt 
eines Kehlkopfverschlusses (Stosstons, 685 ff.) durch ob» 
Mundverschluss, die in gewissen westmitteldeutschen Mundarteft 
sehr gewöhnhch ist (dial. iks, uks *Eis, aus' aus is, us^ aebfift* 
bürg, brceokt^ hlceogdrn *^Braut, schleudern* aus brut^ slud^\ 
mit palatalem Verschluss tseü, kned'dn^ leü ^Zeit, 8clmei4eBi|,:i 
Leute* aus ztt^ sniden, lude\ desgl. niederrhein. ^ti, Ö 
'Zeit, Leute* für Hsikt, *lükt aus zi't, tut. Li engüfidi® 
Mimdarten wird umgekehrt ein Mundverschlusslaut zuweä® 
durch den Kehlkopfverschluss ersetzt, z. B. ba^^'dr 'Butter sw» 
butter, 

766. Spontane Verschiebung der Vocalreihen. Hi« 
kommen sehr mannigfaltige Erscheinungen in Betracht, aber 
sie sind in ihrer Art meistens einfach. Als die einfachste toh 
allen ist wohl derUebergang von Vocalen mit starker Lippen- 
thätigkeit in solche mit passiver Lippe (und umgekehitl 
voranzustellen, wie er sich z. B. im Englischen und in vielea 
mitteldeutschen Mundarten vollzogen hat. 

767. Mit dieser Veränderung hängt der Wegfall der ge- 
rundeten Palatalvocale w, ö zusammen. Wird diesen die 
das in ihnen liegende u-Element bedingende Lippenrunduiig 
genommen, so bleiben einfach die restirenden Producte der 
Articulation der Zunge, d. h. e, e übrig. — Das Fehlen von 
Vocalen wie w, ö gibt also für solche Sprachen, bei denen sie 
früher einmal nachweislich vorhanden waren, einen sicheren 
Anhaltspunkt für die Beurtheilung des gesammten Vocalis- 
mus ab. 

Als Gegensatz zu dieser Entrundung der gerundeten 
Vocale kann man den Uebergang zu abnorm starker Rundung 



758 — 760. Lautwechsel durch örtliche Verschiebimg. 279 

bezeichnen, welcher namentlich im Norwegischen und Schwedi- 
chen sehr um sich gegriffen hat (Storm^ S. 132 f.). 

758. Demnächst ist hier des spontanen Wegfalls der 
^asalirung zu gedenken, wie etwa in Schweiz, q *an' gegen 
chwäb. q, Ueber bedingten Eintritt der Nasalirung vgl. 800« 

769« Hieran reihen sich die den Charakter eines Vocal- 
ystems weit stärker modificirenden Veränderungen in der 
Sungenarticulation. Solche können theils in verticaler, 
heils in horizontaler Verschiebung der Zunge bestehen (246 ff.), 
uch auf Verschiedenheit der Spannung zimickgehen (252), d.h. 
s finden Uebergänge von hohem zu niedem, von gespannten zu 
iigespannten,vonvelarenzupalatovelarenundpalatalenVocalen 
tatt und umgekehrt. Für den ersten Fall denke man z. B. an 
ie Ueberführung der indog. e, o in got. «', u und die entgegen- 
esetzte der latein. i, ü in roman. e, o. Wollte man für den 
weiten Fall auch noch eine Wirkung des Trägheitsgesetzes an- 
lehmen, insofern die Zungenarticulation der e, o geringer ist 
Is die der e, w, so genügt diese Erklärung doch nicht für den 
imgekehrten ersten Fall. Man wird also besser thun, beide 
ind überhaupt alle ähnlichen Erscheinungen auf allmähliche 
inbewusste Verschiebung der Zungenarticulation ohne Rück- 
sicht auf den Kraftaufwand zurückzuführen und im gegebenen 
Einzelfall eine Anknüpfung derselben an andere charakte- 
ristische Lautwandlungen zu versuchen, 

760. Kurze und lange Vocale schlagen bekanntlich bei 
derartigen Verschiebungen häufig entgegengesetzte Wege ein. 
unsere meisten kurzen ?, e, o, w sind i^ u.s.w., unsere Längen 
i^ U.S.W.; oder die Kürzen werden in ursprünglicher Qualität 
erhalten, wie im Englischen e, o, ä, während die Längen zu 
ij t^-i i (^^) geworden sind. Hierfür liegt der Grund wohl in dem 
auch sonst vielfach zur Anwendung kommenden Gesetz, dass 
die Articulationen eines Lautes um so energischer und sicherer 
vollzogen werden, je stärker derselbe zum Bewusstsein kommt, 
d. h. je grösser seine Stärke oder Dauer ist. Dies erklärt beim 
langen Vocal sowohl eine Steigerung der specifischen Zungen- 
articulation (nach Stellung und Spannung) als der Rundung, 
falls solche vorhanden ist. Beim kurzen Vocal dagegen, der 
nur einen momentanen Zungenschlag erfordert, wird leicht das 
eigentliche Mass sowohl der Entfernung von der Ruhelage wie 
der Spannung nicht erreicht, d. h. es wird eine Wandlung von 
Vocalen mit stärkerer specifischer Articulation zu Lauten von 



280 761 — 764. LautweGhsel durch örtliche Verschiebung. 

mehr neutraler Articulation angebahnt, sowohl was Zungen- 
und Lippenstellung als was Spannung betrifft. 

761. Vocalwechsel bedingt durch Verschiedenheit 
der Tonhöhe. Zur Hervorbringung höherer Töne wird der 
Kehlkopf gern gehoben, zur Hervorbringung tieferer gm, 
gesenkt, und die Zunge folgt diesen Bewegungen des Kehl- 
kopfs unwillkürlich ein wenig nach. Bei hohem Ton erfahr^i 
die Vocale daher leicht eine Vorschiebung bez. Erhöhung, bei 
tiefem eine Zurückziehung bez. Senkung der Zunge, d. h. sie 
werden im ersten Fall 'heller' (d. h. palataler bez. höher), im 
zweiten 'dunkler* (d. h. velarer bez. tiefer), vgl. z. B. hohes 
zweifelndes ja' mit tiefem zweifelnden ja\ — Ueber den Ein- 
fluss der Tonhöhe auf die Diphthongirung von Vocalen s. 768 f. 

762. Seit Scherer, Zur G-eschichte der deutschen Sprache i S. 121ff. 
ist es sehr Mode geworden, den üebergang 'dunklerer (velarer) Vocale in 
Tiellere' (palatale), namentlich den von a in ff etc. mit den Namen der Ton- 
erhöhung zu belegen, weil an die Stelle des einen Vocals ein anderer 
mit höherem Eigenton (vgl. 226 ff.) tritt. Es wird dann der Yorgsng 
mit dem altgermanischen musikalischen Accent in Verbindung gebradit, 
indem 'die Höhe oder Tiefe des Tons, welche einer bestimmten Silbe 
in der Rede beiwohnt, den Vocal mit entsprechendem höherem od» 
tieferem Eigenton attrahirt'. Diese Erklärung ist für die Palle, für die 
sie aufgestellt ist, durchaus unerwiesen, namentlich in ihren weiteren 
Consequenzen, z. B. dass sich die Vermischung der ursprünglichen gerun- 
deten Palatalvocale ö, ü mit e, i im Angelsächsischen aus denselben Grün- 
den erkläre : denn in diesem Falle hat man es klärlich nur mit einer Ent- 
rundung ursprünglich gerundeter Vocale zu thun. 

763. Vocalwechsel bedingt durch Stärke und Dauer. I 
Abgesehen von der bereits oben 760 erwähnten Beeinflossang |; 
der Vocalentwicklung durch verschiedene Quantität fallen hier- 
her besonders noch die Verstümmelungen von Vocalen unbe- 
tonter Silben, die zugleich in rascherem Tempo genommen z» 
werden pflegen. An die Stelle voll ausgeprägter Vocale treten 
in Folge schlaffer und hastiger Articulation zunächst dumpfere 
Varietäten mit weniger ausgeprägter Stellung, schliesslich eiß- 
fache Stimmgleitlaute, die sich nur nach der jeweiligen Laut- 
imigebung richten. 

764. Vocalwechsel, bedingt durch den Einfluss 
von Nachbarlauten (Assimilation). Die Differenz zwischen 
den Stellungen benachbarter Vocale wird gern vermindert, 
sei es durch einseitige, sei es durch gegenseitige Annäherung- 
Sehr gewöhnlich ist dieser Process bei Diphthongen, vgl. z. B. 
nhd. ae oder cee aus äi, ao oder aw, äo aus at^ (vgl. 416), oder 
icBj uä aus ia, ua u. dgl. Vollkommene Ausgleichung führt zu 




76Ö — ^767. Lautwechsel durch örtliche Verschiebung. 281 

Oontractionen, zu einfacher Länge. Uebergänge wie der von 
nrsprünglicliem ai zu e, au zu d zeigen reciproke, solche wie ai 
ta q (z. B. im Angelsächsischen] oder au zu a (im Altfriesischen) 
progressive, solche wie et zu « (z. B. im germ. ^ aus indog. ei) 
essive Assimilation. 

765. Zu den Ausgleichungen der Stellung von Nachbar- 
iN>calen gehören auch die sog. Umlaute (einschliesslich des 
^-Umlauts oder der sog. Brechung), soweit sie als Endresultat 
er einfache Vocale an Stelle einfacher Vocale (z. B. in ahd. 
ti aus ffasti) oder Diphthonge an Stelle von Diphthongen 
B. altn. heyra aus *kauzjan) aufweisen. Seltener wirkt hier 
umlautende Vocal direct auf den umzulautenden (wie in 
d. säien = mhd. scejen), gewöhnlicher treten Consonanten als 
ipFermittlerauf (Scherer, zur Geschichte der deutschen Sprache ^ 
^142 ff., Verf. in den Verhh. der Leipziger Phüol.-Vers. 1872, 
-189 ff.), indem sie die specifische Stellung des umlautenden 
^iVocals durch Articulationsmischung (469 ff.) in sich aufnehmen 
imd so mit der des umzulautenden Vocals in Contact bringen. 
^er «-Umlaut setzt also Palatalisirung (482 ff.), der w-Umlaut 
:ptandung (491 ff.) der zwischenliegenden Consonanten voraus. 

: " 766« Die verschiedenen "Wechsel, die man unter dem Namen 'Umlaut* 
qnsainmenfasst, enthalten übrigens durchaus verschiedene Processe. Bei 
i^ meisten sog. w-Umlauten (wie altnord. hondum aus handum, ayngva aus 
'*iif9gt€an, aiökkva aus *8tenkwan), handelt es sich um Vorausnahme der 
ikRandimg bei bleibender Zungenstellung, also zugleich um eine zeitliche 
yerschiebung. Der «-Umlaut besteht in der Regel in einer Verschiebung 
V^elarer Vocale zu Palatalen gleicher Höhe (wie ahd. gaati — gesti, Wechsel 
>öii mid-back zu mid-front u. dgl.), seltener in einer Hebung der Zunge 
Wie beim Umlaut des urags. ^ zu e, oder dem des germ. ^ zu i wie in 
b^Tfon — Mißt). Beim a- und w-Umlaut tritt (soweit letzterer nicht bloss in 
iondang ungerundeter Vocale besteht, s. oben) nur Ausgleichung der 
Sun^enhöhe ohne Verschiebung in horizontaler Sichtung ein. So bringt 
u B. das ahd. hilfu aus *helfu den mittleren Vocal e auf die Höhenstufe 
tes hohen Vocals u. Bei alid. st^ga , bogan aus germ. ♦«%« und älterem 
^rm. *hu^ana sind die hohen Vocale «, u auf die Höhe des mittleren 
t^ocals a herabgesunken. Etymologisches % bleibt ahd. vor dem hohen 
Vocal u, sinkt aber vor den mittleren Vocalen a , o gern zu dem mittleren 
? herab (ahd. hirtiu, aber hirtf^a^ hirt^o neben hirtia, hiriio), während un- 
lilbisches ^ ebenso wie silbisches u constant dem a-Umlaut unterliegt (da- 
üer ahd. balo etc. aus Haha aus germ. bali^ta) u. dgl. (vgl. auch 415). 

767. In ähnlicher Weise wie Consonanten mit Voraus- 
nähme specifischer Vocalarticulation können auch Consonanten 
bloss durch ihre eigene specifische Stellung auf Vocale ein- 
^irirken, iudem der Contrast zwischen dieser und der Stellung 
des Vocals durch Annäherung gemildert wird. Hierher fallen 



282 768—772. Lautwechsel durch örtliche Verschiebimg. 

z. B. die sog. Brechungen des i, u vor r, h im. Gotischen zu ai, 
aü (d. h. e^^ o^), der Uebergang des 6, o zu *, u vor Nasal + 
Consonant im Grermanischen (ahd. hintan^ gibuntan gegen 
helfauj giholfan)^ femer die Begünstigung der ContractionTcm 
Diphthongen durch Consonanten stark differirender Stelhng 
(z. B. der Contraction des au zu 6 vor Dentalen und h und des 
ai zu e vor A, r, w? im Althochdeutschen), u. dgl. Vgl. auch 478t 

768. Neigung zur Dissimilation macht sich besond^ 
bei Diphthongen geltend, deren Componenten sie auseinaDder 
treibt. Beispiele hierfür sind z. B. mittelhochdeutsches schi^ 
bisch-bairisches und gemein-neuhochdeutsches at, a« , wie in 
stain, paum, nhd. Beinj Baum (gesprochen haen^ ^^om), aas 
urspr. eij ouy desgleichen das neuengl. dialektische at, au wie 
in sai, nau für sei, nou (*^say, no') u. dgl. Auch die Spaltung 
einfacher Vocale in Diphthonge kann hierher gezogen 
werden, wie etwa der Uebergang des f , o in neuengL et, o« 
(s. oben) oder zu ea (m), oa [ua) im Althochdeutschen [hear^ 
goat etc. aus Ä^r, göt) u. s. w. 

769. Diese Diphthongirung mag zum guten Theil mit der Betonung 
zusammenhängen, insofern bei steigendem Ton die Zunge im Laufe da 
Vocals vorgeschoben und gehoben, umgekehrt bei fallendem Tone zurück 
gezogen und gesenkt wird : der erste Vorgang führt zur Bildung von Diph- i 
thongen wie ei, ou, der zweite zu solchen wie ea, oa, vgl. oben 761. DieMf 
Annahme eines Zusammenhangs zwischen Diphthongirung und Betonmig 
wird besonders dadurch wahrscheinlich gemacht, dass solche Diphthongi* 
rungen besonders gern bei zweigipfligem bez. zweitönigem Silbenaccent 
(vgl. 580 ff.) eintreten, durch den derVocal in zwei Theilstücke zerschnitten 
wird, die nun in der Entwicklung nach verschiedenen Seiten auseinander 
gehen. 

770. Zu den spontanen Verschiebungen im Conso- 
nantensystem gehören beispielsweise die Schwankungoi 
innerhalb der verschiedenen Arten der Dentale (154 ff.) oder- 
Zischlaute (334 ff.), femer die Uebergänge von z iar, die Yon 
cerebralem r ia l, der Uebergang von uvularem r in j (307) 
u. dgl. mehr (in einigen dieser Fälle, wie gerade dem zuletzt 
angeführten, findet zugleich eine graduelle Verschiebung der 
Articulation statt). 

771. Bedingter Lautwandel bei Consonanten. Bei- 
spiele für die assimilirende Einwirkung von Vocalen auf Ood- 
sonanten bieten die oben 469 ff. besprochenen Aufnahmt 
specifischer Articulationselemente, sofern sie auf Ausgleichmig 
von Zungenarticulationen beruhen, also namentlich die V^ 
legung der Articulationsstellen der k- und 2;- Laute je naA 






773 — 775. Lautwechsel durch graduelle Verschiebung der Hemmung. 283 

dem folgenden oder vorausgehenden Vocal u. dgl. (die Mit- 
wirkung der Lippenarticulation bei der Berührung gerundeter 
Vocale mit Palato volaren und der Zungenarticulation beliebiger 
Vocale bei der Berührung mit Labialen beruht dagegen auf 
zeitlicher Verschiebung dieser Accidentia). 

772. Stärkere Veränderungen erfahren die Con so nanten 
bei der gegenseitigen Berührung. Das Resultat der Assi- 

;. milation ist hier häufig die Herstellung vollkommener Homor- 
:- ganität. Die specifische Articulation des unterliegenden Lautes 
, fällt also ganz weg, so z. B. der dentale Verschluss in ampa 
aus anpa oder der volare in ital. atto aus acto, Ln letzteren 
\ Falle ist von dem c [k] nichts geblieben als der Zeittheil, den 
i, Beine Hervorbringung erforderte und der nun dem verlängerten 
.(: (durch zeitliche Verschiebung über die Silbengrenze hinüber- 
gezogenen) t zu Gute gekommen ist. Die Richtung der Assimi- 
. Jation ist gewöhnlicher regressiv, seltener progressiv, wie alt- 
nord. II aus Ip , ahd. mm aus mn in stimma aus und neben siimna 
(vgl. auch die zahlreichen urgerm. Geminaten aus Consonant- 
_: gruppen, wie in *fulläs aus *fulnäa u. dgl.). Am leichtesten 
"■r iinterKegen der Assimilation im Allgemeinen die Laute mit 
: Verschlussbildung durch die Zungenspitze (also ^, rf, n], — 
lieber die lateralen und nasalen Degenerationen, die ebenfalls 
hierher gehören, vgl. oben 460 ff. 

