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Full text of "Hamburgisches Magazin, oder, Gesammlete Schriften, aus der Naturforschung und den angenehmen Wissenschaften überhaupt"

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Ortober 1934 








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oder 
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Aus der 
Naturforſchung und den angenehmen 
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 Befhreibung 


eines: 


steigen Giodenfpie, 
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—4 Be * > eeetifhen erden 
mit welchen ich. gegenwärtig von neu⸗ 


ST nige aufmerkfam gemacht, welcher 
! 0 anfere Ohren insbefondere auf eine 
———— Art zu ergößen fähig ift. Es ift dieſes 
| & electriſches Glockenſpiel, das vermittelſt der Eu 
| ae in Bewegung gebracht wird, und ein 
| tes übereinftiminendes Klingen und Geläute vera 
. — a —* ie nicht 3 be⸗ 
8 annte 


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em befchäfftiget bin, hat mich derjea 


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dere ae A — eine ganz neue ( Einricht 
ner Mafchine, ‚woran auch größere ( Be en ver 
telſt der Electricitaͤt, alleine zum Klingen ler 
werden fönnen, und die mir ganz zufälliger Weife 
eingefallen war, iſt es, welche den Gegenftand nach⸗ 
folgender Beſchreibung ausmacht. 
Ich babe mir nämlich eine mit Füßen verſehene 
Mafihine von leichtem Tannenholze 6 Fuß hoch und. 
23 Fuß breit verfertigen Jaffen, auf, 55 runde 
ober Tifehblatte ich 9. Harmonitende plattz, 
runde metallene Glocken nad) einem ae Ums 
fange angebracht habe. Die gröfefte und mittelfte 
davon, welche einzig und.allein electrifiret wird, und 
deshalb auf einem’ an und für fich electrif chen. Kör ie 
ruhet, ift 7 Zoll im Durchmeffer und 3 Zoll tie 
Die anderen achte umher. befindlichen Glocken abet 
find von geringerer und. unterſchiedener Groͤße und 
nach Proportion auch tief, und von unferfe 
Sm‘ — * Bi mit Re ah un. großen 








2* —* IL She — eciſden ogerfuche, die 
BEigenſchaften der. electriſchen Materie und des 
electriſchen Feuers — im 2. Hauptſt. $ % 
fü: ©. ı1. 12. Tab, VII, Fig. ı 
er at feine Verſuche über die uectrieitt $ u 
Fig. 10. —* 
ki 5, den 12. feiner. Briefe die er’ aus ——— hie 
an den Den Collinſon m. London PER: 






eines electriſchen Glocken ſpiels. 3 


| ich in einer gewiſſen Harmonie mit einander ſte⸗ 
* hen. Dieſe Glockenmaſchine iſt nach beygefugtem 


Albriſſe folgendergeftalt befchaffen:: Fe. AB. 


— * 


n DEF iſt die runde Scheibe, worauf die Glocken 
ruhen. GHIK iſt das Fußgeſtelle dazu. a iſt die 
große Glocke in der Mitte von 7 Zoll im Durchmeſ. 


fer und 3 Zoll in der Tiefe , welche auf einem an un 


fuͤr fich electrifehen Körper , als auf einem gläfernen 


Gefäße o ruhet, und durch die an ihr befeftigte 


| Kette q ihre Glectricität erhält. Fig. ı. bbbbbbbb 


find die gplattrunden metaflenen Ölocfen von geringes 
ter und verfchiedener Größe, welche mit der mitt- 


lern Glode a in unterfchiedenen Tönen in einer ges 


Ä wiſſen Harmonie mit einander uͤbereinſtimmen. 


Fig. 1. gggggggg find die offenen Gänge in der 
Scheibe ABCDEF, worinn die Glocken bb bbbb' 


bb alle nach der Richtung Fig. 2. mp vermittelft: 


des geboppelt zufammengefegten Schiebers 3 J 
“nnnn hin und her gefchoben werden Fünnen, das 


mit felbige den Schall durch das Anftogen derer dar⸗ 


an Bin und ber fahrenden Kloͤppel Fig. und 2.c: 
cecc etc. jede einen halben Zolf im Durchmeſſer, x 


je an dem Winfelftabe Fig. 1. und 2, eee etc, 


“ kan feidene Faden dddddddd befeſtiget find, 


geben fönnen. Denn diefe Klöppel werden alle an - 
der mittlern Glocke a, welche alleine electrifiret wird, 
an und wieder ur geftoßen, und auf folche Arc 


von der mittlern Glocke ebenfalls electriſch, verlie⸗ | 


‘ ren aber alſo bald ihre Electricität, fo bald fie die 


barten und in--gehöriger Entfernung befindli⸗ 
electriſirten Glocken, welche nur auf hoͤlzer⸗ 





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ne Schrauben Kl Bud BE ‚ berühren, 
dem fie fo glei) von der ee nittlern Glos 
e bald an, bald wieder zuruͤck gezogen werben, fo 
geben ‚fie duch diefes Hin- und Herfahren an. den 
BGlocken einen fteten abwechfeinden Schell , fo lange, 
als die, mittlere Glocke noch electrifch. Ta Damit 
„aber die Glocken dieſerwegen die gehoͤrige Entfernung 
"erhalten fönnen, fo fann jede von den 8. Öloden 
Fig. 1 bbbbbbbb befonders, welche um die mitt 
ee Glocke herum ſtehen, vermittelſt einer Stelle 
ſchraube Fig. 2. iihrer unterfchiedenen Größe we⸗ 
gen hoch und niedrig, und vermiftelft eines Schie⸗ 
bers Fig. 2. nnnn vorwärts und růckwaͤrts gerich- 
‚tet werden. Fig. 2. f ift die an den feidenen Faden 
d herabhangende bieyerne Kugel eines Slintenlaufs, 
welche hinter dem Winfelftabe e hinter x herunter 
geht und das Gleichgewwichte mit dem meßingenen 
Klöppel c halten muß, wenn derfelbe — die ger 
* Richtung erhalten bat. Kae al Ä 








Das durch dieſe Glockenmaſchine mitein dr | 
Electricitaͤt zu hörende ſtarke Gelaͤute von dieſen har⸗ 
monirenden Glocken, ſetzt die anweſende Perſonen 
recht in eine Art von Betäubung. Es bat gar 
fein Zweifel, daß ‚gedachtes Glockenſpiel nicht die 
verlangte Wirkung zeigen ſollte, wenn die perpendi⸗ 
culaire Stellung und der gleich weite Buibencum 
der herabhangenden meßingenen Kügelchen zwiſchen 
den Glocken in acht genommen wird, und die Wit« 
terung, fo wie bey allen andern. electrif Verſu⸗ 
— nur — ER iſt. Mi ein⸗ 
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eines electriſchen Glockenſpiels. 
fachen Electricitaͤt ohne die geringſte Verſtaͤrkung 


mit Waſſer der belegten Flaſchen richtet ſich das Ge⸗ 


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7-73 


laͤute nur nad) der Bewegung der efectrifirten Glas⸗ 
Fugel; weil die allzu ftarfe Beraubung der Electri⸗ 
ritat von der mittlern electrifirten Glocke der bey; jes 
der unelectrifirtei. Glocke angebrachten Klöppels zur 


Fortſetzung folcher Bewegung nad) gefchehenem Ein- 


halce der Bewegung der electrifirten Glaskugel dar. 
an hinderlich iſt; bey recht guter. Witterung aber 


dauret das Geläute zu Zeiten etwas länger. Das 


hingegen die Berftärfung der Electricität auch nur 


mit einer belegten Flaſche mie Waſſer das electrifche 
SGlockenſpiel vollkommen zwo Stunden lang in Bes 


wegung erhält, wenn Die Eleetricität nad) meinem 
Electricitätszeiger ( lectrometrg) auf 70 bis 80. 
Grad des: Quadranten flarf ift, ohne dieſelbe von 


| der zeit an von neuem weiter zu erregen % 


44. / Der | 


LU. Ich bediene mich hiebey nicht ve Weyſchentlich⸗ 
sen Faden an einem electriſirten Körper, wie Herr 
Runeberg in den fhwedifchen Abhandlungen auf 


& YR das a 1759. nach der deutfchen Ueberſetzung 


auf der 17. Geite erwähnet, mo beyde Schen⸗ 
Fel der Fäden bey ſchwacher Electricitaͤt we⸗ 
nig oder gar nicht von einander abſtehen; bey 


mittelmaͤßiger aber biefelben ungefähr einen Bin 


fel von yo, und bey ſtarker Electricitaͤt einen 


— Winkel von- 180. Graden machen; ſondern eine 
©... ganz andere Einrichtung eines Electricitaͤtszeigers 
7 Übes, die ich für bequenter gefunden. Ueber der 


—* Siastugei meiner Electriſirmaſchine habe ich naͤm⸗ 
Mich ein rechtwinklichtes Bret an der Wand befe⸗ 
ſtiget. Auf der Seite dieſes Bretes, das 4J * 

Wan 


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Dee Nusen von dieſer Glocenmafchine iſt ber 
neblichkeir 


fanntermaßen anigo anders von feiner E 
als die Ohren der Zufchauer bey den electrif 


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* Pi 


fuchen fo wohl, als auch) bey Mufikbeluftigungen zu⸗ 
meilen damit zu vergnügen. Außerdem aber bedie, 
net man fihs, als ein Zeichen des Dafeyns ber ele— 


* 


zeigt. 





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eines electriſchen Glockenſpiels. 9 


“a, Materie bey Berfuchen mit der Eünftlichen 
Electricitaͤt fo wohl, als bey der natürlichen Luftele⸗ 
etricität. Ein fonderbarer Umſtand bey diefer Glo⸗ 
ckenmaſchine, dabey ich gang was außerordentliches 
in meinem Körper gewahr wurde, ereignete fich,, als 


ich auf meinen electrifchen Boden, der auf 4 Harz⸗ 


fuchen ruhet, trat, und mit der Hand Die Kette, 
welche mit der Glocdenmafchine ander mittleren Ölo« 


cke verbunden war, umfaßte, Unter jeder Glocke, 


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die unelectriſch bleibt ,; war zu einer andern Ab⸗ 
ſicht eine meßingene Rette befefliget , welche. alle 
famt mit der Erfchütterungsfette an der electrifir 
ten Slafhe mit Waffer, wodurch die Electricitaͤt 


h verſtaͤrket wird, verbunden waren. Als ich mich 


nun auf folche: Weiſe eleckrifiven ließ, empfand 
ih, fü lange das Geläute der Glocken währete, 
unterfchiedene fanfte Bewegungen und Fleine ele— 
‚eteifche Erfehütterungen in der Hand, womit ich 


die Kette umfaflet, und fo durch den ganzen Koͤr⸗ 


per. Dieſe Bewegungen und electriſche Erſchuͤt 


terungen waren fo wohl der Staͤrke des Anzie- 
5 By der Klöppelchen zwifchen ven Glocken, als. 


auch ihren geſchwinden Schlägen gemäß. Daß | 
ih mich in diefem Verſuche nicht betrogen gefunden, 

. Gaben mich meine zum öftern angeftellete Verſu— 
che damit mehr als einmal verfihert, Was man 


nun aus diefem zufälligen Verſuche für MWirfuns 


; gen, in Abficht auf die menſchliche Gefundheit 


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ſch verſorechen koͤnne, möchte vielleicht die An⸗ 

wendung deſſelben auf gewiſſe Fälle in Krankhei-⸗ 

— ſeyn, wenn dabey gewiſſe Arten von klei⸗ 
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r —* rise *5 — in — en Faͤller 
angebracht würden, Die ſchwacher $eibesu — 
halber nur die fbteunige,, aber doch ‚zugleich. klei⸗ 
ne und gelinde innerliche Bewegungen noͤthig haͤt⸗ 
ten. Man brauchte ſich eben keiner koſtbaren me- 
£allenen Glocken dabey zu bedienen, ſondern ars 
dere metallene Körper koͤnnten ftatt der Glocken 


x 


- eben daſſelbe verrichten, und würde der Kranke | 


auch daben den Vortheil haben, daß das Glo- 
ckengelaͤute ihn ‚nicht ſo lange beunrubigte. Zeit 


und Umſtaͤnde verftatten mit anitzo nicht, dem 


Verborgenen in diefer wichtigen Sache weiter nach⸗ 


zugehen; daher die Unterfuchungen — * ” : 


einer andern Zeit — 





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J9 | II. 


Wathothum und Aufnahme 


der 


Stadt Stogholim 


Ri * Jahren in Abſicht auf die Hand⸗ 


lung und Schiffahrt Rn 


ie Stadt Stockholm hatte kon. 200 volle 
Jahre geftanden, als Guftsph Erichſon 
 Wefa den fchwedifchen Thron beftieg. Ans 
| ter diefer Zeit hatte fie durch Kriege, Brand, | 
anſteckende Seuchen, und den ſo genannten Diger 

Tod ** eine lange Reihe von Ungluͤcksfaͤllen erlit⸗ 
ten. Sie hatte wenig Nahrung und geringe Ein« 






fünfte. Ihre Haushaltung war fehlecht. Und auf 


ſerdem, daß fie durch ſchwere Schagungen und Kriegs» 
— wurde, hatten fi) Mönde und 


Han⸗ | 


$: — Ein Auszug au da Rede die Here. D. Perer os: 
nas Bergius den zoten Aug. 1758 vor: der ſchwe⸗ 
diſchen Akad. der Wiſſenſchaften hielt, als er zum 
Mitgliede derſelben aufgenommen wurde, ©. 5: 31. 
die ganze Rede hat 270 Seiten; allein dag 34 
Bi eine Gefchichte der mebicinifchen: Wiſſen⸗ 
Iſchaften in Schweden, die wir dismal vorbey geben. 
So nennt man in Schweden die a die in der. 
u: des 14ten Jahrhunderts faſt in ganz Euro⸗ 
müthete, und im Jahre 1350 mit einem Fahr: 
ge aus Rormwegen, auch nach Schweden kam, 
mo ſi ie eine grauſame Verwuͤſtung anrichtete. 


Wachsthum und Aufnaptme 


Hanſe Staͤdte gleichſam verſchworen, fie‘ bis aufs 
Blue auszufaugen. Allein unter Guſtaphen Br 
wann es mit ihr ein anderes Anfehen. Diefer grofe ” 
fe König: war, fo wie für das Reich uͤberhaupt, 
alſo auch beſonders fuͤr dieſe Stadt, ein wahrer Lan— 
desvater, und von feiner Regierung rechnet, de den 
Zeitpunt ihrer AYuffinfeten PN Er 
Damals nahm fie feinen größern Kaum ein, als 
denjenigen, den wir heut zu Tag in engerem Ver⸗ 
flande die Stadt nennen: fie begriff alfo nichts, 
als die Inſel, dis der GSüper- und Norderftrom 
machen. Unſre fchönen Norder- und Süberm ’ 
(oder Vorſtaͤdte) waren noch leere Pläge. Man | 
hatte fie zwar ſchon lange vorher zu bebauen an 
fangen: allein unfer. den ‚folgenden vielen Be ages | 
tungen waren die Gebäude meiftens wieder. er 
brannt und vermüftet worden. „Das einzige Kofler 
St. Clara nebſt der alten Marienkirche ſtund mit 
einigen einzelnen Haͤuſern da ‚herum: tr wofern man 
| anders der. alten * DIN: — * eg ar | 











eben * lage 9— wo nun ba: — —— 
bauet iſt. Drey feſte Thuͤrme gehoͤrten demſelben, 
wovon einer in der Mitte, und die andern an den 
beyden Enden waren. Es hatte 2 Hauptthore, 
eine beym Suͤderſtrom, und das andere an der Mor» 
derbrücte, faft mitten vor dem Schloffe. Endlich 
war es noch mit einer Ningmaner ungeben, wovon 
man — ie bey der Del und Weſter⸗ —5 — 
Ueb er⸗ 





der Stadt Stockholm. 1 


| Ueberbleibſel ſieht. Bis an dieſe Gaſſen hin gieng 
damals das Waſſer. Die ganze Gegend bey der 


—— 


Schiffebrüde war nebſt den eyden ——— eine 


Um bie Stadt herum tar eine Art von Außen» 


werke, von hölzernen Pfählen, die im Waffer ftun.: 


den, und hinderten, daß die Fahrzeuge nicht allzu⸗ 


kunden findet man von verſchiedenen neuen Gebaͤu⸗ — 


nahe an dev Mauer, ſondern nur bey gewiſſen Oeff⸗ 


nungen, anlegen fonnfen; "Auf der Norderfeite war| 


ichfalls zur Bertheidigung der Stadt eine Schans 
e auf dem heil. Geiſts Holm angelegt, ungefaͤhr 


day; ‚wo; nun der Fönigliche Stall ſteht. Sonften: 
war die Stadk: ziemlich dichte bebauer, ‚Allein weil 


es meiftens elende Fleine hölzerne Häufer von einem‘ 
oder 2 Stockwerken waren: fo war fiebloß durch ihre 
Mauern von einem ausländifchen Dorfe unterſchieden. 


Unter der langen und glücklichen Regierung Bus’ 
‚ftapbs erholte fie fich von ihrem vielen vorher aus⸗ 


geftandenen Ungemache: fie fammlete: ſich Kräfte, 


und fing an das Haupt: empor zu heben, Gegen: 
das Ende diefer Regierung hatte fie auch ſchon in, 


der Weite zugenommen: denn in den damaligen Ur⸗ 


den auf den Malmen. Meldung: Die Kronſchul-⸗ 
den ſoderten zwar neue Auflagen auf Stadt und: 
Land), welche fie nicht wenig druͤckten allein man 


verringerte fie ſtets, fo: wie ſich das Reich aus: fein, 


ner Ohnmacht erholte. 


SGuſtaph hatte insbefondre zum Slide der Stab 
zwey beeifte Unternehmungen gewagt, welche beyde 

usſchlugen. Einmal befchnitte er der fre« 
den Bssemnigigen .. die — Dieß 


hatte 


f 


| 14 Wachsthum und Aufnahme 





hatte mehr als einen Vortheil. | Außerdem, — 5 






mehro aus der Nacht des Aberglauben⸗ und 
dickſten Unwiſſenheit die Religion hervor brach, 
blieben nun große Geldſummen im Reiche die vor⸗ 


her fuͤr Ablaßbriefe, Wallfahrten, : b flechungen, en, Ei 






und Exzbifchöfliche Mäntel nach Rom gegan 
ren, Und dürftige Erben durften — 
terlaſſenen Guͤter ihrer Anverwandten zur Aufrecht· 
haltung ihrer Familie behalten, die die M vor⸗ 
her fuͤr einige elende Seelmeffen an ihre Küöfter und: 
Kirchen gebracht hatten. Hernach zog er den uͤ⸗ 





becfern und andern Hanfebrüdern die unbegrängten- ; 


Freyheiten ein, die fie fich in Schweden angemaßet 
Hatten „und hieb ihnen die Klauen ab, mit denen 
ſie mehr als einmal dieſes Reich getroget, und die 
Güter der Einwohner deſſelben an fi geriſſen 
hatten. 

Er machte noch viel andere mügtiche Ynftalten, 
durd) Die er dem Reiche weſentlichere Dienſte leiſtete, 


als alle ſeine Vorfahren in einem Zeitraume von eini⸗ 


gen Jahrhunderten gethan hatten. Ja er that fuͤr 
feine Zeit mehr, als man fodern, oder Hoffen konn⸗ 
te. Allen bey alle dem war Stockholm das noch 
nicht, was es nun iſt. Glücklich genug, einem ne 





ben Untergange entruͤckt zu werden, konnte Ban 5 Ger — 






eher, als lange hernach in den voilto menen Fl 
und auf die Hoͤhe kommen, au, der es ſich g 
waͤrtig befinde. 

Die Haupturſache hiezu war der Verfall — 


Zerrüttung,, in die unfre Handlung und. Seefahrt - 


gerathen waren. Wir hatten uns unter den Unru⸗ 
eis Doͤnnemark eine Eleine Flotte an, affer 2: 





Alein 


vs 
* 


der Stadt Stockholm 


* 


allein K. Chriſtiern IL. hatte fie zerſtoret *. Die 
Hanfe » Städte, fonderlich Lübeck, hatten ſich eine 


geraume Zeit in alle unfre Handlungs» und Haus⸗ 
haltungsunternehmungen fo eingeniftelt ‚daß fie bey⸗ 
nahe unſre Herren waren. .: Sie hatten die Zoll⸗ 

freyheit in allen unfern Häfen. Sie hielten ihre 


Lieger oder Factorn hier-im Sande ganze Jahre bins 


durch, die nach Gefallen ihren Handel frieben, oh⸗ 


ne an einer bürgerlichen Bürde Theil zu nehmen, 
Sie hatten ihre Leute mit in unfern Stadtmagiftra« 
ten, Sie fifchten eigenmaͤchtig an unfern Stränden, 
Sie verlegten unfre Bergwerke, nahmen unfer Guß« 
eiſen und robes Kupfer, ja auch bisweilen das rohe 
Erzt von uns, und verfauften.es uns veredelt wie= - 


der. Was wir zu verkaufen ‚hatten, dag belegten 
fie mit einem: Spottpreifes: ihre eigene Waren aber. 

fleigerten fie auf das hoͤchſte. Diefe und noch viele 
andere Unorönungen verübten fiein Schweden, theils 


mit theils ohne Erlaubniß. Man hatte zwar. ſchon 


vor Guſtaphs Regierung angefangen, ſolche einiger⸗ 
maßen zu hemmen; allein das meiſte mar doch noch. 


rüuͤckſtaͤndig, bis die Lübecker felbft durch ihre unmäf 
‚ fige Soderungen bemeldtem Könige Anlaß. gaben, ih⸗ 
nen alle ihre, Rechte einzuziehen. . Denn im Jahre 
. 2523 wagten fie es fich unter andern, auch Didfes zu 


bedingen, daß außer ihnen und einigen an der Ofte: 
fee belegenen Hanfeftädten, denen fie die Erlaub⸗ 


niß dazu geben wollten, niemand fonft auf Schwe⸗ 


den handeln follte; fie, aber follten noch dazu Zoll 
frey ſeyn: eben fo follte man auch) von Schweden 
* ©. Celfüi Geſchichte 8: Guſtaphs des ıffen, im 
“ affen Zpeile, ——— = 


" +; 
Baar? 


AN 





aus nicht außer dem Sund, —— —— — | 
bet und Danzig ſegeln. Das Reich war damals 
in fo bedrängten Umftänden, daß Guſtaph diefe Fo⸗ 
derungen eingehen mußte. : Allein ein paar jahre 
darnach fahe er ſich gezwungen, ſein Wort zu bre⸗ 
chen. Denn es war bey einer Menge unentbehrli⸗ 
cher Waaren, die man alle von außen haben mußte, 
als Salz, Hopfen Lacken, Leinwand, Wein, Ges 
wuͤrze, Salpeter, Zinn, Bley und andre eine uns 
feidliche Theurung entftanden. Man war alfo dare 
auf bedacht, folche aus der erften Hand zu holen, wo * 
man ſie nothwendig wohlfeiler haben mußte, und 
man entſchloß ſich, mit den Niederlaͤndern eine 
Handlung aufzurichten, von denen die Luͤbecker felbft 
ihre meiften Waaren nahmen. Bon der Zeit an fas 
he man immer; mehr und mehr niederländifche Fahr⸗ 
zeuge in der Oſtſee und unſern Haͤfen: allein wir 
felbſt, die wir nur kleine Schuten, aber Feine große: 
Fahrzeuge hatten, konnten lange noch nicht unfre 
Seefahrt in die Weſtſee erſtrecken. Indeſſen fuhr 
man bier in Schweden fort, mit den Niederländern: 
zu handeln; ver Handel mit den Luͤbeckern aber und: 
den übrigen Hanfeftädten an der Oſtſee nahm imo 
mer mehr ab. Es ließen ſich auch feiesländifhe 
Flaggen in unfern Scheeren fehen. Luͤbeck genoß 
ſeine Zollfreyheit nur noch in Stockholm, Kalmar, 
Soͤderkoͤping und Abo, und die Freyheiten ſeiner 
anderen Bundeberwandten wurden eingeſchraͤnket. 
Die Luͤbecker wollten hiewider gewaltſame Mittel 
‚brauchen, Sie ruͤſteten eine Orlogsflotte wider die 
Niederländer aus; hielten alle ſchwediſche Güter an, 
deren fie babhaſt werden fonnten, er den K. 
Guſtaph 


der Stadt Stockholm. 1 


Buftsph von Kron und Scepter zu bringen, ja fie 
thaten all ihr mögliches, Aufruhr im Reiche zu er- 
regen, und den König binterliftiger Weife aus dem 


Wege zu räumen. Allein ihre Anfchläge waren ver⸗ 


gebens, und aller Bortheil, den fie daraus zogen, 
war diefer, daß ihre Rechte aänzlich aufgehoben, 
ihre Factore in Verhaft genommen, und auf ihre 
Waaren und Foderungen Beſchlag gelegt wurde. 
Die lebteren erhielten fie zwar nachgehends wieder; 
allein ihre Handelsfreyheiten waren auf immer weg. 
Man ſuchte vielmehr in Schweden die Seefahrt 


nach der Weſtſee immer mehr in Gang zu bringen. | 


Im Jahre 1546 wurde alle Fahrt nach auswärtigen 
- Drten mie den gewöhnlichen Fleinen Fahrzeugen und 
Schüten verbothen. Man fieng daher in den Sees 
ftädten, fonderlih zu Stockholm, Elfsborg und 
Oeſthammar an, fich größere und dazu aefchicte 
Schiffe anzufihaffen. Man bemübete ſich, mit dem 
laͤngſt auf dem Tapet aewefenen nüglichen Hands 
lungstrattate zwifchen Schweden und den Niederläns 
dern beym Kaifer zum Schluſſe zu fommen. Und 


endlich befchlo man im Jahre 1550, den Handel 


auf Lübe und den andern Sanfeftäbten an der Oſt⸗ 
fee gänzlich) einzuftellen, und mit. eigenen Schiffen 
fein Glüd in der Weftfee zu verfuchen, - Diefer Ente 
ſchluß verwandelte den Zorn der Luͤbecker in die äufs 
‚ferfte Berbitterung. Stockholm und die an feiner 
Brücke liegenden Schiffe follten vor allen Dingen ein 


Opfer .ihrer Rache werden, und in Dampf und 







Rauch aufgehen. Allein es wur 


nichts Daraus. 
Und zum Danf machten fie ſich 


urch ſo verhaßt, 


daß wenn nachher, * Handelnde außer Landes 
| D- 


‚24. Band. Waaren 


Pr Wachsthum und ufnahme 


Waaren verſchiffeten ihnen bisweilen ausdrůchich ver 
bothen wurde, damit ja nicht nach Luͤbeck zu fahren. 
Indeſſen kamen wir mit: unſrer Seefahrt nach der 
Weſtſee wirklich zu Stande," Man begnuͤgte ſich 
nicht bloß mit den Niederlanden: man verſuchte auch, 
was in Frankreich und England zu gewinnen ſey, 
man ſchloß mit Oſtfriesland ein Hand! ungsbundniß, 
und auf der Oſtſeite bedung man ſich in Rußland 
— Freyheiten, daß man durch das ganze: sad 
‚mit Vortheil handeln konnte, 

Sao ſtund es ungefähr mit unſerm —— 
Handel als Guſtaph I, ftarb,,: und ſo weit hatten” 
wir es fhon durch dien Borfor: ge eines fo weiſen Koͤ⸗ 
niges gebracht. Die Thenrung nahm ab, denn wir: 
——— die uns noͤthigen Waren für weit gelin⸗ 

"dern Preiß. Dagegen bekamen wir erwünfchte Ge: 
legenheit, unfre ‚eigene Producten vortheilhaft ab- 
zuſetzen, wodurch Geld ins Land, und viele Eins 
‚ wohner zu Bermögenfamens 7 © ms no 3 une! 

‚Wie flarf insbefondere die Schifffahrt ber Stade: 

«Etodholm gewefen, davon koͤnnen —— — 
noch ungedruckte Verzeichniſſe zeugen. . 

AInm Jahre 1557 den bten Aug. fanden ſich folgen, 

de Schiffe. an der Bruͤcke und in vn Scheeren bey 
Stockholm: a: 

12 große Schiffe, ( wir faffen * ſo wie auch 
bey den uͤbrigen Verzeichniſſen, Die Mas 

Je ‚men ber Schiffer weg, die in der Urkunde 
mit angezeigt find ,) die nach Holland fahren, 
57 Heine Schiffe oder Schüten. +75 9 

© 5 kleine — * Haren Norobornien 

laufen; WE N | 






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der St dt Stocholm — 19 


Ein andres Verzeichniß von- —— Jahre 
ee ausführlicher... &s hat den Titel: ; rung 
der Schiffe in. Stodbolm, 1557. Man ſieht 
daraus, wie groß damals der Haß gegen Abeck ge⸗ 
wege feyn. müfje, da dieſe Stadt, nicht mit unter 
den Pi lägen der Oſtſee ſteht, die —— werden 
ei. Die sont ſelbſt find; — 
4 nad) Danzig 
-ı nad) Rönigsbeig 
ı nah Stralſund 
0.5.2 nach, Roſtock 
nach Wißmar 
‚2 nad) Rigs ;,- 
2 nah Reval 
ı nach en 
Noch ein volljtandigeres vom Jahre 1559 meldet 
‚Die Handelsfahrzeuge, aller Städte i im Reiche, nebft 
„ihrer. Größe, Ladung, und den Dertern ihrer vu 
—— Es hat den Titel: 
| En der Schiffe aller Seeſtaͤdte * im 
3 Beiche,,. Kleiner und großer, und an wel⸗ 
che Örte fie diefen bevorftehenden Soms 
mer, (nach der Abrede die die Städte bey ih⸗ 





— 


rer Zuſammenkunft in dieſem Markte genoma 


men haben,) ſegeln ſollen, doch Sr. Eis 
Maj. gnaͤdigen Bewilligung anheim 
* ‚get le, im. Jahre 1559. — 
vVon Siockholmh ma 


BR Browaßʒe (Brügge), 3. von 140, und 

eins von 180 $aften ‚mit Iran Maften, 
Re ee 

a — 2 2 nach 





Wachsthum und Au 


vr — Amſterdam von 70 a mie fasten, 
Maſten, Bodfellen, Brennho. | 

4 nad) Danzig, 2 von 50 und 2 von 46 Laſten, 
mit Eiſen, Stangeneiſen, Butter, Thran. 

