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Ew \ * Kenneth K. Macrkenzie
—R Octuber 1934
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amnbur giſches
agazin,
| | ee ;
geſammlete Schriften,
2% zum
Unterricht und Vergnuͤgen,
| aus der Noturforfchung
und den
angenehmen Wiffenfchaften uͤberhaupt.
e: Ih
N 88
c) -
KINN
Il
Des vierten Bandes erfied Stud.
Mir Königl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Sächfifcher Freyheit.
Hamburg, bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig,
bey Adam Heinr. Holle, 1752.
& er Benfall, welchen das Han:
burgiſche Magazin erhalten
DES, hat, erfordert, daß man deſſel⸗
| ben Fortfegung, fo viel in un⸗
| ferer Gewalt fteht, zu verdie⸗
onen Bernßet * Hierzu wird nicht noͤthig
feyn, die Vorſchriften, die man ſich einmal wer
gen deſſelben Einrichtung gemachet hat, zu ver⸗
laſſen, man wird ihnen, da die Erfahrung ihre
Güte verfichert Hat, nur forgfältig folgen duͤr⸗
fen; * verhindert nicht ihnen noch einige
ya *2 Zufäge
*
A J
—*
[A
Vorrede.
Zuſaͤtze beyzufuͤgen, die das Vorige nicht auf |
“heben, fondern es volllommener zu machen, ge⸗ E
ſchickt find,
Der Unterricht und das Vergnuͤgen, sr
ches beydes man in diefer periodifchen Schrift
zu befördern gefucht hat, ift vornehmlich aus
zweyerley Arten von Wiffenfchaften hergenom:
mentorden, and der Naturfehre und aus den
Gefchichten. Beyde lehren uns die Welt, ob
wohl auf verfchiedene Art, Fennen ; jene die
Kräfte der Körper, und die Geſetze, nach de-
nen fie wirken ; diefe, das Vermögen der Gei-
fter und die Triebe, von denen fie regieret wer:
den. In jener fehen wir unempfindliche und
gedankenloſe Weſen die Abſichten des weiſe⸗
ſten Schoͤpfers erfuͤllen, in dieſer, auch unruhi⸗
ge, und; wenigſtens ihrer Einbildung nach, ein⸗
ſichtsvolle Menfchen, die Endzwecke des hoͤch⸗
ſten Weſens ins Werk richten, wenn fie bloß
ihrem Eigenfinne genug zu. thun arbeiten; und
wieſen ung nicht eben diefe Gefchichte, die er:
> habenften Benfpiele einer beſſer angewendeten
— ſo wuͤrde ſich fragen laſſen ob man
—
Vorrede.
— wie Koͤrper, aus Zwange, |
beftandig vecht? oder wie Menfchen, aus Mis⸗
brauche der Freyheit, faſt — * A
Bee 2
Dieſe beyden Wiſenſchaften, die &
— und die Naturforſchung, die ſo
unterſchieden ſcheinen, haben nicht nur in ihrem
Gegenſtande fo viel ähnliches, fie koͤnnen auch
einander wechſelsweiſe zur Zierrath und zum
Nutzen dienen. Ich will nicht ſo kuͤhn ſeyn, zu
ſagen, daß wir weniger redende Ochſen, Zwitter,
Stein: Blut: Milch⸗ Fleiſch Regen, und ſolche
ſchreckliche Zeichen mehr im Livius finden wuͤr⸗
den, wenn nicht ihm, ſondern ſeinen Zeiten, eine
beſſere Phyſik Bekannt geweſen wäre: Die Ber:
j ehrer dieſes großen Gefchichtfehreibers wuͤrden
mich in einen Streit wegen ſeines Aberglau⸗
bens verwickeln, der mich zu weit fuͤhrete; aber
von neuern Schriftſtellern darf ich doch wohl
fagen, daß eine beſſere Keuntniß der Natur
‚ aus ihren Nachrichten manche Mordgefchichte
wuͤrde verbannt haben, durch deren Sammlung
Kr h man
Vorrede.
man den Julius Obſequens mit etlichen Baͤn⸗
den vermehren koͤnnte. Doch fürdie Kometen
nachrichten find wir ihnen wenigſtens Dank
fehuldig; fie glaubeten, das groͤßte, was ſich uns
von diefen Schreckſternen ſagen ließe, zu mel»
den, wenn fie uns ſolche als Vorboten, von
Londesplagen kennen lehreten, und mußten
nicht, daß fie Erzählungen von Zerftörern der
Weltkugeln aufzeichneten. Heyn hätte den
Umlauf feines Sündfluth: Kometen nicht fo
zuverläßig herausgebracht, wenn dieſes boshaf⸗
te Geftien, nach der Bermüftung, diees aufun-
ſerer Erde angerichtet hatte, nicht auch noch
bey dem Tode von ein Paar Kaifern die Welt ers
ſchreckt Härte. Im Ernſte zu reden, Fann ein Lieb⸗
haber der Phyſik, nicht aus Nachrichten von Be:
gebenheiten, die der Zeit oder dem Orte nach von
uns entferner heißen, Kenntniffe von den na:
türlichen Vortheilen verfchiedener Länder, von.
derſelben Erhöhung durch den Fleiß der Ein-
wohner u. ſ. w. erhalten, die ihm ſonſt verbor⸗ |
gen geblieben wären ? und wenn fich Bege⸗
benheiten auf ſolche phyſikaliſche Umftände
| grüns-
7 Dorrede, in
gründen, wenn von einem: großen Herrn nicht
nur foll erzählet werden, wie viel Menfchen er
Durch feine Siege elend, fondern wie viel er
Durch weife, und auf den Gebrauch der natuͤr⸗
Tichen Güter feines Landes abzielende Verord⸗
- nungen glücklich gemacht Hat, wird es nicht
gut ſeyn, daß der Gefchichtfchreiber fid) richtig
auszudruͤcken weiß, und von der Naturlehre
wenigſtens ſo viel Nachricht beſitzt, als er vom
Kriegsweſen beſitzen ſoll, damit er nicht etwa in
einer Schlacht die Eſcadronen von den Ba:
taillonen über den Haufen veuten läßt?
Ohne daß man eine engere Berbindung
der Naturlehre und der Gefchichtkunde ſorg⸗
faltig erweifen darf, foift es genug; daß die Er-
Fahrungen, darauf fich beyde gründen, einen
Geiſt, der zudenken gewohnt ift, auf die anges
| nehmften und nuͤtzlichſten Betrachtungen füh-
ren, Ich rede von einem Geifte, der zu den:
ten gewohnt ift, denn ich weiß, daß e8 in bey:
den Wiſſenſchaften Gedaͤchtnißgelehrte giebt.
Allein, der Naturforſcher, der nur eine Menge
i "a dee
Vorrede. RR
der fehönften ausländifchen Mufcheln, nebſt ih⸗
ven Geburtsſeen, nennen „aber nur nennen
kann, und. der Sefchichtfundige; der von allen
roͤmiſchen Kaifern die Ordnung, die Geburts⸗
Hegierungs : und Todesjahre, aber weiter
nichts weiß, ‚gehen in einem Dans,
Wie man daflır forgen Air j — Leb—
haber dieſer beyden verſchiedenen Theile der Ge⸗
lehrſamkeit, kuͤnftig, wie bisher, in. dem Maga⸗
zin eine lehrreiche Ergoͤtzung finden moͤgen, ſo
hat man ſich insbeſondere den Freunden der
Naturlehre zu gefallen entſchloſſen, ihnen die
neueſten herauskommenden Schriften anzuzei⸗
gen. Man will die letzten Blaͤtter eines jeden
Stuͤcks dazu beſtimmen, und begreift hier un⸗
ter dem Namen der Naturlehre j alles, was
die Kenntniß der Natur, nicht nur als eine
bloße Kenntniß, fondern in fo. fern fie zum
Nutzen und Vergnuͤgen der Menfchen ange:
wandt wird, in fich faffet, daher man auf den
Gebrauch der Naturlehre , der die Wohlfahrt:
ganzer Laͤnder, und den Vortheil einzelner
Haus⸗
Vorrede.
gauswirthe befördern kann, nicht unaufmerk⸗
ſamer ſeyn wird; als man bisher auf denſelben
geweſen iſt. Man wird ſich uͤbrigens bey die⸗
ſen Nachrichten, der Kuͤrze wegen mit Anzei⸗
gung des Hauptinhalts begnuͤgen muͤſſen, ohne
ſich in weitlaͤuftige Unterſuchungen einzulaflen,
und eben dieß wird Urtheile, die man über ſol⸗
che Schriften fällen önnte, zuruͤckhalten, wenn
man folche nicht: fogleich Durch beygefügte Ber
weife rechtzufertigen vermoͤgend ift, oder wenn
fie nicht etwa die ganze Art, wie die Sacheab-
. gehandelt worden ift, betreffen, da e8 nicht ſo⸗
| wohl Urtheile, als Erzählungen find, deren Bes
weisthuͤmer fich, der Weitlaͤuftigkeit wegen,
nicht mit hinzufegen laffen. Man will die Leſer
nur benachrichtigen, was fir Schriften heraus⸗
gekommen find, und die Lirtheile meift ihnen
ſelbſt uͤberlaſſen. Die bloße Nachricht von
neuen Schriften aber ift, wie in allen andern
Wiſſenſchaften nüslich, fo befonders in der
Naturlehre von Wichtigkeit. Anderswo un:
terrichtet ung die Gelehrtengefchichte nur von
anderer BSR hier auch, von anderer Er⸗
19 fahrun⸗
/
Vorrede. BR
apengen: Wir koͤnnen uns eben die. Stät-
ke des Nachdenkens zutrauen, die andere beſeſſen
Haben, und daher glauben, daß unſere Betrach-
tungen vermögend find, uns eben dahin zu füh:
ven, wohin fie durch die ihrigen gefommen
find ; die Unwiſſenheit alfo, was andere hier
inn vor ung 'gethan haben, fehadet oft nur ſo
viel, daß wir von Unterfuchungen anfangen,
die wir fehon als bekannt Hätten vorausfegen
fönnen, und Dinge ald neu anfehen, die ande:
ve laͤngſt vor ung gewußt hatten: aber die Un⸗
wiſſenheit von anderer Erfahrungen, hemmet
den Fortgang der Wiſſenſchaften noch mehr.
Denn hier ſind wir nicht allezeit vermoͤgend,
ſelbſt eben das zu thun, was andere gethan ha⸗
ben, weil jemand ſich vorzuͤglich in den Umſtaͤn⸗
den befinden kann, gewiſſe Erfahrungen anzu:
fiellen. Wer die Schrift —* errn Waizens
von der Elektricitaͤt lieſet, wird finden, daß
derfelbe verfchiedene —— zu dahin ge⸗
hoͤrigen Verſuchen in ſeiner Gewalt gehabt
hat, die andern Elektriſirern mangeln: er hat
alfo wichtige Entderfungen machen koͤnnen,
wenn
£ Borrede.
wenn viele andere nichts weiter thun konnen,
Als fpielen. - Und nur alsdenn darf man fich
ſowohl merkliche Erweiterungen der Wiffen-
ſchaft, als wichtige Beytraͤge zum Nutzen der
Menſchen verfprechen, wenn jemand in denje⸗
nigen Theilen der Naturlehre befonders nach⸗
forſchet, zu deren Kenntniß ihn ſeine Lebensart
‚oder fein Amt beſonders veranlaſſen, und viel⸗
leicht verbinden, denn alödenn find feine Unter:
- füchungen nicht Bloß eine Ergößung, auf die
man fo viel wendet, ald die Neugier anreizet,
/ fondern ein Fleiß, durch den man Pflichten zu
erfüllen ſragte
| Wie nicht alle die Vortheile, welche ſie in
dieſer Abſicht beſitzen, erkennen, und zu brau-
chen wiſſen, fo find auch nicht alle vermögend,
aus den Erfahrungen, die fie wirklich vor an:
dern zum Voraus haben, allen Nutzen zu zie:
hen: Und diefes verurfachet, daß zu einer wich⸗
tigen Vergrößerung der Naturlehre oft zweyer
ley Leute erfordert werden, von denen einige
Erfahrungen liefern, andere darüber Betrach⸗
fungen
tungen anftellen.. Deſcartes machte eine fal-
ſche Theorie von der Ebbe und Fluth, weil, w
ſich die Beobachtungen. dev, Schiffer nicht, zu-
länglich befannt gemacht, hatte: ‚aber ie Schif⸗
fer, von denen Newton ‚for: ältiger. dernte,
‚was ben dieſer Bewegung des Meeres wirk⸗
lich vorgeht, waren nicht im Stande, ‚ ‚Die all:
gemeinen Regeln und Urfachen, derfelben, ® |
wie et, zu lehren, z In der Naturlehre ſind ge⸗
meiniglich, wie in. andern Wiffenfchaften ie ei- |
re mehr zur ee aufgelegt, Große
Mathematifverftändige haben die feinften und
tieffinnigften Theorien, auf höchft grobe und
untichtige Berfuche gebauet : Und. £eute ‚von
vieler Erfahrung find in ihren Schlüffen nicht: |
allezeit fo glücklich, als in. u BT
tungen,
Alles dieſes lehret, wie nötig eg 9, fi ch
fo viel als möglich, von den Bemühungen an-
derer in der Naturlehre befannt zu machen,
wenn ‚man in ‚feinen eigenen AURER, feyn
will.
I
Vorrede.
will, Man wird ſich dadurch die Muhe er er⸗
ſparen, Dinge feſt zu feßen, die von andern
fchon gehörig find dargethan worden ; man
wird aber auch mas fie noch aus unfichern
Gründen behauptet haben, weiter unterfüchem,
und Fury: die von ihnen entdeckten Wahrheiten
zur Eehre, ihre Fehler aber zur —
brauchen konnen.
Wie bieſee fängf iſt An worden, daß
in der Phyſik nicht jeder von vorne anfangen
kann, ſondern daß man ſich darinnen ſeiner
Vorgänger und Mitarbeiter Beyhuͤlfe bedie-
nen muͤſſe, fo haben auch die phnfikalifchen
Schriften vorlangft gelehrter ausgefehen, als
die Schriften aus verfchiedenen andern Thei-
Ten der Weltweisheit. In Wiſſenſchaften, die
| fü ich Bloß auf Begriffe, oder auf gemeine, und
von jedem Teicht anzuftellende Erfahrungen
gründen, braucht man gegenwärtig, da das
Vorurtheil des Anfehens, wenigſtens in Buͤ—
chern, eben nicht fo viel mehr gilt, andere. ni
weiter anzuführen, als wenn man die &e
Vorrede.
te der Wiſſenſchaft zugleich lehren, oder auf 4
weitere Ausfuͤhrung der vorgetragenen Saͤtze
verweiſen will; daher kann man hier oft mit
einem geringen Buͤchervorrathe zufrieden ſeyn,
ja es giebt Wiſſenſchaften, wenn es erlaubt
iſt, dieſen erhabenen Namen auch Hirngeſpin⸗
ſten beyzulegen, die ein tiefſinniger Kopf ganz
aus ſich ſelbſt heraus ſpinnen, oder wenn er ſie
etwa von einem Vorgaͤnger geerbet hat, ſich an⸗
maßen und zur Vollkommenheit bringen kann,
ohngefaͤhr wie eine Spinne manchmal das Ge⸗
webe einnimmt und ausbeſſert, das eine ande⸗
re verlaſſen hat. In der Naturlehre koͤmmt
es auf Begebenheiten an, die durch glaubwuͤr⸗
dige Zeugen muͤſſen beſtaͤtiget werden. Man
fragt hier nicht nur, was einer erzaͤhlet, ſondern
auch, wer es erzaͤhlet. Man iſt geneigter, zu
glauben, daß von Caßini und Short ein Venus⸗
monden, als daß vom Kindermann ein Mar:
tismonden gefehen worden iſt.
Eben die Betrachtung, welche zu dem Ent⸗
f ef bie neueften phyſikaliſchen Schriften
anzu⸗
| Vorrede.
anzukuͤndigen Gelegenheit gegeben Bat, veran⸗
laſſet auch, daß man kuͤnftig von neuen Stücken
der philofophif. Transactionen den Inhalt an⸗
zeigen wird. Man hoffet, Dadurch vielen ger
fallig zu feyn, Die gerne wenigſtens das Haupt:
werk aus. folhen Abhandlungen wiſſen möd);
ten, deren völlige Ueberſetzung nicht für dien⸗
lich befunden wird, und man wird-die Aus:
züge mit dem 1744ſten Jahre anfangen aus
welchem in den erſten Stücken des Magazins
Lieberfegungen befindlich find. Wie man fich
diefe Gränze nur aus dem Grunde gefeget hat,
weil e8 fremde fcheinen möchte, aus fehr alten
Stuͤcken der Transactionen ißo erftlich Aus:
züge zu machen, ſo wird fie nicht verhindern,
aus den ältern Stücken folche Artikel zu über-
feßen, von denen man glaubet, daß fie für ver:
fehiedene deutfche Lefer noch etwas Neues ha⸗
‚ben Fünnen, |
Man wird gewiſſe Theile des Magazins
fünftighin ferner mit Kupfern verfehen ; nur
bitter mar fich dabey Die Erlaubniß aus, die
| | | Zeich⸗
Tg
Zeichnungen dazu, mehr * ber Berftand, als
für das Auge, zu wählen, und eine Karte von
der Hudfonsbay, "einer fhönen italienifchen
Landfchaft vorzuziehen. Diefes ift der AB:
fiht des Magazins gemäß, da es nicht bloß
ergoͤtzen, ſondern zugleich unterrichten will,
und es giebt außerdem genug Bilderbuͤcher in
der Welt fuͤr Kinder und für zeane.
Leute,
—9 im Brachmonat, —
5 ———
A. ©. Kaͤſtner.
Be 2 le
1. Nach⸗
Na & richt
von den Bemuͤhungen der Englaͤnder,
wegen einer
nordweſtlichen Durchfahrt
he; bey der Hudſons Bay, .
INS, Angeachtet die esife, weiches von den
MR Engländern in dem Jahre 1746 aus⸗
gefandt worden, eine Durchfabrt bey
der Hud ſons⸗Bay zu fuchen, ihre 'ib=
ſicht nicht völlig erreicher Haben ; fo ift
doch das Unternehmen an fich fo wichtig, und die ih«
nen dabey zugeftoßenen Vorfälle von folher Merk:
würdigfeit, daß die Gefchichte diefer Seefahrt ver-
Diener, bekannt zu werden. Wirhaben zwey Bücher
erhalten, die in diefer Abfiche find gefchrieben wor«
‚ben; eines führet den Titel: A Voyage to the Hud-
4 Ban. 4 fons
2 Von den Bemuͤhung. der Engländer
fons Bay by the Dobbs Galley and. ‚California, in
the years 1746 and 1747. for difcovering a north-
welt paffage, with an aceurate Survey of the coalt
and a [hort natural hiflory of the Country, toge-
ther with a fair view ofthe fads and arguments
from which the future finding of fuch a Paflage
is rendered probabl e. By Henry Ellis Gent, **
for the proprietors in the ſaid Expedition. Lond.
37488: ı Alph. nebft verfehiedenen Kupferftichen und
einer Charte von den Gegenden, wo die Durchfahrt
verſucht worden. Des andern Titel heißt: An
Account of.a. Voyage for the difcovery ofa N. W.
paffage by Hudfons Streights to the Weftern and
Southern Ocean of America, performed in the
year 1746. 1747. in the Ship California, Cepit. Francis
Smith Commander. By the Clerk ofthe California.
Bon diefem Werke, das ebenfalls mit Rupfern und
Eharten gezieret ift, haben wir nur den erften Band,
der ı Alph. 8. Bogen ftarkift, in Händen, Eswird
alſo beffer ſeyn, zuerft von dem vorigen, welches volls
Ständig ift, Nachricht zu ertheilen, worauf wir das
Beſondere, welches die letztere Schrift enthaͤlt, eben⸗
falls anzeigen werden.
Es enthält alſo Herrn Ellis Werk, beſage des
Titels: „Eine Seefahrt nad) der Hudfonsban, i inder
„Dobbs Gallee und California, fo in den Jah»
„ren 1746 und 1747 zu Entdeckung einer nordweſtli⸗
„chen Durchfabre unternommen worden, nebſt einer
„richtigen Abzeichnung der Küfte und einer kurzen
„Naturgeſchichte des Landes, aud) einer aufrichtigen
„Vorſtellung der Begebenheiten und Öründe, 100»
* die 4 ———— einer ſolchen —
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wegen einer nordweſtl Durchfahrt. 3
„fahrt wahrſcheinlich wird., Die Vorrede zeigerdie
Wichtigkeit einer ſolchen Entdeckung für die Englän
der. Sie würde einen vortheilhaften Handel mit
Voͤlkern auf jeder Seite der Durchfahrt eröffnen.
Auf der Suͤdweſtſeite des Canals, vom Cape Te uls
era, bis nach Cape Blanco in Californien, d. i. von
‚der Breite 65 Gr. zu 43 Gr. nordlich, liegt ein Land»
ſtrich, der zu America geböret, und alfo 22 Grad
Breite, und nicht weniger als 30 Grad Laͤnge ein:
nimmt, undander Küfte fi) auf 6no Seemeilen era
ſtrecet. Dieſe Gegenden find zwar faſt gar nicht bes
kannt, aber man weiß doch, daß nächft bey der
Durchfahrt Kupfer, Häute und Pelze häufig find,
und weiter nach Süden hat man was beſſeres zu er
warten. Wenigſtens ift man verfichere, daß Die
daſigen $änder ftarf bewohnet find, und da die weni
gen Einwohner der Hudfonsbay fo viel englifche Waa⸗
ven nehmen, fo hätte man fich von zahlreichen BöL
fern noch mehr Abnahme zu verſorechen, die nach dem
Berichte verſchiedener Schriftſteller nicht fo gar un-
geſittet, und große Keindeder Spanier find. Hiezu
kommen noch andere Nebenvortheile aber von qleich®
großer Bich: igfeit. ‘Bisher find nur zweene Wege in die
Suͤdſee, einer um Cape Horn herum, der fehr befchwer«
Lich und gefährlich iſt und alsdenn die fange Fahrt von
Dftindien ab ; da diefe Entdeckung einen Eurzen und
leichtern Weg eröffnen würde. Man hätte zugleich da:
‚bey Selegenheit; die weite See zwifchen America und
Afien zu durchfuchen, in der noch diele den Europäern
gänzlich unbefanntereiche Eylande feyn mögen u. ſ. w.
Die Kälte und übrige Gefahr aufdieler Reife ift auch
fo groß nicht, als man fich erwa vorgefteller bat. .:
ae 13 Das
folhen Durchfahrt ; der zweyte berichtet die Bege⸗
benheiten der gegenwärtigen Seefahrt, und derdritte
enthält die Gruͤnde, welche eine ſolche Durchfahrt
glaublich machen.
Johann Cabot, ein Venetianer, der ſich einige
Zeit in England aufgehalten, hat die Entdeckung ei⸗
ner folhen Durchfahre zuerft unter König Heinrich
des VII Schutze 1497 unternommen, und weil er bis
an Cape Florida gefommen ift, fo leiten die engli⸗
hen Monarchen ihr Recht auf Nordamerica , von
diefer Unternehmung her , welches nad) des Berfaß
fers Anmerfung als eine Frucht von den Bemuͤhun⸗
gen um die Durchfahrt anzuſehen ift, und fie anzu
preiſen dienet, da fie fo einen guten Anfang gehabt.
Der Berfaffer erzäblet ſowohl was Cabot gethan, als
Srobishers, Fentons und verfchiedener anderer Be:
mühungen, unter Denen Cap. Middletons Unterneh-
men im 1737 Jahre den Schluß machet. Da eg zu weit:
laͤuftig ſeyn würde, “aus diefem Theile des Werkes,
der doch nur eine Vorbereitung zu dem übrigen iſt,
- einen Yuszug zu machen, fo merfen wir nur die Fol⸗
gerungen an, die der Berfaffer zulegt aus dem, was
er erzählet hat, ziehe. Es erhellet naͤmlich Daraus,
daß feit drittehalb Jahrhunderten her unter Perfonen
von Einfiht und Erfahrung, der Gedanke ſtatt ge:
funden hat, daß es eine nordweftliche Durchfahrrger
be, welcher Gedanke theils auf Gründen und Ber:
nunfefchlüffen, theils auf allerhand zwar hnicht voll
fommen zuverläßigen, aber doch nicht gänzlich ver⸗
- werflichen Nachricen beruhet: die Einwendungen
dawider,
4 Von den Bergung. dei Englände J
Das Werk ſelbſt iſt in drey Theile abgeſondert. Der |
erſte erzählet die vorherigen Bemühungen wegen einer
| wegen einer nordweſtl. Durchfahrt. 5
dawider, gruͤnden ſich meiſt auf vorausgeſetzte Um
ftände, die man bey aenauerer Unterfuchung falſch
befunden bat. Ferner folget aus denfangeftellten Un«
terfuchungen, daß feine Durchfahrt in der Davis-
ftraße zu hoffen ift, aber die Gründe, welche diefe
Hoffnung niederfchlagen, veranlaffen zugleich eine ans
dere, auf der Weftfeite von der Hudfonsbay, und
zwar innerhalb fo enger Schranfen, daß ſich das Ge⸗
heimniß entdecken muß, wenn man nur einige Jahre
hintereinander alle Einfahrten innerhalb dieſes Raums
unablaͤßig unterſuchet. Daß verſchiedene dieſer Ein⸗
fahrten, wie man gefunden hat, Fluͤſſe und Bayen
jind, vermehret die Wahrſcheinlichkeit einer Durch?
fahrt, weil, es bie Unmöglichfeit immer deutlicher:
zeiget, woher eine Menge Waſſer Eommen folle, wel«
che die Fluth in dieſen Fluͤſſen und Bayen ſo hoch
zu ſteigen verurſachen, wenn man nicht einen Zus
fammenhang mit einem andern Dcean zum Voraus
feßer. Roi
Wir menden ung zum zweyten Theile. Man
hat zu dieſer Unternehmung eine Gubfcription ans
geftellet, und 10000 Pfund, vermittelft 100 Portio⸗
nen, jede von 100 Pfunden, kufammengebracht. Die:
Namen der Eubferibenten find dem Werfe vorgefeger,
und einige haben zwey, auch drey Antheile über fich
genommen. Die hierzu beftimmten Schiffe, find die
Dobbs Ballee von 180 Tonnen Laft, Cap. Wil
liam Moor, und Californis von 140 Tonnen, Cap, -
Franz Smith gewefen, die man dazu gefaufet, gehüs
rigermaßen ausgebeffert, und mit allen Nothwendig ·
keiten verſehen hat. Der Verfaſſer gegenwaͤrtiger
Nachricht iſt erſt, wie a —* zu Stande geweſen,
aus
-
=
6 Von den Bemuͤhung. der Engländer
aus Italien zuruͤck gefommen, und als Agent fürdie
aus den Subferibenten ausgelefene Committe, auf
die Reife gefchicker worden, mit Verordnung, von
Den neuzuentdeckenden Gegenden genaue Zeichnungen
und Yusmeflungen zu verfertigen, Die Ebbe und Fluth,
Abweichung ver Magnetnadel, Beſchaffenheit der |
Laͤnder u. d. gl. zu beobachten, EN
Die Berhaltungsbeiehle, welche den Capitainen
ertheiler worden, entdecken fo viel Sinſicht, als redlichen
Eifer für das gemeine Beſte. Die erſte Mer wuͤrdigkeit,
fo wir aus den Borfälfen, die ven Schiffen aufder im
Fun. 1746 angetretenen Reife begegnet find, anführen
wollen, ift das Teeibholz /d. große Stuͤcken Holz, die
ſie oſtwaͤrts des Cape Farewell in Groͤnland, uͤber der
Breite 58 Gr. 30 M. in der See treibend angetroffen,
Diefes verdienet Ueberlegung, weilnoch niemand zus
laͤnglich gezeiget hat, wo es her oͤmmt. Alle Nachrich⸗
ten von Groͤnland Der Straße Davis, und der Hude
fonsenge, fo verfchieden fie in andern Dingen find,
ſtimmen darinn überein, daß in dieſen Gegenden fein
Holz von der Größe diefes Treibholzes wächft, daher
es einige von Norwegen, andere vonder Küfte von Ters
ra de Sabrador in Nordamerica,bergeführet haben; der’
Verfaſſer glaubet, die nordweſtlichen Winde in dieſen
Gegenden wuͤrden es nicht aus Norwegen, und die
ſtarken Ströme, die aus den Engen Davis und Hud⸗
ſons ſuͤdwaͤrts ſtreichen, nicht aus America hieher ge⸗
laſſen haben: Er billiget am meiſten Herrn Egedens
Erklaͤrung davon, welcher an der oſtlichen Kuͤſte von
Groͤnland Birken, Ellern und andere Arten Bäume 18
Fuß hoch, und ſo ſtark als ſein Schenkel in der Breite
von 61 Gr. will geſehen haben, en bemerfer Hat, in.
More
wegen einer nordweſtl. Durchfahrt. 7
Morwegen ſowohl, als in Grönland, fey die oſtliche
Kuͤſte waͤrmer, als die weſtliche, daß alles daſelbſt
gluͤcklicher und groͤßer wachſe, und man alſo, bis man
was beſſer entdecket, dieſes Treibholz aus Groͤnland
herleiten muß. |
+» Den sten Julii erreichten fie die Refolutionsey>
Lande, an denen fie hätten fcheitern Fönnen, wenn der
Mebel, ver ihnen derfelben Anblick, faft bis fie daran
waren, entzog, fich nicht zu ihrem Glück zertheilet hät
te. An diefen Inſeln kamen drey große und 26 Elei«
ne Canvas voll Eskimaux Indianer zu ihnen, die
Fiſchbein und Seefalbhäute gegen Norte, Sägen u.d.g.
zu vertaufchen brachten. . Sie hatten nicht viel Waa⸗
ve, der Handel brachte aber den Engländern ftarfen
Vorteil, und die Indianer waren gleichfalls wohl
damit zufrieden, fo, daß Manng- und NBeibsbilder
ihre Kleider auszogen, folche für Meffer u. d.g. zu
vertaufchen. Alles, was fie Fauften, beleckten fie,
Sie find von mittlere Größe, ftarf, und geneigt fett
zu werden, mit großen Köpfen, runden und flacher
Gefichtern , von ſchwaͤrzlicher Farbe, ſchwarzen klei⸗
nen’ und funfelnden Augen, flachen Nafen, großen
Lippen, ſchwarzen und fchlanfen Haare, breiten Schule
tern, proportionirten genden, aber fehr kleinen Füßen.
Ihre Aufführung iſt aufgewecket und munter, aber fie
feheinen liſtig, verſchlagen und betrügerifch zu ſeyn.
Sie ſchmeicheln fehr, und find Fremde zu beftehlen .
geneigt + Sie werden bald kuͤhn, aber auch leicht
wieder in Furcht gefeger. Ihr Baterfand lieben fie
ungemein. Die füolichen Indianer haben einige als
Knaben gefangen, zu den englifchen Sactoreyen ges
— Ua 4hracht,
8 Don den Bemuͤhung der Engländer
bracht. wo fie verfchiedene Jahre bleiben müffen, ab
ſich immer nad) Haufe geſehnet haben. Einer, der
‚mit englifcher Speiſe war unterhalten worden, ſah
einen Bootsmann ein. Seefalb aufbauen, und den
Thran häufig herausrinnen, worauf er, was fich mit
feinen Händen auffangen ließ, begierig auflecfte, und
fagte : Ach ich lobe mir mein liebes Vaterland, da ich
mir den Bauch damit anfüllen konnte. Ihr Handel
ift jeßo fehr geringe, würde aber Bortheil bringen,
wenn er verftärfer würde, welches leicht geſchehen
könnte, wenn man ihnen gehörige Werkzeuge, Wall-
fliche, Seehunde u. d, g. zu fangen, verſchaffete. Ihre
Canvas, die fie fehr gefchickt zu regieren wiſſen, find,
nach Herrn Ellis Befchreibung ‚ den geönländifchen
ähnlich, ſowohl die Fleinen, als die Weiber boote *.
Wir übergehen ihre Kleidung, die der Verfaſſer eben⸗
falls befchreibt,und dabey verſchiedenes ſeltſam iſt z. [I
daß die Weiber ihre Rinder in ihren meiten, und
mit Fifchbein gefteiften Stiefeln tragen. . Sie bilden.
Stuͤckchen Holz oder Elfenbein fehr artig, bie Werk
zeuge des Gefichts zu bedecfen, und machen in jedes
ſolches Stücfe zweene Schliße, fo lang als die Au--
gen, ‚aber ſehr fchmal , viefe Mafchinen heißen fie
mit einem fehr gefchickten Namen Schneeaugen; fie
verwahren fich Dadurch vor der Blendung, die der
Schnee verurfachet, und fönnen ſehr deutlich und oh ⸗
ne einige Beſchwerniß ſehen: Ja fie bedienen ſich
dieſer Löcher, wenn fie in die Ferne eben wollen, wie:
wir der Serngläfer. ihre Werkzeuge zeigen ebenfalls,
wie ihre Kleider, viel Wis und Erfindung, befonders |
ihre Bogen, die fie aus dreyen Stuͤcken Holz fehr artig
u
r Anderfond Nachrichten von Groͤnland, sı$.
wegen einer nordweſtl. Durchfahrt. 9
und genau zuſammen zu fuͤgen wiſſen; und weil die⸗
ſes Holz weder Staͤrke noch Federkraft genug hat, fo
beziehen fie den Ruͤcken des Bogens mit einer Schnur
von Thierfehnen, daraus auch die Bogenſchnur ges
machet ift, und tauchen den Bogen ins Waffer, da=
von er fich, wie die Ruͤckenſchnur jufammen zieht, und
ftärfer wird. Eie find von Jugend auf im Schies-
ſen geüber und fehr gefchieft. Sie effen roh Fleifch,
wie der Berfaffer glaubwürdig berichtet worden, und
ihr Name zeiger Diefes im Indianiſchen an. Daber,
auch wegen ihrer weißen Aarbe, und der Bärte, wel»
che Feine Indianer haben, glaubet man, daß fie von
den Örönländern abftammen.
Der Berfaffer befchreibt die Gefahr zwifchen dem
treibenden Eife, das zu 5 bis 10 Faden dick iſt, zu
ſchiffen. Wenn ein Schiff mit Gewalt daran läuft,
ſo ſcheitert es, wie an einer Klippe. Bey der Annaͤ⸗
herung folchen Eifes wird die Luft jählings Falt, und
es ift ein Dicker Nebel, aber nur etwa fo hoch. als ein
Schiffmaſt um daffelbe herum / daß die Efkimaur
vielmal vom Sande auf dem Eife an die Schiffe ge-
wandert find, ehe man fie wahrgenommen hat. Es
ift gewöhnlich, das Eis über den Horizont wenigfteng
6 Grad erhöht zu fehen, daß man es alfo viel weiter
. entdeckt, als wenn die Luft die Strahlen nicht fo ftarf
bräche, |
Den 17 Julii macheten fie das Schiff, vermittelſt
verſchiedener Eisanker und Taue, an ein Stuͤcke Eis
feſte, wozu man die größten Stuͤcke erwaͤhlet, die
vom Winde und Flurhen nicht fo fehr berveget wer⸗
den, Sie fuͤlleten ihre leeren Gefaͤſſe mic füßem
EB aus den Teichen, * man ordentlich mn dem
5 Eife
10 Bon den Bemůͤhung deren A
=
Eife findet. Den ıgten haften fie viel Blitz N
Donner, der fonft bier felten ift, weil die häufigen
Nordlichter die Schwefeldünfte, die fonft Blitz und
Donner zeugen würden, zerftreuen*. Giefanden die
kleinen Wafferteiche auf dem Eife meift alfe Nachte
zugefroren, beſonders bey Nordwinden.
Den ıgten Aug. fahen fie Warmoreyland, und
fandten die $angboote aus jedem Schiffe, unter
Aufficht der Hochbootsleute, aus, und der Berfaffer
gieng auch mit: fie follten Anmerkungen von der Fluth
machen, Diezu Kenntniß der Durchfahrt einiges Licht
geben koͤnnten; die Nachricht, fo fie den 16ten ** zu
rück brachten, war, daß fie verjchiedene große Deff-
nungen der See, weftwärts des Eylandes geſehen, daß
die Fluth von N. O. nad) den Strecken der Küfte
gefommen,und das hohe Waffer um 4 Uhr über To Fuß
geftiegen. In dieſer Jahrszeit ward nichts weiter wer
gen der Entdeckung vorgenommen, fondern der Ente
ſchluß gefaffer, einen Platz zum Ueberwintern aus zu⸗
ſuchen. Sie verließen alſo das Marmoreyland, von
dem der Verfaſſer unter Mi nod) meldet, daß es
im 62 Gr, 55 M. Dreite N. und 92 Gr. weftlicher
Laͤnge von Sonden liege, und vermuthlich Kupfer oder
andere Metalle enthalte, weildas aus den Felſenkluͤf
ten hervorſchießende Waſſer, an einigen Orten gruͤn⸗
licht ausſieht, und nach Gruͤnſpan ſchmeckt, anders⸗ |
wo roth ift, und die Steine, über die es 3
färbet. |
Zum
* Der Berfafr erkläret alfo ben Urſprung der Nordiich—
ter, wie der Herr Daron Wolf.
Zuvor war ſchon der igte Da gewefen.
wegen einer nordweſtl. Durchfahrt. ıı
9 Zum Anferpfaße ward ein Dre unweit Nor
fort, fo der engliſchen Hudfonsbangefellfchaft zuſtan⸗
‚dig ift, erwaͤhlet. Das Schiff California kam gut
zu anfern, aber die Dobbsgallee Fam auf ven Grund
zu ſitzen und wäre bey flarfem Winde verloren ges
weſen. Anſtatt daß der Gouverneur von Morkfort
ihnen hätte behuͤlflich ſeyn follen, wie er auch wohl
wußte, wer fie waren, fchicfte er feute, ein Zeichen,
Das Birese hat, folchem zu folgen, wenn
Das wieder flott wäre, niederzureißen, unter⸗
fagte en, ohne ausdruͤckliche Erlaubnig vonder Res
gierung oder der Hud ſons baygeſellſchaft, der Factorey
naͤher zu kommen, verhinderte die Indianer, ihnen
behuͤlſlich zu ſeyn u. ſ. w. Ihr Winterquartier hat⸗
sen fie ſich zu Portnelſon ausgelefen, und es würde
N mweitläuftig fallen, zu befchreiben , wie fie fich da=
elbſt zu überwintern eingerichtet, auch) find dergleie
chen Einrichtungen fihen bekannt, Das Haus, das
fie fie den Capitain und die Dfficirer aufgebauet, ha⸗
ben fie, dem Herzoge von Montague, als einem großen
Beförderer Diefer Unternehmung, zu Ehren, Monta⸗
guehaus genannt. Nur ift anzuführen, daß bey
gehöriger warmer Kleidung die Kälte hier nicht fo uns
erträglich ift, wie man fich vielleicht vorftellen follce.
In die ausführliche Beſchreibung der Gegend
und Der Einwohner koͤnnen wir ung ebenfalls nicht
einlaflen, und führen nur einige Merkwürdigfeiten an.
Die unfägliche Anzahl der großen Fliegen und Müs .
- fen, mitdenen man da geplaget ift, überfeber, nach des
Berfaffers Gedanfen, den Winter, in einer Ave von
unempfindlichem Zuftande, und kann ſich deswegen bey
Anfange des Sommers gleich fo ſtark zeigen. er
| ©... fteng
2 Bonden Bemuͤhung devEng RR VO
ftens einer über. einen Fleinen Sumpf: im Winter
gieng und ihm der Fuß ausglitzſchte, trat er von dem:
Baume, der ihm ftattdes Steges diente, einen ſchwat ⸗
zen Klumpen ab, der, bey genauerer Betrachtung, eine
Menge zuſammengefrorner Mücen war, Die am
Feuer wieder auflebeten, aber von neuem indie Kaͤl
te gebracht, wieder erſtarben, und nachgehends nicht
mehr lebendig zu machen waren. Aehnliche Erfah⸗
rungen find den Engländern in den nordlich
i . f ie can
reyen von America * Froͤſchen — |
Fleiſch aud) fo hart wie Eis ift, und die in der
aufleben, aber darauf in der Kälte völlig ſterben.
Die Indianer find da meift fehr gefund, ausge
nommen, die fich mit Brannteweintrinken verderben.
Aus diefer Abficht"geben ihnen die Franzoſen keinen
Branntewein, und die Engländer, die ihnen felbigen.
verfchaffen, thun fich felbft den größten Schaden da»
mit, denn dieſe vom Brannteweine gefchroächte und
frantlichgemachte Indianer find niche fo vermögend,
ihre befhwerliche Jagd fo Fühn und gefchickt abzu⸗
warten, daher Die Engländer von ihnen weniger
Häute erhalten, Dieß zeiget die Erfahrung bey den
Indianern, die fich unter den Engländern aufhalten,
unleugbar: fie find alle mager, Flein, träg und Fränf-
lich; Diejenigen, die aus mweitern Gegenden herfom»
men, und den Branntewein, wegen feiner uͤblen Wir ⸗
kungen, bie ſie befuͤrchten, nicht trinken, ſind
ein ſtarkes geſundes Volk, und bringen ſo viel Haͤute,
als ſie fortfuͤhren Fönnen, wobey fie wa viel ——
laſſen.
Verſchiedene Indianer verhandeln: an ihre —
re Landsleute allerhand von den Englaͤndern erhaltene
Waaren,
wegen einer nordweſtl. Durchfahrt. 13
Waaren, als Ingwer, Gartenſaamen, Schnupfto—
bad u. d. g. denen fie ſeltſame Kräfte, z. E. die He=
bung afleriey Krankheiten, das Vermoͤgen bey ver
Jagd gluͤcklich und gefchickt zu machen u. ſ. w. zu⸗
fehreiben. Diefe Duadfalberey trägt ihnen und den
Englaͤndern viel ein, die leßtern aber würden mehr
wahren Bortheil haben, wenn fie von Wollen und
Eifenmanufacturen in Großbritannien Waaren da⸗
bin führeten, als daß fie einen fo unanftändigen und
in der Folge ihnen wirklich nachtheiligen Handel ver⸗
anlaſſen.
Die Indianer erkennen ein Weſen von unendli—
cher Guͤte, das ſie Ukkewma nennen, welches in
ihrer Sprache das große Über haupt heißt: die⸗
ſes ſehen ſie als den Urheber alles Guten an, reden
von ihm mit Ehrfurcht, und befingen fein sb i in Lie⸗
dern, die feinen unangenehmen Ton haben : aber ihre
Begriffe von demfelben find fo wankend und ver«
- wirret, Daß man nicht eigentlich fagen kann, was fie
‘mit diefem öffentlichen Gottesdienfte meynen, Ein
anderes Wefen, das fie Wittikka nennen, ftelfen fie
als den Verurfacher alles Uebels vor, und fürchtenes
ſehr, wiſſen aber Fein Drittel, es zu befänftigen.
Ihre Sprache wird etwas fehr durch die Kehle ges
redet, ift aber weder fehr raub, noch unangenehm; fie |
wiſſen zufammengefeßte Worte zu machen, wodurch
fie die Figenfchaften der Sachen anzeigen, und da«
durch neue Begriffe berrennen fonnen, daher die Enge
länder feine E chmierigfeit finden, ihre Sprache zu ler⸗
nen und zu reden; gäben fie ſich Die Mühe, diefes ar⸗
me Volk im Gebrauche der Buchftaben, den Grüns
den der Gittenlehre und der Religion zu unterrich⸗
| ten,
i
5 |
14 Bonden Bemuͤhung dere
ten, fo.würben fie ſelbſt viel, beifer (bh, ie ni
würbe wachfen, und diefe Leute würden ungemein viel
Ehrfurcht und Liebe gegen Die engliſche Narion be:
kommen.
Die Engländer ſelbſt haben aͤble Vetungen vom
Branteweine empfunden. Die Leute auf beyden Schif⸗
fen waren geſund genug, bis auf das Chriſtfeſt, das,
dem loͤblichen Gebrauche nach, mit Brannteweinſau⸗
fen mußte gefehert werden, und von der Zeit an uͤber⸗
fiel ſie der Scorbut, und fi Hatten verfchiedene Kran⸗
fe und Todte, welches die gewöhnlichen Folgen des
‚Gebrauchs von geiftreichen Getränten find, Das
Theerwaffer hat ihnen, da alle andere Hülfsmittel
nicht anfchlugen, gute Dienfte gethan. Die Englän« _
der, die fich hier ordentlic) aufhalten, bedienen fich
fehr häufig eines Getraͤnkes, das der Verfaſſer Sprüce
beer nennt, und dieſes chut ſo gute Wirkung daß in
den vier Zactoreyen, Churchill, Yorkfort, Albany und
Moofe River, in fieben Jahren von 100 Mann nicht
einer geſtorben iſt.
In dieſen elenden Umſtaͤnden haben unſere See⸗
fahrer nicht nur vom Gouverneuer zu Norkfort keine
Benhülfe befommen, fondern er hat auch noch die
Indianer, die ihnen willig würden frifche Lebensmit⸗
tel zugeführeet haben, durch Ausfprenqung, daß die
. $eute von den C Schiffen fie anftecfen koͤnnten, und ſo⸗
wohl ihre als der Englaͤnder Feinde waͤren, davon
abgehalten, aber durch den Eindruck, den dieſe Reden
bey ihnen gemacht, verurſachet, daß darauf nur we⸗
nig Sa au Ber nach! Vorkfort en |
find.
Ya:
wegen einer nordweſtl. Durchſahrt. 15
Vorkfort liegt an dem ſuͤdlichen Arme des Port⸗
—J der Hayes River genannt wird, in 57
Gr. 20 M. nordl. Breite, und 98 Gr. 53 M. weſt⸗
licher Laͤnge von London, wie der Verfaſſer aus einer
ſorgfaͤltig von ihm daſelbſt beobachteten Mondfinſter
niß denzgten Hornung 1747 erlernet. Es iſt nur ein
viereckigtes Haus mit vier kleinen Bollwerken ver:
fehen, Die jet alle bedecfet und in Wohnungen oder
Borvatbsbehältniffe verwandelt find. Auf jedem
Mittelwalle ftehen drey Eleine Steinſtuͤcken, alles iſt
verpallifadirt, eine Batterie mit großen Stücken be-
ſtreicht den Fluß, die eine kleine Bruſtwehre von Torf
bat, und in Rriegszeiten ift die Befagung doch ohn-
gefahr 33 Mann; alfo ift diefes Fort nur den Wils
den furchtbar. Etwa 7 Meilen vom Fort befinden
ſich unter einer Menge von Steinen viele vollkommen
runde Kiefe (Pyrites) faft von der Größe fechspfün:
diger Sanonenfugeln. Die dafigen Engländer find
gleichwohl fo Flug, und glauben, die Franzofen hät
ten fie wirklich für ihre Canonen in diefe Form ge:
goffen, wie fie das Fort angreifen wollen; der Vers
fafler aber fieht fie als ein merfwürdiges Anzeichen
an, daß das Land Metalle, und zwar, welche von den
foftbarjten habe, weil der Kies allemal etiwas weni⸗
ges Gold, oft viel Silber, und nur ſelten Bley oder
Zinn halte,
Diefer Dre ift der wichtigfte Handelsplatz ber
Hudfonsbaygefellfhaft, und es werden dafelbft zwi⸗
fchen 40 und 50000 Eoftbare Felle jährlich gefauft,
es koͤnnte aud), wie der Verfaſſer aus verfchiedener
‚Perfonen übereinftimmenden Nachrichten erlernet hat,
mit cin wenig Geſchicklichkeit der Handel fuͤnfmal
er
3
16 Bon den Bemuͤhung der Engländer
her getrieben werden: aber durch eine Staatsflugbeit, |
die fich wenigftens mir dem Beften ver ganzen Marion
nicht vergleichen läßt, fchlägt Die Geſellſchaft den
Muth ihrer Factoreyen, den Handel in Aufnehmen
zu bringen, nieder, und giebt fich Feine Mühe, den
Franzoſen die Wage zu halten, die fich täglich mehr _
und mehr ausbreiten, und den Indianern beffere
Preifegeben, als die Engländer, obes wohl diefe eben
fo gut thun Fönnten. Eine andere befondere Grund-
regel in der Geſellſchaft Politik ift, daß fiedie gering:
ften und ungelehrteften unter ihren Bedienten zu Ba:
ctoren machen, die bey fo liftigen Mebenbublern, als-
die Sranzofen, den Handel: vermuthlich nicht ver»
größern werden, ob fie wohl fchlau genug find, Die ar—
men Indianer er alle Weife zu überliften, und für
ſich einen der Geſellſchaft nachtheiligen Handel zu
treiben. Daher beträgt, was die Gefellfchaft aus
England dahin ausführer, jährlich nicht mehr, als
etwa 3000 oder 4000 Pfund, weiches in Abficht -
auf Die ganze Nation ganz was weniges ift, obwohl,
wenn man überleget. daß wenig Perfonen die an Dies
fer Handlung Theil haben, mit wenig Capital einen.
großen Vortheil machen, ihre Aufführung, nur in
Abſicht auf ihren Sigennuß , nicht fo ungereimt ift,
wie fie dem erften Anſehen nach ſcheint. ;
Den Winter über ward beichloffen, wegen ber
fernerhin zu machenden Entdeckungen, das tang>
boot zu erlängen, zu erhöhen und zu bedecfen ; weil
man mit folcyem an verfchiedene Derter Teidhten und
ficherer hinkommen fonnte, wo es für große Schiffe
gefährlich und unmöglich feyn würde." Dieß ward ins
Werk gerichtet, und den ı Julii gieng Cap. Moore
* mit
‚wegen einer nordweſtl. Durchfahet: 17
8 Manm und dem Verfaſſer, nebſt Vorrathe auf
nate, auf dieſes Boot, dem ſie den Namen der
ließung (che reſolution) gegeben hatten. Gig
bemerketen die Fluthen und Kuͤſten, trafen auch unter⸗
wegens verſchiedenemal Indianer an, von denen ſie
Fiſchbein mit Vortheil handelten und hoch mehr hat⸗
ten handeln koͤnnen, wenn ſie ſolches nicht wegen
der vorhabenden ‚Enrdectungen haͤtten ausichlagen
ve ‚Der Verfaffer bemerket dabey, daß auf dies
ſer Fahrt ‚oft alle ihre Magnetnadeln die Richtung
verloren, und eine dieſe, die andere jene, aber keine
eine-beftändige behalten... Er vermuthet, daß. ſolches
hier eine Wirkung der Kälte feyn koͤnne, welche in
den Zwiſchenraͤumchen des Eiſens, ‚und vielleicht in
der magnetischen Materie Beranderungen verurſachet:
denn die Nadeln »baben ihre - ‚ordentlichen AR
gen in der Wärme wieder erhalten,
Was unfern. Seefahrern auf diefen Keife vorge·
fen, alles zuierzäblen, würde zu weitläuftig feyn,
daher wir nur ‚erwähnen, daß fie Feine Durchfahrt
entdecket und die Schiffe im Oetober 1747 wieder in
England. angelanget find, Was aber, die Hauptab» ⸗
ſicht der Reife betreffend, ‚ausgerichtet worden, hat der
Verfaſſer felbft indem dritten Theile feines Werfeg 3
ufammengezogen, der. verichiedene auf ſichere Bege⸗
—* — gegruͤndete Schluͤſſe enthaͤlt, „durch wel⸗
„he eine nordweſtliche Durchfahrt in die Suͤderſee
„ſehr wahrſcheinlich gemacht wird, ob folche wohl bey.
„der leßten Uncernebmung nicht voor
„den, |
Es iſt eine raue Grfabrng; daf in ae
dern, die einen Eleinen Umfang baben, es mögen nun,
4Band. —— Bahr
Halbinfeln oder Inſeln feyn, keine Höhen Bäume,
dern nur Gebuͤſche und Unterholz zu finden find,o
auf dem feften Sande in eben der Breite das ſchoͤnſte
Holzwächft, Man Eönntefolches mit Narboroughs
Beſchreibung von der’ magellanifchen Meerenge und
viel anderen Nachrichten beſtaͤtigen aber wer die or⸗
eadifchen und fehortländifchen Eylande fenner, der
wird Feine weiteren Proben verlangen. Man kann
hieraus die Folgerung ziehen, daß, wo in einen Lands
fteiche, der fonft voll Waldungen’ift, ein Land bey ges
nauer Unterfuchung von Holz leer gefunden wird) daſ⸗
felbe aufbeyden Seiten Waſſer Haben möge. Unſere
Reiſenden aber Haben gefunden, daß von der Breite
von 61 Gr. nordlich an, alle Gewächfe, gleichſam
fichtbarlic) Fleiner und ſchwaͤcher geworden find‘; da
fi) in höhern Breiten, als Norwegen, Schweden,
tappland, Rußland u. f. m. große Wälder von ho⸗
hen und vortrefflichen Bäumen befinden. Gienge
alſo auch hier auf der andern Seite ein großer Strich
Landes weſtwaͤrts, fo follte innerhalb der Laͤnder an
der Hudſonsbay ebenfalls die Menge von Bäumen
ſeyn; und daß diefes nicht ift, laͤßt fich amwahr-
ſcheinlichſten aus: der Nachbarſchaft eines weftlichen
Deeans erfläten, Die Kälte kann man nicht anführ.
ren, ba nicht nur andere Pflanzen, ſondern auch Korn,
hier und dar in Kamſchatska wachſen, wo es viel
kaͤlter iſt, als auf den Küften dev Hudfonsbay, .
Weil fie fich im Montaguehaufe aufbielten, ber
merketen fie beftändig, Daßjdie Nordweftwinde fehr
“ Häufig folches Schneegeftöber mit ſich brachten, in
welches dev Erfahrung gemäß, die aus offenen Waf-
ſern auffteigende Dünfte von der kalten Winterluft
—X | veräns
4 SR m en * re
wegen einer nordweſtl Durchfahrt. 19
deränbere werden: Man Fan Auch aus dieſem
runde eine große Menge Waffers auf der Norde
Die füplichen "Yhbianer Haben auch Beändig bie
hatten, haben einen Entwurf von einem auf die Fels
fen zu Eurchill-gemacht : Narborough meldet uns,
daß die Wilden an der magellanifchen Enge fein Schiff
aus Erde und Holz nachgebildet, wie er vermuthet,
ſich das Andenken davon zu erhalten, weil ihnen ſonſt
Fein Mittel, das Vergangene aufzuzeichnen, bekannt
iſt. In eben der Abſicht de af die Indianer an
Pen 2 der
vr
der Hudſonsbay gerfan Haben ; und ka ten. fie ei
Schiff mahlen, fo mußten fie eins gefehen { 2
Andere Indianer Bohr a! Bali n en en Far
Oceans 5 worden. Bi
Dieß alles machet nur noch. ———— —
das Land auf beyden Seiten See ha
keine Durchfahrt, oder waͤre ſol e fehr mweitlär
fehr befchwerlich, fehr hoch nach. Norden ‚6 würde
ung diefes nicht viel helfen, es wäre denn, daß man
einen kurzen Weg uͤber Land von einer See zur an⸗
dern ausfuͤndig machet.
Die ſtaͤrkſten Beweisthamer aber, daß wirklich
eine Durchfahrt ſey, nimmt der Verfaſſer von der
Ebbe und Fluth her. Es iſt ausgemacht, daß dieſe |
Veränderungen in Fleinere Seen aus dem Dcean
nach der Verhältniß der Nähe und Deffnung des
Oceans in diefelben fortgepflanzet werden, Daher fin. Ä
det fich bey Seen, Die innerhalb Sandes liegen, und
entweder gar feinen oder einen fehr geringen Zufam.
menhang mit dem Deean haben, ſchwache und. faſt
unmerkliche Ebbe und Fluth, z. E. im mittelländi«
fhen Meere, wo die Fluch von Welten nad) £ ſten |
‚geht, und durch die Enge von Gibraltar iſt die luth
gar nicht merklich. Im venetianiſchen Meerbuſen
merket man nur eine kleine Bewegung. Die Griechen
muͤſſen von der Fluth und Ebbe, die unordentliche
Bewegung des Euripus ausgenommen, gar nichts ger
wußt haben, weil des großen Alexanders Armee bey
der Ebbe der See an der Mündung des Indus fo
erſtaunte, und folche als ein Wunderwerf enkösn
wegen einer nordweſtl. Durchfahrt. ꝛ
Auch den Römern war dieſe Naturbegebenheit bis zu
des africaniſchen Scipio Zeiten unbekannt geweſen:
dieſes beweift, daß die Ebbe und Fluth in Seen ihr
nerhalb des Sandes nicht empfindlich find, fonft hätten
folche den Griechen und Römern nicht Fönnen’vers
bogen bleiben. Män’Eann ferner vorausfegen, daß
die Wirfung defto färfer erfolger, je näher die Urſa⸗
eilt, und alfo die Fluch an Dertetn, die dem Ocean
räher gelegen find, eher und färfer-ift, als am ent ·
ferntern ; welches der Berfaffer mit Erempeln von
der englifchen Küfte erläutert. Diefes nun auf die
norbweftliche Durchfahre anzuwenden, fo bemerfet
der Berfafler, wenn es dergleichen nicht gebe, fo fey
ie Hudfonsbay fo gut eine ee innerhalb Landes als
das mitkelländifche Meer, und in'eigentlicherm Ver⸗
ftande, als das balthifhe, weil fie mit der offenbaren
See feinen Zufanimenhang, als vermittelft der Hud⸗
fonsenge, «habe ; denn der Zufammenbang mit der
Baffinsbay und Straße Davis ift noch unermiefen,
wuͤrde auch diefen Schlüffen ihre Stärfe nicht neh⸗
mer. Da aber die Hudfonsenge ſehr weit ift, und
die Day fi) von Dften nach Welten erftrecht ‚1
kann man ihr die Ebbe und Fluth nicht abfprechen,
doch muͤſſen dieſelben doch ſo beſchaffen ſeyn, wie ſie ſich
Aus dem Ocean durch die Hudſonsenge forepflangent
Tonnen : Mun hat der Verfaffer die Fluch an einem
Eplande in 62 Gt. 2 M. 10 Fuß, in der Breite von
‘65 Gr. an der weftlichen Küfte des Welcome, 13 5:
‚und hordmpätts deffelben 17 &. gefunden ; zu Caryes
wansmeft aberiftfienach Cap. For Vermelden 6 Fuß:
Katme nun die Fluth ausdem Ocean duch die Hude
BB RG —— fong»
ame hs Fr lichsung, der.
Die. Zeit. ihrer: größten ie bekro Ri 14
. Su der Breite von 62 Gr. 2.M. Eam fie
der, und wär um fünf Uhr ——— am. Cape
Sen, im 64 Gr. R. Fand der Verfa —7— daß die Fluch |
nordwarts nach. der Richtung, der, Rüfte Fam, „und
das hohe Waſſer beym Bollmonde und. Mondsmwec)
fel, war um 3 Uhr. In der Breite von. 65,6}
Fam die Fluth noch nordwaͤrts her: Darf man N
aus der Richtung. und Zeit ber Fluth in diefen Thei
Ien der Hudſonsbay etwas fhließen, ſo iſt klar, d
fie, von Norden und Nordweſten koͤmmt, abe er a
dem atlantiſchen Meere nicht kommen kann,
muͤßte die hoͤchſte Fluth, wenn man in ‚größern B |
en kaͤme, 55* Mate: und fpäter — rd ⸗
u mit Ku — Ba wäre, a Napa
Derfaffer will dieß fo wenig zugeftehen , als. efror-
ne oder, unbekannte —— durch welche olche—
erhalten, wuͤrde. Man hat in. der, Baffinsbay be⸗
mierket, daß die Fluth art Fuß hoch ſtei
und a felbft meldet, of jr in der an sit
Ein Zaden iſt 6 Fuß.
* ii ** re
en. gewiffen Strich, Hält, „aber. nur pn OH 8 ‚ober-g
de und die luth Kühe Re . ba,mip
m Ocean. Emm nr indem fiedie
infuhrten fuͤllet „a ‚und. nach ‚abe
ar, daß eine Flut J von 3 Faden in
| afler, wenn auch ——
* *
ms
Hangdaf Ibjtworausgefeßet wuͤrde im Welcome ni
au „einen. Faden heben fann da es doch Dafelb
‚bi er ‚als, in der Baffinsbay, feige, ‚und folglid) di
Wirkung größer. als die Urfache waͤre, Hiezu koͤmmt, |
Bed Dar allen. an von dem nerblichen Kuͤ⸗
—
im Welcome —4— man 3 entweder
alle Grundſaͤtze unſerer Kenntniß von der Ebbe und
Fluch verlaſſen, oder dieſen Einfall von der Forts
pflanzung der Fluth durch Baffinsbay und ae
es bey Seite fegen muß. | Sur
"Henn die Such, nicht aus dem atlantifchen ober
nordiſchen Ocean kommen kann, ſo iſt fie ſonſt nir⸗
gene, herzuleiten, als aus der Suͤderſee, und daher
urch keinen Weg, als durch eine nordiveftliche
urchfahrt. Auf der gegenwärtigen Reife hat. man
Dan daß Nordweſtwinde auft dieſen Kuͤſten uͤber⸗
alt die hoͤchſte Fluth machen: Kaͤme fie. aus. dem at⸗
lantiſchen Ocean durch die Hudſonsenge, ſo wuͤrde
Suͤdoſtwind ſie am meiſten erhoͤhen, da es ausge⸗
macht iſt, daß ein Wind, der nach eben der Richtung
mit der Fluch ſtleicht, ihre Höhe am größten macht.
Man kann auch nicht einwenden, daß der weſtliche
D4 Ocean,
er Von dei Bein ft
Det, "ober bie — —* dieſen Laͤm
Hehim Rücken lieg gt/und all dein Suͤdoſtwind, der!
ellen An das — Ai die Flut
"am Höchften'ma Jen‘ ſollte — Rh ac aß
ein Wind, der nach einerley Richt er Flut
ftreicht fe eiſten Bin nuß die Kuͤſte mag
Ba wie fie will; ‚weil er eine große Menge Waller
ufuͤhret —— AMein die Fluth ſteigt; und die Er-
Ffabrung Tehret'ebeh das auf der oftlichen Küfte hi
England, vo das deutſche Meer oſtwaͤrts liegt, ı
Doch Norhweſtwinde die höchite Fluth machen , we
der große en aus dem koͤ me, hip SR Sei.
— — RE a u J Ha
Hiezu nit 9— er das Bart im Bis
J fo klar und geſalzen ift, daß der. Verfaſſer, wie
erdie Shih am Cape Fry unterfuchte, den Boden in
der Tiefe von ı1 Faden deutlich fehen Fonnte : aber
Tiefe, Durchſichtigkeit und Salz fehicken, fich nicht u
dem Ber iffe eines Sees, der aus Flüffen, die fi in -
ihnet gieße en, aus geſchmolzenem Schnee und Regen
ehtſteht, wie fie gegentheils einen Zu lammenhang mit
em Obean ehr, ſtark anzeigen, Ferner ‚halten |
— beſtaͤl g durchſtreichende Ströme von Eife
frey, f6, daß Mi unleügbar ift, daß der nordliche Zelt
der Bay vollkommen frey und offen if, wenn der
ſuͤdliche * mie Ei — iſt, d. i daß es in ber
Breite von 64 ober 65 G r. wenig Eis, und in der
Breite von 82 Gr. oder 83 Gr. fehr vieles giebt. Es
ift aber'nicht zu begreifen, ‚woher diefe ftarfe
we kommen ſollen, als, aus einem weſtlichen De
Endiich
rdweſtl Durchfahrt. 25.
* ſieht man gegen das Ende des Sommers eis
Menge Wallfiſche daſelbſt. Num iſt befannt, daß
dieſe Fifche fich nach wärmern Gegenden begeben, und
folglich müffen fie ‚hier einen Weg nicht in eine‘ ‚note
liche, ſondern in eine weſtliche See finden, · et 2 ?
5
+} y
’*
Ddie Gegend, mo die Durchfahrr hi mu
nach des Berfaflers Gedanfen, nicht weit na —*
den hinauf, weil man im Welcome, , oder Repulſe.
bay feine Eisberge findet, wie in der weißen Baͤre—⸗
— ——————— Baffinsbay oder Davisſtraße,
he fcheinen, zu einem andern feften Sande das
er, oder an dem Pole liegt, zu gehören; die Hoͤhe
der Fluth bekraͤftiget eben das. Daß diefe Durchrahet
kurz ift, läße fich daraus muthmaßen, weil man nur
f ache und Eleine Flüffe auf der weſtlichen Küfte
r Hudfonebay findet, welches ein Beweis ift, daß fie
Hücheiweit fließen, und folglich, Daß das fand, welches
beyde Seen trennet, nicht groß ift : Die Stärke und
Regelmaͤßigkeit der Fiub beweiſt eben das; denn wo
die Ebbe und Flur) innerhalb 24 Stunden fait in
gleichen Zeiten, den Unterfchied, welchen die fpätere
Ankunfe des Monds an den Mittagsziefel verur⸗
ſachet, ausgenommen, auf einander folgen hältman
folches für ein ſicheres Merkmaal der Nähe beym
Ocean, woher ſie ſtammen: Auch die Wallfiſche wuͤr⸗
den nicht Zeit haben, in waͤrmere Gegenden zu kom⸗
men, wenn die Durchfahrt lang waͤre.
Der Verfaſſer giebt zweene Oerter an, wo er
große Hohfnung hat, daß die Durchfahrt koͤnne ge⸗
ar *
IDEE), 5° funden
funden werden, einen in *
nem Orte, den er Chef — nlet heißt,
den zweyten beh Der, Repul ebay.. — — e Muth
fungen gründen ſich auf die vorhin angegebenen
ftände: Und das ſieht er als die Frucht biefer © <
fahrt an, die zwar ihre Hauptabficht nicht erreicht
aber doch mehr Ucht und- Hoffnung ı megeneiuer- Fünf
tigen Entdeckung gegeben, Dazu. a) e — au
— aufmuntert. ee -
Außer einer Charte von den Gegenden * EM
Durchfahrtgefuchee worden, finden ſich bey dem Ber
fe viele Kupfer, die, Ausfichten von verfchiedenen Ge
‚genden, Trachten und Werkzeuge der era
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— Einige Proben... — —7——
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dem Einfluſſe dei: Raturlehre
„in Die SRechtsgefeftfämkei,
N). ia. al, II I IRETHUR® ‚ıhim Bo.
01 — werden, als ‚von
Adem der eine Wiſſenſchaft für geringſchaͤ⸗
— Werken des unendlichen Wer
Jens, und ſolchen Sachen, die zum Nutzen und ber
Nothwendigkeit des menſchlichen Lebens gehören, be-
ſchaͤfftiget iſt. Sie hat alſo ihren eigenen Werth,
und darf nicht dadurch ſich erſtlich einige, Achtung
erwerben, daß fie in andern Theilen der Gelehrſam⸗
feit zu gebrauchen, iſt. Sch halte es indeffen nicht
für.überflüßig, ven Verehrern anderer Wiffenfchaften,
zu zeigen, daß die Naturlehre ihnen auch bey der
Einficht, die fie ‚fich insbefondere zu ihrem Zweite
‚vorgefeget haben, Bortheil bringe. Diefes erwirbt
‚vielleicht einer Wiſſenſchaft etwas mehr Aufmerkfam-
keit bey Gelehrten, die fie nur als eine Beluftigung
und einen,Zeitvertreib angefehen haben, Es iſt auch
dergleichen vor. mir ſchon von verfchiedenen unternom=-
menmorden, , Scheuchzers Schriften, in welchener
den Nugen gejeiget, Den Öortesgelebrte aus der Na--
turſorſchung ſchoͤpfen fonnen, find befannter, san
Kan a aaa nal Ar nm all
ich fie * — — def.
fen: Naturwiffenfchaft Hiobs, befindet ſich ga r ein
Brief von eine iftlichen, in d ————
die ante I — ſey zu Erlaͤute⸗
rung “2 Big Schrift eben fo en ; St J
Se hne mich **
nahen) Joßiie: e vielen Schr — den 40*
li
die Naturlehre zum Dienſte der na ichen oder ge«
a Theologie angewandt, zu erzählen, will
ch mich zu einem andern Theile der Gelehrfamkelt
— bey dem Mh die —— enig
wendig zu ſchaͤtzen pfle jlaubet inse
Kr wenn ein er A fe made
nen wir fchließen und’ handeln, von dem Phi a
gelernet habe, fo wiſſe er das alles, was —
nem Rechtsgelehrten von den Phifofop en ı uk
noͤthig ſey, und bie Naturfor ſchung in |
affenfalls' jur Stillung feiner Meugte H,
zur Kenntnig und Anwendung der jenen, * ine
Nügen. Wie weit dieſer Gedanke richtig fey, ode
Ay —— ich meine fe sefer aus dem Folgenden urehei
en Riten. eier
Meine Abfiche tft, den Einf ber Bonfi in de
Rechtsgelehr ſamt eit nur durch J eh
gen Ich verftede unter der Phyſik die wahre
nüßliche Kennthiß der, Natur, nicht eine 3
Kenneniß von Spielwerken a Mafhinen, und
von Dingen, die mehr unfere Neugier befchäfftie
als unſete Einſicht und unſere Vortheile erweiter
Es iſt wahr, do ß viele Leute unter dem Worte, Ph y
zerade Das verſtehen, was ich nicht darunter "verftehe.
Die mögen felbft feyen, wie fie den Fr na
yſi
x Naturl. in die Rechtsgelehrſamt a9
Bun Ranıc
le —0 egriffe, gehoͤret die Unterſuchung
utzen und, Vergnuͤgen anwenden koͤnnen. Dergleis
Uute en ‚entdecken uns öfters, neue und
wichtige Wa Ehe und mo die Menſchen auch nur
f be annte Cigenfchaften der Körper zu ihrem
Öebrauche anwenden, thun fie, allezeit Da
gers, als wenn einige Natirforfcher ebenfalls (dom
Bekannte Eigenfehaften der Körper, zur Tändeley als
wenden, Ich nehme alfo zur Narurforfchung, fo:
ohl das, was man in einem engern Verftande Die
daturgeſchichte zu mennen pflegt, als die, Kenntniß
der Künfte, Die auf den Gebraud) der natürlichen
örper ankommen, mit. —*—
Wollte ich mehr Scheingruͤnde, als wirkliche Be
weile anführen, fo koͤnnte ih Schluͤſſe von dem Ein⸗
rufe der Narurforfchung in die Rechtsgelehrfamkeit,
als der Erflärung der leßtern Wiflenfchafe, welche
die römifchen Rechtsgelehrten gegeben haben, herlei⸗
een: Sollfieeine Kenntniß von göttlichen und menſch⸗
fihen Sachen feyn, fo glaube ich, e8 würde ihr mehr
Ehre bringen, unter den göttlichen Sachen die Wer:
fe des Schöpfers zu verftehen, als diefes von den
ı Geheimniffen der römifchen Religionsgebräuche oder
ihres wahrfagerifchen Aberglaubens auszulegen. Aber
ich will meinen Saß nicht auf eine Erflärung gründen,
von deren Richtigfeit, und ob fie nicht vonden Rechts»
gelehrten den Philofophen abgeborger fey, ein großer
und wichtiger Streit ift, in den ich mich igo nicht ein ⸗
laffen Fann, BREI
Hi
Die
Die — tsgelehrſamke
faſſung oder mean de Gefege a an
Verrichtungen Des menfihlichen gebens, denen ©:
vorz ac find, 9 et in dem Gebr ud
| Ei | —* „diefen beyven.
re dr — "Die Sr jufacturen find,
ne Gedanken nach, Theile d Race und
= folche, deren Unwiſſenheit ei ſich fo nennen“
den Nafürlehrer größere Schande He t, als wenn
er (damit ichrecht fehr ſchimpfe! den? kufepenbrocfi ]
ſchen elektriſchen Verſuch nicht wuͤßte: bie feute, wel ·
che mit dieſen Dingen zu thun haben, find in |
auf: dieſelben Naturforſcher, oder wenn ſie es nicht
find, d. i. wenn ſie die ihnen vorkommenden natuͤrli⸗
chen Wirkungen nicht mit Aufmerkſamkeit und Uebe
legung zu betrachten wiſſen: ſo folgen ſie —
die ihnen von Naturforſchern ſind gegeben worden,
und haben ſie auch dergleichen nicht, ſo empfinden ſie
die Strafe ihrer Unwiſſenheit durch. wirklichen Scha⸗
den oder durch Entbehrung größeren: Bortheile, Die
ihnen mehr Einficht verſchaffet hätte, ae
hellet, was für eine Kenntniß der Naturlehre ſo viele
und fo mannigfaltige Geſetze, diediefe Beſchaͤfftigun⸗
gen betreffen, erfodern. Machen die Bergrechte doch
einen beſondern Theil der Rechtsgelehrſamkeit aus;⸗/;
in dem vielleicht vieles aus einer genauern und voll⸗
ſtaͤndigern Kenntniß der Natur noch zu ergänzen, und,
— zu beſtimmen wäre, wie zu E. eine weitläufs
tige
er Raturl. indie Rechtögefehtfanfeit. 3
-
; tige Gangftreitigfeit, die Zimmermann *erzähler, nur
g
aus genauern Begriffen von der Befchaffenheit eines
Ganges zu enefcheiden ift, Die Rechte, welche vie
Landwirthſchaft betreffen, und in ſo großer Menge
find, daß Donauers Anmerkungen über Florini
Hausvarer, und Leyſers davon abgefafites Werk **
fie doc) vielleicht noch nicht alle enthalten, gründen
ſich auf die Naturgefchichtedes Erdreichs, der r Tiere,
der Pflanzen, der Wirterungen u.f. w. a, die
Rechtsgelehrten Fönnen ohne Kenntniß des Acker⸗
baues, nicht einmalein gewiſſes juriftifches Wort vers
ftehen, davon die Sache öfter, als fie follte, vors
koͤmmt ***.Und die Geſetze, durch welche bey Kuͤn⸗
ſten und Manufacturen die Ehre und der darauf ans
fommende Vortheil eines Landes muͤſſen verſichert
werden, laſſen ſich von niemanden, als von einem
Naturforſcher, abfaſſen und veritehen. Frankreich,
dem die Deutfchen lieber in Thorheiten nachäffen, als
en wahrer Wiffenfchaften, und Anwen⸗
dung derfelben zum Beften des Staats nachahmen,
weiß um dergleichen Einrichtungen, feine Akademie
zu befragen. Du Fans Berfuche, nach welchen den
Faͤrbern Gefeße vorgefchrieben worden, haben viel«
deicht nicht fo viel Aufſehen verurfachet, aber Frank⸗
reich wohl eben fo viel Nugen gebracht, als‘ feine
eletwriſchen Belegen:
' Mat
| Oberſachfiſche Bergakademie XI Ofen, im 01 St. =
** Js Georgieum. ie
*+* Praewaricari :. Arator nifi incuruus praenaricatur.
_ Inde translatum hoc crimen in forum. Ibi itaque
caueatur vbi inuentum eſt. Plin. XVIII. c. 19.
7 Hellot Theorie Chymique de la ‚Teinture des etoffes.
Memoi-
Man J mir MA ã was ich
vorgebracht habe, erfordere eine Kenntniß der Natur ·
lehre bey gewiſſen beſondern Rechten; aber die ge⸗
woͤhnlichſte und brauchbarſte Ausuͤbung der Nee
gelehrfamfeit verlange. folche Weitläuftigfeiten ie,
weder Teſtamente zu machen, noch Contracte zu ent ·
werfen, noch die Proceßordnung — noch
koͤpfen, henken und raͤdern zu laſſen, ſey die Natur:
lehre nörhig. Behielte aud) dieſer Einwurf ſeine
vollige Stärke, fo würde er mir doch nicht fo gar
nachtheilig fen; ; ich würde fragen, ob das, was in
einem Theile der Rechtsgelehrfamfeitnüßet,in der. gans
zen Rechtsgelehrfamfeit koͤnne unnüße genannt wer:
den ?- ob die Unterfuchung der römifchen Gefege
und Alterthuͤmer bey der Rechtsgelehrſamkeit uͤber⸗
fluͤßig ſey, weil ein großer Theil der heutigen Rechte
ohne fie kann verftanden und gebrauchet werden, weil
eine Menge praftifcher Rechtsgelehrten, entweder nie
viel Fleiß darauf gewandt, oder ihre darinnen erlangs
te Kenntniß faſt wieder ausgeſchwitzet haben? "Sch
würde. ferner anmerfen, daß nicht alle, die ſich der
Rechtsgelehrſamkeit widmen, Sachwalter, Gerichts⸗
perſonen oder Uvtheileverfaifer werden, daß zu Aem⸗
tern, die Deconomie, Cameralwiſſenſchaften u. di. gl,
erfodern, Nechtsgelehrte vorzüglich vor andern Ger
lehrten erwählet werden, denen alsdenn oft ein großer
Theil ihres juriftifchen Sleißes fo unnüß ift, fo. vor⸗
theilhaft ihnen eine Kenneniß der wahren Donfik, und
der — ſeyn wuͤrde. Ich wuͤrde erinnern daß
| | ‚große
——— de l’Academ. des Sciences, 1740. L Mein.
178. ©. der holland. Yuflage, II. Mem. Mem, des P’A-
Sad, des Se. 1741. G. das Mag. 1B.5. St.u 2B.5. St.
chtsgelehrſamkeit. 33
große Rechtsgefehrte, die ihre Wiſſenſchaft als eine
gelehrte Wiſſenſchaft, und nicht als ein Handwerk ver⸗
ſtehen, allemal die Phyſik, wenigſtens wie andere fchö«
nen Kenntniſſe als eine Zierrath anfehen, daß ;. E. der
Hr. von Leyſer in feinen Meditationibusad Pandectas,
die Nachrichten der Naturforfcher von Erzeugungder
DM zur Erläuterung deffen, wasdierömifchen Ge⸗
[den Perlen verordnen, zu gebrauchen gewußt
hat* Doch es iſt leicht zu zeigen, daß in den taͤg⸗
üch brauchbaren Sägen der Rechtsgelehrſamkeit ſehr
vieles aus der Phyſik muß verſtanden und beurtheilet
werden. Wenn zu der Phyſik die Kenntniß des
menfchlicyen Körpers gerechnet wird, und wenn dieſe
Kenntniß in Eriminalfachen, bey Nuthmaßungen we⸗
gen begangener Verbrechen, bey Beſtimmung der
Grade von der Tortur u. ſ. m. noͤthig iſt, fo iſt dies
ſer Theil der Naturforſchung einem Rechtsgelehrten
nicht entbehrlicher, als ihm die ſchrecklichen Buͤcher
in den Pandecten find, und er hat Urſache, die Bes
mühungen der Arztneygelehrren mit Danke zu erfen«
nen, von denen die Medicina forenfis als eine beſon⸗
dere Anwendung der Arztneywiſſenſchaft ift abgehan«
delt worden. : Thomafius hat zu unferm großen Tro⸗ |
fte bey dem täglich zunehmenden Holzmangel , die He⸗
xerey unter Die verlornen Kuͤnſte verſtoßen: wie
viel Holz haͤtten aber nicht unſere Vorfahren erſparen
koͤnnen, wenn die Hexeninquiſitoren beſſere Natur;
forſcher geweſen waͤren?
Wie viel Streitigkeiten fallen nicht von der Bes
ſchaffenheit ſolcher Sachen, über die Käufe u. d. g.
b find
*Specim. 392
4 Dand, C
34 Einige Proben von dem Einfluffe
r,ohnedie
find gefchloffen worden, vor die ein Sachw
Natur dieſer Sachen einigermaßen zu kennen, weder
verſtehen, noch führen, und einr Richter noch vielweniger
entſcheiden kann? Ich wollte unfern Rechtsgelehrten
zum Vortheile wuͤnſchen, daß dergleichen Streitig ·
keiten alle nur uͤber Bier, Tobak und Wein entſtuͤn⸗
den, ſo koͤnnten die meiſten von ihnen, vielleicht mit
eigenen Augen ſehen, ich ſollte ſagen mit eigenem
Gaumen ſchmecken, und duͤrften ihre Zuflucht nicht
fo zu dem troͤſtlichen Lehrſatze: peritis in arte ſua
credendum eſt, nehmen; aber zum Unglück koͤn⸗
nen noch uͤber die natuͤrliche Beſchaffenheit anderer
Sachen Streitigkeiten entſtehen. Die roͤmiſchen Ge⸗
ſetze erzählen eine Menge von Krankheiten und Feh ⸗
lern, die beym Verkaufe der Knechte vorfommen fonn«
en *. Die deurfchen Rechte enthalten von den Feh ⸗
lern der Pferde, die einen Verkauf derfelben untüch-
eig machen Eönnen, befondere Berordnungen**, und
bey diefen Verordnungen fieht man: eine herrliche
Probe, wiedie Gefege von Leuten verftanden werden,
die fi) nur um Wörter und nicht um die Natur be=
Eimmern. Weil in ihnen haarſchlechtig ftatt
hartſchlaͤgig gefchrieben war, fo haben die Rechts⸗
gelehrten, die es nicht für noͤthig bielten, ſich hier
von Roßkaͤmmen unterrichten zu laffen, getroſt
diefes Wort durch Scabiofus überfeße, ohne zu be=
denfen, ob daffelbe einen innerlichen Hauptmans -
gel
* V. Strauch. diſſ. I. de aedilitio edicto cap. IV inter
opufeula Strauchii, collectore Knorrio Hal. 1729.
edita XIX. |
8% Weichb. a. 97-
der Naturl. indie Rechtsgelehrfamfeit. 35
gel nach dem Begriffe der deurfchen Rechte bedeu«
ten Eönne*. ge
Unter den Geſetzen, welche die Teftamente berref-
fen, bat eines dem großen Gelehrten, Aegidio Me⸗
nagio zu einer. herrlichen phnfifalifchen Anmerfung
Anlaß gegeben. Der Rechtsgelehrte meldet, es fey
feiner fo taub, der gar nicht höre, wenn man ihm
über den Scheitel zurede **. Menagius berichtet,
wie es der Wahrheit gemäß ift ***, daß die Erfah»
rung folches befräftige, wundert fich aber gleichwohl,
wie folches zugehen könne, da der Schall aus Luft be-
ftehe, und folglic) indie Höhe gehe, daß alfo ein Tau—
ber leichter hören follte, wenn man unter feinem
Scheitel, als wenn man über folchem ihm zuredet f.
Man Fanndiefen Einfall den Zeiten des Menage, und
feinen übrigen Verdienſten verzeihen, aber er möchte
doch wenigftens zu unfern Zeiten. einige belehren, daß
fie entweder noch was mehr, als römifche Alterthuͤ⸗
mer, Sarein und Griechifch lernen muͤſſen, ober fi
nicht an die Auslegung aller uns auch noch übrig ge
bliebenen und brauchbaren römifchen Gefege wagen
dürfen, ig vr 2
Mr Che ich weiter gehe, muß ich noch ein Paar Wor⸗
\ te, von dem fchon erwähnten hülfreichen Saße fagen,
un. & 2 daß
* Vitriarius de tribus vitiis equorum capitalibrıs Saxoni-
eis c.I. IV. Trai. ad Rhen. 1694:
»*], 10. C. qui teft. fac. pofl. N i
#** Haller, phyfiol. $. 393. re ”
} Cum vox fit aßsens vt quae ex aere conftet, facilius -
bprofecto furdus exaudire' deberet, fi quis infra ce-
rebrum illius quam fupra logüeretur. (Menag. Ayn, Iur,
Ciu. cap. 27. —
5
36 Einige Proben von dem Einfluſſe
daß man jedem in feiner Kunft glauben müffe, und -
daher bey Sachen, die man felbft nicht verftehe, fich
auf Leute, die davon die gehörige Kenntniß haben, ver ·
laffen dürfe. Sch geftehe es willig zu,daß ein Rechts
gelehrter ſich der Einfiche anderer bedienen bürfe;
‘aber hierzu ift nöthig, daß er urtheilen koͤnne, ob die
$eute, deren er fich bedienen will, Einficht befißen,
und daß er fich ihre Nachrichten zu Nutze machen kann:
zu beyden iſt er unfähig, wenn er von den Sachen,
wo fie ihm Nachricht erteilen follen, gar feine Bes
griffe hat, Wird ein Rechesgelehrter mit dem gan⸗
zen Corpore iuris, und auch mit allem, was von den
. aquaedudtibus, Gelehrte, und nicht Mathematiker»
ftändige oder Naturforfcher, gefehrieben Haben, vermoͤ⸗
‚gend feyn, bey einer Muͤhlenſtreitigkeit zu urtheilen,
ob die Müller gewiffenhaft und die Gefchwornen ges
fehicte genug find ? Und wird er in ihren Berichten,
Fachbaum, Wehr, Gefälle u. d. g. nicht mie
eben fo viel Erbauung lefen, als ein deutfcher Bürger
die Claufulaın codicillarem in einem Teftamente, oder
das defuper nobilisfimum iudicis ofhcium implo-
rando in einem Klaglibefle liefet? Soll man fich aber
wohl gänzlich auf der KRunftverftändigen Urtheil ver⸗
laſſen, da auch gefchickte feute in den Unterfuchungen,
aus welchen fie ihr Hauptwerk machen, fehlen koͤn⸗
nen. ? ft es nöthig, daß ich dieſen Satz mit nod)
mehr Erempeln beftätige, alsdamit, daß verfchiedene
medicinifche Collegia das Auripigment für Gift er⸗
Eläret haben*, oder ift auch diefes Beyſpiel ſchon
uͤberfluͤßig? a:
RN Eine
*Hofmann Obferu. Phyf, chym. LI. Obferu.I.
cHre
der Naturl. in die Rechtsgelehrſamkeit. 37
Eine Frage, die nicht in die Bergrechte, ſondern in
die Pandecten geböret, ift ohne Kenneniß der Mineras
logie nicht auszumachen, wie es nämlich mit der Aus⸗
beute, die aus Bergwerken erfolget, zu halten fey, wenn
jemand die Fruchtnießung von ‘Bergtheilen hat; ob er
ſich folche völlig, oder nur die Nutzung diefer Ausbeute
\anmaßen dürfe ? Man muß dabey das willen, ob
die Bergtheile unter bewegliche oder unbewegliche Sa⸗
chen gehören ? und ob die Metalle wieder wachfen?
Beydes hat der Ehurfürft, deflen fir Sachfen auch
nach ihm noch fo glücklichen Namen ich nie ohne Ent⸗
zuͤckung nenne, der ewige Auguft, mie einer Einfiche
entſchieden, wie fie von ihm Fonnte erwartet werden,
von einem Fürften, der die natürlichen Vorzüge ſei⸗
nes Landes kannte, und erhob, deffen weiſe Geſetze, defe
fen fandesväterliche Anordnungen auch nad) verfloſſe ⸗
nen Kahrhunderten, nod) einen Theil von dem Gluͤ⸗
cke unſerer Zeiten wirken. Die Bergtheile find nach
feinem Ausfpruche unbeweglich und die Metalle wach⸗
fenden Früchten nicht gleich zu fehägen*. Die
wahrhaftig großen Rechtsgelehrten, von denen erwaͤhn⸗
te Öefege find erläutert worden, haͤtten über gegen«
wärtiges ganz andere Anmerkungen machen Fönnen,
‚als fie gemacher haben, wenn fie beffere Naturfor«
ſcher gemwefen wären, Wenigftens hätte alsdenn
Berlich“* unter die Bemeife, daß die Beratheile zu
den beweglichen Sachen gehörten,die herrlichen Grün:
de nicht gefeßer: es liefen fich nur unbewegliche Sa⸗
„> Sal i chen
*Churf. Auguſts Confitutiones von 1572, Ilter Theil
25 Conſt. t
** Part. III. concl. 35.
*
33 Einige Proben von dem Einflu
«hen zu Sehne geben, und die Ver außerung der Berg ·
theile ſey durch ſolche Geſetze verboten, die ſonſt nur
die Veraͤußerung unbeweglicher Sachen unterſageten.
So triftige Urſachen * einen ſolchen Kenner und
Befoͤrderer des Bergbaues, wo nicht gar einen Beſitzer
des groͤßten chymiſchen Geheimniſſes, wie Auguſt
war, ſchwerlich bewegt. Wie die Entſcheidung, daß
die Bergtheile zu den unbeweglichen Sachen gehoͤren,
hoͤchſt vernuͤnftig iſt, ſo hat er, wegen des Wieder⸗
wachſens der Metalle, ohnſtreitig mit vollkommener
Einſicht in die Beſchaffenheit feiner Bergwerke geur-
theilet. Daß Metalle von neuem können erzeuget wer⸗
den, iſt aus den Gruͤnden der Naturlehre ſo wenig zu wi⸗
derlegen, ſo ernſtlich es von den erfahrenſten Schriften
von Bergwerksſachen, behauptet wird *, ob dieſe wohl
nicht eben allemal uͤberzeugende Urſachen anfuͤhren;
denn daß z. E. die Stollen mit der Zeit enger werden
follen, kann vielleicht nur von dem Drucke des darauf
liegenden "Berges verurfacher werden, und würde aufs
böchfte nur nach Herrn Leſſers Anmerfung R —*
en,
Lohneis vom Bergwerk, I Th. 18 ©. Roͤßler im Berg⸗
werksſpiegel I Tb. 25 C. u. am. Siehe auch des
Herrn von Leyſer Med. ad Pand. Spec. 106. Med. 6.
. Man fehe auch die von Herrn Sulzern angeführten
Schriftſteller in der Anmerk i. zur 4ten ſcheuchzeriſchen
Bergreiſe, 127 ©. feiner Ausgabe.
** Lithotheol. 108 $. Herr Leffer hatte noch su den Be:
meifen, daß Steine wachſen, Tourneforts Beobach-
tungen feßen Eönnen, der in dem cretenfiichen Laby⸗
rinth die Buchftaben erböbet gefunden, die Reifende
« vor. etlichen hundert Fahren dafelbft zum Andenken in
die Steine gegraben hatten, und in der Höhle von An⸗
tiparod Marmorfteine will gefehen haben, die
,
l
der Naturl iin die Rechtögelehrfamfeit. 39
fen, daß Steine, nicht aber das Metall, wieder wach»
fen. Wenn aber auch diefes richtig wäre, wenn man
auch der merfwürdigen Gefchichte die Mathefius fo.
umftändlich erzählet*, Glauben zuftellen will, fo eve
hellet doch leichte, daß die Metalle nicht da wieder
wachfen fönnen, wo die Gangart, in der fieerzeugee
worden, mit ausgehauen wird, odernur fo viel von ihr,
als zur Bergfefte nöthig ift, ftehen bleib. —
Man kann zu diefer churfürftl. Verordnung noch
eine andere feßen, die ebenfalls die Metalle betrifft.
Wenn das fächfifche Landrecht alle Schäge, dietiefer,
als ein Pflug geht, in der Erde liegen, der landes«
herrlichen Gewalt zueignet**, fo hat der Churfürft
Auguft diefen Ausſpruch nur von Metallen, und niche
von vergrabnen Schaͤtzen, ausgeleget***. Cs läßt
ſich noch darüber ftreiten, ob das Wort Schatz fol«
chergeftalt Eckens von Repgau Sinne gemäß ange ⸗
nommen wird, welches der Herr von Leyſer leug⸗
net+, wie Carpzov gegentheils ++ glaubet, man muͤſ⸗
ſe es von Metallen annehmen, weil gleich darauf
C4 von
liche Baumſtaͤmme vorgeſtellet, und ſo gar die Jahre
gezeiget. Siehe Voyage du Levant Lettre II. p. 79.
und LettreV, p.228. T. I. der lyoniſchen Ausgabe von
1717. auch) die Memoires der Acad. des Sc. 1702: Doch
man weiß wohl, was vom Tournefort geurtheilet wor⸗
den, daß er aus Liche zu den Pflanzen, alles in Pflan⸗
zen verwandelt. | Ka Va
*Sarepta Öffe Predigt. it
**19. 35 Art. Rling fol. CVIL
** II 55, 53 Eonfl.
tMed. ad P. Sp. 442. med. 2. . —*
tt F. I. C. 33. def. 1. In einem Manuſcript iſt dem
Worte argenti noch beygefüget, cum —
von Silber geredet wird. Die BE
ger Ausgabe von 1545* verſteht anfänglich. offenbar
das Wort Schutz von vergrabenem Gelde, fcheint
ſich aber nachgehends zu widerfpredhen, under: deut⸗
ſchen Sprache eine Armuth Schuld zu geben, die ſie
noͤthigte, das Wort Schuß ſtatt Erz zu Brauchen **,
Niemand wird glauben, daß der Verfaſſer diefer
Gloſſe, der die tömifchen Gefege mit den deutfchen
Gewohnheiten fo unglücklich zufammenflicker, feine
Murrerfprache zulänglid) gewußt habe, und daß bie
Deurfchen zu einer Zeit, da die Bergwerke mit fo
viel Eifer und Vortheil gebauet wurden, Fein Wort
gehabt häiten, die Reichthuͤmer, die fie aus der Erde
ausgruben, zu bezeichnen, wenn fich nach Leibnitzens
Berichte ***, felbft die Tuͤrken in den Bergwerken
von Griechenland und klein Aſien deutſcher Woͤrter
bedienen. Auch der große Kenner unſerer Spra⸗
chen, Wachter, weiß nichts von dieſer Bedeutung des
Wortes Schatz, wie er gegentheils bemerket, daß
Aer von Gelde gebrauchet worden, und noch itzo in
den nordiſchen Laͤndern gebrauchet wird f. Dochlin
Wwas
2 bie Särtnerifche Ausgabe vom Banbeeit, bey die⸗
ſem Artikel
* Bey den Worten: allerhand Schat.
> Boy den Worten: Silber magtc. Fudovic hatin ſei⸗
nem Sachfenfpiegel, nur dieſen Theil der Gloſſe mit
Weglaſſung des übrigen angeführet, und daß ich es im
Vorbeygehen erinnere, auf dem Rande faͤlſchlich dru⸗
cken laſſen: Erz mag auch kein Mann haben ſtatt
hauwen ic.
bh Praef. ad Nizol. antibarb, * izte S. der nn Ä
furter Ausg. von 1674. |
+ Gloffar. Germ. his vor.
der Naturl. indies Rei hi -
was für einem Berftande aud) der Berfaffer des nd
ſenſpiegels das Wort Schag genommen hat, fo erhel⸗
fet aus des Ehurfürften Auslegung fo viel Güre, als
Weisheit : aber die legtere Fann nur ein Rechtsges
lehrter erfennen und zeigen, der Begriffe von dem
Bergbaue hat, und weiß, daß einer oder wenige Prir
vatperfonen, ohne den Schuß und die Anordnungdes
Landesherrn, folchen mit geringem Nutzen und oft
zum Schaden des Staates anftellen würden, daßda-
ber das Bergwerf, wie alles, was einen farfen Ein
Fluß in den Zuſtand des ganzen Landes hat, und zu
deſſen gehörigem Gebrauche einzelne Bürger für fich
weder Einficht noch Kräfte genug befigen, dem Lan⸗
desheren zuzueignen iſt, wie folches die Schrift
ftellee von den: Bergregale und am neueften der
Berfaffer von den bergmaͤnniſchen —
den*, ausführlich gezeiget haben,
Selbſt von der Wuͤnſchelruthe haben die Rechts⸗
gelehrten, auch wo Feine Bergwerke find, zu entſchei⸗
den, weil man fich ihrer zu Auffuchung der Gränzen,
oder vergrabenen Gchäße hat bedienen wollen ”*,
Iſt e8 ihnen alfo unnuͤtze zu wiffen, was bey Ken
nern der wahren Pänfif der Soßitien laͤngſt ausge⸗
machet ift, daß die Wuͤnſchelruthe, ſo wenig durch die
Wirkung eines boͤſen Geiſtes, als wie Zeidler
glaubet **, durch, ich weiß nicht, was. für eine Ver⸗
— des menſchlichen Geiſtes, mit, ich weiß nicht
€; was
* u Abhandlung.
** Wernher difp. de finibus per virgulam — —
non inueſtigandis Vit.1734.
*+* Zeidlers Pantomyſterium, oder dag Neue vom So
re,von der Wünfchelruche. 1700,
42. Einige Broben von dem Einflufe
—* einem ‚allgemeinen Weltgeiſte ſchlaͤgt. Von
Herr Kruͤgern wird in ſeiner Geſchichte der Erden,
das Geheimniß deutlich entdecket, und kaun man wohl
noch itzo daran zweifeln, daß diefe Wahrfagung auf
Errathen oder auf Betrug binausläuft ? Leibnitz hat
ſchon an den Magliabechi berichtet*, daß ein. Rus
thengänger.in den Harzgebirgen die Gänge mit vers
bundenen Augen nicht wieder finden Fönnen, die er
zuvor ausgegangen war, und man wird alfo ſchwer⸗
lich die mannsfeldifchen Bergleute für viel unwiſſen⸗
der zu halten haben, weil ihnen, nad) Heren Kieß-
lings Vermelden, der Gebraud) der Wünfchelrurbe
fait unbefannt ift * ‚MWie muß niche Aymar über
die Richter gelachet Haben, Die ihm fo freulich, bey
Aufſuchung der Mörder, nachgefolger find, bis fein
Betrug ift entdecket worben ++, Ein wenig phyſika⸗
liſche Kenntniß wuͤrde ihnen dieſe Muͤhe und dieſe
Schande erfparet haben, Esift wahr, daß auch Leu⸗
te, die Naturforfcher feyn wollten, dieſe Wunderdinge
geglaubet, und fogar aus Der cartefi anifchen Phyſik zu
erftären gefuchet haben t; aber man fiehe leichte, daß
diefes Marurforfiher von der bequemen Art. geme-
fen find, die mehr aus Büchern ‚ eitelen Hirnges
finnften und etwa fpielenden Verſuchen Elug zu
werden gehoffet haben ‚ als aus forgtältiger. und
muͤhſa⸗
* Claror. ——— — ad Magliabech, a Targio-
nio editae, ep. 16. Leibnitii.
*⁊ Nachricht vom Bergbau in ber Grafſchaft Mannsſed⸗
97 Seite.
u, die Breßl. Samml. 1725. $.IV. Cl. 8. Art.
+6; bes Abts Vallemont Phyfi ique osculte.
der Naturl.in die Kechtögelehrfamfeit. 43 |
muͤhſamer Unterfuchung der Natur felbft. Bon diefen
aber habe ic) f hen vorhin meine Gedanfen gefager.
Machen doc) neue Entdeckungen inder Naturlehre
in Geſetzen, die fonft mit gutem Grunde abgefaßet find,
nöthige Veränderungen. Wenn jemand aus einem
Stoffe, der einem andern zugehörig war, mas Neues
‚verfertiget hatte, fo entſteht ein Zweifel, ob ſolches ihm⸗
oder dem Beſitzer der Materie, zuſtaͤndig ſey, über wel:
chen die alten Rechtsgelehrren lange geftritten haben *
Juſtinian hat die Entſcheidung gemachet, wenn das
verfertigte in die vorige rohe Materie wieder koͤnne ver⸗
wandelt werden, ſolle der Herr der Materie, im ans
dern Falle der Verfertiger, den Vorzug haben **, und
wenn zwo Materien, deren jede einem andern Herrn
gehöret hatte, fo mit einander vermenget wären, daß fie
nicht wieder fönnten gefchieden werden, hat er fie für
gemeinfchaftlich erkläre. Er bedienet fich dazu des
Erempels von vermengtem Gold und Silber, welches
er eledtrum nennt ***, Dabeutzu Tage diefe beyden
Metalle fönnen von einander gefchieden werden, fo ift
leicht zu ſehen, daß die Gemeinfchaft fo wenig ftatt hat,
als fie nad) Ulpians Ausfpruche r bey dem vermengten
Silber und Bley ftatt finder, welches ſchon die Römer
zufcheiden wußten. Wird es alfo einem Rechtsgelehr⸗
ten zum Berftande folcher Gefege undienlidy feyn, von
den — die a zu ſcheiden, Degeifle zu haben,
zu
*S. des a Kr Mafcon Schrift, de Sedtis Sabin. er
‘ Procul. IX @ap. 27 $.
**, 25. deR.D.
*** 6,27. ib. Vom Ele&tro hat Salmuth, ad Panciroll,
, FE RR tit. 33, viel zufammen gefchrieben.
re. |
zu wiflen, in was as Glen auch die fonf gewößni |
chen Mittel nicht angehen*, und beurtheilen zu fon
nen, ob dasjenige, was Huber ** bey diefer Rechts⸗
frage,aus dem Giphanius angefuͤhret hat, ——
tigkeit habe?
ESolite man wohl glauben, daß ſelbſt das Goldma⸗
chen zu Unterſuchungen Anlaß geben koͤnne, darüber die
Rechtsgelehrten gefraget werden ?Wenn die Geſchich⸗
te Glauben verdienet, die in einer gewiſſen Samm⸗
Jung von Rechtsfprüchen erzählet wird ***, fo müßte
es Leute geben, Die was mehreres thun, als wie Boer⸗
have von den alten Schriftſtellern von der Goldma⸗
cherkunſt vermuthet, wahrſcheinliche Folgerungen aus
ihren Erfahrungen für Erfahrungen auszugebent.
Ein vornehmes Srauenzimmer ſoll das Gluͤck ges
habt haben, daß ein Unbekannter ihr alles Silber:
werf in Gold verwandelt hat, und da ihr Mann
nachgehends fi bey ſolchem den Nießgebraud), oder
gar das Eigenthum anmaßen wollen, hat ihm der leip⸗
ziger Schoͤppenſtuhl ſolches abgeſprochen.
Die Exempel, die id) von dem Gebrauche der Natur⸗
lehre in den Rechten angefuͤhret habe, ſind meiſtens aus
dem Mineralreiche hergenommen geweſen. Wie ſich
dieſer ihre Anzahl vermehren ließe, ſo koͤnnte ich auch
aus andern Theilen der Naturforfchung Proben an:
führen, ohne mich dabey einiger andern Schriften,
die mit gei genmärtiger einerley Gegenftand haben, zu
bedienen, fo wenig, alsich mic) derfelben itzo "ie
ade,
*Kramers Probierfunft I I 518 $. b
*æ* Prael, iur. ciu. ad Tit. I. de R. D.
*** Putonei enunciata et — lia iuris XV St. Rn 92.
Man fehe auch Kundimanng rariora nat. etart. S.IL. a.33.
4 Boerh. Chym. T.L fub fin. art. de vülit. Chym, p. 108.
der leip. Ausg.
der Naturl. in die Rechtsgelehrſamkeit. 45
habe“. Vielleicht kann diefes ein andermal gefihe«
hen, doch die angemerften Beyſpiele werden fchon zu«
länglic) feyn, den Rechtsbefliffenen, die in ihrer Haupt⸗
wiffenfchaft fo ſchrecklich viel zu thun finden, daß fie
‚auf andere Dinge, die ihrem wohlbedächtigen Aus«
fpruche nad), Fein Brodt bringen, gar Feine Zeit wen
den dürfen, einige Erinnerungen zu geben. Diefe
Herren dürfen eben nicht denken, daß ich die Phyſik
als eine Magd der Nechtsgelehrfamfeit ihnen anprei«
ſen will, wie man vorzeiten die Philofophie, in Abſicht
auf die Gottesgelahrtheit, betrachtet hat. Sie hat ih⸗
ren eigenen- Werth, und ohne die Kenntniß und den
Gebrauch der irdifchen Güter, die fie ung lehret, wuͤr⸗
den wir auch der Vorfchriften der Rechte nicht nöthig
haben, von diefen Öütern jedem das Seinige iageben
Aber, fchilt man diejenigen Stümper in der Rechts⸗
‚gelehrfamfeit, die von den römifchen Gefchichten und
Alterthuͤmern nichts wiſſen, und daraus die eingefuͤhr⸗
ten fremden Rechte, von denen fo ein großer Theil un:
brauchbar ift, nicht erflären koͤnnen: was follman von
Denen fagen, die aus Unwiſſenheit der Naturlehre nicht
‚ vermögend find, den größten und nüßlichften Theil von
den Gefegen ihres Vaterlandes zu verfiehen?
a: A. ©. Röftner, P.P.E.
Birnbaums Difp. de infigni phyfices in iuris prudentia
tilitate, iſt 1721 zu Leipzig gehalten. Die ohne Benen-
nung des Orts und Jahres zufammen herausgegebene
Specimina iuris- audtore Gotofr. Guil. Leibnitzio ent» .
halten, außer den beyden. Abhandlungen, de cafibus per-
plexis und dem Specimine demonftrationum in do-
ctrina de conditionibus, auch ein Specimen encyclo-
paediae in iure f. quaeftiones philofophicas amoenio-
. zes ex iure fele&tas, mo die zte biß zur ııten Frage
aus der Naturlehre genommen find. iR
N
46 Bon denn Urſprunge einer Linie 2
er
us Gedanken I
zur Erläuterung des geometriſchen
—— |
von dem Urfpeunge: cine
ki; 0 aus, Der
dei Bewegung eines a
Ms‘
ein,
— 01 man fi hi in der sel, vorfteile, es
entſtehe aus ber Bewegung eines Punctes
X eine tinie, ift befannt, und man weiß auch,
wie.auf eine ähnliche. Art der Urſprung der Flächen
‚und Körper erfläretwird. Sc glaube, es wird meh⸗
rern fo gegangen ‚feyn, wie mir, da diefe S Sachen mir
zuerſt vorgetragen wurden. Es ſchien mir naͤmlich
daraus augenſcheinlich zu folgen, eine. £inie en aus
— Die Linie
—— ke DE M en,
AZ dachte ich, enefteht, indem ſich der Punet A von
"A nach; Z bewegt, und überall Merfmaale oder
Spuren hinter fi) läßt : mas kann fie alfo anders
ſeyn, als die Summe aller dieſer Merkmaale, d. i.
die Summe aller dene ' die, * For Bi
nn
f
aus der Bewegung eines Punctes. 47
Wenn der Punct aus A in B,;ausB in C, aus C
in D u. f. w. koͤmmt, und überall folche Merfmaale
nach ſich läßt, kann man nicht fagen, daß A, B. C
u. f. w. nebſt allen zwiſchen ihnen enthaltenen Spu⸗
ven des Punctes, der ſich beweget hat, d.i. nebft ale
fen zwifchen ihnen enthaltenen; Puncten, —
| genommen, die ange Ad. auemachen⸗ ER BR
en pro
en Gleihwohl die Marhemarierftinigen
wider die Zufammenfegung einer Linie aus Punctens
Es verlohnet fich vielleicht der. Mühe, diefe Schwie—
tigkeit. zu erläutern ; ‚wollteich glauben, es ſey nur für
mich eine wegen meiner ſchwachen Einficht gemwefen,
fo finde ich doch, daß Leute, deren Scharfſi nnigkeit
ich nicht gering zu ſchaͤtzen Urſache habe, in dieſer Be⸗
faachtung, nicht nur eine Schwierigkeit, fondern wohl
einen Beweis, ybıh die 28 an Ale beſtehe, zu
— glauben: J
7 "Die. Begriffe, von ‚den. WERNE PR Größen: zu
erhalten, fange: ich nicht von. Puncten, fondern, auf
dem andern Ende, von Körpernan. Ich nehme an,
daß ein Körper vorhand , beflen Theile alle zu»
fanmenbängen, fo, dapıı er aufhöret, gleich der
andereanfängt: Diefes ift-das, was man Continuum
nennt. Diefer Körper geht nicht ohne Ende fort;
er hat feine Graͤnzen, und dieſe Gränzen heiße ich
Flaͤchen. Die Fläche ift da, wo der Körper aufjöret,
und alfo fein Theil vom Körper, denn mo noch ein
Theil vom Körper vorhanden ift, da höret er niche
auf, Wo Flächen aufhören, find Linien, und mo Li⸗
' nien aufhören, Puncte. Sch ftelle mir alfo den Punet
nicht
—* Fa aaa nn u ö
Arab Ay A er 4. 4 vr
diPr.-PITIIPT
nicht als etwas für ſich beſtehendes dor, "das vorhan.
den ift, ehe die Linie, Fläche und Körper da find.
Wer fich die Sache fo einbildet „ der feßt fich vielen
Einwürfen aus. Leute, die fich untheilbare Wefen
nicht vorftellen Fönnen, halten den marhematifchen
Punct alsdenn fuͤr nichts, und ich wollte darauf wet⸗
ten, daß die meiſten, denen die Sache auf dieſe Art
vorgetragen wird, ſich den Punct als ein klein rund
Tuͤpfelchen vorſtellen. Ich gegentheils bin verſichert,
daß Puncte vorhanden ſind, wofern eine ſtetige Aus⸗
dehnung (extenſio continua) vorhanden iſt, die ihre
Graͤnzen hat; denn dieſe Graͤnzen muͤſſen ſich endlich
in Puncte verlierenn mar 9 Ar
Ich ſtelle mir alſo die Linie AZ’ als vorhanden
vor; wo fie aufhoͤret, da giebt es Puncte; fie kann
— Set
aber nicht nur in A und Z’aufhören; als eine ſtetige
Größe, kann fie ſich uͤberall zwiſchen A und Zen“
digen; ich mill feßen, fie höret in der Mitte, in M
diıf. &o giebt es in M einen Punet, fie kann mit
eben fo viel Nechte in D, in C u fr w. aufhören 7
überall Puncte in der fi
Z, das iſt, ich Habedas,
uͤberall wird es ihr geben. Ich habe alſo
was ich haben wuͤrde, J |
(weil alle Puncte einander ähnlich find) nad) und
nad) in B, C, D,M, u. ſ. w. vorſtellete: und das
ift die Art, wie man darauffümmt, die Erzeugung ei⸗
ner $inie vermittelft eines bewegten Pünctes zu erkläs
ten. Man Fann fich überallinder Linie Puncte vor«
ftellen ; das ift, man kann ſich überall in ihr einen
Punct, der nad) und nad) bald da,'bald dort iſt, vor⸗
ftellen, oder, einen Punct, der a
Hi \ - Aber
‚ich mie den Punct Ay
u
aus der Bewegung eines Punctes. 49
Aber in dem Schluſſe ſehe ich Feine Folge : es giebt
überall Puncte in der Linie, daher beſteht fie aus
Duncten. Denn fein Börderfaß heiße fo viel, alss
‚Die Linie kann aufhören, wo man will; folger aber
daraus ; fie befteht aus den Gränzen, an 5
” aufhören? —
Wenn man ſich vorſtellet, der Punct A,
ch aus A nach Z zu, fo wird man ſich allezeit feine
on ‚Stationen, wenn ich fo reden: darf, B.
u. ſ. m. in gewiffen Entiernungen von einander
vorſtellen. Man begreift allemal, daß zwi chen A
und B Oerter find, durch welche der Punct durchge⸗
gangen iſt, ehe er aus A in B fam, und eben fo,
himmt man die folgende Spur Cnie fo.an, daßder
unct unmittelbar aus B in C fäme, fondern man
fieht allezeit, daß er nad) feinem Ausgange aus B
noch an andern von C unterfchiedenen Oertern geve
fen, ehe er in dieſen gekommen ift, Die Linie AZ
befteht alfo nicht aus den Puncten A,B,C u.f. m
ſondern aus ihren. Zwiſchenweiten AB, BC, uf,
0 folhe Stationen, wie D und M z. E. ſo an⸗
daß zwifchen ihnen feine andere feyn koͤnn⸗
te, das hieße nur eine annehmen, die man mit zweyen
verſchiedenen Namen belegete; alle Mathematik ·
berſtaͤndige werden alsdenn ſagen, daß die Puncte
D und M zufammengehen, daft fie nur. ein Punct
gi, daß AM fo lang ift, als AD, und der Punct
A, wenn er Bis in M iſt, nicht weiter gekommen
iſt, als wie er in D war, feigtic) fich nicht bewegt
| bat, 23 A
| See Re Aber,
50 Bon dem Urſprunge einer Linie,
Aber, wie Fann der Punct aus D inM, das
von D entfernet iſt, fommen, ohne durch einen Ort,
der dem. D am naͤchſten war, gegangen zu ſeyn?
Wie kann er in Dexter fommen, die von-D durch
Dazwifchen liegende Stellen abgefondert find, ohne ei»
ne Stelle eingenommen zu haben, die von D durch
Feine dazwiſchenliegende abgefondert wurde ? Eine
ſolche Frage feger zum Voraus, daß es dergleichen
Stelle in der Linie DM gebe, das ift, (weil die
Stelle eines Punctes auch ein Punct ift,) daß es in
DM einen Punct gebe, der dem Puncte D fo nahe
ſey, daß zwifchen ihm und D fein anderer Punct
feyn Eönne, und doch von ihm unterfchieden ſey:
Eine ſolche Nachbarfchaft der Puncte erfennet die
Geometrie nicht. Man heiße diefen Punct, der fo .
nahe bey Diſt, E. Er wird alfo die Gränze von einem
Stuͤcke AE der !inie AZ feyn, wie D foldhes von
AD ift: Das, mas von ihm vorausgefeget wird,
zeiget, daß AE und AD gleich lang find, fonft gaͤ⸗
be ihr Unterfchied DE eine Entfernung zwifchen D
und E. Sind AD und AE gleich lang, fo hören
- beyde an einem, Orte auf „d. i. Dumd E find nur
ein Punct, da D der Ort, wo AD, und E der
Ort ift, wo AE aufhöret. Die Frage fegt alfo was
zum Boraus, Das der Natur der geometrifchen Linie
widerfpricht, und es ift befannt, daß man eine Fra⸗
ge auf ziveyerley Art auflöfen fann, wenn man fie
wirklich beantwortet, und wenn man zeiget ‚ daß fie
J
was Widerſprechendes vorausſetze. BR
Ueberhaupt fofgere ich hieraus, daß es nicht
wohlgethan ift, beym Vortrage der age
M a
aus der Bewegung eines Punctes. 51
Begriffe, von den Puncten anzufangen, aus deren
Bewegung Linien, aus- diefer Bewegung Flächen,
u. fi w. zu erzeugen. Dieſes qiebt Gelegenheit, daß
man ſich die Puncte als Subſtanzen vorſtellet, die
eher, als das übrige, vorhanden find, undses iſt na⸗
türlich, daß man achgebends darauf verfällt, dag’
übrige aus ihnen zuſammenzuſetzen. Sie find nichts,
als die legten Gränzen ver Körper, und werden:
alfo nicht vorhanden feyn, wenn die Körper nicht vor«
handen find. Kine Linie entfteht von einem bewege
ten Puncte ; diefes ift ein Ausdruf, der etwas
richtiges zum Örunde hat, aber der leicht zu irrigen
Gedanfen Anlaß geben fann, wenn man ihn nicht
9— die Art erklaͤret, wie ich gethan habe, .
Noch eine Betrachtung wird zeigen, daß man
ſi ich allezeit die Linie, welche ein Punct beſchreiben
ſoll, eher vorſtellet, als die Bewegung dieſes Punctes
wirklich geſchieht. Wenn ich mir den Punct A
ganz allein einbilde, fo kann ich ihm feine Bewegung
zufchreiben, ohne zugleich an eine gewiſſe Richtung
zu gedenfen, nad) welcher fie gehe : diefe Richtung
aber ift eben die Linie, die er befchreiben foll, Ehe
ich alfo den Punct aus feiner erſten Stelle fortrücken
laſſe, ftelle ich mir ſchon die Linie vor, die feine Bee
wegung erzeugen foll: Der Begriff dieſer Linie iſt
eher, als der Begriff von feiner Bewegung: der
Danct. erzeuget die Linie nicht, er wandert auf einer
$inie fort, die ich ihm fehon in Gedanken vorgefchriee
ben hatte, und man weiß, daß in der Geometrie das
vorhanden ift, was man fich nur in Gedanfen vors
ſtellen darf.
tv D 2 Sof
2 Bon dem Urſprung einer Linie.
- Soll id) wohl diefen, kurzen Auffag durch eine
weitläuftige Entfchuldigung verlängern, daß ich et-
was abgehandelt habe, welches zuden erften Begrif⸗
fen der Geometrie gehöret ? Lehret nicht die Erfah.
rung, daß man aus einer Iehrbegiegigen Ungeduld oft
weiter geht, ehe man diefe —— zulaͤnglich uͤber⸗
dacht hat, und aus Mangel einer deutlichen und volle
ftändigen Erkenntniß derfelben, auf Säge geraͤth,
die nicht vollfommen richtig, oder wohl
| gar falſch find? |
A. ©. Raͤſtner.
* —
tt,
u er
%
le
BR.
BEHT.
}
a Et}
IV. Anlei⸗
nun u 5 PP A 53
BR. ** Ka
2 ne f
ur eogtekring a
zur e Mactjpenderang,
nah
isn Anfangsgruͤnden und — —
kuͤrzlich entworfen.
Drehen, 1749, 410, 2 Alphab. 15 Bog. 1 Bogen Kupfer⸗
tafeln, und ı Alphab. Tafeln, fo un den RAN
„berrechnungen siehören.
I
SE Aer Herr SR von Dppel, als
Verfaſſer gegenwaͤrtigen Werkes, hat ſei⸗
) ne Stärfe in der Mathematik ſchon durch
die 1745 berausgefommene Analyfın Triangulorum
gewiefen. Es befteht außer einem Borberichte, der
von der Meßfunft überhaupt redet, daraus den Be⸗
griff einer unterirdifchen Meßkunſt Herleitet, und den
Nusen devfelben zeiger, aus zweyen Abfchnitten. Dee
erite enthält Die Anfangsgründe der Rechen: und
Mepfunft überhaupt, in fofern folhe beym Marke
fcheiden zum Voraus gefeßet werden; wo der Here
Verfaſſer zwar nicht die allerbefannteften Beariffevon
den Zahlen ausführet,aber dod) die Decimal:Duadrat«
feigonometrifche Rechnung u. d. g. zum Gebrauche
der Marficheider abhandelt, und eben fo von dee
Geometrie fo viel erwähner, alsdie Gründe des Marke
4 Anleitung
ſcheidens eiazuſehen noͤthig iſt. Man darf nicht
glauben, als ob viefes ſogar wenig fey ; denn wer
nur weiß, was ein Gang ift, wird leicht einſehen, daß
Begriffe von dem Streichen und Fallen der Gaͤnge zu
geben, die Lehre von der Lage der Flaͤche aus der Geo⸗
metrie der. Koͤrper erfordert wird. Eben hi raus et=
heller, daß die fphärifche Trigonomerrie,als vermittelft
der, was zu den Lagen der Flächen —— kann be⸗
rechnet werden, in der Markſcheidekunſt Nutzen ha⸗
ben kann, ob der Herr Verfaſſer wohl den Vorwurf
zugroßer Subtilitätenzu vermeiden, folches nur kuͤrz⸗
lich anführee. Wie der Herr von Oppel bey diefem
Vortrage nicht für dienlich, befunden hat, Anfangs»
‚gründe der Geometrie abzufchreiben, fo ſind nur die
nöthigen Lehrfäße und Aufgaben ohne Beweis er-
zaͤhlet, aber doch dergeftalt geordnet, » ‚daß man den
Zufammenhang wiſchen ihnen einigermaßen uͤberſe⸗
hen kann. Wir merken aus diefer Abhandlung zivey-
tem Hauptftüce, vom Maaße der Linien, nur die:
‚Größe des Sängenmaaßes, deffen fich Die Markfcheir
der unter dem Namen eines $achters bedienen, an,
Es foll in Freyberg, nach den Churſaͤchſiſ. Bergord-
nungen, 35 freybergifche Elle halten, und wird nad)
genauer Vergleichung 6 Schub, 3 Zoll, 10% Linien
rheinl. Maafes befunden, daß es ſich alfo zum rhein⸗
laͤndiſchen Schuh, wie 3643: 576 und zum pariſer,
wie 87997: 14400 verhält; und daher ohngefaͤhr
103 rheinl. $inien länger ift, als es Voigtel auf der
ı ©. feiner Mar£fcheidekunft angegeben.
Der zweyte Abfchnitt lehret die Ausübung der
Marffcheidefunft, und. befchreibt im erften Haupt:
ſtuͤcke die Bertzeuge der Markſcheider, nebft deren
ein«
zur Markſcheidekunſt. 55
einfachftem Gebrauche. Man finder hier ſowohl die
gewöhnlichen beſchrieben und in Kupfer vorgeſtellet,
als auch einige mit guter Einſicht gemachte Erinne⸗
rungen, wegen des Gebrauchs und der Verbeſſerung
derſelben. Insbeſondere giebt der Hr. Verfaſſer im
488 u. f. $. ein Paar beſondere Arten von Eiſenſchei⸗
ben an, deren Vorrheileer ausführlich zeiget. Es ift
zwar bey denfelben eine Doppelte trigonomerrifche Bes
rechnung nötbig, aber dieſe Mühe wird dadurd) ers
ſetzet, daß bey dem Gebrauche Diefer Eifenfcheiben
nicht erfordert wird, ihre ganze Släche föhlig aufzue
fegen, und man weiß, mie viel Diefes fagen will, wenn
es mit der gehörigen Nichtigkeit geſchehen foll, Daher
es beffer ift, fich etwas ſchwerere Berechnungen ges
fallen zu laſſen, als ſich der Gefahr auszufeßen, daß
in der a Hinderniffe die Ausmeflung
unrichtig Der Herr Verfaſſer bemerket an
eben dieſem Orte, daß die Eiſenſcheibe auch in ans
dern Bergwerken, als in folchen Fünnte gebraucht
werden, io des Eifens wegen der Compaß nicht zu
brauchen ift ; es würde aber jolches deswegen nicht
rathſam feyn, weil die geringfte Syrrung, die bey An«
nehmung eines einigen Winfels mit der Eifenfcheibe
begangen worden, bey allen übrigen Linien fortgefuͤh⸗
vet wird, daß Diefelben alle, ſowohl in Anfehung der
vorhergehenden, als der Weltgegenden, eine faliche
Sage befommen ; wenn man bey Abnehmung einer
Stunde mit dem Compaß irret, ſo erſtrecket ſich der
Fehler nicht weiter, als auf dieſe Linie, und alle uͤbri⸗
gen erhalten unter ſich und gegen die Weltgegenden
ihre gehoͤrige Lage. Wegen der Abweichung des Com⸗
paſſes aber lehret der Herr Verfaſſer aus der Aftro-
D4 nomie
56 Anleitung
nomie die Mittagslinie finden, und wuͤnſchet, daß die | A
Markfcheider hierauf Acht geben Ba |
In dem ʒweyten Hauptſtůͤcke handel der H
Verfaſ er von dem Streichen und Falle der Kl fte und
Gange. Er trägt darinn einen befondern Gedanken,
über den Urfprung diefer in. der Erde entftandenen, |
und zum Theil ange üllten Ritze vor, ob er wohl von
folchen, weil er eigentlich nicht bieher gehöre, nur
was ſehr weniges ſaget. Wenn man al Thon«
oder eine andere Erde in einen Klumpen zufammen«
drückt, und in einen folchen Grad der Hitze Bi
welche
* Der Strand des — wird noch * cherer
gleich auf einander folgenden Tag eicht. Mei
findet Erfahrungen, wider die fich fchwerlich was ein⸗
‚wenden laßt, in der IVten Abhandlung der 1748 zu
Schneeberg heraußgefommenen bergmaͤnniſchen es
benftunden, und in Herrn Krafts meteorologifchen
Hoferpationen im 1746ffen Jahre der Memoires de
Berlin, 255 8. mo noch mehr Naturforfcher, die eben
dergleichen beobachtet haben, angeführet werden. Man
ſetze hinzu, daß die Nadel ihre Richtung verändert,
mern das Glas elektrifch wird. 6. des Magaz. 32.
3St. 6 Art. Sollte wohl die Abwechſelung ber
Warme und Kälte zu verftbiedenen Zeiten des Tages
AR Veraͤnderungen verurfachen ? Herr Ellied Bes
J9— (S. dieſes St. des Magazins) ı7te ©.)
einen folchen Gedanken veranlaffen. Da be-
A, iſt, daß die Erhisung des Eiſens, und das
Feuer, in die anziehende magnetiſche Kraft viel Ein:
fluß haben, fo waren leicht Verſuche auszudenken, wie
m etwa in Die —— Nichtumg wirketen.
zur Markſcheidekunſt. 57
welche ihn jaͤhling austrocknetſo ſpringt er auf
und befümmt Ritze, welche von der Oberfläche des
Klumpens nad) den Innern Theilen deſſelben zuge
ben, und einander ohngefaͤhr eben fo durchlaufen, wie
die Klüfte und Gange des großen Erdkoͤrpers. Er giebt
diefes als einen noch fehr rohen Gedanfen an, und
überläß: es den Liebhabern der wbiltenifchen Lehren’ zit
unterfucben, wie meit- ein: ſolches geſchwindes Aus⸗
trocknen dev Erde mit dem angenommenen Saße zu
vereinigen ſey, daß die Erde zu Anfange der moſai⸗
fhen Schöpfung «in in fein Chaos verwickelter Ko⸗
met gemwefen. Dieſes gande Eapirel iſt nicht nur fuͤr
diejenigen, die fich Begriffe vom Bergbane machen
wollen ‚-fondern für alle Liebhaber der wahren und
nuͤtzlichen Naturlehre ſehr lehrreich, und vielleicht
Fünnten manche eingebildete Naturforſcher vieles dar⸗
aus lernen, die von der Sündflurh, dem Urfprunge
der Bergen. f. w. ein Haufen aus Büchern herzuſa⸗
gen willen, ohne weitere Begriffe von der Beſchaf⸗
fenheit der Gebirge oder des Innern der Erde zu ha-
ben, als daß fie wiſſen, was für Schichfen verfchie-
dener Materie, bey Grabung eines Brunnens, vor
300 Fahren nach) einander gefolger haben, weil ih⸗
nen der Herr Baron Wolf foiches aus dem Bas
renius angeführet bat. Der Herr Verfaſſer ſchließt
diefe Abhandlung mit einer Anmerfung, die mehr
den betrachtenden Verſtand ergoͤtzet, als beym
Bergbaue Mugen bringe. Wenn man fich einen’
Gang einbildet, der ſich nirgend abfchneidet, be⸗
ftandig und überalf in einerley Stunde fortftreicht, in.
ewige Teufe feßt, und von einem jeden auf ihm ans
genommenen Punctean, ig Grad des Fallens,
5 in
3 enge
in einer je * unter dieſem Puncte genommenen Teu⸗
fe unveränderlich behält, ſo fälle diefer Gang: in
der logarithmifchen, Spirallinie und. ſtreicht in der
loxodromiſchen Linie zu Tage aus, Wie Deo
den ift, hat der Herr Berfaffer nicht gewiefen, und
es wäre folches auch feiner Abfiche nicht gemäß gewe⸗
‚fen, da es genung ift, Kennen der böbenn Mathema ·
tik ſolches angezeiget zu haben.
Das dritte Hauptſtuͤck redet. ‚von der Verrich⸗ |
tung ‚und Einfchreibung der Züge; ; das vierte von
derfelben Berechnung und Zulage, und das fünfte
von den Anmwendungender Morffcheidefunft, nach be»
fondern Abfichten auf den ‘Bergbau, Hier find vie
le Aufgaben, die eine gemeinfchaftliche Abficht und
Auflöfung haben, zufammengezogen, ob. fie gleich ins⸗
gemein von, den Marffcheidern.als ſo vielerley ver-
ſchiedene Saͤtze gelehret werden ; fie haben Dadurch oͤf ·
ters ein mehr geometrifches Anfehen, und einen fol«
chen Bortrag erhalten, vermittelft deflen man febefier
überfiehet und ihren Zufammenbang begreift.
Die bengefügten Tafeln enthalten die ——
men für ı bis 20 000, imgleichen die Sinus und:
Tangenten der Zirkelbogen, da der Sinus totus we·
gen bequemern Gebrauchs beym tachtermaafe 80 000
angenommen iſt, die Sogarithmen biefer Linien aber
find, wie gewöhnlich, gelaffen worden, und endlich
Tafeln der Soblen und Seigerteufen in oo Teilen
eines Zolles für die Grade der Donfegen von 5 zu
5 Minuten, Ä
Aus Büchern, welche die Anfangsgrünbe: von.
Wiſſenſchaften und "Rünften vortragen, iſt überhaupt
Auszüge zu machen, theils unmöglich, theils um:
Wu
zur ſcheidekunſt. 59
Bey einem Werke, wie gegenwaͤrtiges ins beſondere,
geht ſolches noch weniger an, weil beſtaͤndig Begrif⸗
fe zum Voraus geſetzet, und Redensarten gebrauchet
werden muͤſſen, die dem meiſten Theile anderer Leſer
unbekannt ſind. Nur kann man doch allezeit kurz
anzeigen, was der Verfaſſer eines ſolchen Werks fuͤr
Abſichten gehabt, und wie er ſie ausgefuͤhret habe.
Hier koͤmmt es außer einigen ſchon angezeigten befon»
dern Gedanken, auf einen deutlichen und gründlichen
Vortrag der Markfheidefunft und der Damit verbun-
denen Bergwerkswiſſenſchaften an, Diefes ift von
dem Heren Berfaffer in einer ſolchen Vollkommen⸗
beit gefchehen, daß ihm nicht nur diejenigen dafür
danken müffen, welche ihrer Pflicht wegen, oder we⸗
gen der Lebensart, zu der ſie ſich beſtimmen, ſich um
Bergwerks ſachen bekuͤmmern muͤſſen; ſondern daß
ſich auch ſehr viele andere aus ſeinem Werke mit Ver⸗
gnuͤgen unterrichten koͤnnen, die nur aus einer ver⸗
nuͤnftigen Neugier, ſich von einem ſo wichtigen Theile
der Naturlehre, und einer Sache, die in das Wohl
der Staaten ſo vielen Einfluß hat, als der Bergbau
ift, einige Kenntniß erwerben wollen. Es wäre zu
wuͤnſchen, daß man die übrigen Theile der Berg:
werferpiifenichaften mit eben fo viel Ordnung
am 39 Qufpmumenbange abgehandelt
hätte,
A. G. R.
a
BORD
V. Be
6 Beſchreibung zwoer Höhlen
ee >
Seifen woer oihen I
von ER
wunderbarer Sefthaffenfeit
„Deren die eine voll Eis iſt,
. die andere
ai: Daͤmpfe von ſich giebt,
| andie 8, Londenſche Geſellſch. KR
im * ——
— re
Matthias Bel, aus Ungarn uͤberſandt.
Aus dem Lareinifchen in den Phil. Tranſ 452 R 3 eh
| befindlichen Auffage überfegt. '
in Cap.
Von der Eishohle bey Sei. |
(Fr Am Fuße des carpathifchen Gebirges liegt eis
Y Yy ne Graffdaft, die ihren Mamen vom
9 Scloße Thorna führe. Sie hat einen
engen Bezirk, und ift voller Berge, die aber nach
Art des carpathifcyen Gebirges durch verfchiedene
Naturwunder merkwuͤrdig werden. Man kann dar:
unter einen Berg zählen, der fich zwiſchen den Fle⸗
m» cken
vor wunderbarer 2 Beſchaffenheit. 61
gen Scelicze und Borfua erhebet, und zwar nicht
größer, als Die andern ift, aber eine Beondege Öeftalt
hat, ‚die ich igo befchreiben will,
U. Die HöHle heißt von dem. dabey fiegenden Fler
en, die fjelicifche. Die Gegend ift wegen der Hügel
und Wälder unfruchebar ‚die Luft raub und falt;
ſtarke und faft beftändige Südwinde, die von dem be⸗
ſchneyten und hoben carpathifchen Gebirge von Mit:
ternacht her zucüickgetrieben werden, machen fie aus.
der maßen unfreundlich, daß ſie auch, wenn es ſonſt
| in der ganzen übrigen Sandfchaft fehr warm wird, für
Mauͤcken und Fliegen zu kalt bleibt. In dem Bezirke
dieſes Fleckens, öffnet ſich Die Hoͤhle, von der ich reden
will, mit einer weiten und nach Suͤden gekehrten
Kluft. Denn diefe Deffnung ift XVIII Klaftern
(orgyias) hoch und VIII breit, und folglich weit genung
die Suͤdwinde aufzufangen, und in fich zu laſſen. Ih—
Nre unterirdifchen und felfichten Gänge erftrecfen fich
nad) Mittag, weiter als jemand unterfucher bat.
III. Das Wunderbare bey der Höhle iſt, daß,
wenn außen der ftrengfte Winter wüther, inwendig die
Luft lau, und gegentheils nicht nur froftig, fonbern
eisfale ift, wenn die Sonne am heißeften brennt.: So
bald der Schnee bey hereintretendem Fruͤhlinge zer-
ſchmelzt, ſchwitzet aus der innerſten Woͤlbung der
Hoͤhle, wo ihre aͤußere Fläche der Mittagsfonne aus:
geſetzet iſt, ein lauteres Waſſer, das hier und dar her⸗
abtroͤpfelt; dieſes verwandelt ſich, vermittelſt der in⸗
wendigen Kälte i in Eis, davon ‚Zapfen ſo dicke, wie
große Faͤſſer herabhängen, und fich in Aefte ausbreis
. ten, und feltfame Geftalten bilden : auch das Waſſer,
N von den * auf die ea Erde herabtroͤ⸗
| J pfelt,
; - ] : h EM Ds Ä
62 Beſchreibung zwoer Höhlen
pfele, gefriere unglaublich gefchwinde : So ſind nicht
nur die obern Gewoͤlbe, die von der Natur aus einem
feſten Felſen beſtehen, fondern aud) der Boden der
Höhle, mie häufigem und glänzendem Eife bedecket.
Man follte glauben, die ganze Höhle fey mit Cryſtal
len bekleidet, ſo glaͤnzet das Eis in ihr.
IV. Ein fo ſeltener Anblick ruͤhret die Sineinttes
tenden deftomehr, je weiter fich die Höhle ausbreicet,
und je tiefer fie fich fenfet, Go meitmanindie Höh- 4
fe kommen kann, iſt fie so Klaftern tief und 26 breit,
die Hoͤhen der verſchiedenen Abtheilungen ſind, wegen
der ungleichen Felſenbogen, nicht von einer Groͤße.
Was ſich tiefer ſenket, iſt wegen der jaͤhen Kluft nicht
unterſuchet worden, denn es hat ſich niemand in das
innere der Höhle, wegen des Glatteifes machen
wollen; auch die den ſchon unterfuchten Theil befichtigen
wollen, müffen fich mit vieler Arbeit ausgehauener
Stufen bedienen. Einige wollten das Innere der
Höhle mit einem Senebleye unterfuchen, aber verge«
bens, weil fie nicht wie ein Brunnen, fenfrecht, fon» ⸗
dern in vielen Kruͤmmungen hinabgeht: Diejenigen |
haben noch mehr gelernet, die ftarf geladenes Schieß-
gewehr hinein losgebrannt haben; denn da der Knall
viele Minuten lang, bald hier, bald da entfeglich wies
der gefchaller hat, fo haben fie daraus gefehen, daß ſich
die Höhle weit in die Tiefe ausbreite, und nach allen
Seiten foreftreichende Gänge habe.
V. Nur im Sommer ift die Höhle voll Eis, und
welches noch mehr zu bewundern ift, je ftärfer die
Sonnenhige wird, jemehr wird das Eis. "Mit ans
gehenden‘ Frühlinge höret die Luft auf, wie fie den
Winter über gemefen war, Tau zu feyn, und je weiteres:
in den en druͤblins bineintömm, je heftiger wird die.
| Kälte,
von wunderbarer Beſchaffenheit. 63
Räte, wie immer. zinimmt, je heißer es außen wird,
In dem heißeften Sommer, undinden Hundstagen,
iſt inwendig alles voll Eis: alsdenn gefriert das her⸗
abtröpflende Waſſer fo fchnell, daß, mo heute ſchwache |
Zapfenhiengen, ven Tag darauf ftarfe Klumpen, wie
Fäffer, oder den Abfturz drohende Selfenftücken, be«
findlich find. Hier unddar,wo das Wafler anden Sei⸗
tender Höhle herabfließt, ſiehet man ſeltſame Ueberzuͤ⸗
ge von Eisrinden, die wie nach der Kunſt, als Tapeten
gemachet, ſcheinen; das übrige Eis hängt nach eben
der Verhaͤltniß unter fich zufammen, wie das Wetter
außen abmwechfelt. Denn wenn die Hitze lange an⸗
haltend und heftig iſt, fo befindet fich mehr Eis an
den Zapfen, und am Boden der Höhle ; wird die
Wärme von den Suͤdwinden, oder von Regengüffen
gemäßiget, fo gefrieredas Waſſer langfamer, und das
Eis ſchwitzet ſtark, und läßt Fleine Bäche von fich
fließen, bis es bey erneuerter Hiße, wieder gefriert.
Einige haben bemerfet,die Beränderungen inder Hoͤh⸗
le zeigeten eben, tie bey einem Wetterglaſe, den Beh:
ſel er Witterungen an.
Diefe Höhle enthält fo viel von dem ——
| ſichtigſten Eiſe, daß 600 Wagen mit vier Pferden in
einer Woche es nicht ſollten wegfuͤhren konnen. Wenn
die Anwohner mit der Feldarbeit beſchaͤfftiget find, und
unmeitdiefer Höhle Korn erndten, oder Heu machen,
nehmen fie das Eis aus ihr, und Fühlen damit ent«
weder daslaue Brunnenmafler ab, oder fchmelzen es
an der Sonne felbft zu Waſſer, welches ihuer Mey-
nung nad) ſehr gefund ift, weil defgleichen Waller
den Magen weniger beſchweren, und eber durch den
— und Harn — ſoll; dieſes iſt deſto
leichter
—
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*
—* u N da dası — ist:
gen will, fo durgefeiger wird. {
VII. ‚Hier und dar in der Höhle find — *
Die Kälte firenger und gelindee ift. - Bon außen:ift
‚ ver Eingang fehr: angenehm, denn e8 koͤmmt ein ans
genehm Luͤftchen wie die Hundstagswinde, einem ent»
gegen. Iſt man einige Schritte fortgegangen , ſo
überläuft einen ein Schauer, und wenn man noch
meiter gebt, Flappert man vor: Frofte, daß man die
Kleider, die etwa außen, der Wärme wegen find ge«
Öffnet worden, zumachen muß.) Komme man tiefer
in die Höhle, fo empfindet man eine Winterkaͤlte, —*
die Hinabſteigenden bald in die Haͤnde blaſen, |
durch) ftarfe Bewegungen »der Glieder, fic vor —*
faſt unertraͤglichen Kälte verwahren muͤſſen: Je fies
fer man ſich hinein machet, deſto heftiger wird die Kaͤl⸗
ce, und auß der Ruͤckreiſe empfindet man von allem
das Gegentheil. Nach verfloffenen, Hundstagen,
wenn fic) der Sommer in: den Herbit verwandelt;
richtet fih Die Höhle wieder. nach der äußern Luft.
Die erften Monate, wenn die, Mächte kalt j
fängt das Eis, da die äußere $ufenach und na,
fer wird, und die Flüffe ge rieren, hier aufzuthauen
an, als ob man es an Feuer braͤchte, und bey eintre⸗
tendem Winter, wird die Hoͤhle voͤllig trocken, ohne
dag man Merkmaale vom Eiſe faͤnde: alsdenn iſt
die ganze Höhle gelinde warm, und das Ungezieſer,
nebft Thieren, welche die Kaͤlte nicht vertragen koͤn⸗
nen, nehmen in dieſe vorige Eisgrube ihre Zuflucht.
Man trifft alsdenn in ihr Schwarme von Fliegen und
Muͤcken/ Haufen Fledermaͤuſe und Nachteulen auch
N und Fuͤchſe an, bis fie: — F
ruͤh⸗
von wunderbarer Befchaffenbeit. 65.
Fruͤhlinge voll Eis wird. Ueber der Hoͤhle befindet
ſich ehr hohe Erde, die, wo fie der Mittagsfonne aus⸗
geſetzet ift, häufiges und ferres Gras träge, und zur
Weide, oder wenn das Vieh abgehalten wid, gung
/ Heumachen fehr dienlich ift. -
VIII. Dieß find die Begebenheiten der Höhle,
Nun muͤſſen wir ſehen, wie fo eine feltfame Beihaf:
enheit fich erklären laͤßt. Ueberhaupt find in unter⸗
irdischen Höhlen die Abwechstungen der Wärme unt
Kälte, wie es ſcheint, den Außern entgegen gefeßet, *
Denn wenn die Luft außen heiß iſt, find ſolche Gruͤf⸗
re kuͤhl, und bey aͤußerlicher Kaͤlte lau, welches et
was tiefe Weinkeller räglich fehren*, Die Wirkung
der Wärme nämlich ift Diefe, daß fie die natürliche
Kaͤlte des groben , feuchten und Falten Elements der
Erde, wenn fie auf ſoſcher fieget, einwärts treibt, und
‚in Höhlen, fir mögen von der Natur oder von der
er gemacht fenn, merklich verdichtet. Die Kälte
gegentheils, die ſich auf der Oberfläche & der Erde bes
fin et, locket die Wärme, die in ihrem Innerſten ſteck⸗
fe, fie mag von was für einer Urſache fie will herruͤh⸗
ven, ‚hervor, daß folche fich durch die Grüfte ausge
breitet, und die tuft, fo weit fie deingen kann, Tau,
und hie und da fehr warm macht. Mir fällt hiebey .
die alte Gewohnheit meiner Landsleute ein, wie fie
im den ebenen und von der Sonnenhiße ungemein
verbrannten Gegenden von Hungarn, den Wein ab⸗
—* kuͤhlen.
— iſt befannt, daß die Ratur forſcher auf das Anſe⸗
hen der Merteraläfer, dieſes für einen Betrug der Sins
"ne erklären. en pre aber ke er N ®: 4 Sr
"487 S. A. d
4Band. E
—
66 Beſchreibung zwoer Hu |
£ühlen. Wenn fie durch große Einöden RR oder
fich daſelbſt aufhalten müffen, und weder Eis, nod)
Brunnenwaffer zu Abfühlung des Getränfes vorhan:
den ift, machen fie eine Örube, ohngefähr auf zween
Fuß tief in die Erde, laffen die Weinflaſchen hinein,
und bedecken folche forgfältig wieder mit Erde: dar-
auf zünden fie jählings über diefer Grube, in welcher:
der Wein liegt, eine Flamme, vermittelft Heues,
Strohes oder Schilfes,an. Wenn folche von fich ſelbſt
ausgegangen, oder von ihnen ausgelöfcht worden iſt,
räumen fie die äußerlich warme Erde weg, und neh
men den Wein fo abgefühle heraus, als ob fie. ‚ihn,
in Eis gefest hätten; woher ruͤhret Diefe Abfühlung,
als daher, weil von der jählingen Glut, die der Gru⸗
be Dderfläche ploͤtzlich erhitzt, Die natürliche, Kälte
des Erdreichs von allen Seiten her ift verdichtet wor⸗
den, fich um die Flaſche herumgefest, den * durch⸗
Drungen und erfrifchet bat.
IX. Hieraus läßt fich begreifen, r sole bie befcörien
bene Höhle bald heiß bald Falt feyn Fann. Von der,
außen auf fie drückenden Hige wird die natürliche Käle,
te bes Erdreichs, und der Felſen, die das. Gewölbe
unten ausmachen, verdicet, und das Wafler wird,
erftlich davon kalt, nach! ehends aber wm&is, Bey kal⸗
ter Luft, wird die Wärme, die in dem Innern der Er⸗
de ſiecle wieder hervorgelocket. So faͤllt dieſes or⸗
dentlich in die Sinne. Ich will aber damit Morins
Meynung nicht Beyfall geben, der beym Du Hamel
die Erde wie die Luft in drey Regionen —7 Deren
die erfte wechſels weiſe kalt und warm. it, i ‚im‘
ter Wärme, im Sommer Kälte befiße, und fich nf
400 fechsfüßige Rurpen oder Klaftern rn ;.bie
: Aweyte
von wunderbarer Befchaffenheit. 67
Iweyte foll aflezeit Heiß feyn, wie er in den ungari«
chen Bergwerken will felbft erfahren haben. Bon
der dritten, die dem Mitteipuncte der Erden am naͤch⸗
ſten iſt, muthmaßet er, fie fen beftändig kalt, wie die
mirtlere Region der Luft ſtets Falt, und die oberfte,
alsdem Himmel am nächften fters marmift. Dieſes
wollen wir dem Morin als ungewiffe Dinge überlaffen.
Was er von den ungarifchen Bergmerfen, zu Beſtaͤ⸗
tigung feines Saßes, von der Wärme der zweyten
Region anführer, ift wenigftens nicht alles richtig,
Denn vonden Gruben, Die mir befanne find, ift Feine
auf vier hundert Klafter tief, 5 kaum eine gehet
auf zweyhundert fechsfüßige 3 ,‚ weil das uns
ten hervordringende Waller verhindert in größere
Teufe zu kommen, wie Fonnte er alfo in die zweyte
Region fommen, die nach ſeiner Einbildung ſo heiß
ſeyn ſoll, da fie ſich erſtlich unter 400 Klaftern Teufe
anfängt ? Es giebt allerdings Gegenden in den Grus
ben, die hier fühle, dort Heiß find, auch wo die Teufe
nicht go Klaftern austräge* Aber wir wollen wie⸗
‚ber zur Fishoͤle kommen.
X, Außer der angeführten Urſache trägt zu dieſer
| —— die Lage der Hoͤhle und die
E 2 e⸗
Morin iſt vielleicht an Herter gekommen, mo feine Wet:
ter. geweſen find. Boyle in feiner Schrift, de temperie
‚fubterranearum regionum, hat hieher gehörige Bes
obachtungen, die aber mit fehlechterer Sorafalt, alg
daß man was daraus folgern koͤnnte, angeffeller find, -
Denn der Herr von Dppel in feiner Markſcheidekunſt
ö88 $. die größten Teufen, in die mah noch gekommen
} pa Dr bat, fo erreicht noch Feine 400 Toiſen.
eb,
63 Beſchreibung zwoer Hoͤht
*
0
INDIE
Befchaffenheit ihres: Gewoͤlbes fehr vieles bey. Ih⸗
ve Deffnung fteht den Falten Suͤdwinden entgegen, die
von dem Theile des carpathifchen Gebirges, das an
der fcepufifchen Öraffchaft Liegt, an diefen feinen Fuß
gefandt werden, und wie fie überhaupt haufig find, in
den Frühlings» und Herbftinonaten aus der Maaße
wuͤthen, und von.den Schneegebirgen, von denen fie
herabftürmen, die Fälteften Theilchen mit fich führen,
die alfo in die Höhle hinein kommen, und in ihr von
der äußern Wärme zufammen gehäufet werden, und
das herabtröpfelnde Waſſer leichte durchdringen, und
zu Eife machen. Hiezu koͤmmt, daß die Gewoͤlber
ganz aus den diieften Steinen, die hier hoc) erha⸗
ben find, dort herabhaͤngen, als ob fie einftürzen woll⸗
ten, befteben. Die Felfen des carpathifchen Gebir-
ges aber find meift von ſalzigter, alaun · und vitriol⸗
bafter Befchaffenheit. Was ift alfo natürlicher, als
daß in diefer Höhle aus der Vermiſchung folcher Theile
mit Eistheilchen, Eis in Menge gezeuget wird? Die
ur
f
aus. oft wiederholten Berfuchen, gelernet haben, wie
man Eis durch die Kunft mache, m Ti
fall geben. Denn wenn man Schnee o is,mit
gemeinem Salze, Salpeter, Alaun, oder Vitriol z
gleichen Theilen vermenget und um ein Gefäße leget,
ſo verwandelt ſich dadurch das Waſſer darinnen in
Eis auch mitten im Sommer, oder nahe beym
Feuer, anderer bekannten Erfahrungen zu gefchtveis
gen. So viel von der Höhle by
....Eeelige Ra
ES AREE © 327,V >? BE
> 2137 u.% nl —J
Ron
FRE
von on winderbarer Belhaffenhen. *
II.
Von der Hoͤhle beiy Ribar / aus welcher
ſchadliche Dampfe aufſteigen.
I. “fie und neue Schriftſteller haben toͤdtliche Höhe |
fen hier und da angemerfer. Meine Abficht
if nicht, nur ihre Namen anzuführen ; von foldyen
Höhlen bat Georg Agricola, im IV B, de natura 0
rum, quae efHuunt e terra,‘ gehandelt ; ißo will ic)
nur eine ungarifche Höhle befchreiben, die fich in der
Grafſchaft Zol (Comitatus Zolienfis) bey dem Fles
cken Nibar befinder, fo wohl die ganze Sache felbit
der Wahrheitgemäß zu berichten, als der Schriftftels
ler Jerthuͤmer zu entdecken, Agricola erwähnt diefe
Hoͤhle felbit am angeführten Drre. „Auch der Theil
„von Ungarn, fagt er, der fonft Dacien geheißen
„bat, ift von giftigen Höhlen niche frey : fie find
„von der wegen ihrer Kupferbergwerfe berühmten
Stadt Neufohl etwa 6000 Schritte weit, und pfles
gen bisweilen Voͤgel, die hinzu fliegen, oder andere
Thiere zu tödten.,, Ich habe anderswo erwähnt * f
daß Neuſohl nicht zu Dacien zu rechnen ift, und von
den giftigen Dunſthoͤhlen will ich weiter handeln. Faſt
auf diefe Art, erwähnte Wernher eben diefe Höhle*",
ich will ihn aber hier-nicht ausfchreiben, fondern meis
ne — Beobachtungen anfuͤhren.
E3 II. Der
#*Notitiae Hung. Nouae T.D. in Hift. Comitat. Zolien-
fis Parte Gen. Membr. I. $. XII. p. 396. |
##de admir. Hung. Aquis, und unzahlig andere, die
ihm gefolger find.
1 De Ficen Ribar liegt in Sof,
anderthalbe Meile den Fluß Gran, —— 7 an⸗
gefuͤhrtem Orte erwaͤhnet habe*, von Neuſohl, nad)
Mittage zu hinunter; auf deffelben Feldern, in einem
nach Morgen zu gelegenen Hügel, befinden fich war»
me Bäder, die von ungemeinen Heilungskräften, aber
auch von fehr befonderer Beſchaffenheit find : doch
von diefen kann ich ißo nicht handeln. Bon dem
Orte, wo diefe Bäder verborgen find, etwa 600
Schritte nad) Mittage zu, öffner fich diefe Höhle, Bie
wegen ihrer ſchaͤdlichen Dämpfe ſchon lange Zeit in
uͤbelm Rufe ift, in einer £leinen aber grasreichen Wie
fe eines fchönen Thälchens : nahe bey ihr ift ein
Sauerbrunnen, der zum Teinfen noch tauglic) ge«
nug iſt. Vor jeiten, da man auf ſolche Merkwuͤr⸗
digkeiten weniger Acht hatte, hat faſt niemand die
ſeltſame Beſchaffenheit der Höhle angemerket:
Man beſuchte ſie alſo in den Hecken unter denen ſie
verwachſen war, ſehr ſelten. Damals war ſie wie
ein Brunnen beſchaffen, der haͤufig Waſſer von
ſich ſtieß, das ziemlich hoch fprang, und ſich als—
denn nicht anders ausbreitete, als wie man bey den
Waſſerſtaͤndern beobachtet, wo das Waſſer aus der
Roͤhre in ein Becken ſpringt, abfließet, und in an⸗
dere durch die Kunſt gemachte Gaͤnge fälle. Das
Waſſer ift zum Steinanfegen‘ geneigt geweſen,
denn durch feinen langen Zufluß bat fich ein Tofftein
angeleget, der nad) und nach um bie Mündung des
Quells fo hoch angewarhfen ift, daß er einen Hügel
vorgeſtellet bat x durch diefen Tofftein ift der Quell
felbft verdecft worden, der nun nicht mehr, wie vor⸗
a4) RR “ ‚bin,
* Tom. II. p. 3504. n. 22.
on wunderbarer Beſchaffenheit. 7u
Hi Han den Obertheil des Brunnens ſchaͤumend
ſpringen konnte; auch die Bauern ſuchten den Duell |
‚gu unterdruͤcken, damit fie für ihr Vieh nichts zu
rt hätten.
III So ift die alte Befchaffenheit diefes Duelle
| ie diefer Grube geivefen, davon ſich noch heut zu
Tage Spuren, auf der Mitragsfeite der Wieſe, am
Fuſſe des waldichten Huͤgels zeigen. Wie nachges
bends aus dieſem 'vormaligen Brunnen unter der
Erde in verborgenen Gängen häufiges Waffer ſich
ausbreitete,, ift davon die Erde um diefen geweſenen
Duell herum, unten ausgewafchen worden, Davon die
MWiefe aufgeborften ift, und fich eine neue Kiufe eröff«
net hat. Aus diefer Haben fich erft angefangen ſchaͤb⸗
liche Dünfte zu erheben, die Bögeln und andern Thies
von tödelich waren. Die da herumwohnende Bauern
bemerften nicht nur die Höhle, die von der aufgebor:
ftenen Erde von neuem entftanden war, wo fid) vor«
hin foftes Sand befunden hatte, fondern fie entdeckten
auch ihre fchädfiche Ausdämpfungen, da fie bald todt⸗
te Bögel, bald hingerichtete Thiere fanden, ja endlich
. fahen wie das dafelbft weidende Vieh jaͤhlings todt
niederſiel. Es iſt nicht zu ſagen, wie das Bauervolk
dieſe verhaßte Hoͤhle verflucht hat, als wenn die er⸗
zuͤrnte Gottheit fie daſelbſt eroͤffnet hätte, ihnen damit
den Untergang gleich itzo zu drohen, oder aufs kuͤnf⸗
tige anzudeuten. Wie ſich die Nachricht von dieſer
Seltſamkeit ausbreitete, hieße fie bey einigen ein Aver⸗
nus, bey andern eine Deffnung der Hölle, und bey
Ä andern eine Höhle, die man Durch eine That, wiedes
Mi Be feine, ausföhnen muͤßte. Die Kluft
war nach Art eines Trichters aufgeborſten, und ihr
E4 oberer
(denn fe ur 24 Schritte —7* —* hit Brei⸗
te). Sie verengte ſich nad) und nach, bis endlich ganz
unten im Boden nur eine Fleine Deffnung übrig blieb,
aus der Diefe ſchaͤdlichen Dämpfe hervordrangen. Man
höret noch das Geräufche der unten fliegenden Waſſer,
und kann daraus leicht muthmaßen, daß ſich durch
dieſe Gaͤnge ein Fluß mit vielen Wellen durchſchlingt,
und endlich in unbekannten Gruͤften verliert: : denn
er geht nirgends ins Freye heraus, ob ſich wohl nicht
weit von der Grube eine abhaͤngende Gegend an
die ſich in einen. Thal verliere,
IV. Bom jahre 1708 an habe ich Die feftfame
Befchaffenheit dieſer Kluft auf verfchiedene Art zu er ⸗
forſchen geſucht. Erſtlich babe ich, nebſt einem Freunde,
der ein ebhaber von Unterſuchung der Natur war,
einen ziemlich ſtarken Hahn, an einen Spieß gebunden,
fo über die Deffnung der Höhle gebalten,daß ihn die von
unten auffteigenden Dämpfe. treffen mußten : kaum
harte ich ihn folchergeftait ver Höhle genähert, fo fing er
an zu flattern, und ftarbin einem Augenblicke. Wir
öffneten ihn, zu ſehen, was für ein Gift ihn fo plöß-
lich getodtet hätte? Aber wir fanden nichts, als: Ge⸗
blüte, Das um Die Gegenden des Herzens herum ge
ftanden war, und fonft Feine Berlegung, Alsdenn
habe ich ſelbſt, auf Stufen, die in dem Erdreiche aus:
gefchnitten wurden, mich in die Höhle begeben, das
darin (himmernde Wafler näher zu betrachten, aber
Ich mußte zurück, ehe ic) nur etwas tief hinunter war,
weil mir von dem Dampfe der Odem verfeßet, und der
Kopf ſchwindlich gemacht wurde. Das ſcheint wun⸗
* daß die Damſen auch wenn ſie am er
ſten find, en PEN st Dickes, das merk⸗
lich in die Augen fiele, entdecken, und die ruft darͤ⸗
ber ſiehet rein und heiter aus, welches ſich im Plu-
toneo, deſſen Strabo und Plimue gedenken, anders
verhalten hat. Wir waren alſo begierig, zu entde ·
cken, was dieſes für Duͤnſte wären, die nicht in die
Augen fielen, und doch den Thieren fo einen geſchwin⸗
den Tod verurfachten. Uns fiel ein, es wiirde fich
ſolches auf feine Art: beffer erforfchen laſſen/ als wenn
man ein Schießgewehr in dem Innerſten der Höhle
losbrennte. So bald diefes gefchehen war, erjchals
lete die Höhle wie ein Donnerwerter, und ftieß viele
Stunden lang Rauch aus, welches fehr angenehm
ausfahe. Wir fchloffen hieraus, die Flamme, die
foichergeftalt in der Höhle entitanden , babe Schwes
felduͤnſte in ihr angezündet, die fich hin und her bes
weget, und. endlich in die freye Luft Herausgegangen
find. Es roch in der That ſtark nad) Schwefel, faft
wie ich bey Annäherung eines Gemitters in den
warmen Bädern bemerfet habe, davon ich unten tee
* will.
V. Nachdem man biefen Schwefeldampf be⸗
wecke hatte, war es natuͤrlich, alles ſchaͤdliche dieſer
toͤdtlichen Duͤnſte dem fluͤchtigen und ungemein zarten
Schwefel zuzuſchreiben. Wir haben uns alſo be⸗
muͤhet, daß aus der tödtlichen Höhle gefchöpfte Waſ⸗
fer, zu Beftärigung des Verſuchs forgfältig anzu:
wenden, Diefe Begierde vermehrte beyunsdie Men:
ge todter Vögel, die da herumlagen; denn wir moch⸗
ten früh oder nach Mirtagehieher kommen, fo fanden
wir faft allemal neue Leichen. Beſonders 308 ein
Igel Ka Aufmerkſamkeit auffich, der. an eben die
Es ſem
fem Giſte PR in einer Ba
len war , daß aus der aufgetriebenen Haut auch die
Stacheln, die fonft fo fee darinn ftecfen, mit ihren
Wurzeln herausgedruckt waren : dieſes brachte ung
auf die Muthmaßung, das Thier möchte wohl gar
von dem Waffer der Höhle getrunfen haben, das ine
wendig mit;großer Gewalt hervorbricht, und ineben
der Kluft wieder verfchlungen wird. ; Die Lungen des
Igels, die blau angelaufen waren, und die übrigen aus
der maßen aufgefchwollenen Eingeweide fchienen uns.
anzuzeigen, das Thier habe fomohl vom Waſſer ger
trunfen, alsdie Dämpfe in fich gezogen, und es ſtank
ſchon Damals fehr widerwaͤrtig. Wir ſchoͤpften alſo
Waſſer aus dieſem tiefen Sumpfe, nicht ohne Gefahr
des Bedienten, den wie mit niedergefenttem Kopfe
hinein ließen, aber fülchen an Striche befeftiger hat
ten. Es war erpftallenhelle, leicht, und wie ätherifch,
von mittelmäßigem Schwefelgeruche, fäuerlic und
mittelmäßig —* aher ohne Zunge oder Gaumen
anzufrefli en. Es fchien dem Sauerbrunnen, der un«
weit der Höhle ift, am nächften zu kommen. Wir
Fofteten diefes verdächtige Waffer erftlich. nur füccht«
ſam und mit den aͤußeren Lippen, bis eines Beyſpiel
immer den andern kuͤhner machte , und mir erftlich
mäßige Züge, bald auch ſtaͤrkere, ohne Bedenfen has
ten. Es iſt auch feinem von uns dieſe Neugier ſchaͤd⸗
lich geweſen, ob gleich die meiſten von ung einen zaͤrtli⸗
chen und vom Gebrauchedes Sauerbrunnens gar eflen
Magen haiten, ja es wuͤnſchten einige, dieſes Waſſer
unter dei edlen ungarifchen Wein mengen zu koͤnnen.
„VI. Diefes haben wir fo viele Jahre dur, und
sig beobachtet, damit man urtheilen moͤge, ob Ya:
cola
von wunderbarer Beſchaffenheit. 75
* und Wernher die Ausdunſtungen dieſer Höhle
mit Rechte giftig nennen. Ein neuerer Schriftſtel⸗
fer hat die Kuͤhnheit, dieſes Gift aus der Faͤulniß
oder aus dem Verderben, ich weiß nicht was rt
einer daſelbſt ftehenden "Feuchtigkeie ‚bersuleiten.
Indeß find die Dämpfe diefer Höhle nicht giftig, ob
fie gleich tödelich find. Denn fie rödten die Thiere
nicht, vermoͤge eines Gifts, das fie mit ſich führeten)
fondern aus andern Urſachen, Die ich gleich erwähnen
will. Wären fie giftig, fo koͤnnte man das Wafler
nicht trinfen, noch vielweniger die getödteten Thiere,
als Hähne, Kramersvögel, Holztauben und Hafen,
ohne Gefahr, und wenigftens ohne Schaden der Ger
fundheit, genoffen werden, wie doch alle thun, die fich
der Bäder, zur Geſundheit oder zur Luft bedienen;
wenn fie von einer fo außerordentlichen Sache Bew
füche anftellen wolten*. Aber vielleicht ftößt die fau⸗
fe Erde, oder ein ftilleftehender Sumpf, diefe Dämpfe
aus? Gemwiß, Feines von beyden : fonft müßten die
Dämpfe dicke und trübe, das Waſſer aber unrein und
von widrigem Geſchmecke ſeyn, da gegentheils die
Dämpfe ee find, das Warfer aber nicht faul,
| ſondern
Die Thiere, welche von den Schlangen gebiſſen, und
vermittelſt dieſes Giftes, hingerichtet worden ſind,
werden ohne Gefahr gegeſſen. Redi Obf. de viperis,
Opufeulor. Amftaeled. 1685. edit. Tom. I. p.178. wie
auch, was vom Bifte des Tabaks oder der Scorpio—
nen, mit dem Blute vermengt, geſtorben iſt. Siehe
eben deſſen Obſeru. de generat. Inſect. Opuſe. T. L
.p.91. Indeß hat man allerdings bier keinen Grund,
die Errödtung der Thiere aus was anders, alg aus
Schwefelduͤnſten zu erflaren. Anm. >. Yeb,
1:
d Sy 94/
F An IL
1 * —A— —
Guben; ich ſchn Manm Cd
lich£eit diefer Dämpfe aus der — aͤrteſten
Schwefels und beygemiſchter mineraliſchen Dämpfe \
herleiten, die mit dem Waller in dieſen unterirdis
fhen Gängen ſchnell foreftrömen, und für ſich ihrer
eigenen Natur nach nicht fhädlich find, aber wenn
folche zarte Dünfte,die Aefte der $ufteöhrei in der Lun⸗
ge jaͤhlings erfüllen, und die Luft, die zum Odemholen
noͤthig war, ausſchließen, das Blut daſelbſt ſtehend
machen, und daher die Thiere augenblicklich umbrin-
gen. Wer anders von diefer Sache urtheilet, irret
felbft, und verführet andere, und macht zugleich der
Höhle einen Schimpf, der auf Feine Art kann wieder
gut gemacht werden, als wenn er durch dieſe unſere
Beobachtung zum Befenntniffe feines. Jrithums ge:
bracht wird, und folchen wiederunft.
VII. Uebrigens kann man auch daher eine A⸗el.
ge von der ſchwefelartigen Beſchaffenheit unſerer
Hoͤhle nehmen, weil die anliegenden Baͤder eben die
Eigenſchaft haben, ob ſie wohl dickere Daͤmpfe und
ſolche bald ſtaͤrker, bald ſchwaͤcher zeugen, nachdem
ſich der Zuſtand der Luft verhaͤlt, der in bieſes war⸗
me Waſſer einen ganz beſondern Einfluß hat. Wenn
es fich nämlich, bey großer Hiße zu einem Gewitter
anfchicfet, fo fängt das Bad, das beftändig einen
Schwefelgeruch hat, tiber alle maßen an, Schwe-
felgeftanf von fich zu geben, daß foldhes den Badegä-
ften nicht nur beſchwerlich, fondern ſchaͤdlich, ja tödt-
lich wird, befonders wenn das Waffer aus dem Dr-
te, wo man badet, ift abgelafiı en worden, und frifches
hineinläuft. ‘dh habe einen ftarfen Mann gefehen,
der in Kriegesd wunen and, und noch i in ſeinen beſten
—_ |
-die Sehwefenämpfe die aledenn gewoͤ ah ce
ſtaͤrker w eine Zeitlang ausgehalt nmhatte, ſprang
er wie raſend aus dem Bade, bekam ein hißiges Fie-
ber, und ftarb den vierten Tag darauf. Miriftun-
befannt, ob die Höhle, von der ich: geredet habe, auch
diefen Abwechfehingen des Wetters fo unterworfen
ift; denn ich bedaure, daß ich niche fo forgfältic g gewe⸗
ſen bin, dieſen Umſtand mit den uͤbrigen, wie er doch
diente, zu bemerken. Das ift bekannt, daß auch bey
beiterem Himmel,wenn man fein Gewitter vermuthet,
doch die Wirkung diefer fchädlichen Duͤnſte abwechfelt,
und die hinzugebrachten Thiere bald eher, bald fpäter
hinrichtet, auch bisweilen gleichfam gar aufhoͤret, und
fi) nicht mehr entdecket. So wenig aber als ic)
ſelbſt die Urfachen hievon unterfucher babe, fo we⸗
nig erinnere ich mic), daß es meine Freunde gethan
hätten. Die Anwohner verdecfen ißo die Höhle
dergeſtalt mit Bufcywerfe, dag man faft nicht. m
dazu Fann, und es finden fich nicht mehr fo a
todte Voͤgel, als wie zuvor, welches, meinen Ge
| danfen nach, daher rühret, weil das
Waſſer tiefer als zuvor fließer,
6o viel hievon. 11
9 BON 30
A. G. R.
gear |
I
— Pe
Kernen
. Gm: i 3 * VI 52 1.) D De) v Eu
. 2 ? — —
Martin‘ Folkes, Eſqu.