Cap. 39. Lantwechsel durch graduelle Verschiebung 

der Hemmung. 

773. Wie oben 130 ff. gezeigt wurde, gibt es drei Haupt- 
grade der Hemmung: Verschluss, Keibeenge, Weitstellung 
ohne Beibegeräusch. Verschiebungen der Articulation, welche 
einen Uebergang aus einem dieser Grade in einen andern in- 
volviren, sollen danach hier als graduelle Verschiebungen be- 
zeichnet werden. 

774. Streng genommen bedeutet* jede Veränderung des Lumens der 
Ausflnssöffnung eine graduelle Verschiebung; es erscheint aber zweck- 
mÄssig, solche Veränderungen, bei denen kein Wechsel der Classe vor- 
kommt, eher den örtlichen Verschiebungen zuzugesellen, weil sonst oft 
nahe Zusammengehöriges auseinandergerissen würde (vgl. z. B. die ver- 
schiedenen Verschiebungen der Vocale oben 759). 

776. Eine scharf ausgeprägte räumliche Grenze zwischen 
den verschiedenen Stufen der Hemmung besteht übrigens nur 
beim Wechsel von Verschlusslauten und Nichtverschlusslauten. 



2g4 776—778. Laatweoh8el durch graduelle Venchiebiiiig der Hamamig. 

Beim üebergang von Sonoren in Beibelaute und umgekdrt 
kann auch ein dynamisches Element (Yerstärkiing und Schirä- 
chung des Stromdrucks) mitwirken, Tgl. oben 192 ff. und nament- 
lich den Abschnitt über G^räuschreduction 499 ff., wo lüber 
solche Fälle bereits das Nöthigste beigebracht ist. Auch beim 
Wechsel der Hemmung im Kehlkopf (Üebergang von der Voll- 
stimme zur Murmel- und Flüsterstimme) ist das dynamische 
Element wesentlich, ja vielleicht die eigentliche primäre Ursache 
des Wechsels (vgl. 787). An Einzelfällen verdienen etwa noch 
Erwähnung: 

776. üebergang stimmhafter Oeffnungslaute in 
(stimmhafte) Yerschlusslaute. Besonders häufig ist der 
Üebergang stimmhafter Spiranten in Medien, namentlich 
auch im Germanischen; vgl. z. B. den Üebergang des germ. i 
in westgerm. rf, den Üebergang des germ. *, j in einzelsprach- 
liches b, g, den Üebergang des germ. p durch stimmhaftes d in 
dentales d u. dgl. Hauptbedingung dabei ist (s. 503) geringer 
Stromdruck im Ansatzrohr und demnach nur schwaches Beibe- 
geräusch. Ausserdem finden sich namentlich noch Berührungen 
von r, l, n mit d^ wie etwa in neuisländ. gesprochenes badn^ 
fadla^ stedn aus altisländ. barn^ falla^ steinn (mit nachträg- 
lichem Üebergang zu stimmloser Media). 

777. Üebergang stimmhafter Verschlusslaute in 
stimmhafte Oeffnungslaute. Hier vollzieht sich der 
Wechsel in umgekehrter Richtung, d. h. auch hier treten 
zunächst wohl stets Oeffnungslaute ohne deutliches Keibungs- 
geräusch an die Stelle stimmhafter Medien mit schwacher 
Explosion. Dies gilt sowohl vom Üebergang der Medien in 
homorgane Spiranten (wie etwa dem Üebergang von b, d,gm 
ty #, j) , als von dem Wechsel von etymologischem d mit /, r 
(wie lat. lacruma aus dacruma^ oder westmitteld. lar^^ laer* aus 
laden y leide7i u.dgl.). 

778. Üebergang stimmloser Spiranten in stimm- 
lose Verschlusslaute ist seltener, weil die stimmlosen Spiran- 
ten meist stärkeres Keibungsgeräusch haben als die stinunhaften. 
Beispiele sind etwa der üebergang des germ. anlautendem / in 
f im Dänischen, Schwedischen, Färöischen und in der irischen 
Aussprache des Englischen; ferner der Üebergang von x'mh 
z. B. im armen, kh aus su, wie in khuir Schwester aus *s^eser 
(vielleicht gehört hierher auch das heutige oberdeutsche Ü für 
ahd. ^//-, wie in /c an aua akd. c/iati^ wenn nämlich dies ch- im 



f79. 780. Lautwechsel durch graduelle Y erschiebung der Hemmung. 285 

^hd. wirklich die Spirans x und nicht die Afiricata kx aus- 
Irückte). Vorschlag eines Verschlusses zeigt z. B. mhd. phn- 
lusy«-, wie in phnehen^ phnast, phnüsel. Häufiger als spontan 
indet sich dieser Wechsel als bedingter, also in gewissen Con- 
lonantengruppen. Ganz gewöhnlich wandelt sich hsmks^ vgl. 
iltn. vaxuy ags. weaxan, nhd. wachsen ^ d. h. waksn, mit got. 
cahsjan, ahd. wahsan, oberd. (Schweiz, österr.) waxs* u. dgl. 
Sbenso wechselt fs öfter mit ps (vgl. dialektisches deutsches 
epse, repsen, wepse aus und neben lefse, refsen, wefse oder 
iltnord. repsa neben refsa, ups aus u/s, got. ubizwa). Ueber- 
fang Youft zu pt findet sich im Altnordischen (opt aus oft etc.). 
Jeberall, wo / zu jö wird, scheint bilabiale Aussprache vor- 
gelegen zu haben : das bilabiale f hat schwächeres Keibungs- 
^eräusch als das labiodentale (325; vgl. auch Formen wie 
nitteld. inpähen^ inpallen^ d. h. inp^ah^n^ inp^all^n aus int- 
^ähan, intfallan mit Schwächung des bilabialen/ zu blossem 
lauch). 

779. Uebergang stimmloser Verschlusslaute in 
timmlose Spiranten ist sehr häufig in den verschiedensten 
iprachen, doch ist seine Entstehung nicht überall mit Sicher- 
eit festzustellen. Vermuthlich sind zwei grundsätzlich ver- 
3hiedene Arten anzuerkennen : 

780. Uebergang durch die Aspirata und Affricata 
Lndurch, also angebahnt durch starke Exspiration, die sich 
mächst in der Aspiration kundgibt. Dieser Art sind z. B. 
ie Uebergänge von j!>, ^, A zu/, 5j, cA in der hochdeutschen 
lautverschiebung (vgl. got.hilpan^ itan, brikan mit ahd.Äe//aw, 
zzan^ brehhan^ nhd. helfen^ essen ^ brechen). Für den Anlaut 
egen sämmtliche hier angenommene Stufen: Tenuis, Aspirata, 
Lffricata, Spirans in deutschen Dialekten bei der Labialreihe 
or: niederfränk. und ripuarischj^wn^, moselfränk. rheinfränk. 
ess. p'^unt^ sonst entweder jtj/wn^ oder /ww^ *Pfund^ In der 
"^elarreihe fehlt hier meist die Affricata: niederfränk. rip. kan^ 
emeindeutsch Ican^ aleman. xan^ in der Dentalreihe fehlen 
Lspirata und Spirans: niederfränk. toe^ hochdeutsch 2w. Für 
leiche Entwicklung im Inlaut sprechen die für das Hoch- 
eutsche bezeugten Uebergänge von älterem helpfan zu junge- 
em helfan in gewissen Mundarten. Lebendiger Wechsel von 
tarker Aspirata und Affricata begegnet auch in lebenden 
lundarten, z. B. im Dänischen und irischen Englisch, wo t vor 
alatalen Vocalen ziemlich deutliche Affricata (annähernd ts\ 
or anderen stark aspirirte Tenuis ist, u. dgl. 



286 781—787. Lautweohsel durch graduelle Versohiebung der Hemmting. 

781« Bei dieser Entwicklung gehört nur der letzte Act, die Oeffiiimg 
desVerschluBses, hierher: die Aspiration beruht auf spontaner Yerschiebusg 
der Exspiration, die Afirication auf zeitlicher Verschiebung, d. h. sie ist 
die Folge des verlangsamten Uebergangs zur Stellung des folgenden Oeff- 
nungslauts. 

782. Charakteristisch ist, wie bemerkt, für diese Art des 
Uebergangs die Drucksteigerung. In Folge dieser Steigerung 
treten denn die auf diesem Wege entstehenden Spiranten stets 
als Fortes oder Geminaten auf. 

783« Umstände, welche der Aspirirung erfahrungsgemäss hinderlich 
sind (z. B. die Stellung des Verschlusslauts hinter einem Oonsonanten, wie 
in nhd. sp-j St-j sk- oder ^J-, id-j ig- gegen sonstiges^*-, <*-, A?*-), hinideni 

oder hemmen daher auch die Afifricirung mehr oder weniger voUstSadig. 
Bei der hochdeutschen Lautverschiebung bleiben daher Tenues nach Oon- 
sonanten und in der Gemination hinter einfachen Tenues nachYocalea 
zurück. 

784. Directer Uebergang von der Tenuis (oder 
schwachen Aspirata) zur Spirans durch Lockerung des Ver- 
schlusses. Hierher gehören wahrscheinlich moderne Fälle, wie 
irisch-engl. mei-xif^, i-pm^ blä-%ird ^making, eating, blacking', 
bei denen zum Theil die Spirans noch in lebendigem Wechsel 
mit dem Verschlusslaut steht. Vermuthlich werden hierher 
auch vorhistorische Processe wie die Verschiebung der indog. 
Tenues zu germ. /, ^, x oder die Spirirung alter Tenues z. B. 
im Iranischen und Keltischen gehören, bei denen sich kein spe- 
cieller Hinweis auf etwaige Entwicklung nach 780 finden lässt 

785. Der Lockerung des Verschlusses liegt als Vorstufe vermuthlich 
schwache Bildung desselben voraus. Es ist daher z. B. wohl denkbar, dan 
die Verschiebung im Wortanlaut und im Wortinnem nach einer Dnick- 
grenze eintritt, aber nicht bei einer Geminata, welche kräftigen VerschliiBS 
fordert (560). Hiemach können germ. geminirte ttj ppy kk wie in Chatl^ 
got. skattsy ags. hoppian^ altnord. smokkr recht wohl der Verschiebimg 
widerstanden haben, welche einfache p, t^kmf,p^x wandelte. 

786. Wegfall eines Mundverschlusses bei Halb- 
schlusslauten findet sich öfter bei Nasalen, z.B. beim Uebe^ 
gang von Vocal + Nasal in einfachen Nasalvocal, wie in <7 ans 
an oder qn^ vermuthhch auch in Fällen wie altn. fn aus if» 
(z. B. nefna^ d. h. netna^ aus nemna^ got. namnjan)\ die Va> 
mittelung bildet hier wohl nasalirtes Ä, das vielleicht durch 
Schreibungen wie nemfna angedeutet werden solL Anderwärts 
gehen Nasale zwischen Vocalen in nasalirte Spiranten über, 
z. B. m im Irischen in mh^ d. h. nasalirtes v, — Umgekehrt ist 
die Oeffnung einer Spirans durch den Mundverschluss eines 
Nasals ersetzt bei dem^^cSa&^\NOTL g^erm, tn mit mn (ags. emne 



788. 789. Zeitliche Verschiebung von Articulationsfactoren. 287 

aus *etne^ geschr. efne; BMnord. jamnan aus *jatna?z, geschr. 
fofnan). Ob auch hier ein dn die Brücke bildet, ist zweifelhaft; 
03 ist auch ein Durchgang durch bn denkbar, das dann weiter 
nach 800 behandelt wäre. 

787. Graduelle Verschiebung der Kehlkopfhem- 
mung. Hierher fällt der Wechsel von Tenues mit und ohne 
Kehlkopf verschluss; femer, wie bereits 775 bemerkt wurde, 
der Uebergang von der Vollstimme zur Murmel- und Flüster- 
-sfcimme. Vorbedingung für diesen Uebergang ist hier in der 
r^egel Mangel an Nachdruck. In demselben Masse wie der 
^)riick abnimmt, erschlafft auch die Hemmung im Kehlkopf. 
^Bei fortschreitender Schwächung von Exspiration und Hem- 
i^ung kann dann auch noch das Flüstergeräusch ganz schwin- 
iden, so dass nun stimmlose Laute an Stelle stimmhafter auf- 
^ten (über zeitliche Verschiebung hierbei s. 794 ff.). 



" Gap. 40. Lantwechsel durch zeitliche Verschiebiing von 
i; Articulationsfactoren. 

788. Die Articulationsfactoren, deren zeitliche Folge gegen- 
-^hiander verschoben werden kann, sind einerseits die Ex- 
piration, andererseits die Hemmung bez. Resonanzbildung in 
Kehlkopf und Ansatzrohr. Innerhalb des letzteren kommen 
dann wieder gegenseitige Verschiebung der Actionen der drei 
!lliabhängig von einander beweglichen Theile, des Gaumen- 
segels, der Zunge und der Lippen, in Betracht, wobei dann 
^och zu beachten ist, dass die Bewegungen der Zunge und 
ler läppen durch die Bewegungen des Unterkiefers unterstützt 
irerden können (vgl. 40 f.). 

789» Unter diesen Factoren nimmt die Exspiration eine 
[besondere Stellung ein, insofern sie den ganzen Process der 
Ciautbildung durchläuft (abgesehen von den 64 ff. erwähnten 
ausnahmen). Von zeitlichen Verschiebungen der Exspiration 
kommen daher nur die Verlegungen der Silbengrenzen einer- 
seits und die Verschiebung des Silbengipfels innerhalb der Silbe 
Buidererseits in Betracht. Im WesentUchen handelt es sich also 
uns hier nur um die gegenseitigen Verschiebungen der ein- 
len Actionen des Hemmungs- und Eesonanzapparats. 



288 



790—793. Zeitliche Venohiebuiig der Exspiration. 



a. Verschiebung der Exspiration. 

790. Die Veränderungen, die durch Verschiebung der 
Silbengrenzen hervorgerufen werden, Eond meist zugkicii 
dynamischer Art. Es kommen hier namentlich die Bestiiminin- 
gen von 637 ff. in Betracht. Von anderen "Wechseln bum 
beispielsweise der Wechsel von auslautender aspirirter und 
unaspirirter Tenuis h&z. die Oeffnung von Verschlüssen ohne 
Explosion (459) angeführt werden. Sonst ist etwa noch anzu- 
führen, dass Assimilationen von Nachbarlauten leichter ein- 
treten, wenn sie einer und derselben Silbe angehören, als wenn 
sie durch eine Druckgrenze getrennt sind. 

791. Die Verschiebung des Silbengipfels innerhalb 
der Silbe veranlasst namentlich oft einen Functionswechsd von 
Nachbarlauten, von denen der eine Sonant, der andere Oon- 
sonant ist. Beispiele hierfür sind etwa die Umsetzung fallender 
Diphthonge in steigende, wie etwa in altn. b/üga, gjoia^ bjarga^ 
skjaldar aus be^guy geota, bearga, skealdar, oder franz. r^ 
^König' aus altfranz. reis^ rois (diese Umsetzung jGndet sidi 
namentlich oft bei Diphthongen, deren erster Component ein 
Vocal geringerer Schallfülle ist, also besonders bei ^unechteu 
Diphthongen', 418). Auch zwischen Liquiden und Nasalen 
einerseits und Vocalen andererseits finden solche Punctions-fc 
Wechsel statt. So setzen sich im Germanischen die Lautfolgesl^ 
Consonant + n, li, ni + Vocal ge'm in Consonant + rj\ lj\ ff. 
+ Vocal um, deren silbische r , /, « sich weiterhin in Sec1mdi^ 
vocal + Cons. r, /, j spalten (s. 814) : so in got. htoöftn^ 
aus *hv)6ftlJ6s für *hw6ftl%6z neben Formen wie haimöfi^ 

htoilftrjöm Sius *haim6pliaj*htoilftri6m\ ahd. sidilloBXia*ndili^ 
für *sidljo aus germ. *stdltöy ahd. sübiren aus *9übirj(m Sf 

*sübrjan aus *sübnanj ahd. wahm{n)en aus *f€ahinjan flf 

*wahnjan aus *wahman u. dgl. Functionswechsel von LiquM* 

und Nasalen zeigen Formen wie nhd. mauefTiy gespr. moff^ 

aus mhd. müren (vermittelt durch maum^ vrie man etwa gdegcB^ 

lieh noch den Namen *die Mauren' ausspricht). 

792. Eine Art Mittelstellung zwischen den in 790 und •*§ Ver 
besprochenen Verschiebungen bildet die Hineinziehang öf^pber 
schwächeren Silbengipfels in eine vorausgehende starktoB^ft^i^cri 
Silbe, die dadurch zweigipflig wird. So sind vermuthlichIJebc^■L^J^^ 
gänge wie der von germ. *s6feid zu got. $6kja (d. h. jonshM 





^. t 

der 
um 

Stirn 
itioi 



794. 79Ö. Zeitliche Verschiebung der Kehlkopfarticulation. 289 

sq-kiä) zu beurtheilen. Ueber andere Fälle dieser Art, die 
t Vocalabsorption oder -synkope verbunden sind, s. 817 ff. 

793» Wie die Verschiebung der Silbengrenze (790), so involvirt auch 
5 Verschiebung des Silbengipfels dynamische Veränderungen der be- 
^fienen Laute. Der besprochene Functionswechsel beruht also überall 
f einem Zusammengehen von zeitlicher und dynamischer Verschiebung. 

b. Verschiebung der Kehlkopfarticulation gegen 
die Articulationen des Ansatzrohrs. 