4 nach Luͤbeck, 3 von 40 umdeinsvon 30 Laſten. 

nad) Roftock von 30 Saften, mit Eifen. 

ı nad) Slensburg oder Kiel von 30 laſten, mit 
Eiſen. 

ı nad) Narwa von 18 Laſten, mit ( Maſur,) 
und Salz. 

ı nad Ropenhagen von 30 Laſten, mit Eifen. } 

10 Schüten find nach Wiborg verordnet mit 
Salz und andern Waaren, die den er 
dienlich find. | N 


Don Gefle. TEE 


3 nach Brügge, eins von 120 und 2 von 80 $as 
ſten, mit Maften, garten, Brettern, Brenn⸗ 

* holz. 

3 nah Amſterdam, von 70, FR und 40 * 
ſten, mit latten, Bretern, Brennholz, Bode 
fellen. 

2 nach Luͤbeck, von 60 und 16 an: mit Ei⸗ 

fen und Bretern, | 

4 nad) Danzig, 2 von 40 und 2 von 20 Saften, 
mit Eifen, Speck, Bocfellen und Bretern. 

3 nad) Stralfund, von 20 und 16 | ften, mit 
Eifen und Bretern, 3 | 

ı nad) Rönigsberg, von 30 Saften, mit Eifen. 

ı nad) Riel von 16 galten ” mit Ei iſen und Bre⸗ 
tern. 


3 Shiten nad) Wiborg mit Cal. | 
Don 


— 


der Stadt Stockholm. om 
Don Oeregrund. 


„ı.nad) Jolland, von 50 Laſten, mit Latten 


Bretern, Brennholz. 


„ı nah Danzig, von. 20 aaſten ‚mit Eifen, 


Thran, Speck und Butter, 
3 nad) Stralſund, von 20, 12, und 10 Saften, 
mit Eifen und Bretern. 
ı nach) Riel, don 10 Laſten, mit Eifen, 


3 Schuͤten nach Wiborg. 


| Don Elfsborg. 
6 nach Stankreich, ‚2 von 200, und die an⸗ 
dern bon 140, 126, 100, und 70 ‚Saften, neh» 
men ihre gaduing-in Norwegen.) | 


8 nach Zolland oder Friesland, won 200, 70, 


36°, zwey von zo, und drey von 40 Saften, neh⸗ 
men auch ihre Ladung in Norwegen. 


3 Schüten nad Wiborg mit. N — 


nach Stockholm mit ———— 
Von Nykobping. 


\ ı —* Luͤbeck, von 20 Laſten, mit NEON 


Häuten, Eifen, und — —— eine Schuͤte 
nad) Wiborg. 


Von Suͤdertsͤbing 


fr ‚nach Luͤbeck, von 36 Saften, mit Cie, Talg, 


Schmeer. und Küchenfett, 
"a nah Danzig, von 20 Saften, * mit Eiſen, 
Butter und Schmeer. 


= nach Roſtock, von 16 Laſten, ‚mit Bretern. 


» Schüten nad) Mose: 2: 
s on 





y Wachsthum und dlufnohn 


J von Fra Re 
ı ach Eüveit, von 120 Süften, — 
* 


Bodfe [ 
"F = an von — — Eifet, Talch, 
Speck, Küchenfett, er ei / 
es Shüren nad) — u — be ng 


2 Won’ Welterweik, | A ı 


ı nach Roſtock, vun ig —* ee Hau—⸗ 
fen, und Bretern .. 


J oniſchen Fiſcherey ve, 84 ine 
:B, al nd a — 
Don Weſteraos BE d Köpin 
ſind von jeder Stadt, a Schüten nach, 
‚«borg: verordnet, mit ſolche Waaren bie 
den Ruſſen dienlich find. ihn nam 

Von dem Pteiße fuͤr den dieſe ausgehende Waa⸗ 
ren, verfauft worden, giebt eichniß 
DE das Die Auſſchriſt bat; Wir | 


— Sr; Boͤnigl Mei. unſers a 
gen. Herrns — Wille und 
—* daß dieſe nachſt ſehenden 3 
WBaaten ſo an die ‚Sremden — verkauft 
werden/ wie bier hang} Im Jahre 1559. 
Chran vas Faß '% Mark. 
Zutter die ohne? Ju — 
Lachs, die Tonne av Salbr: ME 
„Aal, die Zone = 2 
"Spot v. Seehunden Die Tone — 
Nlarer Talg, ‚‘ das ‚Shi PRO 






Org 


> der Stadt Stechen). 22 


Et Rughe) Talg Pe 32 mus 
: Shmeir init #. — 
Ruͤchenfet 30 
(Gilde) Eiendthierhäute, der. Bee 
we lo Stüle)s.. „=. 120fl a 
son 7 umge: Klendehiechhüte ‚der FR 


9 
Oohſenhoͤute/ der Decher ji 
 Rübhäute, ’ ed 
(Bothen) Haute; ae! = 
57T EEE VEN 
 Schaffelle — a 


Große Bockfelle = J 

Mittelmaͤßige Sockfelle, Io, —— 

Kleine Bockfelle, PRFERT: 2 RR 

„ Große Siegenfelle "77" 

Mittelmäßige 3iegenfelle - 5 ' > 

- Kleine Ziegenfelle » = 4= = 

—— — 
Oßmundseiſen, die Laſt 126 PL 
Si einem Briefe des König Er Mari; som 31. 
Se 1550 werden die vornehmſten Waaren: fpecks 
fickt, die von bier nach Rußland giengen. Sie 
find feder, Eifen, Salz, Kupfer, Sifchetter Di: 
ber Fuchs. und Hofenfelle, "Die Rufen gaben das 
‚gegen Zobeln, Grauwerk, Wachs, Flachs, Hanf, 
Leinwand, KRamlott, euffche Häute, Wallmar (eis 
ne Art „grober Wollenzeuge, ) uf w. Die letzte⸗ 
ten, oder die rußiichen Waaren, basent i im Jahre 

—— Wiborg folgenden Preiß 

rg das Schiffpfund 160: Mu, A 
—X B4 Slachs, 





“ Wachsthum und Aufnah ne 


GKGlachs, N 65 Matt. 
Weiße uchten, der Decher 35° 
Trockne Haͤute, = 20 

Rußiſche Säure, dag ande * 
KRalbfelle, Pu 

Die deutfchen Waaten, ‚die bahn ana — 

den, golten: 

Laken v. Brůgge das Stuck 130 "Mark, 
Englifh Laken, = 100 , 
Laken, von Münfter, 51) = 
Sal; ; "die en ober 12 ae ‚Siheffel | 
Paten Kupfer, das Schiff. I ee“ 
Keſſel (Reste) Bupfr, 90 ..» 


Bl ley, ⸗ 40 ⸗ 
SEiſendrath, 150⸗ 
Meßingsdrath, = 28⸗ 
Heering, die Laſftt 150 


Honig, die Tonne = 40 = 
Zinn, das Schiffpfund. mo 
" Außerdem (fagt eben diefes alte Derzeihniß) 

haben die Rufjen in Wiborg über zoo Söfjer 
| Talg: jedes Faß bält 4 Schiffpfund. Item 
400 Glocken Wachs, jede Glocke von 4 
Scchiffpfund, und noch allerhand andere Les 
derwaaren, Flachs Hanf und viel anderes, 
das man nichr erfahren Eann, weilfie esnicht 
ausfchiffen wollen, bis die Raufleute ſelbſt 
zugegen find. 
Noch hat man ein Beezeichuß vom Seehandel 
der Stade Stockholm vom Jahre 1560, welches 
des K. Guſtaphs Sterbjahr war, Man ſieht 
— J dar⸗ 


sr Der Stadt Stockholm. 25 
daraus, mie nierflih fich Die Anzahl der großen 
Sahrzeuge in Jahresfriſt vermehret habe. Warum 
"aber ſo viele Orte da ausgelaffen find, die doch auf 
dem ? erzeichniffe von 1559 ftehen, weiß man nicht. 
Ordnung der Schiffe, die in Stockholm 
find, und sn welche Orte fie nächft 

0 kommenden Sommer 1560 fegeln 

| hir ſollen. 

* Frankreich und —— von 140, 
80. und 2 von 200 Laſten, mit Maſten, Lat- 
ten, Brennholz. 

5 na) Amfterdam, von 70, 80, ‚140, und. 2 

von 150 Laſten, mit Latten, Brennholz, Stane 
geneifen, Butter und Böden, 

1 nad) England von 70 Laſten, mit Oßmunds. 
und Stangeneiſen. 

7 nach Danzig, von 30, 70, drey von * und 
zwey von 50 Laſten, mit Oßmundseifen, Stan⸗ 
geneiſen, Thran, und Pferden. 

2 nad) Lübeck von 30 Laſten, mit Oßmundeei. 
ſen, Stangeneiſen und Haͤuten. 

ınad Roſtock, von 30 Laſten, mit. Oßmunds⸗ 
und Stangeneiſen. 

i nad) Koͤnigsberg, mit Oßmunds- und ‚Stan. 
‚geneifen, und Pferden. 


Aus diefen Nachrichten fieht man den bamalie 


‚gen Zuſtand des’ auswärtigen und Seehandels-Dies 
fer Stadt... Wie groß die Anzahl aber derer ewe⸗ 
‚fen, die im Reiche ſelbſt im Kleinen gehandelt , er⸗ 
Belle aus einer „Ordnung des MWinurhandels, 
woruͤber die Bürger in StocEholm, wegen 
nächjt Eommenden Sommers 1560 unter fich 
| 35 en 





einigigeworden,, 16" Sn fe Ordnu 
namer ih angegeben. 5 ve — 
9*— die mit Oßmunds⸗ und CS tangeneifen, nie 
4 na ——— 9— Keſſelkupfer. Ze 
Al — Die mit Butter, Thran Speck⸗ * 
Shfenhönten Kuhhauten — und 
Sa die mit Heering, Dorfch, Strömmling), "87 Fleiſch, 
Getreide, Ziegenfellen, Katbfellen, ( Sam⸗ 
fong und Gogenberk⸗ handeln fi (olteen. | 
Von Handwerkern fanden in ‚eben, biefem 
* 1560 in en ee 
m Gordfchnnidte, "N © Anz 
“17 one, —— ER, — a 
10 Schneider. — ee op 
"24 Butler, 199.0 IE FPREEFLOREET 
a —— 
— 5 "dimipte, . v5 0 un N 
2 Kannengießer · Bere 
4,3. Örapengießer. ir REAL 
Be Tischler. > — vn F er *F Br i ı 
3 Gürtler (Bea. ee ak 





— 10 Fiſcher. ir — Rap ie ER. — 
RI Tonnenbinder. ··.. bt 
3 Bartſcherer. Re — a — 
— “UP 


Nun wird es leicht fern, zwiſchen ber heutigen 
Ra und demjenigen zu Re. Aeiten, 
* In einem. Mandat von 1546. ſndet man 
ſchen macher Sattelmacher, Blafer, Kupfe 
ſchmidte, und ir ra und in" einen? a 
dern von 1557 auch Brauer, Be‘ 


a 






A der Stadt Stockholm. 


in Abſicht auf deſſen Handel, Seefahrt, und zahl⸗ 
reihe" Buͤrgerſchaft die Wergleichung ' anzuſtellen. 
Damals war Frankreich die aͤußerſte Gränze unſrer 
Schifffahrt? heut zu, Tage ſtrecken wir ſolche bis zu 
den Tuͤrken und Griechen, ja bis zu den Indianern 
und Antipoden Kin, zu dieſen wagen Mir uns um 
uns aus der erſten Hand mit Waaren zu verſehen, 
die wir theils zu unſern Eigenen Beduͤrfniſſen brau⸗ 
chen‘, theils mit merflichem Gewinn an die Auslän- 
der verfaufen, Unſre einzige Stade hatte vor TO 

Jahren 131 Schiffe von verfchiedener Art unter und 
von 100 Laſten, 47 dito ʒwiſchen 100 und 200, "7 
zwifchen 200 und 300, und 3 uͤber 300 faften * 
und feit der Zeit haben i die vier Schiffswerfte daſel 
ben weit mehrere vom Stapel laufen laſſen · Wer⸗ 
den gleich nicht alle dieſe Schiffe dazu gebraucht, daß ' 
fie von und nach unfern eigenen Häfen Waren führen ; 
fo koͤnnen fie doch), zu großem Vortheile unſrer Rher "4 
der, Srachfen von ven Ausländern verdienen: ein 
Griff, den unfre Bäter weder ae noch ſich 
deſſen bedienen konnten. 

Hier iſt ein ſummariſches Verzeichniß * gegen⸗ 
waͤrtigen Buͤrgerſchaft in Stockholm. "Alle diefeni= 
gen Handwerker, die unter das Hallgericht gehoͤren, 
find nicht mit einberechnet. Man wird bloß an Fa⸗ 
brikeurs und Manufackuriften eine weit geößere 
Anzahl finden, als vor 200 — die egange Kauf 
Beet ausmachte | 

do Stan. 


* ©. Heren Grills Rede von Sen Nuten unß, Vor⸗ 
theile, der dem ſchwediſchen Reiche aus der See⸗ 
fahre erwaͤchſt ꝛc. in dem Stockho miſchen Maga⸗ 
zine, ater Theil ©, zu. 


| 23 Wachsthum und Aufuahme 


20 Standesperfonen, Huͤtten ⸗ und Kom 
* und andre Verleger großer terf — 
100 Großhändler. F —J——— — 

230 Fabrikeurs und Darfactuien. Be 

38 Seiden », und Tuchhändlers  - Ei 
62 die mit verſchiedenen Bao haben. Li 

„ar Getreide. Haͤndler. eis Arıir 
138 Heeringsfrämer (Star). ER END RER 

6s Gewuͤrzkraͤmer. TER wir sch 

93 Tobackshaͤndle. 66 
Flachskraͤmer. NINE N LG 
MEiſenkraͤne. ae 

.: : 30 Seinmanbkrämers.n, > duasa Bud 
8 Hutſtaffirer. — (ta 

0 Mäfler und Seiten, — 

aA Buchhaͤndler. — — — — — — 
44 Weinſchenken. * — ana na >19 
13 Zuderbeder. _ — ae) 

22 Coffeeſchenke. Br 
HIT RR u 0 

5 Deftillirer. DENE HERR L LZEN LIEOE SEITE RENT 
as Bed. NEN 17 EEE 
105 Brauer. ee M 
13 Schaeiber... mb 
131 Schuſter. I BED. ' an 
ır Bildhauer. iR. ee 
18 Serber. N ne 
21 Mahler. RE 
54 Goldſchmidte und Suivellere, | 
4 ©oldzieher. | ar 
16 Kupferfhmidte, Na 
9 Uhrmacher. RE 





der Stadt Stochom. 


2 Petſchierſtecher. 
* Perukenmacher. 

15 Kuͤrſchner. A 

2 Wachsſtockmacher. 
199 Kauffartheyſchiffer. 
20 Schütenjchiffer. 
39 Müller. BEN 
75 Gaͤrtner. 

3 Scheerenfihleifer. 
‚gr Schuhflider. 


ı Baumwollen Wedbmachen 


13 Knopfmacher. 
16 Schnurmacher. 


35 Klein⸗ und Pifkotfehminke, | 


13 Zinngiefier. ' 
34 Yuffchmidte, 
9 Blehfhläger. 
1m Schwerdrfeger. 

5 Meßingsfchläger. 
23 Buchbinvder. 

14 Handſchumacher. 
18 Färber. 

56 Tifchler, 

19 Glaſer. Ä 

ır Semifchledermacher. 
5 Glockengieſſer. 
17 Jutmader. 


8 Stahl und andre cha | 
Er. 3 Goldſchlager. u 


% ‚Korbmacher. 


1 Re und Diotmade 


a 


BR! Ver⸗ 


80 Wache 


7 Vergutder. 





BED. | 
26 Gattler.- — Du 
2 Mauermeiſter. er Bir, 
7 Steinhauer. - - u a: Pre 
12 Baumeifter. Berti —— 
15 Wagner. 
12 Guͤrtelmacher. — 
ar Gelbgieffer, — * 
‘4 Buͤrſtenbinde. 
8 Segel - Tu Be, En A nina 
5 Bader, vi ned — nah? — 4% 
44 Schlachter, PO. 
18 Seiler. rrhbinish 
27 Tonnenbinde. 
A Töpfer... ae IT Ba 
Be. RN —— 
4 Netzfiſcher. ip! J N 
10 Nadler. 3 RE er 
ır Stuhlmader. heilt? 5 
7 Platenfchlager. BEN ENTE 
6 Kammmache. 
2 Meſſerſchmidte. Re SR or 
19 $einmweber. } EHE RE 
3 Pumpenmader. un 
2 Pergamentmache. 
19. Heuer Kutfchere , ua. 3 
80 Karrenfahrer. - EN Me ee 
5; Schorſteinsfege. 
20 Weinzieper, Yen nicht 'e 
Bau ee 
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| NR | Be. 
Sentandıne Huͤl fömietet, 
den Ackerbau, vornehmlich aher in 


Guyenne 
in ‚untepaten. und, m Sefnet, 


Audrer bſhntt. — | | | 
"y Von dem Anbaue des Tab Ä 


28: muͤßte einer in — — Eh ſehr uner⸗ 
fahren ſeyn, wenn er wider folgenden Satz 
ar den geringften Zweifel henen wollte: Die 
Colonien Finnen ni cht anders, als mit 

‘ YUntoften der Hauptſtaͤdte anwachfen, oder 

wenigſtens Fremde an ſich ziehen. Was wi. 

‚re es alsdenn, wenn die Hauptſtadt ihre Culturen 

dehin braͤchte, vornehmlich diejenigen, ‚ wovon viele 

Leute Arbeit haben? 

Was wuͤrde man fagen, wenn ſie auch ihre Fa⸗ 
briken dahin bringen ließe? Was dar zu, wenn man 
den Anbau der Mautbeerbäume im Königreiche un⸗ 
RE und a . apa feit feste, weil 

PR AREA — 





sur uryr 
324 


vi 








92 Verſchiedene Huͤlfsmit tel. | 


Diefer allda gut von ſtatten at, und dort von ſich 


ſelbſten waͤchſt? 


Ohne Zweifel wuͤrde man ſagen: es wäre nicht 


vecht, daß ſich die Hauptſtadt von Einwohnern ent- 


ledigte, und ſich zum Beſten ihrer Colonien arm mach» 
te; ferner, daß fie fich einer fehr müglichen Eins 


Funft beraubte, dahin Die Seide gehört , als ‚welche 


ihre Colonien zu Kriegszeiten nicht herbey ſchaffen, 


und womit ſie ſelbſt in Friedenszeiten mit ihren Fein⸗ 
den handeln koͤnnten, denen ſie ſich hernach ergeben, 
oder ihrer Gewalt überlaffen müßten, 

Dieß war gewiß ein großer und fchöner Entwurf, 
wenn er beftanden hätte, daß naͤmlich die indiani« 
ſche Compagnie 1724 vortrug, das Privilegium von 
‚Ser Ausfuhre des Tabacks in ein Zollrecht zu ver- 

wandeln; indem felbige behuͤlflich war, die Hand: 
lung freer zu machen, unfre Colonien zu. vermeh⸗ 
ren, beſonders aber die louiſianiſche. 


War aber dieſes nicht eine allzu harte Bedin- 
gung, daß man verlangte, man follte die fchönen 
Tabadsplantagen, fo bey nahe feit einem Jahrhun- 


derte in dem Königreiche waren aufgerichtet worden, 


unferdrücen, ehe die Louifiane und unfte andern 


Colonien im Stande wären, ſolche zu erfeßgen ? 


War diefes nicht ebenfalls ein Handgriff, ihnen \ 
die Mittel auf lange Zeiten zu entwenden? Denn - 


wenn fich endlich die — anheiſchig gemacht 
haͤtte, dem Könige alljaͤhrlich vor dieſen Artifel al— 


lein 4 Millionen und 20 tauſend Livres zu geben, fo 
hätte fie ſich zu anfange genoͤthigt gefehen, mit den 


Fremden zu handeln, um Diefe Summe zu Degablen; 
‚und wäre — das * Jahr geſhchen, — F 


den Ackerbau zu verbefferm 33 


es auch die andern Sabre gefchehen müffen: während 
diefem Contracte nun-hätte die Kultur zu Louiſia⸗ 

ne feinen Fortgang gewonnen, die andern. Colonien 

nicht zu erwähnen, die zu Hervorbringung des Zus 

. ders, Caffees und Indigs ꝛc. hinreichend gnug ſeyn; 
nad) diefem Contracte würden die nämlichen Umftäns 
de auch) erfodern, die nämlichen Tractaten mit den 

Ausländern zu erneuern: biedurch würde fich bloß 

bey Ihnen die Cultur einzig und alleine vermehren, 
wir wuͤrden fie reich und uns zünftig machen, 

‚Diefes bat ſich nun zum Unglück zugetragen. 

Die Compagnie ſchickte zwar einige neue Einwohner 

nach der Louiſiane, verfprach ihnen viel und hielt 
wenig. Einige vergiengen in ihrem Elende, andre 
wurden won den Wilden umgebracht: diejenigen, fo 
wieder zuruͤck Famen, hatten fehr viele Mühe, daß 
fie nur. mit Papieren bezahle worden, da fie doch 
alles verloren hatten. | I: 

Mit denjenigen Kaufleuten, welche die Tabacke 
von der legten Aerndte abgefegt hatten, um folche 

an die Fremden zu bringen, verfuhr fie.eben niche 

- anders: „länger als zehn Jahre hielten fie um Ers 
laubniß an, folchen weiter zu fchaffen; fie erhielten es 

auch nicht eher, als bis. man endlich davor Biel, 
daß der Tabak in den Magazinen vergriffen wäre, 

- und die Fremden nicht, mehr nachfragen würden. - 

- Diefe Tabade waren von ſolcher vortrefflichen Ei 
"genfchaft, daß fie überall: gut abgiengen, wo man. 
ſolche nur hinſchickte, und es wurde auch fehr ſtark 
nach dergleichen wieder gefra. 
Inwiſchen waren alle diefe Sander ſchon mit enge + 

liſchem Tabade verfehen; denn die Engländer find es, 
24 Band, N ‚denen 


a 


34 Verſthiedene Huͤlfs m 


‚wir mit dergleichen bis nach: Portmahon gehan⸗ | 





3 
denen wir ſo wohl dieſe Handlung "a: auch. die Cul⸗ 


‚tur überlaffen Haben: allein ihr Taback war nicht ſo 


gut als der unfrige, und er wird auch niemals fo 
angenehm werden. Gie bringen ſolchen aus ihren 
Eolonien ; beym Transport verdirbt er leicht, und 
ift jederzeit viel theurer. Unfre Tabade überfchic- 
ten wir allezeit größtentheils verfertigt, und da zu 
Bene der größte Handel war, fo konnte ſolchen der 
Krieg nicht unterbrechen. 

Gewiß iſt es, daß wenn wir waͤren mie den Eng: 
laͤndern einig geweſen, fo haͤtten wir vor fie nichts 


vocrtheilhafter, und vor uns etwas nachtheiliger un⸗ 
ternehmen koͤnnen. Wir finddahero gezwungen, ih⸗ 


nen alljährlich vor 5 oder 6 Millionen Taback abzus 
faufen, und dieſes aud) zu der Zeit, wenn ſie mit 
uns Krieg fuͤhren. 

Die Engländer find es die vor itzo den 5 — 
del mit Taback in dieſem weitlaͤuftigen Koͤnigreiche 
unternehmen , voo deffen Vertrieb erftaumend ift. 

Sie bringen viel Tabak nad) Italien, allwo fonft | 


‚Alemand anders, als wir verkauften; nach Morden, 
‚wo wir ihnen hätten fönnen zuvor fommen; auf. die 


fpanifchen und afrikaniſchen Küften, mo wir ige 
erftlich anfangen einen guten Handel zu machen, 
Sonften hatten wir Leute, welche: den Tabak fehr 
gut nach der brafilianifchen Art zuzurichten mußten: 
Man weiß, daß die Schiwarzen von der Kuͤſte Gui⸗ 
nea feinen andern, als dergleichen verlangen, und 
daß man folchen yon den Portugiefen fehr —— er⸗ 
kaufen muß. Was das ſonderbarſte iſt, ſo haben 


belt; den Beweis — ſieht man in der Decla⸗ 
xation 





Den Ackerbau zuverbeffern. 35 
n die von der Cammer zu Jonnens und 
ordeaux 1720 gegeben: wurde. Hier kann man 
‚am beften fehen, wie zu der Zeit die Cultur und die 
Handlung der Engländer ſchwach waren. . > 
Wie haben ſich aber die Sachen in dieſem Bes 
tracht verändert! Itzo find fie Oberherren; fie laſ⸗ 
fen einen Theil von ihrem Tabade, eben wie die Hola 
länder einen Theil ihrer Wuͤrzwaaren, verbrennen; 
- und wenn; man ihren eignen Schriftftellern glauben 
folt *, fo ift diefes derjenige Handel, der. ihnen ‚am 
meiften einbringt. Der LWeberfeger des englifchen 
Kaufmanns fage: daß die Einkünfte dieſer Cultur 
in ihren Colonien in Birginien und Mayland uners 
meßlich wären, und dieſe find. feit der, Unterdrü« 
the Baer Plantagen zum Erftaunen — 
2 fen, 


gerr —— See in feinen Betr tungen über 

Die Handlung und Schifffahrt von rogbritannien 
behauptet, daß Fein fichrer Mittel wäre, dief (es 
Königreich veich zu machen. Er billiger es nicht, 

daß fie einen Theil ihres Tabacks verbrennen. 
Wenn man 3 zugelaffen hatte, (fagt er, ) daß 
man,alle denjenigen Taback, den wir Scrub nen⸗ 
nen, und allen gemeinen Taback nach Sibraltar 
geſchickt haͤtten, jo hatte der Staat das Geld er- 
Sparen fönnen , das ihn bey dieſer Gelegenheit ges 
.n Boftet hat. Es iſt ohne Zweifel, faͤhrt er fort, 
daß mir, iangſ der ſpaniſchen Kuͤſten nach Gi⸗ 
braltar, Kivonene und der afrikaniſchen Kuͤſte eis 
"ig N großen Handel machen koͤnnen; wir koͤnnten 
den Tabak von der Levante aus, in alle diefe Laͤn⸗ 
— eingen, weil unſer viel beſſer iſt, man nimmt 

ber andern, der wohlfeiler zu haben. PL 

eben dem Grunde hätten wir fönnen dem 
eng iſchen Tabacke entgegen ſeyn. 