Praͤſident der Koͤn. — ie
Bas. 27900770 a AR
über eine von P. Harduin
verbeſſerte Stelle indes Plinius
Naturgeſchichte, |
"U Buch LXXIV Abfehnite ber Parifer Folio»
| ausgabe 1722. f
Den 2aften Jenner 1746::7 —
Aus den — Tranſactionen 482 N. v Arie
J — *
T afaque ‚horofcopa non vbique — Er
W vfui, in trecentis ftadiis, vel longiffime i in
quingentis, mutantibus femet vmbris ſolis.
Itaque vmbilici, (quem gnomonem appellant) vm-
bra in Aegypto meridiano tempore, aequinoctii
die, paulo plus quam dimidiam gnomonis menſu-
An efficit. In vrbe Roma nona pars gnomonis
eft vinbrae. In oppido Anconae ae quin-
ta.
® Diefe Anmerkung kann zu einer Yroße dienen, ob * —
mal zum Verſtande alter Schriftſteller und noch mehr
zu ihrer Verbeſſerung etwas weiter noͤthig ſey, als
Woͤrter und Alterthuͤmer zu ca Anm. d. Ueb.
7
&
eich
!
in des Plinius Naturgeſchichte. | 19 U
*
ta. Decima in parte Italiae, quae Venetia appella-
tur, eisdem horis vmbra gnomoni par fit.
„Ein Leſer, welcher der Erdbefchreibung kundig ift,
wird bier fogleich bemerfen, daß etwas in der |
wie fie hier ftedt, fehlerhaft ift, da der Schatten aM
Tage, welcher feiner Nacht gleich ift, zu Ancona Fürs
zer als zu Rom gemacht wird, und folglich die Breite
von Ancona kleiner als die römifehe feyn follte , ohne
geachtet fie wirklich merklich größer iſt; denn Ancona
liegt am adriatifchen Mieere, etwa zween Grad nord«
-wärts von Kom.
Wie ih; P. Harduins Anmerkungen über dieſe
Stelle nachleſe, ſo finde ich, daß er den Text, wie
ſolcher in den vorigen gedruckten Ausgaben geweſen
iſt, ſtark veraͤndert hat. Seine Anmerkung iſt foigende:
Bisher hat es in Den gedruckten Ausgaben ge⸗
„beißen: in oppido Anconae ſupereſt quinta XXX,
Ain parte. Ttaliae ete. Die Handfchriften find nicht
„einftimmig. Wir * aus einer ſichern Muth⸗
maßung drucken laſſen: Anconae ſupereſt quinta:
„decima in parte Italiae. Er hat in dem folgenden
„Buche Venedig in die zehnte Abtheilung vo Ita⸗
| M geſetzet. Es iſt nicht wahrſcheinlich, daß ein
„Mann, der die Größen meiſtentheils nur ohngefaͤhr
„angiebt, den Zeiger oder ven Schatten in fo viel,
CTheile, in 35, follte getheilt haben.;,
Aus diefen Worten erhellet, daß der P. Fake
ung meldet: er habe in den Handfehriften verſchiede⸗
ne $esarten angetroffen, aber wegen der feinigen weiß er
ſich auf feine zu berufen, jaer meldet uns ausdruͤcklich,
daß feine Berbefferung. ‚bloß aus einer Muchmaßung,
ung fen, woraus wir fhliegen-fönnen, daß fie ſich
*
j 80 | | | # eſſe : 2 = op) l g 9
ganz und gar auf fein weiteres Anſehen gruͤndet. Zu
gleicher Zeit befennet er, daß alle gedruckte Ausgaben
wi € tesarten haben, welches ich in verfehiedehen,
anzufehen Gelegenheit gehabt, richtig befunden
Be, nur mit der Veränderung, daß, wie die erfte
Ausgabe von 1469, und verfchiedene folgende, dag
Wort quinta völlig ausdrucken, und XXX nur mit
Zahlbuchſtaben fehreiben, fie haben einige der neuern,
und.befonders die elzepiriiche von 1635 beyde Worte
völlig ausgedruckt. Die ganze Stelle heißt : Vin:
bilici (quem gnomonem appellant) vmbra in Ae-
$ypto meridiano tempore, aequinodtii die, paulo
plus quam dimidiam gnomonis menfuram efhicit,
in vrbe Roma, nona pars gnomönis deeft vmbrae,
in oppido Ancone füpereft quinta trigefuna, in par-
te Italiae quae Venetia appellatur, iisdem horis vm-
bra gnomoni par fit. a ——— — —
Der natuͤrliche Verſtand dieſer Worte iſt bloß,
daß die Laͤnge des Schattens von einem ſenkrecht auf⸗
geſetzten Stifte ſey zu Nom um den neunten Theil
der Höhe des Zeigers fürzers, alsderfelbe, zu Ancona
ſey die Höhe des Stifts um einen 35 Theil größer,
als die Länge des Schattens, oder fie verhalte ſich
zum Schatten, wie 35: 34, und in dent Theile von
ge des Schattens und die Höhe des Zeigers von einer
Größe. - 3 997815 ala. ı
Dieſe befondern Umftände find nach der Ordnung‘
in vier folgenden Breiten : 26 Gr. 34M., 4r®r.'
38 M. 44 Gr. TOM: und 45 Gr wahr. Die!
erfte Breite gehoͤret für die mittlern Gegenden von’
Aegypten, und die legte fuͤr verſchiedene Derter im:
INN, vene⸗
Ari
*
—
in des Plinius Naturgeſchichte. Sı-
venetianifchen Gebiete, da die Stadt felbft nah Mans
fredis Tafeln in der Breite von 45 Gr. 33 M, und
2 45 Gr. 28 M, liegt. Prolemäus giebt
Des tes Breite 44 Ör, 30 M., und die
Breite don Aquileja oben am adriarifchen Meere,
genau 45 Ör. an,
Die Breite von Nom, welche nach dem Ptole⸗
mäus nur 41 Gr. 40 M. ift, übertrifft diejenige, bie
fir aus unferm Terte gefchloffen haben, nur um 2M.,
und diefe legtere ift wieder, um 154 M. Fleiner als
die vom Manfredi und Biandyini angegebene 41 Gr,
541 M. Außerdem ift zu merken, daß Vitruvius
von eben diefer Sache vollfommen fo redet, wie P.
Harduin in einer feiner Anmerkungen erinnert: „Die.
„Sonne macht zu der Zeit, da Tag und Nacht gleich
„find, in der Himmelsgegend, unter der Kom liegt,
„den Schatten acht folcher %heile lang, deren neune
„auf den Zeiger gehen *.,,
Wir fommen endlich zu der Breite von Ancona,
die Manfredi 43 Br. 54 M. oder 16 M. Eleiner, als
fie oben aus dem Plinius gefchloffen. worden, an giebt, .
aber Ptolemaͤus feßet fie 43 Gr. 40 M. einen halben
Grad kleiner als eben derfeibe. Gleichwohl Fann
man diefe Obfervation nicht für fo gar fchlecht anſe⸗
ben, in Betrachtung der Zeit, wenn, und der Art,
wie, fie gemacht ift, da ung die Stunde unbes
kannt ift, in welcher die Sonne an den Tagen der
Dbfervation wmirflic durch den Aequator gegangen,
und befonders, da fie mit allen igren Unvolltommen«
beiten.
*im 8 Capitel des 9 Buche. 4
4Band. N.
ge Harduins verbeſſerte
heiten der Wahrheit ſo nahe koͤmmt, die
nach des Plinius und Vitruvs Berichte m Rom
felbft ift angeftellee worden, und da fie
Breite ungefähr um eben fo viel it
Prolemäus 70 oder go Jahre darnad) geg
- Elein iſt.
Daher erhellet, wenn man alles zuſammen nimmt,
te
fo
daß der Tert Feiner Berbefferung bedurft hat, und die.
Erinnerung , man habe den Zeiger wohl nicht in 35.
Theile getheilet, ift von fchlechtem Gewichte, in Be—
erachtung, daß fich die Alten bey folchen Gelegenhei⸗
ten ſehr großer Zeiger bedienet haben, daß einer von den
Obeliſken, die jetzo zu Rom ſtehen, der zu St, Jo⸗
hann im Lateran, ohne das Piedeſtal, 108 Fuß Hoͤhe
hat, und daß dem andern, der noch im Campo Mar⸗
—*3
tio unter der Erden liegt, und vormals eben zu der
Abſicht gebrauchet wurde, auch nicht viel an dieſer
Höhe fehlte*. Der fünf und dreyßigſte Theil von
der Höhe eines ſolchen Steins war nicht unter drey
engliſchen Fuß, und ein viel kleinerer Theil wuͤrde
ſich im Schatten leicht entdecket haben, deſſen Laͤnge,
"aller aus dem Halbſchatten entſtehender Schwierig⸗
keiten ungeachtet, doch ſicherlich hat auf einen halben
Fuß koͤnnen beſtimmet werden.
Ich will dieſer Anmerkung die Beſchreibung bey⸗
*
fuͤgen, welche Plinius von idieſem Gnomon i im 36 B.
machet,
KR Man hat jeßo Hoffnung, folchen einft wieder aufgerich-
tetzu ſehen. Ueber des Plinius Nachricht von dieſem
Dbeliffe (36 3. 10 Cap.) hat Bayer in Altorf 1706, ei:
ne Differtationem mathematicam de obelifco gnome-
ne Augufti Caefaris, — A. d. Ueb.
— *
oh BER \*
in des Plinius Naturgeſchichte. 33
machet. Rachdem er im 14 Abſchnitte von den Obe⸗
lifken gereder hat, die zu feiner Zeit zu Rom waren,
-
ſo ſetzet er im Anfange des ı5 hinzu: Ei qui eft in
campo, diuus Auguftus addidit mirabileın vfum
ad eprehendendas folis vnbras , dierumque ac
nodium ita magnitudines, ftrato lapide ad inagni-
tudinem obelifei, cui par fieret vinbra brumae con-
fectae die fexta hora, paulatimque per regulas
(quae funt ex aere inclufae) fingulis diebus de-
erefceret ac rurfus augefceret. Ich verftehe diefe
DBefchreibung fo, daß vom Fuße des Obeliſks nord«
wärts ein waflerebenes Pflafter von Steine ift gelegee
gemefen,, deſſen Breite der Breite des Obeliffs feibft,
die Laͤnge aber feinem Mittagsfchatten am Fürzeften
Tage gleich geivefen ift, d. i. Die Länge bar ſich zue
Höhe des Obeliffs, wie 22 : 10 verhalten: In vie:
fes Pflafter find parallele Regeln von Meralle ge»
leget gewefen, deren Entfernungen von dem Puncte
gerade unter des Obeliſks Spige den Sängen des
Mittagsfchattens an verfchiedenen Tagen im jahre
gleich gewefen find, fo wie diefe Sängen vom Eürzeften
Tage zum längiten abgenommen, und vom längften
zum fürzeften wieder zugenommen haben, 2
Mach diefem erwähner der Verfaſſer, in einer fehr
verdorbenen und daher jet faft unverftändlichen Ste
le, daß ein Manilius oder Manlius, auf den Gipfel
bes Dbeliffs eine vergoldete Kugelgefeget hätte, durch
welche der Schatten am Ende Fenntlicher geworden
wäre, da man vermirtelft derfelben den Schatten des.
"Mittels von der Kugel leichte haͤtte bemerken koͤnnen da
der Schatten der Spige vom Obeliſke nicht würde
| kenntlich gemefen ſeyn. Imn
52 VI. Einige
34 Einige Anmerkungen
RR KEK ** * Krk be *
VL J
| Einige — —
uͤber die Aa
von C. I. Sprengel, *
Doct. der Arztneykunſt, Mitgl. der K. Geſellſch.
Aus den Philoſ. Tranſ. 376 N. V. Art.
u Mayland traf ich einen Natterfaͤnger an, der
ſelten ohne 60 oder mehr lebendige Pattern
war, die erineinem Kaften,der oben offen war,
auf dem Nücken trug, und nachdem man fie gebrau⸗
chen wollte, lebendig oder tode verkaufte. Wie er
einftens eine trächtige Matter gefangen hatte, melde:
te er mir folches, daß ich fehen follte, wie fie mit ihrem
Raube umgehen wuͤrde. Wir gaben ihr darauf eini⸗
ge Maͤuſe, immer eine auf einmal. Unter allen Nat⸗
tern, deren wohl uͤber 60 waren, bekuͤmmerte ſich Feine
einzige um die Maus, bis die erwaͤhnte traͤchtige, und
die Maus einander entdeckten: Die Maus erſchrack,
die Natter aber erhob ihren Kopf, und machte mit
dem Halſe einen vollkommenen Bogen, wobey ihr
Maul offen war, die Zunge fpielte, die Augen vol
Feuer und der Schwan; aufgerichtet waren. Die
Maus fchien fi) von ihrem Schrecken bald wieder zu
erhohlen, und: machte eine oder ein Paar, manchmal
auc) mehr Wendungen fehr ſchnell um die Matter ber»
um, wobey fie vann und wann quickte; endlich aber
; In fie ſehr ſchnelli in den Rachen der Natter und
na
nach und nach * —0 Dieſe ganze
Zeit uͤber bewegte ſich die Natter nicht von der Stelle,
ſondern lag in einem Kreiſe. |
Man muß bemerken, daß Feine Matter; die man
eingefpettet halt, frißt, als wenn fie trächtig iſt. |
Ich fabe eben dergleichen zu Brüffel, wo ein Sol⸗
dat eine große traͤchtige Natter gefangen hatte. Das
Haus, wo ich und meine Geſellſchaft ſich aufhielten,
war unweit des Fiſchmarktes, und mein Wirth hatte
eine Saue mit fünf Ferkelchen von 9 oder 10 Tagen.
Wir ließen eines von den Ferfeln von der Matter in
den Schwanz beißen, und hieben den Schwan; nad)
vier Minuten ab: das Ferfel fchien Frank und ſchwin⸗
delnd, und der übriggebliebene Theil des Schmanzes
ſchwall auf, ich glaube aber, das Bluten half ihm, d
den Morgen darauf befand e8 ſich wieder wohl. Ehen
das gefchah einem andern Ferkel, das mir in den Bora
derfuß beißen ließen, und fieben Minuten nach dem
Biſſe, den Fuß ihm, etiva zween Zoll über dem Biſſe
abhieben: Nach diefen beyden nahmen wir die andern
drey, und ließen fie an verfchiedene Derter beißen ; zwey
ftarben die Nacht, und das dritte, dem wir etwa 5 oder
6 Minuten darauf 10 Gran Tartari Emetici gegeben
hatten, fam davon,
Ich verfuchte folches nachgehends bey Hunden,
die von Nattern waren gebiffen worden, und fand;
daß dieſes — — allen
—J Half.
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E
. | = © ] *
Mm ash
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s 3wwu dus⸗
86 Won einer Feile,
reine
Var
Auszug aus einem Briefe in |
dom Heren de Bremond, Dr. der Arzenepfunf,
an Dr. Mortimer; TE
‚eine Zeile betreffend,
die vom Blitze magnetiſch geworden.
Aus den phil Tranſ. 459 N. XI Artikel.
(87 n der 437 N. der philofophifchen Transactios
. a nen ift Dr. Cooffons von Wakefield Brief
befannt gemachet worden, der erzaͤhlet, wie der
Dlig verſchiedenen eiſernen Werkjeugen eine magneti
ſche Krajt mirgetheiler hat. Bon St. Andre in Dau«
phine habe ich ein Schreiben vom 7 Sept. 1739 er⸗
Balten, welches eine Begebenheit von eben der gr
‚folgendermaßen berichtet:
„Vor drey Wochen fehlug das Wetter, - 20
„Schritte von meinem Haufe bey einem Uhrmacher
„ein. ch will die befondern Umftände ver Verwuͤ⸗
„fung, die es angerichtet hat, nicht weitläuftig er⸗
„zählen, [Jedermann weiß, wie erftaunlich die Wire
„kungen des Donners ſind: aber hier iſt doch noch
„eine beſondere. Der Donner zerſchlug eine von
„des Uhrmachers Feilen vier Zoll vom Ende, ſo daß
„noch fieben Zoll von ihr am Griffe blieben, und
„das Stüd von 4 Zollen , bag abgeſchlagen ea auf
gaben liegen blieb,
! „Den
die vom Blitze magnetiſch geworden 8y_
Den Tag darauf nahm der Uhrmacher den uͤbrig⸗
- „gebliebenen Theil diefer Feile, wie er fahe, daß fols
„cher noch zu gebrauchen wäre, und arbeitete damit:
er erftaunte aber fehr, wie er fahe, daß dem Ende
‚feine. zerbrochenen Seile Eifen nachfolgte. Er
„hielt dieß Ende an einen Bohrer, der ſogleich von
„der Beile angezogen wurde. Er rufte mich, und ic)
„machte verfchiedene Verſuche mit dieſer anziehenden
Kraft. Sch nahm das abgebrochene Stuͤck Feile,
„und bielt e8 an einen eifernen Schlüffelring, den
„es hob, und fo lange es mir gefiel, erhoben hielt,
„Ich zweifelte nicht, daß der Blitz der Feile diefe magne⸗
„tifche Eigenfchaft nicht mitgetheilet hätte, und ich fand
„durch Verſuche, daß nur die innere Seite der Feile
„und des zerbrochenen Stuͤcks ſolche erhalten hatten,
„denn ich hielt an jede Seite Stuͤckchen Eiſen, ohne
Wirkung, die Kraft war ganz allein da, wo es ab«
„gebrochen war. Ich zerbrach das Stuͤck von vier Zol⸗
„len, und eines von beyden Stüden, zog das Eifen an
„beyden Enden an, dag andere nur an dem Ende,
„wo e8 abgebrochen war. Ich rieb die Spige mei-
„nes Meflers an eines von dieſen beyden Stücken der
„Seile, und es theilte dom Meffer zulängliche Kraft
„mit, Nadeln zu erheben und zu erhalten.,,
Sch wünfche, M. H. daß diefe Anmerfung ihnen
angenehm feyn möge, die wenigftens die Wunder der
magnetifchen Kraft, und die außerordentlichen Wire
Fungen des Bliges vermehrer, Ich bin ꝛtc.
Bari den 4. Sun.
1740.
De Bremond,
* M.der K. Akad.der Wiſſenſch.
ser IX. Bes
—
188 Begebenheit mit einer Nadel, die ec.
N OT
L.
Begebenheit mit e
die in *
den Arm hineingeſtoßen, m * der
Bruſt herausgenommen worden.
Aus den Philoſoph. Tranſact. 461 N. 4 Art.
aria Howell von Oſwaldeſtry in Shrop-
fhire, eine Spinnerinn, hatte den zten
Merz, 1732 eine Fleine Nadel auf dem
Aermel ihres Rockes ſtecken; fie lief ohnverfehens ge-
gen eine Thüre, wovon die Nadel, nebft einem Faden
in ihren linfen Arm, etwa 6 Zoll unter der Schulter
ner Rabe,
hinein getrieben wurde ; ein junges Weibeebild, Ma: |
ria Price, bemühete fich, die Nadel betaustupiehen,
brach aber das Oehr ab, und ließ ihr die Madel im
Acme ftecden. Siemachte fich fogleich zu einem da>
figen Wundarzte Herren Tomfins, derdie Nadel her: }
aus zubringen fuchte, aber folhes, ohne Deffnung ihres
Armes, nicht vermögend war, welches fie doch nicht
äulaffen wollte, Etwa einen Monat darauf fühlte
‚fie ein Stechen um den’ Ort herum, wo die Nadel hin.
eingedrungen war, und hinauf bis an ihre linfe Schul⸗
ter; dieß währte drey oder vier Tage, und Fam fo
dann und warın wieder, bis fie endlih, ı7 Wochen
darnad) ein Stechen, ihrer Einbildungnadh, um den
Magen herum fühlte, davon fie fehr krank wurde, fich
immer brechen wollte, und damit, beſonders des Mor⸗
gens,
"Der Wörter »
gens, bis den Sonntag nad) Oftern, beſchweret ward;
‚den Abend diefes Tages gerieth fie auf die Gedanken,
es ſey ihr ei Reh in ihre rechte Bruſt unten hin«
! —— d gieng zween Tage darauf zu dem
Wundarzte, Herrn! Robert Nanney, in Fetterlane,
der ihr noch felben Tag die Bruft mit einer Sanzerte
öffnete, und diefelbe Nadel herauszog, wie: ‚fie ſicher
glaubet, weildie Nadel Fein Dehr hat, und der Faden
‚noch darum gewickelt ift, Sie har diefe Nabel, wel⸗
che etwa einen Zoll lang ift, Fein Oehr har, und dar⸗
um der Faden noch gewickelt iſt, verſchiedenen ges
zeiget, und meldet, ſeitdem dieſe Nabel, fo von ihr ge⸗
nommen worden, habe fie nie feine Rückkehr des
Schmerzens in der Bruft, dem Magen, der Schulter
oder. dem Arme empfunden. $ondon, ven
den 2ten Sun. 1739. Da
ee ee ee
"X.
Wortergelehrte.
Einfall bey einem Wetterglaſe.
eran duͤnkt ſich gelehrt; Was mag ſein Vorzug ſeyn?
Er ſpricht ja Gallifch, Welſch, Briechiſch und
Lat
So wird er Witz und Geiſt von ſo viel Bölkern kennen?
O nein! Doch Brodt und Fleiſch weiß er, wie ſie zu nennen.
An Kenntniß gleicht er noch dem Wetterglaſe nicht,
Das nur von kalt und warm mit ſieben Zungen *ſpricht.
| Raͤſtner.
*gateinifch, Deutſch „emins, Holandiſch⸗ Sranzöfi Ich, Italiaͤ⸗
nifch und Spanifc Ira) u
— 5 3 ‚XI. Neue
— TESZIEETTEE Free EEE
XI:
Reue berausgefommene
— —
(4 Wongenesmer und bie ‚Zeitvertreib, mie
V Betrachtung curiofer Vorſtellungen aller-
hand kriechender, fliegender und ſchwimmen⸗
der, auf Dem Lande und im Baer ſich befindender und
naͤhrender Thiere, ſowohl nach ihrer Geſtalt und aͤußer⸗
lichen Beſchaffenheit, als auch nad) der accurateſt
Davon verfertigten Steuctur ihrer Sceleten oder Bein⸗
koͤrper, nebſt einer deutlichen, ſowohl phyſikaliſch⸗ |
als anatomifch- befonders. aber ofteologifch- und mes
chanifchen Beſchreibung derſelben, nach der Natur
gezeichnet, gemalet, in Kupfer geftochen und verleget
von Johann Daniel Meyer, Miniaturmaler in
Nürnberg, 1748, it groß Sof: Don diefem fchös
nen Werke find uns 12 Kupfertafeln, jede von 3 Bo-
gen, nebft einigen Bogen Tert, zu Gefichte ges
fommen. Jede ſtellet ein Thier und zwar bisher alle
in gebensgröße, nach dem Leben illuminirer, und dar⸗
unter fein Öerippe, auch bisweilen einzelne Theile des
Gerippes, imgleichen das Gerippe in verfchiedenen
Lagen vor. Der berühmte Herr Hofrath Treu ver»
ftattet feine Sammlung von Gerippen und Thieren
zum Gebrauche diefes Werkes, wiewohl man aud) das
daſelbſt abgaͤngige anderswoher zu erſetzen bemuͤht iſt,
und in dem beygefuͤgten Texte wird Das Thier, das
auf jeder Tafel vorſtellig gemachet worden, —2
wobey
Schriften. gi
toben man, ‚wie die Vorrede erwaͤhnet, bie Abficht ge
habt hat, was anderswo von dieſen Thieren gefaget
worden ift, zufammeln. Es iftindep gut, daß man
dieſe Abfiche nicht in der völligen Schärfe ins Werk
gerichtet hat, und es ijt viel angenehmer, daß hier die
DBefchreibung des Gerippes, weldye man fo glei ge⸗
gen die Abbildung defielben halten Fann, das meifte
ausmachet; das übrige, das man in fo viel andern
Büchern nachlefen kann, würde einigar zu ungeheits
res Werf machen, und vielleicht ift in dem wenigen,
was außer der ofteoiogifchen ‚Beichreibung von jedem
Thiere gefager iſt ſchon verfchiedenes, das ohne Scha-
den hätte wegbleiben konnen, z. E. die Erinnerungen,
Beh fi) die Mäufe und Fledermäufe, wie andere
nſecten, aus der Faͤulniß erzeugen follen. Zu uns
Zeiten ift es wohl nicht mehr erlaubt, diefen Satz
auch nur mit einem: Sollen, zu erwähnen, und wie
kann man dergleichen Begriffe von Erzeugung der
Inſecten noch an einem Orte haben, wo der aufmerf-
fame und fleißige Herr Nöfel feine Inſectenbeluſti ·
gungen herausgiebt? Uebrigens wäre es nicht uns
dienlich, wenn bey jedem Thiere die vornehmſten
Schriftſteller von demſelben, zwar nicht abgeſchrieben,
aber doch angefuͤhret wuͤrden; einen kleinen Beytrag
dazu zu thun, wollen wir bey dem, was ad Tab. I. 2 S
des Textes, vom ſogenannten Rattenkoͤnige, aus Va-
Ientini Mufeo Mufeorum, ermwähnet worden, noch
beyfuͤgen, daß ſich davon eine Abhandlung und Zio⸗
nung im Hornunge, 1726, der breßlauiſchen Samml.
AUIICI.7 Art. beſindet. In Abſchilderung der Thies
"re ſelbſt bindet ſich der Herr Herausgeber an Feine
Ordnung, und man finder alfo hier folgende Be
\ | ine
*
92
1. Eine Maus ; H.einen — Sau. eine Fleder⸗ |
maus ; IV. einen Krummſchnabel; V. einen-fleinen
Papagey ; VI. einen Eisvogel ; VIL einen Karpfen;
VIII. einen ſpieglichten Daphinkarpfen IX. einen
Hecht, wobey ein gang befonderer feltener grüner Hecht |
mit abgefchildere iſt; X. ein Waſſerhuhn; XI, eine
Waſſerſchnepfe; XI. eine Stocfente,
IM. Sammlung verfchiedener ausländifcher 8
ſeltener Vögel, worinnen ein jeder derfelben nicht nur
auf das genaueſte beſchrieben, ſondern auch in einer
richtigen und ſauber illuminirten Abbildung vorgeſtel⸗
let wird, von Joh. Michael Seligmann, Nuͤrnberg,
1749, groß. Folio. Auf 14 Platten: werden hier fol:
gende Vögel illuminirt vorgeftellee. Der meißge:
ſchwaͤnzte Adler aus der Hudſonsſtraße, aus Hrn. Ed
wards Bögelfammlungnachgeftochenz; der Adler mit
demmeißen Köpfe, aus des Catesby Sammlung ges -
nommen ; der Geyerfönig, der Fifchaar, der Tauben«
habicht, der americaniſche gefleckte Falke, der ſchwarze
ameri:anifche Falke, der Habicht mie dem Schwal⸗
benſchwanze, der ſchwarze Papagey von Madagaf Far,
der kleine Habicht, ‚der kleinſte, gruͤne und rothe in⸗
dianiſche Papagey, der kleine gruͤne Papagey aus
Oſtindien, der indianiſche Buſſaar oder Bußhart,
der Touraw und die kleine Eule. Außer dem Ed⸗
ward und Catesby, hat man ſich auch noch Albins
Sammlung bey diefen: Kupferftichen bedienet, wel:
he nad) jenen getreulich nachgeahmet und faubet illu⸗ |
miniret find. Bey jedem befindet fid) eine furge Bes
fehreibung des Vogels, wie fie jeder von erwähnten
drey Engländern feinen Abbildungen beygefüget hat,
—* meiftens nur die Öröße,das —— das aͤus ·
ſerli ·
93
ſerliche Anſehen, und wo der caexihuer .
hergewefen , angeht,
*
II. Die Nahrungsgefäße in * Blättern der
Bäume, nach ihrer unterfchiedlichen Austheilung und
Zufamntenfügung, wie folche die Natur felbft bilder,
‚abgedruckt von Joh. Mich. Seligmann, Kupferftecher
in Nürnberg; nebft Tie. Hrn, Hofrach Chriſtoph Ja⸗
Cohn Treu biftorifchen Bericht von der Anatomie der
Pflanzen und von der Abfiche diefes Werfes, Nuͤrn⸗
berg, 1748, groß Folio, In dem Vorberichte giebt
‚der Herr Hofrach eine ſehr fhöne und vollftändige
Nachricht, von denen, die fich mit der Zergliederung
der Pflanzen, und befonders mit Unterfuchung der
Gefäße in den Blättern und Früchten bemüher haben,
Wie hieraus allgemeine Saͤtze von der Natur der,
Pflanjen, zu folgern, erfodert wird, daß man eine
Menge von dergleichen Erfahrungen vor Augen has
be und mit einander vergleichen Eönne, fo hat er dem
Verleger angerathen, diefe Sammlung heraus zuge⸗
ben, von der alle 4 Wochen 2 Stüd für 15 Kreuzer
zu haben feyn follen. Bisher haben wir auf 16 hal«
ben Bogen folgende gefehen: Blätter vom Liumon
ponzino Regino, ebendavon ein Stuͤckchen Netz und
Stuͤckchen Haͤutlein durch das Sonnenmikroſcopium
vergroͤßert, mit beygezeichneter natuͤrlicher Groͤße;
Blaͤtter von einer Bergamotenbirne, davon die Frucht
mild iſt; Netz und Haͤutchen davon vergroͤßert, wie
vorhin; Blaͤtter vom Limon di Calabriadolce, vom
Ruſcus oder Mausdorn; vom Cedro di Fiorenza ;
vom mwelfchen Nußbaum, vom Grabenbirnbaum, |
| vom
94
vom Sorberbaume,, vom Mehlbirnbaume, vom Aran-
zo Incanitiato, von einem Frühlindenbaume, vom
Epheu oder Baummwinde, vom Limon Salerno, vom
Miſpelbaume, vom Aranzo Garbo, und von einem
Junkernbirnbaume, davon Die Frucht mild ift. Es
find allezeit verfchiedene folche Blätter , oder vielmehr
—* von einerley Baume zuſammengezeichnet, da⸗
mit man das Aehnliche, das fie haben, deſto leichter be»
merfen Eann, und fünftig follen mehr Zeichnungen
durch das Sonnenmifrofcopium erfolgen, welches
nach des Herrn Hofrath Treues Gedanken, den Künft:
ler in den Stand feßet, die Sachen gerreulicher nach»
zuzeichnen, als er bey einem andern vermögend iſt.
IV. Kieſewetter hat Linnaei Syftema naturae
nach der fechften ſtockholmiſchen Auflagein Leipzig auf
17 Bogen in Octav wieder abdrucen laſſen. Statt
der ſchwediſchen Benennungen der natürlichen Koͤr⸗
per find hier deutfche beygefüger, und wie fich diefe
Auflage an Bermehrungen und Beränderungen un«
gemein von den vorhergehenden unrerfcheidet, und
zum Gebrauche afademifcher Lectionen gefchickt ges
machet ift, fo find auch acht Kupfertafeln beygefüger,
die Haupterdnungen der natürlichen Körper, ver
miteelft ihrer Merfmaale, den Anfängern Fenntlicher
zu machen: die erfte namlich ſtellet Hirnfchädel von
den ſechs Drdnungen, der vierfüßigen Thiere, nebft
ihren Börderzähnen, vor, nah denen fie Herr Linnaͤus
unterſcheidet; Die zweyte die Köpfe, Füße und Klüs
gel der Vögel; die drifte einige Thiere, die zugleich
im Wafler und auf. dem Sande leben; die wierte ei⸗
nen:
Re Schriften, N 9
nen Fiſch aus jeber von des Heren Unnaͤus fünf
- Ordnungen; die fünfte von jedem feiner fieben Ord⸗
nungen der Inſecten eins; die fechfte, Thiere, ſo er
unter dem Mamen: Würmer, begreift; die fies
bente, die verfchiedenen Elaffen der Pflanzen nach ih.
ven Geſchlechtsgliedern; und Die achte, die Cryſtalle
aus dem Steinreiche. Von dem Werke felbft wird
nicht nöthig feyn, weitläuftiger zu reden, va es fo
befannt ift. DD gleich andere Kenner der Naturge-
ſchichte mit Herrn tinnäus nicht allemal regen Ab⸗
theilung der Claffen und Beſtimmung derfelben
Merfmaale eines find, fo wird man doc) allezeit fei-
‚ nen unermüdeten Fleiß und feine philofophifche Auf:
ee ——
— —
merkſamkeit verchren, und dieſes Werk allen, welche
die natürlicher Körper wollen Eennen ler:
nen, als unentbehrlich ans |
preifen,
LESE
7 Bun,
J J —*
Indhalt des efien Site,
‚vierten Bande, pin *
Rechricht von den Bemuͤhungen der. TR
wegen einer nordweſtlichen —————
Hudſons⸗Bay Seiten
I. Einige Proben von dem Einfluſſe der Naturlehre
“in bie Rechtsgelehrſamteit 27
Gedanken zur Erlänterung des geometrifchen Ber
geiffs von dem Urſprunge einer Linie, aus der Bes
7 wegung eines Punctes | 46
sw. Anleitung zur. Mortſcheidetanſt nach u An⸗
fangsgruůnden und a: li kachperſen
3
v. Befchreibung zwoer — ——— von — Be⸗ |
ſchaffenheit deren die eine vol+Ei iſt, die andere
fehadliche Dampfe von fich giebt 60
VI. Anmerkung über eine von 9. Harduin verbefferte
Stelle in des Plinius Naturgefihichte 78
VII. Einige Anmerkungen über bie Bogen,non 3
Sprengel 84
VIH. Auszug aus einem Briefe vom 1 Sen. de Bremond,
eine Feile —“ die vom Blitze magnetiſch ge⸗
worden 86
IX. Hegebenbeit mit einer ae Nabel, die.in den Arm bins
eingeftoßen, und be deri Bruft herausgenommen
worden 85
X. Der ——— Einfall bey einem Wetter⸗
glaſe 89
xl Neue erausgefommene Schriften 9
hc 19 SE 9. >
*
Samburgiſches
Wagazin,
geammiete Sdhritten—
unterricht und Vergnügen,
aus der Naturforfchung
und den
angenehmen Wiſſenſchaften überhaupt.
Des vierten Bandes zweytes Stud.
Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freybeit.
Hamburg, ben Georg Ehrift, Grund, und in $eipzig,
bey Adam Heine, Holle, 1753.
3
.
,
’
sestesueesneen 7
Et
ERRRTTER DE
J.
Phyſi caliſche Nachricht Tr
von Den
— — üßcrhaupt.
Ber Tr eine und klateſte Waſſer, worinn
auch das ſcharfſichtigſte Yuge feine vom
3 Waſſer unterfchiedene Theile zu entdecken
im Stande iſt, ift der Faͤulniß unfer-
worfen, und mit unendlichen verfchiedenen Körper:
' hen unter mancherley Verhaͤltniß vermifcher. So
verſchieden das Waffer ift, fo verfchieden find auch
deſſelben Wirkungen. Denn gleichiwie ſich in allen
Dingen, die die Natur hervorbeingt, und die alfo
nicht bloße Geburten menfhliher Einbildungskraft
find, ein wunderbarer Unterfchied äußert, fo äußert
ſolcher ſich auch bier. Es ift von den Weltweiſen
auf das fcharffinnigfte bewieſen worden, daß in den
allerkleinften Theilen der Körper, die man fich eins
bilden Fann , fie mögen einander gleich fo Ähnlich
fcheinen, wie fie immer wollen, einiger Unterſchied
fen. Diefes finder ein aufmerffaner Leberleger na
türlicher Dinge durch die Erfahrung ziemlich bekraͤf⸗
tiget, fo weit fein blödes Geficht Die kleinen Seile
zu unterſcheiden im Stande iſt.
Im Regen⸗ Schnee: Duell: Fluß— und Seewaſ⸗
fer findet man nicht alfein in Anfehung verfchiedener
5: ——— aufge⸗
16 Ponficalifche N
aufgelöften Theile der Körper ak n Unterfhie, r
ift auch ein jedes der Schwere nad) unterf |
Und mern man die verfchiedene Salzquellen und Ge⸗
ſundbrunnen betrachtet; ſo ſieht man, wie bemuͤht
die Natur ſey, was fie in ihrem Schoße bat, mit
dem Waffer auf mancherlen Art zu vereinigen : ob»
gleich Boyle dem ungeachtet nicht einmal mit gewaff-
neten Augen felbige vom gemeinen WBajli er zu unter⸗
ſcheiden im Stande geweſen.
Die weiſeſte Vorſorge des allechochſten Weſens
leitet mit dieſem Element nicht allein die Theile, die
zum Wachsthum und zur Erhaltung ſowohl lebendi—
ger als lebloſer Dinge noͤthig ſind, an verſchiedene
Oerter, ſondern fie hat auch einigen mif fo unvergleich:
lichen Kräften angefüllet,, daß fie menfchliche Krank—
beiten und langwierige Schwachheiten zu beſiegen ver ·
moͤgend ſind.
Das Geruͤchte erzehlet uns von vielen Geſund⸗
brunnen mit allgemeinem Beyfall Dinge, die wir
Urſache haben zu bewundern, und in beſondere Be—
trachtung zu ziehen; und dieſes um ſo viel mehr, da
die Aerzte ſelbſt die natuͤrlichen Kraͤfte ſolcher - Waffer
erkennen und einmüchig erheben. Faſt in allen Lan⸗
dern giebe e8 dergleichen Waſſerſchaͤtze. Inſonder—
heit ift Deutfchland, Ungarn, Frankreich und Eng
land mie fo vielen herrlichen Duellen verfehen, deren
Eigenſchaften und Wirkungen die Naturforfcher Ge⸗
legenheit gehabt zu unterſuchen, daß es muͤhſam ſeyn
würde, auch nur alle Namen folcher Duellen mitzue
eheilen.. Was die angeftellten Unterfuchungen der⸗
felben betrifft, fo hat es anfaͤnglich faft fo viel ver⸗
ſchiedene aa von denen in: Diefen Duellen
auf⸗ —9
—
⸗
0 von den Gefumdbrumnen. 117
aufgelöften Materien und derfelben Erzeugung gege-
ben, fo viel verfehiedene Unterſuchungen angeſtellet
worden. |
Hiervon mögen theils die Schwierigkeit der Sache
ſelbſt, theils der wirkliche Unterſchied der Quellen,
theils die verſchiedene Art, dieſelben zu unterſuchen,
theils die aus unvollkommenen und unbedachtſamen
Unterfuchungen aus unvorſichtiger Uebereilung ge⸗
machte Schluͤſſe Urſache geweſen ſeyn. Ueber dieſes
letzte beklagt ſich ſchon Boyle in einem in Form eines
Briefes A. 1683 ausgegebenen Tractat, worinn er eine
Hiftorie der mineralifchen Waffer und feine angeftell-
ren Verfuche mittheilet. Es hat faft alles, was in
der Natur ift, in den mineralifchen Waffern ſeyn muͤſ⸗
fen, 3. €. ein wahrer Salpeter, ein,grobes Vitriol,
Aaun, Schwefel, Arſenicum, ein ammoniacalifches
Salz, Bergharz, Kreide, ein fetter fetten, worinn
Eifentheile befindlich, imgleichen Bergkryſtall, Mars
mor, Bimftein, Marfafit, Blur: und Magnetftein,
Einige Quellen haben ihre Kräfte aus den Wur—
zeln der nahe an den Quellen fich befindenden Ges
waͤchſe herleiten muͤſſen. Die ſich übereilende Ein-
bildungsfraft hat folchen Waſſern noch mehr zu fra
gen gegeben‘, z. E. Spießglas, ein grobes Eifen, Zinn,
Kupfer, Silber, Bley, Duefilber, und gar Gold,
Diejenigen, denen wir eine genauere Unterfuhung
befagter Duellen zu danfen haben, verftehen unfer
folchen alles aus der Erden hervorquelfende Waffer,
welches dem Geſchmack und der Wirfung nach von
‚dem gemeinen reinen Waffer, den Salzquellen und
‚dem Seewaffer gänzlich unterſchieden, worinn theils
‚reine Saugenfälze, theils irdifche Theile, bisweilen’
Pr 58 auch)
8 Phyſicaliſche Nad richt:
auch Mittelfalze ſich befinden, in welchen. ‚man fehr
oft nebft den Laugen: und Mittelfalzen einen fehr fub-
tilen Eiſenkalk antrifft, imgleichen viel Luft und faft
durchgehends eine mit den Fräftigften Geiftern ange:
füllete Materie, die fich Durch den Geruch und einen
fcharfen Geſchmack imgleichen, wenn man ein ſol⸗
ches Waſſer bewegt ausgießt , oder aber mit faurem
Wein vermifcht, durch Bläslein und ‚Dünfte zu er⸗
kennen giebt. Das find nun diejenigen Theile, mit
welchen die Quellen verfehen, Denen Die Aerzte mic
Hecht ven Namen der Gefundbrunnen glauben *
legen zu koͤnnen.
Von ſolchen iſt hauptſachlich dieſer Haupfumter-
fchied zu merfen, daß einige Quellen Falt, andere _
warm, ja bisweilen fo heiß find, daß man das aus
felbigen gefchöpfte Waffer eine Zeitlang in der freyen
Luft muß ftehen laflen, ehe man e8 ohne Schaden
gebrauchen Fann. Wenn man ins Carlsbad nur drey
oder viermal was gefiedertes eintauchet, foll es die
Federn verlieren, und vom Aachener Bade fchreibt
Eduard Zromn in feiner Keifebefchreibung, daß
man deſſen Waffer 12 Stunden müßte ftehen laffen,
wenn man fich deflelben bedienen wollte. Faſt aller
Irten, wo es Gefundbrunnen giebt, trifft man bie
falten Quellen ‚nicht weit von den warmen Bädern,
und diefe nicht weit von jenen an; daher fie auch in
Anfehung ihrer Grundtheile nicht viel von einander:
unterfchieden, Außer dem Linterfchiede, den Die Ge-
fundbrunnen in Anſehung der Wärme und Kälte ha⸗
ben, ‚giebt es auch einige Quellen , ‚welche ihr mine⸗
califches. Waſſer nicht beftändig. geben, ‚fondern zu⸗
weilen zu Bf aufhören, nach einer gewiflen Zeit,
Hi —
*
von den Gefundbrumnen. ug
Bingegen ihre mittlerweile gefammlete Waſſerſchaͤtze
wieder mittheilen.
‚Nachdem wir durch die gegebene Umfchreibung der
Geſundwaͤſſer unfere Betrachtungen gehörig einge»
ſchraͤnket, und den Haupfunterfchied der Duellen, fo
weit zu unſerm Zweck dienlich, bemerfet, fo wollen
wir mit möglichfter Aufmerkſamkeit aufehen, mit wie
großem Ernſt und Eifer fleißige Naturforſcher die in
felbigen fchwimmende Theile befonders darzuftellen
ſich bemühet, oder aber nur aus den Wirkungen auf
die Gegenwart gefchlöflen, und: wie weit es ihnen
darinn gelungen Wir wollen erwegen, mie felbige
ſich die Erzeugung ſolcher Waffer vorgeftellee, und
endlich wolfen wir die vornehmſten Eigenſchaften und
Wirkungen, die ſich auf angezeigte weſentliche Theile
gruͤnden, und den Nutzen derſelben betrachten.
Schon im Jahre 1667 hat du Clos bey der Pa⸗
riſiſchen Akademie, die zufanımen mie der Engliſchen
durch ihre Erempel andere zu forgfältiger Unterfu=
hung natürlicher Wirkungen anzufpornen, zugleich
viele Brunnen mit Ernſt und Eifer zu unterfuchen
_.
*
angefangen. hm folgeten Burlet, Chomel, Le⸗
mery, Boulouc; mie aͤhnlichem Fieiße ließen ſich
auch Boyle, 2 ifter und Slare in England die Sa⸗
che gleichfalls angelegen feyn, imgleichen Stahl und
Hofmann in Deutfchland.
Man hat aus felbisen, wie wir oben gefeßen,
infonderheit viel Saugenfalz und einen fubtilen vitrios -
liſchen Geift, bisweilen auch Mittelfalze heraus ge:
bracht, imgleichen viel Luft und eine ſübtile eifenhal-
tige Materie, Sn einigen hat fich’ zugleich Die Ge—
genwart einer Art eines Bergharzes geäußert. Was
| | 24 TEE
\
1}
Ir Phyſicatiſche Na ch he
die Luft und infonderheit die ſubtile eiſenh tige Ma-
terie betrifft; fo ift es ganz gewiß, daß man es nicht
allein in den kalten Brunnen, ſondern zugleich i in vie⸗
len warmen Quellen antrifft. Boulduc unterſuchte
die Paßiſche mineraliſche Quellen, und fand, daß zer-
fioßene Galläpfel dem aus felbigen gefchöpften Waf-
fer eine rothe oder violette Farbe gaben ; wie folches
allezeit geſchieht, wenn man ſie in eine flüßige Mates
vie thut, in welcher Eifenvitriol aufgelöfet iſt. Der
Geſchmack felbit gab ein Zeugnig von der Gegenwart
des Eiſens. Dieſer Geſchmack verlor ſich bey war:
mer Witterung ; im Ealten Wetter hingegen oder an
einem Ealten Orte in wohl zugemachten Gefaͤßen ver⸗
aͤnderte ſich das Waſſer in vielen Monaten nicht. Er
merkte aber doch endlich, daß ſich etwas zu Boden
geſetzet hatte, und daß der eiſenhafte penetrante Ge—
ſchmack zugleich gaͤnzlich aufgehoͤret. Wenn er eine
Bouteille Waſſer in die Sonne ſetzte, da gieng dieſe
Veraͤnderung noch eher vor ſich, und dieſes geſchahe
noch eher, wenn er das Waſſer evaporirte oder de⸗
ſtillirte, er mochte ſich gleich eines ſo geringen Feuers
bedienen, als er immer wollte. Waͤhrender Evapo⸗
ration war das Waſſer truͤbe, es ſtieg eine Menge
Luftblaſen in die Höhe, welche, fo bald fie die Ober-
fläche erreichten, fi verloren, und eine Materie, dar⸗
aus endlich ein dünnes Häutlein wurde, zurück ließen.
So lange die Blafen in die Höhe giengen, fo lange
hatte das Paßifche Waſſer einen eiſenhaften Geſchmack,
und gab zugleich eine Tinctur mit zerſtoßenen Gall-
äpfeln; fo bald aber die Blafen aufbörten, fo. bald
hörte auch diefes mie auf, das Waffer ward hell’ und
klar, nachdem fich etwas zu Boden gefeßet hatte,
Boul⸗
von den Geſundbrunnen. 121
Boulduc feste das Waſſer in einen luftleeren
Kaum, da dehnere fich die im Waſſer eingefchloffene
$ufe aus, indem ihr von außen nichts widerſtund.
Es zeigten ſich große Blaſen, und es ließ nicht an«
ders, als wenn das Waſſer in vollem Gieden wäre,
Er nahm das Waffer nach) einer Viertelftunde aus
dem luftleeren Raume wieder heraus, machte das
Glas mit Sorgfalt zu, feste. inen Falten Det,
und merkte an, daß das Waſſer Ald darauf anfing
teübe zu werden, und daß fich etwas zu Boden ſetzte;
doch dauerte eg wohl beynahe 3 Tage bis fich alles zu
Boden gefegt hatte, da denn der eiſenhafte Geſchmack
zugleich vergangen war. Er fonnte aber von der Öes
genwart des Eifens auch auf diefe Art noch nicht den
»vollfommenften Grad der phyſicaliſchen Gewißheit
haben, ob er gleich von der Menge der Luft in den
mineralifchen Waſſern überzeuget wurde,
Endlich nahm er. eine Deftillation vor, und brach:
te fo viel zumege, daß die ſchweren irdifchen Salz:
und andere Theile zurück blieben. Diejenige Ma:
terie, fo in dem Gefäße, als die fehwerefte, Die un:
terfte Stelle einnahm, fonderte er. von der übrigen
ab, und löfete folche in allen fauren mineralifchen Gei-
ftern auf, welches ein neues Kennzeichen war, daß
es ein metallifcher Körper fenn müßte. So bald er
zu den Geiftern, darinn die Materie aufgelöfet war,
noch zerftoßene Öalläpfel Hinzu that, fo bald entſtund
eine Tinctur, als wenn in felbigen Eifenfeil wäre -
aufgelöfet worden. Wenn er die abgefonderte Ma-
tevie über gefchmolzen Salpeter warf, that es eben
Die Wirkung, die ſonſten Eifenfeil in ähnlichen Um—
ftänden zu tbun pfleget, Da er endlich die Materie
* in
v2 Phyſiealiſche Nachrich
in einer zugedeckten Scherbe ohne Zuſat —
und auf dieſe Art alles Salz, ſo etwa noch der Ma-
terie anhängen mochte, abgefondert hatte, hieng die
Materie auch dem Magnerftein an, und alfo zeigte
ſich vollkommen die Natur des Eiſens. Auf aͤhnliche
Art ſonderte Boulduc das Eiſen aus den Bourbo⸗
niſchen und Vichiſchen Baͤdern. Hofmann, der
den Pyrmonter en unterſuchet verſichert, daß
zerſtoßene Gall heeblaͤtter, und Granatenbluͤ⸗
te, deſſen Waſſer anfaͤnglich blau ‚darauf purpurroth,
und. endlich ſchwarz färbten, und daß, wenn man
fpiritum vitrioli hineingöße, die Farbe ſich verlöre.
Er fchreibe dem Waffer zugleich einen vitriolifchen
Geſchmaͤck zu. Das gelinde Egrifche Brunnenwaſ⸗
fer fol, nach feinem Berichte, durch Galläpfel nur
eine Purpurfarbe befommen. Das Schmwalbaher .
Spa- und Carber- Brunnenwaffer in der Wetterau
follen einen gelben Bodenfaß , die beyden erſten von
zerſtoſſenen Gallaͤpfeln zugleich eine purpurfarbene
Tinctur, das letzte aber nur eine blaue geben. Alle
kurz beruͤhrte Waſſer ſollen zugleich den Stuhlgang
ſchwarz färben, welches die Aerzte als einen neuen Bes _
weis anführen, daß in felbigen ein fubtiles Eifen fi
‚befinden müffe. Wenn man bevenfer, daß Boulduc
aus den Daßifchen Waffern, die auch nur eine rothe
und violerte Farbe durch zerftoßene Galläpfel befom:
men, ein wahres Eifen hervor gebracht; fo ift es
ziemlich wahrſcheinlich, daß man auch aus allen ob-
befchriebenen Quellen ein Eifen hatte zum Worfchein
bringen Fönnen ‚wenn man die Unterfuchung auf aͤhn⸗
liche Art: forcgefeßet hätte, Auc) im Carls und Em⸗
* Bade ſoll man was eiſenhaftiges antreffen. Ob
nun
v) » ) vs r
von den Gefumdbrumnen. 123
nun gleich in verfehiedenen Sauerbrunnen und war:
men Bädern Merkmaale von einem eifenhaften We—
fen gefunden werden; fo foll es doch auch andere ge:
ben, darinn ſich nichts von Eifen zeigen foll, wie
34€. das Selter Brunnenwaffer, das feine Tinctur
mit Gallaͤpfeln, auch Feinen gelben Bodenſatz geben
foll, außer daß es, wenn man zergangen Weinftein-
ſalz hinzugoͤſſe, milchfärbicht würde, ohne daß ſich
etwas zu Boden feßte. Bey dem Toͤnſteiner und
Wildunger Brunnen foll man ein ähnliches wahr»
nehmen; außer daß fich nach Vermiſchung mit zer:
gangenem Weinfteinfalze zugleich eine Falfhafte Ma—
terie abfondern fol. So wird auch das Aachener
Bad von zerftoßenen Galläpfeln im geringften niche
‚geändert. Vieler andern zu gefchweigen. Es giebt
endlich auch folche Geſundbrunnen, die nur ein eiſen⸗
haftes Wefen bey fich führen, und in welchen man
nichts weiter entdecken kann. Zerſtoßene Gallaͤpfel
geben ſolchen Waſſern eine purpurxothe und biswei-
len eine fchwarze Farbe, Man pfleget in den Gefaͤs—
jen, worinn man ein ſolches Waſſer aufbehält, nach
einigen Wochen einen gelben Bodenſatz anzutreffen
welchen man durch die Calcination in einen wahrhaf
figen Crocum Martis folf verwandeln koͤnnen. Zu
dieſen Brunnen rechnet man den Lauchſtaͤdter in Meis⸗
fen, ven Nadebergifchen bey Dregden, den Bebrai-
fhen in Thüringen, den Freywalder in der Marf,
den NWeifenburgifchen in Franken. Aus dem, was.
angeführet, fehen wir , daß das Eifen aus den Brun-
nen, in welchen es fich befindet, nicht auf eine folche
Art abgefondert worden, daß man deflen Berhältnig
zu den übrigen Theilen beſtimmet hätte, er Br
| eicht
24 Phyſicaliſche Nachricht
leicht Deswegen, weil fie fehr Elein, ſich a: ‚ange:
ben läßt. _ Was die Luft betrifft, 0 hält ſich diefe in
allen Alüßigen Materien häufig auf, abfonderlich aber
in den mineralifchen Waſſern, aber doch aud) in eini=
gen mehr, als in andern. Wie ſie fich in den Paßis
fhen Duellen geäußert, haben wir gefehen, Bon
dem Pyrmonter Waffer verfichert Hofmann, daß
es mit diefer elaftifchen Materie fo reichlich verfehen,
daß es im Stande fey, eine zugemachte Flaſche zu
zerſprengen, wenn es nur ein wenig warm gemacht
wuͤrde. Von dem Carber-Waſſer in der Wetterau
ſchreibt er, daß es, wenn es geſchuͤttelt und die Oeff—
nung der Bonteille mit einem Daumen zugehalten
würde, nach abgefegtem Daumen mit ftarfem Ge-
räufch 8 bis 10 Schritte weit heraus Ipeige, fo auch
von vielen andern Quellen. Ti
Sobald Boulduc gewiß war, daß in den Paßi-
fehen mineralifchen Waffen ein fubtiles Eifen befind:
lich, mußte er als ein ſcharfſinniger Naturforſcher
darauf denken, wie es moͤglich waͤre, daß ein Eiſen
von ſolchem Waſſer koͤnnte aufgelöfet werden. So
iel fahe er, daß nad) einer vorhergegangenen Bewe⸗
@. die Eifentheile von dem Waffer abgeſondert
wurden; die Bewegung mochte nun entweder durch
die Wärme, oder auch durch Die Ausdehnung der in
dem Waſſer eingefchloflenen Luft in einem luftleeren
Raume entftehen. Er wußte dabey, daß das Eifen -
nur von einem fauren Spiritu Fönne aufgelöfet wer⸗
den. Hierauf kam er num auf die Gedanken, zu
unterſuchen, ob ſich auch ein dergleichen faurer we
von den mineralifchen Waffern abfondern ließe.
war ihm bekannt, daß viele BE ſolches u:
‚sen,
von den Gefundbrunnen. 125
‚sen, inzwifchen ihren Ölauben nur darauf gründeten,
daß fie in den mineralifchen Waſſern einen vitrioli-
ſchen, und bisweilen einen weinſaͤuerlichen Geſchmack
wahrgenommen, oder aber, daß ſie, nachdem ſie
in die mineraliſchen Waſſer Gallaͤpfel geſtreuet, bes
merket, daß ſelbige eine Farbe bekommen, welches
ſie fuͤr ein Merkmaal nicht allein von der Gegenwart
des Eiſens, fondern auch eines mit einem Eiſen ver⸗
‚einigten Bicvioffpirieug oder eines Vitriolfalzes ges
halten. Er wußte, daß fie diefen Bitriolfpiritum
dabey für fo flüchtig Bielten, daß er fi) durch ale
chymiſche Künfte nicht auffangen ließe, Ob ihm nun
‚gleich nicht verborgen war, daß fie ihren chymifchen
Glauben auf chnmifche Berfuche gründeten, indem
fie öfters die mineralifchen Waſſer eine Weile an eis
nem warmen Orte pflegten ftehen zu laffen. Da fich
felbige durch zerftoßene Galläpfel nicht mehr verän:
dern liegen, fo ließ er fich doch nichts anfechten; er
bemühete ſich, den fauren vitriolifchen Geift von dem
Paßiſchen Waſſer wirklich abzufondern, Zu diefer
Arbeit wurde er aufgemuntert, da er nicht allein ſelbſt
viele Anzeigungen von der Gegenwart deffelben hatte,
fondehn zugleich wußte, daß fein Vorgänger du Clos
denfelben aus einem gewiffen Brunnen dur) die Des
ſtillation ſchon vorlängft hervorgebracht, und daß
Stahl ausdruͤcklich behauptet hatte, es ließe ſich dere
felbe aus den mineralifchen Waſſern fheiden.. Er
Fonnte ſich nicht .einbilden, daß der. Bitriolfpivitus |
währender Deftilfation gänzlich verloren. ehen fünnte,
und meynte, es müßte fich in der nach der Deftillas
tion zurücfgebliebenen Materie, wovon er das Eiſen,
wie e oben gemeldet, abgefondert. ‚ noch ein ſolcher Spi»
ritus
/
126 Phyficalifche Nachricht
ritus befinden. Cr löfete alfo von der Materie im
Waffer fo viel auf, als fih auflöfen ließ, goß, was
fich aufgelöfee hatte, von dem übrigen ab, und eva-
porirte davon das Waſſer; das zurückgebliebene Sal;
deftillivte er ohne allen Zuſatz, und freuete fich herz:
Tich , da er bey einem gelinden Feuer einen Nebel her-
auf fteigen fahe, der fich allgemach an die innere Slä-
che des Halfes der Vorlage anfeßte, und endlich in
Geftalt fetter Streifen herabfloß. Da er die Deftil-
lation fortfegte, gieng auch ein wahrer mineralifcher
Schwefel in die Höhe, und feßte fi) an den Hals
der Vorlage an. Wie diefer Schwefel währender
Deftillation habe erzeuget werden Zönnen, werden wir
unten an feinem Orte fehen. Der auf befchriebene
Art von den mineralifchen Waffern abgefonderte Spi⸗
ritus hatte einen ſaͤuerlichen Geſchmack, einen Fräfti
gen und penetranten Geruch nad) abgebranntem
Schwefel. Es war alfo ein fehr flüchkiger Schwefel-
fpiritus. Boulduc glaubte, daß die Natur im
Stande wäre, in ihrem unterirdifchen Laboratorio die—
fen Geift mic dem Eifen zu verbinden, und ein Bi:
triol darzuſtellen, desgleichen die Natur nicht, nach-
machen Fönnte, Er hatte dabey das Vertrauc daß
viele andere mineralifche Waffer ebenfalls einen fol-
en Spiritum befigen müßten. Hr. Seip bat aus
3 Pfunden vom Pyrmonter Brunnenfalze 6 Loth von
einem flüchtigen Vitriolſpiritus, und ein Duentchen
vom ordentlichen Schwefel befommen. Du Clos
hielte vorlängft dafür, dab man die Wirfungen der
- mineralischen Waffer hauptfächlih einem folchen Gei-
fe zufchreiben müßte. So bald als man in Schwe-
ben 1678 den erften Gefunbbrunnen entdeckte, und
ein
von den Gefundbrunnen. 127
ein Schwedifcher Arzt, Namens Hioͤrna, Gelegen-
‚beit bekam, Die = deffelben und anderer Bruns
nen zu erforfchen ‚WeHauptete er in einem heratisge-
gebenen Tractat, daß die meiften Wafjer einen fauren
flüchtigen Geift bey ſich fuͤhreten, den er mit einer
vom Helmontio entlehnten Benennung gas belegte, .
der fic) bisweilen offenbar durch einen penetranten
und prickelnden Geruch zu erkennen gäbe, wie z. €,
im Schwalbacher⸗ Spa- Pyrmonter: und Egrifchen
Waller, und andern mehr, Ob nun gleic) dieſer
Spiritus in den meiften Brunnen angetroffen wird;
fo bleibet er doch mit felbigem in einem Gefäße außer
der Duelle lange nicht vereiniget. In den Quellen felbft.
hingegen verfpüret man ordentlich Feine Abnahme der
Kräfte. Es giebt alfo einen fubtilen fauren Bitriol-
geist in den Gefunddrunnen, und einige Quellen ba:
ben eine fo merflihe Säure, daß Darenius in fei:
ner Geographia generali fchreibt, daß im ſchwefel⸗
reichen Rönigreiche Sitilien eine Quelle fen, aus wel-
cher man fich des Waſſer anftatt des Eßigs foll be
dienen koͤnnen. Die befchriebene Art, den flüchtigen
vitriolifchen Geift aus den mineralifchen Waflern ab-
zufondern ‚ überzeugte den Herrn Boulduc, daß der.
faure Geift eben nicht ganzlicd) durch die erfte Deftil-
lation verloren gegangen war. Doch muß fich von
felbigem etwas verlieren; denn durch bydroftarifche
Berfuche hat man gefunden, daß die mineralifchen.
Waſſer, wenn fie eine. Weile in freyer $uff an einem
warmen Orte ſtehen, nicht mehr Die vorige Art der
Schwere haben, fondern von ſchwererer Art find, als
frifches aus eben denfelben Quellen gefchöpftes Wah
fer. Diefes zeige an, daß viele Theile von leichterer
Art
228 PVooficatifihe Nachricht
Are flüchtig worden. Doch alles diefes konnte niche
hinlaͤnglich feyn , den Herrn Boulduc zuüberführen,
daß der faure Geift gänzlich davon Flöhe, da er, den»
felben wirklich abgefondert hatte, Inzwiſchen mwollce
er: den zureichenden Grund wiflen, warum diefer faure
Spiritus in dem Pagifchen Waller das Eifen verlaffe,
und fi) mit einer andern Materie: vereinige, Er
wußte, daß ein faurer Spiritus beftandig eine metal⸗
liſche Subſtanz verlaͤßt, ‚wenn er fih mit Laugenſal⸗
zen vereinigen kann, wie denn dieſes der natürliche
‚und ordentliche Weg: ift, dejlen ſich die Naturforſcher
bedienen, eine metalliſche Subſtanz von einem ſauren
Spiritu zu ſcheiden. Wenn man z. E. zum aufge:
loͤſten Vitriol Weinſteinſalz hinzuthut, oder aber ein
anderes Laugenſalz; ſo entſteht ein Wallen, die me—
talliſchen Theile vom Vitriole fallen zu Boden, der
faure Geiſt des Vitriols vereiniget ſich mit dem Wein-
ſteinſalz, und der vitrioliſche Geſchmack aͤußert ſich
nicht mehr. Eben ein ſolches Wallen bemerkte
Bonlduc in den Paßiſchen Waffern, fo bald eine
Außerliche Bewegung Durch Wärme, oder fonft die
verfchiedenen Theile in denenfelbenan eitander ftießen;
Solches nahm er als ein offenbares Merfmaal an,
daß die laugenhaften und fauren Salze in einander
wirften. Die Folge, da das Eifen zu Boden fiel,
und der vitriolifche Geſchmack ganzlic) aufhörete, bes
wies die Sache ebenfalls.
Anfänglich konnten ſichs die Naturforſcher nicht
einbilden, daß ein Laugenſalz in den mineralifchen
Waſſern Statt finden koͤnnte; weil ſie daſſelbe ſonſt
durch ein gewaltſames Feuer bereiten muͤßten, indem
ſie die Pflanzen zu Aſchen verbrannten, und * der
auge
von den Gefundbrunnen. 129
tauge diefer Alche das Salz hervor bringen mußten.
Sie konnten nicht:begreifen , wie Die Natur im-mine-
ralifchen Reiche dergleichen. Salze ‚hätte verfertigen
Fönnen. Du Clos und. viele andere mit ihm ge»
traueten ſich alſo nicht, das folchem ähnliche Satz
mit dem Namen eines Saugenfalzes zu belegen; fon-
dern nennfe es das Nitrum oder Natrum der Alten.
Liſter nannte es ein kalkichtes Nitrum. Sie ftimm-
ten darinn uͤberein, daß ſie es nicht fuͤr einen wahren
Salpeter hielten, ſondern fuͤr eine gewiſſe Materie,
die mit einem laugenhaften Salze eine große Aehn—
lichfeit haͤte. Die Neuern ftehen - im geringften
nicht bey fich an, in-den meiften Gefundbrunnen ein
wahres taugenfalz zufuchen, und.demfelben vie afler-
edelſten Wirfungen in dem menfchlichen Körper bey:
zulegen. : Sie evaporiren oder deſtilliren die minera-
liſchen Waſſer, die zuruͤckgebliebene Materie augen
‚fie durch deſtillirtes Waſſer aus, kochen die Lauge ein,
ſetzen alsdenn das Gefaͤß an einen kalten Ort, und
finden, daß ſich meiſtentheils Kryſtallen anſchießen.
Wenn fie auf dieſes Salz einen laugenhaften Spiri-
- tum, ls den Urin, und Hirſchhornſpiritum, imglei-
hen ein zergangenes Weinfteinfalz,, oder auch aufge:
loͤſete Potafche gießen, nehmen fie Feine Beränderung
wahr. ya nicht einmal, wenn fiefolche flüßige Ma—
ferien in frifche mineralifche Waſſer tröpfeln,
Dieſes zeiget an, daß in dem: Salz und in dem
Waſſer Feine oder wenig Säure ſich befinde. So
bald man aber einen fauren Spiritum, und bey eini-
gen, die fonderlich viel Laugenſalz in fich haben, nur
etvwas vom Rheinwein eingießet, fo. bald enefteht ein
heftiges Wallen , und endlich, wenn das Sieden auf
4 Dand, 3 boͤret,
m en
dem — * sr Sekhrisbenen Are die Be
Salz: und andere Theile von den mineralifchen Waf-
fern geſchieden, hatte fo viel davon aufgelöfer, als fich
davon auflöfen ließ, darauf von dem aufgelöften die
Feuchtigkeit wieder evaporiret, und daffelbe in Kry⸗
ftallen anſchießen laſſen, und endlich aus den Kryftal-
len, wie mir oben gefehen, den ſauren vitrioliſchen
Spiritum deſtilliret; fo loͤſete er, was in der Netorte
zurück geblieben, ‚im Waſſer noch einmal auf, evapo⸗
rirte die Feuchtigkeit, und ließ fihs darauf in Kry⸗
ftallen anſchießen. Diefe Kryſtallen ftellten ein wah⸗
res Olsuberifches Salz dar, nach dem Geſchmack
und äußerlihem Anfehen. Weil nun ferner Boul⸗
duc nicht unbekannt war, daß aus einem; Bitriölöf
und Meerſalz Das Blauberifche: Salz durch die
Kunft ſich hervorbringen läßt; fo muthmaßete er des⸗
wegen, es möchte auch in den Paßifchen Waſſern, wie
du Clos von verſchiedenen ‚andern Gefundbrunnen
verſichert, wirklich ein Meerfalz anzutreffen ſeyn. Es
verriech fich ihm ein folches glücklich) auf folgende Art.
Er ſtuͤrzte im Scheidewaſſer aufgelöftes Silber in
den Paßifchen Waſſern zu Boden, (indem er von dem
aufgeloͤſten Silber einen Tropfen nach dem andern in
eine Portion mineraliſchen Waſſer eintroͤpfelte) und
ſammlete eine Menge von ſolchem zu Boden geſtuͤrz⸗
ten Silberkalke, vermiſchte ſelbigen mit gleichviel
| Sinnober; und deſtillirte die Materie i in einer a |
er
von den Gefundsrumnen. 131
Der Schwefel müßte ſich nothwendig von dem Zin—
nober trennen, und dem GSilberfalf anhangen, dag
Salz Hingegen, welches fid) an das untergeſtuͤrzte
Silber angefeßet hatte, vereinigte fich mit dem Queck—
filber,, der in dem Zinnober befindlich , feßte fich oben
an den Hals der Phiole an, und war nichts anders,
als ein wahrhaftiger Mercurius fublimatus. Da
nun diefer ohne Küchen: oder Seefalz nicht kann ge:
macht werden; fo fchloß er, daß ſich an das Gilber
ein folches Salz angefeger hätte. Weil nun das Sil-
ber von dem Scheidewaſſer durch die mineralifchen
Waſſer mar abgefondert worden „fchloß er weiter, daß
fih) aus den mineralifchen Waſſern an das Silber et-
was vom Meerfalz angefeger häfte, Es verrieth fich
ihm in den Bourbonifchen Waſſern eben auch diefes
Salz. Er brachte endlich gar die Krnftallen von ei»
nem wahren Meerfalze wirklich aus diefem Duell:
waſſer hervor. Bon dem Pyrmonter Brunnen fchreibee
Hofmann, daß er daraus, nach angeftellcer Evapo—
ration, eine Materie heraus gebracht, Die, nad) hin⸗
zugetröpfeltem Bitriolöl , alfofort einen. fubrilen
Dampf von fich gegeben, der heftig in der Naſen ges
fißelt, eben wie e8 zu gefchehen pflegt, wenn man ge=
meines Salz mit Bitriolöl vermiſcht. Eben ders
gleichen gefchahe aud) mir dem Tönfteiner Brunnen:
ſalz, nachdem er einige Tropfen von dem ftärfften
Vitrioloͤl hinzugetröpfelt. Wenn man 2 Pfund von
dem. Wisbade verrauchen läßt, foll 3 Duentlein tros
ckene Materie zurückbleiben, welche in glüenden Koh—
‚len praffeln, von wenigen Tropfen eines Bitriolöls
‚in eine heftige Wallung gerathen, und einen durch.
' dringenden Dampf, eben als wenn man gemeines
2 | 52 Salz
,
132 Phnfiealiiche Nachricht
Salz und Bitriolöl mit einander. vermifche, von
fi) hauchen fol. Liſter und viele andere haben in
verfihiedenen Brunnen etwas von einem gemeinen
Salze gefunden. Daß die Paßiſchen Waffer ein
Mittelfalz geben, von der Art, als des Glanbers
wunderbares Salz, haben wir gefehen. Eben ein
folches geben auch die Bourbonifchen Quellen, und
die Egrifchen Brunnen in Deurfchland, imgleichen
die laulichte Duelle im Carlsbade, ver Mühlbrunn
genannt. So giebt es noch viele andere Brunnen,
die mit dergleichen Salz verfehen. Hiebey wollen
mir nicht unbetrachtet übergehen, wie Boulduc dem
Zweifel derjenigen begegnet, Die oben befchriebene Art,
die Salze ausden mineralifchen Waffern abzufondern,
deswegen getadelt, weil man nicht vergewiſſert feyn
koͤnnte, ob dergleichen Salze, die man bervorbringt,
ſich wirklich in den mineralifhen Waflern befänden,
oder ob fie nicht durch ein heftiges Feuer währender
chymiſcher Operation erzeuget würden. Er ließ. eine
Menge Waffers aus den warmen. Bourbonifchen
Quellen gefrieren, flug das Eis in Stuͤcken, und
fand in der Mitte klares Waffer, fo einen fehr lau⸗
genhaften Geſchmack hatte. Da diefe auge davon
flog, nahm fie ganz vollfommen formirte Kryſtallen
mit ſich, die eine vollfominene Aehnlichkeit mit den
Kryftallen hatten, die durchs Feuer aus eben diefem |
Quellwaſſer waren hervorgebracht worden , außer daß
fie Eleiner waren, a
Mittel-
Ob man nun gleich bisweilen dergleichen M
falze, wie im vorhergehenden befchrieben , in den Ge:
fundbrunnen antrifft, fo gefchiebet das doch nicht ore
dentlich. Ordentlich aber-foll man ein fires faugen»
; Be | ſalz
X
von den Gefundbrunnen. 133
falz ohne Säure in denfelben antreffen, und zivar in
den warmen Bädern mehr, als in den Falten Bruns
nem: Don diefem Sal; trifft man in den beiten Ges
fundbrunnen in Anſehung der übrigen Grundtbeile
am meiften an. Hofmann hat im Carlsbade nach
Abrauchung des Waffers aus 2 Duentlein ruͤckſtaͤn⸗
diger Materie ı Scrupel Jaugenfalz befommen. Aus
dem Bollifchen Brunnen im Herzogthume Würten-
berg und aus dem Emfer Bade in der Wetterau foll
man eben fo viel Saugenfalz ziehen. - Von dem Aache-
ner Bade fol ı Pfund Waffer 20 Gran taugenfalz
geben. Aus den Bourbonifchen Bädern in Frank:
reich hat Chomel aus einem Pfund Waſſer 20 Gran
Saugenfalz befommen. So follen auch die Töpliger
und Hirfchberger Bäder aus 6 Maag Wafler ein
Quentgen $augenfalz geben. Der Selter Brunnen
giebt aus 2 Apothekerpfunden 2 Scrupel taugenfalz.
Der Buchfäurlinger giebt aus eben fo viel Pfunden
ı6 Gran Saugenfalz, die Wildungifchen aber nur 4
Gran. Sonſten wallen unterfchiedene andere Waſſer,
wenn fie mit fauren Sachen vermiſcht worden, auf,
und zeigen alfo fehon hierdurch an, daß fie ein dem
fauren Salz entgegen gefegtes Laugenfalz bey fich füh-
ven, wie 3. E, das Pyrmonter: Spa: und Schwalbe:
her Waſſer, der Gerbersweilifche und Greisbachifche
Brunnen im Elſaß, der Sanditeinifche in ber Pfalz
nicht weit von Andernach ; der Brubels-Brunnen,
das Wildbad im Herzogehume Würtenberg ;der Uber» -⸗
linger , imaleichen der Göppinger in Schwaben; die
Paßiſchen Waffer und Bourbonifchen Bäder ıc.
Außer dem, daß diefes Salz, wenn es mit faus
ren Spiritibus verfeßet wird, ein Mittelſalz machet,
" — giebt
hadı nlige ' ua
134 Phnficatifche Nachricht
giebt e8, wenn es mit ammonicaliſchem Salze vermi-
ſchet wird, einen penetranten urinöfen Geruch ; ftür.
zet aus einer Bitriolfolution das Eifen zu Boden;
zergehet in der freyen Luft, und wird flüßig, wie ein
Weinfteinfalz; kann feine Milch gerinnend machen,
die Milch mag falt oder warm feyn, fondern loͤſet
eine geronnene Milch vielmehr auf, und erhält folche
eine Zeitlang flüßig. Diefes Saugenfalz in ven mis
neralifchen Waffern ift firer Natur, und verfliegee
nicht im Feuer, Es giebt bisweilen aud) ein flüchtiz
ges Laugenfalz in den mineralifchen Waſſern, und.
fonderlicd) den Falten; Denn wenn man das aus eini=
gen Quellen gefchöpfte Waffer alfobald mit ſauren
Sachen vermifcher ‚fo entftehet gleich ein Wallen und
Brauſen. Laͤßt man es aber eine Weile ftehen, oder,
machet, daß durch Kochen die flüchtigen Galze ver»
fliegen, fo gefchieht diefes nicht mehr, ob man gleich
nad) vollbrachter Evaporation im Grunde des Ge:
füßes nod) eine laugenhafte Erde antrifft. Diefe
laugenhafte Erde trifft man aber nicht allein in dem
Duellen an, in welchen ein fluͤchtiges Saugenfalz ſich
befindet, fondern aud) in vielen andern. Bisweilen
ift fie ungemein weiß und zart. ine folche pflegen.
die Chymici zu brennen, und befommen daraus eine
Materie, die im Wafler einen Sod machet , wie der,
befte ungelöfchte Kalk. Einige Gefundbrunnen find
weder mit einem fubtilen Eifen, noch mit taugenfalzen,
noch auch mit fubtilen vitriolifchen Geiftern verfeben,
fondern führen nur ein bitteres Salz mittlerer Gat-
fung, und fonft trifft man in felbigen nichts an, wo⸗
von man fic) große Wirkungen im menfchlichen Leibe
verfprechen koͤnnte. Es follen aber felbige er Kar, ;
von den Geſundbrunnen. 135
ſeyn. Hofmann hat aus dem Sebliger Brunnen
dergleichen Salz heraus gebracht, ‘welches er aus ei»
nem Falfhaften Wefen und fauren Salz zufammen
geſetzt zu ſeyn glauber. ‚© Andere ſollen nebſt dem kalk⸗
haften Salze ein wenig von gemeinem Salze bey fich
führen, als der Rageburger Brunnen. |
Eublich wollen wir unterſuchen, in wie fern ein
mineraliſcher Schwefel in den mineraliſchen Waſſern |
fich aufhalten koͤnne. Daß Here Seip einen mine=
ralifchen Schwefel befommen ‚indem er. den fauren
vitrioliſchen Spiritum von dem Pyrmonter Brunnens
waſſer abſondern wollen, imgleichen auch Boulduc,
das haben wir oben geſehen. An und fuͤr ſich kann
nach der Chyinieorum Meynung ein wirklich aufge—
loͤſter mineraliſcher Schwefel in den mineraliſchen
Waſſern ſich nicht befinden. Oben aber kann er,
wohl ſtuͤckweiſe oder in Geſtalt einer ſubtilen Haut
ſchwimmen. Das, was. folche, beruͤhrtes zu glaue
ben, überredet, it, daß, im Fall eine dergleichen
Auflöfung vorgienge , ber fogenannte hepar fulphu-
ris entftehen, und fich durch den Geruch verfaulter
Eyer verrathen wuͤrde, welches ‚aber nicht gefehieht.
Boulduc fand in den Paßiſchen Waſſern ein Berg⸗
harz, oder eine aus Bergharz und Meerfalz vermifchte
Materie; denn wenn er auf felbige ein Vitriolöl goß,
verflog der penetrante Geift des gemeinen Salzes
merflich. Er war bemuͤhet, von dem Meerſalze dieſes
Bergharʒ zu ſcheiden. Er goß alſo zu der Materie
eine gewiſſe Portion Vitrioloͤl, und deſtillirte dieſes.
Das faure hinzu gegoſſene Vitrioloͤl vereinigte ſich
leicht mit der laugenhaften Erde des Meerſalzes, und
ſtellete das wunderbare Glauberiſche Salz dar.
J411 Der
fen durch Erdbeben und durch Auswerfung En
nr, > lam-
Flammen u und. ein atmen ein. ſchreckenvolles
Spiel erregen kann. Lemery zeigte, daß man der
Natur dieſes Spiel nachmachen koͤnnte. Er machte
aus 5o Pfund ſubtil zerftoßenem Schwefel und ‚eben
ſo viel reinem. Eiſenfeil vermittelſt reines Waſſers
einen dicken Teig, legte ſelbigen in einen Topf, deckte
den, Topf mit Leinwand zu, und verfiharrte ihn ı Fuß
tief in die Erde, Mad) 8 Stunden ungefähr fieng
ſich die Erde an in die Höhe zu begeben und zu bor⸗
ſten. : Es fuhr aus den Ritzen ein fchweflichter
Damnf und, endlich eine Flamme heraus. Nachdem
die Flamme aufgehörer, nahm er ‚eine rund um: Die
Risen ausgeftreuete gelbe und ſchwarze Materie wahr.
Haͤtte er mehr Materie genommen, wuͤrde er es der
Natur noch beſſer nachgemacht haben. Die in der
Materie eingeſchloßene Luft mußte durch Die von aus:
fen eindringende Wärme ausgedehnt, und die Ma:
terie in Bewegung gefeßet werden. Das Eifen mufte
an den Schwefel anftoßen, Die Säure im Schwer:
fel, „welche ein vollfommenes Vitriolol iſt, mußte,
wie ordentlich geſchieht, das Eiſen aufloͤſen, und eine
iße erregen. Durd), diefe Hige mußte die einge
loßene Luft noch mehr ausgedehner, die Erde alfo
aus einander. getrieben, und Durch- den Zufluß der
£alten Luft die verbrennliche Materie des Schwefels
angezündet werden, und alfo durch die Rice in Ge⸗
ſtalt einer Flamme heraus fahren.
Lemery glaubte, daß die Natur in feuer⸗
foeyenden Bergen einer ähnlichen Materie ſich ber
diente. Dieſes glaubte er um fo viel eher, weil er
wußte, daß man, nachdem derjelben ſchreckhafte Wir»
kungen aufhörten „wirklich vie Schwefel um den
(reschi] J5 Bergen
135 Achri
Bergen auf der Oberflaͤche der Erde date; in den
Ritzen der Erde aber, mo die Flamme heraus gefab-
ven, eine Materie, die den Eifenfchladen, die fich in
den Schmiedehůtten von dem Eiſen ſcheiden ‚ hnlich
wäre, fich befaͤnde. Da nun auf diefe Art Flarift,
daß unter der Erde auch in den kaͤlteſten Weltgegen
den, wie z. E. in Island, ein Feuer kann erzeuget
werden; fo ift nicht unbegreiflich, daß auch an den
Heten, wo es warme Quellen giebt, dergleichen un
terirdifche Hige'entftehen koͤnne, wodurch die minera⸗
tifchen Waſſer koͤnnen gekocht anb: erhitzet werben;
und diefes um ſo viel mehr, je‘offenbarere Ange
at. "Hofmann, der
id ohne allen Zwa.
fel auf alles genau Achtung gegeben, was er vermey-
net, zur Erforſchung der Natur der Gefundbrimnen
etwas beyzutragen, verfichert ‚daß die Erde im Carls⸗
bade fo warn wäre, daß die Leute gezwungen wür-
den, ihre Keller außer der Stade in Bergen anzule⸗
gen, und daß auf der Straße wegen der Wärme der
Schnee im Winter fehr bald ſchmelze. Ja auch
außer der Stadt ſoll es Stellen geben, wo der Sch
leichte aufdauet. In dem ganzen Elbogiſchen Die
ſtrict giebt e8, nach des Jeſuiten Bogislai Bal⸗
bini Bericht in ſeinen Sammlungen zur Hiſtorie des
Koͤnigreichs Böhmen, eine große Menge Steinkoh—
fen, und bey Falkenau foll ein Berg gelegen fern,
unter dem es beftöndig brennen ſoll. Wenn man
vas Ohr an die Erde hält, ſoll man ein ſtarkes
Braufen und Raufchen vom Winde und euer hören.
Wenn ſich das Werter merklich ändert, foll’der Berg
—* und Tag ganz heue brennen, a
ſichert,
von den Geſundbrunnen. | 139
ſichert, daß man fehon vor 200 Jahren nicht weit vom
Carlsbade Vitriolwerke angelege gehabt. Im Aa-
chener Bad trifft man wirklich mineralifchen Schwe⸗
fel oben ſchwimmend an, und in der Gegend herum
eine große Menge Salmen. An allen übrigen Or⸗
ten, wo es warme Bäder giebt, foll es zugleich Schwe-
fel und Eifenfiefe in großer Menge geben, oder aud)
Steinfohlen und Bergbarz. Erweget man Diefes,
und vergleiche es mit Dem, mas von den feuerfpeyen:
den Bergen da gervefen ; # ift leicht zu erachten, daß
folche Materien, wenn Waſſer durch felbige Durch»
dringet, in eine innerliche Bewegung gerathen und
fich erhitzen müffen. Fließet nun nicht weit von der⸗
‚gleichen erhisten Materien eine Duelle, fo muß noth⸗
wendig felbige von der ſich ausbreitenden Hitze geko—
het werden, und auf dieſe Art muͤſſen die warmen
Bader entftehen. Die Naturforfcher fehen aus den
Naturgeſchichten alfo fehr wohl, daß die Natur dies
jenigen Derter, wo es mineralifcdye Quellen giebt, mit
Schwefel und eifenhaltigen Materien oder aud) Berg⸗
harzen und Steinkohlen verfehen; fie fünnen, aber
nicht fo leicht: begreifen , wie ſich ein flüchtiges und
fires Saugenfalz in der Erden erzeugen Fünne. Daß
die Natur, die fonft eine Liebhaberinn von beftändi-
gen Verwandlungen ift, aus fo viel 1000 Millionen
in und über der Erden faulenden und in die Afche ger
lex gten Pflanzen, Thieren, Wuͤrmern und Ungeziefer
ein fluͤchtiges und fires $augenfalz fcheiden, und in ei-
ner lockern, Falkichten, trocfenen und eifenhaltigen
Erde, worinn fie feine Pflanzen findet, Denen folche
Selze zur Nahrung dienen fonnten, ſammlen, und
durch eine durchfließende Wofferader aufloͤſen koͤnne,
kommt
fommt ihnen gar nicht ——— weil fie
weder ein flüchtiges noch fires Saugenfalz in der Erde
Fön bie — —— Betrachtung —
oͤnnen.
Zwar machen die ſuheſten Fluͤſſe, in welchen man
nichts ſalziges ſchmecken, oder aus denſelben ſonſt
zum Vorſchein bringen kann, die See ſalzig; aber
doch auch dieſes will nicht hinlangen die beruͤhrte Art
der Erzeugung der Laugenſalze in der Erden wahr⸗
ſcheinlich und beliebt zu machen. Inzwiſchen zeiget
ſich doch wirklich, wie wir oben geſehen, in den mi-
neraliſchen Waffern bald nur ein flüchtiges, bald nur
ein fires Saugenfalz. An den Dertern, wo es mines
ralifche Quellen giebe, findet man aber nur eine kalk⸗
bafte, fette, leimichte, ſchwefel und eiſenhaltige Erde.
Einige geben ſich alfo große Mühe, aus- etlichen von
diefen Grundtheilen die Erzeugung der Salze begreif⸗
lich zu machen. Sie fagen, daß durch einen fauren
Schmefeldampf eine kalkichte Erde in ein wahres Lau⸗
genfalz koͤnne verwandelt werden; wie fie denn wirf-
lich) aus Kreide, Kalf, Gips, und anderer augen»
haften Erde, nach gefehehener Berfegung mit fauren
Geiftern, ein Saugenfalz darftellen, das alle diejeni-
gen Proben aushält, die man in dem aus ben mine
raliſchen Waffen abgefonderten wahrnimmt. Gie
geben alfo vor, daß, wenn eine laugenhafte Erde von
einem geringen Vorrath der fubtilften ſauren ſchwe⸗
feligten Dünfte durchdrungen winde, aus folcher ein
flüchtiges Salz würde. Wenn hingegen die eifens
und fehmefelhaftigen Materien ſich aufs aͤußerſte er
Bigten, ftiegen auch groͤbere Duͤnſte i in die Hoͤhe, und
vereinigten ſich genauer mit einer laugenhaften Erde,
und
von den Geſundbrunnen. 141
und auf diefe Art müßte ein fixes Laugenſalz in die
Quellen fommen. Andere Chymici aber merfen
wohl, daß feine vollfommene Gewißheit in der Sa⸗
che fen, weil jene aus einer Falfichten Erde mit einem
fauren Spiritu ohne Zuthuung einer Menge Holz:
Fohlen das fire Laugenſalz nicht machen koͤnnen. Sie
glauben alſo, daß ein wirklich Laugenſalz in der Er:
den ſich befinde, und das kommt ihnen um fo viel
wahrfcheinlicher vor, weil fie aus den Maturgefchich-
ten wien, daß man folches Salz in Egypten habe,
welches man FTaffpn nenne, und daß die Einwoh-
ner zu Smyrna pheſus aus einem dergleichen
mineralifchen Laugenſalz ihre Seife zu machen pfleg-
ten. Inzwiſchen finden fie es eben aud) nicht an den
Orten, wo es Quellen giebt, fie möaen fo forgfältig
ſuchen, wie fie immer wollen , in fo großer Menge,
Daß fie es aus der Erden auslaugen Fünnten. Sa,
wenn fie e8 gleich fanden, fo müßten fie doch noch ein
flüchtiges Laugenfalz fuchen. Es giebt noch andere
Chymicos, die das fire Laugenfalz aus dem flüchtigen
und einer Falfhaften Erde zufammengefegt zu fern ver-
meynen. Auf diefe Gedanken gerathen fie, weil fie
‚aus eben den Pflanzen, aus deren Afche fie. ein fires
Laugenſalz ziehen, waͤhrender Faͤulniß einen fluͤchtigen
laugenhaften Spiritum, nach der Faͤulniß hingegen
nicht ein Staͤubchen von einem firen Saugenfalz her⸗
vorbringen * Sie ſchließen alſo hieraus, daß
das fire Salz nothwendig aus dem flüchtigen und ei⸗
ner andern Materie zufammengefeßt feyn muͤſſe.
Weil fie nun, indem fie das fire Laugenſalz öfters
‚auflöfen, wahrnehmen, daß fich von felbigem eine
ſubtile Erde ſcheidet; fo urtheilen fie, daß. * fr
ubtile
ſubtile Erde ſich mit dem flüchtigen Sah 5
muͤſſe, wenn ein ſixes Salz entſtehen ſoll.
nun, daß ſich ein fixes Salz durch eine genaue ie |
einigung mit einem flüchtigen erzeugen ließe; fo ha⸗
ben fie nichts defto weniger den Knoten noch aufzulö-
fen, wie ein folches in die Erde fomme, da es felbi»
gen unmahrjcheinlich vorfomme, daß die in und auf
der Erden faulende Pflanzen, Thiere, Würmer } Uns
geziefer ꝛc. Dazu was betragen fönnen,
Aus diefem, was wir angeführet, ſiehet der ge /
neigte Leſer, daß die Art von zeugung der Lau⸗
genfalze in den mineralifhen Wäller noch Zweifeln
unterworfen, die man vielleicht mit der zeit —
aufloͤſen wird.
Die Erzeugung der ſauren — Geiſteri in
den mineraliſchen Waſſern koͤnnen —9— die Herren
Chymici ſchon leichter vorſtellen. Sie finden an den
Orten, wo es mineraliſche Quellen giebt, eine eifen-
und ſchwefelhaltige Materie, Bergharze, Steinkoh—
len ꝛc. fie wiſſen, daß die Materien, menn fie durchs
Waſſer vereiniget werden, fich erhißen, weil die in
dem Schwefel befindliche Säure dadurch, dafs fie
das Eifen angreift und auflöfer, eine Hitze verutfas
het, wodurch) der verbrennliche Theil des Schwefels
ebenfalls in eine Bewegung kommt. Sie wiſſen,
daß aus einem im Vitriolſpiritus aufgeloͤſten Eiſen
nach einer kurzen Evaporation ein Vitriolſalz entſte⸗
het. Es kommt ihnen deswegen ſehr begreiflich vor,
daß aus einem ſubtilen Eiſen in der Exde und einem
ſubtilen Schwefelfpiritus gleichfalls’ ein Vitriol ent⸗
ſtehen koͤnne, der wegen der viel fetten Th ile die
ihm anhiengen , niche von einem fchlechten Waſſer,
von den Gefundbrunnen. 143
zohl aber von einer Lauge, wie die mineraliſchen
Waſſer, wären; konnte aufgeloͤſet werden. Weil aber
auch die anhaͤngende Fettigkeit ſehr ſubtil waͤre; ſo
koͤnnte fie. durch eine geringe Bewegung von dem ſub⸗
tilen Vitriol gefchieden werden, morauf Die Laugen⸗
ſalze in die Vitriolſaͤure wirken, ein Wallen verurſa⸗
hen, und ſich mit derſelbigen vereinigen koͤnnten, da
denn die ſubtile eiſenhaltige Materie zu Boden fallen
muͤßte; inzwiſchen wuͤrde auch eine Menge ſaurer
fluͤchtiger Geiſter mit der ſich ausdehnenden und ber
—n. Luft flüchtig.
‚Bon der falfhaften fubtilen Erde, die man in
Din mineralifchen Waſſern wahrnimmt, meynen die
Naturforſcher, daß dieſelbe, weil ſie mit den Laugen⸗
falzen vereiniget wäre, zugleich mit ſelbigen aufgelö-
ſet, oder aber durch das ſich bewegende Waſſer, ohne
daß ſie aufgeloͤſet worden, nur zertheilet und fortge⸗
riffen wiirde, Im Carlsbade ſoͤll ſich an den Rin⸗
nen und Canälen eine kalkhafte Erde anſetzen, und
innerhalb 24 Stünden foll fich alles, was man hin-
ein leget, z. & Stroh, Holz, Eyerſchalen, Blaͤtter
von Bäumen‘ ; bon und dergleichen, mit einer ftei-
nigten Rinde überziehen, fo man aud) in vielen an-
a Gefundbrunnen wahrnimmt,
NMunmehro ift es Zeit, dag wir fürzlich die vor.
ine Wirkungen und Eigenfchaften dieſer Waſſer
erzehlen. Weil die Saugenfalze in den meiften die
Dberhand haben ; fo hat man nicht Urfache, fich
darüber zu vermundern, daß aus einem aufgelöften -
Vitriol durch die mineralifchen Waſſer die eifenhalti-
‚gen Theile herunter gejtürze werden ‚weil die Vitriol⸗
Fre ‚ihrer Natur nach fich lieber mit den Laugenſal⸗
zen
' /
144 y IM
zen vereiniget, und Die Re: :ifenhaltigen
Fahren läßt. Ein durch: Laugenſalz aufgeföft
meiner Schwefel kann durch Feine'mineralifche Waf-
fer, wie durch faure Sachen, mi den Saugenfalgen
gefehieden werden. x Kar
Durch die meiften reine of Marfer gerinnet
weber eine alte noch warme Milch, ja: eine geron:
nene wird oft durch felbige wieder: ‚aufgelöfer, eine
füße hingegen lange flüßig erhalten; ein dunfelblauer
Biolenfprop wird durch Zugießung ſolcher Waſſer
geünlicht, da er durch faure Sachen: roth wird,
Wenn man diefelben mit faugengeiftern und Laugen
vermiſcht, z. E. mit dem Urin und Hirfchhorngeifte,
imgleichen mie zergangenem Weinfteinfalz und auf:
gelöfter Potafche, entſtehet im geringften fein Wallen
und Sieden, außer daß bey Eintröpfelung des zer-
gangenen NWeinfteinfalzes, oder eines andern
fen Sangenfalzes;, fich einige irdiſche eiſen haltige
zu: Boden ſetzen. Weil durch die. ebene his
fetten Theile. von dem ſubtilen Vitriol abgeftoßen
würden, und alfo der faure ar ſich ‚mit den
Laugenſalzen vereinigen müßte, So bald man aber
Eßig, einen Bitriol- Salz: ‚oder Salpeterfpieitum,
ja bisweilen nur Rheinwein in folche Waſſer eingies-
fet, entftehet ein Starkes Wallen, weil die fauren und
Laugenſalze in einander wirken. QBegen des vitrioli ·
ſchen in den: Waſſern enthaltenen flüchtigen: Geiſtes
ſteiget öfters ein ſaurer Geruch in die Mafe, der dem
Geruch eines Ameifenfpiritus ähnlich. iſt. Mas für
Wirkungen fih mit den jerftoßenen Gallaͤpfeln aͤus⸗
ſern, haben wir ſchon oben beruͤhret. Wir erwaͤgen
nur noch daß man angemerfet, gt
ie
von den Geſundbrunnen. "145
die ſolche Waſſer mit zerſtoßenen Gallaͤpfeln gaͤben,
ſey bey kaltem Wetter ſtaͤrker, als bey warmen Wer
ter, und daß ſich die tingirende Kraft bey warmer
Witterung nicht fo leicht verliere, zumal wenn, die
‚Gefäße wohl vermacht werden.
-- Die meiften warmen Duellen haben wegen der
ſchweren Salze die Eigenfchaft, daß fie ihre Wärme
nicht fo. bald. verlieren; denn wenn man mit dem aus
felbigem geſchoͤpften Waller, gemeines Waſſer von
gleicher Waͤrme ſtehen laͤßt, ſo iſt das gemeine Waſ⸗
fer ſchonk kalt wenn dieſes noch laulicht iſt. Ja es
geſchiehet diefes, ‚wenn das gemeine Waſſer gleich
fiedend Heiß iſt. Wegen der vielen fetten Theile, die
man in einigen Waſſern antrifft, werden Die füberne
Gefäße, die man in dergleichen Wafler-eintauchet,
braun gefärbet ‚und bisweilen ganz uͤberguͤldet. Die«
fes fiehet man an dem Yachener Waſſer. Man hat
aber eben nicht Urfache zu glauben, daß diefe färben-
de Materie ein Schwefel fen, zumal da die Wund«
ärzte angemerfet, daß ihre füberne Inſtrumenten,
wenn fie damit gewiſſe eiterhafte Materien berührten,
ebenfalls übergüfdee würden. Man darf aber zus
gleich nicht zweifeln, daß nicht aus einer ſolchen Ma»
terie, vermöge der Vereinigung mit einem Vitriol⸗
geifte , ein gemeiner wahrer Schtwefel, wie aus allen
übrigen Fertigkeiten, entftehen Fönne; weil man wirk-
lid) wahrnimmt, daß die fich ſelbſt "gelaff ene Natur
einen dergleichen Schwefel bey einigen Quellen bere _
vorbringe, wie z. E. in den Aachener Quellen. |
Was den Mugen der Gefundbrunnen in der Ara
zeneyfunft betrifft, fo glauben die Aerzte, daß folche
Wafler wegen des Iuftigen vitzioliſchen Geiſtes den
4 Band. K Umlauf
6 B rchricht
Umlauf des Gebluͤts erleichtern und Befördern. ) Sie
- verfichern, daß die Erfahrung es beftäfige, und daß
diejenigen, die dergleichen Waſſer trinfen, Furz dar
auf einen ftärfern und geſchwindern Puls hätten, wo⸗
mit eine Wärme verfnüpft wäre; es erfolgte darauf
ein Schweiß; alle natürliche Feuchtigkeiten würden
im $eibe wirffamer, und fhaffeten mit einem glückli-
chen Erfolge alle Unreinigkeiten aus dem Leibe; die
Saugenfalze vereinigten fich mit der ſchaͤdlichen Säure
in dem Magen und in den Gedaͤrmen, öffneten die
Milchwege, wenn fie dutch einen Jähen Schleim ver-
ſtopfet wären, flöffen mit dem Nahrungsfaft ins Ge:
bluͤt, machten daifelbe, wenn es dick und zähe ge
worden, wieder flüßig; die Mittelfalze hätten einen
Ähnlichen Mugen, ja die Saugenfalze würden, wenn
fie ſich in dem $eibe mit einer ſchaͤdlichen Säure ver»
mifcheen, Mittelfalz, und beforderten den Stulgang
wie Die Mittelfalze ungemein; durch die fubtile Eifen:
thjeilchen würden die Gedärme ftarf gemacht, und die
fhlapp gewordene Fäferchen gleichfam wieder geſtim⸗
met und aufgefpannet; die laugenhafte Erde koͤnne
Feine Berftopfungen verurfachen, wenn die minerali:
fhen Waffer zugleich mit den andern edlern und ſub⸗
tilern Grundtheilen verfehen wären; dieneten inzwi⸗
ſchen ebenfalls dazu, daß ſie die Saͤure aus dem
Leibe an ſich zoͤgen, welche folglich ſammt dieſen irdi⸗
ſchen Theilen aus dem Leibe durch die natuͤrlichen
Wege herausgeſchaffet wuͤrden; die warmen Quellen
ſollen nur zum aͤuſſerlichen Gebrauch dienen, wegen
ihrer groͤbern Grundtheile. Aus allem dieſem beur⸗
theilen ſie, in wieweit ein —* in einem beſon⸗
dern Falle zu Rathe zu ziehen. Ja viele haben fh
* | : au )
go den Geſundbrunnen. 147
auch unternommen, nachdem einige Grundtheile bei
Fannt worden, die mineralifche Wafler nachzumachen.
Boyle hat Eifenfeil in Weinekig digerirer, und das .
durch etwas den mineralifchen Waffern ähnliches her⸗
Horbringen wollen, welches aber wegen der Abweſen⸗
heit eines faugenfalges als eines Hauptgrundtheils der
vollfommenften Duellen, von den Aerzten in feine
fondetliche Betrachtung gezogen wird. Da man ans
gefangen, die Waller zu verführen, und mit felbigen
einen Handel zu treiben, dabey aefehen, daß die meis
ften Waffer im Berführen ihre Kräfte verlören, Hat
man mit noch mehrerer Sorgfalt darauf gedacht.
Diejenigen, die es ihren Kräften zugetrauef, das
Kunftftück der Natur entweder vollfommen abgefei
hen zu haben, oder aber ſich eingebildet, anftatt dies
fer Arzeneyen noch beffere und bequemere an die Hand
zu geben, haben die zu hohe Hochachtung für die mis
neralifchen Wafler für mas abergläubifches gehalten,
Man hat ein wenig Eiſenvitriol in Waſſer aufgelöfer,
hernad) ein wenig von einem Vitriol- oder Schmefels
fpivitu dazu gegoffen. Man bat weiter im Vitriol⸗
oder Schwefelfpiritu Eifen aufgelöfer, einige Tropfen
in leichtes reines Waſſer getroͤpfelt, noch einige Tros
pfen vom Vitriolgeiſte, und etwas von Glaubers
wunderbarem Salze hinzugethan, und verſichert, daß
dieſe Vermiſchungen denen vollkommenen Sauer
brunnen noch näher kaͤmen. Andere, da fie ſehen,
daß der chymiſche Witz noch nicht hinlaͤnglich ſey, in
den gemachten mineraliſchen Waſſern das ſaure We—
ſen mit den Laugenſalzen ſo zu erhalten, daß ſie nicht
anfingen in einander zu wuͤrken, und alſo die kuͤnſtli⸗
che Geburt im Augenblick aufhoͤren müßte, zu ſeyn,
K2 was
148 Nachricht vonden Geſundbrunnen.
was fie, feyn follte, fagen, daß man felbige wicht
nachmachen fönne, wenn man gleich fo glücklich waͤ⸗
ve, fo. fnne die Kunft die Grundtheile niche ſubtil
genug und fo wirffam machen, mie fie.die Natur
mache. Man fehäget diefe Geburt der Natur fo
hoc), daß man verfichere, man würde. fich beffer ra⸗
then, wenn man ſich des Waſſers bey den Quellen
felbft bediente, damit man die Arzeney von der Na⸗
eur felbft, als der erften Hand fich fönne reichen laſ⸗
fen. Daß aber diejenigen Gefundbrunnen, die ent«
weder nur ein Mittelfalz, oder ein fubtiles Eifen,
oder aber ein Ealfhaftes Salz nebit einem gemeinen
Salze in ſich enthalten, fi) nachmachen laſſen, ift
eben nicht unwahrſcheinlich. Bat 4 ”
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Berfud,
die wahre Abſicht
des Nic. Machiavels,
bey wi Verfertigung der Regierungs⸗
kunſt ſeines Fuͤrſten,
zu EUR
an feßet —— vn der Verfaſſer einer
berühmten. Schrift eine Abſicht gehabt,
da er diefelbe ans ‚Licht geſtellet bat,
Man giebt fich in der gelehrten Gefchichte Mühe, diefe
Abfiche zu entdecken. Und das mit Necht. Denn
der Zweck eines Buches Fann bey der Erklärung dun⸗
Feler Stellen ein Drafel abgeben.
Bey Schriften, die feltfame, widerfprechende und
abfcheulihe Meynungen enthalten, ift man vornehm⸗
lich berechtiget, ‚nach der Abficht zu forſchen. Wo⸗
ferne wir den uͤrheber nicht fuͤr einen Wahnwitzigen
halten wollen, muͤſſen wir zugeſtehen, daß er das
Verhaßte und Seltſame in feinen Sägen, fo Jeder-
mann in die Augen leuchtet, ſelbſt eingeſehen habe.
Weil ihn nun Verachtung, VBerdruß, Widerſpruch,
und andere Ungemächlichfeiten: von der Befanntmas
Rz Hung
o Verſuch, die wahre Abſicht
Hung nicht zurück halten können ; fo muß feine. Abs
ficht ſehr reizend gewefen feyn. Es ift wahr, es hat
fid) alles ben ihm unter einer ſchoͤnen Larve gezeiget.
Allein eben diefe Larve ift es, die wir entdecken muͤſ—⸗
fen ‚weil fie den Berfaffer bezaubert hat,daß er durch
das Abfcheuliche, fo darunter verborgen liegt, Nicht
gerühree it, Man wird nicht irren, wenn man ſich
vorſtellet, daß bey einem folchen Schriftftefler vor der
Genteinmachung feiner Mennungen ein Kampf vor:
bergegangen. In demfelben bat die Furcht vor ei-
nem Widerfpruch und Verdruß mit, feiner veizenden
Abſicht, fie mag nun feyn ‚welche fie will, eine Zeit-
lang geftritten. Weit nun die Abficht gefieger, und
ſich feines Vorſatzes bemeiftert hat; fo muß fie um
fo viel ſtaͤrker geweſen ſeyn, je fürchterlichere Feinde
fie überwunden hat. 3:3 ,Aunian man un na
aut Bi: SL 3! rm irk a 4 |
Es Hält aber überhaupt ſchwer, die Abfichten der
enfchen zu entdecken. Dennfie find von Natur
zur Berftellung geneigt, und werden durch die be—
truͤbte Nothwendigkeit in diefem Schauplaße der
Welt noch mehr dazu gezwungen. Ein jeder will
vollfommener angefehen feyn, als er in der That it.
Er giebt demnach feinem Vornehmen einen beffern
Anſtrich, als es deffen innere Güte verdiene. Wir
wollen es nur bekennen. Wir Menfchen insgefamt
find eigennügige Münzer, und ſtempeln unfere Hand»
lungen, fo von 'unterfchiedenem Schrot und Korn.
find, mit einem mehr bedeutenden Gepraͤge, das iſt,
einer Abſicht, die immer zu viel’ Gutes ſagt. Doch
‚ bleibe “ein großer. Unterfchied unter den Muͤnzern.
Bir nennen die Br ink...
N ; 2. a e,
des Nic. Machiavels zu entdecken. ı5ı
haſte, die unter den mangelhaften die wenigſten Feh⸗
ler haben: wie die Muͤnze ſchon gut iſt, deren Ge⸗
halt dem Gepraͤge am nächften fommt. Wenigſtens
müffen die, Münzfoften abgeben. Die Eigenliebe
praͤget, und. etwas. muß man ihr in der Rechnung
paßiren laſſen. Es kann aber ſeyn, daß ſich ein
Menſch unterweilen ſelbſt nicht bewußt iſt, daß er ſei⸗
nen Handlungen ein gar zu viel bedeutendes Gepraͤge
giebt. Cajus ſetzet die Feder an, ein Buch zu ſchrei⸗
ben, ſowohl in der Welt einen Ruͤhen zu ſchaffen, als
auch, auf eine anftändige Art, bey andern Gelehrten
tiebe und Hochachtung zu erhalten. Er trifft eine
Materie an, fo dem gemeinen Beſten zutraͤglich iſt.
Die Einbildungsfraft ftellee diefen Mugen durch ein
Bergrößerungsglas vor. Die Feder flieffet weit beſ⸗
fer, weil der. Gedanfe von dem großen Mugen die
Seele belebt. Was. gefchiehet? Da die Liebe: zu
dem gemeinen Beften mehr brillivet, als der Trieb
zur Ehre; fo verſteckt ſich die letztere Abſicht unter
der erſten, wie im Sommer die unanſehnlichen Aeſte
der Baͤume unter den anmuthigen Blaͤttern. Ends
lich verlieret ſich der geringere Zweck dergeſtalt aus
dem Gedaͤchtniß, daß ich glaube, es koͤnne Cajus,
welcher ſich nicht genau pruͤfet, aufrichtig mit einem
koͤrperlichen Eide verſichern, ſich bewußt zu ſeyn, daß
er durch ſeine Schrift nur das allgemeine MeM be»
fördern mel
$. Ä
Iſt es nun ‚fer , bie ae Abſi cht bey Miele
‚chen Schriften: zu entdeden, und betriegen fich die
WVerfaſſer oftmals: felbft; fo ift leicht zu erachten, wie
\ wlan es fen, den Zweck MR Bücher zu er⸗
84 forſchen,
152 eri f ‚die wahre Abſicht
forſchen, die verhaßte und wider rechende
Meynungen enthalten, Wer abſcheuliche Säge
behaupfet, muß einen verderbten Verſtand und ver⸗
kehrten Willen haben, Wo beyde Kräfte nichts rau:
gen, kann man fich Teiche die Rechnung machen, daß
ein Schrifefteller die Wahrheit den Feidenfchaften auf:
öpfern, und feinem unfauglichen Re *
falſchen Anſtrich geben werde. MIROR
BE NDURIRY
Wie fol man es aber angreifen‘, wenn man bie
Abficht einer verhaßten und ruchlofen Schrift entde⸗
cken will? Ich will dazu vier Wege vorſchlagen;
leugne aber nicht, daß deren noch ge von andern
koͤnnen entdeckt werden. a
Der erfte Weg Me Man ſchreibe einem
Schriftfteller nicht leicht die allervollkommenſte,
noch auch die allerabſcheulichſte Abſicht zu.
Alle Menſchen ohne Unterſchied haben gewiſſe Haupt⸗
abſichten, daraus alle andere, als aus einer Quelle,
flieſſen. Sie ſuchen Ehre, fie ſuchen Vorrbeile , fie
füchen Bergnügen. Einige empfinden dieſe Vollkom-
menheiten aus Gütern, die fie , oder die ihrigen, faſt
nur allein mit Ausfehlieffüng anderer‘ befißen wollen.
Andere find geneigeer , ihre Ehre, Bortheile und Ver⸗
gnügungen auf den Grund der Menſchenliebe zu
bauen, Die erftern heiſſet man Safterhafte, die an⸗
dern Tugendhafte. Zwiſchen dem größten Grade der
Tugend und dem größten Grade des $afters ift ein
unendlicher Zwifchenraum. In dieſem großen Zwi⸗
fehenraume ſchwimmen die Menfchen herum, "und na-
ben fich unterweilen dem größeften Grade des u
oder
*
des Machiabels zu entdecken. 153
oder der Tugend, doch ſo, daß keiner das aͤuſſerſte
gaͤnzlich beruͤhret. Es kommen aber wenige der groͤß
ten Tugend und dem groͤßten Safter ſehr nahe. Die
meiften bleiben in der Mitten. Dem ohngeachtet
find wir geneigt, durch das Perfpectiv der Eigenliebe
unfere Feinde bey dem größten Laſter, und unfere
Freunde bey der größten Tugend zu erblicen. "Weil
nun alle Schriftſteller Menfchen find, fo muß man
(eben, wie ihre Abfichten aus. der allgemeinen
Duelle der Ehre, des Vortheils und des Vergnuͤgens
Fönnen hergeleitet werden. Iſt aber die Frage: Ob
man bie Zigenliebe,öder aber die Liebe des Naͤch⸗
ſten zur Triebfeder annehmen ſolle? fo deucht mich,
daß man am ſicherſten fahre, wenn man einem Schrift⸗
ſteller weder die groͤßte Tugend, noch das groͤßte La⸗
ſter beymiſſet. Doch wird man bey Schriften, die
dem ganzen menſchlichen Geſchlechte verhaßt ſind, die
Abſicht des Verfaſſers wohl in der Gegend der Laſter
ſuchen muͤſſen. Indeſſen habe ich jederzeit bemerket,
daß ſich bey den abſcheulichen Handlungen auch etwas
—* der allgemeinen Liebe mit einmiſche, welches als
ein Irrlicht den Verſtand verblendet. Was kann
abſcheulicher feyn, als dag 'Alerander die Stadt
Perfepolin, ein Wunder der Welt, einer Hure zu
gefallen in den Brand ſtecket? Indeſſen ftellete er
fich) dabey vor, wie er dem Griechifchen Wolfe, das
ehedem von den Perfern befrieget worden, dadurch
eine Freude magen wuͤrde. |
Te
Die zwote Aane it: Wan ſetze die Abſich,,
ſo der Schriftſteller 5* anzeigt, nicht gaͤnz⸗
5 lieh)
lich aus J— RER — a ihr nur
den falſchen Anftrich, den ihr entweder die
Eigenliebe oder die Bosbeir giebt. Man kann
ſich ja den Schriftſteller nicht als einen Raſenden vor»
fteflen. Er muͤßte es aber ſeyn, wenn er aus Hoch⸗
muth glaubte, daß er allen Menſchen die Augen Ders
Fleiftern wollte, ‚fo daß er ihnen weiß machen. Fönnte,
was ihm beliebte. Er weiß ja, daß zwifchen einem
Mitch und einem Zwecke. eine Aehnlichkeit feyn müffe.
Da num die Schrift das Mittel iſt, wodurch der Zweck
ſoll erhalten werden; fo muß er. in dem angegebenen
Zwecke etwas Wehrer anbringen. Weil wir Men⸗
ſchen aber von Natur geneigt find, in das Vorgeben
unferer Mitbürger ein Mistrauen zu fegen, und dazu
noch mehr berecytiget zu fenn vermennen, wenn mir
es mit Gottlofen.zu thun haben ; fo gefchiehet es, daß
wir auf das. Borgeben eines verhaßten Schriftftellers
nicht Acht haben, welches uns doc) Durch einige Um»
wege in jene ** Abſchten führen Eünnten. |
iD g 8 | a |
Die britte Kegel if: Wan N vor an⸗
dern die abſcheuliche und widerſinniſche Mey⸗
nungen, und ſuche einen Grund, woraus ſich
die Bekanntmachung derſelben am fuͤglichſten
begreifen laͤſſet. Die ſeltſamen und. ‚verhaßten.
Meynungen eines Schriftftellers find, meinen Bes
duͤnken nad), die beften Spürbunde, ‚ihn, in. feinen,
verborgenen Schlupfwinfeln aufzufuchen, Wir be
dienen uns derfelbigen «gemeiniglich nicht, wie wir
koͤnnten. Dieß ift kein Wunder, Sie find uns we⸗
gen ihrer Haͤßlichkeit ſo zuwider, daß wir nicht gerne
dar⸗
des Machinvels zu entdechen. 155
daran gedenken. Indeſſen ſollten wir billig auf fel-
bige Acht haben, wie die Belagerten auf das Feuer
der verdeckten feindlichen Canonen. Mir faͤllt hie—
bey ein, daß der große Leibnitz in ſeiner Theodicee
6. 80. von der Uebereinſtimmung des Glaubens mit
der Vernunft ſchreibet: Wenn die Vernunft einen
„Sag umftößt, fo richtet fie den gegenfeitigen auf;
„und wenn es ſcheint, als würfe fie zugleich beyde
„einander entgegen ftehende Säge über den Haufen,
„fo verfpriche fie uns salsdenn, etwas Tiefes und
„Gruͤndliches, wenn wir ihr fo weit nachfolgen,, als
„fie geben Fann,* Gott, der größte Derfaffer
aller Dinge, bat feine: Abfichten verſteckt. Er: läßt
uns aber Davon etwas erblicfen, wenn wir ung Die
Mühe geben wollen, dahin unfern Verſtand zu rich:
fen, wo die größten Schivierigfeiten der Weltweis-
heit anzutreffen ſind. Solchergeftalt ſteckt er die
Wahrheit als einen Preis des Fleiffes auf. Wenn,
die Menfchen, als Derfaffer kleiner Werke, ihre
Abfichten verbergen; fo. darf man nur fein Augenmerk
auf die ſchwereſten und vermorrenften Gäße richten:
man wird-die Urheber darinn, wie das Wild in den
tiefften Hecken, antreffen.
a a Flyer a
Der legte Weg iſt: Man ermäge das Leben
nebft den Schickfalen des Schriftftellers , und
füche eine Abfiche feines Buches ausfündig zu.
machen, P fich mit bepden am beften reimet,
Ein Mittel, deſſen man ſich bisher am meiften bes
dienet hat. x | 6
—— | kai,
S. 10.
Das findı nun * Kegeln, vermittelſt welcher: g
meinem Bedünfen nach ‚die Abficht eines —**
lers ausſpuͤren muß. Wenn man demnach einen
Zweck eines Buches angeben kann, wobey der Per⸗
faſſer abſcheulicher Säge viel Zigenliebe, in
Erwartung großer Ehre und Vortheile, sugleich,
aber auch etwas Menſchenliebe Kann empfuns
den haben, der auch nebft einem falfchen An⸗
ſtrich von ihm ſelbſt an die Hand gegeben
wird, uͤberdem auch den Grund und die Quel⸗
ie aller verhaßten Saͤtze deutlich enthaͤlt, ſich
endlich mit dem Leben und den Schickfalen
des Derfaffers reimet; fo wird der Leſer das Urtheil
fallen, es müjfe derfelbe für das vechtmäßige Kind
des Schriftftellers f6 lange gehalten werden, bis das
Gegentheil nachdrüdlich ermwiefen worden. Mehr
verlange man nicht. Eine eigentliche Demonftration
hat bier nicht Statt. Wo eine Wahrheit nicht kann
mathematiſch erwieſen werden, bleibe allemal das Pe-
ritoxium uͤbrig. Man thut genug, wenn man ſich
durch die angegebenen Beweiſe im. Poffefforio erhält,
Diefes ift es nun, was id) verfüuchen werde. Ich
will anfänglich die bekannte Meynungen von der Ab⸗
ſicht des Machiavels bey der Herausgabe der Re⸗
gierungskunſt ſeines Fuͤrſten beybringen, und ſodann
einen Zweck hinzufuͤgen, den er, meinem Beduͤnken
nach, gehabt hat, endlich aber. erweiſen, daß dieſer
lette alle vier angezeigte Ben befige. Run
ge
Die Abfiche, fo Wachiavel ben * Befanntma-
Sung der u feines Fürften angegeben,
und
— — — ——
des Machiavels zu entdeden. 157
d die dahin gehet, daß ſich ein Fuͤrſt durch die
"= zefüh . a er Rocdln So Srauſam⸗
Pa des —5 — auf dem Thron erhal⸗
ten, und feinen Stast vermehren mil, haben
einige, für, befannt angenommen. ,. Andere fehen Das
Bud als, eine Satyre an, worinnen er die abs
ſcheuliche Warimen der damaligen, Fuͤrſten
abſchildern wollen, um fie dem Volke deſto ver⸗
haßter vorzuſtellen. 8. Meynung heget Alberi⸗
cus Gentilis und. Bayle. Erſterer ſchreibet im
gten Cap. ſeines dritten Buchs von den Geſandten:
——— Abſicht iſt nicht, einen Tyrannen zu
„un ſterrichten, ſondern er bemuͤhet ſich, ſeine Geheim⸗
u e zu offenbaren, und. ihn dem geplagten Bolfe
loß und in ſeiner wahren Geſtalt vorzuſtellen.“
gta ſpricht i in feinen, verichiedenen Werken Tom, 2.
„Es ift zu bewundern, daß die meiften Menfihen
„glauben, Machiavel lehre die Fürjten eine gefaͤhr⸗
En Ber Pe rbb: Hischlauel
14a At
MN oh a |
Die lehtere Meynung Fann 34 9 Worte
und der Verbindung aller Säge unter einander ohn⸗
möglich beftehen. Man nimmt gar u deutlich wahr,
daß
daß es ——— mit feinen Kegeln in (
fey. Man lefe das Buch, man frage ſich 0
die geringfte Spur einer Sathre de Hin antreife,
Die fcharffinnigften Geifter würden fi fh auch ner
die Mühe gegeben haben, diefe Schrift zu w fe
gen, wenh fie nur im geringften vermurhen konnen
daß es eine Satyre feyn ſollte. Es ift aber Bentti.
lis nebft andern auf diefe Mepnung jefallen, weil er
es für unmöglich gehalten, daß ein Ve rſtaͤndiger Ge⸗
ſchichtſchteiber, der fein Vaterland gelieber, * —
Fuͤrſten und Cardinaͤlen einen Zutritt gehab
fo unmenſchliche Dinge gelehret haben. ef
Gründe nun find'es, wodurch die erſte —* uns
glaubtich wird.” Was ift nun zu thun? Man muß
inter Scyllam et Charybdin, das ift, zwiſchen zwoen
entgegen gefeßten Schwier a die ——
erwaͤhlen. — |
NA 42 Th:
Der $efer erN —— wolten a ich
dem Machiavel für eine Abficht bermeſſe Es iſt
billig, daß ich ſeinem Verlangen ein Genuͤge thue.
Doch wird er ſich nicht misfallen laſſen, daß ich mei⸗
ne Meynung mit den Umſtaͤnden 3 sie den
Grund zum Beiveife legen." m
ic, Machiavel hatte in feiner — bie *
teiniſchen "und griechiſchen Schriftſteller mit großer
Begierde geleſen, und ſich die Thaten der groͤßten
Conqueranten bekannt gemacht. Da er or
die‘ Bedienung eines Geſchichtſchreibers erhielte; ſo
fand er Gelegenheit, feine Aufmerkſamkeit mit ders
gleichen Vorftellungen noch mehr zu_ unterhalten,
Beil er num überden zu einer lebhaften Abſchilderung
der
des Machiavels zu entdecken. 130
der menſchlichen Handlungen aufgeleget war, wie ſol—
ches feine viele und alleſammt beliebte Schauſpiele
zeigen; fo konnte er ſich Helden von allerhand Art
recht lebhaft vorftellen. Zu feiner Zeie war fein
freyes Vaterland Florenz; faſt unter vie Herrſchaft
der Fürften aus dem Haufe Medicis gekommen,
‚Kurz vorher war ganz Italien bald von den Spaniern
bald von den Ftanzofen, bald von den Paͤbſten, baib
von den einheimiſchen Fuͤrſten, die ſich unter einander
die Halfe brachen, chefeglich mitgenommen. Man
mufite auch dergleichen Elend’ fernerhin beſorgen.
Den folhen Umftänden war ja nichts leichter, als
daß fich die fruchtbare Einbildungskraft des Machia⸗
vels vermittelft der Lebenslaͤufe großer Helden einige
Plane vorftellete, wie dem Uebel entweder in der Re;
publif Florenz, oder aber in ganz Italien Fönne ab:
geholfen werden. Wenn er an fein freyes Vaterland
gedachte; fo Fam ihm Caßius und Brutus, oder
aber der erfte Brutus in den Kof, Es fteflete fih
in feinem Gehirn ein Schaufpiel vor, darinn ein
Brutus feiner Zeit die Fürften, fo der Freyheit ges
fährlih waren, in jene Welt ſchickte. Er hatte des-
» wegen einen fo ftarfen Umgang mit dem Aloifius
Alsmanni und dem Jacob Diacettino in den
Gärten des Cosmin Ruscelli, und verrückte ihnen
durch feine Schriften den Berftand dergeftalt, daß
fie die Perfon des Brutus und Caßius in Ermor
dung des Cardinals Julian Medicis nachſpielen
wollten. Wenn aber eben diefer Machiavel an
die Zerrüttung in ganz Italien, an das viele Blut⸗
vergießen, fo Spanier, $ranzofen, und Einheimifche
darinnen angerichtet hatten, und noch Fünftig antich*
J ten
160 Verſuch, die wahre Abſicht
ten Fonnten, gedachte; fo fiel ihm ein At uguſtus ein
der die lite ‚römifhe Republik in Rn
brachte, und dem Blutvergieſſen der. verfchiedenen
Partheyen ein Ende machte, Es ‚erblickte alfo fein
‚an Einfällen fruchtbarer. Kopf einen italienifchen Held,
welcher alle Eleine Beherrſcher der. italienifchen Staa-
ten bezwang,, ihre Familien ausrottete, einerley Ges
fee einführete, und den Grund zu einem. fic) felbft
befehügenden. Reiche, legte. An ſolcher Borftellung
hatte die Eigenliebe den größten Antheil, Er ver—
_ meynte einen, großen Ruhm zu er Keen wenn. ein
Held feinen Dlan ausführen ſollte. Bielleiche har er
fich auch träumen laſſen, daß er unter einem. foldyen
Conqueranten das Ruder mit führen würbe, Allein
wir wollen billig.urtheilen. Die Menfehenliebe kann
auf diefen Plan aud) einen Eleinen Anfpruch machen.
Wischiavel gedachte, daß Diefer fein Held einem
langwierigen Blutbade und: vielen innerlichen Krie:
gen ein Ende machen würde, Er glaubte, daß alle
Graufamfeiten, fo er ihm vorſchrieb, nur, Mittel
wären, einem geößern Uebel, naͤmlich dem. beftändi-
gen, Kriege, abzubelfen. Ich bin alfo verficherr, daß
er fich auf fein Project was rechts zu que gethan und
gedacht hat, man würde ihn als einen Wohlthaͤter
von ganz Italien bis an den Himmel erheben. Wer
die Thorheit unferer Einbildungskraft verfteher, wird
ſich hierüber nicht wundern. _ ge
In ſolcher Gemuͤthsbeſchaffenheit ſchrieb nun
chiavel die Regierungskunſt ſeines Fuͤrſten. Er
gedachte durch ſeine Vorſtellung einen italieniſchen
Held, vermuthlich einen aus dem Haufe Medicis, zu
bewegen, feinen Plan auszuführen Er fand alfo
iu | noͤthig,
des Machiabels zu entdecken.
nöefig ‚ feinem Helden zu zeigen, daß er ihm =
unmögliches anrathe, wenn er nur alle möglidye
— ohne unterſcheid ——— und alle
diejenigen aus der Weit ſchaffen wollte, ſo ihm
im Wege ſtuͤnden. Dieß konnte er durch Beye
ſpiele von allerhand ehemaligen Unternehmungen be⸗
weiſen. Allein er ſahe, daß ihm ein Held zurufen
. würdet ‚Soll ic) ein Tyrann und. Bluthund werden,
um deinen, Plan auszuführen ? Dieß ift nicht era
faubt. ; — — die verfluchten Morimen
Er
— a
Br ikm hun die ht, N ir —— meinem
Beduͤnken nach, bey der Regierungskunſt feines Fürs
ſter gehabt. Iſt ſie aͤcht, fo muß fie bey dem erſten
Anbuck einem fcharffinnigen und aufmerffamen Sefer
begreiflich ſeyn. Er muß darinn eine. Uebereinftim»
mung, als dag: ‚Kennzeichen der Wahrheit, antreffen,
Indeſſen will ich feinen völligen DBevfall nicht ‚eher
" verlangen, als bis ich noch umftändlicher erwieſen,
daß dieſe angegebene Abſicht des Rachiahee Ale ur
; Beine: ai Kennzeichen Sefige, ———
Bund, an
3 *
nifchen Reiche gemacht, welches e ur den U fergan
alfer kleinen Staaten’ erbauet/ damit kuͤnftig
nerlichen Kriegen vorgeben !
uget wuͤrde; fo ſiehet me
wie die Eigenliebe hier die Feder habe führen und
zugleich von einiger: Menſchenliebe gelenket wer e
koͤnnen. Hier erblickt man die — — eil:
unter welcher ſich die abſcheulichen Re egeln der Grau
ſamkeit dem Machiavel angene m vorgeſte ellet Haben,
Man ſiehet wie es moͤglich geweſen , daß e fr * ch;
ein —— Men A ni I fee.
Ener Der Hufe a als ein — * *
tiren wollen,
ge * Sri ni
Wie aber?‘ Bat ſich der Berfffer in feiner chrif
nicht merken laſſen, daß er dieſen Zweck gehabt?
Allerdings. In dem Zueignungsbriefe Hindi er an
ben Laurentius de Medicis, ‚Herzogen von Urs
re a Sie mein ih m mir. h Aue zert ſe m ei
„Wei icy mir alles, was Ar in bei — vr |
„ Capiteln abgehandelt babe, ordentlich vorftelle, ı
„baben überdenfe, ob die ‚gegenwärtigen Umft
„für einen neuen Sürften, der.eine ——
„form
163
PER in Stalien einführen * „die N Ehre und
. „bern'ganzen Sande Mugen fd;affete, vortheilhaft waͤ⸗
„ren; ſo finde ich ſo vieles, das zur Befoͤrderung Dies
„ſes Unternehmens: zuſammen kommt, daß ich nicht
„weiß, ob jemals eine bequemere Zeit dazu kommen
— Mußte das Volk Iſrael in der aͤgyptiſchen
„Dien ſtbarkeit ſtehen, wenn man wiſſen ſollte, was.
Moſes für ein Mann fen; mußten die Perſer von
am Medern unedrict ‚fenn, damit des Cyrus Tas
fich zeigen Fonntes ac. fo muß auch) Italien
o ele elend, x. gepluͤndert und von Fremden in
| Aa e — ſeyn, damit die Größe eines Ita⸗
lieners recht in die Yugen-fallen mögtes, Warum
hat man -aber in diefen Worten Die Hauptabficht des
Machiavels nicht eher wahrgenommen? Man bat
ihn als einen Betruͤger angeſehen, und ihm gar Feine
| Menfchentiebe zugetrauet. Vielleicht ift auch der
Titel’ diefes Capitels ſchuld daran, als wodurch der
Machiavel feine Abſicht vielleicht etwas hat verdun⸗
keln wollen. Das Capitel hat eine doppelte Aufſchrift.
Die erfte ift: Von den unterfchiedenen Arten.
der Unterhandlungen, und von den Urſachen
des Krieges, die gerecht zu nennen ſind. Die
zwote: Ermahnung Jtalien von den Barba⸗
ven zu befreyen. Bonde: flimmen mit der Auss
führung nicht überein. Der rechte Titel würde dies
fer ſeyn Ermabnung, ‚in. Italien une neue
Menarchie aufzurichten ON
Be. ————
ae Das ſtaͤrkſte Kenreichen ‚nämlich daß |
\ der wahren Abſicht einer Schrift begreifli
le, warum der Berner ſo ſeltſame Meynungen
ange⸗ —
ne
4 N. Abſi
angenenmen Babe, redet au für mich.
behauptet ein Menſch, in deſſen Leben die Geſchic
ſchreiber nichts Wildes bemerken, und der be en g
ſen Fuͤrſten wohl angeſchrieben geweſen, es
Regenten in ben eroberten Städten die Samllente |
vorigen Fuͤrſten umbringen, man folle neue Unter»
thanen entweder durch iebfofungen geroinnen ‚oder
aus der Wele fchaffen? Warum preiſet er Fürfter
das unglücliche Beyſpiel Caͤſar Borgias als ei
Mufter an, und rühmet, > er die iafienifcjen & A
ten in Verwirrung gefeßer, Damit er fich derfelbige
bemächtigen fönnte, und daß. er ———
Herren ausrotten laſſen, welche er um iht Vermögen
gebracht? Warum erhebt er den Agathocles, der
als ein General in einer freyen Republik die reich
Bürger auf einmal umbringen ließ, um ſich zum Herrn
aufzumerfen? Warum bewundert er den Olivetto
de Sermo, der feinen Baterbruder, welcher ihn als
einen Wanfen erzogen, und ihm einen Einzug in feine
Vaterftadeverfhaffer, bey’ ſolcher er eis
nem angeftelleen Gaftmahle meuchelm
Weiſe umgebracht? Warum růhmet ——
Alexander den Sechſten, der in feinem ganzen
geben nichts gethan, als’ Berrügerepen — und
ein Mufter in falſchen Eydſchwuͤren gegeben? War-⸗
um preifet-er das Erempel Mofis, der die Kinder
| ae auf Gottes Befehl aus Eobpien 5* ſei⸗
Fuͤrſten an, den er vorher in der Grauſamkeit
— hatte? Allein dieſe Raͤtzel werden aufge.
Tot, , Menn man annimmt, daß Mai irch
ſeine Schrift einen Held bewegen wollen, es zu wa⸗
gen, ganz Stalien durch allerhand: Mittel unter ſich
”
des Machiavels zu entdecken. 165
zu bringen, und den verderblichen Kriegen ein Ende
—— PR RO: 2
| fätef, ob die angezeigte Abficht des N
\ Eben dieſe Abſicht —* Ri durch das ER und
die Schickſale des Machiavels und feiner. Schriften
gerechefertiget. Fürften liebtenden Machiavel. Wuͤr⸗
ben fie es wohl gethan haben, wenn fie ihn für einen
Menfchenfeind gehalten hätten, der ſich fein Gewiſſen
‚machte, die Regeln auszuüben, fo er feinem Fürften
gegeben? Sie wußten fonder Zweifel feine Abficht.
Vielleicht find fie Willens geweſen, feinen Plan aus»
| zuführen, ‚wenn fic) dazu bequeme Umftände finden
mögten, und haben nur auf günftige Afpecten gelaus
ret. Wenn ſolches andem gewefen; fo ift fehr wahr» -
- feheinlich , daß fie es gernegefehen ‚daß die Gemuͤther
durd) Maciavels Kegierungsfunft dazu zubereitet
‚würden. Es ift Machiavels gottlofe Schrift inner⸗
Halb 72 Jahren mie Bewilligung der Päbfte befanne
gemacht, nachgehends aber. allererft verboten worden.
Aus der Abficht, die ich dem Machiavel beymeſſe,
kann man die Urfache davon ein ſehen. Man wußte,
daß Machiavel nicht allen Fuͤrſten die Grauſam⸗
keit lehren, ſondern nur einem Helden Regeln gehen
wollen, der in Italien eine Monarchie anlegen wollte.
Da man nun nachgehends auf alle Fürften zog, was
er nur für einen befondern Fall gefchrieben; fo
fand man für gut, das * zu verdammen. R
un ift es Zeit, niein sefee daß du das heit
tachiavels für
eine wahre Geburt feines Gehiens, oder für eine un-
tergefchöbene zu halten‘ ſey. * es moͤglich, daß ſo
viele
id —— daß man meine on,
meine Hirngeburt, verroerfe, Allein wie woller
uns überzeugen, daß unfer Freund, fo von e ner Re
‚fommt , eben derſelbige ſey, der ehedem von uns A
ſchied genommen, wenn ſo viele uͤebereinſtimn mung:
und Aehnlichteiten — der Wahrheit ſeyn?
9. 20,4. Be! —
Ich aber noch zwey Einwuͤrfe heben, Die
mir ein $efer entgegen ſetzen möge, Er kann ſagen:
Man erweiſet aus der Uebereinſtimmung aller Um⸗
ſtaͤnde, die ſich im Leben, „den Schi Efalen, Schriften
und Saͤtzen des Maciavels ,ı ind felbft in der ?
ber Menfchen in Betrachtung ihrer Abfichen finden,
daß Machiavel nureinen Held bewegen wollen, ganz
Italien unter fih zu bringen. Allein man "vergiß,
daß eben diefer Machiavel die Freyheit feines Vater⸗
landes Florenz geliebet , und deswegen mie denen
Freundſchaft gepflogen, die den Cardinal von Me⸗
Dicis ; fo der Freyheit ‚gefährlich war, ‚ermorden wols
len. Wie veimet ſich hiermit, daß er ganz. Italien
einen Oberherrn geben wollen? Haͤtte ſich alsdenn
nicht auch Florenz unter ſeinem Zepter biegen müflen?
Es fehler alſo die: Uebereinſtimmung. Ich geſtehe,
fie fehler. Sie. muß aber aud) fehlen, wenn eine
Uebereinftimmung mit der Natur des Machiavels
‚Statt haben ſoll. Hätte ih dem Machiavel viel
Redlichkeit und wenig. ‚Eigenliebe zugeſchrieben; fo
fönnte ich diefen Einwurf nicht Heben. « Ein aufrich⸗
figes Gemuͤth haͤtte die Freyheit feines: Vaterlandes
nicht aufopfern wuͤrden, wenn es auch gleich einen
großen Plan aus fire konnen . Allein Machiavel
J war
—
hat. Eine davon reimet ſich vi
ſeines Vaterlandes. Cine andere |
Ehre. Er gedenfe: Wenn ein Project unüberfteige
des Machiavels zu entdecen. | 167
mar einem. Gonqueranten. ‚gleich habe: viel Abfichten
eich Fe: dem Wohl
ge ihm mehr
liche Hindernifle findet, fo gehet vielleicht das andere,
wie ein Borfchlag im englifchen Parlamente, durch.
Wenn er die Wahl bat, fo ziehet er. das vor, wovon
er ſelbſt den meiſten Nutzen hat. Caͤſar hat gewiß
> —9— Projecte im Sinne gehabt, als er ausgefuͤhrt.
Su der catilinariſchen Verſchwoͤrung foll er auch ver⸗
wickelt eweſen ſeyn. Je weniger Tugend, je weni⸗
ger Uebereinſtimmung der Handlungen. Barum?
Der Safterafte handelt ohne Kegeln.
Gi, Aka,
Man mögte —— ſagen: Da man I Machia-
vel nicht unter die Tugendhaften zaͤhlet, warum giebt
man ſich denn Muͤhe ihm eine leidlichere Abſicht zu⸗
zuſchreiben ? Es wäre ja beſſer, daß man dieſen
Lehrmeiſter der Laſter ſo abſcheulich darſtellete, als es
immer moͤglich. Ich erwiedere: Machiavel iſt und
bleibt ein Lehrmeiſter der Laſter. Ein Menſch, der
ſo viel Eigenliebe heget, daß er allen Fuͤrſten vor⸗
nem Bezwinger von Italien anrathen konnte, um
‚nur feinen Zweck zu erhalten, iſt ein Scheufal des
menfchfichen Geſchlechts. Wie aber? wenn er feine
Abſicht deutlicher entdecket, und die Grauſamkeit nur
einem italienifchen Conqueranten angepriefen haͤtte?
In dieſem Falle, der ‚aber nicht Statt. bat, würde
fhreibt ‚was er, nach feiner eigenen Einficht, nur eis
ic) ein wenig gelinder von ihm urteilen. Indeſſen |
bliebe er doch ein Lehrmeiſter der Safte
after. Denn die
graufame Sanblnden; fo er vorfchre bt, find gewiß.
N 4 Der
168 Ende
Der Erfolg. davon iſt ungen oh enn
Tyrann Italien unter feinen Scepter gebt.
gut eingerichtet haͤtte; ſo war er dennoch ic ne
chert , daß dieſes Reich lange beftehen, und des
eingebildeten Vortheils lange genießen. ——
deſſen kann ich mich doch nicht entſchließen, einem
boshaften Menſchen eine unbegreifliche Abſicht zuzu⸗
ſchreiben, ſo lange noch eine begreifliche kann ausfuͤn⸗
dig gemacht werden. Man ſiehet aber aus dieſer
ganzen Abhandlung, wie die Eigenliebe Menſchen,
unter einem guten Schein, zu — Untere
nehmungen verleiten — ———
und
J
m xort⸗
“nern
ie Ile
Sortgefete Ab handlung
von der
Wirkung der Luft
at und die menſchlichen
von dem
„Gm. John Arbuthnot, M. D.
Das vierte ————
Von der Beſchaffenheit der Luft in verſchiede⸗
nen Lagen, Gegenden und Jahrszeiten.
3 wir inden vorhergehenden Hauptftücken von
I dem, was bie $uft in fich enthält, von ihren
weſentlichen und zufälligen Eigenfchaften und
von ihren Wirkungen überhaupt etwas gefagt haben;
. ‚fo müffen wir uns auch um die Eigenfchaften derfel-
ben befümmern, die von dem Orte und der Zeie her⸗
‚rühren, welche nicht bloß aus Murhmaßungen, fons
dern aus überzeugenden Gründen, aus dem, mas
nah geſaget worden, ee in 4
5. Aa, ei 5
= Giehe des zweyten Bandes III. ti €, S. 243. und
des dritten a. I. Stu, ©. 197.
i — ae Reis as in der Luft
hal 9* nach der Beſchaffenheit der Obe
der Erde oder des Waſſers; mo es herau
unterſchieden ſeyn muͤſſe; und dieſer Unterſchied
De auf einer jeden Stelle der Exdfugel bei ändig feyn
wenn nicht Der ganze Haufen der Luft als ein
Weſen eine Gemeinſchaft mit einander haͤtte, und
wenn die Theile derſelben mid E durch die Bewe |
der —— und durch andere d m weiſen Ur —
Natur beliebige Arten hin und her getrie ver⸗
miſchet Bl, Doch 74 9
E nicht fo
vollfommen, daß fie nicht einen Unterfchied in der
Natur der Luft zurück. laſſen ſollte, den die Einwoh⸗
ner von einerley Striche Sandes, wo die Ausduͤnſtu
gen beſtaͤndig und alfezeit mit der Luft vermifd find,
„ empfinden fönnten, Der Than ifteine Ausdünftung der
Erde, fo wieder zurück fömme, und auf di elbe aus⸗
gegoffen wird. Folglich feheine£die Natur des Thaues
eines jeden Orts, und. was derſelbe in ſich enchaͤlt,
das beſte Merkzeichen der Ausdünftungen des Bodens
eines folhen Orts zu ſeyn. Durch chymiſche Ver⸗
ſuche erhellet, daß der Thau verſchiedene inge,ent:
hält, nachdem nämlich der Dre und der. Boden mi le
ferig, ſalzig, fettig, ſaliniſch oder mineraliſch iſt; ‚der
Unterfehied deffelben beftehe bloß i in der Quantität
der Hitze, dadurch er entweder von der Sonne, oder.
inwendig von. der Erde erreget wird. Die Eigen-
fehaften der Luft, fo vom Orte herrühren ‚find dauer
bafter bey ruhigem als bey. windigem Wetter, Dieß
erhellet aus den Mebeln, welche: eine Folge folcher
ſtillen Witterungen find. Die Luſt behält daher die
igtgebachten Eigenſchaften laͤnger — —
8% un
E aufn die menſchlichen Körper. 171
- and Gruben, welche: nicht durchwehet werden und
länger in Thälern, als auf den Spigen der Berge
2. Die Ausdünftungen großer Flaͤchen Waſſer,
| als zum Epempel der See, find kaum etwas anders, _
als Waffer, indem die Sonne weder auf den Grund
wirket, noch das Salz heraus ziehet. Winde, ercegen
etwas vom Salz durch den Schaum , wie man folches
‚aus der Erfahrung in großen Stürmen weiß. Fenſter⸗
riegel und Eifen nehmen Roft an, wenn fie der Seeluft
bloß geftellee-find. Diefes Satz ift der menſchlichen
- Matur nicht undienlih. Die große Maffe der Aus:
dünftungen aber ift feifches Waſſer, und wenn niche
beftändige Winde die Decke der Dünfte abweheten,
welche die See umgiebt; ſo bin ich der Meynung,
daß die Seeluft den menfchlichen Körpern anertraͤg
lich ſeyn wuͤrde. |
3, Die Dinge, fo die auft enthält, müfleni im Foſt
und. in gelindem, Wetter ſehr unterfchieden feyn.
Große Fröfte verftopfen die Ausdünftung der. Erde,
und berauben folglich die Luft der Ingredienzen diefer
Ausduͤnſtungen. Dem zufolge hat man durch Er-
fahrung gefunden, wenn fehadliche Ausdünftungen in
der, Luft geweſen, ‚moraus vielleicht anftecfende Seus _
den hätten entſtehen fönnen, daß folche durch Froft
gehemmet worden. Der Froſt feheidet durch das
Gefrieren das Waffer von der Luft. Wenn hingegen
bey Thauwetter die Ausdünftung der Erde wieder her⸗
geſtellet und häufiger wird; fo find dergleichen Wit-
terungen öfters ungeſund. Eine, folche Bewandniß
hatte es vor der legten Peft in Lo Es war ein
harter Winter, dem ein ploͤtzliches wetter folgte.
—* war eine große Menge Waſſer au
Eine ſolche hat
ae große 5 hervorbringen
die Menſchen nicht ‚anders, als in einem naffen K
ler bey einem großen Feuer, lebten. Son
luft ift gar ſehr von der Luft des Winters unter |
*
*
untorſchieden. Siehe h. 8. und q. des er
ben, indem fie mit der ausgedunſteten Materie der
Pflanzen erfüllet ft. Degen müffen, nad) einer
fen Dürre, aewiffermaßen eben diefelbe Wirkung,
als Thauwetter nach großen Froͤſten, haben. Die
Stadtluft iſt von der Landluft aus vielen Urſache
4. Die Dinge in der Luft eines. jeden Hr. find,
nach der Sage defflben, und zwar in Anfehung der
daran liegenden Derter, von welchen die Luft durch
die Winde bergebracht, unterfchieden. "Ein ‚hoher,
trockener und natürlich geſunder Boden, der an ei⸗
nem niedrigen Marſchgrund lieget, muß nothwendig
ungeſund werden, wenn die Winde über die Marfch-
länder wehen. Ueber diefes ſo ziehet ein hoher Grund
die Ausduͤnſtungen an. fih, wenn fie von niedrigem
Erdreich in die Höhe fteigen. "Wenn man eine Lage
eines Ortes erwählen will, fo muß man nicht nur
auf die Befchaffenheit des Bodens, auf welchen man
bauet, ſondern auch auf die Defhrfeneit ——— |
Pb der daneben lieg. |
5. Ein reicher feuchebarer. Boden , * "einen-Ale
berfiuß an vielerley activen, flüchtigen und fchmierig»
‚ ten Theilgen hat, und wobey fich ein ‚ziemlicher Grad
Hitze findet, muß nothwendig anſteckende Seuchen
in den menſchlichen Koͤrpern hervorbringen. Der⸗
‚gleichen find fruchtbare Wieſengruͤnde an den Geſta⸗
ben der Fluͤſſe, welche, nebſt der —— en
—
* —* die menfhfichen Ki 173
des Frühlings, Fieber, und infonderheit abwec
Fieber zumege bringen, ‚Sole fr —*
in ſehr heißen Gegenden ſind hoͤchſten geſund,
man ſolches in den Reiſebeſchreibungen findet, ‚Da
hingegen iſt ein Fiefigter Boden an dem Ufer. eines
laufenden Stroms gemeiniglic) heilſam.
6. Gebürgigte Derter haben einen Ueberfuß: a an
wärßtiäten Ausdünftungen. - Hügel und Wälder zies _
hen Dünfte an, - und verflopfen die Durchwehung
der Winde, Kalkigte und’ Fiefigte hohe Erdreiche
‚aber , die feine unfchädliche Ausdünftung haben, auch
nicht. nahe an niedrigen und — — liegen,
ſind gemeiniglich heilſamnm .
7. Beydes die oͤbern Ausbänftungen der Ede und
die Ausdunſtungen der Mineralien, welche tiefer lie⸗
gen, wirken auf die Luft, wie aus der Erfahrung
bekannt iſt. Leute, die uͤber einen Boden gehen,
wo viele Minen find, empfinden verletzende Dünfte,
Die Seen Averniin Ungarn tödten Thiere, und auch
Voͤgel, die daruͤber fliegen. Der Herr Boyle iſt der
Meynung , daß mehrere Derter an Mineralien, und
infonderheit.an Marcaſite einen Ueberfluß haben, als
man meynet. Mineralien muͤſſen nothwendig auf
die Luft wirken, zumal da ſie ſelbſt in die Subſtanz
der Pflanzen dringen, in ‚deren. fehr wenig find, die nicht
Eifen in fihh haben. Die auffteigende Dämpfe der
Minen in Devonſhire haben alle. Pflanzen als.
Gras, Farrenkraut u. d. g. verſenget. Alle minera⸗
Uſche Duͤnſte ſind nicht unheilſam. Der Hr. Doyle
führee Erempel an von einigen, die ein
WMiſchenden Geſchmack von ſich geben, wie in einem
Bergwerke in Ungarn, welches ein Erz
* ——
174 ° Bon der Wirkung der Luft
get, das Rothguͤlden Erz genetinet: wird, deffen
Dunft fo erfrifchend iſt, daß die Leute in der. Gegend,
wo es zu finden ift, ſpatzieren gehen, um friſche Luft
zu fchöpfen. Leute, die mit Zinn umgehen, find
niche ungefunder,, und: haben aud) fein kuͤrzer Leben,
als andere Menfchen. Der Kalkſtein wird für. heils
fam gehalten, Er ift warm, zerfchmelzee. gar bald
den Schnee, und verurfachee vortrefflich und heilſa⸗
mes Gras. Herr Boyle hat aus einer weißen Erde
einen. reichen volatilifdyen Spiritus herausgezogen,
Es giebt geroiffe Mittel, wodurch man entdecken kann,
was für Arten von Dünften in der $ufe find, und es
Fönnte bisweilen von nicht geringen Nußen feyn, Dies
felben zu verfuchen; Be ee
8. Die Mittel, welche Herr Boyle anrärh, um
zu entdecken, was für Salze die Luft enthaͤlt beftchen
darinn, daß man folche Körper, auf welche dergleis
chen Salze’wirfen;, der freyen Luft bloß ftelle: Ge⸗
färbte Seide von befondern Farben z. & wird von
nirröfen Salzen ſchmutzig. Sachen, die aus Schwe⸗
fel bereitet find, ‚werden.von witriolifchen: Salzen
ſchwarz. Es läßt fich verfuchen, was für Veraͤnde⸗
rungen weißem Leinen, darin weder Seife noch Lauge
ift,, von Dünften oder vom: Thau widerfahren. Es
fönnen Verſuche mie entfärbten, oder foldyen Kör«
pern angeftellet werden, > worauf verſchiedene Spiri⸗
tus fonft ihre Wirkungen gehabt haben. + Spiritus
Nitri auf Kupfer verurfachet ein blaffes Blau , Spi⸗
virus Salis ein Grün, Urinſpiritus ein tiefes Blau.
An einigen Dertern,, als 3, & in Amſterdam, werden
fülberne und zinnerne Schüffeln und Teller: bald ſchmu⸗
Sig. . Die Kupferbergmwerke in Schweden haben a
| | a
| N es 5 An einige — tern verfaulet
das Hausgeraͤthe, und das Meralt voftet. Ich glau⸗
be aber, es ſey kein beſſer Mittel, die Luft an einem
jeden Orte zu beurtheilen, als vermittelft des Wa
—* welches nothwendig die Salze, Schwefel und
Mineralien an ſich nehmen muß, durch wels
| de es fließet. Wenn es nun von allem Geſchmacke
dieſer Subftanzen frey iſt, ſo iſt es wahrfcheinlich,
daß es mit dem Erdboden eine gleiche Vewandniß
hat. Schwefeligte Dünfte, die vermittelſt einer. uns
teriedifchen Hitze auffteigen, machen das. Waſſer der
ellen weiß, und ſind gewiſſe Vorboten eines Erd⸗
bebens. Und ich glaube, es laſſe ſich der Schluß
machen, , wo das Waſſer gut iſt, da fen. auch die Luft
gut. Schwefel in der Luſt kann durch den Geruch
empfunden werden, wie man ſolches bey feuerſpeyen ⸗
den Bergen und Stuͤrmen gewahr wird. Schwefes
ligte Luft kann durch ein Sich angezündet. werden.
9. Feuchtigkeit in der Luft wird durch: Spavefehe
pia entdecket. Und eine $ufe die von Natur feucht
iſt, verraͤch ſich felbft ducch ihre Wirkungen auf Haus»
geraͤth, zinnerne Gefäße und verfchiedene andere Koͤr⸗
per, und das bisweilen in folhem Grade bey Thau⸗
mettern nach einem ‚großen Froſte, daß Treppen, Ti
felungen, Gemaͤhlde und anderes. "Sauegerlep: gang
naß Davon werden. ee
ı0. Was bie Schivere und Eiofickdeder Su an·
betrifft; ſo nimmt dieſelbe mit der Höhe a 2
andern Hauptftücte erwehnet worden Und. es feheis
net· faſt unglaublich zu feyn, daß ein Menſch im
Bunde eines Bergwerks, da der Mercur 32 Zoll
N | hoch
haoch I
Höhe 3 le |
Mercur auf 16 ſtehet, das if fpbär im
erften Falle 32000, und * ph, — Pfun
ſchwer iſt, leben Eann. . Es find vielleicht ſchwerlich
Maeanſchen zu: finden, die beftändig in einer ‘von Dies
fen beyden äufferen Graͤnzen der Luft leben. Wenn
das wäre; fo müßte fich ein «großer Unterſchied
von Naturen und Krankheiten iden. Ein kleinerer
Unterſchied des Gewichts der Sufe. ‚abe muß eine gabe
Beränderung der Wirkungen derfelben auf: die Ein
wohner dieſer verfchiedenen Gegenden verurfachen.
1. Je häufiger und: größer die Veränderungen
der Schwere der Luft find, Ne —
— — der 5* und, Rüchtiger —* le in der
ir 5 ke: * — mo —*— = — —
Winde ſind, ſind die Veraͤnderungen ‚der; —
Mercurs nur geringe. Es muß daher eine ‚große
Berfchiedenheit der. Naturen zwifchen den Ei |
nern geoßer- und kleiner Breiten: entſtehen, ‚nachdem |
nämlich die Schwere der Luft mehr oder weniger. dere
ändert wird, Von diefen Defonderheiten erden wir
nachgehenda noch mebr.fagen... an wine
‚12. Die, $uft dringen durch ihre —
ihrer Schwere zu Hülfe koͤmmt, in thierifche Körper.
Es giebt einige Subftangen,, die, wenn fie ‚mit der
uft vermifcht find , ‚etwas. von ihrer. Eiafticität ver⸗
| A unkraͤftig machen inſonderheit ſchwefe⸗
ligte Duͤnſte, z. E. von Lichtern und Thieren, welche
die * zur Reſpiration ungeſchickt machen
auf und in die menſchlichen Körper. 177
Luft, welche ſich in ſolchen Duͤnſten aufhaͤlt, iſt von
der reinen Luft gar ſehr unterſchieden.
13. Die Hitze, in fo ferne fie von der Wirkung der
Sonne herruͤhret, laͤſſet fich in verfchiedenen Himmels⸗
‚gegenden abmeflen. Die Quantitäten derfelben find
von dem D. Aalley * geometrifch beſtimmet wor⸗
den, Zum Erempel, die Yequinoctialbige unter der
$inie verhält fich zur Aequinoctialhige einer Breite
von 60 Grad, wie 2 zu ı, und zu der Hiße einer
Breite von 50 Grad, etwas weniger als 10 zu 6,
Die tropicalifche Hitze unter der Linie ift geringer, als
in einer Breite von 50 Grad, und verhält ſich bey-
nahe wie 9 zu ı. Die Tropicalbige unter der Linie
ift die geringfte von allen Sagen der Erdfugel. Die
Tropicalhige unter den Pol ift größer, als die unter
der Linie, und verhält fich gegen derfelben wie 5 zu 4,
Die 24 Stunden lange Dauer der Sonne über dem
‚Horizont überwieger den Unterfchied der Beugungen
ihrer Strahlen. Allem Anfehen nach) würden, wenn
feine Sonne wäre, alle Flüßigfeiten uͤber der Erde,
‚oder in einer gewiffen Tiefe derfelben ſchlechterdings
erſtarret und gefroren feyn, fo. daß fich überall nichts
flüßiges finde; vielleicht würde felbft die $uft, ohne
Wirkung der Sonne, aufhören flüßig zu feyn, Die
Slüßigkeiten find, bey der Entfernung der Sonne in
großen Breiten, fo fehr gefroren, daß die Quantitaͤt
| ; Hitze
* Abrigd. of Philof. Trans. Vol. II. p.169. S. imgl.
des II. Bandes IV. Gt. p. 426. dieſes Magaz. allmo
der gelehrte Herr Prof. Kaͤſiner eine Erläuterung:
der Hallepifchen Methode, die Wärme zu berech⸗
nen, geliefert Bat. 23 su a Be
4 Band. M
78 ° Don der Wirkung der Luft
Hitze der Sonnen, fo lange fie über dem Horizont
ſtehet, nicht ftarf genug ift, fie zu ſchmelzen und die
Armofphäre zu wärmen, welche durch das Eis auf
der Oberfläche der Erde kalt erhalten wird. KHiße und
Kälte werden in den Körpern, nad) dem Berhältniffe
ihrer Dichte, länger und Fürzer aufgehalten.
14. Rund um den Pol, und vielleicht auf einige
Grade, ift eine Rinde von dichtem Eiſe, welche durch
einen harten und Falten Winter mehr geftärfee werden
ann, als fie bey dem folgenden Sommer. verlieret.
Und da fie von ven Winden getrieben wird ‚fo machet
fie die Luft geringerer Breiten fehr kalt. Große Eis:
koͤrper, die in der Nähe find, verurfachen in großen
Strichen Landes größere und Dauerhaftere Öraden von
Kälte, als dem Verhaͤltniſſe ihrer ‘Breiten an und für
fic) felbft natürlich ift, welche auch nicht eher aufbo-
tet, als bis das Eis gefchmolzen. Die Kälte in Weft-
indien in den mit London gleichlaufenden Gegenden ift
weit größer. Die Gegenden, fo mitten in einem
großen feften Sande liegen, find weit Fälter, als die,
fo die Seeluft haben. Moſcau bat mit Edinburg ei:
nerley Breite, und ift doch vielfäter,
15. Diefelben füdlichen Breiten find Fälter, als die
nordlichen, und zwar aug einer aftronomifchen Urſa⸗
che. Wer die Aftronomie nicht verftehet, kann ſich
die Sache fo vorftellen: Die Zeit vom Frühlings-
äquinoctio bis zum Herbftlichen ift neun Tage länger,
als vom Herbftlichen zum Frühlingsäquinoetio, folge
lich ift der Sommer auf unferee Halbfugel 9 Tage
länger, als in den füdlichen Breiten. Da diefe Urs
fache eine große Menge Yahre gemirfet, fo muß fie
unfere Halbkugel mehr higen,als die füdliche. Dock.
Halley
auf und in die menſchlichen Körper. 179
Zalley hat im Monat Januarius in der Breite von
st Graden eine See angetroffen ‚die wegen des Eifes
unfchiffbar war, welches eben fo viel ft, als Eis in
unfern Seen im Monate Julius.
16. Es iſt flar, daß die Graden ber Hiße an uns
terfchiedenen Stellen der Erde mit der Wirkung der
Sonne Eein regelmäßiges Berhältniß bat, als welche
allezeit einförmig ift. Die große Berfchiedenheit der
MWitterungen an einerley Orte mag vielleicht geroiflers
maßen von einiger Wirfung der Sonne auf die Erde
herruͤhren die den chymiſchen Operationen gleicher,
indem fie einige unterirdiſche Dünfte von unterfchies
dener Beſchaffenheit und Quantität zu unterſchiedli⸗
chen Zeiten in bie Höhe ziehe. in gemiffer Ges
fhichtfchreiber * Hat berichtet, daß im Jahre 775
das mittelländifche Meer in einer Weite von zo Mei⸗
len längft der Küfte gefroren gewefen.
17. Die Hige der $uft beruhet gewiſſermaßen auf
ber Befchaffenheit und der Miſchung der Hberfläche
der Erde, welche die Hiße an einigen Orten befler,
als an andern, zurüc behält. . Schwarze Erde ver-
ſchlucket die Sonnenftrablen. Man lege eine weiße
und eine ſchwarze marmorne Kugel an einem Elaren
und heißen Tage an die Sonnenftrahlen. Die weiße
wird ganz kalt bleiben, da hingegen die fchrwarze eine
Hitze bekoöͤmmt, davon ein En gahr gemacht werden
fann. Sandigter Boden, der die Sonnenftrahlen
allenthalben zurück wirft, erhißer die Luft, ift den Aus
gen ſchaͤdlich, und ift wegen der Hige des Sandes in
" einigen Sändern den Füßen unerträglich. Die Hige
der Inſel Ormus, melche jenſeit * —
Ma N des
⸗ Giycus.
vVon der Wirtung der Sur
des a lieget, ift wegen der Surlekerfüng der
Sonnenſtrahlen von den weißen Salzgebürgen, zu
geriffen Zeiten des Tages fo unerträglic),, daß Die
Einwohner gezwungen find, ſich ins Waffer zu tauchen.
18. Heiße Dünfte, die von der Oberfläche der Er:
‚de auffteigen, erhißen die daran ſtoßende Luft. Die
Hitze befonderer Tage rühret öfters von der Zurüd-
werfung und Brechung der Sonnenftrahlen vun den
Wolfen, nach den catoptrifchen und dioptriſchen Ne=
geln, ber. Der größefte Grad Hige wird durch Rei-
ben hervorgebracht. Die Theile, fo durch das Rei—
ben des Feuerfteins an den Stahl abgefchabt werden,
‚find Glas, welches die Außerfte Wirfung der Hige
der Brenngläfer, und noch geſchwinder als diefelbe
if. Und es ift möglich, daß die größten Graden
Hitze in der Luft, ale Stürme und Donner, dur)
das Zufammenftoßen und den Fall eifigter Körper i in
Der Luft verurfachet werden.
ı9. Die Hige nimmt mit den aus der Oberfläche,
der Oberfläche der Erde herrührenden Wirkungen ab,
und ift ſchwaͤcher auf den Spisen der Berge ‚als in
Thaͤlern, weil die Luft, ‚die eine fehr dünne Fluͤßig⸗
keit, die Hiße nur eine Eurze Zeit zurück behält. ‘Der
Einfall der Sonnenftrahlen verurfachet niche die ges
tingfte dauerhafte Hiße in der Luft. Die Luft in ei-
ner Eleinen Entfernung von dem foco eines Brenn:
glafes, das Metall zu Glas machet, ift nicht heißer,
als andere Luft. Die Hitze, welche in der Luft durch
die Sonnenftrahlen erreget. wird, verlöfcher den Au⸗
genblid durch das Auffangen berfelben. In einem
Gewaͤchshauſe werden die Theile, die von den refle⸗
ctirten Sonnenſtrahlen ass berübret worden — cn
t fa N
—
auf und in die menſchlichen Körper, 181
kalt, als die aͤußerliche Luft. Dichte Körper behal⸗
ten die Hitze, ſo durch die Sonnenſtrahlen erreget
worden, laͤnger, je dichter ſie ſind, die Luft aber be⸗
haͤlt ſie nicht einen Augenblick, wie zum Exempel auf
den Spitzen der Berge, wo ſie der Hitze und der Zu⸗
ruͤckwerfung von der Oberflaͤche der Erde beraubet iſt.
Mitten in dem hitzigen Erftriche auf der Inſel Cey—
Ion wird die Luft, je hoͤher man gebet, immer kaͤl⸗
ter. Die Spitzen der Berge find in ſehr heißen Sans
dern mit Schnee bedecket *. Wenn man von dem
rothen Meer in Aechiopien in die Hoͤhe koͤmmt, ſo
wird die Luft immer gemaͤßigter, bis fie auf den Spin
gen der Berge unerfräglicher,, als die Hige in den
Thälern, wird. Bon der heißen Luft, und nicht
von der Wirfung der Sonne, Eommt es ber, daß
das Eis ſchmelzet. Die Hige der Sonnen hat an
einem Elaven Falten Tage auf eine Fläche Eis nur eis
ne geringe Wirkung. Joſeph von Acofta ſaget
uns, daß auf einem hohen Berge in Peru die Luft
; bonn erften Anblafen rödelich fen, und durch ihre
Kälte von todten Körpern die Verweſung abhalte,
Er berichter uns ‚ daß er auf der Spiße eines Ber⸗
ge8 in Peru, der vielleicht der höchfte in der Welt
fen, nebft feinen Gefehrten ein Erbrechen befommen,
wobey fie die Galle von ſich gegeben, welches viele _
leicht von der Dünne ſowohl. als auch der Kaͤlte der
Luft hergeruͤhret.
20. Weil die Luft in hoͤhern Gegenden kälter if,
ſo ſcheinet die Kälte allda anzufangen , und bis an die
Dberfläche der Erde herunter zu ſteigen. Sie wir
ket auf das hen zuerft auf den 1 ; *— Ki
E Mg ‚bey
* Ludolpb. -
| 2 .2on der Wirfung der Luft
* der aͤußerſten Kälte in 24 Stunden 3 Zoll tief
frierer. Daß die Anfeßung des Froftes durch nicröfe
Theilgen in der Luft verurfacher werde, laͤßt ſich nicht
wohl behaupten. Nitroͤſe Duͤnſte haben in Her vor⸗
bringung der Kaͤlte keine groͤßere Wirkung, als die
Duͤnſte von andern ſalzigten Fluͤßigkeiten. Spiris
tus Nitri loͤſet Eis auf. Kurz, es iſt dieſes den
Verſuchen zuwider, in welchen Nitrum das Eis viel
eher aufloͤſet, als hervorbringet.
21. Bloßes Frieren iſt nicht das Maaß der Kaͤlte,
denn es faͤngt bey 32 an zu frieren; die Kaͤlte kann
aber zunehmen, bis ſie den vectifieirten Spiritum
auf o bringet, eine Kälte, welche ‚menfchliche Koͤr⸗
per nicht ertragen koͤnnen, und worinn die ſpirituoͤſe⸗
ſten Fluͤßigkeiten gefrieren. Die ſtaͤrkſte Bewegung
und die groͤßte kuͤnſtliche Hitze durch Feuer kann
menſchliche Koͤrper kaum fuͤr das Frieren bewahren.
Die natuͤrliche Hitze eines menſchlichen Koͤrpers iſt
90, und er kann in Graden der Hitze zwiſchen etwas
weniger und etwas mehr als go beſtehen. Gleich⸗
wie der Unterſchied der Schwere der Luft, darinn
menſchliche Koͤrper ausdauren koͤnnen, zu bewundern
iſt; ſo ſind auch die Graͤnzen der Hitze und Kaͤlte
durch die Huͤlfe der Kunſt und Gewohnheit ertraͤglich,
und zwar in einer Kälte bis o in dem Thermometer,
und in einer Hige über Die go gemeldeten Grabe.