794« Hierher gehören die vielen Wechsel von stimm- 
»sen und stimmhaften Lauten, wenigstens insofern man 
ir das Endresultat ins Auge fasst. Das Stimmloswerden ur- 
arünglich stimmhafter Laute setzt nämlich ein zu spätes Ein- 
(tzen oder ein zu frühes Aussetzen der Stimme voraus (wie 
wa bei ober- und mitteldeutschem bin, du, gut aus ursprüng- 
3hem und zum Theil noch norddeutschem bin, du, gut einer- 
dts, und bei gemeindeutschem Leib, leid, Tag, gespr. laep, 
\et, tqk oder t^a^, bez. oberdeutschem laeb, laed, tag andrer- 
dts). Beim Stimmhaftwerden (der sog. Erweichung), also 
;wa bei nordd. sausen, gespr. zau-zn, gegenüber urspr. und 
>er- und mitteldeutschem sau-sn kehren sich diese Verhältnisse 
of ach um. 

795. In der Kegel wird der Wegfall der Stimme sich als 
ne Stimmreduction (512 ff.) darstellen, d. h. dem völligen 
2liwinden liegt der Durchgang durch eine geschwächte (Mur- 
.€l- oder Flüster-) Stimme voraus (vgl. auch 787). Auch zeit- 
sh kann die Dauer der Stinmie verkürzt werden, ehe sie ganz 
Jfifällt. So liegen z. B. zwischen den vollstimmigen Medien 
;wa des Französischen und den stimmlosen Medien des Deut- 
dhen die halbstimmigen Medien mancher norddeutschen Mund- 
rten, bei denen nur ein Theil der Zeit der Verschlussstellung 
orch eine schwache Murmelstimme ausgefüllt wird. Hier ist 
Ifio der Eingang der Medien stinmilos, der Schluss stimmhaft, 
^as umgekehrte Verhältniss findet sich oft im Auslaut, d. h. 
^ Stimme verklingt innerhalb des Schlusslauts, ehe die Ex- 
^^J^tion erlischt. So hat das engl, had noch Stimme während 
* Verschlussbildung des d und selbst noch einen Moment 
'^ber hinaus, aber die Explosion ist stimmlos, und Formen 
^ engl, has, gespr. hazs, zeigen ein schwaches s, das in seinem 
^gang stimmhaft, in seinem Ausgang stimmlos ist. 

^iererB, Phonetü. ö.Anfl. \^ 



290 796—799. Zeitliche Verschiebung der Kehlkopfarticulation. 

796. Der Wechsel von Stimmlosen und Stimmhaften steht 
ausserdem vielfach in Beziehung zu dynamischen Verhältnissen. 
Stinmilose Geräuschlaute werden z. B. in der Kegel nur 'er- 
weicht' wenn sie zugleich Lenes sind (vgl. z. B. den gramma- 
tischen Wechsel, unten 831). Umgekehrt neigen stimmhafte 
Geräuschlaute oft um so eher zur Stimmlosigkeit, je stärker ihr 
Stromdruck ist. So werden z. B. selbst in den norddeutschen 
Mundarten, welche im Allgemeinen stimmhafte Laute im An-i 
laut festhalten, doch in besonders emphatischer Sprechweisel 
stimmlose Laute dafür eingestellt (eine Erscheinung, die sidl 
in der Bühnensprache besonders gut beobachten lässt). Damit 
mag es in Zusammenhang stehen, dass die westgerm. geminirten 
ib^ dd^ gg wegen ihres stärkeren Druckes (660) bei der hocli- 
deutschen Lautverschiebung früher und in weiterem Umfang 
stimmlos werden {znpp, tt, kk) als die einfachen i, d^ g. 

797. Ein grosser Theil dieser Wechsel fällt in das GreKetj 
der Assimilation. Man kann selbst sagen, dass beim Ver- 
stummen der Stimmhaften im An- und Auslaut eine Angleichnng 
an die vorhergehende bez. folgende Pause stattfinde, bei der 
Erweichung der Stimmlosen im Anlaut eine Angleichung an 
stimmhafte Folgelaute. Vor Allem aber zeigt sich sicher eine 
Assimilation bei den betreffenden Fällen des Inlauts. Im Ganza 
lieben eben stimmhafte Laute stimmhafte, und stimmlose Laute 
wieder stimmlose Laute in ihrer Nachbarschaft. Die Assimilar 
tion selbst kann sowohl progressiv als regressiv sein, vgl. z. B. 
deutsches ixbin, furx(t)bar ^ich bin', 'furchtbar' mit dialekfr 
schem ijbin , furjbar u. dgl. 

798. Die Neigung zur Assimilation ist um so stärker, je 
mehr die Nachbarlaute homogen sind. Am meisten beeinflussöi 
einander die Geräuschlaute (vgl. etwa wieder ixbin oder jw* 
mit du bist oder ix l^an). Auch bei Sonoren vor und nach stiinDi' 
losen Geräuschlauten ist der Stimmverlust sehr geläufig (^^ 
deutsches blau und plan^ gnade und knapp ^ balde und di^ 
schärfer ausgeprägt engl, grow und crow^ glow und slow^ ^ 
unipride, send und sent u. dgl.). Wenigerstark wirken soniW* 
Consonanten auf benachbarte Geräuschlaute ein (vgl ^ 
mhd. ßndenj lande aus ahd. ßnlan, lante)^ am wenigsten öiß 
Vocale (vgl. zum Ganzen auch noch etwa die sog. Sandhigeset^ 
des Sanskrit). 

799. EigenthümHch und nicht genügend aufgeklärt ist die Neigin« 
mancher Sprachen ^z. "B. ölg^ ^«oiäctä., ^\i^T «.uch verschiedener deutsd«^ 



's 






800— 801. Zeitliche Verschiebung von Ansatzrohrarticulationen. 291 

■^darten), wortauslautende stimmlose Geräuscblaute vor folgendem Vocal 
Zusammenhang des Satzes zu erweichen, während sie im Wortinlaut 
* Yocalen unversehrt bleiben. 



c. Verschiebung von Ansatzrohrarticulationen. 

800. Auf einer zeitUchen Verschiebung der Gaumensegel- 
culation beruhen die Vi^echsel von Mundlauten mit 
sen- und Mundnasenlauten (133 ff.), soweit diese auf 
imilation beruhen (über spontanen Wechsel von Nasalirung 
', Nichtnasalirung s. 758). Hierher gehört namentlich der 
)ergang von Vocalen zu Nasalvocalen und von Verschluss- 
ien zu Nasalen in der Nachbarschaft von Nasalen. Beispiels- 
äe geht mq aus ma hervor durch Verspätung des Verschlusses 

Gaumenklappe, qm aus am oder amna, anna, atdna aus 
a, adna^ agna durch Vorausnahme der Oeffnung, ahna aus 
%a durch Verspätung der Oeffnung, amma^ antia^ atdfda aus 
ha^ anda, atdga durch Verspätung des Verschlusses. Zu be- 
ten ist dabei, dass die Nasalirung durch Einwirkung eines 
achbarten Nasals u. ä. sich nicht nur auf den unmittelbar 
Leben stehenden Laut zu beschränken braucht, sondern sich 
;h weiter ausdehnen kann. Im amerikanischen EngUsch 
jgt beispielsweise ein anlautender Nasal sein ganzes Wort 
nasaliren, sofern nicht durch einen Verschlusslaut (welcher 
L Verschluss auch der Nasenklappe erfordert) die Nasalierung 
;erbrochen wird; vgl. etwa durchgehends nasalirtes amerik. 
er. measure (d. h. nevd, mez9) mit nicht nasalirtem ever, 
a&ure (d. h. ev9j pleza]^ u. dgl. 

Von andern Fällen zeitUcher Verschiebung der Ansatzrohr- 
iculation sollen nur noch einige besonders bedeutsame an- 
lihrt werden. 

801. lieber den Process der Af frication ist bereits 454 
5 Nöthigste mitgetheilt. Die wesentlichste Vorbedingung ist 
j Zögern der Mundorgane in einer Engenstellung vor dem 
bergang zum Folgelaut. Am häufigsten gehen Affricaten 
j Aspiraten hervor: bei diesen begünstigt der zwischen 
plosion und Folgelaut liegende Hauch die Bildung des zur 
Ericata gehörenden homorganen Keibegeräusches. Unaspirirte 
nues ergeben Affricaten nur dann leicht, wenn deren Ver- 
ilussstellung der Stellung des folgenden Lautes nahe liegt, 
nentlich bei den Palatalen. Bei diesen ist ausserdem die 
nge auf eine ziemlich geraume Strecke hin d'ercL \i^3dföö. 



292 802 — 804. ZeitHcheVei^hiebangvonAnsatzrohraiiiciilationeiL 

Gaumen angeschmiegt, sodass eine bedeutendere Kraft und 
längere Zeit erfordert wird, um sie in allen ihren Theilen yom 
Gaumen zu entfernen. 

802« Da für das Entstehen eines Beibungsgeräusclies immer das 
Yerhältniss von Oeffnung und Druckstärke massgebend ist, so sieht man 
sofort, dass auch für die Afiricirung ein dynamisches Element in Betracht 
kommt: je stärker der Druck, um so leichter AfEricirung und umgekehrt 

803« Auch die Aspiration gehört vielleicht zum Theil hierher, in- 
sofern sie — was bisweüen wenigstens der Fall zu sein scheint — ihr^ 
Grund in einer Beschleunigung der Explosion findet. Namentlich bd 
anlautender Tenuis pflegt die Dauer des Verschlusses grösser zu sein als 
bei anlautender Aspirata, offenbar damit durch die albnäliliche Stanmiif 
des Druckstroms die Luft im Mundraum den nöthigen Grad vonCom- 
pression erhält. Wird aber explodirt, noch ehe dieser völlig erreicht v^ 
so fahren die mit der Comprimirung der Luft beschäftigten Muskeln nodi 
fort, einen Hauch zu erzeugen, bis die Umstellung des Ansatzrohrs für den 
Folgelaut nachkommt. Dass die Compression der Luft bei den Aspiraten 
in der That erheblich geringer sein kann als bei einfachen Tenues, habe 
ich durch manometrische Messungen (namentlich auch z.B. bei Armeniero, 
denen die Unterscheidung der beiden Classen von Lauten ganz geläufig 
ist) vielfach constatiren können. — Für die Entstehung der Aspiraten mit 
starkem Hauch ist freilich auch bei dieser Erklärung nachfolgende dyna- 
mische Verstärkung des Hauchs anzunehmen. 

804« Einschiebung und Ausstossung von Ver 
schlusslamten findet sich namentlich beim Uebergang von 
Halbschlusslauten (Nasalen und /, s. 140) zu andern Lauten, 
die an derselben Stelle eine Enge haben, wo der Halbschluss- 
laut einen Verschluss erfordert (also etwa bei afrifa zwischen 
Lippen und Zähnen, bei ansa, alra zwischen Zungenspitze 
und Alveolen, bei afdxa zwischen Hinterzunge und weichem 
Gaumen). Bei Folgen wie amfa^ araxa, ansa, anra muss also 
beim Uebergang vom ersten auf den zweiten Consonanten 
gleichzeitig die Gaumenklappe geschlossen und der Mundver- 
schluss in Enge umgewandelt werden. Eilt die erste Bewegung 
der zweiten voraus, d. h. wird der Nasenraum eher abgesperrt 
als der Mundverschluss gelöst wird, so bleibt der MundräuB, 
wenn auch nur für einen Moment, vollkommen abgeschlossen; 
unterbricht man nun nicht gleichzeitig die Luftzufuhr, so staut 
sich die Luft im Mundraum und explodirt bei der Oeffnungznr 
folgenden Enge : es schiebt sich also ein Explosivlaut zwiscieß 
die beiden Nachbarlaute ein. Aus amfa, af9xaj ansa^ awröwird i^ 
also am(p)fa^ afd(k)xa^ anftjsa, an(d)ra\i.dg\. Durch Voreü® 
der Mundöffnung kann umgekehrt ein vorhandener Explosiv 
laut getilgt werden, also ampfa^ antsa u. dgl. in amfa^ a^ 
etc. übergehen. — Bei deio. Yerbindungen von / (also bä» 






'.1 



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805 — 808. Zeitliche Verschiebung von Ansatzrohrarticulationen. 293 

[Jebergang von Gruppen wie afoa, aUa, alra zu alftjsa, al(t)sa^ 
ü(d)ra und umgekehrt) spielt die Schliessung und Oeffnung der 
jeitlichen Ausflussöffnung des / dieselbe Rolle wie die Bewegung 
ler Gaumenklappe bei den Nasalverbindungen. 

805« Dieselben Erscheinungen wiederholen sich auch bei 
frösserer Distanz der Articulationsstellen. Aus ms und tds ent- 
fdckelt sich leicht mps (wie in lat. sumpsi, got. swumfsl aus 
^stoumpsl für *stDumsla-) und faks, — Auch zwischen Nasal 
ind nicht homorganem Verschlusslaut entwickelt sich 
Jeicht ein dem Nasal homorganer Verschlusslaut (z. B. lat. 
tumptus aus sumtus, deutsch dialekt. kompt aus kommt, vgl. 
luch ahd. kumft aus germ. *kumfti- für ^kumpti aus ^kumti = 
indogerm. ^gmti u. dgl.). 

806. Auch vor einem Halbschlusslaut zeigen sich oft ähn- 
liche Erscheinungen, z. B. nhd. dialekt. le-m, sa-fd für le-bm, 
^-gfd 'leben, sagen^, engl, ofn, lisn, grisl für oftn, listn, gristl 
often, Usten, gristle^ 

807« Nicht alle Consonanteinschübe zwischen Consonantverbin- 
angen beruhen auf zeitlicher Verschiebung, so z. B. nicht die Einschiebung 
BS t zwischen » oder » + r (wie in ahd. stroum *Strom' aus germ. *8trauma' 
13 ^srauma-'y nhd. dialektisch straube für Schraube u. dgl.). Der Ghnmd 
3S Einschubs liegt hier darin, dass man beim Uebergang vom « , / zu r 
ihe an einer Verschlussstellung vorübergeht und bei geringer räum- 
cher Verschiebung der articulirenden Theile leicht unwiUkürHch zu 
irklicher Verschlussbildung gelangt. 

808. Diphthongirung einfacher Vocale unter dem 
iinfluss benachbarter Consonanten zeigt sich z. B. in 
en sog. Brechungen des Angelsächsischen, Friesischen und 
Lltnordischen, wie ags. feallan, beor^an, feohtan, altfries. 
durke, riucht, altn. bjarga, hjälpa (aus *bearga, *healpay vgl. 
20). Die ^'Brechung^ ist zunächst nichts anderes als das deut- 
che Hervortreten des Gleitlauts von dem palatalen Vocal (z.B. 
1 vorhistorisch ags. *fceUanj *berjan, *fehtan u. s. w.) zu dem 
olgenden Consonanten, der hier stark conträre Articulation 
tat (die Brechung erfolgt vor /, das ohne Zweifel stark velar 
rar, vor dem laryngalen (bez. gleichzeitig velaren?) h und vor 
lem r, das vermuthlich supradental, mit starker Auf- und Kück- 
riegung der Zunge gesprochen wurde). Nachträglich mag im 
Einzelfalle immer noch eine divergirende Entwicklung der hei- 
len Oomponenten des neuentstandenen Diphthongs (768) ein- 
getreten sein. 



294 3^ — 812. Zeitliche Verschiebung von AnsatzrobrarticnlationeiL 

809. Mit diesen Diphthongirungen sind nahe verwandt 
sog. Epenthesen, d.h. das Eindringen von Vocalen von Fd 
silhen in vorausgehende Silben, wie etwa in aili^ aulu ansofi, 
alu (hierher gehören auch die ags. sog. u- und o/a-UmköiB, 
wie etwa in ealu^ feolu, mioluc aus *a/«, "^felu^ *m%luk]. Ei' 
diesen wirkt nur nicht die specifische Articulaüon des Folge- 
consonanten selbst diphthongirend, sondern die ArticulatiMi 
des zweiten Vocals, die in den vermittelnden Consonanten auf- 
genommen ist (ähnlich wie beim Umlaut, 765 f.). Ein aili am 
a/e, ein aulu aus alu setzt also zunächst Palatalisirung bez.Itim- 
düng des / voraus (vgl. 469 ff.), demnächst ein weiteres zeft* 
liches Vorgreifen der dem / eingemischten Elemente der t- imd 
w- Stellung über den Anfang der /-Einstellung hinaus. Von 
dem Moment an, wo der Uebergang vom a zu der vorgeschobe- 
nen «-, w- Stellung begonnen wird, bis zu dem Moment, wo die 
nachhinkende /-Articulation perfect wird, schiebt sich danael 
nothwendig ein j, u ein. 

810. Am meisten begünstigt werden Epenthesen dnrcli sonore Laute. 
Schwerere Consonantgruppen hindern sie. Ausserdem ist vielfach die 
Grösse der Articulationsdifferenz massgebend. Je stärker sich Lappen nsd 
Zunge an der Bildung des beeinflussenden Vocals betheiligen, je mehr al« 
dessen Articulation von der Ruhelage abweicht, um so kräftiger ist die 
Wirkung. 