— 
— 


ui 
— 


36 Verſchiedene Huůſſimtet⸗ 


ſen. „Man ſchaͤtt insgemein, ſagt er, daß Eng⸗ 


iand, zu feinem eignem Vercriebe alhaͤhrlich mehr 
als vor viermal hundert taufend Pfund Sterlinge 
Taback vertreibe, Dieſe Foftbare Handlung bes 
ſchaͤfftigt ‚mehr als 200 Schiffe. Wirfegen voraus, 
daß die Engländer den Taback von andern Voͤlkern 
nehmen müßten: fo wuͤrde diefes ein Unterſcheid von 
600 taufend Pfund Sterlingen über das Öleichge: 
wichte ihrer Handlung, und folglich würden fie in 
ihrem eignen Sande 300 taufend geute weniger er 
nähren. Dieß ift nicht zu viel gerechnet, wenn 


"man die Anzahl der Handwerker und Werfmeifter 


betrachtet‘, die man zur Confumirung der Tabadfsı 
euleur braucht; ferner die Zubereitung der Gefäße, 


die Anhahl der Bootsknechte, die theils zu dieſer 
Schifffahrt, theils nach Guinee gebraucht werden, 


und was von dieſem letzten Handel noch abhaͤngt; 
endlich der Dienſt, der andern Handwertern bey die⸗ 


fe Berhäfttigung zumächfl:» 
In folgenden Capitel werde ic) zeigen, daß * vor 


die Engländer vortheilhafter wäre, wenn fie‘ den 


Tabak in ihren Colonien anbauten, und eben fo 
für uns, wenn dieſes in Sranfreich — | 


J— Fortſetzung. 
Bon dem Exempel einer Nation, jpc fid) auf 
die andre nicht (ließen: ja es iſt dieſes bisweilen 


ſehr gefaͤhrlich. 
Wir haben geſehen, daß England ohne Schaden 


die Capitalien und Eolonien anmachfen laſſen kann. 
Aus der phyſikaliſchen und politiſchen eſchaffen⸗ | 


beit: der vereinigten Provinzen folget aothwendin 
daß 


— 


| 


den Ackerbau zu verbeſſern. 37 


daß ſich die Städte und Colonien um deſto mehr ver⸗ 
groͤßern, je mehr dieſer Staat gluͤcklich iſt; folglich 
werden ſie ſich auch um deſto mehr bevoͤlkern, weil 
ſie wegen der Freyheit viele Fremde, welche wegen 
Zwang aus ihren Laͤndern gejagt worden, an ſich 
ziehen, die Conſumirung ihrer Victualien wird ſich 
vermehren/ und hiemit auch die Anzahl der Fiſcher, 
Bootsfnechte und Ackerleute. Bra ulm 
Ohne Zweifel wäre es beffer gewefen, wenn man 
den Anbau des Tabacks zu Louiſiane aufgerichter, 
als felbigen den Engländern überlaffen hätte. So 
„ lange man aber die Bemühung diefes Werfs einer 
. Handlungsgefellfchaft, oder wohl gar Pachtern übers 
Täßt ‚fo wird man niemals dazu gelangen, und wenn 
man hiezu gelangen koͤnnte, und andre Maaßregeln 
abfaßte, welches aber fehr zweifelhaft iftz fo wäre 
es doch allezeit beffer, den Tabad in Frankreich ana 
zubauen. — —— 
Frankreich iſt eine Macht, die gerne anbauet, dieß 
iſt die Macht, die ihr eigen iſt. Der Genie dieſer 
Nation iſt hierauf gerichtet, und man kann dieſes 
nicht in Abrede ſeyn. Handlung und Kuͤnſte ſind 
Vortheile, die man ſich uͤberall verſchaffen kann; 
man hat aber nicht allzu viel Land zum Anbaue, 
noch ſo viele verſchiedene Arten; und jede koͤnnen die 
Arbeit des Ackermanns vergelten. Wenn wir den 
Taback in Frankreich anbauen, ſo weiß ich gewiß, 
Daß wir ſolchen wohlfeiler, als die Engländer ver—⸗ 
kaufen koͤnnen. Bauen wir ihn in Amerika an: 
ſo kommt er uns jederzeit viel theurer zu ſtehen / als 
diefer Nation. Ihre Plantagen find ſchon aufge: 
richtet, und wir konnen die unfeigen nicht in Stand 
ra ; "a C3 09 fogen, 


- 


3 Verſchiedene Huͤlfsmittel 


ſetzen/ wenn wir nicht das Sand van Volke ent· 
blößen. et FR 

England ift wegen * fh und ah Noch, eine 
handeinde Macht. Es iſt altzu ſehr zu unſrer Wohls 
that, um nicht bald oder ſpaͤt überwunden zu wers 
den, wenn ſie nicht alle ihre Aufmerkfamfeit vor die 
Sermarht Härten. Es hat wenig Land zum Anbaue z 
noch weit enger iſt es in Anſehung der Bictualien 
eingeſchraͤnket, welche ihnen viel nuͤtzlicher find. 
Ihre Himmelsgegend erlaubt nicht Anbaue, wobey 
fih viele befchäfftigen koͤnnten. Die Handlung, 
Künfte und Schifffahrt: find.es alſo allein , wodurch 
fie eine anfehnliche Bevölkerung. haben koͤnnen. Für. 
diefen Gegenftand: richtet ſich auch ihr «Benie mit: 
einem fenderbaren Eifer, der ftets unterſtuͤtzt und 
Durch ihre politifche — immer weue une 
se erlangt. | 


Niemalen hätten fie ſo ee Tobad — | 
gen koͤnnen, ich ſetze zum voraus, daß er guf geroes 
fen wäre, um damit einen beträchtlichen Handel zu 
unternehmen; fie mußten alfo diefen "Anbau in die 
weitläuftigften $änder bringen, welche umter ihrer 
Borhmäßigkeit waren‘, allwo fie ſolchen nach Gut⸗ 
duͤnken vermehren koniten ſie nehmen ſich aber ſehr 
in Acht, die geringſte von ihren Fabriquen dahin zu 
bringen, ‚ fie laffen es auch nicht zu, in r ferne fie 
nämlich dieſes verhindern f koͤnnen. TR 


Eine Macht, die zum Anbaue geſchict ik, * 
Handlung treiben: dieß geſchicht aber bey guten Um-⸗ 
ſtaͤnden, wenn fie von dem Ueberfluſſe ihrer Voͤlker, 
eine handeinde und friegerifche Seemacht unterhal- 

n ten 


den Ackerbau zu verbeſſern. 39 


sem kann, ohne ihren Culturen zu ſchaden, welche 
die Stüse ihrer Macht find. 


Die Roͤmer erbaueten Schiffe, und. fehlugen die | 


Schiffsflotten von Karthago: dieſes geſchahe aber 
nicht eher, als bis ſie ihre Völker durch ihre Con⸗ 
quetten vermehrt hatten. Hierinne waren ſie von 
allen denen unterſchieden, die dieſes jemals unters 
nommen haben. 

2udwig der XIV. hatte eine fürchterliche Sees 
macht: Ddiefes war aber zu der, Zeit, da FE 
reich nod) fehr bevölkert war. 


1. DVortheile von dem Anbaue des 
Tabads, 

Nach dem Weinanbaue waͤre der Anbau des Ta⸗ 
backs derjenige, welcher den unfruchtbarſten Gegens 
den aufhuͤlfe, und wobey ſehr viele Menſchen zu 
thun haͤtten: die Fabrik wäre dadurch mehr beſchaͤff⸗ 
tigt und im Winter koͤnnten Weiber, Kinder, und 
betagte Leute, ja alles in den Magazinen arbeiten. 


Auf Aeckern, die nicht allzu fruchtbar wären, . 


£linte, ein Acker gut bearbeitetes Sand 9 oder 10 
Centner, und gute Aecker 12 bis 13. aufs wenigfte, 
öfters mehr Taback fragen. 

Im Anfange könnte man den Tabak mwechfelss 
weiſe mit dem Korne erbauen, und in den folgenden 
mit Weizen: das ift, nachdem man im September: 
monate den Tabad ‚eingeärnötet hat, fo häfte man 
nichts nöthig,. als ein oder amal umzuadern, um 
dieß Sand mit Getreide zu beſaͤen: Auf folche Art 
wäre das Erdreich gut zubereitet, und es wide im 
folgenden Sabre viel Getreide werden. 

He et A ar 





40. Verſchiedene Hülfemi el,‘ 


Wäre die Getreideärndte vorbey/ te man 
wieder etliche mal, man büngte vor Winters; und 
dieſes koͤnnte man das Duͤngen zur Zaine 
nennen. | des 

Vom Fruͤhlinge an, bis zu ver Zeit, } da der Tas 
back, den man auf ein Gartenbeet ſaͤte, fönnte ges 
pflanzt werden, ließe man das fand etliche mal um⸗ 
adern; endlich pflanzte man ihn 2 Fuß 4 Zoll aus 
einander von einer Gegend zur andern nachdem Ver⸗ 
frage, der mit den Pachtern gemacht worden; nad) 
dieſen brauchte man nichts weiter zu thun, als umher 
zu graben, gleichwie man einen Garten bearbeiten 
laͤßt. Diele Pflanze, welche viel Salz bey fich 
führet, würde viel von folhem in der Erde zurüd 
laffen, befonders wenn man das Deberfte von Zeit 
und Zeit abnaͤhme, und auf den Acker wuͤrfe: alles 
dieſes wuͤrde in der Erde — und * Dr 
zurüde laſſe | 


Man Fann nicht fagen, wie viel diefe beiten 
und das Dingen, woben man nichts verabfäumen 
muß, das Sand fruchtbar machen, und wie wenig 
die indianifche Compagnie unterrichtet, ober aufrich⸗ 
fig iſt, wenn fie fagt: „die Cultur der Yeder, welche 
zum Anbaue des Tabads dienen follen, häften vor 
dieſes Königreich mehr nußbarer angeht X 
fönnen „ *. Be 

Ohne Zweifel hatten fie damit fo viel Men mol. 
Ien, daß man auch auf dergleichen Aeckern Hanf ers 
bauen fünnte, Einer von ihren Dberauffehern 
Diefes, aus wirklicher oder gogenemnench — 


* 


X Re heit 


*Arret du Confeil d’ Etat ete. den 29 Desamber, 119. 









den Ackerbau zu verbeſſern. 4 
heit vom Ackerbaue, in den politiſchen Abhandlun— 
gen von der Handlung ausdruͤcklich geſagt 

Einer von den größten Bortheilen von dem Ans 
baue, des Tabacks wärees, wenn man die Aecker ‚die 
feinen Hanf erbauen , bierdurdh i in hoͤhern Preiß ſetz⸗ 
te; und dergleichen üble Aecker find fehr viele | im gan⸗ 

De 
Ich befenne es, daß es Aecker giebt, wo der 
f gut koͤmmt: es wuͤrde aber dieſes bey der Cul⸗ 

| eur des Tabacks noch beffer von ftatten gehen; denn - 
man fann gewiß glauben, daß jene nicht fo gut 
durcharbeitet find. - Der Mugen muß den Vorſchuß 
und die Arbeie bezahlen: Der Adersmann darf 
‚nicht ſtets ungewiß ſeyn, wie er fein Eingeärndtetes 
mit Mugen. verfaufen will. Denn wenn auf den 
ausländifchen Hanf ein Zoll gelegt, und die Berei— 
kung des unfrigen, wie ich ſchon gezeigt habe, ver= 
befiert wird: fo wird diefe Eultur- alltäglich mehr 
ſchwaͤcher, und der Anbau des Zebeus erbält ſte⸗ 
ten Vortheil. 

Im folgenden Abſatze werde ich vom benanntem 
Schriftſteller eine falſche Rechnung widerlegen. 


IV. Falſche Rechnung Herrn Melons in 
den politiſchen Abhandlungen von der Handlung. 
Dieſer Schriftſteller, um den Verluſt, den ſeine 
Compagnie im Koͤnigreiche verurſacht hat, ſo viel, 
als moͤglich, zu verkleinern, giebt vor, daß nicht 
mehr als 10000 Centner Tabak wären confumirt 
—— und welche er auf 100000 Thaler ſchaͤtzt *. 

& 5 * Allein, 


P Jh ‚rolitifihen Abhandlungen p. 169. in der legten 


J 


— 


42 Berfchiedene Hilfsmittel, N 
Allein, nach Befchaffenheit der Declarätionen, die 


davon auf dem Schloffe zu Bordeaux und Tons 


nenis bis zu Ende des Movembers 1720 verfer- 
tigt worden, findet man, daß die zufammengebrach- 
ten Tabacke von der Cullur im letzten Jahre von 17. 
. über 32 Compagnien mehr als 31000 Centner aus⸗ 


machen. Einer der geſchickteſten Kauſleute dieſes 


Landes, den ich uͤber dieſe Materie zu Rathe gezo— 


gen habe, und von welchen ich die Nachrichten beſi⸗ 


tze, ſchaͤtzte den Zuwachs von Tabacke in ARE 60 
bis 80000 Eentner. 


Nach dem Auſchlage diefes Schriftfleflers, als | 


welcher den Eentner nicht höher als 10 Thaler ſchaͤtzt, 


und um ſich nach der geringſten Taye des itzt era 


wähnten Kaufmanns felbft zu richten, fo raue | 


ſich der Verluſt auf 600, 000 Thaler. 


Allein diefer Tabak würde nicht alleine im Sande 


vertrieben; man verfauft eine große Menge aufer 


dem Königreiche, und den meiften völlig zubereitet, 


Der Schriftfteller fönnte fich erinnern, daß nad) 
feinen Grundfägen der Werth einer Aerndte unter 
den Haͤnden des Künftlers ſich zfach und im Forts 
gange bey den Fremden doppelt vermehren foll. 

Iſt Diefes alfo ein Berluft, der fo weni beträchte 
lich ift? und mache denn die indianifche Compagnie, 
daß eben fo viel Geld ins Königreich gebracht wird ? 


Es wären 200 Millionen mehr im Königreiche, 


und 200 Millionen weniger. in England, wenn man 

dieſe Eultur nicht unterdrückt hätte, und wenn man 

den englifchen Tabad nicht erfauft hätte. | 
Ale Jahre nehmen wir von Ihnen vor 5. ie 


6 Millionen, und ſchon feit 36 —— a 
' nen 


\ den Ackerbau zu verbeſſern. 43 


ihnen dieſen Tribus; Wie viel Geld wäre nicht aus 
andern Ländern durch diefe Handlung ung zu gute 
nmen? Wäre: es fo viel, wenn ich fagte x 100 
enmebr? 
Zu Clairac und Tonnenis waren fechzig Tas 
badshändler, von deren ein jeder: feine beſondern 
Fabriquen und Magazine hatte, eine Compagnie’ 
von italienifhen Kaufleuten, mußten den Taback 
nach braſilianer Art, zu zubereiten; ohne von andern 
Kaufleuten zu reden, die ſehr berühmt waren. 

Als nun diefer Schriftfieler fo ſchoͤne Grundfäge 
verfertigt hatte: fo mußte er das geſchehene laͤugnen, 
weil.er dieſes weder mit ‚feinen, noch mit der Com⸗ 
pagnie Grundſaͤtzen rechtfertigen fonnte. Es wäre 
zu. wuͤnſchen, daß man ſich die Muͤhe naͤhme, beſon⸗ 
ders die andern Artikel feines Buchs, mit denjenis 
gen zu unferfcheiden, wo er als ein Mitbürger, und, - 
ferner, wo er als Directeur redet. Dieſes waͤre 
eine ſehr nuͤtzliche Critik. Ich werde in der meini— 
gen fortfahren; es wird dieſes zum —— vor 
| * dienen. 


v. Sortſetung * Critit von Herrn 
| Melon, | 
Herr Melon faͤhrt fort, daß der Anbau des Tas 
backs ein zum Gefchenfe vermilligtes ‚ Und zum Des 
ſten der Pächter abzielendes Privites gium waͤre, be⸗ 
ſonders zu Guyenne und Languedoc *, ' 
Sl diefem Ausfpruche verfchwinder der Wit; 
ütger, und der Dit ecteur bleibt übrig. 


EEE 





. Nolitiſche Abhandlungen p. 165, 


e 





44 Derfihiedene Hülfsmittel 
2) Als Ludwig der‘ XIV. über den Tabak Befehl 
gab, fo feßte er diefen 1681, auf 32. Gefellfchaften 
feſt, deren viele fehr beträchtlich waren. ‚ Im Aus⸗ 
fpruche von dem Unterdrucke des Tabacks, welchen 
die indianifche Compagnie 1719. augfertigen ließ, 
waren fie alle nebft andern: mehr benannt, melde 





eben fo wohl das Beſte des Landes beförderten. 


>) Der Anbau des Tabads war in Frankreich 
fefte gefeßt, es war hen bey nahe ein Se 
dert, wie ich ſchon gefage habe. Eine Privatper- 
fon von Clairac brachte den Tabak aus Amerika 
in feine Geburchsgegend: er mar der erſte, welcher 


den Taback anbaute, fabricirte und aus dem Lande 


ſeinen Nutzen zog. Dieſer Anbau vermehrte ſich 
nicht nur ſehr unter den 32. Geſellſchaften, ſondern 
auch bey vielen andern. Hiebey waren die Pachter 
augenſcheinlich hinderlich: ſie gaben vor: ſie haͤtten 
zum Vertriebe nicht Taback genug, da diefer doch 
dermalen nicht allzu groß feyn Fünnte, Sie ſchaffe⸗ 
ten ſich nach und nad) einen Handel an ‚den fie doch 
von dieſem Ueberfluffe hätten machen eönten. De 


Dieſe Sefellfchaften wurden aber mit feiner nes 
en Freyheit begnadigt. ‚Man kann nicht einmal ſa⸗ 
gen,daß man ihnen den Anbau. vergoͤnnt hätte, denn 

ehe man die Sache in Stand fegte, war die Pacht« 
zeit zu Ende gegangen. Man hätte zwar folchen 
ſchon damals unterſagen koͤnnen; dieſes geſchah auch 
in der That, und wurde bey jeder Pachtserneuerung 
der Preiß davon höher geſetzt: fo lange aber udwig 
der XIV. lebte, ſchlug er allezeit dergleichen Aner— 
biethen aus, die feinen Sinangen nachtbeilig "aa, 


| den Ackerbau zu verbeffeen. 45 


Ich Habe’ die Nichtigkeit von den Verfprechuns 
gen der Herren Directeurs, in Anfehung Louiſia⸗ 
nens gezeiget. Ich Fann aber nicht umhin, mein Era 
ſtaunen darum zu verfiehen zu geben, daß. Herr 
Melon noch ißo darauf befteht, da er doch den un. 
glücklichen Erfolg davon eingefehen hat. Eine ans 
fangende Colonie, „dieß find feine eignen Wor⸗ 
te, wird dafeibft nad) vielem Aufmande, Unkoſten 
und Schaden, ewig bleiben, oder die Hauptſtaͤdte 
ſchwaͤchen. EL) * J 1 
Wenn wir aber ja, unſre Colonien in Amerika 
ausbreiten wollen, ſo moͤchte ich beynahe fragen, 
warum man nicht vorzuͤglich an Cayenne einen 
Verſuch machte? Daſelbſt koͤnnte man viele koſtba⸗ 
anbauen, die weder im Koͤnigreiche, noch 
in andern unſrer Colonien wachſen, und wir brauch⸗ 
ten nicht 10000 unſrer Einwohner dahin zu ſchicken. 
Das heißt die Schläge vermehren, wenn man 
feine Eulruren an der Zahl und Producten verftärft: 
dadurd) aber vermehrt man fie nicht, wenn man fie 
nebſt dem Volke anderswo. anbringt; biedurch wird 
een: verluftig, was man’ zu fparen 
— hl a | 

. Wenn wir zu Cayenne Cacaobohnen ſamm⸗ 
fen, als welche von felbit in diefer Colonie wachfen, 
und in unfre Inſeln nicht weiter Fünnen gebracht 
werden, fo vermehren: wir unfre Culturen; ferner, 
wenn wir dahin eine große Menge von denjenigen 
fhönen Baummwollbäumen fehafften, welche, wie man 
ſagt, die indianifchen an Güte und Feinheit über. 
treffen. Man fagt auch, daß es daſelbſt viele mil. 
de Zimmtbaͤume, Roucouꝛc. gebe, Esiftniche 
| EN, zu 


v 


* 


| 46 Verſchiedene huͤlf ute⸗ſ. 





zu zweifeln, daß man * . vide Cochenile h 


‚eageugen fonnte, u 

Die Louifisne gränzt an Wanadaii Dieß iſt 
ein großer Vortheil. Wenn man ſich aber dieſes 
zu Nutze machen will, ſo behaupte ich, daß man 


die Haͤlfte von Frankreich entvoͤlkern muß. Eine 


Colonie von einem ſo weiten Umfange, haͤtte viele 


Millionen Einwohner noͤthig; die Vertheidigung iſt 


unmoͤglich, und das Angraͤnzen mit ER iſt von 
iem Nutzen. 


Herrn Melon werde ich dasjenige ſelbſt — 


ſehen was er behauptet hat. Das was er in Be⸗ 


tracht der Colonien an einem andern Orte > 
Buchs gefagt hat, ift fo ſchoͤn und fo verftät 

daß ich verhoffe, man wird es bier mit einem neuen 

Vergnügen wieder lefen. 


u Cine Nation, welche ſich von * entbloßt, 


in der Abſicht, neue Laͤnder zu bewohnen, ſie mag 


fo reich ſeyn, als fie will, fo wird, fie doch alsbald 
überall gleich ſchwach. Deſſ en Macht muß in dem 


Beherrſchen beſtehen: Alle Colonien ſchwaͤchen die⸗ 
ſes, oder werden zu ſeiner Zeit independent. Der 
Geſetzgeber muß vielmehr feine Unterthanen zuruͤck 
rufen, und alles verlieren, was außer ſeinen Graͤn⸗ 
zen iſt, als ſich ſelbſt ſhwachen denn er wird unver⸗ 
merkt fein Sand 9m »ifrine Coionien — 3 


* Enais politique für le cominerce p. — und 37. 
auf der folgenden Geite fagt er: —— S a 
in Europa alle amerikaniſche Spanier hätte 
wuͤrde ihnen Amerika unter einer am Sa 
weit vortbeilbaffer feyn. „ 


den Ackerbau zu verbeſſern. 47 


VE Wie man Die Zabackpfantagen w wie⸗ 


der aufrichten koͤnnte. 


Dar Taback war anfangs eine ſo Eultur, 
als alle die andern, und wie man gezeigt hat, eine 
der nuͤtzlichſten. Anfangs wurde fie verwaltet, her⸗ 
nad verpachtet, und dieſes verhinderte den Fortgang ! 

Sch zweifle, daß man mit den Pächtern wegen 
* Aufrichtung der Plantagen einig werden kann. 
Naͤhme man dieſes an: fo müßte man Ludwigs 
des XIV.’ weifer Verordnung vom 22 Julius 1681, 
folgen; nach diefen den Zuwachs verſtaͤrken, weil 


der Vertrieb und ver Handel diefes Products ums- 


vieles vermehrt worden, 

Es mußten fi noch die Anbauer und Paͤchter 
von neuem einem Vergleiche unterwerfen , der vermös 
ge diefer Verordnung nach und nach getroffen wors 
den. Diejer Vergleich faßte eilf merkwürdige Ars 
tifel in fih, Die anfangs von dem Herrn de la 
Bourdonnaje, Intendant zu Dordesur, den 12, 


‚ Auguft 1709 beftäiget, und auf Anfuchen der Paͤch⸗ 


ter felbft, durch) eine anderieitige Verordnung vom 
Herrn de Lamoignon, feinem Nachfolger, den 16. 
Julius 1710. erneuert worden ſind. Die Anbauer 
haben das naͤmliche Recht, als die Pächter, den Bes 
“trug. zu verhindern, und verfprechen vermoͤge Diefer 
Artikel alle nur mögliche Vorſicht; die Pächter wers 
den auch keine andern verlangen. Vergebens aber 
hat man zeithero die Erneuerung dieſes Vertrags 
vorgetragen. Die Paͤchter ſo wohl, als alle andre 
Entrepreneurs wollen jederzeit viel lieber mit den 
Fremden handeln, weil dieſes ihnen viel bequemer 


u‘ i 4 I # 


J 


| Verſchiedene Huͤlfsmittel, 
und weil ſie ſich deſſen unter dem Vorwande er 
nes DBetrugs bedienen koͤnnen. Man macht. indefs 
fen mehr Schleifwege, als man zu Zeit der Cultur 
unternahm; doch mit dieſem Unterfiheide, daß die 

Eontrebandiers heut zu Tage den Taback ins fand 
ſchleppen, anftatt, daß fie ſolchen außer dem Sande | 
verfauften. 

Eine ordentliche und gefcheide Verwaltung wuͤrde 
dieſe uͤble Schwierigkeit nicht verurſachen, und dem 
Koͤnige mehr einbringen, gleich wie man dieſes in 
Spanien bewieſen hat; der Koͤnig wuͤrde dasjenige 
gewinnen, ‚was die Pächter für fich und für ihre Un— 
tergebene erwerben, und den Handel fo wohl, als 
die Schifffahrt um ein merfliches vermehren, Dies 
fe Verwaltung muß aber vongefchickten, Elugen und 
uneigennügigen Leuten unfernommen- werden; und 
dieß iſt nicht unmöglich. Inzwiſchen wäre zwar 
hiebey zu wagen, daß diefe Verwaltung nicht. fo: 
gleich vollfommen ausfiele, es würden die Einfaufe 
des Königes auf eine kurze Zeit ac er — * — 1— 
eyn. 9 
Das beſte, geſchickteſſe und ſimpelſte Halfsmie 
tel, welches dem Finanzwefen des Königes feinen 
Abbruch thäte, beftünde darinne, daß eim jeder die 
Freyheit haͤtte ‚ den Taback anzubauen eeefertu 
gen, und in und außer Lands zu verkaufen: man 
duͤrfte nur auf die Einfuhre des fremden Tabacks — 

einen hohen Zoff legen, außer dem; der uns in un- 
ſern Colonien zuwaͤchſt. Gewiß iſt es, daß die 
Sachen niemals beſſer zunehmen, als nach der Art, 
da ſie find aufgerichtet worden. Die Cultur würde 


fi * von ſelbſten wieder einſtellen, und auf dem 
* Lan⸗ A 





den Aderbatı zu verbeſſern. 49 
Sande zunehmen wie dieſes ſonſten geſchahe, da ſich 
naͤmlich ſehr viele Anbauer, Künfiler und Handels» 
leute, fanden *% u: 

‚Auf was Art foll man aber die Summe des 
Pachts fo geſchwinde erſetzen? 

Man wird ſich ſonder Zweifel beklagen, wenn 
bey einem Volke, das ſchon mit hinlaͤnglichen Ab⸗ 
gaben beſchwert ift, noch eine neue Abgabe. in Vor⸗ 
fehlag bringe: ich will es unterdeffen wagen, weil 
Diefes ſchon in andern Sändern ** geſchehen ift, und 
ich bitte ven Leſer, daß er das ‚was ig fagen will, 
mit Aufmerkfamfeit erwäge. 

Bon wen wird: der Vortheil der Pächter, die 
Unfoften der Verwaltung und des Herbenfchaffens _ 
der Materialien, deren, Anfauf und alleäglicher Abs 
gang, hergenpmmen ? Gefchicht diefes nicht vom. 
Volke ? Glaubt man, daß diefe Beſchwerung, ſo 
niemals aufhoͤren wird, ‚mäßig ſey? 

Die Paͤchter kaufen alljährlich vor 6 Millionen 
—— Taback, wovon ihnen das Pfund vor 
6 Sols nad Srankreich gebracht wird; einen Drifs 
theil haben fie an diefem unzubereiteten Tabade Vers 
— und alle übrige Unfoften vor Das — 
und 


Er In — ganzen brandenburgiſchen Mark find die Ta: 
— Bodshlähtagen in großer Menge, und es ernähs 
‚ren fich viele arıne Leute davon. Journ, Oecone- 
“ mique Juin. 1754. | 
—* alte in Hannover. Der König von 6 
bat die Auflage von der Ausfuhre des Brannte⸗ 
ind im eine Kopfffeuer verwandelt, und ——— 
ſeinen Unterthanen viel Gutes erwieſen. —9* 

24. Band. D 








50 Verſchiedene 5 fömittel, 
und die Aufſicht koͤmmt auf das Pfund, ungefähr. 
ı Sol. Ein Auffeher, der in: verfchiedenen Mas 
nufacturen war gebraucht worden, hat mic) felbft 
verfichert , daß er ihnen noch weniger zu ſiehen tame. 
— Pächter verfaufen ihren völlig verarbeiteten 

Taback in verfchiedenen Preißen, und wenn man ei- 

nes in das andre rechnet, po fann das Pfund auf | 
‚40 Sols fommen. 

Zweymal hundert taufend Gentner — Zaback, 
‚einen Drittheil Verluſt abgerechnet, geben hundert 
und drey und dreyßig tauſend Centner, ungefähr, 
fabricirten Taback; diefen das Pfund zu 40 Sols, 
‚oder den Eentner vor 200 — — Bien 
#226, 600 ‚006. — 
Der Einkauf des Tabacks | 
betraͤgt 6, 000, 000, aa | R 
Unkoſten vor die Zubereitung | 6, 5, 2 000. | 
und Aufſicht : 665, 000 Jo. 




