Es find gewiffe Länder, als in Suagena, wo das
Wachs fchmelzet, ob es gleich in Cabinettern ver⸗
ſchloſſen iſt, wo die Koͤrper im Sommer durch die
Hitze, ſo wie in den noͤrdlichen Gegenden durch die
Kälte, die Haut verlieren. Die Schuhe find gleich—
a, als wenn fie mit einem heißen Eifen gebrannt
! wären,
f
auf und in diemenfehlichen Körper. 183
wären. Menfchliche Ereaturen aber müffen gemifle
- Mittel gebrauchen, womit fie fi für dergleichen
‚außerordentliche Hiße bewahren koͤnnen, fonften koͤnn⸗
ten ſie nicht leben,
22. So wie die Hiße von der äußern Fläche der
Erde gegen die Höhe zu abnimmt; fo erſtrecket fich
die Wirkung des Froftes Faum 10 Fuß tief in die
Erde; unter diefer Tiefe ift die Hitze einfoͤrmiger, in⸗
dem der Thermometer innerhalb einer Tiefe von 130
Fuß ſich kaum veraͤndert, ausgenommen durch zu⸗
faͤllige Urſachen von Subſtanzen innerhalb dem Ein«
geweide der Erde, Nach den Erzählungen derer,
die ziemliche Tiefen bis an den Boden der Bergwerfe
binabgeftiegen find, fo befinden fie fi), wenn fie aus
der warmen Luft Eommen, und nur einige wenige
Klaftern hinab fteigen, Fälter. Machgehends nimmt
die Hiße zu, je tiefer fie fommen, fo daß die Berg»
leute auc) in einigen Minen ſich genöthiget fehen,
ohne Kleider zu arbeiten, und diefe Hiße ift ‚ohne
Zweifel, nach dem Unterfchiede der mineralifchen
Subftanzen, verfihieden. Die Hige, welche durch
die Wirkung der Sonne auf die Theile der Oberflaͤ⸗
che der Erde hervorgebracht wird, brauche längere
Zeit zum Ab» und Zunehmen, als die Hiße in der
Luft oder über der Oberfläche, daß alfo die Wirte:
rungen in der Erde nicht fo gefchwinde, als in der
offenen Luft, ihren Anfang nehmen.
23. Durch die Winde werden in der Miſchung der.
Luft in Anfehung der Hitze und Kälte große Veraͤn⸗
. derungen hervorgebracht. Dieß gefchiehet aber nich
duch ihre Bewegung, fondern nachdem fie über eie .
nen beißen oder Falten Grund wehen, und eine heife
Mi fere
ER N ae. v2 Ma
134 Don der Wirkung der Luft
fere.oder Fältere Luft mit der Luft eines andern Ortes
vermifchen, welches, nachdem die Graden der Hige
Binzugethan oder abgezogen werden, die halbe Gum:
me ausmacht. Z. E. Luft, die fo heiß iſt als go,
macht, wenn fie mit einer $uft, die fo heiß als 40
ift, vermifcher wird, eine Luft fo heiß als 60. Luft
fo heiß als 30, die mit einer $uft fo heiß als 40 ver-
mifchet wird, macht eine $uft fo heiß als 35. Es
giebt heiße Winde in Africa, die über fandigte Wir
ften wehen und fogar Elephanten tödten. Ein nörd-
licher Wind hingegen, der auf eine mäßige Weife in
‚einer Stunde g Meilen weher, bringet innerhalb 12
Tagen die Luft des Pols nad) London. Aus diefer
Urfache find in heißen Gegenden an diefer Seite der
Linie die Mordwinde heilſam, die Suͤdwinde aber
bringen Kranfheiten. Die Krankheit und Gefund-
beit der Einwohner in Egypten hält ihre richtige Zeit
mir diefen. beyden Winden. Die $uft eines jedweden
Ortes kann dur) Winde auf hohe Grade erhißer,
oder abgefühlee werden. Denn, wenn man, wie
ich vorhin bemerfee habe, mit einem Blafebalge die
Luft des Zimmers bläfer, wo das Thermomerrum
ftehet, fo wird es dadurch weder fteigen noch fallen.
Bläfer man aber durch heiß Metall, oder Eis; fo
wird das Thermometrum den Augenblik durch das
eritere fteigen, und durd) das andere fallen. Winde
fühlen die menfchlichen Körper ab, wenn fie Fälter
find, als die Yemofphäre der ausgedünfteren Materie,
die fie umgiebt, indem fie diefe heißere Atmofphäre
megblafen, und den Körper mit einer etwas Fältern
umgeben. Die See - und Landkuͤhlungen erfrifchen
die Luft der in der zona torrida liegenden Laͤnder, und
Ri "find
auf und in diemenfehlichen Körper. 185
‚find den Einwohnern derfelben fehr zuträglich. Wo
die $ufe durch Hitze fehr verduͤnnet ift, da dringer die
benachbarte fältere Luft binein, um dag Gleichges
mwichte zu erſetzen. Die Nächte in beißen Ländern
find oft ſehr Ealt, und aus diefer Urfache der Gefund-
heit derer, fo fich denfelben bloß fteflen, fehr nach-
theilig. Ein öftlicher Wind bläfer in diefem Sande,
nachdem die Sonne untergegangen ift, kalt, und ers
fältet nach einem beißen Tage die menfchlichen Koͤr—
per, welche vemfelben bloß geftellee find, fo fehr, daß
auch öfters Fieber und andere Krankheiten dadurch
verurſachet werden. _ |
24. In großen Strichen Landes findet fich eine
viel größere Gleichfürmigfeie des Wetters, als man
ſich gemeiniglid) einbildet. Die Hige und Kälte ift
in Anfebung ihrer Grade unterfchieden, fie faͤngt aber
an und endiget fic) beynahe um einerley Zeit. Dieß
wird durch) die Tagebücher beftätiger, die vom Werts
fer zu Upmünfter, Zürich und Paris gehalten wor—
den; indem an diefen Dertern merfliche Beränderun:
gen des Wetters beynahe um einerley Zeit vorgegan-
gen. Die Veränderungen der Schwere der Luft find.
noch gleichförmiger; indem der Mercurius, mie fol.
ches bemerfet worden, um diefelbe Zeit zu Paris,
Upmünfter, Dublin, Lancashire, geftiegen und ge-
fallen. Die Winde fommen gleichfalls, wenn fie
ftarf find, fehr wohl mit einander überein; wenn fie -
‚ aber nicht heftig find, fo find fie unterfchieden, indem.
folches aus Urfachen herrübret, die auf den Dre an-
kommen. Es erhellet gleichfalls, daß der Schnee
der Alpen eben ſowohl einen Einfluß auf das Wetter
in England, als auf das Wetter in Zürich hat, Da
| N ER das
186 Don der Wirfung der Luft
das Wetter in großen Strichen Landes gleichförmig
ift, fo macht e8 auch die Krankheiten gleichförmig,
welches wir noch Fürzlich durch eugenjDeTRNn. Des
merfungen gefehen haben,
2 . Die Kaͤlte etlicher Winter in Brittanien *
einigen nahe daran liegenden Gegenden, infonderheit
die von 1708, ift der Kälte großer nordlicyen Breiten
‘ ziemlich nahe beygefommen, indem dadurch verfchies
dene Thiere, als Fifche und einige Arten von Bögeln
aufgerieben worden, die kaum einige Jahre nachher
gedauret. Am meiften aber haben die Pflanzen dar⸗
‚unter leiden müffen. Dennoch aber verurfachte fie
eben fein fonderlich großes Sterben unter den Men:
ſchen; indem diefelben fid) gegen eine gar zu große
Kälte ſchon durch die Kunft zu verteidigen willen.
Die Urfachen diefer großen Ausfchmweifungen der Witz
terungen in die äußerften Grade der Hiße und Kälte
find fehr dunkel; fie fheinen aber vielmehr von den
Ausdünftungen, die aus der Erde entftehen, als von
den Wirkungen der Bimmlifchen Körper herzuruͤhren.
26. Was die Feuchtigkeit und Trockenheit anbes
trifft, in fo ferne folche auf die menfchlichen Körper
wicket; ſo iſt dieſelbe in der Gegend ver Luft zu bes
erachten in welcher wir leben und Athem holen. Wo
eine Wolfe it, da ift feuchte Luft, oder etwas, dag
dem Gefühle des menſchlichen Körpers fo vorfönmt,
Iſt fie aber fo hoc), daß man nicht an fie reicher; fo
‚wird der Körper auch nicht dadurch gerühret.
27. In trockenem Wetter ift das Waſſer in der
Luft innerlich) mit derfelben vermifcher; und da Die
Dünfte höher find, fo haben die menſchlichen Rue |
eine
auf undi in die menſchlichen Körper. 187
feine Empfindung der Feuchtigkeit. Allein wenn
waͤſſerigte Dinfte haufenmweife auffteigen oder herun⸗
ter fallen; alsbenn empfinden menfchliche Körper Dies
felben, und fie werden mwahrfcheinlicher Weife mit der
Luft eingefogen, welche dem Gefühle feuchter vors
kommt, wenn das Waſſer herunter faͤllt, als wenn
es in die Höhe ſteiget. Auch iſt die Luft feuchter,
wenn das Waſſer in kleinen, als wenn es in großen
Tropfen, wenn es in feinen Staubregen, als wenn
es in großen Platzregen herabfaͤllt. Die Wirkun⸗
gen ver Feuchtigkeit find den menfchlichen Körpern
empfindlicher vor großen Negengüffen, als nad)
denfelben,
28. Die Quantität der auffteigenden Dünfte und
die Quantität des Waflers, fo aus der $uft herab»
fälle, fcheinet, wie ich vorhin angemerker habe, das
Jahr herdurch über die ganze Fläche der Erdfugel
‚ziemlich gleich zu feyn, und made etwa überhaupt
ohngefähr 22 Zoll aus. Aus zufälligen Lirfachen
aber ift die Quantität an unterſchiedenen Orten ſo⸗
wohl, als auch an einerley Orte in unterſchiedlichen
Jahren ſehr verſchieden. Es iſt bemerket worden,
daß die Quantitaͤt des Waſſers, ſo aus den Wolken
gefallen, in einer Zeit von 8 Fahren
zu Zürich 22% Zoll
zu Paris IQ a
zu lpmünfter 193 «
uPifa 434 ⸗
und zu Lancashire 42% >
ausgemacht. Die Quantitäten find in-andern ut:
kreiſen unterfchieden; ‚allein die Verhältniffe nicht fo
fehr. Die Urfachen,, woher die — der
uan⸗
388, Vorder Wirkung der Luft
— des Regens entſtehen ſcheinen folgende
zu ſeyn: 1) Eine feuchtere oder: waͤſſerigtere Dber-
fläche, fo der Wirkung der Hiße bloß geſtellet ift,
wodurch die Dünfte in die Höhe gezogen werden,
2) Kälte in den obern Gegenden der Luft, wodurch
dieſe Duͤnſte ſich verdicken, welche, wenn ſie zu ſchwer
werden, in der Geſtalt des Regens, Hagels und
Schnees herunter fallen muͤſſen. Es muß daher ei⸗
ne feuchte Erdflaͤche, wobey Hitze und Kälte einan-
der folgen, nothwendig eine regnichte Witterung ver:
urfachen. 3) Winde, welche die Quantität des Res
gens an einem befondern Orte verändern , indem fie
Wolfen von einem Orte zum andern führen. Hügel
ziehen Dünfte an ſich, und Thäler nahe bey bergig-
ten Gegenden haben gemeiniglich eine große Menge
Degen. Was die Feuchtigkeit und Trockenheit der
Gegend in dem hißigen Erdfteiche anbetrifft; fo ift -
diefes die allgemeinfte Kegel: Der Regen ift am
häuftgften, je näher die Sonne tft, und wenn die
Sonne am fhiefeften ift, defto größer ift die Tro=
ckenheit. Joſeph d' Acoſta bekraͤftiget dieſes, wie⸗
wohl nicht ohne Ausnahme. In unſerer Gegend
fallen die ſtaͤrkſten Guͤſſe mit den groͤßten Tropfen des
Sommers. In der Gegend des Wendezirfels nen⸗
nen fie die regnigte Jahrszeit ihren Winter. Cs
falle vielleicht eine größere Quantität Regen zwifchen.
den Wendgzirfeln, als in größern Breiten, Es fin-
den fich dafelbft größere Flüffe und Seen, und durch)
die größere Hitze werden auch größere Duantitäten
Dünfte in die Hoͤhe gezogen. Diefer freyere Um—
lauf des Waſſers ia der großen Hige das Gegen:
gewichte,
auf und in die menfhlichen Körper. 189
gewichte, welche ohne Feuchtigkeit die menfchlichen
Körper fränklich und den Boden unfruchebar machen
würde, Die Seuchtigfeit einer Witterung laße ſich
nicht genau nad) ber Quantität des Regens fchäßen.
Denn viele regnigte Tage, ( während deren Zeit das
Wetter feucht Fann genennet mwerden,) bringen öf-
ters Feine fo große Duantirät Regen, als ein einziger
Platzregen, auf welchen viele trockene Tage folgen;
allein die DBeränderungen, fo in dem menfchlichen
Körper gewirket werden, richten fich nach der Dauer
der feuchten oder trockenen Witterungen. Die
Quantitaͤt des Waflers, fo auf einem Strich Landes
falle, kann aus der Befchaffenbeit der Brunnquellen
beurtheilet werden.‘ Wo diefelben fallen, da hat es
gewiß an einer zureichenden Quantität Waflers aus
den Wolfen gefehlee, und die Oberfläche der Erde
ift außer Zweifel aus dieſer Urfache trockener, und
giebt. daher eine geringere Quantität Dünfte. Es
finder fich nicht leiche eine beffere Maße der Feuchtig-
Feit der Oberfläche der Erde, der Quantität der
Dünfte, und überhaupt der Feuchtigkeit der Witte
rung, als die Duantität des Waflers, und diefes ift
in der That an Dertern, mo veränderliche Winde
einen Einfluß haben, in verfchiedenen Jahren ſehr
unferfchiedlih. Zu Upmünfter fiel im Jahre 1709
mehr als 25 Zoll vom Regen, und im Jahre 1714
meniger als 11% Zoll, welches noch über den Untere.
fhied von 2 gegen ı if. Zu Paris fiel im Jahre:
1693, 24. 18. und 1705, 14. 82. ein Unterfchied.
beynahe von 7 gegen 5. Große Ausſchweifungen
der Wirterungen von Trockenheit zur Feuchtigkeit
En De
X
1990 Von der Wirfung der Luft
verurfachen in den förperlichen Befchaffenheiten und
Krankheiten der Menfchen große Beränderungen.
So weit als die Bemerkungen geben, fcheinen tro»
dene Witterungen von beyden die gefährlichften zu
ſeyn. Das Jahr 1714 war dem Vieh wegen Man:
gel des Waſſers nachtheilig; es war aber auch für
die Menfchen ungefund, und zwar vielleicht wegen
des Mangels einer gehörigen Quantitaͤt Waſſers in
der Luft. | Ken. RZ
29. Feuchte Luft dringet durch die Porog der dich.
teften Körper, und, wie vorhin bemerfet worden,
ziehen menfchliche Körper die Feuchtigkeit mir der
Luft ein. Vielleicht ift auch eine gehörige Quanti⸗
tät derfelben zu dem vollfommenen Zuftande ſowohl
der flüßigen als feften Theile nothwendig, Ein
Schwamm nimmt, vermittelft der Feuchtigkeit der
Luft, ohngeachtet des Feuers in einem Zimmer, um
2 an feinem Gewichte zu; wenn das Feuer aber
abnimmt, fo mwächfer er noch mehr am Gewichte,
Schafleder nimmt die Feuchtigkeit der Luft in großer
Maße an. Auch Knochen ziehen diefe Feuchtigkeit an
fih. Die Räude unter den Schafen wird durch
eine gar zu große Feuchtigkeit der Luft verurfacher.
Vermittelſt Hygroſcopien, und infonderheit folcher,
die von Schwämmen gemacht find, Eönnen verfchie=
dene nüßliche Anmerkungen in Anfehung der Wirte»
rungen und deren Einfluß in die menfchlichen Körper
angeftellee werden, Durch Hngrofcopien hat man
bemerfet, daß Winde öfters die Feuchtigkeit der Luft
vermindern, indem fie die Dünfte wegblafen, er ;
2 | ie
T
auf undindiemenfehlichen Körper. 191
je die buft austrocknen, und fo verurfachen fie gleich—
— die Quantitaͤt der Ausduͤnſtungen zunimmt,
indem fie den Ueberzug von Duͤnſten, welche eine Flaͤ⸗
che Waſſer bekleidet, wegblafen, und einen neuen an
deſſen Stelle entftehen laffen.
30. Feuchtigkeit vermehret das Gewichte und die
. Größe aller Pflanzen, und macht, wie man bemer»
ket hat, alle einfache Fibern ſowohl an Pflanzen als
Thieren fchlaff; folglich koͤnnen von einer feuchten
Luft alle Krankheiten verurfachet werden, die von
fehlaffen Fibern berrühren, und fo müßten auch die
Kranfheiten und Naturen der Menfchen in feuchten
ändern und Witterungen befchaffen fenn. Eine fehr
trocfene Luft hingegen ſauget alle Feuchtigfeit aus
thierifchen Körpern heraus. Hitze mache fchlaff,
- noch weit ftärfer aber wenn fie mit Feuchtigfeic ver-
fnüpfer ift. Don diefen Materien will ich nachge=
hends handeln. | |
31. Was ich im 2. Hauptſt. $. 7. von dem großen
. Unterfchiede des Gewichtes der Luft, den menfchliche
‚Körper aushalten fönnen, gefagt habe, ift auch in
Anfehung der andern Eigenfchaften der Luft wahr.
Es ift wunderbar zu bemerfen, daß ein und daffelbe
Gefchöpf, nämlich dee Menſch, in fo manchen ver-
fhiedenen Gegenden wohnen Eönne. Ueberhaupt zu
reden, fo Fonnen Thiere warmer Länder in falten Ge⸗
genden nicht leben. Africanifhe Thiere koͤnnen vie
Kälte der offenen Luft in England kaum erfragen,
die hingegen für die Rennthiere zu warm if. Ein
Menſch hingegen kann von der Luft unter der Linie
an bis in einer $uft von 75 Graden Breite leben.
Be 4 Was
192 Von der Wirkung der Luft ꝛc.
Was aber den Unterfchieb zwiſchen den Menſchen
und andern Thieren ausmachet, iſt dieſes daß die
Menſchen viele Huͤlfsmittel von der Kunſt herneh⸗
men, die ſie faͤhig machen, eine ſo ſehr von einander
verſchiedene Luft zu ertragen. Unvernuͤnftige Thiere,
die ihrer eigenen Wahl überlaffen find, erwählen, in.
ſo fern ſie ihren Endzweck durch die Bewegung von
einem Orte zum andern erhalten können, diejenigen
!änder und Gegenden, die fi) am — fuͤr ihre
Naturen ſchicken; und % würde es der Menſch viel⸗
leicht auch machen, wenn er ſeiner eigenen Wahl
uͤberlaſſen waͤre. Allein er iſt in Geſellſchaft, unter
einer Regierung, und Leidenſchaften unterworfen,
denen er die groͤßten Guͤter der Geſundheit und des
Lebens ſelbſt aufopfert. Es giebt aber auch noch an«
dere Urfachen der Wanderung großer Heerden Men:
fchen,, wenn ihrer nämlich fo viel geworden, daß fie
die Sander, welche fie bewohnen, gar zu ſehr uͤber⸗
haͤufen.
(Die Fortſetzung künftig.) u
+
175 © SEE ‚193
EEE ET T Tee
alter — IV in “
F
Naturgeſchichte
der HEN
Inſel Tabago.
ıbago und deffen fruchtbarer Boden bedarf
feiner Lobrede; die Inſel lobet fich ſelbſt: und
‚alle, die fie gefehen: haben, ftimmen darinn
überein, daß jiemit allen übrigen Caribiſchen Inſeln
um den Borzug flreite. Sie liegt ın Grad 30 Minuten
Morderbreite, gegen Welten von Lizard, und ohn-
gefahr go Meilen von den blühenden Berbadifchen
Inſeln, wie der Capitain Lloyd in feinem kurzen
‘Bericht verfichert, welcher gleichfalls faget, daß fie
‚die befte, bequemite und geſundeſte von allen Caris
bifhen Inſeln ſey. Und das iſt fie auch in der
Thar, weil fie durch die gelinden und allgemeinen
Winde gemäßiger wird, welche des Tages die Ein—
wohner erfrifchen, und des Machts die Luft reinigen.
Des Tages entftehen diefe Winde von der See, und
erheben fich mit dem Aufgange der Sonne, fo wie
Diefe Gegend: durch die nächtlichen Winde mit fanfz
— | fern
* Diefe Nachricht hat ung ein guter Freund aus London
- in Englifiher Sprache zugefandt. Sie ift niemals ges.
druckt worden. Ein Eapitain, Namens John Poyns, _
der für fich ſelbſt und feine Gefellfchaft im Jahre 1683
von dem Herzoge von Eurland , als damaligen Befi-
Ger der Inſel 120000 Acker Landes gekauft hatte, bar
dieſelbe aufgeſetzt. ER
1194. Noturgefhichte
tern: Kuͤhlungen erfriſchet werden, die von den Felſen
und Gebuͤrgen herkommen. Man bat auch niemals
gehöret, daß die Wuth eines Ungemitters Die Einwoh-
ner in Schreden geſetzet, und man weiß nicht, daß fie
von dem Wüten eines Ircang jemals wären überfal-
fen worden, welches für die übrigen Caribifchen In⸗
fein um fo viel ſchrecklicher, und folglich um fo viel
ungluͤcklicher ift. Diefe Inſel lieget ſuͤdwaͤrts und am
nächften an den Spanifchen Küften, welche, ſo viel
man von den Einwohnern gehoͤret, noch niemals von
einem Orcan angegriffen worden. Dieſe Inſel iſt in⸗
deſſen nicht uͤber zo Meilen lang, und ich muͤßte mich
ſehr irren, wenn fie mehr als ır Meilen breit wäre,
welche Ungleichheit doc) aber ziemlichermaßen durd) die
natürliche Lage der Bufen und Haven für die Schiffe
wieder erfeßet wird, wohin die Flüffe, Eleinen Bäche
und größeren Deffnungen ‘gehören , die für Chaloupen
und Fleine Fahrzeuge fehr bequem find, welches denn
den Einwohnern fowohl zur Erlangung ihrer Noth-
wendigfeiten, als auch zu ihrer Verteidigung fehr
vortheilhaftig ift.
Sie erwirbet fich felbft den Zunamen der glückti,
cben Inſel, wiewohl fonften die Holländer fiedie un-
glückliche genennet haben , indem diefelbe fie durch ihre
Annehmlichkeiten an fich gelocfet, und andere Fürjten
gereizet, mit ihnen gleiches Glück zu genießen. Nun⸗
mebro lebet diefe Inſel im Friede, und ihr Erdreich
ift ohne Kunſt und ‘Bearbeitung fo fruchtbar, daß ei⸗
nige ſie uͤr das Indianiſche aradies gehalten. Ihr
Boden hat eine vortreffliche Tarbe, fo an einigen Or⸗
ten eine, angenehme Rothe, an andern aber eine ſchoͤne
Schwärze zeiget. Es ift derfelbe von einer fehr Be
Beſcha
der InfelTabäge. 195
Beſchaffenheit, und dieſe Fettigkeit erſtrecket ſich ſehr
tief hinein in die Erde. Dieß erhellet deutlich aus dem
erſtaunlichen Wuchs ihres feiten und ſchweren Bauhof:
jes, aus ihrem natürlichen Reichthum und ihrer Frucht»
barkeit an Lebensmitteln, aus ihren fo wohlſchmecken—
den Früchten, und aus der großen Kraft ihrer Wur⸗
zeln, Blumen und Kräuter. Leber diefes bar fie die qů⸗
tige Natur mit einer Menge Thiere verforger, und der .
Himmel hat fie mit einer fruchtbaren Menge von Wöz
geln, wie auch Fluß: und Seefifchen reichlich gefegnet.
Die Einwohner diefer Inſel haben es weit beſſer,
als die , fo meiter hin nad) Morden wohnen, und
zwar wegen der fo gemäßigten Hiße, die, wie fchon
gedacht, von den beftändig fühlenden Winden ver⸗
urſachet wird. Sie bringen keinen Sommer damit
zu, ſich Vorrath auf den Winter zu haͤufen, indem
die Kraͤuter und Fruͤchte das ganze Jahr herdurch,
als in einem beſtaͤndigen Fruͤhlinge, wachſen und
hervorſchießen; und die Waͤrme an und fuͤr ſich ſelbſt
iſt zur Unterhaltung des Alters eben ſo bequem, als
der alles hervor bringende Fruͤhling zur Ermunterung
der Jugend. Die Inſel iſt ſo voll von Baumaterialien,
‚daß, wenn nur geſchickte Hände und gute Kuͤnſtler bin-
gebracht werden, man in kurzer Zeit und mit weniger
Mühe Häufer, Städte und Beftungsmerfe aufrichten
fann. Wir müffen nunmehro auch den Wülhs des
Landes betrachten, der durch Fleiß und die Mittel der
Kunſt gar fehr kann befördert werden.
Wir wollen von dem Indianifchen Korn den.
Anfang machen, welches eben fo ift, als das, fo in
Virginia, Neuyork, Carolina u. f. w. npächfet,
und nachgebends von dem Buineifchen und ande
| Nr rem
196 Naturgeſchichte
rem Korne reden, fo auf der Inſel waͤchſt. Engli⸗
ſches Korn waͤchſet allhier gar nicht, wiewohl ſich
allhier Engliſche Erbſen, und noch dazu von ver⸗
ſchiedener Art, nebſt Bohnen und Huͤlſenfruͤchten
genug finden, wie aus dem folgenden erhellen wird.
Das Indianiſche Korn waͤchſet mit kleinen Sten⸗
geln auf ſtarken Halmen, die man den Barbadi⸗
ſchen Inſeln zur Zeit der Erndte unter den Zucker—
Eeffeln verbrennet, Er bat eine fehr zäferigte Wur—
zel. Einiges davon bringet eine, anderes zwo, und
noch anderes 3 Aehren. Die grünen Blätter deſſel⸗
ben werden in den meiften Caribiſchen Inſeln ab«
geftreifet, und dem Vieh gegeben. Won diefer Are
Korn hat man jährlich zwo, wo nicht gar drey reiche
Erndten zu gemwarten. Es wird gutes Brodt, mie
auch mit Feiner fonderlichen Kunft ein fehr wohlſchme⸗
ckendes Getränfe daraus gemacht. Kae |
Das Guineiſche Korn koͤmmt an Geftale und
Befchaffenheit dem Reiß ziemlich nahe, ausgenom=
men daß der Reiß dünnere Stengel und Fleinere Aeh⸗
ven bat, und.nicht anders als auf feuchtem Erdreich
wächfer. Dieß Korn bingegen mwächfer auch oben
auf den Felſen, und trägt auf jedem Erdreiche Frucht. -
Die Halme find ftarf , di und lang, und das Korn
wächfer an der Spiße des Halmes hervor, Es hat
eine säferigte Wurzel, und vermehret ſich faft uns
glaublich. Denn aus einem einzigen Korne entſte⸗
ben von ratur, ohne die geringften Hülfsmittel der
Kunſt, viele taufend, "Man machee Brodt, Klöße -
und Würfte davon; einige; machen es auch aus den
Huͤlſen, wie den Reiß, und £ochen es min Milch.
Die
der Inſel Tabage. 197
Die fogenannten Bonivis fehen aus wie Erbfen,
wiewohl ſie etwas laͤnger ſind. Wenn dieſe Frucht
einmal in die Erde gebracht iſt, fo iſt Feine menſchli—
che Kunft fähig, diefelbe auszurorten, fie ſchießet bes
ftändig hervor, blühet, und verforget den, der fie ges
pflanzer, das ganze Jahr berdurch, mit grünen und
reifen Erbſen. Sie giebt den beften Türfifchen Boh—
nen niches nach, wenn fie nur einigermaßen gut ge⸗
kocht, und mit frifcher Butter gegeffen wird. Dieß
muß aber gefchehen, wenn fie noch) geüm und zart ift.
Denn wenn fie reif geworden, fo werden ihre Hilfen
weiß. Wenn fie alsdann getrocknet, und wie ans
dere Hülfenfrüchte gefocht wird, fo iſſet man fie zum
Schweinefteifch ‚und eg ift eine febr nahrhafte Speife,
Hiernaͤchſt giebt es allhier Tuͤrkiſche Erbſen,
die in Martinique ſo ſehr bewundert werden. Dieſe
ſind gleichfalls eine ſehr geſunde und nahrhafte Speiſe.
Sie ſind auch ſehr fruchtbar, und tragen das ganze
Jahr herdurch.
Eben ſo iſt es auch mit den Jamaica⸗ oder Fuͤnf⸗
Wochen ⸗Erbſen beſchaffen. Wenn die Einwoh—
ner nur einigen Fleiß anwenden, ſo koͤnnen ſie keinen
Mangel daran haben. Wer auch dieſe Fruͤchte nicht
hat, dem fehlet es dennoch niemals an andern guten
und geſunden Speiſen. Wie aber der Muͤßiggang
ein Gefaͤhrte eines ſorgloſen Lebens zu ſeyn pfleget;
ſo gerathen dennoch einige aus gar zu großer Bequem⸗
lichkeit in Armuth.
Es giebt auch Welſche Erbſen und ſchwarz⸗
aͤugigte Erbſen, die faſt einerley Natur und Ei»
genfchaften haben, und die von einigen für eine Arze⸗
ney gehalten werden.
N3 Tauben⸗
18
j
Tauben-oder Feld re wo bier gleich-
falls, und find ein angenehmes Effen; fie müffen aber,
wenn fie noch jung und ihre Schalen noch Bu find,
mit frifcher ‘Burrer gegeflen werden. =.
Man hat alldier auch Tuͤrkiſche Bohnen von
befonderer Größe.
Es bringet diefe Inſel auch über dieſes, zu jeder⸗
manns Verwunderung noch andere beſondere Arten
von Huͤlſenfruͤchten hervor, die gleichſam von Natur
uͤber die ganze Inſel ausgeſtreuet —* und das ganze
Jahr durch hervorſchießen.
Wenn Sommerkorn in dieſes — Erd⸗
reich gebracht wird, ſo fehlet es demſelben niemals
an einem reichlichen Wachschum. Mir einem Worte:
Niemand darf beforgen, allhier Hungers zu ſterben.
Ich erinnere mich dabey der wunderbaren Erhal-
fung eines Holländers, mit Namen Otto Eden,
der in einem kleinen Fahrzeuge von Suriname ge:
flüchtet, um fich und feine Familie zu erhalten, wel⸗
cher auch durch Gottes wunderbare Fuͤgung auf dieſer
gluͤcklichen Inſel angelanget und feinen. Unterhalt ge=
funden hat. Er war fremd an dieſem Drte, hatte feinen
Biſſen Brod zu effen, und feine halb’ verhungerten
Kinder meinten um ihn herum, worüber er in eine
tiere Traurigkeit geriech. Ein Proteftantifcher In⸗
dDianer, der mit ihm geflohen war, fragte ihn nad)
der Urſache folcher außerordentlichen ‘Berrübnig. Und
als er zur Antwort gab: er, der fonft fo manchen
Menfchen ihren Unterhalt gefchaffer, hätte jetzo felbit
nicht Das geringfte zu effen; fo verfegteder Indianer:
⸗Der Gott, der euch bisher erhalten, bat euch in ein
„gefegnetes Sand gebracht. Verzweifelt daher nicht.
„Geber
der Inſel Tabago. 199
Gebet mir einen oder zween Schwar e und ein paar
„Aexte mit, fo will ich euch bald was zu eflen brin«
„gen. Diep gefehahe auch in der That, Der In—
dianer hieb einen großen Wiaccaws Baum um, der
fo dick war, als ein Mann im Leibe, nahm dasweiß-
liche Marf heraus, fo nahe an dem Gipfel diefes
Daums jißet, ftieß folches in einem Mörfer, preßte-
den Saft heraus, und fochte einen Pudding davon.
Das übrige trocknete er, und rieb es zu einem feinen
Mehl, aus welchem er mit nichts anders als reinem
Waller Kuchen machte; von welhem Brodte ich
noch felbft, bey meiner Ankunft in Tabago, in eben
diefes Edens Haufe gegeffen habe. Ich glaubte
auch, ehe ich diefe Erzehlung hörte, in der That nicht
anders, als daß es holländifcher Zwiebad von Weis
zenmehi waͤren.
Von den Fruͤchten dieſes Landes gedenke ich zuerſt
des Ruͤſſenapfels, welcher Eſſen und Trinken zu—
gleich verſchaffet, der aber auf eine beſondere Art
muß gekocht werden. Wenn die Nuͤſſe davon aufge-
hoben werden, fo fanıı man fie effen; und aus der
‚Rinde fann man, wenn fie noch grün ift, durch eine
gar geringe Kunſt ein vortreffliches Lampenoͤl machen,
Die Frucht, welche Bonano beißt, wird fo fehr
‚bewundert, daß die abergläubifchen Catholiken fie
auch nicht mit einem Meffer fehneiden dürfen, damit
fie das Kreuz, fo diefe Frucht vorftellet , nicht verder-
ben. Sie fann roh gegeffen werden; fie ſchmecket
aber beffer, wenn fie gelinde gefocht wird. -
Man hat hier au) Seigenbäume von eben ber
Art, als in Spanien, Portugall, und verfchiedenen
andern Orten in America. Man Eann fie, wenn fie
| — Na4 reif
N. ur are
200 Naturgefihihte
reif geivorden, eflen; es kann aber aud) sein gutes
Getraͤnke daraus gemacht werden.
Hiernaͤchſt hat man hier den Stachelapfel , der
von einem herben und ftarfen Geſchmacke, und bey
den Indianern ein Mittel wider den Blutfluß ift.
Er laͤßt fih gut mit Zucder einmachen; man, ann ihs
auch zum Faͤrben gebrauchen.
Die Stachelbirn aber iſt in der That eine von
den allerſchoͤnſten Fruͤchten in ganz pen |
Granataͤpfel find bier in großer Menge. Sie
find reſtringirend und Fühlend. Die Einwohner be:
dienen fich derfelben bey Fiebern und Fluͤſſen. |
Der Sichtenapfel ift eine fo vortreffliche Feucht,
daß ich es nicht genug befchreiben Fann, Einige ha—
ben eine Krone, und werden als Könige der Früchte
angefehen, Die, fo drey Kronen haben, werden
von dem abergläubifchen Wolke faft angebetet. Die
Frucht an fich ſelbſt iſt ſehr angenehm, und der Saft
in Bouteillen aufbehalten, iſt ein herrliches Getraͤnke.
Es fehlet hier auch nicht an Citronen. Von
Orangen find Hier dreyerley Arten. Die fauren
werden zu Saucen gebraucht. Von der andern Art
laflen ſich aflerley Effenzen machen; und die füßen
werben zur Erfrifchung gegeflen. Die Ehinefifchen
Drangen aber, die bier in America wachfen, über:
treffen die Europäifchen über alle Maße. Don Kir
monien giebt es bier gleichfalls zwo Arten; die fau=
ven werden zu Limonaden gebraucht, und die füßen
werden gegeflen.
Guavers find eine Frucht, die fehr ſteinigt if.
Es giebt weiße und rothe. Sie find aber in Anſe—
bung ihrer Wirfung unterfchieden. Wenn fie grün
gebacken
/
e
der Infel Tabago. äh
gebacken oder gefocht werben , fo fonnen beyde Arten
als ein gutes Mittel wider den Durchlauf dienen.
Wenn man fie von den Steinen reiniget, fo laffen fie
ſich gut mit Zucker einmachen.
Tamarinden wachſen allhier von fich felbft. Es
iſt eine angenehme Frucht, und leiſtet bey Fiebern
gute Dienſte.
Der Plantainbaum aber bringet diejenige Frucht
hervor, die den Schwarzen am angenehmſten, und ſehr
nahrhaft und heilſam iſt. Einige eſſen ſie roh, wenn die
Natur ſie reif gemacht hat; andere braten ſie, ehe ſie reif
wird; und noch andere lochen ſie. Gebraten giebt ſie
Brodt; gefocht Fann fie zu einer Sauce, wie auch zum
Einmachen dienen. Wenn fie aber in der Sonne gedör-
ret iſt; fo kann ein ſchoͤnes Mehl daraus gemacht werden.
Trauben find bier in großer Menge. Sie wer:
den fo, mie fie wachfen, aufgegeffen. Man denket
bier nicht daran, Wein zu machen, indem man ans
dere und vortheilhaftere Abfichten bat. |
Der Cuſtard⸗ Apfel ift einer der angenehmften
vom Geſchmacke.
Der Sowre-Sop wird von einigen zum Effen,
von andern zum Trinfen gebraucht.
Der Papaw-Apfel ift fehr angenehm, wenn er
— einer Sauce gebraucht, und mit geſalzenem Rind⸗
fleiſch gekocht wird.
Der Mamme⸗Apfel waͤchſet bier fo groß; als
eine Dfundbirne. Er bat eine gelbe Farbe, und
wird eingemacht gegeſſen. Es giebt noch eine andre
Art davon, die eben ſo beſchaffen iſt, als die erſte,
bloß mit dem Unterſchiede, daß ſie (ac — die
andere aber nur einen hat. —
nam Die
202 Naturgefihichte
Die gelben Pflaumen *— hier allenthal⸗
ben, und ſind eine ſehr ſuͤße Frucht. Es iſt aber gar
wenig daran zu genießen, indem ſie große Steine und
eine ſehr dicke Schale haben.
Es giebt bier auch Rirſch⸗Baͤume, welche das
ganze Jahr herdurd) tragen, Deren Seuche: einen et⸗
was fcharfen Gefchmad hat. Auc) finder fich eine
Art Kirſchen, welche die Spanier Purgas nennen,
die, wenn fie vollfommen reif geworden, fehr füß
und von einer fühlenden und eröffnenden Befchaffen-
heit find.
Den Cacao⸗ Baum und feine Frucht beten die
Eenianer faft an, und nennen ihn Gottes - Baum,
indem er ihnen Eſſen, Teinfen und Kleidung ver
ſchaffet. Die Nuß an und für ſich felbft ift füßer,
als die füßefte Mandel, und der Saft, der fich mit»
ten in dieſer Frucht finder gehet ben Slorentiner
Wein über, Die Schale dienet zu Bechern , Löffeln
und Gefäßen. Die Rinde, fo die Schale umgiebr,
gebrauchen die Indianer zu ihrer Bedeckung. Mit
den Blättern decken fie ihre Haͤuſer, und machen
Körbe daraus; noch andere wiſſen fich Stride und
Netze zum Fifchen daraus zu bereiten.
Bon der Schale der !YIaccam + LTuß machen die
Indianer die Köpfe ihrer Tobackspfeifen. Der Kern
laͤſſet fich eſſen, ift aber nicht fonderlich von Geſchmack;
die Nuß an fich felbft giebt ein vortreffliches Lampenoͤl.
Man bat hier auch zwo Arten von Melonen.
Die eine wird Musk, und die andere Waflır-Mes
Ionen genannt, Die erfte fehneckt unvergleichlic) ;
die andere aber g ebt Effen und Trinfen zugleich, und
man Fann niemals zu viel davon genießen. en
on
—
um
der Inſel Tabagı. 203
WVon dem Baume, worauf die mediciniſche Nuß
waͤchſet, werden Zaͤune gemacht. Die Nuß an und
für ſich ſelbſt iſt ein ſtarkes Emeticum und Catharti⸗
cum. Wenn fie ganz in Waſſer geweicht und ge
kocht wird, fo giebt fie ein fhönes fampenöl, —
Penguins find eine herbe und ſcharfe Frucht.
Die Indianer loben fie wegen ihrer guten Wirkung
bey Fiebern. |
Gurken finden ſich hier von zweyerley Arten, das
von Die eine roh gegeflen, die andere aber eingepefele
wird. Auch giebt es ungeheure Rürbis, deren Größe
zu fagen ich mich ſchaͤme, weil man mir vielleicht nicht
glauben möchte. Man macht hieraus einen Gallert,
- der bey gefalzen Rindfleifch ungemein ſchmecket. Man
hat bier noch ziwo Arten von Kürbis, die fügen, die
‚gekocht werden, und deren Brühe als eine Arzney ge—
braucht wird, und die wilden Kürbis, "woraus man
allerley Werkzeuge und Gefäße macht.
Zu den Wurzeln dieſes $andes gehören die Pota⸗
toes oder Patatas. Sie ift von dreyerley Art, die
weiße, die gelbe und die rothe. Die weiße und rothe
werden zur Speife gekocht, und find ein allgemeines
Eſſen in ganz Indien. Von der gelben Art wird
vermirtelft eines Zufages von der rohen ein angeneh-
mier Saft gemacht, der ‚wenn er mit Zucker verſuͤßet
worden, und 24 Stunden in Bouteillen geftanden, ge:
frunfen werden kann. Diefer Saft hat ven Namen
WMobby, und ift das allgemeine Getränfe in der
Inſel Cabago. aa
Man hat auch Wurzeln, die Eddies genannf
werden, und ganz unvergleichlich find ; imgleichen
— Names,
24 Maturgeſchichte
- Domes, die in der ganzen Wele niche beffer zu fin⸗
den. Es ift eine gefunde nahrhafte Wurzel. Es find
über diefes noch viele andere, die ich nicht alle zu nen=
nen weiß. Diefe und die Patatoes find ihr, natürs
liches Brod , wo ich es anders fo nennen Eann.
Man hat auch Rüben, Paftinatwurzeln, Zwiebeln
und rothe Rüben. Diefe feßtern aber werden durch
die Runft hervorgebracht, und gehören nicht eigent«
lich zu den natürlichen Früchten des Landes,
Ich muß auch noch der Caſſado⸗Wurzel geden⸗
fen, deren Saft giftig ift, und den Tod verurfacher.
Das Brod aber, fo davon gemacht wird, ift, wenn
es in gehöriger Ordnung und mit dFleiß verfertiget
wird, ſo geſund, als das Brodt von dem feinſten
Mehl, und das Getraͤnke, das man Er
gehends aus dem Brodte mache, ift fehr ſtark.
fuͤhret den Namen Pereno.
Wer allhier Fleiß darauf wendet, der kann alle
Arten von Salat wachſen machen: denn die Natur
hat dieſe Inſel mit allerley gleichſam impraͤgnirt; ; und
es ift in der That zu bewundern, wie das Erdreich
allhier fo fruchtbar feyn Fann, da es doc) von einer
nitröfen Luft ernaͤhret wird.
Es giebt bier ‚eine Rinde, welche Beh —
Tabago⸗ Zimmer führer, und auf einer Staude
wächfee. Hiernächit hat man langen Pfeffer, der
alfenthalben heroorfchießer , wie auch Aülfenpfeffer,
Glockenpfeffer und runden Pfeffer, theils roth,
theils grün, fo von Matur, ohne gebauet zu werden,
wächfer, Ferner iſt bier das berühmte Americanifche
Gewürz, ber Jamaica⸗Pfeffer, der den Geruch,
die
der Inſel Tabago. | 205
die Farbe und den Geſchmack von Nägelein und Zims
met har.
Ueber dieß befchenfer diefe Inſel ihre ——
mit noch vielen andern trefflichen Früchten und Wur⸗
zeln auf das reichlichfte, nicht um etwa ihre daran
gewandte Arbeit zu belohnen, fondern gleichfam aus
einer gütigen und angebohrnen Großmuth.
Auch fehler es diefer Inſel nicht am Fleiſche.
Wilde Schweine find allhier in unzähliger Menge,
Es werden ihrer jährlid) wenigftens 20000 gefäller,
und doch) nehmen fie fo unglaublich zu, daß es un
möglich feyn würde, fie gänzlich zu vertilgen. Die
Einwohner der Barbadifcyen Inſeln fällen einige
davon, und von den übrigen Caribiſchen Inſeln
fommen fäglic) Leute herüber, die fie erlegen und an
der Sonne dörren oder einpeceln,
Der Pickery’ ift ein Thier, fo einem Schweine
ziemlich ähnlich fommt, ausgenommen daß es vers
mittelft des Magens Athem holet, der ſich mehren:
theils in der Mitte feines Ruͤckens zuſammenziehet.
‚Diefes Thier ift gefchwinder zu Fuß, als ein Schwein ;
Fleiſch ift aber auch magerer, und ſchmecket mehr
ah Wildprät , als nad) Schweinfleifh, Es ift
auch nicht fo leicht zu jagen, als die Schweine, weil
es gefchwinder und den Hunden fehr gefährlich iſt.
Man kann fich feiner gar felten anders als vermiktelft
Flinten oder Pfeile bemächtigen; denn es hat fehr
große Hauer, die es auf- und niederwärfs bewegen
Fann. So fürchterlich es aber auch zu ſeyn fcheiner,
fo hat man doc) bisher. noch niemals —
daß es * — Ioegegangen wäre, —
Man
206 Naturgeſchichte
Man findet hieſelbſt eine große Menge * FRE
dillen, welche die Holländer Tattoos nennen, die
auf ihrem Ruͤcken mit einem Harniſche verfehen find.
Die geößeften unter ihnen find nicht über einen Fuß
hoch. Sie ernähren fich gemeiniglich von Kräutern
und Wurzeln. Wenn fie gebraten werden, ſchme—⸗
en fie natürlich wie Ferkeln; das Fleiſch aber ift
viel gefunder ‚ nicht anders als wenn es von Natur
zur Cur eines überladenen Magens wäre gemacht
worden,
Uebrigens ift allhier fuͤr Kuͤhe, Schafe, Pferde,
Eſel, Hirſche, Rebe, Schweine, 3iegen, Bas
ninichen ꝛc. die befte Weide, fo daß fein —
an Senſelben zu finden.
In dieſer Inſel trifft man auch zwo Arten von
Guanos an. Die eine Art iſt grün, die andere
grau, Die graue iſt faſt wie eine Eider gebildet,
und gleichet einigermaßen dem Alligator. Ich
babe einige davon geſehen, die 4 bis 5 Fuß lang wa⸗
ven. Sie leben Bon Kräutern , Inſecten und Fruͤch⸗
ten, und graben in den Sand, wie die Kaninichen.
Die Jndianer rühmen fie, daß ſie gut zu eſſen ſind⸗
Der grüne Guano aber iſt eine zaͤrtlichere und nahr—
baftere Speife, der bloß von Früchten und Fliegen:
lebet. Er ift auch nicht ſo groß, als der graue; er
gleicher dem Camäleon , bält fih auf Bäumen und
nicht in Selslöchern auf: ; er laͤßt fih auch nicht: *
fettem Erdreiche finden.
Das Indianiſche Raninichen iſt ein särtliches
hier, aber viel länger , größer und dicker, als unfere.
Sie find angenehm, gefund und zart zu eſſen, und
ihre Haͤute riechen ſtark nad) Musfus ; ; daher eg
—
der Infel Tabage. 207
auch gekommen, daß einige Fremde, wiewohl etwas
uneigentlich ſie Zibethkatzen genennet. Ihre Felle
dienen indeſſen, zumal wegen ihres —— Ge⸗
ruchs, zu gutem Pelziverfe.
Man bat hier auch ein Thier, weiches Apoſſum
genennet wird, das an Beſchaffenheit und Geſtalt
den Engliſchen Dadhfen ziemlich ähnlich fommt, auß
fer daß feine Beine gerade find. Cs ift dem Ras
cone am allerähnlichften. Es bat eine natürliche
Zuneigung zum Menfchen, koͤmmt zu ihm, gebt ihm
nad), und ſcheinet ein Bergnüngen daran zu finden,
ihn anzufehben. Es kann daher auch mit fehr leichter
Mühe zahm gemacht werden, Das Weibgen davon
hat einen falfchen oder loshangenden Bauch, darinn
es feine Jungen ſaͤuget und befchüßer. .
Unter den Fiſchen, davon diefe Inſel gleichfalls
einen reichen Gegen befiget, gedenke ich zuvoͤrderſt
des Groopers, welcher viel größer ift, als ein Lachs.
Sein Kopf ift noch viel beffer, als der Ben eines
Stocfifches.
Naͤchſt dem Brooper ift der graue Porgo zu
bemerken, der zwar Fleiner, aber eben fo angenehm
zu eſſen it , wie auch der rothe Porgo, der eben ſo⸗
wohl als der graue Porgo und der Grooper Schup⸗
pen hat. Dieſer Fiſch iſt einem jedweden angenehm,
und er laͤßt ſich auch gar leicht an einem Angel fangen. |
Bon Cavallas find alldier zwo Arten, grüne und
graue. Vie legten nennen wir Pferöe- Augen.
Sie find von der Größe eines Lachſes und haben auch
eben ſolche Schuppen. Der grüne Cavalla iſt klei⸗
ner als ein Grooper, er wird demſelben aber weit
— vorge⸗
208 Naturgeſchichte
vorgezogen, indem er weit beſſet ſchmace und auch
viel nahıhafter ift, —
Mullets ſind hier in großer Menge und von ver
fehiedener Größe, von der Größe einer Mafreele au
bis zur Größe eines Fleinen Hechts. Diefer Fiſch ift
von vortrefflichem Geſchmacke, und ein guter Koch
kann eine vortreffliche Scavache daraus machen,
Der See-Stint ift gleichfalls vortrefflich , vor al-
fen wenn er gut bereitet wird. Er muß aber. ganz
friſch ſeyn, fonft tauget er nichts, und iſt ungefund.
Bon diefem Fifche infonderheit läßt fic) die Königli»
che Scavache gut machen , fo wie von dem Nogen
der Mullets die Buttargo gemacht wird, : Wr,”
» Die Manatee oder Seekuh ift ein Amphibium.
Sie iſſet Gras wie ein Ochs, und ſchwimmt wie eine
Otter. Dieſes Thier wird ſehr groß. Einige davon
haben uͤber 1000 bis 1200 Pfund gewogen. Sie
werden mit Wurffpießen oder andern dergleichen In—
firumenten erleger. Ihr Fleiſch ift bloß zur. Zeit der
Noch gut; ihre Haut aber giebt, wenn fie wohl be—
reitet. wird, ein ftarfes Leder, Die armen Schwar⸗
zen erfahren die Härte deffelben, wenn fie mit Nie:
men, die. aus diefem Feder gefchnicten find, gepeitſcht
werden. r
Von dem Fiſche, der Turtle genennet wird, giebt
es verſchiedene Arten, als der Aabichtsfehnabel, der
Vandora, der Loggerhead und der gruͤne Turtle,
welchen legtern die Indianer aus übergroßem Aber-
glauben für heilig Halten, und ihn Gottesfifch nennen,
wegen feiner außerordentlich guten Wirkung. Ich
kann in der That bezeugen, daß dieſer Fiſch ein recht
heilſames Eſſen fe. Sch "habe mich einft damit von
einem
—
. der Inſel Tabago. 209
einem vergifteten Palmweine curiret, den mir die
Schwarzen, wie ich das letztemal in Guinea war,
gegeben harten. Nichts iſt beſſer für die Gonorrhaͤa
und die Sranzofen, als diefer Fiſch. Dieſes vortreff«
liche Thier hat gleichfam drey Herzen, die aneinander
bangen. Es ift gleichfalls ein Amphibion. Es les
get Ener in den Sand, wie ein Bogel. Sein Fleiſch
ſchmecket bald wie Kalb: bald wie Rindfleiſch. Das
Fett ift grün, und läßt fih wie Mark effen. Ihre
Ener laffen ſich von Hünereyern nicht unterfcheiden,
Wenn fie gefalzen und an der Sonne gedörret. wer—
den, fo find fie eben fo gut, als ein Burtargo, Der
Vandora⸗Turtle koͤmmt dem grünen Turtle zwar
ziemlich nahe, allein fein Fett ift nicht halb fo füß,
und ift auch gelber von Farbe, Der Habichts⸗
ſchnabel ift Eleiner, und lange nicht fo gut, Seine
Schale ift aber fefter. Es werden Kämme daraus
gemacht, wie aus Schildfrötenfchalen. Sie legen
ihre Ener gleichfalls in den Sand. Der Logger⸗
besd aber ift ein viel größerer Fifh. Sie finden
fi) alldier in fo großer Menge, daß in einer Mache
fo viel gefangen werden, die für mehr denn 1000 Leu⸗
te auf zweymal 24 Stunden zureichen, |
Bon Fifhen, die den Namen Baracooto fühe
ven, giebt es bier zmo Arten. Einige. find. über
zween Fuß lang. Sie haben einen langen Rachen
voller Zähne. Sollen fie mit einem Angel gefangen
werden; fo muß derfelbe an einem eifernen Drate be=
feftiget werden. Der meißmäuligte Baracooto iſt
der gefundefte Fifch ; denn des ſchwarzmaͤuligten Zaͤh⸗
ne und fein Fleiſch gegen den Ruͤckgrad zu find giftig.
4 Band, > Den
210 Nature
Den großen Garr nennen bie Spanier den Na⸗
del⸗Fiſch. Er ift ohngefähr 2 Fuß lang, und hat
einen fpigigen Schnabel. Er iſt gefund zu effen.
Der Fleinere Barr bat gleichfalls einen langen Schnas
bei, ift felten über 12 Zoll lang, und ift, wenn er gut
zubereitet wird, ein gut Effen.
Man bat hier auch Sardellen, welche aber klei⸗
ner ſind, als die Engliſchen. Diefe Sifche Taufen in
die Meerbufen, um fich dadurch für die Verfolgung
größerer Fiſche in Sicherheit zu ſetzen, ſo daß oͤfters
ganze Haufen davon ans Ufer getrieben und in großer
Menge mit Netzen gefangen werden. Die Sardel⸗
len in den Barbadiſchen Inſeln aber ſind einige
Monate im Jahre fieberhaft.
Auch giebt es hier Fiſche, die wir Anchoves nen⸗
nen, die viel kleiner ſind, als die Sardellen, aber
eben fo ausfehen, und die fich, wenn fie zu rechter.
Zeit gefangen und eingefälzen werden ſehr gut eſſen
laſſen.
Auch findet ſich hier der Igelfiſch der mit ſehr
großen Stacheln gewaffnet iſt; er uͤbertrifft an Dicke
und Groͤße den Landigel. Einige haben ſie gegeſſen,
und verſichern, daß ſie gut ſchmecken; allein ich ziehe
ihr Oel vor, welches ein gutes ſchmerzſtillendes Mit⸗
tel iſt.
Der Caninichen⸗ Sıfch iſt kleiner, und bat: ſeinen
Namen von der Geſtalt ſeines Mundes bekommen.
Er wird ſehr ſelten gegeſſen. Sein Fleiſch wird auf
eine beſondere Art zubereitet, und als eine Seltenheit |
nach England oder andersmohin verſendet.
Der Indianiſche Stoͤhr, wie ihn die Englaͤn⸗
- ber nennen, läuft in Die Meerbuſen. Einige davon
find
3
der Inſel Tabago. u
find 5 bis 6 Fuß lang. Sie laffen ſich nicht wohl in
entlegene. Laͤnder verführen, Friſch aber ift er ein
fehr gutes Eſſen. Man fängt fie an "Angeln und mit
Netzen zu allen Jahrszeiten. Wenn in dieſer Inſel
eine Fiſcherey aufgerichtet waͤre; ſo wuͤrde ſelbige ſehr
eintraͤglich ſeyn.
Der Delphin iſt ein Fiſch, der den fliegenden
Fiſchen nachjaget, die allda unzaͤhlig ſind. Wenn
der Delphin auf der Jagd iſt, ſo ſcheinet er ganz
goldfarbigt; zu andern Zeiten aber, wenn er nicht
auf den Raub ausgehet, ſcheinen feine Schuppen wie
Silber. Sie werden mit Angeln gefangen. Eini—⸗
ge von ihnen find 2, 3, und mehr Fuß lang. Sie
Taffen ſich ſehr gut effen. Wenn fie fterben, nehmen
fie alle Farben an ‚die fich ihnen vorftellen. Die Bes
raubung des Waſſers tödter fie den Augenblick,
Der fliegende Fiſch ift nicht völlig fo groß, alg
ein Hering, bat auch lange nicht fo viele Gräten, iſt
aber von zartem Geſchmacke; daher ihm auch verfchies
dene Fifche in der See nachftellen. Bey einer Winds
kuͤhlung breitet er feine Floßfedern aus, die ihn die
Natur anſtatt der Flügel gegeben, und die ihn öfters
fo weit als ein halb Stuͤck Feldweges und noch wohl
weiter bringen. Alsdenn tunket er feine Flügel wies
der in das falzige Meer, und macht ſich zu einem ans
dern Fluge bereit, Wenn ihn die Raubfiſche verfol⸗
gen, fo nimmt er öfters feine Zuflucht aufdie Schiffe;
mie es mir denn auf meiner Reiſe nad) den Barbas
diſchen Inſeln begegnete, daß mir ein fliegender
— Fiſch, wie ich bey Tiſche ſaß, in den Schooß flog.
‚Der Doneto. verfolget gleichfalls den fliegenden
Big ‚und wird theils mit —* Angel, theils auf an⸗
dere
212 | Naturgeſchichte
dere Art gefangen. Einige davon ſind 30 Zoll lang.
Wenn ſie mit friſcher Butter und Litronenſaft gegeſ⸗
ſen werden, ſchmecken ſie vortrefflich.
Der Albacore fiehet eben fo aus, als der Bones
to, ilt von eben der Befchaffenheit und Geſchmack,
und verfolger auch die fliegende Fiſche; allein er ift
roͤßer.
Der Amberfiſch iſt ein herrliches Eſſen, imgfei-
chen der Engelfiſch und der grüne Schwalben»
fbwanz, welcher leßtere nicht viel größer als ein
Hering ift. Sie laſſen ſich alle aut am Angel fangen.
Der Papageyfiſch, veffen Schuppen einen grüs
nen und gelben Glanz von ſich geben, hat einen Kopf,
der dem Kopfe eines "Papageyen fehr ähnlich kommt.
Er ift von. trefflichem Gefchmade, eben fo wie der
Golofiſch, melden die Spanier Dorado nennen,
deflen Schuppen wie Gold glänzen. Beyde find
ohngefäbr fo groß als eine Makrele. Alle Flüffe und
Bäche find übrigens mit einer Menge frifcher Fifche
angefüller.
Die Hummer oder Meerkrebſe find allhier von
ungeheurer Größe. Sie haben aber Feine Vorder»
Elauen; doch find fie von unvergleichlichem Geſchmack.
Die Tabago⸗Krebſe find ungleic) beffer, ‚als die
Engliſchen.
Sie haben auch grüne Rrebfe, die den ‚Englie
fehen an Geftalt vollfommen gleich, aber viel größer
find und unvergleichlich ſchmecken.
Der Seefoldar gleichet dem Krebs in Anfehung
feiner Fleinen und großen Klauen. Seine Schale
gleiche der Schale einer Sa a * aus wie
eine dunkelfarbige De 3 —
e
der Infel Tabage. 213
Der Cunk iſt ein Schafenfifch, davon man bier
die Menge bat. Zweene Knaben koͤnnen in zwo
Stunden genug für 500 Perfonen fangen. Eie wer:
den gekocht , man ißt fie mit Wein, wie aud). mit fis
ker Butter, und fein Fiſch * beſſer ſchmecken.
Ihre Schalen ſind perlenfarbigt, gelb und weiß.
Von den Hornfiſchen habe ich einige geſehen, die
10 Zoll lang waren. Sie ſind einem Poſthorn nicht
unaͤhnlich. Ihre Schale iſt mehrentheils perlfarbigt.
Sie ſind ſehr gut zu eſſen.
Der Orney iſt auch eine Art von Schalenfiſchen,
die an den Seiten der Felſen haͤngen. Sie ſind faſt
fo groß als ein Ey, und ſchmecken gut mit friſcher But⸗
ter. Die Schale fiehet aus wie orientalifche Perlen,
- Der ScollopsKifch oder die Ramm⸗Auſter
bat eine fehr dicke Schale, und gleichet einigermaßen
an Farbe den Perlen. Diefer Fiſch bat nur eine
balbe Schale, und klebet an den Felfen, wie DBogel-
leim an einem Zweige, Er fchmedee fehr ſchoͤn, wenn
er gut zubereitee ift.
Eine gewöiffe Art Meerſchnecken wachſen bier fo
groß als ein Ey, Es giebt aber noch eine Fleinere
Art, die niemals zu ihrer völligen Reife koͤmmt, fon
dern im Sande liegt, die fich aber, wenn fie ans Seuen
gebracht werben, dennod) gut effen laflen,
Die ' gersönlichen Seeſchnecken ſind hier in
großer Menge, einige davon ſind einer Fauſt groß.
Sie liegen dicht an einander in großen Haufen, und
koͤnnen bey niedrigem Waſſer ohne Schwierigkeit ges
fangen werden. Bon ihren Schalen werden Trink:
geſchirre gemacht. Sie gleichen” den orientalifchen
Perlen an Farbe.
BY I 3 Die
214 Naturgefch. der Infel Tabago.
Die Selfen : Auftern hängen an den Klippen.
Inwendig hat ihre Schale eine glänzende Farbe.
Ihr Saft iſt ſalzig, und ihr Fleiſch iſt fehr gut.
Die andern Auſtern, darinn ſich die Derlen fin⸗
den, liegen 4 oder 5 Faden tief unter Waſſer, derer
ſich die Indianer durch Tauchen bemaͤchtigen. Wir
hoffen aber ein beſſer Mittel dazu ausfuͤndig zu ma⸗
chen, wenn wir einſt Auſterfiſcher unter uns befommen.
Die Mangrove-Aufter waͤchſet auf Bäumen’
in den Spigen der Aeſte und der Fleinen Zweige;
denn die rothe Mangrove waͤchſet allezeit i in ſalzigem
Waſſer, und die Spitzen dieſer Baume, indem fie
ihre Zweige herabbeugen, ſaugen das ſalzige Waſſer
an ſich, welches durch einen natürlichen Trieb bis zu
ihren Wurzeln geher. Dadurch häufen fich die Aus
ftern um fie zufammen, fo daß Fein Zweig ledig iſt.
Einige Leute effen fie, ich kann aber Eeinen befondern
Geſchmack daran finden, Ihre Schalen find perl.
farbige, durchfichtig , dünn und hell; ‚daher Die Spa
nier fie anſtatt bes Glaſes brauchen.
"Das SeesSEy ift von zwo Arten, ſchwarz und
grau, Beyde Arten aber find mit Stacheln verfes
ben. Die grauen gleichen den: Auftern am Ger
ſchmack, und werden roh, wie auch gekocht, mie
pe und Schalotten und oftindifchem nn ge
geſſen. |
| Die Sortfezung ſolget.
se»
7 | Min
| | | 215
*** *
mM achri J t
| Sr von den —
Sapeifen und Manufacturen
in Sranfreid,
und den
daraus entſtehenden Vortheilen.
> DE haben im Borhergebenden * von den
N Vortheilen, fo das Koͤnigreich Großbrit⸗
tannien aus den Wollenmanufacturen
* Nachricht ertheilet. Wir wollen alſo auch
eine Nachricht von dem Nutzen, den ſie in Frankreich
ftiften, mittheilen. Die Franzoͤſiſchen Minifter find
von der Nutzbarkeit der Handwerke fo wohl uͤberzeugt,
daß ſie, da ſie ſich beſtaͤndig bemuͤhen, ein jedes Stuͤck
ihrer Handlung der ganzen Nation nuͤtzlich zu machen,
alle moͤgliche Sorge und Fleiß anwenden, die Manu⸗
facturen in Frankreich zu befoͤrdern und auszubreiten.
Der Herr Eolbert, der große Beförderer der Hand-
werfe ſowohl als auch der freyen Künfte, war es, der
den König Ludewig den Dierschnten bemegte,
die Manufackuren der Bobelins zu Paris aufzurich-
ten, allwo feit der Zeit die Tapetenarbeit nebſt an⸗
Mi 4 dern
0 # Siehe aten Bandes ates Stuͤck * 395. und ztes
Gtüf p. 524.
]
316 us Von den Manufacturen
dern nörbigen Manufacturen, zum &ebrauche der
Krone und zum Zierrathe der Königlichen Palläfte,
verfertiget wird, Diefe Manufactur , oder vielmehr
das Gebäude dazu, ftehet in der Vorſtadt St. Mar:
cellus. Es führee den Namen Bobelins von zween
Brüvern , nämlich Biles und Johann Gobelin,
die unter der Regierung des Königs Srancıfcus des
Erſten das Geheimniß erfunden, fchönen Scharlach
zu färben, der nach der Zeit der Bobelins-Schars
lach genennet worden , und als Ludewig der Vier⸗
zehnte das gedachte Gebäude zu einer Manufactur
Faufte, nannte er es. den Pallaft der Gobelins.
Diefen Namen bat es nicht nur feit der Zeit behalten,
fondern es bat auch der Eleine Fluß von Bievre, der
allda' vorbey flieffer, den Namen Gobelins befom:
men. Anißo ift diefer Pallaft mit vortrefflichen Meis
ftern in Tapeten : Goldfchmieds- und Bildhauer : Ar-
beit angefüllet, die unter der Aufficht des Dberinten-
danten der Gebäude, Künfte und Manufacturen in
Frankreich ſtehen. Mic der Tapetenarbeit allein find
in demfelben Jahr aus Jahr ein vollfommen 200
Derfonen beichäfftiger. Der Herr Colbert risth
dem Könige folches an: denn da der Louvre, die
Thuilleries und andere’ Königliche Palläfte unter
feiner Auffiche zum Stande gebracht wurden ; fo ſahe
er nicht gern, daß das Geld zur. Anfchaffung der Ta-
peten und anderer nöthiger Zierrathen dieſer Pallaͤſte
aus dem Lande geſchicket wuͤrde. In der Abſicht
lockte er, ſobald der Pallaſt der Gobelins dazu be-
ftimmer war, eine große Anzahl Künftler und Hand«
werfsleute, infonderheit Mahler, Tapetenwirfer,
Goldſchmiede, Brodirer, 4.0.9. aus andern Staͤdten
des
in Frankreich. 217
des Koͤnigreichs dahin, wie denn auch ſehr viele an⸗
dere, vermittelſt Anerbietungen von Geld, Penſionen
und Freyheiten, aus fremden Landen ſich gleichfalls
dahin begaben. Darauf ward die Einfuhr fremder
Tapeten verboten, und ſeit der Zeit iſt die gedachte
Manufactur zur vollkommenſten in ihrer Art von
ganz Europa geworden; indem, die Menge von ſehr
kuͤnſtlicher Arbeit, und die Anzahl von Kuͤnſtlern ſo
groß iſt, daß es behnahe unglaublich ſcheinet, und der
gegenwaͤrtige bluͤhende Zuſtand der Kuͤnſte und Hand⸗
werke in Frankreich iſt in der That groͤßtentheils d der
Aufrichtung dieſer Manufactur zuzuſchreiben. In⸗
ſonderheit haben die Arbeiter des Pallaſtes der Go⸗
belins mit Recht vor allen andern Nationen in der
ausnehmend ſchoͤnen Tapetenarbeit den Vorzug, wel⸗
he fie zu einer ſolchen Vollkommenheit gebracht ha⸗
ben, daß fie.aller derjenigen nicht weichen darf, die
ehemals von den Engländern und Holländern verfer,
figet worden, welche das Tapetenwirken allererft in
der Levante gelernet haben, allwo diefe Kunft ihren
erften Urſprung gehabt, wozu fie ohne Zmeifel bey
‚ihren Kreuzzügen wider die Saracenen Anleitung be=
kommen. Dem fey nun wie ihm wolle, fo ift es ges.
wiß, Daß diefe beyden Nationen, infonderbeit aber
die Engländer, die erften gewefen, welche die edlen
Manufacturen i in Europa angefangen haben, wodurd)
Wolle und Seide fo fünftlich bearbeitet werden kann,
daß es dem Leben und der Natur fehr nahe komme,
ſogar daß auch die Fünftlich geflochtene Wollen⸗ und
Seidenfaͤden den ſchoͤnſten Zügen eines geuͤbten Pin⸗
ſels im geringſten nicht weichen dürfen, wie alle die⸗
jenigen bezeugen können, welche die vortrefflichen
| 25 Tapeten
28 Von den Manufacturen
Tapeten im Louvre, in den Thuilleries), zu Mar»
Iy, zu Choiſy le Koi, zu Derfailles, und in an-
dern Königlichen Pallaͤſten gefehen haben, die unter
andern die Feldfchlachten Aleranders, die vier Jah⸗
reszeiten, und die vornehmſten Heldenthaten Koͤnigs
Ludewigs des Vierzehnten vorſtellen, die nach
den ausfuͤhrlichen Gemaͤhlden des Herrn le Bruͤn,
und andern vortrefflichen Gemaͤhlden, deren Kunſt
alle Vorſtellungen uͤbertrifft, gewebet ſind. Auch
haben die Franzoſen anfehnliche Tapetenmanufacturen
zu Selletin und zu Beauvais, und infonderheit in
der Stadt Arras in Artois, die wegen der Tapeten
beruͤhmt ift, fo allda verfertiger, und Tapeten von
Arras genennet werden; wiewohl man geſtehen
muß, daß die Tapeten von Bruͤſſel und Antwer⸗
pen dieſe letztere, ſowohl in Anſehung der Erfindung,
als Ausführung, inſonderheit an Thieren und Land⸗
haften, weit übertreffen. Auch werden in Auvers
gne, außer Papier und mancherley Arten Foftbarer
Spiben, gleichfalls fchöne Tapeten gemacht, die al-
Ienthalben befannt find, indem die Einwohner dieſer
Provinz überall den Namen fehr arbeitfamer Leute
führen, durch welche Manufacturen diefe Provinz
u wohl vornehmlich bluͤhet. Und in der Landſchaft
la Marche ift das Staͤdtgen Aubuffon, ob es
gleich Elein, dennoch fo zu fagen die Miederlage der
Tapeten, indem es fehr volkreich ift, und die Ein-
wohner mehrentheils aus Tapetenwirkern beſtehen.
Man findet uͤber dieſes auch noch in einigen andern
Staͤdten Fraͤnkreichs Tapetenmachereyen, die zwar
nicht ſo angeſehen ſind, als die obgedachten, dennoch
aber eine große Menge Menſchen beſchaͤfftigen. Weil
nun
nun die Franzöfifchen Tapeten beynahe dur) die ganze
Welt befannt find, und ihrer Schönheit wegen al-
lenthalben gefucher werden; fo Fann man leicht begrei⸗
fen, daß das Geld, welches dafür von ausmärtigen
$ändern in das Königreich fommt, fehr große Sum-
men ausmachen müjle.
Es find zmo Arten von Franzöfifchen Taperäi)
nämlih die hohe Scherung und die niedrige
Scherung, wiewohl der Unterfchied eigentlich in der
Art zu weben ‚und nicht in der Arbeit felbft zu ſuchen
ift, indem das Webergeftelle zur hoben Scherung in
der Höhe ſtehet, und hingegen das zur niedrigen Sche-
rung nad) dem Waflerpaß mit dem ‘Boden gleid) lie=
get. Das Geftelle zu der hohen Scherung beftehet
aus 4 Hauptftücken, naͤmlich zwo in die Höhe ftehen-
den Wänden, und zween quer liegenden- Bäumen
oder Rollen, und zwar eine über die andere, ohnge⸗
fähr einen Fuß hoch vom Boden. Die Scherung,
fo aus einer Art gezwirnten Wollengarns befteher,
- wird um die oberfte, und die Tapete, fo bald fie ge—
webet ift, um die unterfte Rolle gewunden, Wenn
die Scherung bereit ift, wird die Patrone oder das
Bildwerf ‚das auf der Tapete vorgeftellet werden foll,
binter die Scherung geftellee, und auf der vorderften
Seite der Scherung, welche die rechte Seite der Ta-
pete ift, werden die Außerfien Züge mit einem Pinfel
entworfen, und zwar fo, Daß dieſe Züge fowohl hin⸗
fen als vorn koͤnnen gefehen werden. Hernach wird
die Patrone auf einen Rollſtock gerollet, und der Tas -
— — verfuͤget ſich an die unrechte Seite der
Scherung, wo er den Einſchlag mit ſeidenen, wolle⸗
nen und andern Faͤden macht, die er mit den Fingern
freu
220 Don den Manufacturen
kreuzweiſe über einander flicht, wobey er, fo bald nur
ein Faden durchgefchlagen ift, denfelben mit einem
elfenbeinernen Kamm eben machet, und die Sarben
nad) den Farben der Patrone verändert ; nachgehends
aber an der rechten Seite feine Arbeit nachfieher, und,
die Zeichnung darinnen, wenn es gefchehen Fann,
mit einer Madel verbeffert. Diefe Art, Tapeten zu
weben, iſt fehr mühfam, und wird daher wenig mehr
gebrauchet. Der Here le Blon hat ein neues Wer
bergeftelfe erfunden, und wenn daffelbe einmahl auf»
geftellee ift, fo ift feibft der geringfte und gröbfte We—
ber im Stande, alles, was ihm vorgefchildere iſt,
nachzumeben, wenn er gleich gar Fein Zeichnen noch
Schildern verfteher, ja wenn er auch fogar dasjenige,
was ihm vorgeleget worden, nicht einmal recht Fen-
net, auf welche Weife ein Stuͤck Tapetenarbeit in der
Zeit von einem oder zween Monaten fertig gemacht
werden kann, Dabingegen das von der erſten Art zu-
mweilen einige Jahre auf dem Geftelle bleibt, daher
denn auch jeßo viel beffere und feinere Tapeten für
500, als ehemals für 5000 Reichsthaler zu bekom⸗
men find. Das Webergeftelle für die niedrige Sche-
rung ‚welches jeßo meiftens im Gebrauch ift, gleicher
einem gemeinen Weberſtuhle gar fehr, und beſtehet
aus zwo auf der Seite liegenden Wänden mit einer
Rolle vorne und hinten. Die Patrone wird unter die
Scherung geleget; der Weber fißet auf einer Fleinen
Bank vor dem Weberftuhl, macht den Einfchlag,und
fchläget ihn mit einem hölzernen oder elfenbeinernen
Kamm eben, wobey zu merfen ift, daß der Weber an
der unrechten Seite feines Werkes fißer, und eber nichts
von dem fehen fann, mas er gewebet hat, als nn
as
in Frankreich. 221
das Stück fertig if, Es ift zwar an dem, daß die
Tapetenmwebereyen zur Beförderung der Handlung
und zur Blühte des Königreichs fehr vieles beytragen;
- allein die Seidenmanufacturen übertreffen diefelben
noch in vielen Stuͤcken, wiewohl fie jego nicht mehr
in einem foldyen blühenden Stande find, als vorhin.
Als die Manufacturen zu Lion im beiten Aufnehmen
waren, zählte man 18000 Webergeftelle, die allein
in und um diefe Stadt im Gange erhalten wurden;
doch in dem Jahre 1698 verminderte ſich diefe Anzahl
auf 4000. Indeſſen ift Lion doc) noch allenthalben
wegen der Seidenmanufacturen, und fonderlich der
Armoʒynen befannt, welche wegen ihres ſchoͤnen Glan⸗
zes merfwürdig find, der Durch einen gewiflen Mann,
Namens Octavio May, durch folgenden Zufall
erfunden worden, Als diefes Octavio Nahrung
ziemlich Frebsgängig ward, und er einften über fein
Unglück in tiefen Gedanken war; fo hatte er einige
feine feidene Faden im Munde, die er Fauete, ohne
es faft felbjt zu wiffen. Wie er diefe Seide aus dem
Munde nahm, fand er, daß ſich ein feltener- Glanz
auf derfelben zeigte, Als er denfelben mit Bermuns
‚ derung befchauete, fiel er nach langem Denfen dar⸗
auf, diefer Glanz wuͤrde ohne Zmeifel Dadurch ver
urfache, daß die Fäden zmwifchen feinen Zähnen ges
druckt, mit dem leimhaften Speichel befeuchtet, und
durch die natürliche Wärme des Mundes erhitzet wor⸗
den, worauf er nach langem Arbeiten ein Mittel ause
fündig machte, folchen an den Armozynen, die er ver»
fertigte, zumege zu bringen, wodurch er fich bald
große Schäße fammlete, und wodurch die Stadt Lion
feie der Zeit den Ruhm behalten, daß nirgends ein
| ſchoͤne⸗
222 Don den Manufactuven un
ſchoͤnerer Glanz, als in derfelben, auf die Armoßzy⸗
nen gebracht werden koͤnne. Das Kunftgeräthe, ſo
Octavio erfunden, ift einem Üeftelle zum Seide:
weben fehr ähnlich, mit einer Rolle an beyden Sei«
ten, zwifchen welchen die Armozyn ausgebreitet wird.
Ja nachdem diefelbe von der einen Rolle auf die an-
dere gebracht wird, wird fie fanfte mit einem leim-
haften Zeuge gerieben, da indeffen die Armozyn zu
aleicher Zeit auf einem darunter ftehenden Kohlen-
feuer getrocknet wird. Der Glanz wird den ſchwar⸗
zen Armozynen dur Bier und Pommeranzenfaft,
fo zufammen gefocht worden, mitgetheilet; allein zu
Armozynen von andern Farben wird deſtillirtes Kür-
biswaffer gebraucht. In der Landſchaft Auvergne
werden auch allerhand fchöne Seidenftoffen geweber,
und Caftel Naudary, eine Stadt in Ober⸗Lan⸗
quedoc an einem Canal, bringet gleichfalls ſehr fchö-
ne feidene Stoffen zumege, deſſen ſich auch Nimes,
eine wohlbebauete Stadt in LTiederzLangquedoc,
und verfchiedene andere Städte mehr mit Recht ruͤh⸗
. men .fönnen-, wiewohl Lion fie alle bey weitem über:
trifft. In verfchiedenen Städten werden, um Seide
zu befommen , eine große Anzahl Seidenwürmer um -
terhalten; infonderheit aber zu Alais, welches eine
mäßige Stadt in !.Tieder- Languedoc ohnaefähr.
5 Meilen von Uzez ift, aus welcher man alle Jahre -
wenigftens 1200000 Pfund ungewirfter Seide aus»
führer, die nebjt der, welche man in den übrigen
Städten bereitet, meiftentheils in Frankreich ver
. braucht, und nachgehends ausaeführer wird. In
der Zeit von weniger als einem Jahrhundert haben
die Franzoſen ihre Wollenmanufacturen gar jebr vers
| | beſſert,
Ed
in Grankreih. 223
beffere, welches wohl infonderheie dem Unterricht
beyzumeſſen iſt, welchen fie darinn von ‚Sremden er⸗
halten, die ſich in Frankreich niedergelaſſen, wie auch
der heimlichen, obgleich verbotenen, Ausfuhr der
Wolle aus England, Im Jahre 1665 errichtete der
Herr von Roberts, ein Holländer, zu Abbeville
in der Picardie, eine Manufactur von Wollenftof
fen; welches Unternehmen ſowohl gegluͤcket, daß die
Stoffen ‚die allda gemacht werden, und die mehren>
‚teils in Tüchern beftehn, an Feine und Güte den
Engliſchen und Holländifchen Tüchern kaum weichen,
König Ludewig der Vierzehnte fuchte diefe Fa—
brik auf alle Weife empor zu helfen; denn Se. Ma⸗
jeftät vergönnete dem Herrn Robets und feinen
Knechten verfchiedene anfehnliche Privilegien, wor«
unter auch die Freyheit war, alles ohne Unterfchied
in das Königreich einführen zu dürfen, was er und
feine Leute zu ihrer Arbeic noͤthig hätten, ohne die ger
ringften Abgaben dafür zu bezahlen. Die gedachte
Stadt Abbeville ift über diefes allenthalben wegen
- ihrer $einens und Segeltuh- Manufacturen , wie auch
wegen anfehnlicher Seifenfiedereyen und Stücgieße:
teyen berühmt. Die Stade lieget eigentlicy in dee
Lieder» Dicardie, in der Graffchaft Pouthieu
an der Somme, und ift zur Handlung ſehr bequem,
weil der Fluß ſchwere Schiffe tragen kann; wie
denn auch mit den Manufacturen ein großer Handel '
getrieben wird, wofür ftarfe Geldfummen einfoms
men. In der ber: Yrormandie wird auch ftarf
mit Vieh, Holz, Eifen und Kohlen gehandelt, vor⸗
nehmlich aber mit Tuͤchern, indem in dieſer Ad
verſchiedene ſchoͤne Tuchfaͤrbereyen gefunden
wer⸗
224 Von den Manufacturen
werden. Inſonderheit bluͤhet die Stadt Rouen,
welche eine der groͤßten und anſehnlichſten Staͤdte
Frankreichs an der Seine iſt, welches mehrentheils
von den Manufacturen herruͤhret. Die Stadt hat
16 Thore, 30 Marktplaͤtze, und 85 Kirchen. Die
Haͤuſer find praͤchtig, die Gaſſen breit, und die Ein⸗
wohner reich, welches alles die Stadt größtenrheils
den Sabrifen und der Handlung zu danfen hat, In
Bretagne findet man ftarfe Fabriken von Leinwand
und Seegeltüchern; denn dieß Sand bringt fehr viel
Hanf und Flachs hervor. Zu Morlair in Vlie-
der⸗Bretagne wird unter andern, fowohl mit ges
machtem Leinwand, als auch mit unbereiterem Flachs
und Hanf große Handlung getrieben. Die Sand»
fchaft Berry in Orleans Fann fic) infonderheit we=
gen des Seinens rühmen, fo allda gemacht, und für
das befte von ganz Franfreich gehalten wird, wie:
wohl die Tuchfabriken der gedachten Sandfchaft den
Fabriken anderer, Franzöfifchen Oerter weit vorgezo⸗
gen werden. Zu Tours, einer fchönen Handels⸗
ftade der Landſchaft Toursine gleichfalls in Or⸗
leans, die. an der Loire liegee, ift ein ſehr ftarfer
Handel mit Seide, wie auch zu Chatillon an der
Indre. Lions, die Hauptftadt von Lionnois,
und eine der größten Städte Sranfreichs an der.
Rhone, beſtehet bloß durch die Manufacturen und
das Commercium, indem die Handlung diefer Stade
fich nicht nur über ganz Frankreich, fondern aud)
über die ganze Schweiz und Italien erſtrecket,
und es bat ſich mehr als einmal zugetragen, wenn
zu Lions ein Banquerot gemacht worden, daß als»
denn beynabe ‚halb Europa Ancheil Daran geben
' ie
in Frankreich. 225
Wie fehr die Seidenmanufacturen von diefer Stadt
allenthalben berühmt find, haben wir ſchon oben ge»
meldet. In der kleinen Landſchaft Beaujolois giebt
es vielen Hanf, der zum Theil bearbeitet, zum Theil
unbearbeitet ausgeführee wird. Außer den Tuchma—⸗
nufacturen von Auvergne, deren wir vorbin fchon
Erwähnung gethan haben, machen die Einwohner
dieſer Landſchaft, welches fehr arbeitfame und auf ihre
Nahrung befliffene Leute find, auch fehr fchöne Spi—
Ben, und allerhand Stoffen, imgleichen Papier ‚wel: _
ches man für das befte in ganz Europa hält. In—
fonderheit Fann fich die Stadt St. Flour in diefer
Landſchaft ihrer fchönen Tapeten, guten Tücher und
feinen Meffer rühmen , vie allda gemacht werden.
In der Sandfchaft Limofin wird aud) gutes Papier
verfertigt, und zu Nimes in Nieder⸗Languedoc
it eine Fabrife von Sarge und andern Stoffen, wie
auch zu Usez, und in verfchiedenen andern Städten,
Weil wir bier aber von den Franzöfifhen Manufa=
euren reden, Fönnen wir nicht umhin, des feinen
Leinwands von KamerpE zu erwähnen, fo die Haupt⸗
ſtadt einer Provinzder Franzoͤſiſchen Niederlande
iſt, welches Leinen uͤberall wegen ſeiner beſondern
Feine Ramerykstuch genannt, und zum großen
Vortheil dieſer Stadt haͤufig geſucht wird, indem es
alles Leinwand, das man in der ganzen Welt machet,
an Schönheit übertrifft. Aus diefen und andern
Dingen, die ſich nicht alle in der Kürze melden laflen,
‚ erhellet der große Vortheil, den Frankreich überhaupt,
und verſchiedene Provinzen und Städte deflelben in-
- fonderheit aus den Tapeten: Seiden= feinen Sargen»
und Tuchtvebereyen, wie auch andern Fabriken ziehen,
4Band. “0 und
226 Von den Mannſ
und zwar um ſo viel mehr, da eine ſo große Anzapı
Perfonen, die fonft nichts verdienen würden, durch
die Fabriken und Manufacturen Arbeit befommen,
und in den Stand gefeger werden, fogar ein großes
Hausgefinde zu unferhalten, und in gute Umftände
gerathen ; wie denn auch viele Unterthanen diefes
Königreichs, die fi wegen Mangel an Arbeit und
Nahrung anderswohin würden begeben müffen, da-
durch nicht allein in dem Königreiche gehalten, fon-
dern auch Hingegen viele Fremde hinein gelocfet wer-
den, Zu einer Tuchfabrife werden infonderheit viel
Perfonen erfordert, nämlich Wollenwäfcher, Woll-
kratzer, Wollkaͤmmer und Spinner, worauf die wol⸗
lene Faͤden durch andere zu einer Scherung gemacht,
und auf den Geſtellen geſchoren werden. Hierauf
werden Weber erfordert, um das Tuch zu weben,
Scherer, und Faͤrber, um es zu färben, deren al-
lein viele an der Zahl find, Walker, und mas
mehr dazu gehöret, und alsdenn wird das Tuch
erft durch) QTuchbereiter geprefl ſet, und voͤllig bereit
gemacht.
In der Nachricht von den Sranzöfifihen Manu⸗
facturen koͤnnen wir die von Spinnen gemachte Seide
nicht vorbey gehen, die zuweilen von den Franzoſen
aus Liebhaberey zu Handſchuhen und Struͤmpfen ver⸗
arbeitet wird. Die Erfindung davon hat man dem
Herrn Bon, einem Mitgliede der Akademie zu Mont:
pellier, zu danken, der im Jahre 1710 einen Bericht -
davon herausgab. Die Spinnen mit Furzen Beinen
find diejenigen, welche aus dem hinterſten Theile ih:
re⸗ Leibes durch fuͤnf hoͤcherchen zweyerley Arten von
Faͤden
in Frankreich. 227
Fäden fpinnen , deren einige ftärfer, andere aber
ſchwaͤcher find. Die dünneften dienen ihnen, ihre
Gewebe aufzufpannen und Fliegen zu fangen. Wenn
fie Eyer geleger haben ‚ wickeln oder befpinnen fie dies
felben in eine Art eines Fleinen Netzes oder Gehäufes,
fo aus viel ftärfern und dickern Fäden befteht, um
die Ener für die-Kälte oder andere bluclofe Thierchen
zu verwahren. Der Herr Bon bradjte ı2 bis 13
Unzen von dieſen Negen zufammen, und ließ fie ei-
nige Zeit mit einem Stäbgen Flopfen, um den Staub
herauszubringen. Hernach ließ er fie in warmem
Waſſer fo lange wafchen, bis das Waller rein blich,
Darauf wurden fie in einem Keffel mit Seife, Sal:
peter und Arabiſchem Gummi 2 bis 3 Stunden über
einem gelinden Feuer gefocht, wieder mit Waſſer
ausgewaſchen, und zum Trocknen hingelegt; da denn
die Seide gefämmet ward, wiewohl die Kämme viel
feiner, als gewöhnlich, fenn muͤſſen. Die gefämmte
Seide war afchgrau, und Fonnte bequem gefponnen
und bearbeitet werden, indem fie ftärfer und feiner
war, als die gemeine Seide. Man befand auch,
daß ein Paar gute Mannsftrümpfe davon nur 3 Une
zen wogen, dahingegen die von anderer Seide durch-
gehends 7 bis 8 Unzen ſchwer find. Da nun die
Möglichkeit dargethan ift, Seide von Spinnen zu
befommen ; fo befteht noch die einzige Schwierigkeit
darinn, Seide genug davon zu erhalten, Es würde
gar nicht fchwer fenn, eine genugfame Anzahl Ever
zufammen zu bringen , wenn man nur ein Mittel
wüßte, die Spinnen fo gut zu unterhalten, als die
Seidenwuͤrmer; denn die Spinnen vermehren ſich
ſtaͤrker, als die sa und find auch niche
Re 2 | fe
223 Von den Manufackuren -
ſo vielen Krankheiten, als diefe, unterworfen. Ya
der Herr Bon, welcher eine große Anzahl Spinnen
in papiernen Köftaen, die gleichfalls mit Papier vol-
ler Eleiner Luftlöcher bedeckt waren, aufgefuttert, hat
bemerfet, daß von 7 bis 800 Spinnen in einem Jahre
faum eine einzige geftorben; da hingegen von 100
Seidenwuͤrmern durchgehends kaum 40 zum Spin«
nen kommen. Der gedachte Liebhaben fieng die Spin-
nen in den Monaten Auguft und September, wenn
die Ener ausfommen, und er bemerfte, daß die al-
ten Spinnen Durchgebends fturben, fo bald fie ihre
Eyer gelegt hatten. Diefe Proben des Herrn Bon
fhienen anfänglidy mit großen. Bortheilen vergefell-
fchaftee zu fenn; allein der Herr Resumur, ver
von der Königlichen Societaͤt der Wiffenfchaften er-
. nannte worden, die Sache weiter zu unterfuchen, hat
befunden, daß die angebohrne Feindfeligfeit und Bös-
artigkeit der Spinnen verhindere, daß fie nicht bey
einander Fönnen gefüttert werden. Denn er hat be-
merfet, daß von den 4 bis 5000 diefer Thierchen,
die er bey Funfzigen oder Hunderten in kleinen Schäd)-
telgen aufbehielt, und täglicdy mit Fliegen und den
blutigen Enden ‘von Fleinen Federgen furterte, die
Kleinften von den Größten verfchlungen wurden, fo
daß in Eurzer Zeit nur wenig mehr übrig waren;
welcher fonderbaren Feindfeligkeit man es zufchreiben.
fann, daß fo wenig Spinnen gefunden werden, da
fie doc) eine fo große Anzahl Eyer legen. Ueberdieß
würde auch zur Auffüterung der Spinnen weit mehr
Mühe und Platz, als zu den Seidenwürmern, er:
fordert werden, indem ein befponnener Kneuel von
einer Spinne viel Fleiner, als von einem Seidenwurm,
ift.
in. Sranfreich. 229
iſt. Mach der Berechnung des Herrn Reaumur
liefern 2304 Seidenwürmer ein Pfund Seide, da
hingegen 27648 Spinnen zur Hervorbringung eines
Pfundes Seide würden erfodert werden, indem ein
Häusgen von einem Seidenmwurm fo ſchwer, als zwey
von einer Spinne, wiegt. Und weil die Seide bloß
von den Weibgen gefpennen mwird, fo würde man
nothwendig eine gedoppelte Anzahl davon auffücterm
müffen.
Da die Glasfabriken dem Königreih Franke
reich Feinen geringen Vortheil einbringen; fo muͤſſen
wir Diefelben nicht unberührt vorbeygehen. Im
Sabre 1688 hat der Herr. Abrabam Thevart eine
neue und viel vortheilhaftere Art erfunden, beffere
und größere Scheiben zu gießen, als jemals bekannt
gervefen, und welche Art zu gießen bis ißo faft nir-
gends anders, als in Franfreich und England, ges
braͤuchlich iſt. Durch diefes Mittel, welches dem
Dlechgießen fehr gleich ift, koͤnnen nicht nur Spiegel
gegoffen werden, die zweymal fo groß find, als die,
fo man zu Venedig durch Blaſen verfertigee, fondern _ |
man kann dadurch auch allerhand Formen und glä=
ferne Zierrathen gießen. Die vornehmfte, wo nicht
die einzige Glasmanufactur in Sranfreich ift zu St.
Robin, drey Meilen von Laon, allıvo die vielfäl-
tigen Defen, Schmiede, Werfhäufer, Zimmerhäu-
fer, und andere Gebäude für die übrigen häufigen -
Handwerksleute, die zu einer Glasfabrife erfordert
werden, eher das Anfehen einer Stadt, als einer
Manufacktur, haben. Einige halten Thubal-Cain
für den erften Erfinder des Glafes. Der große ers
Pe mes
2330 Bon den Manufacturenin Frankr.
mes lehrte die Egypter dieſe Kunſt. Dem Pli⸗
nius zufolge, ift diefe Kunſt zuerſt von ohngefaͤhr
durch einige Seeleute an dem Fuße des Berges Car⸗
mel erfunden worden, welche bemerket, daß einige
Stuͤcke Salpeter, Die fie unter einen Keſſel geftecker,
den Sand durch die gewaltige Hiße geſchmelzet und
in Glas verändert hatten. In Languedoc wird
gleichfalls Glas gemacht; allein es ift weder fo fein,
noc) fo weiß, als das von St. Gobin, indem Sous
de * dazu gebraucht wird, fo allda, in Spanien und
in Egupten gegraben wird, und dem Glaſe eine bläu=
lichte Farbe giebt; da eß hingegen , wenn es von
Rali gebrennet wird, viel weißer und heller ausfies
bet. Man fann fich. leicht vorftellen, was für einen
Vortheil Franfreich von einer Fabrik ziehen müffe,
die nebft der Enalifchen alle andere weit übertrifft,
fo daß die Franzöfifchen Spiegel und * 7—
ſehr haͤufig geſuchet werden.
* Ein Kraut, fo am Meere wich, woraus man ein
alkaliſches Sal macht.
VI, Aug:
ihn: HA 231
DEI EEE BZEE BEIDE ZZLE En * *
! Kar a
Auszug
derer
phyſtcatiſchen Artitel,
J welche
in der 484 Numer
der
pilolophien Transactions
enthalten ſind.
a dieſes gelehrte Werk wenigen in Deutſch⸗
land bekannt wird: fo wollen wir kuͤnftighin
allemal einen. Auszug des Innhalts einer jee
den Numer liefern 5; dem obngeachtet aber doch die vor=
nehmften Stüce daraus, wie bisher, dem Magazine
ganz einverleiben..
Der erfte Artikel enthält ein Schreiben des Herrn
Hoare, aus Rom, vom Auguft 1747. Es wird
folgendes darinn gefagt: Das Gemäblde des Achil⸗
les und Chiron, fo zu Heracles gefunden worden,
it 5 Fuß lang und 4 Fuß breit. Die Figuren find
halb in $ebensgröße, ganz friſch von feinen Farben
und wohl gezeichnet. Die Figur vom Hercules ift
vortrefflih. Das Gemäbhlde des Thefeus und des
Minotaurus ift etwas über fünf Fuß bad. Der
P 4 erſte
232 Auszugausder 4g4Numer
erfte hat eine feine Stellung. Er ftehet mit dem ei»
nen Fuße auf dem Kopfe des Winotaurus, welcher
den Kopf eines Stiers vorftellet, fo an einem menfch-
lichen Körper fißer, und verfchiedene Genii oder Cu-
pidines ſcheinen ſehr beſchaͤfftiget, ihrem Erretter zu
liebkoſen, einer kuͤſſet ihm die Hand, ein anderer ums
faſſet fein Bein, und noch andere laffen verfchiedene
Merfmahle der Dankbarkeit blicken. in anderes
Gemaͤhlde ftellee die Hiftorie der Virginia vor, wel-
che auf eine rührende Weife weinet; im Appius
wird die wütende Entzuͤckung ganz natürlic) und wun⸗
dernswürdig ausgedruͤcket. Kin anders zeiget den.
Hercules und die Goͤttinn der Natur mit einer
Menge von fombolifchen Figuren; movon eine ſehr
merkwürdig ift, Die einen Knaben vorftellet, der eine
Gemfe fauget , die als ein Zeichen ihrer. Zärtlichkeit
feine Knie lecfet, und ihre Beine ganz forgfältig fo .
hinleget, daß ſie ihm keinen Schaden thun koͤnnen.
Der Sieg kroͤnet den Held, der ſich auf ſeine Keule
lehnet, und die Natur ſitzet vor ihm, und giebt allen
ſeinen Thaten ihren Beyfall. Die Zeichnung und
Farben find vortrefflich. Es finder ſich unter andern
ein fehr feltfames Stuͤck, welches 18 Zoll lang und 9
breit iſt. Ein Papagen ziehet einen Karren, darinn
eine Art einer großen Bremſe fißet, deren: Hörner
anſtatt eines Zaumes dienen, dadurch der Papagey
geleitet wird. Zwo Schildereyen, ohngefähr 43 Fuß
lang, ftellen Comödianten auf dem Schauplage vor,
wobey die Perfpectiv wohl beobachtet iſt. Ein ans
deres zeiget eine Hochzeit nur von 3 Perfonen, und
ift mehrentheils in dem Gefhmade des Aldobran;
dini zuXom.. Es find noch eineMenge Eleiner Bil-
derchen,
’
der Philof, Transad. 233
| derchen, Die allerhand Ceremonien der alten Heyden
vorftellen. Die meiften davon find auf rothem oder
ſchwarzem Grunde. Es finden ſich aud) einige Gro—
- tesquen nach der Art der Indianiſchen Mahlerey.
Diefe Gemaͤhlde fegen eine Frage außer Streit, und
befräftigen, daß die Alten die Perfpectiv » und Lands
fchaftmahleren verftanden. |
Der andre Artikel ift ein Brief, einen alten Schub
und den Körper einer Frauensperſon anbetreffend, fo
in einem Moraft gefunden worden, mit des Herrn
Dertu’s Anmerkungen. |
Der dritte Artikel enthält Briefe von Norfolk
und Suffolf, die Käfer anbetreffend, wozu der Hr.
Arderon von Norwich noch verfchiedene Umftände
hinzugefüger. Es find diefe Inſecten zu Norwich
vor 20 Jahren oft häufiger und oft weniger gemefen.
Sie find die erucz, oder der [carabzus arboreus
vulgaris major des Herrn Ray. In verſchiedenen
Theilen Engelands beißen fie the brown tree-
beetle, the blind beetle, the Chafer, the Cock-
- chafer, the Jack-horner, the Jeffry Cock, the
May-bug, und in Norfolk the Dor. Bey den
Hollaͤndern heißen fie Baumkaͤfer, Raubfäfer,
Rornwürmer , weil fie die Wurzeln des Korns vers
berben; und in Seeland nennet man fie Molenaers
oder Müller, wie Boedartius fagt Cap. 78, weil
fie die Blätter verfchiedener Arten Bäume in fo Fleine
Stüce zerbeißen, als wenn fie gemalen wären. In
Engeland werden fie gleichfalls "Müller genannt,
welches aber wohl vondem weißen mehlichten Staube
herruͤhret, womit ihre Flügel bedeckt find. Die Fran⸗
joſen nennen fie hanerons, Diefe Inſecten haben
5 zwey
234 Auszug aus der 484 Numer
zwey Paar Fluͤgel, das eine Paar iſt hautigt, und das an⸗
dere ſind Schalen. Das erſte iſt unter dem letzten zuſam⸗
mengefalten, und koͤmmt nicht anders zu ſehen, als wenn
es zum Fluge ausgebreitet wird. Die elytra oder Scha⸗
lenfluͤgel find von einer roͤthlichen lichtbraunen Farbe, und
fcheinet mit einem weißen Staube gefprenfelt zu ſeyn, der
leicht abgewiſchet werden kann, Die Beine und der fpißige
Schwanz find weißlicht, das uͤbrige des Körpers iſt braun,
ausgenommen an einem jeden Gelenke an den Geiten des
Bauches, mo fich eine zackichte weiße Linie zeiget. Es iſt
wahrfcheinlich, daß die Weibchen mit ihren fcharfen
Schwaͤnzen Löcher in die Erde machen, und ihre Jungen da
binein legen; ob fie aber anfänglich Fleine erucz, oder ob es
Eyer find, woraus folche erucz gehecket werden, das if
noch nicht ausgemacht. Go vielift gewiß, daß diefe eru-
cz höchft fchadlich find, indem fie allenthalben, wo fie
binfommen, die Wurzeln verzehren, ja an manchen Der-
tern werden fie in folcher Dienge gefunden, daß es kaum
zu glauben iff. Ich babe gefeben, fagt Herr Arderon,
daß ganze Plage fchönes bluͤhendes Gras zu Sommerszei⸗
ten in wenig Wochen fo durre, trocken und kraftlos ge>
worden, als Heu, fo daß fich viele Ellen von diefem trocke-
nen Rafen konnten aufwickeln laffen, indem diefe Wuͤr⸗
mer die Wurzeln davon verzehret hatten. Wiewohl einige
verfichern , daß fie die Wurzeln nicht freffen, fondern nur
die um Diefelbe liegende Erde los machen. Wenn fich eis
ner davon an eine Rübe feßet, fo frißt er bloß die mittelfte
fleine Wurzel, worauf die Ruͤbe fogleich vertrocknet und
eritirber. Alsdenn geht er weiter. Auf gleiche Weife ver-
derben fie die Wurzeln ded Weizens, des Rockens eꝛc. und
faſt aller nüglichen Pflanzen, die ihnen vorfommen. Was
Diefe Peft noch verderblicher macht, ift dieſes, Daß fie fo
lange Zeit erucz bleiben, welches nach dem Goedartius
wenigſtens vier Jahre wahret. Mouffet aber fhreiber,
in der Normandie habe man bemerfet, daß fie alle drey
Jahre am zahlreichften find, welches Jahr daher auch Pan
des hanetons genennet wird. Und es iſt nicht unwahr⸗
ſcheinlich, daß ſie in den offenen Feldern, wo ſie ein gutes
Futter finden, ein Jahr eher zu ihrem — au
— ande
der Philoſ. Transact. 235
ſtande gelangen, als diejenigen, welche Goedartius in
gläfernen Bechern beynahe Hungers fterben laffen. Herr
Arderon jagt, diefe eruc® fönnen weder durch den hef—
tigſten Froft in unfrer Gegend, noch auch wenn fie mit
- Waffer bedecket find, ausgerottet werden. E3 find einige
Davon viele Tage in die fchärfite Kalte hingeleget worden,
und andere hat man eben fo lange mit Waffer bedecket, fie
find aber doch wieder aufgelebet, und haben ihre vorigen
Krafte wieder befommen. Kraͤhen und Schweine freffen
fie zwar ſehr gerne; doch ihre Anzahl iſt gar zu groß, als
daß fie dadurch Eönnte verringert werden. Die befte, mies
wohl fehr muͤhſame Art iff, die Kafer von den Baumen
bey Tage mit langen Stangen herab zu fihlagen,, fie hers
nach zufammen zu fehren und zu verbrennen. Auf einem
Gute zu Seathal, 5 Meilen Suͤdweſt von Norwich, fo
jährlich gO Pfund Sterl. einträgt, und dem Hofpital St.
Helena in diefer Stadt zugehöret, waren diefe Inſecten
das legte Sahr fo haufig, daß der Pachter verficherte, er
und feine Leute hatten go Scheffel davon gefammlet ; die
eruc® davon hatten auf dem Bute folchen Schaden verur—
fachet , daß diefe Stadt dem Pachter aus Mitleiden wegen
- feines Ungluͤcks 25 Pfund nachließ. Bey Tage fliegen
wenige von diefen Rafern herum, fondern fie verbergen lich
unter den Blättern der Eichen, wilden Feigen: und Linden:
baume etc. und können von denfelben herabgefihüttelt wer-
den. : Hier fiheinen fieim Schlafe zu figen, bi3 die Sonne
untergehet, da fie füch auf den Flug machen, und als ein
dicker Schwarm von Bienen um die Hesken herum fliegen,
um welche Zeit fie öftersden Menfchenmit großer Gewalt
‚wider die Köpfe zu fliegen pflegen, Daher auch das Sprich-
wort entſtanden: So blind wie ein Kafer. Mouffet be
richtet ung, daß im Jahre 1574 den 27 Febr. eine folche
Menge von diefen Infecten in die Severne gefallen, daß
dadurch die Kader der Waffermühlen geheminer worden.
Daß fie damals fo früh im Sabre gefommen, ift eben fo
außerordentlich, als ihre große Menge; denn die größere
Art erfcheinet felten vor dem Monat May, und die Flei-
nere, welche im Julius und Auguſt hervorkommt, wird
ſelten gefehen, wenn die Abends Falt gemorden. eh den
A : Fans
236 Auszug aus der 44 Rumer
Transactionen der Dubliniſchen Societaͤt wird berichtet,
das Landvolk habe in einem Theile dieſes Koͤnigreichs von
dieſen Inſecten ſo vielen Schaden erlitten, daß ſie einen
Wald von einigen Meilen, der zwiſchen zwey an einander
graͤnzenden Laͤndern gelegen, angezuͤndet, um dadurch ihre
fernere Verbreitung zu verhuͤten. Da die Jungen gewiſ⸗
ſer Thiere andern zur Nahrung dienen; ſo dienet der Ueber⸗
fluß der einen Art Thiere zur Ausrottung der andern.
Golchergeftalt werden die Kafer, wovon es heißt, daß ſie
die Eyer der Heufchrecken auffreffen, von den Kraben ver⸗
zebret. Daher auch der Herr Arderon, ein wirdiged
Mitglied der Königl. Sorietat zuXTorwich, den Wachs:
thum der Rafer der Ausrottung der Walder und des Auf:
entbalts der Kraben um diefe Stadt herum zufchreibet.
Es fiheiner alfo ein großer Irrthum einiger Pachter zu feyn,
welche den Leuten ihre Kraͤhen nicht goͤnnen, und desfalls
übel mit ihnen zufrieden find. Sie können davon durch
das einmuͤthige Urtheil einiger gefchwornen Landleute von
Suffolk uͤberzeuget werden, die ein gewiſſer Herr zuſam⸗
men berufen ließ, um über feine Kraͤhen ein Urtheil zu faͤl⸗
len, der fie auch großmuthiger Weife würde haben ausrot⸗
ten laffen , wenn fie nicht wären frey gefprochen worden. »
Der vierte Artikel enthalt ein Schreiben ded Herren D.
Walls von Worcefter über den Gebrauch der Peruvianis
fchen Rinde bey den Kinderblattern, wenn fie mit Bluta
fluffen , Fleckfiebern und dergleichen bösartigen Zufällen
vergefellfchaftet find. Da diefer vortreffliche Arzt dag,
wag D. Morton und D. Moore von diefer Rinde in
Anfehung der Kinderblattern gefagt, wie auch ihre gute
Wirkung bey erftorbenen Gliedern und verfaulten Ges
ſchwuͤren, wie auch bey Fleckfiebern wohl überleget; fo
fchließet er daraus, daß fie auch bey Kinderblattern unter
dergleichen Umſtaͤnden gute Dienfte leiften könne. Er er⸗
zaͤhlet verfchiedene Kalle, bey welchen er einen Ertract der
* Rindemit gutem Erfolg gegeben,namlich Extr.Cort. Peruv.
3@. Alum. erud. Jij. zween ſtarke Löffel voll alle’ zwo
Stunden zu nehmen. Aus diefen Fallen, wie auch aus
vielen andern, fagt er, ſchließe ich, Daß nichts fo merklich
und fo bald einen verlegten Hals bey den N
eilen
Te.
— —
* Miro! *
der Philof. Transad. 237
beilen koͤnne, als diefe Rinde; ich habe auch niemals ge-
funden, daß fie das Ausfpeyen bey der Art Dlattern ver:
hindert hätte, wo dieſe Ausleerung noͤthig iſt. Wenn in
den eriten Auftrirten dieſer Krankheit die Rinde mit dem
Stuhlgange abzugeben fcheinet ſo iſt dieſes fo wenig ſchaͤd⸗
lich, Daß ich es vielmehr gemeiniglich ſehr nuͤtzlich befun⸗
den habe. Denn, wie Hoffmann wohl bemerket, nimmt
eine natuͤrliche Eröffnung oͤfters die Flecken weg. Die Er—
oͤffnung, fo die Rinde verurſachet, ahmet alfo den freund—
fchaftlichen Wirkungen der Natur nach, und koͤmmt alfo
in diefer Abficht dem Arzte in feinem vornehmften Amte zu
ſtatten, welches darinn befteht, ein Diener der Natur zu
feyn. Bey den meiften, denen ich die Rinde gegeben, has
be ich befunden, Daß die Reifung der Blartern Dadurch be>
fördert, und die Dauer der Krankheit verfürzet worden,
welches gewiß Feine geringe Sache iſt. Ich bediene mich
gemeiniglich des Extracts (indem ich ein decodtum aus
der Ninde mache, ohne ein alcalifches Salz hinzu zu thun)
lieber , ald der Rinde felber ; denn ich glaube, daß er mit
der Rinde gleiche Wirkung habe, und den Magen ded Kran⸗
fen nicht fo befchwere. Bey Kindern und zartlichen Per:
fonen, die gar leicht einen Eckel vor diefer Arzeney bekom⸗
men können, babe ich fie mit guter Wirkung in duͤnner
Chocolate gegeben, welche fie, wenn fiefüß genug gemacht
ift, am allerbeften verbirger.
Der fünfte Artikel ift ein Poftferiptum des Herren D.
Doddridge von Kloribampton, diefed Inhalts: Eine
Predigersfrau in der Nachbarfchaft, welche, nachdem fie
in die Wochen gekommen, in eine Naferey verfiel, die aber‘
bald gehoben ward, fand wahrend der Zeit derjelben eine
folche Beranderung in dem Zuftande ihrer Nerven, daß,
ob fie gleich weder vorher noch jeitdem jemals ein muficalis
ſches Gehör oder eine Stimme gehabt , dennoch zur Vers
wunderung aller Umftehenden einige ſchoͤne Lieder zu fingen
fähig war, welche ihre Schwefter einige Zeit vorber in ih⸗
ver Gegenwart gelernet.hatte, worauf fie. doch aber ſelbſt
nicht einmal befondere Achtung gegeben, |
Der fechfte Artikel iſt ein Verzeichniß von 50 Pflanzen
aus dem Garten zu Chelſea, der Koͤnigl. Academie *
er
238 Auszug aus der 484 Numer *
bee Geſellſchaft der Apotheker für da8 Jahr 1745 über: _
eben. | nn.
; Im fiebenten Artifel findet man die Fortfegung der
KTachricht von einem Verfuche einer Naturgeſchichte
von Carolina und den Bahamiſchen Injeln, von
Mark Catesby, Mital. der Bönigl. Gefellfchaft, zu=
fammengesogen von Eromwell Mortimer, Secret.
der Rönigl. Befellfbaft. Die 9 erften Abfchnitte dieſes
Werks find fehon in den vorhergehenden Stücken der Phi-
lofoph. Transadt. befannt gemacht. Den ıoten Abfchnitt
fängt der Verfaffer mit dem ıcoffen Kupfer des andern
Buches an. Er handelt von Pflanzen und Inſecten.
Der achte Artikel enthaledes Heren D. Thom. Came⸗
rons von Worceſter Nachricht von einem ungewoͤhnli⸗
chen rödtlichen Zufalle. Der Hr. D. Green, Rector von
St. Georg zu Queenfgare in London ꝛc. ritte nicht
weit von London. Sein Pferd ward feheu, und er fiel von
demfelben in eine Hecke. Der Fall an und für fich that
ihm Eeinen Schaden. Weiler aber nicht ſtehen Eonnte, fo
ward er in einem Wagen zu Haufe gebracht. Denfelben
Tag ward er von einem Medico und Wundarzte beſuchet.
Diefe fanden fein ferotum fo geſchwollen, daß die Ruthe
faft gar nicht zu fehen war. Der Arzt glaubte, dieß ware
Durch einen heftigen Stoß aufden Sartelfnopf verurfachet
worden. Als ihm nachgehendg die Hüfte aufſchwoll, und
er kein Waſſer laffen fonnte; fo glaubte der Wundarzt, daß
die Blafe geborften ware. Der Patient aber fagte, die
Schwenkung des Pferdes hatte ihm eine fo unerträgliche
Empfindung verurfachet, als wenn er von einander gefpal-
ten würde; und fo fand fich8 auch tiachgehendd. Denn
aller angewandten Gorafalt ungeachtet, ffarberden 6ten
Fagdarauf. Bey der Eröffnung fand man das ferotum
und Die corpora cavernofa ganz zerquetfcht, Die ofla pubis
waren 4 Zoll von einander gefpalten, undin der Blafe war
etwas uber dem Halſe ein Riß von einen halben Zoll.
Dieß war ganz was erffaunendeg; denn der Dock. Green
war ein ſtarker Mann von großen Knochen, 64 Jahr alt,
und die vereinigende Fläche der ofliumpubis war viel breis
ter, als wir jemals gefunden. —B |
| Im
—
— der Philofoph. Transad. 259
Im neunten Artikel findet fich ein Schreiben des Hrır.
D. Henry Miles an den Hn. Henry Safer, den Unter:
fehied der Graden der Kalte anbetreffend, fo zwifchen einem
Thermometer inder Stube und in der freyen Luft bemer>
fet worden. —*
Der zehnte Artikel giebt eine Nachricht von einer Frau,
die eintodtes Kind 16 Jahre lang im abdomine getragen,
während welcher Zeit fie 4 lebendige Kinder zur Welt ges
bracht, von dem Hrn. Dock. Starfey Middleron. Im
Detober des Jahres 1731 farb einer gewiffen Frau, Na—
mens Ball, im fechifen Monat ihrer Schwangerfchaft ein
Kind in ihrem Leibe. Diefes verurfachte ihr eine große in:
nerliche Erfchütterung, die mit einer Bewegung des Kin=
des, fofieempfand, begleitet ward, welche aber innerhalb
6 Tagen immer mehr und mehr abnahm. Von diefer Zeit
an hatte fie beftandige Schmerzen, die den Geburthsſchmer⸗
zen nicht unahnlich waren, und die Hebamme vermuthete
eine unzeitige Geburt. D. Bamber verordnete, nad) ges
fchebener Unterfuchung, einige treibende Arzeneyen, indem
er glaubte, daß ein todes Kind da wäre. Es brachten
dieſe Arzeneyen auch etwas herauß, das die Frau für einen
Theil der Aftergeburth hielte. Ihre Echnerzen hörten auf,
aber der Leib ward nicht dünner. In diefem Zuftande
blieb fie 20 Monate, da fich die Schmerzen wieder einftell=
ten. D. Bamber verordnete ihr warme Suppen. Es
gieng ihr zweymal Waffer ab, und ald der Doctor feine
Unterfuchung wiederholte, fo fühlteer ganz deutlich durch
die Haute des abdominis ein todtes Kind. Den 28 Det.
1734 fand ihr der Hr. D. Bamber, welchen ich beglei⸗
tete, bey der Geburth eined hubfchen Knabens bey; er
fand aber, daß das todte Kind indem abdomine enthalten
war, fo daß man vermittelfi Feiner menfchlichen Kunſt da⸗
zu kommen fonnte. Den 22 Ditob. 1735. ſchickte fie zu .
mir; fie genas aber eined Knabens, ebeich hinkam. Ich
brachte die placentam weg, und fand das todte Kind noch
in derfelben Lage. Den g Det. 1738 hatte fieabermals einen
Knaben gebohren, ehe ich hinkommen Fonnte. Das todte
Kind blieb wie vorhin. Den 27 Jun. 1741 hatte fie vor
meiner Ankunft ein Maͤgdgen zur Welt gebracht. Den 14
\ — lb Octob.
I
-
f Octob. 1747 ward ſie ins Guys: Hoſpital eb
240 Auszug aus den Philof-Transad. |
| acht, mo
fie den 7 November ffarb. Sch eröffnete fie in. Gegen:
wart der Herren Doctoren Neſchit, KTichols und Law⸗
rence, und fand den uterum nebft den andern Theilen des
abdominis in ihrem natürlichen Zuffande. Das Kind lag
. ander rechten Seite innerhalb des il, und war an daj:
felbe und die daran liegende Häute Durch einen Theil des
peritoni beveffiget, worinn die fimbria und ein Theil der
Faͤllopiſchen Röbre fich zuverlieren fchien. Es war gar
nicht verfaulet, fondern einem Enörpeligten Klumpen aͤhn⸗
Yich, und die Beine, welche manvor andern Fennen Fonnte,
waren fehr verunſtaltet und verdrehet. Dieſer Zufall dies
net zur Heberzeugung derer, welche glauben, Daß die Kna⸗
ben ander rechten, und Die Magdgen an der linken Seite
empfangen werde. N
Der eilfte Artikel enthalt eine Nachricht von der Anna
Cutting, welche ohne Zunge deutlich reden Finnen. Wir
liefern nachfteng eine ausführliche Erzehlung davon in,die-
fem Magazine. Von dem Anhang diefer Numer foll eine
Anzeige im folgenden Stuͤcke gegeben werden. |
RE —————
J. Phyſicaliſche Nachricht von den Geſundbrunnen über
haupt.
II. Verſuch, die wahre Abſicht des Nic. Machiavels
bey der Verfertigung der Regierungskunſt ſeines Fuͤr⸗
ſten zu entdecken. Ka
III. Fortgefegte Abhandlung von der Wirfung der Luft
auf und in die menjchlichen Körper, von dem Herrn
John Arbuthnot, M. D. eg
IV. Naturgefchichte der Infel Tabago. 0 —
V. Nachricht von den Fabrifen und Manufacturen in
Frankreich, und den daraus entſtehenden Vortheilen. |
VI. Auszug derer phuficalifchen Artikel, welche in der
| — der Philofophical Tranzactions enthal⸗
ten find. — —* Kr
. . 4
x ei‘
—9 ——— x J
Si x * S
geſammlete Sqriſten,
zum
Unterricht und Vergnuͤgen,
aus der Naturforſchung
und den
angenepmen Wiſſenſchaften —2
N : Ai RT au
Des vierten Bandes dritteg Stu.
— — — — ——— ——— —— —— —— —
Mic Königl. pohin. und Churfuͤrſtl. Saͤchſi ſcher Freyheit.
——— bey Georg Chriſt. Grund, und in Leipzig,
bey Adam Heinr. Holle, 1753.
\
—
SR Sr A
an 3 ———
—
MNaturgeſchichte
Der Inſel Tabago,
welche S. 212 im vorigen Stuͤcke abgebrochen
worden.
ZEnter den Vögeln in dieſer Inſel ſind
zwo Arten von Amſeln. Eine
große Art, deren Fleiſch den Tauben
s nichts nachgiebt, und eine Fleinere,
die den Amfeln in England gleicher,
che; daß fie einen längern Schnabel has
ben. Das Fleiſch davon gleicher am Geſchmack
den englifchen Staaren, Man muß ihnen aber die
Haut abziehen, fonft find fie bitter, Der Booby *
wird fo genannt, weil es ein fehr leichtglaͤubi⸗
ger Vogel if, Einige — ſind ſo groß,
| 22 wie
.* Sooby heißt in englifcher onrude f viel als ein
einfaͤltiger Tropf.
ER
“.
242 Raturgefhicte derd Inſel Tabago.
wie ein Capaun. Ihre Foen find unt fsleihiih,
und fie fü ind in fo großer Anzahl, daß ein. einziger
"Mann in 10 Tagen 10000 davon: verſchaffen kann
Der blaukoͤpfigte Papagey iſt ein ſehr ſchoͤner
Vogel. Er iſt etwas kleiner, als die gruͤne Art.
Sie lernen alles nachſprechen. Sie ſchmecken ſowohl
gebraten als auch gekocht ſehr gut. Von Parraka⸗
toes giebt es zwo Arten; eine davon iſt fo groß wie
eine Droffel in England, und gleicher einem Papas
gey an den Federn. Die Kleinere Art aber ift nicht
größer als ein Sperling, und lernet gleichfalls wie
die grünen Papageyen reden. Hiernaͤchſt hat man
hier den großen Papagey, deſſen Kopf und Bruft
gelbe ift. Diefer Bogel redet am beften ‚ift auch ges
lehriger als die übrigen, und läßt fi), nach meinem
Geſchmack auch ſehr gut eſſen. Der Macaw hat
einen Kopf wie ein Papagey, fein Leib aber iſt vier-
mal fo groß und bat blaue rothe und grüne Federn,
die ihm ein fehr fchönes Anfehen geben. "Der Fla⸗
mingo iſt von allen Voͤgeln der ſchoͤnſte, er iſt lang
und gerade, von der Hoͤhe eines Mannes. Einige
ſagen, er ſey gut zu eſſen, ich weiß aber weiter nichts,
als ſeine ſchoͤnen bunten Federn an ihm zu loben. Die
Enten ſind allhier ſchoͤn, allein ſie ſind kleiner als
die engliſchen. Sie halten ſich des Nachts auf den
Baͤumen auf. Die Seegaͤnſe ſind faſt eben wie die
englifchen. Die Seemöven find allhier i in aroßer
‚Menge, und von den englifchen in weiter nichts uns
terfchieden ‚denn daß fie beffer fehmecfen, - Man bat
allhier zwo Arten von Maſſerhuͤhnern, die fehr que
zu effen und nur der Größe nach von einander untere
fchieden find, Bon Curteltauben giebt es auch
zwo
Naturgeſchichte der Inſel Tabago. 243
zwo Arten: die groͤßern girren ordentlich wie Turtel⸗
tauben; die kleinern aber haben eine Ark eines trau⸗
rigen Tones; beyde Arten find que zu eſſen. Der
Rriegsfibiffpogel wird alfo genannt, weil er ſich
weit vom Ufer zu den Slotten begiebt, ehe die Sees
leute. jemals Sand entdecken, Er ift ungefähr fo
groß, als ein welfcher Hahn, er ſtellet den Fifchen
nad), und hat aud) einen fiſchichten Geſchmack. Sei⸗
ne Federn find ſchwarzgrau, fein Kropf aber ift roth,
wie ein welfcher Hahn, wenn er boͤſe iſt. Der Pa⸗
tadiespogel, oder der Köniafifcher,, iſt ungefähr. fo
groß, als ein englifcher Staar, Seine Federn has
ben alleriey Farben. Er lebet von. den Fliegen, die
oben auf dem Wafler ſchwimmen. Der Delitan,
ift.ein Vogel ungefähr fo groß als eine Gang, hat
einen ſehr langen Hals und einen viel größern Kropf,
als andere Vögel. Er friße Fiſche, und Hat aud) ei«
nen fiichichten Geſchmack, ſeine Federn aber find vor«
treffiih. Cockerrico ift der Name der Phafanen in
Tabago; fie find größer als die englifchen, und fols
len auch beſſer ſchmecken. Es giebt auch noch zwo
Arten von Waſſervoͤgeln, davon die eine roth und
Lie andere grau iſt. Sie find fo groß, wie ein Cas
faun, und haben einen langen krummen Schnabel,
Sie find bloß der Farbe nad) von einander untere
fhieden, und ſehr gut zu effen, Die allhier fo ges
nannten Holztauben leben mehrentheils von allerz
hand Beeren ‚und find nach meinem Gefchmad das -
beſte Eſſen in America... Diefer Vogel ift größer, als
eine englifche Taube, Sie find bisweilen fo fett, daß
fie durch den Fall berften, wenn fie von den Bäumen
herunter gefchoffen werden, Es giebt hier noch ver⸗
23,2 ſchie⸗
244 Naturgefihichte der< fe Zabago.
ſchiedene Voͤgel mehr, die ſich alle ſen, die
ich aber nicht zu nennen weiß, und deren Federn die
Coloniſten nicht nur ſelbſt gebrauchen, f fendern fie
auch verfchicken,
Auch fehler es der Inſel Tabays niche an aller:
ley Holje. Es wachfen allhier Cedern, die zween
bis 5 Fuß im Durchmeffer halten, von deren Holze ge:
meiniglic) die Häufer und Schiffe gebauer werden.
Der grüne Hirſch, (the grean hart) welchen: ich
für den Herfules unter ven Bäumen halte, dienet
allerley Arten von Inſtrumenten zu machen, wie auch
zu eingelegter und Drechslerarbeit. Der weiße und
rothe Locuſt, oder die americaniſce he Acacia, iſt
ein Baum von zween bis drey Fuß im Durchmeſſer,
fo fih zum Haus: Mühlen: und Schiffbau fehr gut
gebrauchen läßt. Der Maſtick baum hat ſo feine
Adern, daß das Holz davon fo glatt gemachet wer⸗
den kann, wie das englifche Buchsbaumbolz, Einige
Davon alten 3 bis 4 Fuß im Durchmefler, Es ift
zu allerley Gebrauch bequem, und fo dauerhaft, daß
die caribifchen Coloniften es auch ewiges Holz
nennen. Mahogany if ein Baum, deffen Holz den
Eedern an Farbe gleicht. Es ift vortrefflic, zum
Schiff bau. Die indi ſſchen Spanier brauchen es
ſehr ſtark, weil es unter dem Waſſer ſehr ſelten vom
Wurme angegriffen wird. Der Mangrove, ſo
von einigen roth Holz genennet wird, iſt gut zum
Färben. Die Rinde davon würde "auch, wenn
man es weiter unterſuchen wollte, ſehr bequem zum
Gerben ſeyn. Vom weißen Mangrove werden
gute Tauen gemachet. Der Weißholzbaum hat
die beſondere Tugend, daß der Wurm ihn an⸗
rißt.
Naturgeſchichte der Infel Tabago. 245
| * Die Engländer in America bauen daher ihre!
Scife von dieſem Holze. Der gelbe Sandel⸗
baum haͤlt 2bis 5 Fuß im Durchmeſſer. Das Holz
davon ift zu allerley Gebrauche ſehr gut. Es wird:
nicht nur an dem Orte genußet, wo e8 waͤchſet, fon«
dern auch verfihicket. Der Lorberbaum ift fovors
treff ich, Daß er von jedermann bewundert wird, Geis.
ne Rindeilt wie Zimmeteinde, undfeine Beeren ſchme⸗
cken und riechen wie Nägelein und Zimmer, ‘und
koͤnnen alfo als ein gedoppeltes Gewürz angefehen
werden. Der Buchsbaum hat allhier ein ftarfes
und feftes Holz, es wächfet aber felten fo groß, daß
es zum Bauen fönnte gebraucht werden, Der ſo⸗
genannte Kidele» oder Geigenbaum, hat eine ana
genehme Blüte, und mächfer fo groß, daß er zum
Bau fann gebraucht werden. Der Braſilienbaum
waͤchſet gleichfalls groß, und iſt gut zum Färben,
Braſiletto ift eine Fleinere Arc davon, waͤchſet ſel⸗
ten fo groß, Daß es Bauholz‘ abgeben könnte, iſt
aber zum Faͤrben eben ſo gut, als die vorige Art.
Der Sullybaum ift ein ſchweres und fehr diche
‚tes Holz, das im Wafler unterſinket. Auf den
Barbadifchen Inſeln gebrauchen-fie es zu Walzen,
Hauptfächlid) aber zu Mühlenrädern, zu Spindeln
und Schaften in ihren Windmühlen und fo weitet:
Der Lalsbafchroder Rürbsbaun hat eine Art eia
nes zähen Holzes, welches wir zu Pumpen und Eleinen
Fahrzeugen gebrauchen. Aus der Schaleder Frucht
diefes Baumes machen einige Leute Trinfgefäffe, die
fie Calebaffen nennen. Grünes Fuſtickholz iſt
gut allerhand Inſtrumente und ausgelegte Arbeit dar⸗
aus zu machen, Das gelbe aber. können die Faͤrber
| a beffer
beſſer ehe Lgnum — ein di |
nme 5.08 iſt gut zu Punchgefaͤßen und Mir
| Das Gummi, die Blüte und bie Ninde Das
5 ‚werden. in, den Apotheken gebrauchet. Wenn
Bier oder anderes, Getraͤnke, 10 bis i⸗ Stunden in in
einem Gefaͤße von ſolchem "Hole geftanden, und
alsdann getrunken wird, fo hilft ſolches wider die
Schwindfucht. ‚Manchioneekilt. eine Art von Holz, |
fo zu Planfen und Diehlen ſehr bequem ift, und von
Natur einen fo bittern Geſchmack hat, daß Fein Wurm
es berühret. . Der gelbe Pflanmenbaum giebt.zu
mancherley Gebrauche ſehr gutes Holz. Der Kohl⸗
baum waͤchſt zu einer außerorbentlichen Größe, fü
daß einige bey: 100 Fuß lang werden, fie haben aber
eine: fehr zaͤſerigte Wurzel... Es giebt kein. gutes
Bauholz, weil es fo vieles Mark in Pr enthält: In⸗
deß iſt es doch gut zu Pallifaden, Pumpen, Dad:
rinnen, Troͤgen, Eimern u. dig; Aus der harten
und ‚äußenften. Rinde bereiten die Indianer durch
Huͤlfe des Feuers die Spitzen ihrer Pfeile. Der Kohl
an ſich ſelbſt, der an den aͤußerſten Enden des Bau⸗
mes waͤchſt, iſt vortrefflich zu eſſen, und uͤbertrifft
den engliſchen. Ebenholz bringt die Natur hier
gleichfalls hervor. Die Stauden, „ fo allhier wach»
fen, werden in Linien gepflanzer, wie unfere Hecken,
die Plantationen Dadurch von einander zu fondern.
Die empfindliche Pflanze, die ſich zufammen
ziehe, fo bald man ſie anruͤhret, iſt eive Siaude e, die
Bien, gleichfalls in. Menge waͤchſt. MACE
In Anſehung ‚der Re von: Tabago
— die Coloniſten inſonderheit bey den folgenden
Dingenihre Rechnung— Bemca
landes,
|
Naturgeſchichte der Inſel Tabago. 247
Landes, wenn man nur eine maͤßige Rechnung ma⸗
chen will, dem Inhaber jaͤhrlich 400 Stuͤck von Ad)»
ten einbringen, welches in den barbadiſchen Inſeln
auf 100 Pfund Sterling gerechnet wird, nachdem die
Baͤume ſechs Jahre ſind gepflanzet worden. Das
Zuckerrohr, welches die Holländer allhier gepflan⸗
zet, hat ſo zugenommen, daß ein Acker Landes von
Zuckerrohr bis 6000 Pfund Zucker bringt, ohne den
Rum und Mollaſoes zu gedenken. Der Taback, ſo
auf dieſer Inſel waͤchſt, giebt dem ſpaniſchen von
Trinidada nichts nach, ſo ungefaͤhr ſieben Meilen
davon, und nicht über 20 Meilen nordwaͤrts von
den veriniſchen Inſeln abliegt, wo der beſte Ta⸗
back von der Welt herkoͤmmt. Es giebt zwo Arten
von Cottun, wovon ein fleißiger Pflanzer jaͤhrlich
bey 200 Pfund machen kann. Ingwer, der hier
ſo gut waͤchſt, als in einem Theile der Welt, kann
auf zwo Arten verbeſſert werden. Einige ſchaͤlen
und trocknen, andere aber ſchaben ihn. Die letzte Art
iſt die beſte, und verdoppelt den Preis davon. Mit
der erſten Art kann ein Mann in einem Jahre 7000
Pfund machen. Von der Sarſaparilla kann ein
Mann jährlich fo viel ſammlen und trocknen, daß es
ſich auf gobis 100 Pfund Sterling beläuft. Semper-
vivum ift eine gewiſſe faftige Pflanze mit ftachelichten
Blättern, wovon allhier ſowohl als in den barbadi-
fchen Inſeln eben fo qute Aloe kann gemachet werden,
als, von Succotrina fommt. Bienenwache: ift /
en eine gute. Waare. Bom Honig. machen wir
Meth, oder machen es uns auch auf andere Art zu
Nutze. Die Dinillios wachen in Huͤlſen, wie die
türkischen Bohnen; und find. etwas flacher und Düne
SEHE U:
248 Naturgeſchichte der Inſel⸗
tier, und voller kleiner Saamenkoͤrner. Sie wach⸗
fen gemeiniglich auf Buͤſchen am den. Felſen. Wenn
fie blühen, geben fie einen fehr angenehmen Geruch
don fich, und bey’ ihrer Reifung werden fie erft grün,
hernach braun und endlich immer dunfler. Einige
gebrauchen fie, Die Chocolate oder Kleider damie'zu
parfumiren. Die Spanier aber falzen fie ein zum
Verſchicken. Sie brühen ſie in einer Peckel, die aus
Salz und Leimwaſſer beſtehet, hernach trocknen fie
dieſelben, und binden ſie in Buͤndel, in deren jeden
100 gehen. Ein fleißiger Mann kann jaͤhrlich 10000
Buͤndel davon ſammlen. Der natuͤrliche Balſam,
wie wir ihn nennen, iſt ein gewiſſer Saft, der aus
dem Balſambaume herauslaͤuft, wenn man ein Lo
darein macht, da er denn in einem reinen Gefaͤße auf⸗
gefangen wird. Die Blaͤtter dieſes Baums find von
Den Keigenblättern nicht viel unterſchieden, und der
Balfam it fhralleinnerliche und äußerliche Wunden
ein gewifles Mittel, Es giebt noch einen andern Dal:
ſam, der dem Balfam von Gilead an Tugend voll⸗
fommen gleich if, Er kommt von der Blume des
Balfambaums. Ihre Blaͤtter find gelb, und gold⸗
faͤrbigt. Sie iſt fo groß als eine Roſe. In dieſer
gelben Roſe zeigen ſich nur 3 oder 4 Blaſen oder
Tropfen von einer Ambrafarbe, in der Groͤße einer
Erbſe, welche aus der Roſe fommen, und den vor⸗
trefflichen, wunderbaren und alles heilenden Balſam
Planze, die mehrentheils auf feuchten Boden waͤchſt.
Sie hat ein großes breites und ianges Blatt, das
allenthalben mit Stacheln gleich den Zaͤhnen einer
Sage verſehen ifty Aus dem mittelſten Theile dieſer
Blaͤtter
4,
x
Naturgeſchichte der Inſel Tabago. 249
Blaͤtter waͤchſet ein Stengel heraus ‚ der ı2 bis 14
Fuß hoch ift, und unten am Boden 4 bis 5 Zoll'in
Durchmeffer Hal, Wenn diefer Stengel anfängt
trocken zu werden; fo werden die Blätter abgefchnits
ten und ins Waſſer geleget, fo mie man es mit dem
Hanf machet. Nachgehends trocknet manfie ander
Sonne, fondert das verfaulte Mark davon ab, ſo
an den reinern Theil des Seidengrafes anhänger,
welches fo fein als Seide kann gefponnen werden, Es
Fann zu Tapeten, Kleidern und allerlen Gebrauche an-
gewendet werben. Gemeiniglich aber werden Geile
Daraus gemacht, Die außerordentlich ftarf find, Ar⸗
notto oder Annotto, oder, wie die Holländer fagen
Rocoo, ift eine Pflanze, die eine rothe Farbe giebt,
und fehr gut für die Färberift. Sie wächfer afldier
in folder Menge, daß ein Mann von einem Acer
Landes in Kahresfrift über 1000 Pfund machen kann.
Es waͤchſet dieſe Annotto als ftachelichte Kletten,
wie Difteln, welche, wenn fie veif werden, voller ro»
then Körner find, die man bey trockenem Wetter
ſammlen, auf einen reinen Boden legen, und die
Körner ausdrefchen muß, Nachgehends muß man
fie in einem Gefäß mit Wafler einweichen, bis das
Waſſer eine Hochrothe Farbe aus demfelben heraus
bringe. Dieß gefchiehet um fo viel cher, wenn es
fleißig umgerühret wird, Hernach fondern fie mit
einem Siebe, oder etwas dergleichen, die Körner von
dem gefärbten Waffer , bis nichts als ein fedimentum -
am Boden übrig bleiber, welche Subftanz fie in Fäfe
fer fchlagen und fo verfehicken: Andere aber trocknen _
es an der Sonne, wodurch es befler, und gedoppelt
bezahlet wird.
Der
250. Naturgeſchichte der Infel Tabago,
Der. grüne Theer läuft aus der Erde von beit
Munjadfelfen, und wird gemeiniglid) nad) einem
Plagregen gefammlet, da fie es von der Oberfläche
des Waflers abfehöpfen, und es in ein Gefäß thun,
bas ein Loch im Boden hat, wodurch das Del vom
Waſſer allmaͤhlig abgefondert wird, Es zeiget eine
fonderbare Fräftige Wirfung an allen fömergpafien
und, beſchaͤdigten Gliedern.
Der Munfack iſt nichts anders. wi ——
geronnener Theer. Wenn ſich dieſer Munjack ſo
wohl in einer kalten als in einer warmen Gegend fans
de; fo würden ordentliche Kohlen daraus werden, wie
wir in England: brennen. Diefen Munjack zer-
fößt man zu Pulver, vermiſchet ihn mit Erde, und
verbrennet ihn in den barbadiſchen Inſeln unter
den Zuckerkeſſeln. Wenn er nicht mie Erde vermi-
ſchet wird, ſo laͤuft er durch die Hitze in eine oͤlichte
Subſtanz zufanımen, wie man ſolches an gefchmol _
zenem Peche bemerfet hat, an deſſen ſtau die Spanier
Wunfack gebrauchen, Die Seifenerde ift eine Art
von Seimen, weldyen die Natur mit der Kraft der
Reinigung anderer Körper begabet hat. Es wird in
Sal oder friſchem Waſſer aufgeloͤſet, und: giebt einen
Schaum wie Seifenwaſſer. Es giebt auch eine Are
von Leimen, der in den Zuckerbeckereyen gebrauchee
. wird, davon auch. Gefäße koͤnnen gemachet werden,
Er. giebt über diefes auch gute Ziegelfteine, und wenn
er mit Sande vermifchet wird, gutes Ölas, Es fin.
den ſich allhier über dieſes no) mancherley Schalen,
Steine, Marcafite und Minsralien; „deren — un
Wert
Naturgeſchichte der Infel Tabago. 251
| Sing, noch nicht einmal bekannt find. Und gleich”
wie ſich aflhier durch die Güre des Himmels zum.
Unterhalte von Menfchen und Thieren Vorrath ges
nug findet; fo öffnet die Natur allhier die Thuͤren
a igeen Schaͤtzen fleißige Arbeiter dar *
wit zu bereichern. *
IR
entanunnnnsunenens ana
a |
Rain Nachricht
von dem Anhalt der 472 Kummer,
| Der);
Philofophical - transactions. ;
Der 43. Band der Philolophieal- ————
giving fome account of the prefent under-
takings ftudies and labours of'the ingenious
in many confiderable parts of the world;
“ft in ato zu London 1746. 3 Alphab. © Bogen
* heraus gekommen , und faſſet die Jahre 17a
1745. und die 472 + 477 Nummern in ſich.
Die 472. N. bat 4 BRENNT: und folgende Artikel,
NO eichte Art, * flachtige — —— zu |
Sy» erhalten, von Ephraim Reinhold Seehl.
Herr Seehl giebr ſolche für nichts weiter, als
für eine Verbeſſerung von Stahls Merhode
AUS; man wird fie aus den beyden Proceffen *
len
252 Von dem Inhalte der 472. N.
len koͤnnen, die er vorſchreibt. Zuerſt lehret er den
fluͤchtigen Schwefelgeiſt, mit alkaliſchem Salze fuͤr
ſich, zu machen. Man nehme ein Pfund Schwefel⸗
blumen, und fünf Pfund trocken feuerbeſtaͤndiges
Alkali, veibe folhes unter einander, und. thue das
Mengfel in ein eifernes Gefäß. Man gieße nach
und nach ein wenig Waffer hinzu, bis daß erft das
Alkali aufgelöfer wird, alsdenn bringe man-alles zum
Kochen, ven Schwefel defto. beffer aufzulöfen. Wenn
es eine Vierthelſtunde gefocher hat: fo gieße man
nach und nach mehr, Waffer hinzu, und wenn man
fiebt, daß der Schwefel aufgelöfer iſt, feige man die
Solution durch, laffe fie bis zur vollfommenen Trocks
ne in einem eifernen Gefaͤße abrauchen, bis es faft
zu fehmelzen anfängt, und nehme alsdenn das tro⸗
ckene Pulver, wenn es abgekuͤhlet ift, heraus, thue
es in eine Retortam tubulatam, ſetze folche in Sand:
hige, und lutire einen Necipienten daran; darauf
gieße man nady und nach Durch die Röhre zwey
Pfund rectificirees Bitriolöl ein, und mache fogleich
⸗
die Roͤhre mit einer Verſtopfung von Kreide und
vuto zu, ‚gebe alsdenn ein nach und nach verſtaͤrktes
Feuer einige Stunden lang, bis aller flüchtige Schwe⸗
felgeift übergegangen ift, worauf man das euer aus»
ehen läßt, den Recipienten abnimmt, und die Seuche
figfeit forgfäftig in eine Glasphiole gießt, Die mit eir
nem gläjernen Stöpfel verwahret wird. So wird.
man ungefähr 12 Unzen flüchtigen Geift erhalten, der,
mittelmäßig belle ſeyn, fehr durchdringend beißend
und fehwefelicht, faft wie Gas Sulphuris riechen, und.
im Geſchmacke wie bey allen andern Berfuchen unges
mein fauer feyn wird , fo daß man ihn als ein allge⸗
meines Saure brauchen Fann, und es vielleicht durch⸗
| gängig
der Philoſophical transactions. 253
gängig das befte unter allen bisher befannten Sau⸗
ren iſt. Das folgende ausgenommen, welches a
zweyte Proceß verfertigen lehret.
Den fluͤchtigen Schwefelgeiſt mit Kalke zu ma⸗
chen ‚ nehme man ı Pfund Schwefelblumen ‚44 Pf.
feuerbeftändiges Alkali, und reibe folches wohl unters
einander; darauf thue man das Pulver in ein eifern
Gefäß, das man über das Feuer feßet, gieße ein wenig
Wafler zu, das Salz nach und nach aufjulöfen,, laſſe
es eine Bierthelftunde gelinde Fochen, thue mehr Waf
fer, und. alsdenn 3 Pfund ftarfen lebendigen Kalk hin⸗
zu, welches alles man zufammen einige Zeit fochen
läßt; wenn die Auflöfung völlig geſchehen iſt, feige
man die Sauge durch, und laſſe fie wie im-erften Pros
cefle zu einem trockenen Pulver abrauchen, welches
man in eine mit einer Roͤhre verſehene Relorie thut,
und nach und nach anderthalb Pfund vectificirres Bis
triolöl zugießt, darauf wie vorhin zu diftillicen force
fährt: fo erhält man acht Ungen flärfern, fäurern und
flüchtigen Geiſt, als der vorige, und von gelblichter
Farbe. Herr Seehl mache verfchiedene Anmerkun⸗
gen. über diefe beyden Procefle. Den Borzug feines
Berfahrens vor dem ftahlifchen feger er darinn, daß
Stahl den Schwefel verbrennt, und alſo mit Zerfide
rung feines Gewebes, einen Theil des Geiftes oder
Gas forttreibt, imgleichen daß diefe Methode reine
licher als jene iſt, und mehr, wohlfeiler und vollfoms
mener, fowohl zum Arzeneygebrauche, als zu einent
Auflöfungsmittel liefert, auch) den zurückbleibenden
- Tartarum vitriolatum reiner und zum Arztneygebraus
che geſchickter laͤßt. Man darf auch nicht befuͤrchten, als
| würde mis Bitriolöl vermengter Schmwefelgeift ent ⸗
| ftehen,
254 Bon dem Inhalte der
ſtehen / da bekannt iſt/ daß ein ſchwerer ober ſtaͤrk
res Saure, in gehoͤriger Verhaͤltniß— ebraucher,
ſchwaͤchere allezeit abfondere, und‘ frey übergehen
Haß ‚An fich alfo Bier Das BitrIctBI MI Der Fener-
beftändigen Alkali vereiniget, und den Tärtarin
Vitriolatum ausmacher,den Teichtern Geiſt aber über.
gehen laͤft. Band OR —J ONE
Der andere Artikel befehreibf einen Zufall bey ei⸗
nem neugebornen Kinde, der für eine Spinam biſe
dam gehalten worden. Ein Wundarzt zn Windfor,
Herr Georg Anlere, har ihn der en mitge⸗
theilet. Die Zeichnung von den unterſten Rücken
fnochen des Kindes ; fo den fechften Tag nicht erlebet
hat, weiſet, daß in die unterſten Ruͤckgradswirbel
eine Oeffnung gamg in die Hoͤhlung des Ruͤckgrads
hinein gegangen, ſo daß das Ruͤckgradsmark bloß
und ohne Bedeckung einiger Knochen da gelegen;
diefe Deffnung hat man angefehen, als ob fich Die
Fortfäge ver Lendenwirbel in zween Kefte theileten,,
welches ſich aber nach Herrn Cromwel Morrimers
Anmerkung , nicht ſo befunden haft..
Im 3. Artikel theilet ein Wundarzt zu Truro in
Cornwallien, CHriftoph Warrick der Gefllfehaft eine
_ befondere Heilung der Wafferfucht mit. Er bat ei-
ner Frau, welcher bey diefer Kranfheit das Wafler
abgezapfet werden müffen, in den Unterleib Briſtol⸗
waſſer und Claret eingefprüßer in der Abficht, dat
diefe Feuchtigkeiten die Fließwaſſergefaͤße verfchließen,
und den Ausguß der darinn enthaltenen Lymphae
verhindern follten; aufdiefe Gedanken war er dadurch)
gerathen, daß er zuvor beobachtet hatte, wie Die abges
zapfte Feuchtigkeit, wenn erfiemirjenen Materien ver-
menge
‚der Philoſophicaltransactions. 255
menge hatte, zufanmengetonnen war, Der Er—
folg iſt auch nach Wunſche geweſen.
Dieſer Verſuch hat Herrn Stephan Hales M. Ber
Ge Gelegenheit gegeben, eine Merhode mitzuteilen,
wie man flüßige Materien in den- Unterleib bringen
\ Fann ; ſie wird im IIII. Are. befchrieben, und koͤmmt
darauf an, Daß man in jede Seite des Unterleibes ei—
ne Roͤhre ftecken foll; die eine ſoll vermittelſt eines
ſchwachen ledernen Schlauches mit dem Gefaͤße ver⸗
bunden ſeyn, das den Saft in ſich haͤlt, den man in
den Leib bringen will, und durch die andere wird das
Waſſer abgezapfet: ſo darf man) feine Ohnmachten
wegen Ausleerung des Unterleibes befuͤrchten; Herr
N. zeiget auch, wie man beſtimmen kann, wie groß die
Kraft iſt, mit welcher der Unterleib von dem Waſſer
ausgeſpannet wird, und wie man ſich alſo mit Hinein⸗
laſſung der andern Feuchtigkeit zu verhalten habe,
Der V. Art. enthält Herrn Johann Fothergills Aus⸗
zug aus feinem Verſuche über den Urſprung des Am⸗
bra, Es foll darinn erwiefen feyn, daß der Ambra
feinem Urfprunge nach aus dem Pflanzenreiche herz
ruͤhret, aber durch ein mineralifches Saure in feine
isige Geftalt gebracht worden,
Sm VI. Art. ftehen einige Beobachtungen aus
der Maturgefchichte, welche Herr Secondat de Mon⸗
tesquieur dem Nräfidenten überfchrieben. In einent
Gefundbrunnen bey Bagneres in Gafcogne, findet
man fleine Steine von roftiger Eifenfarbe, und von
der Öeftalt wie Parallelepipeda oder Würfel, aber
mit ungleichen Seiten und fehiefen Winkeln Man
bat in der Gegend daherum, bey Verfertigung eines
Grabens, eben dergleichen Steine in einer Art Schies
4 Band j R fer
| ‚fer — und Herr Br RE daß
—
die Quelle durch einen ſolchen Ort durchgeht und die
Steine, welche mit ihrer Mutter nicht feſte zufam-
‚men bangen, mit ſich foreführet. Die Quelle ältkein
Eifen, denn fie wird von Galläpfeln nicht ſchwarz,
fondern eine ſolche Vermiſchung bekoͤmmt nur, wenn
ſie eine Zeit geſtanden hat, eine weißlichte Farbe.
Eine Bemerkung anderer Art des Herrn Monteſquien
betrifft das Steigen des Thermometers von der Wär-
me auf hohen Gebirgen. Die Erfahrungen, die vom
Herren Monnier darüber angeftellet worden, und in
deffen Ueberf. von Coteſens Phyſik 408 ©. wie aud)
in den Memoires der Akad. der Wiſſenſ. von Paris
1740 zu lefen find, haben ihn darauf gebracht, Er
hat ein Aueckfilber : Thermometer zu Bagneres abges
theilet, fo, daß ziwifchen dem Grade des Fochenden
Waſſers, und des Eiſes 180 Theile gewefen; dieſes
bat er den g Julii 1743 nebft zwey Barometern auf
die Spitze des Pic du Midy genemmen, die Barome»
ter haben eines auf 20 Zoll 2 tin, das andere auf 20
Zoll ız Linie aeftanden. Er hat das Thermometer mit
ihre umgeben, davon es eben fo tief gefallen ift
als zu Bagneres, aber von Fochendem Waſſer ift es
nur auf 165 Grad geftiegen, alfo 15 Grad niedriger
als zu Dagneres geftanden. Nach feiner Rückkehr
nach Bourdeaur bat er den Grad des kochenden Waſ⸗
fers dafelbft 34 Grad höher als zu Baqneres aefuns
den, wenn die Barometerhoͤhe 28 Zoll * 2oder 3
finten iſt, es fiel’alfo bey einer neuen Abtheilung des
Thermometers, der 165 Grad nun auf den RE und der -
Banner
* Sol vermuthlich 20.300 beißen, h
- der Bhilsfophicaltrangactiong. 257
Unterfehied der Grade im Fochenden Waſſer, auf dem
Pic du Midi und zu Bourdeaur bey 20 Zoll 3 kin,
Barometerhoͤhe, ift 18 Gr, des fahrenheltifthen Ther⸗
mometerg, welche mit 15 Gr. des delißlifchen, deffen ſich
Herr Monnier bedienet, übereintreffen,
Im VI. Art, befchreibt Herr Heinrich Baker,
SM.d. ©. ein neu entdecftes Geeinfert, dag er den
Augenfauger heißt, weil man es an ven Augen der
Brunnfifche (Sprats) hängen findet, aus Denen es vers
mittelft eines langen Rüffels fange. Die Abbildung
in natürlicher Größe, und auch durch das Vergroͤße⸗
rungsglas ift beygefüget.
Im VIIL Are. erzäblet Herr Collinfon eine beſon⸗
dere Probe von der Härte der Miufcheln. In den
Ruinen der St. Edmondsabtey befindet ſich eine Art
Stein, welche aus Grieß oder Sand mit einer un«
fäglichen Menge fehr Fleiner Mufcheln vermenger, bes
ſteht; der Sand harte ſich an verfchiedenen ver Wit
terung ausgefeßten Orten zerbroͤckelt, aber diefe Mus
ſcheln waren ganz geblieben und hatten ihren vollfom«
menen Glanz behalten. So hart aber die Mufdyeln
find, fofönnen fie doch von Fiſchen verdauet werden.
Dieſes iſt eben nicht lo ſehr bey einigen großen Fiſchen
zu verwundern, die in ihren harten Kinnbacken eine
zulängliche Berrichtung dazu zu haben feinen, fie
zum leichtern Verdauen zu zermalmen, aber in ges
miffen zarten und Fleinen Fiſchen müffen fie bloß
durch deren Säfte aufgelöfet werden, denn Herr
Collinſon hat in den Gedärmen derfelben lange
Reihen von Pedtuncnlis gefunden, von deren Echa«
len einige völlig, andere nur zum Theil aufgelöfer, ans
dere noch unverleget geweſen. er Callinſon wuͤnſchet,
R2 man
258 Vondem Inhatte der a⸗ Nu
man möchte das Auflöfungsmittel, welches hiche Fiſche
beſitzen, unterſuchen, weil ſolches entweder ſelbſt, oder
vielleicht die Fiſche, durch eine ſolche Unterſuchung
fönnten noch brauchbarer gemachet werden,
Der VIII. Art. erzaͤhlet die Umſtaͤnde einer Krank⸗
heit, an der ein italieniſcher Geiſtlicher geſtorben, nebſt
einigem, das man bey feiner Eröffnung bemerfet hat,
befonders einem Gefchwüre, das unweit des Magens
angetroffen worden, und hier abgebildet iſt.
m zehnten Artikel unterfuchet Herr Jacob Ju⸗
rin die Wirkung federharter Körper, Er ſetzet daben
zum Voraus, was aus Hooks Verſuchen erhellet, und
in deſſen Lectionen de potentia reſtitutiua, ſo 1678 her⸗
ausgekommen, enthalten iſt, daß die Spannung oder
Ausdehnung eines ſolchen Koͤrpers ſich wie die dazu
angewandte Kraft verhalte, oder, wenn Die Feder ver-
möge einer gewilten Kraft z. E. durch den Naum eis
nes Zolles zufammengedruckt wird, daß die doppelte
Kraft ſie durch zween Zolle, u.f.m. uuſommendrucken
werde. Die Federkraft der Luft beobachtet ein ander
Geſetz, denn fie verhält fich nicht wie der Raum, um
welchen fie weiter, fondern wie der, in welchen
fie zuſammengedruckt worden. Alsdenn beftimmer er,
wie ftarf eine Feder, die mit ihrem einen Ende feſte
gemachet, von einem ‚Körper, deflen Gewichte und Ges
fhioindigfeic gegeben find, zufammengepreffer wird,
menn er gerade auf fie anftöpt. Herr Jurin leitet
aus dieſem Hauptfage fehr viele Folgerungen her, und
bemerfet, daß fich diefe Betrachtungen bey dem Strei⸗
te wegen der lebendigen Kraͤfte brauchen laſſen, der
ſeiner Meynung nach mehr als ein Wortſtreit iſt, und
bey
| 4 N 02 Le Pal
der Philoſophical transactions. 259
bey dem ſich beyde Parteyen auf Gruͤnde, welche die
Theorie federharter Koͤrper vorausſetzen, beruſen.
Sm ıı Artikel erzaͤhlet der Herr Hofr. Haller einen
merfwürdigen Zufall, der in dem rechten Eyerftocke
eines Weibsbildes von 30 Jahren auf dem göttingis
fehen Theatro bemerket worden. Man hat im Unter
leibe,im Dbertheiledes Beckens, an der Mutter, eine
große Geſchwulſt, Die ans zwo Fleinern beftanden, ges
funden. Die vechte Muttertrompete war an dieſe
Geſchwulſt dergeftalt angewachfen , daß faft die Hälfs
teder Haut, die fie ausmachet, indie Haut, welchedie
Geſchwulſt umgab, verwachfen war. Mic der Ges
ſchwulſt und der Murter hat auch das Mes zufam:
mengehangen; und an der außern Flaͤche des Sackes,
der Die Gefchwulft enthielt, Haben fid) Wafferbläschen
Chydatides ) befunden; auf derlinfen Seite ift nichts
außernatürliches gewefen. Die Haut, welche die Ge⸗
ſchwulſt einwickelte, war faft eine Linie dicke, und der
Sad überall Hohl, durch eine Zwiſchenhaut in zwo
Höhlen getheilet. In dem Eleinern Sacke befand fich
eine Materie,die zugleich Honig und Fette aͤhnlich war,
und efhe große Menge von Haaren enthielt, welche
den menfchlichen vollfommen ähnlich und braun, kraus,
faft zween Zofle lang, nirgends aber fefte waren.
Weil Herr Haller bier ein offenbares Deyfpiet von-
den Honigfchwwären’( Melicerides) der Alten hatte, ſo
. brachte er die Honigmafie ans Feuer, welche fich ſo—
gleich entzimdete, und wie Fett wegbrannte. In
dem andern Sacke war ein eitriges Wefen von einer
andern Art, faftwie Mitch; es ſchwommen darinnen
wie Stückchen $unge, die braun waren und fich zer⸗
reiben ließen, Herr Haller glaubet, es feyen durch
| 2, 2 ii einen
/
‚einen Zufall zwey — in Bi — aufge⸗
ſchwollen, die nach und nach den ganzen Raum des
Eyerſtocks eingenommen, und die uͤbrigen, als die
ihnen zu widerſtehen unvermoͤgend waren, zerſtoͤret ba»
‚ben. Schwerer feheine ihm zu begreifen, woher im
"Eyerftode fo viel Fett gefommen, welches, wenn man
es alles herausgenommen hätte, wohleine Unze würde
ausgetragen haben, da fi) im gefunden Eyerftode
nicht das geringfte Fett zeiget. Er folgert hieraus, |
daß fich überall Fett anlegen koͤnne, wo fich ein zels
lenformiges Gewebe befindet, ob folches wohl nicht
überall gefchieht. Er hat im Hodenbeutel, im maͤnn⸗
- lichen Öliede, Fert gefeben, und weiß, Daß man ders
gleichen in dem zarten zellenartigen Wefen gefunden
bar, das zwifchen der harten und ſchwarzen Haut des
Auges liegt. Noch eine andere Frage ift, wie Haas
re ohne eine Haut, in der fie gewurzelt hätten, haben
entfteben Fönnen? Obgleich fonft die Haare, wenn
fie Die Haut durchdringen, indem Fette ihre wahrhaf«
ten Wurzeln haben, wie man bey den Haaren ver
Schaam fieht, fo ift doch hier ſchwer zu ſehen, wie
an einem Orte, der von dem Oberhaͤutchen (Epidermis)
fo entfernet gewefen ift,, an diefen Haaren der äußers
liche Ueberzug bat eneftehen Fünnen, Der den ordent«
lichen Haaren fo ähnlich, und eben fo hornartig ges
weſen ift; erfrager, ob nicht dadurd) Die gewöhnliche:
Meynung entfräftet würde, daß die Rinde der Haare
ihren Urfprung vom Iperhäutchen Habe, und obniche
hieraus folge, daß die Rinde des Haares von der. Rin⸗
de des Würzelchens entftehe? Denn Herr Haller ift
nicht geneigt zu glauben, daß Diefe Saure Ueberbleib» |
fel einer zerftörten Frucht geweſen waͤren wie fie es
- in
der Philoſophical transactions. 261
— in andern ähnlichen Begebenheiten ‚ befonders in der,
welche Tyfon in den Transactionen erzähle, wohl
gewefen find; denn Tyfon hat nebft den Haaren aud)
Zähne gefunden, bier aber ift nicht zu vermuthen, daß
ſich die Haare follten verhalten haben, wenn die Zähne
und Knochen wären zerftöret worden. Die Ges
ſchwulſt ift auf einer Kupfertafel abgezeichnet, und
das Driginal wird in dem anaromifchen Borrathe ber
göttingifchen Akademie aufbehalten,
Der 12 Artikel ift das Verzeichniß der 50 Pflan—
zen aus dem Chelſea Garten, welche die Aporheferge:
fellfchaft auf das Fahr ı74ı des Herrn Hans Sloane
Anordiiung gemäß, der Föniglichen Geſellſchaft über:
liefert hat. Sie find mit den vorhergehenden in einer
Reihe fortgezähfee, und machen das Taufend voll.
Im 13 Artikel giebe Here Baker eine leichte Art,
Münzen, Gepräge u: f. w. abzudrucken. Zuerſt iſt
bier nöthig, daß man das, wovon man die Abbils
- dung haben will, in ſchwarz Siegellack vollfommen
‚und fcharf abgedrucket babe. Alsdenn fchneidet man
das Siegellad rings um den Rand des Abdrucfs mit
der Schärfe eines Federmeflers ab, und ftreicht Gums
miwaſſer, das, fo wie das Bild werden foll, gefärbee
ift, auf diefen Abdruck, vermittelft eines Eleinen Haare
pinfels, woben manin Ach nehmen muß, daß ſolches
wohl in alle Vertiefungen des Abdrucks komme, weil
dieſelben in dem davon zu verfertigenden Bilde erha .
ben werden, und allein Farbe bekommen müffen, da«
ber man fie von allen andern Theilen forgfältig weg⸗
Schaffen muß, eheman weiter gebt. Dießgefchieht, i in«
dem man den Zeigefinger nur ein wenig mie Speichel
.. Gh beneßer, und ” gelinde aber ſchnell über
,\ RA die
262 Von dem Inhalte der a⸗
die Flaͤche des Abdrucks führer, halkemnäk mit einem
reinen Tuche abwifchet, bis man finder, daß alle er⸗
habene Theile des Abdrucks vollkommen rein, und nur
die Buchftaben und Vertiefungen gefärbt find. ‚Mad:
gehends benetzet man ein Stüd fehr duͤnnes Poſtpapier,
das etwas groͤßer als das Schauſtuͤck iſt, mit dem
Munde, oder mit Waſſer, bis es durch und durch
feuchte wird, aber es darf kein Waſſer daran haͤngen
bleiben; man lege ſolches auf den Siegelabdruck und
oben auf das Papier drey oder vier Stuͤcken ftarfes
wollenes Zeug oder Flanel ungefähr von eben der
Größe. Zuvor aber muß man ein Paar flache glatte
eiferne Platten, etwa 2 Zoll ins Gevierte und ein
Zehntheil eines Zoll dicke in Bereitſchaft haben; auf
der einen ihr Mittel wird der Siegelabdruck mit feis
ner rechten Seite oben geleget, ehe man das Papier
und) den Flanel auf ihn leget, und die andere Platte |
koͤmmt unmittelbar darauf, Nun bringt man alles |
feft und gleich auf einander gelegetin eine Prefle, die |
Herr Baker weitläuftig befchreibt, ja in Kupfer vorſtel⸗
let, und die Art fie zu brauchen evflärer. Man fann mit
einem Worte fagen, daß es eine Buchbinderpreffe,
nur fleiner, aber von Eiſen iſt. Man ſieht teicht,
Daß fich auf diefe Arc der Abdruck vonneuem auf das
Papier abdrucken wird. Bey dem Siegelabdrude
erfodert Herr Baker, das Siegellack folle fehr fein
feyn / fonft werde ihm die gehörige Härte, und dem Abs
drucke die Schärfe mangeln, es folle etwas breiter,
als das Schauſtuͤcke und die Dicke nach dem Maafe
der erhabenen Theile deffelben ſeyn, man muͤſſe auch
das Schauftück abdrucken, wenn das Siegellack die
gehörige Hitze habe, denn fey es zu heiß, jo werde cs
cd
I
IR
—
der Philoſophical transactions. 263
ſich an das Metall anhaͤngen, und wo es zu kalt iſt,
koͤnne man keinen ſcharfen Abdruck erhalten, die beſte
Zeit ſey, wenn das Siegellack aufhoͤret zu arbeiten
und kleine Blaſen aufzuwerfen. Man ſoll auch den
Abdruck nie auf einer Tafel oder einem harten Kör-
per machen, ohne etliche Blätter Papier, oder noch
beſſer, ein Stücd wollen Zeug darunter zu haben, das
Schauftüc auf beyden Seiten gleich ftark abdrucken,
und mit dem Drucfe anhalten, bis das Siegellack
bald falt ift, fonft würden die erhabenen Theile des
Abdrucks, weil folche noch weich find, niederfinfen und
nicht fo feharf bieiben , das befte Papier dazu endlich
ift weiße Pappe, Kartenpappe oder ander ftarfes
Papier. Man kann die Abdruͤcke auf das Papier von
. was für einer Farbe man will machen, Herr B. bat
fie insgemein roth gemacht, und daher ſchwarzes Sies
gellack erfodert, auf dem fich das Rothe am beften aus⸗
nimmt; wolle manfie ſchwarz und weiß wie Kupfer»
ſtiche machen, fo müßte man rothes Giegellack neh»
men. Zur rothen Farbe nimmt er Lack und Zinno—
ber vermenget, zum ſchwarzen ift die Tufche am beften,
und giebt Bilder, dieRupferftichen vollkommen ähnlic)
find. Er zieht diefe Arc, Abbildungen von Schau:
ftücfen zu befommen, allen übrigen vor, die entweder
nicht fo bequem find, oder die Schauftücken befchädigen
u. ſew. Das Siegellack hält einen ftarfen fenfrechten
Drud aus, und fann man wenigſtens drey bis vier
gute Abdeücke davon machen, es würde zu taufenden
tauglich ſeyn, wenn es nicht Riffe befäme, die ſich
auf den Abdruͤcken mit zeigen; aber ses kann wieder
% abgewafchen, gefihmolzen und zu einen neuen Model
gebrauchet werden. Herr DB. bat ſich dieſer Methode
Pr RX 5 feit
264 Vondem Inhalte
feit 25 Jahren bedienet, und ein. Geheimniß daraus
gemachet, hält ſich aber jetzo wegen des Mutzen, den
fie baben fann, verbunden, fie mitzutheilen,
Im rg. Artigiebe Herr Forfergi ll feine Bemerkun⸗
gen wegen des perſiſchen Manna. Er hat dieſe Art von
Manna aus Petersburg, unter dem Titel Manna Perh-
cum ex planta Al Hagi Maurorum erhalten, und glau⸗
bet, aus ſeinen damit angeſtellten Berfuchen werde er⸗
hellen, daß von drey Arten des Purgiermanna, welche
die Araber unter den Namen Manna, Tereniabin,
und Siracoſt gebrauchet haben, die mittlere Art noch
vorhanden ſey. Das Manna, das er unter Händen
gehabt hat, war eine dunkele braunröthliche vermengte
Mafle, und bejtand bey genauerer Unterſuchung aus:
1) einer großen Menge cryſtallenartiger faſt durch⸗
ſichtiger runder Koͤrperchen, von weißlichtgelber Far⸗
be und verſchiedenen Größen; die größten übertrafen
nicht einen Eorianderfaamen , oder eine fehr kleine
Erbfe; Sie fallen mehr ins röthliche als die Maſtix⸗
koͤrner, weichen aber an Geſtalt und Durchſichtigkeit
nicht weit von ihnen ab; 2) kleinen Stuͤckchen wie
Stacheln, und andern wie Stengeln von Blättern
oder Früchten; 3) einigen wenigen ſchmalen fpißigen
‚fteifen Blättern; 4) vielen roͤthlichten langen Hülfen,
yon einem füßen gallertartigen Gefchmade, die von
einem big zu fieben harte, unordenelich geftaltete doch
ungefähr nierenförmige Saamen von fehr herbem Ges
ſchmacke, und 5) etwas Sand und Erde. Bier Un
zen Manna in warmem Warfer aufgelöfet, ließen eine
Unze oder etwas mehr dergleichen im Filtro. Die
Kuͤgelchen N. 1. find hart, und laſſen fich wie Zus
erfand zerbeißen ; fie haben einen ii
| en
Be iv *
der Philoſophical transactions. 265
fen Geſchmack, und viel weniger von dem Mannages
fchmacfe als das Ealabrifche, aber doch genug anzu⸗
zeigen, zu was für einer Art Materie dieſe Maſſe ger
hoͤret. Die Stengel u. ſ. w. fcheinen Theile der
Pflanze zu ſeyn, Diedas Manna giebt. Manbat eis
nige Saamen gefaet, und daraus Pflanzen vom Al-
hagibefommen. Soweit gehen deren 5. Erfahruns
gen, das übrige feiner Abhandlung beftehe in Anfuͤh—
rung deffen, was Cluſius, Tourneforf, u. a. vonden
verfchiedenen Arten des Manna, von der Weife, es
zu fammlen, u. f. w. gefaget haben,
Im XV. Artikel befchreibe Herr Hofr. Haller eine
Pflanze, Cyanus Foliis radicalibus partim integris
‚partim pinnatis, Bradtea Calycis ouali, Flore ful-
phureo. Sie ift aus Rußland, oder wenigftens von
der Wolga. Ein beygefügtes Rupfer ftellet fie vor.