811« Ein merkwürdiges und phonetisch noch nicht genügend aof- 
geklärtes Beispiel entgegengesetzter Wirkung bietet die Absorption 
der zweiten Componenten von Diphthongen vor articulations- 
verwandtem Folgelaut. Hierher gehört z. B. die sog. 'Ebnung' des Angel- 
sächsischen, d. h. der Uebergang von Diphthongen wie ea, eo, io in ein- 
fache Vocale vor Velaren und Laryngalen, wie angliscli sah^ bSj^feh, 
ß^jatij rihtany lihtan gegen westsächs. aeah^ &^öJj feoh, ßio^an bet 
urags. *riuhtjan, *Huhfjan etc. Ueber ähnliche Vorgänge im spätem Eng- 
lischen etc. s. Luick, Anglia XVI, 468 ff. 

812. Svarabhakti. Mit diesem indischen Namen bezeich- 
net man jetzt vielfach die Entwicklung eines Secundärvocals 
aus einem sonoren Consonanten vor einem andern Consonanten, 
z. B. ahd. alah, beraht, oberd. auch peraCj starab aus o/ä, berU^ 
perg, starb ^ nhd. dialektisch bal*Xj ^w^*Z> Aa/y*, ^n^f^ starbt 
'Balg, Burg» half, fünf, starb^ Diese Erscheinung setzt wohl 
meist zweigipflige Aussprache der ursprüngUchen Silben voraus. 
Dabei können die einzelnen Laute der Silbe so vertheilt sein, 
dass der Nebengipfel in die Liquida oder den Nasal hineinfällt. 
Dann wird deren Schluss decrescendo gebildet (537 ff.), hat 
also consonantische Function, und eine Vocalentwicklung tritt 
nicht ein. Bei schärferer exspiratorischer Trennung der beiden 






:.'} 



813. 814. Zeitliche Verschiebung von Ansatzrohrarticulationen. 295 

Ibenstösse zwischen Vocal und Consonant rückt aber der 
ebengipfel leicht in den Schluss der Liquida und des Nasals. 
a nun dieser Laut crescendo gebildet wird (als im Silbenanlaut 
3hend) , so tritt er als Sonant mit dem folgenden Consonanten 
unmittelbarem Oontact. Der erste Anlass zur Svarabhakti 
. dann also eine Verschiebung des Stromdrucks gegen die 
rticulationen der einzelnen Laute der Silbe. Dazu kann dann 
5 zweiter Act eine Verschiebung der Ansatzrohrarticulationen 
3ten: durch verfrühte Aufhebung der /-, r-Enge oder des 
Verschlusses bei forttönender Stimme entwickelt sich ein 
leitvocal zwischen dem /, r, n und dem folgenden Consonan- 
a, der dann eventuell secundär noch dynamisch verstärkt 
jrden kann. 

81 3« Svarabhakti tritt um so leichter ein, je grössere Schwierigkeiten 
ili einer raschen Umsetzung der Articulationsstellung darbieten, d. h. je 
osser die Articulationsdifferenz der Nachbarlaute ist. Zwischen nahezu 
morganen Lauten tritt sie daher äusserst selten auf, so etwa zwischen 
■J- ff , r -\-t. Immerhin ist hier die Möglichkeit gegeben, da das r ein 
iffnungslaut ist, dessen Oeffnung bei verfrühtem "Wegfall des Rollens 
nlass zur Bildung eines Gleitvocals geben kann. Haben aber beide Laute 
. derselben Stelle einen Verschluss (das gilt von Verbindungen wie /c?, It^ 
jnentlich aber von den Verbindungen von Nasal + homorganem Ver- 
hlusslaut, wie mJ, mp\ nd, nt; f^g, idk), so kann eine Vocalentwicklung 
jerliaupt nicht eintreten, weil die zur Ermöglichung einer Gleitlaut- 
Idung nothwendige TJmstellungsbewegung (d. b. der Durchgang durch 
ne Oefihungsstellung) fehlt. 

814. Nahe verwandt mit der Svarabhakti (ja von einigen 
ater diesem Namen direct mitverstanden) ist die Entwick- 
mg von Vocalen aus silbischen Liquiden und Nasa- 
5n nach Consonanten, wie in germ. ul^ ur, um, un, ufd aus 
idog. silbischem l^r^m^n^ro, oder ahd. -ul {-ol, -al), -ar, -um 
am) , -an aus älterem silbischen l u. s. w. (auch in Fällen wie 
•anz. canif aus nd. knif, vermittelt durch eine Form knif mit 

Ibischem n). Dieser Uebergang setzt das Bestehen eines 
jhwachen unsilbischen Stimmgleitlauts zwischen dem voraus- 
ehenden Consonanten und dem silbischen Sonorlaut voraus 
biso bei Verbindungen wie tl^ tn u. dgl. eine vrirkliche Ex- 
losion des t und Wiederverschluss für /, n). Dieser Gleitlaut 
ann nun zunächst durch Verspätung des Eintritts der speci- 
schen Mundstellung des /, r u. s. w. deutlicher hervortreten 
nd schliesslich selbst Sonant werden (was eine Verstärkung 
er Stimme durch dynamische Verschiebung der Exspiration 
oraussetzt). 



296 815 — 820. Zeitliche Verschiebung von AnsatzrohrarticulationeiL 

815« In Fällen wie ahd. aram^ charal^ nhd. dialektiscli ar^m, kar^lvm 
arm, karl, wo zwei sonore Consonanten zusammenstellen, kann es zwdftl- 
haft sein, aus welchem der beiden Laute sich der Secundärvocal entwickelt 
hat. Vermuthlich ist jedoch anzimehmen, dass zunächst der zweite Sonor- 
laut silbisch wurde und die Weiterentwicklung dann nach 814 erfolgte. 

816. Auch im freien Anlaut können sich Secundärvocale entwickeh 
(Prothese), vgl. etwa germ. un- aus indog. silbischem w- aus ««*mcht', 
auch die Prothesen, die in manchen Sprachen vor /, r etc. auftreten 
u. dgl. Auch diese Prothesen setzen vermuthlich überall silbische Fanctioii 
des betreffenden Sonorlauts voraus und nachheriges Zurückbleiben der 
Ansatzrohrarticulation hinter dem Stimmeinsatz (vgl. auch 396). 

817. Auf genau umgekehrtem Wege erfolgt die Absorp- 
tion von Vocalen durch Nachbarlaute, namentlich consonsoi- 
tische Liquide und Nasale, die dadurch silbisch werden, y^ 
etwa nhd. dpfl, le-zn, ä-tm gegen ahd. äp-pful^ le-san, ^tum 

oder nhd. brttn, blädn neben b^ritn. bHädn * beritten, beladen'! 

I I ' i- I I ' - I ' 

und so schon ahd. fflouben, gnäda aus ^glouben^ *gnqda ffir 

"^f/Houben^ ^g^nada aus gilouben^ ginäda (mit nachfolgender 
Ueberführung des silbischen /, w in unsilbisches). 

818« Natürlich können auch andere Laute als Liquide und Nasale 
durch Absorption eines Vocals silbisch werden. So ergeben sich aus engl 
2)os8iblej visihle bei der Absorption des Vocals der Mittelsilbe durch fie 

Zischlaute dreisilbige ^o-»-6/, vi-z-bl mit silbischem », z, welche Exspira- 
tionsform und Dauer der ursprünglichen Silben «», zi bewahren. Li Sprech- 
formen wie engl, prcek-t-kl, p-tei-to 'practical, potato' liegen geradezu 
silbische p , t vor. 

819. Auch bei der Absorption ist die zeitliche Verschiebung nur der 
Schlussact eines längeren Processes. Zunächst sinkt der ursprünglich yoII- 
stimmige Stellungsvocal zum Murmelvocal herab und gibt seine sonantische 
Function an den folgenden Stellungslaut ab. Durch noch weiteres Vo^ 
greifen der Articulation des Folgelauts kann selbst dieser Gleitvocal nodi 
ganz schwinden. Dies geschieht insbesondere ganz gewöhnlich da, wo er 
zwischen Verschlusslaut und Halbverschlusslaut steht; vgl. etwa nhd 
handl, ritn, lipm, hakid 'Handel, ritten, Lippen, hacken' u. a. (ohne ge- 
sonderte Explosion des Verschlusslauts, s. oben 112). 

820. Vocalsynkope (bez. -apokope) unterscheidet sich 
von der Vocalabsorption in dem eben festgestellten Sinne nur 
dadurch, dass sie zugleich eine Verminderung der Silbenzahl 
hervorbringt. Bei dem nhd. viersilbigen b^-lä-dn-n^ aus beladew 

sprechen wir also z. B. von einer Absorption des Vocals der 
urspr. dritten Silbe durch das n^ bei der auf drei Silben redu- 
cirten Form b^-lä-dn^ dagegen von einem Ausfall oder einer 
Synkope des betreffenden Vocals. In beiden Fällen ist durch 
zeitliche Verschiebung der Mundarticulationen die specifische 



821 — 823. Zeitliche Verschiebung von Ansatzrohrarticulationen. 297 

Itellung dieses Vocals (des e) verschwunden, in beiden Fällen 
ber hat auch eine Absorption der übrigen Articulationsf actoren 
tattgefunden: Exspiration und Dauer des e sind im einen Falle 
uf das n übergegangen, im andern Falle von der vorhergehen- 
en Silbe an sich gerissen worden. Besonders deutlich ist das 
ezüglich der Quantität, denn in dem dreisilbigen b^-la-dn^ wird 
ie Mittelsilbe genau so lang gesprochen wie die beiden Mittel- 
Qben von If^lä-dn-n^ zusammen, und in Mundarten mit zwei- 

lipfliger Silbenbildung macht sich auch die Herüberziehung des 
chwächeren Silbengipfels leicht bemerkbar, vgl. Aussprachen 
de b^-la-dn^ oder namentlich einsilbige Formen wie braut 
)raut' aus brauet gegen braut TBraut^ oder schalt 'schallt' aus 
ihallet gegen schalt 'schalt' von 'schelten' (vgl. 701; wenn 
aneben auch wieder eingipflige Formen mit einfacher Länge 
iiftreten, so beruht das sicher auf secundärer Umgestaltung). 

831. Insofern eine Vocalsynkope dieser Art eine Dehnung der vor- 
isgehenden Silbe involvirt, kann sie überhaupt nur nach dehnbarer, also 
Qger (704) Silbe eintreten. Dieser theoretische Satz bestätigt sich gut 
irch die thatsächlichen Verhältnisse vieler Sprachen, z.B. durch diewest- 

jnn. Synkope; vgl. etwa ahd. hörta, d. h. horta aus horita^ d. h. ho-ri-ta, 
igenuber erhaltenem ne-ri-ta. Wenn eine Form wie dies ne-ri-ta trotzdem 
»äter Synkope erfährt, wie in mhd. ner-te, so setzt dieser Vorgang ver- 
uthlich zunächst Absorption des « bez. des daraus hervorgegangenen » 
ircli das r und nachfolgende Verschiebung der Sübengrenze voraus (also 

bufenfolge ne-r^-te: ne-r-te [wie oben engl, vi-z-bl]: ner-te u.s.w.). 

832« Man bringt die Vocalsynkope oft mit angeblich verschiedener 
etonung der nach kurzer und langer Sübe stehenden schwächeren Vocale 
isammen, aber sicherlich mit Unrecht, wenigstens in dieser Allgemeinheit, 
»as primum agens ist die Quantität, d. h. bei einer (aus allgemeinen sprach- 
lythmischen Neigungen oder Moden erwachsenden) Neigung zur üeber- 
shmmg betonter Silben dehnen sich die dehnungsfähigen (langen) Silben 
df Kosten der Nachbarsilben aus. Kurze betonte Silben aber können ohne 
'erschiebung der Silbengrenze nicht ausgedehnt werden : sie bleiben also 
ach überall da kurz, wo die alten Druckgrenzen erhalten werden. Einer 
'eigung zur Längung der Sprechtakte (denn darum handelt es sich hierbei 
i erster Linie oft) kann dann nur durch Dehnung unbetonter Folgesilben 
l-enüge geschehen (daher z. B. die in den nord. Mundarten häuEgen 
>ehniingen urspr. kurzer Endvocale nach kurzer Wurzelsilbe, wie livq, 
ema u.dgl., s. darüber jetzt besonders Storm^ 250 ff.). 

d. Metathesen. 

823. Anhangsweise sind hier auch die Metathesen zu 
rwähnen, von denen bereits oben 729 bemerkt wurde, dass sie 
anz dem Gebiete des springenden Lautwechsels zugehören. 



298 ^-^ ^^ Ltucwechsel durch dynamische Verschiebung. 

Von den übrigen zeitlichen Verschiebungen unterscheiden sie 
sich dadurch, dass nicht der Eintritt oder Austritt eines Arti- 
culationsf actors oder eventuell mehrerer zugleich) einfach Yor- 
oder zurückgerückt wird, sondern dass eine Vertauschung der 
Reihenfolge stattfindet wie in bersten aus brestan u. dgl.). Für 
die hierbei auftretenden grossen Abnormitäten ist noch kein 
bestimmtes Gesetz gefunden. Xur so viel lässt sich vielleicht 
sagen, dass die meisten Stellentauschungen unter den Sonoren 
stattfinden und dass unter den Consonanten r und l am leich- 
testen der Metathese anheimfallen, am allerhäufigsten wieder 
das r. Es lässt sich vermuthen, dass eine Metathese um so 
leichter eintrete, je ungewöhnUcher die Articulationsweise eines 
Ijautes ist, und das triflFt für r und / zu (wegen des Rollens des I 
r und der lateralen Articulation des /, die von dem sonst üb- 
Uchen Habitus der Sprachlautbildung am stärksten abweichen). 

Cap. 4L Lautweeksd durck dniuiische Verscliieliuig. 

824. Auch diese Fälle sind sehr mannigfaltiger Art. Doch 
lassen sie sich im Ganzen annähernd in drei Hauptgruppen 
ordnen, je nachdem die Verschiebung der Druckstärke einzehe 
Laute, oder einzelne Theile der Silben oder endlich ganze 
Silben betrifft, d. h. je nachdem sie ohne Beziehung zum Accent 
ist oder mit dem Silben- bez. Wort- und Satzaccent im Zusam- 
menhang steht. 

825, Ein reines Beispiel für die erste Art bietet z. B. die 
Steigerung der ursprünghchen Mediae (Lenes) ä, c?, ^ zu den 
Fortes jo, t^ k durch die german. Lautverschiebung dar. Ebenso 
sinken alte Fortes nicht selten ebenso spontan zu neutraler 
Mittelstärke (wie in mitteldeutschem stimmlosem b, d, g, vgl 
184) oder zu vollen Lenes herab. Bedingt durch die Stellung 
innerhalb der Silbe ist dagegen die sehr häufige Schwächnng 
der p, t, k in Verbindungen wie sp, stj sk, /t, ht u. s. w. zu 
stimmlosen Lenes oder Lauten von mittlerer Stärke (hier hat 
offenbar die Aussprache der vorausgehenden Spirans so viel 
Luft xmd Druck verbraucht, dass der folgende Verschlusslaut 
nur noch mit halber Kraft gebildet wird). Wieder andere Fälle 
beruhen auf Assimilation, indem der Druckunterschied zwischen 
Lenis und Fortis ausgegKchen wird, namentlich da wo beide ein 
und derselben Silbe angehören (wie etwa Schweiz, kseitj pxenif, 
aus gfejseit^ h(ejchenne\ aber auch in Fallen wie nhd. fei/^» 
gespr. lepV neben feöe, gespr. le^h^ u.s.f. 



826 — 830. Lautwechsel durch dynamische Verschiebung. 299 

826. Sehr verbreitet ist die Verstärkung von Lenes zu 
Fortes, sobald sie in den Silbenauslaut treten; man denke etwa 
an den Uebergang der etymologischen Lenes b^ d, ff inp, ty k 
in mhd. Up, leü, tac neben Ubes^ leide , tage (und so noch ge- 
meinhin nhd. Leiby Leid, Tag, gespr. laep, laet^ fax oder tak\ 
aber oberdeutsch herrscht hier — analogisch eingeführt — 
wieder die Lenis, z. B. tag mit stimmlosem g^ abgesehen etwa 
von isolirten Formen wie wek ""fort"*). Oben 696 ff. ist bereits 
gezeigt worden, dass diese Verstärkung mit dem Silbenaccent 
im Zusammenhang steht, mithin zu unserer zweiten Gruppe 
zu stellen ist. Es folgt daraus, dass auch eine Verlegung der 
Silbengrenze zur Verschiebung der Druckstärke eines Lautes 
führen kann. Ein Beispiel ist etwa der Uebergang der ur- 
sprünglichen Lenes zu geminirten Fortes bei der sog. west- 
germanischen Gemination, wie in ahd. hunl-hie, kun-ne gegen- 
über got. kü-Tfja u. dgl. 

82 7. Bedeutsam ist femer ein Wechsel der Druckabstufung 
des Silbenschlusses, d. h. Wechsel von schwach und stark 
geschnittenem Silbenaccent, namentlich wegen seiner Einwir- 
kung auf Quantitätsveränderungen der Sonanten. Hierüber 
vgl. 695. 713 und 842 ff. 

828. Verschiebungen im dynamischen Wort- und 
Satzaccent sind theils rein dynamisch, d. h. sie bewirken nur 
Veränderungen des Stärkeabstands von betonten und unbeton- 
ten Silben (640), theils zugleich zeitlich, d. h. sie involviren 
eine Verlegung der Starktonsilbe innerhalb des Wortes oder 
Sprechtakts. Beispiele für Verschiebungen der letzteren Art 
sind etwa die Festigung des Starktons auf der Wurzelsilbe im 
Germanischen und Cechischen, auf der vorletzten Silbe des 
Wortes im Polnischen, das Aufgeben der Oxytonirung im 
Lateinischen u. dgl. 