Verbleibt alſo vor die Pächter. 19, 935, 000. Livr. 
Der Gewinn des Pachters mag nun mehr, oder 
weniger beträchtlich feyn, fo ift doch allezeit gewiß, 
daß Das Volk einen jährlichen Tribut von 26 Millivs 
nen 600, 000, Livres bezahlt; esgefchehe nun dies 
ſees an die Engländer, Holländer, oder andre Native 
nen, oder an den Pachterz ‚ausgenommen, " mas 

der König hievon befönmt. 2 ER 
Ungeachtet das Volk diefes Geld gar beine: aug 
feinem Beutel giebt, jo ift es doc) fo wohl ihm, als 
dem Staate, nicht wenig nachtheilig. Man Fönnte 
alſo die tirflichen Abgaben vermindern, da esfchien, 
ie zu NN wenn der — fee als eine 
Kopf⸗ 


den Ackerbau zu verbeſſern. 50 
Kopfftener anordnen und am Pachte erhöhen wollte: 
es find diefes, wie ic) gedenke, acht Millionen, 
wrelche ihnen die Pächter geben: folglich würden SH. 
# vo M t das Volk mit 6 Millionen 600000 fis 
vres an Abgaben entledigen, und zugleich verhin⸗ 
dern, , daß nicht alljährlich 6 Millionen zum Nugen 
: Feinde aus dem Sande gefchaffee würden. | 
% Allein das Bolf koͤnnte davor halten, daß es durch 
eine Auflage gekraͤnkt wuͤrde; es wuͤrde nun auf die 
verſtaͤrkten Abgaben ſehen und die — nicht 
‚empfinden, 

Ich unteefange mic) aber das Gegenteheil darzu⸗ 
en. ‚Das Volk wird erfreut feyn, wenn es fiehr, 
Daß es weder die Engländer noch Pächter reich macht, 
und daß es niemanden nichts, außer dem Koͤnige giebt, | 
welchem ſie ſich ganzlic) überlaffen ; von einer Seite 
ſieht es fid) von einem großen Haufen Auffeher, 
- und von der andern von vielen Eontrebandiers, 
und Mandrins befreyt, endlich ſieht es auch, daß 
viele von dieſen unnuͤtzen Leuten die verdruͤßlichen | 
Arbeiten mit ihnen theilen würden, 

‚Man Fann nicht fagen, daß ich einen allzu grof« 
fen Vertrieb voraus fege. Er wird noch größer 
ſcheinen, wenn man die Befchaffenheit der: Manus 
Era erwägt, welche feinen fremden Tabad haben, 

Hievon kann man ſich in einer fimpeln Berech— 
mung einen Begriff machen. Um den unmäßigen 
Gebrauch des Tabacks zu zeigen, worinn beynahe 
N \ zu Tage jedermann fehle; fo ift es wohl nicht 
zu viel, wenn ich voraus fege, daß fich deſſen 3. 
Nillionen Menfchen bedienen, einer vor dem andern 

auraglich vor zween Kiards oder alljährlich vor eine 
| D Piſto⸗ 













er Verſchiedene Huͤlfsmittel 


piſtolette raucht? Nach dieſer eg: ‚werben 
altjährlich vor 3 Millionen Piftolerten, Tabak 
vertrieben ; folglich vor 3 Millionen viermal hundert 
er fiores mehr, als wir voraus gefegt haben. 4 


VII. Vom Getraide. 

ie Cultur muß wegen des’ Gegenflands die 
wichtigfte ſeyn, da fie fo fimpel und ohne viele Ko- 
ften beftehen kann: Da fie alle diejenigen unterhals 
ten muß, Die den Ader bearbeiten , felbft auch die: 
jenigen, die ſolches nicht thun, und viele Leute noth⸗ 
wendig beſchaͤfftige, ſo wuͤrde vor die andern Perſo— 
nen nicht viel uͤbrig bleiben; das Getraide wuͤrde 
theurer ſeyn, als es follte, und es würde öfters von 
denjenigen verzehrt werden, die esserbauten. 
Je weniger Unkoſten aber diefe jährliche Cultur 
erfodert, je öfter kann man folche unternehmen, und 
defto mehr bringt fie ein, eben wie alle andre Cultu⸗ 
ren; und man hat’ von Zeit zu Zeit zu thun, befon: 
berg in diefee Provinz, Die Felder haben wegen 
‚der Gewaͤſſer beftändige Verbeſſerungen nöthig: 
Der Eigenthümer jteht immer mit dem Abpachter, 
und Steuereinnehmer wegen der überhäuften Abgas 
ben im Vorfchuffe. Man ift verbunden Ochfen zum 
Arbeiten zu halten, in tüchtiges Gefpann nebft 
den Wagen und Inſtrumenten zum pflügen, macht 
ein Capital von 5. bis 600 Livres. Das Furt 
ein paar Ochfen nebft dem, was der Knecht ‚an Effen 4 
und Lohne koſtet, Wat aleäglich 20 ea: —* 





Der Centner Sl: koſtet 40 bis 50 Ele, & 
mehr, und ſelten tweniaken wegen der übl 
faffen- | 


"den Ackerbau zu verbeffern 53 


cab Ich hatte viele Wahrnehmungen von dieſer Cul⸗ 
tur; nachdem ich aber die vortreffliche Abhandlung 
von den bürgerlichen Geſetzen des Östraides geleſen 
* babe, fofinde ih, daß mir wenig zu fagen, übrig 
Blei Sich wollte von Herzen | gern, daß ic) — 
* zuvor gekommen waͤre. 
Das Getraide von Guyenne iſt insgemein von 
ehr guter Vefchaffenheit, zum Auffhütten, Ver— 


fahren, und zum Zwiebacdbereiten überaus bequem. 


Das von Duerci und vielen andern Dertern aus 
Oberguyenne, welches theuer gnug ift, ift das 
berühmtefte. Es übertrifft in allen Rutzungen das 
Getraide aus England und Norden; und womit 
großer Handel getrieben wird, Der Transport hie 

von waͤre fehr leicht, und man bedürfte der erman⸗ 
‚gelnden Aufſicht, um andern Nationen allen Vor⸗ 
theil zu verſchaffen. 

Die Aerndten ſind in dieſer Provinz, wie ich 
ſchon beygebracht habe, niemals mittelmaͤßig. Ich 
habe auch geſagt, daß ich hievon die Urſache wuͤrde 
angeben koͤnnen, und ich vermeyne ſie auch in der 
That gefunden Au haben. 

Die trocknen Jahre, welche in Spann und 
Portugall die Aerndte mangelhaft machen, vers 
ſchaffen uns insgemein Ueberfluß; und die feuchen 
——— Bun in einigen fpanifchen Provin⸗ 
Re D 3 nr gen 
. fihaffenbeitder Flaſſe. Zu ein paar Hehfen brauche 
man 50 Centner Heu; der dritte Theil vom Felde 
geht vord Füttern auf; man Fauft Kleyen und 

| ® Ein Dehfentreiber koͤmmt wenigſtens auf 
200 € Das Sa Karnſahren geht mit den Pferden 


ae 


— Sütfem t ⸗— 


zen eine ſo große Bälle darreichen /verderben 2) 
uns das Getraide * * Da. Sen 

Man fann zwar nicht behonpten daß inte all⸗ 
zu viele Naͤſſe das Getraide in Spanien eben ſo wohl, 
als hier verderben ſollte: allein, wenn wir ſtarke 
Regenguͤſſe und anhaltende ungeflime Witterung has 
ben, fo haben fie in Spaitien nur — Regen 
und häufige Thu, 

Das trockne Wetter hingegen iſti in dieſer Provinz 

niemalen ſtark, als in Spanien; dieſes giebt uns 

Zeit, unſre Aecker wohl zu beftellen, als welche nach 
vielen naffen Jahren zum Erffaunen tragen 

Herr Buͤffon hat ſehr wohl beobachtet, daß das 
Regenwaſſer, wenn es lange geftanden hat, einen 
roͤthlichen Lein fallen laͤßt, welcher in den Feldern 
die Fruchtbarkeit verurfacht *. 

Eine Anmerfung von’ den Ackersleuten iſt es, 
daß anhaltende Regen eben ſo wohl, als der Schnee 
die Furchen duͤngten: es hat mit allen ſtehenden Waͤſ⸗ 
ſern die naͤmliche Beſchaffenheit: nichts * uchtha⸗ 
rer, als getrockneter Moraſt. 

Die Felder, ſo etwas hoch liegen, und. wo die 
Gewaͤſſer nicht verweilen koͤnnen, find dieſen Vers. 
aͤnderungen nicht unterworfen: Die Aerndte iſt das 
ſelbſt jederzeit mittelmaͤßig und’ allegeit wen wie 
var andre, a 

Eine alte Beobachtung ift es ‚daß auf ber Ebene 
meh waͤchſt. Kann das nicht auch mehr oder we« 
niger an andern Orten * Dahn, was ich in An⸗ 
| ‚fehung 

* Andaluſien ſammlete biefer e auf 10 Jah 
4 Korn di hr die un Bra waren 
* Hift, nat, tome J. p. 233. — 





den Ackerbau zu verbeſſern. 5 


—* dieſer Provinz beobachtet? und Eönnte dieſes 
‚nicht wenigftens auf eine natürliche Art Die Abwehr 
ſelungen des Ueberfluſſes und Mangels, die wir je⸗ 
Derzeit in dieſem Königreiche wahrgenommen haben, 
verurſachen? 

Waͤre dieſes nicht ein ſehr nuͤtzliches Huͤlfsmittel, 
den Ueberfluß zu unterhalten, wenn man laͤngſt den 
Fluͤſſen, Graͤben in die Selber brächte, fo abhän« 
gend wären, und die Berbefferungen unternähme, 
wovon ich gefage habe ? Würde diefes nicht gar leichte 
gefchehen Fonnen, wenn der Bictualienbandelfrey, der 
Anbau verſtaͤrkt und die Abgaben vermindert würden ?: 
Man ſieht mit Erſtaunen ‚daß in der Barba⸗ 

rey und Levante ohne einzige politiſche Aufſicht, 

am Getraide niemalen ein Mangel befunden wird, 
und daß ſie ſelbſt einige Provinzen von Frankreich 
damit verſehen koͤnnen. Dieſes Fann’nicht nur da⸗ 
her kommen, weil die Felder fruchtbarer ſeyn, oder 
veil man die Ausfuhre des Getraides nicht unterſagt; 
denn dieſe zwey Stuͤcke tragen ohne Zweifel vieles 
beyʒ es kann auch ſeyn, weil dafelbſt Die Abgaben 
den Adersmann niche fo. fehr drücken, und weil fie 
mehr. Bortheil als die Handelsleute haben : die les 
tern dürfen diejenige Zeit nicht erwarten, wenn die 
Leute gezwungen find das ihrige zu verfaufen, um 
nur die Abgaben abzuftoßen: ver Handelsmann 
kauſt, wenn er Commißion hat: dem Eigenthüner 
ſteht es frey den Preiß anzunehmen, der ihnen are 

oten wird, oder einen höhern zu erwarten. 

‚Der einmüthige Wunſch der großen Städte, 
wird allezeit der feyn, daß fie das Brodt um einen 
guten Preiß haben fönnen: panem et circenfes. 

D4 EN Die 





56 Verſchiedene Huͤlfst 


Die Furcht am Getraide ————— lei 
ſolches nicht wohlfeil erkaufen zu fünnen,. 
Sranfreich und Spanien jederzeit nachthei ige — 
gel zuwege bringen, bis daß man hierüber 
Adersleute zu Rathe zieht. Ich habe geſehen, — 
ungeachtet aller Vorſtellungen, Bour deaur eine 
eitle Furcht eingenommen hatte, die vielleicht mit 
Fleiß war ausgebreitet worden, da fie ſich denn aus 
England Getraide zulegten, und den Beckern unter» 
fagt ı wurde, Fein andreszu verbacken; diefes geſchah 
zu einer folchen Zeit, da die Provinz alle * vom 
Getraide in Ueberfluſſe hatte. 


vVin Bon der neuen Cult u m 
Ich beklage, daß ich nicht etwas von der. neuen 
Eultur beybringen kann. Man bat davon in diefer 
Provinz Verſuche gemacht; ich habe en 
| Gelegenheit genoffen, folche zu beobachten. 


Es find mehr als 20 Jahr, als man in — 
gend, wo ich mich befand, ſehr viel Getraide aus 
dem Saamen erzeugte, und daß es möglich, war, 
wenigſtens einen Deiteheil von dem Saame 
fparen; ich machte einige Berfuche mit der Sale. 
des gewöhnlichen Saamens, und 7EB elung mir 
auch, Dieſes ift fehr (eichte zu bewerfit igen, oh⸗ 
ne daß man die dazu gemachten Pfluͤge braucht, 
fondern mit eben nur fo viel Sande, oder $ Sfenleem, 
der geftoßen fenn muß, vermengt, und am ei 
de abbricht ; der Sämann darf nur feine Hand gleich» 
Run nehmen: ee 9 m Ben nid 
noͤt ige | 






















22117 


ai⸗ 





En 


* 


den Aderbau zu verbeſſern. 57 
Von dieſen Erfahrungen ſtand ich ab, weil es 
mir ſehr ſchwer ſchien, ſolchen nachzugehen, fo groß 
als der Nusen feyn konnte, den ic) mir hievon ver- 
ſprach. Ich lobe diejenigen fehr, die ſich darauf 
legen: ich muß aber doch anmerfen, daß man nady 
Verſchiedenheit der Jahre mehr oder weniger Ges 
traide ſaͤen muß. Iſt ein trocknes Jahr, ſo braucht 
man weniger, und wie geſagt: es iſt mir gelungen, 
daß ich nur die Hälfte vom noͤthigen Saamen ges 
braucht hatte. Wenn aber naſſe Jahre find, fo 
man bier zu Sande mwenigftens- ein Drittheil 
mehr fäen, als fonft. Ich geftehe es frey, daß es 
ein Ackersmann gemwefen , der mir dieſe feßtere Beob⸗ 
achtung beygebracht Bat; er hatte diefes felbft unter⸗ 
nommen, ehe ich daran gedacht hatte, und er ber 
Fand fich fehr wohl dabey. Hiezu fommt noch, daß 
in einem Sande, wo man das Stroh zum üftern er= 
faufen'muß, und wo es nach Proportion theurer 
koͤmmt, als das Getraide, daher diefe Unbequem⸗ 
lichfeit. die Vortheile der neuen Eultur um vieles 
vermindert; ferner‘ müßte man den üblen Wirfun« 
‚den ber Nebel fuchen zuvor zu kommen. Hievon 
werde ich unten in der X. Anmerkung reden. 
Hier werde ich dasjenige wieder anfuͤhren koͤnnen, 
was ich zu Anfange dieſer Abhandlung ſagte: Befoͤr⸗ 
— Victualienhandel, ſo werdet ihr in kurzer 
t dasjenige erlangen, was euch fehle. Der 
— Kuͤnſtler und Handelsmann fönnen alle 
vn. fagen: Laſſet ee davor forgen *, 
Dr - —— Rom 
* in giebt vor, daß diefis die Antwort wäre, wel⸗ 


che ein berühmter Kaufmann Herrn Colbert ab; 
ie⸗ 





IX. Dom Zwiebacke —* Brodte 


und Mehle. — 


Time, Ars 


Diefe Handwerfer würden völlig —— | 
wenn nicht zu Bourdeaux eine Fönigliche privile. 
girte Manufactur zu ſchwarzem Brodte und Zwies 


backe vor die Schiffe, angelegt worden wäre. Die 


Entrepreneurs würden fonder Zweifel mit den Eng 
laͤndern einen Vergleich treffen; 1) weil ihnen dies 


fes bequemer wäre, als. wenn fie in allen kleinen 


Staͤdten Aufſeher haben müßten; 2) meil 2 oder 
3. große Kaufleute von diefer Nation allezeit wohls 
fee handeln fonnen, indem ihnen der Staat. mes 


— 


gen der Ausfuhre des Getraides Vergunſtigungen 


wiederfahren ließ * 


Wenn man nicht zutäßt, daß zu Bourbeaur das. 
ſchwarze Mehl, welches in den kleinen Städten, wo 
fie rn Sehriquen * nicht * — ft, i 


dieſer * Miniſter Pe em um fine — 
nung, wie man die Handlung verbeſſern und Li 3; 


groͤßern ſoll te. 


Re Sie gewinnen an der Fratht mehr, als.mie; fie 


fönnen 3 vom Hundert weniger nehme 

| weil ihr Geld um fo.viel beffer Ihe, — 
druͤßliche Unterfcheid hat feinen Einfluß in 
unnſern ausländifchen Handel.‘ Dir habe den die 
wendigkeit diefed Handeld, beſonders n 





datt, angezeigt: follte man nicht um. Dediien Das 


Intereſſe des Geldes herunter fegen? | Die E 
ander haben dieſes gethan, und zwar vermittel 
einer Nationalſchuld, die den Werth alles desjeni⸗ 
gen 5 oder 6 mal überfkeigt, was fie von dent ge⸗ 
‚ müngten Gelde und vielleicht auch vom Detgl er⸗ 
werben koͤnnen. 





J 


‚den Ackerbau zu verbeſſern. 59 
verkaufe werden Fann: fo müffen nothwendig alle die⸗ 
fe Sabriquen eingehen. Geſchicht dieſes, fo buͤßen 
wir den Handel ein; den wir mit Nutzen mit einem 

ſolchen Producte unternehmen, der von unfern Hands 
werfern verfertigt wird, und deſſen Vertrieb bloß 


durch unſre Kaufleute gefchicht , und mif unfern eig« 
nen Schiffen weiter gefchaffer wird. 


x Don ungefähten | Zufällen und vom 
Hebel. 

Ich habe geſagt, daß die zwey —— Mes 
ze imd die Berge Diefe Provinz befonders Oberguy—⸗ 
enne oͤftern Sturmwinden gusſetzen. Im Jahre 

1747. babe ich den ganzen Juniusmonat nicht einen . 
Tag bemerfet, an welchem fihnicyt viele Sturmmwins 
de geäußert hätten ‚ und niemals war ein Sturma 

wind ohne Hagel. | 

Ich will nicht von demjenigen ſhabhaften Getrai— 
de reden, wovon man ſo deutlich gezeiget hat, daß 
der Kalk das befte Hülfsmittel fey *. Zu wuͤnſchen 

wäre es, daß man auch wider ein allgemeineres und 
fhäbticheres Uebel ein ficheres Hilfsmittel fände, des 
ren Urſache man einem böfen Uebel beymißt? ich 
werde diejenigen anzeigen, welche mir meine Beob⸗ 
achtungen als das beſte Verwahrungsmittel gelehrt 
haben: es beſteht dieſe vornehmlich darinn: daß man 
die Cultur unterhält, und Die Felder hinlaͤnglich und 
wie es ſich gebuͤhrt, beſtellet, zum Ungluͤck aber kann 
dieſes ein jeder nur nach ſeinen Umſtaͤnden verrichten: | 
Sr 2 | Die 
- * Char Tillet) Diſe iſt eine ſehr wichtige Entde⸗ 


g, die wegen des Alterthums fo nuͤtzlich iſt, 
und ER wenige in Ausuͤbung bringen. 





‚60  Berfehied 


Dien neue Cultur waͤre — * man ei⸗ 
ne jede Reihe vom Getraide bearbeiten kann. 
Was man in diefer. Provinz einen boͤſen Nebel 
nennt, Daß iſt nicht Der fichtbare Mebel , welcher eis 
gentlich nichts anders, als eine Wolfe vorfleffe , die 
nur durch die eigenthümtiche Schwere unterfchieden 
iſt; fondern es ift ein bösartiger Duft, der alle 
‚Seüchte verderbt, und deffen Wirkung zumeilen fo: 
gefchwind und. ausgebreitet befunden wird, daß er 
alles Getraide in einer Fläche binnen weniger als 
Bi Stunden zu fhanden made. 
Dieſe Peft, fo wohl des Gewaͤchs, als Thier 
| reiche fällt befonders dasjenige an, was üble Wars 
tung und Nahrung, gehabt hat, demjenigen thut es 
hingegen weniger — was * an der suft 
Wat 
In denjenigen Laͤndern „wo man —* Zoback an⸗ 
bauete, und wo er nicht ſo oſt als ſonſten einfiel; ſeit 
der Zeit man auch nicht ſo reichliche Getraideaͤrndten 
gehabt hat, bildete man ſich ein, daß dieſe Pflanze 
eine Eigenfchaft ‚hätte, den Mebel abzuhalten. Als - 
lein biefes war eine Wirkung von der en Euttur, 3 
davon wir geredet haben, E 
Der gemeine Mann: eignet die Berüfkung der 
Iufecen der Wirkung des Mebels u 
Die wunderbare Vermehrung der Sufecten; foi in J 
gerwiflen Jahren vorfälle, koͤmmt diefe nicht beſon⸗ 
‚ders daher, Daß man die Felder nicht hinlanglich hat 
benrpeiten fonnn?. 1, 6 | 7 Wa 
Es giebt eine erſtannende Menge ‚liegen von 
Pr Art, deren Würmer fih in dem Erd» 


reiche ernhren · fie fommen im Seihjahte — 
| : eds 


1 


den Ackerbau zu verbeſſern. 6ı 


benagen die Pflaͤnzgen, und begeben ſich auch wien 
der in die Erde hinein, um verwandelt zu werden, 
Herr Reaumür hat beobachtet , daß alle diefe Würs 
‚mer, zu ihrem Wachsthume und verfchiedenen Ber- 
wandelungen , nöthig haben, eine gewiffe Zeit ver 
borgen und in der Erde ruhig zu feyn, und zwar in 
ſolchen Dertern, die Feuchtigkeit haben : find aber die 
Felder fehr gut bearbeitet worden, fo fieht man, daß 
fie ſich nicht erhalten koͤnnen. Man jeetritt. fie; 
‚man entdeckt andre, welche die * austrocknet, oder 
die Voͤgel auffreffen ıc 

In dieſer Provinz hat ſich * eine Art von 
diefen unächten Raupen zum Erftaunen vermehrt, 

die man kaum zeithero wahrgenommen, (und man 
weiß auch noch nicht von welcher Fliege fie entftchen). 

Wenn man die Erde umgräbt: fo findet man fie 
überall: fie haben viete Weinſtoͤcke verderbt und grei⸗ 
fen alle Pflanzen an, auch die fchärfiten, z. E. 
Knoblauch, Zwiebeln xc. man befürchtet, daß fie auch 

den Hanf und das Öetraide nicht verfchonen werden. 
Es ift hiebey zu bemerken, daß die Weinſtocke und 
uͤberhaupt alle Felder niemals fo wenig, als feit ei⸗ 
nigen Jahren daher, bearbeitet. worden —* weil 

die Victualien nicht gut abgehen. 


| X. Großer Städte Borurtheil, 
Sch glaubte den wichtigen Artifel von dem An 
baue des Getraides geendige zu haben; ich habe aber 
nichts mehr im Drucke gefeben, als was dieſe Ma- 
terie betroffen hat: man hat die Gutheit gehabt, mir 
gegen die jederzeit fiegbaften und erneuerten Borurs 
theile, neue Anmerkungen zu überfenden ; diefe Bor: 
urtheile 


Ä N find ben Sanbvotfe weit ——— als 
alle Feldſchaͤden. Welches Ungeheuer haben wir zu 
bekaͤmpfen! ich beſorge es wird dieſes nicht beſſer, 
als von dem Landesherrn geſchehen koͤnnen. 

Ich bitte indeſſen die Einwohner großer Staͤdte, 
wenn ſie dieſe Abhandlung leſen, daß ſie ihren und 
des Landmanns Vortheil en von einander fondern.. 
Diefes verderbt alles. Ich bitte fie, daß fie vor 
der Fülle ihre Thuͤren und Läden nicht verfchliefen. 

Wenn der Acdersmann fein Öetgaide nicht vera 
Faufen Fann, da er deffen in Menge befist, wenn 

‚er durch. feine Bemühungen, feine Arbeit, feinen 
Vorſchuß die unfru htbare Erde gleichſam bewun. 
gen und die — Witterungen uͤberſtanden 
hat; warum ſollte er nicht eine Cultur vernachlaͤßi⸗ 
gen, wovon er alleine keinen Mutzen hat? Wie 
wollte er im Stande ſeyn, Abgaben zu geben, und 
die Arbeit auszuhalten? 

Ich bitte nochmalen die Einwohner der großen 
Städte, daß wenn fie in meine Worte oder meine 
Einficht einiges Mistrauen fegen, daß fie die ver⸗ 
ſtaͤndigſten ihrer Mitbürger zu Narbe ziehen. 
Sie werden fehen, daß auch die nfepnlichfen 
Männer die beiten Unterthanen des beften Königs, 
eben fo wohl Mitbürger des Adermanns fenn; und 
daß die Menſchheit nur durch bie Grängen des Dis 

ges zugenommen hat. eo 
Sie werden fehen, daß — itigen Staats⸗ 
maͤnner, auch die groͤßten, darinn einig ſeyn, daß 
unſre Mängel daher kommen, weil wir die alten 
Grundfäge der Politik verlaffen, und die Freyheit 
| wi haben, unfer Öetraide an Die Fremden zu ver⸗ 
kaufen, 


⸗ 








den Aderban zu verbeſſern. 63 


— da doch dieſes Herr von Silly als die 
Stuͤtze der Laͤnder und das Meer der Fuͤlle angeſe— 
hen hat. So lange als Frankreich das Getraide an 
die Fremden verfaufen durfte , fo bat es faft niema= 
len an Unterhalte Mangel gehabt, der Kriege uner— 
- achtet, die es hatte, und Die von fo langer Dauer 
‚waren: Wir waren im Stande ben Engländern * 
Getraide zu liefern, von denen wir es um die Zeit 
dahero überfommen haben, nachdem fie unfre Maris 
‚men angenommen und verbefjert haben, denen wir 
aber in allem völlig entgegen leben, J 


WBViele Perſonen, die noch wirklich am Leben find, 
Finnen fich erinnern, daß} die drey größten Kriege, 
welche Frankreich feit dem Verbothe von der Aus— 

führe des Getraides, hat führen müffen, durch die 
drey größten Theurungen find geendiget worden. 
Es war eine wirkliche Hungersnot) vor dem Rise 
wicker Frieden, eine andre vor dem Utrechter 
tieden, und die dritte beweifen wir als der Tras 
ctat von Aix⸗la Chapelle unterzeichnet wurde, - 


Dreer hohe Preiß einer Mark Eilber läßt nach uns 
Tg ferer gefchwächten Eultur einige Hoffnung übrig: dies 
ſes ift viel gefcheufer gewefen, als wenn man das 
;? — Bee geſetzt hätte, wie dieſes in Spanien 


geſche⸗ 


F Aus den engliſchen —— Acten vom Jahre 
1621. ſieht man, daß fie auf die Einfuhre unſres 
Getraides Abgaben legen mußten, um dadurch ib» 
ren Mangel zu verdecken; eben in der Abficht, ha⸗ 
ben fie es auch bernachmalen mit unferm Weine p. 
gemacht. j 


N 


64 DVerfehiedene Huͤlfsmittel, 


geſchehen iſt *; allein, es iſt dieſes nur ein Deck. 
mantel, damit man das fortdaurende Abnehmen nicht 
inne wird, und folhem nach und nad) abhelfen kann. 
Das vornehmnfte Huͤlfsmittel, welches anfangs 
eine Vermehrung erfoderte, befteht darinn, daß. 
nämlich die Marf Silber in dem Intereſſe herunter 
gefegt werde. Die Duantität der Silbermaffe war 
gleichfam in gewiſſer Abſicht verdoppelt worden. 
Denn das ift ein gewiffer Grundfaß, den wir auch 
den Engländern felbft unter den Fuß gegeben haben, 
und welchen fie ſchon feit go Fahren beobachten , daß 
ſich das Intereſſe nad) der verhältnigmäßigen Zus 
nahme der Maffe vermindern folle *, 
Beſſer waͤre es geweſen, wenn man dieſe 3 Open 


‚ rafionen zu gleicher. Zeit vorgenommen häfte, und 


das Geld Intereſſe, das flets u⸗ und 6 von Hun⸗ 
dert geweſen, hernach bis auf 23 und 3 oder zum 
aller wenigften bis auf 4 herunter gefegt worden wä« 
re, wie dieſes bey allen inc Aigen im 

Gebrau—⸗ 


* Wenn man in Spanien unter Philipp dem JIT. die⸗ 
ſes verzweifelte Mittel nicht vorgefucht haͤtte, fo 
wären die Felder liegen geblieben, weil die Abga * 
ben nicht konnten bezahlt werden. Die Solgen a 
von waren betrübt: allein dieſes Mittel verf 2 
dem Ackersmanne etwag beffern Unterhalt. Be | 

** Diefer Grundfag murde diefer Nation durch ei⸗ | 
nen Kaufmann, der Ehild hieß, bewieſen und 
fie ſahen ihn vor ihren Gefeggeber an. In den 
mir zugefehickten Anmerkungen ift ſolches verge& 
fen worden. Eben wegen dieſes Gr ui Bes iſt 
unfer Geld Intereſſe 5 vom Hundert zurücke eier 

worden: Der Autor fagt, daß feit diefer erſten 
Zuruͤckſetzung die wirkliche —— 4 — * ver⸗ 
ſtaͤrket worden. 





| den Aderbau zu verbeſſern. 6 65 


Gebrauche ift, denn auf Diefe Art hätten wir hun⸗ 
dert Millionen in unfrer Handlung behalten, welche 
den rec find. Allein dieſe letztere 
Dperation ift vor igo nicht auszuüben, weil dag 
Herunterfegen den Geld und Waarenhandel nicht - 
ftärfer vermehren, und der größte Theil unfrer Gxie 
ter von allerhand Art als todt liegen bleiben würde, 
Die Gleichheit des Geld - Sntereffe ift in allen ges 
fellfchaftlichen Handlungen, und vornehmlic, beym 
Getraidehandel am aller nothwendigften: Die Ges 
traidemagazine werden Da nicht angelegt, wo davon 
ein großer Meberfluß iſt, ſondern wo das Geld: Sins 
tereſſe am geringiten fteht. Dieſes bezahlt ‚die Uns 
koſten vor Aufſicht und Darlehn: Dieſes giebt den 
Vortheil, daß es niemalen am Getraide mangelt, 
und daß davon zum öftern im Lande und nach Spa— 
nien verfauft werden kann; denn dieſe Königreiche 
‚waren fonften die ffuchtbarften in Europa, 
So wirffam aber als diefes Hülfsmittel ſeyn kann, 
>, reicht es doch nicht zu. Es muß auch nothwen— 
dig eine völlige und unbeftimmte Freyheit vor die Aus- 
fuhre des Getraides bewilligt, und nur durch den 
Preiß eingeſchraͤnkt werden, wenn naͤmlich der Cent⸗ 
ner uͤber 20 Livres eommt; es muß Diefes niema⸗ 
‚len von allgemein gegebenen Erlaubniffen auf eine 
gewiſſe Zeit, oder auf einen gewiſſen Hafen; viele - 
wenige: von beſondern Einwilligungen abhängen. x 
Wird wohl ein Handelsmann auf eine folhe. 
aare achtung geben, Die man nicht vor Handels 
mäßig hält, und davon man niemals verfichert iſt, 
wie folcher Handel anzuftellen ? ? Was würde ihm die 
Freyheit eines Hlen⸗ FÜR; ſeyn, wenn er von Derjes 
24 Band. RE N EMDEN 








EEE EEE 
x , 


66 Berfiedene gulf zwitt 


wuͤrden ihnen ihre beſten Freum 


— 






nigen Proving / wo er einfaufen laͤßt, und von der 
Provinz, wo er wieder verlauft ſehr weit ntfe 


ſtetige 5—— davon ſeyn wollen, fo — wir 
den fremden alles Geſchehene entziehen wir muͤſſen 
unſer Getraide ſelbſt auf unſern Schiffen uͤberall da⸗ 


hin bringen, wo man ‚es verlangt: wir Dürfen den 


Holländern nicht mehr erlauben, daß fie in Breta⸗ 
gne den Sad Getraide vor 10 iores auffaufen, und 
in der Provence vor ı5 wieder zu verkaufen fuchen: 





zu Neucaſtell Kohlen einfhiffen, und in London 
wieder verfaufen fonnten? Wer verwehrt es ung 
eine Handlungs: Marine als die Stuͤtze von ber koͤ⸗ 


niglichen Marine zu haben, eben fo wie es in Eng⸗ 


land und kurz darauf in Schweden geſchehen 
Wir muͤſſen den redlichen Gewinn eines Kauf: 
manns, der den Adersmann bereichert, nicht mehr 
als einen ſchaͤndlichen Wucher anfehen: wir müffen 
aufhören, das nachtheilige Glück der Pächter, wel⸗ 
che ohne Beſorgniß die Quellen austrocknen, wor⸗ 
aus ſie ſchoͤpfen, nothwendi rechtmaͤßig und ehr⸗ 
bar zu machen: wir uns bemühen, ,. x he 
Hülfe fo wohl als der Fremden zu entbehren. 
Wir müffen vor den Handwerker um Künfiler 
ſorgen ‚ denn dieſe glauben nicht Y daß der Fe 
r um 
Die Englaͤnder hatten nicht v viel Schiffe als 
wir, als dieſe Schiffacte 1660 beſtaͤtigt vom er 








well aber vorgefchlagen wurde. Die Schmweben, 

Die Diefem Beyfpiele erft 1727. folgten, hatten zu 

ihrer voͤlligen Handelsmarine nicht eh J 50 
—* Eu Stockholm; vor itzo — ſi de⸗ 


ren6 


den Ackerbau zu verbeffern. „ 67 
ehum des Ackermanns ihren Unterhalt befoͤrdert, und 
muͤſſen die Produete ihres Fleißes durch den Vera - 
trieb in Anfehen bringen: wir müffen ‚ihnen freye 
Magazine verfchaffen, Die weder ihnen, noch dem 
Staate, Aufwand verurfadyen, und wovon fie fo. 
gleich verfichert ſeyn koͤnnen, daß Diefes geſchehen 
wird: dergleichen haben fie ſchon bey denjenigen ges 
ſehen, welche den Handel mit ſchwarzem Brodte freie 
ben: fie haben den Vortheil und Nutzen feit der letz⸗ 
ten Theurung wahrgenommen *; fie werden in kurs 
zer Zeit mit Vergnügen viele andre Kornböden fer 
ben, die ſtets angefülle, und ftets offen feyn. 