‚ Der XVL Artikel enthält ein Schreiben Herrn
Pickerings von der Fortpflanzung und Wartung der
Schwaͤmme. Herr P. vermehret darinn feine ſchon in
ber 471 N. Hievon mitgerheilten Anmerkungen, welche
den Fungum porofum craſſum magnum, der in Eng»
land vorzüglid) Mufhroom, und beym Rajus
‚Syn. ftirp. Brit. Ed. II. p. ı1. Fungus campeflris al-
bus fuperne, inferne rubens I. B. heißt, befonders
zum Gegenftande haben, Die berabhängenden Scheib«-
chen auf der untern hohlen Seite des Hutes vom Erd»
ſchwamme, find die Saamenbehältniffe, vondar fallen
die Saamen in eine ihnen weislich zubereitete Hoͤh⸗
lung mitten im Stengel , und fommen dadurch leicht _
- in die Erdeneben ihrer Mutter, wiewohlfich die Erd»
ſchwaͤmme auch duch Schoͤßlinge wie die Potatoes
vermehren. Diefe ſchon damals vorgetragene Saͤ⸗
Hi tze,
Se, beftätiget Herr Pickering durch folgende neue Be:
obachtungen: 1. Er hat nicht nur in verfchiedenen fol
chen Sceibchen deutlich Saamen, von einer Größ
fe und Farbe angetroffen, welche der Reife der Pflan-
ze gemäß waren, fondern aud) eine hülfenartige Deffs
nung, mit einer Reihe Saamen, die Durchzufallen
bereit waren; woraus deutlich erhelfet, daß jede eins
zelne Scheibe eine Saamenhülfeift. 2. Er bat ferner
bemerket, daß der Faden mitten im Stengel, an dem
er den Saamen zuerft entdecket hat, einen ſolchen Bau
hat, vermittelft deffen er ven Saamen auffangen, und
längft des Stengels auf die Erde führen Fann. 3. Er
findet, daß ver Schwamm als eine vollfommene
Pflanze feine Wurzel, Stengel und Saamen hat, /
auch nicht nach dem gemeinen Sprüchworte in einer
Nacht waͤchſt, weil er welche in allen verfchiedenen
Almftänden ver Reife befist, von denen einige feines
Wiſſens 14 Tage alt, und nur jego erft zum Eſſen
fauglic) find. 4. Er hat Schwaͤmme eine ganze Wo⸗
che der freyen Luft ausgefeger, aber vor allzuftarfer .
Wirkung der Sonne und des Regens verficheret, wor⸗
auf er innerhalb diefer Zeit noch Feinen Anfang zur
Faͤulung, vielweniger TIhierchen darinne gefunden,
wie er gleichwohl in andern durch das Bergrößerungss
glas entdecket hat. Er vermuthet, die übeln Folgen,
welche bisreilen von dem Genuffe ver Schmämmeent-
fanden, feyen mehr dergleichen mit eingefchlucktem Un⸗
geziefer, als einiger giftigen Eigenfchaft zuzufchreiben,
Zuletzt giebt er noch Borfchriften, wie folche Schwaͤm⸗
me zu ziehen find. ı Man beftimme dazu ein Stüd
‘Erdreich von anderthalber Elle Breite, und fo lang
alö es der Platz zuläßt; am jedes Ende der vorer-
y waͤhn⸗
2
,
.
der Philoſophical transactions. 267
waͤhnten Breite ſtecke man einen Stab, und neige
ſolche mit den Spitzen zuſammen, daß fie ein gleich⸗
ſchenklichtes Dreyeck machen. So weit diefe Stäbe
von einander, und fo hoch fie find, muß das Mijt-
beet, von.altem festen trocfnen Mifte, derb zufams
mengetreten,gemachet werden ; weder neuer noch feuch«
ter Mift ift taualich, denn da diefe Gewächfe von Na⸗
tue faftig und ſchwammicht find, jo würde ihnen zu
viel Hiße und zu viel Feuchtigkeit fchaden. Hat man
das Beet folchergeftalt zugerichtet; fo bedecfe man es
drey Zoll hoch mit feiner gefiebten Gartenerde, und
ftefe in ſolche, in gehörigen Weiten entweder das
weiße faferige Wefen, das man aus Dertern, wo vor=
mals Schwaͤmme gewachfen find, fammlen Fann,
oder man gieße Waſſer darauf, indem Schwaͤmme zu-
vor find gewaſchen worden, oder man thue die Scheib⸗
chen der Schwaͤmme felbft hinein. Die erfte Art, iſt
eine Berpflanzung der Schwämme, denn die weißen
Faſern find nichts meiter als Schoͤßlinge alter
Schwaͤmme, von deren fic) andere wie Potatoes fort
anzen; nach) der ziweyten Art, werden die ausge:
wafchenen Saamen in die Erde gebracht, und nach
der legtern, die Saamen in ihren Hülfen gefäet. Das
fo zubereitete Beet, muß man beftändig mit langem
frifchen Stroh, einen Fuß hoch bedecken, die Pflan—
zen vor Sroft, Sonne und Winde zu fhüßen. Im
Mittel Des Sommers, und am Ende des Winters
ift es am beften, diefe Beete unter Dach zu machen,
zu anderer Zeit aber fann man fie lieber unter freyem
Himmel anlegen, denn diewarmen Regen tragen viel
zu ihrer Fruchtbarkeit bey, und da die Beete abhän«
— | ’ Er gig
268 Von neu wiederholten Verf
gig angeleget ſind, ſo koͤnnen ſie ——— Dee als
nöthig ift befommen.
Ein Zufag zueiner Anmerfungi im 461Stüce bet
Transactionen , fchließt diefe Nummer; von ber fo ·
genden foll — ‚geredet werden.
A.O.R
Er ED
an, Y
Bon einigen neuwiederholten
Berfuden |
mit dem großen Geſchuͤtz.
($ im ——— Julius das Koͤnigliche
Preußiſche Feldartillerieregiment feine jaͤhr .
lich gewöhnlichen Uebungen mit re. 4 |
und Ricochetſchießen nach der Scheibe, und
mit Bombenwerfen nach dem Ziele, in einem Walde
bey Berlin, 14 Tage hintereinander anftellte, wurden
die Herren Euler und Kies, Mitglieder der Föniglis
hen Afademie der Wiſſenſchaften, eines Tages von ei»
nigen Herren Officiers diefes Regiments eingeladen,
fid) bey diefen Uebungen einzufinden, und allerley
Verſuche mit dem groben Gefchüge, welche zur Er
läuterung oder fernern Unterftüßung der davon vor⸗
bandenen Theorien dienen Fünnten ; zugleich mit ih:
nen anzuftellen, Auch ich erhielt Erlaubniß, di
| donnern
u‘
n
Ri:
4
—
mit dem groben Befihlig. 269
donnernden Berfuchen beyzumohnen ‚ und das meis
nige zu genauer Beobachtung derfelben-benzutragen.
- Sie machten den Anfang mit Bombenwerfen,
aus 3 hinter einer deswegen aufgerichteten Batterie
gepflanzten Mörfern. Man warf die Bomben nach
einer Stange, deren Weite von gedachter Batterie be»
Fannt war; und wenn fie nicht bis an diefelbe reich
ten, fo maß man den Unterfhied, Die Bomben
waren ungefülle, jede war ı22 Pfund ſchwer, und
- nachdem wir von unterfchiedenen den Durchmeffer ge=
. meflen hatten, befanden wird, daß man den Durd)=
mefler einer jeden auf ıcz Zoll, Rheinländifchen
zwölftheilichen Maaßes, fegen konnte. In die Be
obachtung der Verſuche aber theilten wir ung alfo.
Einer ftellte ſich an die Secundenuhr, welche wir bey
uns hatten, und zählte ldut die Secunden. Der ans
dere gab auf die Mörfer Achtung, und bemerkte die
Secunde, in welcher ver Mörfer losgebrannt ward,
und die, in welcher die Bombe in die Erde fiel; dies
fe beyden waren ganz nahe bey den Mörfern; der
Dritre hielt fih bey dem Ziele auf, und maß mit ei
‚nem fleinen Segquadranten den Winkel, welchen die
‚Bombe bey ihrem Einfchlage' in die Erde mic dem
Horizonte machte. Sie fchlugen allemal 3 bis 4
Schub in die Erde hinein, und in der dadurch ent
ftandenen fchiefen Fläche in dem Soche, gegen den Ort
zu, wo fie hergefommen waren, war diejenige Linie,
deren Meigung man mir dem Seßquadranten maß,
Das Pulver, deſſen man fich bediente, mar von dem:
jenigen, welches gewoͤhnlichermaßen zu diefen Uebuns
gen gebrauchet wird; das ift, nicht von dem ——
ir
270 Von neu wiederholt en Verſuck
Wir bemerkten demnach bey, dem erſten
ſchießen fol ee 3 | ;
Hrönung Ladung |Erhöhung! Schuß: Be HE in}
—2 | der a “| mr ‚weiten — |
er er ”
a Loth Grade ſRhe bein GSecun: | Grade”
Ruthen |. den‘ MN
s 1. 20| 30.) 140 9: 1.28%
ir 1:17 9,44 3
3..|% 17.1044, [140 un [40.0.0
Der Boden, in welchen die Bomben einfchlugen,
war ein purer lockerer Sand; daher kames, daß die
Einfchlagswinfel Eleiner waren, als die Erhöhungen
der Mörfer, da fie doc) größer, als die Erhöhungen
hätten feyn follen; weil die krumme ginie, welche ei⸗
ne Bombe in der guft beſchkeibt, niemals eine Para-
bel ift, und die Bombe allemal unter einem größern
Winfel in die Erde fällt, als fie aus dem Mörfer ges
fchoffen worden, Diefer fo lockere Sand fiel nun.
allemal der Bombe nad), wodurd) nothwendig der
Winkel in der Erde verändert und fleiner werden
mußte. Man fchoß alfo zwar nach diefer Richtung
noch einmal herum, aber. dabey ward auf nichts Acht
gegeben, als auf die Zeit; und diefe war, bey aleicher
Ladung und Erhöhung der Mörfer, vollfommen wie
vorher, naͤmlich bey der erften Bombeg, und. bey den
legtern beyden ıı Secunden.
Hierauf richtete man die Mörfer gegen einen Alte
dern Ort, mo etwag fefterer PR wa; und wir
bemerfren folgendes : |
Ord⸗
mit dem geoben Gefehig.
T Ordnung Eadung (Erhähung Schuß: |Berflofe: Zöinerin |
er n Mör:| weiten Ku
er er
Vf. Sorh | Grade Be Serunden Grade
| |
1 730 1 IE Tr 352°
2 :|.%: 6] 44: |.107 BE >
3 in 61:44 I 1das 9 46°
Hier find zwar die Winkel in der Erde allemal‘
etwas größer, als die Erhöhung der Mörfer, doch
aber, wegen des nod) viel zu fockern Bodens, noch
nicht groß genug. Die Moͤrſer wurden hierauf‘ noch
gegen einen andern nicht zu fehr lockern Boden ge»
richtet; und da fand man folgendes:
Wintelin
Drömung Ladung Erböbnmol Schuß: Berrioffe
der M | er Mor: | weiten ne Zeit | der Erbe.
-. fer fer
Pf. Loth] Grade I Rheinl. [| GSecun: Grade
Kuthen den
i 1'0, 28] 313 | 7% 6 373
‚2 507.48 BR ad BAR,
—*— BOT ae Bu Ton 46
"Endlich ward noch zweymal herum geſchoſſen, und
eben dem Boden gezielet, wie zu allererſt. Doch
iſt darinne nur ein einzig mal der Winkel in der Erde
zu klein. Dieſe und andere Unrichtigkeiten dabey
muß man bloß dem lockern Sande, welcher auch
nicht an allen Orten gleich locker war, zuſchreiben.
Doch wird man ſo viel daraus ſehen, daß, wie bey
den meiſten andern Schuͤſſen, alfo auch bier uͤber⸗
haupt, der Winkel in der Erde allemal ordentlicher
* groͤßer iſt, als der — der Moͤr⸗
fer. Bey den Secunden der verfloffenen Zeit wird
man mit Vergnügen eine defto größere Nichtigkeie
— durchgaͤngig bemerken; als welche fich allemal genau
nad) der Ladung und Erhöhung der Mörfer richter,
Hier find die gedachten legten 6 Schüfe.
Drdnung| Padung Erhöhung) Schuß: Merilofie: Winkel in
er * der — weiten | ne Zeit der Erde
’ — —
Bf. Loth Grade ı Rheinl. |Secunden; Grade
Ruthen I |
1 B—— 200 Io 40
4. 2a I m 39
3 2.4. 45 200 5:78 49
I 2, 10 30 200 10 au
2 124|1.4 | 186 13 46
3 2.4 45 200.7}. 213 50
Wegen des Winfels in der Erde ift noch zu mer-
fen, daß man ihn durch Das Mefien niemals fo fine
det ‚wie er wirklich feyn folltee Der Boden ift alles
mal fefter, als die Luft; wenn er unendlich feſt wä«
re: fo würde Die Bombe in gerader Linie oben auf dem
Boden bin fahren. Weil er aber doch allemal einen
gewiſſen Grad der Dichtigfeit hat, der allemal noch)
größer feyn Fünnte: fo muß die Bombe allezeit we⸗
nigitens unter einem Eleinern Winfel in der Erde Hinz
unterfahren, als unter weldyem fie auf Diefelbe auf⸗
gefallen ift; melcher Auffallungsmwinfel doch eigentlich
derjenige ift, welchen man miffen will. Je lockerer
nun der Boden ift, deſto näher koͤmmt er der Größe
des Auffallungsminfels; er wird aber aud) in diefem
Kalle, durch das Nachfchießen des Sandes oder der
lockern Erde, allezeit vermindert; wie aus obigen
| Exem⸗
5200 mit dem geoben Gefehliß: 273
Erempeln zu.erfeden ift. Man kann ‚alfo das Ver⸗
haͤltniß des Erhoͤhungswinkels des Moͤrſers zu dem
Auffallungswinkel der Bombe durch die Erfahrung
"niemals genau beftimmen,, und alfo aud) niemals
durd) diefelbe die wahre Größe und Krümme der
Linie, welche die. Bombe in der Luft befchreibe, wiſ⸗
ſen. So viel aber weiß man zuverläßig aus d
Erfahrung ; daß diefe tinie Feine Parabel ift. Dies
felbe ‚aber vollfommen zu beftimmen, dazu fehlen
noch diefe Stunde die nöthigen Erfahrungen, welche
Herr Robins , der ſich doc) die meifte Mühe damit
gegeben, felbft noch nicht gehabt hat.
Mit den Nicochets wurden hierauf ſolgende Ver⸗
ſuche angeſtellet. |
1, Eine 1Bpfündige Haubitze.
adung ı& Pfund, verfloſſene Zeit 3 Secunden,
Schußweite 144 Ruthen. Erhoͤhung 7 Grad,
Man ſchoß allemal mit hohlen Kugeln.
Eine ſopfuͤndige Haubitze.
Ladung ı2 Pfund. Zeit 3 Sec, Schußweite
180 Ruthen. Erhöhung 73 Grad.
$Eine 2pfündige Rammertanone.
Sadung 2 Pfund. Zeit 4 Secund, Schußweite
144 Ruthen. Erhoͤhung 4 Grad.
ine 12pfündige Rammercanone,
Ladung 1 Pfund, Zeit 34 Secunde, ME
weite 144 Ruthen. Erhöhung 4 Grad.
Eine 24pfündine ordentliche Canone.
Ladung 2 Pfund. Zeit 4 Secund. Schußmwelte
144 Be Erhöhung 44 Grad,
ne ri Sa ine
. N id: J——
274 Von neu wiederholten Verſuchen ıc.
J
Bine 12pfündige ordentliche Eanone,
$adung ı Pfund. Zeit 33 Ger. Schußweite
160 Ruthen. Erhöhung 4 Grad.
Alle dieſe und die vorhergehenden Schüffe geſcha⸗
hen gegen einen etwas ftarfen Mordwind. Der
‚Himmel war größtentheils helle und die euft var
febr warm,
Als ich faft eine Vierthelmeile von dem Walde,
worinnen gefeuert ward, gegen Mittag zu entfernet
war, bemerfete ich allemal ftarfe Stöße vom Win
de, fobald mar gefchoffen worden. Einige Tage
vorher ftund gegen Norden ein ftarfes Gewitter.
Man vermuthete, wegen des Windes, daß es ganz
gewiß heran fommen würde, als es fich gänzlich zer⸗
theilete. Die Herten Dfficiers fagten ‚daß fie recht
deutlich gemerket hätten, wie Das Gewitter zertheilet
und verjagef worden, da man gegen
daſſelbe gefeuert, —J—
C. Mylius
| hi 275
Ba aka or
a N
Nachricht
von den
Pohlniſchen Salzgruben,
von einem Deutſchen von Adel
mitgetheilet, |
der in folche vor einigen Jahren felbft auf die Tiefe
von 200 Faden eingefahren, und in felbigen drey
Stunden lang herum gefuͤhret worden. a)
Aus den Phil. Trans. 61 Rum. ⸗Art. für den Julius 16701
$ Städtchen Wieliczfa befindlich find, (wel⸗
ches, die Kirche ausgenommen, unter Der
Erde ganz untergraben ift b), in acht Schädhten ein.
| ER RE Die
Zur Ueberfegung dieſes Stückes aus den Transactionen,
bat mich · der Bortheil bewegt, den ich Lefern, welche fich
um diefe Sachen befümmern, aus folgenden Anmerkun⸗
gen meines geſchickten Freundes, des Heren Schoberd
verfprechen Fann. A. ©. Röfiner,
Anmerkungen. ü
a) Europa wird fehmerlich dergleichen Bergwerke
mehr haben, ald wie die Galzaruben in Pohlen find.
Wenn der Autor an ffatt 3 Stunden, 3 Tage und drey
Nächte darinnen herum gegangen wäre: fo würde er
doch Faum die Halfte davon gefehen haben.
by Es iſt nicht allein die Stadt, die untergraben, *
* ern
J
an faͤhrt in die Pohlniſchen Salzgruben,
die eine Meile von Cracau bey dem
=
276. Nadriden
Die beyben vornehmften davon So in der Stabt
feibft , durch welche das Sal; heraus gefördert wird;
durch zween andere wird Holz, nebft andern Roc
iendigfeiten binabgelaffen c). Mi
Die
dern es reichen die Gruben ae jeder Seite noch einmal
fo weit hinaus, ald die Stadt groß it. Dom Morgen
gegen Abend erſtrecken fie ſich auf 600, von Mittag ge-
gen Mitternacht auf 200, und im der. größten Tiefe auf
80 Lachter, die Pachter 5 Dreßdner Ellen, welches dag
Maaß ift, das als Lachter acbraucher, und decimalifch
getbeiler wird,
ec) Die Schächte, die damalen offen geweſen, find
jeßo zum Theil wieder zugeſtürzt, und andere dagegen
abgeſunken worden.
Gegenwaͤrtig ſind ihrer an der Zahl 10: Regis, Gors⸗
ko, Lois, Buzenin, Bozawola, Danielowiec, Janina,
Seraf besno und Wodna Gora, die alle ſeiger gerade
niedergeben. Durch die erftern fieben wird Salz gefoͤr⸗
dert, und nach Erfordern der Umſtaͤnde Hol und alle
dere Materialien eingelaffen.
Seraf dienet zum Einfahren der Arbeiter , und if des⸗
halb auf zwoen Seiten, und alſo mit doppelten Fahrten
Herſehen. Der ganze Schacht bat auf jeder Geiten ır
Fahrten, jede A ız Ellen, welche alle, weil der Schacht
geraum genug iſt, vormärts inchiniet find, und unter
jeder iſt zu mehrerer Sicherheie eine. Bühne über ‚den
ganzen Schacht, damit, wenn von den Einfabrenden
etwa einer verunglucket, die auf den untern Fahrten
—— zugleich in Gefahr geſetzet werden, und er ſelber
h nicht tiefer, als eine Fahrt, herab fallen fann.
"Durch den Wafferberg, Vobna⸗ Gora, wird das Waf-
ſer in zuſammen genaͤheten Ochſenbaͤuten durch Pferde
ausgezogen.
Und Leszno iſt eine Wendeltreppe, fo von Tage big auf
die Sohle rund gemauert, im Diameter bis 5 Ellen weit,
und anfänglich mit Stufen von Sandſtein — ———
weſen,
mw
pe
-
von den pohlniſchen Salzgruben. 277
= Die Einfahrten in die Schächte ſind fünfeckicht,
4 bis 5 Tuß lang, und eben fo breit, überall mit
Zimmerung verwahree d). re
S4 Ueber
weſen, wie fich aber folche, des Wafferd wegen, nicht
Dauerhaft befunden, und mit_der Zeit gebrochen, iſt
zwar folche Zveppe rund gemauert blieben, die Stufen
aber, deren an der Zahl 470, find von Eichenholze ges
machet worden.
d) Die Schachte find, Leszno ausgenommen, alle
viereckigt, es liegt aber auf ziweyen Ecken, mo dag Seil
hinunter gebt ‚auf jeder ein flark Stücke Holz (der Hund
genannt) das um einen ſtarken eifernen Polzen beweglich,
und wovon allemal eines, wenn ein Ende des Geilg mit
der Raft herauf koͤmmt, untergefchoben wird, tamit die
Laft von dem Seile abgenommen werden kann; oder wenn
‚man einfahrt, damit man beym Einfaße darauf auf:
greten kann, und mag dieſes wohl die Urſache feyn, ware
um gefaget wird, die Einfahrten der Schachten wären
fünfedliat.
Ihre Breite iſt im Lichten fuͤnftehalb Ellen, und die
Laͤnge beynahe 6 Ellen, ihre Tiefe aber erſtrecket ſich im
den meiſten auf 25 bis 30, und in Regis auf 46 Lachter.
Sie ſind durchaus mit ſtarkem Bauholze verzimmert,
ſo, daß von oben bis unten Joch auf Joch geleget, und
werden durch etliche Lachter weit davon gelegene kleinere
Schaͤchte (Brunnen), die nicht tiefer als etwas bis auf
die Haͤlfte des Schachtes abgeſunken, ziemlich trocken
erhalten, indem die Waſſer, die ſich in dem feuchten
Gebirge nach der Schacht zu ziehen, und insgemein in
der 8ten oder ioten Lachter angetroffen werden, un daß
fie nicht gänzlich in die Gruben hinunter kaufen, größ>
tentheils zwiſchen den obern Zimmern der Schacht in
Rinnen gefangen, und durch eine Kleine Strecke zu dem
Brunnen geleitet werden, wo man fie nachhero, wenn
⸗
ſich eine Partie geſammlet, entweder in zuſammengenaͤ—⸗
heten Ochſenhaͤuten durch Pferde, oder in Kuͤbeln durch
Menſchen auszieht. —
l: —3
Na N * RR IP: er
f g \ 3 Dar u" I
” ;
Weber ihnen befindet ſich ein großes Rab ‘e) mit
einem Seile, das fo dicke, als ein flarfer Arm
NK if,
e) Die Kehrraͤder auf den Tageſchaͤchten find in Anfes
bung der Laften, die Damit gefördert werden, ungemein
bequem. Gie greifen mit einem gezahnten Rade in ein
Getriebe, das an der Welle, die horizontal uber dem
Schachte liegt, und worauf ſich das Geil aufwinder,
fefte ift, und werden gemeiniglich von 10 Pferden ums
getrieben. Der Brams ift dabey fo ficher und wohl
angebracht, daß ein Mann fo viel aufbalten kann, als
6 Paar Pferde, wenn fie alle ihre Krafte anwenden, zu
ziehen vermögend find. MR
Auf Danielowier, welcher Schacht nur 23 Kachter tief
iſt, ift die Verhaͤltniß in der ganzen Maſchine folgende,
Die Arme, woran die Pferde gefpannet werden, find
von der Are ausgemeffen, jeder 21 Fuß lang, der Ra:
dius in dem Kronrade ift 16 Buß, der Radius des Ge:
triebes 8 Fuß, und der Radius der Welle, auf welche
fich dag Seil mir der Laſt aufwickelt, 14 Fuß, die Laft
aber, die mit einem Ende gehoben wird, iſt ordinair
4 Faß, jedes A 6 Dresdner Eentner, und in 10 Stun⸗
den werden durch 5 Paar Pferde go Enden oder 320
Faß zufammen 1920 Eentner gefördert. Es geſchieht
aber auch, daß zumeilen Stücken von 40 bis 50 Eent-
ner, herauf gezogen werden.
Auf den übrigen Schachten find fie (die Schatht Res
gis ausgenommen) von eben derfelben Gtructur, ob
fchon von anderer Proportion; auf Regis aber, welche
Echacht noch einmal fo tief if, und big im die andere
Etage veichet, beftehet Die ganze Maſchine aus einer auf-
recht ſtehenden Welle nach Art der gewöhnlichen, Pfer⸗
degöpel;, und wird von 6 Paar Pferden getrieben. Der
Brams aber ift dabey feft, wie in den bollandifchen
Windmuͤhlen vorgerichtet, und kann ein Mann gar leicht
noch mehr damit halten, ald im vorhergehenden.
|
Der
von den pohfnifehen Salzgruben. 279
iſt f), und folches wird wie eine Roßmühle von ei»
nem Pferde getrieben g).
Wer einfahren will, muß den Bergkittel 9 an⸗
legen, und noch einen zu ſich nehmen, der an beſagtes
Dickes Seil ein anderes bindet, und ſolches fo um fich
herum zieht i), daß er darauf fißt; alsdenn nimmt er
‘ rg i den
Der Radius der Welle ift 5 Fuß, die Ränge der Ar-
men, woran die Pferde gefpanner werden, iſt vom Mittel
ausgemeffen 20 Fuß, Die Laſt iſt wie im vorhergehenden
ordinair 4 Faß, und in 10 Stunden werden, wenn aus
der erften Etage gefördert wird, 100 Enden, oder 400
ß, und wenn aus der andern Etage gefördert wird, 60
den, oder 240 Faß zu Tage ausgegeben.
) Die Seile werden in Wieliczfa verfertiget, und find
im Diameter 4 auch wohl 5 Zoll ſtark, nachdem daß der
Bi rein gearbeitet wird, und wiegt ein folche8 Geil zu⸗
en 60 bis 70 Etein.
8) Es wird vielleicht nur ein Pferd an dem Kehrrade
| geweſen ſeyn, indem ſie — da es weiter nichts
thun duͤrfen als daß es von Anfang, wenn ſie ſich an
dem einen Ende des Seils uͤber der Schacht aufgeſetzet,
das andere, das in den Schacht gehangen, helfen auf—
een bis daß fo viel Perfonen aufgeſeſſen, daß fie fel:
biges überwiegen, da alsdenn die Mafchine fich von ſelbſt
bewegt, .. durch den Brams zumeilen wieder angehals
een wir
hy Diefe find, weil die Gruben trocken, und überall
geraum genug, daß man bequem gehen kann, von weiſ⸗
‚fer Leinwand, und merden um den Leib herum mit einent
Paß, wie bey ber pohlniſchen Tracht gewoͤhnlich, zuge⸗
bunden.
i) Sind Se Seſſel von geſponnenem Hanfe gefloch⸗
ten, welche Seſſel zwey und zwey uͤber einander an das
Seil angeſchlungen, und daher auch ‚($zlog Schlong)
Schlingen gertennet werden.
gr Nacheihen
den andern auf den Schooß und umfaßt ihn fefte k).
Wenn das dicke Geil etwas hinabgelaffen iſt, bindet
ein anderer ein Seil an daffelbe, feßet fi) darauf, und
nimmt einen andern ‚der einfahren will, zu ſich Mind
auch) diefe beyde etwas hinabgefunfen, fo wird für dag
dritte Paar Platz, und fo fahren oft 30, 40, und mehr
Leute |) mit einander 100 Faden ın) fief ein; wenn
der erfte aufden Grund fommt n), fleigter ab, und die
andern
x) Diefed thun fie, wenn einer furchtfam if, und
doch gerne an dem Geile einfahren will. Sonſt werden
remde, und fonderlich Bornehmere, mehrentheild die
Treppe hinunter geführet.
1) Vordem iſt ed nichts ungewöhnliches geweſen, daß
40 bi8 so Mann Arbeiter auf einmal an dem Geile ein:
und ausgefahren, nachdem aber die Schacht GSeraf
Anno 1724 zum Einfahren der Bergleute aptiret wor:
den: fo haben jetzo die Dfficianten, und deren Bediente,
die ihnen leuchten muͤſſen, fich Diefer Commoditaͤt zu bes
dienen. Da denn; wenn fie auch alle,fo viel ihrer or⸗
dinair in den Gruben zu thun haben, mit einmal aufſi⸗
gen, nicht mehr als hoͤchſtens 20 bis 24 Perfonen eins
gelaffen werben, die Paar und Paar, jeder in einem
befondern Schlung, uber: einander fißen. _
m) Die Tiefe der Tagefchachte iſt ſchon bey Lit. d,
angezeiget worden; und tiefer ‚pfleget man in Wieliczka
an dem Geile nicht einzufabren.
n) Unter den Tagefchachten koͤmmt man aufmeift ho⸗
rizontal liegende Strecen, oder Gange, womit das gans
ze Gebirge von einem Schachte zum andern und fo weit
fich bis daher Galz gezeiget, die kreuz und quer durch⸗
fahren worden; von diefen iſt abernialen mit Schächten
tiefer in das Gebirge abaefunken, worunter gegen Abend
große A gegen Deorgen aber, wie unter
den. ee ne fortgehende Streden an:
zutreffen, von welchen ſowohl, als von den ausgebaue:
| nen
. von den pohlniſchen Salzgruben. 2gr
andern folgen ihm nach der Ordnung nad), alsdenn
- führen fie die Sremden bey fampenlichte durch wunder«
bare Irrgaͤnge 0), wo ſie immer ingrößere Teufe tom»
men,
nen Plaͤtzen, nochmalen_ tiefer abaeteufee iff, alfo daß
dermalen 3 Schächte unter einander liegen, niemalen
aber in gerader Finie auf einander zutreffen.
Heil aber diefes die Förderung des Salzes fehmwer
und koſtbar gemacher, indem dasjenige, was in dem
Tiefften ausgearbeitet worden, fo vielmal gezogen wer—
den müffen ;_fo find dermalen die Haupefihachte unter.
den Tagefchachten tiefer abgeſunken, und man braucher
gegenwartig nur zween Schachte von Tage in das Tiefite
zu gelangen. !
0) Die Streden und Schächte find vordem nach dem
Gehoͤre, und fo zu fagen, nur auf dag gerathe wohl, ges
trieben, und abgefunfen worden, und mochte c8 daher
wohl feyn, Daß die Gruben damalen mehr einem Laby-
rinthe gleich gefeben, wie man denn noch gegenwärtig
an folchen Orten, mo fie vor Alters gearbeitet, abneh—
men kann, da die Strecken und Schächte fo verwirrt
durch einander geben, daß ich mir ſelbſt nicht getrauetẽ,
mich heraus zu finden. Seitdem aber der Bau der Grus
"ben von 1718 an, ordentlicher geführet worden, feben
fie ganz anders aus. | |
Was die Strecken anlanget, fo find die meiſten, und
fonderlich die neuern, im Lichten 5 Een weit, und eben
fo hoch; Theils haben auf allen Geiten feſte Gebirge,
theils find nur an der Decke unterzogen, theils find auch
ringsum verzimmert, da denn in den mehreften die
Stempel mit ihren Zragern fo dichte an einander ſtehen,
dag man oftermalen auf viele Lachteen gar kein Gebirge
gewahr wird. er ht
In vielen, wo der ſtaͤrkſte Durchgang, finden fich bin
und wieder Altare und Capellen, die ind Salz oder fefte
. Gebirge gehauen find, und darinnen bey einem Crucifie
oder anderm Gedaͤchtnißbilde eines Heiligen beſtaͤndig
ein
292 un) Nahe
men, bis fie an gewiffe Fahrten p) gelangen, und
auf ſolchen noch 100 Lachter tiefer fahren; dafelbft
| ie ji ABA EN. . find
ein brennendes Licht unterhalten wird. Die, welche
darunter am merfwürdigften, und den - Fremden als
was ſonderliches gemwiefen werden, find die Capelle des
leidenden Chriſti, ſo unweit den Schacht Seraf, wo die
Arbeiter einfahren, auf einer großen Ebene (Liſak ges
nannte) liegt; und die Kapelle Sanct Antonii, fo gleich
unter dem Schacht Danielomwiec, wo die Dfficianten eins
fahren, gelegen ift. ' i "ai
Bey der erſten, welche wie etwan eine Niche, in hal»
ben Zirkel ungefahr 24 Ellen im Diameter ausgehauen,
und nebft dem Erucifir mit verfchiedenen andern Bil-
dern, und von Salz gehauenen Statuen verfehen, bal-
ten die gemeinen Bergleute, nachdem fie eingefahren, ehe
fie an die Arbeit gehen, ihre Andacht, indem fie Die ges
mwöhnliche Kitaney, und andere geiftliche Lieder abfinaen. .
Und bey der legten, die ordentlich wie eine Kirche an
Der Decke rund, und mit allen ihren Säulen, Altaren,
Crucifix, und verfchiedenen andern Statuen, in Lebens⸗
größe, alles ind ganze Galz gehauen ift, thun die Offi⸗
cianten ein gleiches. Mi ‚ J
p) Die Schaͤchte, welche von den Strecken unter den
Tagefchichten weiter in dag Tiefe geben, find mehren:
theils mit Fahrten verfehen, man kann aber dermalen
an einigen Orten auch auf Treppen in das Zieffte kom⸗
men. Wie denn fonderlich feit wenig Jahren unter dem
Schachte Sanina dergleichen Treppe angeleget worden,
die bi in das Tiefſte derfelben Gegend veichet, und an
die 400 hölgerne Stufen bat. Inder Breite iſt fie im
Lichten beynahe 5 Ellen, die Hoͤhe iſt ber Breite gleich,
und die Pferd: gehen darauf ganz ficher auf und ab.
Sonſt find gedachte Schächte nicht fo weit als die Ta⸗
geſchaͤchte, fie übertreffen aber zum, Theil felbige an der
Tiefe. Theils find wie. die Tageſchaͤchte verzimmert,
theils fehen ohne Zimmerung in ganzen, —
/
a
h von den pohlniſchen Salzgruben. 283
ſind doppelte mannichfaltig durch einander gehende
Strecken, eine uͤber der andern, denn die Arbeiter
gehen immer weiter fort, und hauen das Salz aus,
fo lange der Salzgang dauert q). Wenn fie ſolchen
verlie:
dag Gebirge leiden wollen. Zu jedem aber ift ein befons
deres Kehrrad, das nach Gelegenheit der Umſtaͤnde etliche
und 30 bi8 40 Ellen weit davon, in einem mit Fleiß dar⸗
zu ausgehauenen ebenen Plage, den fie die KRehrradgfam:
mer nennen, und von welchem eine hohe und geramme
‚Strecke nach dem Schachte zugeht, angeleget iſt.
Dergleichen Kehrraͤder beftehen aus einer aufrecht ſte⸗
benden Welle 10 bis ı2 Ellen hoch und im Diameter
anderthalb big drittehalb Ellen ftarf, und aus den vier
Armen jeder aus dem Mittel der Welle gemeffen zu 7 big
8 Ellen lang ‚und werden nach Erfordern der Laſt vong,
10, auch wohl ı2 Pferden getrieben, die Laften aber, die
damit gefördert werden, find öfters noch größer als bey
den Tagefchächten, und babe ich bey Abſinkung folcher
Schächte mehr als einmal geſehen, daß Stücken von 60
bis 70 Centnern geboben worden.
q) Was die eigentliche Rage des Salzes, und die Bes
fehaffenheit de8 ganzen Gebirged anlanget, würde hier
zu weitlauftig ſeyn zu befchreiben. Daher ich nur ſoviel
Davon gedenken will, daß man nicht fagen Fann, das
Gal; werde Bangmeife angetroffen, fondern ein deutfcher
Bergmann würde, wenn er die erfte Schacht hinunter
koͤmmt, fprechen, es ware Stockwerk, es liegt oben im
großen Klumpen, unten darunter aber geht es richtig
Fletzweiſe. | ee
Jene, die großen Partien find der Größe nach gar
different, und giebt es welche, die fo groß find, daß uns -
achter jahrlich mehr ald 600000 Eentner ausgears
eitet werden, eine dergleichen Kugel alleine, wenn es
möglich ware, daß Arbeiter genug zugleich darinnen ars
beiten Eönnten, auf etliche Jahre Salz genug geben
8 4 Wwuͤrde;
284 MNachricht
verlieren, und ſich nichts von Salze mehr zeiget,
ſuchen fie anderswo r) Gange auf, daher find fo viel
Höhlen und Irrgaͤnge in diefen Gruben.
ar ‚Die
würde; da dieſes aber nicht feyn kann, fo giebt es folche
Derter, worinnen ſchon von 100 Jahren her, Salz ge:
Bauen worden ift.
Von den Flegen aber weig man noch nicht, mie weit
fie geben, indem zur Zeit noch in feinem das eigentliche
Ende erreichet worden, Auch nicht zu fürchten ſteht, daß
es in viel hundert Jahren erreichet werden wird.
.. 7) Die Strecken und Schächte werden theils der Com⸗
munication wegen, theil® aber und vornehmlich in der
Abſicht Salz zu ſuchen, getrieben und abgefunfen. Bon
der Wünfchelruthe wird da nichts gehalten. *
An einer Strecke arbeiten in jeder Schicht 2, und an
einem Schachte 4 Mann, welche das Gebirge ‚mit Eifen,
Keilen, und Schlageln auf folgende Art gewinnen.
So groß als die Strecke oder Schacht angegeben, um⸗
bauen fie das Gebirge mit 4 Schrammen, deren jegli-
cher ı Fuß breit und beynahe drittehalb Fuß tief; dann
machen fie in der Mitte der Lange noch eben dergleichen
Schramm, und fihlagen neben felbigem mit Keil und
Schlaͤgel ein dreyesfigted Stücke fo lang als die Strecke
hoch ift, heraus, und hauen bi8 auf die Tiefe des
Schrammes nach. And wenn dieſes geſchehen, feßen
fie daneben wiederum Keile an, und treiben das Gebirge
zu beyden Geiten, fo weit ald ed mit den Schränmen
umbauen, in ganzen Stücken los; worüber 2 Dann uns
gefähr 8 Tage zubringen. a RER
Sie gewinnen auf diefe Art ſowohl das Gebirge, ald
das Salz, auf welches fie zu Zeiten treffen; Fommen fie
aber auf Stein, der ihnen zu feite werden will, fo wird
eldiger eben wie auf den Erzgebirgen gebohrer und mit
ulver geiprenat. Se Ce Ve
Die Eifen, mit welchen die Bergleute prdinair ihr Ge-
‚birge und Salz arbeiten, find viel größer und fehive-
Nxer
2 | von den pohlniſchen Salzgruben. 285
ver als der deutſchen Bergleute ihre ‚fie find vorne auch
mit einer viel duͤnnern Spike gefchärfet ‚und ſtecken feſte
an einem GStiele, mit welchem fie dag Eifen zum hauen
aufheben; wenn aber auf feſtes Geffeine getroffen wird,
fo brauchen fie zu Zeiten auch ‚Kleine Eifen, die fie auf
fegen, und mit dem Fauftel auffchlagen, fo wie es in
den Erzgebirgen gebräuchlich. 3" "
Wann nun mit dergleichen Strecken oder Schächten
auf Salz getroffen worden, wovon man hoffer, Daß es
dauern werde, fo uberlaffen Die Arbeiter, die zuvor im
Treibung oder Abfinkung derfelben gearbeitet, und zum
Salzſuchen bejteller find, den Ort andern, die eigent=
lich das Salz ausarbeiten, und felbiges entweber in Faͤſ⸗
fer Salz hauen, oder es in ganzen Banken, viertehalb
Ellen breit, ı und ı Biertbelelle dick, und an den Wan:
den, oder im ftebenden, 8 bis 12 Ellen, auf der Gohle
aber 16 big 24 Ellen lang ablöfen, ö |
Solches gefchieht auf eben die Weife, mie in den
Strecken und Schächten, nur daß hier die Stuͤcken uns
gleich größer als in jenen, und wern einmal die Deff-
. Nung gemachet worden ‚die ganze Wand, oder der ganze
Boden nach der Reihe weg adgefchlagen wird. An ein
bergleichen Stücke feßen fie, nachdem Daß «8 lang iff,
20 bis 30 Keile unter.
So bald es fich anfängt zu loͤſen, verurfacher jegli⸗
cher Schlag einen Klang, der fo hell und ſtark ift, al
ber Schall von einer Glocke immer feyn kann, und wel⸗
her alsdenn immer heftiger und tiefer klingt, je mehr
es fich Tüfter, bis endlich folches Getöfe, nachdem es
weiter 108 wird, fich wie bey ubermaßig großen Gloden
nur in ein Brummen verwandelt, und das ganze Stud,
wie man fich leicht vorſtellen kann, mit einem ziemlichen
Gepraſſel anf die untergelegte Bettung von der Wand
Ders une
Dieſe abgelöffen Bänfe werben durch Keile ferner in
Stuͤcken 3 bis 31 Elle lang, und 13 Elle breir zerſetzet,
welche nachhero , damit fie leichter fort zu waͤlzen, wie⸗
derum dur) andere Ürheiter rund gehauen, und alsdenn
kon | twa⸗
=
k „a |
mt BE os *4
Die großen Weiten s) werden ſehr ſorgfaͤltig mit
fefter und ftarfer Zimmerung ausgefeßet, daß man
— J——— aus
Batwanen genennet werden, das kleine Salz aber, was
aus den Schraͤmmen gehauen wird, und was beym
rund machen abfallt, wird gleich in den Gruben in Sif
fer eingefchlagen. | ir
¶Ein foldyer Batwan wiegt zuweilen 10, 20,30, 40, auch
wohl so Centner, ein Faß aber halt ordinair 6 Centner.
Letztere werden auf Kleinen Schleifen, jede mit 2 Pfer:
den, von einem Drte zum andern fort geſchafft; von je-
nen aber werden die ſchwereſten gemeiniglich durch vier
Mann da, wo ed nöthig ift, hingewaͤlzet. |
Dieſe Arbeit gebt, weil die Arbeiter darinne geuͤbet
find, gar gut von flatten, und bat unfehlbar zu der
Meynung, daß das Salz in den Gruben leichter ſey als
am Tage, Gelegenheit gegeben; man begreift aber, wenn
mon auch dem Galze feine Schwere laßt, (mie denn
wirklich an der ganzen Gache nichts ift, und das Gal;
einmal fo ſchwer bleibt, als das andere) gar leicht, wie
eö zugeht, wenn man nur felbige recht beſieht, und auf
Die Vortheile, die fie dabey brauchen, Achtung giebt.
5) Die Orte, wo das Galz ausgehauen worden, ‚oder
noch ausgehauen wird, nennen fie Kammern ‚und geben,
weil deren fehr viel find, jeder einen gewiffen Namen,
Einige davon, wo das Salz Stockweiſe geſtanden, find
fo groß, daß gar fuglich eine große Kirche darinn ſtehen
könnte, und wo ed Flegmweife gelegen, da fie nicht fo
hoch find, giebt ed welche, die fo weit, daß, wenn fie
aufgeräumt würden, wohl taufend Menfchen darinne in
Drdnung geftellet werden fönnten. | RL,
Die, welche in Anfehung der gegenwärtigen Arbeit
wohl gelegen, und eine ebene Sohle oder Fußboden has
ben, dienen an ſtatt der Niederlagen, und find theilg
mit Batwanen, theils mit Faffern zwey⸗ und dreyfach
über einander angefüllet. Andere find die Magazine zum
Heu für die Pferde, und wieder andere die Gtalle, dar-
ie innen
— von den pohlniſchen Salzgruben. 287
aus dem hier befindlichen Holze eine nicht gerin⸗
ge Stadt bauen koͤnnte; außer dem würde es
ent Brüche
innen nach Beſchaffenheit der Arbeit in der nächften Ges
gend 10 bis 15 Paar Pferde beyſammen fteben. ;
Zum Theil ftehen fie noch gegenwärtig voller Waffer,
wovon, meil felbiges auf das farkfte gefalgen, das Salz
an den Wanden und an den darinnen liegenden Stuͤcken
Holz, und Berg haufig anfchießt. Wie Denn, mo die Luft
den Zug durch hat und das Waffer lange in Ruhe ges
ftanden, felbiged am Rande herum auf der Oberflache
fo ſtark und dicke angefchoffen, daß es, wie von den
Galzfeen in Rußland vorgegeben wird, zugefroren zu
ſeyn ſcheinet. Auch inandern, wo vordem dergleichen
Waſſer eine Zeit lang geſtanden, und nachhero entweder
mit Fleiß zu Tage ausgeförders worden, oder durch
RKluͤfte und Riffe weiter in die Gruben gegangen, die -
Waͤnde und der Fußboden mit vielen taufend Galzfry>
ſtallen, die manchmal ein halb Pfund und mehr wiegen,
uber und über beſetzet find, welches, wenn viel Licht an ders
leichen Ort koͤmmt, ungemein fchön anzufeben.
J In einigen ſind zu Unterſtuͤtzung des Gebirges ſtarke
"Pfeiler oder Bergfeſten von Salze gelaſſen; in andern
ſind zu gleichem Endzwecke die Berge, oder wie die pohl>
niſchen Bergleute reden, die Räume aus den Schaͤchten
und Strecken, wie flarfe n aufgefeßet, und wies
der in andern find von de bis an die Decke ſtarke
Kloͤtzer 7 bisg Ellen lang q er einander gefchränker,
und inwendig mit Raumen ausgefuͤllet, welche Unterffüs
gung fie deshalb Kaszt (Kaften) nennen, und liegen viel-
mals in einer Kammer etliche 100 Stamme Holz auf
ſolſlche Arc beyfammen, i u
> Sn vielen aber, wo dergleichen Bergfeften nicht ges
h laſſen und fonft auch nicht unterbauer worden, ja auch an
ſolchen Orten, wo ed daran nicht gefehlet, die Evacua—
tiones aber allzu groß gemwefen , ift dag Gebirge bin und
wieder niedergegangen, auch wohl in den oberften gar
4 Dand, T bie
888.00 RA
Brüche machen, und die darüber ftehende Stadt hin⸗
unter gehen. BR
| Sie
bi zu Tage aus eingebrochen, wie es denn nur kuͤrzlich
Anno 1745 gefcheben, daß etliche Haufer auf diefe Weiſe
über einander gefallen, und nieder in die Erde geſunken.
Wenn dergleichen Einbruch gefihiebt, fo empfinden
fie durch die ganze Stadt an der Erde ein Zittern, wie
1
bey einen Erdbeben. Bey dem Anno 1745 waren die
Wirkungen der Luft, die durch das Niedergeben des Ge-
birges zufammengepreßt ward, erffaunend. Man hat aıı=
gemerlet, daß dadurch Batwanen, welches, wie fchon ge=
aget, Stücken Salz find, von-30 bis 40 Eentner ſchwer,
die in einer Strecke, fo nach dem Orte zugegangen ‚ wo
der Bruch geſchehen, der Reihe nach neben einander ges
fegen haben, fo zuſammen yeblafen, und auf einander in
die Strecke hinauf gefchoben worden, daß fie mie Mühe
c
wieder auseinander gearbeitet werden muffen. In einer
Schacht , fo von unten mitfelbigen Communication hat⸗
te, waren die Fahrten in Die Höhe gehoben, und bey der
nachften Tageſchacht, mo die Luft ihren Weg binausge-
nommen hafte, war dad Dach über der Schacht einenf]
Theil weggehoben, und abgedecket. Bi. Be
Sonſt thun dergleichen Unterftugungen wohl etwag,
und dienen wie ein Kiffen, daß fich die Laſt nach und
nach darauf legen und mit einem male herunter
brechen fatın, dag Ge r ganz damit aufzuhal⸗
ten, find fie niche binreiden®, fondern e8 Drücker felbiges.
in dergleichen Orten, welches faft unglaublich, auf den
zten Theil und noch weiter zufammen, und Die perpendis
cular untergefegten Stempel, nicht weniger auch die von:
Salz gelaffenen Pfeiler zerbörften endlich, wenn dag Ge⸗
birge einmal los ift, und die Laff zu groß wird. Und
kann man in denen ausgehauenen Flegen feben, daß fih
ſelbiges nach und nach alfo aefeget, daß, wo die Höhe ei-
nachhero nicht einmal aufgericht Darunter hingehen koͤn⸗
nes jolchen Fletzens zuvor 4 bi8 5 Ellen gewefen, man
nen,
von den pohlniſchen Safzgruben. 289
Sie hauen hier dreyerley Art Salz aus t), Das
erfte ift gemein, fehlecht, grob und ſchwarz. Das
zweyte etwwas feiner und weißer. Das dritte ganz weiß
und kryſtallenhelle. Das fehlechte und ſchwarze
x STR Salz
nen, wenn nicht die Sohle ı Elle und mehr nachgehau⸗
Leber diefes iſt erftlich im Jahre 1644 umd welter im
Sabre 1696 durch Verſehen Feuer in die Gruben gekom⸗
men, da nicht nur die Kaſten an vielen Orten ausge:
brannte, fondern auch dag Gebirge von der Hitze los
gemachet worden, und niedergegangen. iſt. Wie ich! dent
von der Feuersbrunft Anno 1644 in alten Nachrichten
gefunden, daß esnicht nur kurze Zeit, fondern beyna⸗
be ein ganzed Fahr durch gedauert, und daß: cben
damalen der Tagefchacht, Bonner genannt, durch wels
chen das Feuer mit Einfenkung des Heues in die Grit
‚ ben gebracht worden, ausgebrannt und zuſammen ges
brochen ift.
Born der andern aber Anno 1696 , welche unverſehens
in den Gruben angezündet worden, weiß man, daß fie
etliche Monate angehalten, und daß dabey viele Mens
fehen, die dem Feuer beyzukommen vermeynet, durch
den Rauch erſticket worden.
t) Das Salz, was aus allen folchen Kammern aus⸗
‚gearbeitet wird, wird unter zweyerley Namen, auch in
zweyerley Preife verkaufet; es hat aber eigentlich mehr
terley Gattung, deren jede fich gar wohl von den andern
unterfcheiden laßt: Wovon bey anderer Gelegenheit
mit mehrern. Die fchlechtefte und wohlfeilffe in Breife ift
das fo genannte Zielona (Brünfalz), welchen Namen ed
vermurhlich daher erhalten, mweil grauer Berg oder Lets
ten mie eingemifchet iſt, und daher etwa einigen gruͤnlich
geſchienen bat, wovon im Jahre 1742 das Faß * *
pohlni⸗
2900000 Rare
Salz wird in großen faft runden Stüden ausgehau«
en, die drey pohlnifche Ellen in der tänge, und eis
ne in der Dicke haben ; Soldye Stücken werden für
50 bis 70 pohlnifhe Gulden, deren drey einen Tha-
fer machen, verkaufet. Eracau hatdas Vorrecht, eis
ne gewiffe Zahl für 8 Gulden zu Faufen u),
Zu Cracau liegen große Stücken auf der Gaffe vor
der Bürger Thuͤren x), wie auch auf dem Sande in
Flecken und Dörfern, vor der Edelleute Häufer und
Schlöffer, wo das vorbey gehende Vieh diefe Salz»
| fteine
pohlnifche Gulden, in ganzen Stücken oder Batmanen aber
als welche alle nach dem Berichte verfaufet werden, der
Gentner ä 3 und zwey Drittel fl. (6 und ein Drittel Gul⸗
den auf den Reichsthaler gerechner) verfaufet worden.
Und die andere iſt das Szybikowa, welches reiner iff,
und den Namen unfehlbar Daher hat, weil es allererſt
unter der andern Schacht, vom Tage hinein, dergleis
chen Schacht fie Szybik Ceine Heine Schacht) nennen,
gefunden worden, wovon das Faß zu 24 fl. undin Bat⸗
wanen der Centner ä 4 fl. verfaufet worden
Die dritte Gattung Kryſtallenſalz, oder Sal gemmz,
findet fich in Kleinen Stücken mit dem Gebirge vermengt,
wovon es bey Treibung der Strecken und Abfinfung der
Schächte, wenn dergleichen vorfallt , abgelöfet wird, zum
—— aber wird dergleichen ordinair nicht ausgear⸗
eitet. u
u) Davon-weiß man dermalen nichts, e8 bekoͤmmt
aber der Adelin Klein: und Groß-Pohlen mehr ald 20000.
Faß, die fie zu ihrer, und ihrer Unterthanen Bedurfniß -
verführen dürfen, und wovon fle für Das Faß nicht mehr
als 4 Bulden bezahlen. | ee
x) Schon in Breßlan kann man dergleichen antreffen,
und feit einigen Fahren ift auch etwas, obwohl in Elei=
nern Stuͤcken ä 5 bis 6 Centner bis nach Dresden ver:
fuhret worden. | N
\
von den pohfnifchen Salzgruben. 291
fteine belecft, die nachaehends mit Mühlen und an⸗
dernMafchinen zum Gebrauche Flein gemahlen werden.
Die Farbe diefer Salzfteine ift dunfelgrau mit
Gelb untermenget. Die Werkzeuge, vermittelft deren
fie ausgehauen werden, haben faft alle deutſche Nas
men, nur mit pohlnifchen Endungen, denn die erften
Arbeiter in diefen Gruben, die nun faft vor 400 Jah—
ron entdecfet worden, find Deutfche gewefen y); daher
die Pohlen ihre Benennungen beybehalten, und fols
chen nur pohlnifcye Endungen beygefüget haben.
| T3 Diefe
y) Die Entdeckung des Salzes foll geſchehen feyn, un:
ger der Regierung Boleslai mit dem Zunamen Pu-
dici, 26 um das Jahr 1251, und zwar ſoll das
Salz erſtlich in Bochnia, und hernach einige Zeit dar:
auf auch in Wieliczka feyn gefunden worden.
Ich will den Deurfchen desfalls nicht das Wort reden:
allein was die Benennung der Werkzeuge anlanger, fo iſt
iſt ed ganz richtig, daß die mehreften aus dem Deutfchen
bergenommen find, ja es hat auch Bochnia felbft erftlich
einen deutfchen Namen Salsberg gehabt, und wird in
dem Privilegio von 1253, da Boleslaus, Nicolaum von
Seyno mit der Gegend um Bochnia belehnet, und felbi:
gem die Freyheit ertheiler die Stadt Bochnta zu erbauen,
ausdrücklich gefaget, „daß Boleslaus ihn mit dem Drte
„der Salzgruben, auf Pohlnifch Bochnia, auf Deutſch
»Salzberje genannt, (wie es im Privilegio per j geſchrie⸗
„ben ) belehne.,, 2
_ In Pohlen aber wird es der Devotion der heiligen
Kunegunda, einer Prinzeginn aus Ungarn und Gemahlinn
des Könige Boleslai zugefchrieben, und felbige auch
fowohl in Wieliczka, als Bochnia als Patroninn der Sa⸗
linen verehret. Wie denn jährlich das Felt Kunigunda
den 23 Julii nicht allein über Tage folenn gefeyert, ſon⸗
‚dern auch Tags darauf in den Gruben bey dem Altare
ber heiligen Kunigundaͤ im Yeyfeyn der Geiftlichfeit An-
dacht gehalten wird. +
292 Machricht
Dieſe —— gehoͤren dem S önige von Poh⸗
len z), der ihre Beamten ſetzet und beſoldet; fie find
ein wichtiger Theil der Föniglichen Einfünfte, weil
fie ſehr viel eintragen,
Nicht meniger als tauſend Menſchen 9 5
heſtanhisd darinnen, De: man waet die Menge des
damals
2) Mas in ben Gensrapbien hin und mi cher von dem
Galinen vorgebracht wird, als wären folche dem Haufe
Drorsztein ——— felbiges ift grundfalfch.
Das Haus Morsztein hat in Wieliczka dag Bergmei⸗
ſteramt (woraus fie Bachmeifter gemachet haben) von
langer DH ber, mwie.erblich, und befömmt daflır jahr:
aus den Galinen eine anfebhnliche Penſion, wogegen
| ibm De auf den Bau der Gruben Dbficht zu haben,
weiter aber hat gedachted Haus, weder an der Stadt,
noch an den Gruben, einiges Rechts. fondern e8 find fels
bige von langen Zeiten ber, mie noch igo, allezeit ein
Theil der Zafelguter der. Könige geweſen, die fie denn
auch mehrentheild verpachtet, zu Zeiten aber auch admi⸗
niſtriren laffen.
aa) Die Anzahl der Arbeiter in den Gruben erſtrecket
ſich nicht a als etwa 450 bis 500 Mann, wenn man
aber diejenigen mit dazu rechnet, die uber Tage bey den
Salinen in Arbeit ſtehen, fo mag ed wohl auf 700 Mann
kommen; e8 fann aber auch feyn, daß fie zur felbigen
ge fonderlich wenn fie nicht mehr, als 3 Pferde ges
abe, groͤßer geweſen, anerwogen deren jeßo zum. we⸗
nigſten 40. Paar beſtaͤndig in den Gruben gehalten ‚und
theils zu Körderung des Salzes aus den untern
ten, theils aber zu Fortſchaffung beffelben und fonderlich
der Bale, von einem Drte zum andern ; gebrauchet
werden. |
Daß aber Leute unten wohnen follen,. wie hin und
wieder erzäblet wird, felbiges iff nicht an dem fondern,
die Arbeiter halten ibre Schicht, kei: * andern Berg-
werfen,
J
von den pohlniſchen Salzgruben. 293
damals vorraͤthigen Salzes auf zwo Millionen Gule
den bb). Ä
Beftändig werden in diefen Gruben 3 Pferde ges
halten, die dafelbft ihre Ställe, und andere Moths
wendigkeiten haben. Gie führen das Salz von den
Oertern weg, wo es ausgehauen wird, und man
zieht ſolches nachgehends vermittelft oberwaͤhnten Ra»
des und Seiles heraus, welches von einem Pferde
cc). am Tage getrieben wird. Die Pferde, fo eine Zeit«
lang in diefen Gruben bleiben, werden von der Schär«
fedes Sales blind, und alle drey, die damals daſelbſt
waren , hatten das Gefichte völlig verloren dd); ein«
nem, das am längften in diefen Gruben geblieben
war, waren die Hufe noch einmal fo lang gewachfen,
ne 24 alg
werfen, zug Stunden, und wenn diefe zu Ende, fahren
fie wieder aus.
bb) Hier iff wohl eine Ziffer zuviel, e8 wäre denn, daß
man das mit gerechnet, was noch außgearbeitet werden -
follen, indem ordinair der Vorrath in den Gruben fich
nicht leicht höher beläuft, ald etwa 120 bis 130 taufend
Eentner. Wenn man aber den ganzen Borrath, wie er
in den Gruben, und über Tage, auf den Hurbhäufern,
. amd in den Niederlagen an der Weichſel befindlich, zufam:
men vechnet: fo mag felbiger fich zumeilen wohl auf
400000 Eentner belaufen. 7
ec) Befiehe die Note e. J
dd) Die Pferde werden beynahe eben fo wie die Men⸗
fehen an dem Geile durch die Schächte eingelaffen, auch
nach Erfordern der Umſtaͤnde, wenn über Tage —
dentliche Arbeit vorfaͤllt, wieder ausgezogen, ſonſt aber
bleiben fie beftandig unten; ich habe aber miemalen gemer⸗
ket, daß fie an den Augen Schaden gelitten, auch niemalen
gehöret,daß die Arbeiter desfalls etwas geklaget, ungeachtet
es welche Darunter giebt Die von Jugend an in den Gru—
* IN. ben
294 Rain: Mobile
als fie fonft pflegen, daß jeder Huf faft eine Span⸗
ne lang war ee). | I Be
Die Gruben haben auch unten einige Salzquel⸗
Yen ff), aus denen das Salzwaſſer ingewifle Drte ge»
leitet, und dafelbft verfotten wird gg). Es
ben gearbeitet, und dabey ein Alter von go und mehr
Jahren erreichet haben , denn von der Bergkranfheit, mit
welcher die Bergleute auf den Erztgebirgen befchweret
werden, weiß man dafelbft gar nichts. A
ee) Diefes will eben nicht in Abrede feyn, doch kann
ich er nicht ſagen, daß ich dergleichen wahrgenommen,
nahe
n dermalen die Pferde ordentlich befchlagen, oder
Doch wenigfteng zu gemwiffer Zeit ausgewirker werden.
ff) Es giebt in den Gruben leider ! Waffer genug, wie
in der Note r ſchon erwähnet worden, und ed werden auch
Dermalen jahrlich mehr ald 100000 Eentner zu Tage aus⸗
gefördert; allein Duellen findet man darinnen nicht, fons
dern das Gebirge iſt an fich trocken, und alles Waſſer,
was unten angetroffen wird, geht theild um die Schächte
herum, theils auch, und vornehmlich, durch ſolche Drte,
wo das Gebirge eingebrochen von Tage hinunter, und
wird, weil es überall Sal; findet, ehe ed noch hinunter
koͤmmt, auf das ſtaͤrkſte gefalzen; es tragt ſich wohl zus
weilen zu, daß in folchen Drten, wovon man gewiß
weiß, daß das Gebirge noch nicht berühret worden, Kluf-
ge angetroffen werden, die voller Salzwaſſer ftehen, es
iſt aber felbiges fehr wenig, und lauft in kurzer Zeit aus,
Sonſt hat e8 unmeit der Tagefchacht Lois einen Drt,
wo beftandig ſuͤßes Waffer lauft, wovon Die Arbeiter
und Pferde trinken, und welches, weil es nahe bey dem
Salze ausfließt, den Fremden, als etwas hoͤchſt wun⸗
derbares nemwiefen wird; ed wird aber eigentlich felbiges
auf einer Strecke, die mit Fleiß ſteigend unter einen Thal
getrieben, und momit man dem oberften Sande, mo es
durchgeht, zu nahe gefommen, in hölzernen Rinnen, bis
zum Bebälter,, fortgeleitet. |
ab) Bis 1724 ift noch in Wieliczka Gal; gefotten wor,
en,
w;
vonden pohlnifchen Salzgruben. 295 -
Es giebt auch nod) anderswo Salzgruben in
- Bohlen, nämlic) bey Bochnia, dieaber nicht fo guf
—
*
eingerichtet find, als die jeßt erwähnten hh). Außer«
dem haben verfchiedene Derter in. Pohlen und Reuſ⸗
fen Salz, als Holicz, Colowiza, Solum, Pnig, Os⸗
wenz, und fo weiter ii). In der podolifchen Wuͤſte
ohnweit des Boryſthenes, ift ein Salzſee kk), deſſen
ir Waſſer
den, in folgenden Jahren aber, da das Holz immer wei⸗
ter zugeführer werden müffen, und theurer worden , find
die Giedereyen eingegangen, und wird dermalen Fein
on mehr gefotten, fondern fie laffen die Sohle alle weg:
aufen. |
- bh) Die Bochnier Gruben ſtehen mit unter der Di:
rection von Wieliczka; unterfiheiden fich aber von diefen
onderlich darinnen, daß hier das Salz alles dem Anfes
ben nach gangweiſe angetroffen wird, welches in vielen
Stuͤcken einen ganz andern Bau erfordert hat, fo daß es
freylich darinnen nicht allenthalben fo bequem und com=
mode, als in jenen.
Sie find nicht fo weitlauftig, als Die in Wieliczfa, und
es arbeiten darinnen auch nicht mehr als etwa 250 big
soo Mann, ihre Tiefe hingegen ift weit größer, und ers
ſtrecket fich auf 600 Ellen; fonft aber iff die Einrichtung
und Arbeit dabey wie im jenen, ausgenommen, daß ders
malen feine Batwanen gearbeitet, fondern das Salz alles
Klein gehauen, und in Faͤſſer gefchlagen wird.
i) In Roth⸗Reußen unmeit Lemberg, giebt ed an vielen
Orten Siedereyen, die theild dem Adel zuſtaͤndig find,
theils aber zu der Deconomie Sambor, welche, mie Wie:
liczka und Bochnia ein Tafelgut des Königes iſt, gehoͤ⸗
gen, und mehrentheild mit jelbiger zugleich verpachtet
werden. Die Orte aber, die hier genannt find ſind jetzo
zum Theil unbekannt, theils aber find nur Niederlagen;
bis auf Halicz , wo noch gegenwärtig Salz gefotten wird.
kk) In Rußland mögen folche Salzſeen wohl ſeyn, fe
—J | zweifle
296 Nachricht
Waſſer von der Sonne in — bie Bit,
daß das Salz liegen bleibt, und die Leute mit Pferd
und Wagen darauf, wie auf Eife, fahren, Das Sal;
in Stücken hauen und wegführen. 2
Der. pohlniſche Sefchichtfehreiber Cromer bes
ſchreibt folches weitläuftig, und verfichert , man finde
in der bochnifchen Grube ein zufammengefrornes
Waſſer das fie Carfunkel hießen 11), und die Leute
zu
zweifle aber, daß dergleichen in Podolien angetroffen wer⸗
den, indem das Salz aus der Gegend von Sambor da=
bin gefchaffet wird, welches fie nicht nöthig hatten, wenn
fie mit dergleichen Salhfeen verfehen wären.
1) Was Eromerud unter dem Carfunfel verffanden,
Davon weiß man jetzo nichts. Es finden ſich aber im
Salze ſowohl, als im Gebirge, einzelne Stücken Holz,
manchmal wie ſtarke Aeſte eined Baumes, gg Br
gemeine Volk für das Vieh brauchen. \
Dieſes Holz ift ſchwarz mie eine Kohle, und auf vie⸗
lerley Weiſe zerriſſen und zertruͤmmert, die Riſſe aber ſind
mit Salze wieder voll gewachſen, und wird von der Far⸗
be Wagti Solni (Salzkohlen) genennet. Wenn auf ders
gleichen getroffen wird; foverurfacher es einen penetrans
ten und widerwärtigen Geruch faft wie Früffeln, den
man auf viele Rachter weit fpührer, und wovon der Ar⸗
beiter,, fonderlich an folchen Orten , wo die Luft —
genug durchfließt ſtark inepmmmodiret wird.
Sonſt iſt merkwuͤrdig, daß ſie im Salzſuchen, mie
auf Klüfte treffen, Die mit einer Art eines Dunfkes, (0
‚fie auf den Gruben, in ihrer Sprache, Saleter nennen,
angefüller find, welcher Dunſt, fo bald er ein Licht ergreift,
fich anzundet; ; wie fie dann ſolchen auch, um Daß er je
und.
vonden pohlnifchen Salzgruben. 297
zu Reinigung ihrer Körper fo wohl äußerlich, fich da⸗
itzureiben, als es in einem geſchickten Bebiculo ein»
zunehmen, gebrauchten, \
und nach wegbrennen fol, inögemein mit Fleiß anzuͤn⸗
en.
Sie koͤnnen ſelbigen hoͤren an dem Ziſchen und Pfei⸗
fen, unter welchem er durch die Kluͤfte, worauf ſie gehauen,
durchdringt; trifft es ſich, daß die Arbeiter eine Zeit lang
von ihrer Arbeit weg bleiben, wenn etwa Feyertage oder
andere Verhinderungen einfallen, und der Ort, wo der
Dunſt ausgeht, iſt ſo gelegen, daß die Luft nicht frey
durchfließen, und ihn mit wegnehmen kann, ſo ſammlet
ſich ſolcher, und ſteht allemal iu der Höhe; wann nun
Die Arbeiter unbeſorgt mit ihrem Grubenlichte dazu, nnd
in den Dunft hinein kommen, fo entzündet er fich mit eins
“mal wie Pulver, verbrennt diefelben, wirft alles weg,
und fährt durch die Schachte bi8 zu Tage hinaus, mo
er auch wohl das Dach vom Huthhaufe abhebt, daher
‚man fich in folchen Gebäuden, wo eine Zeit lang niemand
bingefommen, wohlvorzufehen hat, und nicht überall ges
rade zugeben darf. '
In den Bochnier Gruben tragt ſich dergleichen öfterer
zu ald in Wieliczka; fo bald ſich der Dunft entzündet,
wird der ganze Ort voller Feuer, und riecht nachher
ftark nah Schwefel , doch har man Fein Erempel, daß et=
was damit angezündet worden, außer daß e8 die Arbei>
ter, und Officianten verbrannt, und oftmal fehr be
fchadiget hat. Es find noch Keute da, denen es die Hans
re auf dem Kopfe weggefenger , und die Hande und das
Geſicht verbrannt hat, wie ed unter andern einem Of⸗
fiianten in Bochnia alfo begegnet, daß er lange zuge
bracht, ehe er wieder geheilet worden. Einem Arbeiter,
den dergleichen betroffen, hat es durch den Kittel uber’
den aanzen Leib lauter Eleine Flecken wie eine Erbfe groß
gebrannt, und der Kittel iſt voller Löcher gewefen, wie
wenn er mit Schrot dDurchfchoffen ware,
— Wann
vr
298 Nachricht von den pohln. Salzgr.
Wann die Arbeiter ohne Richt an folche Orte gegan-
gen, aus Vorforge zu erfahren, ob Saleter, wie fieres
den, zu ſpuͤren ſey, bat ed fich auch zugetragen, daß
fie darinne erſticket, und wo eiher den andern mit Noth
bald wieder heraus bringen Eönnen, find fie wie tode
geweſen, die Augen haben ihnen vor dein Kopfe geftan-
den, und find auch nicht zu fich gekommen, bis fie in
frifche Luft gebracht und mit Waffer begoflen worden.
Es findet fich folcher Dunft gemeiniglich in feuchtem Ge:
Birge, er koͤmmt mit Waffer, oder es folget doch Wal:
fer nach; wenn der Schlag einmal vorbey, und der
Dunſt alle ift, hat man fich weiter nichts zu befürchten,
fo lange bis daß es wieder eine Zeit lang geflanden,
und fich von neuem der Dunft wiederum |
geſammlet bat.
€. ©. Schober.
ee, | RB, 30 299
BRECHEN RR IR Be rk
a, #
Martin Knutzens
— Profeſſoris der Weltweisheit
zu Koͤnigsberg,
Beſchreibung
eines
Allgemeinen Wetterglaſes.
§. 1.
Wine genaue ER der mannigfaltigen
Deränderungen der Luft, und der verfchies
‚denen Abwechfelungen, die fich in derfelben
faft täglich in Anfehung ihrer Schwere und
geichtigfeie, Wärme und Kälte, Trockenheit und
Feuchtigkeit, und fo weiter, ereignen, iſt eine Bes
ſchaͤfftigung, die nicht weniger nußbar, als angenehm
zu nennen. Sie zeiget ihren Einfluß und Nutzen in
einer wabrfcheinlichen Vorberbeftimmung des Wets
ters, in Beurtheilung der Geſundheit und Ungeſund⸗
heit deſſelben, in einer genauen Erkenntniß der Luft,
ſo unſern Erdkreis umgiebt, und einer pflichtmaͤßi⸗
gen Einſicht der daraus hervorleuchtenden Vollkom⸗
menheiten Gottes. Die zu dieſem Zweck erfundene
Barometra, Thermometra, Hygrometra und Mas
nometra find dahero fo wohl bey Gelehrten, als an⸗
dern curieufen $iebhabern der Naturlehre, fo befannf,
als beliebt und hoch gehalten, hr
| 4. 2. Die
‚300 u Befchreibung a
982 Dieobermähnte verfchiedene Arten der Wet⸗
tergläfer entdecken uns die Eigenfchaftender Luft und
des Wetters nur auf eine zerftreute Arc und Stuͤck—
weife. Es ift unter den Naturlehrern befannt , daß
man öfters verfchiedene derfelben zugleich zu Rathe zie⸗
hen müffe, wenn man von der gegenwärtigen und zu⸗
fünftigen DBefchaffenheit des Wetters einen fichern
Schluß machen will. Ich habe demnach zu meinem eige⸗
nen Vergnügen und Mugen ein Inſtrument verfertigen
laffen, in welchem die vornehmiten Arten der Wet—
tergläfer auf eine bequeme Art verbunden find ‚Damit
ich nicht bey einer etwa anzuftellenden Beobachtung
des Wetters diefelben an verjchiedenen Orten fuchen,
fondern afles zugleid) bey der Hand haben möchte...
83. Ich nenne diefe Mafchine ein allgemeines
Werterglas (Inftrumentum meteorognofticum , vel
etiam meteorologicum univerfale) weil bey derſelben
die vornehmften, zur Meteorognofie oder Werterfennt:
niß gehörige Inſtrumente beygebracht worden; wie
ich denn aud) außer einem Barometer, Thermometer,
Hygrometer und Manometer, verfchiedene andere
Stücfediefem allgemeinen Wetterglaſe einverleiber ha⸗
be , durch welche auch noch andere $uftbegebenheiten,
fo jene nicht darftellen Fönnen, gleichfam im Kleinen
abgefchildert werden. Ob num gleich die Erfindung
dieſer Zufammenfeßung nicht eben viel- Wiß und
Scharffinnigfeir erfordert hat: fo fcheint es doch, daß
manchen Liebhabern der Maturfenntniß die Befchreis
bung diefes Inſtruments nicht unangenehm feyn duͤrf⸗
ge, indem verfchiedene bier durchreifende Gelehrte,
welche Daflelbe bey mir gefehen, mir ihr Vergnügen
darüber bezeuger, auch zum Theil zur Befchreibung
deſſelben
eines allgemeinen Wetterglaſes. 301
deſſelben mich ermuntert haben. Wenn es zierlich
und mit einer genauen Richtigkeit verfertiget wird:
ſo kann es nebſt dem Nutzen einer bequemen Obſerva⸗
tion des Wetters zur Zierde eines Gartenhauſes, oder
eines Zimmers dienen, und zugleid) durch eine finnli=
che Darftellung einiger tufterfcheinungen ein unfchuls
diges Gemüthsvergnügen befördern,
9.4. Das beygefügte Kupfer ftellet zwar Die
Beſchaffenheit diefes allgemeinen Werterglafes, oder
meteorognoſtiſchen Inſtruments, ziemlich deutlich vor
Augen, , daß ich eben feine weitläuftige Erklärung für
nöthig erachte. Indeſſen will ic doch in möglichiter
Kürze das Bornehmfte, fo dabey zu bemerfen, bey»
bringen. Ich unterfcheide bey diefem Inſtrumente
die wefentlichen Hauptftücfe, welche in einem Baro=
metro, Thermometro, Hygrometro und Manometro
beftehen, von den zufälligen Zierrathen, welche theils
zu befferm Anfehen, theils aber auch zur Darftellung
‚einiger $uftbegevenheiten dienen. Ich werde dem»
nach erftlich die Einrichtung der erfteren befchreiben,
und fo dann auch der andern zufälligen Zierra⸗
then Erwähnung thun.. |
95 Das vornehmfte Hauptftück diefes Inſtru—
ments, und gleichfam die Bafis der übrigen ift ein Bas
tomefer, welches größtentheils in der hohlen Hauptfäus
le des Inſtruments verborgen, und nur mit dem ober«
ften Theile bey der Scala hervorraget. Es befteht
diefes Barometrum aus einer dicken gläfernen Röhre,
und hält mehr, als ein Pfund Dueckfilber in fih. Auf
der Säule des Dueckfilbers ift zugleidy eine Statue-
oder Puppe angebracht, welche mit ihrem Stabe die
Grade der Schwere und Seichtigkeit der Luft durch
Br ihr
Boat): Befehreibung
ihe Steigen und Fallen an der beygefügten Scala
anzeige: dieſe Fleine Statue fellet uns das gveris
efifhe Wertermännchen , oder den fo genannten Wet⸗
terpropheten vor. Will man die Koftenerfparen, fo
darf man nur ein ordentliches einfaches Barometrum
in der hohlen Seite des Inſtruments anbringen;
denn in folchem Falle ift esnichtnörhig, daß die Röh-
re des Barometers fo dick ſey und man brauchet alfo
nicht eine folche Quantität von Queckſilber dazu, als
wenn man das Wettermännchen vaben vorftellen will*,
Die Scala des Barometers ift auf zwey runde cylin=
derförmigte Gläfer gefleber, die auf beyden Seiten
dejfelben oben im Gehäufe oder Capital des Inſtru⸗
ments: ftehen **. Der Zweck diefer Öläfer wird im
folgenden mit mehrern bemerfet werden, |
6. 6, Unter der Scala des Barometers, fo oben
im Capitäldes Inſtruments befindlich, habe ein Hy⸗
grometer verfertigen laffen , welches die Feuchtigkeit
und Trockenheit der. $uft auf die Art anzeiget, daß
Das Austreten des Cavalliers mit dem Becher die naſ⸗
fe Luft; das Herausfommen aber der Dame mit
dem Fächer, trockne Luft bedeute, Die Scala
n
* Die Wahrheit zu fagen: fo iſt auch, biefe Teste Are
namlich ein Barometrum von einem mäßigen Diameter
zur Accurateſſe der Obſervation dienlicher, als eins
mit dem gverickianiſchen Wettermaͤnnchen, obgleich
dieſes curioͤſer laßt, und bey Unwiſſenden mehr Ver⸗
wunderung erwecket: denn die Luft laͤßt ſich in letz⸗
term Falle nicht fo leicht aus dem Raume uber dem
Queckſilber wegfchaffen. Ar |
t
** Die Scala kann auch an zwo Fleine lange Fäfelchen
nahe an dem Barometro zu beyden Geiten befejliger
werben, F
eines allgemeinen Wetterglaſes. 303
ift auf dem kleinen Geländer, fo das Hygrometer
umgiebt, angeklebet. Sonft aber iſt das Hygros
meter auf die gewöhnliche Arc eingerichtet, und iſt
der Grund deſſelben eine Saite, die von der Näffe
oder Trockene der Luft fi) herum drehet, wie aus der
Naturlehre und der Xerometrie bekannt ift.
$. 7. Unter dem Barometer ift der Thermomee
ter: angebracht worden ‚daran die Grade der Wärme
und Kälte der $uft beobachtet werden koͤnnen. Es
iſt nicht nöthig zu erinnern, daß bey 'einer genauen
Beobachtung der Wärme und Kälte in der $uft, es
dienlich und nörhig fey, bey Verfertigung der Scala
nicht nach) der ‚gewöhnlichen Are, nach der Befchafs
fenheit der Luft in einem Keller den Grad der tempe⸗
rirten Luft zu beſtimmen, und darauf die Eintheilung
nad) Belieben einzurichten: fondern vielmehr etwa
nach Fahrenheitiſcher Art durch Beftimmung der
Puncteder angehenden Gefrierung wie auch der Auf⸗
fiedung oder Kochung des Regenwaſſers die Eintheia
lung zu reguliven; welche Methode heut zu Tage des
‚nen, welche in der Naturlehre nicht ganz Fremdlinge
ſind, nicht leicht unbefanne feyn fann*. Die unter dem
Thermomeetro befindliche Kugel ver. hölzernen Haupt«
fäule des Inſtrumentes ift in der Mitte mir einer Fuge
verfehen; fo daß die obere Hälfte Derfelben nebft dem
Obertheil des ganzen Inſtrumentes Fann abgehoben
werden, und der. Barometer in die Höhle des In⸗
firumentes , und deffen hölzerne Röhre fann eingefegee -
werden; darauf fodann die untere Hälfte mit der
obern durch ein eifern Stift ‚befeftiget wird, -
Nuiſchenbroecks Elementa Phyſica. $, 792.
4 Band. u 5% $,8, Die⸗
304°
Eleinen Statue ftehen, die mit Waller vorher ange
füllet werden müffen, und zu dem Ende auszunehmen
find. Die langen Arme der Siphonum oder Heber,
welche unten mit verfchiedenen Spißen verfehen find,
fprigen,, wenn man das Waffer vorher durch Sau⸗
gen zum Sprunge gebracht, ihre Wafferftrahlen in
die beygefügte blecherne Schalen, oder Baßins, welche
von zwo gipfernen Statuen, fo zwey roͤmiſche Sol
daten vorftellen, gehalten werden. Man erfernet
aus dieſen Fontainen die Schwere und den Druck der
£uft, welche das Waſſer aus den cylindrifchen Gläfern
immer dem vorherfallenden Waſſer nachtreibe.
8,9 Das zweyte Stuͤck, welches zur Zierde
dieſes meteorognoftifchen Inſtrumentes geböret, ift
2) eine blecherne hohle Rugel, auf welcher ein
ſchwarzer Adler mit vergoldetem Schnabel, Kron
und Zepter und Reichsapfel ſteht. Die Kugel iſt
nach Are der Heronsfugel, oder der fogenannten Pilz
Heronis eingerichtet. (f. v. Wolfs Anfangsgrüne
de der Marh. Hydraulik 9.39. n.2.) Die fupferne
Röhre derfelben geht mit einer Beugung durch den
Schnabel des Adlers. Wenn man dem Adler in den
Schnabel bläft, fo fpringt aus demfelben ein Waſ⸗
wi ſerſtrahl,
‚eines allgemeinen Wetterglaſes. 305
ferftrabl , welcher von der unten am Inſtrument an⸗
gebrachten Mufchelfchale aufgefangen wird. Man
fann auch noch zwo Kugeln von Blech vor gleicher
Größe und mit den fo gebogenen Röhren zum Auffaß
appliciren, und an voriger Stelle den Adler. fegen,
nämlich eine, fo in der Mitte durch einen Boden in
zwey Halbfugeln gefondert, und nach Art des vom
Heren Baron v. Wolf J. c. 9.43. -befchriebenen
Springbrunnens eingerichtet, und eine andere, fo
wie eine Aeols oder Dampffugel zubereitet worden,
ſ. Wolfs Berfuhe Tom. I. $.173. Im erften Salt
wird eine Fleine angezündete Lampe, fo unter der Rus
gel im Eapitäl des Inſtrumentes placiret worden, dag
darinnen befindliche Waſſer zum) Spfung bringen,
und durch den Schnabel des Adlers in Die Höhe trei⸗
ben, auch; zugleich die Lehre von der Ausdehnung der
ufe durch die Wärme beftätigen; in dem andern
Fall aber wird duch den Schnabel des Aölers ein
Dampf heraus brechen, Der zu einer angenehmen
Borftellung des Windes, und der Urfachen deſſelben
dienlich, zumal wenn man feidene Faͤden und lange
Streifen Papier in mäßiger Entfernung demfelben
- entgegen ſtellet. Fuͤllet man diefe letztere Kugel mit
Spiritu vini? fo fann diefer Dampf, wie befannt,
- entzündet werden, und ftellet einen langen feurigen
Strahlvor. Wenn man hiebey an ftatt des Adlers
- einen Drachen von Blech zum Auffag braucher: fo
wird die Figur des feuerfpeyenden Drachen ein ange⸗
nehmes Schaufpiel den Augen darftellen. Die glä-
fernen Siphones, oder Röhren, deren $. 8 gedacht
worden, und die auf beyden Seiten des Inſtru—⸗
mientes Springbrunnen vorftellen, fönnen, wenn
— Ara | fie
306 Betrachtungen uͤber den Einfluß
fie unten mit viefen Sprigen und Eröffnungen ver
fehen, nicht nur. durch die vielen hervorbrechenden
Mafferftrahlen Vergnügen erwecken, fondern auch,
wenn man in gehöriger Stellung ein Licht dagegen
ſtellet, etwas einem Regenbogen ähnliches unfern Aus
gen abbilden. Und fo lehret diefes allgemeines Wer«
terglas ung nicht allein die Eigenfchaften der Luft ers
Eennen und abmeſſen, fondern ſtellet auch‘ zugleich
viele $ufterfcheinungen oder Meteora gleichfam
| | im Kleinen vor Augen. Kr
* * *** * nr J — * ** SE SE SE ZU *
Betrachtungen
uͤber denEinfluß der Raturlehre
in Die Metappufie
ie Metaphufif ‚die zu einer Zeit, da man das
Schöne und Nüsliche fehr ſchlecht Fannte,
eine Königinn der Wiffenfchaften genannt
wurde, bat in den neuern Jahrhunderten,
zwar diefen fchwülftigen Ehrentitel verloren, aber
an innerlichem Werthe fehr viel gewonnen. An ftate
eines philofophifchen Wörterbuches, ift fie eine Samm-
lung folcher $ehrfäge geworden, die theilsihrer Allge⸗
meinheit wegen, da fie alle Dinge überhaupt betref-
fen, bey unferer übrigen Erfenntniß durchgehends
brauchbar, theils ihres Gegenftandes wegen, da fie
unfere Seele, die Welt und ihren Schöpfer angehen,
ungemein wichtig find, Sie wuͤrde noch den —
Titel
der Naturlehre indie Metaphyſik. 307
Titel verdienen, wenn die Kenntniß, die ſie uns
giebt, nicht ſo gar enge Graͤnzen haͤtte, und inner
halb diefer Grängen nicht an vielen rten noch fo.
dunkel und ungewiß wäre; wenn die Herrfchaft die-
fer Königinn fich nicht über fo wenig Länder, und
auch in diefen ändern nicht mit fo weniger Gewalt
erſtreckte. Wir müffen fie dem ungeachtet hoch ſchaͤ⸗
gen, wenn auch gleich die Nachrichten, die, fie ung
‚eetheilet, nur nach unferer Befchaffenheit groß und -
wichtig find, wenn man auch gleid), fo oft man fa»
gets Cartes, Lock, Leibnitz, Wolf, haben eine große
metaphufifche Einficht befefien, hinzu’ fegen muß:
fie Menſchen.
Ich muß dieſes Geftändniß voraus ſchicken, weil
ich uͤbrigens bekenne, daß ich von der Metaphyſik
nicht ſo hohe Gedanken hege, als verſchiedene, die
ſich einbilden alle Wiſſenſchaften zu beſitzen, oder die
ſie nicht beſitzen verachten zu duͤrfen, wenn ſie große
Metaphyſici ſind, oder es richtiger auszudruͤcken, wenn
ſie die metaphyſiſchen Lehrfaͤtze dieſes oder jenes Welt⸗
weiſen gut auswendig gelernet haben. Die Natur⸗
lehre hat ſchon vor Zeiten das Ungluͤck gehabt, daß
man ſie in ein Gewebe metaphyſiſcher Kunſtwoͤrter
verwandelt hat, und ſie iſt von dieſem Zufalle noch
itzo nicht völlig befreyet, wenn Köpfe über fie kommen,
die mehr zu metaphyſiſchen Spigfündigfeiten, als zu
aufmerffam anzuftellenden Erfahrungen und richtiger
Schluͤſſen aus denfelben aufgeleget find. An ftatt,daß.
ich glauben follte , folche Geiſter brächten der Natur-
lehre großen Vortheil, bin ich gegentheils-verfi 5*
wer viele — — a. Licht, un
Bee 1 20
— Mi >
368 Betrachtungen user dan Einfluß
ne Abfiche iſt, iso hievon eines * das andere an⸗
zufuͤhren. | ar
Ich muß erſt ein Paar Meere Sage
fagen, den ein guter Freund von mir im Ernſte ber
Hauptet hat. Er meynte, man fönnte in der Phyſik
Feine gewiſſe Erkenntniß haben, wenn man nicht die
Metaphyſik verſtuͤnde. Bermuthlich deßwegen, weil
fie die erften Gründe aller Erfenntniß in fich enthält,
Man wird mir erlauben, meine Meynung davon mit
einem Gleichniſſe zu ſagen; ich muß ſolches aber auch
von mir ſelbſt hernehmen. Ich habe das Abc nicht
eher auswendig gelernt, bisich lateinifche Bücher lag,
und wiffen mußte, ob ich ein Wort am Anfange oder
am Ende des Wörterbuchs fuchen follte; wie Fonnte
ich aber zuvor deutſche Bücher leſen, ohne das A b c
zu önnen ? Ich hatte die Buchftaben außer der Ord⸗
- nung und in einzelnen Wörtern Eennen lernen. Iſt
es denn noͤthig, daß man die metaphyſiſchen Saͤtze,
die etwa in der Naturlehre zum Grunde gelegt wor⸗
den, erſt in einer abgeſonderten Wiſſenſchaft lernet ?
Ich tadele niemanden, der ſich die Begriffe vom Rau⸗
me, der Zeit, der Bewegung, dem Zufammengefeßten
u. ſ. f. in der ‚Dntologie gemacht bat, aber ich glaube,
wenn er da wäre verfaume worden, Fönne ſolches in der
Phyſik nachgeholet werden. Noch mehr, ic) glau«
be, viele diefer Begriffe und Saͤtze, laſſen ſich in ber
karl k angenehmer und leichter faſſen.
Denn wie iſt man wohl auf die allgemeinſten hr
füge der Ontologie gefommen, als indem man ein-
A Gegenftände in der Natur betrachtet, was fie
efonders hatten, weggelaflen, und folchergeftalt einen
ne erhalten‘ 2. , ber fehr viel unter if
| greift
der Naturlehre indie Metaphyſik 309
greift? Sucht man doch ſelbſt die erſte deutliche Aus⸗
druͤckung von dem Satze des zureichenden Grundes
in des Archimedes Buͤchern vom Gleichgewichte. Ei⸗
ne Wage, die auf beyden Seiten gleichviel beſchwert
iſt, giebt nach keiner einen Ausſchlag, weil Fein Grund
vorhanden iſt, warum ſie ihn mehr nach der als nach
jener geben ſollte. So ſoll Archimedes geſchloſſen
baben*. Leibnitz hat nad) Herr Bilfingers Gedan«
Een** als ein. metapbufifcher Geift, der die Gründe
eines Saßes deutlich auswickelte und allgemeine Bes
griffe abfonderte, gefehen, Daß die Stärfe des Schluſ⸗
fes auf den Dberfas anfam x wo Fein Grund eines
Ausfchlages ift, da ereignet fich auch Fein Ausfchlag,
und daß diefer Satz den allgemeinen Ausfprud) era
forderte : wa Fein Grund einer Wirfung ift, da ere
folge aud) die Wirfung nicht. Wer weiß nicht, daß
Leibnitz den Satz des nicht zu unterfcheidenden mie
Beyſpielen aus der Matur beftätige, und Here Wolf
es der Mühe werth geachtet hat, das was ung die
Bergrößerungsgläfer zeigen, zu deflen Erläuterung
anzuführen ***,
| va Nutzet
* ch bekenne, daß ich dieſen Schluß unter allen Ausga⸗
ben des Archimedes, die ich befige, in Hervagii Gries
chiſcher, in der Panormitanifchen von 1685, in Bars
rows, und in Sturm, vergebens gefucht babe, ob»
wohl der Satz felbft da anzutreffen iſt. Sollte es
wohl nur eine Tradition feyn, die dem Archimedes
dieſe Art zu ſchließen, eben wie die Wafferfchraube -
and die Brennfpiegel beylegt ? Gie kann wenigitens
nicht fo-alt feyn, denn Barrow hat fie nicht mit ums
ter des Archimedes Eroterica gefegt. x
** Diluc, Philof. Sect. I. c. III, Age
vBerſuche IIIter Th. 82.5.
310 Betrachtungen über den Einfluß
Nutzet vielleicht der Gag des zureichenden Gruns
des der Naturlehre ebenfalls wieder? Sch gebe eg zu,
aber ich behaupte, daß man diefes Nutzens —**
tig werden fönne, ohne in genauerm Verſtande ein
Metaphyſicus zu feyn. Cicero hat den Demofrit,
der die Atomen aus ihrem Wege weichen ließ, ohne
daß fie Grund dazu gehabt hätten, nicht in die Mes
taphyſik verwiefen, Er fagernur: Nichts fey für einen
Naturforſcher fehändlicher, als zu behaupten, daß
etivas ohne Urfache gefchehe *. Es ift wohl in den
meiften Fällen fo leichte, die Anwendung des Saßes
vom zureichenden Grunde in der Naturlehre zu mas
chen, daß man folches nicht erft aus: der Metaphyſik
lernen darf: Und ich muß geftehen, daß mich gewiſſe
dergleichen Anwendungen nicht auf andere Gedanken’
bringen, die ein mehr metaphyfifches Anfehen haben,
aber vielleicht eben daher bey mir weniger Leberzeu-
gung wirken. Man bat den leeren Raum aus der
Welt verbannen wollen, weil-fonft kein Grund vor»
handen wäre, warum die Körper dieſe oder jene Fi:
gur. hätten. Wider diefen Schluß habe ich Zweifel
anderswo ** vorgetragen, Die ich bier nicht wieder-
holen will. Ich finde eben ſo wenig eineh Beweis
wider die anziehende Kraft darinn, daß fie dem Sage
des zureichenden Grundes zuwider fey. Soll diefes
fo viel heißen, daß wir nicht begreifen, wie fie einen
Körper dem andern nähern koͤnne, fo bitte ih, mir
Rec zu a, wie Körper einander durch, den
De - zu
* De Fin. Bon. et.Mal. L. I) Wenn die Secle/ wo die⸗
ſes ſteht, kein Einſchiebſel iſt.
Sm April 1743: der Selufligungen dis Berflandes
und des Wied. 307. ©.
der Naturlehre in die Metaphyſik. zu
Stoß forttreiben; ich ſehe ſolches alle Augenblicke,
aber ich. verftehe nicht, mie es zugeht, und fo lange
ich dieſes nicht verftehe, fo lange darf ich die anzie⸗
hende Kraft nicht bloß deswegen verwerfen, weil ich
nicht verſtehe, wie es mit ihrem Urſprunge beſchaffen
iſt. Das erſte Geſetz der Lehre von der Bewegung:
daß ein Koͤrper in dem Zuſtande bleibt, in den er
einmal iſt gebracht worden, laͤßt ſich aus dem Satze
des zureichenden Grundes herleiten. - Da indeß das
Berharren in eben dem Zuftande was wirkliches zu
feyn ſcheint, fo mögen die Metaphyſiker, die den
Satz aufs fpigfündigite zu brauchen willen, daß aus
einem Mangel feine Realität entftehen koͤnne, fehen,
was fie Hr. Eulern antworten, der eben aus diefer
Betrachtung eine Kraft der Trägbeie i in den Körpern
herzuleiten ſuchet die fie ihm vielleicht nicht alle zuge⸗
ben werden *. Menigftens werden fie ihm die Anz
merfung, bie er beyfüger, nicht leugnen koͤnnen, daß
der waſſerrechte Stand der Wage, in dem ſchon
vorhin angeführten Falle nicht eigentlich auf den
Mangel des zuichenden Grundes, fordern auf et«
was anders ‚, nämlich auf Die gleiche Wirkung beyder
‚Gewichte anfümmt..
Ich pflege mir dergleichen Schlüffe, dabey man
den zureichenden Grund zu Hülfe zu nehmen pfleget,
auf eine Art vorzuftellen , da ich ihn nicht zu nennen
nöthig habe, und da man vielleicht die Nothwendig⸗
keit derfelben aus dem Sage des Widerfpruches deut:
licher einſieht. Wir urtheilen alsdenn, daß zu einer
Degebenheit erh zureichender Grund vorhanden iſt,
x sr Us wenn
ech. T. IL. $. 56.
43
312 Betrachtungen über,den Einfluß
wenn aus unfern Begriffen, die wir von den dabey
befindlichen Umftänden haben, diefe Begebenheit ſich
nicht folgern laͤßt: Kann man alſo nicht den letztern
Ausdruck ſtatt des erſtern brauchen ? Wenn zu ver⸗
ſchiedenen Begebenheiten gleichviel Grund vorhan ·
den iſt, ſo heißt dieſes ſo viel, aus unſern Begriffen
folget ſowohl eine Begebenheit als Die andere, und
daher müffen fie entweder alle zugleich, oder Eeine er⸗
folgen. Wenn ein Gewichte bey der Wage fine,
ſo muß das andere auch ſinken, denn es iſt alles bey
einem voͤllig, wie bey dem andern beſchaffen; Sie
koͤnnen aber nicht beyde zugleich ſinken, alſo ſinkt Eeie _
nes. Mich deucht wenigftens, daß bloß eine natür«
liche Metaphyſik, und feine Eünftliche, erfordert wird,
fo zu ſchließen.
Wollte ich mid länger —* den allgemeinſten
Grundſaͤtzen der Philoſophie aufhalten, ſo wuͤrde es
leichte fallen, zu zeigen, daß die Begriffe von der
Zeit, dem Raume, dem Zuſammengeſetzten u. d. g.
eher ſind von den Metaphyſikern aus der Naturlehre
erlernet, als von ihnen den Natunforfchern erklaͤret
worden. Doc) vielleicht haben fie ven Verdienftum
diefe phufifalifchen Begriff, daß fie-folche von dem,
was die Einbildungskraft ihnen beygemengt hatte, ge⸗
reiniget haben, Geſetzt dieſes wäre, fo hat die Na⸗
turlehre davon keinen befondern Vortheil. Man
brauche doch in der Naturlehre den Begriff vom Raus
me, den die Metaphyſik den eingebildeten nennet, ob
man gleich erkennet, daß der wahre Raum etwas an«
ders ſey. Und es iſt, wie Here Euler ebenfalls be⸗
- merfee*, feine Gefahr bey dem — ſolcher
Ei, ſinn⸗
* Mech. 7. $. 8.
der Naturlehre in die Metaphyſi f. 48
ſinnlichen Begriffe, wenn man nur dabey in den ge⸗
hoͤrigen Graͤnzen bleibt, und nicht behauptet, daß
die Sachen wirklich ſo ſind, ſondern, daß wir ſie nur
> betrachten, Man mag die Monaden für Elemen⸗
te der Koͤrper erkennen oder nicht, ſo wird man in
der Naturlehre doch nichts von den Grundtheilchen
der Körper annehmen dürfen, als was die Erfah:
rung Davon lehret oder ſchließen läßt, und der meta⸗
phyſiſche Irrthum wird alſo der Naturlehre ſo wenig
ſchaden, ſo wenig die Erkenntniß der Wahrheit ihr
helfen kam. Boyle* hat an den Elementen der
Ehymicorum aus bloß phnfikalifchen Gründen ge»
zweifelt, ohne was. von der Monadologie zu wiſſen,
und du Hamel** und andere haben bey der geome-
trifhen Schlüffe, welche die Ausdehnung ohne En⸗
de fort zu eheilen lehren, Anwendung auf wirkliche
Körper, den Unterſchied zwifchen matbhematifchen
und phnfikalifchen Körpern in der: Phyſik, und —
in der Metaphyſik erinnert.
Doch es wird Zeit ſeyn, daß ich mich zu Anbei
peifen der Metaphyſik wende. Es ift nicht nöthig
weitlaͤuftig zu zeigen, was ber Theil, den man die
i allgemeine Weltbetrachtung nennet, der Phyſik ſchul⸗
dig iſt. Wer weiß nicht, daß die Lehre von der
weiſeſten Verbindung, vermittelſt der alle Theile der
Welt ein einziges und vollfommenes Ganze ausma«
chen, fi) am Deutlichften aus der Förperlichen Wele
erläutern läßt, ob man wohl auf die Geiſterwelt fehr
wenig aufmerkſam muß geweſen fe, wenn man Die
H "le
). * — ſcepticus. * *
** philoſ. Burgundica, Phyfi. 8 — Trad. Mc.
x —* (u a \
314 Betrachtungen uber den Einfluß
Allgemeinheit diefes Satzes leugnen, oder ihn gar
für gefährlich ausfchreyen will; und wer wird in-den
allgemeinen Begriffen, Die von den Körpern und ihren
Beränderungen gegeben werben, nicht erfennen, daß
man nicht auf.folche würde gerathen feyn, wenn man
die Körper, ihre Kräfte, ihre Bewegung 1. f. w.
nicht aus der. Naturlehre hatte fennen lernen? ?
Was uns in der Metaphyſik am nächiten angeht,
äft Die Kenntniß unferer Seele, und was am mich»
tigſten für uns ift, iit die Kenntniß Gottes aus der Ber;
nunft. Sch befürchte, es würde beydes elend bes -
Schaffen ſeyn wenn die Phyſik nicht behuͤlflich gemefen
wäre, diefe beyden Arten von Kenntniß zu beftätigen
und zu erweitern, Vielleicht werden die befondern
Deweife, die ich deswegen anführen will, defto mehr
Eindruck machen, wenn ic) vorläufig überhaupt er⸗
innere, wie fchlecht es um dieſe Wiffenfchaften aus»
gefehen hat, da es um die Phyſik noch fehlecht aus»
ſahe, und daß Cartefius, wie er der Phyſik ein neues
Anſehen gab, auch die Lehre von Gott und von der
Seele in größeres Sicht fegte. Doch man wird ver-
langen, ich foll umftändlicher erweiſen, was die Na⸗
turlehre uns nutze, die Seele kennen zu lernen, zumal
wenn fie ung, nach des Cartefius Ausfpruche, befann:
ser, als der Körperiift. Ich geftehe es, daß ich die.
fen Ausſpruch von nichts weiter, als von der Verft-
cherung, daß die Seele wirflid) vorhanden fey, Pan
men faun, und daß ich außerdem befirchte, die Seele
feiy uns nicht weiter befannt, als in ſofern ſie ihre
und andere Körper kennet. Denn was willen wir
doc) von der Seele für ein Merfmaal, daran wie fte
von andern Sachen unterfiheiden, anzugeben, als
j ET are SAT BARRRERIG daß
«
der Naturlehre in die Metaphyſik. 315
daß fie ein Wefen ift ‚welches weiß ‚daß in ihm Ber«
änderungen vorgehen, die den Veränderungen, welche
in der Welt vorgehen, gemäß find. . Man wird es
mir verzeihen, daß ich nicht vom Vorſtellen der Welt
geredet habe: dieſer Ausdruck fager vielleicht eben
das, was ic) gefaget ‘habe, aber: nur etwas undeuf«
licher. Ich erzehlete letztens einem guten Freunde,ich
haͤtte eine Maſchine, welche Hitze und Froſt, Regen,
Wind, Blitz, Donner, und Sonnenſchein vorſtellete:
Er glaubete, es waͤre ein Stuͤck von Weigels Pan-
cosmo, oder ein kleiner Schauplatz der Welt, bis ich
ihm ein Bret mit einem Barometer und Thermometer
zeigete. In der That kann ichin feinem andern Ver⸗
ftande fagen, daß unfere Seele ſich die Welt vorfteller,
als, indem man fagen Fann, daß. Wertergläfer die
Witterung vorftellen. Was in unferer Seele vor.
geht, wenn wir fagen ‚wir empfinden, hat mit dem,
was diefe Empfindungen außer uns veranlaffer, niche
mehr Nehnlichfeit ‚als das Fallen des Queckſilbers im
Barometer mit einem Sturmwinde. Seit Cartefii
Zeiten, (denn diefe Epocha fommt hier wieder vor) iſt
diefes ausgemachet. Der Zerftörer der Woͤrterphyſik
fagete zuerft deutlich, und kaum fand er mit einer fo er»
ſtaunlichen Neuigfeit Glauben, daß die Farben in den
Körpern was anders: wären, als die Empfindungen
der Farben in der Seele, und daß die Philoforben,
wenn fie von Abbildungen der äußerlichen Sachen im
Gehirne redeten, Darunter entweder nichts, oder bloße
Bewegungen, die vermittelſt der Nerven fortgepflanzet
würden, verftehen Fönnten *, es war aber bloß die
Unterſuchung des Körpers, die ihm zu diefen Gedan⸗
' Er fen
Cacteſ. Dioptr, c, IV. $. VI.
316 Betrachtungen uͤber den Einfluß
Een Gelegenheit geben, und auf eine vernünftige Er⸗
Elärung der Empfindungen führen konnte. Wird
man wohl die Seele für ein unförperliches Wefen
zu erfennen vermögend ſeyn, wenn man’ fich nicht
aus der Maturlehre verfichert hat, daß die Kräfte -
der Körper nicht vermögend find, Gedanken, Urs
eheile und Schlüffe Hervorzubringen? und würde
man nicht die Frage, was die Seele vor der Em⸗
pfängniß gemwefen ift, für zulänglich beantwortet Hals
ten, wenn uns nur die Maturforfcher zuverläßig
darthun Fönnten, daß der Leib der Körper eines
Saamenthierchens gemefen it? Bi
Verſchiedene Wirkungen unferer Seele lehret ung
nur dieNaturforfcehung vollfommener erkennen. Wie
aus verſchiedenen dunfeln Begriffen ein Elarer ent«
ſteht, laͤßt fich nicht deutlicher zeigen, als wenn man,
Körper, die Empfindungen in uns erregen, zerglie⸗
dert, und bemerfet, wie viel einzelne Theile, von
denen mir zuvor nichts wußten, das Ihrige zur Em—
pfindung des Ganzen beygefragen haben, Biel taus
fend Jahre hat die Menfchen das Sonnenlicht ge—
rührer, ohne daß jemanden eingefallen wäre, es fit
fiebenfach zu halten. Ich führe dieſes Erempel deſto
lieber an, weil ich es in einem Briefwechfel zwiſchen
zween Gelehrten gefunden habe, die beyde, zur Bes
fhämung fo vieler überriaturforfchender Grillenfaͤn⸗
ger, die tieffte und von finnlichen Begriffen entfern⸗
tefte Kenneniß der Metaphyſik, mit der Einfichtin das
Schöne und Wunderbare der Naturlehre glücklich
verbinden. Herr Bilfinger hat durchdiefes Benfpiel
Heren Hollmanns Zweifel gehoben, wie unzählige
dunfele Borftellungen in unferer Seele feyn 2*
— Ha ohne
der Naturlehre in die Metaphyſik. 317
ohne daß wir ung derfelben bewußt find, ob wir
gleich die klare, Die aus ihnen enefpringt, erkennen *,
Alle Welt hat fieben verfchiedene Farben zufammen:
gefehen, wo niemand vor Newton was mehr als ein
einfaches Sonnenlicht zu fehen glaube,
Nicht nur dunfele Empfindungen lehret ung die
Naturlehre kennen, da uns fonft beftändig unbefanne
bleiben wuͤrde, daß ſie ſich in unſerer Seele befinden;
auch Wirkungen des Verſtandes, Schluͤſſe, die wir
ſo ſchnell machen, daß wir es ſelbſt nicht wiſſen, daß
wir ſie machen, wickelt ſie uns aus, und entdecket uns,
was wir gedacht haben. Allen Menſchen ſieht der
Mond, die Sonne, ein jedes Sternbild, nahe am
Horizont größer aus, als wenn es hoch am Himmel
ſteht. Niemand brauche diefes etwa dem, der es
ihm vorfaget, zu Gefallen nach;ufprechen, ein innerlis
ches Gefühl verfichert jeden, daß er wider fein Ges
wiffen reden müßte, wenn er diefes verleugnen wolle
te. Aber zugleich verfichern uns die Kunftgriffe,
welche die Marhematikverftändigen anzuwenden wife
fen, der Körper ſcheinbare Größen auszumeffen, daß
der Winfel,den von beyden Enden des Mondes u. ſ. w.
gezogene Strahlen, an unferm Auge machen, unverän«
derlich bleibt. Mach dieſem Winkel, nad) dem Bil«
de in unferm Auge, das er beſtimmet, richtet fich aber
die Empfindung, Die wir von der Größe einer Sache
haben, Wie koͤmmt es, daß uns die Sonne in der
Hoͤhe Fleiner ſcheint, als am Horizonte, da ihr Bild
in unſerm Auge nicht Eleiner wird? Es verändert
Be fh
' ® Bilfing. et Hollm. epiftolae amoebaeae de harmon.
praeſt. epift. Bilfingeri $. 6,
318 | Betrachtungen uͤber den Einfluß
ſich hier nichts in unſerer Empfindung, ſolglich muß
Das groͤßer und kleiner Scheinen nicht auf unſere Em⸗
pfindung allein anfommen. Worauf fann es alfo
weiter ankommen, als auf Schlüffe? Und wer. hätte
ohne folche Leberlegungen geglaubet daß er einen
Schluß machte, wenn er eine Sache, die er. ſieht,
groß oder klein nennet?
Wielleicht verdienet dieſes, daß ih noch etwas da⸗
von ſage, der ſo merkliche Unterfchied der Größe,
‚welche die Geitirne nahe beym Horizont, und in
größerer Höhe zu haben fcheinen, hat zu allen Zeiten
Diejenigen befchäfftiget, Die den Grund merfwürdiger
Begebenheiten zu unterfuchen bemuͤhet gewefen find,
Gaflendus bat ein ganzes Bud) davon gefchrieben *,
ob er wohl vielleicht die rechte Urſache nicht getroffen
hat. Denn es ift faft zur Gewißheit gebracht, daß
feine andere Urfache ftatt finder, als weil uns dag
Geftirne nahe am Horizont entfernter zu ſeyn dünfer,
als in größerer Höhe. Man Fann diefes auf ver-
ſchiedene Art darthun, obwohl alle Arten einerley
Grund haben. Wenn mir längft der Erdfläche hin-
feben, fallen uns Gebäude, Sandfchaften, u.d. gl. ente
weder unmittelbar in die Augen, wenn ihnen die Son.
ne die erften oder. die letzten Strahlen zufchicket, oder
unfere Einbildungskraft führer uns Doc) diefelben in
die Gedanken; geſetzt, das Licht des Vollmondes, oder
der Sterne, waͤre nicht ſtark genug, ſie uns kenntlich
zu machen. So viel Gegenſtaͤnde zroifchen. uns und
dem Ben bringen uns den Begriff bey, daß es
weit
—J —— de; apparente magnitine DR humilis
et fublimis. Paris 164 Nu .
|
der Naturlehre in die Metaphyſik. 319
weit von uns ſehn muͤſſe; ganz anders verhält es
ſich, wenn wir die Augen nach demfelben fait gerade
in die Höhe richten, Nichtsift da in der weiten Eins
öde des Himmels, zwiſchen uns und dem Geſtirne,
vorhanden, das uns erinnerte, das Geſtirne ſey
weit von uns. Ohne alſo zu empfinden, das
Geſtirne ſey kleine, ſchließen wir ſolches, in der Eins
bildung, es ſey uns naͤher. Dieſer falſche Schluß
kann uns fo weit verfuͤhren, daß die Sonne, wenn.
man ſie hinter hohen und dicht beyſammenſtehenden
Bäumen auf- oder untergehen ſieht, uns wohl wie
eine große Flamme, als ob ein Haus hinter den -
Bäumen brennte, vorkoͤmmt, weil diefe Bäume in
einer Entfernung fehr kleine Winkel, einer etwa von
2 oder 3 Sec. in unferm Auge machen , und ohne das
ftarfe Sonnenlicht hinter ihnen gar nicht empfindlid)
ſeyn würden, da alfo die Sonne, deren fiheinbarer
Diameter faft 30° beträgt, ſich über verfchiedene von
ihnen erftrecket, und folglich , weil wir ihre Groͤße aus
der uns befannten Größe der Bäume ſchließen, ung
fehr groß vorfümme *. Eine andere Erklärung hänge
damit zuſammen. Das Gewölbe des Himmels fcheint
uns nicht wie eine hohle Kugel, fondern wie ein hoh⸗
ler laͤnglichtrunder Körper, fo, daß es bey unſerm
Scheitel niedergedruckt ausſieht; ich will fagen, daß
es uns vorkoͤmmt, als hätten wir daſſelbe zu ertei«
hen einen Fürzern Weg, wenn wir ung gerade in
die Höhe erhüben, als wenn wir längft der Erbfläche
bapin reifen, 100 es auf jelbige aufzuftoßen Peine
an
* Ian € Logan in Seh philoſophiſchen — 444 N.
Band· *
320 Betrachtungen über den Einfluß
Manfistleich,taß die ſer Betrug eben aus dem Grun⸗
de herruͤhret, aus dem uns die Geſtirne im Horijont wei⸗
ger entfernt ſcheinen. Ein Geſtirn, das einerley wirfli«
che Größe behält, nimmt auf diefer länglichtrunden
Höhlung ein größer Stüdeein, wenn esnahe beym Ho-
risont, als wenn es hoch fteht, und fcheint folglich gröf
fer*. Defaguliers Verſuche beftärfen eben dieſe Erklaͤ⸗
rung”*, Erfegte zwey Lichter von gleicher Höhe-und
Etärfe,eins noch einmal fo weit als das andere von dem
Zufeber: weil diefer den Umftand der verfchiedenen
Entfernung wußte, fo erflärte er. feines für größer
als Das andere, und er fällte noch eben diefes Urrheil,
wenn er bende ichter nur durch ein Eieines doch ſahe.
Der Begriff von der doppelten Entiernung verur⸗
fahre, daß er das weitere Licht dem nähern gleich.
fchäßte, ob es ihm wohl nur unter einem halb fo großen
Winkel erſcheinen mußte. Defaguliers ließ ihn die
Augen auf einige Minuten zufchließen, nahm wäh»
rend dieſer Zeit das entferntere Licht weg, und fegte
ſtatt deffenein anderes, das halb fo hoch war, ineben
die Linie, aber gleich an das nähere Licht. Der Zu⸗
feber, dem diefe Deränderung unwiſſend geſchehen
war, merkte fie nicht. Er glaubte eben die vorigen
$ichter zu ſehen, und hielt alfo das Fleine Licht für
groß, meil er es für entfernt hielt, Defaguliers hat
noch einen ähnlichen Verſuch mit elfenbeinernen,
Kugeln angefteller ***, — jo
* Smith compleat Syftem of Optiks 163 uf. mie
imaleichen 328 u. f. Anmerfungen.
** Philof. Transadt. 444 Num. V
Ebendaſ. Art.
der Naturlehre indie Metaphyſik. 321
Größe in verfchiedener Weite gefeßet, und niemand
hat die weitere für Fleiner halten wollen; er hat wi-
der, dem Zufchauer unmiflend, ftatt der weitern eine
deſto Eleinere hart an die nähere gefeget, und Die Ver.
wechslung ift ebenfalls von Perfonen, die ein kurz Ge⸗
fichte hatten, nicht bemerfer worden: denn wer in die
Ferne gut fiehe, läße ſich fo nicht betrügen, weil die
Eleinere Kugel, die näher ſteht, ftärferes Licht ins Auge
ſchicket, als die weitere und größere, und ſich dadurch
verräth.
Ich würde fein Ende finden, wenn ich nur alles
aus der Optik anführen wollte, was uns Beränderun:
gen in unferer Seele kenntlich machet, von denen wir
fonft nie gemuthmaßet hätten, daß fie in ung vorgien:
gen. Wer weiß nicht, daß in diefer Wiſſenſchaft fo
gar Borfchriften gegeben werden, nad) denen die Per:
fpectiv und Mahlerfunft uns auf eine angenehme
Weiſe betrügen, das ift, uns veranlaſſen, faifche
Schluͤſſe aus unfern Empfindungen zu machen?
Denn der Streit, ob die Sinne betrügen oder nicht,
mit dem die Philofopben fo viel Blätter in ihren Lehr⸗
büchern und fo viel Stunden in ihren Borlefun
gen auszufüllen wiſſen, iſt doch nichts mehr, als
ein bloßer Wortftreit, der fich gleich hebt, wenn man
Empfindungen und Schlüffe aus Empfindungen von
einander uͤnterſcheidet. Wenn ich mich auf einem
Schiffe befinde, fehe ich wohl, daß das Ufer fortgeht?
Nein; das Bild des Ufers rücket in meinem Auge -
fort; das empfinde ich eigentlich : Ich bin aber niche
berechtiget, die Bewegung des Ufers daraus zu fchliefe
fen, wenn eben die Veränderung auch von meiner
‚eigenen Bewegung berrühren Fann,
52 Aus
2 ; Be Nee are /
322 Betrachtungen iiber den Einfluß
Aus der Nachricht von einem jungen bon Ge⸗
Butt an blinden Menfchen, dem der Staar geftochen
worden, fann man meinen Gedanfen nad) mehr von
unferer Seele fennen fernen , als aus manchen tieffin:
nigElingenden Lehrſaͤtzen, Die nichts als die gemeinften
Sachen , oder die ungereimteften Einfälle vortragen.
Locke, der diefe Begebenheit feiner Aufmerffamfeie
werth geſchaͤtzet, bat vermurhlich eben fo geurtheilet.
Diefer Menſch glaubte anfänglich, die Gegenftände,
die er fähe, berührten feine Augen eben fo, wie das,
was er fühlte, feine Hand. Er war nicht vermö-
‚gend, Dinge, deren Öeftalter noch blind durchs Ge-
fuͤhl unterfchieden haste, durch das Geſicht zu unter«
ſcheiden. Weil er die Kage und den Hund immer
verwechſelte, und fich Doch ſchaͤmte, allegeit zu fragen,
fo fing er fie, und lernte die Begriffe, die er durchs
Gefühl von ihr hatte, mit denen, die ihm das Geſicht
gab, vergleichen. Erft zween Monate nachdem ihm
der Staar war geftochen worden, entdeckte er, daß.
auf Gemälden Körper vorgeftellee würden, denn er
hatte fie bisher nur als buntfchäcichte Flächen ange⸗
ſehen: aber.er erftaunte defto mehr, wie er fand, daß
die Gemälde ſich nicht fo anfühlten, wie fie ausfa-
ben; daß er fie ihres Lichtes und Schattens wegen
für rund und uneben hielt, da doch feine Hand ihn
verficherte, daß fie flach wären: Er fragte, welcher
von beyden Einnen ihn betröge, ob das ——— oder
das Gefühl *
Wie viel koͤmmt nicht, vermöge dieſer Erpäßtung,
bey dem Sehen auf Kunſt und Hebung an 2 das mir
— fuͤr
* Phil. Transact. n. 402. Smith, Opt. pi x.
der Naturlehret in die Metaphyſi k. 323
fuͤr uns angebohren halten, weil wir es zu einer Zeit
gelernet haben, von der uns nur wenig Erinnerung
übriy bleibe, Wie viel tragen nicht folche Erzählun«
gen zu der Sefihichte der Seele bey! Gollte man
‚eben fo forgfältige Nachrichten von den beyden Blinde
gebohrnen, denen Here Taylor zu ihrem Gefichte
verholfen, erhalten, fo würden wir dadurch die
Kenntniß, die fid) aus voriger ziehen läßt, beftätie
gen und vermehren koͤnnen. Diefe Menge von Wir«
kungen unferer Seele, die uns nur die Optik entdecket,
iſt felbft den erften Schrifeftellern von der Dptif, nach
dem Euflides, nicht unbefannt gemwefen. Albazen
bat ſchon bemerfet, daß wir beym Sehen Schluͤſſe
unter unſere Empfindungen meicen-, und deswe⸗
en irren *.
- Da wir die meiſten Begriffe durchs ei er⸗
halten, und dieſer Sinn mehr als die übrigen iſt un⸗
terfuchet worden, fo ift es Fein Wunder , daß ich aus
der Wiffenfchaft, die ihn betrifft, fo vieles babe er⸗
wähnen Fönnen, und Doch noch einen großen Theil
mit Stillſchweigen übergangen habe. Die Phyſik
der uͤbrigen Sinne hat indeſſen ebenfalls Lehren, wo⸗
durch die Kenntniß der Seele erläutert wird. Daß
die Seele eine natürliche, oder vlelmehr von ſich ſelbſt
erlernte Geometrie beſitzt, daß ſie, ohne was vom
Zirkel zu wiſſen, Groͤßen mit einander vergleicht, lehret
uns, außer der taͤglichen Erfahrung, die Baukunſt,
3 die
* Alhazen Opt. L. IL c. ı0. fqgq. in thef. — Fe-
. derici Rifneri.
FE tillc. g.
324 Betrachtungen tiber den Einfluß
bie Malerey u. d. gl. Kuͤnſte, welche die Schönheit
zum Gegenftande haben: aber fo wunderbar dicfes
ſchon ift, fo viel wird doch nod) diefe natürliche Geo⸗
metrie, die es bey Kleinigfeiten fo genau nicht niume,
von der natürlichen Arithmetik übertroffen, die wir
bey der Mufif ausüben, Werfollte es glauben, daß
die Seele eines Frauenzimmers, die vielleicht das Eins
maleing nicht kann, die mancherley Berhältniffe der
Töne und ihren oft fo geringen Unterfchied , fo genau
zu bemerken weiß? Wer bildete ſich wohl ein, daß
das Misvergnügen , welches ung ein Uebelflang
verurfacher,, bloß daher rühret, weil wir zwiſchen ges
wiffen Zahlen feine gute Berhältniß bemerken? und
wer ſieht nicht, daß eine gewiffe uns noch verborgene
Art zu wirken in unferer Seele der Grund feyn muß,
weswegen in der Mufif die berechnete Annehmlichkeit
mit der empfundenen nicht allezeit übereintrifft.
Ich würde noch viel mehr anführen fonnen, wo⸗
durch die Kenntniß der Seele erläufere wird, wenn
ich Die Gefege der Empfindungen weitläuftiger vor»
tragen wollte, wie fie von denen abgehandelt werden,
die die Unterfuchung des Körpers zu ihrem Haupt⸗
werfe zu machen fcheinen. Man kann das vornehm⸗
fte davon in der Phnfiologie des Hrn. Bar. Hallers
lefen *, von dem fehon befannt ift, daß er im Vor-
frage der Biffenfchaften, wie in der Dichtfunft, fehr
vieles mit fehr wenigen zu fagen weiß. Man wird
fidy daraus, und aus dem, mas id) erwähnet Babe,
verfihern, daß unzählicheg,,. mas in unferer Geele vor»
geht, uns ohne die Naturlehre würde berborgen blei«
„ra. ben,
R Cap. 1.
der Naturlehre indie Metaphyſik. 325
ben, mie gegentheils nach des Hrn. Baillou gegrüns
derer Anmerkung * es ung fehr dienlich iſt, die Be—
ſchaffenheit unſerer Empfindungen zu Eennen , wenn
wir diefelben bey phyſikaliſchen Unterfuchungen recht
brauchen wollen: aber diefe Befchaffenbeit lernen wir
felbft erft aus der Naturlehre kennen. Selbſt die
Art, wie man in der Erkenntniß der Seele weiter
kommen kann, laͤßt ſich nirgends beſſer, als in der
Phyſik lernen, da dorten wie hier, alles darauf bes
ruhet, Erfahrungen geſchickt anzuftellen, und folche
gehörig zu gebrauchen, Iſt e8 daher zu verwundern,
wenn nach Hn. Königs Erinnerung der Hr. Baron
Wolf, in Unterfuchung der Seele eben den Vor—
| feheiften gefolgee ift, die Newton in Entdeckung der
Geheimniffe der Natur beobachtet hat **?
Ich werde von dem Einfluffe der Naturlehre in
die Erfenntnig Gottes aus der bloßen Vernunft fürs
zer feyn koͤnnen; nicht alg ob er geringer wäre, fon=
dern weil er von fo vielen und fo ausführlich ift ge-
zeiger worden, daß ich die Anzahl der phnfifotheolo«
gifchen Schriften bier zu vermehren nicht nöthig has
be. Das einzige vortreffliche Werk Nieuwetyts "**,
. von dem wir Hr. Segnern eine fo ſchoͤne Ausgabe zu
danfen haben, Fann ftatt unzähliger anderer dienen,
; %4 von
* ©. fein Minnie fur Phiftoire des pierres precieu.
fes in dem 1.3. der Memorie di varia erudizione
della Societä colombaria 168 ©.
** Sam. Koenig. Orat. inaug. de optimis Wolfiana et
Newtoniana philefophandi methodis earumque amico
confenfu p. 73. Franequ. 1749. fol.
*x* Rechter Gebrauch der Weltbetrachtung.
Ein luß
von denen ich nur noch eines anfüßre, "OR vielleicht
feiner Kleinigkeit wegen nicht fo bekannt iſt, als es ſei⸗
nes wichtigen Inhalts und vortrefflichen Ausfuͤh⸗
rung wegen verdienet. Es iſt eine Abhandlung vom
Hrn. Bar, Wolf, in der er die Größe des göttlichen
Derftandes aus der Größe der Welt, und der Mans
nichfaltigfeit von Dingen auch in dem £leinften Raus
me erläutert % Was für ein Geift muß das feyn,
bem, Himmel voll Weltgebäude, Planeten voll ver:
nünftigfeynfollender Gefchöpfe, und Waſſertropfchen
voll Inſecten, gleich groß ſind! |
Ich muß eine hieher gehörige Anmerkung. nicht
ganz mit Stillſchweigen übergeben. Viele phyſikali⸗
fche Lehren find fo befchaffen, daß fie uns von den
Eigenfchaften des Schöpfers der Welt erhabene Bes
griffe geben, wenn wir diefen Schöpfer ſchon erfen:
nen, aber daß fie einen hartnaͤckichten Gottesleugner
nicht überführen, daß die Welt einen Schöpfer habe:
a Stimme der ruft alzufchwach dem
ben.
»aller,
Ich rechne z. €, Die Beweisgruͤnde, die von der Drds
nung und den Abfichten in der Welt hergenommen
find, hieher. Eben der Philoſoph, der fo fcharflin-
nig bemerfet har, daß diefe Betrachtungen nicht voll»
kommen ſchließen, wenn die metaphyſiſchen Lehren von
ber Zufaͤlligkeit dabey nicht zum voraus geſetzet wer⸗
den, hat doch eben dieſelben ſo vortrefflich anzuwen ⸗
den gewußt, uns die Weisheit, Macht und —*
des
326 — uͤber der
* ie Phyficae‘ Kr Theolog, na —— cet.
in Thuͤmmigs NAT
der Naturlehre indie Metaphyſik. 927
des Bauherrn der Welt zu entdefen . Man kann
bey dergleichen fo löblichen Unterfuchungen noch in
“ Sehler anderer Art verfallen. Die Planeten bemwes
gen ſich alle nach einer Gegend und faft in einer Flaͤ—⸗
che. Newton fchließe: diefe Vorfchrift fen ihnen
von einem freyen Wefen gegeben worden, weil in der
Matur Feine Nothwendigkeit dazu enthalten fey.
Aber der Hr v. Maupertuis bemerket, daß dieſes nur
in Newtons $ehrgebäude gelte, in welchem fich die
Lage der Planetenbahnen und die Richtung von ihren
Bewegungen nicht anders, als durdy wirkliche Bes
obachtungen beftimmen laffe, daß übrigens in ans
dern Sehrgebäuden diefes Fein ftärferer Beweis für
das Dafeyn Gottes fey, als jede andere der Materie
eingedruckte Bewegung **, |
‚Eben der Auffag des Hrn, von Maupertuis, der
mir zu vorerwähnter Anmerfung Öelegenbeit gegeben
bat, erinnert mich an eine merkwuͤrdige Erläutes
rung. der göttlichen Weisheit aus der Maturlehre,
Bon dem .befannten Sage, daß die Natur, oder
‚vielmehr ihr Urheber, allezeit den Fürzeften Weg gehe,
findet man unzählige Beyfpiele, und bat ihrer noch
mehr entdecket, ſeit dem uns die höher getriebene Meß»
Funft in den Stand gefeget hat, fie zuerfennen. Bey
Körpern, die an einander ftoßen, wird die Bene °
gung fo vertheilet, daß eine gegebene Veränderung
bervorzubringen, ſo wenig Wirfung, als möglich ift,
3 ER Fe: | erfore
* Inden vernünft. Geb. von den Abſichten.
** Examen des preuves de l’exiftence de Dieu etc, Me
moires de ’Acad, de Berlin ann. 1746. p, 27ı.
328 Betrachtungen überden Einfluß.
erfordert wird; diefes Gefeß *, und ein ähnliches,
welches beym "Sleichgewichte der Körper ſtatt fine
det **, hat der Hr. v. Maupertuis am angeführten
Dte abgehandelt, Da ung indeffen nicht alle Abſich⸗
ten der göttlichen Weisheit befanne find, fo erhellee
leichte „ daß der Weg nicht allemal der kuͤrzeſte feyn
wird, der uns fo feine, und daß wir daher, wie
Hr. Euler erinnere *, nicht allegeit ficher zum
voraus fehen koͤnnen, morinnen das Kleinfte oder
Größefte bey einer gewiffen Wirfung der Natur ber
ftehe, bis wir die Befchaffenheit diefer Wirkung felbft
haben Fennen lernen, und von da rücwärts gehen.
Ich will nur noch eine Erinnerung beyfuͤgen, die
zwar einen bloß zufälligen, aber doch ebenfalls wich»
tigen Nutzen zeigen wird, Die metapbufifchen Un«
terfuchungen find unftreitig meiftens ungemein fchwer,
ihre Öegenftände mit vieler Dunkelheit umgeben, die
Gründe, worauf man bauen muß, öfters von den
finnlichen Borftellungen weit enefernet, und den Zu-
fammenhang zroifchen den Grundfägen und den letz⸗
ten Folgerungen einzufehen, lange Reihen von
Schluͤſſen nöthig. Gleichwohl fejmeichelt nichts dem
philoſophiſchen Stolze fo fehr, als in Bemühungen,
die aus angeführten Urfachen fo ſchwer und doch fo
wichtig find, etwas beſonders gethan zu haben. ie
* Recherche des loix du mouv. et du repos. m * N.
287.
** Loi du Repos. ©. auch Mem, de. l Acad. de Paris
1740. 244 ©. der hol. Ausgabe.
*x* Problematis I foperimetrici — generali, Addi-
tam. II.
der Naturlehre in die Metaphyſik. 329
leicht iſt dieſes die Urſache, warum die Metaphyſik
insbeſondere der Schauplatz der philoſophiſchen Krie⸗
ge geweſen iſt. Wie nuͤtzlich iſt es nicht, wenn wir
aus der Naturlehre die engen Graͤnzen unſerer Kennt⸗
niß gelernet haben; wenn wir in ihr Geheimniſſe der
Natur finden, und einſehen lernen, wie ſolche wirk
liche Geheimniſſe von denen unterfchieden find, die
fich der menfchliche Wahn erdichtet. Diefes mit einem
und dem andern Benfpiele zu erläutern, fo frage man
doch diejenigen, die eine fo tiefe Kennniß in die Nas
tur der Seele befißen, daß der Erfinder der Mona-
dologie nichts gegen fie ift; die von dem nothwendig⸗
ften und zufälligen Wefen eines Geiftes aufs tiefſin-
nigfte zu reden, ich hätte bald gefaget, zu ſchwatzen
willen, die das Ungereimte der vorher beftimmten
Harmonie aus ihrer Empfindung erfennen, und
Kräfte in der Seele entdecken, dieallen andern Welt
weifen verborgen geblieben waren, man frage doch die⸗
fe großen Geijter, mas die Seele eines Polnpen ift ?
Ob fie ſich mit ihm zerfchneiden läßt, wenn er die
wunderbare Eigenfchaft zeiget, die Huſaren und Ula«
nen zu gönnen wäre, oder ob der Polype voll See:
fen ift, die wie mächtige Bedienten eines großen Für:
ften], nur auf die Zergliederung des Reichs warten,
fih zu Fleinen Tyrannen aufzumerfen, oder ob diefe
Gefchöpfe, die fich bewegen, ihren Raub ergrei en
verfehlingen und verdauen, kurz, bis auf ihre Fort:
pflanzungsart, alles ehun, was manche Menfchen
thun, etwa gar feine Seele haben? |
Mir mögen endlich unfere Kenniniß vom Baue
des Körpers fo weit treiben, als wir wollen, ſo bleibt
uns noch immer verborgen:
Wie
‚330 — *
= 2: » Wie Welen fremder Art
Der Seele — ſind. A
J—
und es iſt kein Wunder, da auch bey —
bloß koͤrperlicher Wirkungen, der berühmte franzoſi⸗
ſche Zergliederer, Mery, ſeine Mitbruͤder mit den
Saͤnftentraͤgern verglichen, die zwar alle Gaſſen ſehr
genau wiſſen, aber keine Femtuß von dem haben,
was in den Häufern vorgeht *. Wer diefes uͤber⸗
leget, wird nicht fo verwegen feyn, und von der Ver—
bindung des $eibes und der Seele fo entfcheidende
Ausfprüche fällen ‚ als gewiſſen Philofophen gemöhn«
lich find, die den Körper kaum aus einem Eleinen
Compendio Anatomico fennen, Er wird die Wir⸗
kung des Seibes in einander nicht fchlechterdings leug⸗
nen, ob er gleich zugejtehen muß, daß er davon kei⸗
nen Begriff hat, denn die Phnfif wird ihn lehren,
daß Begriffe von natürlichen Wirkungen haben,
nur ſo viel heißt, als aus der Erfahrung willen, daß
etwas gefchieht, ohne zu verftehen, mie es gefchieht,
davon der Magnet, die Schwere, bie eleftrifche
Kraft, und unzählige andere Erempel vorhanden
find: Er wird aber auch, wenn es ihm beiannt ift,
was für erftaunliche Wirfungen in Bewegungen, die
willkuͤhrlich feinen, von Menfchen find hervo ge⸗
bracht worden * durch das Urtheil: ein Körper,
| e
* Fontenelle Eloge deM. Mery. *
** Yußer des Hrn. Vaukanſon Kunſtſtuͤcken ſi keht man
eine wunderwuͤrdige Probe davon beym C amus Trai-
te des forces mouvantes FH. Th. 521. S. an einer Ca⸗
roſſe, Die von fich felbft gegangen, und deren Figuren
| ——— Bewegungen gemacht.
⸗
der Naturlehre in die Metaphyſik. 331
der bloß mechantich, alle erforderliche Bewegungen
des menfchlichen Körpers hervorbringe, fey unmöglich ;
der nicht entweder Unmiffenheit oder niederträchtige
Begriffe von der Runft des Scyöpfers verratbe.
Ich Habe ſchon erwähner, daß eine größere Ein«
ficht in die vorige Beſchaffenheit unſers Koͤrpers uns
auch mehr Licht von dem vorigen Zuſtande unſerer
Seele geben wuͤrde. Die Dunkelheit, die wir bey
dem erſten finden, warnet uns, ſowohl bey dem ans
dern, als bey befondern Urtheilen von dem Zuftande
. unferer Seele nady den Tode, befonders in Abfiche
auf ihre Verbindung mit dem Körper, bedachtſam
zu geben. Sind hier nicht vielleicht bisweilen Säge
als Ausfprüche ver Dffenbarung behauptet worden,
die weder von der Offenbarung, noch von der Vers
nunft gerechrfertiget werden ? Wenn uns die Offene
barung verfichert, Daß uns eben der Körper bey der
Auferftehung wieder zu theil werden foll, leget man
nicht diefen Ausfpruch manchmal fo aus, daß die Nas
turlehre vielleicht etwas mehr als Schwierigkeiten,
darinnen finder, und daß man, moferne fi) auch
diefe Schwierigkeiten , welche die Srengeifter als Des
monftrationen anfehen, heben laffen, ſich doch nach
der Rechtsgelehrten Redensart: mir uͤberfluͤßigem
Beweiſe beladen muß? Der Apoſtel, den ich den
groͤßten Philoſophen unter den Apoſteln nennen wuͤr⸗
de, wenn dieſes nicht noch weniger waͤre, als einen
Euler oder Moivre zu ruͤhmen, daß fie vortrefflich
Eubifwurzeln ausziehen koͤnnen, giebt uns durch ein
aus der Natur genommeries Glelchuß zu ſolchen Aus⸗
legungen keinen Anlaß.Laͤßt ſich der Leib, den wir
— mit einem Saamenkorne vergleichen, ſo
ſchein
F
332 Betrachtungen uͤber den Einfluß ꝛc.
ſcheint es nicht nothwendig, daß der verklaͤrte Leib, alle
Theile des verweſten wieder bekommen muͤſſe. Viel⸗
leicht iſt ein gewiſſer Theil Materie unſerer Seele beſtaͤn⸗
dig zugeſellet, und das uͤbrige alles nichts weiter, als was
für den Leib, den wir unſer nennen, die Kleider ſind. Sol⸗
chergeſtalt würde man mit philoſophiſchen Gottesge⸗
lehrten ſagen koͤnnen, daß der Leib ſeine vornehmſten
Theile wiederbefomme *, ohne den Einwuͤrfen ausge⸗
ſetzt zu feyn, Die fich bey andern Erklärungen leichter ma»
chen, als heben laffen**. Ich will dieſe Gedanken hier
nicht weitläuftiger ausführen, zu deren Erläuterung
vielleicht Hn. Bazins Auffag *** etwas beytragen Fann :
Ich würde wider die Bedachtfamfeit, die ich. nur den
Augenblick angepriefen habe, felbft handeln, wenn ich
gewille Säge annehmen wollte, wo wir weiter nichte
wiſſen, als diefes; |
Gott iſt gerecht; die Geelen bleiben
Was hier gebricht, wird dort erfuͤllt. Deollinger.
Man mag ausdem, was ich angeführet habe, urtbeilen,
ob es dienlich ift, die Renntniß,die ung die Sinne geben,
bey Seite zu fegen, wenn man den Berftand mitden er⸗
babenften und ſchwerſten Unserfuchungen befchäfftigen
will, und ob fih der Mugen der Naturlehre in der Mera-
phnfif, nicht mit eben fo wichtigen, Gründen darthun
laffe, als Hr. Poleni gezeiget hat, was für Dienfte fie
der Mathematik leiftet f. re en
* Baumgart. thef. theol. ad Comp. Freyl. ad P. II.a.25.$. 4.
** Io, Bernoull. diff. de nutritione $. 22. Oper. T. I. n. LIIL.
*** Vom Wachsthume der Thiere und Pflanzen. ©. des
Hamb. Magaz. J. B. 6.St. 2. Art. IN,
+ Io. Poleni Or. de Phyfices in rebus Mathem. vtilitate in
Magnif. Kappi Orat: Clarifl. Viror. Seledt. P. LOr. 22. '
Be A VL.
ER 1 2
Ra a
ba 463 Ha
Matthiaaͤ Belg*,
aus Ungarn, ae
Mitgliedes der Königl. Londonifchen und der Koͤnigl. Berl.
Geſellſchaften F
Hiſtoriſchphyſikaliſche Anmerkung,
von
dem neuſoliſchen Kupferwaſſer,
das insgemein Cementwaſſer heißt,
und Eiſen mie Kupfer verwechſelt **,
| in einem Schreiben
an Heren Hand Sloane, Barons,
Praf, der K. ©. mitgetheiler.
Aus dem Lateinifchen in den Phil. Transact.
5 450 R. ı Art.
| a
ie neufolifchen Duellen find bey den Gelehrten
) berühmt (2). Athanaſius Kircher erwaͤhnet
Kr: fie
* Hr. Bel hat in Willens gehabt, die Naturgefchichte
von Hungarn befonders herauszugeben. Wir hoffen,
das Werk werde in dem Stande feyn, daß fein der
Gelehrſamkeit fo empfindlicher Tod folches ung nicht
entziebet. A. d. Ueb. “ |
** Man ſehe die Nachricht von der Altenburger Cements
„quelle im Hamb. Mag. III. B. V. Gt. IN. Art. A.d. U.
(a) Die Gefchichte dieſer Bergſtadt findet man in T. U.
Hungariae Nouae p. 409. fegg. |
334 Hiſtoriſchphyſikaliſche Anmerfung
fie in feinem Mundo fubterraneo {I Th. ıgı Seite,
Eduard Broun in feinen merfwürdigen Reifen, 186 S,
und ac. Tollius V Epift.ıgr, thun folches ebenfalls,
anderer Eleinen Schrifefteller zu geſchweigen. Es ift
nicht nöthig, Hier ihre Menynungen, oder ihre vom ge-
meinen Hörenfagen erteilte Nachrichten weitläuftig
zu unterſuchen. Es wird zulänglich feyn, hier fo viel
anzuführen, als uns felbft Die eigene Betrachtung
und die Berfuche unferer Freunde gelehret haben,
Sie befinden ſich eine Meile von der Stadt Meufol
nach Mittage zu, in dem weitläuftigen Rupferbergwers
fe, das man im Deutfchen Serrengrund, fat. Vallem
Dominorum, heißt. Außer Erzählungen des ge:
meinen Volks, ift eg ungewiß, wenn man fie zuerft
entdecfet und ihre Wirfungen beobachtet hat. - We-
nigfteng müffen fie zu den Zeiten des deutſchen Pli-
nius, Georg Agricola, noch nicht bekannt geweſen
feyn, weil er nichts von ihnen erwaͤhnet. Denn da
er im VIIII B. von der Natur der aus der Erden
gegrabenen Sachen , furz mach dem Anfange bey mir
347 Seite, die Schmolnizenfer (b) Quellen von-
ähnlicher Beſchaffenheit forgfältig ermähner hat, ſo
ſchweigt er von den Neuſohliſchen, ob er wohl ſonſt
verſchiedenes von andern neuſohliſchen Waſſern und
daſigen Metallen erinnert, Man ſaget, wie Botskuy
1605. gewuͤthet habe, ſey von ungefaͤhr und durch An⸗
leitung der Furcht, die Entdeckung unſers Kupfer⸗
waſſers geſchehen. Denn da die Bosheit der Feinde
® De
(b) Wir haben diefe Bergſtadt und ihr Rupferwaffer in
der Gefchichte der Scephufifchen Graffchaft im Pro-
- dromo Hiſt. Hung. p. 119. $ Ulla: erwaͤhnet. |
— Kid a > Walt, v
von dem neufohlifch. Kupferwaſſer. 335
nach Eroberung und Verbrennung Neufohls, auch)
ber Bergwerke nicht verfchonte, haben Die Bergwer—
Fe auch ihre Sachen, und unter diefen auch Das Ei—
ſenwerk, als Schlaͤgel, Eifen u. d. gl. vor den Fein⸗ |
den in die Gruben, als * niemand kommen wuͤr⸗
de, verborgen. Da dieſes Gezaͤhe hier uͤber einen
Monat in fumpfichten Derrern. gelegen hatte, und
nach Abzuge der Botsfayer wieder hervor gezogen
ward, fo haben fie befunden, daß’ es vom Kupfer
angefreffen fey, und zwar defto ftärfer, je feuchter eg
gelegen. Sie haben alfo gefchloffen, das hin und
wieder in den Gruben hervorrröpfeinde Waſſer muͤſſe
eine kupfermachende Kraft beſitzen, und daher
Gelegenheit genommen, zu Sammlung deſſelben, wie
zu Schmolnitz, Gerinne zu legen, und ſolche nach⸗
gehends, damit ſie nicht jedem offen ſtuͤnden A Kia
herum einzufchließen,
$. I. Man bat diefes bald weiter fortgeſetzet, wie
man die Kraft dieſes Kupferwaſſers, das man auch vis
triolifch nennen koͤnnte, beffer bemerfer hat. Es ver-
zehrete das Eiſen, das man hinein warf, und gab an der
‚Größe eben fo viel Kupfer wieder. Dieſe leichte Art Ku⸗
pfer zu erhalten, hat fo viel Beyfall gefunden, daß man
jeßo 24 ſolche Rammern, in welche das Waffer einges
faſſet ift, zählen fann. Wir wollen nur zwo Davon be=
fchreiben, aus denen fich wird auf das übrige fchließen
laffen. Die vornehmſte ift, die ungefähr auf 75 tachrer
(orgyias) feiger nieder gehf, aber in einem gekruͤmm⸗
. ten Zugange von ısı$achtern befahren wird c). Hier
tröpfele das Kupferwaſſer aus den Seiten in der *
c) Die Deutſchen heißen es eine Mannsfahrt.
4 Band. >)
336 Hiftorifchphnfifalifche Anmerkung
be heraus, und wird erſtlich in einem mfleinen Ref auf⸗
gefangen, und aus dieſem in einen größern, der in ver-
fchiedene Rinuen getheilet ift, gelaffen. In den kleinen
Keffel wird Klein Eifenwerf, als Hufeiſen u.d.gl. ge-
han, welches fich innerhalb 3 oder 4 Wochen in Ku-
pfer ; mit Beybehaltung eben der Geſtalt, nur daß ſie
etwas erhabener iſt, verwandelt. Und dieſes Waſſer
iſt viel kraͤftiger, als das in dem groͤßern Keſſel aufge⸗
fangen wird, Denn von demſelben wird das Eiſen
nur ſchwach und aufdie Art angegriffen, daß erftlich auf
der Oberfläche des Waflers nur ein leimichtes, gelbich⸗
tes Häutchen ſchwimmt, die endlich, ehe das Eifen noch
völlig verzehret iſt, ſich an felbiges nach und nach wie ein
fetter Leim anhaͤngt. Die Bergleute nennen folche lei⸗
michte Materie den Schmund, nehmen fie monat»
lich mit Sorgfalt von dem Eifen "ab, und legen fie in
eine befondere und höher angelegte Kammer, damit
die Feuchtigkeit ablaufen kann. Dieß geſchieht ſo
lange, bis das Eiſen ganz oder groͤßtentheils verzeh⸗
ret iſt. So viel von der erſten Kammer.
$. IV. Die zweyte, welche funfzehn Lachter tiefer
iſt, wird von ihrer Geftalt und tage, Die lange ger
nannf, denn da fie bier und da nur zwo Lachter Brei⸗
te hat, ift fie 25 lang. Hier tröpfelt das Rupfer-
waffer häufiger, alsin den übrigen, herab. Denn es
koͤmmt nicht nur eropfenweife aus den Seiten und der
Firfte der Grube,fondern es hat zwo beftändige Quel-
len, daraus das Waſſer ſtets hinter einander einen
Strohhalm dicke fließt. Beyde eröffnen fich von Mit⸗
tage, und die erfte drey Schritte vom Eingange der
Kammer linker Hand; die zweyte, fünf Schritte mei.
ter hinein. Damit das Waſſer nicht unnuͤtze wegfließe,
wird
von dem neuſohliſch. Kupferwaſſer. 337
wird es durch Roͤhren, theils i in Gerinne, theils in
viereckichte Keſſel geleitet, in welche man altes und
neues Eiſenwerk wirft. Wir haben auch das beob⸗
achtet, daß die Gerinne zu Auffaſſung des Waſſers und
des Eiſenwerkes ſo vorſichtig auf der Erde angeleget:
find, daß nichts vom Waſſer vorbey fliegen fann. Was’
ein Gerinne ſolchergeſtalt aufgefangen hat, fließt ins
‚andere, und daraus ins dritte u. ſ. w. dabey ſich doch
die Kraft des Waſſers gewaltig vermindert. Denn wie
es in dem erſten Gerinne das Eiſen ſchneller und ſtaͤr⸗
ker angegriffen hat, ſo geſchieht ſolches im zweyten und
dritten ſchwaͤcher und langſamer. In eben dieſer Kam⸗
mer dringt mitten aus der Wand ein beſonderes und
helleres Waſſer tropfenweiſe hervor, welches deswegen
in einem eigenen Keſſel geſammlet wird, und darein
wirft man das Kupfer, das man aus den übrigen Kam:
mern erhalten hat, wenn e8 reiner werden foll; denn
diefes reinere Wafler hat die Kraft, daß das unreine
Kupfer davon reiner und glängender wird, Weil uͤbri⸗
gens alle diefe Kammern abhängig find, fo wird das
Waſſer, das aus den Gerinnen und Keffeln abfließt,
von der lockern Sohle der Strecken eingeggen, und
verliert fie) nach und nach. Ueber die befchriebenen
Behaͤltniſſe von Kupferwaſſer, findet man hier und da
inden Gruben feuchte Derter,in Denen fich Eifen fupfers
artig färbt, zur Anzeige, daß die Feuchtigkeiten diefer
- Grube fat alle Kupfer halten, |
G. V. Das Waffer felbft fieht in den Keſſeln gruͤn⸗
licht aus, ob es wohl, wenn man es mit einem hellen
Glaſe ausfchöpfet; Elar, und wie ein Cryſtall durch⸗
fihtig ift. Wir haben es ohne Geruch befunden, der
| Ben aber war vitriolifch und zufammensies
) 2 hend
B Hiſtoriſchrhyfitaliſthe Ainmerfung
hend und kalter Art. Da wir die Tropfen wie ſie bey
den Quellen ſelbſt herausdrungen, unvorſichtig koſte⸗
ten, ſind uns die Lippen davon angefallen worden, wie
$euten gefchieht, die nach Vertreibung eines Siebers
noch matt find, Da wir ung noch in der Gruͤbe be-
fanden, und drey oder vier deutſche Meilen weit in den
unterirdifchen Strecken herum fuhren, haben wir auf
den Lippen Feine Beſchwerung, als ein gelindes Ju⸗
cken bemerket; wie wir aber in die freye Luft an Tag
gekommen find, fingen fie uns an erftlicy aufzuſchwel⸗
len, und nachdem zu ſchwaͤren. Sonft ift das Waſ⸗
fer durchgängig von gleicyer Kraft, außer, wo es ftäre
fer zu tröpfeln anfängt, denn alsdenn wird es ſchwaͤ⸗
her, und greift das Kupfer langfamer an. Die Hölzer,
‚nen Gerinne und Keffel, indenen es aufbehalten wird,
läßt es nicht nur unbefchädige, fondern machet fie noch
feiter , Daß fie länger, als geroöhnlich, dauern. In
den Rammern. von welchen die Keffel eingefchlofjen
‚werden ‚befindet fich Fein widriger Geruch, und man
fpürer feinen Bitriol , deffen Geruch fich fonft hier und:
da entdecket, vielleicht wegen der feuchten Luft, die ihn
auflöfet, und nicht einmal in Fäden und Eryftalle zu⸗
ſammen gehen laͤßt. Doch findet man in einigen
Kammern, wo dieſes Rupferwaſſer fließt, einen
Stctein, der hier weißlicht, dortnach Vitriolart blauliche
ift. Auch aufden Seiten der Strecken, wo fiedem Bo⸗
den der Rammern am nädıften find, haben wir ein
Mittelſalz angewachfen bemerfet,das mit feuchter und
gelber Erde vermengt, ohne Geſchmack ift, und ſich wie
Srauenglas (lapis Specularis) zerreiben läßt. Die
Bergleute, die ohnedem zu Krankheiten geneigt find,
feinten dieſes Kupfer bey verzweifelten Zufäls
len,
von dem neufohlifchen Kupferwaſſer. 339
len mit großer Zuverſicht auf deſſen Heilungskraft,
wodurch fie denn geſchwinden Stuhlgang, oder Er—⸗
brechen, oder beydes zugleich, erhalten. Bey Au⸗
genkrankheiten iſt ſein Gebrauch ſicherer, wenn es
nach Arc eines Umſchlages vorſichtig gebrauchet
wird: Denn das Rupferwaſſer iſt den Augen
dienlich, ſaget Agricola MB. bey mir 117 ©. de
Natura eorum, quae effluunt ex terra. 3
$. VI. Das Rupfer, das dieſes Kupferwaſſer
liefert, ift viel reiner, gefehmeidiger u. leichter zu ſchmel⸗
zen, als diefes Metalle übrige Arten ; daher die Gold⸗
fehmiede daraus Schüfleln, Becher, Tabacfsdofen, im⸗
mer einer mit mehr Kunft als der andere,machen, die fie
mie ſcherzhaften, bisweilen auch gelehrten Auffchriften
zieren, Wir haben dergleichen verfchiedene im II Tom.
Hungariae nouae in der Geſchichte ver Grafſchaft Zol
Part.Gener. Meınbr. Phyf-$.XI. p.305. gegeben *, So
langediefesKupfer noch im Waſſer liege,läßt es fich viel
— — leich·
* Der Wis bey ſolchen Aufſchriften koͤmmt meiſtens
darauf an, daß zu den beyden Metallen Kupfer und
Eiſen, noch ein Paar andere gebracht werden. Ein
Diabetes Heronis aus folchem Kupfer, den ich befiße,
iſt inmendig ſtark vergoldet, und die Röhre, die fich
in der Mitte erhebt, und den Heber enthalt, wird
mit einem filbernen Bergmannchen oben verfchloffen >
Dieſes hat dem Dichter zu folgenden fchönen Berfen
Anlaß gegeben: . Au
Mein Mutter war das Eifen hart
Gebahr ein Kind von Kupferart
Fragt Silber ist ein Maͤnnlein Flein
And ift mit Gold bekleidet fein. |
Man findet von dem Wunderbaren dieſes unterirdi⸗
fchen Wſſers einige Nachrichten in den Brei. Samml.
1724. Aug. IV. Cl. 5. Art. A. d. U.
349 Hiſtoriſchphyſikaliſche Anmerkung:
„leichter zerreiben, als wenn es heraus genommen ift;
denn da wird e8 etwas fefter, indem‘ feine Theilchen
fih genauer mit einander. verbinden. Der Leim
aber, den wir vorhin erwaͤhnet haben , ift nichts wei⸗
ter, als vobes Kupfer, das fich aus dem Wafler praͤ⸗
cipitiret bat, und ans Eifen anhaͤngt. Es wird jaͤhr⸗
lich nach Neuſohl in den Rupferhammer gebracht, und
dafelbft das veinfte Kupfer daraus geſchmolzen, ohne
merflichen Abgang, weil das Eifen, welches vom Ku⸗
pferwaffer iſt verzehret worden, etwas weniges fremder
Materie in eben dem Leime zurück laͤßt. Ehe diefe Ku⸗
pferwagjerquellen von einer am Tage gefchehenen
Ueberſchwemmung geſchwaͤcht wurden, welches noch
bey unferm Gedenken gefchehen ift, weiß man gewiß,
daß mehr Kupfer hat aus dem Eifen fonnen erhalten
werden. Denn es ift gewiß, daß 1707, 88 Centner Ei ·
fen inKupfer verwandelt worden,da jetzo kaum 20Cent⸗
ner jährlic) zu Stande gebracht werden, Man kann
bieraus fehließen, daß dieſe Ueberſchwemmung des Ru-
pferwaflersKraft ftark vermindert hat,und die Duellen,
ob fie gleich ftärker fliegen, den Fupfermachenden
Beift, wenn ic) fo reden darf, weiter ausgebreitet, und
viel ſchwaͤcher gemacht haben, als er bey noch ſchwaͤche⸗
remFluſſe derſelben war. Denn wenig Rammern lie⸗
ferten Damals mehr Kupfer, als jeßo von zwanzigen
gefchieht ; ja, die meiften Kammern liefern fein dichtes
Kupfer mehr, fondern nur den vorerwähnten feim, der
in Slammenfeuer muß gefhmolzen werden.
$. VII. So viel wird vonder Befchaffenheit dieſes
Rupferwaffers gen ug feyn. Ich will nun erzählen,
was fowohlich,als meine Freunde, zu genauer Erkennt:
niß von ihrer Patur, für Verſuche angeſtellet Ban.
1, Ein
von dem neufohlifch. Kupferwaſſer. 347
— — Ein Pfund des ſtaͤrkſten und reichhaltigſten
————— man langſam und nach und nach
abdunſten ließ, truͤbte ſich erſtlich, und ließ ein gel⸗
bichtes Pulver fallen, das nachgehends bis zur voͤlli⸗
gen Trockne gebracht, drittehalb Scrupel grün:
lichtes Ueberbleibiel zurück ließe: Eben dieß Leber
bleibfel ward auf gewöhnliche Art im Waſſer aufges
loͤſet, und gab eine grüne Solution, die man durch⸗
ſeigte und abdunſten ließ, worauf fih 2 Scrupel
von cryſtalliſchem Vitriole zeigten. Was vom Puls
ver noch überblieb ‚war gelb, und fechs Gran ſchwer,
‚daß alfo ein medicinifches Pfund diefes Kupfer:
waffers faft nicht über zweene Scrupel Kupfervis
triol enthält.
—— Ein Pfund eben dieſes Kupferwaffe ers, das
man mit Oleo tartari präcipitirte, ward rübe und
meerguin ;_ wie man es ducchfeigee ließ es etwas im
Filtro zurücfe, das getrocknet 22 Scrupel , mit em
menig Mittelſalze, gab.
‚3. Endlid) warf man in ein Pfund Rupferwafs
ſer in einem genau verfchloffenen Glaſe, ein Stuͤck⸗
chen Eifen, das davon bald mie Kupferfarbe übers
zogen wurde, dabey ſich hier und da Blaſen anhien-
gen: den Tag darauf ward das Wafler trübe und
weißlicht, mit weißen Etreifen an dem Boden des
Ölafes, und um das Eifen herum, worauf fich nad)
einigen Tagen ein gelbichter oder fupferfärbiger Bo⸗
denſatz um eben das Eiſen herum zeigete. |
S. VII. Aus diefen Berfuchen lernen wir folgendes:
1. Daß diefes Waſſer wirklich kupferhaltig, und
voll Aupfervirriol fen, und aus metallifchen Gaͤn⸗
gen herfomme, in denen es hier und da dem Ku:
DA pferkies
543 Hiſtoriſchphyſikaliſche Anmerkung
pferkies aufgeloͤſet hat, daher wir es, vorhin erwaͤhn⸗
termaßen, vitrioliſch nennen koͤnnen.
2. Daß es das Eiſen angreift und aufloͤſet, und
die Kupfertheilchen ‚die fich in ihm aufgelöft befinden,
fallen läßt, Die alsdenn nach und nad) die Öeftalt des
Eifens, an das fie fi) gehängt hatten, annehmen. .
Die genauere Betrachtung diefes Kupfers zeiget fol-
ches deutlih: Es machet feinen dichten und glatten
Klumpen, fondern es hängen unzählige Fleine Theis
chen, wie Fifchrogen, in ein Stüc zufanımen , das
fich zerreiben laßt, und über die Maßen zerbrechlich
ift. Es ift aber denen, die nur die erften Anfangs«
gründe von der Chymie und von Dergmwerfsfachen
veritehen ‚bekannt, daß ein Metall vom andern prä.
cipitivet wird. So läßt Aqusfort das Silber fal-
len, wenn Duecffilber darinnen aufgelofet wird , das
Bley wird vom Silber, Kupfer vom Bley, Eifen
vom Kupfer präcipitirt. Wenn man alfo etwas Kus
pfer in Scheidewaffer aufgelöfet hat, und Eifen hin⸗
ein wirft, Fann man eben dergleichen Berwandelung
des Eiſens in Kupfer wahrnehmen , wie wir von une
ferm Kupferwaffer berichtet haben, das Eifen wird
nämlich von dem Menftruo angegriffen und aufgelös
fet werden, und zugleich wird ſich das Kupfer aus
dem Menftruo abfondern, und ftatt des Eifens nad)
und nad) zu Boden finfen *, —
| | $. IX.
* Here Bel hat denen, an welche fein Auffaß gerichtet
iſt nicht nöthig gehabt zu fagen, Daß das Scheider
waſſer, nachdem es das Kupfer aufyelöfet bat, muß
geſchwaͤchet werden; meil man fonft nicht viel deutli=
ches von der erfolgenden Wirkung fehen wird. An⸗
merk. des Ueberſ. PM he
von dem neuſohliſch. Kupferwafier. 343
„IX. Da fich diefes fo verhält „wie es wirflich
an dem ift, wird man eines und das andere daraus
widerlegen koͤnnen, das von verſchiedenen unbedacht ⸗
ſamer Weiſe aus den Wirkungen dieſes Kupferwaf-
fers gefolgert wird.
‚5% Da man fo viel Kupfer aus dem Waſſer zu
nehmen pflegt, als man Eifen hinein gethan bat, fo
ſchließen diejenigen falfch, die fich einbilden , dag ir
fen ‚das vom Waffer, angegriffen werde, gebe die Rus
pfertheilchen ‚die es in fic) enthielte, heraus, Die da⸗
Durch gleichfam von ihren Banden befreyer, die uͤbri⸗
gen Theile aber verzehret würden, oder verſchwaͤnden.
2. Es hat auch bey diefer Begebenheit feine we⸗
fentliche ‚Derwandelung des Eifens in Kupfer
ftart*, wie fich die Goldmacher felbft einbilden, und
andere bereven wollen, als ob ein unvollfonmeneres
und unedleres Metall in der That feinem ganzen Weſen
nach in ein vollkommeneres und edleres Fonnte verwan⸗
delt werden. Denn aus den anı geführten Berfuchen ers
bellet , und phufifalifche Gründe zeigen genugfam,, daß
unſer Kupferwaffer gar nicht das Kupfer in Zifen
verwandelt, fondern nur Die Kupfertheilchen, die
| 5 es
* Be bat folche wirklich geglauber. ©. Polyh.
ſ. L. II. P.I. c. I. .6. Er feßet der wahren Mey:
En die Frage entgegen : Wo fo viel Eifen hingekom⸗
men fey, da nur wenig Schladen bey Sarmachung
des Kupfers übrig blieben. Kerner fey den Eifenar-
beitern befannt, daß die geringffe Menge Kupfer, Die
unter Eifen befinbfich iſt, beym Gluͤen und Schmieden
verurfache, daß das Eifen nicht ohne Gefahr der Um⸗
fiehenden nach allen Seiten foringe : Wie fich alfo das
präcipitirte Kupfer werde arbeiten laſſen. Dan wird
beyde Einwuͤrfe aus der wahren Theorie leicht ſelbſt
beantworten. A. d. U.
344 Hiſtoriſchphyſikal ſche Ar merr
es enthielt, niedergeleget Habe. "Wäre es unfer
Borfas, fo koͤnnten wir gar aus unferer Beobachtung
das Gegentheil wider die Boldömacher erweifen.
Denn wenn fo verwandte Metalle, als Kupfer und
Eifen , felbft durch —— der Natur nicht Eönnen
verwechfele werden, daß 5. E. aus dem Eifen Kupfer
wird, fofann man folches von der Kunſt, wenn fie
fich auch auf noch fo viel Wiffenfchaft gründer, noch
vielmeniger erwarten, Daß aber Kupfer und Ei-
fen unter allen Metallen einander am nächften ver ·
wande find, hat Henkel in feiner Kieshiftorie 424.
uf. S. zulaͤnglich, und mehr als wahrſcheinlich dar⸗
gethan, auch auf der 422. ©. erzaͤhlet, es ſey ihm
unter fo vielen Verſuchen Feine einzige Kupferſtufe
vorgekommen, die der Magnet nicht angezogen hätte,
daß alfo des Magnets anziehende Kraft fih nah
dem Eifen auch auf das Kupfer’ erſtrecket. Und da
Eifen und Kupfer eben die Metalle find, welche das
eigentlich fogenannte Vitriol Tiefern, das man von
den übrigen unter eben der Geſtalt und dem Anfeben
nicht fagen Fann, dern fie haben forohl feine Sub ⸗
ftanz, als feine grüne oder blaue Farbe, fo müßte
das berühmte vitriolum Hermaphroditicom , mern
es ſich irgendavo befände, ſich gewiß in dieſer ſonder⸗
baren Wirfung der Natur durch ſichere Anzeichen
entdecken, welches doch nicht geſchieht.
$.X. Da ü übrigeng das neufohlifche Kupfer, |
wafjer von Kupferfies,, der in unteriedifchen Gängen
aufgelöfet worden, vorerwähntermaßen , alle feine
Kraft habe, Iehret ſowohl die Sache ſelbſt ‚alsdas
Beyſpiel und das Verfahren der Schmolniger.
‚Die ganze metallrelche Revier um * Gebirge, iſt
| ‚innen
von dem neufohlifch. Kupferwaſſer. 345
innen und außen voll Schwefelfies, daß Daher das
fupferbaltige oder Cementwaſſer nicht nur. inner⸗
halb der Gruben, fondern auch zu Tage aus überall
bervorbricht, auch daher viel reichhaltiger und Kur
pfer fallen zu laflen tüchtiger ift, als unferes ir
Herrngrund. Ja die Schmolnizer pflegen by
trockener Witterung , und wenn die Cementquellen am
Tage vergehen, Haufen Kiefe aus den Gruben, oder
alte Pingen mit fchlechtem Brummenwafler zu begiefe -
fen; die alsdenn, indem fie den Kies durchdringen,
davon die Kraft erhalten, das Eifen anzugreifen, und
das Kupfer fallen zu laffen; folches Wafler wird
nachgebends in Gerinne und Kefjel gefammlet, und
erhält einerley Kraft. mit dem ordentlichen Gement-
wafler. Soviel fchien der Muͤhe werth, von den neu-
fohlifchen Cementwaffern anzumerken. A. G. R.
Preßburg, den 13. Aug. |
1728
— J
—*
ER
DT LOHNT, We
Neue herausgefommene
chriften |
| Elärung von der Natur der-Farben, zur Er:
läuterung der Farbentheorie des Memwton,
Halle, in der rengerifchen Buchhandlung 1749. in 8.