829. Nach Massgabe der Betonungsverhältnisse etwa des Französi- 
schen und Serbischen wird man annehmen dürfen, dass es sich bei solchen 
Verschiebungen des Starktons im Grunde auch nur um eine allmähliche 
Verschiebung des Stärkeabstands von starken und halbstarken Silben 
handelt, und zwar entweder um allmähliche Verstärkung eines alten Vor- 
tons unter gleichzeitiger Schwächung des alten Starktons, oder die Ent- 
wicklung eines (secundären) Vortons auf ursprünglich unbetonter Silbe 
(wie in serb. /voda\ aus urspr. voda', 673) und nachherige Weiterentwick- 
lung dieses Vortons zum Starkton. 

830« WasdenEinfluss des dynamischen Accents auf 
die Vocale betrifft, so pflegen diejenigen, welche in ihrer eigenen 
Sprache einen grossen Stärkeabstand zwischen betonten und 



300 831 — 832. Lautwechsel durch dynamische Verschiebung. 

unbetonten Silben besitzen (also z. B. die Deutschen) die grosse 
Stärke ihrer dynamisch betonten Vocale leicht zu übersehen 
oder als etwas Selbstverständliches zu betrachten. Ja man hat 
dem stark dynamischen Accent wohl gar Wirkungen zugeschrie- 
ben, die seinem Wesen direct zuwider sind (Weiteres s. 842 fi.). 

831. Für die Einwirkung des dynamischen Wort- und Satz- 
accents auf den Consonantismus ist der sog. grammatische 
Wechsel der germanischen Sprachen ein classisches Beispiel. 
Die aus den indog. Verschlussfortes p, t, k durch die Laut- 
verschiebung hervorgegangenen Fortes f/p^ x des Wortinnern 
und Wortschlusses erhielten sich, wie K. Verner gezeigt hat 
(Kuhns Zeitschr. XXTTT, 97 ff.), nur im Nachlaut der indog. 
Starktonsilbe ; im Nachlaut nicht haupttoniger Silben sankeD 
sie dagegen zunächst zu stimmlosen Lenes herab, um weiter 
in die stimmhaften Lenes i, d,j überzugehen. Aehnliche Vor- 
gänge begegnen auch in andern Sprachen. 

832. Sehr häufig hat eine dynamische Verschiebung zugleich nocli 
andere Verschiebungen im Gefolge, wie des Oefteren bereits bemerkt ist 
Ueber den Einfluss der Nachdruckslosigkeit auf die Kehlkopfarticulation 
von Stimmhaften s. 787« 794, auf die Mundarticulation von Vocalen 768; 
über Begünstigung von Stimmlosigkeit durch Druckverstärkung 796, über 
djuamische Verschiebung durch Verlegung der Silbengrenze bez. des Silben- 
gipfels 791. 

Cap. 42. Qnantitäts Wechsel. 

833. Quantitätswechsel im weitesten Sinne des 
Wortes umfasst alle Veränderungen, welche die Normaldauer 
irgend eines sprachhchen Gebildes erfahren kann. Der grösste 
Theil dieser Verschiebungen ist rhythmischer Natur (vgl 
688), d.h. er betrifft in erster Linie das rhythmische Skelet des 
Satzes (Sprechtakte und Silben) und erst durch diese hindurch 
indirect die einzelnen Sprachlaute, aus denen sich dies Skelet 
aufbaut (vgl. 836). Hierbei empfängt nicht das einzelne Gebilde 
eine feste Quantität, sondern die Quantität wechselt fortwährend 
nach den rhythmischen Bedingungen unter deren Einwirkung 
das betreffende Gebilde steht; d.h. je nach dem Bedürfniss des 
Rhythmus werden dehnbare Theile der Sprechtakte (dehnbare 
Silben) bez. dehnbare Theile der Silben (dehnbare Laute) ge- 
dehnt und kürzbare Theile (Silben bez. Laute) entsprechend 
gekürzt, ohne dass der allgemeine Gegensatz von 'lang' und 
^kurz' (694. 704) dabei verloren ginge. Hierher gehören z. B. 
die QuantitätswechaeV ÖLurdo. ^ÄTidftTMu^ des Tempos (690), 



' 833—837. Quantitätswechsel. 301 

durch verschiedene Füllung der Sprechtakte (688. 714), durch 
Verschiebung des Sinnesaccents (689), durch Verschiebung der 
\ Stärkeabstufung (712) u. dgl. mehr. 

834. Von diesen lebendigen Verschiebungen der Quantität 
' sind die Quantitätswechsel im engeren Sinne zu unter- 
: scheiden, d. h. die historischen Uebergänge traditioneller Kürzen 

in traditionelle Längen und umgekehrt, wie etwa in nhd. tä^e 
: aus mhd. täffe oder in nhd. brächte aus mhd. brdhie. Es liegt 

dabei auf der Hand, dass die neuen Quantitäten ebenso wieder 
; dem lebendigen Wechsel unterliegen wie die einer vergangenen 

Periode angehörigen alten Quantitäten, die der Vergessenheit 

anheim gefallen sind (also etwa nhd. isaP ^zahle' mit einfacher 
liänge im zweisilbigen, tsgl 'Zahl^ mit Ueberlänge im ein- 
silbigen Sprechtakt, u.s.w., vgl. 696). 

836. Für die Beurtheilung auch dieser historischen Quan- 
titätswechsel ist vor allen Dingen die Frage wichtig, ob es sich 
Ttm absolute Mehrung oder Minderung der Dauer einzelner 
sprachlicher Gebilde oder um die gegenseitige Verschiebung 
der Dauer von Nachbargliedem zusammengesetzter Gebilde 
bei gleichbleibender Gesammtdauer handelt. Eine Dehnung 
wie die des a von mhd. tä-ge zu nhd. tä-g^ ist ein Beispiel der 
ersten Art (absolute Quantitätsverschiebung), dagegen 
die Dehnung des a in einem Falle wie är-ma aus äm-ma ein 
Beispiel der zweiten Art (relative Quantitätsverschie- 
bung): hier hat das a nur soviel an Dauer gewonnen, als das 
m verloren hat, während bei ^o-ge : täg^ das Gesammtmass des 
Sprechtakts vermehrt worden ist. 

836. Weiterhin ist überall die Frage aufzuwerfen, welchem 
sprachlichen Gebilde eine Dehnung oder Kürzung primär zu- 
kommt, imd wie weit dann eventuell secundär die einzelnen 
Glieder dieses Gebildes bei der Verschiebung der Gesammt- 
dauer in Mitleidenschaft gezogen werden. 

837. Absolute Steigerungen und Minderungen der 
Dauer werden primär wohl stets den Sprechtakt als solchen 
betreffen. Der primäre Anlass dazu ist dann eine Tempover- 
schiebung, d. h. eine Neigung zur Dehnimg oder Kürzung der 
Sprechtakte an sich, ohne Rücksicht auf deren Füllung. Die 
Verschiebung selbst kann dabei in den Grenzen des lebendigen 
rhythmischen Wechsels (833) bleiben, oder zu einem historischen 
Quantitätswechsel Anlass geben. Im letzteren Falle imterliegen 
bei etwaiger Dehnung meist die betonten Silben des Taktes der 



302 838—840. Quantitätswechsel. 

Verschiebung, vgl. z.B. wieder nhd. tä-g* mit ahd. tä^ge\ ander- 
wärts aber, wo die traditionelle Kürze betonter Silben schärfer 
festgehalten wird, können auch unbetonte Grlieder des Sprech- 
takts zur Füllung gedehnt werden (vgl. etwa die 822 erwähnten 
nord. Dehnungen von Endsilben wie li-va^ ne-ma u. dgl.). Ab- 
solute Kürzung der Taktlänge trifft im Allgemeinen unbetonte 
Silben leichter und stärker als betonte. 

838. Auch bei der relativen Quantitätsverschiebung 
werden im Allgemeinen meist betontere Glieder des Satzes ad 
Kosten schwächerer GHeder gedehnt. Dies gilt sowohl von den 
relativen Quantitäten stärker imd schwächer betonter Sprech- 
takte, als namentlich auch von der Verschiebung der Silben- 
quantität im Takte (712). Mehrung und Minderung der Süben- 
dauer betrifft dagegen meist nicht sowohl die stärksten Laute 
der Silbe (also den Sonanten der Silbe an sich), als solche Laute, 
die an sich leichter variable Quantität besitzen, also vorzugs- 
weise die dehnbaren *^Längen^, mögen diese Sonanten (700) oder 
Consonanten (701) sein. Für die relative Verschiebung der 
Lautquantität innerhalb der Silbe lassen sich bestimmte Regeln 
nicht geben. 

839. Urspünglich kurze Silben (706) können historisch 
in zwiefacher Weise zu Längen (707) werden: entweder durch 
Dehnung des Sonanten (d. h. Aufgabe von dessen traditioneller 
Undehnbarkeit), wie in mhd. tä-ge : nhd. tä-g^^ oder durch Ver- 
schiebung der Silbengrenze (d. h. Uebergang der offenen Silbe 
in geschlossene), wie in mhd. hi-mely gb-tes, ble-ter : nhd. him- 

9nel, gotieSy blätter, d. h. MmH^ goVs^ hUt'r aus ältemhd 
him-mHy göt-Vs^ hUt-Vr mit Geminata. 

840. Urspünglich lange offene Silben können nur 
durch Verkürzung des Sonanten zu kurzen Silben werden (vgl 
707), lange geschlossene Silben mit kurzem Sonanten 
nur durch Verschiebung der Silbengrenze, die aus der geschlos- 
senen Silbe eine offene macht. Insbesondere tritt dieser Fall 
bei der Vereinfachung von Geminaten ein, mag diese nun zum 
Wegfall einer Druckgrenze führen (wie in nhd. amme^ d. h. 
äin? aus mhd. am-me oder den 787 erwähnten Beispielen mit 
secundärer Geminata), oder zur blossen Verlegimg der Druck- 
grenze vor den Consonanten (wie in altslav. Jesi 'du bist*, d. h. 
je-Ät aus urspr. *ies-si^. Geschlossene Silben mit langem 
Sonanten können nur durch einen Doppelprocess zu Kürzen 
tverden, durch die YeikAxiiAxii^ des Sonanten (mit oder ohne 



841— 84Ö. Quantitätswechsel. 303 

irleichzeitige Dehnung des silbenschliessenden Consonanten, vgl. 
U9) und Verlegung der Silbengrenze unmittelbar hinter den 
7ocal. 

841. Als Mittelstufe bei diesen Vereinfachungen wird vermuthlich 
urzer Vocal-f- Druckgrenze + langem Consonanten anzusetzen sein, also 
B. mhd. dm-me, dann ä-me, dann äm^ oder d-m^ (vgl. etwa das 555 an- 
efiihrte ital. a-to aus at-to u. dgl.). — Am leichtesten vollzieht sich übrigens 
iese Verschiebung der Silbengrenze wieder in unbetonter Silbe (vgl. etwa 
;hon mhd. lebene, d.h. U-he-ne^ aus ahd. lehinne, d. h. Id-ben-ne, neben 
phaltenem dm-me u.dgl.). 

842. Auch die specielle Form des Silbenaccents (689ff.) 
3t von Einfluss auf den Quantitätswechsel (vgl. 827). Dehnung 
Jter kurzer Vocale setzt ohne Zweifel schwach geschnitte- 
len Silbenaccent voraus (vgl. 594), und dieser herrscht wieder 
n offenen Silben am stärksten vor, daher auch deren Vocale am 
ehesten gedehnt werden (wie in nhd. ta-g^ aus tä-ge gegenüber 
nhd. nhd. häl-t^), 

843. Es ist vielfach üblich, solche Dehnungen direct dem Einfluss 
les dynamischen Accents zuzuschreiben. Diese Anschauung ist aber irrig. 
Starker Stromdruck begünstigt vielmehr den Eintritt des stark geschnitte- 
len Silbenaccents und dieser schützt geradezu alte Kürzen vor der Dehnung, 
jn Nhd. sind daher alte Kürzen überall da erhalten, wo sich ein stark 
feschnittener Silbenaccent ohne Weiteres einstellen konnte, d. h. in ge- 
chlossener Silbe (also nhd. hdl-P aus mhd. häl-te [vgl. 698], oder nhd. dm^ 
.US mhd. am- nie). Der primäre Anlass ist vielmehr auch hier die Neigung 
ur Taktdehnimg (837), und diese trifft erfahrungsgemäss bei stark ge- 
chnittenem Silbenaccent regelmässig nur einen silbenschliessenden Con- 
onanten, nicht aber vorausgehenden kurzen Vocal. 

844. Die Beibehaltung alter schwach geschnittener Accente in ur- 
prünglich offenen Silben wird dadurch erleichtert, dass die folgende Silbe 
ait einer Lenis anlautet. Im Nhd. ist daher auch z. B. die Dehnung der 
Jtammsilben vocale vor erhaltenen Lenes am consequentesten durchgeführt. 
Tortis im Anlaut der Folgesilbe erzeugt unter Umständen leicht einen stark 
geschnittenen Accent Hand in Hand mit einer Verschiebung der Silben- 
Tenze (daher z.B. die secundären Geminaten in spätmhd. gottes, bletter 
.. dgl., oben 889), und hilft dadurch die Vocalkürze erhalten (also nhd. 
ottes, d. h. got^s u.s. w.). 

846. Vocaldehnungen in geschlossener Silbe be- 
uhen mindestens zu einem grossen Theile auf relativer Ver- 
chiebung der Dauer von Sonant und Consonant (838). Formen 
ne etwa ags. ald, toind^ word 'alt, Wind, Wort' setzen z. B. 
iffenbar die Grrundformen aW, vnnd^ word voraus und gehen 
,us diesen durch zeitliche Verschiebung (d. h. verspätete Um- 
tellung des Ansatzrohrs für den Consonanten) hervor. Am 
erbreitetsten sind solche Dehnungen vor sonorem Dauerlaut, 
im seltensten vor stimmlosen Lauten, weil bei diesen auch 



304 846—849. QnantitätswechseL 

eine zeitliche Verschiebung der Stimme stattfinden mnss [ygL 
z. B. engl, kvidy mildj d. h. kaind, maild aus älterem Mnd^ 
mild aus kind^ mild mit stimmhaftem n^ l gegenüber engl ünt^ 
hilt mit stimmlosem n, /]. 

846« Die zuletzt angeführten Beispiele weisen zugleich eine Aocent- 

versohiedenheit auf, iint , hilt mit stark geschnittenem, aber kaind, miU 
mit zweigipfligem Accent. Auf alle Fälle setzt die Dehnung des Yocab 
auch hier wieder schwach geschnittenen Ausgang voraus (vgl. 842), und 
wird sie durch zweigipfligen Accent begünstigt (d. h. es ist z. B. das e^ 
wähnte ags. toind aus toind genauer als wind aus totnä zu interpretiren). 

84 ?• Nur einen besonderen Fall dieser Dehnungen stellea 
die Vocaldehnungen vor urspünglicher Geminata dar, 
also Beispiele wie ä-ma, ä-ta, ä-sa aus am-ma, at-ta, as-sa u.8.w. 
Nur verbindet sich bei diesen mit der zeitlichen Verschiebung 
der Ansatzrohrarticulation zugleich noch eine Verschiebung der 
Silbengrenze, die nun vor den Consonanten statt in ihn hüiein 
zu liegen kommt (vgl. 555 ff.). 

848« Man pflegt Erscheinungen wie die zuletzt besprochene mit dem 
Namen Ersatzdehn ung zu bezeichnen. Dieser Name kann an sidi nichts 
weiter ausdrücken, als die Thatsache, dass die Dauer eines Lautes aof 
Kosten eines anderen vermehrt worden ist. Die Vorgänge selbst aber, 
durch die dies Ziel erreicht werden kann, sind ganz verschiedener Art Bei 
a-ma aus am-ma handelt es sich z. B. um parallele zeitliche Verschiebung 
von Ansatzrohrarticulation und Exspiration, in einem Falle wie etwa alt- 
sächs. üs aus uns zunächst um reciproke Assimilation von Vocal + Nasal 
zu einem Nasalvocal (vgl. 800), der die Dauer der alten Gruppe beibehalt, 
und nachherige spontane Aufgebung der Nasalirung (758) u. dgl. Es wird 
also besser sein, den zweideutigen Ausdruck zu vermeiden. 

849. Auch Vocalkürzungen in geschlossener Silbe 
beruhen oft auf relativer Quantitätsverschiebung. In einem 
Falle wie nhd. brachte aus mhd. brähte (d.h. braxt^ aus Jrarfe, 
vgl. 701) ist eben nur dem x zu Gute gekonunen, was das a an 
Dauer eingebüsst hat. Auch hier spielt übrigens einerseits der 
Eintritt des stark geschnittenen Silbenaccents, andererseits der 
Wechsel von stimmhaftem und stimmlosem Schlussconsonanten 
eine nicht unwesentliche Rolle. 



Literatur/) 



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ausgeg. von F. Techmer. I — V. Leipzig (Heilbronn) 1884 — 1890. 



Register. 



Die 2^a}ilen beziehen sich auf die fettgedruckten Paragraphennummem. 