In der allgemeinen Theurung welche 1709. nach 
‚Endigung des Winters erfolgte, würde Anenois 
vor Hunger eingegangen feyn, wenn nicht ein Kaufe 
mann aus diefer Gegend, mit Namen Dignes , Ge« 
£raide zufammen geſammlet häfte: Hatte man dein 
obrigkeitliche Verordnungen noͤthig, um feine Ma« 
‚gazine zu eröffnen? Nein. Ex gab fo viel Getrai⸗ 
‚de, als man haben wollte, auf Borg, und zwar 


ſolchen Leuten, die bezahlen konnten, und weiche es 
N Br vertrieben: N 


XI. Befehl vom 17. September 175.6 


Dieſer Befehl ließ die fchönfte Hoffnung von ſich 
bueen man — der Getraidehandel wuͤrde mit 


E 2 aller 


" —— dem ſchwarzen Mehle 9* ſchoͤn Brodt 
war nicht ſehr Egg es war biefeg dem Volfe 
‚eine große Beyhuͤlfe. | 
Be Viele Beute gedenken noch daran; NR Ser 9 | 
" chen Berdienft In 


e find werth/ dag man fich ihrer all. 
täglich erinnere. 


Ä 


v 


— 


Verſchiedene Srtfsmittel, 


| aller nur möglichen Freyheit geſchehen: man betrůb⸗ 


te ſich, daß dieſes nicht einige Monat vorher zu 
einer ſolchen Zeit geſchehen war, da in Spanien Por: 
£ugal und fel ft in Italien die’ größte TIheurung be: 
findlich gewefen war, und da wir am Getraide einen 
großen Weberfluß hatten. Es wären, wird man 
fagen , 3 Millionen Geld in: diefe Provinz, ‚eben fo 
viel nach) Languedoc, eben fo viel und. noch, mehr 
nad) Bretagne gefommen ‚ und: wie hätten. noch 
Getraide gnug uͤbrig behalten *: alles dieſes Geld 
iſt den Engländern zugefallen, und zum Nutzen ih⸗ 
rer Laͤnder verwandt worden, da wir es doch noͤthi 
ger, als ſie, gebraucht haͤtten. 

Wenn man aber erwägt, daß der Handelsmann 
nicht einfauft, wenn das Getraide ohne Vertrieb 
‚und Nachfrage in dem nämlichen Preiße bleibt, fo 
ſieht man wohl, daß auf einer Seite das. Borur- 


theil, und, auf der andern S Seite das. Misteauen 
noch bleiben wird. 


Es ift zu beſorgen, daß der ——— biel * 4 ale 
das Borurtheil abgefchaffet werden wird: Der ‘Ans 
bau befindet fich gleichfam in legten Zügen. - Wie 
fönnte er beitehen? Warum follte das Borurtheil 
nicht bleiben? Die großen Städte haben das Geld, 


Volk, den Handel und die Arbeit an ſich gezogen: 
Die Abgaben von der Einfuhre: befonde ‚von Pros | 


ducten der Erden, die das Getraide ni betreffen, 
bringen mehr ein, nachdem ſich der Anbau vermin⸗ 
dert und das sand entvölßert. . * 
ar. "ie Das 
ch bin verfichert , daß man in verfihiebenen Can⸗ 
ah I vr Yan in en noch 
die 3 jaͤhrige Aerndte hat. | 


4 1 
c Ye 


‚den Ackerbau zu verbeffern. 69 
Das geſchwindeſte Hülfsmittel, Geld zu befom- 
' men, befteht darinn, daß man es da nimmt, wo 
‚es zu nehmen if. Das $andvolf kann niche im 
hoͤchſten Nothfalle hinlaͤngliche Vorſtreckung thun. 
Das Volk beſchwert ſich ſtets über die vielen Abgas 
ben, in Städten hingegen Flagen fie ftets über die 
Theurung des Brodts. SOEEr ER, 
Man bleibt bey denjenigen Gütern ftehen, die 
viel einbringen, die es ohne große Mühe geben, 
und die man in der Naͤhe hät; die entfernten Guͤ— 
ter achtet mam nicht: dieſe geben feinen Mugen , weil 
man fie vernachläßigt, und diefes thut man je mehr 

and mehr. — — 

Je mehr man verweigert, der Ausfuhre des Ge⸗ 
traides eine völlige Freyheit zu geben; je mehr wird 
may dem Borurtheile nachfehen, je mehr wird er 
Kräfte befommen; alle Jahre wird man weniger 
Getraide erbauen; die Furcht hieran Mangel zu leis 
den, feheint fehr gegründet, und zulege werden fih 
alle Gegner wider eine Freyheit vereinigen, die als. 
denn wohl gar ohne Nutzen feyn wird. a 

Nun komme ich auf den Befehl vom Jahre 1754 
Ich habe voraus gefegt, daR wir nach den Aernd⸗ 
tenſegen vom sehe 1752. und 1753. im Stande waͤ⸗ 
‚ren vor vielẽ Millionen Getraide aus dem Sande: zu 
‚führen, ohne das Königreich zu entblößen: fo oft 
wir nun in dergleichen Borrathe wären, fo oft wuͤr⸗ 
de die Getraideausfuhre fehr nuͤtzlich ſeyn. 

Mas würde gefchehen, wenn wir nicht viel Ge- 
traide hätten? Nichts anders, als daß wir nicht alles 
koͤnnten aus dem Lande ſchaffen, es moͤchte uns die 
Freyheit gelaſſen werden, wie ſie immer ſeyn wollte: 
— E 3 Der 





70 | 
‚Der Preiß des Getraides — da⸗ 
von unterrichten, wenn dieſes das Geſetz nicht thaͤte. 
Unſre Kaufleute haben bey dieſem Handel wegen der 
hohen Intereſſe, welches ihre Waaren um3 pro cent 
theurer macht, ſehr große Einbuße. So lange al⸗ 
ſo das Intereſſe i in Frankreich höher als in England | 
and Holland ftehr, und nicht. 1. pro cent koͤmmt: fo 
- werden diefe beyden Nationen — daß viel 
Getraide aus dem Königreiche gefchafft wird, es 
müßte denn in großer Ueberfluffe feyn, oder wir 
- müßten folhes wohlfeil verfaufen. Das letztre fin, 
det nicht fo wohl ftatt, als das erjte; man fann eine 
reiche Aerndte voraus fegen, und biefe kann Gele 
genheit geben, daß die Misgunft den Begnadigun: 
gen suvorfömmt, und das Sand erfchöpft wird, 
Wie man aber fieht, fo ift eine völlige und-uneinges 
ſchraͤnkte Freyheit bloß zu münfchen; diefes nun follte 

‚man ohnmaßgeblich, als das — in 
Erwaͤgung ziehen. 








XI. Don Maufbeerbäumen und der 


‚Seide. 


Man fängt an, viele, Mautbeerbäume im dieſer 
Provinz zu pflanzen: man glaube, daß fie hier Def 
fer wachfen werden, als in Languedoc. Sch 
glaube faum, daß jemand außer mir, flärfern Ei— 
‚fer vor diefen Anbau bewiefen hat: Ich babe mic) 

zum erften befliſſen, felbige in dem Canton, den ich. 
bewohne, gemein zu machen: es fcheint mie vor den 
Staat feine Eultur Eoftbarer zu ſeyn, weil ich jeder⸗ 
zeit der Meynung geweſen, daß in er deß 
ſen Macht und ihn beſtehe. ——— 


m Em 


22 rs 
X 





den Aderban au. verbe 71 


Wenn man aber aus der naͤmlichen unſache den 
Anbau der Maulbeerbaͤume mit dem vergleicht, was 
wir verloren, oder höchft verabfaumt haben, fo muß 
man erftaunen,, wie verfchiedentlich diefer Umſtand be⸗ 
trachtet wird. 

Ich hoͤre von nichts anders reden, als daß zum | 
Auffauje der Seide viel Geld aus dem Sande ge: 

t wird; id) bin vergnügt, daß man Diefes fager, 
u einſieht; wenn werden wir aber auf andre Sa- 
chen-unfre Aufmerffamfeit wenden, die wir eben« 
- falls faufen? Man wird fagen, es iſt nichts, als die 
Seide , die uns etwas koſtet, und die Seide ift viel— 
leicht dasjenige, was uns am mwenigften koſtet. 
1) Bom Einfaufe der Seide, muß man die Fracht 
abrechnen, welche wir erfparen, wenn wir fie felber. 
holen; der Nugen, den wir mit unferm Taufchen - 
machen, endlich der Handpreif von vieler verarbeis 
teter Seide , welche wir weiter verfaufen. | 

2) Muß ung erlaubt werden. daß aller ZTaback, 
den wir ganz verbrauchen, und ſonſt von uns ange⸗ 
baut, fabricirt und weiter gefuͤhrt wurde, ſelbſt von 
uns herbey gebracht werde; es iſt dieſes ein fo nach⸗ 
ae Unterfcheid, als man es Faum denfen ſollte. 

3) $aflen wir zu, daß alle Jahre zu unſerm eis 
genei Bertriebe viel Hanf, öfters Getraide, Flache, 
Wolle, Del, Wachs, Holzıc. zugeführt wird; Dies 
fes fünnten wir nun entweder in Sranfreich, oder in 
unſern Colonien bekommen, oder ſolches ſelbſt aus 
Norden herbey holen. 

) Wir fehen es mit gleichguͤltigen — an, 
dal uns die Engländer ihren Taback, ihr Gefraide, 
ihe — ihre Koblen * — anders als vor Hi 

‚Wels 





m Verſchiedene Huͤ (femi t e Pc 


überlaffen, und daß die Hollander unſre 
Branntweine und Fruͤchte ꝛc. uͤhre 
Norden verhandeln; davor nun * — wir alle 
Unkoſten, und ſie haben allen Nutzen davon, daß 
uns alſo nichts uͤbrig bleibt, * wir . dd» | 
det anbauen Ffönnen. 

Wenn wir aud) fo viel Seide einforaihleten, daß 
wir nicht noͤthig haͤtten, dergleichen zu Faufen, auch 
wohl gar ſelbſt viel verkaufen koͤnnten; ſo waͤre doch 

der Verluſt unſrer alten Eulturen nicht erfegt. Wire 
wollen eine zeitlang vorausfeßen, daß diefes gefchä- 
he, weldjes aber unmöglich ift, und diefeineue Euls 
tur zu derjenigen gefährlichen Vollkommenheit Fame, 
daß wir andre entbehren fünnten: was gefchähe als- 
denn? Diefe Arbeit ift leicht, und befchäfftige wenig 
$eute vom Sande, daher würden ſich die mehreften 
genöthige fehen, in den Städten ihren Unterhalt zu 
fuhen. Diefe Veränderung der Winfer und Acer» 
leute und Seidenbearbeiter und andre Künftler würs 
de machen, daß fich dieſes Gefehlecht noch eber, als 
in einem halben Jahrhunderte veränderter'der Staat 
mürde feine Armeen, und Matrofen nicht ‚ergänzen 
fonnen, was, würden hieraus vor Unbequemlichfei- 
ten entftehen, wenn es im Sommer SUR und im 
Winfer Matrofen abgeben follte? Gi, 

Ich will wieder zurück gehen: Bevor ie Maul. 
beerbäume in den Provinzen, wo man folche anle— 
gen will, Vortheil bringen, fo hätte man Zeit, felbige 
in allen hordiſchen und mittaͤgigen Laͤndern anzufchafs 
fen. An der Mittagsſeite koͤmmt der Maulbeer⸗ 
baum überall gut fort; Spanien allein, koͤnnte, 
wenn es die Eultur erioehkern wollte, ganz Europa 

3 mit 









den Ackerbau zu verbeſſern. 73 
mit Seide verſehen. D. hieronymus von Uſta⸗ 
riz ſagt: ee Seide, als wir wirflid) 
verbrauchen fönnen, meil allein aus dem Königreis 
che Murcie, insgemein alle Jahr 200000. Paquet 
gebracht werden. » » » » Wenn man die Seiden⸗ 
mafiufacturen beffer verpflegen wollte, fo iſt nicht zu 
zweifeln, daß wir unfre Aerndten leicht vermehren 
fönnten , theils wegen unfrer Himmelsgegend, theils 
wegen des Anbaues der Maulbeerbaͤume und dev 
Vermehrung der Seidenwürmer, *. . 
Im Nordiſchen befist der Rönig von Preußen 
ein mweitläuftiges Sand, wo das Erdreich locker, und 
fandige ift, und von vielen Flüffen befeuchtet wird; 
diefes ift zum Anbau der Bäume fo geſchickt, als 
man es fi) nur wünfchen Eann: man nennt diefes 
$and insgemein die brandenburgifhe Marf. Dies 
fer König hat dafelbfleine erftaunende Menge Maus 
beerbäume anpflanzen laffen, und läßt alle Jahre 
Saamen aus Languedoc und der Provence brin- 

‚gen: diefer Anbau verhindert auch nicht die Tabacks _ 
- plantagen: ‚binnen 20 oder 30 Jahren kann die 
Mark Brandenburg Poblen und Deutfchland 
mit roher Seide oder Etoffen verfehen. 
In Sachſen pflanzt man auch Waulbeerbäus 
me, und hat man fchon aus der im Sande erbauten 
Seide Etoffe verfertigt und viele Stüd auf der 
ipzigermeffeverfauft. In Daͤnnemark pflanzt 
man ebenfalls viele Maulbeerbaͤume an. 
Die Engländer verſprechen ſich ins kuͤnftige vie· 
le Seide in Carolina zu erbauen, und zwar um 
en BE. 666 
* Theorie et Pratique du Commerce ct de la Marine 
Chap. 91. | ) 






74  Berfihiedene Hllfami 


ben vierten Theil: wohlfeiler als — En 
Gewiß ift es, daß alle Culturen in den olonien we⸗ 
niger koſten. Hat man die Negers einmal bezahlt, 
fo bezahlt man keinen Impoſt, fein gohn vor bie 
Bedienten, fein Tagelohn vor Die Arbeiter ꝛc. 





Diefer Baum achtet weder große Kälte, noch 


große Waͤrme, oder eine ‚anhaltende Dürre: Dies 
fes koͤmmt wahrfcheinlicher weife daher, weil er eine 
große Herzwurzel treibt, welche ſich tief in die Erde 
‚ begiebt, „und daſelbſt ‚jederzeit Nahrung. finder. 
Diefes mag feyn wie es will, fo iſt ee doch immer 
gruͤn Man hat faſt keinen Baum als. dieſen, der 
ein öftres: Abfchneiden und ‚Abblättern vertragen 
koͤnnte *; von der. Rinde allein ah er ER Inge 
BEL. ie; 
, Man fann bie Seidenwůrmer den ganzen Sons 
‚mer ausfriechen laſſen, und man braucht kaum 2 
Monate alles dieſes zu Stande zu bringen; denn in 
Norden giebt e es keine Bine wo es nicht 


man ernährt Die Ochſen und ander Zuchtvieh mit 


f 
ze 


* 2 Mo⸗ 


* + Die ——— kommen m 8 8 Befhneiden 


im Ausſproſſen in Hedigen fehr aut fort, In der 
Bergen um Slovens bat man feine Viehweiden, 







Maulbeerblästern. Daſelbſt geſchicht das Seide⸗ 
einſammlen alljaͤhrlich 2 bis 3mal. In einem ſol⸗ 
chen ſehr heißen Lande verlieren die Maulbeer 
me vom Anfange des Maimonats bis zu Ende d 
Septembers die Blaͤtter, und es kommen wieder⸗ 


‚um neue hervor. (6; Journal. oeconomique fevr, 


1754) Here Abt Nollet hat auf fänee3 Reife nach 


- Sfalien eben dieſes wahrgenommen; und aus eis 


nem Auffage vom Herrn de. Vunrages erhellet, 
daß man auch zu Alsis in einem Jahre 2 ar die 


| Seide eingeſammelt bat 


den Ackerbau zu verbeffern. 75 
2 Monate warm wäre, und folglich kann man über 
all die Seide ſammlen. Es kann gefcheben, daß 
die nordifche Seide in der Folge der Zeit die engen 
nehmſte feyn wird *%. 

Es ift endlich bohl moͤglich, daß uns die Maul 
beerbaͤume wenig oder gar keinen Nutzen verfchafs 
in da hingegen uns der Weinftoc jederzeit hätte 

ortheil geben können, weil man diefe in Morden 
nicht anpflanzen fan, und wir hätten defien Anbau 
in den mittägigen Gegenden entübrige ſeyn koͤnnen, 
* ich dieſes hinlaͤnglich bewieſen zu haben glaube. 


XIV. Fortfegung. 

Ein Eigenthuͤmer der ſonſten vor 1000 Thaler 
Wein erbaute und der itzo ſich genoͤthigt ſieht, ſeine 
Weinſtoͤcke auszurotten, wird hoͤchſtens nicht mehr 
als vor 100 Thaler Seide erbauen: dieß iſt das Pro⸗ 
duct von ungefaͤhr 6 Loth Saamen. Und ſo viel 
und mehr nicht, kann man in einer jeden Kammer 
haben. Will man viele Kammern anlagen, ſo muß 
auch die Wohnung groͤßer ſeyn, als ſie eine Privat- 
perſon hat, uͤnd es wird hiezu auch mehrere Muͤhe 
erfodert. Kr) 

Diefes hat man in denjenigen ändern, wo dieſe 
Eultur ſeit langer Zeit angeleget. worden, durch die 
Erfahrung feit langer Zeit feite gefegt worden; ich 
* * es auch Se Ich nahm mit a 

. m lot 


— 


* Dieß iſt Ba Flachſe Wer Hanfe ge eben, unges 
* die Eigenſchaft deſſen nicht ao iſt. Die 
andwerker geben einer wohl zubereiteten Sache den 
Vorzug weil dieſe ſich leichter bearbeitet, und ran“ 
fo wir Abgang leidet. 


* 





76 Verſchiedene Huͤlf t iittel 


12 Loth Saamen, welcher ſich ſehr gut eige; id 
mußte aber die Hälfte in ein ander Haus bringen, 
bis die Seidenmwürmer ein wenig groß wurden: ich 
verfuchte mehrere dazu zu bringen, aber fie Kamen 
alle um. Diefes nämfiche widerfuhr einer Privat: 
perfon 8 Jahr nach einander ; von dieſer Perfon ha⸗ 
be id) fehr ſchoͤne — is —* Sache 
er en 
‚ Ein guter Vortheil iſt es, wenn man. die Maul, 

beerblätter verkauft. Wenn man: aber vor tauſend 

Thaler Blaͤtter verkauſen will: fo find tauſend Maul: 
beerbaͤume hiezu nicht hinlaͤnglich wie viele glauben 
möchten: man muß zwanzig Kammern mit Sei— 
denwürmer Saamen haben, die fich von Blättern 
erhalten koͤnnen, und diefe Fönnen vor 2000 Thaler 
©eide darftelfen, weil bie Hälfte des Products als 
—* vor Unkoſten und Bemuͤhung aufgeht. 

Zwanzig Kammern aber, jede mit 6 Loth Saa- 

men; findet man nicht leicht + e8 giebt. viele Leute, 
die nur 2 th Saamen aus Mangel bes —— 
oder der Leute aufziehen koͤnnen. 7 
Indeſſen kann dieſer Vortheil im einem Gevötfers» 
‚ten und arbeitfamen Stande, fehr beträchtlid) ſeyn: 
wenn wir bloß zu umferm Vertriebe Seide erbauen, 
ſo will ich durch das, was ich gefage habil nieman⸗ 
den abſchrecken: denn ob wit gleich dadurch die nuͤtz⸗ 
liche Wein: und Tabackcultur, welche wir. verloren 
haben, nicht wieder erfegen Fönnen: fo Fann doch 
dieſe denjenigen Beyhuͤlfe thun, die ung noch übrig 
ſeyn; verſchaffte ſie uns noch mehr Vortheil ſo waͤre 
Es ja unrecht, wenn man ſich Aion | im ER vi 


legen wollte, | | 





den Ackerbau zu verbeſſern. 77 
XvV. Bon Baumſchulen. 


Es iſt nichts ſchoͤners als die Aufrichtung der koͤ⸗ 
———6 Man kann fagen, daß viel⸗ 
leicht Feine Aufrichtung‘ift, welche wegen des guten 
Entwurfs und der guten Ordnung, die man jeder. 
zeit dabey beobachtet hat, von 5 Vollkom- 
menheit ſeyn kann. 

Herr Chatal Handelsmann zu * erhielt 
3720. den Entwurf Davon; er bemühte ſich ſeit 20 
Jahren wegen der Ausführung: nachdem er ends 
lich feine eignen Umftände in Ordnung gebracht hate 
te, fo erlangte er, dasjenige, was er mit fo vielem 
Eifer und Anhalten zum Beften des gemeinen Wer 

ens verlangte. Man übergab ihm die Aufficht 
über Die. & umfchulen in diefer Provinz r zwar 
mit, einem Gehalte von 400. Livres. 

Sein erfter Plan war, die Bäume aus * Saa⸗ 
men zu ziehen, und ſolche an Privatperfonen auszu⸗ 
theilen, wenn fie zum Fortpflanzen ſtark genug waͤ⸗ 
ren. Er gab zu gleicher Zeit Anleitung, wie da— 
mit verfahren werden ſollte. Man bat dieſe Anords 
nung veränderf, und man giebt nur große Maul: 
beerbäume aus, welche man in guter Ordnung fort 
ſetzt, Damit fich deren ein jeder bedienen Fann. In⸗ 
zroifchen Halte ich davor, daß esfehr gut wäre, wenn. 
iman das erftere Unternehmen fortſetzte. Die Unfos 
ſten von dem Anpflanzen der großen Bäume find 
beträchtlich, und Privatleute fönnen Baumfchulen 
nicht anlegen, weil wenig dergleichen Bäume fort 
fommen;, zumal wenn man fie von Ben ‚ber ka 
nen dä | DEN RR TS; 

PR TER * xvi. Son 










es mir — J 2 das Ki ſtãn- 


dige Fell, zufammen zu nehmen, 


\ 


. Don Pflaumenbaͤumen. Nr 

_ Diefes war fonften eine Cultur, welche in n Knfee | 
hung dessVortheils und der Känge der Arbeit der 
Maulbeerbaum » Eultur fehr ähnlich war. Hatte 
man, 1000 Pflaumenbäume, fo fönnte man nicht 


mehr als von 30 Piftoletten Pflaumen baden; die. 


fes that man aber um die Hälfte. Diefer Vortheil 
war ſehr nuͤtzlich: in vielen angraͤnzenden Oertern 
übertrug dieſes die Steuern; allein ſeit zoder 4 Jah⸗ 


ren hat dieſes Nahrungsmittel mit — das 
naͤmliche Schickſal gehabt: die Pflaumen werden 





nicht mehr vertrieben, unbieran iſt niemand aa 


als Holland. i 
Don der. Wolle. 

Wollte man Wolle in diefer Provinz haben, f 
wäre hiezu vieles Sand nöthig, fo vom Abgaben bes 
freyet wäre. . Die Wolle von jungen Häammeln, 
wenn fie gute Nahrung gehabt haben, ift bier. iR 
fhön und weich. Das Schafvieh iſt hier ni 
der Vliehſeuche oder Viehſterben, wie in andern 
Gegenden, unterworfen. Wir koͤnnen de ren. viele 
aufziehen, ohne andern Eulturen zu ſchaden viel⸗ 


mehr wuͤrde es ſolchen nutzbar werden, da wir RER 


£refflichen Mift dagegen bekaͤmen. 


Von Rindern, Rüben, Butter, ———— 


Vermittelſt * leeren Plaͤtze, oder kuͤnſtlichen 
die man überall baben kann, und Rn | 
un. 





“den Ackerbau zu verbeffern. 79 
num die Ergänzung der Flüffe erfodern, fünnfen wir 
auch viele Kinder und Kühe halten, und dürften 
nicht fo viele Haute, Butter und iveländifchen Tale 
kaufen. Das Pödelfleifch koͤnnten wir auch haben, 
es fönnte uns. dieſes nicht theuer kommen, weil wir 
das Salz um einen ſo wohlfeilen Preiß erhalten 


— Vom Wachſe und Bienen. 


Man fuͤhrt uns vieles Wachs aus Norden us 
fonft wurde es in Frankreich gebleicht, und mir Nu⸗— 
. Ken verfahren; heut zu Tage ift es aber nicht mehr 
fo. Man hat überall die Ausfuhre des gebleichten 
Wachſes verboten. und mit Abgaben belegt. Es 
wäre alſo zu wünfchen, daß wir im Lande zum Vers 
triebe hinlaͤnglich gnug Wachs hätten; und daß. eg. 
in einem billigen Preiß ſtuͤnde, da es hingegen ſeht 
theuer iſt. Es waͤre eine leibůche Ergoͤtzung und 
ein Vortheil, wenn wir weniger Talk verbrauchten, 
als welcher faſt alle von fremden Orten her, zu uns 
koͤmmt: und hiezu koͤnnen wir in kurzer Zeit gelan⸗ 
gen. Es waͤre ſehr leicht die Bienenſtoͤke in Waͤl⸗ 
dern und in der ganzen Provinz zu vermehren: man 
koͤnnte ſolche unter den Weinſtoͤcken und fruchtbrin⸗ 
genden Baͤumen anlegen; der Honig hievon iſt ſehr 
ſchoͤn. Koͤnnte man nicht den Winzer oder Pachter 
anfrifcehen, wenn man demjenigen eine Belohnung 
‚gäbe, der 20. oder 30, DBienenftöce hätte? Eine 
Freyheit von Abgaben, welche in Anſehung dieſer 
Lute von keiner großen Folge iſt, weil ſie rechtmaͤſ⸗ 
fig nicht mehr als einen Thaler oder vor alles mit 
einander eine Piftole geben müffen, würde viel zus 
- a Würden ſie von Kiga - und - 
olda 





80 Verſchiedene Hülfämittel, 
Soldatenwerden frey gefprochen, fo würde diefes 
noch mehr wirken. — Re 
Vom Bele und Belbäumen. 