7B.18. Man hat dieuUrſache, warum diekichtſtrahlen
verfchiedene Empfindungen von Farben in unferm Au⸗
EN OR de
N Eberhards Verſuch einer nähern Er⸗
346 Neue herausgekommene
ge verurfachen, in der verſchiedenen Größe derlichtthei [«
chen gefucht. Hr. Eberharden ift diefes nicht wahrfchein=
lich. Wenn die Theilchen des Violetſtrahles fleiner,als
die Theilchen der übrigen Lichtſtrahlen wären, würden
fie nach feinen Gedanfen ($. 5.) Deswegen nicht Eleinere
Schwingungen in den Fafern des netzfoͤrmigen Haͤut⸗
chens, und dadurch die Empfindung einer dunflern
Sarbe hervor bringen; denn, da fie und Die übrigen -
gichttheilchen, einerley Stoß von der Sonne weg»
treibt, fo würden fie deftomehr Geſchwindigkeit von die-
fem Stoße erhalten, je Fleiner fie find, und Eönnten
alfo die gebensgeifter in eine eben fo ftarfe Bewegung
ſetzen, als die größern, aber langfam bewegten rorhen
$icherheilchen *. Hr. Eberhard fieht audı 6. $. nicht
ein, warum ſich die Eleinen Licheeheilchen leichter von
der brechenden Oberfläche follten anziehen laflen, als
Die großen, da die Kraft des Anziehens von einerley
Art mit der Kraftder Schwere ift, und ſchwere Körper
von verfchiedenen Maffen fich mic gleichen Geſchwin⸗
digkeiten gegen den Erdboden bewegen. Da fich nun
die verfchiedene Brechung der Lichtſtrahlen auch nicht
aus ihrer Theilchen verfchiedenen Figur erflären, läßt,
fo geräth Herr E. auf die Gedanken, daß fie von
der verfchievenen Geſchwindigkeit derfelben herrühret,
SE J Einer
* Mir wiffen von der Art, wie das Licht in die Nerven -
und Rebendgeifter wirket, nichts, und Können alſo
nicht enticheiden, ob man fich folche, wie die Wi a.
zweyer Kugeln in einander vorzuftellen babe, da e
Maſſe durch die Geſchwindigkeit kann erſetzet werden.
Daß einerley Empfindung in beyden Faͤllen entſtehen
muͤſſe, folget fo wenig, als daß Rartärfchen und Ku⸗
geln einerley Wirkung thun müßten, wenn fie mit ei⸗
nerley Ladung gefshoffen wurden.
Schriften 347
Einerley Kraft wird einen Körper deffomeniger aus ſei⸗
ner vorigen Richtung bringen, je fehneller er fich nach
derfelben bewegte. Die rorhen Lichttheilchen mwerden
alfo vielleicht am menigften gebrochen, weil fie am ge-
fehwindeften geben (10.11.95) Die Lichttheilchen erhal:
ten diefe verfchiedene Gefchwindigfeit, nach Herrn €. Ge⸗
danken (14.$.), da die Sonne, welche als ein Dichter
und aͤußerſt erhitzter Körper durch die zitternde Bewer
gung feiner Theile das Licht, welches ihn umgiebt, oder
fich in feinen Zmifchenraumchen aufhalt, mit Gewalt von
fich treibt, aber in. ihren Theilchen nicht durchaus gleidy
große Bewegung Dat, woraus ein ungleicher Stoß gegen
verfchiedene Lichttbeilchen entſtehen muß. Herr €. fus
cher feine Gedanken von verfchiedenen Einmürfen zu bes
freyen, und durch allerley Erfahrungen zu beftatigen:
Er bemuͤhet fich, 3. €. die Farben , welche erhigter Stahl
nach und nad) zeiget u. d. gl. aus denfelben zu erklären.
Man kann nicht Ieugnen, daß feine Hypotheſe fehr finn-
reich , und von ihm wohl ausgeführet iſt; und feine Ab⸗
handlung ſowohl Belehrfamteit, als Einficht geiget, ob⸗
wohl der Hauptgegenftand feiner Unterfuchung zu den Ges
heimniffen der Natur zu gehören feheint, Die von Menfchen
als Menfchen ſchwerlich dürften ficher eingefeben werden.
1. Verſuch eines Beweifes von einfachen Dingen, als
Elementen der Körper, worinnen nicht alleinderen Dafeyn
aus andern Gruͤnden als bisher gewöhnlich geweſen herge⸗
leitet, fondern auch deren Kräfte und Nutzen inder Nature
lehre gezeiget wird; nebſt einem Eendfchreiben an Ge.
Hochedelgeb. Hn. Joh. Heine. Gottl Juſti, J.K. H. der ver:
witweten Herzoginn zu Sach! Eifen wirkl. Rath. Der
gelehrten Welt zur Beurtheilung mit Befcheidenheif vors
geftellet von Engelbert Heinricy Schwarzen , Adv. immas
tricul. Dreßden 1749. 8. ſechs und einen halben Bogen.
Hr. Schwarze entderker dem Befkreiter der Monaden feine
Gegenmeynung in ſehr böflichen und befcheidenen Ausdruͤ⸗
KFungen. Seine Gedanken kommen hauptfachlich darauf
an: Die bisherigen Grundlehrer hatten geglaubet ein Köre
per, wie er in der Natur vorhanden, koͤnne nicht anders
zerglieders werben, ald wenn er auf geometriſche Ark in
feine
—
348 Neue herausgefom
feine gleichartigen Theile ( partes. integrantes nomoge .
peas) getheilet wurde ‚und wenn fie in diefer Theilung, fo
Lange fie nur in Gedanken Fönnten, fortführen, würden:
fie endlich auf ganz fubtile Theile, ja wohl gar aufeinfas
che Dinge kommen, melche Elemente der Körper aus.
machten. Diefe Art der Zergliederung fol dem Hn, v.
Leibnitz und Wolfigefallen haben, welches Herrn Schm-
ſchwer zu beweifen fallen durfte. Nach Heren Schw.
Anmerkung muß man den Körper erſt in feine ungleich
artigen Theile zergliedern. Die chymiſchen Elemente,
welche er als nachfte Srundurfachen der Körper annimmt,
ſcheinen ihm jedes wieder auß zweyerley Materie, aus ei-⸗
ner atmoſphaͤriſchen Luft, und aus förperlichem Feuer zu
beſtehen, die alfo wahre Grundurfachen der groben Koͤr—
per ſeyn müffen. In beyden nun findet man ſowohl eine
ufammenziehende / ald auch eine ausdehnende Kraft, und
aß die erſte in der atmofpharifchen Luft, die andere in
dein Förperlichen Feuer gar merklich den Vorzug babe.
Er will diefed nicht weitläuftig beweifen, weil es ſchon
von vielen durch Berfuche dargethan ift *. Hr. Schw.
fchließt alfo zwo Grundmaterien der Körper (zı. $.) die
elementarifche Luft und das elementarifche Feuer («ther) ;
die erfte ift eine. einfache Materie, welche mit einer zus
ſammenziehenden Kraft verfeben if, das zweyte eine ele⸗
nentariſche Materie mit einer ausdehnenden Kraft Dies
e beyde halt er für. die Grundmaterien der Körper, Die
Körper ,. die weiter aus Feiner andern Materie zuſam⸗
mengeſetzet find ; und glaubet, es laffen fich daraus alle
koͤrperliche Erfcheinungen erklären. Wach einer folchen
pbyfikalifchen Zergliederung der Körper aber, glauber ev,
koͤnne man erftlich die mathematifche vornehmen, und.
ſchließt (30. $.), wenn ein Punct von einem Drtezum an⸗
Ä a 1 Re Mn dern
* Dieſe Verſuche moͤchten itzo vielen Naturforſchern noch unbe⸗
kannt ſeyn, wenn fie nicht: aus der philoſophiſchen Hiſtorie er:
innert werden, daß ein vormaliger leipziger Philoſoph aus Den
Verſuchen eine anziehende Kraft der Luft nefchloffen hat, aus
+ denen man iso die Schwere und Die Federfraft der Luft untrüge
lich erweiſt. Was Herr Schwarze für fo ausgemacht annimmt,
. ife.nicht den Einwürfen, fondern den Demonffrationen ausge:
ſetzt, die wider die fogenannte phyficam divinam find gemachet
worden
Schriften. 2
bern beweget würde, und Fußſtapfen oder Merkzeichen
feiner Bewegung binterließe, entflunde Daraus eine Li:
nie, und eben fo aus der Linie Bewegung eine Flache,und
aus der Fläche Bewegung ein Körper ;da num bemeldere
Merkzeichen dem fortbewegten Puncte gleich wären, (denn
fonft könnten fie nicht deſſen Merkzeichen feyn,) fo entſte—
be ein mathematiſcher Körper aus fo viel Puncten, als
Merkzeichen in dem Körper vorhanden find, und diefe
Merkzeichen zufammen genommen, —55— den mathema⸗
tiſchen Koͤrper aus. Das iſt alſo ein Beweis des Herrn
Schwarzens, daß ein mathematiſcher Körper aus einfas
chen Dingen ‚ (denn dieſe und Puncte find ihm gleichguͤl⸗
tig) beſtehe *. Er ſchließt folches auch daher (32. $.),
weil bey einem zufammengefeßten Dinge, da e8 endlich
iſt, alle Eigenfihaften, und folglich auch deffen Theilbar-
Feit müßten endlich feyn. Man fönne es alfo nicht ohne
Ende forttheilen, und müffe daber auf Dinge fommen,
die Feine Theile mehr haben. Nach diefen Bemeifen mi:
derleget Herr Schwarze verfihiedene Einwürfe Heren Ju⸗
ſtis wider die Monaden; wie ed aber zu weitläuftig feyn
würde, folches bier augzuführen, jo wird man fchon ver-
niögend feyn, fich aus dem beygebrachten einen Begriff
von des Hrn. Schwarzend Abhandlung zu machen. Auch
bey denen ‚Die vielleicht nicht überall feiner Meynung feyn
fönnen, muß fie ihm doch Hochachtung erwerben, da die
Zahl der Rechtsgelehrten fehr Elein ift, die noch alsdenn,
wenn die Ausübung ihrer erlernten Wiffenfchaft fie bes
ſchaͤfftiget, noch fo viel Geſchmack an philofophifchen Be⸗
trachtungen, und fo viel Einficht in diefelben übrig bes
halten , ohne das W. 3. E. über dem oft eben fo fehr ges
misbrauchten, aber doch einträglichern E.R.W,
| zu vergeffen. —„
Die Leibnitianer erkennen Punete und einfache Weſen nicht für
einerley, und wuͤrden dieſen Beweis nicht gebrauchet haben, da
von allen Lehrern der Geometrie demonſtriret wird, daß mathe⸗
5 Koͤrper nicht aus Puneten, als aus Theilen beſtehen
DK SED
Inhalt
Ampate des dritten ei
m ‚vierten Bande,
Am
1. Ferfegung des Rarungefichte um Zn Zabago
eite "241
IL. ‚Nachricht v von dem Inhalte der 472 Rum, der Yhi-
Iofophical» transactiond‘ A DS
11. Kon einigen neu wiederholten Beruchen mit dem
groben Geſchuͤtze 268
Iv. Nachricht von den poßfnifhen — 275
V. Knuzens re eines allgemeinen Wetter⸗
glaſes SE RO
VL Betrachtungen uber Mon Einfluß der Naturlehre in
die Metaphyſik von Prof. Kaͤſtnern MS 306
VI. Bels Anmerkung von dem neuſphliſchen Kupfer
waffer
VII. Neue perausgefommene Sen 345
Hamburgiſches
Kagazin,
oder
geſammlete Schriften,
zum
Unterricht und Vergnügen,
aus der Naturforſchung
und den
angenehmen Wiſſenſchaften aberbaup
Des vierten Bandes viertes Stuͤck.
—æẽ— bey — — Grund, und in nn,
bey Adam Heine, Holle, 1753,
Ne |
— nee
jur; sr — * an
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Ber
| 17% * Me 737 L. ,
"An Account ofa Voyage
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4 2
2:08
ir — den oe <el de
Abſicht dieſes Werkes, die Neife
nach der Hudfonsbay betreffend,
ſchon angeführet*, "und geben ge=
genwaͤrtig eine vollſtaͤndigere
Nachricht davon. Dieſer erſte
| Band enthält die Geſchichte der
| Keife bis zum 10 Pier 1746, und Nachrichten. aus der
Matürgefchichte, und andern Merkwuͤrdigkeiten, und
wvon den Sitten der hdianer; welche mit den Gewohn⸗
‚heiten der aͤlteſten Zeiten verglichen worden "Die Ma⸗
terialien dazu hat der Verf, theils ſelbſt auf der Reife
geſammlet / da er von Anfang her in Willens geweſen die
Beſchreibung bekannt zu machen; theils von den Ca⸗
pitainen erhalten, Er iſt daher mit dem Verfaſſer ei⸗
‚ser Beſchreibung von dieſer ling er we dem
itel,
AESiehe das Magaj. 118, ı Et.
— Titel/ Genuine Account, anfuͤhret, ſehr uͤbel
den, daß ſolcher ſich der Abſchriften, ſo er, N
waͤrtiger Verfaffer, ven Benfißern der Nordweſtcom⸗
; mitee gegeben haste, als der jeinigen bedienet, und ſei
ner Erzählung-einen Vorzug vor gegenwärtigen. ju=
gefchrieben hat. Der Verfertiger des Genuine Ac-
count hat den Entfchluß, die Reife zu befchreiben, erft
etliche Wochen nach ihrer Zurückfunft gefaße, und
den. Titel als Agent der Subferibenten, den er ſich an⸗
gemaßt, wird Ihm von unferm Schriftfteller eben-
falls übel ausgelegt, da er meiter in feinem Character,
als die Mineralien zu unterfuchen, und die Küften
abzuzeichnen, mitgefchickt worden, und fichbeftändig
beym Cap. Moor aufgehalten, der bey weiten nicht
fo viel Küften gemeffen, als Cap. Smith, den unfer
Verfaſſer begleitet, Diefes kann unftreitig auf nie«
manden als aufden Hrn, Ellis geben, deffen Werk wir
vorhin angezeiget haben; und ob uns wohl igt ange»
führte Erinnerungen damals fehon befanne waren,
haben wir doch die Neife zuerft aus jenem erzählen
wollen, weil es ganz, und fürzer als gegenwärtiges
war, Itzo können wir zu den gegebenen Nachrichten
einige Zufäße und Verbeſſerungen fuͤgen.
Bey gegenwärtigem Werke befinden fich zwo
Charten, eine von dem füdlichen Dcean, zwifchen
‚Schottland und C. Farewel, dieandere von der Hud⸗
fonsenge und Bay, nach den Entdecfungen, die dar
‚felbft zwifchen 1616 und 1743 gemacht worden; Einis -
ge andere Zeichnungen ftellen die Indianer, und Dins
ge, fo fie angehen, als die, Sriedenspfeife (Calu-
met,) ihre Art von Wiegen und von Zelsern u. ſ. w.
vor,
A TI ‚ans iR Des
x
— ı . Ph 1%
| | N al a
pn: wa. — NE "A 44
354 y 6
J
A von der Hudfond Bay. 355
Des ‚Schreibers Nachrichten find,ordenelich wie
ein Tagebuch abgefaßt, und dienen alfo denen unges
miein/ die alle auf der Reife vorgefallerie Begebenhei ⸗
ten umſtaͤndlich wiſſen wollen. Beſonders iſt das
Wetter ſo ſorgfaͤltig angemerket, daß ſich der Verfaſ⸗
fer ſelbſt deswegen entſchuldiget: Wir koͤnnen dieſe
Bemerkung nicht ſchlechterdings als Aare
fehen; und würden ung ſehr twundern, daß Leute, die
ſich zu Richtern über Reifebefehreibungen aufwer⸗
fen „. folche "Beobachtungen mit: dem altfraͤnkiſchen
Wortfpiele einer Windphiloſophie lächerlich zu ma⸗
hen glauben, wenn’ wir nicht wuͤßten, daß dieſe Leu⸗
so wichtige Urſachen zu. einem ſolchen Verfahren has
bei Es iſt ſchon eine ziemliche "Zeit, daß die. größe
ten Naturforſcher die Bemerkung des Werters auf
dem Lande als wichtig angeſehen haben, und iſt fie
auf der See nicht noch viel wichtiger ? Kann mau
allgemeine Beobachtungen anders als aus einer großen
Menge einzelner Erfahrungen ſchließen ? Und ift es
dem Schiffer zu verargen, daß er‘ für ſich und ſei⸗
ne Nachfolger Anmerkungen auffchreibt, durch wel:
che das Leben vieler Menfchen kann erhalten werden ?
- Mögen doc) tefer, die hinter dem Dfen die Welt
een‘ ‚das überfchlagen, was für fie nichts
taugt |
"Wir wollen indeß mit folchen Nachrichten: unfern
Leſern bier nicht beſchwerlich fallen, weil derjenige,
fuͤr den ſie wichtig ſind, ſich nicht mic Auszügen _
aus Meifebefchreibungen "begnügen kann. Due
auch der Raum nicht zuläßt, dem Verfaſſer Fuß
. ir Fuß zu folgen, po müffen wir nur von denen
33 durch
durch bas ganze — rkn digkeiten
eine und die andere anführen. tofopdn dbug: —* aa
Den 29 Yu 11746 hattet ſie eine Nebel
die dem Lande ſehr aͤhnlich ſchien⸗/ und deren |
muiittags —— ——
Bandhe werwirven auch einen guten Kenner in Oer⸗
gern) wo. man Land vermuthen kann, zumal ·da ſie
oft von der zuruͤckgeworfenen Sonnenftvalen,
flefig:erfeheinen, als ob ſich — *
befände; Sie zu erkennen, muß n
obächten) ob: — — 34
veraͤndert, da man alsdenn ſchließt/ daß. fie Fein Land
ſind. Die sfelfältigentebelin diefen Gegenden ma⸗
chen aber auch außerdem; daß es unnuͤtze iſt, Ausſich⸗
‘ten von den Kuͤſten zu zeichnen, weil die Kuͤſten im⸗
mer zu einer Zeit anders. ausfehen;: als zu der an⸗
bern: nt. Smith Ta. ditn bin m ee
Wie es befanne iſt, daß diefe Seen voll großer
Stücken ‚Eis find, fo wird: man ſich einen Begtiff
von ihrer Groͤße aus einigen Begebenheiten machen
die der Verfaſſer theils aus ihrer eigenen Erfahtung,
theils aus den Nachrichten anderer Seefahrer ers
zaͤhlet, denn er hat verſchiedenes von dem, was Hud⸗
ſon, Baffin und andere in dieſen Gegenden bemerket
haben, mit beygebracht. Baffin meldet, er habe ein
ſolches Eiseiland gemeſſen, und feine Höhe 200 Fuß
uͤber dem Waſſer gefunden, iſt alſo, nach einiger Mey⸗
nung, nur der ſiebente Theil Eis über dem Waſſer,
fo muß diefes Stücfe Eis 140 Faden, oder 1680 Fuß
von oben, bis an den Boden, lang geweſen ſeyn. Das
Waſſer unterwäfcht dieſe Eiseilande, daher fie oft
umſchlagen, daß man de alfo mit den Schiffen nr
A *
N Fe
von der Hudſone Bay. 357
unahe an fie trauen Darf. ‚Den 25 Heum. wurden,
de Schiffe. durch ein Stuͤcke Eis, das über eine
Seemeile breit war, von einandersabgefondert ‚ohne
ß fie hätten zufammen fommen fönnen, weil Das
Eis. in einem fortgieng. Das fhone Wetter veran-
laßte einige $eute von einem Schiffe nach dem andern
über das Eis zu geben : Cie fanden auf dem gan⸗
zen Wegenicht mehr als drey Deffnungen in dem ie
fe, deren Feine über einen Fuß breit war: Raum aber:
waren fie in dem andern Schiffe am Bord; fo borfte,
das Eis in eine unzaͤhlige Menge kleiner Stuͤcken,
und machte gleich da, wo die Spaziergänger ihren,
Weg genommen hatten, eine fo weite Oeffnung, daß
das eine Schiff durch, felbige zu dem andern fegelte,
An diefen Eiseilande befindet fich oft. ein (harffpißi«,
ges fehr hartes Stücke, das vor den andern Theilen
denn in den Engen
die Unmöglichfeit ſchon aus bloßer Berrachrung der
Et 3 4 Ebbe
hervorragt. Es fälle meift ins blaulichte, und da
ch. diefe Theile meift unter dem Waſſer befinden, fo
ind fie ihrer Härte wegen vermögend, ein Schiff zu
Durchftoßen, wen man fie nicht forgfältig, vermeidet:
an nennet fie Tongs. Die erwähnten Eisinfeln
verfegen in den Sommermonaten die Durchfabrt
durch die Meerenge, denn weil der gefehmohene
Schnee auf dem Sande durch die Hudfong- und Da⸗
vidsengen in den Dcean fließt, fo entftehen zu folcher
Zeit außerordentliche Ströme, in welche fich das Eis
feßet, nachdem es vondem Thauen inden Flüffen, auf
den Sandbänfen, und in unzähligen Eleinen Bayen,
die fich in diefen Gegenden befinden, ift losgemacht
worden, und folchergeftalt die Durchfahrt verhindert,
Kb erzcuget fich fein Eis, wovon’
PER.
G. das H.M. II. B. ı St. Sollte es nicht wahr⸗
fcheinlicher feyn, daß dieſes Verfahren des Gouper⸗
neurs aus einer Misgunft der Hubfonsbangefellfehaft
bergerubrer ? | |
|
von der Hudſons⸗Bay. 359
— vielleicht auch, weil man fein Boot an
dt, ihm Nachricht zu geben."
| - Aoted nicht noͤthig feyn, von dan; Zubereitungen
unferer Seefahrer zu überwintern, und von den Wirs
kungen der Kälte in dieſen Gegenden weitlaͤuftig zu re⸗
den, weil ſolches aus andern Reiſebeſchreibungen bes
kant genug iſt. Doch verdienet vielleicht eine be⸗
ſondere Art Eigenthums angemerket zu werden)
Wenn Gezelte aufgerichtet werden, fo darf niemand
einen Stamm Hol; fo nahe bey eines andern Gezʒelte
abhauen, als einer aus dem andern Gezelte einen
Stamm auf feiner Schulter, ohne unterwegens zu
ruhen nach Hauſe tragen kann. ' °
Von den Dämmen und Haͤuſern, welche ſi ch die
Bieher ‚machen, wird ausführliche Nachricht ertheiler,
und durch Grundriffe und Durchfehnirte folcher Ger
bäude erläutert, ‚ohne welche Beyhülfe wir uns hier
davon nicht Deutlich erflären fönnen. Die Indianer
pflegen die Bieber entweder mit Kugeln zu fchießen,
oder noch lieber, (mei dorten die Haut befchädiger
wird) mie Schlingen zu fangen, wo Pappeläfte zür
$ockfpeife dienen. Die Indianer müffen bey tegung
diefer Fallen ihre Hände waſchen, und auf: alle Are
verhuͤten, daß der Bieber nichts davon an ben Par-
peln riecht, denn fie find fehr fcheu.
Die Vögel, welche in diefer Gegend den Winter
‚über verbleiben, werden von der Natur alle, die Ra⸗
ben ausgenommen, wider die Strenge der Witterung
ungemein verforget, Das merfwürdigfte Benfpiel
darunter geben die Nebhühner, dieden Sommer über
braun, von der Farbeenglifcher Rebhuͤhner find; Mic
Anfange des Winters verlieren fie diefe braunen Fe⸗
5 dern,
Schwanzfedern ausgenommen, die (dwarz ‚getipfelt;
find. Die weißen Federn/(nur die Schmungfedern
und die, großen: Schwanzfedern, nicht). find Doppel,
oder gefuͤttert: Jeder Kiel namlich bat Doppelte
dern, deren eine in der andern waͤchſt, die innern
kleiner, als die aͤußern, gelinder und, wollichter. So
haben fie im Winter noch einmal ſo viel Federn,
Sommer. Dieſe weißen Federn, verlieren fie im Fruͤh⸗
jahre, undbefoinmen ihrebraunen Federn wieder, (da,
nur eine. an einem Kiele ift,Jmenn der Sommer angeht.
Die Kebhübner find an der, Geſtalt des Kopfes den,
englifchen nicht unähnlich, ‚aber, die. Schnäbel, find,
mehr zuruͤcke gedrückt, und Fürzer, Ueber den ugen
haben ſie kleine roihe Kaͤmme, der Bau ihres Leibes
iſt wie bey einer Taube, aber viel groͤßer: Ihre Schen⸗
kel ſind zottig; Sie naͤhren ſich wenn die Erde mit
Schnee bedeckt iſt, von den Aeſtchen und. Knoſpen der
Pappeln, die man mit Gries vermengt in ihren Kroͤ⸗
pfen ſindet. Sie laufen wie die engliſchen Rebhuͤhner,
und halten ſich wie dieſe volfweife. zuſammen, “aber et.
nur den Winter über ;, Sie haben ihren Ramen auch
wegen ihrer Aehnlichkeit in dieſen beyden Abſichten mit
den engliſchen Rebhuͤhnern erhalten*. Die meiſten
Rebhuͤhner waren dieß Jahr um den 13 Weinmonats
völlig weiß, bie — Tiere werben ebenfalls
er 1%
© Denn ſouft fan man auch aus des Verfaſſers Be⸗
ſchreibung nicht klug werden, ob es Rebhuͤhner oder
was es ſonſt iſt. Der meiſten Reiſenden Nachrichten
aus der Naturgeſchichte ſind, wenn ſie keine Zeich⸗
nungen haben, eben ſo unbrauchbar, weil fie feine ſy⸗
fiematifche Kenntniß der Naturgeſchichte befigen.
‚vonder Hudſons 361
Winter mit waͤrnietn Declen derſorhet / denn
gegen den
Kun Felle von Thieren die im Som̃ mer getoͤdtet wor⸗
den, ſind von geringem Werthe und wird mit ſolchen
ein Handel getrieben. Die Kaninchen haben im
Sommer ta kurze Haare, braͤunlichter Farbe,
die im Winter nicht abfallen, ſondern laͤnger und weiß⸗
werden. Wenn man an. ihnen mur die Wur zel der:
Haare, oder bis die Haifte braun ſiehet, ſind ſie am⸗
beſten zu eſſen.n Bierfcheinen in ihren Fellen groͤs
fer, »äls die engliſchen Kaninchen, ; ‚aber; nicht meht
ſo wenn fiesäbgegdgenrfind. Ihr Kopf unda ihre
Ohten ſind Kaninchen, * geihwdigüf —
Hafen aͤhnlich Jia umid did And mal
uUnter Dig Winehfehaft, neichenißi Engekländen
——— auch/ daß fie wöchentlich zwey ·
in jede Gezelt eine Art won) Getraͤnke gebrauet
en welchernen Verf. Sprücg Beer tiennet Ob⸗
wohl das eigentliche Gewaͤchſe, von weſchem das Bien
ſeinen Namen Sat, Spruoe) innerhalb zwanzig Mei⸗
len nicht befindlich war, fo bedienten ſie ſich doch, fat
deſſen der Gipfel von jungen Fichtenbaͤumen, und der
Bei faſſer beſchreibt ihr Verfahren folgendergeftalt x
Wenn der Keſſel faſt voll Waſſer iſt, fuͤllet man ihm;
noch mit kleinen Fichten; Ein einziger Verſuch wird
lehren, wie viel Fichten das Waſſer, das man hat,
vertraͤgt: Alsdenn laſſe man die Fichtengipfel unter
Waſſer kochen, bis die Fichten anfangen gelb zu wer⸗
den, und die Rinde ſich abfchäler, oder die Aeſtchen
leichte abgehen, wenn man daran ziehet; darauf neh⸗
me man den. Kefjel weg, und die Fichten aus dem
Waſſer, und zu, ungefähr zwo Gallons dieſes
Saftes thue man ein Viertheil einer Pinte Zuckerhe⸗
| fen
” - Pr
? -
362 —HNMN
RT
fen (Molofles.) ———— den A— ist ben _
das Feuer, und laffedie Feuchtigkeit $ mal *
den; bis ſich ein Schaum erhebet alsdenn
man die Feuchtigkeit ab, und gieße ſie in bin Gef, |
in das man zuvor, wenn es zwölf: Gallonen hält,
ungefaͤhr zwo Gallonen kalt Waſſer gegoſſen hat;
Wenn das Gefaͤſſe woll iſt, lade man ein Schießge⸗
wvehr mit etwas weniges Pulver ohue Pfropf feure
lsdenn zum Spundloche hinein; Po wird die Feuch ⸗
tigkeit Dadurch zu arbeiten anfangen z Ungefaͤhr in⸗
nerhalb 24 Stunden mache man das Gefaͤſſe —*
das Getraͤnke wird zum Gebrauche dienlich ſeyn. Der
Verf. meldet, daß dieſes Bier viel dienlicher gewe⸗
ſem ails das Waſſer son aufgethautem Eiſe, und ver«
hindert, daß die Leute niche mir Verſtopfungen ge⸗
plaget worden, welches fonft aller‘ — ————
den Winter uͤber geweſen. Daher nehmen die Dies
dienten der Factorey, wenn ſie ſich auswarts in einem
Gejelte eine Weile aufhalten wollen, Qunterhöfen mit]
ſolche unter ihr Waſſer zu mengen nah
Von der ————— Veefaſſer noch
an, daß ihrer zu 200 in einem Wolke zuweilen bey⸗
ſammen find, welche der Jaͤger auf die Ebenen aufs
Eis zu treiben ſucht, und fie daſelbſt in beſtaͤndigem
Schrecden erhält, indem er immer Eleine Ladungen
Pulver unter fie voͤfeuert da ſie denn immer vor ihm
auffliegen und ſich wieder ſetzen: Er verfolgt ſie ſolcher⸗
geſtalt fo lange, bis fie muͤde, und fo zahm als Kuͤch⸗
fein find, da er denn fo viel von ihnen tödter, als er
will, Cinigevon ben Factoreybedienten und India⸗
nern haben eine Pfeife, mit der ſie dem Habichte
nachahmen, und wenn ſie ſehen, daß die Rebhuͤhner
einen +
N
N
‚von der Hudſons Bay . 363
‚einen weiten Flug unternehmen wollen, verurſachen
ſie damit, daß ſich ſelbige wieder ſetzen. Die Rebhuͤh⸗
ner waren damals bis in die erſte Woche des Chriſt⸗
monats in großer Menge, und alsdenn hoͤrte ſolches
auf, weil nicht fo viel Schnee auf den Hügeln, als
in den niedrigen Gegenden, wo ſich die Engellaͤnder
befanden, war, und die Rebhuͤhner dorthin gehen konn⸗
‚sen, ſich von: Beeren zu naͤhren, die den ganzen Win⸗
ser über bleiben. ı Die Menge von Leuten, die. ihnen
immer nachfteflte, und nicht die Zeit lieſſe, fich zu ver«
ſammlen, vertrieb fie-ebenfalls; Bey großer Kälte
geben fie keine Jagd, weil ſie fich in den Wäldern
aufhalten. Faſanen, die den englifchen ſehr ähne
lich find, befinden ſich ebenfalls dafelbft, aber nur
wenige den Winter über, und haben doppelte Fe—
dern. Sowohl diefe, als die Habichte oder Beyer,
‘und eine andere Art Nebhühner, die fie Waldrebhuͤh⸗
ner nennen, verändern gegen den Winter jmar Die
Federn aber nicht die Farbe, Von den Fafanen und
Geyern giebt es vielerley Arten. Das Waldrebhuhn
"hat einen rothen Kamm über den Augen ; es wird
‚oft getödtet, indem es auf der Erbe figt und fchläft,
und zu anderer Zeit hat man fich mehr zu befürchten,
daß man ihm zu nahe fommt, als daß es davon flie⸗
Bun denn oft muß der Jaͤger etliche Ellen zu⸗
ruͤcke gehen, wenn er es fchießen will, Damit der Schuß
‚wegen zu großer Nähe den Vogel nicht zu fehr zex⸗
fleiſcht. Die Rebhuͤhner und Kaninchen, die fie beka⸗
men, betrugen gar nicht ſo viel, daß ſie gegen die
hundert Dutzende, die Hn. Hudſons Leute getoͤdtet
hatten, oder gegen die achtzehnhundert Dutzende, die
von In, Thomas Buttons Leuten umgebracht worden,
mären
waͤren zu rechnen gewefen, und unſere Seef
«den auch nicht fo vielbekommen Haben, venn ſiegleich
allen ihren Fleiß angewandt haͤtten. Man —*
ſer Jagd noch eine andere von Voͤgeln rechnen die
der Berf. Willoks nennet, und die ſich beſtaͤndig in
den Meerengen befinden. Sie find ſchwer mit Schief-
‚fen zu tödten, als am Kopfe, und man ſchießt fie bloß
sur Luſt, denn auch die Seeleute eſſen fie felten oder
niemals "Wenn man einen ſchießt, ſchwimmen die
andern um ih herum, ohne ihre Gefahr und was
dem andern begegnet iſt/ zu merfen daß man den
EN zu wiederholen Gelegenheit. dar.“ 110939
Von den Indianerm welche ben S „DW, Theil
der Hudfonsbay bewohnen, und eigentli ‚die 2
indianer oder Ri ſtinons find, ‚werben 4 verfchiede-
ne arfige, Nachrichten ertheilet, | Eie | ſind Si aa
wohlgebildetes, gefundes und munteres rn und
faſt noch beffer, als die Ener, geftalte
ben . ‚einen guten Verſtand, eine lebhafte
kraft, faſſen und bepalten alles leichte. Die Pie
heit. ift ihnen nicht ganz, unbekannt, und ſie verd
‚men die Laſter, fie find gegen einander. eufelig un
‚gefällig, und ) verehren das Alter, wiſſen J re Ge⸗
ſchaͤffte mit fo viel Klugheit A als gefistere, Mn
zu führen. Die Indianer, welche die Factoreyen bes
ſuchen, weichen etwas von dieſer Abſchlldern ng ab*.
Die Anbiatter werden weiß gebohren da fe hi
"Kinder meift nackend gehen, ſich Sen hr. ie ie r
Sommerſoune, der Luft, und dem
Zelte ausfeßen, ſo befommen fie eine * |
J das 9.0. 4.04. D. n& —
von der Hudfond- Bay. 665
nerfarbe; Ihre Kleidung beſteht aus Thierhäuren,
‚ und diefes giebt dem, Verf; Anlaß zu erwähnen, daß
die Kleidung der europäifchen Voͤlker lange Zeit eben
fo befchaffen gewefen, wie er denn hin und wieder
Gelegenheit nimmt, die Sitten der Indianer mitden
Sitten der ältern Europäer zu vergleichen. ıDabey
den letztern allerley Kuͤnſte und Wiffenfchaften und da⸗
durch andere Gewohnheiten aufgefommen, fo ift bey
jenen alles in der erften Einfalt geblieben. Die Ues
bereinftimmung ihrer. Gebräuche aber zeiget an, daß
fie mit den Europäern einerley Urſprung gehabt. Die
Ehe iſt bey ihnen gebräuchlich, aber nicht die einges
bitdete Gemeinfchaftder, Weiber, von der man mit
Grunde glauben kann, daß fie.nirgends in der That
ſtatt gefunden. . Die Heirath ift.bey dieſen india:
nern mit einem Vortheil verbunden, der fie Dazu bes
fveget, und alle, Völker, Dieeben dergleichen Lebensart
batten, muß bewogen haben, denn Die Kinder ver
fihern fie vor Mangel im Alter, und find als ihr
Reichthum anzufehen. Die Kinder jagen für ihren
» ‚ Bater, wenn er felbft folches nicht mehr zu thun
vermögend ift, und außer dem verhungern müßte :
Hieraus folget, daß die Gemeinfchaft der Weiber uns
tee Bölfern, die von der Jagd gelebt haben, niefann
im Gebrauche gervefen feyn, weil auf die Art mehr
Vortheil dabey ift, eine eigene Frau zu haben. Auch
die Weiber wuͤrden bey der Gemeinſchaft nicht wiſſen,
von wem ſie ſollten ernaͤhret werden, da ſie ſelbſt nicht
jagen konnten. Wenn ein Indianer finder, daß er
geübt genug in der Jagd ift, mehr als eine. Frau, zu
ernähren, fo nimmt er die zweyte und vielleicht die
. welche Zahl ſie ſelten uͤberſchreiten. Wenn ei⸗
he
6 Machricht
ne Indianerinn ſchwanger iſt, ſo ſchonet ſie ſich nicht
mehr als ſonſt, ſie unternimmt eben die rbeit, und
glaubt, ſoiches werde ihre Geburt erleichtern, mid ihr
Kind ſtaͤrker machen ; bey der Geburt ſtehen ihr an⸗
dere bey, und die Männer gehen aus dem Gezelte,
oder man ziehet einen Vorhang von Häuten vor. Die
Geburt wird ihnen leichte, und den Tag darauf gehet
die Frau in das Holz; mit dem ’neugebohrnen Kinde
auf dem Rücken, ihr Feuerholz zu holen, und feset
* gewoͤhnlichen Geſchaͤffte wie zuvor for 9
Ehe fie. mit den Europäern bekannt wurden; has
ben fie Kräuter ftatt des Tobacks geraucht, da ſie ſich
itzo des brafilianifchen bedienen, ‚und damit Die ges
trocfneten Blätter von einem Kraufe,das dem Buche»
baume gleichet, vermengen, die Hiße zumäßigen. In
Mangel deſſen, thun fie Pappelknoſpen unter den
Toback. Der Berf, glaubt, die Gewohnheit Tobach
u. a. Kräuter zurauchen, ſey unterden Alten befannt‘
gewefen, aber bey den Griechen abgefommen, und
wie man fie alſo in Europa erneuert, als was
ganz neues angeſehen worden. Er führer eine Stelle
aus dem Plinius (Naturgeſch. 28 B. ı7 €.) an,
daß man bey gewiſſen Kranfheiten das Rauchen als
ein Heilungsmittel gebraucher; und erzähler ausdem
Herodotus (L.I. N. 211.) Pomponius Mela (L. I. ci
2. de Thracia) Solin (ec. 15. de Thracum moribus)
und Strabo (L. XV. pag. 494), daß verfhiedene
Voͤlker bey Feften u, a. Gelegenheit Dinge, die ei:
nen Rauch verurfachen, ins Feuer geworfen. "Die
Indianer machen ſich Pfeifenkoͤpfe von: Steine, an
welche fie ein kurzes Rohrchen ſtecken, den Rauch dar
durch einzufangen, Wenn fie englifche Pfeifen bekom⸗
men,
von der Hudfond: Bay, | 367
men, brechen fie folche ganz furz ab. Bey ihrer Ca⸗
humet oder Kriedenspfeife merkt der Verf. an, daß
fie im Weſentlichen ihrer Geſtalt, wie ihres Gebrau
ches mit dem Merkuriusſtabe uͤbereinkomme. Es’
fehlen ihr zwar die Schlangen, die der Merkurius—
ſtab hat, und ſtatt deſſen iſt es eine Pfeife; aber die Ges
ſtalt eines Stabes und die Fuͤgel daran machen doch
das Hauptwerk aus, die Indianer ſelbſt veraͤndern
die Zierrathen der Fliebenopfeife, und die Schlangen
ſcheinen ein Zuſatz zu ſeyn, der erſt nachgehends zum
Merkuriusſtabe gekommen: Da übrigens die Fries
denspfeife, wie der Merfuriusftab, ein Zeichen eines
Abgefandten ift, fo folgert der Verfaſſer daraus, daß
diefe beyden Dinge nicht ganz unterfchiedene Erfin-
dungen americanifcher und europäifcher Völker, die
nur einige Gemeinfchaft mit einander gehabt härten,
find. Der Berfafler bat bey Bergleichung der In⸗
dianer mit den älteften Bölfern, mit dem P. Lafiteau
einerley Abficht, deffen Werk er auch anführer. Die
Indianer haben Feine Regierung unter fich, jedes
Dberhaupt feiner Familie ift niemanden ſonſt untere
würfig, eben wie es in alten Zeiten gemwefen ift. Aber
wenn fie des Handels wegen eine Reife antreten , fo
muͤſſen die verfchiedenen Samilien, die ſich da zufam» {
men fchlagen, nothwendig einen Vorgeſetzten haben,
wie ihnen auch ein Wegweiſer noͤthig iſt. Iſt alſo
ein Indianer als ein geuͤbter Reiſender bekannt, fo
gehorchen ihm die andern auf der Reiſe, ſo lange fie .
bey der Sactorey find, und auf dem Ruͤckwege, aber
| ‚länger dauert diefe Berbindlichfeit nicht. Die Facto«
reybedienten heißen diefe Führer. Capitains, und
wenn ſolche Capitains zur: Factorey kommen, be⸗
4Band. Ya ſchenkt
368 ht
ſchenkt fie der Gouverneuer mit Fa das
mit leonifhen Treffen eingefaßt, ungefähr “wie. die
Trummelfchläger haben, und mit einem dito Hu»
te, in dem eine gemalte Feder ſteckt; auch befommen
fie etiva ein Paar englifhe Strümpfe von zweyerley
Sarbe, und haben etwa einen indianifchen Schuh an
einem Fuße, und einen englifhen am andern, Fer:
ner laßt man den Capitain in die Factorey, welches:
den andern Indianern nicht verftattet ift, mo er mit,
dem Gouverneur Tobac raucht; Er befindet fih auch
beym Handeln mit dem Gouverneur im Zimmer, da
die uͤbrigen Indianer ihre Waarenzur Factorey hin⸗
aus durch ein Fenſter bekommen. Die Capitains geben
ihnen durch ſolche Umſtaͤnde ein Anſehen bey ihren
Landsleuten, und erhalten das nicht umfonft*. Es:
giebt auch andere Indianer, die fie Capitains der Fluͤſ⸗
fe nennen, ‚das heiße nicht mehr, als daß fie die Führer
der Indianer an diefem oder jenem Fluſſe find,cder von’
den andern in folchen Dingen, wo es diefe für noͤthig
befinden, befragt werden; imgleichen daß die andern
Indianer ihre Borfchläge anhören, wenn fie.auf die.
Jagd, in Krieg, oder zum Berfauf ausgehen wol⸗
len : Aber zum Zwange haber ſie keine Gewalt, die
‚andern
*Auch in Africa haben die Europäer den Wilden die
Thorheit beygebracht, mit europäiichen Kleidern und
| Ehrenbezeugungen groß zu thun. Wie der Verf. die
»Gitten der Indianer mit den Gewohnheiten der Altes
ſten Völker vergleichet, fo hatte er Diefe ihre Einfalt,
daß fie folche nichtswuͤrdige Unterſcheidungszeichen
nicht umſonſt verlangen, mit der Thorheit un
dener Europäer vergleichen koͤnnen, Die Frank reich
Ir fo ie Dinge * noch ag bez.
za hlen.
von der Hudfond: Bay. 369
andern leiften ihnen gar feinen Gehorfam, und alles
ihr Anfegen koͤmmt auf die Hochachtung an, welde
Die andern für fie hegen ; wenn diefe vermindert wird,
fälle auch ihr Anfeben,
Außer den Capitains find noch weyerlen Perſonen
von beſonderm Anſehen bey den Indianern, die Aerz⸗
te und die Beſchwoͤrer. Der Arzt beſchenket den
Gouverneur, damit er die Erlaubniß erhaͤlt, wie der
Capitain, mit ihm zu rauchen. Er kauft einen klei⸗
nen Kaſten voll Arztneyen, der mit Zuckerwerk, ſpani⸗
ſchem Suͤßholz u. d. gl. angefülleeift, und ihm durch eis:
nen Engelländer aus der Factorey nachgerragen wird,
Er kauft auch abgedruckte Bilder, die er forafältig
vorzeigt, weil er aus der Factory nach feinem Ge⸗
gelte gehet. Die Indianer, welche nicht wiſſen, daß
Ber Doctor Geld für ſolche Vorzüge gegeben hat, bil⸗
den fich ein, er muͤſſe gewiß ein großer Mann fen,
daß er fo viel Ehre genieße, Daß ihm ein Engellaͤnder
aufivarte, undglauben, alles gefchede aus Hochachtung
fuͤr ſeine Gefchicklichfeit und feinen Berftand, Wenn’
der Arzt feinen Kaften Fauft, fo fage man ihm, für was:
das u. jenes gutfen, obwohl alles zu allen Dingengleich
gut oder nicht gut iſt. Aber wozu es gueift, das befiehle
er feiner Srau zu merken. Wie der Verf, ift berichtee
worden, braucht man diefe Xerzte vornehmlich in Faͤl⸗
len, die zur Wundarztney gehören; Sie beſitzen einige
Kenntnifi von Pflanzen und thun damit große Euren,
die vermuthlich am meiften daher rühren, daß ihre -
- Kranken ver Bewegung gewohnt, und nicht zärtlich
find. Wegen der vielen Bewegung, die fie haben und.
- ihrer mäßigen Lebensart wiffen fie von wenig Kranfheis
ten. Ihr — 9 —— iſt Schwitzen,
welches
370 Nachricht vonder Hudſor
welches fie folgendergeftalt verrichten : Siemadhen eine
$auberhärte von biegfamen Aeſten, die fie abbauen und
fo in die Erde ftecfen, fo hoch, daß eine Perfon dar⸗
unter fißen kann. Ueber die Aeſte breiten fie Bieber-
häute, oder andere warme Deden, und macheninei-
niger Entfernung davon ein Feuer, in welches fie große
Steine legen, und wenn folche heiß find, fie in das
Zelt auf Sand legen, bis es in dem Ögzelte außeror:
dentlich heiß wird, Alsdenn gehet der Kranfe hinein,
und bleibe bis das Öezelt fühle wird, da er alsdenn ent«
weder indas Waſſer läuft, oder die Decke abgeworfeh
wird, und er. foin der freyen Luft auch im falten Fruͤh⸗
lingswetter figet, und den Schweiß abkratzet; wie er
denn auch wohl gleic) nach dem Schwißen ins Waſ⸗
ſer, das voll Eis ift, läuft, ohne Schaden zuempfins
den. Der Berfalfer vergleicht diefe Gewohnheit zu
fchwigen mit ähnlichen Öebräuchen alter Voͤlker, der
ven Herodotus (L. III. n. 73.) und Strabo (L. 3.
106.) erwähnen. Uebrigens find fie der Meynung,
die Wiffenfchafe der Arztneykunſt fey nicht zu erlere
nen, fondern fie erbe von Vater auf den Sohn.
Die Indianer glauben einen Geiſt, den fie Manitou;
nennen, und ihm alle Bollfommenbeiten der Gottheit
zufchreiben, und einen andern Vitico, den fie als den
Urheber alles Uebels fürchten. Die Beſchwoͤrer ruͤh⸗
men fich einer betondern Vertraulichkeit mit dem lege
teen. Es verlohnt ſich nicht der Mühe, hier die Gas.
keleyen anzu uͤhren durch welche fie ihre dummenLands⸗
leute in dieſer Einbildung zu erhalten ſuchen Mit dieſer
Nachricht von den Indian rn ſchließt ſich der iſte Theil
des Werkes; von dem 2ten ſoll kuͤnftig
geredet werden,
& I
⸗
"HL. Wie
1 aa 371
ERLELESERELETETZEEIEE
II. |
Wie der
Bft Mortel zu Madraß in Oſindien
gemacht wird:
In einem Briefe
Seren Iſaae Pyke, Eſqu.
Gouverneur yon St. Helena,
an Edmund Halley,
L.L.D. Kon. Aſtronomen, Vicepraͤſidenten der K. G.
beſchrieben, und von ihm der Geſellſchaft
| mitgetheilt.
Aus vn Philof. Tranfactionen,. AR 3 Art.
| | an nehme fünfzehn Scheffel feifchen Gru⸗
N benſand, der wohl gefiebe ift, und thue
dazu eben fo viel Steinkalk: dieſes lafle
man mit Waffer auf die gewöhnliche Art durchnegt,
zweene oder drey Tage beyſammen liegen.
Alsdenn loͤſe man 20 Pf. Jaggery (welches un⸗
reiner Zucker oder dicke Zuckerhefen ſind,) in Waſſer
auf, und ſprenge dieſes Waſſer uͤber den Moͤrtel, ſtam⸗
pfe es unter einander, bis alles wohl vermengt iſt,
und laſſe es alsdenn auf einem Haufen liegen.
Weiter ſiede man einen Vierthelsſcheffel Bramm,
Goes eine AA EIREDNIENRN wies» = (a. Tare) oder
Yaz das
372 Wie der beſte Mörtel zu Madrag
das Mitte zwiſchen diefen und der E Eibfeift) y zu einer
Gallerte, ale drücke folches Durch groben Cannefaß
durch: vie F Senat die fich ausdruͤcket, hebe
man auf...
Man: hebikle and ehten \ Wierrheiefheffet Miro:
ii (eine Art Pflaumen) und) foche fie gleichfalls
zu einer Gallerte, hebe auch diefes Waffer ebenfalls
auf: Wenn man ein Gefäß hat, Das groß genug ift,
Fann man alledrey, das Jaggerywafler, das Gramm⸗
wafler und das Mirobolanenwaffer zufammen thun.
Die Indiauer hun. ordentlich in wenig feinen Kalf
Hinein, damit ihre Arbeiter es nicht trinken.“
Wenn der Mörtel geſtampft iſt, und zu —
wird, ſo beſprenget man ihn mit dieſer Feuchtigkeit,
da er denn ungemein gut zur Verbindung der Ziegel
und Steine wird; der Arbeiter hat allezeit etwas ſol⸗
cher Feuchtigkeit ben der Hand, feine Ziegel damit zu
beneßen, und wenn fie zu dicke — verduͤnnet er —
mit friſchem Waſſer. ——
Man nierke auch, daß der Mörtel nicht nur vo)
| und vermengt, ſondern auch wohl ar
getragen werden muß, daß jeder Ziegel, oder jedes
Stücde Ziegel, mit dem Mörtel eingeſetzt, und jede
Lücke damit ausgefüllt wird, obwohl nicht fo dicke als
der englifche Mörtel : Lieber jebe Schicht Ziegelwird
auch etwas davon fehr dünne aufgetragen. Hat die
Arbeit einige Zeitgeruber, wenn es auch nur ſo lange
gewährt hätte, als das Fruͤhſtuͤck oder das Mittags-
mahl gedauert har, fo fange man nicht eher wieder
an, bis der Mörtel, vermitrelft eines Loͤffels, mit die⸗
ſer Feuchtigkeit von neuem benetzt worden ift, und le⸗
ge alsdenn erſt Mn Mörtel auf, Denn en
| oͤrte
imn Oſtindien gemachtwird. 373
Mörtel gleich fo durchnetzet iſt, trocknet er doch viel
eher, als jemand, der ihn nicht unter Haͤnden gehabt
bat, ſich einbilden follte, beſonders i in heißem Wetter.
Zu ſtarker Arbeit wird eben der Moͤrtel ſolgen⸗
dermaßen noch verbeſſert.
Man nehme groben Hanf, und winde folchen lo—
fer in Bündel, fo dicke als ein Manngfinger, (in
‚Engelland bedienet man ſich Ochfenhaare ftatt bieſes
Hanfes) alsdenn ſchneide man ihn in Stuͤcken, etwa
einen Zoll lang, und wickele ihn wieder auf, daß er
locker liegt: alsdenn ſtreue man ihn leichte über den
andern Moͤrtel, der zu gleicher Zeit muß umgewandt,
"und folglich dieſe Materie mit bineingettieben werden,
Man muß Arbeiter Halten, die ihn in einem Tage be«
ftändig ftampfen, und alles wohl untereinander men⸗
‚gen, bis der Hanf mit dem Mörtel vollfommen ver-
bunden ift. Weit es fehr ſchnell trocknet, muß man
es fleißig mit vorermähnten Jaggery⸗ Gramm ⸗ und
‚Mirobotanenwafler befeuchten, dazu man auch) ſchlecht
Waſſer nehmen kann: Wenn es ſo durchfeuchtet und
geſtampft iſt, wird es ſich wohl untereinander men⸗
gen, und damit bauen fie (ob es wohl bey den gemeis
nen Hausmauern nicht gewöhnlich ift,) wenn der
Bau ſehr ſtark werden fol, 3. E. den Kirchenthurm
zu Madraß, an dem gebauet wurde, ‚wie ich mich zu⸗
fee dort befand, . Auch machen fie einige Zierrathen,
als Säulen, Bogen oder Bitdwerfe, die fie in Gaͤr⸗
gen auffegen f auf diefe Art.
Zu den gemeinen Gebäuden in Madraß, n wo bie
Regenzeit nicht über drey Monate im Sabre anhält,
und bisweilen noch von kuͤrzerer Dauer iſt, legen ſie
| ordentlich die gemeine Ziegelarbeit in leimichten Thon,
| Y4a SUND
| 374 ie der befle Moͤrtel zu Mat
‚und überftreichen fie auf benden Seiten mie diefem
Mörtel, der noch kann en werden, = viel
‚von dem Mörtel zum bauen. |
Wenn man den Mörtel —— maßen
zubereitet hat, muß man etwas davon abſondern,
und zu jedem halben Scheffel das Weiße aus fuͤnf
oder. ſechs Eyern und 4 Ungen bee. (oder ordentliche
‚ungefalzene Butter,) nebft einer Kanne Burtermilch
thun, auch folches alles wohl unter einander ruͤhren:
Mit dieſem vermenge man ein wenig von dem Mir-
‚tel, bis er alle Ghee, Buttermilch und Eyweiß ein, e⸗
ſogen hat: das uͤbrige mache man mit ſchlechtem fri⸗
ſchen Waſſer gelinde menge es ſo alles untereinan-
der, und laſſe es eine Kelle voll auf einmal auf einem
‚Steine, vermittelſt einer ſteiner nen Walze,zermalmen,
auf eben die Art, wie die Chocolate ordentlich in
Engelland gemacht oder zertrieben wird: dieſes la
man in einem Troge bis zum Gebrauche ſtehen. Wenn
man ſich deſſelben bedienet, und es zu trocken ſeyn fol
te, ſo benetze man es mit ein wenig Waller oder vor-
erwaͤhnter Feuchtigkeit, Dieß if der andere Mena
‚zug beym Uebertuͤnchen.
Man merke, wenn der erſte beym Bitten i
aufgefragen worden, fo muß folcher mit einer Kelle,
oder einem glatten Steine wohl überrieben, und mie
Grießſande, der, nachdem e8 die Umftände erfordern,
mit Waſſer oder vorerwähnter Feuchtigkeit benetzt ift,
beftreuet werben, darauf man ihn denn wieder harte
druckt. Wenn dieſes halb trocken iſt, nehme man
vorerwaͤhntes Mengſel zum feinen Tuͤnchen, und wenn
es > gan trocken ift, trage man.den Firniß —
N
in Offindien gemacht wird. 375
fen auf. Soll es aber bald trocken werden, muß man
den Chinamfaft mit einem Pinfel aufftreichen,
‘ Die befte Are des Firniffes zum Weißen wird
folgendergeftalt gemacht: Man nehme eine Gallone
Toddy, eine Pinte* Buttermilch und fo viel feinen
Chinam, oder Kalf, als genug ift, es zu färben ;
man thue darunter etwas von vorerwähntem Chi⸗
namfafte, und. überftreiche damit. gelinde, wenn al⸗
les eingetrocknet ift, wiederhufe man folhes, Eine
solche Tünche ift dauerhafter, als manche weiche Stei⸗
ne, und hält das Wetter in Indien beffer aus, ‚als
‚alle Ziegel, die fie daſelbſt verfertigen.
Zu einigem von dem feinen Chinam, das viel
üble Witterung und Regen aushalten foll, nehmen
ſie ſtatt der Ghee Senföl, bisweilen Fochen fie auch
die Rinde. des Mangobaums und andere anbaltende-
Rinden, aud) Aloes, die bier in Mienge am Sees
‚ufer wachfen; zu.allem feinem Chinam aber, dag zu
‚dem auswendigen Tünchen dienen fell, nehmen fie
——6 die hier Toyre heißt. Zu Arbeit, die
inwendig bleibt, brauchen ſie ſehr duͤnn und ſchwach⸗
gemachten Leim, ſtatt des Kleiſters zum leberweißen,
und thun manchmal ein wenig Gummi dazu.
Zu merken. Da einige der. erwähnten Sachen
in England. nicht zu haben find, fo wird es nicht uns
dienlichfeyn, etliche hier zu erwähnen, Die, meinen Ges
danken nach, von eben der Befchaffenbeit find.
Was alle anhaltende Rinden betrifft, halte ih
Eicyenrinde fo gut, als einigeandere., |
| ET VRR Statt
* Die Sallone hält acht Pinten. Miege Staat von
' Großbritannien, ITh. 428, A. d. Ueb.
X
⸗
Statt Aloes fönnen Terpenebin, oder Ninde
und Aefte des wilden Pflaumenbaums dienen. Ob
der Terpenthin gleich nicht fo ftark ift, kann er doch,
in größerer A ——— zu m ber Abſicht
dienen.
Es giebt eine Ye von Aloes J— die
oft ſehr wohlfeil iſt. Statt der Mirobolanen kann
Saft von wilden Pflaumen, und ſtatt des Jaggery
unreiner Zucker, oder Zuckerhefen gebraucht werden.
Statt des Coddy, welches eine Art von Pälmmioein.
iſt, wird der Birkenſaft ziemlich dienen.
Anmerkung. In China und an andern Orten,
machen ſie den Moͤrtel mit Blute von allerley Arten
Thiere ein, aber man ſagt, Die vorerzaͤhlten Ingre⸗
dientien baͤnden eben ſo wohl, und thaͤten vollkommen
ſo gute Dienſte, ohne dem Moͤrtel eine ſo — RN
be zu geben, wie das Blur. |
Man halt in Indien dafür, vorerwaͤhntes Tuͤnch⸗
werk uͤbertreffe alles, was bey uns die Stoccaturar⸗
beiter brauchen, und ic) habe ein Zimmer mit fol:
chem Mörtel ausgetünche gefehen, der dem beften Tä-
felwerk an Ölätte und Schönheit gleich Fam. Icht bin
Mein Herr | —
Ihr gehorſamer Diener
Iſaac PM
CR 0— N
376. Wieder beſte Moͤrtel zu Mad
—
II. Ber;
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. Mu Wine ‘ * En y rn
N Kama), 2 a8 2 Kay N Ir - .
f a y a —— 7 i Ri RE, ER 0 y
a > ’ F - ‚ 77
” An) Ze y Ken = . . wer » H 3
II. |
— die Gegenwart
eines
igen Weſens in den Rerven
darzuthun.
Von Alexander Stuart,
Doct. der Arztneygelahrtheit, Leibarzt Ihro Maj.
der Koͤniginn, M. d. K. G.
Aus der 424 Num. der Philoſ Tranſact. V. Art.
r
An. Der Gegenwart eines ffüßigen Vefens in in
9) den Nerven, das man insgemein mit dem
EI Mamen der tebensgeifter belegt, ift von ver«
‚ fhiedenen gezmweifelt worden, uno die Sache ift noch
ftreitig, ob man gleich mit Unterbindung der Nerven
u. ſ. f. Verſuche angeſtellet. Dieſes veranlaßte mich
zu folgenden Verſuchen, die, wie ich hoffe, dieſe Lehre,
die in der Kenneniß von den Verrichtungen thieri⸗
ſcher Körper und inder ausübenden Arzeneyfunft, von
fo viel Nugen ift, inein kloͤrer Licht fegen —— ale
in dem fie ſich bisher befunden hat.
Verſö—c
er hieng einen Froſch mit den Borberfüffen anf,
Ir er die Hinterfuͤſſe frey hatte: alsdenn ſchnitt ich
ihm den Kopf mit einer Scheere ab, und ftach mit
dem Ende einerSonde, wo das: Knöpfchen ift, wel⸗
Kurt | ches
—
378 Verſuche eines fluͤſigen Weſens
ches in dieſer Abſicht flach und glatt gefeilt war,
gelinde von oben herunter auf des Ruͤckgradmarks
oberſten Theil, wodurch bey allen untern Theilen
das ſtaͤrkſte und vollkommenſte Zufammenziehen ver⸗
urſachet wurde. Ich wiederholte dieſes bey eben
dem Froſche zu verſchiedenenmalen mit gleichem ( Sr:
folge, doch hielt ic) allezeit etliche Secunden zwiſchen
jedem neuen Stechen inne, denn wenn ich es zu ge⸗
ſchwinde wiederholte, tourde dus Zufanttnengiegen
ſchwaͤcher.
... 1. Verſuch. er —
Mit eben dem Ende der Sonde ſtach ich gelinde
gegen das Gehirn in den Kopf auf das Ende des
verlaͤngerten Marks, das in der hintern Hoͤhle des
Hirnſchaͤdels zu ſehen iſt. Ich wiederholte ſolches
verſchiedenemal an eben dem Kopfe mit eben der a.
fung.
IM. Verſuch.
Ich band bey einem Hunde ein Stüd feinen ges |
drehten Bindfaden mit der Schenfelpulsader, der
Blutader und dem Nerven, Die ihm zugehören, paral-
lel, band alsdenn ſowohl diefe Gejäße, als den mit
ihnen parallel;gehenden Faden, oben und unten, in
der Weite von etwa 4 Zolle, alsdenn ſchnitte ich alles
‚bey beyden Drten, wo ich gebunden hatte, ab, daß i
die Gefäffe, und den Nerven mit dem ihnen parallel
gehenden Faden in einem Bündel abnehmen Fonnte, ich
legte ſie auf ein Brett, da ſich denn die beyden Blutge⸗
faͤſſe ſogleich zuſammenzogen, und faſt um die Haͤlfte
—
ihrer natuͤrlichen Laͤnge, die ſie in dem Koͤrper hatten,
| ei faſt auf drittehalben Zoll verfürzten, da der
Nerve
.
*
BR N dem Nerven. 379
| — en blieb, und an den Parallel, Faden
von 4 Zoll eben fo pafte, als zuvor, ehe er aus dem
* war geſchnitten worden, wie in TDengeDenben
igur.
BT 2 | F Hi
Der Nerve und Faden, in nafürlicher $änge
— Zoll.
Die Blutader und Pulsater jufammengezogen.
Aus der ahellet daß die Verhaͤltniß der Blutgefaͤße
in ihrer ſtaͤrkſten Zuſammenziehung zu ihrer Ausdeh⸗
nung und zu den Nerven, deren natürliche Laͤnge un«
verändert bleibet, fajt wie 5: 8 ift, oder welches eben‘
ſo viel fügt, dag fich ein Stück eines Blutgefaͤßes, das
ausgeſchnitten und ſich ſelbſt uͤberlaſſen wird, vermör
gend iſt, ſich dergeſtalt zuſammen zu daß es *
ſeiner Laͤnge verlieret.
Ob aber dieſer Verſuch gleich zureicht, die elafie
fe Kraft der Blurgefäffe überhaupt zu ſchaͤtzen, fo iſt
doch nicht zu zweifeln, daß der Grad ihrer Srärfe
und Elafticität bey Thieren von verfcyiedener Art -
etwas mehr oder weniger verfchieden iftz welches
auch bey einzeln Gefchöpfen von einerlen Art, ja bey eis:
nerley Gefchöpfe in verfchiedenen Zuftänden des Lebens
ſtatt finden Fann ; aber diefe Mannigfaltigkeiten ge»
ben mid) gegenwärtig nichts an, da ich nur zeigen will,
daß die Nerven feine Federkraft, und Die Slurgeäfle ’
Ben eine 4 IB Be |
| dol⸗
389 Verſuche eines fübigen I
Solgerungen aus diefen Berfuchen ©
Die beyden erften Berfuche jeigen,, % das *
Birne und die Nerven, zur Bernau die duch
Muffeln gefchieht, fehr vieles beytragen,
Der dritte weift eben fo deutlich, daß dasjenige,
was fie zur Bewegung, bie durch Muffeln geſchieht,
beytragen, von einem fluͤßigen Weſen, das ſie ent⸗
halten, herruͤhret, man mag es nennen wie man will.
Dieſen Schluß zu beſtaͤrken, wollen wir uͤberle—
gen, daß wir keinen andern Beweis von dem Daſeyn
des unſichtbaren fluͤßigen Weſens, das wir Luft nen⸗
nen, und von ſeinen mancherley Beſchaffenheiten,
ſeiner Schwere und elaſtiſchen Kraft haben, als den
wir aus Beobachtung ſeiner Wirkungen erhalten, die
ung zulaͤnglich von feinem Daſeyn verſichern, ob wohl:
feine Fleinen Theilchen und deren Zufammenfügung
keinem unſerer Sinne entdecket iſt.
Sehen wir auf eben die Ark, daß gegenwaͤrtige
Verſuche, die Federkraft, und ſolcher gemaͤße Vibra⸗
tionen der Nerven voͤllig außer Zweifel ſetzen, ſo glau⸗
be ich, koͤnnen wir mit Sicherheit ſchließen, daß ſich
in den Nerven ein fluͤßiges Weſen befindet, ob fol-
ches ung gleich unfichtbar ift, ſo gewiß, als es ein-
flüßiges Weſen giebt, das wir Die Luft nennen, ob |
wir folches wohl nie fehen,
\
Ich will nur. noch binzufegen, Daß es ung uva * |
fteht, diefen Mervenfaft mit was für einem Namen‘
wir wollen, zu benennen, wenn mit ſolchem nur ein
eigentlicher beftimmter und ausgemachter Begriff ver⸗
bunden ift, aber daß ich'gleichwohl das Wort Geifter
für — gewaͤhlt halte, weil es einen Begriff,
wie
| ae N in den Nerven. 38
wie etwas, das ungefaͤhr den Geiſtern gaͤhrender
Saͤfte, oder fluͤchtiger ſalzigten Geiſter, wie z. E.
Dieſchhorngeiſt, u. ſ. w. oder einem flüchtigen Dunſte
gleich kaͤme, giebt, welches alles unbeſtimmt iſt, und
nur Nachforſchende verführer, und Unwiſſenden ge:
ſchmeichelt hat.
Aber der Quell, aus dem dieſes fluͤßige Weſen
entſteht, naͤmlich das Blut, das im Leibe umlaͤuft,
die Gefäße, durch welche’ es abgefondert wird, und
die Nerven, in denen es fic) beweget und enchalten,
wird, der gelinde Geſchmack, oder vielmehr, Daß es
faft gar Feinen hat, und daß im Gehirne und in den,
Merven fein Geruch bemerkt wird, das alles veran⸗
laßt feinen Begriff von folhen Geiftern. Die eine
fachen Eigenfchaften reines und von allem Fremden be»
freyten elementarifchen Waflers, werden viel beffer als,
les erklären, was unfere Sinnen daran entdecken.
fonnen, und was wir bey den Verrichtungen des,
Körpers, in fo fern folche auf die Nerven ankommen,
wahrnehmen, Sch hoffe, ich werde folches bey Er:
klaͤrung einiger tbierifchen Bewegungen ausführlicher
zeigen koͤnnen, als gegenwärtige Öelegen-
| heit —— |
ET
TER
hs EV he
38% Des Rittersde Baillou Anmerkung.
ai KKKKKKK *— 62
IV. |
Nachrich von des Ritters de Sailon
| Anmerkungen ST
wegen
— Edelgeſteine.
—— Ritter Johann de Baillou beſitzt eine ſeht
—— ſchoͤne Sammlung von Foſſilien zu Flo—
| renz. Hr. Joannon de Siar Saureiit der „
folche befehen hatte, ließ ohne des Bſitzers
Willen eine Defcription abregee davon drucken. Dies
fes hat den Hrn. de Baillou veranlaffet, in ein Paar
Aufſaͤtzen die Art, die er fich bey Unterſuchung na«
tuͤrlicher Koͤrper bebienet, und die Einrichtung, nad).
Der er eine Befchreibung von feinem Eabinet heraus⸗
geben will, befannt zu machen ;° Man findet fie in’
den Meinorie di varıa erndizione della Societa co-
oınbaria Fiorentina, wo fie in dem 1747 zu Slorenz
Herausgefommenen erften Bande die VII Stelle ein:
nehmen. Da des Herrn de Baillou Abhandlungen
verfchiedene ‚zu befannte Sachen aus der Phyſik
überhaupt enthalten, hat man nur was in denfelben
am wichtigften und lehrreichſten gefchienen, bier ane
fuͤhren wollen.
Bey einem ſtarken Tribe zur Maturgefchichte,
hat er fich wegen derſelben Weitlaͤuftigkeit hauptſaͤch ⸗
lich die Edelgeſteine zum Gegenſtande gewaͤhlet: Der 4
N: Zufammenbang verfcdjiedener 9* von
ennt⸗
an üuͤber die Edelgefteine. 393
Kenntniß aber hat ihn genoͤthigt, feine Unterſuchun ⸗
gen auch auf alle Koͤrper, die aus der Erde gegra⸗
‚beit werden, mit zu erſtrecken. Die Haͤrte und die
eifenthlümliche Schwere find die vornehmften Merk⸗
maale der Edelgefteine, Die erfte erfennt man bisher‘
bloß aus der Schäßung der Steinfehneider, und dies
fe Schaͤtzung gründet ſich ſtark auf einen bloßen Zur
fall. Berfchiedene Steinfchneider haben einen Stein
dem Hn. Baillou, der für hart, der für weich erklaͤret,
ja einer hat fi) fetbft oft widerfprochen, wenn man
ihm einen Stein zu verfchiedenen Zeiten gegeben,
Diefes laͤßt fich leicht aus der Art erklären, wie die
Steinfehneider die Härte und Die Weiche beurteilen,’ |
Sie bedienen ſich, wie befannt, einer Scheibe, die
fie herumdrehen, und während folcher Arbeit den
Stein Darauf drücken. Die Bewegung der Scheide
fehleife nach und nach Theilchen von dem Eteine ab,
mache feine Winfel ftumpf, und giebt ihm Fralben,
nachdem es der Künftler verlange. Beym Diamante’
fehleifen ftreuen fie auf die eiferne oder ſtaͤhlerne
Scheibe Diamantpulver, befeuchten folches nebft der
Scheibe mit Oele, daß es anhält, und Drehen als:
denn die Scheibe herum ; Sind die Edeliteine, die
fie ſchleifen wollen, — als Diamant, ſo bedie⸗
nen ſie ſich anderer Zubereitungen, und bald bleyer⸗
ner, bald zinnerner, bald füpferner Scheiben, imglei⸗
chen verfchiedener anderer Pulver, ſtatt des Diamant:
pulvers, als Schmergels, allerley Arten von San
de, von Erde,u. ſ. f. Diefe Pulver dienen ſtatt eiR
ner Seile den Stein anzugreifen, und nehmen die
Theilchen des Steines weg, indem fie fih in die
Zwiſchenraͤumchen des Steins und der Scheibe einfer
4 Dand, Sb gen,
384 Des Rittersde Baillou Anmerkung.
Gen, und zugleich das Rad herumgedrehet wird. Es
find alfo bey diefer Arbeit viel Dinge zu beobachten,
Scheiben , deren verfchiedene ſich für verfchiedene
Steine ſchicken, Pulver, die auch nach Beſchaffen⸗
heit ver Scheiben und der Steine von verfchiedener
Beſchaffenheit feyn muͤſſen; und Wafler oder andere
Feuchtigkeiten, die ebenfalls nicht gleichgültig find:
Und endlich, wenn alle diefe Dinge vermittelft der ih:
nen eingedruckten Bewegung wirken, fo begreift jeder
aus den Örundfägen der Naturlebre und Meßkunſt,
Daß ganz verfchiedene Wirfungen erfolgen müffen,
bloß nachdem die Bewegung fchneller oder langfamer.
iſt. Wie fann man alfo vermuthen, daß ein Stein»
ſchneider, der nichts als feine Erfahrung hat, hier
niche irren foll, da es in die Augen fallt, daß bier die
feinfte Theorie nörhig wäre? Ein harter Stein muß
ſtark, und ein weicher gelinde auf Die Scheibe ge:
Drucke werden. Der Steinfchneider gewöhner fich an
eines von beyden, nachdem er in diefer oder jener Are.
von Steinen arbeitet, und wenn er einen Stein bes
koͤmmt, der weder fehr hart noch fehr weich ift, fo
wird er mit demfelben nicht fo umgehen, wie es bie
mittlere Befchaffenheit des Steines erfoderte, fondern
in eines von beyden Aeußern fallen. Sat er bisher
weiche Steine gearbeitet, fo wird er einen mittlern
Stein hart nennen, und umgefehrt. Ferner ift die
Bewegung der Scheibe nicht gleichförmig. Sie
koͤmmt auf des Steinfchneiders Hand an, fie wird als
fo ſchwaͤcher oder ftärfer, nachdem der Steinfchnei-
der von Arbeit ermüdet ift, oder mit frifchen Kräften
anfängt, oder durch mancherley äußerliche Gegen⸗
ftände geftöret wird, und diefes hat einen Bun. in
| ein
ar Aber die Edelgeſteine. 385
fein Urtheil von der Befchäffenheiedes Steine. Der
Schmergel, und die andern Schleifpulver find auch
‚nicht allezeit einerley, das Wafler, oder was man
ſonſt für Feuchtigkeit brauchet, kann ihre Theilchen
‚mehr oder weniger verbinden, und dadurch einen Un«
terfchied in ihrer Wirfung verurfachen. Biel andere
Anmerkungen von eben der Ark übergeht Hr, Baillou
‚mie Stillfhmweigen, 3. E. was man in den Steinen
Knoten nennt, nämlid) gewiſſe Theile, deren Bau von
den übrigen etwas verſchieden ift, daß fie dafelbft ein
feineres und dichteres Korn haben; diefe Theile find
allezeit härter, als die übrigen. Der Steinfchneider
muß fie fennen, und wiflen, was aus ihrer Befchafe
fenheit folger. Bey fo vielen Schwierigkeiten fälle in
die Augen, daß ein Steinfchneider den wahren Grad
der Härte von verfchiedenen Steinen nicht ſchaͤtzen
Fan, wenn folcher niche fehr merklich von andern
Graden unferfchieden ift,
Mit der eigenthümlichen Schwere verhäftes ſich
faft eben fo. - Here Baillou fabe, Daß man nod)
feine rüchtige Regel hatte, Fleine unordentliche Körs
‚per abzumwägen, wie die Edelgefteine find, von de—
nen man ordentlich nur kleine Stücfchen und diefe
‚oft von verfchiedener Art hat. Außerdem, daß es an
fih ſchwer fälle, ſolche kleine Körperchen genau
waͤgen, fo erhellet, daß der Zufammenhang der Theile
des Waflers ihm etwas beträchtficheres von ihrer
Schwere benimmt, als großen Körpern, weil fie in
Bergleichung ihres Gewichts mehr Oberfläche haben.
Beyden dielen Unvollfommenheiten bat Herr de
Baillou abzuhelfen gefuchet. Er hat mit Beyhülfe
Br parent eine Mafchine erfunden, die fo ein-
m Sb. 2 gerich
336 Des Ritters de Ba st Anmerkung,
gerichtet und abgetheilt ift, daß MM von fich ſelbſt und
"ohne vorerwähnten Irrthuͤmern unterworfen zu feyn,
den Grad der Härte von den Steinen, die man dar«
"auf unterfüchet, anzeigt. Es iſt ihm feinem Berichte
nach gelungen, dergleichen Maſchinen berauszubrin-
gen, die das verlangte in der größten Schärfe ohne
‚empfindlichen Itrthum verrichtet. Bon gleicher Boll:
kommenheit iſt eine andere Maſchine, die er erfunden
hat, die eigene Schwere der Steine zu unterſuchen.
Solchergeſtalt war er im Stande, die rohen
Edelgeſteine in ihrer Mutter zu erfennen. Er uͤber⸗
‚zeugte fich, daß die Farbe nur ein zufälfiges Merf-
maal von ihnen ift, und ein Rubin weiß, ein Ames
thyſt faft ohne Farbe, ein Diamant gelb u.f.w, feyn
kann. Er .fonntedie Steine, die er wollte fegen laf-
fen, felbft unterfuchen, und brauchte es nicht, fich
den Steinfchneidern zu verfrauen. Indeß rührte
ihn Dabey ein unerwarteter Vorfall Unter Erei-
nen von einerley Härte und Schwere, Die auf einerley
Art gefcehnitten und gefeßt waren, hatten einige mehr
Feuer, als die andern, ob fie wohl alte von gleicher
Reinigkeit waren, ihr Waffer gleich ſchoͤn war, und
fie Feine Federn, oder Fleine Theifchen von ande»
ver Art, in ſich enthielten. Die Urſache hievon zu
entdecken, gieng Herr Baillou wieder zu den rohen
Steinen in ihrer Mutter, und fand was merkwuͤr⸗
digers, als er bisher geglaubt hatte, in der Geſtalt
die die Steine ordentlich annehmen, und die bey je⸗
der Art von Steinen meiſt beſonders iſt. Gewiſſe
Arten von Topaſen z. E. ſchießen in Wuͤrfeln an, an⸗
dere Topaſen, und die orientaliſchen Chryſopraſen in
rautenſtẽ oͤrmigen m (quilles rhomboidales) die jich
in.
se: uͤber die Edelgeſteine 387
in Spitzen, die in vier Seitenflaͤchen —
ſind, endigen, die Amethyſten ſechseckicht, faſt wie
die Bergeryſtallen, die Granaten die Dodecaedris,
eine Art von Rubinen in Octaedris, eine andere in
rautenförmigen Kegeln, die Smaragben in ſechs⸗
eckichten Kegeln, die ſich weder in Spitzen noch in,
Pyramiden endigen*. Hieraus folgerte alſo Hr. de
Baillou eine Regel: Es ift gewiſſen Körpern, die
vom Mineralreiche abftammen , wefentlich, eine bes
ftimmte Geftalt zu haben, die nicht merklich Fann vers
ändert werden. Die Metalle, die Kieße, die Stei—
ne und die Salze befräftigen eben dieſes, und bier»
aus folgte, wiedernauf die Evdelgefteine zu fommen,
daß diejenigen, die. man zu einerley, Arc rechnen fol«
Te, niche nur einerley Haͤrte und eigene Schwere,
ſondern auch einerley natuͤrliche Bildung haben
muͤſſen. Vermucthlich hatten alſo die Steine, Die
bey aller übrigen Aehnlichkeit nicht einerley Feuer bes
faffen, verſchiedene Bildung, woraus eine Verſchie⸗
denheit in ihren Theilen folgte, eben wie Salze von
verfchiedener Geftalt ihrer Cryſtallen, auch aus Theis
len von: ir Art beſtehen. Indeß hat ſich
a ng Bb 3." re diefe
* Die beßaͤndige Geſtalt der Sryfkallene Ir den Quar⸗
zen u. d. g. Steinen, hat den Hrn. Linnaͤus veran
laßt, fie zu den Salzen zurechnen: Als der beruͤhm⸗
te Herr Profeſſor Lange in Halle vor einiger Zeit die
Guͤtigkeit hatte, mir ſeine lehrreiche Foßilienſamm—
lung zu zeigen, wies er mir ein Stuͤck Tartarus Vi-
triolatus unter den Quarzdruſen, das ein Paar Her⸗
ven, die auch Steinkenner feyn mwollten, betrogen, :
und dadurch den von —* — gr Pr
rochen hatte
€103
388 Des Ritters de Baillou Anmerkung. |
dieſe Muchmaßung nicht durch Verſuche beſtaͤtigen
laſſen; Man haͤtte dazu rohe Steine von bekannter
Bildung nehmen, und ſolche nachgehends ſchneiden
muͤſſen, wozu Hr. Baillou feine rohen Steine, die
ihm in der Sammlung noͤthig waren, nicht aufs
opfern wollte. ‘Bey den Steinfchneidern findet man
Die rohen Steine nicht fo, wie fie ausgegraben wer«
den. Gie haben nur Stüden, die man fchon in In⸗
dien grob nach orientalifcher Art bearbeiter hat, und
Die bier von neuem müflen nad) dem europäifchen Ge⸗
ſchmack zugerichtet werden; Andere Stücken werden
yon ihrer Geſtalt polirte, aber noch ungefchnittene
Steine (pietres en cabochon) ‘genannt, weil ihre
Ecken find abgeſtumpft worden, da fie das Wafler
aus den Gruben forigefchwennmt, und in Slußbetten
fortgewälzt hat, wie man an einigen durchfichtigen
Kießeln fiehet, die im Rheine u. ſ. w. gefunden wer«
den, und nichts als folchergeftalt fortgeſchwemmte
Stuͤcken Bergeryftall oder Topas find, Man finder
auch foldye Steine mit abgeftumpften Ecken, die von
den Indianern felbft dergeſtalt find zubereitet worden.
Es ift leicht zu begreifen, Daß man an feinen von die⸗
fer Art Steinen ihre natürliche Bildung erfennen
Fann. Wie Herr Baillou dieſen Mangel zu erfegen
bekuͤmmert war, fiel ipmein, eben die Mathematif,
die ihm bey der Härte und eigenen Schwere fo be-
bülflich gewefen, auch hierzu brauchen. Er fuchte
den Blanz der Steine zu mefjen, d. i. ein Mit:
tel ausfündig zu achen, wodurch man ben Untere
ſchied zwifchen dem zichte fehen Fönnte, das verfchies
dene Steine zuruͤckwerfen, und es gelung ihm auch
dieſes Unternehmen. Wenn von einigen Steinen,
die
über die Edelgeſteine. 89
die übrigens in allem einander ähnlich waren, nur das
Feuer verfchieden war, fo wußte er den Ueberſchuß
bey denen, die das meiſte hatten, mit geometrifcher
Kichtigfeit zu berechnen : Er Fonnte die Urſachen un«
terfuchen, und ausmachen, wie man fie fehneiden
müßte, daß fie die befte Wirfung thäten *.
Bb 4 Man
Ihh nehme mir die Freyheit bier eine Anmerkung beyzu⸗
fügen, die mir eben der Freund, den ich bey eier an⸗
‚bern Gelegenheit (im 6St. des 3B. 606 ©.) erwaͤhnet
habe, mitgetheilt hat, wie ich ihm des Hrn. Baillou
Aufſatz zu leſen gab. „Ich bin nicht zufrieden, ſagt
„er, daß man die Wirkung des Lichts in den Steinen
„ſo gar ſchlecht unterſucht hat. Die Steinſchneider
„glauben durch eine Menge der Facetten dem Dia⸗
„mant aufzubelfen, wodurch ihm zwar viel Licht,
„aber gar zu viel gegeben wird. Ich bin indem Kalle
„mit den Alten gleich gefinnt, die den Diamanten
ſehr wenig Schnitt gegeben haben, wodurch fie ver:
„muthlich daB eigne Licht der Diamante haben erhal:
gen wollen. Ich will meine Meynung mit dem
- „Schnitte der Sarbenfleine bemweifen. Ein fchöner
„Rubin oder Saphir wird blind, jemehr durch. die
„Menge der Facetten fremdes Licht in den Steinfallt:
„bie Runftverftändigen geben alfo den edlern Farben⸗
„feinen wenig oder gar Feine Facetten. Barum
„nimmt man alfo dem Diamant fein eigenes Licht, da
„man fo freygebig ift ihm eine fo große Menge frem:
„des Licht zu geben, welches. er feiner Natur nach al-
„fe aufnimmt ? Wird der Diamant bieburch beffer
„oder geringer ? Die Goldfchmiede verfichen in die—
„tem Stücke noch mehr, ald die Steinfchneider, denn:
diefe Eünfteln wirftich fehr viel, wenn fie die Stei⸗
„ne aufbringen. Gie bedienen fich zu dem Ende der
„Folien, der Dinte, der Farben, der Höhe und. der
„Tiefe, nach der ſie den Diamant in die Kaͤſten ſetzen;
„Ja
3” Des Ritters des J ill N Anmerkung.
Man wird, leicht ſehen, daß dieſ drey Maſchi. |
nen wirklich neu find, da vor dem Herrn Baillou-
ſchwerlich jemand daran gedacht, dergleichen Unter⸗
ſuchungen mit Sicherheit anzuftellen. Er ſindet in⸗
deß noch eine ‚vierte noͤthig, Die man bey Edelgeftei-
nen, welche meift aus gleichartigen Theilchen beſte⸗
hen, entbehren kann, aber bey andern Steinen, die
aus Theilen von verfchiedener Art gemengt find, brau ⸗
chen kann⸗ Es Eönnten nämlich zweene folche Steis
ne gleiche Härte und Schwere haben, und doch. von
verfchiedener Are feyn. Man bifdefich eine verſtei⸗
nerte Muſchel ein, deren organiſcher Theil mit en
verfleinernden Safte ‚ mit Erde, Schwefel, Salz,
ud: dergeſtalt wäre untermengt und gleichfam
amalgamirt worden, daß die Zwiſchenraͤumchen i in
ihr ſo viel betruͤgen, als in einem andern Steine,
und die Summe von dei Beruͤhrungsflaͤchen der
Theilchen bey ihr eben jo, groß wäre, als bey dem
Diener Das eife 5 wuͤrde beyden einerley ei eigene
| Schwere,
i 3. ſelbſt des Cryſtalls dem — ſein wahres
„Richt zugeben, und in ihm gewiſſe Farben zu umter:
"drücken: Nur die Menge der Erfahrungen ‚macht
„nur wenige gefihiskt, in dieſer Kunſt gemiffen Grunds
„fügen nachzugehen, wodurch es ihnen: vortrefflich
„glückt. Dem ohngeachtet bleibet ſolches immer me⸗
chaniſch, und wird noch nicht dasjenige, was Herr
„Baillou mit Recht aus der Optik von den Steinen
verlangt Was ich meinem Freunde zur Vertheidi⸗
gung der Facetten bey den Diamanten entgegen ge:
> fer habe, würde zu weitläuftig feyn bier. anzufuͤ —
und ich wuͤnſchte auch die Richtigkeit einiger meiner ©
danken erftlich durch Verſuche zu pruͤfen, * *
* bbber noch die, Gelegenheit gefehler hats" ET;
eo
J
a "ben Die Edelgefieine. zoꝛ
Schwere, das andere einerley Härte * ‚geben, ‚und
doch Fönnten Die Theilchen in der Muſchel eine andere
fammenfegung haben. Ob ſich gleich die Wirk
lichfeit einer folhen Einbildung nicht erweifen läßt,
fü fiehet man doch, daß es nichts unmoͤgliches iſt.
Herr Baillou bat alfo eine Mafchine gefuche, und
feinem Berichte nad), in eben der Bollkommenheit
wie die übrigen gefunden, dadurch er beftimmen kann,
nach) was für Graden die Theilchen harter und jez
fpringender Körper aus dem Mineralreiche zufam
menhängen und in einander gefügt find.
Die Vortheile, welche: fo forgfältig angeftellte
Unterſuchungen gewähren, fallen leicht in die Augen.
Sie fommen niche nur darauf an, daß der Natur—⸗
forfcher die Foflilien in feiner Sammlung ordnen
kann. Herr Baillou erzählet folgende, die der Ger
ſellſchaft Nusen bringen. Man kann dadurd) die
DBeichaffenheie ver Meerpflanzen und Mufcheln bes
ftimmen, die zu Gefchmeide taugen; man kann ʒei⸗
gen, daß ſich bey den Berfteinerungen wirflich ein
verfteinernder Saft befindet. Man fann die Steine,
* — — die Alabaſter und Marmor, die zur
bs | Bild⸗
“Men man dag Zufammenhängen zwifchen ey Naar
Theilchen von einerley Art beftimmen will, fo beur⸗
theilt man folches nach der Verhaͤltniß ihrer Flächen;
aber ein Paar Theilchen von einer Art, und ein Paar
Theilchen von anderer Art, Eönnen mit, einerley Staͤr⸗
ke zuſammenhaͤngen, obgleich ihre Beruͤhrungsflachen
* verſchieden waͤren. Ein Magnet und ein Stuͤck Eiſen,
Deren Beruͤhrungsflaͤche klein iſt, haͤngen ſtaͤrker zuſaͤm⸗
‚men, als ein Paar groͤßere auf. einander gelegte Stein⸗
pilatten Hrn. Baillous Ausdruck iſt alſo nur nicht voll⸗
fommen richtig, obwohl fein Sag an ſich wahr leibt.
392 Des Ritters de Baillen Anmerf
, Bildhauerey dienen, die Erden, oe zu En
Kuͤnſten gebraucht werden, die Jaſpis, Agate, Kie-
fel und Eryftalle, die zum Gefchmeide dienlich, wäh.
Yen, den Grad der Keinigfeitvon den Metallen aus»
machen, und endlich beurtheilen, wie weit es die Kunſt
eines Steinfchneiders bringen koͤnne. Hr. Baillou
Hat bey diefer Bemühung den Gedanfen des donter
nelle gefolget, daß die Verbindung der Meßfunft mit
der Maturlehre beyde wechfelsweife angenehm und
gründlich mache. Wenn man die Farben der Edel:
gefteine angeben will, fehletes ebenfalls an deutlichen
und beftimmten Ausdrücfungen, weil diefe Farben
von fehr unterfchiedenen Graden find : In foldyen
Fällen Hat ſich Herr Baillou der newtonifchen Optik
bediener, und vermittelft der einfachen und vermeng«
ten Sarben, gemiffe beftimmte Graͤnzen erhalten, nad)
Denen er die Ordnung von den Schattirungen der
Farben, nach der geometrifhen Maturlehre des Lchts
ausmachen kann.
| Man mird leiche- urtbeilen, daß Here Baillou
bey ſo viel Fleiße der Vergroͤßerungsglaͤſer nicht ver⸗
geſſen hat, wie er ſich denn auch des Gonnenmi-
froffops bedienet, das einen Floh fo groß als ein
Pferd madıt, und im übrigen bey chumifchen Linters
fuchungen, die Befchaffenheit der Atmoſphaͤre, der
auflöfenden Säfte u. f. w. forgfältig beobachtet ‚ und
endlich aud) das Sonnenfeuer angewandt,die Geheime
niſſe des Foſſilienreichs zu entdecken.
Dieſe vorlaͤufige Nachricht wird unſtreitig eine
‚Begierde nach zweyen Werken erwecken, die er ver⸗
ſpricht. Das erſte iſt ein Tractat von Edelgeſteinen,
und das andere eine Beſchreibung von feinem Cabi⸗
Era | f we
Aber die Edelgefleine, 393
net. Diefe foll aus fieben Bänden in groß Folio und et⸗
wa 600 Kupferplatten beftehen. Es würde vielleicht
unnuͤtz feyn,die Einrichtung deflelben, von der er der Ge⸗
fellfchaft ebenfalls Nachricht giebt, zu befchreiben. Man
wird fich aus dem angeführten vorftellen, daß er auch
bey folhen Sachen, die [yon fehr von andern find un«
terfucht worden, noch was neues und merfwürdiges.
liefern kann. Mur eine Probe zu geben, fo erkläret er
etwas für einen Serthum, das 180 von den Narurfor«
fchern für eineneue Entdeckung ausgegeben wird, naͤm⸗
lich, daß die fogenannten Korallengewächfe, Gebäude
und Wohnungen von Inſecten wären Da er feine
Spur von einem einzigen folchen Inſect gefunden hat,
Fann er fich nicht bereden, daß es ganze Haufen von ih⸗
nen in einem folchen Gewächfe gegeben habe, Er hatte.
alle mögliche Unterfuchungen mit denKorallen im Mee⸗
ve und aufler dem Meere angeftellet, und alle Sorgfalt
gebraucht, die angeblichen Aerme diefer Juſecten, die
Marfigli follfür Blumen angefehen haben, zu entdecken,
aber nichts fehen fönnen, u. er Halt felbft diefe Blumen
für einen Nugenbetrug*. Er erfennetdie Korallen für
Meerpflanzen. Hr.Reamur halt fie für eine Art von
den Pflanzen, die aufandern Körpern wachfen, fo daß
dieſe Pflanze einzig nur das ift, mas man eigent-
Ä lich die Rinde der Koralle nennet.
A. ©. Röftner.
“Man fehe des Hn. Juſſien Examen de quelgties’/pro-
ductions marines etc. im 1742 $ahre der Schriften der
parifer Akademie der Wiffenfchaften. Herr Klein bat
‚in den Abhandlungen der danziger naturforfchenden.
Gefellfchaft ebenfalls dem Hn. Juſſieu nicht Beyfallges
ben wollen. S. die zuverl. Nachr. 109 Ih. 47 ©.
* *
V. Jo⸗
394 Friſchens Vorſtellung der Vögel
an.
| V. RE 4 nee
en Broribard Friſchens
Vorſtellung der hen
in Deutfhland,
und beyläufig auch einiger fremden, mit.
ihren natürlichen Sarben ı Kun
Diefer find?
kurze Befchreibungen
der abgebildeten Bogel
beygefügen.
d — * err Friſch, ein um die ganze Gelehrſamkeit,
d: a befonders um die Maturgefchichte, unſterb⸗
2: ‚lich verdienter Mann, welcher bereits vor:
einigen. Jahren zwar alt, doc) der gelehrten Welt
noch. zu früh, -geftorben , hatte fid) ‚durch. feine in. ız -
Theilen herausgefommene Inſectenbeſchreibungen
einen großen Dank bey den Naturforſchern und al⸗
len Lebhabern der Natur verdienet, als er nach feinem
Tode itzt angezeigte Befehreibungen deutſcher Vögel,
nebft einem anfehnlichen Bogelcabinet, hinterließ. Er
empfahl noch auf ſeinem Todbette ſeinem in Berlin
lebenden Sohne, Herrn Ferdinand Helfreich
Friſch, welcher ein Kupferſtecher iſt, die Heraus⸗
gebung dieſer Beſchreibungen, nebſt den dazu er⸗
forderlichen Abzeichnungen der Vögel, ———
Bi bat auch bisher den Willen L nes Dar
ters
en Deutfehlande ) 395
ters treulich erfüllee, und wird ihn noch ferner erfül-
len, bis er diefes wichtige Werk wird zu Stande ge—
bracht haben. Was der gefchickte Her Röfef in
Muͤrnberg, durch feine fchönen Abzeichnungen der
Inſecten leifter, das leiſtet dieſer durch feine wohlge⸗
troffenen Abzeichnungen der Vögel, und hat fich be;
reits ben Befall der Kenner erworben, Das ge:
dachte Bogelcabinet bat itzo einen würdigen Beſitzer
‚an dem Heren Baron von Deinezobre, welcher
es mit Sorgfalt erhaͤlt, vermehret, und dem Herrn
Friſch zum Gebrauche offen ftehen läßt, Diefer zeich-
net und ftiche die Vögel mic befonderm Fleiße, und
feine geſchickte Ehegattinn illuminiret diefelben,
In der Vorrede beklaget Herr Friſch gleich‘ An⸗
fangs einen vierfachen Mangel in den bisherigen Bes
fhreibungen der Bögel; nämlich, daß es 1) an einer
zulänglichen Eintheilung der Vögel in ihre eigentli—
che Gefchlechte und Arten, 2) an der Feftfegung eis
nes gewillen Namens, den jeder Vogel künftig im
Hochdeutſchen behalten Fann, 3) an einer der Natur
gleidyenden Abbildung eines jeden Vogels, und
4) an einer forgfältigen Nachahmung ihrer Farben,
fehle. | |
Rieſe Mängel find wichtig, und wir unterftes
ben uns, zu behaupten, daß den beyden letztern durch
die Geſchicklichkeit und den Fleiß des jüngern Herrn
Friſch in dieſem Werke abgehoffen iſt. Albinus
hat bey den wenigen Voͤgeln, die er abgebildet, oft
mit den Farben geſpielet, und dadurch die Natur ver⸗
laſſen; welches wir von des Herrn Friſchs Abbildu⸗
gen nicht ſagen koͤnnen. Was den zweyten Mangel
anlanget, fo it freylich noch gar nichts richtiges von
* den
396 Friſchens Vorſtellung der Voͤgel
den Namen der Voͤgel im Deutſchen feſtgeſetet ‚in
dem fie faft fo vielerley Namen haben, als Länder,
Jaͤger und Bogelfteller in Deutfchland find, Doch
geſchickte und beftändige Namen ergeben fich leicht,
wenn dem erften Mangel abgeholfen ift, nämlich,
wenn man eine gegründete fuftematifche Eintheilung
der Voͤgel vor fich bat, Willougbby und Linnaͤus
haben bisher hierinnendas befte geleifter. Weil aber
des erftern Buch in Deurfchland wenigen befannt ift,
der leßtere aber auch in feinem Naturſyſtema zuweilen
die Menſchlichkeit verraͤth, fo wollen wir unfere ei-
‚gene Gedanken über die Eintheilung der Bögel mie
theilen. Man wird alsdenn auch deſto beffer im
‚Stande feyn, von des Heren Friſchs Eintheilung
ber Bögel zu urtheilen, welche wir alsdenn, nebft ei-
ner fernern Nachricht von diefem Werke, Bepbeingen
wollen.
Der gefammte Umfang der natürlichen Körper
auf unferer Erde wird mit Recht in das animaliſche,
vegetabilifche und mineralifche Reich eingetheilet. Je⸗
des von diefen drey Reichen enthält fo viel und man⸗
cherley Körper, daß fie, nach gewiſſen Kennzeichen,
in befondere Elaffen eingetheilet werden müffen. So
Bat z. E. Linnaͤus das Thierreich in 6 Claſſen, naͤm⸗
lich in vierfuͤßige Thiere, Voͤgel, Fiſche, Amphibien,
Inſecten und Wuͤrmer eingetheilet. Nun enthaͤlt
jede Claſſe wieder Körper, welche durch gewiſſe Kenn⸗
zeichen zu unterſcheiden ſind. Man muß jede
Claſſe wieder in gewiſſe Ordnungen eintheilen. Aber
auch in den Ordnungen herrſchet gemeiniglich noch eine
große Mannichfaltigkeit welche die Eintheilung der
Körper in einer jeden Ordnung in Geſchlechter —
achet.
fachet. Der Unterfchied endlich, welcher fich noch in
den Öefchlechtern zeiget, giebt den Grund zu den vers
ſchiedenen Arten an. die Hand, Sind in.den Arten
noch) viele und mannicyfaltige Körper enthalten, fo
muß man noch fo viel untergeordnete Arten machen,
als nöthig ift. Bey den Inſecten z. E. iſt diefe Uns
terordnung der Arten unvermeidlich. Syft aber ineis
ner Claſſe nicht. fo eine große Vielheit und Mannich«
faltigfeit der Körper, fo muß eine oder die andere
Einfheilung weggelaflen werden, wie z. E. Linnäus
bey der fehr ſchwachen Elaffe der Amphibien gethan
at, R
r ‚Die Elaffen, Drönungen, Geſchlechter und Arten
wohl zu unterfcheiden, muͤſſen gewiffe untrügliche
Kennzeichen feftgefeget werden... Und zwar müffen die
Kennzeichen der Drdnungen an andern Theilen der
Körper , als die Kennzeichen der Claſſen, Die Kenn;eis
hen der Gefihlechter an andern , als die Kennzeichen
der Ordnungen, und die Kennzeichen der Arten an
andern Theilen oder. Eigenfchaften, als die Kennzei«
chen der Öefchlechter, genommen werden, wenn nicht
eine entfegliche Berwirrung der Elaffen, Drdnungen,
Gefchlechter und Arten entftehen fol. So hat z. €.
Linnaͤus das Kennzeichen der Claſſen der Pflanzen an
der Anzahl der Fafern (ftamina) in den Blumen ges
nommen; wiewohl er (mit was fiir Nechte, das wife
fen wir nicht) hinten etliche Claſſen angehängt hat,
welche zu dem Hauptgrunde feiner Claſſeneintheilung
nicht gehören. , Die Kennzeichen der Drönungen der
Pflanzen hat er nicht auch von den Fafern, ſondern
von der Anzahl der Stenipel (piltilla) hergenommen.
Zum Grunde der Eintheilung der Ordnungen in Ge«
— ſchlech ·
—
—* eh
398 Friſchens Borfiellung der Vögel
ſchlechter lege er, als Kerinzeichen ‚die f änmelichen
übrigen Theile der Blumen. Endlich id eine Kenn⸗
chen der Arten alle Theile und Eigenſchaften der
tanzen, welche einen merflichen und beftändigen
Unterſchied der Gefchlechter abgeben, z. E. die Figur
und Größe der Blätter, der Wurzel, der Stengel,
die Farben u. ſ. w. Ss muß man mit allen Einthei-
füngen natürlicher Körper verfahren, Go mürde
man zum Erempel die Mineralien nicht eintheilen,
fondern vermengen, wenn man füwohl die Kennei-
chen der Drdnungen, als der Geſchlechter von ihrer.
Haͤrte oder von ihrer, Feuerbeſtaͤndigkeit, oder Teich»
tern Auflöfung i im euer hernehmen: wollte. Man
muß allemal wiffen, worauf man bey einem Körper
fehen muß, wenn man fagen ſoll, zu was fuͤr einer
Claſſe, worauf man ſehen muß, zu was für einer
Srdnung u. f. 1. er gehöret ; außer dem wird man
fich lauter hoͤchſtdunkle und verwirrte Begriffe von den
Körpern machen, unö fie niemals, als von ungefähr,
bey ihrem rechten Namen nennen koͤnnen.
Wir wollen nun unſere Betrachtung auf die Br
gel lenken. Die Vögel machen Fein befonderes Nas» _
furreich aus, fondern fie find eine Claſſe in dem Thier«
reiche. Fofglich müffen fie in Ordnungen, Geſchlech⸗
fer und Arten eingerheilet werden ; und diefe Dreyfas
he Eintheilung ift bey den Vögeln hinlänglich. So
bald man einen Vogel ſieht, wie er in der Natur iſt,
er ſey lebendig oder todt und ausgeſtopft, ſo muß man,
wenn man eine gegruͤndete Eintheilung der Vögel im
Kopfe hat, wiſſem, zu welcher Ordnung, zu welchem
Geſchlechte und zu welcher Art er gehoͤret. Alſo
muß
in Deukfehland. " 309
muß man an den Bögeln , wie an allen natürlichen
Körpern, nichts zu einem Kennzeichen machen, mas
man nicht an ihm fehen kann, unter was für Um«
ftanden man ihn auch fiehet, wenn man ihn nur fo
fieher, wie er in der Natur ift. Alfo geben i die Eis
genfchaften der Vögel, welche man nicht ſtets an
ihnen bemerket, z. E. ihr Aufenthalt, ihr Fraß, ihre
Art zu freſſen, ihr Flug, ihr Gefang, ihr Niſten
und dergleichen, keine guten K ennzeichen ab. Denn
wenn man einen Vogel im Zimmer vor ſich bat, ‚fo
kann man es ihm nicht, wenigftens nicht ohne Schlüffe
zu madyen, anfehen, ob er im Walde, auf dem Felde,
oder auf dem Waſſer lebet? ob er Koͤrner oder Wuͤr⸗
mer frißt? wie er ſingt? wie er fliegt? wie er frißt?
u. ſ. w. Ihre Kennzeichen muͤſſen alſo auswen—
dig auf ihre Koͤrper gleichſam geſchrieben ſeyn, ſo
wie die Handwerksleute und Kraͤmer ihre Schilder
vor bie Haͤuſer bangen. Was macht man aber an
ihnen am füglichiten zu den Kennzeichen ihrer- Ord⸗
nungen, efchlechter und Arten ? Da ber Arten
mehr find, als der Gefchlechter, und der Geſchlech⸗
ter mehr, als der Ordnungen, ſo muß man an den⸗
jenigen Theilen ihrer Körper, an welchen ‚man die
größte Mannigfaltigfeir verfpüret, die aber doch be»
ftändig find, die Kennzeichen der Arten feitfegen,
Diejenigen Theile, welche weniger Weränderliches
zeigen, muͤſſen die Kennzeichen der Geſchlechter und
die am wenigſten mannichfaltig find, Die Kennzeichen
der Drdnungen hergeben. Das Kennzeichen der
Voͤgel überhaupt ift der hornige Fortfag ihres Dune
* der Schnabel.
Band. Ce Die
400 Friſchens Vorftell
I
«
lung der Vögel
Die Büßen, und Ryalen bp ABäget Fin wohl in
*
die Augen fallende aͤußerliche Theile eines jeden Bo,
gels, welche über zehn» bis zwölferley merfliche Ver-
fhiedenheiten nicht haben. Manche haben vier Zaͤ—
ben, manche drey; bey manchen ftehen ihrer, drey
vorn, und eine hinten heraus; bey manchen Ieben
ihrer zwey vor» und zwey binterwärts, wie bey
den Spechten. Manche haben ‚lange Zaͤhen und
Krallen, manche Furze, manche krumme Krallen,
manche gerade. Bey manchen find, die Zaͤhen Durch
eine Membran verbunden, wie bey den Gaͤnſen, Enten
und allen Waffervögeln. Diefe Berfchiedenheiten
der Zahen und Krallen in Anſehung der Größe, Pro:
portion, Figur, Anzahl und übrigen Befchaffenheit
geben, unferm Beduͤnken nach, zu einer guten Einthei-
lung der Bögel in ihre Drdnungen, Öelegenheit; weil
diefe Verfchiedenheiten deutlich, beftändig, und der-
felben nicht zu viel und nicht zu wenig find.
Noch mehr Berfchiedenheit in Anfehung der Größe,
Proportion, Figur, u. f. m. zeigen die Schnäbel
der Vögel, welche gleichfalls beftändige und gleich
in die Augen fallende Theile der Bögel find. Man:
he Schnäbel find lang, wie bey den Schnepfen,
manche kurz, wie bey den Finken, mandye dünne,
wie bey den Canarienvögeln, manche dick, wie bey
den Gimpeln, manche fpigig, wie bey den Amfeln,
manche Feilförmig, wie bey den. Baumhackern
manche gerade, wie bey den Krähen , manche krumm,
wie bey den Adlern, manche unter ſich gebeugt, wie
ebenfalls bey den Adlern, manche über ſich gebeugt,
wie bey einer feltenen Art Waffervogel, manche breir,
wie bey den Gänfen, bey manchen reicht der a
| | Theil
Zheilı meit über den —— — ide en
bey mandjen nicht weit, wie bey. en Aclftern, bey
einigen ift einer fo lang als der andere, wie bey dert
Droffeln, einige find um die Nrafenlöcher und Anen
fchuppicht, einige fleifchiche, einige hart, .e * nige |
haaricht, einige federicht, u. f. w. So große Man
nichfaltigfeit an den Schnäbeln kann Gelegenheit
genug geben, die Drönungen der Voͤgel in ihre Ges -
fehlechter einzutheilen. Sie wuͤrde zureichend ſeyn,
wenn ſie auch nicht ſo groß waͤre weil einerley Kenne
zeichen des Geſchlechtes bey vielen, ja bey allen Did.
nungen, vorfommen kann,
Da der Arten vielerley find, ſo muß man alles
übrige, was äußerlich an den Vögeln zu fehen und
nicht zufällig. iſt, zu den Kennzeichen derfelben ge⸗
brauchen, z. E. alles dasjenige, was nicht an den’
Schnäbeln, Zaͤhen und Krallen zu bemerken ift, und
doch fonft deutlich in die Augen fälle, z. E. der
Kopf, die Augen und der Schwanz. Ich unters
ftehe mich faft nicht, PR die Farben mit dazu zu nee
men, weil fie bey einigen Böneln, als bey den Gän
fen, ‚Enten, Hühnern und andern mehr allzu zufaͤl⸗
lig und unbeftändig find. Doch da der Arten allzu
vielerley find, die Sarben bey den meiften Voͤgeln
auch fehr deutliche und beftändige Kennzeichen der.
Arten darbierhen , fo trage ich Eein Bedenfen, fie hier.
mit in- Betrachtung zu sieben, - So gehören z. E.
der fo genannte Duäfer und der Stieglitz wegen ihrer
Schnaͤbel, zu einerley Geſchlecht, nämlich zum Ger
f&hlechte der. Finfen: nichts aber- kann ihre Arten
beſſer unterfcheiden, als. ihre Farben, welche ſehr
Deutlich unterjchieden Eng find, Muß man
c 2 do
| 402 Srifcheng Borftellung der Voͤgel
doch i im Pflanzenreiche die Farben der Blumen auch
zum Unterſchiede der Arten der Pflanzen gebrauchen.
Gleichwie aber die zufälligen und unbeftändigen
Sarben der Blumen nur Varietäten der Pflanzen.
arten find, fo find auch Die zufälligen und unbeftän«
digen Farben einiger Arten Vögel, welche, wie bey
den Pflanzen, aus von der Natur abweichender
Pflege und Nahrung entftehen, nur Varietaͤten,
und nicht Arten. Dieſe ſind, wie auch die Baſtar⸗
de, eigenelich Fünftlihe, und nicht natürliche, Koͤr⸗
per. Unſer Vorhaben ift aber, *— und nicht
jene, einzutheilen. |
Zu Ausdruͤckung ber Ordnungen ———— man
ſich, wie bey andern natürlichen Körpern gewöhnlich
ift, am bequemften der Kennzeichen ſelbſt. Den
Gefchlechtern muß man befondere Namen geben,
- als: Finfen, Spechte, Enten, Hühner u. f. w.
Die Arten drücet man aus, wenn man, wie bey
den Pflanzen, Das, was eine Art von allen antern,
Arten eines Gefchlechtes unterſcheidet, zum Ge |
fehlechtsnamen hinzu feßet, _
Wir fehreiten nun zum Vortrage der Seifhifehen
Eintheilung der Vögel, Wir werden fie anzeigen,
wie fie ift, ohne fie gegen unfere Gedanken zu halten,
weil einem jeden Teiche ift, dieſes felbft zu thum.
Herr Friſch theilet alle Vögel in zwölf Claſſen ein,
Wir fagen, alle Bögel. Denn ob er gleic) in dieſem
Werke eigentlich nur die deutfchen Bögel beſchreibt fo
bat er doch bey den meiften Claſſen hinten einen oder
den andern ausländifchen Bogel angehängt, und da
e zu zeigen fic) Be ‚ daß unter bieſe zwoͤlf
Claſſen
BR a e.
2... 10 Deutfehlend. 403
Claſſen auch alle ausländifche Vögel gebracht wer:
den koͤnnen. Die Elaflen find aber folgende:
“ ok Kleine Vögel mit Furzen und dicken Schnäbeln,
Hanfkoͤrner aufzufpalten.
I. Kleine Bögel mit dünnen Schnäbeln, fo Flie⸗
gen und Würmer freffen. N
UI. Die Arten der Droffeln und. Amſeln.
IV. Spechte und Baumhacker.
V. Heher und Aelften.
VI. Raben, Krähen und Dohlen,
VIE Stoß» und Naubvögel bey Tage,
VIII Eulen ‚und Nachtvoͤgel.
‚IX. Wilde und zahme Hühner,
X. Wilde und zahme Tauben.
X. Wilde und zahme Gänfe und Enten, und
7 andere Schwimmvögel.
XII. Die Vögel, fo gern am Waſſer oder bey
hi waͤſſerigen Dertern find. i |
Die erfte Claſſe hat drey Abrheilungen. In der
erſten find achterley Finfen, in der. zwepten die
Arten der Ammern und Sperlinge, in der dritten
die Hänflinge und übrigen Vögel, die mit ihren et»
was diefern Schnäbeln Hanfkörner auffpalten Fönnen.
Bon diefen Abtheilungen bat der. Herr Berfafler
feine Kennzeichen hinzu gefeget, Es find aber die
achterley Finfen in der erften Abteilung folgende:
ı) Der Buchfinbe, lateiniſch Fringilla, franzoͤſiſch
Piucon,. böhmifch Penfewa. Diefes.äft der eigent⸗
lic) fogenannte befannte Finke, 2) Der Diftelfin-
£e, lat. Carduelis, franz. Chardonneret; fonft der
Stieglig genannt, \3) Der Blutfinke, welcher ins⸗
gemein Gimpel oder Dompfaffe genenner wird.
d &c3z 4) Der
| 364 Seifchen® Vorſtellum der Bögel
a) Det Bergfinke; ſonſt auch Ouaker Geglet, Nie
cawitz, Zehrling. 5) Der Gruͤnfinke, ing:
der Gruͤnling, —2 Schwuniz,
ſchel, oder Grünhänfling. 6) Der Graufinke.
Der Kirfchfinte, 8) Der indianifche EL
In der zweyten Abtheilung find neunerley Vögel.
1) Der Goldammer, fat. Galbula, engliſch yellow
Haınmer. Gonft hat er im Deutſchen auch die
Namen Aemmerling, Hämmerling und Grinzling,
und im Lateiniſch. Palſer eroceus und Miliaria. 2)
Der Fettammer oder Hortulan. 3) Der Schnee
ammer oder Gchneevogel. 4) Dir graue Ammer,
5) Der weißfleckichte Mmmer. 6) Der Rohram.
mer, Rohrſperling, oder Mochämmerling. 7)
Der Hausfperling. 8) Der Baumfperling. 9)
Der indianifche Bartiperling. In der dritten Abs
theilung find ſiebenerley Atten. r) Der Bluthaͤnf ·
ling, lat. Linaria, franz. Linotte, und ſonſt im
Deutfchen auch Limfinte Stachsfinke ‘oder Roth:
— genennet. 2) Der Grauhaͤnfling oder
rauthaͤnfling. 3) Der gelbkaͤhlichte Haͤnfling, oder
Quitter. 4) Ser Fleine rothplaͤttige Haͤnfling, ſonſt
auch im Deutſchen Zitſcherlein, Meer jeiſichen, oder
Ziferenigen genannt. 5) Der grüne Hänfling, oder
das eigentliche Zeifichen, boͤhmiſch Tſchiſcheck. 6)
Der Kreuzfchnabel, Kreuzvogel, Krummfehnabel, |
ober Grünis. 7) Der Eanatiendogel. '
"Die sidehte Claſſe hat fuͤnf Abtheilungen. Die
erſte begreift diejenigen kleinen Voͤgel mit duͤnnen
Schnaͤbein, welche zwar auch Hanf freffen, ihn aber
nicht in der Mitte auffpalten, fondern das Hanfforn
zwiſchen die Klauen faſſen, und es mit dem .
el
An Deutſchland. 405
bel Mfhacken welcher ſtaͤrker und gärte ift, als ana
derer Vögel mir dünnen Schnäbeln. —* in dieſe
J gehoͤrige Voͤgel nennet der Hr Verfaſſer
Maiſen. In der zweyten Abtheilung find diejente
gen Fleinen Vögel mic dünnen Schnäbeln enthalten,
welche eine lange und an einigen Arten mehr, alsan deh
andern gerade hinaus ffehende Klaue an der Hinter⸗
zaͤhe haben; und dieſe ſind die Lerchen. In der
dritten Abtheilung ſind viererley Schwalben, von
welchen kein Character angegeben iſt. Die vierte
Abtheilung enthält die rothgezeichneten kleinen Flie⸗
gen⸗ und Gewuͤrmvoͤgel, und es find derfelben ſech⸗
ferley. In der fünften Abtheilung find die Nach:
tigall mit zehnerfey Grasmuͤcken, zweyerley Bach⸗
felgen und dreyerley der Fleinften Voͤgel. Diefe
Abtheitung hat auch Fein allgemeines Kennzeichen.
Wir wollen nunmehr die Voͤgel einer jeden diefer fünf
al benennen. In der erften find die fech:
ferley Maifen folgende: 1) Die große Kohlmaiſe
franzoͤſ. Charbonniere, ſonſt auch im Deutſchen die
Finkmaiſe genannt. 2) Die kleine Kohlmaiſe, auch
Tannenmaiſe, oder Waldmaiſe. 3) Die Blaus
4) Die Nonnmaiſe, franz. Nonnette, ſonſt
uch im Deutfchen Mönchmaife, Afchmaife, Mehl⸗
36 Pimpelmaife und Oartenmaife. 5) Die
pfmaife, oder Haubenmaiſe, Häubelmaife, Kos
belmaife, Straußmaife. 6) Die tangfehränzige
Maife, oder Schtvanzmaife, Zagelmaife, Zogel⸗
maife, Männenftiel, Moprmaife, Rietmaife, Berge
9— Schneemaiſe. Die Lerchen in der ʒweyte
— find folgende: 1) Die Feldlerche. 3
Si e ‚Keydelerche, Baumlerche, oder Kolzlerche, 3)
| 4 Die
‚406 Srifcheng Vorſtellung der Voͤgel
Die Gereutlerche „Kreutvogel, oder Krautvogel.
4) Die Wieſenlerche. 5) Die Piplerche, ‚6) Die
Schneelerche. Hierzu hat Herr. Friſch noch eine
weiße Serche gethan, welche er ‚für eine ausländifche,
und zwar für eine nordifche, hält, - Die Schwalben
in der. dritten. Abtheilung find folgende: D Die
große fhwarzbraune Schwalbe, welche einige, von
ihrem gewöhnlichiten ‚Aufenthalte, die Kirchſchwalbe
nennen; griechiſch &mevs, latein. gleichfalls apus.
2), Die innere Hausſchwalbe. Hierbey gedenket
Hr. Friſch einer. weißen Schwalbe diefer Art, welche
in Berlin gefchoflen worden. 3) Die äußere Haus»
ſchwalbe, Spierſchwalbe, oder Spirkſchwalbe. 4)
Die Uferſchwalbe. Folgende Voͤgel enthaͤlt die
vierte Abtheilung: 1) Das Rothkaͤhlchen, griech),
eclhaxoc. Einige nennen es Rothbart. 2) Das
Schwarzkaͤhlchen, aud) Gartenrörhling und, Stabt-
röthling genannt, 3) Das Blaukaͤhlchen. 4. 5.
6) Dreyerley Rothſchwaͤnze. In der fünften Ab-
theilung endlich findet man folgende Bögel: ı) Die
Nachtigall, griech. andy, lat. Infeinia. 2) Die
fahle Grasmuͤcke. 3). Die braune Grasmuͤcke oder _
Mohrvoͤgelchen. 4. 5) Zweyerley größere Gras⸗
muͤcken. 6) Zweyerleh Sliegenfchnäpper. 7. 8)»
Zweyerley Mönche, auch. Maifenmönche genannt.
9. 10) Zweyerley Bachftelzen, niederdeutſch Wad-
ſterte. 11) Der Weydenzeiſig. 12) Die ſchwarz⸗
ruͤckige Grasmuͤcke. 13) Der Schneefönig, ober
interzaunfönig,, Taf. Trochilus, ſonſt deutſch auc
Zaunſchlupfer. 14) Der, Sommer aunkonig, Be
Regulus. 15) Der americanifche Colibrit, ‚welcher
e — unter allen biehen bekannten Bögen, —
und,
und, wie die Schmetterlinge, mit feinem Fleinen fpigi.
gen Schnabel den Saft und Thau aus den Blumen
und: von den Blättern ſauget, aueh mit feinen Fluͤ—
geln im Fluge einen Laut giebt, wie die Horniffen,
Käfer u. d. gl.; Daher er auch von einigen der
Brummvogel genennet wird. "Er hat übrigens an
Schönheit nicht feines gleichen. Er wird in America
haufenweife mit Waſſer oder Sand geichoffen.
Die dritte Elaffe hat zwo Abtheilungen, In der
erften find die Droſſeln; und in der zweyten die
Amfeln. Von feiner hat Hr. Fr. das Kennzeichen
angegeben. In der erften Abtheilung koͤmmt vor:
1) Die Miftelöroffel oder Schnarre, Tat. turdus,
fran;. tourd, oileau de meurre, la grofle grive,
calendre. 2) Die Wacholderdroſſel, oder der Zie:
mer, griechiſch reuxzs, lat. pilaris. 3) Die Weiß-
droſſel, lat. turdas muficus; deutſch wird fie fonft
auch Singdroffel, Zippdroffel, und Zippe genenner,
4) Die Rothdroſſel oder Weindroffel, franz. mauvis,
italieniſch malvizo.. In verfchiedenen beuffchen
Provinzen wird fie auch Winfel und Halbvogel ge
nennef, Die zweyte Abtheilung enthält folgende
Vögel: 1) Die ſchwarze Amfel, lat. merula,
— franz. le merle. 2) Die Ringamſel, oder
Schilddroſſel. Einige nennen fie Waldamfel, Berg«
amſel, Gebirgamfel, 3) Die Byrole oder gelbe
Droffel, lat. Turdus luteus, -Oriolus, Chlorio,
franz. Loriot, Orimerle, Compere Loriot. Die:
fer fehr fchöne gelbe Vogel hat, wegen. feines Gefan-
ges, welcher fich allemal in zo endiget , im Deurfchen,
da er auch Pfingft- und Kirfchvogel genennet wird,
folgende wunderliche Namen erhalten, als: Byrolt
* Cc5 —
408 Friſchens Vorſtellung der Voͤgel
Bierholer, Bierolf, Wiedewol, Bruder Hultrof,
der Schulze von Milo, Hugelfyos, Wyrock oder
Weihrauch. 4) Der Seidenſchwanz, oder die boͤh⸗
mifche oder Haubendroffel, lat. Turdus criſtatus
Graculus 1. garrulus Bohemicus, franz. la’ grive
Bohemienne. Syn Bayern wird er Böheimle, und
in der Schweiz Böhmer genennet. 5) Die blau-
koͤpfige rothe Amfel, Iatein. merula rubra cyaneo
capite, franz. le merle rouge & tete blEue, Gie
wird auch der große Rothwuͤſtlich, oder das große
Rothkaͤhlchen oder Rothſchwaͤnzchen, genennet.
In der vierten Claſſe Bat Hr. Fr. feine Abthei⸗
lungen gemacht. Er har die Spechte, Spechtarten,
den Kuckuck und die Papagoyen darein gebracht. Es
koͤmmt alfo vor: 1) Der Schwarsfpecht, lat. picus
niger, franz. pic noir. Er wird auch von einigen
die Hohlfrähe genenner. 2) Der Grünfpecht, lat.
picus viridis, franzöf. pic verd. Die anatomirte
Zunge diefes Spechts ift in Kupfer. beygefüger, fo
wie fie im Fahre 1709 in den pariſ. Memoires mit-
getheilet ift. 3) Der Buntfpecht, Tat. picus difco-
lor, franz. cul rouge. 4) Der Fleinere Buntfpecht,
lat, picus guttatus, ]. albis et nigris puhdtis nota-
tus, „franz. pie grivelle. 5) Der Wendehals, lat.
iynx, franz. terco, turcot. Er hat auch im Deur-
fchen die Namen Windhals, Drehhals, Materwin-,
del, oder vielmehr Nackenwindel befommen. Zum. ‚
Kennzeichen der Spechte feßet Hr. 3. die zwo hinten, _
hinaus, und die zwo vorn heraus ftehenden Klauen.
Doch finder fich diefes nur an den itzt⸗ emeldeten fünf’
Spedten. 6) Der Blaufpeche ' lat. picus einere..
us, franz. grumperau bleuätre.” "Diefer Vogel wird
—* 1:33 fonft
in Dentfehland, 409
fonft zu den Baumhackern gezaͤhlet. Dieſem ſind der
Grauſpecht, lat. certhius maior, fr. grimperau grifatre,
und der fleinere Graufpecht, oder der Fleinfte Baum»
hacker , cefthius minor, franz. leplus petit grimperau,
beygefüget. 7) Der Kuckuck, lat. enculus, franz. cou⸗
cou. 8) Der Wiedehopf, Tat. upupa, franz, huppe,
Endlich find die Papagoyen überhaupt angeführet,
In der fünften Elaffe finden wir auch Feine Ab:
eheilungen. Es find aber folgende Vögel darinnen
enthalten: 1) Der Nuß · oder Eichenheher, Holz:
heher, Hölzfchreyer, Herrehuſch, Eichelhabicht, lat.
pica glandaria, |. garrulus, graculus, franz. geay.
2) Der Tannenheher, türfifche Holzſcheher, italie-
niſche oder africaniſche Holzſchreher oder Holzheher,
lat. pica abietum nigra punctata, |. guttata, franz,
pie Srivellee. 3) Der Birfheber, oder blaue Ra⸗
cke, Tat. garrulus eoeruleus,'l. pica coerulea, franz.
pie "blene, geay bleu. Mandelkrähe ift fonft ein be-
Fannter Name diefes ſchoͤnen Vogels. 4) Die Ael⸗
ſter, Aglafter , fat. piea varia caudata, franz, pie.
5) Die Bergälfter, oder der größere Neuntödter,
Würgengel, Wargengel, Duargringel, lat, pica ci-
nerea, J. lanius maior, franz. pie grifätre. 6) Der
mittlere Neuntödter, fat. pica medise magnitudinis,
länius'medius,, 1. — *—— franz. pie de medioere
groffeur, ou le fecond d’efpece. 7) Der Fleinere
Neuntoͤdter, oder Großhacker, Dorndreher, Dorn⸗
treter, Dornreich, lat. pica minima, J. lanius minor,
J. tertius, frang. la plus petite pie, ou ——
efpece. 8) Der Eleine americanifche Neuntödter,
lat. pica ’americana eriftata‘, franz. * * DS
te vengl. Kings birth! <
n
—
410 Friſchens Borftellur g der Vögel
In der ſechſten Claſſe ſind, auch ohne Abtheilung,
folgende Vögel enthalten: 1) Der Rabe, Rapp,
Kolifrabe, Kolkrabe, Kohlrabe, kohliche Rabe, lat.
corvus: maior, franz. corbeau. 2) Die fhmwarze
Kraͤhe, lat, cornix nigra, l. corvus minor, franz.
petit corbeau. 3) Die graue oder Nebelfrähe, la.
cornix, |. corvus cinereus, franz, ‚corneille. 4)
Die bunte oder ſcheckige Kraͤhe, auch Waſſerkraͤhe,
lat. cornix varia, franz. petit corbeau: tachete blanc.
5) Die graue Dopte, Klas, Table, Tahlecke, Tah⸗
lick, griechiſch xorı5 5 lat. — «“ cinerea, chon-
cas, franzöf, graille, grole, montellee: 6) Die
fhwarze Dohle ‚ griechifch megweroyes , lat, mo-
nedula nigra, fpermologus, frugilega, frang. grage⸗
freux, grolee,
& weit ift dieſes Werk bis itzo Herans ; unb es
enthalten dieſe ſechs Claſſen acht und ſechzig Platten.
Die Platten zur ſiebenten Claſſe, in welcher 24ziger⸗
ley Raubvögel vorkommen, find. zwar auch bereits
alle geftochen und illuminirec: die dazu gehörigen Bes
fhreibungen aber find noch.nicht gedruckt. - Es find in.
allem g2 Platten fertig, und 156 Vögel geftochen und
illuminiret. Ueberhaupt wird fich Die Anzahl der Plat⸗
fen auf 203, und die Anzahl der darauf vorgeftellten
Voͤgel über deittehalb hundert erſtrecken. Wenn die 12
Claſſen durch find, wird Hr. Friſch das. Werk ſchließen,
hernach aber noch ein Supplement hinzu thun, i in wel⸗
chem die zuruͤckgebliebenen deutſchen und einige auslaͤn⸗
diſche Voͤgel vorkommen werden. Jede Platte koſtet
bey ihm 2 Gr. 6. Pf., und, die, Beſchreibung zu einer
jeden Claſſe 2 Gr... Liebhabern werden dieſe wenige
9 für ein fo ſchͤnes Werk nicht gereuen. Sie
muͤſſen
in Deutſchland. gu
muͤſſen ſich aber gerade an ihn zu Berlin wenden,
weil er das Werk ſelbſt verleget. Der Format iſt
ziemlich groß Folio, und‘ diejenigen, Vögel, deren
Größe es zulaͤßt / ſind in ihrer natürlichen Größe ges‘
ftochen ; die wahre Größe der größern aber iſt bey
jedem auf dem Küpferftiche bemerket. Wo es noͤ⸗
thig und moͤglich iſt, da werden allemal die Sien zu
den Haͤhnchen hinzugefuͤget. Kurz , dieſe Abbildun⸗
gen der Vögel verdienen den Beyfall der Kenner undy
die wenigen Koſten dafür vollfommen, 3
- Die Befchreibung hat der fel. Herr Frifch groͤß⸗
tentheils ſelbſt gemachet, bis gegen die legt, da ihn
der Tod uͤbereilet. Diefen Mangel wird fein Herr
Sohn erfegen, Er ift vollfommen dazu geſchickt,
mweil er fechs e ein Jaͤger gewefen, und fich bes
fonders auf di ntniß der Vögel geleger ‚weil ihn
fein feliger Herr Vater dazu aufgemuntert, und er
ihm beftändig mit Beyträgen in fein Bogelcabiner
und zu feinen Nachrichten an die Hand gehen müffen,
Sonft hat der fel. Hr. Frifch die Schwierigfeit, die
Vögel gefchickt einzutheilen, wohl erfannt, wenn er
in der Vorrede fpricht: „Den rechten Unterfchied,
„der jede Vogelart von der Natur aller andern Arten
„unterſcheidet, hat man noch nicht erreichen Fönnen, ;,
Er hat feine Befchreibung verfertiger, da er ſchon
nahe 80 Jahr alt gewefen, und alfo genug geleifter,
daß er uns kurze und gute Nachrichten von den Voͤ—
geln Hinterlaffen hat. Vom Vogelfange hat er wer .
nig beygebracht, weil diefes zu mweitläuftig würde ges
weſen feyn, und eigentlicdy in Jagdbuͤcher gehoͤret.
Sein Bogelcabinet hat ihm große Dienfte gethan.
Seine ausgeftopften Bögel find ſchon über 20 9 |
ahre
412 Friſchens Vorſtellung der Vögel
Sabre aft, und, wegen guter Auffiche, meiftens noch
unbefchädiger. Den Spedtäfer, Buͤcherkaͤfer und
Die Federmotte, hat man bisher aus; den Bogelcabi-
nettern noch garnicht verbannen koͤnnen, Hr. Friſch
faget aber, daß endlich. ein Mittel wider fie erfunden
fey, und verfpricht es, mitzutheilen. Sein Here
Sohn hat es ung im. voraus, entdecket. Es beſteht
darinnen, daß jeder Vogel in einem beſondern hoͤl⸗
zernen oder gläfernen Kaften aufbewahret wird. Es
iſt aber hierbey wohl zu merken, daß dieſe Kaſten
uͤberaus wohl ſchließen muͤſſen. Sonſt hat uns der⸗
ſelbe auch geſaget, daß das Raͤuchern mit Schwefel
um die ausgeſtopften Vögel gut ſey. Wir haben
auch gefehen, daß in dem Bogelcabinerte des Herrn’
Barons von Bernezobre in den Scheänfen, worin⸗
nen die Voͤgel ftehen, hin und wie ige Häufchen
Kiehn liegen, und auf die Brettchen der meiften ein»
zelnen Vögel ein Stückchen Juchten genagelt war. ı
Beyderley Körper duften ftarf aus, und machen, daß
die Inſecten vor diefem ihren unangenehmen ftarfen
Geruche die viel ſchwaͤchern Ausdünftungen der aus⸗
geftopften Bögel nicht ſpuͤren. 4,
‚Ehe wir fehließen , wollen wir einige wichtige An -·
merfungen aus des Herrn Friſchens Befchreibungen
der Vögel mittheilen. Bey Gelegenheit der Cana⸗
vienvögel, welche fich mit allerley europäifchen Voͤ⸗
geln paaren und Baftarde zeugen, machet er folgende
Anmerkungen über dieBaftarde überhaupt. 1) Ale,
Baſtarde find von folchen Arten der Thiere, Die ein»
ander in vielen Eigenfchaften verwandt find. 2) Alle
Baftarde fommen von zufammen genöthigten und
zum Paaren gezwungenen ‘Arten ber, 3) —
— | arde
J
in Deutfehlend. 413
ſtarde ſehen ihrem Vater an 2 Ei
gleich, und am $eibe gemeiniglich der Mutter. 4)
Alle Baftarde find unfruchtbar. Von diefem letzten
giebt er die theologifch : moralifche Urfache an, daß
fie der Segen des Schöpfers: Seyd fruchrbar und |
mehret euch, nicht angienge,
Bon dem Winteraufenthalte der Schwalben find
die Meynungen verfchieden. . Dlaus Magnus ſelbſt,
und viele gelehrte Leute halten dafuͤr, ſie ſtaͤcken im
Winter als todt im Waſſer und Schlamm. Aber
Herr Friſch beweiſt durch einen artigen Verſuch un—
truͤglich, daß dieſes nicht iſt. Er bat etliche Schwal«
ben, welche an Häufern genifter, gefangen, ihnen
mit Wafferfarbe doth gefärbte Fäden, als Ringe,
um Die Süße gebunden, und fie wieder davon fliegen
laffen. Im Srübjahre find dieſe Schwalben mit
ihren rothen Fäden glücklich wieder zu ihren Neftern
zurück gefommen. ‚Die rothe Farbe würde gewiß
im Wafler ausgegangen feyn. Sie müffen alfo fo-
wohl im Winter ſich in andern Laͤndern ‚SihalEen,
wie viele andere Vögel hun. |
Die Byrole, oder der Kirfchvogel, machet ein
ſehr wunderbares Neſt. Wir haben eins in dem
vernezobrifchen Cabinette geſehen. Es ift laͤnglicht
und von lauter zuſammen gewickelten Raupen» und.
Spinnengeweben ‚ mit gelben dürren Grashalmen
durchflochten, ſehr kuͤnſtlich zuſammengewebet. Oben
hat es wie ein Paar Ohren, an welchen es an einem
ſchwankenden duͤnnen Aeſtchen angehaͤngt iſt. Oben
an der Seite geht ein ovales Loch hinein. Kurz,
man erſtaunet uͤber die Kunſt, die in Mein Vogel⸗
neſte
Bon
14 Friſchens Vorſtellung der Vogel
Bon den Spechten iſt bekannt, daß ſie an den
—— im Walde mit dem Schnabel ein ſchnar⸗
tendes Geraͤuſch machen. Herr Friſch hat nicht da⸗
hinter fommen fünnen, wie diefes der Specht an⸗
fange. Wir find fo glücflich gewefen, diefem Bo-
gel fein Geheimniß abzufehen. Er machet dieſes
Geraͤuſch allemal auf duͤrren Aeſten. Auf einen ſol⸗
chen duͤrren Aſt hackt er mit ſeinem Schnabel etliche⸗
mal langſam und ſtark; dadurch wird der Aſt in eine
zitternde Bewegung geſetzet. Indem der Aſt ſo zit»
tert, haͤlt der Specht feinen Schnabel ſteif nahe dar⸗
an ‚daß alfo der Aft fehr oft an denfelben anfchlagen, -
und ungefähr ein folches Schnarren verurfachen muß,
dergleichen in Hamburg und Leipzig die Nachtwaͤch⸗
rer hören laflen. Der Specht thur diefes um feines
Sraßes willen. Denn durd) diefes Erfchüttern Fries
chen die Wuͤrmer unter den Rinden hervor, und er
ſchnappet fie alle weg. Der große ſchwarze Specht
faͤngt, wie Herr Friſch meldet, die Ameiſen, indem
er auf einen Ameifenhaufen tritt, die Zunge über den
Haufen herausftrecet, und wenn fie voll Ameifen iſt,
dieſelbe hineinzieht.
Man hat den Kuckuck mit Gewalt zu einem Sper⸗
ber, oder uͤberhaupt zu einem Raubvogel, machen
wollen. Herr Friſch zeiget klar, daß ihm unrecht
geſchehen. Indeſſen iſt es wahr, daß er fein Neft
bauer, fondern feine Eyer in die Nefter ber. an
macken leget. u
Diefes mag genug feyn, unfern Leſern einen Ber
griff von diefem ſchoͤnen Werke zugeben.
Indem wir aber mit dieſer Nachricht ſchon fertig
fi "r erhalten wir von dem Hrn. Srifch ein Ber:
—
in Deutſchland. 45
zeichniß derer Vögel, welche noch kuͤnſtig folgen wer ⸗
den, \&s wird nicht undienlich feyn, umeiner volle _
ftandigen Nachricht willen, daffelbe hier noch anzu-
hängen, zumalda wir zugleich ein faft vollftändiges
Berzeichnißider Voͤgel in Deurfchiand liefern.
Zur fiebenten Claſſe gehörige Bögel, nämlich:
Raub⸗und Stepvögel bey Tage, fo zwar ſchon fer-
tig, Die, Befchreibung davon aber noch nicht gedruckt
if: Nämlich. die Adler, Habichte, Geyer, Falken
und Sperber. »N0.69. Der fchwarzbraune Adler,
70. Der braunfahle Adler. 71. Der Steinadler.
2. Der .dunfele Hühnergeyer, oder Habicht. 73.
er belle Hühnergeyer, oder Habicht, 74. Der
Entenſtoͤßer, oder ſchwarzbraune Habicht. 75. Der
Rauchfuß oder gelbbraune Geyer. 76. Der braun⸗
fahle Geyer. 77. Der-fehwarzbraune Fifchgeyer.
78. Der Fifch- oder Brandgeyer. 79. Der graus
weiße Geyer, oder Falk, go. Der weiße Geyer,
oder Falk. 81. Der große gefperberte Falk. 82.
‚Der große gepfeilte Falk. : 83. Der ſchwarzbraune
Falk. 84.Der Nöthelgeyer. 85. Derrorhe Falk.
86. Der Steinfalf. 87. Der Baumfalf. 88. Der
Mauſefalk. 89. Der Fleinfte Rothfalk. 90. Der
Sperber mit geſtreifter Bruft, womit der Kuckuck
verwechfele wird. 91: Der Sperber mir braunge:
a 4
pfeilter Bruſt. 92. Der Sperber mit geftumpften
Pfeilflecken. Diefe Claſſe ift nunmehr auch fertig. .
Zur achten Claſſe gehürige Vögel, nämlich die
Raub: und Stoßvoͤgel bey Nacht, als Eulen und _
Nachtvoͤgel. 93. Der Schuffut oder Uhu. 94
- Die weiße Eule, 95. Die graue Eule. - 96, Die:
Brandeule. 97, Die Steineule. 98. Die Schleyers
4Band. | oO» eule,
| | 416 Friſchens Vorftellung der Vogel
eule, oder Perleule. 99: Das Ohrkaͤuzlein don.
Das Kaͤuzlein, joder Sterbevogel ſo den Tod der
Manſchen anfagen fol. 101 Das. kleinſte Kaͤuz⸗
ein, 102. Die Nachtſchwalbe, oder ber Tageſchlaͤ⸗
fer, caprimulgus. 103. Die — * Die
fliegende Katze.
Zur neunten Claſſe — Vogel * wilde
und zahme Hühner :; 104 Der Trappe, 105. Der
Auerhahn. 106. Der Birkhahn. 107. Das
Schneehuhn. 108. Das Haſelhuhn. “109. Das
Rebhuhn. 110. Das indianifche Rebbuhm am
Das weiße Rebhuhn. 112. Die Wachtel. Zah⸗
me. -ı3. Haushahn. 114, Englifche oder groͤßeſte
Art Hahnen. 115. Tolligt und pauſchbackige Haͤhne.
16. Kluckhenne. u7. Straubigte mit umgewandten
Federn. 118. Kruphenne. Sremde, song. Der
Pfau. 120, Der weiße Pfau. 121. Der indiani.
fhe Hahn. 122. Der Faſan. 123. Der bunte
a Safan. 124. Der Baſtart von. Faſan mit deut⸗
ſcher Henne, 125. Die africanifche oder Perlhenne.
Zur zehnten Claſſe gehörige Vögel, namlich wil⸗
de und zahme Tauben, 126. Die große Ringeltaus
be, 127. Die blaue Holztaube, 128. Die Turtel⸗
taube. Zahme. 129. Der Feldflüchter: 130. Die
Haustaube, oder Mohntaube 131. Die Rropftaus
be. 132. Die Pfautaube, 133. Das Moͤwchen.
Fremde. 134. Die Sachtaube. 135. Die türfifche
- Taube. 136. Die Schwalbentaube, oder Tuͤmler.
Zur eilften Elaffe gehörige Bögel, nämlich Waſ⸗
fervögel mit Schwimmfüßens‘ Die Hänfe; wilde.
137. Der Schwan, 138. Die wilde Gans. 130.
Die Baumgans, SHE 140iDie done Gans, -
————
in Deurfehland. \ J 27
ter: ‘14, Die‘ Chineſiſche Gang, pie En⸗
wen. 142, Die gemeine wilde Ente "143. Die Fa⸗
ſanente. 144. Die en Ente, 145.
Die Söffelenre mit blauen Flügeln. ° 146. Die blaue
Söffelente mit ganz weißem Bauche. 147. Die brau⸗
ne Söffelente. 148, 149 150 151. Krickenten. Frem⸗
de, 152. Die grau: und rothhaͤ ht? afeicanifche Eu⸗
te. 153: Die gelbe perfianifche Ente: 154, Der
ſchwarzgraue Ganstaucher, Er. 15 Der braune
fahle Ganstaucher, Sie 156. Der ſchwar ;föpfigre
Oanstaucher mie Schopf und weißer Bruft. 157.
Der rothkoͤpfigte Ganstaucher mit Eh opf und qrauer.
Bruſt. Fremde. 158. Der Schwanentaucher,
— — Tauchenten. 159. Die tothbrüftige
Zauchente. 160. Die Möringente. 161. Die mit
dom ſchwarzen Rreuzauf dem Rüden. Tauchhuͤh⸗
ner. 162. Der Nöring, oder Seehahn mie halben
Shwimmfüßen. Fremde. 163. Die groͤnlandi⸗
ſche Seetaube. 164. Die tuͤrkiſche Ente.
Zur zwölften Claſſe gehoͤrige Voͤgel der groͤße⸗
ren Art. 165. Der Kranich. 166. Der Trappe.
167. Der Stord. 168. Der ſchwat ʒe Storch.
169. Der gewöhnliche Keiger. 170. Der Eleinere
Reiger mit weißem Schopf. "171. Der Loͤffelreiger
zwenerley, 172. Der ſchwarze Reiger. 173. Der
afchgraue Reiger mit drey langen Nackenfedern.
174. Die aroße Robrdommel. 175. Die kleine
Rohrdommel, Er, Sie, 176. Fine geibe mit .
ſchwarzen Flügeln, Waſſerhuͤhner· 177. Das
weißbläfise» große Waſſerhuhn, oder Kritſchele.
178. Der Rorhbräßling. 179. Das oliven Waſſer⸗
huhn. 280, Das weißgefprengte kleine Waſſerhuhn.
— &D—2 181, Das
418 Friſchens Vorftelh ngder Bögelic. |
181. Das langſchnaͤblichte Huhn, oder Taufchnarte.
182. Der Kibit, oder Kiwit. 183. Die fleine Art,
Er, Sie. 184. Der Brachsogel, oder Glucth.
185. ‚Die Fleinere Art. 186. Der Staar, Er, Sie.
187. Die große Haftmoͤwe mit Schwimmfuͤßen. 188.
Die Schwalbenmoͤwe mit Schwimmfüßen.. 189. Die
Eleine Moͤwe mit Schwimmfüßen. 190. Die Seeam⸗
fel. 191. Der Eisvogel,oder gaͤhliche Sifcher. Schne⸗
pfen größerer Art. 192. Der lang» und krumm⸗
fehnäblichte größefte Schnepfe, oder Keilhaake, fonft
wegen feines Gefchreyes, Himmelsziege. - 193. Der
Waldſchnepfe, Er. 194. Der langbeinichte Schne-
pfe mit vothen Füßen. 195. Det. langbeinichte
Schnepfe mit gelben Füßen und braunem Dauche.
196. Der Streitfchnepfe mit langem Schnabel.
197. Zweyte Art Streitfchnepfe mit fürzerem Schna-
bel. Schnepfen mittlerer Art. 198. Der
Schnepfe mit harten Puckeln auf der Schnabelſpitze.
199. Der gelbfuͤßige mit braungeſprengter Bruſt.
‚ Rleinere, 200. Der rord-und Furzfüßige kleine
Schnepfe. 201. Der mit punctivter Schnabelfpige,
202, Der Rorhbraune mit gefprengter Bruſt.
203. Der Fleinefte oder Sandlöper,
Berlin. BER.
M.
= — —
———
— Nor
= | * 419 -
—** DEE — *****
— "3 0
Betrahtungen
| TREE Be | Er
Pranyenundiher nal mit
den Inſecten. |
"Erfes Hauptſtuͤck.
28 iſt zwiſchen den Pflanzen und Thieren eine
folhe Gleichheit der Werkzeuge, welche zur
Erhaltung ihres Lebens. und zu ihrem
Wachsthume dienen, daß man Mühe haben würde,
folches zu glauben, wenn nicht die gefchickteften Zer⸗
gliederer durch genaue Erfahrungen und Anmerfuns
gen davon überzeugt worden wären. Es wirdfeine,
unnüße Arbeit feyn, wenn wir zu. demjenigen, was
ung ſchon von ihnen befannt.ift, einige neue Erfah»
FaNgeRT hinzuſetzen.
Die Aehnlichkeit zwiſchen den Pflanzen und Thie⸗
ren iſt ſo groß, ſagt der Herr Hales i in feiner Sta: '
tie der Bewächfe, daß, wenn wir beyde mit glei-
cher Methode unterſuchen, wir uns mit Grunde zu
. großen Entdeckungen Hoffnung machen koͤnnen.
Es Haben die Pflanzen, ebenwiedie Thiere, Adern,
- Blut, welches in diefen Adern fließet, Luftroͤhren und
Gefäße, die zur Durchlaffung der Luft beftimmer find,
die ihnen ſtatt der Lunge dienen, Haͤute, Knorpel,
Dd 3 | Dar
—
— — *
Pr
zei
2 Betrachtungen uͤber die Pflanzen
Druͤſen, Bänder, Schweißlöcher , Werkzeuge ber,
Fortpflan zung zwey unterſchiedene Geſchlechter, ber
ftändige Ausdünftung um det neuen Nahrung Platz
zu machen, eine Jugend und ei N — Al⸗
ter. Sie 5 ferner Kranfs n,‘ RR
wow
—* —
es 9— weniger der Die * zu bemerf fen, in wie
weit diefelben von einander unterſchleden *
"6.1 Da bie Pflanzen feine‘ Bewegung — |
fondern immer an einem Orte verbleiben müffen, un
baher ihre Nahrung nicht fo wie Die Thure füchen
koͤnnen; fo bat der Schöpfer hierinn für’ fie aefors
get, fo daß bie Nahrung’ fie füchere muß. Dieſer
große Suftkreis, welcher uns umgiebt, iſt der Verforger
der Pflanzen. Er iſt ganz mit Salz und Schwefel
angefüllet, welche er wechfelsweife von der Fläche ver
Erden erhebt und wieder niederlaͤßt. Diefe Mate
rien vermifchen fich mit dem Waſſer, und Hängen
fih an Die, Gewaͤchſe, woſelbſt ſie ein neues flüßiges
Weſen, eine qanz zubereitere Nahrung, bilden, weiche
die Erde den Pflanzen darbiethet; ſo wie eine Mutter
denen Kindern, welche noch) nicht im Stande find ihre ;
Nothdurft feldft zu fuchen, die Milch veichet, Er
$.2. Die Thiere zweyer verſchiedener Gefchlech-
ter müffen fid) einander nahen, um ihre Art. fortzu⸗
‚pflanzen. In den Pflanzen geſchieht es durch die
Circulation der Luft, welche Die zur Befruchtung bee
ſtimmte
*
u ihre Analogie mit den Infeeten. 421
| ſtimmte Materie von einem — zum andern
ſuͤhret.
. 30 Die Thiere haben nur einen Weg,
meichen fie ihres Gleichen hervorbringen: Die Pflan
zen zeigen hierinn eine gewiſſe Gleichfoͤrmigkeit mit den
Thieren, und ſie haben uͤberdieß eine wundernswuͤr⸗
dige Anzahl fruchtbarer Sproſſen, die allezeit bereit
ſind aus zubrechen, und die auf der Oberflaͤche et
Staͤmme und Aeſte verbreitet liegen.
4. Bey den Thieren ſieht man einige Werk.
jeuge, modurch fie Die Nahrung zu fich nehmen, ‚ans
dere, die fölche zubereiten und verbäuen, und noch an-
Dere, die beftimme find, das Ueberflüßige von demjeni⸗
gen, welches in ihr Weſen verwandelt wird, abzufons
dern. Die Pflanzen empfangen von der Erde eine
Nahrung, die ſchon völlig zubereitet ift, Feine groben -
Theile übrig läßt, und nicht braucht erſt burchgefeis
* und verduͤnnet zu werden.
g. 5. Die Bewegung entſtehet bey den Thieren
—J zweenen Gruͤnden, der erſte iſt bloß mechanifch,
und von ihm eneftehen Die Veränderungen, an wel:
hen der Wille feinen Antheil hat ; als der Umlauf
des Blutes, die Verdauung, das Dthemfchöpfen : -
Der zweyte Grund der Bewegung berubet in dem
Willen , biedurch ertfchließen fie fich zu geben, zu
ruhen, fir ihre Jungen Sorge zu fragen, ihr Seben |
zu vertheidigen, oder andere anzufallen. Die Pflan⸗
zen haben nur die erfte Art diefer Bewegung. Es
war alfo ganz unnüß, daß viele alte und einige von
den neuern Weltweifen die Pflanzen mit einer See⸗
le, die ihren Wachsthum Deforgen füllte, haben bes
ſchenken wollen.
Did 4 | 6
i gan | Betrachtungen über die Pflanzen
$.6. Das Blur der Thiere braucht einer un⸗
Bewegung , und ohne diefelbe muß eg
entweder gerinnen, oder ſich auflöfen ; : das Blur der
Pflanzen, welches der Saft in ihnen if, kann lange
Zeit in ihren Gefäßen dauern, ohne ſich zu veraͤn⸗
dern, Der Winter ift eine Zeit, in welcher fie ru⸗
ben, und fo lange er waͤhret, fteher diefer Saft ſtill,
ohne etwas zu wirken. Er verbleibet ineben der Ru⸗
be in denen jungen Bäumen, die man aus den Pflanz:
fchulen nimmt, um fie aus * ande i in das an
dere zu verſetzen.
$. 7. Die Pflanzen ſchopfen keine Luft Sur Art
der Thiere, wenigftens ift die Art, wie ſie Othem ho»
fen, ein Geheimniß, welches: uns noch unbefannt ift,
—*
Man kann zwar nicht leugnen, Daß die Luft Die all⸗
‚gemeine zum Wachsthum bewegende Kraft ſey; aber
wie wirket ſie in die Pflanzen? Dieſes iſt eine ſchwe⸗
re Frage, welche bisher noch nicht erklaͤret worden.
Alle dieſe Verhaͤltniſſe, die man zwiſchen ihnen und
den Thieren findet, und dasjenige, wodurch fie unter⸗
fchieden werden, find Gegenftände, welche nicht allein
unſere Meubegierde, fondern auch die Unterſuchung
und Bemuͤhung eines jeden Menſchen, der die Wer⸗
fe des Schöpfers zu erfenmen begierig ift, verdienen. ,
Es haben viele geſchickte Naturkuͤndiger ſich hiemit
| befchäfftiget ;_unterdeffen find fehr viele Umftände
übrig geblieben, wobey man bishero nicht weiter als.
zur Wahrfcheinlichfeit gefommen ift. Dergleichen
find : die fchnurgerade Höhe derfelben in Anfehung
des Horizontes, und die Ark, wie die Luſt in ihre Roͤh⸗
ren dringet, und in ſolchen umläuft, Ich glaube im
Stande zu ſeyn, hieruͤber einige neue Anmerkungen
mit ·
u ihre Analogie mit den Inſekten. 423
mittheilen zu koͤnnen, welche ich in Unterſuchungt des
Verhaͤltniſſes der Inſekten und Pflanzen gemacht
habe; und: da die Betrachtung der erſten mich auf
die legten gefuͤhret, ſo werden fie beyde der Inhalt
dieſer "Abhandlung ſeyn. | 9
Daß die Luft ein großes zum Wache chum der
Pflanzen beytrage, iſt außer Zweifel. Die Pflanzen
find unbefeelet, und die Materien, welche zu ihrer
Nahrung dienen, find ebenfalls unbefeeler: und doch
ift noͤthig, daß eine die andere ſuche. Wir haben
fhon gefagt, daß die Nahrung zu den Pflanzen
fomme. Es muß alfo eine Triebfeder vorhanden
ſeyn, welche diefe fortſtoͤßt und in die Röhren der
Pfanzen führe. Die Materie wovon folche er⸗
naͤhret werden, find hauptſachlich das Salz und der
Schwefel, welche die Luft mit ſich fuͤhret, und auf
der obern Fläche der Erde au sbreitet, ferner, die
irdischen Theilchen und das Waller. Dieſes ver
ſammlet fie, wickelt fie aus einander; loͤſet fie auf, -
und machet daraus einen flüßigen Körper, Den wir
- Saft nenien. Diefes ift noch nicht genug, dieſer
Saft muß gegen die Natur aller ſchweren Körper
‘ aufwärts fteigen, um zu den höchften Gipfeln der
größten Bäume zu gelangen, und in Die aͤußerſten
Ende ihrer Aeſte und Blätter dringen. Und man
hält dafür, daß die Pflanzen diefe Wohlthat der luſt
zu danken haben.
Insgemein erklaͤret man dieſes Phaͤnomenon fole
aender Geſtalt: dafi, wenn der Saft die Schweiß
locher der Dflanzen befeuchtet, durchwaͤſſert und ges
öffnet habe, und ſich an dem Einganae viefer Eleinen
Deffnungen feftgefegt, und alsdenn die Bi BR
Dd 5 er
*
424 Betrachtung uͤber die Pflanzen:
er angefüllet iſt, durch die Waͤrme des Tages ver⸗
duͤnnet werde, ſo treibe dieſe ihres Ders. den mit
ihr verfnüpften Saft, zerreiße, zertheile und ftoße
denſelben gewaltſam fort N welcher dann, ſo gut er
Eann, weiche, und auf diefe Ark in die Aefte, Blaͤt⸗
ter und Früchte dringe, ; Aber bey diefer Erklärung
bleiben nody viele Schwierigkeiten übrig. Die durch
die Hitze verduͤnnete Luft kann zwar auch den Saft
verduͤnnen, aber dieſe Verduͤnnung kann nicht ſo
groß ſeyn daß fie faͤhig wäre, ihn bis, in die Wur⸗
zen einer Eiche, und in die Außerften Spitzen ihrer
Aeſte zu treiben, Die Fälle, welche man hier zu
Hülfe nimmt, find weder bewiefen nech überall ans
genommen. "Es ift gar nicht gewiß, daß bie Feuch⸗
tigkeiten durch die Wärme in den Gefäßen der Pflan-
zen in die Hoͤhe ſteigen. Die,Urfache diefes Stel:
gens müßte bloß Die Wirkung der Wärme auf den
fchwefelichten Theil des Saftes feyn, wie folches in
unfern Wertergläfern gefchiebet. Die bloße Aus»
breitung der. Luft ift nicht hinreichend, um in die
Pflanzen wirken zu fönnen, fondern fie muß mehr
ausgebreitet. ſeyn, als die aͤußere Luft, denn wenn
dieſes nicht waͤre, ſo wuͤrde der aͤußere uſttreis, mie
derjenigen die inder Pflanze umläuft, in einem Sleich-
gewichte ftehen, und folglich Die letztere nicht heraus
freten, und einer frifchen Platz machen koͤnnen, und
der Ziekellauf der Luft müßte aufhören, |
Ich unternehme es. nicht, alle diefe Schmieeig-
keiten, und. viele andere, die man noch hiemider
— koͤnnte, aufzuloͤſen. Ich werde die Wir—
kung der Luft auf die Pflanzen nur in fo weit zum
Gegenftande nehmen, als fie. ihnen das geben F
ar ie
währe Analogie mit den Inſecten. 425
fie wachſen laͤßt, und. die vornehmſte wirkende, Kraft
ft, welche alle ‚Beuchtigkeiten, wovon. vr fh ernaͤh⸗
> von, in ſie hinein leitet !
Es iſt eine.überall ——— Hgg: daß
N Pflanzen, fo wie die Tiere, Athem fehöpfen ; ja
man koͤnnte fagen, Daß. fie weit mehr Luft holen,
wenn man Die erfkaunliche Anzablvon $ufrröhren und
Luftgefaͤßen, womit: fie- verfehem find, betrachtet,
Dieſe fcheinen ſo gar die unfrigen zu übertreffen,
Der Mugen der Luft ſcheint in ihnen ſehr genau bes
ſtimmt zu feyn, ‚namlich die Feuchtigfeiten zu sera
teilen, zu verdünnen und zuzubereiten, Diefes ges
ſchiehet ‚wenn fie das Sal; und den Schweſel dazu
traͤget, welcher zu der Bereitung des Saftes erfor
dert wird ; ferner, wann fie dieſem Safte die Kraft
in die Höhe zu ſteigen mitcheiler, welche er ſich nicht
ſelbſt geben kann.
Wann dann die Lufſt die vornehmite Urfache if,
daß der Saft in die Hoͤhe ſteigt, ſo muͤſſen wir
ſehen, durch welche Mittel und was für eine mecha⸗
‚nifche Art diefes gefchehen koͤnne. Einige wollen,
Diefes gefhehe durch die Schwere der Außern Luft,
welche die Piianzen umgiebet, andere, daß folhes
durch die von der Wärme verurfachte Verdünnung
derfelben geſchehe.
Borelli beftreitet beyde Saͤtze. Es ift gewiß,
ſagt er, dag die Erhöhung des Saftes in denen
Röhren der Pflanzen nicht durch das Uebergewicht
der außeren $uft über diejenige, die in den Möhren
ift, verurfacher werde :- denn ſowohl die eink als die
andere Luft, die äußere wie die inwendige, verdüns
nen und verdicfen fich des Tages über durch die.
San:
226 Betrachtungen hberdie Pflanzen
Sonnenftrahlen, und des Nachts durch die Kälte,
- in gleichem Grade. Da es nun unmoͤglich ift, daß
bey diefem Gleichgewichte die äußere Luft den Saft
au ſwaͤrts treiben Fann, fo muß durd) einen andern
Umftand die in der Pflanze befindfiche Luft leichter
gemacht werden „ als diejenige ift, welche fie umgie⸗
bet. Borelli bemühte fih, diefen Umſtand durch eine
Entwickelung zu erklären, welche hieher zu feßen unnüß
feyn würde, weil fie nicht angenommen worden, und
er diefe Schwierigkeit in feinem Stücfe gehoben ha.
Ueber diefe Schwierigkeit werde ich einige Murh-
maßungen mittheilen. "Sie hat zwey Dinge zum
Gegenftande. Erftlich: woher diefe Ausdehnung der
Luft, welche den Saft in die Höhe treibt, und die
Pilanzen gegen den Hinmel aufeichtet, entftehe,
Zweytens: warum diefelbe Luft nicht eben diefelbigen
Wirkungen in den Wurzeln Hervorbring, °
Ich hoffe in diefen beyden Schmwierigfeiten eini⸗
ges Licht zu geben, wenn ic) meine Meynung über
einen Punct des Wachsthums, der noch nicht deut⸗
lich gemacht worden, auf eine Art an den Tag lege,
welche jedermann ein Genuͤgen geben kann. Es ift
keinesweges eine Neigung (man wird mir diefen
Ausdruck verzeihen) welchedie Zweige haben, ſich zu
erheben, und die Wurzeln in die Erde zu dringen.
Zuweytes Hauptfiüd.
- Bon dem fenkrechten Stande der Pflanzen
® sin Anfehung des Horizonte.
* Die Neigung, welche man bey den Pflanzen
wahrnimmt, ihre Zweige gegen den Himmel, und
| i ihre
ihre Analogie mitden Juſekten. 427
ihre Wurzeln gegen die Erde auszuftreden, nennet
man ihre Perpendicularitaͤt.
Der geſchickte Verfaſſer des Schauplagts der Na⸗
ur, glaubet in feiner vier und zwanzigften Unterres
dung diefe Schwierigkeit zu heben, indem er die Ur-
fache diefer Begebenheit, dem Umlaufe des Saftes
zuſchreibet. Es ift aber die Meynung von dem Um:
laufe des Saftes in den Pflanzen noch nicht ſonder⸗
lich befeſtiget, und fie hat, Gegner gefunden, die in
diefer Materie von großem Anfeben find. Man
Eann eine Sache nicht als eine Wahrheit annehmen,
die aufeinem beftrictenen und ungeriffen Grunde be«
ruhet. Außer dem zeiget der Berfaffer nicht, durch
welche Kraft der Saft vielmehr in. die Höhe als
niederwärts fteige.
Der Herr de la Hire, dem viele andere Philofo-
phen hierinn gefolget find, fchreibet die gerade Ab
hängung der Wurzeln gegen den Mittelpunct der
Erde dem Gewichte des Nahrungsfaftes, womit. ſi ie
angefuͤllet ſind, zu; und leitet die Perpendicularitaͤt
der Aeſte aus eben demſelben Safte, welcher in dem
Magen der Pflanzen durchgearbeitet worden, und wie
feine Duͤnſte, die ihrer Natur nach aufwaͤrts ſteigen,
zu den Zweigen ſich erhebe, her.
Dieſe Erklaͤrung hat abermals ihre Schwierig
keiten in Anſehung der Zweige; denn wenn man ei⸗
nen Schnitt in einen Baum mache, fo mag folcher
oben am äußerften Gipfel, oder unten am Stamme, .
nahe bey dem Magen, woraus die zum voraus ge
fegten Dünfte fleigen follen, geſchehen, fo findet
man allemal einen volllemmenen Saft, von einer ®
dicken ——— ‚. und Der weis von dem leichten
x Weſen
423 Betrachtungen uͤber die Pflanzen
Weſen der Dünfte entfernet ift. Die harzigten
. Bäume, als der Terpentinbaum, Die Cypreſſe, und
andere, koͤnnen das, was ich gefagt babe, leicht be-
weiſen. Indeſſen ſcheinet der Herr Hales mie dem
‚Herrn de la Hire einftimmig zu feyn. Die'Saft-
‚gefäße, fagt er, find fo fein, daß der Saft beynahe
in Dünfte aufgelöfet feyn muß, um in diefelben zu
dringen. Ich leugne nicht, daß es unter ihnen einin -
gegeben fönne, die fo befchaffen find‘; aber ver.
größte Theil ihres feſten Wefens ift gewiß von ſol⸗
hen eingenommen, die eine merkliche Größe haben.
Menn man einen jungen Zweig von einem Holluns
der, einem Mohn, und vielen andern Pflanzen nimm,
und einen Theil von der Haut, ungefähr von der
Dice eines Bogen Papiers, mit einem Federmeſſer
abziehet, fo Fann man mit einem guten Vergroͤße⸗
rungsglaſe die Saftgefäfle ganz deutlich fehen ; und
. man unterfcheider fie um fo. viel beffer, da dieſe
Feuchtigkeit voller $ufebläschen ift, die ihren Lauf un⸗
ferbrechen, und verurfachen, daß man ſie nicht nur
erfennen, fondern auch den Durchmeſſer der Gefäffe,
worinn er enthalten ift, beftimmen kann. Um end⸗
lic) diefe Schwierjafeir zu ſchlichten, ſo erheben ſich
diefe Dünfte nicht von ſelbſt, oder durch ihre eigene
Kraft, fondern fie werden von der Luft fortgeſtoßen.
Die Luft ift demnach die einzige Triebfeder, auf die
man allemal zuruͤcke ſehen muß. ERREGER.
Der Herr Dodart ſchreibet die Urfache unfers
Phaͤnomeni ver Sonne zu, welche die Aeſte zufih
aufwärts zöge, fü mie die Erde die Wurzeln nieder
wärts zufich zöge. Ich habe einen Verſuch gem cht,
den ein jeder leicht nachthun kann, — —
u ihre Analogie mit den Inſecten. 429
‚Sag des Hrn. Dodart in Feine Wege beſtehen kann.
Ich fegte einige Hyacinthenzwiebeln auf leere is |
menglaͤſer. Diefe Zwiebeln waren umgekehrt, fo
daß der Theil, woraus die Pflanze hervorfproffen
ſollte, gegen den Boden des Glaſes, und den Theil
‚der Wurzeln fchießen follte, gegen den Himmel ges
wendet waren. Auf diefen letzten legte ic, ein Stuͤck⸗
chen Schwamm, welches ich fleißig befeuchtere, und
dieſes war genug, die Pflanze zum Wachsthume zu
‚bringen. - Sie trieb den Stengel zu Anfang gerade
gegen den Boden des Ölafes, er war. aber faum ei-
nen Zoll lang geworden, ſo fieng er an ſich zu kruͤm⸗
men, und fuhr fort fich ‚vertikal zu erhöhen, Die
Tulpen thaten noch mehr als dieß, denn fie entfer«
neten ſich alfobald von dem Körper der’ Zwiebel, fo
daß ſie nur an einen ganz dünnen Stiele an ihr hin⸗
gen, und richteten ſich gleich gerade gegen den Him⸗
mel in die Hoͤhe. Es war in der That, um ſolches
beylaͤufig zu erwaͤhnen, ein angenehmer Anblick, zu
ſehen, wie dieſe Blumenzwiebeln ihre Sproſſen ge⸗
gen die entgegengeſetzten Pole in den ledigen Glaͤſern
ſchoſſen. Hier war weder Erde noch Sonne,
welche die Wurzeln und Sproffen an fich ziehen Eonn«
ten; män muß daher die Urſache —* verſchiedenen
Richtung. anderswo fuchen. |
Weil die Erklärungen folcher See, die doch im
Stande ſind, tuͤchtige zu geben, nicht von Schwierig.
keiten und wichtigen Einwuͤrſen frey find, ſo wird es
‚uns erlaubt feyn, einige andere vorzutragen.. Ich will
es ivagen, die nreinige mitzutbeilen; und um: bald: zu
der Erklärung dieſer verſchiedenen Wirfungen zu ge⸗
Force werde ich einen Satz zum Örunde legen, den
J— alle
430 Betrachtung über die Blanzen
alle Welt zugiebt, nämlic) daß die Zuſammenſe⸗
zzung der Wurzeln ungemein von der Zuſammenſe⸗
‚ung derer Theilchen inden Zweigen und dem Stam«
me unterfehieden fey. Ohne mich in die anatomifchen
‚Abhandlungen, welche Malvighi und Grew davon
‚gegeben, einzulaffen, wird e8 genug feyn, wenn wir
betrachten, daß die Wurzeln Waflerpflanzen find,
oder wenigftens eben fo wie diefe beftimmr find, mit⸗
‚ten in dem Mahrungsfafte, der fie von allen Orten
umgiebet, zu leben und zu wachfen. Sie find eben
wie die Wafferpflanzen auf ihrer ganzen Oberfläche
mit Deffnungen gleichfam befäet, welche die Mün-
‘dungen derer Cefäße find, die die Mahrung in füh
faffen ſollen. Diefe Nahrung ift ein dicker Saft,
der noch nicht-zubereiter iſt, weil er erftlich in dem
> Magen der Pflanze zu feiner Vollkommenheit gelan ·
gen foll,) Ich muß mich hierüber erflären, denn der
größte Theil dererjenigen,»die von den. Pflanzen ger
handele haben, nahmen ihre Wurzeln fürden Magen.
an. Ich halte vielmehr dafür, daß die Wurzeln der.