ä, A, o, a, äj ä 8. unter a; x, / unter e; Ö unter d; j, j unter ^ 
ö, Bj ce, Oj ö unter o; s unter s; 6 unter t; £ unter 2. 



a 206. 209. 217 f. 273; a\ a\ a, 
-i, V 270. 

«, tf 268. 270; <p 274. 

ä 273. 

Abgleiten von Mischungselementen 
474. 

Absätze s. Lautabsätze. 

Absorption von Vocalen 817 fif. ; des 
zweiten Gliedes von Diphthon- 
gen Tor articidationsTerwandtem 
Folgelaut 811. 

Accent 381. 568 ff. Dynamischer 
exspiratorischer; und musikali- 
scher (tonischer; 572, Geschleifter 
geschliffener) 606. Zweigipfliger 
Accent und Quantität 716. Ein- 
wirkung des dynam. Accents auf 
Vocale 830, auf Consonanten 831 
(vgl. 796). S. auch Satzaccent 
Silbenaccent, Wortaccent 

Accentus (lat.) 570. 

acA-Laut 343. 

Acutus 570. 

Adamsapfel 31. 

Affncatae 139. 399. 454 ff. 

Affrication 801 f 

Ajin (arab.) 172. 178. 354. 

Akustischer Gesanmitwerth der 
Sprachlaute 127. 

Aleph 178. 353. 

Alveolare 156; alv. r 299 ff. 333, 
/ 313, Nasale 322, Spiranten 
328 ff. > 335;, Verschlusslaute 349. 

Alveolen 48. 

Amplitude 17. 



Anceps 705. 

AnfaUgeräusche 130. 

Ansatirohr 24. 27. 37. ö3. Thätig- 
keit dess. 89 ff. Articulatioiien 
dess. 128 ff. ArticulationsstafeD 
dess. 129 ff. Articulationsstellen 
dess. 141 iL 

Ansatzrohrgeräusche 27. 

Apicale 152. 

Arcus glosso- imd pharyngopalati- 
nus 48. 

Articulation : Begriff ders. 58 f. 
Schallbildende und schallmodi- 
ficirende 92 ff. Mediane 150. 153 ff. 
Coronale 150. 155 ff. Dorsale 150. 
159 ff. Laterale 150. 167. Ein- 
seitige (asymmetrische} 312. 330. 
336. Itandarticulationen 152. 

Articulationsarten (-stufen) des An- 
satzrohrs 128 ff., des Kehlkopfs 
172 ff. 

Articulationsbasis 291. 

Articulationsdifferenz 746. Vgl. 810. 
813. 

Articulationsstelle 92. 141 ff. 

Aspiratae 139. 372 ff. 401. 436 ff. 
S. auch Mediae und Tenues. 

Aspiration 803. 

Assimilation 746 ff. Regressive, 
progressive imd reciproke 749 f. 
Totale und partielle 751. Einzel- 
faUe 755. 764 ff. 786. 797 ff. 825. 

Asymmetrische Laute (l) 312; vgl 
auch 330. 336. 

Athemritze 33. 



Register. 



317 



Athmungsstrom 60. 
Aufgaben der Phonetik 1 ff. 
Aufnahme specifischer Articulations- 

factoren s. Mischung. 
Auftakt 633 ff. 
Ausgang 378. 
Aussprachswechsel 722. S. auch 

Lautwechsel. 
Ausstossung Ton Consonanten 804 ; 

von Vocalen s. Absorption und 

Synkope. 

h 48, Wechsel mit * 776 f. 

^, Uebergang in h llß. 

Back vowels 249. 

Bänderglottis 33. 

Bapeia Ö70. 

Bauchreden, -stimme 80. 

Beibehaltung specifischer Articula- 
tionsfactoren s. Mischung. 

Berührungen benachbarter Laute 
404 ff. ; von Sonoren 407 ff. ; von 
Vocalen 409 ff. ; von Vocalen mit 
Liquiden und Nasalen 426 f. ; von 
Liquiden und Nasalen unter ein- 
ander 428; von Sonoren mit 
Geräuschlauten 429 ff. , mit Ver- 
schlusslauten 434 ff. ; von Ge- 
räuschlautcn 448 ff.; von homor- 
ganenLauten 406.460 ff. ; von nicht 
homorganen Spiranten und Ver- 
schlusslauten 450 f. Einfluss der 
Berührung auf den Lautwechsel 
(combinatorischer Lautwechsel) 
746. 

Betonte Silben 637. 

Betonung Ö70. 

Büabiale 146; Spiranten 324 ff., Ver- 
schlusslaute 348. 

Blade s. Zungenblatt. 

Blählaut 367. 400. 403. 

Brechungen 507. 808; des Gotischen 
767. 

Bruststimme 74. 

c 360. 

Cacuminale 155. S. auch Cere- 
brale. 

Cartilago arytaenoidea 33, cricoi- 
dea 31. 

Catch, glottal 385. 



Cerebrale 144. 154 f.; r 297 f. 321. 
333; / 313 f. 321; Spiranten 333; 
Zischlaute 333 ff. (s 335, | 339) ; 
Verschlusslaute 349. 

ch 341 ff. 

Cheek rounding, narrowing 263. 

Chordae vocales 33. 

Chromatischer Accent 599. 

Circumflex 570. 606. 

Circumflexus (lat.) 570. 

Combinationslehre 377 ff. 

Composita, Betonung ders. 649. 

Compound rise und fall 601. 

Consonanten 109 ff. Relative Schall- 
fülle ders. 527. Quantität 701. 
Verschiebungen im Cons.-System 
770 ff. EinSchiebung imd Aus- 
stossung von Conss. 804 ff. S. 
auch Sonanten. 

Consonantisch 116. 

Continuae 186. S. auo)i Dauerlaute. 

Contraction von Vocalen 764. 

Coronalc Articulation 150 ff. 155 ff., 
Cor. Spiranten 329 ff., Verschluss- 
laute 349. 

Crescendo 537. 541 ff.; crescendo-A 
391. 

X 343; aus « 778. 

X 341, X 342. 

dj Arten dess. 155 ff. 349 (arab. d 
166. 349). Uebergang in Ö 111, 
in r, / 777. S. auch Dentale. 

d 329. Uebergang in d 776. 

Dämpfung 23 f. Wirkungen ders. 
bei der Silbenbildimg 522 f. 

Dauer s. Quantität. 

Dauerlaute 186; ohne Engenrei- 
bungsgeräusch (s. Sonore) 198. 

Deckung und Nichtdeckung von 
Druck- und Schallsilben 524. 

Decrescendo 537. 541 ff. ; decr. -h 391. 

Dehnbar und nicht dehnbar 694. 704. 

Dehnimg von Vocalen 842 ff.; von 
urspr. kurzen Silben 839. 

Dentale 144. 154 ff.; r 305; Nasale 
322; Spiranten imd Zischlaute 
328 ff. ; Verschlusslaute 349 ff., 
mit lateraler und nasaler Explo- 
sion 462 ff. Verhalten der Den- 
tale bei Palatalisirung 485. 



318 



R^pster. 



DeDtipalatale 159. 

DiphUionge 410 ff. (steigende, fal- 
lende, schwebende 412 f., echte 
und unechte 418; reducirte und 
kurze 507 \ Componenten ders. 
415; deren Abstand 417, Qualität 
418, relative Lage 420, Quantität 
421. Vereinfachung von Diph- 
thongen zu Vocalen 764. Absorp- 
tion der Schlusscomponenten von 
Diphthongen vor artioulations- 
verwandtem Folgelaut 811. 

Diphthongirung von Vocalen 768; 
unter conson. Einfluss 806. VgL 
auch Brechung und Epenthesen. 

Dissimilation 752. 768. 

Divided 312. 330. 

Dominanten und Dominaten 115. 

Doppelexplosion gleicher Ver- 
schlusslaute 564. 

Dorsale 150 ff. 154. 159 ff. Dorsal- 
alveolare 159 (Zischlaute 335, 
Verschlusslaute 349). Dorsal- 
dentale 159. 

Druckabstufung des Silbenschlusses 
689 ff. Wechsel ders. 827. 

Druckgipfel 577. 

Druckgrenzen 546. Vor und nach 
einem Consonanten 551 ff., in 
einem Consonanten (Gemination) 
555 ff. (vgl. auch 521). 

Drucksilben 519 ff. ; ein- imd mehr- 
lautige 525. S. auch Druck- 
grenzen. 

Druckstärke: primäre und secun- 
däre 60 ; Messung ders. 61 ; Grade 
ders. 62; Reduction ders. 514. 
Relative Druckstärke der Silben- 
glieder 537 ff. Verschiebung der 
Druckstärke 824 ff. (innerhalb 
der Silbe 812). S. auch unter 
Stärke. 

Druckstoss 60; continuirlicher 521. 

Druckstrom 60. 98. 

Durchhalten von Mischungselemen- 
ten 474. 

Dynamischer Accent s. Accent. 

Dynamische Verschiebung 739. 
824 ff. 



« 268. 6 273. 

Ebnung 811. 

Eigenton 21. Eigentöne der Vocaie 

234 ff. 
Eingang 378 f. 

Eingleiten von Mischungsdementen 

473. 
Einsätze s. Lauteinsätze. 
Emschiebung von Vocalen 809 ff., 

von Consonanten 804 ff. 
Einseitige Laute 312. 330. 336. 
Eintheilung der Sprachlaute 101 i 
Einzellaute 119 ff. 
Einzelsysteme statt eines Gesammt- 

Systems der Sprachlaute 125. 
Emphasis 637. 

Emphatische Laute 166. 335. 349. 
Enge und weite Vocaie 257. 
Entrundung gerundeter Palatal- 

vocaie 757. 
Epenthesen 809. 
Erleichterung, Streben nach 725. 
Ersatzdehnung 848. 
Erweichung 794. 796 f. 
Explosionslaute 106 f. 
Explosivlaute s. Verschlusslaute. 
Exspiration 63. Verschiebung ders. 

789 ff. 
Exspirationsdruck s. Druckstärke 

imd Stromdruck, vgL auch unter 

Stärke. 
Exspirationsgrenzen s. Druck- 

grenzen. 
Exspirationsgruppen 621. 
Exspirationssilben s. Drucksilben. 
Exspiratorischer Accent s. Accent 

Exspir. Sprachlautbildung 63. 

/324f.; fOr «327. 

Factoren der Sprachlautbildung 96. 

Falsetstimme 74. 

Färbungsmethode 143. 

Faucale 168 ff. 465 f. Veihalten 

ders. bei Palatalisirung 485. 
Flüsterlaute 173. 
Flüstern (sanftes, mittleres, heiseres 

81 ff. 
Flüsterstellung des Kehlkopfs 172- 
Flüsterstimme 81 f.; statt Voll- 

stunme 775. 787. 



Register. 



319 



FoTtis und Lenis 179 ff., und Qemi- 
nata 184. Yenchlussfortes 359. 
2 Spreng- und Lösungsfortes 368 ff. 
375. Wechsel von Fortes und 
Leneg 825. 831. 
g JVicativae 137. S. auch Spiranten. 
Flront vowels 249. 
Functionen der Sprachlaute (Sonant 
. und Consonant) 109 ff. S. auch 
~ Sübe. 

y 364; Uebergang in j 777. 

} 38Ö. j 344; Uebergang in g 776. 

Gaumen, harter und weicher 40. 48; 
künstlicher 143. 

Gaumenbögen 48. 

Gaumensegel 48; Bewegungen dess. 
49 ; Articulationen dess. 133 ff. ; 
zeitl. Verschiebung dess. 800. 

Geflüsterte Laute 173; Mediae 374. 

Gegensätzliche Verwendung der 
Sprachlaute 119 ff. 

Gehör, Schulung dess. 13. 

Geminatae (Gemination) 555 ff. (vgl. 
701). Gem. aus stimmlosem + 
stimmhaftem Laut 563. Natur 
der vorhergehenden Laute 560. 
Unterschied von Gem. und lan- 
gem Consonanten 566. Secutidäre 
Geminaten des Deutschen 844. 

Gemurmelte Laute 175; gemurmel- 
ter Hauch 87. 

Gieräusche 16 ; als Tongemische 24. 

Geräuschlaute (reine oder stimmlose, 
und stimmhafte etc.) 188 ff. ; im 
Einzelnen 324 ff. Berührungen 
mit Sonoren 429 ff., mit Geräusch- 
lauten 448 ff. 

Geräuschreduction 499 ff. 

Geschleifter (geschliffener) Silben- 
accent 606 f. 

Geschlossene und offene Vocale 258. 

Giedsbecken- (Giesskannen-) knor- 
pel 33. 

Gleitlaute (GUdes) 101 ff. 107. 122. 
378f.; silbische 506 ; nachpalata- 
lisirten Lauten 488. 
Glottids: check gl. 385, clear gl. 
387, gradual gl. 389, flatus gl. 
391, wheezing gl. 392, jerk 
391. 



Glottis Vera 30, spuria 34. 

Graduelle Verschiebung der Hem- 
mung 737. 773 ff. 

Gravis (lat.) 570. 

Grundton 19. 

Gruppen der Sprachlaute 125 ff. 
(genetische und akustische 127); 
des Lautwechsels 735 ff. 

Guttural(e) etc. s. Velar(e). 

Ä 178. 389 ff. (crescendo und de- 
crescendo h 391, gehauchtes 392; 
heiseres h des Arab. 178. 346; 
stimmhaftes und stimmloses h 87. 
283. 347, vgl. 436 ff. 442; halb-, 
hauchstimmiges h 283 f. h als 
stimmloser Vocal 282 ff., als Gleit- 
laut 472. 

Halbkürze 695. 

Halblänge 699. 

Halbschlusslaute 140. Wegfalleines 
Mundverschlusses bei dens. 786. 

Halbstarke Silben 641. 

Halbstimme 84. S. auch Murmel- 
Btimme. 

Halbstimmige Laute 175. 

Halbvooale 422 ff.; nasalirte 423; 
stimmlose 424. 

Hamza 178. 353. 

Hauch, stimmhafter oder gemur- 
melter 87. 436 ff. 442. 

Hauchlaute, laryngale 346. 

Hauchmurmelstellung 172. 

Hauchreibestellung 172. 

Hauchstimmige Laute 175. 

Hauptaccent 642. 

Hauptlaut der Silbe 110. 112. 

Hemmung (schallbildende) 92 ff. ; 
abgestuft nach Grad, Dauer und 
Stärke 98. Graduelle Verschie- 
bung ders. 737. 773 ff. 

hm! 397. 

Hochton 570. 642. 

Homorgane Laute s. Berührungen. 

Horizontalbewegungen und -Stel- 
lungen der Zunge bei der Vocal- 
bildung 245. 247. 249. 

1 211 ff. i- Basis 217 etc. 260. i 

412 ff. 422. y 274. 
»cÄ-Laut 341. 



32(> 

Iinploiivlaut« 446. 
IndiffercDiUge •, RuheUj^e. 
Inner roiindiof; 263. 
Inner viiwel« 2Ö0. 



IntcrdcTitAle 168; r 306, l 313, 

Spiranten S2m, Verschluulaute 



k, Arten dew. 351; arab. georg. 
* (-/, Ißti. 3nl. 3ß5. 

Kehldeckel ^^j. 

Kehlkopf; Aufftalicn deas. 'Klinge 
und OirAiiBchc, 27; Bau 31 ff. 
ThätiRlicit deaa. 68 ff, 69. 96 
(deren Hoobnchtung 28, Produete 
TOr.j; unabhSn^^g von der des 
Aiwatinihrs 17(1. Seine Stellun- 
f(cu 'Weit-, Beibc-, Hancbreibe-, 
yiüHtor-, Stimm-, Mu nnel-, Haucb- 
miirmel-, VerBchlugg-, Prcssstcl- 
lungi 172. Graduelle Vcrschie- 
biitiK der Kcblkopfbemmunfr 787. 

KohlkopfnrticulBtiun und Strom- 
dnick 73. 

Kcblkopfexplosivlaut 172. 385. ö8ö. 

Kcblkopfgcräiiache B8. 

Keblk(ipf-r 3()9. 39ö, 

Kchlk(ipf»ipic|;cl 35. 64. 

KclilkopfepiranH : s. />. 

KchlpreBElautc 176. 

Kelilraum 37 f. 

Kiefer 40, 148. 

Kieferwinkel 40. 262. 

Kkiii;. musikalischer 16 f. 18. 

KknRfHrbc 17. 20. 

Klanglaut« 188. 

Knall (bei Verschlusstauten) 106. 

Knarrvoofil, -stinune 309. 

Knorpelglottis 33. 

Kopfstimme 74. 76. 

Kürze, Stufen ders. 696. 

Künungen von Vocalen 849, von 
langen Silben 840. 



/: Allgeiiieiiies298; alaHkllMdihM- 
Iwit 140, all Utenler Laut M 
Arten dcsi. 312 tt. ; a*niimetii*e)it 
oder eimeitige 312; qtinniiidiE 
I 317 ; cerebrale, palatale.alTeolut 
I postdentale luid luterdemtaleSU; 
belle und dunkle 314. 316; nkn 



mit u , und j SIö. mit r 719, 
mit d 776 f. 
Labiale und Labiodentale 144 14«; 
Nuale 322; Spiranten 331 £: 
Verscblusslaote 348 C Lqipai-r 
310. Verhalten der«, hä PiU» 
Iisirung486, bei VelariBinmg^ 

Labialisiruog a. Rundung. 

Labiolabiale ■. Bilabiale. 