Es waͤre auf wenn man die Einfuhre derjenigen 
Gefäme zuließe, woraus Del gemacht wird, damit 
man aud) diefen Vortheil überfame. Man fönnte 
feibft den Anbau dieſer Geſaͤme aufrichten, wenn 
auf die auswärtigen Abgaben gelegt würden, man 

“  Eönnte auch den Anbau der Delbäume befördern. 

Die Dliven oder Delbäume fommen in Ober⸗ 
guvenne fehr gut fort. - Ich babe beobachtet, daß 
fie die fälteften Winter ausgehalten haben, da hin- 

gegen die in der Provence und Languedoc erfro- 
ren feyn; dieſes kann nun daher rühren, meil ſich 
diefer Baum an das Elima gewöhnt, oder daß er 
bey uns ftärfer wird, befire Nahrung überfommt, 
und mehrere Dauer erlangt; ferner weil er bey uns 
langſamer wächlt; oder es Fann feyn, daß es zus 
weilen in diefen Provinzen Fälter wird, gleichwie dies 
fes in gewiffen Jahren wahrhaftig gefcheben ift. 
Diefes Del koͤnnte an vielen Dertern nußbar feyn; 
doch wird es aber allezeit zu verfchledenen Nutzun⸗ 
gen angewendet werden fönnen. 
Dom Gehoͤlzz. 
In Anſehung des Holzes kann man eben das ſa⸗ 
gen, was ich in Betracht der Viehweiden beyge⸗ 
bracht habe. Dieſes mangelt nun am meiſten in 
ſolchen Gegenden, wo die Abgaben wirklich haͤufig 
ſind. So lange ein Land die Einkuͤnfte abtraͤgt, 
und zwar über das Einbringen einer gewiſſen nußs 
baren Sache, fo baut man etwas anders allda an. 


hr Ackerbau zu verbeſſern. Si 


Wenn man Holz anpflanzen wollte, ſo muͤßte | 


man alle Felder, die biezu am beften angehen, ver« 
beſſern, diejenigen naͤmlich, die man vorzüglicher 
Weiſe anpflanzen Fann, und mo die andern Cultu⸗ 
ren nicht ehoͤrig von ſtatten gehen. Hieher gehoͤ⸗ 
ren die — — — Weinberge und viele Felder die 
kaum Roggen fragen, Wenn dieſe Güter, fo lan— 
ge ſie wegen der Holzung genutzt werden, Abgaben 
uͤberkommen, ſo werden ſich die Eigenthuͤmer fon= 





der Zweifel einer verftärften alljährlichen Abgabe 
entſagen, ungeachtet fie (don einmal den Aufwand 


gemacht haben. 

Gewiß ift es, daß in dem pyrenaͤiſchen Gebirge, 
fo wohl von der fpanifchen als von unfrer Seite viea 
les Holz befonders zum Bauen, gefunden, wird. 
MWollten wir uns diefes zu Nutze machen, und zwar 
umfonft, fo dürften wir nur Brüden ſchlagen und 
| m hauen laffen, auch andre Verbefferungen ı un⸗ 
ternehmen; Die Unkoſten hievon würden kaum die 


Haͤlfte von demjenigen ausmachen, was wir den 


Hollaͤndern binnen 2. Jahren bloß vor die Fracht 


vom Holze geben, welches fie uns zu unfrer Marine ' 
"zuführen , und dag fie ung nicht einmal gerne brin« 
gen wollen, fo lange wir den Krieg mit den Eng: 


laͤndern gehabt haben; da wir doc) vor ißo das Holz 
am nöthigften brauchen. , Man giebt vor, man 


koͤnnte vieles Holz aus den unſrigen und fpanifehen EN 


Colonien bekommen, da die letztern zur Marine vor 
2. Königreiche hätten: Wäre es nich befler, His 
mie diefer Nation handelten, wenn es ‚mögli 





* wichtigſter Nutzen darinn beſteht, wenn wir 
4. Band, ö bie 


en wäre? Man fann nich läugnen, daß 


N 





* Engliner. und. — ent be hren koͤnnen. 
Dieſe beyden Nationen haben heut ; ‚Tage i 











Grundſatz, daß fie unſre —— bloß in eine 
ahive, ‚verwandeln möchten, · TR 


— a a 2 Me ” 
Dom Brennholz“ und 5 eink. 


wir viele Steinfohlen. Wer verhim ert uns 
daß wir fie nicht vielmehr bier, als aus | 
‚nehmen? Wir erſparen ‚Hierdurch das —2* 
welches alltaglich ſerner und theurer wird, 


XV. Bon Abgaben, 

a Habe von. verfchiedenen Eu furen — Die 
Dr von deren Verbefferungen fo weit fie möglich 
‘find ‚und von den Hinderniffen, ‚die hiebey vorfal- | 

«len, geredet ; ich. habe auch. die . toölferung Der 
Laͤnder und die Anregung \ des Ackermanns beyge- 
bracht; vor itzo will ich mich bemühen, ‚die Urfachen 
von biefem Verfalle zu entdecken: man muß gewiß. 
"davor halten, daß fie nicht“ befannt Aa ſo ‚lange 
F anhalten. Baal: 

Sch will von den Abgaben anfangen, — Die ge⸗ 
ringſi⸗ Unbequemlichkeit iſt deren Gri ze; die größte 
aber unter allen, befteht darinn „Daß der Schu 
‚ gezwungen ift, jedes Jahr den Vorſchuß zu leiſt 

« bevor. er feine Früchte hat verfaufen, den wohl g 
einaͤrndten fonnen. gi a 

Diefes ift nicht ‚alles. Nichts i iſt der Vo ſſicht 
gleich, deren man ſich bedient, den Geiſtlichen zu 
helfen, wenn ſie das Ungluͤck haben, ihrer fern 
3 zu ur be a ei 














den Ackerbau zu verbeſern. 83 


man fein fo, gütiges und aufmerffames Beyſpiel. 
Die Auffeher,, die Untercommiffarien und Deputirte 
find alle einig, dieſe heilſamen Abfichten zu erfüllen s 
indeſſen ift doch. den Geiftlichen nicht geholfen: man 
haͤtte vielleicht ein Mittel, wodurch fie es feyn konn⸗ 
ten; diefes Hülfsmittel nun, werde ich in der Fol⸗ 
a 
Es wäre zu wuͤnſchen, daß die Handlung und 
Kuͤnſte einen Theil von den ſchweren Abgaben über 
ſich nähmen, damit die Felder nicht fo hoch dran Fü. 
men. Da man aber die Felder nicht fo fehr hat bes 
ſchweren wollen, ſo bat man diefes doch in dieſer 
Provinz unternommen, mo außer einigen Handels: 
 ftädten Feine andre Kunft, als der Aderbau und 

feine andre Handlung, als der Öetreidehandel, bes 

fonders in Oberguyenne, gefunden wird, wie ich 









£ 
fr. 


diefes fehon angemerft habe. | | 
Wenn fih Die Abgaben nur auf die Foftbaren 
Kaufmannswaaren erſtreckten ſo haͤtte der Ackers— 
mann allerdings Erleichterung, weil er deren nicht 
bedarf; alfein fo zahlt er gewiſſe Abgaben vor das 
Salz, Eifen, vor die groben Etoffe ꝛc. alles diefes 
kann ‚er nicht eutbehren. . 


Vor fein erbautes Eigenthum bezahlt er. nichts, 
wenn er ſolches verzehrt: wenn er aber etwas vers 
-Fauft, fo muß er etwas abgeben, und fo geht es 
- auch, wenn er nichts verkauft; man ſchaͤtt ihn als⸗ 
"denn noch mehr, damit er das Product der Steus 
ern oder Abgaben erfeßt. - - Bin: > Mr 
In Oberguyenne werden die Steuern, Futter 
5 Vieh, Hausrath, Gefindelohn, Solvatene 
von Einkünften der Felder genommen; es muß 
> EINER un 








—J9 


Fe Man Hat auch die RE RT wie: mon die 





84 Verſchiedene ) 


der ioangigfle Theil von Einkinften, Kopf foefd vom 
aͤrndteten 





Eigenthuͤmer, die Steuern von den —9 
Fruͤchten gegeben werden. 


Ein Mayer, Winzer, Zagelöfner, ; Re kdnnte 
eine ſtaͤrkere Kopfſteuer geben, weil ihm feine: A 


‚beit leichter von ftatten gebt. 


‚Ein Pachter zahle nach der Samınd fnkes Pach⸗ | 


tes, vom Livre 2. Liards: verhandelt er feine 
Waaren felbft, fo zahlt er wie ein Kaufmann: aufs 
‚fer dem eingetheilten Kopfgelde, bezahle er auch noch 
‚von dem Gewinnfte, den et von OFTEN, mer baben 
bat. 

Hier find alfo Dreyerlen Abgaben von einer Yes 


- beit, oder beffer zu jagen ) von eben den Seldern, 


‚Die er bearbeitet. 
Die Abgaben, welche bey der Einfupre bes Ge 


treides oder Victualien in Die Städte, nalen wenn 





ſolche aus dem Sande gehen, ‚feinen unter! em? Ber- 
triebe der Städte und unter dem auswärtigen $ Hans 


del begriffen zu feyn; man Fann diefes aber. Made | 


vierte Abgabe von Selbern, ‚und — als eine ſehr 
ſtarke, anſehen. 

Die Zoͤlle machen die fünfte, wichtige, Beyſteuer 
aus der jährliche Zins von Gütern die ſechſte, und 
diefer r iſt zum öffern ſehr beträchtlich; die 
be ich ſchon erwähnt, und dieſe ift die fie ente; der 
Zehnten kann vor Die achte gerechnet werden; der 






Zwanzigſte endlich von den Einkünften. der Seid der 


| — die neunte de. von A N: Oitern 
u. ' 


9 
a 





* der — nennt. 


steuer ha⸗ 


an 


den Ackerbau At verbeſſern. 85 


Es iſt Elar, daß dieſe letztere Taxe nur bey guten 
| Ps viel einbeingenden Gütern ſtatt finden kann; 
denn dieſes waͤre wider alle Billigkeit, als woraus 
doch dieſes Geſetz entſtanden; der zwanzigſte Theil 
der Einkünfte, beträgt die Haͤlfte und drey Vierthei— 
fe und öfters alles, wenn man noch die reellen und. 


perfönlichen Abgaben, die gewöhnlichen und außeror⸗ 


dentlichen Berbefferungen ; Wetterſchaden rc. abs 


rechnet. Hieraus erhellet, daß man es nicht des⸗ 


wegen thut, weil man dieſes alles nicht genau ab⸗ 


rechnen TER 
Man hat vorgefragen, den ʒwanzigſten Theil von 


Mi 


ng 


Früchten, fo wie den Kirchenzebent zu nehmen; ale 


| te der Steuerpachter eines Pfartherens iſt niche 


derjenige, der Verehrung verdient, Wenn er drüs 


ber fodert, oder Schwierigkeiten macht, fo kann 


man ihn am gehörigen Orte belangen: findet ſich 


dergleichen auch bey den föniglichen Paͤchtern? Will 
man hievon urtheilen, ſo darf man nur auf dasje⸗ 
nige Acht haben, was vor Klagen zwischen Privat⸗ 


perſonen und Pächtern alltaͤglich in dem Gegenfihtei« 
ber » Amte vorfallen. 
- Man Hat geglaubt, daß diefe Operation in ge⸗ 


wiffen: Oertern, mo, man Pachtcontracte ange⸗ 
troffen bat, mit einer nur möglichen Billigkeit ges 
ſchehen fey: ich glaube aber faum, daß etwas fo 
„viele Irrthuͤmer zuwege gebracht hatz. der Pacht⸗ 


er verändert fich eben fo, wie der Getreidepreiß, 
eftändig, und die Abgaben bleiben einmal wie das 


. andre, Der Eigenthümer muß den Pachter bey, 


vorfallenden Ungluͤcksfaͤllen ſchadlos halten: derglei⸗ 


Ah Sen ARRENENNI geſchehen fo. oft, daß man viel 


23 lieber 








lie eber den 5 t —* bee \ hit, al ils daß ß man, 
immer erſetzen muß. Man wird viel lieber mit 
"dem Pachter ‚einig, daß man mit ihm dasjenige 
is wa ven der eg a! bleibt. Es ge⸗ 

”s nad einander, | 










"Die närnliche — hat au ) bey der 
Geiftlichen flart, die zu. ihrer Ergögung wenig Abs 
gaben haben. Die Mühe, Unkoſten und das wer 
nige, was fie überfofnmen haben, bat, ‚vielen Geiſt⸗ 
lichen die Augen aufgethan, und. ſelbige von ihren 
Umſtanden uͤberzeugt. Ich habe geſagt — man 
gegen eine ſo bedauernswuͤrdige Unbequemlicht eit eis. 
nige Huͤlfsmittel finden koͤnnte; ich will e es es alſo wa⸗ 


— 7 — 









gen, und meine Gedanken vortragen. Meine gute 
Wſ cht verdient, daß man ie „wenigflens, entf | — 


zu folgen. Ich wine, daß Dieraus —5 
Urſprung nehmen moͤgen. 


ul Bon, Beyrichte MM: f 
» Guyenne wuͤrde dem Könige mehr eintragen, 

und die Ei genthümer koͤnnten Dei; ip "> Rn 

gaben geben, wenn a Pe 


- 1) Diefe Provinz völlig Fataftriet worden noite: 
Es find viele Cantons in en} 1, wo die Ab⸗ 
gaben annoch perſoͤnlich feyn, fi sah entſtehen da— 
her viele Schulden, die aber nicht fo ‚art als im 
kataſtrirten Cantons ausfallen. Durch dieſes Huͤlfs⸗ 
mittel konnte man allen Berpäfe teiften, Wenn 
2) Santa» 









Ya 





den Ackerbau zu verbefleen. 87 


9 Lndsſtãnde pw wie in Languedoc geſetzt wuͤr⸗ 
a Der berühmte Schrifefteller vom Innhalte 
der Geſetze bemerkt, daß die Laͤndereyen allezeit 
men Re ‚und 000 niemals ER w 9 | 








——— ner ee Biete Sa ie 4 gut 
abgehandelt worden, daß ich nichts anders an darf, 
als die Abſchrift vorzunehmen I 

Der Schriftfteller zeige): wie leicht -es "fen in 
Guyenne nach der ias guedockiſchen Art Lands⸗ 
ſtaͤnde aufzurichten. Ein ſolches Unternehmen fin⸗ 
det gar Feine Schwierigkeiten: ich halte nicht davor, 
daß ſich jemand keinen Nutzen hievon verfprechen 
ſollte; oder daß ich beſchuldigt werden koͤnne, ich 
—— viel, wenn ich ſage, daß hiedurch 
Gupenne in wenig Jahren, fo übel als es vor itzo 
darinn ausſieht, die ſWwonſi Provinz im Königreis 
| che werden würde. 

Nach meiner Meymurtg,Eönnten Hi viele Mies 
teisperfonen gebraucht werden. © 

Da man diefe Provinz in ——— Generalis 


— ag Sp, bat, koͤnnte man denn nicht auch 
AB ee; 





7 — in; 2. 3. Cap 12 Dan, leſe dieſe ſchon⸗ Stelle und 
alles 35 was die Abgaben anlangt nach 
* Se führt den Zitel: Memoires für les. Etats pro- 


—— — find 3 3 Generalitaͤten; es ſind et 
viere eiwefen‘, und vielleicht find deren noch mehr 
thig Hiedurch ı wuͤrden die Berwirriungen vom 

er au Be ſedern auf eing leichte und 

2) su Ange 







J—— Huͤlfs 


ee 






ter en ? da Ihe in der ie hr weitläuftig: 
fern? ge e 
Der öornehmfle Bortheil ber — 
die große Anzahl und die Erwägung der Abgeord« 
34 als welche an den Ausfprüchen Theil nehmen. 
- Man hat fich bemuͤhet, dieſes Dur ch di freber 
and Beyrichter zu erfegen; allein dieſe Abgeordne⸗ 
ten kennen außer dem Orte ihres Aufenthalts keinen 
andern. Es iſt wahr, daß die Oberrichter und 
Buͤrgermeiſter insgemein den mehreſten Stimmen | 
nachgeben, wenn man die Eintheilung vornimmt; 
allein es find diefes Abgeordndte, die nur. Deswegen 
da find, weil fie gegenwärtig find, und die eine 
Unternehmung nicht befördern, und bieferwegen has 
ben fie nicht hinlängliche Gewalt und Anfehen. iR 
Es wäre daher beffer, wenn man.die Anzahl der 
| Deputicten vergrößerte, als wenn man die großen 
Electiönen von Guyenne noch mehr verth eilte. 
Bey der Generalitaͤt zu Bordeaux ſind deren nur 
fuͤnfe. Die zu Agen z. €, faßt ein Bisthum in 
ſich, welches mehr als aus 4000 Predig N, mehr, 
als aus 100. Communen und vielen beträchtlichen 
Städten befteht, davon jede einen Baier haben 
Fönnte. Ä 
Hiedurch bekame ein ———— nur eine kleine 
ana 1 ala ene seo eine oder andert⸗ 
















— —— Be halb 

angenehme Art hin und Ger. beft vͤrde a 

aa koͤnnte hier —— Rn Die Herren 

aufzuhalten pflegen; a — wuͤrde vi —* zu 

—7— ee RE En inlichk nichts 
elfen. 


| 


den Ackerbau zu verbeſſern. 89 
b, Meilen im Umfange. Die Meilen find ſehr 


| gro die Straßen ſehr uͤbel und oͤfters nicht zu be⸗ 
| reifen. Auf folche Art aber würden vie Einnahmen 
. erleichtert. Wären die Steuereinnahmen demnach 


ſehr weicläuftig: fo koͤnnte man ſolche abermalen 
vertheilen damit die Gaben deſto eher eingetrieben 
werden koͤnnen. Ein jedes Beyrichteramt wuͤrde 
babe 10. bis 12 Meilen im Umfange, haben. 


Auf folche Weiſe koͤnnte alles leichter und beffer 
von ſtatten gehen; der Beyrichter koͤnnte in wenig 


" Stunden dahin fommen, wo er nöthig wäre, und 
denen, fo mit ihm reden a wäre es auch ſehr 
gelegen, 


‚Ein EN wäre —— — Dem’ 
Departement beyzuftehen,‘ und gäbe einen nüßlie 
chen Abgeordneten vor die ganze Gegend ab; er 


weiß Die Stärfe und Schwäche davon; und alles 
dieſes kaͤme dem Staate zu gute, wenn man es vor. 
nuͤtzlich fände, Diefes ins Werk zu richten. 


Alle Streitigkeiten würden beſſer eingefehen und 
beffer abgethan: man fähe den Mangel eines jeden 


Geiſtlichen, und wie folhem abzubelfen, rei Au | 
man — —— a bie andern. 


5 en | 


, 


Sn 





datenſtande und — eu 1 9 ing ni 
“ms bin. — — 





— zu har ; erihe man Alfa pergeffen 


muß, und wodurch alles das bewieſen wird * 


ich geſagt habe, wie es naͤmlich in gewiſſen Umftäns 
den fehr nöthig ſey, Abgeordnet e zu aben, welche 
den Zuſtand eines Landes einfeßen, un En eine | 
aujeben fähig wären. 

In der legten Theurung erhielt der Bſſhof von 
Aden von dem Könige vor fein Bisthum 500000: 
Livres; es fey nun, daß es an den Steuern, ‚oder 
am Saamengetreide oder am Unterhalte vor bie Ur 
men oder am baaren Gelde gefchehen: Dieß ift die 





größte Beyhülfe; welche diefes Bisthum von der 





Gnade der Könige erlangt bat, und es iſt Diefeg eis 
ne folche Wohithat, die feinem Sande ‚in dergleichen. 
Hallen wiederfahren ift: es iſt dieſes ein gewiſſes 
Merfmaal, daß ihnen bie Noth ihrer HEN —3 
niemalen fo befannt geweſen. R% 
Niemand fonnte diefes beffer- einſehen und die Un. | 
fachen davon angeben , als diefer durchlauchtige Praͤ⸗ 
lat: er hatte vor ſeiner Thuͤre alle Tage 2000 Ar⸗ 
me, welchen er Brodt und ‚Suppe Ka ge ß. 
Um den Nutzen deſtomehr zu beſtaͤtigen, welch) 
aus der verftärften Anzahl flei iger und perflän 
ger Mitbürger entfpringe, fo will ich, von einem Ent ⸗ 
wurfe etwas beybringen, von welchem ich fe. kurze 
babe reden hören, Dieſer Entwurf i wuͤrde ve na: | 
ge feyn, wenn er. angenommen würde, we eil a 
‚großen: Abgaben ohne Mühe und Defd chwerde aba 
bin: die Unbequemlichkeit der Abgaben beſteht dar 
inne, 
















dem Ackerbau zu verbeffeein. 


i inne, daß ſolche voraus bezahlt werden Ge | 


Hier iftder Entwurf von dem, was ich erhalten babe, 


| „ Der Urheber fehläge vor, daß man in jeder Com; 
dem Drittentheile über die Abgaben, eine 





(es al 
und in der Folge eine große Hilfe. Zum Crema 
pelz eine Commun foll 1800. Livres geben; man 
"nimmt 160. Liv. mehr, und hebt diefe auf: zu 

Ende der 6 Jahre wird diefes eine Summe von 600 


Livres ausmachen welches der dritte Zei der Abe 


gaben il. 
Diefes aufgehobne Get leihet man denen, die nicht 


ne fammien foll und zwar 6 Jahıe lang: dies 
J dieſe 6 Jahr uͤber eine kleine Beſchwerde, 


im Stande ſind zu bezahlen, und davon muͤſſen ſie 


Intereſſe geben, bis daß ſie ihr Eingeaͤrndtetes ver⸗ 
kauſt haben, oder auf andre Art — zu ſchaffen 


wiſſen. 


ge abhelfen, welcher zum öftern das Eintreiben der 
— beſchwerlicher macht und die Abgaben ver⸗ 
mehret. 

Bent dieſe Geldſammlung ſtarke Bechiegeuig 


erhielte und gut verwaltet würde, fo koͤnnten damit 


die nothwendigſten Yusbefferungen, die niemalg ges 
— , vollbracht werden, und folglich würde der 
Vorctheil noch größer feyn. Man fönnte hiedurch 








den emen dienen, und ſolchen bey vergleich 
befferungen Arbeit verfchaffen; diefes würde vielen: 
Nusen auf einmal ftiften. Man fünnte den Froͤh⸗ 


| nern, Wege-Brüden-und Fluͤſſe⸗ Ausbeſſerern Erleich⸗ 
terung verſchaffen ec. wenn fie es nicht bezahlen kon- 
nen; und hieburch Fame man vielem Uebel zuvor. - - 


XIX. Bon 


> 


en Aus⸗ — 


Durch —* gutfsmittel wuͤrde man dem Zwan⸗ | 


* 





a Vrerſchiedene Hilfe — J— * 
‚XIX. Bon: Senuefken, . rs 


Da | Wegnehmen der Selbfcüchte iſt eine nach⸗ 


theilige Folge der Steuern / wenn fie eigentlich oder 
in gewiſſer Abſicht zu Häufig. ſeyn; dem Adersm ) 
ne ift e8 eine ſchaͤdliche Cache, Sequefter zu feyn. 





, Der Steuereinnehmer lieſet ſich jeine Sequefter: 


unter den beſten Ackerbearbeitern aus; und dieſes 


macht ſie muͤßig. Die meiſten ſind durch das Sa 


queſtriren um das Ihrige gekommen. Sie muͤſſen 
das Ihrige hintan ſetzen, und alle Bemuͤhung auffo 


etwas wenden, wovon fie nicht Herren feyn. ‚Wenn 
Der Eigenthümer nichts reiter bat, wovon er leben 


kann, als daß er auf die Aerndte lauert, ſchimpft 


and fhmäße er auf die Pa und nimmt EN 


——— mit Gewalt. Pe — 


RX. Von 
— macht den Ackersmann nach feiner Ein 


x fir ſo — als die ie — 


ans 


Menfchenliebe berrfchet.. PING 


de —— — worden nd, zZ wo heat die, 


Man glaubt, daß fie dem Staate nid koſten: ji 





| allein, es ift dieſes eine fehr große Tare, und 
noch das ſchlimmſte iſt, ſo betrifft dieſe Tare die 
Felder. | 


. Das Tagelohn eines Handarbeiters vor — 


ige, 10 bis Sols, das Eſſen ungerechnet. Ein 


paar Ochſen, nebſt dem Knechte, der ſolche fuͤhret 


a: dem Ackersmanne 20 Sols. Bringt er 3 m 


ven 


‚den aAckerbau gi verbeſſern. 93 


ge nach einander zu, wie bieſes insg mein gefchicht, 
wenn er 2 oder 3 Meilen weit hat, ſo beträ üge es 3 
Sivres. Die Einbuße an der Seldarbeit —— ſich 
wenigſtens auch ſo hoch. 

Die Römer bedienten ſich lieber ihrer Voller zu 
oͤffentlichen Ausbeſſerungen und zwar auch in folchen 
Kandern, wo fie fonften ftrenge berrfchten. Die 
Froͤhner gebrauchten ſie, die Lebensmittel und die 
Sachen der Armee fortzubringen. Was vor ein 

| Unterſcheid bey einer Unternehmung, der Kriegs— 
voͤlker, von Diefen langfamen Stöhnern! Man hätte 
Das Bolk ı ein ganz Jahrhundert ermüder, und man 
hätte vielleicht noch Feine gute Yusbeffi ſerung unter⸗ 
nommen. Wäre es möglich geweſen, die roͤmiſche 






Ark unter fo vielen Nevolutionen zumege zu bringen, [6 


würde Diefes bis itßzo noch anbalten, weil es noch 
itzt von dem Fahren ſehr uͤble Wege giebt, wo man 
kaum ein Wagengleiß bemerkt. Diefes iſt durch 
die Gewaͤſſer verurfacht worden, an folchen Dertern 
namlih, wo die Brüden und Waſſergange nicht 
ausgebeſſert worden ſind. 

Haͤtte man den viertheil Tag an Gelde bezahlen 
laſſen, welchen die Froͤhner ganz haben zubringen 
muͤſſen, und haͤtte man die Loͤhnung der. Soldaten 
verſtaͤrkt und ſelbige die Ausbeſſerungen verrichten 
laſſen, ſo waͤre alles laͤngſtens in gehoͤrigem Zuſtan⸗ 
de; der Ackerbau haͤtte nicht ſo viel gelitten; wenn 
die Unterthanen fuͤr ſich anwerben duͤrften, ſo blie— 
ben ſie in der Fertigkeit die Felder zu beſtellen, und 
haͤtten es wie ſonſten voͤllig inne: aber ſo wird es 

ſchwerlich dahin kommen, vornehmlich weil fie glau⸗ 
ben, daß ſie ſo ſehr binden geſetzt — —J 
XL Vom 


1 





“jenige was ich fagen werde * in Harni ch zu N 1 jag 
millens si nerff, Anl BA HH b si 





R' Der — file — zen * fü Dei ine neue 
Krankheit in Europa eingefunden — Iche vielen uns 


geſitteten Leuten Unterhalt verſchaffte, und die noth⸗ 
wendig anſteckend werden wuͤrde etc. denn ſo bald wir 
‚ Soldaten haben müßten, ſo bald hätten wir wel | 
Endlich füge er eine Anmerkung binzu: „Man 
nur die neue Erfindung von dem Anmwerben der Sal 
daten billigen, die faft in ganz Europa. gemein wors 
den, und folche eben fo hoch treiben, ‚als wir ig mit 
„ben tegulaiven Truppen gethan haben * en, 
Es ift warlich nichts thörichter. geweſen a die 
ſes fefte zu fegen ; und noch ißo find fo viele Leute ſo 
vorurtheilig daß ſie nicht glauben wollen, was ih⸗ 
nen von allen Landseinwohnern befcäftige ird; denn 
von dieſen kann man erfahren, daß d ——— 
niemalen ſo ſtark von — gleichen ſind entbloͤßt 












worden. MR, u‘ 


Aller Borficht uigeadhie, allen. doch alle dieſe | 


perſonelle Abgaben auf den — beſon⸗ 


von Abgaben 
bei ( J — 


ders auf den Soldaten. Man iſt 
frey/ wenn mian kein Feld hat; man 





* 13. Buch 17. Tapitel IT * 


den Ackerbau zu verbeſſern. 95 


w n mon nichts at: : wenn man-aber 16. Jahr alt 
und 5 Zuß lang ift: 9— muß man fich e ar 


ſale 9 h Be ; 


Der. Aderemann fieße fi) Fiiner Kinder, zu der 
Zeit beraubt, wenn er fte zu. feiner Arbeit gebrau⸗ 
h au kann; er miethet lieber Knechte: was ſeinen 
— zuwege brachte das ſtuͤrzt ihn auch ins 

lrmut 

IE ſo A Erfahrung, darf man ſich 
er daß Die Leute die Furcht vor dem 
Soldatenleben jemals verlieren werden. Wenn ges 
wiſſe Eindruͤcke einmal gemacht find, fo verſchwin⸗ 
den ſie niemalen und pflanzen ſich von der Mutter 
auf die Kinder fort. Diefer erfte Eindruck geſchah 
‚zu der Zeit, da man die Seute mit Gewalt wegnahm : 
die Noth des Staats erfoderte es unglüclicherwei. 
‘fe, daß man Diele: — —— er⸗ 
greifen mußte. 