:Pflanzen dasjenige find, was der Magenmund'bey den
Thieren iſt, und daß ihre Berrichtung fey, den rohen.
und ungefochten Saft ‘unmittelbar von Der Erde zu
‚empfangen, und. daß derfelbe in dem Stamme oder
Halſe der Pflanze gefocht und zur Vollkommenheit
gebracht werde ; denn der Stamm ift gleihfam ein
Mittelding zwifchenden Wurzeln und Aeften, Dieß
iſt die Meynung des Herrn Geoffroy, wenn er ſagt,
daßder Stamm oder der Hals der Wurzeln ein Ge⸗
bund feiner Zäferlein fey, und Daß aus dieſen Zafer-
hen ein Meg oder: ſchwer zu Durchdringendes Gewebe
entſtehe, welches denen Enäulichren Drüfen nn
7 voll»
wihre Analogie init den Inſecten. 431
vollfommen aͤhnlich ſey, und aus eben der Urfache
ſehr geſchickt, die Feuchtigkeiten zu verdünnen und
durchzuſeihen. Daher halte ich dafuͤr, daß man die
Wurzel ſehr uͤbel den Magen der Pflanzen benennet
habe. Ich werde hievon zu Ende dieſer Abhand⸗
lung eine weitlaͤuftigere Probe geben, und mich ige‘
wieder zu meinem Hauptzwecke wenden. Wenn der:
Saft in die Wurzel tritt, fo blaͤhet er folche- auf und:
verlängert fie, ohne ihr eine andere Richtung zu ges
ben, als die eine jede biegfame Nöhre beiömme,’
wenn man fie mit Waller oder Wind anfülfer,; wo⸗
bey die Richtung nad) oben oder unten gar nicht in
Betrachtung koͤmmt. _Diefe. Feuchtigkeit nun brin⸗
get, wann fie in die Luftloͤcher tritt eine zertheilte Luſt
mit ſich, fo wie dergleichen in allen fluͤßigen Sachen
befindlich ift, welche auch eben daher unbeſeelet uud
aller ausdehnenden Kraft berauber ift, auch nicht die
geringfte Richtung bervorbringen kann. Die bloße
Schwere des Flüßigen ift alsdenn genug zu verurfa.
‚hen, daß die Wurzeln fortkriechen, und, wenn fie
auch eine andere Richtung annehmen wollten, ſich
niederwärts fenfen. Außerdem hält ſie noch eine
Kraft zurück, leitet und zwinget fie, die Erde nicht zu
verlaffen : diefes ift die anftogende Feuchtigkeit der
Erde, und der unter ihnen befindliche Zuſammen⸗
bang: denn es iftniche zu zweifeln, daß die Feuchtige
feie der Erde und der Saft der Wurzeln einen an
einander hängenden Körper ausmachen, der, wie ale -
le übrige, den Gefegen der Schwere unterworfen iſt.
Die folgende Anmerfung wird zeigen, daß die Wur⸗
zen Feine Neigung, ‚Feine innerliche Triebfeder haben
ſich niederwärts zu fenfen, Der Pater de Charles
4 Dand, Ge voig
432 Betrachtungen über die Pflanzen
voix erzaͤhlt in feiner Befchreibung von St. Domin⸗
90, daß auf dieſer Inſel alle Bäume ihre Wurzeln
horizontal fehießen ; ſelbſt Diejenigen, welche in an⸗
dern $ändern am tiefften Wurzel ſchlagen, Eriechen
dort nicht über einen Fuß tief, fondern breiten ſich
nachher auf der Oberfläche aus, Er bemerfer zu-
gleich, daß weder Tufftein, noch Felfen, oder derglei⸗
chen ungefähre Hindernifle hieran Urfache find, denn
es ift überall einerley, es mag wenig oder viel guter
Grund da feyn. Den Grund diefer Begebenheit
füge er in folgenden Worten hinzu. Die Bäume,
welche ohne Feuchtigkeit nicht leben Formen, und nirs
gend einige finden, als auf der Oberfläche, wo felten
ein Mangel daran iſt wenn auch folche bloß von dem.
Thau, der allemaf fehr häufig fällt, berühren follte,
ſchießen ihre Wurzeln horizontal, an ſtatt daß fie fon:
ften perpendiculair treiben. Dieſes bemweifer, daß die
Seuchtigfeit der Erde, die die Wurzeln führe, ihren _
Lauf leite, auch dann fogar, wenn fie horizontal fort⸗
friechen, und fie mit indie Tiefe ziehe, wenn fie felbft
binab finfet. ; RE
Es zeiget fich hiebey eine Schwierigkeit, dieih
nicht mie Stillſchweigen übergehen muß. Wennein
Saamenforn, z. E. eine Bohne, auf der Erde oder _
in einem Haufen anderer Bohnen auszubrechen ans
fängt, und dann das Ende, wo die Wurzel ausbre⸗
chen foll, oben lieget, fo weiß man, daß diefe'fleine
Wurzel, fo bald fie durch die äußere Haurder Bohne
gedrungen, ſich von felbft niederbeuge und den Erd»
. boden fuche, ohne dag man fagen Fann, daß das Ge»
wicht der Feuchtigkeit, oder die Berührung des Waſ⸗
ſers fie niederziehe ; denn die junge Wurzel ift noch)
«x
AM
usipee Analogie mit den Inſecten. 433
nicht lang genug, und zu ſproͤde um dieſem Eindrucke
folgen zu koͤnnen. Daber haben einige das Phaͤnome⸗
non einer anziehenden Kraft sugefchrieben, und andere,
die nicht fo ariftorelifch gefinnt find, miffen bis diefe
Stunde die Urfache davon nicht.
Es mözen aber diefe Bohnen, und alle andere.
Saamenförner, gefäer feyn auf welcye Are fie wollen, .
fo muß man bemerfen, daß der erfte Anfang der
Wurzel fich immer auf einerlen Weiſe, nämlich mit
der Are der Bohne parallel ausdehne, bis er durch
die $änge biegſam wird und von der Schwere ver
Feuchtigkeit gekruͤmmet werden fann. Hievon bin
id) durch folgenden oft wiederholten Berfuc) uͤberfuͤh⸗
ret worden. Ich waͤſſerte einige Bohnen 24 Stun⸗
ben ein, und legte jie nachher in ein Gefäß auf eine
feuchte Ede; ; in dieſelbe waren die Bohnen nur zur
Hälfte gefteckt, ſolchergeſtalt daß die Seite, wo die
Wurzel ausbrechen follte, die Erde berührte und davon
befeuchtet ward. Darauf fehoßdie Wurzel, wie ge»
möhnlich aus, und richtete ſich zwey bis drey Zoll
über der Erde fehnurgerade gen Himmel, und
Feine zeigte einige Neigung, fich zur Erde zu beugen.
Nachdem fie dieſen Eleinen Wachsthum erlangt hat⸗
ten, vertrocfneten fie alle, bis auf Diejenigen, mit
denen ich einen andern Beriuh anftelfen wollte,
‚Was biefe betrifft , fo legte ich ein Stuͤckchen gewaͤſ⸗
ferten Schwamm an fie, wenn die Wurzel ungefähr
zwey tinien lang war, fo, daß eben ihre Spige davon
beruͤhret ward, und ich mochre den Schwamm gerade
von der rechten oder von der linfen Seite anlegen, ſo
bogen fich die Wurzeln allemal, und frümmten ihre
Tr genau nach der tage des Schwammes, in
Ee a2 ‚welchen
\ =
434 Betrachtung iiber die Pflanzen
welchen ſie hineindrungen, und ſich als ein Kind an
der Bruft feiner Amme an ihn hielten, Man ſiehet
hieraus, daß bloß das Waſſer die Wurzeln bewege,
vielmehr biefe als eine andere Lage anzunehmen.
Es ift eine geroiffe Zeit, die man leicht bemerken
kann, da man augenſcheinlich ſiehet, daß die Wurzeln
auf alle Arten wachſen. Dieſes geſchiehet fur, nad»
dem der Saamen gefaet worden. Ich hate zum
voraus gefeßet, welchem auch nicht twiderfprochen wer:
‘Den Fann, daß der Saft durch. alle Flächen ihrer
Seiten in die Wurzeln dringe, und fie. auffchwelle
wie eine biegfame Röhre, in welche man durd) ihre
Luftlöcher Waſſer oder Wind beinger, In diefem
vereiniget ſich die ganze Kraft, ſo lange ſie an einem
Ende einen Widerſtand findet, gegen den Ort, wo ſie
ſich am leichteſten ausdehnen kann. Eben ſo iſt es
mit der Wurzel befchaffen, die aus dem Saamenkor⸗
ne dringet. In Anſehung ihrer iſt das Korn ein fer
ſter Körper, gegen welchen fie Drücker, und den ihr
geringer Wachsthum nicht uͤberwinden kann, weit
leichter verlaͤngert ſie ſich an dem andern Ende, wel:
ches als eine fehr feine Epiße leichter in die Erde.
dringen kann. Aber nach ber Mae daß diefe Wurzel
Kraft befümmt, die Erde öffnet, länger und Dicker
wird, fo wirket. fie ihres Ortes, und das Saamen⸗
forn muß ihr meichen. „Man. fieht auch, daß faft
alle Saamenförner von den Wurzeln aus der Erde
herausgeſtoßen werden, ja einige zuweilen etliche Zoll
hat. Dieſes beweifer, daß die Wurzeln auf beyde
Arten wachſen, wenn Ihnen fein SinbeunB. An Wese Ä
lieget.
u wihreInalogie mit den Infecten. 435
Irn Anſehung der Zweige Hoffe ich zeigen zu koͤn⸗
nen, Daß fie. von der Luft gezwungen werden, ſich ge=
gen den Himmel zu erheben, welches aber nicht durch
die Ausdehnung, fo fie von der Wärme erhält, fon.
dern durch eine andere Kraft gefchicher.
Da alle flüßige Koͤrper mit Luft angefuͤllet find, |
fodiefe Lufttheilchen inihnen vertheilet, untergefaucht,,
und eine bon derandern abgeſondert. Diefe alfo von. -
einander. getheilte Theilchen find Feiner Verdickung
oder Ausdehnung mehr fähig, Daher koͤmmt es, daß
das Waſſer nicht enger zufammengepreht werden
kann, ob es gleich ſehr mit Luft angefüllee iſt; aber,
ſo bald dieſe Theilchen ſich einander wieder naͤhern,
und ſich aneinander fuͤgen, entſtehet eine Luft daraus,
welche alle ihre Eigenſchaften annimmt. Wir ſehen
ſolches an dem Eiſe. Wenn das Waſſer gefrieret,
ſo fuͤgen ſich die elementariſchen Theilchen des Waſ⸗
ſers zuſammen, und vertreiben die Lufttheilchen, wels
che fie von einander getrennet hatten; diefe vertriebe«
ne Theilchen begegnen fich, ftoßen zufammen, und
werden zu Blaſen. Alfo vereiniget nehmen fie ihre
Elafticität wieder an, fuchen fich) auszudehnen, und
dehnen fich in der That mit einer erftaunenswürdigen
Kraft. aus, weldyes, ohne die Eisfchofle zu vergröss
fern, nicht nefcheben Fann : alsdenn zevreißen die ho⸗
len Gefäße des Eifes, und diefes macht eben, daß.
das Eis leichter ift, alsdas Waſſer, indem es nichts
‚mehr als ein Stück Waſſer derfelben Größeift, wele -
ches durch die Luftblafen, die fich darinn ausgedehnee
hatten, erweitert worden. |
Ich will diefes Gleihniß auf die Sache ziehen,
‚Die ic mir zu erklären vorgenommen babe, Wenn
Ee3 der
u
436 Betrachtung über die Pflan en
der in den Wurzeln enthaltene "Saft bis an den
Stamm „welchen ich ſeiner Aehnlichkeit halber den
Magen der Pflanzen nenne, geiommen iſt und er
mit der Luft, welche er. in einer völligen Auflöfung mit
fich führe, in ihn dringet (unter Auflöfung verſtehe ich
bier feine Zernichtung, ſondern nur eine Theilung
und Trennung der Theilchen) fo ift die Frage, was
fir eine Kraft verurfache, daß er wider die Natur in
die Hoͤhe fteige. Die Luft kann ſolches nicht thun,
teil fie in dem Fluͤßigen aufgelöfer und alſo ohne Kraft
if, Die Wärme kann es auch nicht, denn einemäs-
fige Wärme, wie wir im Fruͤhlinge haben: iſt nicht
ſtark genug, die im Waſſer von einander abgefonder-
ten Luſttheilchen in Kugeln zufammen zu vereinigen,
und man weiß, daß ein weit flärfer Feuer erfordert
werde, dieſes zumege zu bringen, Die Kälte ift es
auch nicht. Will ınan fanen, daß es dur ch Die anzie⸗
hende Kraft geſchehe, fo heißt folches zu den verbor«
genen Eigenfchaften feine Zuflucht nehmen. Sollten
es denn vielleicht Die Röhren und Suftgefäße de
Pflanzen hun? Diefes werden wir.inder Fol ge ſehen.
Auf dieſem Knoten beruhet die aanze Schwierigkeit.
Ich muß beweiſen, daß die buſt in den Pflanzen ſich
mehr ausdehne, als die äußere Luſt, und daß die
„Wärme diefe Ausdehnung nicht verurfache, |
e Die Fortſetzung folge kuͤnftig. *
ER a ion —
VIE Here
NE. u,
er
Herman —— L M.
"Philof. et Med. Doct.
Bir
Profefors der Arztueykunſ auf der Univerſitaͤt ie,
Praͤſidentens des Ehirurgifchen Collegii, M. d. K. G.
und der Koͤnigl. Akad. der Re:
zu er |
Vaſuche vom Quecluber
Aus dem Lateiniſchen der 430 N. ı Art.
EN der Philof. Tranſ. *. |
— *
ur diejenigen, bie.ben Urfprung der Forpers
lichen Dinge und derfelben eigene und be—
EI fondere Befchaffenheitendurd) fleißige Ver⸗
ſuche fh befannt gemacht haben, find auf den red)»
ten Weg gefommen, fich eine wahre Kenntniß von
diefen Sachen zu erwerben. Go oft fie aber die
Huͤlfsmittel ihrer Wiffenfchaft erzählen, befennen fie
auch einftimmig, die Chymie habe ihnen dazu den
größten Nutzen geleiftet. — ſie auch die Shhrift⸗
Ee | ſteller,
* Diefe wichtigen Berfuche find in drey Theilen in die
Philoſoph. Transact eingeruͤckt davon bier der erſte
geliefert wird; die andern fflen zu ihrer — eben⸗
* folgen. Anm. d Ueb.
4338 Hermann Boerhaavens
ſteller, die in dieſer Kunſt berühmt RR find;
. forgfältig durchgehen, fo erhellet, daß die alten Al⸗
chomiſten den Vorzug vor den übrigen verdienen,
wenn ſie von, der ‚Natur reden. Ich berufen ich
deswegen auf den Geber und auf diejenigen, die ihm
am nachſten kommen. Dieſe beſchreiben nur 35
weg das, was ihnen ihre Kunſt entdeckt hatte, auf
welche * alle ihren Fleiß wendeten, ohne ſich um et⸗
was anders zu bekuͤmmern. Kein Menſch hat der
Natur fo ſcharfſinnig und fo unabläßig nachgeforfcht,
und die Materie ducch fo mannichfaltige Berfuche zu
erkennen gea:beitet, als die Alchymiſten. Wie dieje⸗
nigen/ welche die Hermetiſchen Weiſen geleſen ha⸗
ben, leicht zugeſtehen werden, daß ſich dieſes ſo ver⸗
halte, wenn ſelbige ‚gemeine, Erfindungen deutlich
erzaͤhlen, ſo klagt man ſie gegentheils an, daß ſie
von dem Geheimniſſe der Weiſen ſo dunfel ſchrie⸗
ben, als ob ſie hier nicht wollten verſtant en ſeyn.
Man ſpricht, ſie braͤchten Hier ſo viel ungeh ure von
allen bekannten Wahrheiten entfernte," un fdas
ſchwuͤlſtigſte uͤbertriebene Neuigkeiten vor, ai
fie als wahnſinnige Fabelhaͤnſe und eitle Br
verlachen muͤſſe. Sie ſind ſo ſtrenge in ihren Wor-
ten, als reich an Verſprechungen, da ſie indeß die
Sabe felbft fo Dunkel vortragen, daſſ es fcheint, als
Be fie ihre Geheimniffe nicht offenbaren. ‚Des
rowegen halten die meiſten Klugen dafuͤr „ihre
- Berfprechungen zu erfüllen fey der Natur und der
Kunft unmöglich, und diefe-Schriftfteller verdienten
nicht unter die Philoſophen gezählt, oder von ſolchen
Ki zu werden, , Gleichwohl glaubt n ‚einem
Sa in feiner Kunft mehr. alg einem. Inerfahr-
Hei
| 9 Verſuche vom Queckſilber.
nen, und die Urtheile, die wir von der a
der Sachen fällen, find affezeit zu verwwegen. "Bor:
nehmlich da diefe Chymiſten ſich beftändig ertlären,
man ſolle ihre Schriften nach den gemifleften &efegen
der Matur unrerluchen, die man aus untrüglichen Er:
fahrungen erlernet babe, und ihnen feinen Glauben
behmeſſen, wofern die Kräfte der Natur, die man
aus fichern Eriabhrungen Eennte, ihnen zuröibier waren,
Ja fie fagen vielmehr, dieſes werde nur deswegen
von ihnen gefchrieben, daß Unwuͤrdige von diefen
Geheimniffen follten abgehalten werden, die fie Wür«
digen entdeckten, daher hätten fie unter das Aufrich-
tige, Deutliche und Wahre mit Fleiß viel Falſches
und Dunkeles ſetzen muͤſſen. |
Da ich die Chymie unterfucht, und der Alchymi-
ften Schriften gelefen habe, babe ich gefunden, daß
fie alfe einerley Sinnes find, Alle fteflen fich vor,
die Metalle würden in ihren Gängen natürlicher,
Weiſe erzeugt und genaͤhret, fie wüchfen und ver-
mehrten ſich dafelbft, wie die andern natürlichen.
Körper jeder an feinem Drfe ; die Nahrungsmittel
Der Metalle, die erft von einer andern Natur-wären,
würden durch den zeugenden metalliſchen Saamen
in einer wahren metallischen Natur dergeftalt verän-
dert, daß fie blog durch die Kraft dieſes Saamens
ihre alte Eigenfchaften verlöven und neue erbielten,
bloß durd) die gelinde Wirfung der ſchwaͤngernden
Wärme, Alles diefes gefchebe auf eben die Art,
‚wie von dem Saamen der Pflanzen und Thiere die
erhaltene Nahrung zu ihrem Wachsthume verwandte
wird. So würde alſo der belebende Saame des
wachfenden Goldes, die he die er empfinge,
in
440. Hermann Boerhaavens |
‚in einer gehörigen Mutter, vermittelſt geſchickter
Wärme in feine befondere Natur verändern. Alſo
glauben fie nad) Geſetzen, die den unterirdifchen
Wefen vorgefchrieben wären, würde aus einer vom
Golde unterfchiedenen Materie in langer Zeit beftän-
Dig wahres Gold. Es verwandelt nämlich vermits
telſt feiner Lebenskraft die erhaltene Nahrung in eine
ihm ähnliche Materie, fo lange vorerwähnte vier
Umſtaͤnde vorhanden wären. Bey genauerer Unter»
fuchung diefer Umſtaͤnde haben fie gefunden, daß die
fehon erzeugten Metalle, befonders das Gold, in
einem dichten und reinen Steine genau: verfchlofien
- wären, wo fie rings herum ſo umgeben würden, daß
man weder Zugang noch Ausgang ſaͤhe. Die dichte,
harte, undurchdringliche, reine, überall verfchläffene
Murter des entftehenden Metalls ftelle Glas vor.
Kaum ift etroas ſchwerer zu verſtehen, als wie das.
dichte Metall durch die ſchwere Laft des harten Steis
nes bis in die metallfchwangern Gänge hat dringen
koͤnnen: Nicht weniger iſt es ung verborgen, auf
was für Art das Metall an diefe Derter ins geheim
gekommen iſt, wenn. es vom Anfange, wie man für
ſehr waheſcheinlich hält, flüßigwar. Solchergeſtalt
hat man die wahre Mutter der Metalle kennen ler ⸗
nen; man hat auch die wahre Wärme der Bergwerfe
entdeckt, die felten fo ſtark iſt, als Die gelinde Wär-
me eines gefunden Menfchen, oft aber noch unter
dem 60 Grade des Fahrenheitifchen Thermometers
ftehen bleibt. Daher befehlen auch) die Lehrer der
Geheimniffe, die ſchwangere Materie foll in einem
reinen Glaſe verfchloffen, mit einer Maymarme
abgewartet werden ; Diefe aber. befinden wir meift
N — von
—
Derfiche vom Quecfilber. 441
von 50 Graden : Und fo) groß bat Cruquius durch.
' forsfaltige Beobachtungen feldft die mittlere Wärme
des ganzen Jahres befunden. Die Nahtung des Me⸗
talles, und was die fruchtbare und zeugende Saa-
menmaterie fen, ift noch verborgener, - "Die meiften
erfentien ‘das Queckſilber, eine Materie, die allen
Metallen gemein ift, dafuͤr: diefes wirde durch Die
Kraft des lebendigen Saamens verändert und gabe
ein beſtimmtes Metall, nach der befanden Beſchaf⸗
fenheit der Wirfung des Caamens. Alle Metalle
würden alfo durch das Duedfilber und diefe metafli:
ſche Kraft, (die man Schwefel nennet) wenn man
forche bey nehöriger Wärme mit einander vermengt,
zu der vollfommenen Geftalt eines befondern Mes
talls gebracht, und daher laſſe ſich jedes Metall in
dieſen beyden auflöfen. Gleichwohl hängt dem Queck⸗
ſilber von feinem erſten Urſprunge ein Fehler an, der
mit ihm auf Das genauefte verbunden ift, und‘ fich
ſchwer trennen laͤßt. Alſo wuͤrde das Queckſilber,
das wir haben nicht das reine und einfache, ſondern
vermoͤge der fremden ihm beygemengten Eigenfchaft,
ſchon von einer beftimmten Natur feyn, und ſich daher
faum bon der Kraft eines befondern metalliichen Saa⸗
mens in die Natur dieſes Metalles vorwandeln laffen:
würde e8 aber durch ſchwere Kunftgriffe von diefem
fremden Fehler gänzlich gereinigt, fo fey es-afsdenn
erſtlich unverfälfcht, Taffe fıch weder durch die Kunft
noch durch die Natur in Weſen von verfchiedener
Art theilen, und alsdenn vermehre fich der belebte
Saame eines jeden Metaffes vollfommen, wenn er
in ihm aufgelöft werde : das Gold feldft » welches
in ihm zergebe, gewaͤrmt und gezeitigt werde, ſey
der
Hermann Boerhaabens
2 in fo geſuchte und berühmte an Biefge
Arbeit.
Da ich fahe, daß Sie vornehmſten gehen der
Kunft in diefen Grundfäßen mit einander eins waren,
babe ich mic) lange bemüber, durch Erfahrungen zu ler⸗
nen, wie man denn den reinen Merkur erhalten koͤn⸗
ne? ob er fih aus dem Metalle bringen laſſe? Was
der andere Theildes Metallsfey, der das Queckſilber
unter fein, Joch zu zwingen vermöge? Ich will erzaͤh⸗
len was ich erfahren habe, nicht die Kunſt zu lehren,
denn davon bin ich fo weit entfernt-als einer; fendern
ich will nur aufrichtig, mühfame, und fo gewiſſe Ver—⸗
ſuche, daß man fie für wahr annehmen kann, beſchrei⸗
ben. Andere werden fie alsdenn nicht wiederholen,
fordern ſich ihrer nur als richtig behienen dürfen, fo
oft es noͤthig iſt. Ein fleißiger Künftler kann diefe
zum Grunde gelegt feine Gedanfen auf, etwas anders
richten, und die Chymie dadurch höher reiben, Hätte
nur jeder feine befondern Arbeiten. zum gemeinen
* mitgetheilet! Das erfte ſoll ſeyn: |
I. Wenn manveines Queckſilber in einem trocknen
veinen Glaſe nur hin und her ſchuͤttelt, erhaͤlt
man ein weiches, fehwarges,, zartes Puiber. *
Verfahren.
Sechzehn Unzen bey der amſterdamiſchen Sefell Pi
ſchat gekauftes Queckfilber druͤckte ich durch Leder;
es blieb keine Unreinigkeit zuruͤcke. Ich rieb es lan⸗
ge mit reinem Waſſer; auch dieſes blieb nach dem
Reiben rein. Es ward lange mit Meerſalze gerie⸗
ben, ohne daß ſich die Farbe des Salzes verunreinig⸗
te. Man goß Wafler auf dieſes Salz das
Luchs
WVeerſuche vom Queckſilber. 443
Queckſilber, wiederholte das Reiben, und hoch ver«
änderte fich die Farbe nicht. In allen dieſen Um—
ftänden hat ſich nichts ſchwarzes nichts fremdes oder
unreines entdeckt, Das Quedfilber ward alsdenn
abgewafchen und getrocknet: da es noch glänzend war,
Ich that es in eine trockene reine Flaſche aus dunkel⸗
gruͤnem deutſchen Glaſe: zualeich feste ich es in
Sand bey einer Wärme, die beynahe das Queckſil⸗
ber zu erheben vermögend war, damit ich defto fiches
ver wäre, das Wafler das fich oft verborgen beym
Queckſilber befinder, folchergeftalt alle fortzutreiben ;
in Diefen Umftänden erhielt ich es drey Tage: ch
trieb einen reinen trockenen dichten Korkſtoͤpſel in den
Hals des noch warmen Gefaͤſſes fo ftark ich Fonnte,
das Glas recht zu verfehliegen, Die verftopfte Oeff⸗
nung der Flaſche fteckte ich in einen Kuͤtt aus Pech,
Harz, Unſchlitt und Schwefel, und zog ein Stück
geinwand darüber, das ich mit zufammengezogenem
Bindfaden recht genau verband. Mach diefer Bor:
bereitung that ich das Slasin ein hoͤlzernes Käftchen,
das fo gemacht war, daß die Flafche überall an die
Seitenwände anrührte, und füllte ven Zwifchenraum
zwifchen dem Käftchen und dem Glaſe mit trocknen
Kleyen aus. Darüber befeftigteich einen durchbohr⸗
ten Decfel, daß der Hals der Flafche mic feinem
Dbertheile etwas über die Deffnung berausragte,
Innerhalb des Käftchens war das Glas unbeweglich.
So ließ ich es an den Steinpeleiner Walfmühfe die
Tag und Nacht gieng wenn der Wind wehete befefti«
gen. Es wurde vom erften Merz 1732 bis zum 13
Wintermonats eben diefes Jahres beftändig durch
fenfrechtes Erheben und Miederfallen, erfchürtert.
N 1 Erfolg.
Mr Hermann Boerhe hanvend
Frfel a N
Wie ich die dlaſche eroͤffnete, fand ich vr das
Gewichte Duedfilber, überall mit einem weichen
ſchwarzen häufigen zarten Staube bedeckt. Ich
Druckte es Durch reines Leder. Es gieng fluͤßiges
reines Queckſtlber durch. Im Leder blieb vorerwaͤhn⸗
e Staub zurücke, der einen ſcharfen metalliſchen Ge»
Ri mac pugelühr wie Kupfer hatte, |
Solgerungen. J
1. Das Dueckfüber, das für. fich nicht den gering:
ften Geſchmack hat, erhält durd) bloſſes Schür-
teln einen metallifchen fupferartigen Geſchmack.
2. Da es zuvor ſehr gelinde war, wird es ſcharf,
angreifend,
3. Sein Gilberglanz verwandelt fih in die dun⸗
kelſte Schwärze.
4. Sein flüßiges Weſen in trocknes Pulver.
5. Alfo kann es unter der Geſtalt diefes Pulvers
verborgen bleiben, und Unwiſſende betriegen.
II. Das reinſte Queckſilber, mit dem man wie (I.)
verfahren bat, giebt eben Das Pulver in viel
größerer Menge, f |
Ver fahren.
Ich argwohnte, es koͤnnte ſich etwas von Mater
vie anderer Art in dem Duedjilber verhalten, und
durch die Bewegung in Geftalt Diefes Pulvers abge:
fondert haben: Ich habe Daher das Queckſilber allesaus .
einer gläfernen Retorte in erhigtem Sande uͤbergetrie⸗
ben, e8 wieder in: eben die Retorte aefchüttet, und.von
„neuem übergetrieben : diefes ift fechzigmal von mir wies
derholet worden. Sofchergeftalt war das Queekſi ber 61
moldeſtuire. Auf des Gefaͤßes Boden a ich 5.
— —
Verſuche von Quedfi (ber. 445 .
Drachen: dig Dulvers, von dem ich nachgehends |
reden werde. : Das Durefilber ward hievon ſehr
beweglich und glänzend. Ich habe zwo Ungen das,
von in vorerwähnter Mühle auf eben die vorige (1.)
Art und eben fo lange fchürteln laſſen. —2
Erfolg.
Das Gewicht war einerley. Es zeigte ſich ein
weiches ſchwarzes Pulver, von ſcharfem metalliſchem
kupferartigen Geſchmacke, welches ſich auf zwo Drach⸗
men und 26 Gran belief, und alfo mehr als den ach»
ten Theil austrug, da von dem Kaufqueckſilber durd)
eben das Verfahren kaum der 128 Theil in Pulver
veraͤndert war,
Solgerungen.
I. ‚Quedfilber, das 610 mal deftilliee iſt, und gar
feinen Geſchmack hat, erhält einen metalli«
fhen Geſchmack. |
2. Da es zuvor gan; gelinde war, wird. es ſcharf,
angreifend,
3. Sein filberartiger Spiegelglanz verändert fi ch
in die dunkelſte Schwaͤrze.
4. Seine natuͤrliche Fluͤßigkeit in feſtes Pulver.
5. Es behält dieſe Eigenſchaft in langem, ſtarkem,
oft wiederholtem Feuer.
6. Alſo ruͤhret felbige nicht von fremder Unreinig-
keit des Queckſilbers her, die ſich durchs F Feuer
hätte abſondern laſſen. |
7. Das rothe glänzende, fcharfe Weſen, das A
‚ber Deftillation am Boden der Netorte übrig
bleibe, ift dem ſchwarzen nicht — als der
zn der flüchtig geblieben ift,
; 8. Das
Herman Boerhaaveꝛ er
s ne Dueckfilber läßt fi) A J SM
durch Schuͤtteln ſchwarz maihen, * iſt alle
von veränderlicher Farbe,
9, Giebt es mehr ſchwarzes, wenn, es in geringer
ver Menge geſchuͤttelt wird? |
IH. Das fehwärzefte Pulver des (II.) Berfuchs,
verwandelt fich wieder in reines Duedfiber,
wenn es mit ftarfem Feuer angegriffen wird.
Derfabren. : RE,
Zwo Drachmen ſechs Gran des ſchwarzen Pul⸗
vers (11.) habe ich in ſtarkem offenem Feuer aus einer
reinen gläfernen Retorte übergerrieben, daß nach „no
Stunden die ganze — gluͤete.
Erfolg. |
Im Recipienten befanden fich zwo Drachmen zwey
Gran des reinſten, ungeſchmackten, glaͤnzenden Queck⸗
ſilbers. An den Seiten des glaͤſernen Gefaͤßes, das
mit der Retorte verbunden und unten mit Waſſer
gefuͤllet war, hieng hier und dar etwas Queckſilber,
das ich ſo genau nicht habe ſammlen koͤnnen. Auf
dem Boden der Retorte war ein feſter, kleiner, uns
gemein aanter und Faum fichtbarer Flecken. |
Solgerungen.
1. Ein und fechzia mal deſtillirtes, ——
und in vorbeſchriebenes Pulver verwandeltes
Queckſilber, veraͤndert ſich nur Durchs Feuer in
ſeine alte Geſtalt.
2, Da es zuvor ſcharf angreifend war, wird es
gelinde, |
3, Seine ſchwarze Farbe berwanden h in ben
helfen Spiegelglanı, x
| 4: Aus einem feſten Data, wich, es in, |
IH. 5. Bey
Berfuche von Quekkſi (ber. 447
5. +, Ben diefem drenfachen Verfahren bleibe es von
einerley Natur, ob es wohl immer eine andere,
Geſtalt darſtellt.
6. Indeß entſteht durch dieſes Verfahren aus dem
——— ein wenig feſtes Weſen.
7. Das Schwarze war keine Unreinigkeit, oder
was Fremdes, das ſo waͤre vom Queſilber ge⸗
ſchieden worden.
Anmerkung.
Ich habe Queckſilber in glaͤſernen coniſchen Retor⸗
ten mit flachen Boden, die mit einer umgekehrten
chymiſchen Phiole verſchloſſen waren, einem Feuer
von 108 Graden verſchiedene Monate lang ausge⸗
ſetzt. Es ward ſchwarz und gab ein vollkommen
aͤhnliches ſchwarzes Pulver. Alfo sthun Schuͤtteln
und Feuer in dieſem Grade einerley Wirkung i in das
Queckſilber.
HI. Queckſilber wird nur durch die gemeine De
fillation verändert.
Verfaͤhren.
Achtzehn amſterdamer Pfunde Suekfilber, ‚ wie
man es bey der amfterdamifchen Gefellfchaft zu Kaufe
bat, habe ich aus einer reinen gläfernen Retorte mit
Sandfeuer i in einenXecipienten übergetrieben,der vom
Boden vier Zoll Hoch mit dem reinften Waſſer ange:
füllt war, fo lange, bis Fein laufendes Duecffilber mehr
im Bauche des Gefaͤßes blieb. Ich habe das Queckſil⸗
ber mit reinem trocknen Loͤſchvapier abgetrocknet und
gereiniget, Daß es ganz trocken von allem hineingefalles
nen Unrathe, und von dem Schwarzen, das fich mit
dem Duedfilber bey jeder Deftillation erhebt, befreye
war, Alsdenn babe ich es wieder in eben die Netorte
4 Dand, BT gethan
448 Hermann Boerhaaven
gethan, und wie vorhin verfahren, ſolches REN zwey ·
und funfzigmal wiederholt. Bey einer jeden De⸗
ſtillation entſtand in der Retorte ein —— Banen
bes Pulver, |
| Erfolg. BETEN
Nach 52 Deſtillationen hatte ich . Deechmen
ſcharfes rothes glänzendes oben und unten purgiren⸗
des Pulver. Vom Queckſilber waren noch 16 Unzen
5 Drachmen übrig, alfo 64 Drachmen verloren ges
gangen. Dieß ift nicht zu vermeiden: Es dringt et⸗
was durch die Verkleibung heraus, und hängt ſich et⸗
wasSchwarzes und ein wenig Queckſilber an das Löfch«
papier, wenn man es jedesmal abtrocknet. So we:
nig folches auch auf einmal betraͤgt, fo macht es doch)
bey der Wiederholung mas merfliches aus. Das
Pulver war fehwer, glänzend roth, fehr zerreiblich,
von einem feharfen metallifchen ekeln Geſchmacke, der
fehr angriff und Faum aus dem Munde zu bringen
war ; es beunrubigte den menfthlichen Körper lange
und ftark, und veranlaßte Fortichaffung des Unraths.
Das Duedfilber,mirdem ich auf die Art verfahren hats
te, fchien flüßiger als Das gemeine,
Folgerungen. —
1. DasQd. uecfilber, mit dem man im Feuer befehrie |
bener maßen verfährt, verändert fich aus feinem
flüßigen Wefen, was ohngefähr den 28 Theil
feines Gewichtes beträgt, in ein zartes Pulver,
2. Sein filberartiger Spiegelglanz wird feuerrorb. _
3. Da es ganz ohne Geſchmack ift, fo erhält es einen
— widrigen, metalliſchen ONEMBEIRgenben
Geſchmack. |
4 Da 9
Verſuche vom Quedfilber. 449
El Da es hoͤchſt gelinde iſt, ſo wird es ſchar F,giftig. er
regt Unordnungen und Schmerzen im Korper,
5. Sein fluͤchtiges Weſen wird feuerbeftändig, mes
nigftens in dem Grade des Feuers, in dem eg zu⸗
— vor fortgieng.
6. Sein uͤbriger Theil wird nur fluͤßiger, und be⸗
hält ſonſt die vorigen Eigenſchaften.
7. Die bloß mechaniſche Bewegung, und ein nur
—— Feuer machen das Queck ſilber ſchwarz, *
ein ſtaͤrkeres Feuer roth, in einem verſchloſſ enen
Gefaͤſſe.
V. Mich verlangte zu wiſſen, was mit dem Queck⸗
ſilber weiter vorgienge, wenn es noch ferner mit
dem Feuer, das zur Deſtillation noͤthig iſt, bes
arbeitet würde,
| Derfabren.
Ich ließ 15 Ungen 5 Drachmen Queckſilber, das vom
(IV.) übrig war, wie vorbin, fo lange deftilliren, bis‘
nichts mehr am Boden blieb, Was übergegangen war,
- reinigteich, trocknete es, und goß es allezeit roieder in
die Retorte. Das wiederholte ich 448 mal. So
war das Queckfilber 500 mal deftiliiet worden, Al
lezeie harte fich was Rothes erzeugt ; allemal war es
fluͤßiger und reiner übergegangen, Die Ießtenmale
hatte ich das Feuer heftiger gemacht, da fchien fih
‚aber diefes rothe Pulver eher zu vermindern, als zu
vermehren, vielleicht war es wieder zum Theil in
| Queckſilber veraͤndert worden.
Erfolg. |
- Das Pulver am Boden der Retorte wog ı Unze
5 Bari und 2ı Gran. Das Q uedfilber, dag nad)
f2 500
450 Hermann Boerhaavens
500 Deftillationen noch übrig blieb, beteug 9 Unzen
5 Drachmen; bey fo viel. Deſtillationen aber waren
manchmal die Retorten geſprungen, und etwas Queck⸗
ſilber verflogen, außer dem, was bey fo vielmal wie⸗
derholtem Reinigen und Abtrocknen verloren gegan-⸗
gen war. 0% A RR
Solgerungen.
1. Die’ Folgerungen des II und IIII Verſuchs find
auch hier noch richtig.
2. Das Queckſilber iſt auf einer Seite ſehr une
- veränderlich. —
'3, Auf der andern ſehr veraͤnderlich.
4. Bielleiche nimmt es nad) der Verwandelung
feine vorige Geftalt wieder an, -
5, Bielleicht erzeugt es fic) Durch eine neue Wir-
Eung des Feuers wieder, und wird wieder in Die
verwandelte Geſtalt veränder.
VI. Die Eigenfchaft des Queckſilbers, daß es durchs
Feuer in dieſes Pulver veraͤndert wird, kann ihm
ſchwerlich durch die Deſtillation benomen werden, |]
2: 5 "»Dekfabeen: EL?
Ich Habe das üßigftereinfte Aueckjilber, aus dem
ich mit sor Deftillationen 2 Unzen 1 Drama und 51
Gran (I. IIII. V. Berf.) gemacht hatte, und davon TI
noch 10 Unzen st Drachmen übrig waren, aus einer
reinen gläfernen Netortedeftilliver, daß alles Queckſil⸗
ber in den Recipienten übergieng. Der Boden der
Retorte war forein,als fäme fie nur erft aus dem Glas⸗
ofen; aber inwendig, wo des Queckfilbers Oberfläche
‚vor der Deftilfation geftanden hatte, befand ſich ein.
alänzender fchön feuerrorher, anfehnlicher zatter Ring.
Das uͤbergegangene, gereinigte, getrocknete —
| babe
Verſuche vom Queckſilber. 451
habe ih, twieder in eben die Retorte geſchuͤttet, und
übergetrieben. Solches ift von mir zehnmal wie—
derholt worden : Jedesmal bat ſich das rothe Pulver
vermehrt, und im nicht geringerer Mienge, als aus
dem noch rohen agree
Erfolg.
Das Queckſilber war ungemein lebhaft und glan—
zend. Das feuerbeſtaͤndige Pulver glaͤnzte ſehr ſchoͤn
feuerfarben, das übrige war wie bey II. IIII. V.
Es belief ſich auf fü ieben Gran.
Solgerungen.
—— Eigenſchaft des Queckſilbers, ſich vom
Feuer in dieſes Pulver veraͤndern zu laſſen,
bleibt bey ihm auch nachdem ſein achter Theil
in dieſes Pulver iſt verkehrt worden.
2, Nach zur Deſtillationen bleibe fie noch, deren
jede etwas dergleichen Pulvers gegeben hat, ob=
gleich Fein neues Dueckfilber dazu gefommen ift.
3. Alfo Fann man diefes Pulver fehmwerlich für ei—
ne Unreinigfeit des Queckſilbers halten, die fich
durchs Deftilliven von feinem Kerne abfondern
ließe.
4. Und alſo ift man hieraus verfichert, daß es fol-
chergeftalt verändert wird ; es ift nicht gemiß, -
daß es auf diefe Art gereinigt wird.
5. Das Feuer vereiniget fic mit dem Queckſi (ber
nicht fo, wie berühmte neuere Chymicigefchrie-
ben haben.
6. Der Rünftler wird mit alle feinem Fleiße ſchwer⸗
lich die Graͤnzen finden, über welche diefes Pul-
ver nicht mehr wird.
7, Entſteht diefes Pulver durch das Feuer aus des
33 Queck⸗
Alien (bers rohem Ehieefel, ſo reiniget dieſe
Deſtillation das Queckſilber nicht von demſelben.
VII. Das Pulver des H. AI. V, VL, Verſuchs
zu unterſuchen. | ;
Verfahren, |
Ich habe zwo Unjen eine Drachma und st Gran
diefes Pulvers in eine reine gläferne Retorte, die mit
Thon und darunter vermengtem Sande überzogen
war, gerhan, das Feuer nach und nach verftärft,bis end»
lich die Retorte, da ich frenes euer darauf brachte,
fait von dem darauf gebrachten helfen Feuer glüete; _
diefes gefchahe im Sandofen drey Stunden
einander.
Erfolg.
Aus dieſem Pulver iſt eine til und eine helbe
Drachme reines wieder hervorgebrachtes Queckſilber
geworden. Auf dem Boden der Retorte blieben bis
achtehalb Drachmen feuerrothes Pulver. Im Halſe
der Retorte iſt was haͤngen geblieben, wie auch in dem
Recipienten, der an den Hals der Retort⸗ geleget
war. Vielleich iſt auch was durch ſo Ian, und
heftiges Feuer zerftreuet worden, ;
FSolgerungen.
1, Das Queckſilber entſteht wieder aus dem m Dur
ver, in das es von euer war verwandelt wor⸗
DER:
2, &s befömmt alsdenn alle hehe vorige Beſchaf⸗
fenheit wieder, und lege die ab, Die es ange:
nommen hatte, Aus dem Pulner wird eben
das Queckſilber.
3. Es iſt nicht ſo feuerbeſtaͤndig worden/ daß es
ſtarkes Feuer aushielte.
Gleich—
Verſuche vom Queckſi (ber. 453
4 Gleichwohl iſt in dieſem Pulver ein Theil feuer-
beftändiger als der, andre, jener bleibe noch
Pulver, wenn ſich diefer wieder in Aueckſilber
veraͤndert.
VIII. Unterſuchung bes von vorigem Verfaßren
‚VII, übrigen Pulvers,
Derfsbren.
Ich habe 7 Drachmen und 38 Gran dieſes Puls, |
vers aus einer weinen gläfernen Retorte, die mit eis
nem Umſchlage aus Thon und Sande bedeckt war,
in freyes Feuer gelegt, das ich vorſichtig nach und
nach verſtaͤrkte, bis die kleine Retorte vom Feuer,
das fie oben und unten bedeckte, ganz gluͤete. In
ſolchem Gluͤen habe ic) fie vier Stunden lang er⸗
halten.
Erfolg, |
Im Wecipienten befanden fich bis auf * gan⸗
zer Drachmen reines Queckſilbers, das wieder aus
dieſem Pulver entſtanden war. Auf dem Boden der
Retorte waren funfzehn Gran eines braunen zarten
und in ſo langem und ſtarkem Feuer noch beſtaͤndigen
Pulvers. Ein breiter zarter Fleck von ſehr ſchoͤner
rothen Farbe befand ſich auf dem Boden der Retorte,
und war wie in das Glas eingedrungen.
| Solgerungen.
1, Das Quedfilber wird nur durch das Feuer in
oben befehriebenes (I. III. V. VI. VII. VIII.)
Pulver verändert. h
2. Diefes Pulver wird nur durchs Toner, aber:
— durch ein größeres , in Queckſilber verändert.
3. So ftirbt die Schlange, wenn fie fid) fesbft ge:
biffen hat.
| Ff4 .. Und
—
— Hermann Boerha ve ı
4 Und ſteht nach dem Tode ih wieder auf.
N 5, Ben fo viel Arbeit, in fo viel, fo lange unter:
baltenem euer, find aus 16 Uiyen Queckſil⸗
bers nur 15 Gran feuerbeſtaͤndig geblieben, in
einem Glaſe, das faſt bis zum Schmelzen gluͤete.
6. Silber, Gold, andere Metalle, ſind auf dieſe
Art ſchwerlich aus dem Dueckfilber zu erhalten,
daß Arbeit und Koſten belohnt würden, |
. Bon dem Pulver, das auf diefe Art aus dem
" Hueckfilber ift feuerbeftandig gemacht worden,
bleibt nur der 72fte Theil im Feuer beftändig,
Das übrige alles wird wieder Queckſilber.
8. 22 Gran find verloren gegangen. Sind fie _
zerftreuet worden ? Hat das Queckſilber Diefe
Vermehrung des Gewichts vom Feuer erhal⸗
ten, und bey großerm Feuer wieder verloren ?
9. Die beftändige und einfache Natur des Queck⸗
filbers laßt fich durch Deftilliren niche in Theis
le verfchiedener Are zerlegen, Weder in feuerbes
ftändiges und flüchtiges, noch in reines und un ·
reines, noch in Unrath, und vom Unrathe ge-
fäubertes ; noch in Elemente von mancherley N
Art,
VIII. Dreyſehn Gran biefes letten Feuerbeftän |
| digen Pulvers (VIII) habe ich in einem Schmelztie⸗
gel in freyes Feuer vor dem Gebläfe gebracht. Ich
habe das Feuer durch das Gebläfe dergeſtalt vermehrt,
daß der Schmeljtiegel durch und durch gluͤete. S
babe ich es eine Viertheilftunde erhalten, Am Bo—
den iſt ein feuerbeftändiges Pulver geblieben, Das
aber braun und wie ein Schwamm aufgefehwollen
far, Ich habe daraus gelernt 4 daß biefes ‚ge
Se
Verſuche vom Queckſilber. a
bloß durchs F Feuer eine große Seuerbeftändigfeit zu⸗
laͤnglich erhalten habe.
| X. Alsdenn habe ich zu diefem feuerbeftändigen
Pulver (VIIII.) etwas Borar in Schmelstiegel ge:
£han, und das Feuer mitdem Bebläfe verſtaͤrkt. Es
iſt alles —5 eine Maſſe geworden, die ſich zer⸗
reiben ließ, in Glas verwandelte, und in dieſem
großen Feuer beſtaͤndig blieb.
XI. Zwey Gran dieſes Pulvers, das (VIII.) bis
auf 15 Gran fo feuerbeſtaͤndig blieb, babe ich einem
erfahrnen geſchwornen Probirer zu Amfterdam gege-
ben, ſolches nad) den Vorschriften feiner Kunft aufs
genauefte mit Bley zu probiren. Nichts feuerbeftän:
diges ift übrig geblieben. Alfo enthielt diefes Pul»
ver weder Silber noch Gold.
XII. Die dreyzehn Gran, die mitdem Borax inein -
glasachtiges Wefen zufammen gefhmolzen waren, (X.)
habe ich nebft dem Borax einem erfahrnen geſchwor⸗
‚ nen amfterdamifchen Probirer gegeben, daß er dieſe
ganze Maſſe nach den Vorſchriften feiner Kunſt aufs
forgfältigfte mit Bley probiere Don der ganzen
Maffe ift nichts feuerbeftändiges geblieben, Alfo
Bielte fi e nichts von Silber und von Golde. n
| Solgerungen i
1. Queckſilber behält im Feuer feine Natur unver
ändere,
2. Es ift einfach und laͤßt fich durch Deſtilliren i in
Weſen von verfchiedener Art nicht auflöfen,
er Es wird vom Feuer feuerbeſtaͤndig gemacht, und
ſccheint in feiner aͤußerlichen Geſtalt verändert.
4. Wenn es fo N es in verfchiedenen
5 The
germann Boerhaavens
2 verfchiedene. Grade der Beuerbeftän
Digfeit,
5. Gleichwohl hat keiner von Shen Theilen von
einem ſo ſtarken und langwierigen Feuer, die
Feuerbeſtaͤndigkeit des Goldes und Silbers er⸗
halten.
6. Die Urſache, welche es feuerbeftähbig macht,
iſt das euer, das durch das Glas geht, und
einen Theil des Duedfilbers dergeltalt veräns
‚dert, es fey nun bloß durch feine Wirkung, oder
weil es fich mit dem Queckſilber vereinigt. Ä
7. Das Feuer, das dergeftale wirkte, hat in zır
Deftiflationen mit feiner Kraft oder Vereini⸗
gung, noch nicht den £leinften Theil davon in
Gold oder Silber verwandeln koͤnnen.
8 Sondern aus Duedfilber , das vom Feuer iſt
feuerbeftändig gemacht worden, bringt ſtaͤrkeres
Teuer wieder Dueckfilber hervor ; oder Die bee
kannte Kraft des Bleyes macht, daß es von det
Eapelle verfchwinder.
9, Aus diefem Verſuche, erhellt alfo nicht, daß
Queckſilber im Feuer ſolchergeſtalt Aſmmen
gebracht, ein bekanntes Metall gebe; Die 13
Gran floffen beym euer vor dem Gebläfe nicht,
blieben im Bley nicht beftändig , und folvirten
fich miedem Queckſilber nicht in ein Amalgama,
10. Alfo läße fich aus dieſem Verſuche nicht zei:
gen, Daß das Feuer der Philofophen Schwefel
ſey, der den Mercur i in feuerbeftändige Metalle
veraͤndere.
u. Vielmehr iſt wahrſcheinlich, der naͤchſte Schwe⸗
fel der Weiſen ſey etwas anders. 5
| | RB, PR 12, Der
Verſuche vom Queckſilber. 457
12, Der feuerbeftändig gemachte Theil ift feine Une
reinigkeit des Queckfilbers, noch deflen roher ftin-
Fender Schwefel, denn es verwandelt ſich wieder
in Queckſilber.
13. Des Queckſilbers Reinigung von der iedifihen ;
Unart und der wäflerichten Rohigkeit ſcheint
durch die bloße Deftillation nicht fo leicht zu er⸗
Balten. Vielleicht giebr es dazu einen andern
geheimen Weg.
14. Gold oder Silber laßt fich durchs Feuer aus
dem Duecffilbernnichtmachen. Leute, die Feine
Wiſſenſchaft befigen, und ihrer Einbildung zu
viel Kaum geben, find an Hoffnung reich und
freygebig mit Berfprechen, Queckſilber iſt hier
Queckſilber ‚geblieben,
15. So find wir vor den betrügerifchen Schriften
und Kegeln fiher. Die find Sophiften, die
se bloß aus dem Queckſilber und Feuer in
kurzer Zeit innerhalb wenigen Monaten verſpre⸗
chen. Innerhalb vielen Monaten wird man
nicht die geringſten Spuren eines Anfangs ſehen.
XIII. Queckſilber, das unter boden Waſſer ge
balten wird, erhebt ſich nicht über den Boden
des Gefäßes,
Verfahren.
Ich habe von reinem zweymal deſtillirten Queckſil
ber eine Drachma in ein Uringlas geſchuͤttet, das ich
mit Regenwaſſer erfuͤllte. Dieſes Gefaͤße habe ich auf
freyes Feuer geſetzt: das Waſſer hat acht Stunden
lang ſtark gekocht, Doch fo, daß allezeit noch etwas Waſ⸗
ſer uͤber dem Queckſilber geblieben iſt. Das *
er.
458 Hermann Boerhaabens
ber iſt nachgehends gewogen worden, und hat wieder
eine Drachma ohne allen Abgang gehabt.
Weiter habe ich eine Drachma Quectfilber i in ein
reines crocknes Glas gethan, und ſolches innerhalb des
Keflels ſo befeſtigt, daß es nicht wanken konnte, den
Keſſel mit Waſſer gefüllt, und das Waſſer acht Stun«
den lang kochen laffen, Das Gefäffe war cylindrifch, »
offen, drittehalben Zoll hoch, und dergeftalt geſetzt, daß
fein Waffer hineinfommen Fonnte, Nach diefem Ver⸗
fahren wog das Queckſilber noch eine Drachma, ohne
einigen. Berluft.
Ich habereines Queckfilber in einen gläfernen Kol:
ben gerhan, Waſſer darauf gegoflen, und einen Helm
Darüber gefeßt, alsdenneslange kochen laffen: Esift
nichts von Dueckfilber aufgeftiegen. Ich babe fort-
⸗
gefahren 5 su fochen, bis nad) Austreibung alles Wafr
fers das Queckſilber aufdem Boden trocken blieb, dod) _
habe ich das Feuer alsdenn nicht verftärft. Das
Queckſilber iſt ſogleich an die Seite des Kolbens und
in den Helm aufgeſtiegen; der Grund erhellt aus dem,
was ich in meiner Einleitung zur Chymie vom Bafe
fer und vom Feuer gefchrieben,
XII, Duecfilber Eann durch) die Kunft bergeftalt
verändert werden, daß es aus dem Boden des
Gefäfles bey einer Warme auffteigt, bey derder
Eßig noch nicht kocht.
Verfahren.
Ich habe das Amalgama aus einem halben Pfunde
Bley und anderthalben Pfunde Queckſilber i im Glaſe
geſchuͤttelt. Es entſtund daraus ein ſehr ſchwarzes
Pulver. Dieß habe ich in einen glaͤſernen |
oben.
Verſuche som Queckſilber. 459°
hohen Kolben gethan, darüber Weineßig gegoſſen, der
Durch Doppelte Deftillation recht rein geworden war,
das Phlegma habe ich gelinde abdeſtillret. Nachdem
ift das Feuer ein wenig verftärft worden, Doc) fo, daß
die Feuchtigkeit noch bey weitem nicht kochte. Das
Queckſilber ift ſammt dem Phlegma in den Helm, und
vondarindie Vorlage gegangen. Eben das habe ich
auf andere Art erfahren. Die Sache verdient Nach⸗
denken. Chymiſten! ich erinnere itzt nichts mehr
Davon. Durch einen faſt ähnlichen Kunſtgriff habe
ich gefunden, daß das Queckſilber ſo fluͤßig geworden,
daß es ſich in meinem Digeſtirofen bey einer gelinden
Waͤrme, als die Waͤrme eines geſunden Menſchen
iſt, erhoben hat, und an den Seiten des Gefaͤſſes hin⸗
aufgeſtiegen iſt. Glaubt man, es ſey damals reiner
geweſen? Es war mit Metall vermengt, und ſehr
trocken. Aber die ungemein muͤhſamen Verſuche,
die ich Jahre lang mit dem Queckſilber und den
Metallen vorgenommen habe, will ich vielleicht zu an⸗
derer Zeit erzaͤhlen, wenn ich vernehme, daß ſolches
billigen Richtern nicht misfaͤllt. N,
XV. Geber hat gefchrieben, reines Queckſilber fey
ſchwerer, als Gold, Ich habe mich fange bemüht,
zu erforfchen, :ob es koͤnne dichter zufanımengepreße
und folglich fchrwerer gemacht werden, als man es
von der Natur erhält ? Ich habe gefucht, folches
durch Abfonderung des leichtern und veränderlichen
Theils von dem ſchweren Heberbleibfale zu bewerfftelli«
gen, und folches nicht verrichten Eönnen, ch wolle
te es nachgehends auf verfchiedene Ark reinigen, und
es gelung mir nicht. Doch habe id) eins und das
andere gefunden, das werth ift, Daß man es betrach-
tet.
460. Hermann Boerhaavens
tet. Iſt es mir. erlaubt, folches zu erzählen : es
fkoͤmmt darauf an : Ich habe zwo Unzen des reinften
Goldes bydrofkarifch in Negenwafler unterfucht, das
durch eine gelinde Deftillation war gereinigt worden,
und gefunden ‚daß es fi zum Wajfer, wie 1942
zu 1. verhält. Das Kaufqueckſilber, das einmal aus
der Retorte war deſtilliret worden, zugeben dem Waſſer
wie 13733: 1. Duedfilber mit dem veinften Golde
vermengt, etliche hundertmal davon. deſtillirt, wie
5:1. Queckſilber mic dem feinſten Silber,auf eben
die Art bearbeitet, wie 13255: 1. Duedfilber mit Bley
vereinigt, mit ſolchem ganz in Pulver verwandelt, und
mit ſtarkem Feuer Daraus wieder hervorgebraiht, wie
13 :1. Fünfhundert und eilfmal deftillicces Jueck-
füber, wie 14 355: 1. Diefe Unterfuchungen find mit
untadelichen Werkzeugen und der forgfältigften Beob⸗
achrung angeftellt worden, Sch habe Fahre darauf
gewandt, Queckſilber zu diefer Abſicht zu erhalten ;
und niemand anders hat fonft, fo viel ich weiß, dar
auf gefeben. Kenner werden hieraus viel Dinge,
welche Nachdenken verdienen, herzuleiten wiflen. Mir
fey erlaubt, nur weniges anzumerfen, |
Solgerungen.
1. Wenn vom Unrathe gereinigtes Dueskfilber
leichter wird, fo müflen es Gold und ‘Blen vom
Unrathereinigen. Von Suchtenii und Phila⸗
lethaͤ Kunſtgriffen bleibt es unveraͤndert.
2. Wird vom Unrathe gereinigtes Queckſilber
ſchwerer ‚fo wird es durch Silber, in Vergleichung
mit andern Metallen am meiſten gereinigt: am
meiften aber wird es Durch die ſchlechte Deftiffa-
tion,
Vrerſuche vom Queckſilber. 461 '
tion, durch die Verwandlung i in ein rothes Prä-
eipitat, nur aus fich felbft, und durd) die nach:
gehends Daraus erfolgte Bieberhesftellung gen
reinigel.
3. Queckſilber Fann durch Silber und Feuer dich. |
ter gemacht werden, |
‚4. Queckfilber kann durch Deſtilliren, vermittelft
des Feuers, fehr viel dichter gemacht werden.
Iſt alfo dieß der befte Weg, es zu reinigen und
vollfommener zu machen?
5. Legt das Queckſilber feinen ſchwerſten Theil-im
Golde ab ? Iſt dieſer abgelegte Theil des Gol⸗
- des Saamen? —
6. Wird der ſchwerſte Theil des Queckfilbers durch
Feuer, das ur mal daſſelbe gefocht, feuerbe⸗
ſtaͤndig gemacht, wieder hergeſtellt hat, ver-
mehrt? Wie weit kann ſolches gehen? Koͤnn⸗
te das Queckſilber durch Fortſetzung der Arbeit
endlich fo dichte als Gold gemacht werden? Wär
re es alsdenn Queckgold, oder der Weiſen Mer⸗
cur? Das mögen tüchtige Richter unterſuchen.
Dieſes wenige, das ich aber nicht ohne viel Mühe
und Vorfichtigkeit erlernet habe, mag dießmalvondee
Queckſilbers Reinigung genug feyn, Ich habe noch
- viel mühfamere Verfuche von der Art, es aus den
Metallen zu ziehen, von feiner Wirfung in die Mer
falle, von den Metallen felbit, die ich mir aufgezeih-
net habe, Bielleicht mache ich folche befannt, wenn,
ich Zeit dazu befomme, daß manche auf mein Erin«
nern n vergeblichen Fleiß und Koſten ſparen.
Lebet wohl. |
* Bi
| —
—2
Aha |
de vierfen Stücks im vierten Bande,
4 Nachricht von der Hubfond- Be S. 353
IL Wie der beſte Moͤrtel zu Madraß in Oſtindien ge⸗
macht wird \ ae —
ni. Stuarts Verſuche, bie Geenwart eines fluͤßigen
Weſens in den Nerven darzuthun. —
| iv, Des Ritters de Baillon Anmerkungen wegen der
Edelgeſteine ER.
"WV. griſchens Vorſtellung Voͤgel in Deutſchland
394
VI. Betrachtungen uͤber die Pflanzen ob ihre Analogie
mit den Inſekten 419
VIL Boerhaavens Verfuche vom Queckſilber. 437
Hamburgiſches
gefominiete Schriften,
zum
Unterriht und Vergnügen,
sus der Naturforſchung
und den
nen Wiſſenſchaften überhaupt.
Des vierten Bandes fuͤnftes Stück. |
Mit Königl. Pohln. und Churfürftt. Sächtifcher Greybeit.
Hamburg, bey Georg Ehrift. Grund, und in ——
bey Adam Heinr. Holle, 1753.
Fortſetzung
des im vierten Stücke dieſes Bandes abge
brochenen Artikels
von den
Pflanzen und ihrer Analogie
mit den Inſecten.
Drittes Hauptftch,
Woher die Ausdehnung der ‚Luft entſtehe,
welche macht, daß der Saft in den —
Rn aufwärts ſteigt.
SW, enn die Waͤrme des Fruͤhlings die Na⸗
AB tur wieder zu beleben anfängt, und
das elementarifche Feuer, deſſen Wir⸗
kung im Winter etwas nachgelaſſen
hatte, dann durch Huͤlfe der Sonnen
wieder die Oberhand bekommen, ſo beſeelet ſie alle le⸗
erg Körper, und fößt, on Orts wieder zuruͤck,
bverbrei⸗
466. Fortſetzung von den Pflanzen _ -
GR 7 End 0. RE re;
‚verbreitet, verdiünnet, und dehnet dieſelbige aus,
Die Luft ift ein flüßiges Meer, welches nicht auf⸗
fehwellen oder zunehmen kann, ohne daß es allen Fluͤſ⸗
fen, die aus feinem Schooße entfpringen,diefen Wachs⸗
thum mittheile. Die enclegenften und engften Gaͤnge,
wohin die Luft nur dringe, müffen die Ausdehnung,
die in der Maſſe der Luft gefchieht, empfinden. Es
kann feyn, und es gefchieht auch wlflid), daß die
der $uft eingedrucfte Bewegung ſich nicht zu gleicher
Zeit und in gleicher Stärfe überall fpüren läßt, wo—
bin die $uft dringt; aber das ift unmoͤglich, daß fie
an den Orten, die von der wirfenden Kraft weit
entlegen find, ftärfer feyn follte, als an den Drren,
die ihr. nahe find, wie wir denn folche in unfern Kel⸗
lern nicht ſo ftarf, als außen, verfpüren. Auseben
diefem Grunde kann die Erde und der innere Theil der
Pflanzen Eeiner wärmern Luft genießen, als die ung
umgiebe, und in welcher wir Othem holen. Siemuß
vielmehr ſchwaͤcher feyn; aber wir wollen annehmen,
‚daß fie von einerley Stärfe fey.
Wenn wir uns in einer Luft befänden, die durch die
äußere Wärme fo ausgedehnet wäre, wie fie in unfes
ver Lunge ift, fo würden wir bald erfticken: denn da
die Luft äußerlich und innerlich dann gleich ſtark feyn
müßte, und die Wirfung der einen dem Widerftande
der andern gliche, fo würde nad) den mechanifchen
Grundfägen alle Bewegung aufhören. Diefes gefchieht
zumeilen in einigen Gegenden von Perfien, als auf
dem Wege von Bagdat nad) Surate, und in Aegypten
zrifchen der Meerenge von Schwez und Cairo, wo,
nad) der Erzählung des Thevenots, fich folche warme _
Winde erheben, daß man den Augenblick Davon er»
ſticket.
und ihre Analogiemit den Inſecten. 467
ſticket. Dieſer Reiſebeſchreiber erzaͤhlet bey der Gele⸗
genheit einen Zufall, der einer Caravane begegnet,
wovon in einer Nacht 2000 Menfchen geftorben find,
Wir wiſſen, ohne dergleicdyen Erempel fo weit fuchen
zu dürfen, daß eine gar zu heiße Stube eben dafjelbe
Be Es wird, nach der Meynung des DBorelli,
Beförderung des Umlaufes, fomohl des Saftes,
I8 des Geblütes, ein Unterfchied der Verdünnung
zwiſchen der äußern und inwendigen Luft erfordert.
Hier ift alfo die Frage: wie diefer Unterfchied in den
Inſecten und Pflanzen ohne Hülfe der Wärme gewir-
Fer werde,
Bey den Thieren find uns nur zwey Arfen des
Othemſchoͤpfens befannt, nämlich durch eine einzige
Röhre, welche die $uft ein» und ausläßt, wie bey
den Menfchen, den vierfüßigen Thieren und Vögeln
gefchieht, oder Durch werfchiedene andem Körper be=
findliche Deffnungen, wie bey den Inſecten, welche
die Luft durch ihre Stigmata einziehen, und dur -
die Schmweißlöcher der Haut wieder auslaffen. Die
Fiſche ehun foldyes durch die Ohren, welches eine ans
dere Art Othem zu holen ift, die etwas von beyden
vorhergehenden hat. Sie pumpen die Luft mit den
Sprlappen in ſich, und laffen fie durch die unter den
Schuppen befindlichen Schmweißlöcher wieder von fich.
Wenn wir nad) der Aehnlichkeit ureheilen wollen, fo
werden wir fehließen müffen, daß Die Pflanzen auf
die Art, wie die Inſecten, $uft holen. ine einzige.
Uebereinftimmung wird zureichend feyn, ung für diefe
Meynung einzunehmen, nämlich die Aehnlichkeit ein
rent —59 der —
Gg3 Die
468 Fortſetung vonden Bf
Die Luftroͤhren der Pflanzen fin; fo, mie bey
ven Inſecten, aus einem Bande zuſammen geſetzet, der,
wie eine Spirallinie, ſchneckenfoͤrmig auf einander ge⸗
wunden iſt, welches, durch Huͤlfe eines Haͤutchens,
einen zuſammenhaͤngenden Canal ausmacht. Dage⸗
gen beſtehen die Luſtroͤhren bey uns und den Thieren
‚aus einer Enorplichten Röhre, Die gerade an 9
der gefeßet ift. Die Knorpel in dieſen beſtehen ni
aus ganzen Ringen, fondern fie find durch elaſtiſche
Haͤucchen ausgefüllee, welche fich bey den verſchiede⸗
nen Tönen der Sprache ausdehnen und zufammenzie:
ben koͤnnen. Wenn mir aus der Bildung und Bau⸗
art der Werfe der Natur von ihrer. Abficht urtheilen
duͤrfen, fo müflen wir glauben, daß der Band oder
die fehnecfenförmige Fiber in den Luftroͤhren der Pflan⸗
zen zu einem befondern Gebrauche beftimmer fey , Der
von dem Nutzen des Haͤutchens in der unftigen ganz
anferfchieden fey, weildie Pflanzen und Inſecten Feine
Stimme haben. Diefe mechanifche Einrichtung ift
nicht ven ungefähr und ohne Abſicht gemachet worden,
md man Farın mit Recht ſchließen, daß fie einennd-
thigen und ihrer Figur gemäßen Gebrauch) zum End-
zweck habe, Mich dünfer, es fey nicht zu viel gewaget,
wenn wir fhließen, daß die Luft in diefe Röhren
dringe, und verfchiedentlich darinn geführet werde,
eben, wie folhes in unfern Fnorplichten Möhren
gefchieht, Wenn die $uft nur allein in die Roͤhren
der Pflanzen und Inſecten dringen dürfte, ohne
Daß fie , darinn verändert zu werden, noͤthig hätte,
fomwäre ein einfacher Canal, wie in den Wurzeln,
binlänglich geweſen; nun aber zeiget Die ſchnecken⸗
* Fiber durch ihre Figur deutlich an, daß is
und ihre Analogiemit den Infecten. 469
fo gefchaffen worden, um der Luft eine befondere
Kraft zu geben. ——
Dreer ſcharfſichtige Here Malpighy hat in feiner
Zergliederung der Pflanzen die Aehnlichkeit der Lufte
röhren in den Pflanzen und Inſecten fehr mohl wahr»
genommen. Der Herr Reaumur hat jie ebenfalls in
den Röhren der Bienen und Waſſerwuͤrmer entdecket.
Schwammerdam befchreibt gleichfalls die Röhren des
Wurmes, wovon die Wefpe erzeuget wird. Ich habe -
nachher eben daffelbe bey den Seidenwürmern, und
bey allen andern Raupen, bey ver Fliege, die man
auf franzöfifch le peuple demoifelle, und auf lateis
nifch libella nennet, und fonft vielen Inſecten, gefunden,
Man £ann diefes leicht erkennen, denn man darf nur ei⸗
nige von diefen Thieren 3 oder 4 Tage geöffnet in Waſſer
legen, fo wird. man den Band, woraus ihre fuftröhs
ven beftehen,, fo leicht teilen fünnen, als man ein
Knaͤuel Garn abwindet. Diefes nun iſt fchon eine
fehr merkwürdige Aehnlichkeit zwifchen den Werfzeus
gen, welche den Inſecten und Pflanzen zu Schöpfung
ber Luft dienen,
Bey den Thieren, welche die Luft durch eine
Roͤhre einziehen und auslaflen, ift die innere Hitze
allezeit größer, als die äußere tuft: bey denen aber,
welche die Luft durch viele Röhren in fich ziehen und
Durch verſchiedene andere wieder auslaffen , ift die in«
nere Hiße nicht größer, als die Wärme der äußeren $uft.
Sollte diefes niche die Urfache der zwo verfchiedenen
Arten des Athemholens feyn? Diefes ift Die zweyte
Aehnlichkeit zwifchen ven Pflanzen und Inſecten.
Ich habe verfchiedene Verſuche angeftellee, um
zu erfahren, ob diefer geringere Grad der Waͤrme nach
694 einer
[
470 Fortſetzung von den Pfla
‚einer allgemeinen Kegel in den Mea⸗ beſtimmet ſey;
aber ich geſtehe, daß ich bisher noch keine hinreichende
Gruͤnde gefunden, die Allgemeinheit derſelben feſt zu
ſetzen. Gegenwaͤrtig theile ich ſie nur als eine Mey:
nung mit, die ich für mic) habe, und worinn mic) eie
nige Erfahrungen beftärfer haben.
Es fcheint,daß die Inſecten Feine innerliche Wärme
vonnöthen haben ‚ um ihre Säfte flüßig zu machen,
Diefes beruber auf einer Erfahrung ‚welche der Sar
Reaumur mit zerfchnittenen Raupen angeftellet, wos
von Die Stücfe in einer Kälte, die3 Grad ftärfer war,
als der Froft von 1709, nicht gefroren find. Ders
felbe Schriftfteller füger bey dieſer Gelegenheit hinzu,
Daß die großen Thiere in ihren Körpern eine Wärme
und einen Grund diefer Wärme haben, der fich nicht
bey den Inſecten finde. Inzwiſchen muß man bes
Fennen, daß einige Inſecten, zum Erempel die Bienen,
Zeichen einer Wärme, und zwar einer fehr beträcht«
lichen Hitze, von fich ſpuhren laſſen, weil eben derſelbe
Auctor ſie oft i in dem Grade, den ein Ey, welches ber
brütet wird, hat, an ihnen bemerfet. Aber follee
biefes nfect nicht eine Ausnahme von der allgemei-
nen Regel feyn? und follte ihm diefe Wärme nicht,
in Anfehung feiner Arbeitſamkeit, mitgetheilet feyn?
Es ift gewiß, daß diefes Thier eine Ausnahme von
der allgemeinen gegenfeitigen Regel fey: denn faft alle
Inſecten leiden eine Kälte, die uns unerträglich feyn
würde, und ein Grad der Kälte, den wir ohne Ber
fchwerlichfeit ertragen , tödtet fihon die Bienen.
Das Allgemeine in den Regeln der Natur ift ung nicht
befannt genug, Daß wir es auf alle Fälle richten koͤnn⸗
gen; und das Meue, welches ich bier vortrage, vers
dienet
undihre Analogie mit den Inſecten. 471
dienet um fo viel mehr unfere Unterfuchung und Theil:
nehmung, da es ein großes Licht in einem Theile der
Naturlehre aufftecket, der unfere Kenntniß verbienet,
und bisher noch fehr dunfel iſt. |
Der Herr Mery, ein Mitglied der Eönialichen
Akademie der Wiffenfchaften beobachtet, daß die Thies
re die Luft durch zwey verfchiedene Wege empfangen;
nämlid) durch die Drbemfchöpfung und durch die Ver⸗
mifchung mit den Speifen. Er beweift, daß dieſe
leßtere von Feiner Kraft oder Wirfung , in Anfehung
des Umlaufes des Blutes ſey. Und daß jene, die
man ungetrennt einfihlucfe, den Lauf des Blutes ver«
urfache und befördere. Auf gleiche Weife empfangen
die Pflanzen und Inſecten zwo Arten der Luft, nam»
lich die, fo mit dem Safte vermifcher in fie tritt,
und die, fo durch die $uftröhren hinein dringt. Dieß
ift abermals eine neue Llebereinftimmung, aus. wel⸗
cher man fchließen kann, daß bloß die Luft, fo durch
die Röhren der Pflanzen in fie dringt, den Saft in
ihren Canälen führe und in die Höhe treibe.
Die grobe $ufe, welche die Thiere ſchoͤpfen, wirket
ben Umlauf ihres Blutes, weil fie in ihren tungen _
eine größere Hiße, als die äußere antrifft. Dieſe
Wärme verduͤnnet fie weit mehr, als fie bey ihrem
Eintritte war, und giebt ihr dadurch die Leichtigkeit,
welche fie nörhig hat, um auszumeichen , in den
Adern fortzulaufen,, und das Geblüte, womit fie ver
mifchee ift, mitfih zunehmen. Der Herr Hales hält.
dafür, daß die Wärme unfers Geblüres fo ftarf ſey,
als in einem heißen Waffer, worinn wir faum die
Hand leiden koͤnnen. Aber die tuft, welche in Die
Inſecten und Pflanzen, durch ihre ungen oder Luft⸗
695 röhren,
472 Fortſetzung von den Pflanze
eöhren dringt, findet da nicht eine folche Wärme,
und da diefe allda faft in gleichem Grade mit der
äußern Luft iſt, fo kann fie auch nicht mehr als dieſe
verduͤnnet werden.
Weoenn wie den Unterſchied, der ſich ——
Luftroͤhren der Pflanzen und Inſecten befindet, bes
erachten, und die Luftroͤhren der andern Thiere da⸗
gegen halten, fo werden wir leicht geftehen , vaß die
befondere Einrichtung der erften etwas, welches
ihnen fehle, und womit die andern verfehen find,
erfegen folle. "Sollte Diefes nicht der Mangel der
Wärme feyn? Diefes ift meine Meynung, die ich mie
zu beweifen vorgenommen habe. Zu diefem Ende
muß man unterfuchen, mie die $uft auf eine andere
Art, als durd) die Wärme, verduͤnnet werden koͤnne.
Wir finden an dem Eiſe, tie diefes geſchehen Fönne,
Es ift eine Wahrheit, woran niemand zweifelt, daß
die Wärme die Luft ausdehne, und die Kälte folche
verdicke; nichts deſtoweniger dehnet fie ſich im ges
frohrnen Waſſer aus, daß fie fo gar 'Slintenläufe
und Grenaden serfprenget, In dem gegenwärtigen
Salle ift esniche die Kälte, welche die Ausdehnung vers
urfacher, und die Hitze noc) viel weniger. Es ges
fchieht auch nicht durch) die Ausdehnung des Waflers, -
weil nac) der Erfahrung des Heren Homberg, das
Waſſer, woraus die $uft gepumpet worden, wenn es
gefrieret, die Behältniffe nicht serfprenget, Es ift
alfo fein Mittel übrig, diefes Phänomenon zu erfläs
ren, als durch die Wafferblafen , die durch die Verei⸗
nigung der Lufttheilchen entſtehen.
Daß durch dieſe Vereinigung die Luft eloftifh
Br ift Feine neue von mir angenommene —
er
And ihre Analogie mit den Inſecten. 473
Der Herr Muſchenbroeck ſaget: daß die Luft, wann
ſie bis auf die elementariſchen Theilchen getrennet
worden, von dem Waſſer ſtark angezogen und gehal⸗
- ten werde, und alsdenn viel von ihrer Elaſticitaͤt ver⸗
Toren zu haben, feheine, welche fich nicht eher wieder
zeige, bis zwey diefer $ufttheilchen an einander ftoßen ;
denn alsdann erlange ihre elaftifche Kraft von neuem
ihre vorige Stärke, Diefer Schriftftelfer hatte vors
ber gefaget: „Ob es gleich wahr ift, daß die Luft auf
„eine außerordentliche Art durch die gemaltfame Bes
„wegung der Feuertheilchen ausgedehnet werden koͤn⸗
„ne, fo bemerfet man doch, daß die elaftifche Kraft
„‚derfelben auch da ftatt finde, wo mangar feine Ber:
„anderung der Wärme entdecke. Der große Welt
„meife Newton glaubte, daß der Schöpfer ven Theile
‚chen der Luft die Eigenfchaft beygeleger Hätte, daß fie,
„wann fich zwey derfelben einander näherten, fich von
„beyden Seiten flöhen , und mit Gewalt von einander
„jurüchgeftoßen würden, welche Gewalt nach Befchafs
„fenheit ihrer Mähe fi) vermehrte,,, Diefes heißt,
nad) dem Herrn Mariotte, fo viel, daß diefe zwey Theil»
chen, indem fie fi) ausdehnen, ihre Kräfte eine gegen
Die andere gebrauchen, und zugleich alle beyde gegen
die angrängenden Körper.
Wenn ich der finnreichen Vergleichung des Herrn
Reaumur von der Matur der Luft folge, fo finde ih
abermals etwas, welches zum Beweiſe meiner Mey-
nung dienen kann. Er betrachtet Die Luſttheilchen
als Schwaͤmme, die Waſſer in fich ziehen. So lange
die Schwämme troden find, find fie elaſtiſch, fie laſ⸗
fen fi zufammen drücken und dehnen fich wieder aus:
Wann man * aber in Waſſer tauchet, ſo werden ſie
dergeſtalt
474 Sortfegung von den Pflanzen
| | | 1,
dergeftale davon angefüllee, daß ihre Federn alles
Bermögen verlieren, und das Waſſer, welches in ih»
nen ift, kann nichts mehr zufammengedrücfet werden,
als wenn e8 nirgends in enthalten wäre. Die Luft
ift es demnach, welche in fie zieht, und fich dafelbft
vermifcher. Wenn wir aber fegen, daß diefe Schwaͤm⸗
me zufammen mitten in einen flüßigen Körper gebracht
werden fönnten, folchergeftalt, daß fie nur von dem
Waſſer umgeben würden, fo ift Fein Zweifel, daß fie
zufammengedrücfet werden könnten, und ihre Elaftici-
tät wieder erhalten follten. Und diefes gefchieht eben mit
den $ufttheilchen, wann das Waffer gefrierer.
Wann die $uftröhren der Pflanzen und Inſecten
gemacht find, um die Luft in elaftifche Blaſen, der-
gleichen im Eife anzutreffen, zu verwandeln, und warın
fie diefe in folcher Gejtalt in die Adern der Inſecten
und Pflanzen führen, fo muß diefes eine ungemein
zufammengepreßte Luft feyn, und welche nach dem
Grade ihrer Preflung ſich auszudehnen bemuͤhet iſt.
Folglich werden die kleinen Blaſen in dem Safte,
wann ſie in den Roͤhren eingepreſſet worden, wie wir
nachmals zeigen wollen, unaufhoͤrlich ſich aus zudeh⸗
nen bemuͤhet ſeyn; ſie erhalten alsdenn eine Kraft,
die derjenigen gleich koͤmmt, die ſie durch eine ſtarke
Wärme hätten erhalten koͤnnen: Dieſe Kraft muß in
allen Kreiſen wirken, die Ausweichung aber kann nur
da geſchehen, wo der wenigſte Widerſtand geſchieht.
Ich habe nicht noͤthig, zu beweiſen, daß ſolches in Dies
ſem Falle an der oberſten Seite ſey, weil an dieſer die
wenigſten Hinderniſſe ſind. Da haben wir alſo eine
bewegende Kraft, die nicht von der Wärme hervorge⸗
bracht wird, und welche ven Saft eben fo wohl en
nz treiben
und ihre Analogie mit den Infecten. 475
treiben Fann, als eine durch das Feuer verurfachte
Verduͤnnung.
Die von der Natur der Luft am meiſten ‚ange
nommene Säße, ftimmen überdieß glücflich mit mei⸗
ner Meynung überein, ja fie befräftigen fie gar mei⸗
nem Beduͤnken nach. Der größte Theil der Welt
weiſen ſtellet ſich die &ufttheilchen, als ſchneckenfoͤr⸗
mig gewundene Federn vor, ſo wie die Federn in un⸗
ſern Taſchenuhren ſind, welche folglich entweder forte
ftoßen oder zurücfgeftoßen werden ‚ nachdem der Wi—
Derftand ihnen entweder weicht, oder fie überminder,
Es ift nicht nöthig, ſich bier auf die Frage einzulafs
fen, ob ihre Figur wirflich fo befchaffen fey, wie wir
vorausgeſetzet, denn es iftgenug, daß ihnen die Eigen»
fchaft der ſchneckenfoͤrmig gewundenen Bleche nicht
ftreitig gemachet werde, und daß fie dieſe mit den
Schwaͤmmen gemein haben, womit fie fo finnreich
verglichen worden. Wenn man einer Uhrfeder ein
Gewicht von 10 Pfunden zu halten und zu uͤberwin⸗
den geben will, daß fie es zu einer-gewiflen Höhe ers
heben foll, fo wird fie gleich fo fcharf zufammengezos
gen, bis ihre elaftifche Kraft ftärfer wird, als die Kraft
des Gewichtes, welches gehoben werden foll; aber fo,
wie ſich allgemäblich die Feder auslaͤßt, fo verlieree
fie mit der Abwickelung auch ihre Kraft, folcherger
ftalt, daß fie ftille fteht, wann ihre übrige Kraft
mit dem Gewichte in einem Gleichgewichte befindlich
ift. Wenn eben diefe Feder eine größere Saft, zum
Exempel, 20 Pfund heben foll, fo muß fie aud) meh.
als das erftemal zufammengezogen, ober anfgerane
- den werden, uf. fe
Die
476 Fortſetzung von den Pflanzen
Die Luft, welche wir fhöpfen, beſteht aus Luft⸗
federn oder Blechen, welche von der Atmofphäre
ſchon auf einen gewiſſen Grad zufammen gedrucket
worden, der aber noch nicht hinlaͤnglich ift, unfer Blur
in Bewegung zu fegen; aber fie finden in unferer Lunge
eine Wärme, welche fie aus dem Grunde, daß die
Waͤrme die Luft ausdehner, ftärfer machet. Durch
Huͤlfe dieſes Zuwachſes ihrer Kraft werden die Fe—
dern in den Stand geſetzet, unſer Blut zu beleben,
und deſſen Umlauf zu verurſachen. Sollte aber un»
fer Blut fhleimigt und dick werden, fo daß diefe Fe⸗
dern eine ftärfere Anziehung nöthig hätten, dieß neue
Hinderniß zu überwinden, fo begreift man leicht, daß
auch die innerlihe Wärme, in gleicher Maße zuneh:
men müßte, um diefes zu wirfen. Nun ift nad) des
nen Anmerkungen der beften Scribenten in der His
florie der Ijnfecten, des Schwammerdam, Malpighy
und anderer, Das Blue der Thiere weit fchleimigter,
als das unfrige; alfo haben fie eben aus diefer befons
dern Dicke, den Grund hergeleitet, warum die Mas
tur fie mit einer fo erftaunlichen Menge von Luftroͤhren
verfehen habe. Eben diefer Grund bewege mich, ein
gleiches von dem Safte zu ſchließen. Es wird alfo zu
dem Umlauſe diefer zween Säfte eine $uft erfodert, bie
einen größern Grad der Elafticität habe, als bey dem
Blute der übrigen Thiere nöthig ift. Daher find.
ir im Winter viel febhafter und munterer, als im
Sommer, weil wir naͤmlich im Winter eine weit Dis
ckere Luft fehöpfen. Und aus der gegenfeitigen Urs
fache find die Völker, die in warmen $ändern woh⸗
nen, weit Iangfamer und weichlicher, als die, foin den
nordlichen Gegenden leben, Hieraus Fann man
—* | - fohließen,
und ihre Analogie mit den Inſecten. 477
fchließen, daß eine Falte Luft, oder die $uft in niedri⸗
gen Gegenden, falls fie nur troden ift, in- den
Krankheiten, die aus einem fchleimigten und langſa⸗
men Geblüte herrühren, am allerzuträglichften fey,
Wenn man auf die Gedanken fallen möchte, daß
unfer Geblüte und das Blur der Inſecten von einer
Befchaffenheit ſey, fo findet fi) noch ein Umftand,
welcher beweifet, daß der Saft der Pflanzen und dag
Blut der Inſecten fehwerer zum Umlaufe zu bewegen
find, als das unfrige. Naͤmlich die ungemeine Feis
nigkeit ihrer Gefäße; welche daher, weil die Oberflaͤ⸗
chen in dem Verhaͤltniſſe zunehmen, fo wie die Ge—
faͤße in ihrem Durchmeſſer abnehmen, in dieſen eine
weit beträchtlichere Scheurung oder Reibung verur⸗
ſachen muß, die folglich auch ſchwerer zu uͤberwinden
iſt. Es iſt alſo aus vielen Urſachen wahrſcheinlich,
daß eine weit ſtaͤrkere und kraͤftigere Luft, die auch
eine groͤßere Kraft der Gegenhaltung beſitze, noͤthig
ſey, um das Blut der Pflanzen und Inſecten in Bes
wegung zu fegen. Daher müßte man vorausfegen,
daß fie mit einer Wärme verfehen wären, diedie Waͤr⸗
me unferer Bruft um etliche Grad überträfe,, welches
aber vermuthlich niemand wird behaupten wollen,
Wir wollen alfo ein ander Mittel ſuchen, das fähig
fey, diefe Wirfung hervorzubringen; und wir wollen
es in den einfältigften Lrfachen fuchen, welche gemeis
niglich die find, deren fich die Natur bedienet. Wir
werden es finden, wenn wir die gemachte Verglei⸗
ung fortfegen. Wenn man einem Uhrmacher eine
Uhr brächte, woran die Feder zu matt wäre, und die
Kette nicht mehr ziehen oder die Räder im Laufe erhals
sen Fönnte, und man begehrte dabey, daß er ——
elbe
473 Sortfeßungvonden Pflanzen
ſelbe Feder beybehalten follte; fo hätte diefer nichts,
weiter zu thun, als.fie in eine Eleinere Büchfe zu ſe⸗
Gen, oder fie mehr um ihre Achfe herum zu winden,
hierdurch würde fie’eine größere ausdehnende Kraft,
und dag Bermögen, das Gewicht zu überwinden, er⸗
halten. Sollten nicht die Luftröhren der Pflanzen,
und Inſecten diefe Büchfe ſeyn? oder ein Werkzeug,
welches gefchickt ift, die Luft zufammen zu drücken,
um ihr Öelegenheit zugeben, fichftärfer aus zudehnen.
Diefes find meine Gedanken, und bierinn befteht die
Meynung, welche ich habe mittheilen wollen.
Ich frage fie mit einem um fo viel geößern Vera
trauen vor, da fich ein großer Zergliederer ſchon ihrer.
bedienet, um das Dthemfchöpfen der Fifche zu erflä-
ren. Indem der Here Verney betrachtet, wie die
$ufe, welche durch die Ohren der Fifche in ihre Adern
dringt, Dafelbft eine Kraft erlange, die hinreichend
iſt, den Umlauf zu erregen, fofageter: DieSchwies-
rigkeit, womit diefe Eleine gufttheilchen durch. die Deffa
nungen ihrer Gefäße dringen, drücfer ihre Federn zus
fammen. Hieraus folger, daß, wann fie hinein ges
kommen find, diefe Federn wieder auseinander fchlas
gen müflen , gegen die Bluttheilchen, welche dann mit
Gewalt zerfchlagen,, beweget und zerrieben werden:
Was bier der gefchickte Naturfündiger von dem
Durchgange der $uft durd) die Ohren zu den Adern
der Fifche fager, kann man ebenmäßig von der Luft
fagen, die durch die Röhren der Pflanzen und ns
fecten zu ihren Blutgefäßen dringe. 7.0
- Die $uftröhren haben fomohl bey den Pflanzen,
als Inſecten, eine Fegelförmige Figur, fowohl die
Hauptgefaͤße, als ihre unzählige Aefte, Ihre weiteſte
Oeffnung
undihre Analogie mit den Inſecten. 479
Oeffnung iſt am der Seite, die auswaͤrts lege, und
ſie endigen ſich in den innerlichen Theilen der Thiere
durch ſo ausnehmend feine Spitzen, daß man ſie auch
mit den beſten Vergroͤßerungsglaͤſern nicht ſehen kann,
Wann die Luft in die aͤußern Muͤndungen dieſer Ge
faͤße dringt, ſo iſt ffe wahrſcheinlich den Geſetzen
aller fluͤßigen Körper unterworfen, nämlich daß fie
an Kraft und Gefchwindigfeis zunimme, jemehr die
Röhre, wurinnen ſie fließt, enger wird. Wann nun
die Luft alle dieſe kleine Roͤhren, worinn ſie von der
aͤußern Luft geſtoßen werben‘, erfuͤllet har, fo draͤnget
ſie ſich immer mehr und mehr, nach dem Maaße, wie
ihr Canal enger wird; und wann ſie dann an das an⸗
dere Ende gelanget, wovon mir gefager, daß es außer⸗
ordentlich duͤnne ſey, ſo kann fie daſelbſt nicht anders,
als ſehr zuſammengepreßt, und mit einer neuen Kraft
verſehen, herausdringen. Wir ſehen ſolches an einem
Fluſſe, hier fließt deſſen Waſſer unter den Bogen el⸗
ner Bruͤcke allemal ſchneller, und noch geſchwind
wann es darunter hervorkoͤmmt. Daher muß die
Luft, wann ſie aus den Luftroͤhren der Pflanzen
koͤmmt, und, meiner Meynung nach, eben fo fein,
wie ſonſt im Waſſer aufgelöferift, bey der Verlaſſung
ihres! Gefaͤngniſſes, fid) in elaftifche Blafen verwan⸗
deln, und wie ein Strom auf den Nahrungsſaft zus
fchießen, in welchem fienoch andere Lufttheilchen finder,
die zwihr zu ſtoßen und fich auszudehnen gefchickt find;
Nun fehen wir, wie die Luft in den Saft der Pflans
zen und die Feuchtigkeiten der Inſecten, mit einer Zus
ſammendruͤckung gebracht werde, die im Stande iſt,
ihr eine größere Kraft mitzutheilen, als fie in ihrem
erften Stande nicht gehabt hatte; namlich, wie fie
4Band. Hh noch
430 ‚Sortfeßung von den Pflanzen;
noch nicht in die Luftroͤhren gekreten war, Was ih⸗
ve verticale Aufſteigung betrifft/ ſo glaube ich, daß
ſich dieſe auf eine ſehr leichte Art erklaͤren laſſe.
Nach der Meynung des Herrn Mery, den wir
ſchon einmal angefuͤhret haben, treibt die unter den
Feuchtigkeiten vermiſchte und Aufgelöfete. Luft keines⸗
weges die thieriſche Maſchine, ſondern bloß diejenige,
welche Häufig durch Die zu ihrer Durchlaſſung ber
ſtimmte Gefäße in fie tritt. Eben diefe Befchaffens
heit hat es mit der Luft, welche.in den Saft und das
Blut der Inſecten durch die Röhren in Fleinen Bla⸗
ſen dringt; denn eine jede Luft, die in einen fluͤßigen
Koͤrper koͤmmt, wie daſelbſt eine Blaſe.
Man weiß daß der natürliche Trieb einer ‘jeden
Luftblaſe in einem Naß, das ſchwerer als fieift, ſey,
gerade in die Höhe zu fteigen. : Folglich, ſo beſteht
die Luft fo, wie fie aus den Röhren koͤmmt, aus lau⸗
ter Blafen , welche ſich vervielfältigen,, und eben fo
iele neue Kräfte find „ die die junge Pflanze nad) oben
9 und fie reizen eine gleiche Richtimg anzuneh⸗
men. Man möchte glauben, daß die Kraft der Luft,
welche fich ftets aufwärts zu fleigen bemuͤhet, fo
ſchwach ſey, daß ſie nicht Hinreiche,, die Pflangeducch
die Erde hervorzutreiben. Aber, wenn wir uns nur
wieder des Gleichniſſes von dem Eiſe erinnern, ſo
werden wir finden, daß fie noch, anders moher eine
große Hülfe befomme. Wenn man Wafler ineinem
Gefäße frieren läßt, das ſtark genug iſt, der Macht
des Eifes zu widerftehen, fo wird es, da es ſich nir.
gends ausdehnen kann, ſich erheben, bäuchicht ‚oder
trund werben, fodaßesfchwere Gewichte in die Höhe
treibt. Eben fo ſuchen die Luſtblaſen, wenn fie er
zuſam ⸗
fitafogiemit den Inſecten. 4Rı
| aufammeng Dörte Bieten) als fie vor ihrem Eintritte
in die Luftroͤhren waren, fich auszudehnen, und da fie
in’ den Seitenmänden der Pflanze zu vielen Wider⸗
ſtand finden , ſo wenden fie ihre ganze Stärke: ‚gegen
den fehwächiten Dre, weiches bie Spipe der Pflan⸗
if ir
J 4 — hier alfo etwas ‚welches wir oft in
der Natur wahrnehmen , naͤmlich zwey widrige Mit»
tel, wodurch ein Endzweck erhalten wird, Die in«
nerliche Hige bey ven Thieren verdünnet die Luft, wel⸗
che ſie fchöpfen ‚ mehr. als die äußere Luft iſt, und giebe
ihr dadurch Die zum Umlaufe des Geblütes erforder⸗
liche Kraft; ah die Röhren der Pflanzen und In⸗
ſecten verdicken die Luft , die fie in das Blur derfelben
führen, mehr als die äußere Luft, und erhalten da⸗
durch dieſelbe Wirkung. Es ſcheint, daß die Ohren
der Fiſche, deren Bau viel‘ Aehnlichkeit mit’ den: aͤuße⸗
ren Oeffnungen der Luftroͤhren bey den Inſecten, ri
che man Stigmata nennet, hat, auch Die Luft in Bla
ſen verwandeln fönnten , um bie ihnen mangelnde
Wärme zu erſetzen: denn diejenigen Fifche, die, wie
zum &rempel Das‘ Meerfchwein, N) ‚augenfcheintich. ein
Blut. haben, das wärmer iſt, als die äußere Luft,
haben auch folche Lungen, wie die vierfüßigen Thiere;
aber die, fodurch die Ohren uft fchöpfen, geben Fein
Zeichen einer merflichen Wärme von ſich, wiediean«
dern. Ich habe oft, und zu verfchiedenen Zeiten, Eleine
Wetterglaͤſer, die ich beſonders dazu verfertiget hatte,
in den Bauch lebendiger Hechte, Karpen und Forel⸗
len geſtecket: Ich ſchob ihnen ſolche durch den Mund
bis in den Grund des Magens, aber ich habe niemals,
ob * f ie gleich ganze Stunden darinn gelaſſen, das
Hh 2 geringſte
482." Sortfegung von den Pflanzen
geringfte Steigen oder Fallen an dem Glaſe bemerket,
fondern allemal gefunden, daß der Grad der Wärme
mit der äußern Luft vollfommen gleich geweſen. Man
£önnte mir vorwerfen, daß dieſe beſondere Figur der
$uftröhren in den Pflanzen, welcher ich die Berdiefung
der Luft zufchreibe, wodurch die Aefte, aufwärts zu
wachfen, genöthiget werden, den Wurzeln eine gleiche
Richtung geben müßten. Wann aber die Luftroͤhren
anders in den Zweigen, als in den Wurzeln, einge⸗
richtet find, fo faͤllt dieſer Einwurf von ſelbſt weg.
Nun aber glaube ich, und bin, weil ich es mit Auf⸗
merkſamkeit unterfucher habe, verfichere, daß die Roͤh⸗
con der Wurzeln nicht, wie die andern, gedrehet find,
fondern daß fie die Figur gerader Eylinder haben. Mal
pighy befchreibt fie auf eben diefe Art, Der Hollun-
ber ift eine Pflanze, woran man die $uftröhren am
feichteften fehen kann. Wenn man von diefem einen
gyimen Zweig abbricht, und gemählich einen Theil der
‚Rinde: abzieht , fo kann man mit.einem Bergröße-
zungsglafe wahrnemen, daß man die duftröhren (ziehe
und. ausdehne; wenn: man dann die Rinde wieder et.
was nachläßt,, fo fieht man, wie die Feder wieder ein⸗
fpringt, und dev Band, woraus ſie beſteht, feine
fchnecfenförmige Windung. wieder annehme, Bon
biefem allen fieht man nichts an den Wurzeln; man
findet da nur $uftröhren, die gerade ausgedehnet find,
ohne fich zu kruͤmmen. Die Urſache dieſes Unterſchie⸗
bes iſt leicht zu begreifen. Die Wurzeln find Canäle,
die beftändig von dem Nahrungsfafte umgeben wer- _
den; fie find da, als Gefäße, die zur. Erhaltung und
Aufnehmung der Nahrung beftimmer find, und fie
ſchwellen davon auf, wie Schwaͤmme. In dem
Stamme
Stämme ber Pflanze fangen erſt di >
Röhren an, weil dort der Saft einen Weg nehmen,
ſoll/ der feiner eigenen Schwere entgegen :i
Da nicht die Wärme, fondern die bloß Figur
der Möhren, die Erhebung des Saftes in den Pflan
zen verurſachet; fo werde ic) die Frage nicht erwarten x
Warum der kauf des; Saftes niche im Winter, wie
im Sommer, fortdaure, da doch diefe Werkzeuge ihre:
Geftalt nicht nach den “Jahreszeiten verändern, und
folglich beftändig zu einerley Wirkungen fähig ſeyn
müßten? Diefe- Schwierigkeit zu beantworten, iſt,
aenug „wenn man bemerket, , daß diefe Werkzeuge Fer
dern find. Die taͤgliche Erfahrung. zeiget, daß alle:
Federn ‚auch die ſo aus den haͤrteſten Metallen ver⸗
fertiget worden, den Eindruck der Kaͤlte und Hitze
empfinden; warum follten diefe Röhren Davon-ausgem,
nommen ſeyn? Sie find ungezweifelt eben der Wir»
fungen fähig, und fünnen folgfich fich ‚öffnen und
fchliegen, um der Luft ven Durchgang zu verftatteit;:
oder zu wehren. Wann die Kälte ihre Muͤndungen,
oder wohl garidie.ganze tuftröhre verfchließt, fo kann
die Luft nicht Bineins, oder wenigfteng nicht häufig ges
ug dineinbeirigen um ‚den gbelauk des Saſtes m
verurfachen.
BER glaube, Bahr man meine Meynung mie. —
ſchwachen Waffen beſtreiten wuͤrde, wenn man ihr
die gemeinen Verhaltungen des Wetterglaſes entgegen⸗
ſetzen wollte, welche man der durch Die Wärme verur⸗
fachten Ausdehnung der Luft zuſchreibt; und daraus
fhliegen wollte: Weil die Luft, welche in dem WBeingeifte
iſt/ den Eindruck der Kälte und Hige empfindet, ſo muß
menge, welche ſich in ” Blute der Inſecten und:
b3 in
484 Fortſetzung von der Bflanzen
in dem Safte der Pflanzen! befinden, derſelben Em⸗
pfindung fähig ſeyn. Aber es ift noch nicht ausge»
macht ‚ob das Steigen des Geiſtes in dem Thermo»
meter Yon der Berdünnung der Luft / oder vielmehr
von der Ausdehnung ber fchiwefelichten und geiftigen
Theile diefer Feuchtigfeit herrühres' Der: Herr von.
Reaumur bat diefes fehon bemerket Ohne die übers
zeugenden Gründe, dieer davon angeführet hat, und
die man in den Schriften der Afademie finden Eanıt,
anzuführen, will ich nur dieß hinzuſetzen daß es: un.
gemein wahrfcheinlich fey , daß die ſchwefelichte Mas
terie ihren Anwachs von der Wärme befomme, und
sticht durch die darinn enthaltene Luft ſteige. Denn
Waſſer, Del, und andere gleichfalls mit Luft angefuͤllte
Beuchtigkeiten, empfinden feine von den Beränderuns
gen, welche der Weingeift im Thermometer leidet.
Wollte man glauben, daß die Verduͤnnung der
Luft die Urtache ſey, um deren willen der Saft in den
Pflanzen und Wetterglaͤſern fteige,fo muß man doch ge:
ftehen , daß fie jederzeit ein Verhaͤltniß gegen die äußere
Wärme haben müfle, welche fie niemals ſo hoch, als
der Saft fteige, treiben kann. Dieſe Schwierigkeit
hat Anlaß gegeben, daß verſchiedene Naturkuͤndiger
in den Pflanzen eine zuſammenziehende und ausdeh ⸗
nende Bewegung vorausgefeget, und einige Fallen
oder Klappen, die den Nückfallder Säfte verhinderten,
geglauber haben. Sie bildeten fi) die Art des Othem⸗
hölens und des Laufes der Säfte auf eben die Weiße,
wie fie folche bey den Thieren gefunden haften; und
einige fehreiben ihnen ſogar, um ihr $ehrgebäube voll»
ſtaͤndiger zu machen, eine Seele zu, Man gründete
fic) Hierinn ohne Zweifel auf die Geichfoͤrmigkeit, Ira
— ie
undihre Analogie mit den Infecten. 485
die Natur zu beobachten ſcheint. Aber heißt diefes
nicht, die Gleichfoͤrmigkeit gar zu weit treiben ? Iſt
es auch wahrfcheinlich, daß die Natur fo viele Koften
an Geſchoͤpfe, denen fie die freywilligen Bewegungen
verſaget, gewendet habe, als an diejenigen, die fie
belebet Hat, und die bloß dadurch, daß fie befeeler find,
einen andern Bau und eine weit beträchtlichere Menge
von Werkzeugen erfordern? Gewiß, die Gleichfoͤr⸗
migkeit muß uns in der Natur zwar leiten, aber niche
verflihren. ap; —
AIch nehme die itzterwaͤhnten Fallen’ zu Zeugen;
dieſe hat Malpighy und ſeine Nachfolger mit denen
verglichen/ welche wir durch die Zergliederung in uns
fern Körpern entdecke Haben ‚und die zum Umlaufe
ünferer Säfte hoͤchſtnoͤthig ſind. Dieſer Gleichfoͤr⸗
migkeit gemäß ſchloſſen fie, daß in den Pflanzen eben
dergleichen Klappen befindlich wären, die auch einen
leihen Nugen hätten, und Daß die Hige des Tage
und die Kälte ver Macht, welche wechſelsweiſe die
Saftgefäße ausdehneten und zufammenzögen , diefe
Bewegung, welchemanSyftole undDiaftöle zu nennen
pflege, verurfachten, und daß hierdurch die Feuchtigfeis
teninden Pflanzen in die Höhe und: umgetrieben wuͤr⸗
den, Wenn diefer Sag wahr wäre, fo müßte folgen;
daß, wo dieſe Abmwechfelung von’ Hige und Kaͤlte man⸗
gelt, auch die Zufammenziehung: und "Ausdehnung,
und folglich der Umlauf der Säfte.fehlen muͤſſe. Un⸗
terdeſſen zeigen’ uns: unfere Erfahrungen täglich das
Gegentheil von diefem Sage, Die Keller , worin
die Gärtner ihre Fruͤchte treiben, wiſſen nichts von
diefer Abwechſelung der Wärme.“ Ich habe von dem
Herrn le Normand / Auffeher des koͤniglichen Kraͤu⸗
Rad 254 tergar⸗
486 Fortſetzung von den Pflanzen
tergartens zu Verſailles, eine Schrift von, der Pfle⸗
gung der Ananas gefehen, worinn unter andern Re⸗
geln befohten iſt, dieſe Pflanze immer in einer gleichen
Wärme zu erhalten, Dieſes deſto deichter zu bewerk ·
ftelligen , raͤth er, ein Werterglas vonder Einrichtung
des Herrn Reaumur dabey zu: hängen, und Sorge zu
sragen, Daß der Weingeiſt immer zwiſchen 15 und 20
Grad, welches die gemaͤßigte Waͤrme unſers Erbftri«
ches ift, ſtehen bleibe. Ich habe auch Ananas gefehen,
die nach dieſer Vorſchrift aufgezogen wurden, "und
mitten im Winter wohl fortkamen. Dieſe Anmer:
kungen werfen noch eine andere Meynung uͤber den
Haufen, welche von den neuern Weltweiſen angenom ⸗
men worden, und die auch den Alten nicht unbekannt
war, indem Seneca fie ſchon eraͤhlet; nämlich: daß
die durch den Wind verurſachte Bewegung vieles bey⸗
trage, den Saſt in die Hoͤhe zu treiben. Ich babe
einſtmals einem gezeiget, daß ſeine Bemuͤhungen die⸗
fen Saͤtzen ganz zuwider wären; wenn er ſeine Baͤume
an die Gelaͤnder und ſeine Weinſtoͤcke an Pfaͤhle be⸗
feſtigen ließe. Daher ſchließe ich, Daß die Veraͤn⸗
derungen der Luft zwar den Wachsthum befoͤrdern
koͤnnen, keinesweges aber dazu nothwendig erfordert
werden. | a Aare N year
.... Die Erfahrungen des Herrn Hales, in Anfehung
der, Menge des Saftes, den die Pflanzen aus ihren
Wurzeln erhalten, find meiner Meynung von dem
Aufiteigen: des Saftes, welches ic) der Elafticität,eis
ner Luft, die mehr als die aͤußere verdicket worden, zur
fchreibe, gar nicht entgegen. Je hoͤher der Saft ſteigt,
deſto ſchwerer wird dieſe Saftſaͤule; und wie die
Erfahrungen des Herrn Halesdahingeben, zu N
Hl ar da
d TE 2 nalogier | i Y Inſecten 487
daß die Pflanzen weit mehr Saft an ſich ziehen, nie
man glauben follte,, fo Fönnte man mit echt fehliefe
fen, daß dieſe Säule endlich fo ſchwer werden müßte,
daß die Luft ni br im Stande wäre, fie fortzu-
ftoßen, — man —— daß die Menge
der Luft allemal mit der Menge der Feuchtigkeiten in
Verhaͤltniſſe ſtehe; und uͤberdieß die Aus—
—Rsã—
hatte wahrgenommen; daß wenn man ein Stuͤck von
der Rinde eines Baumes, oder ſelbſt ein Stuͤck von
einem Zweige abſchnitte, alsdann der’ Saft, unten
aus ber oberften Wunde floß, ‚und, hieraus wollte
man ſchließen, daß der Saft wieder von oben zurück
fliege, Wann aber das Steigen des Saftes eine
Wirkung der verdünnten Luft wäre, fo müßte alsdann,
wann man eine folhe Säufe durchſchneidet, weil der
* Theil nicht mehr durch den untern, welcher ihn
trieb unterſtuͤtzet wird, der Saft um ſo viel haͤufiger
heraus fließen jemehr Seitenſaͤulen mit ihm eine Ver⸗
wandtſchaft hätten, weil ſich dieſe alsdann durch
eben dieſelbe Roͤhre ausſchuͤtten
wuͤrden.
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ie bie ef von einem — Saa⸗
ſo will ich ſie —— Anme Year,
ſchweren, als mit ſolche ‚die f
ders zu erwähnen in babe, abzielen > = » .
Und zuerſt finde ich in: Millers Wörterbuce, daß.
Herr aaa ber, wo 2 mich micht irre, bey den
F 2 de Nature
BE! "OORRMEN«. 489
Maturforfchern in großem Anſehen ſteht, au
Berfuchen mit vem Mans, auf. Die 5 Meynu
then iſt, es koͤnnten Saamenkoͤrner zu ihrer völligen
Größe gelangen, und dem Auge vollkommen erſchei⸗
nen, ohne daß ſie mit dem Staube befruchtet wären:
Ich will nicht leugnen, daß dieſes geſchehen Yo
denn es giebt eine unendliche Mannigfaltigfeit in der
able = = «. Aber bey dem, was er erwähner, ha⸗
be ich Urfache, zu glauben, daß es fich anders’ vers
hält, und daß er ug alle erſoderte ‚Sorgfalt anges
wandt ‚de —
Das erſtemal, da mit + dilefe — von nei
Fi hatte Saamen bekannt wurden, war es im Wins
ter , da ich nichts mehr thun Fonnte,. als darüber nach·
zubenfen: YmSrühjahre aber befchloß ich, Verſuche
mit dem Mays oder rürfifchen Weizen anzuftellen.
In jeder Ecke meines Gartens, der 40 Fuß breit und
faft go lang iſt, bepflanzte id) einen Hügel mit dieſem
Korne, gab auf die Pflanzen Achtung, wie ſie zu ge⸗
hoͤriger Hoͤhe kamen, und ſowohl die ſtaubenden Blu⸗
men oben, als die Aehren unten hervortrieb: Auf
einem von dieſen Huͤgeln ſchnitt ich die ſtaubenden Blu⸗
men ganz ab, auf andern oͤffnete ich forgfältig, die
Achren, und fhniee oder zwickte aus einigen .alle bi
feidenen Fäden ab, von andern nahm ich nur die Hälfe
te, noch von andern ein oder drey Viertheil, mit eini⸗
ger Abwechſelung, und merkte mir an, an een
Stengeln und wie viel ich weggenommen hatte. Anz
dere verband ich gleich, ehe Die Seide hervortreiben
— mit feinem Muſſelin, aber ſo kraus oder
Bluͤten⸗
einige andere. Sie hatten ihre gehörige Laͤn
Saamengehäufe waren vi voll ER iener E
aber fe füßtten fd), weil inen Die Körner
leicht an, und gaben gleich nach. Man fah ; 5
ber Enamen in rc een, un bran f njbe.
erffärte ich fogleich folgendermaßen: "Die Aehre war
Eehr hoch, und ragte überdie Pflangemit iprer Seide
er ar h —*P— ft
Weſt⸗
der Pflanzenſaamen · 491
weſtwaͤrts gerade auf den naͤchſten Hügel mit ‚in,
laniſchem Korne zu; es war mir aber bekannt, daß
ſte Staub/ faſt als ein Nebel fortfliegt, wenn man
den Stengel (hüttelt. Ich urtheilte alſo mit gutem
innbe, ein’ Befhipinb möge einige. foldhe 6
non dem andern Hügel Hergeführen.paben, weiche-bie
ſie aufzufangen getroffen hatten „- und dieſe Lage be,
fand ſich bey den andern Aehren eben diefes Hügels
nicht. Ich verwunderte mich vielmehr marum.ich
* fo wenig. Körner, in dieſer Aehre eben ſo bes
feuchter fandauı 3a, = 32 ncham um
- Wie ich bey diefem Verſuche fehr forgfältig, und
in meinen Beobachtungen aufmerffam genug war,
diefes auch, wie ich es hier erzählet habe, wirflid; vor» _
gegangen ift, fo glaube ih, Fann man zugeftehen,
daß dem ungeachtet, was Herr Öeoffroy wegen feiner
Berfuchemifdiefee Pf nzeaufgezeichner hat, ich doch,
vermöge meiner Verſuche mie diefen Aehren, ficher
bin, daß fein Korn zugehöriger Größe koͤmmt, wenn
. bie Seide weggenommen ift, oder diefruchttragenden
Blüten bedecket find, daß fie von dent Staube nicht
Fönnen befruchtee werden ; und daß fich alsdenn,
wenn man die Aehren aufmacht, alle Sager der Saa⸗
men, ober Körner in ihrem Reihen zeigen, nur daß
jedes eine trocfene Haut, ungefähr von eben der Größe
enthält, als wenn die Fleinen zarten ehren mit:
milchichtem Safte erfüllt erſcheinen, ehe die Seide
hervorbricht. Die wenigen Körner aber, die ich. ge⸗
ſehen habe, waren fo vollfommen und ſchoͤn, als ich
Bi. nur
462 Einige’ Verſuche von der
nur welche gefunden” habe, und an allen übrigen Stel.
len befanden fich bloß trockne leere Häutchen, .
von mir find befchrieben worden, Es laͤßt ſich fra-
gen, ob nicht eben Daffelbe in dem ‘ganzen Saufe
Wachsthums der Pflanzen ſtatt findet; wiew —3
nach dem, was ich nur angemerket habe, ; ohne eine
große DMannihfltigei Verſuche über allerley Sa⸗
Chen, Davon nich teilen läßt. IC) alaube aber,
es wird wenig Pflanzen geben, bey denen fich die An-
merfüngen fo gut machen faffen, als‘ bey he
weil man von feinen Stilis, fo viel man will
‚ober an der Aehre laffen, und die
Körner ** ug zählen Bin an
Ben. Kae)
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Ein Berfu Tr
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26 in — Dampf
uſtehen tann;
04 N Da Te
nur wenn man Licht, unter Der Erden sbeäiih,
ohne daß ſchaͤdliche Duͤnſte dabey ſind, auch wenn der
SR von untenher freye Luft bekommen kann es
ſey denn 1 daß die Luft mit Gewalt daſelbſt
hineingetrieben wird.
Von
den Ehrw. J. T. Deſaguliers,
L«L{D.M,d. 8; ©,
Aus den Pepe TZransact. 49. ® 5 Art.
t * si —— * Valnch.
in cyli beifcher — Feten ver an
beyden offen ift ‚werde mit dem un⸗
einer Platte bedecket, die ein Loch von faft einem Zoll
weit hat; unter diefen Umſtaͤnden wird ein Sicht, Des
sen fechs auf ein Pfund gehen, nicht ganz eine Mine
ee Rn, ehe es ausloſchet.
2 Pers
seen Ende in Waſſer gefeget , und oben mie.
P Dom Dampfe im Bergwe Pf
anna rn Daahe Kh Eck
Wenn der Recipiene gar) bebeiter iR ‚brennt es
faft eben fo lange,
| Muſ⸗ Sevfict |
Wenn der Recipient . Loch in der Pia 5
fen Dr meh ut don a unfen u ihm ——— Ba
er nur ein erſten Berfuche
ori und — unde in die Röpr *
blaͤſt/ wohl noch eher ansgeheit, RE TUR
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Anmerkung
den Einfluß großer Kalte
3 in die Magnetnadel,
wodurch ſie verhindert worden, Mitternacht zu
— zeigen *; |
von Capitain Chriſtoph Middlekon,
SR. M. d. K. ©. #
Aug den philoſ. TZransact.: 449 N. 3 Art.
in der 418 N der philof. Transaet. ift bekannt
gemachet worden, erwähnte ich eine außeror⸗
dentliche Begebenheit mit dem Seecompaß, die id)
oft in der Hudfonsbay bemerfer hatte, wenn wir ung
unter dem Eife befanden, nämlich, Daß die magnetifche
Kraft der Nadel fo.verloren, oder geftöret war, daß
fie, auch bey einer merflichen Bewegung des Schiffes,
fich nicht nach Mitternacht richtete. Auf meiner Reife.
in verroichenem Jahre dahin, bemerkte ich, daß unfer
Compaß ſich gar nicht bewegte, "als fo lange der _
Duartiermeifter ihn zu berühren anbiel, Wir hate
Pr ten
* Man fehe des Herrn Ellied Beobachtungen im ı Gt.
des IV DB. des Hamb. Mag. 17 ©.
4 Dand, Si
( AN einem Schreiben, das vor einigen Jahren
496 Anmerkungen über den Einfluß ic.
ten damals viel Schnee auf dem Sande und verfchie-
dene Eisinfeln um uns, und die See gieng nicht gar
zu gelinde; id) ließ einen von den Compaflen ins
Cabinet bringen, aber ich fand feine Beflerung bey
ihm, bis er faft eine Biertelftunde am Feuer geftan-
den hatte, da er alsdenn I me fehr wohl an -
nahm: Nachgehends ließ ich ihn nieder a ferien Dit |
fegen, und einen andern ins Cabinet bringen, ver⸗
mwechfelte fie alfo alle halbe Stunden, und fand, daß
ich Dadurch machen Fonnte, daß fie fo gut wiefen,
als in einigem andern Theile der Welt. So mußte
ich verfahren, bis wir faft 100 Geemeilen von der
Küfte waren, nachgehends aber hatte ich diefer Bemuͤ—⸗
bung nicht mehr noͤthig. Die Urfache diefes feltfa»
men DBorfalls bin. icy nicht vermögend zu errathen,
da ich gewiß weiß, daß die Compaffe, was das Mecha-
nifche bey ihrer Einrichtung berriffe, vollfommen gut
waren, und zuvor und hernach bey der ganzen Reife
ihre Dienfte thaten. Man brauchetniemals Del, ih
nen eine leichtere Bewegung zu verfchaffen , denn das
wuͤrde oft gefrieren , und vielmehr die Bewegung hem⸗
men. Ob aber die Kälte der Gegend die Gewalt bat,
der Nadel ihre Kraft auf eine Zeit zu benehmen, oder
ob das Reiben dadurch) dergeftalt vermehret wird, daß
die magnetifche Kraft es nicht uͤberwiegen kann, weiß
ich nicht zu fagen. Die Sache an fich ift gewiß -
und erftaunlih. DenzoAp, ..
1738 N ru“
‚ng, Nach⸗
BR REN 497
DEE En ne
fi; \ v. ging
Nachricht
von einer Stednadel,
die aus der Blaſe eines Kindes genommen
‘worden;
von Kern Wilhelm Gregory,
- einem Bundarzte,
in einem Briefe
an Heren Hans Sloane en
Präfidene der K. G. mitgetheilet.
Brompton bey EIER * 4 *
1733 |
din
- Aug den philoſ. Tranſ 450 N. 3 At.
Bm arbeitete, beyzuftehen, gerufen. Die Frucht
I stellte fich der Dueere; ich bekam bald die
Süße davon, und entledigte Die Frau in wenig Minu-
ten ihrer Bürde, Die Nabelfehnur war fo kurz, daß
ic) fie mit Noch unterbinden Fonnte, fie abzufondern,
Ich nahm fogleich die Nachgeburt heraus, und maaß
die Nabelfchnur , die nur. wenig über 4 Zoll lang war.
* Sobald die Frau gehörigermaßen beforget war, unters
füchte ich das Kind, und fandes an verfchiedenen Theis
> Ien unvollfommen, weil es feinen Hintern, noch Glie⸗
——— Sia | *
| 3— N ward, einer Fran, ) die in Kindesnörhen
498 Nachricht von einer Stecknadel
der, an welchen ſich das Geſchlecht hätte unterſchei⸗
den laffen, zeigete, Wo die weibliche Schaam feyn
follce, befand ſich nur eine Eleine Deffnung, (ob ſich
wohl die tippen der Schaam nicht dabey zeigten,) durch
welche der Harn beftändig fortgieng; es hatte aud) ei.
nen großen Mabelbruch, und ein wenig tiefer in der
Linea alba war ein $och, inmelches fich der Maſtdarm
öffnete, und da gieng der Unflath durch, fo lange das
Kind lebte, welches falt zehn Wochen dauerte, Ber:
fehiedene Tage, ehe das Kind ftarb, zeigte fich der
Brand an dem Bruche, der bald das Eingeweide an⸗
griff, und des Kindes Tod verurfachte. Meinen Ge:
danfen nach, war der Brand von der Kürze der Nabel-
ſchnur entſtanden, die nicht in einer der Sruchtgemäßen
$änge wuchs, fonft war das Kind überall vollfomen.
Ich befam von den eltern Freyheit, es nad) feinem
Tode zu öffnen; ich ſtellte keine ordentliche Anatomie
an, fondern betrachtete nur den Majtdarm, den ic)
vorbefchriebenermagen fand, und die Blaſe, die fehr
Elein war, und feinen Harn enthielt: man fahe nicht,
daß das Kind, weil es lebte, den Harn in einem Strome
ließe ; Daher ich aufdie Gedanken gerathe,der Sphink-⸗
fer der Harnblafe fey fehr unvollfommen gewefen. Wie
ich die Blaſe handthierte, fand ich was fcharfes, das
meinen Finger ftach: ich Fonnte nicht entdecken, was
es war, bis ich den Hals der Blaſe abſchnitt da ich
denn aus der Blafe ein dichtes Wefen , etman fo groß,
als eine kleine Feige, nahm, in dem fich eine Stecfna-
del mit dem Kopfe daran, und ſehr ſchwarz befand,
Die Harnblafe, Stecfenadel und das zähe Werfen,
(das zwar etwas verdorben ift) find Bier in vectifis
cirtemm Weingeifte aufbehalten worden, Da diefer |
Vor⸗
aus der Blaſe eines Kindes. 499
Vorfall meines Wiffens fehr außerordentlich iſt, fo
habe ic) vorerwähnte Nachricht davon geben-mollen,
deren Wahrheit id) nochmals verfichere , da das Kind
von mir, in Öegenwart verfchiedener Zufeher iſt ges
öffnet worden. Von mir ſelbſt unterzeichnet.
— Wilhelm Gregory.
—***** ************
BE PN
00. Nachricht
som Saſſafrasoöͤ
en das in Cryſtallen angeſchoſſen;
durch
ee oh. Maud, Ehymiften,
Mitglied der K. ©.
\ | Aus den philof. -Zranf. 450 Rum. 7 Yet,
der Chymie vorgefommen ift, die vielen auch
in-diefer Kunft Erfahrnen wunderbar fihien,
wenn ich fie ihnen erzählte, fo hoffe ich, die Gefells
Schaft wird mid) enefchuldigen, daß ich mir die Frey⸗
heit nehme, ſie ihr vorzulegen.
Bor wenig Jahren bemerkte ich bey etwas Oleo ef-
Sentiali von Saſſafras, das einer froftigen Macht in
einem offenen Gefäße mar ausgeſetzet gewefen, drey
Theile von vieren in fehr ſchoͤne durchſichtige Cryſtallen,
drey oder vier Zoll lang, und einen halben Zoll dick,
von ſechseckichter Geſtalt, veraͤndert. |
3 Diefe
a mir letzthin eine ungemeine Begebenheit i in
Ye
o Nachrichtvon Saſſafrasoͤl
u Cryſtallen ſanken im Waſſer unter, ohne
fie) darinnen aufzulöfen: im Feuer entzündeten fie fich,
und zerfchmolzen in ihren vorigen Zuftand, wenn ſie
felbigem ausgeſetzet wurden. Sie behielten .alfo beftäns
dig. Die Befchaffenheit eines Dels, ob fie. fih wohl un⸗
fer: einer andern re zeigten. Das ——
einer —— A, foftw wie der Wein von
Madera,) in einen. fehr durchfichtigen Körper, mie
Eis, das aus dem helleften Waſſer enefteht, Diefes
ſchein ein neues Beyſpiel des Anſchießens in Eryftal«
Ten yu geben, das man ordentlich ſo erklaͤret, alswürs
den die Theilchen eines fluͤßigen Weſens, oder eines
andern Koͤrpers, der ſich in dem fluͤßigen Weſen er⸗
haͤlt, durch die Räte näher zuſammen gebracht, bis
fie endlich ſo nahe fämen, daß fie einander wechſels⸗
weiſe anzoͤgen, und ſich zu einer unmittelbaren Beruͤh⸗
rung vereinigten. Da dieß Oel eines von den ſchwerſten
Oelen, und ſogar ſchwerer, als Waſſer iſt, ſo
niget es ſich deſto genauer, dergeſtalt, weil feine Thei |
näher beyfammen find. Die hierüber nachdenfen
‚wollen, koͤnnen Anlaß zu Betrachtungen nehmen, wor»
innen ber Unterfchied zwifchen flüßig und feite feyn be⸗
ftehe; mie man denn auch hieraus ſieht, wie fehr die
Farbe der Körper auf die Lage iprer ar
| Theile anfümmt, |
Man findet eine ähnliche Cryftallifation von Sch
Neumann, die er Camphoram Thymi nennet, if ‚der
389 und 431 Num. ber Zranfactionen.
NP EG FB ‚
VIL Rad:
I I
— 501
een
| vn. sur Lu
Nachricht
von einer
weißen Feuchtigteit, wie Dil
die ſich
ſtatt der waͤſſerichten Feuchtigfeit von Blute a
das einige Zeit geftanden hatte,
abgefundert hat;
Durch Alerander Stuart,
M.D. Leibarzt Ihro Maj.
Mitglied der Kön. * — Geſellſchaft der Aerzte
ondon
Aus der 442 N. q Art, der philof. Tranſact.
( Ar ohann Wis, ein Bildhauer in der Bromley⸗
N etwa 40 Jahre alt, hatte ungefähr
drey Wochen feine Luſt zum Eſſen, und ſchlech⸗
te Verdauung gehabt, wobey er zuletzt Schmerzen
und Ausdehnung des Magens empfand, und ei⸗
nen geringen Grad eines entzuͤndenden Fiebers be»
fam, Die Zunge ward ‚ihm frocfen, rau) und von
roßbrauner Farbe, mit einem gelinden weißen Strei⸗
fen auf jeder Seite, fein Harn von fehr hoher Farbe,
mit häufigen, fchleimigen, violerfarbenen De
die Stühle fehr gelb und flüßig.
Wie man ihm acht Unzen Blut weggenommen
hatte, zeigte fid) über dem zufammengeronnenen Ges
blüte, ftatt der waͤſſerichten Feuchtigkeit nichts als dies
fer weiße milchähnliche Saft, den ich in der Menge
Ji 4 von
—
502 Nachr. voneiner weißer
von ungefähr 4 Unzen abgoß. Erſt hatte er feinen
Geruch, nachgehends aberfing er an, innerhalb 6 Tas
gen, wie faule Eyer zu riechen. Er fand in einem
Zimmer, wo noch drey Wochen,‘ täglich einige Stuns
den, Seuer gehalten wurde, veränderte aber während
dieſer Zeit ſeine Dicke und feinen Geruch nicht.
Der Kranke hatte eine Woche zuvor, ehe ich in
erſt fahe, fehr wenig gegeffen, den Abend zuvor nur ef»
was gefochten Ralbsfuß zur Abendmahlzeit, und den
Tag fein Fruͤhſtuͤck zu fich genommen. Gefund mar er
ſehr gewohnt, täglich ftarfes Malzgetränfe zu genießen,
Iſt das der Chylus, fo iſt ſein Weſen von der
Milch ſehr unterſchieden, denn dieſe pfleget ſauer und
dicke zu werden, wenn fie fteht, und bekoͤmmt nur den
Geruch fauler Eyer,mwiediefer Saft bekam. Ob es nicht
Chylus geweſen fey, der durch ein langes Umtreiben
in den ‘Blutgefäßen faul geworden, läßt ſich meines
Erachtens, ohne mehr Deobachtungen, nicht | beant-
Morten.
Das geronnene Geblüt mar mit einem elebrichten
Häutchen,ungefähr einen Schilling dick, bedecket der vo>
the Theil grumicht, zart und nicht zufammenhängenb.
Ob er fich wohl innerhalb einer Woche viel be: |
fer befand, fo verordnete ic) doch, ihm fünf Unzen Blut
abzunehmen, um zu fehen, was für Veränderung vor⸗
gegangen wäre, und fand das ‚geronnene Geblüte mit
einem flebrichten Häuschen, einer halben Krone dick,
den vothen Theil von gehöriger Confiftenz und die wäß-
ferichte Feuchtigfeie Elar, ohne einigen Chylum.
Der Harn ward Elar, und er ward ungefähr inner:
halb zwo Wochen, nachdem ich ihn das erſtemal ger
gen hatte, gefund,
U |
Bde A VII. Nach⸗
Feuchtigk.ꝛc.
en?
ESEL RESTE 503
RN ERDE
VII,
Nachricht
von der Beſchaffenheit des bey Jena
gelegenen |
Zoͤrſtenbrunnens,
„in einem gta
Herrn D. Fr⸗ Boͤrner,
ertheilet von
Urban Friedr. Benediet Bruͤckmann,
der A. W. Befl. in Jena *.
nter den vielen Quellen und Brunnen, die
wir hin und wiederum Jena antreffen, ift der
* Fuͤrſtenbrunnen einer der allerberuͤhmte⸗
ſten. Dieſe Quelle verdienet ſowohl wegen ihrer an⸗
ne Sage, als wegen ihres ſchoͤnen Waſſers und
anderer
— Dice Aufſatz ift im Herbſtmonat 1748 zu Tena bey Ge⸗
legenheit der Verbindung Herrn D. Börners mit deg
Herrn Berfafferd Schweſter gedrucket worden. Schrif⸗
ten, bie bey ſolchen Veranlaſſungen ans Licht kommen,
pflegen felten von Dichtern großer Aufmerkſamkeit
werth gefchäger zu merden, gefchweige, dag Philoſo⸗
phen im ihnen Unterricht ſuchen follten. Defto eher
wird es der Herr Verfaſſer der feinen unter Den Ratur>
Ji5 forſchern
504 Nachricht von der Befchaffenheit
andever.Eigenfehaften. medr,eine viel genauere Betrach⸗
tung,als man bis hieher deswegen anaeftellet bat, Ew.
Hochedelgeb. werden demnach gütigft erlauben, daß
ic) an Sie, als einen tiebhaber und Kenner der Na—
turbiftorie, mit wenigem eine Befchreibung davon ab»
gehen laſſe. Es iſt zwar bekannt, daß ſchon unters
fhiedene Naturforfcher, des Sürftenbrunnens, als ei-
ner ſchoͤnen und berühmten Duelle Erwähnung ge:
than haben ; allein ich Habe nody nicht gefunden, daß
jemand hinlänglich davon gefchrieben, noch) Die wahre
Befchaffenheit deſſelben umftändlich genug berühret
hätte. M. Adrian Beier, ein jenifcher Prediger, hat
zwar in feinem Geographo Ienenfi, welches Bud)
eher einer Chronif-als Geographie ähnlich fieht, vor
andern des Fürftenbrunnens im Cap. 24, pag. 438.
Erwähnung gethan ; doc) weil die Belchreibung
dejfelben, eben wie D. Heinrih Schüttens in feiner
Oryctographia Ienenfi fehr Furz und unvollftändig
gerathen ift; fo habe ich nicht undienlic) zu feyn er-
achtet, eine umftändlichere Nachricht davon aufzu-
eben, —
re Es quillt diefer Brunnen eine gufe halbe M ile
von der Stadt Jena, in em: angenehmen Thale
aus einem ‘Berge, welcher uftter dem Hayn oder fo=
genannten Wölmüffe liege, Diefes Ihal hat auf
Ba va beyden
forſchern fo berühmten Namen würdig zu führen bes
muͤhet ift, verzeihen, daß man dieſen Aufſatz, der fich
von andern Gelegenheitsfchriften fo vorzüglich unfer-
feheidet, den Siebhabern der Naturkunde, nur mit Weg-
laffung deſſen, was Die beſondern Abfichten deffelben
erforderten, bekannter machel. K.
’
des guͤrſtenbrunnens sen Jena. so5;
beyden Seiten ziemlich‘ hohe Berge, und erſtrecket ſich
von dem Dorfe Woͤlnitz bis zum Brunnen; welches
eine gute Biertelmeile betraͤgt. Sowohl wegen der
fchönen Quelle ‚als der angenehmen Gegend erwaͤhl⸗
te der Ehurfürft von Sachfen, Johann Friedr ich,
als er 5 Jahre, nämlich vom Jaͤhre is47 bis 1552 ges
fangen geſeſſen Hatte, dieſen Platz, da er ſich auf der
Jagd mit feiner Gemaßlinn Sibylla, einer gebohr-
uen Herzoginn, von Jülich, Eleve und Berg, nebft
dreyen Prinzen ermuͤdet hatte, daſelbſt auszuruben,
und dieſes iſt die Urfache, warum man diefe Duelle
nachhero den Süieffenbrunnen genennet hat. M. Jo⸗
hann Stiegel nahm Daher Gelegenheit, folgende la:
teinifche Verſe, welche im fünften Buche feiner Ge⸗
Dichte anzutreffen find, zu verfertigen: , f
ontis ad huius aquam frigus captabat opacum „
Saxoniae elector, myftaque Chriſte tuus.
= “Tu fons iuftitiae vere fons viue falutis,
‘ Saxoniae faluos Chrifte tuere duces.
* Zeilen ſind nachhero zum Gedaͤchtniß feuer
annten Ehurfürftens in einen Stein gehauen, und
trifft man ſie zwar in dem Gewoͤlbe des re
noch an, doch find. fie. von ber. gänge der Zeit weich
unleferlich geworben.
Eben dieſer M. Stiegel hat Bart von der Se
gend unfers Brunnens, in feinem fünften — — * |
—— Verſe ans Sicht geſtellet:
> 'Fons exiens amoeno vallis angulo
Vmbras meo gratas miniftro Principi,
Lymphaeque garrientis opacum ‚gelu. | J
AR _ Venator
—
— — —
Venator huc ſyluis —— A ae
—* Cum vitat aeſtum et auram captat mobile. —
At ille mi. nomen relinquit inehtum
Hoſpes meus, Deum colit ‚qui firmius, Pins
Quam fontis vlla vrget Lymphas, perennitas,, dar wi
" Da Principi pacem ‚Deus, da; iuibus, ,, ee
4.3 Vtillo ad fontem praelueente ‚fit. yia, —2 Ah
In ſempiternain vnde exilit yitam: fner Ya Pu:
In Schuͤttens ‚Orydlographia Tehenfi, p- 30. habe
ic) gefehen, wie auch in M. Adrian Beiers Geogra-
pho — daß unſer Brunnen auch der Peniken,
oder Peinikenborn genannt wird, weil er ſich nicht
weit von ſeiner Quelle in das Deniken- oder Deiniken-
baͤchlein ergieft; ferner auch det Haynborn, ver⸗
muthlich, weil er unter dem Hayn aus einem Berge
hervorbricht. Sonſt wird er auch der Woͤlnitzer⸗
born genennet, ohne Zweifeldesmwegen , weil er dieſem
Dorfe am nächften liegt, und fein Waſſer wenn es
darinn eine Mehlmuͤhle getrieben hat, durch einen kur⸗
zen Weg in die Saale fließt. Dieſe Namen ſind
aber in und um Jena faſt gar nicht bekannt, es wird
alfo nicht nöthig feyn, davon mebreres zu gedenken.
Man hat über viefen Brummen im Jahre 1554
ein Gewölbe gemauert, ſowohl ihn rein zu halten, daß
nicht allerley Unrath hineinfallen koͤnne, als auch zu
mehrerer Bequemlichfeit dererjenigen, Die bey ange:
nehmen Wetter dafelbft ihr. Vergnügen fuhen.
Das Waffer bey dem Brunnen iſt ſchoͤn, helfe
und klar, und wuͤßte ich nicht, daß es im geringſten
‚Mehtere Eigenfehaften hätte, die wir nicht aud) bey
jedem
| des Fuͤrſtenbrunnens bey Jena. 507
. jedem gemeinen lautern Wafferantreffen, Es iſt zwar
etwas kalkigt, doch nicht fo ſehr, wie man es bey ben
mehreſten Waſſern, um Jena her antrifft. Schuͤtte in
ſeiner Oryctographia und andere mehr, haben unferer
Duelle die Eigenfehaft zugefehrieben , daß fie Steine,
Holz, Kräuter und andere ineingeworfene Dinge. mit
Stein überzöge, und Reh u; Autor in ee
nanntem Buche:
© Hi fons omnia inieda — J RE con:
chilia, plantas etc. topho fuo fenfim obducit et
„lenignee poft multa tempora in lapides mutat.
Allein, wenn man eg genau betrachtet , fo wird man
finden, daß das Waſſer, ſo, wie es aus der Quelle
koͤmmt, noch nicht die geringfte topffteinartige Mate-
vie bey ſich führet, womit es die Körper überziehen
koͤnne. Denn es fließt noch wohl etliche Büchfens
fhüffe und weiter, ehe man etwas mit Topfftein über-
zogenes darinnen antrifft: und habe ich einigemal,
fowohl in die Duelle, als auch nicht weit davon, aller-
ley Sachen in das Waſſ er geleget, woran ſich aber, ob
es gleich lange gelegen, * von Stein —
hatte.
Es iſt die e Uefache der fing nicht
allein‘ in dem Wafler zu fuchen, wie es ausdem Ber:
ge hervorfließe, weil es fonft fomohl bey der Quelle,
als weiter davon verfeinern müßte. Man bat auch
uͤberdem gefunden, daß es allein von dem Erdboden,
herrühre, über welchen das Waſſer wegfließt, denn
von dem Orte, wo es zu verſteinern anfaͤngt, beſteht
der Erdboden, bis zu bem — Woͤlnitz/ einige El⸗
len
508 Nachricht von der Beſchaffe
fen tief, aus laufer sermich feftem Topfftein, daß min
ign aud) zum Mauern gebrauchel, © |
In diefer ganzen Gegend trifft man fehr —* von
PAR Ha Sachen an: als Wurzeln, Kräuter,
Steine, Schnefen und andere Dinge mehr, weldye
mit einem weißlichten Topfſteine/ wenn er trocken if,
überzögen find, Bir
Es wird ſich nunmehro leicht errathen aa wo⸗
her dieſe Koͤrper gleichſam in Stein verwandelt wer⸗
den, und man darf ſicher ſchließen, daß das Waſſer
von dem topffteinigten Boden, wodurch es hinlaͤuft,
nach und nach, durch feine ziemlich fchnelle Bewegung
etwas losreiße, und diefes andern Körpern anhänge,
Man findet daher auch) große Stüde, welche mieder
Zeit auf diefe Art entftanden find, und. man fieht
deutlich, daß fid) eine Lamella über der andern ange
leget hat. | |
Will man Sachen a welche. mit Stein
folfen überzogen werden, ‚muß man fie ungefähr ein
Vierteljahr darinnen liegen laſſen, und. behutfam |
mit denfelben umgehen, fo lange, ſie noch naß, weil
der Tophus daran alsdenn noch muͤrbe und leicht ab⸗
zuwiſchen iſt. Auch erhellet es von ſelbſten, daß
man fie entweder anbinde, oder‘ fonft böfeftige, damit
fie nicht durch das Waſſer mit weggeriſſen werden
und verloren gehen. Dieſes muß ich noch erwaͤh⸗
nen, daß anſtatt andere ſchnellfließende Waſſer ihre
Ufer vergroͤßern, ſo ſehen wir hier das Gegentheil,
maßen ſich allmaͤhlich mehr und mehr Topfſtein, ſo⸗
wohl auf den — an bie DENE bet Damen
des Fuͤrſtenbrunnens bey Jena. 509
welche Häufig an ihm hingepflanzet ſind, als auch an
die auf dem Grunde liegenden Steine anſetzet, daher
ift auch unfers Waſſers Canal an vielen Orten fehr
ſchmal geworden.
Ein tiebhaber von Naturalien ‚wird nicht ‚allein
fein Vergnügen haben, wenn er die Merfroürvdigkei-
ten diefes Brunneng betrachtet, und in deffelben Waſ—
fer allerley mit Stein uͤberzogene Koͤrper antrifft;
fondern er wird auch auf den "Bergen, die ihn umges
ben, und in dem Thale felbft unterfchievene verftei-
nerte Schnefen, Mufcheln, Schwaͤmme, Steine,
worauf Bäumehen und Sandfehaften zu fehen, hin
und wieder finden, geſchweige der vielen Sorten von
Kräutern, welche der Erdboden dafelbft beroortom.
men läßt. |
Diefes wäre eg, was ih Ew. Hochedelgeb.
von dem Süieftenbrunnen hätte berichten koͤnnen, und
glaube ich, nichts mit Stillſchweigen übergangen
zu haben, mas dabey einer Yufmerffam-
| feit verdiene, kai,
{ * IX, Her
so: Boerhavens Berfi u
— — —— **
| — Doerha |
Verſuche vom Sie.
. Theil * en
Aus den bite, Trandakt, 4430. 9 od Ä
€ ch habe voriges Jahr einige Anmerkungen
vom Queckſilber aufgeſetzet, aus denen erhellet,
daß daſſelbe, ob es ſich zwar beſtaͤndig in
andere Koͤrper zu verwandeln ſcheint, doch auf eine
wunderbare Art, eine ihm eigene und unwandelbare Be⸗
ſchaffenheit beſtaͤndig behaͤlt. Ich habe ſolche der koͤn.
englaͤndiſchen Geſellſchaft uͤberſchicket, und fie find hoͤ⸗
ber, als ich gehoffet hatte geſchaͤtzet, und in die Schriften
dieſer Geſellſchaft eingeruͤcket worden. Mein einziger
Vorſatz in dieſer Schrift war, die Dinge, die ich mit dem
Queckſilber vorgenommen hatte, und was daraus ent-
fanden ift, getreu und genau zu befchreiben, damit
ich meinem $efer Die Arbeit und die Koſten, , folche zu
wiederholen, erfparte, Jetzo habe ich eben Die Abſicht,
da ic) der Akademie, welche unter dem Schutze des
—2—— wen blüber, — dar⸗
“av biete
* Man fehe dag 2 Sit de 4 8. de —— Mag.
Herr Mortimer hat dieſen Theil aus den Schriften
der koͤniglichen pariſiſchen Mademie von 1734 latei⸗
„ai ‚uberfeger,
vom Quedfilber. zu
blete. Wenn man beyde Abhandlungen mit einander
vergleicht, wird man von der Aufrichtigkeit und den
ſcharfen und genauen Unterſuchungen der alten Al—
chymiſten bey dem, was ſie vom Queckſilber geſchrie⸗
ben haben, urtheilen koͤnnen, und zugleich ſehen, daß
großer Fleiß und viel Klugheit erfordert wird, wenn
man ihren Sinn erklaͤren, oder über fie richten will.
Ich hoffe auch Dadurch die Liebhaber der Chymie vor»
fichtig zu machen, daß fie durch die unbeftimmten Leh⸗
ven der heutigen Alchymiſten nicht betrogen werden,
die nichtsgutes und richtiges aus dem Grunde miffen,
und feine andere Kunft befigen, als das Gold durch
ihr Berrügereyen von denen zu erhalten, denen fie weiß
machen, fie fönnten fie die wahre Art, Gold zumachen,
lehren. Was id) von der unveränderlichen und ein⸗
fachen Beſchaffenheit und den befondern Figenfchaften
des Duecffilbers zuvor gezeigt habe, will ich wieder bes
ftätigen. Einer fo gelehrten Gefellfchaft, wie die Afa-
demie ift, koͤmmt es zu, von dem Mugen und der
Wahrheit diefer Schrift zu urtheilen, und ich erfuche
fie, einige müßige Stunden darauf zu menden, und
andere Gefchäffte indeß bey Seite zu feßen. Ich weiß,
daß die Afademie wenig leere Augenblide hat, und
werde deswegen fo Furz zu feyn fuchen, als es möglich
iſt. Ich komme zur Sache. | ;
I.
Reines Duedfilber, wie es meiftens bey den Kauf
leuten der amfterdamer Gefellfchaft zu befommen ift, .
en durch lange Digeſtion über dem Feuer zu feinem
"4 Band, Kt ver ·
| 2 | Voerhaavens Ver ſuche
Verfahren. A
Das BERN ie Queckſilber bat keine Unreinig⸗
keit zuruͤckgelaſſen: Nachdem iſt es mit diſtillirtem
Eßig und Meerfalze lange Zeit gerieben worden, und
noch rein verblieben. Ich druͤckte es durchs Leder, goß
ein Pfund in eine hohe reine Phiole, deren Oeffnung
ich mit einem Papierſtoͤpſel zumachte, und ſolchen wie⸗
der mit einem andern Papier bedeckte, das ich an der
Phiole Hals wohl anband, damit kein Pulver hinein ·
kommen konnte, die Luft aber frey ein:und ausgieng.
So ſetzte ich es in einen Dfen in beftändige Wärme, die
nach) dem Fahrenheitiſchen Thermometer über den oo
Grad vom 15 Wintermon, 1718 bis zum 23 May 1734;
gehalten wurde. Sch fand alsdenn diefes Queckſilber
in der Phiole fluͤßig, mit etwas wenigem ſchwarzen
Pulver auf der Oberflaͤche, das im Moͤrſer gerieben
wieder Queckſilber ward, Alles dieſes Queckſilber
that ich in eine reine glaͤſerne Retorte, zu diſtilliren,
und vermehrte das Feuer gegen das Ende, bis die
Retorte faſt gluͤhte. Es blieb gar nichts in der Re⸗
torte, und das Queckſilber war ohne — —
Veraͤnderung uͤbergegangen. | |
Folgerungen. J |
1. Erwähnter Grad des Feuers verändert in u :
fagter Zeit nichts an der Fluͤßigkeit, Fluͤchtigkeit und
Beſchaffenheit des Queckſilbers, das in ein Gefaͤße,
in welches die Suft frey gehen Fann, gethan wird: Es
iſt aud) Feine Scheidung veiner Materie von unzeiner
vorgegangen. =
2, Auch) ift niche die geringfte merfliche enge
Metallerzeugt worden, J
— user oder Bo.
4. Durch
bonm OQueckſilber 3z
4. Durch dieſes 152 Jahr lang fortgefeßte Verfeh
‚zen iſt nichts vom Duceckfülber feuerbeſtaͤndig ge mache
worden ; e8 hat fich auch nichtdergeringfte Anfänge einer
mrecäflifchen Feuerbeftändigfeit, nicht einmak ſo vieles
Bley hat gewiefen, welches Metall’ doc vermittelſt
folchen Verfahrens am erften erzeugt werden ſoll, wie
diejenigen jagen , die ſich Ye ne ſolchese am beſten zu
—9—
| 5. Ufo iſt dieſes Verfahren denen — Bora
gelb, ‚die EBEN: die Metalle Khan aus
re
Es ift feße ——— daß alle neun
"reinen Queckſilber angeftellte Unterſuchungen gar nicht
das geben werden, was die Schriftſteller von ihm ver⸗
ſprechen, da das wenige ſchwarze Pulver, von dem ich ge⸗
redet habe, leichter iſt als das Queckſilber, auf deſſen Flaͤ⸗
che es ſchwimmt, und ſich leicht wieder in Queckfilber
verwandelt. Man fehe, was ic) in den Schriften der
koͤnigl. londonſchen Geſellſchaft 430 Num. von eben der⸗
gleichen ſchwarzem Pulver, das durch die bloße Bewe⸗
gung aus dem — iſt erhalten worden, geſa ge |
habe. |
7. Man fiehe al nicht, daß ſich das Quechſiber
in den Gruben allein durch die langwierige Wirkung
der unterirdiſchen Waͤrme ar einem Orte, wo die Luft
frey dazu kann, in etwas metalliſches verändern laſſe.
Die Wärme übertrifft in den Oertern, wo Erzgänge
gefunden werden, felten 70 Gr, Sie ſagen zwar, es
wurden ligne ei Wirfung 1000 En
erfor⸗
Es Boerhaavens Verſuche
aber wie koͤnnen Menfihen, bi ein fo kur⸗
f 1 — haben, das fo ficher wiſſen ⸗
8 Was den Schwefel betrifft, Deh die Acchymi⸗
ſten fuͤr eine von den Materien halten, aus dem die
Metalle entſtehen, und von dem ſie ſagen, er braͤchte
die Theilchen des Queckſilbers zuſammen, damit aus
ihnen; ein fefter, und bis zum Feuer, das ihn ſchmelzt,
beftändiger Körper würde, der fich haͤmmern ließe;
fo feheine diefer Schwefel von der Materie des Lichts
oder des Feuers. ganz unterſchieden zu ſeyn, obwohl
das Feuer das einige Werkzeug iſt, vermoͤge deſſen
dieſe wunderbare Vereinigung zwiſchen Schwefet und
Queckſilber kann hervorgebracht werden.
Gleichwohl ward bey dieſem Verfahren die "uf |
frey zum Queckſilber gelaffen; und man wird vielleicht
ſagen, dadurch fey des Feuers Wirkung verhindert wor-
den, weil auch die Alchymiſten behaupten, ‘die nahe
Luft verhindere die Rochung der Weifen. Dieß har
mich auf den Verſuch gebracht, den ich ge will
ll.
Sueefiher ‚das die eh Being in
wohl verfchloffenen. Gefäßen ift digerirt worden, giebt
kein Metall.
Verfahr en.
Ich that x rein Queckſilber in ein reines ‚conifches
Glas mit ebenem Boden, wie fich die.Probiever zur
Scheidung des Goldes und Silbers bedienen, und
feßte folches vom 6 Chriftmon. 1732 bis zum 8 Heu⸗
. mon, 1733 einer Wärme von 100 Grad aus. Das
| Por blieb allezeit verfkopft, und das Babe | litt
eine
vom Dieekfilber. "51
feine Veränderung, die merflich geweſen wäre. Ich
nahm 6 Unzen davon, that ſie in eben dergleichen Ge⸗
faͤße, und ſteckte in deffen Deffnung den Hals einer ums
gekehrten Phiole: Ich verlutirte Die Gefäße nicht, fon=
dern fegte fie fo 4 Tage lang in fo heißen Sand, daß
das Duedjilber aufzufteigen anfieng, damit ich alle
Feuchtigkeit austrieb, die das Queckfilber enthalten
konnte. Wie mir auch nicht dag geringfte Zeichen den
Feuchtigkeit übrig zu feyn ſchien, lutirte ich beyde Ge⸗
faͤße genau zuſammen, wo ſie in einander geſteckt wa⸗
ren. Ich ſetzte das Queckſilber in ein genugſam hefti⸗
ges Sandfeuer, davon es genoͤthiget ward, zu ſteigen
und wieder zu ſinken. Dieſen Grad der Wärme feste
ich bis zum 29 Jenner 1734 fort; auf dem Boden des
Gefaͤßes fand ich nichts, als fluͤßiges Queckſilber, mit
einem leichten zarten ſchwarzen Pulver mäßig bedeckt, i
nichts feuerbeftändiges, nichts präcipitivtes, obwohl der
- Grad der Wärme faft an kochendes Balfer reichte. Ich
goß diefes Queckſilber durch einen reinen trockenen pa⸗
piernen Trichter, deffen unterfte Deffnung fo enge war,
daß fie kaum ein Haar durchließ. Das Queckſilber
gieng vollkommen rein durch diefe enge Oeffnung durch,
und an den Waͤnden des Trichters, wie auch an der
Oeffnung blieb ein wenig ſchwarzes, das im Moͤrſer
gerieben, wieder zu Queckſilber ward. Dieſes fo ges
reinigte Queckſilber brachte ich im einer reinen aläfernen
Retorte in heißen Sand, und am Ende in Suppreß _
fionsfeuer. Es ift im geringften nichts fenerbeftäns
diges in der Retorte am Boden geblieben: nur fchien
das Duedfilber etwas flüßiger, als zuvor, aber ſonſt
keinesweges verändert.
Kfz Folge⸗
x > Boerhanveng Berfuche
| v antenne
Hieraus fließen ebein die Schlüffe, die ſich aus
7 Böcherpehenbem Berfuche herleiten laſſen; und wenn
iman fie mit dem, was ich in der 430 Num, der Tranf.
gefagt babe, verbindet, fo erhellt deutlich, daß das
Zueckſilber durch mechanſche Bewegung, durch Dis
geſtionen und Diftillarionen unveränderlich ift. Sc.
igere daraus, daß die Chymiſten fich die unnüge
Wiederholuug diefer Arbeiten erfparen fönnen, wos
durch fie das Queckſilber feuerbeftändig machen, oder
in einen andern Körper. vermandeln wollen, und tathe
ihnen hoch uͤberdieß, Unmiffenden nicht zu frauen, die
viel folche Thorheiten verfprechen : Diejenigen unter
ihnen find noch die Kluͤgſten, die ihre ne an,
— Unkoſten anſtellen tollen.
Ich will die Folgen von andern Verſuchen ie. |
eben fo muͤhſam, als die vorigen, find, und die ic)
mit andern Metallen angeftelle habe, gleichfalls erzaͤh⸗
Ien. Ich habe mich lange bemühet, zu erfahren, ob
es wahr ſey, daß die Metalle durch die Kunſt in Queck⸗
ſilber und in ein anderes Grundweſen koͤnnen aufgelöft
werden. Verſchiedene Schrifefteller behaupten dieſes
ſo deutlich und an ſo vielen Orten, daß es mir ſchien,
als haͤtte man keinen Grund, daran zu zweifeln. Ich
glaubte dieſen Schriftſtellern: aber damit ich die Sa⸗
che ſelbſt ſaͤhe, habe ich es mit Bley verſucht. Der be⸗
un Joh. Bapt. von Helmont (poteft. Medicam.
$. 40.) ſpricht · Ich habe, füge ich, gefunden, daß
das rohe Weſen des Bleyes, welches durch die Fet-⸗
„tigkeit feuerbeftändiger Salze ſich auflöfen läßt, bis⸗
Be nur N das — wegzuſchaffen iſt,
„da
vom Queckſilber. 517
„daß alfe die Theile des zuſammengeſetzten Weſens ge⸗
„erenner werden, und das rohe Queckſilber zu laufen
„anfängt *. „ Sein Sohn, Franz Merkur von Hels
mont, fagt: „Wenn das Bley von alfalifchen Säften
„und Salzen und Delen aufgeloft wird, die den Schwe⸗
„fel an ſich ziehen, und ihn von dem Körper trennen, ſo
„wird das Bley auf diefe Are in flüchtiges und ffüßiges
HQueckſilber veraͤndert, das kein Feuer mehr, wie zu⸗
„vor, verträgt, ſondern Die metalliſche Geſtalt verlohren
„hat, und kalt und fluͤßig iſt, wie Wafler. „ (Man f.
: the Päradoxical difcötrfes of F.M. von Helmont,
em *
L.ond! 1685. in 8 Part. II.q. 27. p- sr. **) Joachim
Becher behauptet eben das und verfpricht verfchiedes
nen Berfüchen, die er —— ibt, einen gluͤcklichen Er⸗
| folg. {v. Collectanes Quingenfo forkım experimentor. a
p.310. ad 333. ) Her ift fur; und deutlich, mas ich) da»
von Durch eine — und verdrießliche Arbeit
erlernt habe.
verfahren
AIch föfte ſo viel reines Bleyweiß als ſich aufloͤ⸗
ſen ließ, in Br der mit ſechsmal ſo ſchwe⸗
N REG ‚tem
⸗ — inquam, —— Saturni: pinguedine —
Alium ſolubilem ſolo quandoque igne carptim delebi-
lem, ‚fieque diuidi compofiti partes crudumque Argen-
tum viuum currere permitti.
** When Lead is diffolved by Alkalies and Salts or Oil,
which take. in the: Sulphur and feparate it from the
“: ‚Body, the Lead by thia Means becomes changed into a:
. »volatile rurning Mercury which can no more endure
ähe Fire as before but is cold and rursing. like Water
and whitout a metalline Forin. |
—
58 Boer haavens Verſuche
rem Weſſer geſchwaͤcht war, ich ſeigte Das Aufgeloſte,
und fand es ſehr helle. Aus dieſem fluͤßigen
Weſen, das ich in ein reines Glas that, ‚bey gelinber |
Wärme verdicte, und nachgehends an einem Falten -
Orte ruhig ftehen ließ, erzeugten ſich Cryſtallen, von
denen ich 14 Unzen nahm, ſolche in einem glaͤſernen Moͤr⸗
fer, mit einer glaͤſernen Keule zerrieb, dieſes Pulver in
dem reinften Regenwaſſer auflöfte, und. das Aufgelöfte
mit dreymal fo viel Regenwaſſer diluirte, alsdenn eine
andere durchfeigte und belle Auflöfung von Salmiat
in Regenwaſſer, gelinde und bedachtfam dazu goß;
das Bermifchte wird milhweiß, und dag Bley fälle
gleich zu Boden, wie beym Silber, dasman in Aqua
fort aufgelöft hat, geſchieht, wenn man Salmiak da»
zu bringt, das auf dem Boden geſetzte ſchneweiße
Pulver, ward mit vielem Waſſer abgewaſchen und
getrocfnet, es war.ohne Geſchmack, und wog 185 Uns
je, von dieſem weißen und trockenen Pulver that ich
6 Unzen i in ein ſehr reines Uringlas, goß Darauf zwee⸗
ne Zoll hoch uͤber das Pulver die ſtarkſte Lauge aus
lebendigem Kalk und Potaſche, die ich in einer wohl⸗
verſchloſſenen Phiole verſchiedene Jahre behalten hat⸗
te: alsdenn bedeckte ich das Uringlas mit Loͤſchpa⸗
pier, das ich um den Hals wohl daran gebunden hatte,
ſetzte es in den Faͤulungsofen in die Wärme von 96
Gr. und ließ fie darinn vom 6 Hornung 1732 bis
zum 13 Auguſt eben dieſes Jahres, zu verſuchen,
ob dieſes Mengſel, ſolchergeſtalt der Luft ausge
feßt, ſich durd) die Wärme, „welche Faͤulung verur⸗
ſachet, aͤndern wuͤrde, und ich fand nichts, als eine
weiße Maſſe, die gepuͤlvert ſalzig ſchmecte ich that
fie in eine glaͤſerne Retorte, die mit einem — —
| n
/
vom Quedfilber sp
Thon und Sande befchlagen war, trieb folche mit ofs
fenem Feuer, bis zum Olten, und erhielt diefe Hige
drey Stunden lang. Es flieg in die Netorte etwas
mweniges weißer Dampf, aber gar nichts von Queck⸗
filber, und auf dem Boden blieb eine zerbrechliche Halb
zu Glas gewordene afchfarbene Materie, die ih im
Mörfer mit der Lauge von lebendigem Kalk und feuer
beftändigem alfalifchen Salze lange rieb, und wieder
bey gelindem Feuer abtrocfnete. Ich goß neues Al
Fali dazu, und feßte es der Wärme von 96 Gr. vom
ı8 Aug. 1732, bis zum 15 Weinmonats 1733 aus,
trieb fie aber dabey täglich in dem gläfernen Mörfer,
in.dem fie fich befand, und der nur mit Papier bedeckt
‚war, ‘und ließ die frene Luft zu, alsdenn fand fic)
ein weißes trocknes und zarfes Pulver, das nach
neuer Zugießung eben der auge Durch Keiben in eis
nen Teig verändert ward ; ich feßte es wieder der
Fäulung aus, wie vorhin, und rieb es ofte, von vor:
erwähntem Tage bis zum 2ı Hornung 1434, alsdenn
war eg eine falzige weiße Mafle, die dem Gefchmade
vom Meerfalze nahe fam. Nachdem fie war gerie⸗
ben, mit Waſſer abgewaſchen und aufs gelindeſte ab⸗
getrocknet worden, habe ich ein weißes, ganz geſchmack⸗
loſes Pulver gefunden, ſolches in die Retorte gethan,
und dieſelbe viele Stunden lang in dem ſtaͤrkſten Feuer,
welches das lutirte Glas ausſtehen konnte, gehalten,
den 20 May 1734 iſt kein Queckſilber herausgegan⸗
gen. Der Hals der Retorte hat verſchiedene Sarben
befommen. Die zerreibliche Maffe, die auf dem Bo»
den geblieben iſt, hat ebenfalls verfchiedene Farben, ſcha⸗
lenweife über einander gelegt gezeiger, und 5 Unzen,
nebſt 65 Drachmen gewogen; das Pulver, in wel⸗
Res ches
520 Borrhanvens Verſuche
ches fie verändert wurde, dat durche Reiben Kö
Af farbe gezeigt.
——
Das Bley war bey dieſem Verfahren aiſllich
Bleyweiß, nämlich durch den Eßigdampf, der es Durch
drungen und aufgelöft hatte, zu einem weißen Kalke,
und barnach in ein zartes Pulver gebracht worden.
Es ward im geſchwaͤchten Salpetergeifte aufgelöft,
und fo ward das Bley ein heller Saft ohne Farbe,
von füßem Geſchmacke, in welchen das Bley in die
Eleinften Theilchen zertbeile if. Das Salmiak, wels
ches drittens hinzu gegoffen ward, hat den Salpeter:
geift herausgetvieben, und an deffen Stelle den Meet:
falzgeift gefegt, der ſich aufs genauefte mie dem me⸗
talliſchen Theile des Bleyes vereiniger, und ihn, fo viel
möglich, geſchickt gemacht hat, das Duecfilber von
dem metallifchen Theile abfondern zu laffen, wie Diejes
nigen, Die, nach unferer Einficht, am beften von diefen
Sachen gefchrieben haben, vermeynen, denn fie fehreis
ben befonders dem Salmiak und Meerfalze die Eigen:
fchaft zu, daß fie das Duedfilber von den Metallen
abfondern follen. Viertens hat es mir gefchienen, daß
der fo zubereitete Kalk, der mie dem ftärfften Alkali
ſieben Monate lang in Digeftion behalten worden,
durch Verſchluckung des Bleyſchwefels haͤtte das
B
Queckſilber entdecken follen. Gleichwohl hat auh
ein ftarfes Feuer nicht das geringfte Ducckfilber gegen
ben. Fuͤnftens, zeigte auch diefe lange und ſtark ges
riebene Maffe, nad) Beymiſchung eines neuen und
ſehr ſtarken Alkali, und einer vierzehnmonatlichen Diges
BR ion die geeingfte Spur Queckſilbers. Sehe
ftens
vom Queckſilber. 521
ſtens rieb ich ſie wieder mit neuem Alkali; digerirte
fie fünf Monate lang, ſo, daß fie nach allen dieſen Ver⸗
richtungen genugfam der Wirkung des alfalifchen
Salzes ausgefegt geivefen ift, daß es Zeit gehabt hats
te, ven fchwefelichten Theil des Bleyes abzufondern,
und daß das Queckſilber, nachdem es vom Schwefel -
befreyet worden, aus diefer Maffe durchs Feuer Härte
Fonnen berausgetrieben werden. Nichts deftomenis
ger hat das größte Feuer, nach allen dieſen Arbeiten, ein
Queckſilber herausgebracht.
Man ſieht alfo, daß die Erfahrung es nicht beftä-
tiget, wenn die Schriftitellee mit fo viel Kühnbeit bes -
baupten, es fey leichte, das Duecfilber aus dem
Bleye zu ziehen. Cie fagen nämlich, das Bley fey
das Metall, welches das: meifte Queckſilber enthalte,
und laſſe ſich alfo dur) gehörige Salze am feichteften
in Dueckfilber auflöfen. Folglich ift die Sache bey
andern Metallen noch ſchwerer. Gleichwohl verfpre«
chen diefe Schriftfteller, daß es leichte zu erhalten fen,
und fihreiben Arten vor, die von der, welche ich ige er—
klaͤrt habe, wenig unterfihieden find, da mich. diefe
Doch nach. fo viel Arbeiten gelehret hat, daß mir das,
was fie verfprochen haben, garnicht gelungen iſt. Ich
zweifele fehr, ‚ob das, was diefe Schriftſteller behaus
pten, ſich auf genugfame Erfahrungen gründet. Viel—⸗
mehr bin ich geneigt, zu glauben, daß fie ihrer Mey:
nung mehr Platz gegeben, als die Erfahrung befragt
- haben. Was von mir iſt erzähle worden, wird we-
nigſtens dienen, den $efer von der Arbeit und den Ko⸗
ſten diefer Erfahrungen zu befreyen, und ihn abhal⸗
‚ten, eingebildete Grundſaͤtze der Lehre von den Mes
tollen
—
522 Boerhaavens Verſuche
tallen miche leicht anzunehmen. Es wäre zu mine
fehen, daß diefe finnreiche und arbeitfame Chymiften
uns den Erfolg folcher Arbeiten, die ihre Hoffnung
nicht erfülle haben, getreulich befchrieben hätten, und
uns niemals Arbeiten angegeben hätten, ehe ſolche
von ihnen wären verfücht worden. Hiermit würden
wir Zeit, Koften und Arbeit erfparen, und die Chy⸗
mie hätte ihren Plag unter den Wiffenfehaften i in kur⸗
jem erhalten, außerdem wird man, wo ich mich nicht
fehr irre, die Wahrheit, den einigen Zweck — |
Unterſuchungen, niemals erreichen. |
AR, ! ——
Iſaaeus Hollandus bat geſchrieben, man
koͤnne das Queckſilber gar leicht aus Bleyſalze, wel⸗
ches mit deſtillirtem Eßig waͤre gemacht worden, zie⸗
hen. Weil ich einen Verſuch mit der beſten Gloͤthe
und deſtillirtem Weineßig angeſtellet, ſo machte ich
den verdickten Saft, den man Bleyſaft nennt; das;
von calcinirte ich 2 Unzen in einem offenen Glaſe bey
gelindem euer vom 6 Brachmonats, bis zummächfts
folgenden 19 Brachmonats; das weiße Pulver, das dar⸗
aus entſtanden, ward in einem glaͤſernen Moͤrſer
mit einer glaͤſernen Keule aufs ſchnellſte und lange ge⸗
rieben; es ward dann und wann ſaturirte Lauge aus
dem ſchaͤrfſten firen alkaliſchen Salze, fo viel das Waſ⸗
fer auflöfen Eonnte, dazu gegoflen, ich behielt es in eben
dem Mörfer, mit Papier bedeckt, bey der Wärme vom
21 Heumonats, bis zum 27 Bintermonats: Sobald
das Pulver getrocknet war, forgte ich dafür, daß es
mit zugegoffener neuer Lauge dieſe ganze Zeit über ge⸗
tieben würde, - Ich behielt es alfo in der Wärme
von:
vom Queckſilber. 53
von 90 Gr. mit Papier bedeckt, diefe ganze Zeit über,
re ich es wechfelsweife trocknete, anfeuchtete und
trieb. Den legten Tag zerftieß ich diefe trocfne und
weiße Materie in ein Pulver, das ſich mit den Fingern
nicht faflen ließe, that es in eine befchlagene gläferne Res
torte, und feßte es den Feuer aus, das nach und nad)
verftärkt worden, bis die Retorte glühte. Die
dauerte 4 Stunden lang. Es zeigte fi). auch nicht
das gerinafte Körnchen Queckſilber, weder inder Vor⸗
lage, noch im Halſe der Retorte, an deren Boden
man eine ſehr ſchwarze leichte Maſſe, in Geſtalt ei⸗
nes Pulvers, und vom Geſchmacke, wie das ſchaͤrfſte Al⸗
kali, fand. Den 28 Wintermonats ſetzte ich ſie in ei⸗
ner glaͤſernen Schale in den Keller, wo ſie gleich feuch⸗
te ward, und ließ ſie daſelbſt bis zum 8 Jenner 1738.