Lange und KOrze 692 ff. Stofoi 
der L&nge 696. Narmale oda 
einbebe 715. Halblinge 699 
Ueberlänge 696. 715 f. Unta- 
länge 715. 

Larjngale 70. 89. 178. 383; Hauch- 
laute 346 f., Spiranten 17a 316f., 
Verscblusalaute 178. 353. 

Laterale Articulation 150. 167. lat 
Laute 167 (/312ff.); Verschluis- 
laute 362. Lat. Explosion vod 
Dentalen etc. 462 ff. 

Lauteins&tze und -absätze 377f. 
Bei Vocalen 382 ff. (fester 386, 
leiser 387, gehauchter 3881. 
stimmhaft gebauchter 392<. Bei 
Liquiden und Nasalen 396 t, Bei 
Spiranten 398 f. Bei VerscbluM- 
lauten 400 Sf. Bei Affricaten 4iJ. 

Lautgesetz 731 ff. 

Lautquantität 685. 692 ff. 

Lautstärke 183. 

LautBubatitution 730. 

Lautsysteme 12, 

Lauttabelle I (Vocale) 266; H 
(übrige Laute) 376. 

LautTFecbsel und Lautwandel T22S 
Ausgangspunkt des Lantwerli- 
seU 723, Uraaebea deu. 1& 
Springender L, 727. 729. 7oä. 
L. durch allm&hliche Verscbie- 
bung (Lautwandel) 727. 731, 
Gruppen des L. 736. Spontaucr 



Register. 



321 



743, bedingter 744 (bei Conso- 
sonanten 771 f.), combinatorischer 
746. L. durch örtliche Verschie- 
bung 754 ff., durch graduelle Ver- 
schiebung der Hemmung 773 ff., 
durch zeitliche Verschiebung 
788 ff., durch dynamische Ver- 
schiebung 824 ff. 

LenisundEortis 179ff. Verschluss- 
lenes 359 ff., stimmlose 360 f., als 
reducirte 513. Ein- und Absätze 
bei Lenes 402 f. Uebergang von 
Lenes in Fortes 825, im Silben- 
auslaut 826. 

Liinguale 155. S. auch Cerebrale. 

Liinguopalatale s. Zungengaumen- 
laute. 

I^ippen 40. Thätigkeit ders. 42 ff. 
Spaltförmige Ausdehnung 42. 
264. Kundung s. dies. Vor- 
stülpung 43 f. Lippenarticulation 
der Vocale 259, bei l 316. Lip- 
pen -r 310. 

Liippenlaute s. Labiale. 

Liiquidae 137. 203 (als reducirte 
Geräuschlaute 501) ; im Einzelnen 
293 ff. ; sonore und spirantische 
293; stimmhafte und stinmilose 
293;nasalirtel37. Ein- und Ab- 
sätze ders. 396 f. Berührungen 
mit Vocalen 426 f., mit Liquiden 
und Nasalen 428, mit Geräusch- 
lauten 432. 443. Abstufungen 
ihrer Schallfalle 529. S. auch/,r. 

Losimgslaute (-fortes und -lenes) 
370 f. 

Lowered vowels 251. 

Lungendruck 60. 183. 

m 123. 322. 

Mandehi 78. 

Marginales s 329. 

Mediae 372. 402; stimmhafte 403. 

435; geflüsterte und stinunlose 

374 ; stinunlose und reducirte 513. 

Mediae als Lösungslenes 375. 

Ein- u. Absätze der Mediae 402 f. ; 

Uebergängc von und zu ihnen 

435 ff. Mediae aspiratae 436 f. 

Uebergang von Mediae in Tenues 

825 f. 

S i e 7 e r er, Thoneiiik. 5. Aufl. 



Mediane Articulationen 150. 153 ff. 

Mediopalatale 163. 

Metathesen 823. 

Methoden der Phonetik 1 ff. 

Mischung spedfischer Articulations- 
elemente 469 ff. Eingleiten und 
Vorausnahme 474, Durchhalten 
und Abgleiten von solchen 475; 
Compromissformen 475 (ygL 477). 
Beeinflussung von Sonanten durch 
Consonanten und umgekehrt 478. 
Gradverhältnisse der Mischung 
479. Wirkung der Mischung auf 
den Charakter der beeinflussten 
Laute 480. Aufnahme von r-, 
/-Articulationen 495. 

Mittelstarke Silben 641. 

Mittelzeitige Silben 705. 

Mittönen 21. 

Mixed vowels 249. 

Momentane Laute 186. 

Mouillirung s. Palatalisirung. 

Munddaoh 148. 

Munddruck 60 f. 183. 

Mimdhöhle s. Mundraum. 

Mundlaute 134. Wechsel mit Mimd- 
nasenlauten 800. 

Mundnasenlaute 135. 

Mundraum 37. 39. 48 ff. Articula- 
tionsarten dess. 129 ff. (Weit- 
stellimg 130, Reibungsstellimg 
131, Verschlussstellung 132). Ar- 
ticulationsstellen dess. 141 ff. 

Mundsonore 138, nasalirte 138. 

Mundspiranten 137. S. auch Spi- 
ranten. 

Mundverschlusslaute 137. S. auch 
Verschlusslaute. 

MurmelsteUung 172. 

Murmelstimme 84 ff. (Verhältniss 
zur Vollstimme 85); bei stinun- 
haften Consonanten 88. Statt 
Vollstianme 775. 787. 

Murmelvocale 233. 279 ff. 

Musculus gcnio- und hyoglossus 51. 

n, Yi (n), w, n 322 f. 

Nasale 137 f. (als Halbschluss- 
laute 140). 203. Arten ders. 322 f. 
Stimmlose 322 f. Ein- und Ab- 
sätze der Nasale 396 f. Abstufung 



322 



Register. 



ihrer SohallfOUe 530. Nasale 
ExplosioD von Verschlasslauten 
466 f. 

Nasalirte Laute 137. 139. Vocale 
277 f., Liquidae und Spiranten 
137, 4 (r 311, / 318), Verschluss- 
laute 123. 137, 6. 

Nasalining, Stufen ders. 277. Ein- 
tritt und Wegfall ders. 768. 800. 

Nasalvocale 277 ff. Velare, dentale, 
labiale Varietäten 278. 

Nasenraum 37. 62. Articulation 
dess. 128. 134 ff. 

Naturl&nge 709. 

Nebenaccent 641 f. (vgl. 637). 

Nebengipfel (zweigipfliger Silben) 
680. 

Nebensilben 634. 687. 

Nebenton(ig) 637 ; vgl. 641 f. 

Nebenvocale Trautmann^s 237. 241. 

Neutrale Laute (im Gegensatz zu 
Fortes und Lenes) 184. 

Normallaute und Varietäten 205; 
bei Vocalen 223. 

272. ö 274. 

ö, 0, (B 271. 276. 

271, b 274. 

Oberkiefer 40. 

Obertöne 19. 

Occlusivlaute 446. 669. 

Offene und geschlossene Vocale 268. 

Oertliche Verschiebung 737. 764 ff. 

Os hyoideum 31. 

Outer vowels 260. 

'OSela 670. 

p, Pf 123. 348. p (aethiop.) 166. 366. 
Palatale 144. 161 f. ; l 313, Nasale 

322, Zischlaute: i 335, «339; 

pal. ar, x 341 f.; Verschlusslaute 

360, mit lateraler Explosion 462 f. 
Palatalisirte Laute einheitlich 487; 

Gleitlaute ders. 488. 
Palatalisirung 482 ff. ; Grade ders. 

486; Pal. durch nachfolgende und 

durch vorhergehende Laute 493; 

Pal. von Lautgruppen 494; Pal. 

verbunden mit Kundung 492. 
Partialtöne 19. 
Pausen 103. 107. 



Pendelschwingungen 18. 

neptOTTOOJJLlvT) 670. 606. 

Pfeifen 29. 

Point consonants 166. 
Point-teeth consonants 167. 
Positionslänge 709. 
Postdentale 167 ; r 305, / 313, Spi- 
ranten 329, Verschlusslaute 349. 
Postpalatale 163. 
Praepalatale 161. 
Pressstellung des Kehlkopfs 172. 
Pressstimme 166. 
Pressstimmige Laute 175. 
Primary vowels 257. 
Processus vocales 33. 
Prohibitivlaute 445. 
[IpoacDOia 570. 

q , indog. : Uebergang in p 755. S. 
auch k. 

Quantität: als Factor der Laut- 
bildung 186 f. Quant und Ge 
mination 565 ff. Quant, der Satz- 
glieder 570. Quant, im Allge- 
meinen 684 ff. Absolute und 
relative 686 ff. Traditionelle und 
rhythmisch bedingte 688 ff. Ety- 
mologisch und phonetisch be- 
dingte 700. Quant, und Tempo 
690. S. auch Lautquantität, Sil- 
benquantität, Taktdauer. 

Quantitatsverschiebung 740; abso- 
lute und relative 836 ff. 

Quantitätswechsel 833 ff. ; rhythmi- 
scher 833 ; historischer 834 ; Takt- 
dehnung 837. 

r 293; als Coronallaut 296. Arten 
des r 297 ff.; cerebrales 297 f. 
(stimmloses 333; Wechsel mit / 
770); alveolares 299 ff., gingivales 
300; dentales 305; uvulares (gut- 
turales) 307; Kehlkopf- r 309. 
396; Lippen -r 310; gerollte und 
nichtgerollte r 301 ff. ; stimmlose 
301. 303. 333, gespannte und un- 
gespannte 302; nasalirte 311. 
Aufitiahme der r- Articulation in 
andre Laute 496. Wechsel mit 
j 307. 770, mit d IIG f. 
\ 'fi^jc^v&xa^.Awn. 37. 



Register. 



323 



Hachenwand 48. 

Haised vowels 261. 

Kandarticulationen 152. 

Kangordnung der Eintheilungs- 
principien der Sprachlaute 124. 

Käumliche Verschiebung 737. 

Reduction 380. 496 ff.; des Rei- 
bungsgeräusches von Spiranten 
499 ff., (von VerschluBslauten 603), 
von Stellungslauten zu Gleitlau- 
ten 604 ff., von Stimmhaften zu 
Stimmlosen 612 ff. Ked. der 
Druckstärke 614. 

Keibeenge s. Keibestellung. 

Reibelaute 137. S. auch Spiranten. 

Reibe-, Beibimgsstellung des Mund- 
raums 131, des Kehlkopfs 172. 

Resonanten 138. S. auch Nasale. 

Resonanz 23 f. 

Resonanzraiun 23. 26. 98. 

Respiration 60ff. ; Bildung von 
Sprachlauten ohne solche 66. 

Respirationsapparat, Aufgabe dess. 
27. 

Respirationsstrom 60. S. auch 
Druckstrom. 

Ringknorpel 31. 

Rollen (beim r) 296. 301. 

Rounding 269. 

Ruhelage 66 ff.; Verschiedenheiten 
ders. 291. 

Rundung 42 f. 269 ff., bei Vocalen 
261. Verticale, horizontale, ge- 
mischte 43. 262; innere oder 
V^angenrundung 263. Aufnahme 
der Rundung in die Articulation 
von Nachbarlauten 491 ff. R\m- 
dung verbunden mit Palatalisi- 
rung 492. Verlust und Verstär- 
kung der Rundung 767. 

8 336 (marginales 329; emphatisches 
8 166). Uebergang in r 770, in 
X und k" 778. — «-Laute 336 ff. 

Satz: als rhythmisch-melodisch ab- 
gestuftes Gebilde 668 ff. ; phonet. 
Definition dess. 611; seine be- 
griffliche Eindeutigkeit 612. Be- 
grifflich einheitliche und mehr- 
Üieilige Sätze 613. Satz und 
Wort 611 ff., Satz und Schrift, 



Satz und Wortreihe 614, Satz- 
analyse 616 ff., Satz und Sprech- 
takte 620 ff. 
Satzaccent 673. 609 ff.; exspiratori- 
scher oder dynamischer 618 ff. 
(dessen Verhältniss zum musik. 
Wortaccent 668); musikalischer 
oder tonischer 664 ff. 676 ff. (em- 
pirischer und ideeller 666 ff. ; Ver- 
hältniss des letztem zum musik. 
Wortaccent 666). 

Satzmodulirung 680; des Satz- 
schlusses 681. 

Satztakte s. Sprechtakte. 

Sauglaute 67. 

Schall 16. 

Schallbildung und Schallmodifici- 
rung 92 ff. (vgl. 27). 

Schallfülle 618. 626 ff. ; Abstufungen 
ders. 618, 628 ff., bei Vocalen 
629, bei Liquiden und Nasalen 
630 ff., bei Verschlusslauten 634 ; 
bez. Sonant und Consonant 626 ff. 
Wechsel von Lauten verschiede- 
ner Schallfülle bei der Silben- 
bildung 622. 

Schallgrenzen 646 ff. (im Consonan- 
ten 649). 

Schallmodificirung s. Schallbildung. 

Schallsilben 622 ff. ; ein- und mehr- 
lautige 626. Grenzen ders. 646 ff. 

Schallstärke 616 ff. 622. 626. 

Schallwellen 16. 

Schildknorpel 31. 

Schlundgaumenbogen 48. 

Schlundkopf 38. 

Schnalzlaute 67. 

Schulung des Sprachorgans 13. 

Schwa 279 f. 

Schwach geschnittener Accent s. 
Silbenaccent. 

Schwingungen 16. 17. 

Schwingungsformen 17. 

Schwingungszahl 17. 

Silbe: Bildung ders. 615 ff. Druck- 
und Schallsilben 621 ff. ; ein- und 
mehrlautige Silben 626 ; eingipflige 
678 f. ; zweigipflige 680 ff. Kurze 
704 ff., lange 704 (natur- und 
positionslange 709 f.) ; dehnbare 
704. 717 f. (vgl. 839\. — iSäss^v 



mUonibewepulg dei Silbe 677 ff. 
BniolubBtufuiiK dei Bilbeniohlul- 
■ci ß89ff. Belatire DmckfUrke 
der BilbCDKUeder 687 ff. — Com- 
pUrirte An- und Auilaute fNe- 
b«niilb«nl SU. 687. — SUben 
und Spreohtakte ßSOS. 

Iilltbeiuuicent578ff. ; esipiratorücher 
oder dyuumicher 676 ff. (ein- 
f{ipfliKcr678f.,iweigipfliger680ff., 
SUiitOD 686 S.) ; stark und 
■ohwuh geiDhiiiUeneT 689 ff. 
iWcohMl dcai. 837). MuwkaU- 
(ober oder toiÜBchei 599 ff. (ebener, 
■teilender, fallender, fEÜleod-Btei- 
Ktiider und atcigcod- fallender 
tm ff,; OrOUD der Intervalle u od 
ToiiBobritte 604 f ) Anwendung 
beatimmter Silbensccent« 604. 
<(77. — EinauBB deB stark ge- 
Bohnittcnen AoeenU auf die Quau- 
ütAt 712. 687. Silbenaocent und 
Dehnung 848. 846. 

SilbcmuioentgeBeti Wintelcr'a 697. 

Silbe »bildende und nicht sUben- 
bildcude I^ute 113 ff. 

8ilbciij[i])fol577;Verschiebungdes8. 
791. 

SiIbongTcnzCQ64<iff.rbeiVerBcbhiBS- 
Iaiiten6ä4ff.). Vciacbiebung deis. 
7iK) (vgl. 826. 839 ff.). 6. auch 
Druck- und Schallgrenzen. 

SilbenqmuititAt 686. 702 ff. (durch 
OanaoQBUten gefüllt 701); abso- 
lute 702 ; relative 703 (Kürie und 
Länge 704 ft., Mittelieitigkeit 705, 
UeberlSnge715;. Stufen derB.711. 
ZuBammenhang dieser Abstufung 
mit der Stärkcabstufung 689. 712, 
mit dem Silbenaccent 713, mit 
der Silbeuzahl der Sprechtakte 
714 f. 

Silben Bchluss ■ Druakab stufung dess. 
689 ff. 

SUbenBtarke 183. 

Silbentrennung 646 ff. S, auch 
Druck- und Schallgrenzen. 

Silbische und unsilbische Laute 
113 ff. 

Singstimme 79. 



Binneaaceent, d j 
kungen deu. auf die Oigm«" 
689. 

Sonant und ConKmant llfit tä- 
Unterschied Ton iMiaiitiidi ^ 
aonor 196. SclwUfalle der So- 
nanten 626. 

Sonore 186 ff. Unteraehied m 
Honon BoQantiseh und stiEUBhafi 
190). Stimmlose (^ Oeffaim^ 
laute ohne Beibuugsgennsd) i^- 
Uebe^ang in stinuiihafte Ge- 
r&uschlaute 192 ff. Die Sononii 
im Einzelnen 204 ff. Beitdnnngta 
von Sonoren mit Bonomi 4ßJ S~ 
mit Oerftuschlanten 429 ff. 

SpaltfOrmige Ausdehnung (der Lip- 
pen) 269. 264. 

Spannungsverbfiltnisse des Spncb- 
organs 246 ff. 