. Bor den Cardinal ——— war es ein Sie 
— er die erſte Nachricht von dieſem Vorhaben er. 
hielt. Sein Befehl wegen der Goldatenwerbung 
‚enthielt nichts, was ihm nicht konnte Gunft zuwe⸗ 

ge bringen; er verlangte nur Freywillige und der 
— ſhidlche Leute Trommelſchlaͤger und Trom⸗ 
peter, er ſetzte auboiſien, Preiße, verſprach Frey. 
heit von allen Abgaben, und Ehrenftellen, Nach 
“ber Erzählung feines Geſchichtſchreibers hatte diefer 
Miniſter das Vergnuͤgen zu vernehmen, „daß fein 
Befehl mit allgemeinem Beyfalle vom Volke waͤre 
——— worden, und BR er beynahe ‚mehr. als 
39900 








—— IM k u 
* * 


— 





Fu » KERN A. Hr 
N N — 4 — * A 
. 3 E re ” RE 4 — 
96 Ver ne Huͤlfsm 
WETTE J 2 
Bi 
3 


30000 neue Soldaten hätte; »,biefe € Si 
in Frankreich 6oooo Mann bey *, BR 
Man muß bekennen, daß die Zucht — nfrer 
‚Soldaten dieſes muntre Anſehen nicht hat; und 
rinne fehlte es am meiften ‚ befonders bey unſrer Na» 
‚tion: Ein Commißar und Dfficier vom Marfchalls 
Gerichte machen der Furcht einen traurigen 9 Anfang: 
Mütter, Schweftern, Verlobte, weinen , „alte be⸗ 
tagte Leute ſchreyen nach ihren einzigen Söhne: 
dieſes macht den Herumftehenden ihre ge denfchaften 
rege. Eine ſchaͤdliche Urne haͤlt die Beſtimmung al⸗ 
ler Jugend in einer Dorſſchaft in i fich, und. breiter 
Die Beftürzung aus. 
Hiebey find die Privilegien ſehr ‚nachteilig, und 
| "yerurfachen eine fehr böfe Nachahmung. Derjenis 
ge, der nicht wegen der Abgaben Freyheit bat, ver⸗ 
Tanget diefe: die vielen zufammen fommenden Um: 
flände verhindern die Ausführung, verurfachen Auf 
‚enthalt und machen fie beſchwerlich, und weil hiebey 
viele Ungerechtigkeiten vorgehen, die unvermeidlich h 
find, ſo ſtellt fich doch das Volk viel ſchlimmere Fol· 
gen vor, und Diefes feßt felbiges in eben fo. große 
Ver ʒweifelung, als wenn es wirklich geſchehen waͤre. 
Hätte man vom Anfange dieſer — 
keine Privilegien gehabt, ſo iſt es cheinlich, 
daß alle dieſe umbeſuemlichteiten ‚nicht geweſen waͤ⸗ 
ren, und daß ſich das Volk hieran gewoͤhnt hätte, 
Eine große Hinderniß von Seiten derjenigen , die 
dem Staate einigen Beyftand verfchaffen: ſollen, iſt 
es, daß ſolche ante ohne — — Ar je⸗ 
ya * 43 pr 
"8 Hik. an Card. Küenir, Bin Mm. Flechier eveque 
de Nimes, tom, II. p. 51, A 

















den Ackerbau zu verbeſſern. 97 





nig en gemacht werben, der es thut. Noch viel 
ſchlimmer iſt es, wenn dieſes wirklich ausgeführt, 
und nußbar gemacht wird. Es giebt folche‘ Frey⸗ 
herren, die ihre Arbeit umſonſt machen laſſen, oder 


die von unmigen Leuten bewacht werden, und zwar 
zu einer folchen Zeit, da man die Arbeiter nicht vors 


Geld befommen kann. 


& iſt gar nicht zu a Bi daß das Volk 
don einer Sache unterfchiedene Urtheile fällt, wor— 


an ihnen größtentheils mit gelegen if, Es iſt gar 


nicht moͤglich, daß ſie den ſollten gewiſſermaßen eh⸗ 
ven, der dem Soldatenhandwerke entgehen kann; fie 
ſehen vielmehr diejenigen auf eine veraͤchtliche Kt 


vor — Leute an, die — Anſehen und N | 


leben. * 


Ein — Uebel waͤre es, daß ſich die 
Leute in den Städten ımd vörnehmften Marktfleden 
verſammlen müßten; der Künftler,, fo diefe Derter 
‚bewohnte, hätte mehr Anfehen und Schuß, als der 


Ackersmann, er fonnte zu Haufe gi und wuͤr⸗ 


| de als beſſer angefehen. 


| Sonſten iſt ein junger Kanſiler niemals — an 
einem Orte; er durchläuft die Städte um vollfoms 
mener zu erden. Wenn bie Berfammlungszeit 
heran naht, ſo ſtellt ſich keiner. Sie verbergen fich ; 
an giebt eben & Soldaten. ‚Gewalt felbige zu: exhafchen, 






und an ihre Stelle zu feßen: allein diefes verurſa 


chetE Schlägereien, "Sehäßigteiten und eine Art vom 
bürgerti n Krieges die RR werben felten 
R 24 Band, AN me 3 go 


\ 


— 





f gern enäenomfhe;, Be bey dem gering E Dora 
falle wird die, Verdruͤßlichkeit nicht abzu uwend de | 
und dergleichen Entdeckungen find verhaßt ßt. 
kurz zu machen, es iſt keine Stadt, die nihe& 
hergeben müßte, und fo fommen nur die Derſe von, 
als welche entvölker übrig bleiben, 


a Fortſetzung. | 
| don zween neuen Entwuͤrfen zur. Werbung 
der Seldaten. 


Eine Commun aus Ober guyenne verſprach⸗ vor 
einigen Jahren die Anwerbung ihrer Soldaten frey« 
willig zu unternehmen. Man ‚glaubt, daß ‚alle ans 
dre Communen diefem Beyſpiele nachgefolgt part, 
und daß alsdenn diefes in dieſer droving e 
leicht hätte vor fich gehen fönnen, als es in — 
deutſchen Staaten geſchicht. Allein dieſer Entwurf 
hatte nicht das Glück, angenommen zu werden, 
Man wendete ein, es "Hätten die Officiere mehr 
Schwierigkeit ihre Recruten zu befommen: ‚allein 
diefer Einwand iſt nicht gegründet, ‚weil die Offi⸗ 
riere alltäglich viele Leute abdanfen, die vortreffliche 
Soldaten abgegeben hätten, und was noch mehr, | die 
es freymillig feyn wollen; man weiß, daß 2 ober 
3. Zoll mehr erfodert werden, wenn fe ” vegulä« 
ven Truppen taugen ſollen. | 
Man trug einen andern Entwurf! vor, der dee 
ermaßen verworfen a 7 1 


Man follte nämlich die. Sopran einfireber) 
gleihwie man es mit en cms Die 







u 
RT 


1 





‚den Ackerbau zu verbeſſern. 99 


| ben folle man wohl Acht haben, daß. man die Sol⸗ 
wieder abdankte, wenn fie 5. Jahre gedient haͤt⸗ 
ten. Man ſollte ſie von Zeit zu Zeit in Waffen 
uͤben; ihnen vor ſich, und vor ihre Vaͤter Freyheit 
verflatten, und denen die fich hervor. thun, ‚Ehren. 
titel gebenzc. Man bat den — — in Spas f 


nien geſehen. | 


In der Schweiz und andern Laͤndern find alle 
junge $eute eingefchrieben : diefes macht ihnen den 
Begriff vom Dienfte von Jugend auf gewohnt; 
niemand befchmwere fich hierüber, ‚ weil er feine Ber 
ſtimmung von der zarteften Jugend an, weiß; weil 
Feiner hievon aus befondrer Gnade, oder wegen Der 
hoben Geburt ausgenommen ift, vielmehr wäre bien 
ſes eine Art von Schmach und Verachtung. 


Dieſe Denfungsart bat in Frankreich unter ben 
Adel ſtatt; es würde auch dieſes unter dem Volke ſtatt 
finden,deffen Urtheile viel von dem Betragen, Das man 
gegen fie zeiget, und von der Erziehung F herruͤhren. 


xXIu. Huͤlfsmittet den alten Entwurf 


zu verbeſſern. 


Dieſe Hulfemitel muͤſſen nicht das nämliche Shit 
ſal Haben: fie find eine Entlehnung aus demjenigen: 
Staate,ben heut zuTage jedermann vor den beften haͤlt. 

Herr von Balaifiere Kanzler zu Lorraine, 
bat bey der Gelegenheit, als die abgedanften Sole 
‚Daten wieder angenommen worden, durch feine Ver⸗ 





ordnung vom 26 Jenner vor den Ackerbau ein 
hi. | 2 ſon⸗ 





Verſchiedene gHuͤlfsm ttel, 


—* Merkmaal feines Schußes biicken laſſen. 





30 fübre bier. den ten und zten Artikel an, als 
welche verdienen, ‚daß fie bengefegt werden. | 


N. Ackersleute, oder Witwen, die einen 
Pflug zum Eigenthume oder im Dachte ‚bas 
ben, und wenigftens 4. Pferde baben, follen 
das ganze Jahr außer der Freyheit vor ihre 
Derfon, auc) einen ihrer Soͤhne bey fich ha⸗ 


ben, der über 16 Jahr alt ift, und die Arbeit 


verrichten bilft, oder in deren —— — 


— Rnecht. 


I. Ackersleute oder We die viele 


Pflüge zum Eigenthume oder im Dachte bs 


ben, und vor jeden Pflug 4 Pferde Ba | 


follen das ganze Jahr außer ihrer perfönlis 


chen Freyheit und ihrer Wagen, vor jeden 





Wagen entweder einen Sobn, der uͤ 


Jahr alt ift , oder wenn Feine Rinder dafind, 


einen Anecht nach ihrer Wahl balten. 


Bi man dieſer guten Anorönung in hieſiger Pros ! 


BP» 


vinz nachleben, ſo braucht man nur zu wiſſen, wie 


viel Feld ein Menſch bearbeiten kann, ee w uam ; 


mit dem Pfluge oder —— ur FR 


"Man urtheilet dal zu Bearbeitung 5 5. ade 
| Weinberglands ein 8 noͤthig ſey; und 4ir 

mit ein paar Ochſen eben, fo viel Feld, 
Aecker zu umackern, wovon die 


—* wird, und die andre RT } 
mit 








das ift 20. 
. mit Korne 





den Ackerbau zu verbeſſern. 


mit in oder — befäet wird, kin 
gehoͤrt auch ein Menfch 


® 





Wenn dieſe 20. . Ueder Am Hanfe — find, 


das iſt: wenn man 10. mit Korne und 10. mit Han— 


fe defäen kann; fo braucht man hiezu 2. paar Och 
fen, und folglich 2, Menfchen. Man muß alfo zu 
einem jeden paar Dchfen einen Menfchen und zu 5. 





Aecker Weinland auch einen rechnen. Man laſſe 


alfo feine Felder von Pächtern, Mayern, Winzern 
oder Knechten nugen, alles gilt gleich viel; weil man 
allezeit hinlaͤnglich Seute zum Anbau haben muß. 
Allein man wird dieſe Freyheit misbrauchen; man 


wird 2 paar Ochſen in einem Mayerhofe haben, wo 


ein paar hinlaͤnglich wäre; man wird 2. Knechte 
oder 2. Winzer haben, mo nur einer nöthig iſt; de⸗ 
fto beffer aber vor den Staat ; diefes wird deffen Be- 


voͤlkerung und mit dem Anbaue die Reichthuͤmer vers 


mehren. Der Staat braucht aber Soldaten, und | 


hiedurch vermindert man ja deren. Anzahl? Der 


Steaat hat die Anbauer noch viel nöthiger, und er 


kann auf ‚feine Urt jemals. erfahren, ob er deren 


gnug bat, als durch das nämliche Huͤlfsmittel. 


Man wird ferner einwenden, daß der Kuͤnſtler 
jederzeit ein Hülfsmittel findet, wodurch er ſich dem 
Schickſale entzieht, und es vitd ſich zutragen, daß 


ſie zu der Zeit, da ſie zuſammen kommen ſollen, alle 
weg ſeyn. Was ſoll nun alsdenn der Commißair 
— In dieſem Falle iſt es rathſam, daß man 


die Unternehmung auffchiebt, und den Borfall am ge⸗ 


Ba Orte meldet : denn das iftdas allerſchlimmſte, 


683 | daß 


> 





0» Verſchiedene Huͤlfsm 
daß ſich bloß ſolche ftellen, die — —9— 


thig ſeyn, und daß die Dede —— Ha bes 
A wird, 


Wenn ſich der Künftier niche ſtellen ill: ſo He er 
| ungehorfam ‚und Fann bey folcher Gelegenheit mit Ges 
wait ergriffen werden, wo er zu ſinden iſt. Man muß 
aber hiebey die Müpe,Unfoften, Gefahr und Belhwer- 
de der armen Soldaten fchonen, wie mandiefesin Be- 
kracht derjenigen Matrofen gethan hat, welche nicht ges _ 
Horchen wollten: man befiehlt nicht den andern Matrox 
fen, daß fiedfe ihrigen auffuchen follen. Einige Bey 
ſpiele werden vielleicht zureichend feyn: ift es nicht, fo 
muß man glauben, daß Fein Hülfsmittel zu fapen fen, 
den alten Plan zu ändern, und daß RAT eräne 
Bes als unmöglich none ER ? 





iv. Merk: 


Pur ger 


J aa 
| In — 
gWertwůrdige electriſche Verſuche 


mie 


der Berfärkungsfafge, 


| Bon Ä 
Johann Fr iedrich Hartmann, 


Er einem Schreiben an Brof. Kaſtnern | 
; . Hannover den 16. Nov. 1759. | 


es befchäfftigte A vor einiger zeit. mit eis 
I (do nem electrifchen Verfuche, der mir zu einer. 
| zuverläßigen Probe dienen follte, Kranke, 
I bey denen Erſchuͤtterungen unumgänglich nös 
thig waren, und die ihrer ſchwachen Leibesbeſchaf⸗ 
fenheit halber in mein ins vierte Stockwerk von der 
Erde gelegenes Electriſirzimmer, nicht konnten zu 
mir gebracht werden, in einer ziemlich großen Ent⸗ 
fernung davon in einer der unferften unferes Haufes 
befindlichen Kammer ohne alle Befchwerlichfeit zu, 
electrifiren. Zu diefen hiezu erfoberlichen Anftalten 
nun hatteich gar nicht noͤthig, eine wirklich eleckrifire 
te Kette von oben herunter den Kranken zuzuführen, 
welches ohne große Unbequemlichkeit mit denen durch 
gläferne Röhren durch Einbohrung der Wände ges 
leiteten electrifirten Ketten niche würde abgelaufen 
fern. Zu dem Ende fuchte ich dannenhero in Dies 
e Sache mir eine ar 2 ad zu Zug) den 
ana 


&, F a 
N 1 A? 





104  Eleetrifche Verſuche, 
| 


granken Die geförigen Erfehltterungen 6 

zwoer Cbführenden € Erfehütterungsket ten, di 
unelectrifche Körper gar wohl berühren, durften, 
| — — die eine mit der bekannten Ver. 





— El FEIN. 


ie aus des — — eben den Bes wies 
der hinauf und zu denen in meinem obeng 





werden ſollte. Um zuvor aber dieſer Sache gewiß 
zu ſeyn, ob auch die Erſchuͤtterungen auf ſolche Art 
mitten unter meinen bey der Maſchine und bey mei⸗ 
nem Electrometer oder Electricitaͤts zeiger erforderlie 


chen Beobachtungen und Aufmerkfamfeit, ‚in einer fo 


großen Entfernung von mir erfolgen würden, fo 
ſtelleta ich zuvor erſt eine Probe an, und leitete bey- 


de abführende Erfehürterungsketten aus meinem 
Zimmer durch den Boden unferes Haufes den gan⸗ 


afche und an des Kranken einem a 


Electrifiezimmer befindlichen Körpern hinzu gefül y ret 


- 


zen Hof hinunter, daß alfo beyder Ketten: Länge 


hinunter und wieder hinauf insgefamt 212. Fuß be- 
trugen. Unten im Hofe, wo beyde Ketten fich en» 
digten, ließ ich meinen Aufwärter beyde Enden dee 
berabhangenden Ketten, als das eine Ende mit der 
einen und das andere mit der andern Hanl ‚anfaffen. 


Darauf brachte ich meine Mafchine in B sung 


und zog während derfelben die 


an, und bemühete mich nad; — 


zeiger in Zeit von einer halben Minute den soften 
Grad, als der mittelmäßigen und einem gefunden 
Denfhen am — und Fran ab 







mit der Verſtaͤrkungsflaſche. 105 


ſtand und Staͤrke der. erſchuͤtternden Electricitaͤt, 
nach dem V Berhältniffe der einen electrifirren Slafche 
‚treffen. Weil nun befanntermaßen die electris 
firten Körper. ihren einmal angegebenen electrifchen 
Zuftand eine geraume Zeit bey ſich behalten, ‚ohne 
die Bewegung der Glaskugel an der Mafchine weis 
ter fortzufegen, ſo hielt ich mit Electrifiren inne, und 
nahm mir Zeit genug, meinem Aufmärter im Hofe | 
anzubefehlen, in der ihm gegebenen Situation ſoe 
fort auf alles, was mit ihm vorgehen wuͤrde, genaue 
Achtſambkeit zu haben, und verfuͤgete mich ſo gleich 
wieder in mein Electriſirzimmer, die Probe meines 
vorhabenden Verſuches zu bewerkſtelligen. Als ich 
nun die zu erwartende Erfchütterung ſelbſt mit em⸗ 
pfinden wollte, und die fonft zu den electrifirten Koͤr⸗ 
pern binzugeführte Ableitungsfette mit der einem 
Hand anfaßte, und die in die Verſtaͤrkungsflaſche 
geleitete electriſirte Kette mit dem Finger meiner an— 
dern Hand berübrte, fo bekam ich ſamt meinem uns 
ten im Hofe flehenden Aufwaͤrter zu gleicher Zeit eis 
ne Erfchütterung , jedweder durch beyde Arme, die 
der Electricität vorhin gegebenen Stärfe gemäß war. 
Und eben diefes wiederfuhr meinem Aufwaͤrter al⸗ 
leine, als ich nur mit der Ableitungskette den ele⸗ 
ctriſirten Körper beruͤhrte. Ohne mich in dieſen 
Erſchuͤtterungskreis zu begeben, ließ ich nachge-⸗ 
hends unten im Hofe noch mehr Leute auf die bes 
kannte Art die beyden Ableitungsketten anfaffen, fo 
wurden fie alle zufammen auf ſolche Are erfchüttert. 
Ein andermal bemühete ich mid) eine Unferfuchung 
onzulelen, ob bear in dem Falle electriſche Erſchuͤt⸗ 
6; terun⸗ 





Etetreiſhe Derfücie, / 9 


erüngen entweder in eben der Beite,od in ei 
groͤßeren Entfernung erfolgen oürden. venn 
‚bergleichen ‚Ableitungsfetten nicht zufammen 
gen. Es war eben den 6. November * Nac 
mittags um 3. Uhr, als es ſtark regnete, Und bi 
war mir eben am gelegenften, ‚mich dieſes Mit | 
‘ meinem zuvor ermünfchten Vorhaben in vbſich auf 
dasjenige, ob die electriſchen Erſchuͤtterungen erfol⸗ 
gen würden, wenn gleich die Ableitungsketten nicht 
j unmittelbar zuſammen Bingen, zu bedienen. Ich 
durfte um fo weniger an einem gluͤcklichen Erfoige 
dieſer Sache zweifeln, da mir des Herrn Profeſſor 
Winmnklers feine in einem Leipziger an der Pleiße 
belegenen Garten angeftellten electrifchen Verſuche 
wegen der Erfchütterungen aus dem ten Theile feis 
ner Schrift von der Electricitaͤt bekannt waren. 
Ich leitete. alfo die eine Ableitungsfette von der. 
 Berftärfungsflafche aus meinem Zimmer durch den. 
Boden unferes Haufes bis in eine Dachrenne, wos 
durch das Regenwaſſer vom ganzen Haufe feinen 
Ablauf bat, und allwo die erwähnte Kette in dem 
- zuerft in der Renne ftehenden und gefammelten 
Waſſer ſich endigte. Eine andere Kette aber, die 
ic) im Zimmer an die electrifirten Körper zu bein. | 
gen pflege, leitete ic) eben ven Weg Buch den Bo⸗ 
‚den, bis ganz zum Hofe hinunfer, derge alt, daß } 
fie jemand im Hofe erreichen konnte. Diefe einzige 
Ableitungsfette ließ ich am Ende durch meinen Auf 
wärfer, der im Hofe auf der naffen Erde ziemlich 
iveit vom Wafferfirome aus der Nenne ftand, mit. 


beyden Haͤnden —— und befahl demſelben, in 
die⸗ 










Kr 


\ 


mit der Verſtaͤrkungsflaſche. 107° 


dieſem Zuſtande, wie beym vorigen Verſuche, eine 
lang zu bleiben und ebenfalls, wie vorhin, 
| uf alles, was mit ihm vorgehen würde, genaue 
Achtſamkeit zu haben. Darauf eilete ich zur Ele⸗ 
ctriſirmaſchine und brachte diefelbe in die gehörige 
Bewegung, mit Hinzuziehung "der Verſtaͤrkungs⸗ 
flafche, woran die erfte Ableitungsfette verbunden 
war, Und als ich folchergeftalt die Electricitaͤt zu 
der gewöhnlichen mittelmäßigen Stärfe von 50. Gra⸗ 
den meines Electricitätszeigers gebracht Hatte, fo hiel⸗ 
te ich mit Electrifiren inne, und eilete fo gleich zu 
der andern Ableitungsfette, die mein Aufwaͤrter una 
ten im Hofe umfafte, und, um die zuerwarfende 
Erſchuͤtterung ſelbſt mit zu empfinden ‚nahm ich, 
wie beym vorigen Verſuche, dieſelbe in die eine 
Hand, und beruͤhrte die in die Verſtaͤrkungsflaſche 
geleitete electriſirte Kette mit dem Finger meiner an⸗ 
dern Hand. In eben dem Augenblicke bekam ich im 
Zimmer eine fehr heftige Erfchütterung durch beyde 
Arme, mein Bedienter im Hofe aber durch feinen 
ganzen Körper von den Füßen an bis durch beyde 
Arme und Hände. Ich wiederholete dieſes noch eis 
nige mal, und der Erfolg war einerley. Ich woll⸗ 
te Darauf weiter überführet feyn, ob diefe Erſchuͤt⸗ 
terung auch durch den ganzen Boden des ganzen 
Hofes, der 78. Fuß in die Laͤnge hat, in einer noch 
weit größeren Entfernung gehen würde. Ich ließ 

nnenhero meinen Bedienten während des nod) an⸗ 
Haltenden ftarfen Regenwetters mit der in beyden 
Händen habenden Kette ven ganzen Hof bis an das 
Binterfte Gebäude eines ——— N 








— eben ſo viel — als ihre ch 
die freye Luft im Hofe ſchief herabgehende Laͤnge auss 
£rug. Als ich nun alles das, was zu diefem Vers 
füche nöthig, wie vorhin, gehörig. in Acht genoms · 
men hatte, fo electriſirte ich die im i 
geleitete Ketten, die am Ende in- die Berflärtungs- 
flaſche giengen, bis auf den soften. € ad 
efricitätgeigers zur mittelmäßigen Electrieitaͤts Stärs 
ke, und nahm, nad) Endigung derſelben, das Ens 
de von der von meinem iveit von mir entfernefen Auf⸗ 
 märter im Hofe in Händen habenden Ableitungs— 
fette, mie vorhin, in die eine Hand, und beruͤhrte 
die im Zimmer electrifirte Kette mit dem Finger mein | 
ner andern Hand. So fort befam ih einen weit 
beftigern Stoß und Erſchuͤtterung, als vorhin durch 
beyde Arme und zu gleicher Zeit auch mein Depie ee 
ter im Hofe durch feinen ganzen Körper | von den 
Züßen an bis durch beyde Arme und Hände. 
Das in der Dachrenne ſich ſammlende Kegen- 
waffer , worinn das eine Ende der Erfchütter: 
£ette lag, und der Daheraus gehende Waffe: 
maren bey diefem Verſuche diemittelbare For 
der an der Berftärfungsflafche befeftigten Ablei 
oder Erſchuͤtterungskette. Dleſer Waflerfirafl e er 
goß ſich in einen Goffencanal im Hofe. Sn dies 
fen Canal floß das im Hofe von dem. ſtarten Re⸗ 
MER bin und. wieder 9 ſammiende Do 















109 


In weil daher dieſes Madge feiner Fluͤßigkeit als 
r Orten im Hofe zufammen bieng, ſo hatte ich die 
Freyheit, weinen Bedienten mitder einen Eeſchuͤtte⸗ 

rungskette zu ſtellen, wohin, und ſo weit ich Luſt 
hatte und konnte. Daß dieſe letztere Erſchuͤtterung 
auch nur nach geringerer Staͤrke der Electricitaͤt ſehr 
heftig war, konnte nicht anders ſeyn, weil der 
Stoß durch mehrere anliegende Koͤrper wirkte, in— 
| * der ganze Boden des Hofes auf ſolche Art den 
Stoß und die Erſchuͤtterung mit empfand. Und 
. dergleichen ließe fich vielleicht durch eine ganze Stadt, . 
ja gar durch einen ganzen Strich Sandes anbringen, 






wenn man die Electricitaͤt bis auf den hoͤchſten Grad . 


braͤchte ſonderlich wenn man die natuͤrliche Luftele⸗ 
etricitaͤt dabey zu Huͤlfe naͤhme, und alsdenn nur 
Gelegenheit haͤtte, das eine Ende des angehenden er⸗ 
huͤtternden Körpers. in einer fo ungeheuer großen 
Weite dem electrifirten Körper, der auf die befand 
te Art mit den zu erfchütternden Gemeinfchaft hat, 
Br zu bringen, daß fich Sunfen und Schlag er⸗ 
ügen kann. 
Das waren meine Verſuche, baben ich En, + i. 
vor diesmal benachrichtigen tmollte, Wird das er« 
ſtere davon heutiges Tages als eine Kleinigkeit uͤber⸗ 





gangen, fo vermag wohl das letztere mit den er. · 


fÖtterten Eleinen Wafferftrömen im Hofe das Ger 
geneheil, ob es gleich anfangs geringe zu feyn ſchei⸗ 

u, Denn Berfuche, weiche anfangs nur geringe 
ſeyn feinen, geben in der Folge zu allerhand, 
dicheigen Entdeckungen Anlaß. Sollte man nice 
bald im "Stande fm, ans. * Berfuchen: — 
\ lea 









Glectricität die Kenninifb din — | 
lichen Wirkungen der. Erdbeben zu einer näheren 
Vollkommenheit zu bringen? Vielleicht trifft man 
auf Diefer neuen Bahn einen. ‚juberläßigen Schritt i in 
dieſe große Geheimniffe der Natur! Hievon koͤnnen 
wir aber ohne angefteflete Berfuche und gehabte Er⸗ 
fahrungen nicht uͤberzeuget werden. Das befte iſt, 
daß ein Verſuch dem andern immer die Hand bies 
thet, und einmal gehabte Erfahrungen die andern 
folgern macht. So wenig ich einige Entdeckungen 
der geringſten eine mir zuzuſchreiben vermag, eben 
ſo wenig bin ich im Stande, neue Grundſaͤtze aus eis 
ner Sache, fonderlic die die großen Geheimniſſe 
der Natur betreffen, herzuleiten; aber Schluͤſſe und 
Folgerungen zu ziehen, die von den Erfahrungen 2 
nicht abweichen, und Die zur denntniß der Natura 
begebenheiten uns einige Hülfe leiften ‚ geben zu man 
cherley Entdeckungen die erſte Veranlaſſung. 
Haoabe ich Gelegenheit dergleichen Erfhütterungen. 
derer im Hofe laufenden Fleinen Waſſerſtroͤme beym 
Regenwetter im Dunkeln anzubringen, fo zmeifele 
üch. nicht, man werde alsdenn im Hofe an der Erde - 
hin und wieder electrifche Funken wahrnehmen, wie 
an den Gliedern der Erſchuͤtterungsketten geſche⸗ 
hen pflegt. Waͤren dieſe kleinen ————— ſtroͤhme 
oben her noch mit Erde, Steinen, und andern Ma⸗ 
terien bedecket, und befanden ſich ſolchergeſtalt in 
dem electriſchen Erſchuͤtterungskreiſe, fo würde un⸗ 
ſtreitig eben das erfolgen. Sind diefes nicht ſchein⸗ J 
bare Gründe, die zur Erklärung der Erdbeben in 
etwas Licht geben fönnen? ? Es m eine befannte RR 
| ’ 








gen allda. am heftigſten, wo die Gelenke der Glie« 
der find, So verhält fihs, wenn man beyden Ar« 
men dergleichen electrifche Erfchütterungen giebt, da 
der Stoß in der Bruft, in den Schultern, in dem 
Ellenbogen und in allen Gelenken der Finger und 
Hände am merflichften ift, Was wir bier, an una 
ferm Leibe empfinden, das miederfährt auch denen 
Gliedern der Ketten, mithin find die Größe und‘ 
Erfchütterungen allda heftiger. und merflicher, wo 


ihre Gelenfe zufammenhängen. Eben fo. find vie 


fleinen Waſſerſtroͤme im Hofe befchaffen, die hier im 
Kleinen das vorftellen, was in der Erde die unterir⸗ 
difchen Waffercanäle, Felſen und Steingrüfte ins 
Ganzen find. Befinden fich diefe durch ganze Laͤn⸗ 
der hindurch) in einem von der nafürlichen Luftelectri⸗ 
citaͤt erhaltenen Erfchürterungskreife und die Luftele⸗ 
etricität ift am. gehörigen Orte zum Ausbruche ge⸗ 
fommen, fo müffen fich Diejenigen Derter am fläre 
keſten erheben und erfchüttert werden, wo Die unter⸗ 
ärdifchen Waffercanäle und Zelfen am flärkeften zus 
ſammenhaͤngen, da hingegen andere Derter alsdenn 
nur ein Wanfen der Erde verfpühren, wenn die 
Eanäle oder Felſen in diefem Erſchuͤtterungskreiſe 
niur in eins fortgehen. RN 
4 | — en 


m Eleetriſche Verſuch 278 
— Dası waren. meine: zufällige Be en 


[4 


der Electrieitat erklaͤret. 


a = Fr >» 5 







nem Verſuche, wie man denfelben, je 0 Ä 
allerfleinefte, an deren Bolifommenpeit n v 
fehreiblich viel mangelt, auf die Erflärung der Ed⸗ 


beben einigermaßen anwenden koͤnnte. Es iſt wohl 
zu vermuthen, daß noch heutiges Tages hiergegen 


viele Einwendungen gemachet werden koͤnnen; ich 
geſtehe aber aufrichtig, daß ich ſolches nur zu dem 


Ende beyläufig angeführet, um die Meynung des 


Herrn Bina dadurd) zu beſtaͤtigen, — der in einem 
Schreiben, davon Em. einen Auszug dem 


10. Bande des hamburgiſchen Magazʒins ein⸗ 


verleibet haben, bey Gelegenheit des in Terra di 
Gualdo in Umbrien 1751. ſich ereigneten Erdbebens 


die Urfachen der Erdbeben unterſuchet, und diefelben 


durch die Erſchuͤtterung des ee ng bey 
Inf alt 


wein © Sich um vier u. — 
Bande. J 


u ER 


2 — Seſhrabmg eines ee Org. 