Die Groͤße dieſer Maſſe hatte ſich vermehret. Der
ganze falzigte Theil mar von freyen Stuͤcken, durch
Zutritt der feuchten Luft, zerfloffen, und der metallis
ſche Theil blieb auf dem Boden in der Geftalt eines
ſchwarzen Pulvers. Alles ward zugleic) getrockner,
ſowohl das, was in ein flüßiges Wefen war verwandelt
worden, als das, was nicht zerfloffen war; und die⸗
des Mengfel mar ungemein ſchwarz. Ich that es
wieder in eine gläferne Retorte, und trieb es gegen dag
Ende mit ftarfem Feuer, daß alles vier Stunden lang
gluͤhte. Auch Hier zeigte ſich nicht das geringfte
Merfmaal von Queckſilber, weder in der Vorlage, noch
in der Retorte. Auf dem Boden ein afchfarbenes
Weſen von brennendem Geſchmacke, wie euer, das
gleich zerfloß, wie ich es der Luft ausfegte.
Bley
524 Boerhaavens Berfuche
Bley, das i in reinem Eßig ift aufgelöft ‚und locker
gemacht, und dergeftalt eingerichtet worden, daß es
vom Salze aufs genaueſte konnte durchdrungen ı wers
den, das man nachgehends mie dem fehärfften feuer-
beftändigen flüßigen Alkali vermengt und gerieben bar,
das nachgehends der Digeftion und Fäulung iſt aus⸗
gefegt worden, an ein heftiges Feuer gebracht, und
von der Feuchtigkeit der Luft einen philoſophiſchen
Monat lang aufgelöft worden, das man wieder ge»
trieben, getrocknet, in heftiges Feuer: gebracht Hat, ſolches
Bley, ſage ich, hat bey dieen Verſahren an 2
Queckſilber gegeben.
Was foll man alfo von dieſe Sache und von ben
Ausfprüchen leichtgläubiger , träger, und bloß dem
Nachdenken, ohne wirkliche Arbeiten ergebener $eute, _
urtheilen. Diejenigen, die mehr Arbeitſamkeit als
Wiſſenſchaft beſitzen, werden von ihnen in unnuͤtze
Bemühungen und unmaͤßige Koſten verfuͤhret wo⸗
durch ſie die ſchoͤnſte Kunſt verhaßt machen. Andere
moͤgen ſich meiner Arbeit und Koſten — a
die ihrigen zu erfparen. 7
IV. RN
Da meine eigene Erfahrung mich 5 * y
daß die Salze, die man Sales reſuſcitantes nennet,
das Dueckfilber, aus dem Bleye, auf die befehriebene
Art, nicht herausbringen Fönnen , fo wollte ich verfü=
en, was das Duedfilber ſelbſt vermöchte, zumal da
die Chymiſten daſſelbe das Waſſer der Metalle heißen,
in dem ſie, wie ſie ſagen, ſterben, wieder geboren wer⸗
den, und ſchoͤner als zuvor werden. Ich habe in eis
nem reinen eifernen $öffel eine Ainze Bley geſchmol⸗
| zen:
|
|
.
vom Queckſilber. s25
zen: In einem ähnlichen Loͤffel, zu gleicher Zeit, drey
Unzen reines Queckſilber gewaͤrmt. Alsdann habe
ich das gewaͤrmte Queckſilber unter das geſchmolzene
Bley gegoſſen; beyde haben ſich ſogleich vermengt,
and eine feſte ſilberfarbene Maſſe gemacht. Ich has
be ſie gerieben, und nachdem ich ſie wieder erweicht
hatte, in einer kleinen Phiole gewaͤrmt, die Phiole
mit Korke verſtopft, und in den Digeſtionsofen, bey
einer beſtaͤndiggleichen Waͤrme von 84 Graden, vom
u Hornung 1734, bis zum 10 Jenner 1735, erhalten.
Es ward ein weiches Amalgama daraus, das ver
Moöferkeule wie Butter wich, fogleih, da man es
rührte, ſchwarz ward, und 4 Unzen wog. : Eben den
Tag fegte ich eg in einer reinen gläfernen Retorte in
erhißten Sand, und endlich in fo heftiges Supprefß
fionsfeuer, daß der Sand 4 Stunden lang völlig
glüche, worauf 2 Unzen, 64 Drachmen Duecfilber
in die Vorlage gegangen find. Das rothe Pulver,
welches vom Queckſilber auf dem Boden und im Hals
fe der Retorte beym Diftilliren entftand, und dag -
‚ wenige Queckſilber, das fich an der Retorte Hals ans
gehängt hatte, imgleichen einige reine Bleykoͤrnchen,
‚bie unter der Geſtalt eines Pulvers vorhanden wa⸗
ven, wog alles zufammen 52 Gran. Endlich befand
fich auf dem Boden eine dichte Mafie Bley, eine Un⸗
ze, weniger 5 Gran, ſchwer, welche das Gewichte er«
wähnter Bleykoͤrnchen ergänzte, uud woraus ich fa= -
he, daß das Bley alles zurückgebtieben ift, und 43 Gran
Queckſibers zerftreuet worden find. Diejenigen, die
eine Wiflenfchaft in diefen Dingen befißen, werden
die Urſache davon leicht entdecken, zumal wenn fie
überlegen, daßjfich ein Theil dieſes Queckſilbers beym
| | Diftilie
526 Boerbanvens Verſuche
Diſtilliren in der Fläche der weiten Borlage anhaͤngt,
und der andere Theil, unter der Geftalt von Woͤlk⸗
chen, auf der Fläche des Waffers ſchwimmt, das man
allezeit in die Vorlage gießen muß. le
Aus diefem Verfahren habe id) gelernet, daß durch
eine drey Jahre lang fortgefegte Digeftion Queckſil⸗
bers mit Bleye, und durch die heftigfte Diftillation,
Fein Queckſilber ann ausgezogen, noch das Queckſil⸗
ber auf diefe Art zu feuerbeftändigem Bleye gemacht
werden. Denn bey der Diftillation des Queckſilbers
ift deſſen eine Fleine Menge allezeit in rothes Pulver
verändert worden, daß dieſes Feuer, welches man da⸗
bey brauchet, aushält: das Gewichte vom Bley aber
ift alfezeit geblieben. RER
—* — 6
Eben das habe ich mit dem Amalgama aus 3 Un⸗
zen Quedfilber und einer Unze guten Zinnes vorge
nommen : Ich habe fie einerley Zeitlang eben dere
felben Wärme ausgefegt, nachgehends auf eben die
Art, bey. eben dem Feuer, aus einer gläfernen Re—
torte diftillire ; der Erfölg war diefer: Aus der Vor⸗
lage babe ich 2 Unzen mit 4 Drachmen Queckſilber
erhalten, am Boden der Retorte war ein Pulver, deſ⸗
fen einer Theil zart war, und aus was wenigen feuerbe«
ſtaͤndiggemachten Queckſilber beftand ; der andere Theil
war groͤber, ſchwarz, und aus kleinen Theilchen, wie die
zum Theil find, zuſammengeſetzt. Am unterſten Halſe der
Retorte hing noch was weniges Quedfilber, welches zu⸗
fammen 2 Drachmen und 5 Gran wog. Auf dem
Boden befand fich eine dichte zinnerne Maffe, die eine
Unze, nebft einer Drachmen und 9 Gran wog : Der
bi, Verluſt
\ vom Queckſilber. —— 527
Verluſt betrug alſo 46 Gran, und ich habe die Ur⸗
ſache davon ſchon erklaͤret.
Aus dieſem Verfahren erhellet, daß ſich aus dem
Zinne Fein Duecffilber ziehen läßt, aber 3 Dramen
und 14 Gran, D. 1. mehr als der fiebente Theil des
Duedfilbers, find mit dem Zinne vereiniger, und po
feuerbeftändig gemacht worden, daß fie davon in ei-
- nem vierftindigen euer, von dem der Sand glühte,
nicht konnten abgefondert werden. „Du follft aber
„wiſſen, daß zwiſchen dem Saturn und der Luna
„eine große Uebereinſtimmung iſt, in deren Mitte
„ſich Sol befindet „wie auch zwiſchen Jupiter und
„Merkur, in deren Mitte auch Sol iſt. » &. das
‚Nou. Ki, Chyın. tradt. IX,
VI.
Zehn Unzen S Queckſilber habe ich wohl gewaͤrmt,
und zu 2 Unzen des beſten Zinns gegoſſen, das in eis
nem eifernen reinen Loͤffel war gefepmalzen worden,
Ich rieb alles zu einem durchaus gleichförmigen Amafa
gama; nachdem folches fehr warm und troden war,
that ich es in eine gläferne reine und warme Flaſche,
die ich nachdem wohl verftopfte. Ich fchloß fie in
eine hölzerne Büchfe, und befeftigte folche an den
Stempel einer Walkmuͤhle, der in beitändiger Bewe—
gung war; fie iſt an ſolchem vom 30. Winterm. 1732
biszumg. Kenner 1735 Tag und Nacht faſt beftändig . _
erſchuͤttert worden. Alsdenn nahm ich die $lafche ab;
fie war noch ganz, auf ihrem Boden befand fich Rüf
figes Dueckfi!ber, und nachdem fie einige Tage ftilfe
geftanden hatte, zeigte fich oben ein hartliches Amas
gama. Alles wog zufammen 12 Unzen, Ich diftils
Band. gl irte
528 Boerhaabens Verſuche
lirte 11 Unzen und 7 Drachmen dieſes Amalgama in
einer glaͤſernen beſchlagenen Retorte mit offenem Feu⸗
er, das ich gegen das Ende immer verflärkte, bis die
Retorte 2 Stunden lang glühte. Es gieng nicht
mehr Queckſilber über, als ich hinein gethan hatte;
es war fehr flüßig, und auf dem Boden blieb Die zin-
nerne Mafle am Glaſe haͤngen, mit etwas wenig gel⸗
ber Materie, die wie ſchalicht war. Dieſe Materie
ließ ſich, wie das Zinn, leicht am Feuer fchmelzen, und
Die Flaͤche, welche der Luft ausgefegt war, befam als»
denn verfchiedene Farben. Die zinnerne Maffe, wog
eine Unze mit 62 Drachmen, und es war noch ein
wenig vorerwaͤhnter gelben Materie vorhanden, Es
ift alfo gewiß, daß vermittelft einer fo lange fortgefeß«
ten Bewegung das Zinn vom Queckſilber nicht kann
dergeftalt aufgelöft werden, daß man durch die Di«
ftillation im beftigiten Feuer —— daraus zie⸗
hen koͤnnte.
Anmerkung.
Ich habe was ſchoͤnes in dieſen drey leblen —
hen wahrgenommen, daß naͤmlich das Queckſilber,
welches durch Diſtilliren vom Bley oder Zinn iſt wie⸗
der abgeſondert worden, ungemein fluͤßig war, und
wenn man es in einem dan weißlichten reinen alas
fürten Becher ſchuͤttelte, Die Flaͤche des Bechers in
furzer Zeit verunreinigte, und einen ſchwarzen fehr
feſt anhängenden Flecken daſelbſt zurück ließ. So—⸗
bald id) diefen Flecken mit einem reinen und trodenen
Papiere wohl abgewifcht hatte, entftand ein anderer,
und dieß zu wiederholtenmalen. Dieß brachte mich
auf die Gedanken, es fen folches des Metalls fetti⸗
Ba — zuzuſchreiben, der mit dem —
über:
vonm Queckſilber. 529
übergegangen wäre, und fich auf feine Oberfläche an«
‚gehängt, alsdenn aber Davon abgeſondert hätte.
Mich hiervon zu verfichern,, habe ich diefes Dueckfils
ber auf ein weißes reines und frocfenes Papier aus—
gebreitet, wo es eine gelinde ſchwarze Spur, überall,
wo es durchgegangen ift, zurück gelaffen hat: Die
Fläche diefes Dueckfilbers ift allegeit mit einer zarten
Haut bedeckt geweſen, die fertig ausſahe. Ob alſo
gleich durch oſt wiederholte Diſtillation des Queckſil⸗
bers mit ihm Theilchen von andern Metallen koͤnnen
vereiniget werden, ſo folgt doch daraus nicht, daß
ſich ſolche Theilchen in Queckſilber verwandelt haben.
Ich habe eben dieſen Verſuch mit Bley angeſtellt,
und ſolches eben ſo lange auf eben die Art bewegen
laſſen; da ich es aber von dem Stempel abnehmen
wollte, iſt zum Ungluͤck die Flaſche zerbrochen, und
die Materie verloren gegangen, daß ich alſo den
Verſuch nicht habe zu Ende bringen koͤnnen. |
Diefe Berfuche fönnen mehr Lichte von der Natur
des Duedfilbers ertheilen. Ich habe mit Queckſil⸗
-ber und Metallen viel andere angeftellee, die von
diefen ganz unterfchieden find, und mich noch viet
mehr Arbeit gekoſtet Haben: welche ich, wenn
fi) Zeit finden wird, mittheilen
werde,
am & m
9 2 X. Nach⸗
530 Bon dem Verfeinerungen
u... ae
/ ö x: | |
Na ch ri ch A N
von den
Berfkeinerungen um Drefben
und Pirna, ER
An Prof, Kaͤſtnern ertheilet. |
ch habe das Vergnügen, Ihnen von He |
Berfteinerungen einige Nachricht mitzuthei ·
len, die man in der Gegend von Dreßden
und ‚Pirna findet, zumalen da die bey Dreß ⸗
den fo bekannt nicht find, und obgleich der fogenann-
te ‚pienifhe Sandftein, Heiner vorzüglichen Eigen.
fchaften wegen, weit und Breit auch in fremde $än«
der verfahren wird, und Die Darinnen enthaltene
Denfmaale der großen Ueberſchwemmung aud) nicht
unbefannt haben bleiben Fönnen: fo werden ſich doch
einige Anmerkungen davon beyfuͤgen laſſen. e;
Eine halbe Stunde von Dreßden fängt fich bey
dem Dorfe Plauen der fo genannte plauifche Grund
an, durch welchen die Weißeriß herab in die Elbe
fließt. Diefes enge Thal ‚welches das Auge, befon«
ders des Naturforſchers, vergnügen kann, lauft ſuͤd⸗
waͤrts eine halbe Meile lang, bis an das Bart Dot
A ap»
um Dreßden und Birma. 531
ſchappel, fort, und ift größtentheils, zumal an der
Morgenſeite, von Felfen eingeehloffen, Digaypm Theil
faft fenfrecht, ungefähr 100 Ellen hoch abgebrochen
ftehen. Dieſe Selfen beftehen aus Porphyr, und laf
fen kein Merkmaal don Berfteinerungen in fich ent«
decken. Sie haben aber durchgehends_eine Dede
von verfchiedenen Gefteinen und Erden, fo an Berfteis
nerungen reich find. Groͤßtentheils find fie mit einer
Lage von weißen Kalkfteinen bedeckt ‚welche mit roͤthli⸗
» chem Setten und weißer lockerer Polirerde vermengt find.
An einigen Orten finder man zwifchen den Felſen und
den Kalkfteinen eine Schicht von unreifem Porphyr,
und anderswo von einem graugrünlichten glimmerich.
ten feften Geſteine. Theils ruhen auf diefen Porphyr⸗
felfen andere von Sandftein, welche wiederum mie
großen Ballen von unreifem Porphyr und Sagen von
Kalkiteinen bedeckt, und mit weißer. Erde durchädere
find. In allen diefen Arten, findet man Verſteine⸗
rungen, Kammmufcheln, Schraubmufchen, Am
monshörner und gemeine Schneden , GSeeäpfel von
allerfey Art, und ihre abgefonderte Stacheln, ſowohl
Folbigte oder fogenannte Sahgalieine, als fpigige,fo
einige fonften für verfteinerte Gewuͤrznelken gehalten
haben. Luchsfteine und Wuͤrmchen. Aus dem Reis
che der Pflanzen habe ic) nichts als Bilze entdecken
koͤnnen, welche völlig von den Arten und Geftalten
find, wie man fie in Langii Hiltoria lapidum figur.
Heluetiae, p. 51.52; imgleichen in Magni a Bromell -
‚Mineralogia et Lithographia Suecana-p. 72,73. abs
‚gebildet ſiehet. - Es hat aber faft jede Art von diefen
Berfteinerungen ihren befondern Platz, und ihre Be⸗
z ; 113 i ſchaf⸗
333 Von den Verſteinerungen
Be ift nach Der Art des Geſteins, worinnen
e gefunden werden, durchgehends unterſchieden. Die
weißen Kalkſteine zeigen faſt bloß hohle Abdruͤcke, in
‚welchen man, beym Entzweyſchlagen der Steine, vie
Stadjeln von den Seeigeln oder Seeäpfeln gleichfam
vermodert, und die Mufcheln verdorret und vertefet
wahrnimmt. In dem Griefe von unreifem Porphyr,
wie auch im rothen verhaͤrteten Letten, in dem alten
Steinbruche bey Koſchitz, welches Dorf an der Mor⸗
genſeite des Thales auf der Hoͤhe liegt, befinden ſich
ſonderlich die Schraubmuſcheln und Schnecken, wie
auch Stacheln von Seeigeln, vollkommen. Es iſt
aber wegen Zerbrechlichkeit deſſelben ſchwer, ein ganzes
Exemplar daraus abzuſondern. In dem Sandftene
babe ich nichts, als zweyſchalige Mufcheln ‚"alle von
einerley Are, beyfamımen entdecken eönneh Man
findet bey dem Dorfe Kofhis große Felfenftücke von
weißem Sandfteine, welche aus lauter kleinen Kamm _
muſcheln beſtehen. In einer groͤßern Hoͤhe gegen
Morgen zu iſt ein Felſen von gelbem groben Sand»
| ſteine mit Eiſenadern, in welchem die Muſchelſchalen,
wie in den Kalkſteinen verweſet find. Am vollkom⸗
menſten aber und faſt mit unverwandelten Schalen
finden ſich die Muſcheln und Schnecken in dem grau.
gruͤnlichten glimmerichten Geſteine, und wo der unreife
Porphyr mit den Kalkſteinen graͤnzet. Die Seeaͤpfel
werden nicht ſo haͤufig daſelbſt gefunden, obgleich die
Abdruͤcke von ihren Stadeln überall in großer Menge
find. Dagegen zeigen fich viele Steine, fo ihnen an
Öeftalt gleichen, nur daß man die Merfmaale, wo die
Stacheln geftanden haben, davon nicht ih
ann,
um Dreßden und Pirna. 533
kann, weil vielleicht, tie vorhin gedacht worden,
ihre Schalen verweſet. Man finder auch einige fo
klein, wie eine Erbſe, auf welchen man die Strei—
fen nicht anders, als durch ein Vergrößerungsglag,
wahrnehmen Fann. Die $uchsfteine find am feltenften.
Die Steinbilzen trifft man in der lodern weißen Er:
de und rörhlichtem Letten an, fo mit den Kalkfteinen
vermifche find. Sie find alle abgebrochen, und lies
gen unordentlich, theils auf der Seite, theils umges
Fehrt: moraus zu erkennen ift, daß fie Durch Die
Fluth dahin geführet worden find.
Außerdem werden in der Weißeriß, in der Elbe,
auf der Höhe unter der Dammerde, und im Thal
an der Elbe auf den Aeckern, Seeigel, oder fogenannte
Krötenfteine, einzeln gefunden. Ich beſitze aud) ein
Horn von einem Rehbocke, woran noch ein Stuͤck
von der Hirnfchale ift, das vor etlichen Yahren beym
Graben des Grundes zu einem Gebäude bey Dreß-
den drey Ellen tief ausgegraben worden. - |
Bey dem Dorfe Priesnig, eine Stunde unter
Dreßden, an ver Elbe, ift ein Felſen von grauem
Schiefer ‚ in welchem ſich Mufcheln, an welchen ins—
gemein ein Ueberbleibfel einer zarten Schale zu fehen
iſt, ſehr leicht finden laſſen. In diefem Schiefer. lie«
gen hin und wieder auch gelbe Nieren, die, in Anfes
hung der Art des Gefteins, fich von demfelbigen gar _
merklich unterfeheiden. Sie find insgemein 18 Zoll
lang und ı Zoll did, Manche ſehen den Wolfsſchwaͤm⸗
men ähnlich, mie fie in Laugii Hiſt. lapid. fig. Helu.
p. 52, abgebildet, und dergleichen auch im plauifchen
ERSEEAN Grunde
534 Don den Berfieinerungen
Grunde gefunden werden. Andere ftellen eine harte
Schalenfrucht (ungefähr wie Mandeln) vor, wenn
man fie entzwey (läge, und haben inwendig gleich"
fam eine Erde, Noch andere haben inwendig einen
feften Kern, fo fid) von der Schale ſowohl durd)
feine Härte, als dunfele Farbe, unterfcheider. Das
her ich zur Zeit nicht weiß, was ich ihnen einen
Namen geben ſoll. —
Unter dem Dorfe Cotta *, ſo von dar ettwas naͤ⸗
her gegen Dreßden zu liegt, iſ eine Thongrube, ſo
voll einſchaligter Muͤſchelchen iſt. Ich habe derſel⸗
bigen 4 Arten darinnen gefunden, als gemeine Gar:
tenſchnecken, fo noch nicht einen Zoll im Durchmeß -
fer haben; Ammonshoͤrnchen, davon die groͤßeſten
die Groͤße eines Dreyers haben , und welche vollkom⸗
“men von der Art find, mie fie fih zu Sehrhaufen
zwiſchen Dreßden und Lipgig manche Jahre haͤufig
erzeugen, ferner 2 Arten von Schraubmüfchelchen, |
davon Die eine $, die andere aber nur 3 Zoll lang
it. Sie find nur caleiniret, und ſtecken ſowohl im
Thon, als in der Dammerde, welche ungefähr eine
Elle dick liege. Don allen Diefen Arten findet man
ſowohl alte, als junge, deren manche Faum eine ober
arvo Windungen Haben. Pi
In eben diefer Thongrube findet man f —— |
Beinbruch, Beinwell oder Walftein (Ofteocollam).
Er iſt von eben der weißgraulichten Farbe und Mas
terie,
* Es ie diefes ein. anderes Cotta, als dasjenige, dag
a0 —— liegt, wo der Sandfteinbruch ift.
& Be) Dreßden und Birma. 535
— wie der Thon, worinnen er ſtecket. Er klebet
an der Zunge, aber" ohne Geſchmack. Er iſt auch
2 von der Art, die einen Geruch von ſich giebt,
deſſen De Boot in Hiſt. gemmarum et lapidum, und
Lange in Hift. lapid. figur. Heluetiae gedenfet. Es
find lauter Stüde, wie er ordentlich gefunden zu
werden pflegt, und liegen allemal derfelben viele an
einem Orte beyfammen , und. zwar ordentlich da,
wo der Thon mit der Dammerde gränzet. Die
größten, die ich gefunden, find nicht viel über einen
Zoll dick. Die Hohlungen find meiftens leer; man«
che mic eben foldyer Materie ausgefüllt, moraus die
Roͤhren beftehen, nur daß fie porös iſt; wenige has
ben eine weißlichte Materie in fih, welche zarten.
Baumwolle ähnlich ift, aber nicht feſt zuſammen⸗
Dängt, wie Spinnewebe.
Man finder in diefer Grube auch wirkliche Kno—
chen, und ich babe ein Gerippe enfdeckt > roelches
vermuthlich von einem Schafe ift.
In dem pirnifchen Sandſteine, ſo von Pirna aus,
an der Elbe binauf, imgleichen an der Gottläube, fo
bey Pirna in die Elbe fällt, bey Nattmannsdorf, Cote
ta und Berggießhübel, findet man verfteinerte Mus _
ſcheln in Menge. Es find aber meiftens zweyſchalichte
faſt von allerley Are, von der großen Pinna marina
von 8 bis 9 Zollen.an, bis auf die Vögelchen. Es
fälle mir eben fein deutfcher Name bey. Die grofs
fen Pinnae marinae ‚find zwar nicht die häufigften,
doch aber auch nicht fo gar felten. Die einfchalich»
ten laſſen fich nur felten finden. In der Föniglichen
Naturalienfammer wird ein Seeftern aufbebalten, ber
; 15 2 20 ME
36 Bon den Verſteinerungen
vor einigen Jahren ih dieſem Sandſteine gefunden
worden, außer welchem mir nicht mehr als nur ein
einziger bewußt iſt, der darinnen gefunden worden,
welcher ein wirkliches Meduſenhaupt vorſtellt, daran
aber die zarten Aeſte fehlen.
Es ſchließet auch dieſer Sandſtein viele cylindriſche
Adern in ſich, welche, wenn ich ihnen einen Namen
geben ſollte, verſteinerte Baumzweige zu nennen nicht
ungeneigt waͤre; wiewohl ich auch hierbey noch zwei⸗
ſelhaft bin, teil man feine von fonderlicher Dicke
findet, Vielleicht finden fich Fühnere Forſcher ‚ bie
fie für Aefte von dem Medufenhaupte halten. Sie
koͤnnen e8. auch vielleicht fen, obgleich wegen ver
Beſchaffenheit des Geſteins folches zu bemeifen, ſchwer
fallen dürfte, indem fie gleich ihrer Mutter bloß
Sandftein find, welcher die Fugen der vielen Glie-
„der woraus die Aeſte des Medufenhauptes beftehen,
nicht wahrnehmen läßt. Ihre Größe Fann vielleicht
aud) die Sache ——— machen, Ich habe etli⸗
che einen Zoll dick gefunden. Es iſt mir aber nicht
bekannt, ob es Meduſenhaͤupter von bergleichen ſtar⸗
ken Yeften giebt,
Noch etwas befonders habe ich in diefem Steine
ängemerft. Man findet in demfelben bisweilen flache.
Hoblungen, welche mic ſchwarzer Erde ausgefuͤllet
find, fo teils drüfiche und koͤrnicht, theils dem Ofen⸗
ruße ähnlich ift. Die Einwohner nennen es fälfchlich
Steinmark, und brauchen es, wenn ſie ſich mit Heben
und dergleichen Schaden getan haben, da fie eswohl
zerrieben in Getränke einnehmen. Sollten eg nicht
vielleicht Leberbleibfel von Fiſchen feyn, da es wohl
——
lm Dreßden und Biene. 537
eheſcheinlich HE, daß in Geſellſchaft der Muſſcheln
auch Fiſche geweſen, und man außerdem feine Spu⸗
ten von ihnen in dieſem Steine antrifft? Wenig»
ftens find mir. dergleichen noch nicht: zu Geſichte ges.
fommen. Sie find insgemein laͤnglichtrund, bis⸗
mweilen gebogen, und die längften, auch nach Pro:
portion die breiteften und hoͤheſten. Doch habe ich
Feine vollfommene Fifchgeftalten darunter entdecken
koͤnnen. Bisweilen ‚weichen dieſe Hohlungen von
der beſchriebenen Figur ab. Ich bin aber dadurch
auf dieſe Meynung gerathen, weil man in den hoh—
len Abdrucken der Seeſpindel, oder Stacheln von
den Seeaͤpfeln, wie ſchon oben geſagt worden, eine
re Materie ‚, bey Zerfchlagung der &
Steine antrifft, .
4, €, Helk.
| Rx Var NN x RN U
LER SEN |
— — KEN DD 7
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XD.
| leicht wegen Erhaltung [ones verfallender männlis
38 D. Pietſchens Gedanken
k ü
n
| =, |
D. Johann Gottfried Pietſchens
Gedanken
von
—— Zwittern.
ielleicht wuͤrde ich wohl niemals von ben
Zwittern, oder Hermaphroditen öffentlich
gedacht haben ; wenn mich: nicht die Nie-
derfunft des Gouverneurs von Baffano und
Sutri mit einem Kinde, welche gegenwärtig von
einem großen Theile Menfchen mit gar verfchiedenen
Betrachtungen bewundert wird, aufs. neue darzu vers
anlaſſet hätte. Es Flinge freplich fehr entlegen, -
"wenn man vernimme, daß ein Menſch, männlichen
Ich
Geſchlechts, ein Kind zur Welt gebohren hab
gebe mir deshalb die Ehre, meine Leſer in die
tbieren zu vergnügen,
r Ab»
bandlung mit einer Erflärung von sm Wunder: N;
Was aber die Gefchichte unfers una be⸗
trifft; ſo will, ohne allen Anſtand, meine Meynung
aufrichtig davon an den Tag legen. Entweder diefe
ausgefprengte Nachricht ift gaͤnzlich erdichtet , vder
unfer Here Gouverneur!ift von Natur eine vedliche -
Frau, weldje die Borfichtigkeit ihrer Aeltern, viele
er
von denen Zittern. 539
cher Lehnguͤther von Kindesbeinen an, — eine
Mannsperſon ausgeſchrien hat.
Andere Gedanken vondieſer Sache zu begen, find
in der Seele eines Vernuͤnftigen etwas Unmögliches.
Was aber außerdem die nicdern Geifter noch hier⸗
von urtheilen möchten, das verlange ic) nicht, u
entfcheiden. Bielleicht halten es einige für ein Aben⸗
eheuer, oder gar für ein Maturwunder, und machen
ſchon Weißagungen von der fünftigen Hoheit dieſes
Gouverneurfindes Mir wird es gleichgültig ſeyn,
ſie moͤgen es vergoͤttern oder verſteinern.
Bis anhero hat man drey beſondere Claſſen in
den oͤffentlichen Lehrbuͤchern fuͤr die Zwitter gemacht.
In die erſtere hat man diejenigen geſetzt, an wel⸗
chen weder das Zeichen der männlichen noch der
weiblichen Geburtsglieder hat deutlich Eönnen wahr:
genommen werden, In die andere find die gebracht
worden ‚welche die Zeugungsmwerfzeuge des einen Ges
fehlechts ganz natuͤrlich befigen,und zur Fortpflanzung
in demfelben vermögend find: hingegen des andern
Geſchlechts Geburtsglieder nur verftümmele haben,
und daher auch auf der andern Seite nur bloß zu einer
unfruchtbaren Siebe geſchickt befunden werden. In die
dritte aber find- folche gekommen, welche ſowohl Mäns
ner, als Weiber, abgeben * oder welche tuͤch⸗
tig find, Srauenzimmer zu ſchwaͤngern, und auch wie»
derum von Mannsperfonen gefchwängert zu werden.
Vid. Dod. Schurigius in feiner Spermatologia Cap. II.
Bauhinus Libr. prim. Cap. IV. de Hermaphroditis.
Rodericus a Caſtro Libr. tertio de Natura Mulierum
Cap. XU. Mollerur in Tradtatu de Fieniephrapfen
Daraus
s D. Pietſchens Gedanken
Par.eus in Operibus Libr, XXIV. ‚Cap. quarto, und
viele andere ic.
Die Zwitter, welche in der dritten Claffe ſichen
find der Vernunft jederzeit am alleranftößigften ger
wefen; und daher ift es eben gefommen, daß ver-
ſchiedene Schrifefteller diefer Materie ; felbige mit \
Stillſchweigen übergangen haben. Doch kann man
hiervon beſehen: Zachie Libr. ſeptim. T. J. quæſt. 7.
Schenkii Lib. quart. in Obferv. und Columbum in
Anatom. Libr. decimo quinto,
Die eitele Lehre von den Zwittern, iſt fee‘, gar
undenflichen Zeiten bis auf unfere Tage fortgepflan-
get worden. Und man Fann Faum zreifeln, daß fie
jünger, als die Erdichtung von den Wechfelbälgen
feyn ſollte. Schon vor Conftantini Magni ‚Zeiten,
welcher doch bereits von 306 bis 336 nad) Chriſti
Geburt regieret hatte, ift die Meonurie von denen:
felben bekannt geweſen. Vid. Zaunfchleiffer Oper.
jur. Trad. de jure Monftror. Jacobus Maler
Tr. de Hermaphroditis Cap. V et VI.
Diefer große Kaifer muß wahrhaftig Fein —
von den Zwittern geweſen ſeyn. Denn die graufa-
men Geſetze, die vor feiner Zeit wider bie Zwitter ge
geben waren, hat er wiederum gefchärfer: wie Eber-
hardt Speckban quæſſion. juridic. Centur. prim.
num. LXXVII erweiſet. Dieſe Geſetze waren ſehr uns
barmherzig, und ich moͤchte zu der Zeit um der ganzen
Welt Guͤter, kein Zwitter geworden ſeyn. Denn wie
bald ein ſolcher gebohren wurde, ſo bald ward er auch
entweder durch die Schaͤrfe des Eiſens oder durchs
Waſſer — Elende Zeiten! wenn das Licht
der
von denen Zwittern. 41
ef; in der Finfterniß und Unwiſſenheit ver»
borgen ſteckt. Wie mauches unſchuldige Kindlein
beyderley Geſchlechts, das etwan nur einen geringen
Raturfehler an dem Geburtsgliede, mit auf die
Welt gebracht, mag da nicht unter dem Namen ei-
nes Zwitters haben umkommen müffen?
Die Wechſelbaͤlge, da die drangſalsvollen Zeiten
durch die Neligionsverneuerung aufgeflärter wurden,
und viele Mönche ſamt ihrer andächtigen Drdens:
ſchweſtern fpringen mußten, nahmen auf einmal ih»
ven Abfchied zugleich mit. Die Zwitter hingegen
haben bisher ihre völlige Süleigkeie behalten; und
obgleich der allerberühmtefte und erfahrenfte Natur:
forfcher unferer Tage Feinen zu fehen bekoͤmmt, fo
bat doch das Anfehen und die Erzählungen aus dem
Alterthume von denenfelben, fo viel Gewicht, daß
diefe Thorheit noch immerdar unterhalten wird.
Es wäre auch noch erträglich, wenn es ben Erzaͤh⸗
lungen von Hermaphroditen insgemein oder uͤberhaupt
bliebe: allein das klinget in gefunden Ohren allzu abend»
theuerlic), wenn befondere Begebenheiten und Ge—
ſchichte von — aufgebracht werden. Zum
Beyſpiel: Wie wundervoll muß es einem Bernünfz
tigen nicht vorfommen , wenn D. BlancardusColled.
medic. phylie. Cent. tert, obferuat. LXXX. pag. 461.
ohne allen Spott vortraͤgt, daß zu Loͤwarden eine
Frau geweſen, ſo in ihrem Eheſtande verſchiedene
Kinder gebohren, fich zur Magd gelegt, und diefelbe
gefchwängert habe. . Desaleichen die Gefchichte des
vorgedachten Iacobi Malleri Tract. de Hermaphrodit,
cap. II. pag. 151, wo die Zuchtmeiſterinn zu Leiden
die
NN
542 D. Pietſchens Gedanken
die größten ihrer untergebenen Waiſenmãgdchens
ſchwanger gemacht.
Ich habe die Hoffnung, und vielleicht: ift es ge⸗
wiß, daß diefe Schrift das Glück hat, alle diejeniz
gen, welche bisher den Zwittern beygefallen, von
diefem blinden Aberglauben abzuhelfen. Mich deucht
aber, diefes wird nicht deutlicher gefchehen Fünnen ;
als wenn ich hierbey eine nöthige und zuverläßige
Betrachtung über die menfchlichen Geburtsglieder
veranftalte. Ich will aus Hoͤflichkeit dem Frauen⸗
zimmer hierinnen den Rang goͤnnen, und zuerſt dero
Schaam (vulva), ſamt ihrer Lage, wie ſie natuͤr·
lich iſt, in Erwaͤgung ziehen. An ſich ſelbſt iſt die-
fes Ding mehr denn zu bekannt, und die darinn be»
findlichen Eleinen Schnirfelenen, als die weibliche Ru⸗
the (clitoris), die Nymphen (nyımphae), oder
Waſſerlefzen, die Jungferſchaft (hymen), oder mo
fie zerriffen, die daraus entftandenen myrtenfoͤrmigen
Carunfeln (carunculae myrtiformes), die Haare,
famt den Schaamlippen, und der unenebehrlicheRis
darinnen, Dienen uns anißo in unfern Kram ganz
nicht; ſie moͤgen daher auch ferner imberuͤhret bleis
ben: allein ihre Verbindung mit andern Teilen, it -
ung zu mwiffen nöthig. Vorwaͤrts gränzt fie an den
£iebesberg (wons Veneris), ruͤckwaͤrts an den Hin—
tern, wozmifchen aber noch das Bändchen und das
Darmfell ift, und oberwärts ift fie mit dem Mund»
loche der Mutterfcheide ( orificio vaginae vterinae)
verfnüpfet; unterwärts endlich genießt fie die Nach-
barfchaft der frenen Luft.
Aufwärts über dem Mundloche der Motterſchei.
de entſteht die Mutterſcheide ſelbſt. Dieſes iſt
—4 | | eine
von dent Swittern. 543
eine haͤutigelaſtiſche Höhlung, inwendig voller Run.
zeln und Falten, ohngefaͤhr vier oder fünf Zofl lang,
und nachdem fie viel oder wenig gebraucht worden,
weiter oder enger, Vorwaͤrts bar fie die Harnblafe,
und hinterwaͤrts den Maftdarın zu getreuen Mach:
barn. Ueber fich wohnt fie bey der Mündung der
Mutter Corifieio vteri,) und darauf folger die Ges
baͤrmutter (vterus) felbfi ° 43
Die Knochen, welche diefe Theile umgeben, und
wodurch die Deffnung zur Gebärmutter gehet, mer-
den überhaupt ‘genommen, das Becken (peluis)
genennet. Dieſes befteher aus dem Kreuz: oder
Heiligenbein (ofle facro) und aus den Hüftbei-
nen (oflıbus innominatis fine coxendicis). Die
Huͤftbeine find wiederum in vtroque latere zufam«
mengefeßt aus dem Darmbeine (ofle ilii,) aus dem
Weichenbeine (ofle ifchii,) und aus dem Schaambeis
ne (ofle pubis.) Diefe ganz fefte Theile baben, mei-
nes Erachtens, auch nicht gänzlich ſtillſchweigend koͤn⸗
nen übergangen werden. !
‚Der Vterus oder die Gebärmurter, worinne bie
menfchliche Frucht natürlichermeife bis zur Aus—
ſchließung wohnet, ift ein elaftifhhäutiger Sack, wel:
cher, wenn er leer, die Geftalt einer etwas breitges
druckten Birne zeigt, An der vördern Seite hänget
fie mit der Urinblafe, an der intern mit dem Mafts
darme zufammen. Oberwaͤrts ift fiefrey. Aufde
nen Seiten aber ift fie durch vunde und breite Baͤn⸗
der (ligamenta rotunda et lara) angeheftet. Diebreis
ten find Fortſaͤtze des Darmfells, und führen eigentlich
den Namen der Fledermausflügel (alae vefpertilio-
num.) Sie beften auf beyven Seiten ſowohl ‚die
4 Band, Mm Mutter,
— D. Pietſchens Gedanken |
Mutter, als auch die Mutterfcheide, an die Seiten
des Beckens. Die runden Bänder gehen von dem
obern Theile des Vteri durd) die Ninge der Bauch—
mäuslein (mulculi abdominis), und endigen fi) in
dem Fette, fo in ven NBeichen liegt.
An dem Grunde des Vteri find auf beyden Sei.
ten die Eyerftöcfe ( ouaria ), desgleichen auch die Mut⸗
terfrompeten (tubae Fallopii oder fallopianae), Ich
will um der Kürze willen, weder fie felbft, noch ihre _
Verbindung mit andern Theilen, erzählen; denn ich
verlange gegenwärtig Fein genauer Zergliederer zu ſeyn,
- fondern nur fo viel beyzubringen, als zur Verderbung
des Zwittergeſchlechts erfordert wird, und darum
wird auch nichts von den Saamen-⸗ Puls» und
Blutadern, noch Nerven ac. dieſer Theile erwaͤget.
Bey den Mannsperſonen iſt zu betrachten die
maͤnnliche Ruthe (penis ſeu priapus). Ueberhaupt
iſt dieſes Glied gleichfalls ſehr bekannt. Es beſteht
aus dem Oberhaͤutlein und der Haut, als gemeinen
Decken des ganzen Leibes. Vorwaͤrts find dieſe Haute
fo beſchaffen, daß fie fich vor- und ruͤckwaͤrts ſchieben
laſſen; fie werden allda die Vorhaut (praeputinm )
genennet, und Dienen eigentlich zur Bedeckung Der
Eichel (elans penis). Von dieſer Haut fchneiden die
Juden ihren Knäblein amachten Tage etwas ab. Der
Eöpfichte Theil diefes Gliedes wird die Eichel genennet,
Unten an der Eichel ift die Vorhaut in einen fpigen
Winkel vorgewachfen, und diefes wird das Band
(frenulum) benennet. Am unterften Theile diefes
Gliedes geht von dem Blafenhalfe ein ziemlich weiter
Canal durch, welcher den Urin abführet , und wird
die Harnrögre (vrethra) benennet. Den Ba
: | Theil
von den Zwittern. 545
Theil der männlichen Ruthe machen die zwey ſchwam⸗
michten Körper (corpora cauernoſa) aus. Sie
reichen von der Eichel bis an die Schaambeine, und
folglich bis in die Gegend des Hintern. An dieſelben
werden ſie durch ein Band, ſo des Veſalii Band heißt,
vermittelſt eines Knorpels angebunden. Zwiſchen
dieſen zwey ſchwammichten Koͤrpern iſt eine durchloͤ⸗
cherte und ſiebaͤhnliche Scheidewand. Blutgefaͤße
ſind in großer Menge an dieſem Gliede, und ihr Bau
iſt ungemein bewundernswuͤrdig. Die verſchiedenen
Muskeln deſſelben wuͤrden allhier unnoͤthig angefuͤh⸗
ret werden. Desgleichen koͤnnen wir auch der Auf⸗
ſuchung der Druͤſen des Tyſonis, des Cowperi und
des Littrii anitzo gar fuͤglich uͤberhoben ſeyn.
Unter dieſem Gliede haͤngt ein Beutel, welcher
der Hodenſack (ſcrotum feu burfula) betitelt wird,
Dieſer beſteht aus dem Oberhaͤutlein, der Haut und
einer noch beſondern fleiſchichten Haut (dartus). In
der Mitte diefes Beutele ift eine Nath zu fehen, welche
durch und durch geht, und denfelben inzwey Höhlen
abtheilet. Jegliche dieſer Höhlen enthält ein Saamen-
Fäulchen (tefticulus). Ein jegliches Saamenfäulchen
bar eine Heberlage (epididymidem fine paraftataın ),
die in Geſtalt einer Raupe auf dem oberften Theile
derfelben liegt. Diefe Ueberlagen haben eine Verbin:
Dung, vermittelft einer feften weißen Membrane, mit
den Hodenkaͤulchen und mit den abführenden Ges
fäßen (Vaſa deferentia). Die abführenden Gefäße
nehmen ihren Ausgang, theils indie Saamenbläslein,
theils in die Harnröhre jelbft, und werfen an bay
‚den Drten den männlichen Saamen zu geböriger
Zeit aus,
Mm a2 Die. Mr
6° D. Pietſchens Gedanken
Die Saamenbläshen (Veficulae feminales,)
deren zwo find, liegen andem intern Theile des Bla«
fenhalfes, und beftehen aus membranöfen hohlen Bes
hättniffen. Sie dienen, den männlichen Saamen
im Vorrath aufzubehalten. Kurz vor dem Blaſen⸗
halſe liegt unter dem Namen glandulae proftatae ein
faft herzförmiger Theil, der ungefähr in mannbaren
Jahren die Größe einer welchen Nuß bat, und bey
Auslaflung des Saamens einen weißen Flebrichten
Saft vorausſchicket; und diefe Drüfen follen die Be:
ſchreibung ber menfchlichen Veburtstheile zu gegen⸗
waͤrtigem Endʒwecke beſchließen.
Nun wirds darauf anfommen, ob es angehe, daß
ein Mann und ein Weib, zugleich in einem menſchlichen
Koͤrper ſeyn koͤnnen oder ob es unmoͤglich iſt? Man
muß mir vernuͤnftiger Weiſe doch zugeben, daß ein
Zwitter, der ſich in beyderley Geſchlechte, in Anſe⸗
hung der Fortpflanzung, thaͤtig erweiſen ſoll, muͤſſe
mit maͤnnlichen und weiblichen Zeugungsmwetfjeugen
nach allen wefentlichen Stücen begabet feyn.‘ Und:
wenn es angehet, daß dieſe in einer menfchlichen Ges
ftalt zufammen beftehen koͤnnen, fo werden ſich alle
diejenigen, fo fich öffentlich wider Die Zwitter aufleh⸗
> nen, vor der ganzen Welt ſelbſt zu ſchanden machen,
Mir wird der größte Theil von diefer Schande ges
buͤhren, und ich will mich alsdenn auch geduldig da ·
mit belegen laſſen: aber ich glaube ‚feinesweges ‚ in
diefer Sache zu verfpielen.
Man ftelle fid) demnach die männlichen Geburts.
glieder wieder vor, Man erwäne die befchriebene
Geſtalt und tage des priapus oder der männlichen.
Ruthe. Man erinnere fich deren Berbindung, deren
Beſchaf⸗
von den Zwittern. 547
Beſchaffenheit und wie fie in einem Zufammenhange
von dem Hintern an, unter dem Bauche durch, bis
vor denfelben in einer gar merflichen Hervorragung
gehet. Man erfenne hierbey, daß diefes natürlich,
und alfo mefentlich noͤthig fo feyn muͤſſe. Man fage
mir darauf, wie es gefchehen könnte, daß nun auch
eine Schaam in diefer Gegend feyn möchte ? Es ift
unftreitig, daß ſich ſowohl die Schaam bey Weibern,
als die Ruthe bey Maͤnnern, in einerley Gegend ih⸗
ter Körper natürlicher Weiſe beſindet; und mie koͤnnte
es denn möglich ſeyn, daß ſich dieſe zweyerley Ges
ſchlechtsglieder in einem einzigen Leibe in einer gleichen
Gegend befinden follten ? Iſt es nicht offenbar wider⸗
fprechend ? a
Wollte man aber Ausflüchte fuchen, . und. mie
balsftarrig entgegenfeßen, daß dem ohngeachtetin der
männlichen Ruthe ein langfoͤrmiger Durchſchnitt,
welcher den Ritz der Schaam abgaͤbe, ſeyn koͤnnte,
u.mir ſolchergeſtalt meine erwieſenellnmoͤglichkeit hier
von ſchwierig machen: ſo finde ich wiederum Schutz⸗
gruͤnde fuͤr mich im Ueberfluß. Geſetzt aber, man
bildete ſich ein, daß eine ſolche Einrichtung geſchehen
koͤnnte; ſo muͤßte doch nothwendig die Oeffnung der
weiblichen Geburtsglieder in der ordentlichen Gegend
feyn, weil ſich ſonſt kein Beyſchlaf mit einem Herma .
phroditen wuͤrde vollbringen laſſen. Dieſer Vorſtel⸗
lung aber haͤnget der Hodenfack offenbar enfgegen, und
verhindert, daß fich in der betrachteten Gegend Feine —
weibliche Schaam anbringen laͤßt.
Ferner wird dieſe Einbildung vereitelt, wenn man
überlegt, daß ein langförmiger Durchſchnitt des penis,
wenn . der Hodenſack koͤnnte aus dem Wege ge-
Mm 3 x raͤumet
,D). Pietſchens Gedanken
raumet werden, welches aber nicht zu bewerkſtelligen
iſt die Steifung dieſes Gliedes groͤßtentheils aufhe⸗
ben, und: —— die Bemuͤhung zur Erhaltung
des Gefchlechtes fruchtlos machen würde. Die zwey
corpora penis. cauernofa müßten von einander geriffen -
werden , die ſiebaͤhnliche Scheidewand dererfelben müß:
te gar wegfallen, und die Harnroͤhre dürfte auch nicht
da feyn. Wo follte nun der Urin abgezapfet werden?
Sind dieſes nicht lauter unvertreibliche Schwierigkei⸗
ten? Wie wollte wohl ein ſolcher Zwitter gebähren
koͤnnen, deſſen Oeffnung zur Mutter durch die maͤnnli⸗
che Ruthe gienge? Nimermehr würde ſich dieſelbe
Dergeftalt erweitern und ausdehnen laſſen, daß eine
- förmliche große Frucht durchkommen koͤnnte. Ich
will hierbey nicht gedenken, was es fuͤr eine Verwir⸗
rung in der Wirthſchaft der. menfchlichen Mafchine
ſeyn müßte, wenn ineinem Korper. Doppelte Blut⸗
und Saamengefaͤße wären, welche gleichfalls. einen
Saamen beyderiey Gefchlechter, der ſowohl ber Ge⸗
ftalt als dem Weſen nach verſchieden iſt, ausarbeiten
ſollen.—
Es iſt alſo genugſam geheuget worden, daß ſich
Vulua und Penis nicht an einem Leibe in der natürlie
chen tage befinden koͤnnen. Es koͤnnte auch zur
Noth bey diefer Ausführung bewendet bleiben. Als
lein, damit; ich denen Zwittergoͤnnern um defto eher
als ein ‚verftändlicher tehrer in diefer Sache vorkom⸗
men möge; fo will ich einen. abermaligen Berfuh
wagen, ob ſich nicht ungefähr an einem andern. Orte
eine Schaam anſetzen läßt. Wir wollen die Bor:
ftelfung einer natürlichmännlichenSeftalt bierbey nicht _
nen laſſen, und verſuchen wo ſich etwa ſonſten ein
ſolches
von den Zwittern. 6
files Ding, ſamt den übrigen weiblichen Geburts»
gliedern hinſchicken möchte, Wir wollen dabey ver:
geſſen, daß es entweder fehr, ja höchft unbequemlich,
oder gar nicht möglich feyn würde, den Beyſchlaf zu
vollbringen, wenn die Lage der Geburtsglieber an
ders wäre, als es der unendliche Schöpfer der
menfchlichen Natur eigentlich beygeleget hat.
Man finder noch fehr viele Gegenden und Theile
vor fich, welche müffen geprüfet werden, ob fie vers
mögend find, weiblidye Geburtsglieder einzunehmen,
oder nicht? Wohlan! ich will diefe Unterſuchung
fogfeich unternehmen, und damit ich nichts vergeffe,
fo will id an dem Kopfe anfangen. ch will ihn
überhaupt als eine beinerne Kugel erflären, und dar
auf wird man mir außer Zmeifel Recht geben, daß
Fein Hermaphrodite in demfelben feine weibliche Ges
burtsglieder haben fünne. In dem Halfe, Armen
und ‘Deinen wird es eben fo wenig gefchehen koͤnnen.
Nun ift der Leib (truncus) noch übrig. Ich will
denfelben von oben bis unten aus durchgehen. ch
will zuvörderft denjenigen Theil fir mich nehmen,
welcher unter dem Halſe liege, und von da, bis an
die Herzgrube (ſcrobiculus reichet. Das
Haupt wird ʒwar auch in der Benennung des Leibes
uͤberhaupt, mit zu dem trunco gerechnet; allein ich
habe deſſen ſchon vorher gedacht, und uͤbergehe dieſe
Eintheilungsart der Zergliederer vorſetzlich. Man
nennet dieſen Theil den Oberleib (thorax ). Hinters
wärts ift er mit dem Nückgrade (dorfo), feitwarts
mit denen Ribben (collis), vorwaͤrts mit dem Bruſt⸗
Mm 4 beine
| Fo D Pietſchens Gedanken
beine (ferno pedoris,) oberwaͤrts mit den Shlüf
‚felbeinen (clauiculis) und unterwärts mit dem Zwerch ⸗
felle (diaphragmate) umgeben, Inwendig wird dies
ſe Höhle mit einer weißen und fcharfgefpannten Mem-
brane, fo das DBruftfell (pleura) heißer ‚ ausgeflei-
det, Kin Theil des Schlundes und der Luftroͤhre,
ſamt der Lunge, Herz und Herzbeutel befinden ſich in
demſelben. Wenn ſich die Lunge, vermittelſt der ein⸗
gedrungenen Luft, ausdehnet, fo iſt im mindeſten Fein
Platz für weibliche Geburtsglieder darinne vorhan⸗
den, und da ſie von allen, außer der untern Seite,
mit Knochen bewaffnet iſt, ſo kann man nicht eine -
mal Muthmaßung zu einem Eingange dahin haben.
Das jenige, fo uns nun noch übrig iſt, wird der Un⸗
terleib (abdomen) genennet. Dieſer fängt unter
dem Zwerchfelle an und geht bis an die Geburtsglie⸗
der. Was in dem Oberleibe das Bruſtfell ausmach⸗
fe, das verrichtet allhier das Darmfell (peritor
naeum), Dieſe Hoͤhlung ſchließt Die Leber, das
Milz, die Nieren, die Milchgefaͤße, die Harnblaſe,
‚den Magen und den ganzen Darunterliegenden Zus
fammenbang derer Eingemweide, auch bey Weibern
natürlichermweife die Geburtsglieder, ein, Diefer bes
erächtliche Theil unſers Leibes Ift nirgends, außer
an der bintern Gegend, mit Knochen befegt. : Die
übrigen Gegenden deffelben find hingegen von Bei⸗
nen, wenn ich das Becken, als den natürlichen Ort
der tage weiblicher Geburtsglieder, ausnehme, frey. |
Da ich aber vorher fehon von dem Becken, ſamt
der natürlichen Lage ber Geburtsglieder und wie
* $
felbige 4
4
ſelbige von beyden Geſchlechten nicht in einem Men«
fehen an dem ordentlich gehörigen Orte feyn koͤnnen,
gehandelt Habe s fo Fällt anjeßo die Betrachtung for
wohl von der untern als hintern Seite des Unterlei—
bes, weil fie beinern ift, von felbft weg,
Man theilet den Unterleib übrigens noch in gar
verfchiedene Gegenden (regiones) ab. Vorne, einie
ge Singer breit, über dem Nabel, ift die regio epiga-
ftrica. Um den Nabel rund herum, etwa auf drey
Singer breit, ift die regio vmbilicalis, Unter diefer
Gegend koͤmmt die regio hypogaftrica. Unter den
furzen Ribben, auf beyden Seiten, find die Duͤnnun⸗
gen (hypochondria.) Noch weiter unter dieſen bes
finden fich auf beyden Seiten die Weichen (inguina),
Sn der egione epigaftrica ift Die Leber und der
Magen, In der ED vmbilicali die dünnen.
Gedaͤrme (jejunum et ileum), wie auch zum Theil
der Grimmdarm (colon) und Duodenum (der
Zwölffingerdarm.) In Der regione hypogaflrica
aber ift die Vefica vrinaria, und hinter diefer der
Maſtdarm (inteftinum redtum.) Hieraus ift folg ·
lich abzunehmen, daß einer Zwittermaſchine aller Or⸗
ten große Hinderniſſe und zwar in dieſen Gegenden
lauter Eingeweide entgegen ſtehen.
Zuletzt, wollen wir noch verfuchen, ob fi ch viele, |
leicht enfweder in vtroque hypochondrio, oder in
einer von beyden Weichen, eine Zwittergeftalt möchte
ausruͤſten laffen, Ich will nicht angeben, was für
Theile allhier ei a entgegen find, ſondern
nur
von den Zwittern. z51 |
eu
M 52 . Pietſchens Gedanken
nur meinen Leſern einen Gedanken von dem Cöitu’ -
und der unmöglichen Geburt, bey einem ſolchen Men⸗
ſchen, der entweder in den Hypochondrüs, ‚oder
Weichen, die Genitalia Hätte, in ihren Gemüthern
berühren: fo werben fie, meines Erachtens, allen
af. an die Zwitter in biefem — 9
laſſen.
Es hat alſo nirgends ein Zwitter herauskommen
wollen, und nunmehro iſt auch alle Hoffnung, daß es
dergleichen Leute geben Ffönne, ganz vernehmlid) ver«
eitelt. Die Herren Rechtsgelehrten und Naturfor—
feher werden demnach fehr weislich handeln, wenn fie
aufs Eünftige etwa Schriften von dieſer Materie her⸗
ausgeben wollen, daß ſie dieſe arme Geſchoͤpfe der
Einbildung ganz "und gar auslaflen, und feine Gefe-
Se , welche doch bis zum Untergange der Welt müßten
müßig bleiben, meiter wider diefelben verfertigen. Mir
koͤmmt es weit abgefchmacter vor, wenn man wider.
Undinge, wie die Hermaphroditen find, Gefegema-
chet; als wenn man unvernünftige Tiere, angerich⸗
teten Schadens halber, zur Befchimpfung, j mit Ge
fängnipftrafe beleget.
Man heget bis auf den heutigen Tag gar ſeltſa⸗
me und harte Geſetze und Fragen, wider dieſelben.
Ich will meine $efer zu dem Ende nur auf des Herrn
Profeſſor Teichmeyers Medicinam forenſem ver⸗
weiſen: da ſie vermuthlich meine Beſchwerden uͤber
die Zwittergeſetze, als wahrhaft antreffen werden. Un⸗
ter allen Urtheilen aber, ſo wider die Zwitter gefal«
| er find, hat mir basjenige am en ge⸗
ſchienen,
—
von den Zwittern. 553
ſchienen, welches die Hermaphrobiten unferer dritten
Claſſe, für unvollfommenere Leute erfläret, als andere
find; und zwar aus der Urſache, weil fie mit doppels
ten Zeugungswerkzeugen begabet feyn follen, und das
menschliche Gefchlecht auf beyde Arten fortpflanzen
fönnten. Wäre nun dieſes richtig: fo deucht mich,
man Eönnte diefes Gefeg mit vollem Rechte ein Gefeg
der Linvernunft heißen. / Ä
Ich kann diefe Abhandlung nicht fehließen, ich
habe denn zuvörderft meine Gedanfen, von dem Ur»
fprunge der Ziwittererdichtung, noch beygebracht, weil
ic) jonften möchte hören müffen, daß ich unzulänglich
davon geichrieben hätte. _ Die Begriffe von unfern
Undingen, find wohl, außer Zweifel, fehr vielfach
verändert worden.‘ Und mich deuche, daß die Welt
aud) jeßo noch nicht einig darüber geworden iſt. Mit
. denenjenigen bin ich einig, welche die Unfruchtbaren
beyderley Gefchlechtes, und Die etwas Widernatürlis
ches an den Zeugungsgliedern haben, fir Zwitter
halten, und wenn-man für folche ven Namen Her:
maphrodit, und im Deutſchen, Zwitter benbehalten
will; fo werde ic) meines Theils niemals darwider
reiten. \
Sch habe immer geglaubt, und beharre noch bis
(80 bey der Meynung, daß die gefprachigen Weiber
unferer Vorfahren, die Zwitter größtentheils möchten
ausgehecft haben. Denn da man weiß, daß es be
reits vor undenklichen Jahren Frauenzimmer gegeben
hat, deren Clitorides fo groß angemwachfen, daß fie
auch denen Gänfehälfen nicht ungleich geweſen, wel-
' che
554 Ko} Pietſchens Gedanken a
che andre ihres Geſchlechtes, ſtatt der Manner, da⸗
mit bedienet haben, und deshalb Fridtrices und Tri-
bades genennet worden find, Vid. Martial, Hiſtor.
Tribad. centur. II. Ambrof: Stegmann Mife. N. C.
centur. III, p. 231. et multi alii, Go fann es gar
leicht feyn, daß eine freuherzige Schweſter dieſes Luſt⸗
ſpiel ausgeplaudert, und das Geheimniß ihres weibli⸗
chen Buhlers verrathen hat. Die es erfahren, hat
es für eine wirkliche männliche Ruthe ausgegeben
und Davon weiter gejagt, Eine andere hat einen
Beutel darzu gefeßt,. Die dritte hat endlich Hoden
in den Beutel gelogen, und da ift ein Mannweib fer⸗
tig geworden, wie die abſcheuliche Misgeburt in
Herrn Gellerts Fabeln. Die Leichtglaͤubigkeit aber
hat dieſes Thoͤrichte endlich bis auf uns (Betr.
gepflanzer,
8 355
**** ** * ** * 2 2 2 2 ZZ 2 z * *
Fe KAT |
Gedanfen
‚über die verfchiedenen Meynungen von
Den Lirfachen und Folgen,
der in den
ER und Fuhrenwäldern fich Bin
und wieder
findenden Holzwuͤrmer;
und ob es wahrſcheinlich fey,
daß Diefe für die Urſache anzufehen, warum
viele Stämme abjtehen und fohr werden,
mithin,
| ob fiedas gefunde Hol zur Sohrung bringen, oder
ob fülche Sohrung von Verruͤckung oder Vers
| dorrung der Wurzel entſtehe.
$
8 find bisher über die Würmer, welche man
indem von Winde niedergefchlagenen Tan⸗
nen: und Suhrenhofze antrifft, verfchiedene
Meynungen geheget, vornehmlich aber ift von einigen .
behauptet worden : diefe Würmer entflünden ſodenn
nur zwifchen der Borfe und dem Holze, in dem ſoge⸗
nannten Baſt einer Tanne oder Fuhre, wenn 3
Stamm bereits —— ſey.
* Es
.W 556 Verſchiedene Gedanken —
Es wird aber dabey geleugnet daß der Wurm ei⸗
nem noch geſunden Baume ſchaden, und denfelben zur. N
Sohrung bringen koͤnne.
Hingegen wollen andere, die in dem —— 7 —
genen Holze gebruͤtete Van erhielten endlich Fluͤ⸗
gel, begaͤben ſich an die geſunden Staͤmme, legten ihren
Saamen an die Zweige, der Saame würde von der
Sonnenhitze belebet, der gefunde Baum fodenn von
den Würmern angegriffen, ner Saft — der Bor⸗
ke verzehret/ und der Stamm auf dieſe Weiſe zur Soh⸗
rung gebracht, die Wuͤrmer freſſen ſich aus der Borke
heraus, und hinwiederum an die geſunden —
um dieſelben aufs neue zu verderben, |
Eine dritte Meynung fchreibt diefe —— —
vorig⸗ und dieſerjaͤhrigen Duͤrre zu, und gehet dahin,
daß dem Stamme, welcher die Nadeln fallen laßt,
nördige Fruchtbarkeit fehle,
Nun geftebe ich gerne, daß mir ſowohl —
me Erfahrung, als Einfiche, in die Naturlehre mans
gelt, den Grund oder Ungeund der unterfchiedenen
Meynungen unumſtoͤßlich zu erweiſen; ſo viel aber
wird mir erlaubet ſeyn, daß ich aus einigen bekannten
Wahrheiten aus unleugbaren Umſtaͤnden, auf die
noch nicht völlig bekannten Urſachen ſchließe, und die
ſe ſolchergeſtalt wahrſcheinlich mache. RE SF
Diejenigen, welche die erfte Meynung für. ge⸗ *—
wiß halten, geben den Anno 1747 im December 'ent-
ftandenen Sturmmwind für die Urfache an, die Soh ·
rung der Tannen und Subren je Davon sr Hefe. °
fect feyn. wu
| Le
„
von den Holzwuͤrmern. 557
Ich würde mit Bergnügen diefe Meynung anneh-
men, wenn ich niche fo viele bedenkliche Schwierig.
keiten dabey änträfe.
Wie weit iſt nicht der Effect von feiner Uefache
entferner; wo bleibt nexus , welcher nach den Prin-
cipiis der — FRURteDNe wiſchen beyden ſoll ange⸗
troffen werden?
Es iſt unbegreiflich, wie die Urſache einer. Soh⸗
rung, welche ſich kaum vor 14 Tagen hat ſehen laſſen,
ſchon A. 1747 exiſtiret habe, und ſo lange verborgen
geblieben ſey.
Iſt der Stamm bereits damals folcheraeftalt ver»
ruͤcket, daß er davon nothwendig hätte fohr werben
ſollen, was hat ihn ſo lange erhalten, und warum
‚fängt er erſt io an, die Nadel fallen zu laſſen?
Brauchet aber ein Baum nach feiner Berrückung fo -
lange Zeit, bevor er fohr wird, warum zeiget ſich nicht
folcher Effect auch an andern Bäumen? warum fans
gen nicht itzo auch Eicyen: Büchen- und Obſtbaͤume an,
fohr zumerden ? da doch diefe allenthalben räumlicher
ftehen, und alfo nothwendig vom Winde haͤrter ans
gegriffen feyn müffen, als Tannen, die in Diefungen
ſich befinden.
Es zeiget die Erfahrung zur Genuͤge, daß eine
Tanne bey mäßiger Fruchtbarkeit ſich annoch gruͤn er⸗
hält, Man ſieht ſolches an einigen, die mit einer
einzigen Wurzel in die Erde liegen, und noch grün
bleiben.
ch habe hin und wieder in den Forſten Stämmie
‚angetroffen, deren mehrefte Wurzeln bloß lagen, und
die dennoch weder vom Wurme beſchaͤdiget, no) ſohr,
ſondern
sg Verſchiedene Gedanken
ji — friſch waren, als eine der, umſtehenden E
feyn Fonnte.
Diefe © Stämme haben ben mehreften Teil ihrer
Wurzeln außer der Erde, und erhalten ſich. Wie
koͤnnen alfo die, welche noch in ihren Wurzeln fefte
ftehen, deswegen fohr werden, weil fie vor zweh Jahren
vom Winde beweget worden? Sollten aber die Stäm- |
- me, welche in beregtem Fahre vom Winde hart bewe⸗ i
get worden, noch io fohr werden fönnen ;. fo müßte
es doch natürlicher Weife diejenigen vor andern treffen,
. welche. dero Zeit nicht allein vom Winde hart beweget,
fondern auch von den fallenden Bäumen bald bie,
‚ bald dahin gerücket und gedrehet worden, |
Dieſer Grund feheiner erft gedachter Meynung
. am mehreſten entgegen zu ſeyn. Man betrachte doch
nur die Oerter, wo der Windſturm ſo heftig gewe⸗
ſen, daß tauſend und mehr Tannen uͤber einander
Er
bene Bäume aufrecht ftehen geblieben. Einige, die
Auf diefen Stellen find gleichwohl noch verſchie ⸗
von dem gefallenen Holze mitden Wipfeln an die Er⸗
de gedruͤcket waren, richteten fich wicder auf, wie man
die auf fie gefallene Stämme wegnahm.
Wer wollte wohl zweifeln, daß diefe gedrückte *
Fuhren ſehr gelitten, und daß ſo gar ihre Wurzeln
beweget worden? dem ungeachtet aber ſtehen ſie noch
ganz gruͤn und unbeſchaͤdiget da. Warum fangen
nicht dieſe an, fohr zu werden, warum zeuget ſich in
ihnen nicht der Wurm, warum laſſen ſie die Nadeln
nicht fallen?
Daß ich Feinen Umftand allhier für * anneh⸗ |
me, der nicht — iſt — u verfchiedene
Stellen
N;
won den Holgwürmern. 559
Stellen in verfchiedenen Holzrevieren erkennen), auf
welchen eine Menge Verfall danieder gelegen,
‚Und was will man denn von denen noch aufrecht»
ſtehenden Baͤumen urtheilen, die in den Forſten
an den aͤußerſten Enden dem Winde entgegen ge⸗
ſtanden.
Sollten ſelbige nicht am mehreſten beweget ſeyn?
und dennoch ſtehen ſie in ihrer vorigen Fruchtbarkeit,
und erhalten ſich.
Sind aber dieſe der Gefahr des Sturmwindes
entgangen, was fuͤr Gewalt hat denn dieſer ſchaͤdli⸗
che Wind an denen Tannen ausuͤben koͤnnen die in
den beſten und ſchoͤnſten Dickungen, als in einer Hes
de, ſich befinden.
Die Stellen, wo gegenwärtig Sohrungen enefte-
hen, find mebrentpeils von fo gleichem Anwachs, als
ob fie unter die Schere gehalten wären. |
An allen Seiten find fie von einer unzählbaren
Menge Baume umgeben, die fohrwerdenden Stämme
ftehen nahe aneinander. Vermoͤge ihrer Dichtigkeit,
hat der Sturmmwind feine Gewalt über fie erlangen
Fonnen, daß fie niedergefchlagen worden. Sind fie
gleich vom Winde bewegt worden, fo hat doch die
‚Bewegung natürlicher Weiſe ſo ftarf nicht feyn koͤn⸗
nen, als andenen, welche einzeln ftehen geblieben, und
welche dem Winde dero Zeit ganz und gar, ohne eini-
ge weitere Beſchuͤtzung erponirer gewefen.
Diefe haben vom Winde viel gelitten, und find
feuchtbar, jene werden ſohr, ob fie gleich der Wind
nicht veche fallen fönnen. Ich fehe nicht, wie man
allhier einem Widerſpruche RER N will, *
4Band. In os Doch
560 DBerfchiedene Gedanken
Dooh es iſt noch ein weit wichtigerer Umſtand übrig,
der dieſer Meynung entgegen ſteht. 9
Es wird behaupte, der Baum müfle zuvor von
Verruͤckung der Wurzel abfterben, und fohr werden,
nac) entftandener Sohrung zeuge fi der Wurm in
dem Balte - NM
Denn gleichwie eine Fliege Fein lebendiges Thier
anfreſſe, alfo Fünne auch ein elender Wurm von einem
gefunden Baume das Wefen, fo zu feiner Erhaltung
nöthig ſey, nicht kkennen. N
Hier tritt nun, leider! abermal die Erfahrung in
den Weg. sch Fannn mit den hiefigen Forfibedienten
beweifen, dag eine mäßige Tanne etwa zu einer 20%
füßigen Sparre gehauen worden, Die dem äußerlichen
Anſehen nach völlig gefund fhien, woran, fo weit
man in die Höhe fehen Fonnte, gar Fein Wurmftic)
zu erfennen war; fie ſtund aber auf der Seite von
verfchiedenen fohr gervordenen Tannen. Wie fienies
dergehauen, und die Borke aufgelöfee war, war fie
fo reich von Saft, daß man die Hand damit negen
fonnte; man war vermögend, fie allenthalben abzu>
ſchaͤlen, und mie man genau zufah, hatte fie an ver»
fchiedenen Stellen weiße und fchwarze Würmer,
Hierauf entdeckten fich viele andere Stämme, an wel⸗
chen Eleine Wurmlöcher zu erfennen waren, und diefe
hatten zum Theil ihren Nahrungsſaft und ihre Nadeln,
ob fie gleich durch und durch voller Würmer waren.
Nachdem ich vorher fehr geneigt war, oftgedach- |
fer Mennung beyzupflichten, meil fie beruhiger, und |
Feine gefährliche Folgen fürchten läßt; ſo mußte ich
nunmehro auf eine andere Urſache, als die Berrüctung |
ber Wurzel, verfallen, —J
|
Von den Holzwuͤrmern. 561
Ich fing an, zu glauben, der Wurm, melcher
im Tannenbolze lebendig worden, Fönhe aud) das ge»
ſunde Holz befhädigen; und diefes iſt die zweyte Mey:
tung, welche gegenwärtig nach meinem geringen Ber,
mögen zu erörtern mich unternehme,
Man hardiefe Würmer Duäft zuerft in dem Hol
angetroffen, welches in feinem völligen Safte vom
Windfturme abgebrochen, und an die Erde geworfen
war. Alle Tannen, die nicht olmich, und doc) abges.
brochen waren, jtunden vor dem Windfturme in ihrem
beften Wachsthume; ihre Rinde war gelb, wie Wachs,
dahergegen ganz ausgewachfene Tannen unabgebrochen
nievergeichlagen lagen: le&tere blieben eine gute Zeit
von diefen Würmern befreyet. Jene hergegen liegen
ſchon in dem naͤchſten Fruͤhjahre nah dem Wind»
fturme ihre Nadeln fallen, und wurden fohr.
Es vergieng aber nur der Sommer 1748 , da war
ein gutes Theil der unabgebrochenen Stämme gleich-
falls angeftedt. | |
Hieraus erhellet nun fo viel, daß die Würmer im
wachsbaren Holze zuerft generiver worden , in ſolchem
Holze, deſſen Theile leichter zu trennen, als das, fo
völlig ausgemachfen ift, welches noch jung, und zu
Bauholze noch nicht tauger, weil es zu mürbe ift.
Bey dergleichen Holze find weit mehr Säfte, als
bey ausgewachfenen; dieſen ift durch den Sturmmind
auf einmal der Umlauf gehemmet: fie find ftehen ge«
blieben, und haben alſo mit Hilfe der Sonnenhige
den Stoff zu diefen flreitigen Würmern darreichen
koͤnnen.
Es iſt bekannt, daß durch die Aehnlichkeit der
Dinge auch in der Naturlehre viele wichtige Wahr:
! nz beiten
62° DVerfihiedene Gedanken |
heiten entdecket worden. Wir nennen aber bas ähn
lic) , woben man einerlen Charäcteres antrifft.
Ichg glaube daher, es fen nichts ungereimies, wenn
wir aud) auf folche Weife mit dieſen noch nicht völlig
Fannten Würmern näher bekannt zu werden ſuchen,
das wir andere betrachten ‚die ihnen gleich fi nd, und
die wir fehon naher kennen gelernet.
Ich will zuerſt der Kornwuͤrmer gedenken.
Dieſer, weiß man, entſtehet daher, wenn die Boden
dem —* folchergeftalt erponiret find, daß die Früchte
und der Boden zumeilen angefeuchtet werden, wenn
zue Sommers;eit genuafam durchftreichende $uft feh⸗
let, wenn das Korn bey nicht genugſamer Umſtechung
Heiß wird, die Boden vom Staube und Unreinigkeit
nicht völlig gefaubert find, worauf denn im Junio
und Julio der ſchwarze Wurm als Eleine Fliegen bruͤ⸗
tet, in ſpecie daſelbſt, wo die Sonnenſtrahlen hinein:
Fallen. Solche Fleine Fliegen freffen ſich in Die Kör-
ner, und werden erjt von Fettigkeit gelb, dann heil»
roth, zuletzt aber, wenn die Körnlein Hoßl gefrefien, '
ganz braun. Je weniger alfo die Umftechung ge
ſchieht, deſto mehr wird das uͤbrige geſunde Korn auch
ausgefreſſen *.
Ich bitte um die Erlaubniß, ztoifchen dieſen Korn⸗
wuͤrmchen und unſern Holzwuͤrmern eine Dergleichung
anftelfen zu dürfen. j
Die Kornwürmer entftehen an folchen Orten, wo
die durchſtreichende Luft fehlet, auch wenn die Boden
zuwei⸗
Koͤnigliche Kammerverordnung vom 22 San. 1747: !
Samb. Mag. ı Band, 301 Seite
von dei Holzwuͤrmern. 563
zuweilen naß, und angefeuchtet worden. Unſere Holz⸗
wuͤrmer ſind bey eben ſolchen Urſachen entſtanden;
denn in demjenigen Holze, von welchem man gleich
nach dem Windſturme den Baſt trennete, und alſo
durchſtreichende Luft ſchaffte, trifft man keine Wür-
mer an, ſo bald Luft hinzukommen kann, wird die
Brut gehindert; die Staͤmme, worinn die Wuͤrmer
zuerſt entſtanden, haben in den Waͤldern den ganzen
Winter 1748 hindurch an feuchter Erde gelegen, und
man hat, wie auch allenfalls kann erwieſen werden,
die Würmer zu Anfange an den Seiten des Stam:
mes, der an der Erde gelegen, zuerft angetroffen.
. Mithin Fommen beyderley Würmer bierinn mit
einander überein, daß fie in einer Dumpfigen oder
feuchten Sage, wo durchftreichende Luft fehler, ihre
Erijtenz erlangen,
Der Kornwurm wird anfangs von Fettigkeit gelb,
(hä hellroth, zuletzt aber braun; er bleibe weder
von einerley Seftalt, noch Farbe,
Wir treffen bey unfern Holzwürmern eben dieſes
an, daß ſie ſich veraͤndern: anfangs ſind ſie dick und
weiß, ſo wie der Saft und die Fettigkeit ʒwiſchen der
Borke abnimmt, werden fie kleiner, auch einige roͤth—
‚licht: in diefem Zuftande bekommen fie ſchon Flügel,
und zulegt werden fie dunfelbraun, und —
ſchwarz.
Sowohl in Anſehung der Flaͤgel, ale auch was
die Veränderung der Geſtalt betrifft, kommen beyde
abermal mit einander überein.
Diefes iſt die zweyte und dritte Uebereinſtimmung
der Holzwuͤrmer mit den Kornwuͤrmern. |
Sn 3 Mir
564 BVerfihiedene Gedanfen
Wir nehmen viertens an den Kornwuͤrmern ganz
deutlich wahr, daß Die gefunden und feſten Körner
; der Früchte dDurchfrefien, und nichts, als die Hilfen,
übrig laflen: ſie fesen die Körner in folchen Zuſtand,
daß fie nicht auflaufen, ‚und Feine weitere Früchte
tragen koͤnnen. [aut } | gr
Bon unfern Holzwürmern hergegen will man präs.
tendiren, daß fie Fein gefundes Holz anfreffen follen ;
fie ſollen fich nur bloß mit den trocfenen Stämmen be;
helfen, welche, gleich einem ausgehuͤlſeten Fruchtkorn,
ſchon ausgehülfee, trocken find, und feinen Saft
mehr haben, A
Hat die Natur dem Kornwurme die Cigenfchaft
-bengeleget , daß er gefunde Körner angreift, und
Daraus feine Nahrung nimmt; frißt dieſer die Körs
ner nicht ſodann erft aus, wenn fie abgeftorben, wenn
fie faul werden, warum follte denn unfer Holzwurm
fich bloß mit verdorbenen Säften, Die ſchon guren«
fheils weggetrocknet find, begnügen. Warum follte
er ſich nicht lieber, gleich dem Kornwurme, an bie
gefunden Stämme wagen, und’daraus feiner Nahrung
wahrnehmen? ee!
Berzehrer ein Kornwurm wohl diejenigen Koͤr⸗
ner , welche zum Saamen ausgeftreuet werden, nach⸗
dem fie in der Erde faul worden? Wie manche Tan⸗
ne findet man nicht in den Forſten, welche entweder
aus Mangel der Fruchtbarkeit, oder weil fie für denen,
fo über ihr ftehen, nicht auffommen kann, ganz fohe
wird, und doch feinen Wurm bat. Alles Tannen-
holz, was aufdem Stammerobtolmig wird, fängt an,
An der Mitte faul zu werden, und verdorret endlic)
gar,
—
von den Holzwuͤrmern. 565
gar, warum findet man in dieſen den Wurm nicht,
dieſe follen ja, nad) der erften Meynung, die rechte
Sdbeiſe der Holzwürmer feyn.' Sal
Ich zweifle nicht, nach folchen vorausgefegten
Erfahrungen werde man mir fo viel zugeben, es
laufe nicht gegen die gefunde Vernunft, wenn man
behauptet, die Holzwürmer ziehen ſich aus der zer⸗
frefienen Borke einer Tanne an das gefunde Holz,
um Dafjelbe gleichfalls zu verderben. Aber wie ge»
ſchiehet dieſes? ES wird die Art und Weife gar
leicht begreiflich werden, wenn man überhaupt nur
auf den Trieb der Inſekten Acht giebt, welche die Na»
tur ihnen mifgetheilet hat. | GER
Hier nehme ich einige Stellen aus der in dem
hamb. Mag. und zwar in deffen erften Bande, 309 S.
aud) im 5 Stücke, 157. 5. anzutreffenden Abhandlung,
von dem natürlichen Triebe der Inſekten zu Hülfe.
Es ijt Fein Gefchöpf in der Welt, beißt es zu
Anfange, welchem nicht die Fähigkeit, fein Gluͤck, ein
jedes nach feiner Are zu befordern, angebohren ift, |
Die gütige Hand des weiten Schöpfers hat in
alles, was lebet, einen natürlichen Trieb geleger, nicht
nur fein Vergnügen zu befördern, fondern auch die
- Mittel deffelben anzuwenden. - /
Es iſt bekannt, daß die Raupen fih in Schmer.
terlinge verwandeln. Dieſe Berwandelung muß
man als eine der wunderbarften Wirkungen der ratur
erkennen. —
Seite 323 heißt es weiter: Bey den Papi—
lionen, wie überhaupt bey den Inſekten, iſt ein merk⸗
n4 wuͤr⸗
*
Verſchiedene Gedanken
Bi Umftand bey ihrem: ——— Die we⸗
nigſten Raupen freſſen von allen Bäumen und: Kraus
teen ohne Unterſchied, viele Arten von Raupen freſ⸗
ſen nur ein einziges Kraut, und viele nur etliche. |
Da nun die Jungen Der Inſecten ohne ii uns
mittelbare Vorſorge ihrer Aeltern fuͤr ihr Leben ſind,
fo iſt es noͤhig, Daß die Raupen, fo bald fie aus den
Eyern hervorfommen, gleich Die ihnen eigene Nah:
rung um ſich haben ‚ und stefan einen aneen,
Tiſch finden.
Wide aber dies wohl fo-feyn, wenn die Pa⸗
pilionen ihre Eyer ohne — überall hin⸗
legten?
Wovon würden Raupen, die Mr als Neſſein
oder Gras freſſen, ihren Hunger ftillen, wenn ihre
Papilionen die Eyer, woraus ſie hervorgekrochen find,
auf eine $inde oder. Eiche gelegt hätten ? Und mie wuͤr⸗
den diejenigen mit ihrem Schickſal zufrieden feyn,
welche fich unfen auf den Erdboden verbannet fähen,
da fie.doch ihr Futter nirgends als auf Fichten oder
Bücher finden Fünnen? Ehe fie fo entlegene Ders
ter ihrer Nahrung erreichen, würden fie als kaum
fichtbar Eleine Wuͤrmchen, — allen nn ae
Untergang fi finden.
Der guͤtige Urheber der Natur hat auch für Die |
fe Wuͤrmchen geforget, und dem Untergange auch
des Fleinften Theils der Matur, vu die ——
Anſtalten vorgebauet. |
\ * *
Er
von den Holzwuͤrmern. 567
Er hat den Schmetterlingen befohlen, ihre Eyer
| dapin zu legen, wo die darauskommende Jungen ſo⸗
gleich ihre Nahrung finden.
| Der Pfauenauge, Tagpapilion und andere Arten
von dieſer Gattung, legen ihre Eyer an die großen
Neſſeln gerade, als ob ſie wuͤßten, daß ihre kuͤnftige
Jungen nichts anders als Neſſeln Freffen wuͤrden etc.
„Eine Schlupfweſpe erwaͤhlet hierzu diejenigen
Pflanzen, oder dasjenige Inſekt, welches die ihren
jungen Maden eigenthümliche Nahrung ift. So
bald das Junge ausfrieche, findet es um und um
Nahrung, und ift in feine Speife begraben. So
und auf diefe Weife forgen andere Inſekten fir die
Ihrigen. Aber wie bringen denn unfere Holzwuͤr⸗
mer ihre Jungen auf?
Diejenigen, welche der erften Meynung ——
ſind, ſehen zwar, daß der Wurm im Holze da ift: al⸗
lein, wie er fich erhalte, wenn er in dem ausgefreffe-
nen Holze Feine Nahrung miehr findet, wohin er ſich
begebe, und wie er ſeine Jungen ausbrüfe, darum
befiimmert man fich gar nicht.
Meine Abfiche ift alfo, hierüber Betrachtungen
anzuftellen; vielleicht gerathen mir dadurch zu mehre⸗
rer Gervißei,
‚Jedermann weiß, daß Diefer Holzwurm, Quaͤſt,
mit Fluͤgeln verſehen, deren Gebrauch in ſeiner Ge⸗
walt iſt, weil er ſie trennet, und davon fliegt.
Es waͤre ein Fehler der Natur, wenn dem Wurme
dieſe Fluͤgel gar nicht nuͤtzen folften, und wenn er fie
zu —— noͤthig hätte, Da aber die
— Ru5 Natur
keit an.
568 Verſchiedene Gedanten
Natur nichts umſonſt, nichts Ueberfluͤßiges verrich⸗
tet; ſo muͤſſen wir ſo viel gewiß halten, daß der
Wurm diefe Flügel anwente⸗ * und die —
zu erhalten.
Braucht er fi e zu feitie BERN j ee —9 an
demjenigen Orte, wo er lebendig worden, kein beſtaͤn⸗
diger Unterhalt für ihn ſeyn, er muß davon He
koͤnnen, um fich weiter zu ernähren.» Do
Muß. der Holzwurm feine Nahrung . an einem
andern Orte fuchen, als da er lebendig worden; fo
wird er natürlicher Weife, eben die Nahrung ſu chen,
die er vorhin gewohnt gebeſn Denn gleichwie ob⸗
angefuͤhrtermaßen eine Raupe, die bey dem Laube ei»
nes Aepfelbaums gezeuget und Davon. erhalten wor⸗
den, ſich in Folge der Zeit von keiner Tanne ernaͤhret:
alſo muͤſſen wir auch dafür Halten, daß ein zwiſchen
der Borfe einer Tanne gezeugfer Holzwurm ſeine
gewohnte Koſt nicht veraͤndern werde. Dieſe Koſt
muß er an der Erde nicht finden koͤnnen, fonft ges
brauchte er Feine Fluͤgel. Die Flügel find aber nicht
umfonft da, daher muß der Holzwurm feinen Unter
halt mit Hilfe der Slügel füchen. Aber wie begiebt
er fich an die gefunden Tannen und zerfrißt die?
Die Raupe und andere Inſekten laſſen erkennen, Ä
es fen wenigſtens nicht wider die Vernunft, es ſey
moͤglich, und-alfo ift von der ae Manag! bie |
ROSUHENE bewieſen.
Nunmehro kommt Pr 2) auf. die wirt
Weil |
von den Holzwuͤrmern. 569
Weil ich aber bis hieher den Wurm an den Tan-
nen herum nicht fliegen fehen, und.alfo von meinem
eigenen Augenfchein nicht: zeugen kann; ſo muß ich
fürs erfte bey a Umfländen Neben
bleiben.
ch habe an vorgedachter Tanne, die ganz frifch
war ‚und doc) den Wurm harte, wahrgenommen,
daß die Wurmſtiche nahe an den Aeſten herum ihren
"Anfang nahmen, weiche Die Tanne das Jahr abge:
worfen hatte. Um diefe Aeſte herum war die Borfe
etwas aufgelöfet,, und die. Narbe von dem abgefalles
nen Afte hatte fich noch nicht vollig nieder zufammen-
gezogen; mir ift daher die Mennung derer fehr wahr:
feheinlich geworden, welche behaupten, daß der aus—
geflogene Wurm hinter folche Aefte den Saamen nie:
derlege, und diefes um fo mehr , weil die Wurmftiche
nicht unten am Stamme, fonbern oben an der Tarıne
in der Höhe zu finden waren, daß fie die Sonnen⸗
ftrahlen berühren koͤnnten. Wie denn überhaupt mit
der Erfahrung übereinfommt, daß die —
von oben nach unten zugehen.
Man hat Staͤmme gefunden, die von oben sis.
4 Fuß an den Stamme ganz durchbohret und trocken
waren, unten aber, fo weit man feine Wurmlöcher
fand, hatte er noch) feinen völligen Saft,
Daß zu Vermehrung des Wurms dumpfige Der:
er, wo die durchftreichende Luft fehler, und Sonnen
wärme erfordert werde, laͤßt ſich daraus erkennen,
weil die Sohrungen ſich in den waͤrmſten Sommer:
monaten und mebrentbeils in den beiten Dickungen
anheben,
575 Derfihiedene Gedan
anheben, wo ein Stamm ganz nalje bey dem anbern
fteht. Diefe Derter find nad) den Sägen der Na:
turlehre unſtreitig die allergefchickteften,, den Wurm
in der geößeften Menge herworzubringen,, wie aud)
leider! der Hugenfchein zur Genüge ergiebet.
Ich habe bereits oben erwaͤhnet, daß mitten in
den Tannenfohrungen ſich Fuhren befinden, die ganz
gruͤn und unbeſchaͤdigt ſind. Ich habe aus dieſem
Unterſchiede Die Unrichtigkeit der Meynungen herge⸗
leitet, daß die Sohrung von Verruͤckung der Wur-
zebentftanden fen, immaßen nicht abzufehen, warum der
Sturmmwind nicht ſowohl die noch gefunde Fuhre, als
die-verdorbene Tanne an Der — ſollte beſchaͤdi⸗
get haben.
Beyde ſtehen neben — eine if friſch, die
andere abgeftorben. Hier Fann unmöglich Die Wer:
ruͤckung ber Wurzel für die Urſache angenommen
werden.
Indeſſen habe ich doch ſowohl in Sa als
Fuhren, den Wurm angetroffen. In denen Forſten, |
wo lauter Fuhren find, verhält es ſich mit der Soh ˖
rung, eben wie in den Tannenhoͤlzungen.
Wenn aber unfer vielen Tannen wenige Fuhren
ſtehen; ſo ſieht man, daß dieſe uninficiret, daherge-
gen jene ganz durchbohret ſind.
Hat man auf den Unterſchied einer —— und
einer Fuhre nur Acht, ſo findet man, daß derfelbe
ziemlich groß fey. Die Fuhre hat eine ganz andere
Borke, als die Tanne, fie hatzStellen, die ganz fet⸗
| tig
*
von den Holzwuͤrmern. 571
tig und lauter Men find. Ihre Säfte find weit dis
fer und widriger, und nicht fo flüßig , wie bey einer
Tanne. Fuhrenholz har gröbern Faden, als sin
Tanne; es erhält fi) daher in der ya * ſo lat ze,
als diefes.
Diefer Unterfchied hat mich darauf —— daß
der Wurm, welcher das Fuhrenholz verdirbt, unter⸗
fehieden fey, von dem in Tannenholze.
Daß der im Fuhrenholze generirte Murm nicht
‘ an die Tanne fliege, fondern * gewohnte Koſt wie⸗
der ſuche. %
Ich habe mich dabey der Erzählung eines gewiſ⸗
fen Forftbedienten wieder erinnert, daß in einer be-
nachbarten Fuhrenholzung fleine weiße Fliegen den
jungen Fuhren die Nadeln abgefreffen hätten. Ich
zweifle gar nicht, es werden die Stämme, um welche
damals diefe Fliegen fich aufgehalten , nicht allein ihre
Nadeln Haben fallen Laffen, ſondern auch insgeſammt
ſohr und verdorben ſeyn. Und ich kann mir nicht
vorſtellen, daß Fliegen in den Nadeln einer Fuhre
den geringften Nahrungsſaft finden follten, Piel:
mehr bin ich der Meynung, daß eben die Fliegen,
welche fich) damals um die jungen Fuhren fehen laffen,
diejenigen find, fo aus den verdorbenen Fuhren aus⸗
geflogen und mehrere Stämme beſchaͤdiget haben,
Ich Fan auch, wider die Erfahrung, nicht zugeben,
daß eine Fuhre, die einmal, es ſey aus einer Urſache, aus
was fuͤr einer es wolle, die Nadeln gaͤnzlich hat fallen
laſſen, und ganz von Nadeln rg ft, .. ge⸗
und
N Mr h
572. DVerichiedene Gedanken.
fand fen; noch weniger aber pflichtdich der Meynung |
ben, daß fie jemals Nadeln wieder befommen werde,
und vielleicht wird eine Unterfuchung dieſe meine Ge⸗
danken beſtaͤrken, daß naͤmlich die jungen Fuhren
verdorben, und alſo nicht wieder ausſchlagen koͤnnen.
Daß man aber um die Tanne herum den Wurm
noch nicht fliegen ſehen, kann entweder daher ruͤhren,
weil es an denen Oertern, wo die Sohrungen ent-
ſtehen, dunkel, die Tannen auch von ziemlicher Höhe
find, fo daß man das, was in der Gegend, mo der
Wurm anfliege , fic) bewegt, fo genau nicht erfennen
kann, oder daß er fich, wie andere feines gleichen, bey
Tage nicht fehen läßt .
Ich gedenfe noch mit menigem der dritten Mey
nung, daß nämlich der fogenannte Brand Urfache
an denen Soprungen ſeyn ſolle.
Dieſer Brand entſteht von uͤbermaͤßiger Hitze,
und findet ſich vornehnilich an hohen Bergen, mo
das Erdreich zu dürre wird *, |
Solcher Brand aber kann. bey unfern yon
gen die Urfache nicht feyn, immaßen die Derter, wo
folche bey uns entſtehen, niedrig und fumpfig, und das |
Erdreid) * itzo fruchtbar genug iſt.
Sbeeic |
* e Entdecte Gruft natuͤrlicher ———— 253
eite.
von den Hotzwůrmern. 98
Gleichwie nun aus dieſen wenigen Gedanken er⸗
Belle ‚ daß die erſte Meynung verfchiedenem Wi:
derfpruche unterworfen fen; biernächft aber von der
zweyten Meynung fo: viel Dargethan worden, Daß
£ fie nicht ‚allein möglich, fondern auch wahrſcheinlich,
die dritte Meynung hergegen gleichfalls ihren voͤlli⸗
gen Grund nicht habe: ſo bin ich bis hieher bey der
zweyten Meynung geblieben; weil mich die aber,
der Folgen wegen beſorgt machet, ſo wuͤnſche ich,
daß ein unumſtoͤßlicher Beweis von andern nicht ſo
| ſchaͤdlichen Urſachen dieſe Meynung bey
mir ausloͤſchen moͤge.
Inhalt
Zndalt des — Strike im
—* vierten Bande. RN;
i. Fortſetzung von den langen; und hee Amalogiemjt
den Inſekten Seite 46 465
II. Einige Verſuche, die Veſruchtung ber Pflahzenfaas
- men betreffend ' 488
ÄIL Ein Verfuch, ei; zeigen, daß in Bergiberken ie
ohne fchabliche Dünfte entitehen kann 493
. W. Anmerkung über deit Einfluß großer Kälte in Die
Magnetnadel 495
V. Nachricht von einer Stecknadel, die aus der Blaſe
eines Kindes genommen worden 497
VI. Nachricht von Saſſafrasot, das i in Cryſtallen ange⸗
ſchoſſen 499
VII. Nachricht von einer. weißen Seuchigkei , wie
Milch bey dem Blute 501
VIII. Bruͤckmanns Nachricht von der Seſcha ffenheit des
bey Jena gelegenen Fuͤrſtenbrunnens 503
IX. ei Berfuche vom Queckſilber mweyter
510
X. Helks Nachricht von den Verſtenernngen um Dreß⸗
den und Pirna 539
XL. D. Pierfchend Gedanken von den Zwittern 538
XII, Gedanken über die in den Tannen- und Fuhren⸗
waͤldern fich befindenden Holzwuͤrmer 555
a ae a
Samburgiſches
geſammlete Sorſtim,
zum
Unterricht und Vergnuͤgen,
aus der Naturforſchung
und den
angenehmen Wiſſenſchaften uͤberhaupt.
— 9
—*—
Des vierten Bandes ſechſtes Stuͤck.
Mit Königl. Pohln. und Churfürftl. Sachſiſcher Greypeit
Hamburg, bey Georg Ehrift. Grund, und in Seipzig,
bey Adam Keine, Holle, 1753.
Y
j 0 — 2
2 / (')
N ..a N 7
Narm DIN } Er > a > AN
| | v
DER
Verſuch
von dem
Seeweſen und der Handlung.
Erſte Abtheilung.
Ren Urſprung und Anfang zur Schiffahrt
* hat man von den Aegyptern und
23° Pböniciern berzuleiten. Jene, wie
32 fie über die natürlichen Reichthuͤmer
a eines meitläuftigen Landes hochmuͤthig
wan auf ihre Geſchicklichkeit in den Waffenuͤbungen
trotzten, und von ſolchen Koͤnigen beherrſchet wurden,
die entweder Helden oder Geſetzgeber vorſtellten, wa⸗
ren auf nichts anders bedacht, als wie ſie ihre Mo
narchie auf den höchften Gipfel der Vollkommenheit
bringen —2 Sie unterſuchten die Dinge, die
RER > 902 2 fie -
578° Verſuch von dem ʒeeweſen
ſie einfuͤhren wollten mit Aufmerkſam ſobald ſie
aber dieſelben einmal eingeführet: und für nügtich
erachtet hatten, fo veränderten fie dieſelben nie aus
Eigenfinn oder Unbeftändigfeit. Sie mochten über
Diefes den Ergöglichfeiten gern im hoͤchſten Grade
nachhängen, und wußten ſich fremde Wollüfte in
größter Menge zu verfchaffen, zu denen fie doch im⸗
mer etwas Defonderes mit untermengeten, wodurch fie
ſich vor andern hervorthaten. Die verfihiedenen Kö»
nigreiche, die fie in einer ziemlich Eurzen Zeit unter ihr
Soc) brachten, die Selaven „die fie von allen Enden
herbeyführten, eine forgfältige Begierde, fich zu ver»
ewigen; alles diefes bewog.diefelben, ungemeine Dinge
zu unternehmen ; und dasjenige, was die uralten
Völker weit über die neuern feget, half ihnen folche
vollenden. Der hauptfächlichte Handel, der die Ae⸗
gypter befhäfftigte, und an welchem jedermann
freyen Artheil nehmen Fonnte, war der Handelnah
den Morgenlaͤndern durd) das rorbe Yeer. Und
‚gleichwie eine unzählige Menge Waſſergraͤben er
gyptenlanddurdfähpnitten, und den großen Staͤdten,
die durch dieſes Mittel zugänglich gemacht, und eine
gegen der andern gleichſam wagrecht geleget worden,
den Handel und Wandel erleichterten, ſo wurde das
Sand ‚in kurzer Zeit und mit geringen Unfoften frucht⸗
bar gemacht: welches beydes Vortheile find, welche
die Handlung unterſtuͤtzen und beleben. Durch den
einen werden die Kauſmannsguͤter der Gefahr entho⸗
ben, fchadhaft zu werden, oder zu verderben: durch den
andern aber haben fie einen fo viel ficherern Abgang,
als jedermänniglich Theil daran nimmt, und rag
| ſich bequemlich damit verſotgen kann. aa a
' 88
J
und der Handlung. ° 579
Es ijtkeine Nation, die) fo gut alsdie Aegypter,
fich alle Borcheile und Bequemlichfeiten, die ein großer
Strom an die Hand giebt, zu Nutze zu machen ge«
mußt hätte. Sie hatten überall Waffergräben ges
graben, die der Mil zur Zeit feiner. Ueberftrömung
anfüllete, und dadurch die Zufuhre der Foftbarften
Kaufmannsgüter und der erforderlichen Lebensmittel
befchleunigte. Man ſah allenthalben: alles voller
flachen Schiffe und Floͤße, diebis in den Steinbruͤchen
jelbft die Spigfäulen und andere Bildhauerarbeiten,
die dDafelbft verfertige worden ‚waren, abboleten.
Was den Preiß der Dinge erhöhet, was. diefelben
theurer machet, das jind die Fuhren über Land, deren
Sangmwierigfeit- und Schwierigkeiten oſtermals den in-
‚nern Werth der Dinge felbft verzehr Man wird
diefes täglich in Frankreich inne, wo die Heerftraßen
(ſowohl durch die Schuld der Kriegsbaumeifter , des
nen die Beforgung derfelben obliegt, als der, Dber-
auffeher der Provinzen, die, ungeachtet der Hof:
dienfte, womit fie.die daran liegenden Dörfer beſchwe⸗
‚ren, und der Anlagen, fo jie daraus ziehen, und ver=
muthlich zu anderm Gebrauche anwenden, nicht genug:
fame Acht darauf haben ) fo übel beſtellet, fo ſchlecht
unterhalten und fo nachläßig ausgebeflere werden.
Daferne die Chinefer ihrem Urfprunge nach wahr-
haftig Aegypter find , wie einige Gelehrte, und was ..
noch mehr, einige feharffinnige Köpfe muthmaßen
wollen, fo Fann man fagen , daß fie nicht aus ver Art
ihrer Vorfahren gefchlagen, fondern diefelben noch in
vielen Stüfen übertreffen, Und gewiß, fie haben, -
fo zu reden, ihr ganzes fand dadurch fchiffbar und
leicht zugänglich gemacht, daß fie.einen Strom mit
9 IR — dem
Verſuch von dem n Semeſen
pi andern durch Wafergräben an einander < gehängt,
und diefe Gräben ſo geſchickt zu leiten ale daB
faſt feine Stadt, ja faum einmal ein Dorf zu finden
ift, wo man nicht bequemlic) zu Schiffe hinfommen
fonnte. Zudem fo erblicket man auf diefen Strömen
ein unzähliges, arbeitfames, und mit wenigem fich bes
belfendes Volk, fo ſich auf nichts‘, als Handlung,
leget, und felten an das Sand fommt. Und gleichwie
dieſes fammtliche Volk Feinen andern Grund noch
MWohnftädte har, als feine auf verfchiedene Weife ge
bildeten Schiffe, fo begiebt ſichs oft, daß diefe Schiffe
über einen Haufen zufammen fontmen, und eine Ark
von Städten ausmachen, weldhe die Ehinefer, die
vielauf ein geiles Ebenmaaß halten, Waſſer ſtaͤdte |
zu nennen pflegen. Durch diefer ihren Borfchub wird, _
fo zu reden, die ganze Bölferfchaft in Bewegung ge=
ſetzet; fie reifet und flieht die Faulbeit und den Muͤſ—⸗
figgang ; es fommt ihr nichts zu ſchwer für, fobald
fich nur ein Gewinn zu erholen, oder einige Ehre zu
erjagen, darbiethet. So iſt auch das Regiment in
China unter allen denen, die heutiges Tages befannt
find, das vollfommenfte, das weifelte, das am we⸗
nigften tyranniſche, für Verdienſte und Gaben, die
fich hervorzuthun gefrauen , das günftigfte, mit einem
Worte, Dasjenige Regiment ‚ wo man am meiften
die öffentliche Drdnung handhabet, und die Ruhe und
Das Gluͤck eines jeden insbeſondere in die größte
Sicherheit feßer.
Was die Phoͤnicier anbelanger, ſo muß man
uͤber den Grad der Macht erſtaunen, zu welcher ſie
ſo ſchnell gelanget ſind, wenn man bedenkt, daß ſie
nur einen ſchmalen Strich —* an der —
uͤſte
und der Handlung. 581
Kuͤſte beſeſſen, und mit maͤchtigen und kriegeriſchen
Voͤlkern umgeben geweſen, die ihnen, ſich auszubrei=
ten, verwwehreten. - Allein eben diefes vergrößerte ihre
Kuͤhnheit und Begierde, fich hervorzuthun, und bes
wog fie, ein neues Neich auf der See zu fuchen, 100»
für fie niemanden, als allein ihrem Heldenmutde, einen _
Dank ſchuldig wären. Won folchen Gedanken einges
nommen, machten fie ſich alle Häfen und Anfuhrte,
die fie auf ihren Küften hatten, und ihnen die engen
Graͤnzen ihres Baterlandes mit Wucher erſetzten, ges
ſchickt zu Nutze. Diefe beftändige Befliſſenheit auf
die zum Seewefen gehörigen Dinge, hat diefelben in
den uralten Zeiten fie die Erfinder der Rechen⸗ und
Sternſehekunſt, ja felbft für diejenigen anzufehen An-
laß gegeben, welche der Handlung eine vernünftige
und Flüglid) eingerichtete Geſtalt gegeben, da fie die
felbe von allen Uinterfchleifen und Verhehlungen, fo
dieſelbe verfälfchen und verderben konnten, , geläutert,
und zu gleicher Zeit die doppelte Verrichtung von
und Handelsleuten zur Ausübung gebracht
aben
be Ein anderes Lob, fo die Phoͤnicier verdienen, iſt
dieſes, daß ſie ferne ar gefährlihe Schiffahrten uns
ternommen, ohne daß fiejemand vor fich gehabt, der
ihnen den Weg gewieſen, oder Hülfliche Hand geborhen
hätte. Man Fann nicht glauben, wie viel die Alten
auf fühne und wißbegierige Seute gehalten, die ſowohl
„zu Wafler, als zu Lande, viele Reifen gethan, und
von denenſelben taufenderley ſeltene und merkwuͤrdige
Dinge, ſamt der Kenntniß einer neuen Welt, mit⸗
gebracht haben. Die fabelhafte Geſchichte erman⸗
gelte nicht, ſofort auszuſprengen, daß ſie in die Hoͤlle
204 hin:
582 Verſuch von n dem Zeewe
hinunter gefahren waͤren, und den — Goͤt⸗
‚tern ihre, Geheimniſſe abgenöthige hätten. So lau:
teten die Erzählungen, die auf die Rechnung eines
Herkules, eines Thefeus. und eines Pirithous
herumgetragen worden, und welche alle große Dichter
angenommen, obne dap fie vielleicht recht :gemußt,
mas zu denfelben Anlaß gegeben. Wenn die heutigen
eben fo große Luft an Maͤhrlein hätten, mas würden
fie niche für Gelegenheit haben, diejenigen herauszu-
fteeichen , welche die entlegenften Meere durchftrichen, |
und faft die ganze Welt umfegelt haben: als einen
Serdinand YMagalbac, insgemein Magellan ge
nannte, einen Ritter Srancis Desk, einen Ritter
Thomas Cavendish, einen ®livier von Hoorth,
und endlich einen Sebaſtian Cano, den Kaiſer Carl
der Fünfte auf eine fo vorzuͤgliche Art belohnete, da er
ihm eine Weltkugel sum Wapen ertheilte mit der Um»
fhrift: Primus mei eircumdedifti +? Würden diefe
berühmten Seefahrer nicht ebenfalls in fo viele Her⸗
Eules oder Bacchus, Argonauten oder Tynda⸗
riden verwandelt worden ſeyn? RL
* Man hat angemerfet, daß, a des Wortes cireum⸗·
dediſti, entweder eireumiuifti, , ‚oder ireumnauigafti,
ſtehen foflen. Allein, mer wollte voneinem fo großen
Kaifer eine fo genaue Richtigkeit in dem Ausdrucke er⸗
fordern! Ich erinnere mich hierbey der Antwort,
welche Alerander der Große von: einem Tonkuͤnſtler
befam, dem er, in Anſehung einiger Ben
feiner Kunſt, einen Verweis geben. wo fe, und die
folgenden Anhalt war: Bebuͤte Gott, de aß Ew.
Mojeſt. dieſe Dinge ja nicht beſſer —*— en, es ich!
and der Handlung. © 583
Es ſcheint, daß der gegwungene Aufenthalt des
Volkes Gottes unter den Aegyptern demſelben eine
Neigung zur Schiffahrt eingefloͤßet, und daß dieſe
Neigung durch die Nachbarſchaft mit Tyro und
Phoͤnicien noch mehr angewachſen ſey. Denn
wo man Luſt und eine ſtarke Begierde, in einem
Dinge zum Zwecke zu kommen, bey ſich he—
get, fo unterlaͤßt man nichts, ſich die nuͤtzlichen Ein-
richtungen zuzueignen, die man bey feinen Nachbarn .
wahrnimmt, und. die ihnen- fehmeichelhafte Vorzüge
zuwege bringen. : Und eben hierinn koͤmmt mir der
Nacheifer vornehmtich loͤblich, ja gar als eine Tugend
vor. ‚Die Flotten Salomons, die nah Ophir und
Tharfis giengen, brachten unfägliche Reichthuͤmer,
Geraͤthe, Arbeiten von Elfenbein, in Judaͤa unbe»
kannte Seltenheiten , und vor allen Dingen Gold,
‚von dannen mit. ' Kein Fürft, fo reich) und mächtig
er immer geweſen, hat jemals fo viel von dieſem Foft-
baren Metalle zufammengebradht, als Salomo (dem
eine einzige Neife vierhundert und funzig Zentner
Goldes eingebracht) , noch auch die Pracht je fo hoch
getrieben, als fie unter feiner: Beherrfchung gemefen.
Es würde etwas Leberflüßiges feyn, wenn wir ung
hier in eine mühfame critifcye Unterfuchung einlaffen
‚und ausmachen wollten, welches die eigentliche tage
‚von Dpbir und Tharfis gewefen. Einige neuere
Scriftfteller bilden fih ein, daß diefe beyden, Ma»
men die beyden Theile von America überhaupt bes
‚deuten, welche die Landesenge von Darien von einans
: der abfondert, und daß der judifche König, des Chri⸗
ftopb Columbus Vorgänger geweſen waͤre. Allein
dieſe Meynung hat fo wenig Wahrfcheinlichfeit, daß
905 fie
—*
584 Verſuch von dem Seeweſen er
fie nicht einmal eine Widerlegung verbienet, Alle
aus der Schiffahrt gezogen, wiewohl er die am ro⸗
uͤbrige Meynungen aber laſſen ſich fuͤglich in zwo
einſchraͤnken. Ben a
Die erſte ift von dem Bifchofe von Avran⸗
ches, Heren Auer, derfichin einer fangen und müh-
famen Abhandlung zu beweifen angelegen fen Taffen,
daß Salomons Reichthuͤmer von der oftlichen afri⸗
canifchen Küfte, und infonderheit aus der Landfchaft
Sofala, die fehr reich an Elfenbein und Goldgruben
ift, bergefommen wären. Die andere will, daß
man Ophir und Tharfis in Indien zwiſchen den
beyden Halbinfeln des Ganges, fuchen müffe. Dies
fe Meynung wird dadurch nody wahrfcheinlicher, daß
alle weltliche Schrifefteller darinn einig find, daß vor.
diefem feine Handlung reicher, noch weitausgeſtreck⸗
ter gewefen, als diejenige, welche entweder über das
rothe Meer und die Meerenge Babelmandel,
oder über den arabifchen Meerbufen nach Indien
‚geführee worden. Dafelbft traf man alle Kaufe
mannsgüter an, womit Salomons Schiffe bela«
den nach Haufe famen, und fand diefelben,, nicht al«
lein wegen der Befchaffenheit und Fruchtbarkeit des
Landes, fondern auch wegen der Edelmürhigfeit der
Einwohner allda im UWeberfluffe, als melde einen
Ruhm darinn fuchten, alle Fremden zu gewinnen, und.
durch ihre Dienftfertigkeit an ſich zu ziehen, bey denen
fie zu vechter Zeit zu verlieren, ihren Schaden aber
bernach mit YBucher nachzuholen wußten. Indeſſen
mag es mit diefen verfchiedentlichen Muthmaßungen
befchaffen feyn, wie es wolle; fo ift es genug, wenn
ich hier nur anführe, was für Vortheile diefer Prinz
then
und der Handlung 585
chen Meere fo bequem gelegenen Hafen zu Eloth
und Zzeongeber zu erweitern und zu verftärfen wiſ⸗
ſen, und mit wie großer Geſchicklich⸗ und Behutſam⸗
keit derſelbe einen Ueberfluß in ſeine Staaten gezogen,
der uns heutiges Tages faſt unglaublich vorkom men
wuͤrde: Alles dieſes aber hatte derſelbe vonnöthen,
die prächtigen Gebäude, die er dem Gottesdienfte ge»
widmet hatte, zu vollenden, bey demfelben alles, was
die Baufunft Damaliger Zeiten Künftliches befeff ſen,
anzubringen, und fie mit allen Schönheiten auszuzie⸗
ren, die Menfchenhände dazu beytragen fonnten.
Dftindien, fo naͤchſt China das volfreichfte
‚sand auf dem Erdboden ift, war lange Zeit der Vor⸗
wurf aller Reifen, fo die Alten unternahmen, und
aller Handlung, womit fie fich befchäfftigten. Und
wie konnte auch wohl eine Handlung nuͤtzlicher ge»
trieben werden, als eine ſolche, wobey ſo Verkaͤufer,
als Käufer, faft gleichen Gewinn zogen! Die Voͤl⸗
fer, die Dadurch) angelocfer wurden, zogen um die
Wette, und nach Maaßgebung der Begierde oder
der Geſchicklichkeit, die fie befaßen, fich zu bereichern, da⸗
bin: und wie aus Arriani Periplo ınaris rubri, aus
pielen Anmerkungen des Plinius, Solinus und
- Pbiloftrarus erheflet, fo war damals feine Straße
weder bekannter, noch mehr beſuchet. Zudemfo both
Oſtindien, welchesdamals, fo wie noch heut zu Ta⸗
ge, die gefchickteften und behendeften unter allen Han-
delsleuten hervorbrachte, fomohl wegen ihrer Kennts
niß des innerlichen Werthes des Öoldes und Silbers,
welches fie vielmehr wie eine Kaufmannswaare, als
wie eine Münze betrachten, als weil fie allerley Aus»
Manage ; und * zu ſagen im — — zu ma⸗
chen
586 Verſuch von dem Seeweſen
hen mußten, dar. _ Zndeffen gerieth eine fo vorteeff-
liche Handlung nad) und nad) in Verfall und Ab:
nahme, und verlofch endlich ganz und. gar; bis folche
nachher von denen ehr: und madhtbegierigen Prole-
maͤernwieder hergeftellet wurde. Anfänglich maßeten
fi) derfelben die Handelsleute von Alerandria an,
und ſchickten jährlich anfehnliche Klotten dahin. Die
fe Kaufleute waren fehr — und fruchtbar
an Ausfindung allerley Mittel und Wege: Sie wuß-
ten ſich alle Umftände uße zu machen, die ihnen
durch einen gluͤcklichen Zufall angebothenwurden. Ein
forgfältig beobachterer Gewinn, der täglich wieder:
fommt, die zu rechter Zeit überftiegenen Hinderniffe
der Waarenverführung , und die Vervielfältigung
des Briefmechfels, machen, fo zu fagen, die Seele der
Handlung, und infonderheit der Seehandlung aus.
Aus den Ueberbleibfeln der alten Stadt Tyrus,
und mit Hülfe derer von den Phöniciern erhaltenen
Nachrichten erwuchs Carthago,die fo ſtolze Mitbuhle⸗
rinnder Stadt Rom, welcher fie die Herrſchaft über die
Welt fo lange ftreitig gemacht. Nichts war gefchminder
noch behender, als ihre Aufnahme zur Ser, und, wels
ches gemeiniglich Daraus zu folgen pflegt , ihre. Ver⸗
ſchwendung und Trotz. Gegen das Ende des zwey⸗
ten puniſchen Krieges, zählte Carthago 700000
Einwohner in feinen Ringmauern , und über 300
Städte in Africa felbft, worunter ſie die Hauptſtadt
mar. Sie hatte Bolfpflanzungen nad Spanien,
in Sicilien und Sardinien gefchicet ; welche da-
felbft fo —— als maͤchtig worden waren. Ihre al⸗
lenthalben in Ehren gehaltene Schiffe machten von
Tage zu Tage neue Eroberungen; ja! man —
o
0 md der Handlung. "587
fo gar, daß fie bis nad America gefommen find.
Dafern folches wahr feyn follte, wie von gefchickten
$euten gemuthmaßet worden, fo fheint es, daß
die Carchaginenfer fich eine folche Entdecfung, aus
der Benforge, nicht zu Nuge machen wollen, daß man
das alte Vaterland nicht für ein neues verwechfeln
möchte, zumalen fie ohnedem überzeuget gewefen, daß.
die Mache nicht allemal fo ftarf anwaͤchſt, als fie ſich
verbreitet: Allein ihre ‚mit Mistrauen' verfnüpfte
Staatskunſt kann fie auch bewogen haben, andern
Nationen nichts davon bekannt werden zu laffen.
ſich die Spanier wohl dabey
befunden haben, wenn ſie einer ſo klugen Auffuͤh—
rung gefolget haͤtten, als welche vorausſetzet, daß
ſich die hauptſaͤchlichſte Mache jederzeit bey dem Si—
ge der oberften Herrſchaft befinden muß. Sie würs
den nicht, wie ſie gethan, ihr fand von Volk entbloͤßet,
die Menfchen *, deren Sicherheit in ihrer Bereinie
gung beſteht, alfo zerſtreuet, noch auch, zu Erlan⸗
gung eines eingebildeten Reichthums, mittelſt Durch»
wuͤhlung der Bergwerke und Nachſuchung der Mes
Calle, womit fid) der Geiz nimmer erfättigen läßt, den
* Eine wichtige Anmerkung, die man in Spanien ge-
macht, iſt diefe, daß vor der Negierung Serdinands
und fabellen, ein bloßer Tagelöhner und Laſttraͤger,
taglich nur fünf Stuͤber verdienet; der heut zu Tage
wenigftens dreyßig GStüber gewinnt. Da aber der
' Lebensmittel nach geböriger Verhaͤltniß nicht mehr
.. worden, ſo folget auch daraus, daß ein einzig Tage:
lohn binlanglich iſt, ihrer drey oder viere zuunterhals
ten: welches das gemeine Volk in der Achtloſigkeit
und Faulheit unterhale- | Ä —
| fen
Reichthum verabſaͤumet haben, den ihnen die Natur
vor ihrer Thuͤre, und mit viel weniger Unkoſten, dar⸗
both. Unſere alte Rechts gelehrte hatten Urſache zu
ſagen, daß wer zwar Land, nicht aber Macht
erwirbt, fich feinen Untergang bereitet, zumal,
wo diefes erworbene Land ihm keine Rinwoh⸗
ner liefert, - ter. en
Die Nusbarfeit der Schiffahrt was allzuhand⸗
greiflich und allzubequem;, aufmerkſamen Geiftern in.
Die Augen zu fallen, als daß fie den Griechen haͤtte
entwifchen follen. Diefes fo verſchmitzte Volk, das
ſich anderer Leute Erfindungen fo trefflich zuzueignen
wußte, Fonnte nicht ermangeln, fich die Herrſchaft
über das Meer zumege zu bringen zu fuchen. : Man
weiß, was das vereinigte und zu einer allgemeinen
Rache gereiste Briechenland für eine geoße Anzahl
Schiffe wider Troja ausgefandtz; und wie maͤchtig
daſſelbe von der Zeit an zu Waffer und zu Sande ges
weſen, wie eiferfüchtig es über feine Gerechtfame ges
halten, und wie wenig es eine Beleidigung ertragen
fönnen. Homer mag freylich wohl, Eraft der, von.
der Dichtkunſt, ihm verliehenen Freyheit, die Sache
ziemlich vergrößert und übertrieben haben: doch ift
wenigftens fo viel gewiß, daß die Griechen, felbft
bey ihrem Urfprunge, Schiffe erbauet und die Kunft
folche zu regieren gewußt haben. So wie nun ihre
Anfehen zunahm, und diefelben mächtiger und in der
Kegierungskunft erfahrner wurden, fo legten fie ſich
auch mit fo viel größerem Eifer und ‚Fertigkeit auf
das Seewefen. Diefes war -ein Verdienſt, fo unter
ihnen durchgängig ausgebreitet war, und fie hatten
mehr als einmal das Glüd, zahlreiche Slotten zu zer»
Ä | freuen,
588 - Berfuch von dem See
und der Handlung. ' 589
freuen , welche die Meere bedeckten, und Wind und
Wellen Feſſel anzulegen fic) fihmeichelten. Perfien
erfchöpfte ſich ‚vergeblich an Volk und Schiffen, es
wurde jederzeit auf das ſchimpflichſte abgemiefen, bis.
daß der General der athenienſiſchen Flotte, Ci⸗
mon‘; demgroßen Könige, nad) einem erhaltenen wich.
tigen Siege, die harte Bedingung auferlegte, daß er
alle Gewaͤſſer, worinn die Griechen ihre Schiffahrt
hätten, verlaffen, und fich ihren Küften auf drey Tas
gereifen weit nicht nähern follte. Diefes hieß groß
genug gethan, und aus einem fehr gebierherifchen To⸗
ne gefprochen. N.
+. Man Eann leicht denken, daß die Griechen, wie
fie ohnedem voller Feuer und Entjchliegung waren,,
nichts unterlaffen haben werden , fic) eine genaue
Obermacht über das Meer zu erhalten: als woran
ihnen unendlich gelegen war, und welches ihren Ruhm.
bis in die entlegenften Sander ausbreitete. Leute, die
fo hartnaͤckigt und von fich felbft fo eingenommen
waren, wollten fich lieber befannt machen und bewune.
dern laffen, als fich Unterthanen erwerben.
Einhundert Jahr vor Aleranders des Broßen:
Geburt, ftritten fidı Arben und Lacedaͤmon um
die Iberherrfchaft über die ägeifchen und jonifchen
Meere, Diefe beyden, an Sitten und Gemohnhei-
ten fo unterfchiedene Mitbublerinnen, deren eine we⸗
gen ihrer Staatsflugheit und Pracht , die andere
aber wegen ihrer ftrengen Zucht merkwuͤrdig war;
und meswegen man die eine mehr lieben , die -
andere aber mehr bewundern mußte, lagen einan-
der öfters in den Haaren. Endlich aber nahm Lace⸗
| daͤmon,
590 Berfuch von. dem Seewefen
daͤmon, nach bin und wieber erhaltenen Vortheilen und
erlittenem Verluſte, ihrer Feindinn hundert und achtzig
Schiffe ab, belagerte dieſelbe ordentlich und zwang fie,
ſich auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Athen ward
alſo zwar gedemuͤthiget, aber nicht niedergeſchlagen;
es ließ nachgehends Sparta eben die Strengigkeit
empfinden, die es von ihr erlitten hatte.
> DRG RT tt le
Philipp, König. in Miscedonien, ‚Der, Durch:
feinen Bruder erſtlich in Illyrien und nachhero zu
Theben zur Geißel gegeben worden, und von Natur.
laſterhaft war, wenn er folches ungeftrafet ‚äußern,
Eonnte, wurde tugendhaft, wenn er, ſich alfo zu er⸗
zeigen‘, feinen Nusen fand; Philipp, ſage ich, ent⸗
wickelte alle Abfichten und Anfchlage der Griechen,
und mußte fich diefelben zu Muse zu machen. Gleich⸗
wie er eben fo fähig war, einen gründlichen polirifchen
Entwurf zu erfinnen, als auszuführen: wie er, nach⸗
dem er feinen Vortheil dabey erfahe, ein Freund, hin»
gegen aber auch ein unergründlicher Feind, und mei-
ſtentheils ein falfcher und gefährlicher Bundesgenoffe.
war; fo wendete er gleich vom Anfange feiner Regie
rung alle feine Kräfte zu Aufbringung einer Seemacht
an, die er feiner Herrſchſucht gemäß zu.gebrauchen
wußte: Und wenn die Billigfeie feinen Unternehmuns,
gen feine genugfame Farbe anftreichen konnte, fo nahm
er gift und Berftellung zu Huͤlfe. Der erſte Borwand,
deffen er fich zu Ausrüftung einer Flotte ‚bediente, war
diefer, daß er die , durch eine lange Reihe gluͤcklich ab⸗
gelaufener Käubereyen , übermüthig gewordenen See»
räuber verjagen, und das aͤgeiſche und jonifche
Meer von: denfelben ſaͤubern wollte: Es. päßeee |
| aber:
591
"aber nicht lange, ſo trieb er elbſt dieſe ſo ſchaͤndlich,
als eintraͤgliche, einem großen Prinzen fo unanftän«.
dige, als zu Vermehrung feiner Kammereinfünfte
bequeme Handtbierung: und die Schmeidhler, die
feinem Hofe nachjogen und alle feine Regungen aus⸗
forſcheten, erfanden Gruͤnde, wodurch ſie ihm ſolches
zur Ehre auslegten. Denn ſolche Monarchen, die
alles anlachet, und denen das Gluͤcke günftig ift,
wiſſen ſich immer Beyfall zu verſchaffen. Was für
ein Verdienſt iſt es nicht für ſie, wenn esihnen glück
lich geht! Sie vermengen den Erfolg, mit der Billig-
keit der Sache,
Alexander der Große, der zwar von dm
ſchnellen Fortgange feiner Siege felbft verbiendet feyn
mußte, und allenthalben, fid) nod) weiter zu verbiens
den, neuen Anlaß fand, unterließ doch) nicht, nach.
zudenfen, daß ihm feine Eroberungen ohne eine Gee:
macht, und ohnegine beftändig eingerichtete Handlung,
unnüß, ja gar verderblich werden würden; daß er
zwar den Titel eines; Helden, nicht aber eines un«
umfchränften Beherr ſchers annehmen koͤnnte, als
welcher einen Menſchen vorausſetzet, der denenjenigen,
die ihm der Krieg unterwuͤrfig gemacht, nuͤtzlich, und
zugleich, ihnen allerley Vortheile zu verſchaffen, auf—
merkſam iſt. Deswegen ſtiftete er, nachdem er Ty⸗
rus verwuͤſtet und Carthago erzitternd gemacht,
Alexandrien, wohin er das Hoflager der weitlaͤufti⸗
gen Monarchie ‚ die er im Kopfe hatte, zu verlegen
gefonnen war; damit diefer Pag der Handlung gleich:
fan zur allgemeinen Niederlage dienen, und, fo zu
fagen, die verfchiedenen Welttheile mit einander ver.
binden möchte, Nichts war ſchoͤner, nichts einer fo
4 Dan. Pp großen
PER
592 Verſuch von de ©
großen Seele würdiger, als die Wahl
der Stade Alerandria!. Diefe Stadt ie
£refflichfte Sage von der Welt: Sie hing aller ba
an, und fonnte ohne Mühe und Gefahr verfenden, -
wohin fie wollte. Ueberdiefes wurde Aegypten da
mals für die reichfte und feuchtbarfte unter allen fand»
fchaften gehalten. Allein mitten unter dem allen,
mas das Glück angenehmes und fehimmerndes barbie:
eben Eonnte, ftarb Alexander; und mit ihm wurden |
alle feine Anfchläge zu. Waſſer, ’ indem fie für einen jes
den zu weitläuftig waren, der nicht dazu auserfehen
war, die ganze Welt zu erobern und ſich unterwuͤrfig
zu machen.
Jedoch befoͤrderte derjenige: unter feinen Felder.
ven, der Aegypten beberrfshete, und ein Mann von
großer Einficht und erhabenem Geifte war, die Errich⸗
tung von Alexandria, und gab derfelben alle Bor:
rechte und Freybeiten zu genießen, die fieverdienere,
. . Er. eröffnete nachgehends wieder die Schifffahrt nach
Indien, die fo lange. Zeit ber danieder gelegen
hatte: Und die Beförderung, die er dazu verfchaffere,
309, famme der nahen Hoffnung des Gewinnes, als
fies an feinen Hof, was damals an verfchmigten
Handelsleuten und geſchickten Seefahrern irgendwo
zu finden war. Man darf fich hierüber gar niche
wundern. Man weiß ja aus vielen Srempeln neues
ver. — daß, — die —— an 1 einem
I
»*Als der Cjaar Peter 1, der nicht. weniger Kübnbeit |
und Ehrbegierde, ald Alexander, befaß, den
zu Petersburg legte, fo beſchloß er, diefe Stadt bis
zu dem Ruhme des alten Alerandrieng zu erheben, und
zog
md der Handlung. — 593
‚ Hrteiins Aufnehmen koͤnmt, und durch willkuͤhrliche
Schagungen und verberbliche Auflagen nicht gedrücker
wird, die Fremden in Menge dahin kommen. Ein
jeder laͤßt fich um die Werte angelegen ſeyn, an dem
angehenden Gemwinfte Antheil zunehmen, und, fozu
fagen, in ein lädes Sand einzufaen. Da hingegen es
ein faft untrüglich Kennzeichen der geſchwaͤchten Hands
fung und des Verderbens eines Landes ift, wenn man
deſſen Einwohner nach fremden Laͤndern ziehen ficht,
als welche ihr Vaterland niche verlaifen würden, wo⸗
fern die Kuͤnſte daſelbſt belohnet würden, der Abgang
fih auf’ einen gewiffen Fuß erhielte, und endlich‘ der
Berfallinicht allgemein wäre, ET
Dieſer erfte König von Aegypten ließ, die Handı
fung in jeinen Staaten je mehr und mehr aufzumun:
sern, und zu verhindern, daß Feine andere Naion
ihm dieſelbe rauben möchte, auf der weritichen KRüfte .
des rothen Meeres den Plan zu einer prächtigen
Stadt abſtecken, damit er feine Seemacht ſelbſt unter
Augen’ haben, und diedazu erforderlichen Kundſchaf⸗
ten unterhalten möchte, Allein dieſes Vorhaben,
welches durch verſchiedene Hinderniffe hintertrieben
worden, ward erjt nach feinem Tode, durch Ptolo⸗
mäus Philadelphus, zu Stande gebracht, weicher
WER | Dp 2m. Diefer
‚ z0gallesdahin, was er an fähigen, und zu Ausführung
ſeiner Anfchläne gefchiekten Leuten antreffen Eonute,
Bey feinem Abfterben beforgte man, der Geift der
Seſetzgebung, der ihn belebet, möchte ebenfalls mie
ihm erlofchen ſeyn. Allein man bat das Begentheil
glücklich fich ereignen ſehen, und feine Nachfolger has
ben alle ſo wohl von ihm errichtete Gtiftungen zur
Vollkommenheit gebracht. |
594 Berfuch von dem Seeweſer
diefer Stadt, feiner Mutter Berenice Namen, fo
beylegte : Gleich daran. war einficherer und für a
Ueberfalle gedeckter Hafen, Myoshormos genannt,
wo die vornehmlichſten Kaufmannsguͤter aus Arabien,
Indien, Perſien und Aethiopien anlaͤndeten. Wenn
dieſe Guͤter gelöfet waren, wurden fie auf Kameelen
nach Coptus gebracht, wofelbft öffentliche dazu be⸗
ftellete Bediente Sorge dafür trugen, daß fie auf dem
Nil eingefchiffet und unbeſchaͤdigt nach Alerandrien
geführet wurden. Daſelbſt nun war ein immerwaͤh ·
render Umſatz, ſowohl deſſen, was aus dem ſo reichen
Orient nach dem Occident gebracht wurde, als
desjenigen, was der leßfere dem Drient, wiewohl
in weit geringerer Maaße, wieder überließ. Danun
diefe Doppelte Handlung FZubrleute, Handwerker, und
fonft allerhand $eute erforderte, fo hatte man. von
Coptus aus, bis an das rothe Meer eine Heerftraße
angeleget; und diefe Straße war nicht nur längft aus
mit einem Waffergraben und großen, in einer gemife
fen Weite von einander angebrachten Hältern mit
füßem Waffer, verfehen, fondern man hatte auch zur
Bequemlichkeit derjenigen, welche die Berführung
der Waaren beforgeten, die ohne Unterlaß nach Aleran«
drien giengen, oder von bannen herfamen, Vorraths⸗
und Wirthshaͤuſer erbauer. Ueberdieß ließ Prolos
mäus Dbiladelpbus zwo zahlreiche Flotten, und
zwar eineim rothen, die andere im mittelländifchen
Meere Ereuzen , die den Seeräubern Einhalt thun,
und die Kaufleute vor ihren unverfehenen Ueberfällen
bedecken mußten: Woraus zu gleicher Zeit feine Macht,
fein fürtreffiisber hoher Geift, und feine Gefliffenbeit,
feiner Unterthanen Glück ins Aufnehmen zu bringen,
erbels '
y A Wf (lem
|
amd Der Handlung. | 505 |
erhellet, als welche niemals anſehnliche Verluſte zur
See erleiden, daß der ganze Staat es Rt mit em«
pfinden follte.. *
Außer denen Ptolomaͤern, die ſich in Mehypten
niederließen,, verfäumeten auch Aleranders übrige
Nachfolger die Schifffahrt nicht. Seleucus und
Antigonus, welche uͤber eine Kleinigkeit um ſo viel
unverföhnlichere Feinde geworden waren, jeengerihre _
vorige Sreundfchaft verfnüpfet geweſen, rüfteten zahl⸗
reiche Flotten aus, und griffen einer um den andern
einander an. Der legtere hatte einen Sohn, der ſich
durch-feinen, zu finnreichen Erfindungen und med)a«
nifchen Künften, aufgelegten Geift befonders hervor»
that, Er erfand neue Ruderfchiffe und neue See
werkzeuge. Michts konnte ihm widerſtehen, und fein
behender Wis in Ueberwindung aller Hinderniffe,
trieb dasjenige durch, was am allerfehwerften, und
feine Geduld zuermüden, amfähigften fehien. Man
betrachtete ihn auch als einen unuͤberwindlichen, oder
wenigftens einen folhen Menſchen, der in den Widers
wärtigfeiten felbft Kath und Hülfe fand, und neuen
Muth ſchoͤpfete.
Griechenland und Elein Afien, fo in viel Rös
nigreiche vertheilet waren, und einander fait beftändig
in den Haaren lagen, hatten wechfelsweife ſolche
Prinzen, die den Werth des Seewefens Fannten, und
fid) darinn hervorthaten. Dergleichen waren Phi:
lippus und fein Sohn Perfeus, Könige von
Macedonien, Attalus und Eumenes, Köni«
ge von Pergamus, Prufiss, König von Bythi⸗
nien, Antiochus, Koͤnig von Syrien und heim-
ice Anhänger aller Feinde des vömifchen Vol⸗
pp 3 Ä kes,
kes, Nabis und einige andere di
auf den Kuͤſten Öriechenlandes feft geſetzet he
Allein dieſe Prinzen ſtuͤrzten einander entweder ſelb
aus heimiichen Haß- und Eiferfuchtstrieben,: De.
ten auch endlich alle unter der Römer Macht erlie-
gen. Wenn man reiflich erwaͤget, was fie für heim«
liche Mittel angermande, und wie dieſe letztern ihre
ſchmeichleriſche Gelindigkeit mit einer beſtrafenden
Strenge abzuwechſeln gewußt, fo. datf man ſich nicht
wundern, daß die ganze Welt, "entweder durch Waffen
bezwungen, oder durch die Furcht gebaͤndigt, derſel⸗
ben gehuldigt babe. Die Römer ‚mußten, ihrer
‚ wahren Eigenfihaft nah, Herren der Welt werden,
wie fie foldyes auch) durch ihre. Eroberungen: und FR
ge worden find. - |
Indeſſen wußten ſie alle Vortheile bie einegroße
Macıt zur See verfchaffer, nicht eher als beym Anfange
bes zweyten punifchen Krieges, recht wohl zunußen.
Bis dahin hatten fie ſich nur gar menig und, ſchlecht
darum bekuͤmmert, weil ſie entweder mit Erweiterung
ihrer Staaten zu Lande beſchaͤfftiget geweſen, oder
auch weil die erſten widerwaͤrtigen Faͤlle die ſie auf
ihren Kiſten erlitten, denenſelben eine Handthierung
verleidet hatte, wo alles voller Gefahr, allesvoller zu⸗
fälliger Begebenheiten it. Gleichwie diefelben aber
ihr natürlicher Trieb dahin bewog ‚' dasjenige beharr⸗
lich zu behaupten, was fie einmal für gewiß und un-
widerfprechlich erfannt hatten, fo feßten fie auch das
Seeweſen nicht ferner an die Seite, ſo bald ſolches
mit ihren Abſichten und Angelegenheiten uͤbereinzu⸗
ſtimmen ſchien: Und man kann fagen, daß fie dieſes
der Stadt Carthago hauptſachlich zu danken Men
unnd der handlung · 607
deren Stolz und Hochmuth ihnen ſeit ſo langen Zei⸗
ten unertraͤglich war. Wie denn auch, da der Rath
zu Rom endlich den traurigen Schluß, dieſe Stadt
bis auf den Geund zu verſtoͤren, gefaſſet, die Anrede,
welche der Buͤrgermeiſter C. Marcius Figulus,
auf deſſelben Befehl, an die Carthaginenſer hielt,
folgendes Inhalts war: „Die See, die Madıt *,
„die ihr darauferlanget, und die Schäße, Die euch da⸗
Zher zufließen, dieſe ſind es, die euren Untergang vor
„der Zeit befördern: Die See hat euch, Sardi⸗
„nien, Sicilien und Spanien, an euch zu reißen
„bemogens Eben diefelbe hat euch, alle Friedens«
„ſchluͤſſe zu brechen, unfere Kauffahrteyſchiffe zu bee
„rauben, und, damit eure Mishandlungen verbor⸗
„gen biieben, die darauf befindlichen Menſchen zu er«
„täufen, verleitets > Kurz, eure Erfahrenheit zur
„See Hat euch fo Fühn gemacht, daß ihr nichts ge«
„ſcheuet, und euch aus folchen Bosheiten eine Ehre
„gemacht, die wir zu ahnden noch nicht im Stande
„und Vermögen waren. „, X |
Sch. bin hier niche Willens, allen Kriegszügen der
Roͤmer auf dem Fuße nachzufolgen, die fie nach) den
AEATTER un Porn punia
*Als fih im Jahre 1508 faſt ganz Europa mider Die
Republik Venedig verband, und ſich diefelbe in den
berühmten Tractat einließ, welcher Dee Bund von
Camerich genennet wurde, konnte man diefer Repu⸗
blik eben dergleichen Vorwurf machen, Weil fie aber
"glüeklicher, oder auch verfihmitter ald Carthago
war, fo wußte fie Mittel auszufinden, wie. fie. bie:
‚Menge ihrer Feinde zertrennete und felbft diejenigen
„auf ihre Geite brachte, die anfanglich ihren Unters,
gang aufs außerfle zu wünfchen geſchienen haste.
&
in Kriegen — * hs ie eine
gemeineFaͤhigkeit bey der Anfuͤhrung ihrer Kriege
eine ſo freymuͤthige Hurtigkeit des Verſtandes in gefähr«
lichen LUmfländen, und eine fo glückliche Bebendigkeit
die Bölfer zu gewinnen, und diejenigen, die fie fich
mit Gewalt unterwürfig gemacht , zu einem; freymilli«
gen Gehorfam zu bringen, bezeiget haben. Ich will
nur ſo viel ſagen, daß, wie dieſelben in ihren Unterneh⸗
mungen allezeit auf das Erhabene gezielet, ſie auch
Sorge getragen, jederzeit anſehnliche Flotten in See
zu halten, und denenſelben Feine andere, als wohler⸗
fahrne Seehelden vorzufegen. Die Ruhmbegierde,
die fie durchgängig anreizete, verurſachte, daß fie die
Handlung anfänglich für, etwas. Niedertraͤchtiges und
Unanſtaͤndiges anſahen: Quaeſtus omnis, rief ei⸗
ner unter ihnen aus, Patribus indecorus viſus eſt.
(Aller Gewinnſt hat bem Rathe unanſtaͤndig geſchie⸗
nen). Allein, dieſe ſtrengen Geſinnungen fielen nach
und nad) weg; und eben dieſe Römer, Die das Ans
fehen hatten, als wenn fie nur darum überwinden
wollten, Damit fie Beyſpiele der Redlichkeit, Uneigen«
nüßigfeit. und Mäßigung gäben, fuchten neue Siege
zu erhalten, damit fie ſich die Annehmlich- und Be⸗
quemlichfeiten , die ihnen abgiengen, verfchaffen, und _
Stalien mit der Beute und den Reichthümern ande:
ver Nationen auszieren koͤnnten. Der Untergang
von Carthago, der mit ganzen Strömen Blutes
erfauft werden mußte, unterwarf der Stadt Rom
den ganzen Ueberreſt von Africa, welchesihr, wegen
des Kornhandels, ungemein zu ſtatten Fam : Der
corinthiſche Brand, der nachher erfolgere, entfräf-
tete Griechenland vollends , und Münae es in eine
um
und der Handlung. 599
um fo viel fläglichere Dienftbarkeit, jelänger e8 vorher
zu befehlen gewohnt gemwefen war. Die Eroberun>
gen betreffend, welche die Römer in Aften verrichte-
ten, diefe brachten ihnen unermeßliche, und vorher
wenig befannte Keichthümer ein: und mit diefen
Reichthuͤmern wurde zugleich zu Rom und in den
vornehmften Städten Italiens ein recht feltner
Pracht, eine mweichergefuchte Zierlichfeit mit einge-
führer, die fich über die Gebäude, Hausgeräthe, Klei⸗
der, Gärten, Zurichtung der Speifen und über alles
erſtreckte. Die Siebe zu Luſtbarkeiten, ein in die Au«
gen fallendes Gepränge und Herrlichkeit verbanneten
die alte Strengigfeit der Sitten: und dadie Nation
reicher , gefitteter und gefelliger worden war, verach⸗
tete fie die demuͤthige Armuth ihrer Vorfahren, und
machte * fich neue Vorwürfe der Tugend, die fie mit
der Wolluft verfnüpferee, RR
uam | Pp5 Alles
* Einer der größten Beweiſe, den man beybringen kann,
daß ein Reich im Flore ſtehet, iſt wohl dieſer, daß der
uͤbermaͤßige Aufwand und Ueberfluß darinn herr⸗
ſchet, und ſich nach ſeiner Verhaͤltniß auf alle Staͤn⸗
de und Lebensarten erſtrecket. Durch den Aufwand
verſtehe ich bier den Ueberfluß, den eine Nation vers
langer, die alles bat, was ihr nothwendig iſt. Wor⸗
aus denn folget, daß, jemehr diefe Nation an Macht
und Reichthum zunimmt, je höher fie auch. den Aufr
wand freibet. Titus Kivius merfet an, daß die Rö-
mer vor den afiatifchen Kriegen, nur grobe und un⸗
wiffende Bedienten gehabt, dahingegen fie nachge>
hends folche gehabt, die in dem guten Geſchmacke und
den Wiffenfchaften Ruhm geſuchet. Was vorher, fee
Gef er hinzu, nichts anders, als eine niedertrachtige,
und aus Noth gebuldete Berrichtung. war, wurde gar -
bald eine Kunft und Hebung. '
mit — — — 8 —
liſt und Betrug zu widerſetzen getrauete, mußte ſelbſt
unterliegen, und ſeine Sachen ſo wohl zu Waſſer,
als zu Lande, den Krebsgang gewinnen ſehen. Zus |
cullus, der über diefen unglücklichen Prinzen ſieg |
prangere „ſtellte unter anderer ihm abgenommener |
Beute, hundert und zehn, mit Kupfer überzogene, Gas |
Teevenfchnäbel zur Schaue. Man weis, daß diefes |
dasjenige gewefen, worinn vormals die ganze Stärfe |
der Kriegsfchiffe beflanden, und was fiein einer GSee= |
ſchlacht fürchterlich gemacht hat: Und da diefe Schna- |
bei leicht abgenommen werben. fonnten, trug man die⸗
ſelben am: Tage des Giegesgepränges vor dem Ueber⸗
winder her, der uͤberdieß flatt einer Krone einen güls
denen King um den Kopf trug, worauf viele unters
einander gemengte Bor-und Hintertheile von Galee—
ven in erhabener Arbeit zu fehen waren. Diefe Kro: |
ne wurde Naualis oder Roftralis eine Schiffer oder
Schnabelkrone, genennet.
Allein mitten unter ſo vielen Vortheilen ab
glücklichen Begebenheiten, erhob ſich mitten in bem
Schooße der Republik eine Seemacht, die ihr bald
einen töbtlichen Stoß beygebradye hätte. Diefe
Macht ſchien anfaͤnglich nicht ſonderlich fuͤrchterlich. |
Sie beftand bloß aus einer Hand voll Matrofen und.
Soidaten, die der Strenge der Gefege entwiſchet wa⸗
ren; und, da fie feine andere Rettung als ihre Kuͤhn ·
heit, feine andere Zuflucht als hohle Felfen, und kei
ne andere Hoffnung als die Flucht hatten, . auf |
die NAHME und PUB der a I J
ifſe
und der Handlung: 60ꝛ
ſchiffe legeten. Wenn diefe, zufaͤlliger Weiſe, zuſam⸗
mengelaufenen Soldaten und Matroſen ‚einige an⸗
ſehnliche Beuten gemacht hatten, ſo uͤberließen ſie ſich
‚alfofort,der Schmwelgerey und allerhand (handlichen
Luͤſten *, und famen nicht wieder zum Vorſcheine, bis
alles Geraubte verprafjet war. Eine fo muthwillige
$ebensart verftärfte nicht nur. ihre Anzahl, fondern
lodte auch angefehene Leute zu ihnen, Deren einige
Durch die Neuigkeit verblendet, andere aber unter der
Saft ihrer häuslichen Gefchäffte erdrüicket worden was
‚ren. Es fanden: fich fo gar, Rathsherren und alte
Feldhauptleute, die die Mühe über fih nahmen, fie
anzuführen, und in Kriegszucht und Ordnung zu ers
halten. Solchergeſtalt entftand eine neue. Gattung
‚einer Republik, die ihre befondere Polizey und Geſe⸗
ge harte , allenthalben Verbindungen und Briefwech⸗
ſel unterhielt, und öfters das platte Sand auszuplüns
‚bern und. die wichtigften Staͤdte zu brandfchagen,
feindliche Einfälle vornahm. Es hatte das Ans
feben , fagt Plutarch, als wenn das Seeräus
berbandwerk, darum weil es gluͤcklich ablief,
um ſo viel ebrlicher worden waͤre. Die Strei⸗
tigkeiten und Spaltungen, die Rom innerlich *
zuſtehen hatte, verhinderten daſſelbe lange Zeit, ſo
verdrießlichen Unordnungen abzuhelfen und die Si⸗
cherheit derer italiaͤniſchen Kuͤſten wieder herzuſtel-⸗
len. Als aber das Volk gewahr wurde, Daß die Zur
fuhr des. Getreides aus Aegypien: und Siciien
ausblieb,
Br * Cine gleiche Art zu denfen bat man an denen a america⸗
a „ nifehen Freybeutern oder ſogenanntenðlibuůſtiers wahr⸗
enommen.
602 DVerfuch von dem Seeweſen
ausblieb, und die unentbehrlichen Lebensmittel zu ei-
nem übermäßigen Preifeftiegen, fieng esar, I, fi) oͤf⸗
fentlich darüber zu befiagen, und zu murren. Erblich
wurde dem Pompejus, dieſem Kriege ein Ende zu
machen, aufgetragen, deſſen Folgen gefaͤhrlich ſchie⸗
nen, und welcher, nad) dem Ausdrucke eines Alten,
rupto foedere generis humani fic maria bello quafi
tempeltate praecluſeratʒ oder auf Deutſch: wel⸗
cher, nach zerriſſenem Buͤndniſſe des menſch⸗
lichen Geſchlechtes, die See, durch den Rrieg,
gleich als durch Sturm und Ungevoitter, nes
ſperret hätte, Er fuhr bierbey um fo viel glücklis
cher, als eben diefe Seeraͤuber, welche die Armuth
berzhaftig gemacht, bey dem glüdlichen Fortgange
ihrer Räubereyen weichlich und träge worden waren:
doc) konnte er Faum nach zweyjährigem Fleiße und
Mühe damit zu Stande fommen. Und eben gegen
dem Ende diefes fo unangenehmen Krieges, wider.
holte Pompejus öfters, was ein berühmter Grie⸗
che bereits vor ihm gefagt hatte: Daß man als,
denn zu Lande "herr ft, wenn man es erſt auf
der Seeift, ö
Bishieher waren die Aömer im thiteelländi.
feben Meere geblieben, und nicht weiter gekommen.
Als aber Caͤſar die Statthalterfchaft von Ballien
verwaltete, erfühnten fie fich auch dag große Welt
meer zu befahren, und ließen flärfere und dichtere
Schiffe erbauen, als diejenigen waren, die ſie bereits
hatten.” Die neuen Hinderniſſe, die fie antraffen,
und die fie natürlicher Weife nicht voraus fehen fonn-
ten, feuerten ihren Eifer und Vorwig viel eher an,
als fie folchen abfehreckten. Caſar *
und der Handlung. ee 603
dem er die Einwohner von Dannes, wegen der Ers
maordung feiner Abgeſandten beftrafer ‚ und die andern
Gecſchaͤffte feiner Statthalterfchaft in Ordnung ge⸗
bracht hatte, nad) England binüber zugehen, wel⸗
ches damals als eine fehr Fühne Unternehmung anges
fehen werden mußte. Denn diefes Sand mar niche
allein den Römern ganz unbekannt, fondern die Balz
lier felbft, die nicht weiterfamen, als daßfienurdie -
Kuͤſten deffelben beftrichen, um in der Eile, einige
Kaufmannsgürer, deren fie benöthigt waren, einzu⸗
Eaufeni, hatten nur wenige Kenntnißdayon. Caͤſar
aber beſaß alles, was die Helden ausmachet, einen
Geiſt zu Entwerfung großer Anſchlaͤge und den noth⸗
wendigen Muth zu derſelben Ausführung „in vollkom⸗
mener Maaße. Er war auch, ungeachtet aller ihm
begegneter Widerwaͤrtigkeiten, ſo gluͤcklich, daß er in
England landete, und ein, aus Liebe zu feiner Frey⸗
beit in Wuth gebrachtes Volk, denen Römern an« ;
ſehnliche Steuern und Auflagen zu bezahlen zwang.
Die neuen Kundſchaften, die Caͤſar in Gallien
erlanget hatte, thaten ihm waͤhrender buͤrgerlichen
Kriege, die ihn nach Italien zuruͤck beriefen, unge⸗
mein große Dienſte. Er beſtrebte ſich jederzeit der
ftärffte zur See zu ſeyn; er ließ viele dergleichen
Schiffe, als er bey den Ballıern gefehen, erbauen
und ausrüftenz er richtete jich nach denen, beyihrem
Seeweſen gewöhnlichen Einrichtungen und Schlacht⸗
ordnungen; ja er bediente ſich einer Liſt, die er den
Einwohnern von Vannes abgeſehen, welche dieſe
war, daß er ſeine Schiffe blau anſtreichen, und denen
Segeln und übrigem Taumerke eine Waflerfarbe ge
8* ließ, damit man ſie nicht erkennen koͤnnte: *
* eben
604 Verfurh von dem Seeweſen
eben durch alle diefe Achtſamkeit und verfchiedenen
Kriegsliften, nahm er faft feinen Anfchlag vor, den
er nicht ausfuͤhrete. Wenn man die Behendig- und
Geſchwindigkeit betrachtete, womit er alle feine Kriegs⸗
zuge ausführete, fo fchien es, als wenn die Winde
nur nad) feinem Willen weheten, und als wenn fich
die Stürme ihm nicht zu nähern getraueten. So
bringt es das Verhängniß glücklicher Leute mit fich.
Ich nenme diejenigen alſo, für welche fich die günfti«
gen Gelegenheiten in Menge darbiechen, und die Um«
ftände fich- alfo ergeben, daß alle ihre Abfichten und
Unternehmungen einen völlig. glüdlichen Erfolg ha⸗
Nah Caͤſars wahrhaftig bedauernswürdigem.
Tode, gelangte Auguſt zum Reiche, und trug, feiner
geringen Fähigkeit zum Kriegs « und Seeweſen unge«
achtet, durch den Beyſtand und die Erfahrenpeit fei«
ner Feldherren viele Siege davon. Kein Prinz iſt
jemals folcher Leute fo benoͤthigt geweſen, als er, ob
fie gleich alle deren zur Gmüge haben. Er machte
den Anfang damit, daß er die fammtliche Seemacht
des jungen Pompejus gänzlich zu Grunde richtete,
welcher diefen zwar großen, aber allzuunglücflichen *
Namen, vergeblic) aufrecht zu erhalten trachtete. —
| | 9— hi ie
® an erzählet vondiefem jungen Pompejus, daß, als
er mit Antonias und Auguſt einen Vergleich getrof⸗
fen, er diefelben auf feine Galeere zu Gafte genoͤthigt
habe. Waͤhrenden Gaftmahles harte ihm einer feiner.
Sreygelaffenen ins Ohr geſagt: Ew. Hexrlichkeit be:
fehlen nur, fo will ich ihre Galeere in die raume
See treiben Iaffen. Und wenn fie alfo das —
—
|
und der Handlung 605
Er lieferte nachher die Schlacht bey Actium, die
ihm denjenigen ſeiner Mitbuhler, den er zu fuͤrchten
hatte, und fuͤr dem er ſich in der That am meiſten
fuͤrchtete, unter die Fuͤße brachte. Ein ſo großer
Sieg blieb nicht unvolllommen: Er gab Gelegen ⸗
heit zu Einrichtung einer Berfaffung des Seemwefens,
welche, folange Auguſt herrſchete, im Stande blieb.
-Diefe Berfaflung beftand darinn, daß er jederzeie
drey ſtarke wohlausgeruͤſtete Eſcadren unterhielt; und
zwar die eine zu Frejus, im narbonenſiſchen Gal⸗
lien, um die Kuͤſten von Spanien und dem Theile
der Provenze und Languedoc, fo vom mittel⸗
ländifchen Meere bewäffert wird, im Zaume zu hal⸗
ten; die andere bey dent Vorgebirge Miſenum,
um die Schiffahrt des unteren oder hetruriſchen
Meeres zu bedecken; und endlich die dritte. zu Ra⸗
venna, um die Fahrt des obern Meeres zu verfichern,
welches jego unter dem Namen des adristijchen
' Meeres befannt ift. Außer Dielen legtern beyden
Eſcadren, befanden fich noch zu Miſenum, wie Dea
getius angemerfet, und indem Hafen zu Ravenna,
eine gewiſſe Anzahl Soldaten, die beftändig zum ein«
fehiffen bereit lagen, und Clafliarii (Seeſoldaten) ge«
nennet wurden; deren Berrichtung war, daß fie zur
See dieneten, worinn fie beftandig geüber wurden.
- Cibe⸗
fal aller ihrer Mitbuhler in Händen haben, ſo liegt
es nur an ihnen, fich auf den KRaifertbron zu erbes
“ben: Pompejus ware bierüber unbeweglich gebliee .
ben, und hatte fich nichts zu antworten getrauet, weil
die Unternehmung über feine Krafte negangen ware,
Es gehoͤret zu großen Lafterthaten ſowohl, als zu.
großen Tugenden weit mehr, ald die Menfchen gemeis
niglich befigen. |
66 Verſuch von dem Seeweſen.
Tiberius, der bey feiner Gelangung zʒum Thro⸗
ne, ſich zu ſagen annahm: ſolam Diui Auguſti men-
tem tantae molis capacem eſſe, daß nur der Geiſt
des vergoͤtterten uguſts einer ſolchen Buͤrde
faͤhig waͤre, folgete eine Zeitlang dem Wege, den
ſein Vorfahrer gebahnet hatte. Es wurden auch, nicht
ſowohl ihn zu loben „ daßerbis daher wohlgethan, als
vielmehr ihn anzureizen, daß: ev es kuͤnftig moch beffer
machen möchte, nachfolgende Worte an ihn gerichtet:
Penes te hominum Deorumque confenfus Maris ac
Terrae regimen effe voluit. Götter und Menſchen
baben einmuͤthig gewollt, daß die Herrſchaft
des Meeres und des Brdkreifes bey dir beru⸗
ben follte. Allein er ließ, wie esnur allzugemeiniglich zu
ergeben pfleget, ‚gar :gefchwinde nach, und vergaß
fichfelbft. Dielegten Jahre feines Lebens Famen mit
den erften gar fchleche überein. Wenn große Herren
nichefelbft , über die unter den vorigen Regierungen
angefangenen Einrichtungen eifrig und fleißig halten,
fo fihlagen foldye Einrichtungen bald aus der Art,
kommen nachhero von Kräften, und verfallen endlich
in eine gewiffe Vernichtigung.
Auguſt ruͤſtete auch Schiffe aus zu neuen Ent«
deckungen in Africa gegen der Linie; noch andere zu
Unterfuchung der europäifchen Küften, bis an die
Gränzen des Cberfonefus Cimbrich, und endlic)
wieder andere, welche die Fluͤſſe und Ströme hinauf
fahren mußten, movon man nur die Ausflüffe kannte:
Und die Schiffe, die zu dergleichen Kreuzungen und
Zügen gebraucht wurden, hießen Naues Luforiae oder
Lufuriae (Spieljachten). Kurz, bie Röpmer. hate
ten niemals fo viel gefährliche und wichtige Schiffahr-
sen unternommen, als unter Auguſts Regierung.
Diefer
I
und der Handlung. 67
gutes Sol, der die Oraufamfeiten, bie er währen:
den Triumbirats begangen, durch feine Tugenden
und Wohlthaten erſetzte, ließ ſich angelegen ſeyn,
geſchicte und vorſichtige Maͤnner in die entlegenſten
Provinzen zu fenden, die ihm von allem, was darinn |
vorgieng, aufrichtigen und umftändlichen Bericht ab:
flatten mußten *. Allein mit feinem Tode fing das
Kaiſerthum an zu wanken, feine Grundſaͤulen verße⸗
len nach und nach; und der größte Theil der Prinzen, die
| entweder nach denied der@eburt, over durchtiſt hub
Mi sul ‚mehr zu dem J—— und es under»
merkt auf. Man kann auch faſt weiter nichts zuſammen⸗
hangendes, noch Das der Folge einer klugen und wohlbe⸗
Dachren Regimentsforme ähnlich fähe, davon faven,
weil uns bier die Geſchichte fehler. Man finder nichts,
als verwegene Kriegszüge, woran Troß und Eigen.
finn RN: — hatten, als ein wahrhaſter Muth,
oder
se; Eines derer größten Ungluͤcke, die Koͤnigen und Fuͤrſten
begegnen, iſt dieſes, Daß die Wahrheit gar felten- bi8
gu ihrem Throne gelanget. Ale diejenigen, Die fi)
ihnen nahen, und mit verjchiedentlichen eigennuͤtzigen
An chlagen beſchaͤfftigt, und voller Eigenliebe ſind,
de ken nur, wie fie dieſelben betrugen und in einem
fa gen Müßigaange unterhalten wollen. Gluͤcklich
find Die Regenten, die fich in allen Provinzen treue
Freunde zu verſchaffen mwiffen, die ihnen ſowohl von
dem, was vorfällt, ald auch von denen allda vorge:
henden Ungerechtigfeiten, Nachricht geben! Der Kai⸗
ſer Conſtantin nennete biefe Leute feine Forſcher.
4Dend,. 2
=
608 Derfuch von dem See ”
“oder eine rechefchaffene Begierde, die ® N
miſchen Namens zu erhalten, DR
Gleichwohl find hier zwo merkwuͤrdige
die ich nicht habe übergehen koͤmen. Die af, ii
den Raifer Claudius Nero an, der an dem. unde
des Hafens zu Oſtia einen fo prächtigen Nu ie
Damm erbauen ließ, der durch, zwey in die S
fende Bordämme befchirmet, und auf einen 9 nn
mit Mauerwerk angefülleten und sehen,
- gegründet war. Vor demfelben war diefe Safen
nichts als eine offene und unfichere Rhede, J wo ı a
die Schiffe, wenn fie kaum vor Anker geleget, mit⸗
telſt vieler kleinen flachen Fahrzeuge löfen, dlestere
die Tiber hinauf führen mußte; one eit viel
Schaden und Hafereyen, ja zuweilen gar 3
bruͤche verurſachete, wenn der Wind plöglich um ief.
Diefer von dem Claudius Nero alſo aufgeführte
Mi 8
4
=
"Damm Eonnte mit der Feuerbacke zu Alerandrien
in Bergleichung geftellet werden, welche folgende Auf:
ſchrift billig verdienet Hatte : Der Rönig Prolos
mäus, den Rettungsgöttern, zum Nugzen
derer, die zur See fahren.
Die zwote Stelle betrifft. den Kaifer Trajan,
der den Hafen zu Ancona ſo ungemein zu erweitern
und auszuzieren geruhete, daß er faſt ein Wunder der
Welt daraus machte. Um diefen Hafen ‚giengen
große $uftgänge, wo fich die Handelsleute und Frem⸗
den, von ihren Geſchaͤfften zu ſprechen, und die Waa.
ren, Die fie zu Kaufe hatten, auszulegen, verfamm:
Ieten. Ein wenig darunter waren dicht erbauere und
mit. marmorjteinern Wänden bekleidete Bruͤſtungen
(Borfegen). . Man flieg auf weiten und. breiten
Treppen
und der Handlung. 609
Treppen bis an die See hinab, und die Schiffe wur⸗
den, dicht an in gleicher Weite von einander gelegene
Säulen befeftiger ‚ welche die verfchiedenen Geftalten
der Seegoͤtter auf ihren Gipfeln vorftelleten. Die
Schaupfennige des Trajans legen annoch Beweife
diefer herrlichen Pracht vor Augen , welche von Wiß ⸗
begierigenin ven Seeftädten, die heut zu Tane am be-
rühmteften find, und am meiften bewundert teren,
ſehr ſchwer gefunden werden dürfte, Welch ein er«
babeneres Erempel kann wohl feyn, als das ein fo
weiſer König gegeben, der, anſtatt auf Erbauung
prächtiger Pallafte, oder Auszierung koſtbarer Luſt⸗
gärten ‚ anfehnliche Summen zu verwenden, diefelben
lieber zu öffentlichen und feinen Unterthanen nüß-
lichen Gebäuden , zu einem Seehafen, anwenden -
wollen! Er iit un auf die glorwuͤrdigſte Weife da:
für belohnef worden. Denn man winfchte allen de
nen, die nach feinem Tode den Kaiferthron beftiegen,
nichts als diefe beyden Dinge: daß fie fo gluͤcklich
als Auguft, und fo gnaͤdig als Lrajanı
| ſeyn möchten.
— —E—
pie, wir alfo von fo vielen ——— Na
tionen geredet, wovon uns heut zu Tage nur
ein ungewiſſes und unterbrochenes Andenken nachge⸗
blieben iſt, ſo wollen wir itzo von demjenigen ſprechen,
was uns näher betrifft und angeht; ich meyne, von
unferm Seewefen. Borgängig aber feheint uns wicht
undienlicy, zu erwähnen, daß die meiften europät:
22 ſchen
er efen
60 Verſuch von dem S
ſchen Staaten ſich die Oberherrſchaft der Meere die
ihre Kuͤſten bewaͤſſern, zueignen, und andere Voͤlker*
davon ausſchließen wollen. Was Frankreich bes
trifft, welches fich an dergleichen Eitelkeit nicht kehret,
fo bat ſolches jederzeit ſich des Rechtes bedienet, ſeine
Schiffe in allen Gewaͤſſern fahren zu laſſen: und da
der Koͤnig von Daͤnnemark im Jahre 1637 einige
franzoͤſiſche Fahrzeuge, die bey Spirzbergen auf den
Wallfiſchfang lagen, daran, hindern wollte, ließ
ihm Ludwig XII, durch feinen Abgefandten, den
Grafen von Avanr , andeuten, daß feinen Untertha«
nen alle Meere offen ftünden, und er fi) in einem
Befise zu erhalten miffen würde, woran niemand
zweifeln müßte **. Eben diefes hatten bereits die al
ten Rechtsgelehrten, als einen der erften Grundfäge
besBölferrechtes feftgefeßet : Mare commune omnium
eſt, fagten fie, et litora, ficutaer: et eſt ſaepiſſime
referiptum, non pofle quem — prohiberi.
„Das
» Mer fich aänzlich —— will, daß nichts eiteler
ſey, als dergleichen Anſpruͤche, der darf nur zwey,
uber diefe Materie, aufgefegte vortreffliche Werke leſen;
das eine von dem berühmten Hugo Grotins, unter dem
Zitel: Mare liberum, und das andere von dem Kam:
merfiſcal der Staaten von Holland, Theodor Gras:
winfel, unter dem Titel: Maris liberi Vindiciae. Br
** Gleichwohl bat in den neueren 3 die Krone Dan⸗
nemark ſich dieſes 555 Recht ſeither Errichtung
Ye ar ae a
er — und io der Sant, an zu
machen, und fich dabey zu RR gewußt.
und der Handlung. 6
Das Meer und defjen Ufer find jedermann ges
mein, gleichwie die Luft; und ift zum! Öftern
verordnet worden, daß der Fiſchfang gicht
verwehret werden Fönne.