Spiranten 137 f. (nasalirte 137, 4; 
Qbenr^te 602). UnterBcbied von 
den Aspiraten 139. Venchiedoie 
Stärke ihres Reibung^erSuuhei 
197. Die Spiranten im Eimelnett: 
laryngale 178. 346 f., spiiaot. ' 
293. 301. 303, l 293. 317; Ubiilf 
und labiodentale Spiranten 324 S, 
Zischlaute 328 ff. (coronale 9, * 
etc, 329 ff., »-Laute 334 ff., i-Lantf 
336 £f ,, palatalc und velare i-Lanw 
341 ff.|. Ein- und Absfitie dw 
Spiranten 398. Verbindung nielit 
horoorganer Spiranten 4S0 f 
Uebergang von stimmhaften Spi- 
ranten in Sonore 600, in BtimiD- 
hafte Medien 776. Uehe^g 
von stimmlosen Spiranten in 
stimmlose Verschluss laute 77R 

Spiritus lenis 386 ff. 

Sprachlaute, articulirte 58. Spnch- 
laute oder Sprachelemente? 101 f < 
EintheiluugderSprachlautelOSI 
^Unthunliobkeit allgemeiner Sjj- 
teme 123 ff). Die SpradilioK 
nach ihrer Starke 179 fr., la^ 
ihrer Dauer 186 f., uaeh ihicn 
akustischen Werth 188 ff. 

Sprachorgan, Schulung dess- l^l 
sein )Bau 26 ff., seine FunctJODei 



Register. 



325 



Sprechtakte 620 ff. Spr. und Wör- 
ter 623 ff. Taktgliederung und 
Satzinhalt 626. Formen der 
Sprechtakte 627 ff.; Silbenzahl 
ders. 627 (deren Einfluss auf die 
Quantität 714) ; rhythmische For- 
men (fallende, steigende, steigend- 
fallende) 628 ff. Abstufung inner- 
halb der Sprechtakte 637 (Takt- 
abstufung und dynamischer Wort- 
accent 644), der Sprechtakte unter 
einander 647 ff. (Takte und Takt- 
gruppen 652). 

Sprechstimme 79. 

Sprenglaute, Sprengfortes 368. 375. 

Starke (vgl. auch Druckstärke) : der 
Klänge 17, der Stimme 72 f., pri- 
märe und secundäre 60 ff., der 
Sprachlaute 179 ff. (Fortes imd 
Lenes 179 ff., Laute neutraler 
Stärke 184). Relative Druck- 
stärke der Silbenglieder 537 ff. 
Absolute Stärke oder Lautheit 
der Silben 638. Abstufung der 
Silbenstärke im Sprechtakt 637 ff. 
(Stärkeabstand 640, Stärkestufen 
641). Abstufung der Sprechtakte 
unter einander 647 ff. 

Stark geschnittener Accent s. Sil- 
benaccent. 

Stellknorpel 33. 

Stellung der Phonetik zu verwand- 
ten Disciplinen 1 ff. 

Stellungslaute 101 f. 107; deren 
Reduction zu Gleitlauten (Stel- 
lungsreduotion) 504 ff. (bei un- 
silbischen Sonoren 504. 609, bei 
stimmhaften Spiranten 505, bei 
Geräuschlauten 510). 

Stimmbänder 33, falsche 34. 

Stimmbewegung innerhalb der Silbe 
699 ff., im Worte 661 ff. 

Stimme 68 ff. Untersuchung ihrer 
Eigenschaften 71. Stärke 72 f. 
Höhe und Qualität 72. Inter- 
mittirende 309. Yerhältniss von 
St. und Murmelstimme 86. Schwä- 
chung der St. 787. S. auch 
Flüster-, Murmel- und Voll- 
stimme. 

Stimmfortsatz 33. 



Stimmgleitlaut 606. 

Stimmhaft und stimmlos 173 f. 188 
(Unterschied von stimmh. und 
sonor 190. Stimmhafte Conso- 
nanten mit Murmelstinmie 88). 
Wechsel stimmhafter und stimm- 
loser Laute 794 ff. (dynamisch be- 
dingt 796, in der Nachbarschaft 
von Stimmlosen 424. 432. 443. 
447. 449). Wechsel stimmhafter 
Oeffnimgs- und Verschlusslaute 
776 f. 

Stimmlage 676; Wechsel ders. 679. 

Stimmlaute (reine und geräuschhafte) 
188. 

Stimmlos s. Stimmhaft. 

Stimmqualität 72. 79. Anwendung 
einer bestinunten Art 678. 

Stimmreduction 612 ff. 796. 

Stimmregister 74 ff. 

Stimmritze 33, falsche 34. 

Stimmstellung des Kehlkopfs 172. 

Stimmton 69. 

Stosston 686 ff. 608. Verhältniss 
zumfestenUebergang687. Wech- 
sel mit Mundverschluss 766. 

Stress 621. 637. 

Stress-groups 621. 

Stromdruck 60 f. 

Substitutionszitterlaute 306. 

Superficiale 167. 

Supradentale 166. 

Svarabhakti 812 ff. 

Syllabisch s. Silbisch. 

Synkope von Vocalen 820 ff. 

t, Arten dess. 349 (arab. 1 166. 349. 

366). Uebergang in 6 349 (vgl. 

784). 
6 , Arten dess. 329 f. ; aus t 349. 784. 
Taschen 34. 
Taschenbänder 34. 
Taktdauer 686. 719 ff. S. auch 

Sprechtakte. 
Taktdehnung 837. 
Tempo 690. 
Tenues 372 ff. ; als Sprengfortes 376 ; 

schwache 374. Ihre Ein- und 

Absätze 401, ihre Uebergänge 434. 

Tenues mit offenem Kehlkopf 364. 

376. 439, mit KehlkopfaehluA« 



326 



Regiiter. 



106. 166. 365. 376. 401. 438. 
TcnueB afpiratae 364. 440 ff., mit 
■timmhaftem' Hauch 442. Schwä- 
chung von TenucB 826. 

Theiltöne 19. 

TieftoD 670. 642 ; in Compoiitis 649. 

Töne, einfache 18. 

Tönende und tonlose Laute 174. 

Tonerhöhung 762. 

Tonfall, gleichlaufender und gebro- 
chener 673. 

Tonhöhe, Allgemeines 17. 19. 72. 
78. Verhältniss sur Tonst&rke 
668 ff. Umlegbarkeit der T. 666. 

Tonlage, Relative, des Wortes 663 ff. 
(mechaniich bedingt 666, habi- 
tuell oder hiitorisch bedingt 666 f., 
formell bedingt 668). 

TouloBe Laute s. Tönende Laute. 
TonloBe («a unbetonte) Silben 637. 

Tonsübe 670. 637. 

TonsiUae 48. 

Tonst&rke: Verhältniss zur Tonhöhe 
668 ff. 

Trachea 31. 

Trilliug 301. 

Triphthougc 426. 

Typen von Sprachlauten 121. 

u 210 f. 214 ff. 272; ti-Basig 217; 
ti 274; ^ 326. 410 ff. 

ü 228. 241. 271. 414. 

üebergänge 378 (fester, gehauchter, 
directer 406); zwischen Vocalen 
verschiedener Silben 409, von und 
zu Spiranten 429 ff., von und zu 
Vcrschlusslauten 434 ff., bei Affri- 
caten 464 ff. 

Uebcrgangslaute s. Gleitlaute. 

Ueberkürze 696. 

Ueberlänge von Lauten 696, von 
Silben 716. Verhältnigs zu zwei- 
gipfliger Betonung 716. 

Ueberweite Spiranten 602. 

Umlaut 760. 766 f. 

Vmlegbarkeit der Tonhöhe 666. 

Unaccentuirtheit 642. 

Unbetont(heit) 670. 611. 637. 642. 

Unsilbische Vocale 422. 

Unterkiefer 40. 

Unterlänge 715. 



Uvuk48. 

Uvulare Laute (r) 907. 

V 324 ff. ; Verhältniss zu y , to 326. 

Velare (gutturale) Laute 144. 163i. 
/315, Nasale322, Spiranten 341 iL 
Verschlusslaute 351. Uebergang 
in Palatale 485, in Labiale 755 

Velarisinmg 490. 

Ventriculi Morgagni 34. 

Veränderungen von Sprachlauten 
im Allgemeinen 99 f. 

Vermittelimgsvocale 226. 

Verschiebung der Articulation: bei 
Mischung 475; Räumliche ört- 
liche und graduelle) 737, zeit- 
liche 738, dynamische 739. Quan- 
titätsverschiebung 740. Vergeh. 
des Silbengipfels 791, der Dnick- 
stärke 824 ff. (innerhalb der Silbe 
812), der Silbengrenze 826. 839 i, 
der Druckabstufung des Süben- 
schlusses 827. 

Verschlusslaute 106 f. 137 f. 139 
(nicht Gleitlaute 106). DieVerschl. 
nach ihren Articulationsstellen: 
Labiale imd Labiodentale 348; 
Laute der Zungenspitze (cerebrale, 
alveolare, dorsal-alveolare, post- 
dentale, interdentale) 349; pala- 
tale 360; velare (gutturale) 351; 
laterale 362. 462 ff. ; faucale 168£ 
366; laryngale 353 (Stosston 585 . 
Verschl. mit lateraler und nasaler 
Explosion 462 ff. Die VerscE 
nach den verschiedenen Arten 
ihrer Bildung 366 ff. : stimmhafte 
imd stimmlose 357 (Verhäluuss 
der stimmhaften zu den Sonoren 
107. 196); Lenes und Fortes 359 
(stimmhafte 362; Verschlusslenes 
374. 402, aspirirte? 441); ge- 
spannte und ungespannte 368 ff. 
Verschl. mit offenem Kehlkopf 
364. 376. 439, mit Kehlkopf- 
schluss 366.376.401.438. Spreng- 
und Lösungslaute 368 ff. Im- 
plosive, prohibitive, occlxisive 
Verschl. 446. Ein- und Absätxe 
der Verschl. 400 ff. BerOhrungen 
TDi\. Sonoren 434 ff. (Aspirstae 



Register. 



327 



436 ff. 440 ff.)) mit Geräuschlauten 
448 ff. (Verbindung nicht homor- 
ganer Verschl. 460 f.; Affricatae 
454 ff. ; Oeffnung von Verschl. 
ohne Explosion 457 ff.). Falatali- 
sirte Verschl. mit secundärem 
Reibungsgeräusch 489. Geräusch- 
reduction von Versohl. 503. Dop- 
pelexplosion gleicher Verschl. 564. 
Verhältniss der Verschl. zur Sil- 
benbildung 634 ff.; Verschl. mit 
innerer Druckgrenze 669. — ^Wech- 
sel stimmhafter Verschl. und Oeff- 
nungslaute 776, Wechsel stimm- 
loser Verschl. und Oeffnungslaute 
777 ff., und Spiranten 779 (durch 
Aspirata und Affricata 780, durch 
directe Lockerung 784). Wechsel 
mit homorganem Nasal 800. Er- 
satz von Verschl. durch Kehl- 
kopfschluss 765. Einschiebung 
und Ausstossung von Verschl. 
804 ff. S. auch Halbschluss- 
laute. 

Verschlussstellung des Mundes 132, 
des Kehlkopfs 172. . 

Verticalstellungen (und -bewegun- 
gen) der Zunge 246. 247. 

Vocale : Vocal und Consonant 109 ff. 
(Vocale als Hauptlaute der Silben 
110). Dorsale Articulation der 
Vocale 204. 296 (Vocale als redu- 
cirte stimmhafte Geräuschlaute 
601). Die Vocale im Einzelnen: 
Vocalreihen 206 ; Normalvocale 
und Varietäten 206. 223. Anord- 
nung nach Klangreihen 206 ff. 
(Vocaldreieck 207, Winteler's 
Vocallinie 208 ff. 222. 228; natür- 
licher Vocal 218, Vermittelungs- 
vocale 226, offene und geschlos- 
sene Vocale 228, unvollkommene 
233, Vocale mit activer und pas- 
siver Lippe 233). — Anordnung 
nach Eigentonreihen 234 ff. — 
Anordnung nach Articulations- 
reihen (Bell's System) 243 ff.: 
Zungenlage und -bewegungen 
(horizontale und verticale) 246 ff. ; 
Velare (hintere, back), palatovelare 
(gemischte, mixed), palatale (vor- 



dere, front) Vocale 249, innere 
und äussere Varietäten ders. 260; 
hohe (high), mittlere (mid), nie- 
drige (low), gesenkte und erhöhte 
Vocale 261. Spannungs Verhält- 
nisse 262 ff.: gespannte und un- 
gespannte Vocale 265 ff., vgl. 260. 
267 (Verhältniss ders. zu den 
sog. 'engen* und Veiten' und zu 
den 'geschlossenen und 'offenen 
Vocalen 267 f.). Lippenartioula- 
tion der Vocale 269 ff. : Kundung 
261 ff. (innere oder Wangenrun- 
dung 263), spaltförmige Ausdeh- 
nung 264. Beispiele fClr die ver- 
schiedenen Arten von Vocalen: 

Palatalvocale 268 ff., gerundete 
271; Velarvocale 273, gerundete 
272 ; Palatovelarvocale274 (Vocal- 
tabelle Hellwag^s und Brücke^s 
207, Winteler's 228, Trautmann's 
236, Bell's 266; Vergleichung der 
Transcriptionen von Lepsius, 
Brücke, Böhmer 229). Erforder- 
liche Modificationen von BelFs 
System 276 ff. Nasalvocale 277 ff. 
Gemurmelte Vocale 279 ff. (unbe- 
stimmter Vocal, Schwa 280), 
stimmlose 199. 282 ff., knarrende 
309. — Ein- und Absätze der 
Vocale 382 ff. — Berührungen 
von Vocalen benachbarter Silben 
409 ff., Diphthonge 410 ff., Halb- 
vocale (unsilbische Vocale) 422, 
Triphthonge 426; sonstige Be- 
rührungen 426 ff. — Einwirkun- 
gen von Vocalen auf Nachbar- 
laute und lungekehrt 469 ff. — 
Beduction zu Gleitvocalen606ff. 
— Abstufungen der Schallfülle 
529. — Quantität 692 ff. — Spon- 
tane Verschiebungen der Vocal- 
reihen 766. Wechsel von Voca- 
len mit activer und passiver Lippe 
766. Entrundung gerundeter Pa- 
latalvocale 767. Verstärkung der 
Rundung 767. Entnasalirung 768. 
Verschiebungen der Zungenarti- 
culation 769 f. Vocalwechsel be- 
dingt durch Verschiedenheit der 
Tonhöhe 761 f. CEo^Ät\i^\l\mJ^'\^'£^^ 



f 



328 



B^pifter. 



durch Stärke und Dauer 763 (vgl. 
760j, durch EinfluiB von Nach- 
barlauten 764 ff. (Umlaute 766 f., 
DiBiimilationen und Diphthon- 
girungen 768). Wechsel Ton sil- 
bischer und unsilbischer Function 
(von Vocal und Halbvocal) 791 f. 
Diphthongirungen unter conso- 
nant. Einfluss 808. Epenthesen 
809. Svarabhakti 812 f. Seoun- 
därvocale aus silbischen Liquiden 
oder Nasalen 814. Prothesen 816. 
Absorptionen 817 ff. Synkope und 
Apokope 820 ff. Dehnungen 842, 
in geschlossener Silbe 845. Tor 
Geminata 847. Kürzungen in ge- 
schlossener Silbe 849. 

Vocalharmonie 750. 

Voice 68. 

Vollstimme 72 ff. S. auch Stimme. 

Vollstimmige Laute 175. 

Vorausnahme s. Mischung. 

Vorstülpung 42. 44. S. auch Run- 
dung. 

tr 324 ff. 

Wangenrundung 263. 

Wechsel, grammatischer 831. 

Weite (Amplitude) der Schall- 
schwingungen 17. 

Weite Vocale 257 f. 

Weitstellung (des Kehlkopfs) 172. 

Wheeze 82; wheezing glottid 392. 

Whisper 81. 

Wide vowels 257. 

Wort und Satz 611 ff. (Wortreihe 
614). Wörter und Sprechtakte 
623 ff. 

Wortaccent : Allgemeines 573.609 ff. ; 
dynamischer 644 ff. ; musikalischer 
oder tonischer 654 ff. 661 ff. (sein 
Vcrhaltniss zum ideellen musikal. 



Satzaccent 666, zum dynam. Satz- 
accent 658; VeiiuLltniss von Ton- 
stärke und Tonhöhe 658 ff. . £e 
lative Tonlage des Wortes 663i 
(mechanisch bedingt 665, habi- 
tuell oder historisch bedingt 666 i. 
formell bedingt 668 . Umles:bar- 
keit derTonhöhen 666. Tonhöhen 
der Einzebdlben 669 f. Anord- 
nung der Töne 671 f. Richtung 
der Stimmbewegung 673 . Dyna- 
mischer Wortajccent und Takt- 
abstufung 644. Verschiebung des 
Wort- imd Satzaccents 828. S 
auch Satzaecent. 

271. 



z (stimmhaftes «) 334 ff. Uebergang 
in r 770; arab. z 166. 

£ 334 ff. 

Zähne 47. 50. 

Zäpfchen 48. 

Zischlaute 328 ff.; coronale 329 ff. 
(interdentale, postdentale, inter- 
stitielle, marginale 329 ff., alveo- 
lare und cerebrale 333 ; «- und 
«-Laute 334 ff. 

Zitterlaute 306. 

Zunge 50 f. — Aufschlagende und 
durchschlagende Zungen 79. 

Zungenbein 31. 

Zungenblatt 151. 335. 

Zungengaumenbogen 48. 

Zungengaumenlaute 144. 148 £: 
ihr Verhalten bei Palatalisirung 
485, bei Velarisirung 490. 

Zungenmuskeln 51. 

Zungenränder, -rücken, -saiim, ihre 
Articulationen 150. 

Zungenwurzeln 51. 



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