Ludewig der XIV, hat fein Anfehen noch weiter
getrieben, und fi) deffen nicht nur für feine Untereba«
nen, fondern felbft fuͤr ſeine Bundsgenoſſen nuͤtzlich
zu bedienen gewußt. Denn als der König Carl
der II, von England, die Hollaͤnder und feldft die
Sranzofen, indem Fifeh'ange, den beyderfeits Voͤl⸗
ker in dem Canale und längft den flandrifchen Kuͤſten
trieben, beeintraͤchtigen wollte, ſo trug Ludwig
der XIV, feinem Abgefandten zu London, dem Gras
fen von Eſir ade⸗ ‚ im Jahre 1661, demfelben zu
Binterbringen, auf: daß der König von England
das Verboth der Fiſcherey zum Nachtheile des allge«
meinen Rechtes, welches jedermann Freyheit dazu
giebt, weiter zu erſtrecken nicht befugt waͤre; daß er,
außer dem Belang, den er in Anſehung feiner Un«
terthanen dabey haͤtte ſich, bey gegenwaͤrtiger Ges
legenheit, denen Hollaͤndern, feinen Bundsgenoſ⸗
ſen, huͤlfliche Hand zu biethen, nicht entbrechen, noch
ihnen feinen Beyſtand verfagen koͤnnte, da er eine fo
große Seemacht beſaͤße, daß ihm niemand in der Welt
etwas in den Weg legen koͤnnte. So lautete der
Ausdruck eines Prinzen, der ſich, unter Anfuͤhrung
guter Rathſchlaͤge, an Schiffen mächtiger als at
dere, und zur Se. fürchterlid) zu machen wußte.
Die Gallier, die längft den Küften des großen.
Weltmeeres und an Mündungen großer Ströme woh⸗
nern, und deshalben, wegen folder ihrer Wohnungs»
plaͤtze „auch Ripuarii, Strandeinwohner genennet
| 4 3 wur«
62 Verſuch von dem See
wurden, hatten allzu viele Deguemtichfeiten, zu viele
Inſeln, an Borgebirge, Hafen und tan:
dungsplaͤtze in ihrer Macht, und, ſo zu fagen, in
Haͤnden, als daß fie ſich diefelben nicht zu Nuge machen
ſollen: und wie fie von Natur heftig, ihre Wohn⸗
fiße zu verändern begierig, und, fich zu häuslichen
Gefchäfften zu bequemen, wenig fähigmaren, fo leg«
ten fie fich faſt durchgängid auf die Seefahrt. Sie
waren auch) vollfommen dafür bekannt: Es fehien ih«
nen auch feine Gegend zu ſchwer zu überfallen, ‚ fobald
ihre Schiffe nur darinn anländen fonnten, Und wenn
Die Römer vdiefelben zu Lande unferwürfig machten,
und fie ihrer Rechte und Freyheiten beraubeten, ſo
fonnten fie ihnen doch felten zur See etwas anhaben,
Ja, fie mußten fich noch dazu fo günftiger Vorfälle
und unvorhergefehener Begebenheiten darunter bedie
ren, welche auch die —— und —
beftiirgt machen fünnen.
„Ben den Galliern ift, wie ein ———
| „Dröfat des fünften. Jahrhundertes anmer⸗
„Fer, der geringfte Matrofe fo fertig und erfahren,
„als der befte Steuermann bey andern Mationen.
„Kein Feind.ift zur See erſchrecklicher, und fuͤr kei⸗
‚nem fürchtet man ſich mehr, als für dieſen Gal—
‚liern. Wie fie beftändig auf ihrer Hut, und zum
„Angriffe fters bereit find, jo kann man fie fat nie»
„mals überrafchen. ‚Wo e8 zum endtern fommen
„fell, da find fie viel eher in das’ feindlihe Schiff
„übergefprungen, und haben diejenigen, die ihnen
Widerſtand thun wollen, über den Haufen gewor:
„ren, als man fie anfichtig zu werden vermuther hat.
„Wenn fie auf ein Schiff Jagd machen, fo nehmen
, „fie
und der Handlung. 613°
es nfehlber es mag ſo gut beſegelt ſeyn, als es
vill. Muͤſſen ſie ſich zuruͤcke ziehen, ſo verrichten
„fie dieſes mit folcher VBehendigkeit, daß man ihnen
„eeine ſchimpfliche Flucht vorwerfen kann. Mit ei:
„nem orte, da fie mitten unter Sturm und Unges
„witter u unerſchrocken und alle, in ſolchen Gelegenhei⸗
„een nothwendige Maaßregeln zu ergreifen fähig find,
„fo ſollte man glauben ‚daß fie mit Wind und Wet:
KR a ſelbſt mit dem Tode einen Bund gemacht
J
Iſt Pie —— Abbildung sur Seeweſens,
wie, ol ‚unter einem Abraham du Duefne,.
einem, — von Tourville, einem Nesmond,
einem Pointis, einem Ritter Tean Barth, einem:
nn und einem du Gue Trouin gemefen ?
+ Das Anfchen der Ballier. erhielt, fi) lange Zeit
durch die Herzhaftigkeit, die fie bey allen Vorfaͤllen
blicken liegen, noch mehr. aber durch ihre Kreuzereyen:
und plögliche Einfälle, welche diefelben ihren Fein
den, denen an der See wohnenden Voͤlkern noch un®
endlich fuͤrchterlicher machten. Außer ver. Schiffe
fahrt legten fie fich überaus ftarf auf die Fiſcherey,
und fuchten infonderheit, was man noch heutiges Ta⸗
ges Meerwunder *nennet. Diefer ihre Zähne
machten fie nachgehends glatt, wie die Engländer:
auch thaten, und braudjten fie zu Griffen und Gefäß
ſen an ihren Streitägten und Schwerdtern. Diefes,
war ein Abel ihres Schmudes, wobey fie ſich am:
| 244 ſchoͤnſten
* Allem Anſehen nach wird durch dieſe Veſchreibung der
bekannte Wallroß gemeynet.
09
re Verſuch von dein € Seen weſen
ſchoͤnſten duͤnketen. —S viris g loria, fage
Solin, ell in armorum nitela. Diet Jänner ſu⸗
chen hren groͤßten Ruhm in dem Glanze ih⸗
rer Waffen.
Die roͤmiſchen Keiſet Geteffenb, die vor Con⸗
ſtantin regieret, fo trugen fie, wie bereits erwaͤhnet,
nur gar geringe Sorgfalt für die Aufnahme ihres
Seeweſens. Ja Marcus Aurelius Anteninus,
welcher der aufrichtigſte unter ihnen, und zweifelsoh ·
ne der redlichſte Mann feiner Zeit war, geftand offen
herzig, fe quidem Mundi Dominum efle , Legem
autem Maris, daß er zwar Herr Über den Erd⸗
boden, Runft und BefchicklichEeit aber Herren
uͤber die See wären. Dieſes ift auch in der That
die einzige Huslegung, die man dem Worte Legem ge:
ben kann. Nach Conftantins Zeiten, waren die ges
ſchwaͤchten Kaiſer öfters der Tapferkeit , und felbft den
Einfällen der Gallier bloß gefteller, welche faft in
alten tobreden, die damals an fie gerichtet wurden,
Seeräuber genennet werden. Euentu temeritatis
oftenderunt Galli nihil effe elaufum piraticae defpe-
rationi, quo nauigiis pateret acceſſus. Die Gal-
lier baben durch den glücklichen Erfolg ihrer
Derwerenbeit erwieſen daß fuͤr der verzwei⸗
felten Wurb der Seeräuber nichts verſperret
fey, wo fie nur mit ihren Schiffen hinkom⸗
men koͤnnen. Es ſcheint aber, das man dieſe
Gallier damit anſchwaͤrzen wollen, die weder Frey⸗
Deuter, noch Seeſchaͤumer gewefen ; wohl aber bey
ereignender Gelegenheit ſowohl tapfer anzugreifen, als
ſich zu vertheidigen wußten, und ‚gern neue Stanten
an ſich brachten.
Die
und der Handlung. . 615
Die Roͤmer verloren unter der Regierung des
Elodoväus alles, was fiein Ballien befeffen hatten,
welches Dadurch endlicy von einem’ fo langroierigen
und ſchweren Joche befreyer ward, Diefer junge
Landbezwinger, dem der Sieg jederzeit auf dem Zuße
folgete, der aber die Gerechtigkeit nicht allemal fo ger
nau beobachtete, ftiftere ein großes, und zwar dasjenie
ge Keih, das die Franzoſen feithero fo anſehnlich
und gegen andern fo übermächtig gemacht haben; ein
Reich, fage ich, deffen Anfang er feiner Standhaftig«
keit und feinem Heldenmuthe zu danken hatte. Das
mals wurde alles dutch große Feldſchlachten ausge⸗
macht; und Clodovaͤus ermangelte nicht, ſich an
der Spige feines. Heeres finden zu laffen, und lebte
mit feinen Feldhauptleuten und Rriegscameraden
auf Soldatenmanier. Mitbin brauchte es, unter
dem erften Geſchlechte unferer Könige, Feines Seewe⸗
fen: und wenn etwa damals einige Handlung ges
frieben wurde, fogefchah es von einer Landesſpitze, und
von einer Buche zur andern, und dieſes nod) dazu mie
ſehr Eleinen und fchmwachen Fahrzeugen, weil man in
die Ferne zu ſchiffen entwohnt mar.
Beym Anfangedes zweyten Gefchlechtes, wurde
Frankreich auf dem Ocean durd) die Einfälle der
Engländer und Dänen, im mittellsndifchen
Meere aber durch die Sarazenen beunruhigetz
welche Kriege um fo viel gefährlicher und ungluͤckli—
cher waren, als diefe Voͤlker taufenderley Grauſam⸗
feiten verüberen , und allenthalben Sußtapfen ihrer
Grimmigfeit hinterliegen. So viel und große Ber
wuͤſtungen, die täglich wieder von neuem angiengen,
A Carln den Großen, ſich von dem Ziſten
245
616. Verſuch von dem Seeweſen
de Red und Antwort geben zu laſſen, worinn ſich die
Häfen des Königreichs, befänben, und zu b hl
daß die alten * ausgetiefet, und andere neue angele-
get würden. Nachgehends zog er, durch, überhäufte
Wohlthaten alles an fid, was er, von erfahrnen See:
leuten finden Eonnte, und bediente ſich derfelben zu
Erbauung einer großen Anzahl Schiffe, welche jeder⸗
zeit völlig zugeracelt und mit Mannſchaft befegt ſeyn
follten. Und da er die Nothwendigkeit einer folchen
Einrichtung je länger je mehr einfah und erwog, daß
die ganze Ruhe und Würde des Staats davon ab:
hinge, fo. unternahm er viele Reifen, um alles in ei⸗
genen Augenfchein zunehmen, und zu verhindern, daß
unfreue oder unwilfende Staatsbediente ihn nicht hin⸗
tergehen fönnten: welches ‚leider! nur mehr als zu
ofe geſchieht. Solchergeſtalt verrichtete dieſer große
Held Das Amt eines Admirals, in dem ganzen Um⸗
fange feines Königreiches, in. eigner Perfon, und .
ſchrieb feinen Nachfolgern vor, daß fie folches von
zwey zu zwey Jahren mit -gleichgenauer Nichtig-
keit ** bemwerfftelligen ſollten. Es bat aber nicht dag.
N 666
* Plutarch erzählet, daß daß erite, mas Julius Caͤſar,
nach der pbarfalifcben Schlacht vorgenommen, diefes
geweſen, daß er die italiänifeben Kuͤſten befichtinet,
umd durch gute Damme verwahret. Ertrugüber die: .
ſes die Vorforge, daß an dem Einfluſſe des Tiber-
ffluſſes Vorrathshaͤuſer und einigeandere Gebäude, zur
Bequemlichkeit der nach Rom, fommenden Kaufleute
und Fremden erbauet wurden. Alfo haben große Leu—⸗
te, von je ber , faſt einerley Abfichten, einerley Gedan⸗
fen, und einerley Anſchlaͤge act ——
— e* Von dem Könige Ebgar oder Edgar in England
wird geſaget, daß er le send ee
m. —* ausge⸗
# .
und der Handlung. Ze 617 ;
Anfehen, daß diefe Verordnung jemals fonderlich bes
obachtet worden. Ludewig der. Junge ift viel:
leicht der einzige unter unfern Koͤnigen, der fich der.
felben erinnert, und zu ihrer Erneuerung ‚ vornehm⸗
lid) im Jahr 1102, einige Maafregeln genommen,
Allein, die unglüclichen Zeiten, womit feine ganze Res
gierung verdunfele wurde, und nochmehr feine na«
türliche Unbeſtaͤndigkeit, ließen ipm nicht zu, die letzte
Hand daran zu legen.
Ohne uns bey den Bortheilen aufzuhalten, die
eine folche Verordnung zumege bringen koͤnnte, wenn
fie wohl ausgeführet würde, wollen wir bier nur eine
Stelle aus dem Seben Ludewigs des Heiligen ans
führen. Als diefer Prinz, aus einem unbedad)tfamen |
Religionseifer, fich zur Kreuzfahrt gezeichnet, und zu
Marſilien zu Schiffe gehen wollte, befand er, daß
viele Stände die Schifffahrt auf der Rhone durch
die Auflagen und Zölle, diefiedaraufangeleget, vers
hinderten. Er ward, über diefe Art eines Wuchers,
der auf eine Tyranney hinauslief, verdrießlich, und
verboth foldhen bey fehmwerer Strafe: Und da einer
diefer Herren fich, unter verfchievenen Ausflüchten,
feinem Willen fic) zu widerfegen unterftand, befahl er
atfofort deffelben Schloß zu fehleifen, und ihm, auf eis
ne ſchimpfliche Weife fich zu verbürgen, daß er hinfuͤhro
die Handlung ‚nicht weiter drücken wollte. Diefes
Erempel der Strenge ftund ohne Zweifel einem Kö-
nige wohl an, der auf ne Reiſen nur wen war,
| wie
ausgeruͤſtete und bemannte Flotte gehabt die er
drey Eſquadren getheilet, auf deren eine er ſich alle
Jahre eingeſchiffet, und feine Inſel umfahren habe,
—
| 618 Verſuch von dem Seeweſen
wie aſeinen Unterthanen nuͤtzlich ſeyn Eönnte, und
von den Misbraͤuchen und Schindereyen ber Beam
ten, in der Abfiche folche abzuftellen, Nachricht einzog.
Die Römer beſchwereten ſich, daß ihre Kaifer nie-
mals ihr Hoflager verließen, ohne die Provinzen zu
druͤcken: Sie würden anders gefprochen haben, wenn
biefe Kaifer fo gereifet hätten, wie der heilige Lud⸗
wig.
Wieder auf Carl den Großen zu kommen, ſo
wollen wir ſagen, daß er ſeine Haupteinrichtung des
Geemwefens zu Boulogne anftellte, und die alte
Seuerbacke * dafelbft, welche die Sänge der Zeit ver
nichtet, wieder aufrichtete. Er gieng noch weiter,
‚and uͤeß „ zu Beſchaffung einer gewiſſen Zuſammen ·
haͤngung, auf allen Kuͤſten ſeines Koͤnigreichs, in ge⸗
wiſſer Weite kleine Warththuͤrme bauen, worauf bey
rn Schildwachten waren, die einander zuru⸗
feten.
Y Die Fenerbacke, die Ptolomãus Philadelphus in der
kleinen Inſel Pbaros ‚nahe bey Alexandria, aufrich⸗
ten ließ, bat dieſen Namen (Pbarus) allen andern
mitgetheilet. Man findet heutiged Tages eine gar
große Anzahl folcher Feuerbacken oder Pharos auf
den europaiſchen Kuͤſten, welche fo gar bey Kriege-
zeiten zum allgemeinen Nuben der Seefahrenden un⸗
terhalten werden. Sie ſind auf zweyerley Weiſe ein⸗
gerichtet. Eine Art ſieht aus wie große Lanternen,
And ift mit Glasſcheiben, oder ganz diinnen Blaͤttern
von Marienglas umgeben: und mitten in diefe Ran
fernen werden verfchiedene küpferne Lampen geſetzt,
Die gegen die Nacht angezündet werden. Die andern
find wirkliche eiferne Kobhlenpfannen, in welchen Stein⸗
fohlen gebrannt werden. Diele leßteren thun beffere
Dienſte, weil die andern leicht ſchwarz werden. |
und der Handlung. 619.
feten. Diefe Schildwachten wurden aus den Strand-
machten ausgezogen, welche ‚die Annäherung an die
Küften verwehreten, und, nach allem ihrem Bermö-
gen auf Die Sandungen ein wachſames Auge hatten,
die fich die Fremden öfters allda zu thun unternab=
men. Apleruber erzähle der Mönd) von St. Gal⸗
len, welcher Carls des Großen Leben herausgege⸗
ben, einen gar fonderbaren Vorfall, welcher faft das
Anſehen einer Prophezeyung haben ſollte, wenn. Koͤ⸗
nige das Zukuͤnftige vorher fagen Fonnten. „Eines
» Tages, faget er, als fich.diefer Prinz in.einer See⸗
„ſtadt in Languedoc befand, ward er aus den Fen⸗
„ſtern feines Pallaftes, vieler Schiffe gewahr, die in
„einer. Slorte fuhren, und Volk an Sand fegen zu
„wollen ſchienen. Man ftund eine Zeitlang ‚im
„Zweifel, was diefes für Schiffe wären; ‚und was
„die Arbeit zu bedeuten hätte, Die man fie verrichten
„fabe. ‚Einige hielten es für Schiffe, die aus Africa
„kaͤmen, andere für engeländifche Kauffahrer, noch
„andere aber endlich für juͤdiſche. Carl der Große
„war der einzige, der darauf beſtund, daß es Seeraͤuber
„wären, die aus dem Norden kaͤmen, und mehr Ge⸗
„mehr, als Raufmannsgüter, inihren Schiffen ver«
„borgen hielten: welches auch fur; darauf durch die
„Sciffsböre entdecfet wurde, die man auf Kundſchaft
„ausgelchickt hatte. Wie aber dieſe Seeräuber eines
„fo großen Zulaufes und fo flarfer Bewegung am
„Etrande gewahr wurden, fomerften fie wohl, daß
„der Herr, und zwar ein folcher Herr, der gar zu
„vorfichtig war, als daß er fich überrumpeln ließ,
„ſelbſt zu Haufe feyn müßte, weswegen fie auch fogleich
„wieder die raume See ſuchten. Indeſſenhatte der
„König
620 Berfuch von dem Seeweſen
„König feine Augen beftändig auf die See ae
„und ließ einige Thränen fallen. Er wendete ih
. „hierauf zu denen, diedarüber beftürzefchienen, und
„fagte folgende Worte zu ihnen: Haben diefe geute
„dag Herz, denen Kuͤſten meines Koͤnigreichs annoch
„bey meinen Lebzeiten ſo zu drohen, was werden ſie
nicht nach meinem Tode thun?, Eine Vorherver⸗
kuͤndigung, die zu allem Ungluͤcke nur allzu wahr ger
weſen, und mit ber Zeit nur allzu richtig erfuͤllet
worden.
Ein anderer, ben Seeweſen noch voreheüßufteter |
Anfchlag war derjenige, den Carl der’ ‚Große nad
erhaltener Kaiſerwuͤrde machte, da er naͤmlich die Do⸗
nau und den Rhein mit einander vereinigen, und ei⸗
nen Weg aus dem großen Weltmeere bis in das
ſchwarze Meer, bahnen wollte. Nichts war erha⸗
bener, ‚als dieſer Anfchlag, und nichts Härte Deurfch-
Lande nüßlicher feyn können: als welches Sand uner-
meßlich weicläuftig und voller Lieberfluffes war, allwo
ſich aber, wegen ermangelnder Handlung und Geldes,
faft gar niemand auf Künfte und Wiffenfchaften legte,
Carl der Große brauchte zudiefer Arbeit viele Stadt-
und Kriegebaumeifter, die das Erdreich unterfuchten
und einen Canal abftachen, von. welchem, wie man
verfichern will, im Anfunge dee ‚abgersichenen Jahr⸗
hunderts, noch einige Spuren zu ſehen geweſen ſeyn
ſollen. Es wird bier anzumerfen nicht undienlich
ſeyn, daß man in Frankreich unter allen ein wenig
mächtigen und erleuchteten Regierungen jederzeit daran
gearbeitet, wie man die Ströme ſchiffbar machen,
und den Ocean mit dem YWiirtelmeere, verbinden
koͤnnte. Diefes ift, meines Erachtens, ein Zeit.
punck,
ware und der Handlung. 60
panct, welcher diefen Regierungen große Ehre bringe.
‘Stanz der T unternahm, nachdem er die Feſſel, die
ihn in Spanien zurückgehalten, zerbrochen, etwas,
das diefem ähnlich war. "Allein zu feiner Zeit befaß
man noch nicht fo große Gefhiclichfeit in dem, was
die Ableitung der Gewaͤſſer und die große Waſſerwa⸗
ge betrifft, daß man damit hätte zu Stande fommen
Eönnen, Diefes Wert fchien nur Ludewig dem XIV
vorbepaltn Aufen, berpo Bielaubern, nicht fueniger
nüglichen u. feiner würdigen Unternehmungen beförder«
lich geweſen Gleichwohl muß ich geftehen, daß der erfte
Entwurf eines Canals in Languedoc, unter der
Auffiche des Cardinals von Richelien, abgefaſſet
worden , welcher denfelben auf das allergenauefte un.
terfuchee *, ehe er ſolchen genehm gehalten. Der
Name diefes Minifters befinder fich ſicherlich faſt vor
allem demjenigen, was, nad) feinem Tode, zum Ruh:
me und zue Aufnahme der Nation ausgeführer
0 ee ee
Das $eben großer Leute ift nicht lang genug zu’
Ausführung ihrer Anfchläge, und gemeiniglic) find
ihnen diejenigen, die ihre Stelle wieder vertreten, gar
niche ahnlich. Carl der Große hinterließ einen
Sohn, der niemals erfanhte, was er für einen Thron
befleidere, unddie Religion, die er felbftnicht einmal
Fannte, dazu anwendete, daß er fih aus vielen nieder⸗
; i E ® | ; traͤchti⸗
* Siehe den Bericht, der Bi Cardinal von Richelieu
im Sabre 1633, wegen der Vereinbarung des großen
Meeres mit dem Mittelmeere, durch, Richot, , Eis
„ niglichen Kriegsbaumeiſter, und Ant. Baudan, ber:
aufſeher dev Föniglichen Werke in Languedoc, uͤberge⸗
ben worden.
ai und > abergäußifen Banun gen, welche
die Religion ſelbſt verdammet, ein Verdienſt machen
wollte. Seine übrigen Nachfolger. ‚befaßen weder
größere angebohrne Gaben, noch einen erhabenern
Geiſt, noch groͤßeres Gluͤck im Kriege, ‚Alles fam
unter ihren Händen von Kräften, undgieng zu‘ Grun«
de: Die Arbeiten, die Carl der — entwer⸗
fen koͤnnen, wurden unterbrochen und bliel en U
geführet. Bey einer fo durchgängigen | Ohnm
des Staates fingen die Barbaren ihr Kreuzen fnieber
an. Die mitternächtigen Laͤnder trieben ganze Bol
Eerfchaften aus ihrem Schoofe, Die, in hin und wie:
der zufammengerafften Flotten, zu Schiffe giengen,
und Frankreich auf allen Seiten angriffen. Ein
Theil ſchlich fich auf der Seine und Loire * hinein,
die andern fuchten die Meerenge von Gibraltar, und
kamen die Rhone herauf, bisnach Dalence.. Mord
und Schrecken giengen vor ihnen her; und der ger
ringe Widerftand, den fie an den Kuͤſten gefunden
hatten, vermehrte noch ihren Tretz und ihre Verwe⸗
genheit. Es war umſonſt, daß die Koͤnige, und Er⸗
ben des Zepters Carls des Großen, einmal uͤber
das andere ſtrenge Verordnungen ergehen ließen, wo⸗
4 ſie die Bewahrung der HAM —— und
* Man glaubt, daß viele diefer Barbaren fi) an dem i
Munde diefed Stromes niedergelaffen, die ſich bernach
in der Randichaft Guerande und in der Pflege von
Dannes ausgebreitet haben. So iſt auch die celtiſche
Sprace, die daſelbſt geredet wird, ganz mit —
Woͤrtern angefuͤllet, die von dem alten Sächfifchen ber:
zuffammen fiheinen, und in dem aanzen uͤrigen a
derbretagne nicht gebräuchlich find. IM
ah
und der Handlung. 623
die Kuͤſteneinwohner, auf die allgemeine Vertheidi—
gung ein wachfames Auge zu haben, anbielten. Cs
gieng diefen Prinzen, wie es allen entkräfteten und
geſchwaͤchten Regentſchaften ergeht: Der Vers
orönungen wurden viel, und Feiner wurde
nachgeleber: man machte nügliche Anftaiten,
und niemand gehorchete. Endlich mußte man
ſich mit fo erſchrecklichen Feinden vergleichen, allen ‘Bes
dingungen, die fie nur vorfchreiben wollten, ſich un«
terwerfen, und ihnen eine der ſchoͤnſten Landſchaften
des Koͤnigreiches, bie Normandie, einräumen, da=
mit man nur alles uͤbrige vor ihren Plünderungen
und Anfällen in Sicherheit fegen möchte. Diefe
neuen Gäfte brachten nach der Zeit dem Vaterlande
nicht weniger Ehre, als die alten Einwohner. Ich
will fo gar anmerken, daß fie ihe erites Anſehen, for
mohl in Italien als ‘Sriechenland, durd viele
Eroberungen behauptet haben; wobey jedod) allezeit
etwas Abentheuerliches mit untergelaufen iſt.
Nachdem die Sachen nun in den Stand gera«
then waren, fo vergaß man das Seeweien in Fraͤnk⸗
reich vollends ganz und gar, und firg nicht eher wies
der an darauf bedacht zu fenn, als bis die Könige,
Fürften, Geiltliche, und das Sapenvolf, aus einem une
bekannten Triebe und einer Art einer plöglichen Ein⸗
gebung ſich zur Reiſe nad) dem gelobren Lande _
verlobeten. Man fahe fih damals genötbiget, fieh
der Denetianer, Benuefer und Laftilianer zu be.
/
dienen, und ihnen für große Koften Schiffe abzu-
miethen: welcyes die Kriegszüge verzögerte, und Des
nenfelben eine gewiſſe — zu geben verhinderte,
4Band. Rr ohne
|
624 Verſuch von dem Seeweſen
ohne ı welche alle, —— aber die Schethatt.
uͤbel ablaufen.
Wir wollen hier die — Folgen,
welche die Kreuzzuͤge nach ſich zogen, nur im Vor⸗
begeben berühren; als welche wahrhaftig ungluͤck⸗
lic) waren, und wo die Mittel, deren man ſich zu dere
felben Ausführung bediente, fich niemals zu den Bes
wegungsgründen reimeten, die dazu Anlaß gegeben
hatten; wo nıan fich aus einem edlen Keligiongeifer
verbindlich machte „, und wo dieſer Eifer jeden Aus
genblick durch ein, demfelben ganz widerwärtiges Ver⸗
halten verleugnet wurde; wo man von nichts als
Tugenden redete, und fi 6 dennoch mitten unter aller⸗
ley Laſtern verunehrete. Die große Anzahl vorneh-
mer Standeeperfonen, die ber See giengen, das
Gefolge und der Aufzug, deffen fie benöthige waren,
zogen unfere Könige ein wenig aus der Schlafſucht,
worinn ſie, in Anſehung des Seeweſens, lagen. Sie
ſelbſt verließen, wider alle Geſetze der Staatsflug«
heit, ihr Königreich, um gefährliche Abentheuren zu
fuchen, und das heilige Land von der Tyranney der
Ungläubigen zu befreyen: welches nichts anders,
als eine Wirkung einer übermachten —
ſeyn konnte. Damals wurden auf ihren Befehl eis
nige Schiffe zu Maͤrſilien erbauet; andere wurden
auf den Küften der Provence und Panguedoch zu⸗
ſammengebracht; man bediente ſich ſo gar harter
und gewaltſamer Mittel dazu, indem man Privatleu⸗
ten die Fahrzeuge abnahm, die ihnen eigenthuͤmlich
zugehöreten, und folchergeftalt alle Handlung unter
—— Allein dergleichen, ohne Wahl und Vorbe⸗
veitung,
und Der Handlung. 623
‚teitung , gefihehene Seerüftungen ‚ Eonnten nicht viel
fonderliches ausrichten. Der bloße Zufall madıte
die Entfeheidung , ſowohl wegen ver Anzahl der Schif
fe, und der Ausruͤſtung derfelben, als wegen der
Fahrt, die man halten mußte: welches alles unzer—
trennliche Fehler von einer folchen Regierung find,
wo man, fo zu fagen, nur in den Tag hinein lebet.
Daher mußte, man fo vielmal vergeblich vor Anker
liegen, daher giengen fo viel Anfchläge den Krebs.
gang, und erfolgten fo viel Schiffbruͤche. Der
merkwuͤrdigſte unter allen war derjenige, der fich unter
Dbilipp dem Rübnen zutrug. Nachdem derfelbe,
vor der Stadt Tunis, das ganze franzöfifche Heer⸗
lager Durch die Peft aufreiden, und feinen Vater,
en unerſchrockenen Ludwig. den Heiligen, daran
iterden fehen, fo war. er weiter auf nichts, .als feine
Ruͤckkehr, bedacht. Er erwaͤhlete zu dem Ende die—
jenigen Schiffe, Die ihm am beſten beſegelt zu ſeyn
vorkamen, und befahl dem Ueberreſte ſeiner Seemacht,
ihm * zu folgen. Der Anfang ließ ſich
ziemlich gluͤcklich an; und der Koͤnig lief, wenig Tage
nach ſeinem Aufbruche ‚in. Stcilien ein. - Raum
aber hatte er den Fuß ans Sand gefeßet, fo entſtand
ein entfeglicher Sturm, der zwo ganz unterfchiedene
Wirkungen nach fich zog; Die erfte war, daß die be= _
reitsiim Hafen angelanget geroefenen Schiffe wieber
in die weite See zurücfgetrieben wurden; durch vie
andere aber wurden die annoch roeit davon entfernten.
mit Gewalt nady diefer Kuͤſte verfchlagen: wodurch
- diefelben auf einander fließen, und der größte Theil
dapon in den Grund verfenfer wurde, Hiermit nahm
Ara Ra NE TE
626 Verſuch von dem Seewefen
die $uft zu den Rreuzzuͤgen* — die ſo lange, und auf
eine ſo ſonderbare Weiſe gewaͤhret haͤtte, auf ein⸗
mal ein Ende. | | a Wa
Währender Zeit diefer Keligionskriege, wurde ein
bis dahin unbekanntes Hofamt, naͤmlich das Admirals
amt, errichtet. Da fich in dem ganzen Königreiche
niemand befand, der demfelben vorzuftehen tüchtig
war, fo vergab’man ſolches anfänglidy an Fremde:
Dergleichen waren unter dem heiligen Ludwig
Hugues Lartaire und Jaques de Levant, beyde
Genuefer: Man nahm desgleichen auch Spanier,
ja fo gar Engländer dazu. Was aber anfänglic)
eine Belohnung derer zur See ausgeftandenen Arbei-
ten und Befchwerlichfeiten gewefen war, wurde nad)»
her der Vorwurf des Ehrgeizes der größten Standes«
herren, denen e8 genug war, wenn fie nur eine Sache
in Befiß hatten , die fiedoch aus ermangelnder Kennt«
Obwohl
niß und Uebung nicht handhaben konnten.
s Ich glaube nicht, daß man jemals auf den franzoͤſiſchen
Kuͤſten einen erſchrecklicheren Orcan erlebet, als denje⸗
nigen, den man deng Jenner 1735 auszuſtehen gehabt.
Der Schade und Verluſt, den derſelbe verurſachte, it:
dem er das Meer mit zertruͤmmerten Schiffen und
todten Körpern bedeckte, iſt unausſprechlich Einige,
alte Seeofficiere erinnern ſich eines andern Orcans,
den ſie ſich, dieſem zu vergleichen, getrauen, und zum
Unterſchiede den Orcan des Herrn von Mortemart
nennen. Er ward im Herbſtmonate 1688 gegen der
Landſpitze Siciry, am Ende des Meerbuſens von Kion,
von demſelben uͤberfallen: und die Schiffe wurden,
ungeachtet ſie unbeſegelt, und nichts als Maſten
und Tauen hatten, in den Meerbuſen von Palma in
Sardinien, gleichſam übergetragen.
\
| und der Handlung. 627
Odbwohl der Titel eines Admirals * erft zu des
‚heiligen Ludwigs Zeiten in Sranfreich auffam,
fo fcheint doch, daß bereits zu Philipp Augufts
Zeiten, ein Dfficier geweſen, der faft gleiche Werrich-
tung gehabt. Diefes läßt fid) aus des du Tillet
Chronique abregee de nos Rois abnehmen, wenn er
faget : Als Philipp ſahe, daß die Peft in feinem
Lager zunahm, lief er das größte Theil feines
Briegsbeeres unter der Aufficht Eudes, Her⸗
30g8 von Burgund, und Fam mit dem Bene,
rale feines Schiffsbeeres, Aufin Dolte, (eines
Genfers) nachdem er zu Kom bey dem Pabfte
feinen Beſuch abgeleger, nach Frankreich 31
tüch, wo er ungefähr um Weihnachten ein
traf. Diefe fehleunige Abreife des Königs, worum
‚ter auch eine heimliche Eiferfucht wider die andern
auf dem Kreuzzuge befindlichen Prinzen, mitwalten .
mochte, war ihm über alle maaßen heilfam; denn,
allem Anfehen nad), würde er mit famt dem Ueber«
refte feiner Völker umgefommen ſeyn. Wenn Phi—
Rr3 - lipp
* Weil die Randfchaften Buienne, Provence und. Bres
tagne damals nicht zur Krone Frankreich aehöreten,
fo nahmen auch die Statthalter diefer drey Provinzen
feldft den Titel von Admirälen an. Dieſes Erempel
beſtaͤrkte verfchiedene Stände, welche am Ufer der
Eee Randereyen hatten, dergleichen zu thun. Gie
fießen fich,, der Föniglichen Gewalt zum Troge, Erbs
admirale nennen, und eigneten fich, fomohl tiber dem
Fiſchfang, als über die Handlung, übermäßige Schatzun _
‚gen zu. Alle diefe unrechtmaßige Eingriffe aber find -
feit N Jahren gänzlich abgefchaffet
worden,
6238 Berfuch von dem Seeweſen
lipp Auguſt einer Ahndung faͤhig geweſen waͤre, ſo
hätte er eine ziemlich fcheinbare Gelegenheit bey Der
Abreife aus $ranfreich dazu gehabt. Der Donner
ſchlug nämlich fünfmal in einem Tage in feine Slotte
ein, und die Schiffe „ in welche es eingefchlagen hatte,
waren. am naͤchſten um das — un:
Indeſſen nun das Königreiht in völliger Bewegung
war, und nichts als ven heiligen Krieg im
Sinne hatte, veranftaltete man annoch einige Ausruͤ ·
ſtungen zur See zum Beſten des Hauſes Anion,
welches die Päbfte in der Derfon Caris des 1, eines
Bruders des heiligen Ludwigs, mit ven Kronen
von Neapolis und Sicilun bereicherten. Allein
diefe Geerüftungen liefen , wegen ber wenigen Erfab-
rung und Ungelernigfeit der Dberbefehlehaber,, die ſich
nirgends zu rathen mußten, fo unglüdlich ab, als fie
nur immer ablaufen fonnten : und das Haus Anjeu,
welches ſich durch feine Unbedachtfamfeiten fo berufen
gemacht, behielt diefe beyden Kronen, die eg chnedem
nur aus einer eitelen Srengebigfeit der Päbfte, und
ohne das singe gegründete Recht befaß, nicht
Runde:
Auf die Rune fofgeten die fangroierigen und
ungefiümen Streitigkeiten ber Franzoſen mit den
Englaͤndern, worüber wir folgende zwo Betrad)-
tungen anftelfen wollen. Die erfte, daß, als Lud⸗
wig der unge, Alienore oder Eleonore, Er:
binn des Herzogs von Guienne geheirathet, und
fi) nachgehends fie zu verftoßen für verbunden er:
achtete, derſelbe ihr, wider alle Regeln der Staats
klugheit,
und der Handlung. 629
klugheit, ihre Staaten * wiedergegeben. Diefe heira⸗
thete, um ſich wegen eines ſo empfindlichen Schimpfes
zu raͤchen, (denn was iſt wohl eine beleidigte Frau
nicht vorzunehmen fähig 7) den König von England,
und eröffnete demfelben dadurch einen freyen Eingang
in Fraͤnkreich, dener ohne die Unvorſichtigkeit Lud⸗
wigs des ungen niemals erhalten hätte ‚deffen
biöder und fcheinheiliger Sinn auf ’allerley abergläus
bifche Dinge verfiel, und die Erbinn von Guienne,
da er die Ehefcheidung von ihr ſuchete, zu ſagen ver⸗
anlaſſete: daß ſie einen Roͤnig, nicht aber einen
Moͤnch, zu ehelichen ſich Rechnung gemacht
haͤtte. Die andere ift, daß, da Wilhelm der Ba⸗
ſtard, nicht anders, als durch Beyſtand Philipps
des J. Königs von Frankreich, und Balduins,
Grafens von *landern, zu dem Beſitze feines neuen
Königreichs gelanget war, derfelbe ihnen eine-unends
liche Dankbarkeit dafür hätte bezeigen follen. Allein
der Bafall vergaß, Da er gluͤcklich und beguͤnſtigt war,
wie es nur allzu gemeinialich gefchieht, feine Wohls
thaͤter: Er ſchaͤmete fih), daß er ihnen bie Krone zu
danken hätte, und pflanzte den Eaamen eines Ab-
hhrues und Haſſes auf feine Nachfolger, welcher
Ara mnach⸗
* Marcus Aurelius Antoninus, der das Kaiſerthum von
feiner Gemahlinn wegen beſaß, gab denenjenigen, die
ihm, dieſelbe, wegen ihrer abſcheulichen Ausſchwei⸗
fungen, zu verſtoßen, riethen, zur Antwort: Wenn
wir unſere Gemahlinn verſtoßen, ſo muͤſſen wir ihr
ihren Brautſchatz wiedergeben. Machiavell befand
dieſe Antwort mehr andaͤchtig, als einem Kaiſer an⸗
ſtaͤndig, welcher, in Anſehung feiner Würde, ein
Richter feiner unwuͤrdigen Gemablinn worden war,
-
6359 Verſuch von dem Seewefen
nachhero j je mehr und mehr zunahm. Anfänglich biele
man fich mit Bedrohungen, geheimen Tractaten, und
Fehden, abfeiten eines Königreichs gegen dem andern,
auf, allein der Krieg folgte bald nad) , und zwar einer
der blutigften *, ven die Franzoſen und Englaͤn⸗
der jemals gegen einander geführet hatten.
Da fie einander, ohne fich im geringften zu fcho«
nen, angriffen, und. alle Gelegenheiten einander zu
fehaden fuchten , fo fielen viel Seetreffen unter ihnen
vor, welde, ihrer Sangmwierigfeit halben, gar fehr ges
fhickte Sciffsarbeiten erfordersen. Die beyden
merfwürdigften waren das von Bayonne, unter
Philipp dem Schönen, und das von Sluys, mo
Dbilipp von Dalois, eheils durch die Uneinigfeit
feiner Officiere, theils aber auch, weil fie fich den Bor-
theil des Windes, den fie über ihre Seinde hatten, nicht
zu erhalten wußten, den Kern feiner Flotte verlohr.
„Eins der größten Unglücfe, das die Franzoſen bey
„dergleichen Gelegenheiten hatten, war, wie der Car⸗
„binal von Oſſat angemerfet, daß, da unfer alten Kö»
„nige
Einer unſerer Geſchichtſchreiber vergleicht denſelben,
wegen feiner Langwierig und Hartnaͤckigkeit, mit denen⸗
jenigen, Die ehedem zwiſchen den Römern und Cartha⸗
ginenſern gefuͤhret worden, und endlich auf den ganz:
lichen Untergang ber letztern binausgelaufen find. _
Froißard ınerfet an, daß die Engländer eine fo thoͤ⸗
richte Berbitterung blicken laffen, daß viele Edelleute
eins von ihren Augen, wer weiß aus was fur einem
Geluͤbde, fo fie getban, daß fie niemald auf diefes
| Auge ſehen wollten, fie hatten denn ihren Muth und
Degen gegen Scankreich verſucht, mit einem ſchwar⸗
zen Lappen bedeckt getragen.
und der Handlung. 631
„nige ſich nichts aus dem Seewefen gemacht, uner«
„achtet fie.ein fo fehönes und großes, aud) zu beyden
„Seiten, faft der völligen Länge nad), mit zwey Mees
„ren umgebenes Königreich, befeffen, man gezwungen
„geweſen, ſich fremder Schiffe zu bedienen, die nies
„mals anders, als mit Zaudern und Widerwillen ges
„hordyen wollen.,, Zwar baueten damals auch die
Engländer nod) keine Schiffe in ihrem Sande, ſon—
dern ließen diefelben von Venedig, Benus, Ham⸗
burg und Danzig fommen ; und diefes hörte nicht
eher, als unter der Kegierung der Königinn Eliſa⸗
beth, gänzlid) auf. Allem Anfehen nad) aber waren
damals die Franzoſen entweder nicht fo gefchicke in
GSeeunternehmungen, als die Englaͤnder, oder doch
nicht fo glücklich, als diefelben. Uebrigens ließen
diefe Völker gleiche Tapferkeit, gleiche Verwegenheit
blifen, und gaben unter ſich gleichwürdige Macheifes
rer ab, Ihre Schlachten zu Lande betreffend, mas
ren diefelben alle überaus blutig, Inſonderheit aber
bat die Gefchichte anzumerken für noͤthig erachtet,
daß die, welche den Sieg erhielten, und die Wahlſtatt
behaupteten , nicht eben allemal diejenigen waren, die
Ueberwinder zu fenn verdienten. Frankreich ftürzte
fid) bald aus Uebereilung und Unvorfichtigfeit, wie zu
Ereci, balddurch einen eitlen Stolz, womit es feinen
Feind "verachtete, mie zu Poitiers,, in unzählige Uns
gluͤcke und Widermärtigfeiten, die bald.alles über den
Haufen geworfen hätten,
Carl der V, stellete, wie le Sage ermähner,
ungeachtet er feine andere Hülfe als fid) felbft hatte,
alles, was ihm möglich war, wieder her. Wie er .
mitten in den größten Stürmen ſtandhaft war, und
Rr — allen
—
632 Verſuch von dem Seeweſen
allen Schwierigkeiten die Stirne both, ſo uͤberzeugte
er ganz Europa, daß man mit einem wahrhaften
Muthe und einem geſetzten Geifte, den ‚größten Un.
gluͤcksfaͤllen widerftehen und diefelben überwinden koͤn—
ne, Er lernete aber auch dabey vollfommen, und
ſahe folches als eins der Hauptflücfe der Regierunge-
funft an, daß, wenn er der Gewalt der Englaͤnder
Einhalt thun wollte, er mächtiger, als fie, zur See
ſeyn müßte. Diefer Prinz wendete aud). alle Kräfte
an, daß er eine Flotte unterhalten, und der Caftılias
ner ihre, die damals fehr zahlreidy war, zu feinen
Dienſten haben möchte. Er wurde darinn, durch
Jean de VDienne, Heren von Couci, welcher tie
Würde eines Admirals von Frankreich bekleidete,
und derfelben fo vortrefflich vorftuud, daß fie ihn mit
dem Reichsfeldherrn (Conetable) in gleichen Rang
fegte, recht glücklich unterftüger. Denn diefer wie-
derholte dem Könige feinem Herrn fehr oft einen
Sag der Staatsfunft, deffen er durch feine langwie-
rige Erfahrung überzeuger war, naͤmlich: daß bie
Engländer niemals ſchwaͤcher, nod) leichter. zu über-
winden wären, als in ihrem eigenen Sande. Diefer
Sag follte nicht aus der Acht gelaffen werden *.
| ae | | Carls
Diefe Staatsregel hat Frankreich, ſowohl zu Lud⸗
wigs des XIV Zeiten, als bey der juͤngſten in Eng⸗
land und Schotiland angeſponnen, aber, durch Die
mit einem wahren Heldenmuthe begleitete Klugheit
Sr. RBönigl. Hobeit des Herzogs von Cumberland,
glücklich gedampften Unruhe, zum größten Nachtheile
derer hohen verbundenen Mächte nieder hervor zu fürs
chen gewußt. J |
nnd der Handlung. 633
Carls des V Nachfolger Fonnte, weil er in Ra⸗
ſerey verfallen, und felbft zu regieren untuͤchtig war,
dasjenige nicht fortſetzen, was zur Aufnahme des See:
wefens angefangen worden war, Dieſes legtere
gieng auch um fo eher zu runde, als das, wegen der
Untüchtigfeit des Königs . vorhin ſchon gefchmächte
Reich, noch dazu durch die Parteylich- und Gewalt.
- thätigfeiten der Häufer Burgund und Orleans
—
vollends verwuͤſtet wurde. Ueber dieſes hatten ſich
tie Engländer mitten in Frankreich eingedrungen
und fih-darinn feft gefeget; es fehien auch Feine
Macht, Feine Gewalt zulänglich, diefelben wieder hins _
aus zu treiben, nech zur Verlaſſung ihrer fo ploͤtzlich
gemachten Eroberungen zu zwingen, Es gehoͤrete
ein langer Zufammenbang allerhand feltfamer und
außererdentlicher Begebenheiten, eine vermeyntlidye
Sungfrau, ein, in einem Grabe, gefundenee Schwerdt,
welches, allem Vermuthen nah, mit Fleiß Dahinein
geleget werden, dazu, um der Eache ein anderes Ans
fehen zu geben, und Carln den VII wieder in feine
Hauptſtadt einzuführen. Diefe Zeiten waren fo ge⸗
fährlich , die Gemuͤther fo erbittert, und der König bes
faß nod) fo wenig Macht, daß er, ben einem folchen
Gluͤckswechſel, nur zufrieden ſeyn mochte, daß er ſich,
ohne auf neue Anfchläge bedacht zu ſeyn, nur auf feis
nem Throne befeftigte. Wie unglücklich ift nicht ein
Koͤnigreich, das in Verfall gefommen ift, und
Schimpf und Schmach erdulden muß, ohne daß es
fofort fich zu rächen im Stande ift! Desmegen fag-
te auch der Marfchall von Aumont zu Heinrich
dem III: Bey Bott, alleranädigfter Aönig,
das fchlimmfte ift, daß, je mebr wir nachge«
; ben, - ,
634 Verfuch von dem Seewefen
ben, je mehr man uns das Meſſer an die Reh.
le feet. Ew. Majeſtaͤt laffen uns zu Ihrem
Mienfte fechren und unfer Leben auffezen , oder
jagen uns lieber weg int an
Die Begierde fih der italiaͤniſchen Reichthuͤ⸗
mer zu bemächtigen , nebft denen damaligen nicht fon-
derlich Elugen und übel abgefaften Kathfchlägen, ver-
leitete * Carln den VII, Ludwig den XII, und
- Stanz den I, ihre Anfprüche auf das Herzogthum
Mayland und das Königreich LTeapolis hervorzu«
fuchen. Der Krieg, den diefe drey Prinzen, zweifels-
ohnemit allzugroßer Uebereilung, dahinein zogen, ver»
ſprach ihnen anfaͤnglich einen glücklichen Erfolg: Er
betrog fie aber nachgehends, und gab ihnen zu erfen.
nen, daß, obgleich), Sytalien oftmals, wie Pleßis-
Mornapy gefaget, mit franzöfifcbem Blute be,
feuchter worden, die Lilien dennoch niemals
darinn fortkommen Eönnen. Sie wurden über
Diefes noch gewahr, Daß es eine unvermeidliche Noth⸗
wendigfeit wäre, daß fie Schiffe haben müßten, die
| * zu
* philipp von Comines tadelt bey verſchiedenen Gele⸗
genheiten die Reiſe, die Carl der VIII nach Italien
gethan. Dieſe Unternehmung ſaget er, faben alle ver⸗
nuͤnftige und erfahrne Leute fuͤr ſehr gefaͤhrlich an.
Denn der Koͤnig war ſehr jung, ſchwaͤchlich von Per⸗
ſon, hatte wenig vernuͤnftige Leute und erfahrne
Feldherren um ſich, und vornehmlich fehlte es ihm an
Gelde. Die vornehmſten Raͤthe, die er in ſeinem Ge⸗
folge batte, oder, wie Etienne Paſquier dieſelben nen⸗
net, ſeine Guͤnſtlinge und Lehrlinge im Kriegsweſen,
waren Guillaume Briſonnet, Biſchof von St. Malo,
und Sean de Ders, Landvogt von Beaucaire.
und der Handlung. 635
zu alfen Zeiten in See ftechen fönnten. Da nun dies
fe Prinzen ſich unvermuthet in der Noth fahen, fo
nahmen fie ihre Zuflucht zu der Republik Benua,
und nahmen über diefes die Schiffe, deren fich die
Kaufleute in der Provence und Biſcaya bedienten,
aus eigener Gewalt in Beſchlag. Dazumal war
in dem ganzen Königreiche noch Fein Seezeughaus.
Ludwig der XII, welcher bald inne ward, daß
die Kriegswölfer bey dergleichen Ueberfahrten unges
mein viel ausftehen mußten , und durch den Geiz und
die Eiferfuche der Ausländer nach und nad) einſchmol⸗
zen, zwang die vornehmften Städte des Königreichs,
ihm eine $lotte zu errichten, und diefelbe zu Kriegs«
zeiten zu unterhalten. Paris war mit in diefer
Schatzung begriffen, und follte ein Schiff von 800
Tonnen, oder 400 Laſt ſchaffen, worüber die ganze
Stadt in Schrecken gerieth. Der Richter der Kaufe
mannfchaft und die Schöppen thaten dem Könige ei:
nen Fußfall, welcher , wie er von Natur leutfelig war,
ſich durch ihre Klagen erweichen ließ, und mit einem
Schiffe von 400 Tonnen zufrieden war. Die an«
dern Städte, Die fich Durch diefes Benfpiel zu einem
fhleunigen Gehorſame bewegen ließen, trugen, nad)
dem Berhältniffe der Hauptftadt, auch das Ihrige da⸗
u bey.
Allem Anſehen nach wuͤrde man ſchon damals an
der Einrichtung des Seeweſens mit allem Ernſte ge⸗
arbeitet haben, wenn die Unruhen nicht dazwiſchen
gekommen wären, die Ftankreich in viele Parteyen
vertheilten, welche um fo vielmehr gegen einander vers
bittert waren, als fie fih Durd) einen müchenden und
übel eigefehenen Eifer verleiten ließen. Alle Ger
müche
65 Verſuch von dem Seeweſen
muͤther * waren auf den Krieg verpicht; und mar
trachtete, unter dem erdichteren Vorwande der Reli:
gion, und dem Scheine der allgemeinen Wohlfahrr,
nad) nichts als rauben,, morden , fengen und brennen,
Das Haus Guife fuchte fih aller Gewalt anzus
maßen, und die Häufer Chatillon und Montmo⸗
vency zu verdringen, und alle drey waren bereit,
der Herrſchſucht auch das mwichtigfte Bedenken aufzus
opfern. Indeſſen muß ich Doch geftehen, dag dar
mals, ungeachtet der ſchweren Zeiten und großen Un⸗
ordnung in den Gefchäfften, zwo Verordnungen über
die hauptſaͤchlichſten Umftände des Seewefens ergan-
gen find , fo wie man folches.ohngefähr einfehen koͤn⸗
nen. Die eine wurde, im Jahre 1562, durch Earl
den IX, zu Amboife, und die anderednrch Heinrich
den IL im Jahre 1584 zu Paris abgelaffen, - se
° ern man einen genauen und richtigen Begriff von
dem Zuffande haben will, worinn fich damals das
Seeweſen befinden, fo dürfen, wir nur die folgenden
"Worte, welche aus dem geheimen Unterrichte genoms
men find, den Pbilipp der IL, der vorzüglich Don
Philippe el Prudente genannt wurde, feinem Sohne,
Pbilipp dem IIL, auffeinem Todbette Binterlaffen „ans
führen: „Laſſet euch, fagte er, in die Schiffahrt beyder
Indien feinen Eingriff thun Es iſt der Sicherheit eu:
„rer Staaten und eurem eigenen Rubme daran geles
„sen. Stankreich dürft ihr ench nicht irren laſſen.
„Da es inwendig von Barteyen verwüftet und ohn⸗
„mächtig von außen iff, fo feßt es das Seeweſen gar
„zu fehr an die Seite. Hüter euch aber für Den Eng⸗
„ländern, fürchtet euch für den abtruͤnnigen Nieder⸗
—„laͤndern Dieſe allein verfnüpfen mit ihrer Macht
- # „einen beharrlichen Zrieb, euch Schaden zu thun.
> nd der Handlung. 637
fe Berordnungen aber zeigeten vielmehr die Verlegen»
beit an, worinn man in Anfehung des Seeweſens
war, als die Mittel, wie dafjelbe einzurichten wäre;
und ic) glaubegar gern , daß der Staatsferretär, Herr
von Villeroy darauf gezielet, da er zu Heinrich
dem IV in einem vertraulichen Gefpräche fagte: daß
die Könige feine Vorfahren, auch bey den
groͤßten Derwirrnngen, fich jederzeit als Röͤ⸗
nige bezeiget bätten, und daß es nun Zeit waͤ⸗
re, Über die, der Maſeſtaͤt des Thrones ſchuldi⸗
ge Ehrerbiethung zu halten, und felbft als Roͤ⸗
nig zu fprechen , zu ſchreiben und zubefehlen.
Indeſſen gieng, unter Heinrich dem III, der ganze
Staat, durch allertey , gleichfam kettenweiſe an einan=
derhangende Unglücsfälle, faft ganz zu Grunde. Und
da der König, wie von Aubigne fager, von Na⸗
tur weichlich, zärtlich und unzüchtig, feinem.
Gemürtbe und Muthe nach, ſchwach und nien
dergefiblagen, zu allem, was befchwerlich,
veröroffen, in allen feinen Befinnungen unbes
ftändig und zu Priegerifchen Unternehmungen
zu niederträchtig war, fo legte er fid) bloß auf
Tanzen und andere weibifche Wolluͤſte, die
* langwieriger Friede zuwege bringen
kann | —
Nachdem Paris wieder. zum Gehorſam gebracht
war, und Heinrich der IV, Die fo merkwürdigen
Beyſpiele feiner Gnade und Gütigfeit dabey blicken laſ—
fen, ließ er feine Augen auf die Schiffrahrr und Hand»
lung gerichtet feyn, deren Wichtigkeit er aus dem
. großmürhigen Benftande, den er von der Königinn
von England erhalten hatte, vollfommen einſahe.
| | 3 ER
633 DBerfuch von dem Seewefen
Ein ſolches Erempel * brachte ihm den Much bey,
daß er dem Präfidenten Jeannin, der als außeror⸗
dentlicher Gefandter an die Beneral-Staaten ver-
ſchicket wurde, Befehl ertheilete, in diefem Stücke ges
naue Erläuterung einzuziehen, und einige Seeoffie
ciers mitzubringen, die weite und langwierige Reifen
gethan hätten. Es war aud) in der That niemand
zu einem ſolchen Vorhaben geſchickter, als diefer klu⸗
ge Abgefandte, und man fann in der gedructen
Sammlung feiner Unterhandlungen, feine hierunter
genommenen Maaßregeln zum Theile erfehen. Krank»
reichs Schwäche war damals fo groß, daß es nicht
einmaldas Herz hatte, die Schmach zu ahnden, wels
che ihm ohne alle Behutfamkeit angethan wurde.
Maximilian von Berhune,Herjog vonSuls
Iy, führer ein Erempel davon in feinen Oeconomies
Royales et Politiques an, deffen Borwurf und Zeuge
® im diefen großen König mit einem einzigen Zuge ab:
zufchildern , will ich mich der vortrefflichen Worte be-
dienen, die er zu dem Herrn von Sully fagte, ald er
zu Monceaur frank darnieder lag und von den Aerz⸗
sen faft völlig verlaffen war: „Dein Freund, ich
„fürchte mich gar nicht fur dem Tode, wie euch befr
„fer al$ jemanden bewußt feyn kann, da ihr mich in
„ſo vielen Befährlichkeiten gefeben, derenich wohl hat-
„te entübriget ſeyn Eönnen: Ich kann aber nicht
„leugnen, daß ich ungern aus der Welt fcheiden woll⸗
„te, ehe ich dieſes Königreich wieder zu dem Anfeben
„gebracht, das ich mir vorgenommen, und ehe ich
„meinen Unterthanen, durch eine Erleichterung und
„Befreyung von fo vielen Schagungen, und eine leut⸗
„felige Regierung, gezeiget , daß ich fie, wie meine eige>
„nen Kinder geliebet babe, „
639
er ſelbſt geweſen ik Er hatte ſich mit geheimen Ber
fehlen nach Calais begeben, und wollte von dannen
nad) England übergehen, weswegen er ſich an den
Herrn von Dice, Gtattdaltern diefes Plages und
Unteradmiral von Frankreich wendete, und an feir.
nen Bord gieng, der. die Flagge am großen Mafte
führete.» Kaum war er zu Schiffe, fo wurde er
zweyer Sleutfchiffe gemwahr, die ihm aus Hoͤflichkeit
enigegen geſandt waren, und ihn nach Londen zu
führen ſich erbothen. Diefe Fleurfchiffe aber woll«
ten ihn nicht eher an: Bord nehmen; bis der Herr
von Dic vor ihnen geftrichen, und, mie die engli-
feben Dfficiere ſagten ihres Rönigs- Slagge die
Ehre erwiefen bäcte, welche maneinemunum.
ſchraͤnkten Beberrfiner ‚der Meere fchuldig
wire Die Umſtaͤnde der Zeit und die dringenden
Gefchäffte nörhigten: fowoh;den Abgsfandten, als den
Unteradmiral, ſich einem fo harten, unbilligen und
fo demnüchigenden Geſetze zu unterwerfen, wie ſolches
der Graf von Eſtrades dem Könige Carl dem II,
und dem Kanzler Apde, feinem erften Minifter, im
Japre 1662 wohl vor zuruͤcken mußte.
Dieſer Verweis ward dur ein Schreiben vom
25 Jenner felbigen Ssahres veranlaſſet, welches Lud⸗
wig der XIV, abgelaſſen, und in den nachdruͤcklich⸗
ften Ausdrücken abaefaffet war. -,, Weder der König
„von England, ſagte diefer große Drinz, nod)
„Diejenigen, deren Rathes er. fich bediener, kennen
„mich noch recht, da fie es mit Troße und mit einer
„gewiſſen Standhaftigkeit, die auf Bedrohungen
hinauslaͤuft, mit mir anfangen wollen. Ich erkenne
„feine Macht unter dem — die mich, auf ei⸗
"Band, „nem
*— ſolchen Wege einge hun, zu zwir
„gen fähig wäre; es kann mir zwar etwas Uebels be⸗
„gegnen, nichts "aber mir eine Furcht eindruͤcken. ur
„hätte gebacht, Daß — der Welt gebracht
„haͤtte, daß man eine beſſere Meynun X pe
„ben koͤnnte; ich tröfte mie ‚ai ber damit, daß n
„vielleicht nur zu Londen ſo falſche Urtheile faͤllet.
will aber durch meine Aufführung zuwege bri
„daß fie nicht lange in dieſem Irrthume bleiben
„Indeſſen iſt gewiß, li mich ae ‚weniger,
„als dieſes, anfechten laſſe/ weil ich meine Seemacht
„gar bald in folchen Stand zu feßen gebenfe, daß *
„die Engländer für eine Gnade aufnehmen ſollen
„wenn ich mich alsdenn zu einigen gemäßigten Ber
„dingungen mit ihnen einlaffen: will » = Mit
„dem allen, rechne ich alles für nichts, wo es auf die
„Ehre anfömmt, und ih den Ruhm meiner eu»
„im geringften gefchmälert zu fehen glaube; denn
„folhem Falle würde ich mich über allem, was. ie
„iwieberfahren kann, nicht im gerinften bekuͤmmern,
„noch beſorgt ſeyn, ſondern ich werde vielmehr alle⸗
„mal bereit feyn, eher meine eigenen Staaten auf die
Wage zu feßen, als diegeringfte Schwachheit
„blicken zu laflen, die den Ruhm heflecken Fönnte, den
„ich in allen Dingen, ‚ als den hauprfächlichften Vor⸗
wurf aller meiner Thaten, zum Augenmerke habe. Ya
Heißt diefes nice föniglich den nfenund fprechen!
Der Mangel an Schiffen‘, worinnfih Heinrich
der IV befand, und der fo ie: groß war, Daß. der
Cardinal von Richelien, zu Ludwig dem XII,
zu fagen, ſich nicht enebrechen Eonnte:. daß der hoch⸗
feige Koͤnig/ ſein * Dater, micha
ges
3
ges Schiff in ſeiner Macht «gehabt. hätte;
Dieſer Mangel, ſagen wir, machte den Großherzog
Serdmano ſo dreufte, daß er ſich die Herrſchaft über
das mittellaͤndiſche Meer zueignete, und wider ſein,
in den Tractaten, gethanes feyerliches Verſprechen, Die
| uf 15 und P omegues behielt, deren er ſich, waͤh⸗
render innerlichen Kriege, durch die Unvorſichtigkeit des
Statthalters, Der ſich durch eine Luſtfahrt nach Mar⸗
ſilien verleiten laſſen, bemaͤchtigt hatte. Niemand
getrauete ſich auf den Kuͤſten von Kanguedoc und
Provence feinen Einfällen und Pluͤnderungen Ein
halt zu thun; der Feind triumphirte über unſere
Schwaͤche. Endlich fahe man ſich gezwungen, den
Weg der Unterbandlung einzufchlagen, und ſo gar den
beiligen Stuhl zum Mittler anzunehmen, Der
| Cardinal von Oſſat ‚der; ohnerachtet des Purpurs,
womit er war bekleidet worden, noch einen Ruhm
darinn ſuchte, daß er recht gut franzoͤſtſeh waͤre, re⸗
det in einem feiner: Schreiben ſehr weitlaͤuftig davon:
Ich wollte wuͤnſchen, ſpricht er, daß der König,
„wenn wir Sriede haben, die Summe, die er etwan
„zu Rriegszeiten in einem, zwey, oder drey Monaren
verwendet, zu Erbauung einer guten Anzahl Galee-
„ten zu Marſilien und Coulon anwendete: welches
„der Krone Frankreich zu großer Sicherheit, Be—
quemlichkeit, Zierde und Ruhme gereichen, und
endlich der Schande ein Ende machen würde, Die
„ein jo großes, mit zwey Meeren ungebenes, Koͤ—
„nigreich Davon hat, daß es ſich nicht einmal wider
„Seeraͤuber und Kaper, vielweniger wider Prinzen
„wehren fann.,, „Ich muß recht erflaunen, fagt die⸗
„fer Cardinal in einenandern Schreiben, daß ich
* ch N ee ——
642 Verſuch von dem Seeweſen
Frankreich fo wenig mit Schiffen v verſehen fi
da ic) doc) ſehen muß, daß ein jeder der kleinen it
„länifchen Fürften, ohnerachtet die ‚meiften kaum
„einen Zoll breit von der m —** ſeine
„Galeeren und ſein Schiffs zeughaus he |
Der Großherzog brach zum ziweytenmall
Heinrich dem IV, und ward id t ſowol a
gung, als aus Furcht, ju den Sp aniern über ;
als der König dem Marquis von Altn
felben folches vorzurücen, Auftrug, Punk ine
ihm der Italiaͤner *, ohne fich folches: anfechten zu
laffen: „Die ganze Schuld liegt an dem Könige, eu
„tem Herrn. Wenn er nur vierzig Galeeren in dem
„Hafen zu: Marſilien gehabt hätte, fo würde ich
„mich wohl gehüret haben, das zu hun, was ich
„gethan habe.,, Hierauf kann man die Staatsregel
Ludwigs des XI deuten, diein dem Rofier des Guer⸗
res angeführet wird, und die alle Prinzen beſtaͤndig
vor re haben — nee und —
Als im Jahre ————— Port # ‚na
gem Bedenken, endlich von ber franzoͤſiſch und fpan
feben Seite abtrat, antwortete — ederhol
bittern Klagen dieſer beyden Hoͤfe: Wenn Fraꝛ
„reich mich zu beſchuͤtzen im Stande geweſen waͤre,
„und alle Jahre eine Eſquadre von dreyßig Schiffen
ʒwiſchen Tiſſabon und Setubal hätte kreuzen laſſ
Axvie wir mit einander einig worden, fo hätte i R nie:
„malg eine andere Partey ergriffen. ,, Diefe An
befam der franzoͤſiſche Abgefandte, Marquis von €
teauneuf, und fo reich er fonft an Einfa 2%
wußte er doch nicht8 darwider einzuwenden Sie
das Schreiben des Koͤnigs aan Porsu len
Pabſt Elemens den XL. —
und der Handlung .643
»befler, als Macht. "Denn es ift öfters: geſchehen,
„daß, wenn man feine Fahnen oder-feine Völker in
„guter Drdnung angeführet, eine Hand voll Leute dem
Feinde einen Schrecken eingejaget, un * in die
„Slucht gefchlagen haben. ‚,
Allein die Zeit fam endlic) heben, * ein —
mende Geiſt vonder kleinen Anzahl * derjenigen, die
dieſen Titel verdienethaben, in Frankreich auftreten
ſollte, Man wird leichterachten, daß ich hier von dem
Cardinal von Richelien ſprechen will, deffen Vorſicht
und Wirkſamkeit alle Theile des Staates befaffeten,und
ſich auf alle Nothdurften veffelben erſtreckten. „Ich
„verſprach dem Könige, ſagt er ſelbſt in ſeinem poli⸗
tiſchen Teſtamente, allen meinen Fleiß, und alle
„Mache die ihm, mir anzuvertrauen beliebte, dahin an⸗
uwenden, die Partey der Hugenotten zu unterdruͤcken,
„den Stolz der Großen zu demuͤthigen, feine Unter⸗
thanen zu ihrer Pflicht zu bringen, und ſeinen Mas
„men, bey den auswärtigen Völkern, wieder fo hoch
Zu erheben, als er billig: ſeyn ſpilte. Von der
ee ‚fing * —* or 5 — —
* * Man — J ee wir den Cardinal von
Kichelien zween Maͤnner an die Seite ſetzen, wel
* in. unf rn zur mit. einem, fo ausnehmenden Geiſte
ne begabt 9, Der eine iff der rußifche 6
paer der —* ne einem wilden und barbarifchen
"Wolfe, eine gefittete-und-wohlgeartete Nation gemacht
| ont .. In Schlaf ——— Alberoni, der, die
ö enen Spanier wieder aufge
"muntert 55 —9 ke wenn ex nicht unvermu-
., thet i in Ungn De are, gewiß a ‚viel
ie — u
644 Verſuch von dem Seeweſen
mit einer vollkommenen Einſicht, den Grund zu einem
guten Seeweſen zu legen ‚an. Alles, was daſſelbe
nuͤtzliches in’ ſich faſſet, und. mag es zu einer Ueber⸗
macht beytragen kann, hatte er bey der Belagerung
der Rochelle, die er, als Kriegsbaumeiſter faft
ganz allein duch feine klugen Eintälle ausgeführer,
einaefehen und erfannt , "und dasjenige, was bey: dem
Einfalle der Engländer. in der Inſel Re,‘ vor feinen
Augen vovgieng, überzeugere ihn vollends wie viel
Frankreich an einem folchen Seeweſen ‚gelegeit wäs
re. Er ließ audy, fo lange er die Minifterfchäft ver⸗
waltete, beſtaͤndig Bauholz zuſammen bringen Vor ·
rathshaͤuſer erbauen, und eine große Anzahl Schiffe
auffaufen z Und man kann ſagen, daß, wenn er eis
nerſeits Die: Hochherzigkeit des Hauſes Oeſterreich
zu erniedrigen bedacht war, er andererſeits die Herr⸗
ſchaft uͤber die See mit den Englaͤndern zu theilen,
ja ee gar an fich allein DUSINGERA DEREN HE;
| Das Ame eines Großmeiflers;, oberh auptes
und Oberaufſehers ver framSfiichen Schiffahreund
Syandlung, womit er, nach der-Abdanfung des Her:
3098 von Montmorency, im Jahre 1626 bekleidet
wurde, verfchaffere ihm die Mirrel, dasjeni — groͤß⸗
ten’ Theil⸗ auszuführen, mas er in Feine Cabinette
angeordnet hatte und Awarb ihm alle Ehre und
alle Borzuge-des ‚Seewafene, ‚Dieerfte Gelegenheit,
Da er ſich dieſes Amt, zum: großen Gritaunen Des gan
zen Hofes, zu Mutze machte, war dieſe, ‚daß er den Herzog
von Epernon anariff, * als Erbi err der Herrſchaft
Candalle, ſich des Shranb Jgufes und der, Beute don
den Schiffen anmaßetey;- — durch die See RR: 4
und der Handlung. 645
Kuͤſte von Wiedochverfhlagen wurden. Der Car⸗
dinal, welcher andern um fo viel uͤberlegener war, je
weniger: er ſich für ihnen fürchtete, machte Anfpruch
auf diefe Gerechtſame, und zwar vornehmlich bey Ge⸗
legenheit zwo portugieſiſcher Carraquen, die auf
ihrer Ruͤckreiſe von Goa, im Jahre 1627, auf eben
iefer Ki ftefheiterten, Der alte Herzog und damalia
ge Statthalter von Guienne und Bourdeaux,
wiberfegte fich eine. Zeitlang: endlich mußte der tro⸗
gigfte-unter allen Bafcöniern , und der größte Prah⸗
ler von der Welt, einer Macht nachgeben, ‚ die der fei«
nigen überlegen war... Das Recht Der Admiralitaͤt
ward ihm — * der Krone geſchlagen.
—* J—
Ian Ein Muger Kopf, dee: fih an Ludwige des XIIT
Hofe ſehr befanne gemacht, berichtet uns, daß diefer
Cardinal alle Vorſchlaͤge, die ihm in Anſehung der
Handlung gethan worden, guͤtig aufgenommen, und
die vornehmſten Kaufleute im Koͤnigreiche nach frem⸗
den Laͤndern zu reiſen, und alles, was die Kuͤnſte allda
ſeltenes, und die beſondere Geſchicklichkeit geheimes
hätten, abzumerken aufgemuntert habe; daß er uͤber
dieſes viel reiche Handelsleute, als einen Nicolas
Witte von Alcmger in Holland, einen Franz
Billoty von Bruͤſſel, einen Jean du Meurier,
Herrn von St. Remy ‚bon — in Bretagne
u. ſa w. auf feine eigene Koſten zu ſich kommen laſ⸗
ſen, mit denen er gern allein ſeyn und ſich ganze Stun⸗
den unterreden moͤgen. Bey ſolcher Gelegenheit ha⸗
be derſelbe die Macht des Koͤnigreichs erwogen: die
allerſchwerſten Ausrechnungen vorgenommen, und die
AAN ee en unterfucht 2 &
ey
‘
Peters, errichten wollen. Diefe Hant
646 Verſuch von dem Se
fey darauf bedacht geweſen, es dahin zul ingen, daß
man der ausländifchen Manufasturenin Stankreic)
entbehren , und Diefelben in dem Reiche ſelbſt einfuͤh⸗
ren möchte. Man will ſo gar fagen, daß er eine alle
gemeine Handelsgefellfchaft, u ter dem Titel: La Na-
eelle de St. Pierre. fleurd lifee oder desun nit den
Lilien. gezeichneten Sc biffleins: de 3. be
hätte ihre KRaufhäufer und Niederlagen in d
nehmiten Städten des Königrei ae und über
fih nehmen follen, alle bey ung mangelnden und in
den entlegenſten Landern chervorkommenden Waaren
einzuführen. Einer der erſten Artickel derſelb habe
im Munde gefuͤhret, daß alle Leute, von was Stande
oder Würde dieſelben ſeyn moͤchten, Theil daran neh ·
men, und unter ihrer Veranſtaltung die Handlung
zur Seetreiben Fönnten , ohne daß fie fich desfalls be ⸗
forgen duͤriten, ihrem. Adel zu nahe zu treten; oder ei⸗
nigen Vorwurf daruͤber zu bekommen Hs Iſt es
nicht etwas Erſtaunendes, daß die Kunſt, die Men⸗
ſchen aus zurotten, einen in die Höhe bringen; und
hingegen die Kunſt, dieſelben zu erhalten; und: ihnen
alle re * * Bann als
ur
RE u:
| werten —— — ——
und allerley Hg verſchaffet haben: ‚da
indeſſen der. müßige Adel den acer gemeiniglic ) dur
feine Ueppigfeit, übermäßigen Aufwand in C —F T
„und eine faſt raſende ———— w \
einbringete RR 1022
—und der Handlung. 647
zur Ergoͤtzung zu verſchaffen, einen veraͤchtlich ma⸗
Der ſchleunige Ausſchlag, welcher die erſten An⸗
ſchlaͤge des Cardinals von Richelieu, zu großem Er⸗
ſtaunen dererjenigen felbft, die er dazu gebraucht hat»
te, begleitete, gab zu erfennen , was Frankreich zu
hun vermögend wäre, wenn es einmal alien feinen
Wis fehen laſſen, und alle feine Macht an den Tag
iegen würde, wenn e8 von Breſt und Toulon, gan
je, prächtig ausgerüftete, und von erfahrnen Officies
ren angeführte Flotten auslaufen laffen, und durch
feine, in dem Ocean und dem Mittelmeere, ausges
breiteten Schiffe, allenthalben die, der weißen Flagge
fehuldige Ehrerbierhung wieder Herftellen; Genua
und Algier bombardiren, und bis mitten in Afti-
ca alles in Furcht und Schrecken fegen wuͤrde;
wenn es endlich Denen zufammengefegten Flotten aller
feiner Feinde, ſich allein entgegen geſetzet in An⸗
fehung der weißen Flagge, welche die koͤnigl. Schiffe
aufitecfen, Föhnte man dasjenige von derfelben fagen,
was Heinrich der IV in der Schlacht zu Nvri
ſagte: Wenn eure Sahnenzund Standarten
— Ve \ WR.) Ss 5 EEE, fort
* Diefe Zeiten find aber verſchwunden. Ein weiſer Ko⸗
nig George, und erlauchtes Parlament von England,
haben in dem letzten Kriege, der franzöfifcben See⸗
‚macht ein folches Ziel zu fegen gewußt, daß vielleicht
‚viele Sabre hingehen möchten, ehe fich Frankreich
dergleichen wieder durfte ruͤhmen Eönnen: Zumal, da
daffelbe, den Berluft ganzer anfehnlicher Flotten wie⸗
der zu erfegen, unendliche Summen aufwenden muß;
dahingegen in England das Seeweſen fait niemald
beffer als igund beſtellt geweien iff. Mes
648 Verſuch von dem Seewwefe
fort find, fo ſammlet euch wieder bey meinem
weißen Kederbuſche: fo werdet —**
den Weg zum ae: ce zu der wehre ſinden
Die langwierige und er ei
wigs. des XIV, verfiha ffte de
waͤnſchte Gelegenheiten fe ic) „ber ervorzuthun,
zeigen, daß es den Much mit 1 Yu e, die
des Befehls mit fehleuniger Erfüllung, und die
| haftigkeit in der Gefahr mit. noͤt iger € Geſchickl
fi I pie beraug 5 verknupfete. Der erſt
chdruck, dieſer al — erſ
——— machte ben franze söfiftben Nam
allerentlegen iſten Ken ‚wo man’ denfelb Bi
bringen. ib faum verfprechen durfte Aaffemlie be⸗
rühmt, Unſere Nation gefräute ſich von dieſe iefem Au⸗
genbucke⸗ an zu ſchmeicheln „daß, he len — uͤber⸗ |
degen wäre, ‚oder. ihnen. menigftens das Gegengew
halten Fönnte: und man erwies derfelben ai ter £ |
wo. man ſie nicht viel anders ale aus ihren Sa,
; Be ‚Eonnte, alle Ehreunt Bewunderung, .
EEE weiß den Antheil, den das Seeweſen,
in vielfältigen gluͤcklichen Ausfchlägen, womit
Ludwigs des XIV eben gleichfam. durchwebet war,
gehabt und gewiß. haben follen. Bald ſchwaͤchte man
durch wiederholte Treffen, die feindliche Seemacht,
und verhinderte fie, eine Zeitlang wieder mit gefamm-
ter Hand zu erfcheinen; wie der große du Duesne
ehat, nachdem ſich die Stadt Meßina an , Br
reich ergeben hatte: Diefer ſchlug die Holländif
Flotte zu zweymalen, verwundete den Aomisal Kup-
ter toͤdtlich, und. blieb alleine Herr inder mittellön-
aan
.
und der Handlung: 2649
diſchen See. Bald eroberte man unfäglihe Schäs
ge, welche die feindlichen Schiffe nad) wen Handels»
plaͤtzen in der Levante. ‚führten; ; wie der Verluft
bezeuget,ben die Engländer ‚im Jahre 1693,an ihrer;
nad; Sinyrna beſtimmten, oder aus Oſtindien zus
ruͤckkommenden Flotte erlitten; derer von den Herren
von Nemond und des Auggers gemachten Beu⸗
enfen. Bald ſetzte man unſere Volk⸗
pflanzungen „mit. geringer Macht, in Bertheidigungs«
ya amd fürchtete ſich niche, ob ſie ſchon von einer
aͤrkern angegriffen wuͤrden nachdem der Admi⸗
Rudpter nicht einmal mit acht und vierzig Schif⸗
—————— Mana Landtruppen ſich des
Fort Royal in Wartinique bemeiſtern, noch die
Englaͤnder, mit vier und dreyßig Schiffen, und ſechs⸗
tauſend Mann, dem Platze Quebec den geringſten
Schaden thun koͤnnen. Bald wurden, ohnerachtet
aller Vorſicht der Convoyen, und der Rauhigkeit der
nordiſchen Gewaͤſſer/ ganze Kaufardey · und Fi⸗
ſcherflotten zerſtreuet, wie der Ritter Barth, der Graf
von: Fourbin der tapfere St; Patıl; Tourou⸗
wre —— oftermals gethan; wobey aber
der erſtere weit gluͤcklicher geweſen, als die andern, in⸗
dem er den Feinden, im Jahre 1694, eine mit Getrai—
de beladene Flotte abgenommen‘, und ſiegprangend zu
einer folchen Zeit, zu Dünkirchen aufgebracht, da
das Koͤnigreich gewiſſermaßen Mangel litte. Bald
that man, mit einer jolchen Unerſchrockenheit, Ein-
fälle‘; deren nur die Franzoſen faͤhig ſind wie der
Marſchall von Etrees zu Tobago; woſelbſt ſehr
mächtige Städte Brandſchatzungen erlegen, und uͤber
ihre ‚Eroberung erſtaunen mußten, Pointis zu Car⸗
8* thagena,
. 655 Verſuch von dem Seewefen
thagena, und du Gue⸗Trouin zu Rio⸗ Janeiro
gethan. Bald zuͤchtigte man eine, wegen ihrer Hand⸗
lung fo reiche, und in Anſehung ihrer Pallaͤſte ſo praͤch⸗
tige, als zur See mächtige Republik, und zwang die
felbe zu einer nie erhoͤrten, und der Einrichtung ihres
Staates felbft zumiderlaufenden Demuͤthigung. Bald
ſcheuete man ſich nicht, mit einer geringeren! Anzahl
Schiffen eine Flotte anzugreifen, die faſt zweymal fo
ftark gewefen;, "wie der Marfchall von Tourville zwi⸗
ſchen der Sandesfpiße Is Hogue und der Hude von
Barfleur gethan, dacer ſich re
fen von der Linie wider acht und achtzig feindliche
Schiffe gewehret, und in welchem recht merkwuͤrdi⸗
gen Seetreffen, die Franzoſen ihre Tapferkeit ſowol
als ihre Geſchicklichkeit in der: Schiffsarbeit in glei⸗
cher Maaße zu Tage geleget haben. Kurs, dis Ser
wefen iſt unter 2Luröwig dem XIV ſehr nuͤtzlich ge
braucht worden; und es hat das Anfehen, daß, wenn
man ſes zu der Zeit ſich beſſer, als man gethan, zu
Nutze gemacht hätte, da Philipp der V den ſpani⸗
ſchen Thron beſtieg, alle daher: entflandene Kriege,
die in Europa fo viel Ungluͤck und Umſtuͤrze verur-
ſacht haben, nicht ſtatt gehabt haben wuͤrden.
Ein beruͤhmter ſpaniſcher Miniſter, Antonio
Perez, der, waͤhrender Zeit ſeiner Ungnade, an dem
franzoͤſiſchen Hofe feine Zuflucht gefunden hatte,
und zeigenmwöllte, daß, wenn er gleich ungluͤcklich waͤ⸗
re, er dennoch deswegen nicht den TiteleinesUndanf- -
baren verdienete, fagte, daß zur Erhebung diefes Kö:
nigreiches nur drey Dinge gehüreten: naͤmlich Con-
feyo, Pelago,, Roma. Ein weiſer und M
er
er Rath, ein ſorgfaͤltig unterhaltenes Seeweſen,
und eine Vermeidung aller Streitigkeiten und Epal-
tungen. in. Ölaubensfachen. , Welch einen hohen
Sinn faſſen diefe, recht guͤldene Worte nicht in ſich!
Wie fehr verdienen diefelben nicht, von allen denen,
fleißig in Kr genommen zu werden, die an den öfe
fentlichen Begebenheiten Theil nehmen, und entweder
Verdruß oder Vergnügen Daraus ziehen Wie müfe
fen foldye nicht den chörichten Hochmuth, der die ala
ten Regeln verachtet, und den bittern Eifer erniedri«
gen, der annichtsanderem, als Zanfenund Schaden
>
*
652 Von einigen Verſuchen des
* nr ala *. 3 KR
a anu m | kg ar. ———— — *
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Auezuge eines ——
Mh a i
iR * RN #
Doc. * “ern m. — a; |
Rena Gier nina u— — ui, 4
an Herrn DT Deſagquliers,
de 8. nd Er 9 * nd
von einigen Verſuchen 4
die d den HT RN
indianiſchen magnetiſchen Sand
betreffen. |
Aus den ——— — 432 N. Pi |
— „' 2; 3 — * a.
N Se — "dod —* Be * nmal
227 gen, ihnen von dem indianiſch — der
den Mangneranziebt, Nachricht zu gebe
Der indianifche Sand, der nach Holland gebracht
wird, ſoll vornehmlich an der Seeluͤſte i in Perſien ge⸗
fanmier werden; alsdenn wird er in Waſſer gekocht,
Damit das Salz heraus koͤmmt, und da bleibe er als
ein fchwarzes Pulver übrig, Das aus Körnern von
1 Größe beſteht: Manche haben eine. ”
rauhe
indianifehen magnetifchen Sandes. 653
rauhe Dberfläche, andere haben ‚einen Theil ihrer
Oberflaͤche etwas rauh, und den andern ſehr glaͤn⸗
zend. Ihre Geſtalt iſt ſehr unordentlich, wie bey ge⸗
meinen Sandkoͤrnern, nur daß der indianiſche Sand
kleiner iſt. Dieſe kleinen Stuͤckchen haben weder Ge⸗
ſchmack, noch Geruch, und laſſen ſich zerreiben, daß
man ſie leichte in einen zarten Staub bringen kann.
Er hat einige Theile „welche der Magnet ftarf anzieht,
andere find fo träge, daß fie kaum magnetifch fchei«
nen: die ſtaͤrkſten ſind am ſchwaͤrzeſten, aber die un⸗
empfindlichern glaͤnzen mehr, und fallen indie Bley⸗
farbe: diefe find in der größten Menge vorhanden,
und der Magnet ſammlet die andern aus ihnen her⸗
‘aus. Der. finnreiche Moutenus bat eine folche Art
Sand, die aus Birginien gebracht wird, auf mans |
cherley Weiſ⸗ unterſucht, und in den Tranſactionen, 197
N. befchrieben. Ich habe ben inbjanifchen Sand auf ei⸗
ne andere Art unterſucht, von der in meinen phyſika⸗
liſchen Abhandlungen, 177 S. Nachricht ertheilt wor⸗
den; aber es iſt noch viel zu betrachten uͤbrig, und
da ſich unter dieſem Sande eine große Menge unem⸗
pfindlicher als magnetiſcher Theile befindet, ſo hielt
ich fuͤr dienlich, zu verſuchen, ob man nicht in allen
eine magnetiſche Kraft rege machen oder ſie verſtaͤrken
koͤnnte, und nach einigen Verſuchen fand ich, daß es
angieng. Ich murhmaßete; es hinge vielleicht zu⸗
viel Schwetel am Sande, daß er deswegen durch)
lang anhaltendes Feuer fich in feinen metalliſchen Koͤ⸗
nig veraͤndern ließe: dieſerwegen roͤſtete ich ihn in ei⸗
nem offenen Schmelztiegel mit halb ſo viel Potaſche,
worauf id) den Sand allemal mit Waſſer abwufch,
* er denn viel ſchwaͤrzer als zuvor blieb, und ich
mehr
—*8*
654° Don einigen Berfuchen des
mehr als den vierten Theil daran ftärfer magn
befand. Ich mache mir fein Bedenken), die e Kraft
dem Salze zuzuſchreiben. Denn ob die Wirkung
des Feuers wohl des Sandes Kraft ſchon allein ver-
—59 ſo giebt fie ihm doch —* ſo viel anziehenbe
raft.
Weil gemeine ſchwarze Seife aus Oe gemacht
wird, das man mit einer Lauge von Potaſche ſiedet, fiel
mir ein, zu verſuchen, ob Seife nicht mehr thaͤte, des
Sandes Kraft zu verſtaͤrken. Ich vermengte alſo
den Sand mit eben ſo viel Eeife, die ich erſt einem
gelinden euer in offenem Schmelztiegel ausſetzte,
damit die Seife, die ſehr aufwallt, vertrocknete; als»
denn ward das Feuer dreyvierthel Stunden verſtaͤrkt,
bis alles oͤlichte Weſen gaͤnzlich verzehrt war, und die
Materie im Schmelztiegel ſtark gluͤhte: Nachgehends
kochte ich es in Waſſer, wuſch es wehl ab, und erhielt
einen ſchwarzen Sand, der alle nur ſtarke anzie«
hende Kraft befaß. Diefer Erfolg machte mir viel
Bergnügen, und esfielmir ein, zufehen, ob ich eine
noch ſtaͤrkere Kraft rege machen koͤnnte, daher ich ihn
wieder mit ſchwarzer Seife, mie zuvor, roͤſtete, ja ſol⸗
ches zum drittenmale wiederholte, aber die Kraft des
Sandes erhielt dadurch Feinen Zuwachs: Ich finde,
daß es eben ſo nachtheilig iſt, ihn zu lange, als zu kurz,
im Feuer zu halten. Die beſte Zeit ſchien mir zwi⸗
ſchen einer halben Stundeund einer ganzen Stunde.
Nachdem ich zu der fhmarzen Seife halb fo viel
MWeinfteinfalz gethan, und damit eben fo viel Sand
vermengt hatte, feßte ich folches Mengfel einem Re⸗
verberierfeuer dreyvierthel Stunden im Schmelzfiegel
aus, wuſch es in Waſſer, und die Kraft des Sandes
war
/
indianiſchen magnetiſchen Sandes. 655
war alsdenn ſo groß, daß ſie der vorigen gleich kam,
wo nicht ſie uͤbertraf. | |
Weil ich bemerker hatte, daß das Delin der Sel⸗
fe zu. Erregung der Kraft im Sande viel beytrug,
vermengte ih Rindstalg mit eben fo viel Sand, ver-
ſchloß den Schmelztiegel ſehr wohl, und fegte die
ganze Maffe einem zweyftündigen Neverberirfeuer
aus, wodurd) der Sand viel ſchwaͤrzer ward, und
eine ftarfe anziehende Kraft erhielt; aber noch ſtaͤrker
ward der Sand, der zwo Stunden mit eben fo viel
Pech im Feuer gehalten wurde: Er ward ebenfalls
ſchwarz, fehrzarte, und behielt wenigen Glanz, aber
wie man ihn in eben dem Schmelztiegel etwas länger
bielt, bemerkte ich, daß er ſchwaͤcher ward, wie er
denn auch ing einer Stunde Faum eine merkliche Kraft
erhielt, fo daß eine gemilfe beftimmte Wirkung des
Feuers erfordert wird, die Kraft im Sande rege zu
machen. Doch fonnte ich Feine größere Kraft im
Sande erregen, als auf folgende Are, wenn ich naͤm⸗
lid) den Sand im Schmelztiegel mit eben fo viel Harz,
Pech, Weihrauch und Kertichöl vermengte, und eine
Stunde einem Reverberirfeuer in einem wohlverfchlof:
fenen Schmelztiegel ausſetzte. Zwifchen den ſchwarzen
Kohlen des ölichten Wefens hängt ein fehr ſchwaͤrzer
Sand, der ſchnell an den Magnet fliege, ſobald man
ihm folchen nahe bringe. Ich überlegte alsdenn, ob
der Sand nicht die größte Stärfe erhielt, weil er dent
Stable näher kaͤme, wenn man ihn mit vorerwaͤhn⸗
ten Materien ins Feuer brachtes In der Abficht, Dies
fes zu unterfuchen, that ich ihn unter foiche Dinge,
von denen Eifen in Stahl verwandeltwird, nach den
4 Dand, Tt Vor:
656. Von einigen n Verſuchet des
Vorſchriften, die der große Kuͤnſtler in hen,
Herr — in ſeinem vortrefflichen Buche:
die Kunſt, Eiſen in Stabl zu verwandeln;
aegeben hat, Ich nahm alfo 3 Theile Sand, 2 Theile
Caminruß, und Seeſalz, gepuͤlverte Steinfogten
und Aſche; von jedem ein Theil. Nah ‚genauer
Vermiſchung aller diefer Körper feste ich fie ‚in einem,
verſchloſſenen Schmelztiegel fechs Stunden lang einem
ftarfen Feuer aus; wie die ganze Maſſe gekocht, in
Waſſer abgewaſchen und wieder getrocknet war, erhielt
⸗
ſie ſehr viel anziehende Kraft, aber ſie war bey weitem
nicht ſo wirkſam, als wenn ich ſie mit Seife oder auf
die letztbeſchriebene Art zugerichtet hatte.
Was mag nun dieſer Sand wohl ſeyn? Iſt es
ein unvollkommener Magnet oder ein zarter Magnet⸗
ſtaub, der den gemeinen Magnet ausmacht, wenn er
‚in größere Klümpen zuſammenwaͤchſt? So murhmaßte
ich erftlich ; wie ich aber fand, daß der gemeine Magnet
feine Kraft eher verlohr, als verftärfte, wenn ich ihn
auf dorbefchriebene Arc dem Feuer ausfeßte, foänderte
ich meine Gedanken, und geftehenun, daß id! die Na
fur dieſer Materie noch nicht einſehe.
Was er auch ſeyn mag, fo iſt gewiß, daß ver«
fhiedene Arten diefes Sandes von verfchiedenen Ges
genden der Erde gebracht werden. Man hat welchen
aus Perfien, andern aus Birginien, eine andere Art
befindet fich in Welfchland, die zu geghorn gemein ger
nug ift, und fihon von Natur eine ftarfe, anzie-
hende Kraft beſitzt. Zwo andere Arten findet
man in dem Eber einem Fluſſe in Heſſen, von denen
| eine
indianifchen magnetifchen Sandes. 657
eine dem italiänifchen gleicht, und die zweyte aus
großen Körnern befteht, die faft dem Hanffaamen
aͤhnlich ſehen, aber faſt gar Feine Kraft haben. Ich
habe auch noch eine ſehr ſtarke Art, die, wie man
mir gemeldet hat, unweit Alt:Kagufa in Dalmatien iſt
gefammlet worden, Niemand weiß, mwie vielerley
Arten dieſes Sandes es giebt. Zeit und fleißigeg
Aufmerken der Philofophen muß ſolches
N
‚entdecken ”
* Sergleichen Sand iſt auch in Deutſchland nicht fo gar
felten; und man Fann verfchiedene Arten deffelden in
Herrn Prof. Langens in Halle Raturalienfammlung
658. Nachricht von einigen zu Rom
EEE EEE IE
“4
all, 54 il — * —
Nacricht klima or
von einigen zu Rom im ne
aufbehaltenen M aaßen,
vn
Martin Bolfeg, fan
Vicepr. der K. G. mitgetheilt.
Aus den philoſophiſchen Tranſactionen 442 en,
2 Artikel,
Yn der — des Capitols befindet — ein
J ſchoͤner weißer Marmor, 8 Fuß, 5 Zoll engl.
lang, und ı Zuß, 92 Zoll breit, auf dem
verſchiedene Maaße mit [oNaRpen ai ‚zugehörigen
Schriften abgezeichnet find, |
Piede Ro. Re IIH. Onc. X. Deti KVL.
\ piede Greco.
Canna di Architak Palmi. ———
Staiolo Pal. V. Quar. HL. 5
Canna di Merca. Palmi otto #altra mifura,
Braccio di’ Merc, Pal. III. d’altra mifura,
Braccio di Tefitor di Teia
Curante Lu, Paeto.
Die Sinien, welche diefe Maaße vorftelfen, find fehr
— in den Marmor gehauen; wie ſie aber auch folglich
ſehr
im@apitofioaufbchaltenen Maaßen. 659
fehr die find, fo kann man ihre Abmeffungen niche
ohne Schwierigkeit: recht genau nehmen. Ich ver
fuchte folches fo richtig, als ich Fonnte, zu thun,
indem ich die Spigen meines Zirfels ins Mittel der
Duertinien fegte, welche, den Anfang und das Ende
der Maaße zu beftimmen, gemacht find. Der archi⸗
tectoniſche Palmus iſt leichter, als die übrigen, zu
‚geben, weil fich die ganze Canna auf dem Steine be:
findet... Ich nahm alfo felbigen ab, wie ich vermuche,
daß andere ebenfalls insgemein gethan haben, und
theitte ihn in 10 gleiche Theile. Nachgehends wandte
‘ich meine größte Aufmerkſamkeit auf den römifchen
Fuß, als der von größerer Wichtigkeit ift, als die
übrigen Maaße. Indeß folgen ſie hier alle, wieich
ſie in ſolchen Theilen, deren der londenſche Fuß 1000
haͤlt, befunden habe.
Der roͤmiſche Fuß 966 +. Er iſt auf dem
Steine erſtlich in 4 Palmen, und alsdenn auf dem
obern Theile in 12 Uncias, und unten in 16 Deti,
nach der Beyſchrift, geteilt.
‚ Der geiechifche Fuß 1006 + Er ift auch,
- wie der roͤmiſche, getheilt.
Die Daumeiftercanna 7325. Sie it inıa
Dalmen getheilt, Deren alſo jeder 732% engliſche Fuß
hält,
DerStaiolo hältz Palmen undz, und iſt 4212 —
Die Canna de Mercanti ift in 8 Polmen von
einem andern Maaße getheilt, und haͤlt 6Fuß, 63 Zoll.
Der Bracio de Mercanti in len. * ei⸗
nem andern Maaße getheilt, 2 Fuß, 934 Zoll.
Der Braccio dt Tefiror di — in 3 Theile ge⸗
er R 2 Fuß, Iy'z Zoll.
Tt3 Her«
660 Nachricht von — zu Ron
Herr Greaves giebt den Palm der Baumeiſter
132 Theite des englifchen Fußes an, und Herr Picart
beſtimmt deſſen Verhaͤltniß zum Pariſerfuß wie
4944: 720, welches nad) gehoͤriger Reduction 732 *
des engliſchen Fußes giebt, wie vorhin, und wie mein
eigener Verſuch mich gelehrt hat.
Picart giebt den römifchen Fuß von diefem Steine
felbſt 653, 15 folcher Theilchen, derer der Pariferfuß
Fe bält, d. i. nad) der Reduction 967 + des engli⸗
en.
Fabretti, der ihn aud) if: dieſem Steine ab ·
maße, giebt deſſelben Verhaͤltniß zum Palm der
Baumeifter wie 2040; 1545, welches auf dag vorige
Maaß des Palms gebracht, 9663 des englifchen Fußes
giebt. Diefe Abmeffungen kommen einander fo nabe,
als die Befchaffenheit des eingehauenen Maaßes, auf
das fie fich gründen, zuläßt; und wie ſolches zu Hrn,
hr Picarts Zeiten etwas frifcher war! als ist, fo wollte
ih in der Verhältniß, die er angegeben hat, Feine
Veraͤnderung machen , fondern ich feße zum Boraus,
‚ber römifche Fuß auf. dieſem Marmor jolle vermoͤge
der Abſicht von einer ſolchen Größe feyn, daß er ſehr
genau 0, 957 bes engliſchen Fußes enthaͤlt.
Herr Greaves hatte lange zuvor das Maaß des
roͤmiſ. Fußes von des Coſſutius Denkmale, als ©, 967
des enalilcheh angegeben, und diefes Maaß andern,
Die er von des Statilius "Grabmale und Befpafiang
Congius genommen hatte, vorgezogen. Ich glaube,
aus dem, was ich gefagt babe, kann fein Zmeifel
übrig bleiben ‚ daß des Coſſutius Fuß derjenige war,
den man auf dieſen Marmor hat‘ verzeichnen wollen,
yo dieſes Denkmal ſelbſt nun verlohren üb; we.
nigſtens
im Cavpitolio aufbehaltenen Maaßen. 661
nigſtens konnte ich zu Rom keine Nachricht davon
bey Leuten erhalten, die dem Anfehen nach die beſte
Kenntniß haben follten,
Wenn Sabretti in feinem Werfe von den Waffer:
leitungen vorerwähnte Verhaͤltniß des Palms zum
Fuße angiebt, tadelt er den Lucius Portus, daß er
dieſe Verhaͤltniß in ſeiner Schrift de ek: et Pon-
deribus falſch berechnet habe. Es ift wahr, daß die
Verhaͤltaiß, die Portus da angiebt, mit dem Fuße
auf dem Marmor nicht übereinftimmt; gleichwohl
‚aber iſt die Rechnung nicht falſch, wie Fabretti glaubte:
haͤtte er des Portus Buch mit Aufmerkſamkeit gelefen,
fo würde er gefunden haben, daß das nicht der Fuß
ift, von dem erredet, fondern der coffutianifche Fuß,
‚wider den Lucius Hortus in feinem Bude freiter.
Er muß affo entweder feine Gedanken nad) der Aus»
gabe feines Buchs geändert haben, ehe der Marmor
aufgefegt ward, oder, welches mahrfcheinlicher iſt,
#
A
er hatte vielleicht wohl. die Beforgung über fih, diefe
Maaße auf dem Marınor verzeichnen zu laſſen, allein
was für Maaße darauf fommen follten, murde ihm
von Höhern vorgefchrieben, under hat alfo, fo genau
er Fonnte, den coffutianifchen Fuß für den alten romis
fchen aufden Marmor verzeichnet. Daß fich die Sache
fo verhält, und fein Fehler bey den Zahlen vorgegane
gen ift, wie ſich Fabretti einbilder, erhellt nicht nur
aus dem Zufammenhange feines Buchs, mo er des
Coſſutius Fuß für unrichtig erkläre, Der gleichwohl
bier erſcheint, fondern auch von feiner Figur am Ende,
wo er ER pedis lesitimi, nach feinem Ausdr ucke,
liefert, welches mit ſeinen Zahlen uͤbereinſtimmt, und
12 Zoll haͤlt, deren 95 den Baumeiſterpalm ausmachen.
Tt
t4 N DI
66. Nachricht von einigen zu Rom — 7—
Die Menſura Colotiani et Statiliani pedis mit
dem, welcher ſich nun auf dem Marmor befinder, |
iberein. Das colotianifche Denkmal ift mit dem
eoffutianifchen einerley, und wird von dem fo genannt,
in beffen Befise es vormals gemefen ift. - Er hatte
zuvor auf der 5 Seite gefagt, nach Philanders Zeug-
nifje ſtimmte der coffutianifche Fuß damit überein.
Ob wohl Herr Greaves bey forgfältiger Ausmeſſung
beyder Füße einigen Unterfchied zwiſchen ihnen fand,
und den coſſutianiſchen, wie oben, 967, der ſtatiliani⸗
fhen, 972 ſetzt. Weil fich aber Portus auf ven
Philander beruft, fo erhellt, daß er den leßtern nicht
ſelbſt gemeffen hat, und Daher der Fuß, den er Den co-
Totianifchen und ftatilianifchen nenne, in der Thar der
eigentliche colotianifche und coſſutianiſche Fuß ift.
Eben venfelben habe ich beynahe aus; meiner Ab»
meflung der Höhe von Trajans Gäule gefunden. Ih⸗
re Hoͤhe berrug vom Boden bis an des Karniefes
Obertheil, 115 Fuß, 103 Zoll, ——— 120 dividirt
beynahe 966 giebt.
Bey dem griechiſchen Fuße ſcheint weiter fein
—— zu ſeyn, als daß man ihn in der Verhaͤlt⸗
niß, die aus dem Plinius erhellt, zum roͤmiſchen ma⸗
chen wollen, naͤmlich daß 625 roͤmiſche Fuſſe, 600
grichiſche machen, da denn der griechifche Fuß 1007
foldjer Theile hal ten muß, deren ber römifche
967 hält; und id) fand wirklich
006
ee
IV. Aus
| — 663
Pe ** ** ** * * *
IV.
Auszug eines Schreibens
am Prof. Kaͤſtnern,
bie Baͤttenroͤpfe
betreffend *,
— ä J— — mich, daß in meinem letzteren Ih⸗
FAR nen gegen Sturm Recht gegeben habe, und
72 im Scherz gefagt, ich wollte durch einen
‚ Aovocatenftreih Sturms feine Regen retten. Mache
gehends habe die Sache beffer betrachtet, und fehe
nun, daß der ehrlicye Sturm meines Beyſtands nicht
braucht sale Sie mir, daß ich Ihnen meine
Tt 5 Gedan⸗
* ©. das Hamb. Drag. 2 Band. 6St. 637 und 638 S. Da
meine Zweifel wider Sturms Einrichtung einiger Balz
fenföpfe, feine andere Abficht gehabt, als einige Er-
laͤuterung zuerhalten, fo mache ich die finnreiche Vers
theidigung gegenwärtigen Herren Verfaſſers, auch mes
gen andern Darinnen enthaltenen Anmerkungen, mie
Vergnügen befannt. Iſt fie zulänglich, fo wird fie
zugleich felbft meine Einwuͤrfe entfchuldigen, weil
Sturm, nady dem eigenen Beftändniffe feines Verthei—
digers, Durch unbeflimmten Gebrauch der Wörter
Anlaß gegeben hat, ihn unrecht zu verftehen. Sturm
bat bey mir, wegen feiner Verdienſte um die Baus
kunſt, fo viel Hochachtung, daß ich wünftbe, er möchte
nur auf diefe Art gefehlt haben. Raͤſtner.
Aus zug eines Schreibens,
a mittheilen darf. Ich habe ſo gedacht:
weil der Borten die Höhe der Balken vorſtellet, die
quer uͤber den Mauren ruhen, ſo iſt der die, ie
als welcher das Ende eines folhen Balkens, vorftel«
Ien foll, fo hoch als der Borten, Oben 100 ber Bor⸗
ten an-den Kranz anftößt, lauft ‚ein Band herum,
welches auch über ven Balkenkopf meggehet, und
alfo ein Stüf des Balkenfopfs wird. » Der Bor-
fprung dieſes Bandes macht, daß die Balkenföpfe \
oben näher zufammentreten, als unten, wo fie auf
dem Unterbalfen aufliegen. ‚Soll die Zwifchentiefe
CG in der Figur im Hamb. Magaz. 11B. 6
634 ©, ein Quadrar werben, fo fann man nicht die.
Höhe des Balkenkopfs zur Seiten derfelben annehr
men, weil 1) ihre Flaͤche nicht in einem fortgehen
würde, indem das drüber fortlaufende Band eine Er«
höhung in derfelben ‚verurfachen würde; 2) würde
fie zwifchen den Bändern über den beyden nächften
Balfenföpfen enger ſeyn, alsunten zwifchen den Bal⸗⸗
Fenföpfen, und alfo fein Quadrat feyn, fondern die
Geite der Zwifchentiefe wird der Höhe des Triglyphs
FGHI in erwähnter Figur gleich gemacht das iſt,
CF CE. Es iſt alſo der Triglyph vom Balken⸗
kopfe etwas unterſchiedenes, obgleich viele, ja Sturm
ſelbſt, oft eins vors andere ſetzet, und dadurd) Gele⸗
genheit zum Irrthum giebt. Sturm laͤßt oft das
Band weg, z. E. bey 3M. Balkenweite. Da iſt nun
freylich der Triginph dem ganzen Balkenkopfe gleich. |
Die Verhaͤltniß der Höhe zur Breite, wenn fie wie
3 zu 2 feyn foll, muß man alfo vom Trigtop abneh⸗
men, ſo iſt die Balkenweite beftändig $ der Höhe des.
Triglophe, Goldmann aber in Bm —
aͤlke
— RT 170 t
Die Balkenfönfe betreffend: 665
| balke nimmt ſie vom Balkenkopfe, behält aber die Hör
he des Triglyphs zur Seite der Zwiſchentiefe.
Aus dem bisher gefagten Eönnen fie nun Sturms
ſeine Regeln von der Balfenweite von 2 M. und der
‚Höhe des Balfenfopfs, Daß er zroifchen J und’ des
Gebaͤlkes fallen ſoll, vereinigen. Bey 2M. Balken:
weite ift der Trigfypß 36 Theile hoch, das Band 4
Theile, Summa 40 Theile, Das Gebälfe ift hoc)
120 Theile, davon find 45 der dritte Theil, Alſo ift
bier der Balkenkopf juft z des ; Gebälfes, Ich habe
die Ehre zu ſeyn ꝛc.
H. den 14 Sept.
“RR *
| | ‚Ir
j +. S. x \
GEH habe im Briefe gefagt, daß dag Band einen
>) Theil des Balfenfopfs (nicht aber des Triglyphs)
ausmadıe, Nicht alle, die von diefer, Sache geſchrie⸗
ben, ſind dieſer Meynung. Der Herr Kraft in feis
ner Difp. de Triglyph. fagt p. 10. Partes 9 eX-
ftantiores vna faperior coronidi, altera ‘inferior
epiftylio accenfenda, includentes triglyphum, et
coercentes in Zophoro ‚ vocantur illa quidem AB,
ee Taenia, Corona, haec autem CD,
Triglyphi. Alſo rechner er das Band zum
Er Gliede des Kranzes *, Iſt das aber nicht
ſo
* Es iſt wahr, daß Sturm dieſes nicht thut, wie man
aus ſeinen Schriften fieht, und daher Die vorige Vers
theidigung im ſoweit ſtatt findet: da indeß mein Ein:
wurf etwas zum Voraus gefeßt, das von andern
ebenfalls angenommen werden, fo hoffe ich auch dies
fermegen deſto eher entfchuldige zu ſeyn. R.
666 Auszug eines Schreibens, x. |
fo gar wider die Etymologie des Namens Capitu-
lum? Kann wohl das unterfte Theileiner Sache den
Namen Capitulum, Corona führen? Zeigen denn
diefe Namen nicht ſchon vonfelbft, daß fie das Ober-
fte einer Sache find? Hieraus ift [hen zu fehen, daß
das Band zum Don und Sch zum ge:
böret,
Es it eine ausgemachte Sache, vahd die Alten in
der noch ſimplen Baukunſt uͤber jede Stuͤtze einen
Balken gelegt, und alſo eben ſo viel Balken als Saͤu⸗
len geweſen, wie Scammozzi in feiner Toſc. Ordn.
auch thut. Bey anfehnlichen Gebäuden hat man, um
ihnen einen Vorzug vor andern zu geben, die Trigiy ·
phen vervielfaͤltiget, daß es ſchien, als waͤren mehr
Balken da, als wirllich vorhanden waren. Dieſe
Triglyphen waren von ſtarken Brettern, und mit
dem Hintertheile lagen ſie an den zwiſchen den Balken
vollgemauerten Borten. Zu ihrer Befeſtigung ließ
man uͤber den ganzen Borten ein eiſern Band laufen,
das alſo dieſe Brettchen an den Borten oberwaͤrts
andruckte. Daher der Herr Kraft recht ſchreibt quod
haec taenia Triglyphos in Zophoro includat et
coerceat.v, p.-10. Und dennoch ineben den
$. rechnet er das Band zum
Kranje.
Aue 10
v Don
667
KEKKKKKKKK KK KK xx
V,
Von dem
Auffieigen des Saftes
in den Pflanzen.
rüchte enthalten einen großen Theil Luft, wel⸗
© ches bewiefen werden Fann, wenn man einen
| welfen Apfel in die $uftpumpe thut, der-
— ſchoͤn und glatt wird. Und wenn die Frucht
uͤberreif iſt, ſo wird die Schale berſten, und ein Theil
des Fleiſches wie ein Schaum hervorgetrieben wer—⸗
‘den. Die ruft, ſo in den Pflanzen enthalten iſt,
traͤgt nicht wenig zu ihrem Wachsthume, zu ihrer
Vollkommenheit und Reife bey; welches aus der
Art und Weiſe erhellet, wie der Fortgang des Saf⸗
tes der Pflanzen befördert wird, Wenn wir ein
Glas mit einem langen Halfe nehmen, den Baud)
deffelben im Lichte heiß machen, und das Ende des
Halfes gleich darauf ins Waffer halten; fo wird
man ſehen, daß diefe Fluͤßigkeit, indem diefe Maſchi⸗
ne Ealt wird, fichebarlich durch den Hals hinauf in
den Kopf fteiger, weil die Luft fich verdicker, die vor⸗
hin durd) die Hiße ausgedehnet war, Diefer Ver
fuch zeiget uns einigermaßen den Fortgang und den
Urſprung des Saftes der Gewächfe: Der Kopf dies
ſer
658 Don dem Auffleigen des Saftes
ſer Maſchine ſtellet die aͤußerſten und zarten Theile der
Pflanzen vor, die eingeſchloſſene dicke Luft ſind die
Fluͤßigkeiten, die ſich in dieſen äußerften T Theilen be⸗
finden, und uͤberhaupt diejenigen, welche in den klei⸗
nen Hoͤhlungen des ganzen Baumes enthalten ſind.
Die angebrachte Hitze bedeutet die Hitze der Sonne,
fo lange der Tag waͤhret, welche nicht nur unmittel—
bar auf die Klebrichkeit des Saftes wirket und fie vers
duͤnnet, fondern auch zur Erweiterung der Höhlungen
der Pflanze dienet, und machet, daß die Pflanze fich
verbreitet und ftätker bervonfchießet. Die Feuchtig⸗
keit, fo den Hals des Glaſes hinan ſteiget, ftellee -
die Säfte vor , welche aus der Erde, vermitcelft der
Säferchen der Wurzel, angefogen werden, von mel«
chen fie durch Fleine Roͤhrchen den Leib des Baumes
hinan fteigen, welches wahrfcheinlicher Weife auch
Durch die inmendige Anziehung der Cohaͤſion fowol,
als auch durch den Druck der äußern Iuft befördert
wird, zumal, wenn die Fluͤßigkeiten anfangen, zu er⸗
ſtarren, und in den zaͤrtern Theilen der Pflanze durch
die Kälte der Nacht verdicket werden, Daher es koͤmmt,
dag Pflanzen, deren Säfte durd) eine gar zu flarfe
Ausduͤnſtung an einem heißen Tage erfhöpfer find,
und Die daher gegen Abend matt und melf fcheinen,
fi in der Nacht wieder erholen und ihre Häupter
wieder empor richten, ohne im geringften begoffen zu
werden. Mas fehr vieles zu der Bewegung des
Saftes der Pflanzen beyträgt, iſt die große Vermi⸗
ſchung mit Luft, die ſich ohne Zweifel i in den meiſten
groͤbern Fluͤßigkeiten findet, welche in einen luftleeren
| Recipienten, ſichtbarlicher Weiſe, als ein Dunſt fi
denfels
in den Pflanzen. - 669
denfelben heraus und davon gehen; mie man ſolches
allemal mit weißem Weine, oder andern ducchfichtie
gen flüßigen Dingen verfuchen kann, dienur einiger-
maßen einer Gaͤhrung unterworfen getvefen, Diefe find
allemal mit $uft angefüller. Inſonderheit finder ſich
folches bey dem englifchen dünnen Biere. Die Theil
chen davon löfen ſich im luftleeren Raume auf und.
gehen davon, ohngeachtet diefe Flüßigkeit in zieml-
cher Maaße Flebricht if. Es ift gleichfalls zu ber
merken, daß alle Fluͤßigkeiten durch) Diefe Art ul
tionen ſchal werden.
Man kann ferner äh daß die Blaſen, wel⸗
che den Schaum auemadıen, fo durch dieſe Verſu⸗
che hervorgebracht wird, ſich allezeit in Geſtalt eines
fechsisitigen Körpers aufiverfen, welches das einzige
ieck iſt, deffen Seiten fich allenthalben begegnen,
fo, daß Fein leerer Kaum darzwifchen bleibet. Die
Zellen, welchedie Bienen machen, haben allezeit diefe
Figur. Durch Gänge von folcher Art, koͤnnen diefe
Thiere mit mehrerer Bequemlichkeit und Freyheit Hera
/ durch geben, als wenn fie viereckigt oder dreyeckigt
wären, x Wenn fie eine andere Geftale. hätten, fo
würden die Stöde nicht fo dicht, und für die Kluge
heit und Arbeit diefer merfroürdigen und fleißigen
Eleinen Greaturen nicht fo bequem ſeyn. Waſſer
giebt, wenn es auch Falt ift, fichtbarlicher Weiſe ein
gutes Theil Luft von ſich, wenn die Armofphäre auf«
böret, mit ihrem ganzen Gewichte darauf zu drücden,
So bald aber die Hervortreibung der darinn enthals
tenen Luft durch) den geringfien Grad Hise verftärkee
Un,
670 Von dem Aufſteigen dese Mich
wird, fo fieht man es in einem fuftfeeren Recipiene ⸗
ten fo ftarf fochen, daß es öfters über das Gefäß
laͤuft. Es Fann bey diefem Verſuche angemerfee
werden, daß ben diefem Kochen des Waffersein Theil
der Hige das Waffer verläßt, und dem Kecipienten
mitgetheilet, wird; woraus echelet, daß Hige und
Kälte nicht vermittelft der Luft zuden Körpern gebracht
werde. Man bat auch) über diefes aus der Erfah:
rung gefunden daß die Hige auch durch.einen luftleeren
Kaum fortgepflanget wird, und ziwar eben fo leiche
und auf eben die Art, als folches durch die Luft ge⸗
ſchieht; denn wenn ein Thermometer in einem.
(uftleeren Raume aufgehenkt wird, fo ift es denſel⸗
ben Veränderungen unterworfen, als ein an-
Deres, das in freyer Luft
hängt,
VI. PE-
-
671.
PER DER re
— an
PETRI HORREBOWIL,
; in Academia Haunienfi Aftronomiae et Phyfi cae
Profefloris 'regii,
ELEMENTA PHILOSOPHIAE
Er EDAE NV RALLS,
edita i in 1 gratiam iuuentutis academicae, Haut. 1748,
ato, ı Alph. 2 Bog.
* ie Verfaſſer der meiſten Lehrbuͤcher ſchreiben
veder fuͤr die ganze Welt, noch für die
U Ewigkeit, und find zufrieden, von ihren Schü:
lern gelefen zu werden. Man würde alfo folchen
Schriftſtellern felbft unrecht hun, mern man fie wie
der ihren Willen verewigen wollte, und ein-fergfältie
ges Verzeichniß aller Lehrbücher wuͤrde bloß dazu die⸗
nen, die Weitläuftigkeit unferer gelehrten Republik
zu beweifen, ungefähr wie jenem Kaifer ‚ die Weitz
Jäuftigfeit der Stade Rom darzuthun, eine wichtige
‚Sammlung von Spinneweben diente, Es giebt in=
deſſen Bücher von diefer Art, welche verdienen , auch
von denen angefehen zu werben, die eben die Anfange-
gründe zu lernen nicht nöthig Haben. Das gegen.
mwärtige ift darunter zu rechnen. Herr Horrebow ift
den Kennern der Wiffenfchaften ſchon ſo bekannt, daß
fie. von ihm, auch bey dem Vortrage der Anfangs:
gründe, nicht bloße Anfangsgründe erwarten, “
|
4Band Uu De
672 _ Petri Horrebowii Elementa r
Die äußerlichen Umſtaͤnde, "durch welche dieſes
Werk veranlaſſet worden, cben was merkwuͤrdiges.
Das Lehramt der Phyſik wechſelt zwiſchen den Arztney⸗
gelehrten und Marthematikverfländigen auf der hoben
Schule zu Kopenhagen ab, doc) ohne Befoldung.
Es ift Herr Horrebowen in feinen Alter aufgetragen
worden. Er wollte Caſpar Bartholins Handbuch,
das er von feinem Verfaſſer felbft vormals erflären
hören, zum runde legen; aber diefes Buch, das
vor 56 Jahren herausgefommen ift, erforderte ſtarke
Veraͤnderungen. Er hat alſo vieles in den Tert ein⸗
geſchoben, anderes weggelaffen, und unterfchiedene
neue Gedanfen hinzugethan.
Man kann einen Theil von Herr H. phyſikal. Ge⸗
danken aus feinem Claue Altronomiae kennen lernen.
Erſſtellt fich zweyerley Materien vor, eine träge, und
eine wirkſame, welche die träge beitändig in Bewegung
fest *. Aus diefer zweyfachen Materie erflärt Here
ARTEN die Begebenheiten der —— 3 2
Es iſt artig, daß faſt alle Philoſophen, vein f ie big
auf die erſten Gründe der Förperlichen Begebenheiten
geben wollen, fo etwas angenommen. Herr Eller in
f.Abb. von den&lementen, feheint ebenfa lls dazu geneigt.
©. Mem. del’ Ac. deBerl. 1746. Thomaſius und andere
haben durch Geift in der Welt vielleicht nichts anders
verffanden, ald was man eine wirkſame Materie nen:
nen koͤnnte. Cadwallader Colden in ſ. Erklaͤrung der
erſten Urſachen von den Wirkungen der Körper, bat
aͤhnliche Gedanken. Sollten indeß nicht alle körper:
liche Erfcheinungen aus Materie einerley Art entſte⸗
hen koͤnnen, die eine einmal ihr eingedruͤckte Bewegung
ſtets nach dem Geſetze der Traͤgheit austheilet ai J
‚ander
philoſophiae naturalis. 673
‚Er glaube, die bewegende Materie Halte ſich niche
‚gerne in engen Höhlungen fefter Körper auf, wo fie
bier und dar, anfioße, und nad) Art eines Balles zu.
ruͤcke ſpringe. Sie geht alfo auch aus der Höhlung
des Haarröhrchens heraus, und treibt dadurd) feibft
‚die träge Materie hinein : Solchergeftalt ſtoͤßt die be»
megende Materie außen freyer auf die Iberfläche des
Waſſers, und treibt es indas Röhrchen hinein. Wenn
das Waſſer im leeren Raume höher in die Haarröhrchen
ſteigt, als wo ſich Luft befinder, Fann ſolches daher
jrühren, weil die Luft nicht ohne einiges Keiben aus
dem Röhrchen getrieben wird, da fie im luftleeren
Raume (con weggefchafft iſt. Weingeiſt fleige nicht
ſo hoch, als Waller, denn da er fich beftändig durch
IE a | Uu— 310. au Aue
andert? Herr Euler hat fehon viel vortreffliche Proben
gegeben, daß dieß zuteiche, wo man ſonſt andere
Kraͤfte für noͤthig gehalten hat, —
674 Petri Horrebowii Element.
su treiben , die fich auch night fo feichte an die Wände
des Slafes anhängen *. Herr Horrebow führe ver-
ſchiedene Betrachtungen von der Art an, damit die
$ernenden ſich nicht gewöhnen follen, mit einigen
Newtonianern die anziehende Kraft überall vorzuwen⸗
den, das iſt ein Wort, ſtatt einer Erklaͤrung, zu ſa⸗
gen, da Newton feibft zugeftanden bat, daß ſich
vielleicht ſolche Wirkungen aus dem Stoße einer Ma⸗
terie herleiten ließen. Verſchiedene Bewegungen der
Koͤrper in fluͤßigen Materien geſchehen ſo, als ob eine
anziehende Kraft nad) feſten Körpern vordanden wäre,
Herr Horrebow erläutert dieß durch einen Zufall, der
Schiffern oft begegnet. Ein Schiffer fegele bey einem,
Vorgebirge vorbey, und fiehteinanderes, bey welchem
er währender Nacht vorbeyfchiffen muß, - Er Bemerfe
indeß noch bey Tage die Sage deffelben, und nimme
alfo feinen Weg dergeftalt, daß er bey Nacht vorbeye
fahren will, Indeß wird er, ohne daß fich der Strom
oder der Wind verändert hätte, bey Nacht in die
Klippen des Borgebirges geführt, das er hatte vermei ·
den wollen; nicht als ob es eine -anziehende Kraft
hätte, fondern weil die See. innerhalb des Meerbus
ſens zwiſchen diefen beyden Borgebirgen ruhig und ohne
Strom war, der Strom aber von Seiten des offenen
Meeres das Schiff ſtark rrieb: daher es natuͤrlicher
äh nach der Gegend zugieng, wo es ruhiger war,
Die dänifchen Schiffer nennen ſolche gefährliche Meer
bufen zwiſchen zwey Worgebirgen de vande, und
die Wirkung des Waffers auf das Sci Top
Iding. | h
In
* Man feht aber hieraus di ice, warum das Duck.
filber fo gar niedriger ſteht.
philofophiae naturalis. 675
&$mıog, 1ro.$ führt Herr Horrebow einige Ver
ſuche an, die Römer mit Salzwaffer angeftelle, und
er in deflen gefchriebenen Nachrichten gefunden, Rö-
mer hat'im$ Kanne (Pintae) Waffer 6 Unzen Salz
geworfen. : Das Waffer hat ſich dadurch in einem.
Gefäße,das einen engen Hals hatte,nicht höher erhoben,
als um einen Kaum, den 15 Drachmen Wafler ein«
nahmen : alfo Haben die Zwiſchenraͤumchen des Waffers
die übrigen 33 Drachmen, ohne Vermehrung des
Raums;, in fi) genommen, Ein andermal hat Ro»
mer ein großes Ölas mit einem engen Halfe mit reinem
Waſſer gefüller: alsdenn daraus ein Eleineres Gefäß, -
das ungefähr den dritten Theil Des vorigen ausmachte,
gefüllet; aus diefem das Waffer ausgegofien, und
diefes fleine Gefaͤß nachgehends mit dem ſtaͤrkſten Salz⸗
waſſer gefüller ; endlich dieſes Salzwaſſer in das große
Gefäß gegoflen: daſſelbe aber ift davon nicht voll ges
worden, ob es wohl zuvor voll geweſen war, und fo
viel füße Waſſer verlohren hatte, als das Fleinere Ge»
faßausfüllte. Alſo ward diefer Mangel durch fo vief
Salzwaſſer, als das Fleine Gefäß ausfüllte, nicht er—
fest. Da Herr Römer diefen Berfuch oft forgfältig
immer mit eben dem Erfolg wiederholet, fo ſchließt
er, daß eine Kanne füße Wafler, und eine Kanne
Salzwaſſer zuſammen nicht zwo Kannen machen,
meil die Salztheilchen, die das Salzwaſſer aufſchwell⸗
ten, zum Theil in die Zwiſchenraͤumchen des ſuͤßen
Waſſers gehen. Eben dafelbit erwähnt aud) Here
Horrebow, dag Römer das Araͤometrum, oder wie
er es genannt hat, Daſymetrum / lange zuvor erfun«
den hätte , ehe es anderswo befannt geweſen. |
uu3 Das
676 - Petri Horrebowii Elementa
Das Zufammenhängen der Körper, ſewol der
‚polir ten Marmorplatten , die man insgemein braucht,
die anziehende Kraft Daraus zu folgern;, als uͤber haupt
der Theilchen der Koͤrper, wodurch ſie feſte werden,
erkennt Herr Horrebow im nis $ für ein Werk des
Schoͤpfers, das wir bewundern muͤſſen, ohne es voll.
kommen erklären zu koͤnnen.
Er ſtellt fid) im 120 6, um jeden feſten Körper
eine Art von Atmofphäre vor; weil ſich nämlich die
bewegende Materie an ber Körper Oberfläche nicht
fo frey bewegen kann, fo ſtoͤßt fie die trägern Teilchen
dahin, auf eben die Art, wie bey Erklärung der Haar⸗
roͤhrchen erwaͤhnt worden Herr H. nennt den Satz,
daß die beweglichere Materie ſich fo von den Oertern, wo
fie eingeſchraͤnkt iſt, entferne, principium reſultationis,
und den andern, daß ſie Die traͤgere Materie dahin
ſtoße, principium retropulfionis. Wenn folcherge-
ſtalt um jeden feften Körper eine Atmofphäresift, fo
kann man foldhe dem Monde nicht abiprechen, und
der Ring um den Mond, bey gänzlichen Sonnenfin-
ſterniſſen, beweiſt ſie nach Here 9. Gedanken; die Ringe,
die ſich um andere feſte Koͤrper zeigen, wenn man ſie in
den Lichtſtral im verfinſterten Zimmer haͤlt, beweiſen
ſie ebenfalls für diefe feften Körper. Da aber ſolche
Atmoſphaͤren ofe ohne alle Dünfte, und nicht Fugel-
rund find, heißt fie Herr 9. analogifebe Atmoſphaͤ⸗
ren. Den Urſprung des Dunſtkreiſes um unſere
Erdkugel ſtellt er ſich auf eben die Art vor (i22 9).
Die Spiralfedern-der beweglichen Materie fchnelten
zurück , indem fie an die Erde anſtoßen, und treiben
die gröbere Materie alsdenn nach der Erde zu, die
noch etwas von der elaſtiſchen beweglichen en
zwi
philofophiae naturalis. 677
wiſchen fich enthaͤlt. Man ſieht hieraus leichte, wie,
dieß zum voraus gefegt, eine ſchwere und elaftifche
Luft entitchen kann.
Herr Horrebow nimmt aus dieſen Betradhtun«
gen Selegenheit, im ganzen 8 Cap. feines Werfs ven
den Geſetze, nach welchen die Dichtigfeit des Dunft«
Freifes abnimmt, und deffelben ganzer Höhe zu reden,
und glaubt, dieſe wichtige Aufgabe zulänglich aufge
loͤſt zu haben. Seine Gedanken fommen darauf an:
Er ftelle fih den Dunfffreis in Schichten von ver-
ſchiedener Dichte, getheilt vor. Nun hat er 1737,
im Auguſt, durch die forgfältigfte Beobachtung gefun⸗
den, daß er fih um eine Höhe von 75 Fuß, oder
12, 5 fechsfüßige Ruthen über den Horizont des
Meeres erheben müffen,, damit das Duedftiber im
Darometer um eine Linie, eder „eines Duodeeimale
zolles gefallen ift, da es gleih am Horizonte des
Meers 23 Zelf hoch fand. Co hoch rechnet er alfo
die Höhe der unterften und der Erde naͤchſten Schicht.
Zu dem Fall einer Linie Duedfilber gehören 1c800
tinien Luft, welche fie zuvor erhielten. Waͤre die Luft
durchgehends gleich dichte, ſo wuͤrde alſo ihre Hoͤhe
herauskommen, wenn man Die 12, 5 feche. Ruthen
mit den 336 Linien, welche Die gan; e Höhe ‚von 28
Zoll des Queckfilbers im Ba ‚ausmachen,
muleipficirte, und alfo 4200 fechsfürßige Ruthen
ſeyn. Es iſt aber klar, daß die Luft weiter hinan
duͤnner wird, die naͤchſtfolgende Schicht alſo, welche
Herr H. von dem Ende diefer 12°, 5, bis dahin, wo
das Queckſilber wieder um eine Liniefälle, rechnet, hoͤ⸗
—
her iſt. Der Herr Verfaſſer folgert hieraus ohne
weitern Beweis, fie fen in eben der Verhaͤltniß bo-
Uug ber,
67% Petri Horrebowii Elementa
ber, in welcher die Dueckfilberfäule, die noch im Ba⸗
—
remeter haͤngen bleibt, niedriger iſt, und dieß nimmt
er durchgehends ſo an. Wenn man naͤmlich dahin
\ "2
E
ö
kommt wo das Queckſilber um die Hälfte gefallen |
ift, und alſo nur 14 Zoll. hoch ſteht, fo fchließe er,
bie Schicht des Dunftkreifes , die zu. diefem Irre
‚auf vorbefchriebene Art gehört, fey noch einmal fo
boch, als die bey dem Meere, und alfo 25°. An dem Drte,
wo das Queckſilber um 3 gefallen ift, und nur7 Zoll hoch
ſteht, ift die zugehörige Schicht viermal ſo hoch, als
beym Meere , alfo 50° alles franzöfifches Maaß. Hier:
aus berechnet er die Höhe über den Horigontdes Meeres,
in der das Barometer eine gegebene Höhe hat, und
macht eine Tafel, daraus man die Höhe über. dem
Meere aus der Höhe des Barometers durch alle Li
nien durch finden Fann, Wir wollen feine Methode
denen zu gefallen, welchen an folchen Rechnungen gele⸗
gen iſt, in die algebraifhe Sprache überfegen, in der
er fie zwar nicht vorgetragen bat; man Fann ſolcher⸗
geftalt feine Gedanfen beſſer mit andern vergleichen.
Am Meere fey die Höhe des Barometers S 2,
wenn man fid) um die Höhe ce über den Horizont er ⸗
hebt, falle es um die Größe b, daß alfo feine Höhe
= a-b if. Vom Meere an, bis an die Höhe c
reicht alfo die eraie Schicht ‚deren Höhe ſelbſt eilt. Nun
gehe man noch hoͤher, bis man dahin koͤmmt, wo
das Barometer nody um b tiefer fällt, alſo feine Hoͤ⸗
he a- 2b iftz bis dahin reicht die zweyte Schicht,
ihre Höhe aber verhält fich zur Höhe der erften, wie
ara-b, und ifi alo= act (a-b) Die A
be der dritten Schiht geht von da an, wo bie
Barometerhöhe a - ab ift, bis dahin, wo fie a - 3b
Dr. } h er wird,
| philofophiae naturalis. | 679
wird, und ift felbft ac: a-2b, meil fie fih zur
Höhe der erften, wie a: a-2b verhält, Diefes
zum voraus gefege, iſt flaß, daß die Höhe der
Schicht, an deren unterftem Ende das Barometer
a-n b hoch fleht,ac: (a-nb)fy. Man ſieht
alfo folgende Bergleichungen ein:
T. Barometer Höhe. 11. Höhe der zugehörigen Side.
a. |
"a-'b : (a-b)
a. 2b i eh 2b)
a -3b : (a- 3b)
ae RT
I. Entfernung über dem Meere.
o
e |
c. (r+ac: (a-b) )
c.(t+ ac: (a-b) +ac: (a- 2b) )
(1+ ac: (a-b). .+ ac: (a-(n-n)b))
2
Das dritte Glied der * Columne naͤmlich iſt die
Summe der beyden erſten Glieder der zweyten Col.
Das vierte Glied der dritten Col. die Summe der drey
erſten der zweyten u. f. f. Man ſieht leichte, wie ſich
aus der zweyten Columne die dritte nahen laͤßt,
wenn man die Quotienten a: (a-b), a: (a-2b),
a: (a-3b) u, ſ. f. findet, mit c multipliciret, und
die Produete zufammen addirt, alfo werden die Ent—
fernungen über dem Horizont aus der Summirung
Uus5 einer
680 "Petri Horrebowii Elementa
‚einer harmoniſchen Progreßion gefunden‘) Herrn
Horrebows Zahlen zu erhalten, fege ma a = ng‘
Br tr a u Hieraus findet er vie
Entfernung über — wo die Höhe des Ba-
rometers Oiſt, 26862°, 3. Erbehauptet, daß feine
Rechnung mit den Erfaßrungen gut zufreffe. Die
Hoͤhe des Berges Klairet if; (nach.dem Berichte der
Memoires de P’acad. desSc, 1705) durch geometrifhe
Ausmeſſung 277° gefunden worden, und feine Hnpo-
theſe giebt fie 277°, 1. Herr Maraldi und Caßini
geftatten (Mem. 1705. P. 290, 291.) einen Irrthum
von 2, 3, ja 4 und 43 Linien bey der Barometerhoͤ⸗
he. Schraͤnkt man dieſes nicht in engere Graͤnzen
ein, fo hofft Herr. Horrebow, feine Theorie werde
‚überall genug hun, ‘
‚Die gefundenen 26863 Toiſen machen faft 1
dänifche Meilen oder7 dänifche Meilen und 235 Sole
fen, weil die dänifche Meite 3804 Toifen hält. So
hoch ift alfo die Armofphäre, bis dahin, wo fie gar
fein Duedfilber mehr trägt, nach Heren Horrebows
Hypotheſe, in vänifchen Meilen. Man aͤeht leicht,
daß er in eigentlichem Verſtande nur die Entfernung
uͤber dem Horizonte kann berechnet haben, wo die Ba⸗
rometerhoͤhe ſehr klein wird, und daß Herr Horre⸗
bows Hypotheſe, wie die halleviſhe, voraus ſetzt, die
Luft werde in eben der Verhaͤltniß duͤnner, in welcher
das auf fie druͤckende Gewicht abnimmıt, alfo fich in die
halleyiſche verwandeln wird, wenn man bie Höhen
der Schichten unendkich klein annimmt.
Die Schwere erklärt Herr Horrebow aus eben
der beweglichen Materie, von der wir ſchon gerebet
haben; fi ie fie ſtoͤßt die ER nad) der Erde zu, in
dem
8
Schiffhauptmanns, Herrn Richard, beftäfige wor«
\ philofophiae 'naturalis. 6
‚dem fie ſich von: der Erde entfernet. Zwiſchen dem
Mordlichte und der magnetifchen Kraft bemerkt er vie
Uebereinftimmung (1779.), daß der Gipfel, oder das
Mittel , von dem Bogen des Nordlichtes nicht: gerade
nach Norden zugeht, fondern davon fo viel nad)
Abend abweicht, als Die Abweichung der Magnetna-
‚del in Kopenhagen beträgt, namlid) 123 Gr. Diefes
ſieht er als einen Beweis an, daß das Nordlicht aus
‚den Theilen der Sonnenatmofphäre entitehe, Die, nad)
Heren Mairans Gedanken, in unfere Atmofphäre
‚fommen, wo fie, wie Here Horrebow glaubt, von
dem Strome der magnetifchen Materie, der um unfere
Erde herum geht, bewegt werden. Herr Eelfius hat
in Upſal was ähnliches bemerft. Weil die Strahlen
„aus dem Bogen des Nordlichtes zwar ordentlid) nad)
‚Mittage, oft aber auch nad) Norden zugehen, folgert
Herr Horrebow daraus zweene Ströme magnetifcher
Materie, welche die Magnetnadel, wenn fie nicht ge«
ftört werden, nach den gewöhnlichen Himmelsgegen⸗
den treiben, aber ihr unbeftändige Richtungen geben,
nachdem ihr Sauf bier und dar von der Materie des
Mordlichtes gefiört wird. Es ift eine befannte Er»
fahrung, Daß bey ung eine lange mit feinem Magnet
beftrichne Stange von Eifen, die fenfrecht auf den
‚Horizont bey die Magnetnadel gehalten wird, mit
ihrem obern Ende das nordliche Theil, mit dem un⸗
tern das füdliche an fich zieht, man mag welches En«
de man will, oben und unten halten. Wie Herr
Horrebow aus feiner Theorie gefchloffen, daß jenfeits
der Linie das Gegentheil erfolgen müffe, fo find feine.
Schlüffe durch die Erfahrungen eines dänifchen
den;
w
\
692. Petri Horrebowii Flementa
den; hat auf einer Reiſe nach Sie 1738
auf beyden Seiten der Linie Berfuche angeftelit, und
in nordlicher Breite eben. den Erfolg, wie in Kopen-
hagen, in füdlicher , den entgegengeſetzten gefunden,
daß ſich das füdliche Theil der Nadel an das Dberende
des Stabes begeben. ©...‘
In der newtoniſchen Erklärung der. Ebbe und
Fluth fegt Herr Horrebow verſchiedene Erfahrungen
der Schiffer entgegen; wie aus Newtons Hypotheſe,
daß ſie von der Miehenden Kraft des Mondes ent—⸗
ftehe , folge, daß dieSee’gleich unter dem Monde am
hoͤchſten feyn müfle, fo verhält ſich folches in der Er:
fahrung an verfchiedenen Orten anders. » Herr Hdr«
rebow findet nie ziwifchen den Wendezirfeln die größte
Höhe des Meeres von den Schiffern zu der Zeit ana.
gemerkt, da der Mond im Mittagszirkel ‚geftanben,
fondern allemal etliche Stunden darauf, 3 F. bey Cap
Negro in Africa, im26 Gr. füblicher Breite, beftän-
dig 3 St. darnadh, dader Mond, vermöge feiner taͤg⸗
lichen Bewegung fich fchon dem "brafilianifchen Ufer
nähert ‚ zu te an der brafitianifchen Küfte
4 St. 30 M. darauf, da der Mond über dem ftillen:
Meere ſteht. Wenn der Mond: von Cap Dlaredo,
‚ander africanifchen Kuͤſte, unter dem Wendezirfel des
Krebfes , nad) Cuba und Slorida zugeht, hat er die»
ſchoͤnſte Gelegenheit, das Wafler des Meeres an fich
zu ziehen, daß es fich unter ihm erhebt, und Doch thut
er folches nicht, fondern drückt es vielmehr durch dieſe
65 Gr. Länge nieder, wie ſich daraus fchließen laßt,
weil man das Wafler niedergedruckt finder, wenn der
Mond in den Mittagszirfel von Cuba und Florida
komme ‚und folches 7 Stunden, 30 Bang darauf am
hoͤchſten
4
P
philoföphiae nrähhrelis: 3 683 |
bochſten aufſchwillt, da der Mond über dem ſtillen
Meere fteht. Fünf Stunden zuvor, ehe der Mond
in diefen Mittagszirkei fam, war das Wafler an der
Küfte von Cuba und Florida am hoͤchſten, und der
Mond ftund über Africa. Am meiften ſteht nad) Herr
Horreboms Gedanfen die Mündung des Amazonens
flußes dem Newton entgegen, und ift, wie alles bis«
berige, für den Cartefius. Die Schiffer finden das
Meer dafelbft am niedrigften, wenn der Mond im
Mittagsirkel oben oder unten fteht, und am höchften,
wenn er 6 Stunden gegen Abend oder Morgendavon
ft. Herr Horrebom nimmt alfo, ven cartefianifchen
Gedanken von der Urfache der Ebbe und Fluth, mit
Weglaſſung einiger Umftände, die offenbar wider die
Mondaftronomie find, an, und erflärt daraus bie
Ebbe und Fluth überhaupt, denn befondere Erfläruns
gen haͤlt er nicht für fo nüglih), als genaue Beobach⸗
tungen der Schiffer, weil die age der Küften u. ſ. f.
viel veraͤndern.
Diejenigen, welche in die newtoniſche Theorie zuläng«
liche Einficht haben, werden vielleicht ſchon wiffen, was
man auf diefe Einmürfe Herrn Horrebows antworten:
kann, welches fich hier i
der Kuͤrze nicht beybringen laͤßt;
noͤthig, aus Herrn Horrebows
und man haͤlt nicht
Werke mehr anzuführen, da das erzählte zufänglich
„seit ‚ tie viel befonderes und feinem Ver⸗
faſſer eigenes darinn zu finden
iſt.
EN Le)
VIE, Seren
684 Hr. Sloane von der Zauberkraft, |
al EEE SE SZE SSeE DEE u Da Da ze oe a a ee
9
Herrn Hang Stoane
Gedanken
von Der Berker:
welche —
der Klapperſchlange för
wird,
Aus dem erſten Artikel der 439 Num. ber ahuolbnhthen
Tranſactionen ausgezogen. *
* Jon der eingebifdeten — — Kraft ders
Klapperfchlange ift aus den. Tranfactionen,
zutheilen , weil vielleicht manche eher geneigt ſeyn moͤch⸗
ten, eine Begebenheit, die ihnen nicht gleich begreiflich
ift, zuleugnen, alsdiefe Kraft für zaubermäßig zu er-
Eennen. Herrn Sioane Erklärung ift fehr natürlich
und einfach. Das ganze Geheimniß koͤmmt, feinen
Gedanken nah), darauf an: Wenn eins der Pleinen
Fame: Mir diefer RR Raub find, Yon ihr
übers
7) im 6 St. des 3B.685 S. des Hamb. Mag.
eine Nachricht gegeben worden. Ob man wohl nicht
bejücchten darf, daß die Leſer im Ernſte eine ſolche
Zauberfraft glauben werden, ſo ſcheint es doc) nicht
undienlich, des Heren Sloane Gedanken hievon mite
der Klapperfihlange. 685
überfallen wird, fo beißt fie folches:: Das Gift ver⸗
ſtattet dem Thiere ein Elein Stück Weges ſortzuwan⸗
‚dern, oder einem Vogel auf den nächften Baum bin.
‚auf zu fliegen, da denn die Schlange es fehr aufmerffam
betrachtet, bis es tode herniever fällt, alsdenn eg mit ihr
ren Speichel überftreicher und verfchlinge Labat in
feinen Nouveaux voyages aux Isles del’ Amerique,
T. HIT. p. 96: und 106 berichtet ebenfalle, die Schlan«
gen pflegten fih, nachdem fie ihren Raub gebiffen
hätten, zurück zu ziehen, Damit ihnen fein Schadege«
ſchaͤhe, und wenn er todf wäre, ihn mit ihrem Speis
chel zu bedecken, und alsdenn zu verfchlingen.
Herr Sloane führet, zu Beſtaͤtigung feines Ges
danfens, eine Erzählung des Dberften Beverley
(in feiner Geſchichte von Virginien, 2 Auflage, Lond.
1722, 8. 260 Seite) als eines Yugenzeugens an. Er
- befand fich mit nody zween andern in Gefellfchaft in
einem arten. Einer traf auf dem Wege einen
mehr als halberwachſenen Hafen an,der ftille figen blieb,
ob er wohl ganz nahe bey felbigem vorbey gieng: Er
gab dem Hafen einen Hieb mit einer Peitſche, wor⸗
auf folher etwa 10 Fuß fortlief, und fich wieder
feßte. Er gieng eben den Weg zurück, und entdeck⸗
te unweit des Plaßes, wo er den Hafen gehauen
hatte, eine Klapperfhlange. Er machte ſich dar«
auf etwa 20 Ellen nach einer Hecke zu, einen Stod,
zu Tödtung der’ Scylange, zu holen, und fand bey
feiner Ruͤckkunft die Schlange zufammen gerollt, an
eben dem Drte, von dem er den Hafen verjagt hate -
te. Er ſah ſich bey dieſer Gelegenheit wieder nach
| | dem
636 Hr. Sloane vonder Saubere aft,
dem Haſen um, und entdeckte ſolchen etwa 10 Fuß
von der Schlange, an eben dem Orte, wo er nach
empfangenem Hiebe war liegen geblieben. Der
Haſe lag nun auf der Erde, hob ſich bisweilen auf
feine Vorderfuͤſſe, und arbeitete, als ob er fein Le⸗
AS
—
—
—
ben retten, oder gerne fort wollte, konnte aber nie -
die Hinderläufte vom Boden erheben, fondern fiel
allezeit wieder platt auf die Seite, und ſtoͤhnte ge:
waltig. Der Zuſchauer rufte feine andern beyden
Gefellfchafter dazu, und ob fie wohl. der Schlange :
alle drey auf 15 Fuß nahe Famen, alles vollfommen
zu überfehen, fo befümmerte ſich Doch Die Schlange
nicht im geringften um fie , daß fienicht einen Blick nad)
ihnen ſchickte. Sie bliebenda wohleine halbeStunde
ftehen , ohne daß ſich Die Schlange im geringften verän:
derte, der Haſe aber erhob ſich oft, und fiel wieder auf die
Seite, bis er endlich eine Zeit lang als todt lag/ Als⸗
denn ſtreckte ſich die Schlange aus ihrem Ringel
aus, und kroch ſachte auf den Haſen zu, da ihre
Farben zu der Zeit zehnmal praͤchtiger und glänzen«
der waren, als ſonſt. Indem ſich die Schlange
fortbewegte, ftrebte der Haſe noch einmal fich zu er
heben, worauf die Schlange inne hiele, und der Laͤn⸗
ge nach ausgeftredt liegen blieb, bis der Hafe wieder
eine Eurze Zeit lang ftille gelegen hatte, da fie wieder
vorrücdte, bis fie die hinterm Theile des Hafens er⸗
reichte, die bey diefer ganzen Begebenheit gegen die
Schlange waren gefehrt geweſen. "Sie befahe da
den Hafen über und über, indem fie einen Theil
ihres Leibes über folhen erheb, gieng alsdenn her⸗
um zu dem Kopfe und der Naſe des Hafens, nach«
| gehends
—
‚ber Klapperfchlange, 687
gehends zu den Ohren, nahm die Ohren eins nad)
dem andern in ihren Nachen, und arbeiteremit jedem
beſonders, mie etwa, wenn ein Menfch Oblate in den
Mund nimmt, fie zu benegen; darauf gieng.fie wie⸗
der zur Mafe, nahm fein Gefichte in den Rachen,
und ſchob die Lippen bald nach der Seite des Mundes,
bald nach der andern. Die Schultern hielten ſich eine
lange Weile auf; ſie dehnte und zog den Haſen oft
ber ganzen Laͤnge nach aus, und dehnte alsdenn erſt
eine Seite ihres Rachens nachdem die andere aus,
bis fie zuletzt den ganzen Körper in die Kehle bekam.
Alsdenn giengen die Zufchauer ‚auf fie los. Beverley
nahm feine Hutſchnur, und machte eine Schlinge
daraus, die. er ihr um den Hals legte, Sie ward.
davon fehr rafend, aber man verficherte ſich ihrer,
ſteckte fie in einen Sad, und ſchaffte fie zu Pferde
fünf Meilen fort, inder Abfiche, fie weiter zu ſchicken
Weil aber foldyes zu Waſſer geſchehen follte, wollte
ber Beſitzer des Bootes fie nicht lebendig einnehmen,
aus Furcht, ſie möchte ſich losmachen, und feine
Sklaven beihädigen. Alſo ward fie den folgenden
Morgen gerödter, und der Haafe aus ihrem Bauche
genommen, nachdem er etwa 18 Stunden darinn ger
legen hatte: An feinem Kopfe hatte fich die Wera
dauung ſchon angefangen, und die Haare
waren abgefallen, |
4 Band. — Inhalt
Inhalt des fechften Stuͤcks im “ |
vierten. Bande
I. Verſuch von dem Seeweſen und, ‚ber Handlung
ERBE 576
II. —— des Seren Dufihenbrocks, von;
einigen Berfuchen , die den indianifchen ARORNUDEN
Sand betreffen 9. Aber
M. Nachricht von einigen zu Nom im Sapiali ur |
haltenen Maaßen ’ Ma
dl. Auszug eines — —— an viot Kaſtnern, die |
Balkenkoͤpfe betreffend 66
V. Von dem wialuifeigen des af in, den. Ma, ,
7
| VI. Horrebowii Elementa: Philofophise — 61
VII. Sloane Gedanken von der Es rl welche der
aRSREHLANGE zugeſchrieben wird 684
enge 2
Regiſter
über alle ſechs Stucke des vierten Bandes
des homdurgiſ hen Magazins -
er * |
börükung von Münzen | u. ». $ eine Tele
Hedau 0% 261
al wenn diefer Lirel in Franke aufger
kommen BORUGaT
Alchymiſten, wie ſie ſich die — det Metalle
vorſtellen elarny 439
Ambra, von deſſen Urfprung IR ag
Ardomerer , von Roͤmern — PEN 7
Armozynen 279
Auferſtehung, wie wir RAR eier
eben. den Körper ‚wieder erhalten © 92.1.0331
Auge, wird aus einem — —— bedeckt 630
amgenlanger Aue | tesı ve
D.
Baillou, deſſen Anmerkung über die — 382
Baͤlkent oͤbfe, Sturm wegen feiner dieſelben betref⸗
fenden Regeln vertheidigt ARTEN
Band, über den Balkenkoͤpfen, iſt nicht zu des
Kranzes unterflem Gliede zu vechnen 665
Barometerböhe, daraus die Entfernung über dem
Meere zu finden 678
Baftard, Friſchens Anmerkungen von felben m
Beinbruch bey Cotta
Del, deſſen Beſchreibung zwoer merkwuͤrdiger —
len in Ungarn
von dem ner ſoliſchen Cementwaſſer
Fe EN
| Regiſter.
Bergtbeil, of fie zu unbeweglichen Gicern le
J—— in ſolchen kann Dampf bloß von —*
tern ohne ſchaͤdliche Duͤnſte entſtehen 493
Blaſe eines Kindes, darinn wird eine Stecknadel
gefunden 497
Bley j daraus iſt Quedſiber zu erhalten 524
i 526
Binborkeier:, , was er fih für Vorſtellungen
macht, nachdem er fein Geficht erhalten 322
Bluͤhtenſtaub, befruchtet die weibliche Blume des
Mays 489
Blur der Inſekten ſchleimiger, als unſeres 476
⸗⸗daovon ſondert ſich, ſtatt der mäfle ———
tigkeit, ein milchaͤhnliches Weſen ab 501
Boerhave, deſſen Verſuche vom Queckſilber 437
und 510
Bomben, Verſuche mit denſelben 9.1269
Branteweintrinken verderbt die Indianer 12
Bruͤckmann, deſſen Nachricht vom Fuͤrſtenbrun⸗
nen 503
Byrole, deſſen ſonderbares Neſt sg
C.
Calumet, mit dem Merkuriusſtabe verglichen 367
Cano, Sebaſtian, wird wegen Umſchiffung der
Erbe von Carl auf eine vorzuͤgliche Art belohnt
582
Carl der Große fach das Seeweſen in Aufnehmen |
zu bringen 616
=.» merkwürdige Rede deſſelbenn 6109
Cementwaſſer bey Neuſohl, — davon 333
olt⸗
Regiſter. |
Colibrie 406
—— ob es Sainde von —*
393
Erpfalln von Saffafrasöl Ä | 499
D.
Daͤmpfe, ſchaͤdliche ſteigen aus einer Höhle in Un⸗
garn au 69
Daͤnnemark hat ſich die isländifche Fiſcherey und
Handlung zugeeignet 610
Deutſche Benennungen bey den pohlniſchen Salz⸗
werken 298
Diamant foll nicht zu viel Schnitt haben 289
St. Domingo, dafelbft treiben die Bäume die Wur?
zeln horizontal 432: ;
Dreßden, Berfteinerungen in derſelben Gegend 530
Dunft, der ſich entzündet, in den Saljgruben 296
Durchfahrt, nordweftliche, deren Wahrfcheinlich“
feit 18
2*
*
— +
Ebbe und Fluth war den Alten nicht ſehr bekannt
20
Eberhard, deſſen Farbentheorie Bee” —
$Edelceftein ‚ Anmerkungen über diefelben 382
Figenthum, befondere Art Ver | 359
Treib⸗ Eis 9
Eiseiland, Groͤße von einem 3 6
Bifenfeheibe, marum fie nicht ftatt bes Compaſſes
durchgehends zu brauchen 55
Eishoͤhle in Uingarn © *
— Pe Werd von ber ———
7 3 Empfin
Regiſter.
Empfindungen ſind beym Sehen ſtets mit Schlůßen
vermengt 323
Engländer, 100 fie am fehteften u überninden |
find - |
| 32
#- 2 DBorzug ihres jegigen Seeweſens vor dem kun
zoͤſiſchen 647
— eines Weibes, merkwürdige Bechachtm⸗
gen * | 259 |
F.
— ob ir Menge den Diamanten vorteil |
haft ift Ben
Karben, Theorie derfelben 345
* ſind nur zufällige Merkmahle der Edelſtein⸗ 386
wie weit fie die Vögel zu unterſcheiden dienen
(. nlagor
Federharte Körper, Jurins Abhandlung bavon 258
Sert im Enerfiofe ; 1.260
Seuerbaaten, welches die. beften find MN ‚618
Fiſche verdauen Muſcheln —457
Fohren, ob ihre Sohrung von RENNEN, Pr
fache wird
Soltes, deſſen Anmerkung über eine Stelle im Di
nius
Sorſcher was fuͤr Leute Kalſer Conſtantin ſo en
Ron 607
Scantreich behauptet die * Scifahrt en Ben
Meeren
von deſſen Manufaeturen Ö —*
”. 2: böh feinem Seeweſen an ef
— deſſen Voͤgelſammlung wird von ſenen Seh:
ne in sräpfet geftocpen und ilsieninkte‘ —
a bein undann RR ‚394
nnd —— x Seifen,
| Regiſter.
| Friſch ‚, deſſen Abtheilung der Voͤgel 408
| ‚Sürftenbrunnen, Nachricht von ebigen 503
⸗⸗4 mie er verfteinert 507
SFuß, römifcher und griechiſcher 659
1 ©. |
Geometrie, natürliche 324
Geſtalt, verſchiedentliche, welche die Mineralien an⸗
So nehmen, unterſcheidet ihre Arten EraRT
| Befundbrunnen, Nachricht von ihnen 116
2.3 wie weit fie ſich nachmachen laflen ° . 147
Gewitter durch Schießen zertheilt 274
- Glanz der Steine. Art ihn zu meffen 388
Glasfabriken in Frankreich 227
Börtliche Eigenſchaften laſſen fich aus phyſikaliſchen
Betrachtungen erkennen, aus denen das Daſeyn
Gottes nicht fließt 327
Goldmachen, eine daruͤber entſtehende Frage wird
den Kechrsgelchrten vorgelegt 44
% ir '
— —9 Falſche Auslegung dieſes Worts
| 2 : 34
Haare im Eyerftode un. 259 |
Haller anatomifhe Beobachtung von ihm
Handlung und Seeweſen, Verſuch davon 577
Handlungsgeſellſchaft, allgemeine 646
Helk, deſſen Nachricht, von den Verſteinerungen en
Dreßden und Pirna |
Heraklea Ye von den sfundenen Gemäfiom |
229
\ Soͤbien zwo ee v1 60
| Er4 Holz⸗
wi,
Holzwuͤrmer, Gedanken über 858
Sonigfchwären | 9
Horrebow, deſſen Naturlehre 671
Hudfonsbap, dafelbft verfuchte Durchfahrt. 1. *
354 Charte davon
Sud ſonobaygeſcuſchaft Ei u
| I. |
Iding, was bey den daniſchen Sonfen ſo beit
Indianer ar der Hudſonsbay, deren ai |
304
Inſekten, Aehnlichkeit der Pflangen mit ihnen 419
| R.
Raͤfer. Nachricht von welchen
Röäftner, vom Einfluffeder Narurlefrei in die Hedi
gelehrſamkeit 27
⸗vom Urſprunge der Linie, aus — eines
Punctes 6
⸗⸗Sinngedichte uͤber einen Wörtergelehrten 89
⸗ vom Einfluß der Naturlehre in die Metaphy⸗
306
Riefe ‚ tunde bey Yorkfort 15
Kind, von einer Frau ſechſehn Jahr im Leibe getra-
gen, die während der Zeit vier andere Kinder ge:
bohren 237
Kinderblattern, Gebrauch * — Kine
de bey ihnen =
KRirſchvogel, deſſen fonderbares Neſt |
Blapperfchlange worauf ihre — *
mie 684
| % Ansten
Regiſter.
Rnoten in den Edelgeſteinen 385
Knutzen, deſſen allgemeines Metteralaeh, 299
Areussüge, deren unglücfliche Folgen 624
Kuͤrzeſter Weg allemal von der Natur beobachtet
/ 327
Rukuk ift ein Raubvogel 414
Kunigunda foll die polnifchen Salpwerfe —
haben 291
Rupfer, wie es ſich ſtatt des Eiſens in ven Cement⸗
waſſer ſetze 342
Lachter deſſen Groͤße 54
Lerche, eine weiße 406
Linie, von deren Urſprung, aus Bewegung ur
Nuncts
Ludwig der XIV, Aufnahme des franzöfifchen en
weefens unter ihn
Luft, von deren Wirkung auf die menſchlichen en
per 167
» 3 Mittel zu entdecken, was fie fir Salze ent
hätt 2.
bie die Ausdehnungi in ihr entſteht, welche ver⸗
urſacht, daß der Saft in den Pflanzen ſteigt 472
Luftroͤhren der Pflanzen fi ind den &uftrößren der
Spnfeften ähnlich 468
Luftroͤhrchen, ihre Geſtalt * den Pflazen und
Ssufekten 419
+ 5 warum fie bey er nie fo häufig A
Maaße, Nachricht von einigen alten 688
Machiavel, von deſſen Abſicht bey ſeinem Buche,
von der Regierungskunſt 149
5 VOR Magne⸗
Regiſter. —
Moagnetiſche Kraft einer * * den * mit
getheiltenin | ‚86
Miagnetifcher Sand KRIR Br
Wiagnetnadeln verändern ihre aa ineinem
Tage 56
““ verlieren ibre Richtung | in ber Kälte 17 und
"495
Marnetnadel, wie fie ſich nach dem Enten eines eis
fernen Stabes richett 68t
Manna, perſiſches | 64
Manufacturen in Frankreich | ‚213
Mart aus dem Maccambaume dienet zu: Brodte
—2
Markſcheidekunſt. Eine Anleitung dazu 53
Meerbufen, gefährliche ? 674
Melicerides B 25
- Mienagius feltfamer Gedanke deſſiben 35
Metalle, Begriffe von der Art, ſie zu — ſind
Rechtsgelehrten nuͤtzlich 43
» 2: 0b fie wieder wachſen “ 38
. A wie ſich die Ar isre Zeugung ui
ieraphpf Einfuß der. Naturlefre in feibe |
306
Moͤttel, wie er zu Madraß gemacht wird Den,
Wonaden, Beweiſe von ihnen 447
Muſcheln dauern fehr lange im Gemiure, werden
aber. doch von Fiſchen verdaut 00.05 .257
Muſikaliſche Stimme —* eine Raſereye *
Mylius deßen Nachricht, vom Verſuche mit Pi
bem Gef uͤtz | Wr,
Ä —
Regiſter.
Mylius, deſſen Nachricht von Friſchens Vogelſamm
lung 29⸗
9 Yun Ä
Nadel, die in den Arm she, und bey der
Bruft herausgenommen worden 88
Nattern, einige Unmerkungen über fie _° 84
Yatürliche Wirkungen, was Begriffe von ie
haben, beißt
aruvlebre, ihr OD, in die — ————
keit ——
Nebelbank 356
Nervenſaft. Beweiſe fuͤr deſſen Dafeyn ——
Neſt, ſonderbares, des Kirſchvogels 413
Neuſohl, daſiges Cementwaſſer 333
von Oppel, deſſen Mackſcheidekunſt 53
Optik, ihr Ruůben zur Erkenntniß der Steine 389
43401 392,
lehret uns die Seele beffer fennen 321
Drcan, gewaltiger | At Re 5,
Ofeocalia, bey Cotta
——— der Thiere, von mie vielerley Art
es iſt 467
p.
Deres, Amonio, deſſen Gedanke, was zur Echebung
Frankreichs nöthig fen s650
Derfpectivmablevep ift den Alten bekannt gewe⸗
fen 231
Pflanzen, deren Aehnlichkeit mit den Inſeklen 419
⸗ warum ſie auf dem en ſenkrecht ſtehen
426
Pierres
Regiſter.
Pierres en cabochon | 688
Pietſch von Zwittern 538
Pirnaiſcher Sandſtein. Verſteinerungen in ib
gem 535
Dianeten, ob ihre Bewegung beweife, daß ihnen
ſolche von einem freyen Wefen vorgefehrieben wor«
den —9
Plauiſcher Grund 530
Plinius. Anmerkung über eine Stelle aus Ibit, „8
Praeuaricari Be.
Dompejus, jüngerer, Geſchichte von ihm 607
Dunct, wie aus defien Bewegung tie ia
' 46 »
©
Öuackfalber unter den Indianern 2
Quedfilber, Boerhavs Berfuche davon _ 437
s giebt gefchürtele ein ſchwarzes Pulver 442
⸗laͤßt deſtillirt am Boden der Ketorte ein rothes
Pulver zuruͤck 445. 448
* >» wird wieder aus dem ſchwarzen Pulver 446
».3 wird durch Feuer zu ſchwarzem Pulver 447
*s wird wieder aus demrothen Pulver 452. 453
s » das Pulver daraus hält fein Gold noch Sil⸗
.
ber 455
laͤßt ſich nicht in feuerbeſtaͤndige Metalle ver⸗
aͤndern 456
wenn es unter kochendem Waſſer gehalten wird,
erhebt es ſich nicht über den Boden des Gefaͤßes
457.
+. # Kann veraͤndert werden, daß esaus dem Bo-
den des Gefaͤßes auffteige 458
r | Queck⸗
Regiſter.
Queckſilber, feine eigenthuͤmliche Schwere 460
# = wird durch lange Digeftion zu feinem Metalle
| 511. 514
iſſt nicht aus Bley zu befommen 524. 526
noch aus Zinn 526
— |
Bechtsgelebrfsmkeit, Der Naturlehre Einfluß in
diefelbe | 3
Ricochers, Berfuche mit felben
Römer , deffen Berfuch von Vermiſchung des Say
waſſers mit ſuͤſſem |
- ne das Aräometer für ſich erfunden J
S.
Saft in den Pflanzen laͤßt ſich nicht mit Duͤnſten
vergleichen 428
⸗⸗wie die $uft mache, daß er in die Höhe fteigt
466
*” = wie er.auffteigr | | *
Saleter |
Salz geht in bie Zwiſchenraͤumchen des füßen ah
ers
Salzgruben, pohlniſche, Nachricht von ihnen —3—
Sand, magnetiſcher 652
Saffstrasdl, das in Cryſtallen angeſchoſſen 499
Seas, Bedeutung des Worts im Sachfenfpiegel
49
Scheerung hohe und niedrige 2“:
Scheinbare Spina bifida | 254
| Sichneesugen 8
She
#
Regiſter.
Schober, deſſen Nachricht von den pohluiſchen
F Sal;geub en |
J 275
Schriftſteller, wie — Abfichten entedt 152
Schwaͤmme, von deren Fortpflanzung: ) 265
86" Vorfcheife, fie zu jieben 666
Schwalbe, eine weiße 406
.: halten ‚ss ben Winter über 5 im nie
auf ‘413
bmarse; von v Dingen NN 47
Schwefel, der Alchymiſten, iſt nicht das Feuer 514
Schwefelfaue vs, flüchtigeg, zu erhalten 252
Schwitʒen der Indianer 370
Seele, wird uns durch die Naturlehre Zi A
315
Seeweſen und Handlung, Berfuch davon 578
Sedenmenufscruren in Frankreich 219
Sohrung des Holzes, woher fie entftehe.. 555
R Spanien, deflen Sehe nad) Entdecfung. von Ame⸗
rica 587
Specht, wie und warum er ein ſchnarrendes Geraͤu⸗
ſche mache 414
Spinnenfeide 0° N OR?
Sprucebeer 14. 361
‚Steine unterfcheiden fich durch die Geſtaten- die ſie
von Natur annehmen 386
Steinſchneider, deren Urtheile von der wa *
Edelſteine iſt nicht zu trauen Ta 3
Stengel der Tulpen richten ſich auch bey ——
gefegten Zwiebeln in die Hͤhe 429
Sterne, warum fie am Horizont größer ausfeßen, als
in der Hoͤhe 31
Taba⸗
Regiſter.
- 5%
ER Naturgefchichte diefer Inſel 191 248
Tanne, ob deren Sohrung von —— ver⸗
urſacht werde 55
Tapeten manufacturen in Sranfreih - 4
Arten verfelden 217
Theewaſſer, deſſen gute Wirkung 14
Ther mometeb, wiees auf Gebirgen fleigt 256
Tongs 357
8 ‚MD. —
—— bes Fuͤrſtenbrunnens 507
* « um Dregben und Pirna 535
Unterleib, wie in ſolchen fiüßige Materie zu brin«
gen 255
Unterit diſche Gegenden ſollen im Sommer fühle,
im Winter warm feyn 67
Vögel. befommen über Winter doppelte Federn 359
» = Srilchens Sammlung derfelben wird in Kupfer
A und illuminire
394
Gedanken über-derfelben Abtheilung 396
= s wie die ausgeftopften vor Ungesiefer erhalten
werden: 412
Vorſtellen die Welt, was es beige 315
Waͤrme in den Fiſchen, iſt der Wärme der äußern
Luft gleic) 482
Waſſer ſucht auf eine befondere Art gerheilt 254
Dein, wie ihn die Ungarn. abkuͤhlen 66
Wetter, deffen Gleichfoͤrmigkeit in verfchiedenen Ges
genden 183
Wetter⸗
OO KR |
Metterglas, allgemeines | 299
Hoͤrtergelehrte, ein Sinngedichte a ar
dollenmanufacruren i in Frankreich209
Woünfebeltuthe, was davon zu halten, ſoll Rechts
gelehrten aus der Naturlehre bekannt ſern 41
Wurzeln mit dem Magenmunde verglichen 430
#5 biegen fich nad) der Naͤſſe AR N
# + wiefie in der Erde forrkriechen _ 431
. 5, i
Sauberfraf ber Kiapperfehlange 2 worauf fie an:
komme | 673
Zinn, Daraus iſt kein Queekſi lber zu erhalten: 526
zweige werden von der Luft getrieben, ſch zu erhe⸗
ben | 43
Zwitter ob es welche gebe PARBBLTY 3
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