3 
U. SB sthum und Aufnahme der Stadt Groyolm | 
ſeit > Jahren, in — ie Hebung * 


Schifffahrt. 
un —— der veſchidenen Süffemittekden Acer- 


bau zu verbeffern. 


IV. Zaͤrtmanns eetifhe 2 Befuhe m mit, Be wende 


— “wi u 
— * A 


kungẽeflaſche se 
BES > 





> gefammlee Schriften, 


Maturforihung und den angenehmen 
 Bifenfgaftn ihecheun 





Des ꝛaſten Bandes zweytes Stuͤck. 
dr Rönigt. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saft fcher Freybei 
Hamburg und Leipʒig, 


bey Grunde Witwe und Adam Heinrich Holle, 
1760. | 





DLR f N 
4 3 








— N a | 
 Boöreun einer nenen Deifede 


„ben Hanf 
— —* — Ren, : 


en ei uralten Seiten fo nochtwen« 

1 dig allgemein geweſen, fo feheint es 

doch, als ob man bisher die Natur. 
sh Eigenfiaften diefer Pflanze noch nicht recht eine, 
geſehen babe. 

i Es haben viele geglaubt, daß das Roͤſten eine 
Art von einer Faͤulniß waͤre, und daß der Hanf, 
wenn er zu lange im Waſſer liegt, zu ſehr faule, 
und nur ſchwachen und unbrauchbaren Flachs gebe. 
Sie glaubten dagegen, daß der nicht lange genug 
geroͤſtete Hanf nicht hinlaͤnglich von ſeiner harten 
Rinde gereiniget ſey, und um deswillen einen har⸗ 
ten ſproͤden und nicht gu zu verarbeitenden Flachs ge⸗ 

be, Solchergeſtalt behaupteten fie, daß man eine 

| BR er muͤſſe RR aber 9— 
4 wo 


“7 





| wohl; u u beftimmen wäre, u und 
tik, und nie ohne Schade 1 






Um nun allen dieſen Ungeles — Din 
gen, und für dieſe erfte Dperation ı eine leichte und 


untruͤgliche Regel feſt zu fegen, hat Herr Marcan⸗ 


— 


dier angemerkt, daß das gewoͤhnliche Roͤſten des 


Hanfs nichts anders, als eine Auflöfung eines dem 
Hanfe natürlichen zähen Gummi fey, vermittelſt deſ⸗ 
ſen alle Theile der Pflanze untereinander verbun 





werden. Nachdem nun dieſes Gummi häufig v vor⸗ 
handen und zaͤhe iſt, nachdem muß auch der Hanf 
ftärfer geröftee werden. Wird der Hanf zu lange 
im Waffer gelaſſen, fo loͤſet ſich alles Gummi zwi⸗ 
fhen den Fäfergen auf, wovon fie ganz auseinan⸗ 
der fallen, daß man fie nicht mehr in ihrer ganzen 
Länge aufnehmen Fann, und das meifte unter dem 
Ströhe verwirrt bleibt, ‚mit welchem man es zum 
öftern zerbricht. Aus dieſem Grunde iſt es alſo 
ſchaͤdlich, den Hanf allzu lange zu vöften , und man 


muß alfo bey. diefer Operation den Zeitpunct wahr: *— 


nehmen, da man die Rinde von den Flachsſtengeln 


völlig und ohne einigen Verluſt abſondern kann, wo⸗ 


zu ungefähr 5 bis 6 Tage hinreichend ſeyn konnen. 
Wenn der Hanf lange genug im De fier : gelegen 
hat, um ihn nur fo weit zu bringen, * 







chen werden kann, ſo ſcheint nach der alte 1 Metho⸗ 
de dieſes Verfahrens die’ Rinde noch ba art, ſproͤde 
und ungeſchickt zum Verarbeiten zu ſeyn. Herr 


Marcandier aber hat durch Nachdenken und durch 


verſchiedene, auf Anrathen und in Gegenwart des. 


Heren Intendanten von Bourges angeſtellte Ver⸗ 


ſuche, das Mittel — dem Fan Be 


fen 





den Hanfz bereiten ur 


f en alle ihm nöthige Eigenſchaften zu ‚geben. Das 
ii R welches ſchon bey der Mn 





Gummi auflöfet, ‚diefelben auch völlig und ohne 


— Gefahr von einander ſelbſt ablöfen., Man darf 


wenn der Hanf gebrochen ift „ein Viertelpfuͤn⸗ 


dige Bindel daraus machen, fie in der Mitte mit 


einem ftarfen Faden leicht zufammenbinden, fo daß 
fie fich noch) durcheinander ftecfen laſſen ohne ſich zu 


verwirren, und dieſe Buͤndel ins Waſſer legen. 


Wenn ſich dieſe Buͤndel voll Waſſer gezogen Das 
ben, ‚muß man fie auf eben die Weiſe in ein hölgene 


nes oder ſteinernes ‚Gefäß legen, wie man Garn in 


den Faſſern einweicht. Man fuͤllet hierauf dieſes 
Gefaͤß mit Waſſer an, worinn der Hanf einige Tas 
ge lang liegen bleibt, damit fi) alles Gummi aufs 
löfe. Nach drey oder vier Tagen muß man alle Die« 
fe Bündel an ihren Fäden heraus nehmen, und fie 
auswinden, hernach in Flußwaſſer waſchen, und fie. 


ichecheſiait ſo lange reinigen, bis alles das truͤbe 


Gummiwaſſer, womit fie angefeuchtet find, aus ihnen 


> heraus ift. Wenn diefes gefchehen ift, nimmt man 
die Bündel nach Haufe, und klopft fie auf einem 


Brete, um vollends alle Stengel, die etwa noch 
an einander kleben möchten, von einander abzufon- 


‚dern, Zu dem Ende legt man ein jedes Bündel auf 
einer ſtarken und feften hölzernen Banf auseinander, 
nachdem man den Faden aufgelöfet hat, und fhläge 


alsder ‚den Hanf in feiner ganzen Laͤnge mit dem 
Rande eines gewöhnlichen Waſchblauels der Blei⸗ 


cher ſo lange, bis die Koͤpfe und Struͤnke wohl aus⸗ 
23 einan⸗ 


WB n Köftung die 
„ Schalen von dem Strohe ‚abgefondert bat, kann, 
A es vollends alles zwifchen den Säfergen fleben | 







Von einer. 


a: gerheite fi find, 3 doch muß. man jedes | 

Del nicht zu ſtark ſchlagen weil die aug ſehr 
theilten Haͤlmer ſonſt zu ſchwach werden wuͤr 
dem Kamme Binlänglich zu widerftehen,, wer fü 
noch nicht in Ordnung lägen, Die Erfahrung kann 
hierinn allein das rechte Mittel lehren. n. Es iſt nicht 
unmwahrfheinlich, daß man gar nicht t nörhi haben _ 
würde, den Hanf zu fhlagen, wenn man ihn nur. 

Yange genug im Wafler liegen ließe, daß fich die 
Faden durch die bloße Auflöfung des Sun n mi von 
einander ablöfen Fönnten. = 


— dieſer leichten Bi, * —— Een unter —* 











ee 


—— worden wären. Se ——— das — 
fließt, und je klaͤrer und ſchoͤner es iſt, deſto weiſ⸗ 
fer und reiner werden die Faden. ‚Wenn der Hanf - 
völlig rein gewafchen und von ‚allem. fe einem Unrathe 
- gefäubert ift, fo ziehe. man ihn fo weit ausgebreitet, 
als moͤglich iſt, aus dem Waſſer heraus, und haͤn⸗ 
get ihn an die Sonne, damit er austräufe und trockne. 

Solchergeſtalt werden die Hanffaden rich! 
‚ als wie Seide zettheilt, gereiniget, fein gemacht 
und gebleicht, weil das Gummi, welches ‚fie. einzig 
und allein an einander befeftigte, auch a. der 
einzige Urfprung ihrer Unreinigkeit und der verſchie⸗ 
—— Farben geweſen iſt, weiche manſonſt im 33 


EN: 





vahrnimmt. In * a 6 bat es 
fo gar das Anfehen: ‚gehabt, als ob der fchwärzefte 
und fehlechtefte Hanf in Den Operationen der neuen 
* Methode am SEEN und fchönften geworden 
Ware. 
Woenn der Hanf einmal tech trocken ift, fo HE. j? 

er zufammengefalten , wobey er ein wenig ungeruns - 
den werden muß, Damit fich die Faden nicht wieder 
verwirren koͤnnen. Hernach fann man ihn in die 
Arbeit geben, um den Flachs heraus zu hecheln. 
Auf diefe Weife it es nichtmehr noͤthig, ihn ſo lange 
als fonft zu ftampfen. Dieſe fonft fo harte Arbeit, 
die ſo viel Kräfte erfodert, und die wegen des hochi 
ſchaͤdlichen Staubes, welchen man dabey in ſich zie⸗ 
hen mußte ſehr ge faͤhrlich war, iſt bey dieſer neuen 
Methode nichts mehr, als eine ‚etwas ERDE 
3 a1 
Man hat nun nicht mehr nörhig, Mafhinenzu er⸗ 
8 Ma um die Arbeiter außer Gefahr zu fegen, und. 
am ihnen Die mübfelige Arbeit zu erleichtern; fon- 
dern die ganze Operation des Hanffämmers beftche 
ist nur - bloß darinn, daß er ein wenig geftampft und 
alsdenn auf die gewöhnliche Weife gehechelt wird. 
Dieſe Arbeit wird um defto leichter, da die Materie 
zur Verarbeitung weit geſchickter gemacht worden 
iſt, und feinen fo befcehwerlihen Staub. verurfachet, 

sie denn auch bey diefer Operation fehr wenig Abs 
‚gang oder Verluſt zu fürchten ift. Wenn man ſich 

er Hecheln bedienen will, fo wird der. alfo gewas 

jene Hanf den feinjten Flachs zum Spinnen ge⸗ 
ben, woraus man eine Arbeit verfertigen kann, die 

dem beſten Seinen nichts nachgiebt, und man wird 
Bi 4 davon 










120 


davon etwa nur einen Dice ſehr gut ite RT 
alten. | Br; 
Eben diefeg Werg, das man Ar ji warf, 4 
und das Pfund gemeiniglich den Seilern für 2 Sols 
6 Den. verfaufte, wird durch eine neue Operation zu 
- einer der nüßlichften Sachen. Wenn man es nams 
lich wie Wolle kratzet, fo erhält man daraus eine 
andre feine, weiche und weiße Materie, deren Nu 
gen man bisher noch nicht gewußt bat. Man kann 
fie fo, wie fie da iſt, zu Watten in die Kleider ge- 
brauchen, ; und fie übertrifft die itzt ‚gebräuchlichften 
Marten in vielen Stuͤcken. ‚Man kann fie aber 
aud) fpinnen, und ein ſehr ſchoͤnes Garn daraus er⸗ 
halten. Sie laͤßt ſich mit Baumwolle, Seide, ja 
ſo gar mit Wolle und Haaren vermifchen, und das. 
aus dieſer Bermifchung entftehende Garn —— 
ſet, nen unendlichen Mannigfaltigfeit die 











intereſſante en neuen Verſuche für die Künfte, und. 
die nüglichiten für die Manufactuen. 
Man hat noch lange nicht alle die Aufanmenfes 
gungen verfücht, welche die Musbarfeit des Han« 
fes unter allen feinen verfehiedenen Geftalten vermeh⸗ 
ren Finnen. Das aus dergleichen Flachſe gewebte 
Leinenzeug brauche nicht fo ange als andreg zu blei⸗ 
chen, und das Garn ſelbſt hat der Laugen nicht 
noͤthen, womit es ſonſt ausgelauget werden muß. 
Diefe erften Berfuche Haben weiter Gelegenheit 
gegeben nachzudenken, ob nicht auch der allergröbfte 
Abgang und der Ausfehrigt der Werkſtaͤtten wo ge⸗ 
arbeitet wird, noch etwas Gutes in ſich enthalten 
moͤchte, den man gemeiniglich ins Feuer, oder auf 
den Mt Rn weil man ah w nichts zu — * 
en 








den Hanf zu Bereiten. a 


en weiß. Diefe Muthmaßung bat ihren völligen 
drund. Man brauche diefen Abgang nur zu röften, 
A kehnigen und im Waffer zu läutern, um ihn zu 
‚einer fehr nuͤtlichen Materie für die Papiermiilee 
zu machen. Die damit gemachte Probe feget die 
Sache außer allen Zweifel, und es läßt ſich leicht 
begreifen, daß diefe Entdeckung von nicht geringer 
Wichtigkeit ſeh 
Ein blinder Handwerksgebrauch und die daraus 
entſpringenden Vorurtheile haben gemacht, daß 
man bisher die vortrefflichen Eigenſchaften und die 
‚natürliche Vollkommenheit des Hanfes nicht einges 
feben hat. Man hatte noch nicht einmal wahrges 
nommen, daß die Faden auch ohne Zuthun der Kunft 
ſchon in der Pflanze enthalten waren, da fie oh 
die Kunft weder formiren, noch) vollfommener mas 
hen kann. Man wußte nicht, daß die ganze Ars 
beit bloß darinn bejtehen müßte, ‚die Hanfitengel zu 
teinigen und zu zertheilen, oder die Faden, woraus 
die Haut oder Rinde beſteht von einander abzuſon⸗ 
dern; und daß diefe Rinde eine Arc eines natürlis 





chen Stranges oder einer Docke fey, deren Faden 


der fänge nad) durch einen unreinen und Flebrigten 
Saft mit einander vereiniger find; und es war end⸗ 
lich —* unbekannt, daß man eben diefen Saft noth⸗ 
wendig auflöfen, und aus den Zwifchenräumen der 
Aiı heraus wafchen müßte, weil er fo wohl der 
tbeit, als den Arbeitern, hinderlich fällt. | 
Da uns nunmehr die Natur und die Eigenſchaf⸗ 
4 des Hanfes beſſer bekannt ſind, ſo kann man 
hoffen, daß kuͤnftig die Landleute alle die Vortheile 
a“ ihrem Nutzen anwenden werden, deren fie ſich 
5 durch 





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ve. — —V NN fi 
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die ie usüung dieſer ee tetho etheil gr 
£ig machen fönnen, - Wenn fie, ſich in Ben | es | 
genden, wo der Hanf am beften gerät ya 
Eultur defjelben legen, und. wenn fie ihn nun auch 
befier zubereiten, fo koͤnnen fie gewiß bofen, top - 
fie ihn ſehr geſchwind abfegen ‚werden, fie mögen 
ihn nun nur bloß zu Garn] fpinnen, oder auch ſchoͤ⸗ 
ne Seinwand daraus verfertigen laſſen. In Frank- 
reih, und zwar in der. Provinz Berry, bat der - 
Herr Intendant von Bourges denen, die dergleis 
chen Berfuche machen werden, allen Bor hub und 
Schutz verſprochen, er verſpricht ihnen Anweiſung 
zu einem vortheilhaften Verkaufe ihrer Waare, 
wenn fie nicht lange auf den Abſatz derſelben warten 
wollen, und er wird auch denen, die dieſes erwuͤnſch⸗ 
te Eiabuſfement mit Forigange befördern, und ih⸗ 
ron Wuaren den höchften Grad der. Bollfommenheit 
geben, unterfcheidende Bortheile und Borzüge zuges 
ftehen. Möchte doc dieſes loͤbliche Beyſpiel bey 
unſern vermoͤgenden Ru— in Deutſchland einen 
lebendigen Nacheifer erregen! 2) 
Diefer Zweig der Handlung farn allein Kine Sros | 
vinz bereichern, wenn fich nur das. Frauenvolf bes 
‚fleißet, fein zu fpinnen, und die Manusl leute zu ih ⸗ 
vom eigenen Vortheile die Zeit, die fie non ihren 
andern Arbeiten abmüßigen koͤnnen, over da ihnen: 
die Witterung diefelbe nicht. ‚erlauben will, auf die 
Abwartung ihrer Felder zu wenden. Se vollkom.⸗ 
mener ihre Leinwand ift, deſto beruͤhmter, und de⸗ 
ſto mehr wird ſie gefuche werden. Wie diele ‚Pros 
— in a, find nicht N AR og all aͤh⸗ 





















— ‚den Hanf zu bereiten. 13 | 


Es 
ine ( » 
5 Nr 


lige Einführung ſolcher kleinen zerſtreut liegenden 
V N Be veich, und bevölfert Ben ini. 
e * die patriotiſch geſinnten Befoͤrderer ſolcher neuen 
Unternehmungen dergleichen die Landedelleute, 
 Dorfprediger und Bürger feyn koͤnnten, haben nur 
> nörhig, den Sandleuten einen Geft Hmad an derglei⸗ 
en 5 und Handlung beyzubringen, um da« 
dur ) größe ın Nusen zu füiften, als wenn fie die 
- anfehnlichften Summen dazu vorfhießen wollten, 
"Die Materie felbit ift gemein; die Verarbeitung 
derſelben iſt leicht, ſie erfodert keine Koſten, und 
dewaͤhret untiderfprechliche Bortheile. Man fann 
ſo gar hoffen, daß es bey diefen erften Entdeckungen 
noch nicht einmal bleiben werde, fondern daß auch 
—* verſchiedenen Kuͤnſte, bey welchen man gemei⸗ 
niglich den Hanf zu gebrauchen pflegt, durch dieſe 
neue Methode ein größeres Wachschum und cine 
—— als ſie schabt ha⸗ 
ngen werden. 








m. Tadel 


m4 Tadelhafte © 





mr 


wir * ***45** * — 
Re — 


Zadehhaſt Gebräuche — 
in Abſicht Ba h 


— Sindelfinder 





i und ihrer Mütter, % 
Kar Aus dem Sranzöfifgen. — 


D Wegſetzen der Fi indelkinder iſt eine Sach, 





wider welche die Policey nicht durchgängig 
hinlaͤngliche Vorficht gebrauch | zu ‚haben, 
| ſccheint. Es ift wahr, daß in den Staͤd⸗ 

een, wo eine gute Policey a wird, ‚öffentlie 
che "Häufer erbauek werden, welche den Kindern, 
die ihr Dafeyn der Unenthaltfamfeit beyder Geſchlech⸗ 
ter zuzuſchreiben haben, zur Zuflucht dienen ſollen: 
allein die ſtrengen Geſetze, die ihnen an ‚vielen Dre 
ten den Eingang in.biefe Häufer öffnen, machen ih» 
nen diefe fehönen Anftalten beynahe fe Die, 
Gefege find auf den Run der ie Scham, 
baftigfeit gegründet, _ Ar 

Man verlangt, daß ein verführtes Mägdchen das, 
was ſie ſich ſelbſt ſchuldig iſt, vergeſſen, und kom⸗ 
men, und ihre Schande bekennen foll, wenn ſie die 
Mopfthat der Gefeße genießen will, Man will ir 
ihr die Empfindung der Ehre durch eine lebhaften © 
Empfindung des $ebens unterdrücken. Man bemerkt 
aber nicht, daß das om welches die Maͤgdchen 

| N 








- wegen. der Sindelfinder, 125 
wing "4 die Ehre dem geben aufzuopfern, nur für 
ſolche ee fey, die alle Schambaftigfeit verlos 
“ haben. Wir find weit davon entfernt, Diefen 
Ungluͤcklichen bier eine Lobrede zu halten, die, um. 
‚vor den Augen der Welt eine Ehre zu erhalten, die 
‚fie im Schatten eines geheimen Siebesverftändniffes 
verloren haben, ihre Kinder wegfegen, und oft gem 
gen ihr eignes Fleiſch und Blut grauſam werden. 
Dieſe That iſt verhaßt, frevelhaft und verdient den 
Tod. Wenn man aber betrachtet, welche, Ueber⸗ 
windung dazu erfodert werde, die müterliche Zaͤrt⸗ 
lichkeit zu uͤberwinden, ſo fehle nicht viel daran, daß 
man nicht ein Verbrechen entſchuldige, fuͤr welchem 
die Natur zittert, Man ift geneigter, die Schwach. } 
heit derer zu beklagen, die fich von der Liebe haben 
A laſſen, als über ihre Unbarmberzigkeit 
ürnen. q 
—— Edict Seinrichs des andern welches das 
8 eh der Kinder mit dem Tode beitraft, ſcheint 
d ertheidigung der natuͤrlichen —— 
entgegen zu ſeyn. Die uͤbeln Folgen, die es veran⸗ 
laſ et ‚hat, haben. das Recht gezwungen, von diefer 
feiner. Strenge in etwas nachzulaffen, Man bat 
es nach der Zeit dabey bewenden laffen, die, welche 
dieſes Verbrechens uͤberfuͤhrt worden waren, aus⸗ 
Kaupen und brandmarken zu laſſen. Allein die uͤbeln 
Fo gen hievon bleiben immer, ob ſie gleich etwas ge⸗ 
ringer geworden ſind. Der Herr von Montes⸗ 
quieu ſagt im Eſprit des Loix von dieſer Sache; 
as buͤrgerliche Geſetz ſollte billig in einer ſolchen 
nicht Recht ſprechen, die beß das Recht der 
ji Be. ba 
Br EN Die 














ey! * —* 2 N 
r — * 
37 





126: Tadetheſte Ge en 
° Die Stadt Paris, in de ie 4 


Ze? 


Wegſetzen der Kinder verur ſachte Unordnung a 
deutlicher als an andern Orten in die Augen ‚fiel, 1 
derſelben fef r weislich dadurch vorgebeuget daß Ber 
ist allen Findelfindern, die man in das für fie bes 
‚ ftimmte Höfpital bringe, den Eintritt erleichtert, 
und die Ueberbringer derfelben auf Feine Weife vg h 
get, zu fagen, wo fie her fommen. Dieſem 
fpiele follte billig in allen andern Städten —— 
met werden, Diefe Mildigkeit verdienen die armen 

leinen Geſchoͤpfe, welche ohnedem dem ns 

„ menfchlichen Gefchlechte anftößig zu. feyn feinen. 
Man veritöße fie, mo fie binfommen. Liebe und 
Menfchlichkeit find Empfindungen, welche gar nicht J 
für fie gemacht zu ſeyn ſcheinem Die Ratur rufet: 
aber man verſtopft die Ohren vor ihrer Stimme; fe 
empöret fich: aber man ſetzt ihr einen deſto Bartnds 
ckigern Widerftand entgegen. ‚Sind. n die Fine. 
delfinder feine Nenn Barum wird en PR 















dereinft dem Baterlande nüglich fepn 2W arum will 
man ſie nicht zu erhalten u En gen nice 
Mitglieder der menfchlichen Gefellfchaft? War Im ' 
fondert man fie von berſelben ab? Hängen tu 
Geift und Gaben von einer ‚ehrlichen oder 
hen Geburt ab? Re — 

Es mag ſeyn, daß die ichen Bee um fe 
“ den Eheftand in feiner völligen Würde A ‚erhalten, N 
und der Unenthalt ſamkeit einen Zaum anzulegen, der 
Geburt unehelicher Kinder einen Schandfle an⸗ 
gehaͤngt haben: aber ſie ſollten doch wenigfh ns für 
übte Erhaltung forgen, Da fe Menfchen find, fo _ 
| BEE "Eonnen | 


* 








e wegen der Findeltinder m. 


\ ne N SR diefes mit "Rechte fodern. Die Rechte 
"der Matur haben den Vorzug. vor allen: übrigen, 
‚as koͤnnen unmöglich durch fo etwas vernichfet wer⸗ 
den, das nur bloß eine menfchiiche. Convention iſt. 
Zu dem ‚fo klagt itzt jedermann über den Todſchlag 
ſo vieler tauſend Menſchen. Welche Zeit koͤnnte als 
fo wohl dazu guͤnſtiger ſeyn, Die Sache der Kinder, 
welche die Frucht einer unerlaubten Siebe find, mit 
Beredſamkeit zu vertheidigen, als Die gegenwaͤrti— 
ge? Wir wollen fuhen aus den Verbrechen der Par⸗ 
ticuliers Vortheile für das gemeine Beſte zu erhale 
ten. Die Borurtbeile, welche die bürgerlichen Ge⸗ 
ſetze wider den Stand der natürlichen Kinder in una 
fern Gemuͤthern erzeugen, verurfachen, daß wir nur 
allzuſehr vergeffen, wie. fie eben fo gut Menſchen 
ſind, als wir. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß wir in 
Abſicht ihrer auf eine ähnliche Weiſe denken moͤch— 
ten, als die Griechen zu thun pflegten: denn Dies 
fe betrachteten fie wie Kinder der Götter, da wir fie 
hingegen kaum fuͤr unſers Gleichen erkennen wollen, 
Da uns eine lange Erfahrung nur allzu wohl gelehrt 
hat, wie ſchaͤdlich die Strenge des Gefeges ihrer Era 
‚haltung ſey, fo iſt nicht .abzufehen, warum man 
daſſelbe nicht abſchaffen will? Hiedurch würde man 
‚den. Mordthaten vorbeugen, die der Matur ein 
‚Gräuel, und der menſchlichen Geſellſchaft ſo ſchaͤd⸗ — 
ich find. M 
Es iſt unmöglich, daß man die Unbequemlichkeis 
ten, welche das Gefeg nad) fh ziehe, nicht follte 
eımpfunder haben ‚, und wenn e8 ja von denen niche 
gefchehen ift ‚ die es felbft gegeben haben, ſo müffen 
—9 bi jenigen- völlig. RR überzeugt fon, , die: 
| zum 











18 Todelpafte Gebran 


zum oͤftern Zeugen der dadurch veranlaßten 
brechen geweſen find. Warum hat m man alfo 
mit allgemeiner Stimme auf die Widerrufung 
fes Gefeges gebrungen ? Hiervon laſſen ſ drey 
Gründe anführen, 1. Die Findelhaͤuſer ſind ie 
reich genug, daß fie alle Kinder, ‚, die Früchte des 
unerlaubten Umganges. ‚find, ‚ernähren koͤnnten. 
2. Wenn die Kinder fo ohne Schwierigkeit aufge⸗ 
—— werden, ſo wird dieſes dergleichen Laſter 
vermehren, und das Mittel felbft, welches man era 
funden hat, um ihm Einhalt zu thun, wird es haͤu⸗ 
figer einreißen laffen. 3. Die Mütter, die dazu 
vermögend find, ihre Kinder umzubringen, - wer⸗ 
den es doch thun, ob. man ihnen gleich die Aufnahe 
me ihrer Kinder noch fo fehr erleichtert. Diefe drey 
Einwuͤrfe laffen fihnoc wohl beantworten. Wenn 
ein Findelhaus nicht reich genug wäre, alle Findel⸗ 
kinder umſonſt aufzunehmen, ſo wuͤrde dieſes dem 
ungeachtet doch kein Grund ſeyn, ſie abzuweiſen; 
ſondern man muͤßte alsdenn darauf bedacht ſeyn, 
wie man Fonds ausfindig machte, die dazu hinrei 
chend wären. Die gute Verwaltung dieſer Fonds, 
die Beyſteuren der Landesſtaͤnde und die Milde des 
Landesherrn koͤnnten viel beytragen, um dieſen Zweck 
zu erreichen. Was den andern Einwurf: betrifft, 
daß nämlich das Lafter Durch, die Erleichterung des 
Unterhalts der Findelkinder beſtaͤrkt und vermehrt 
werden wuͤrde, ſo kann man denſelben um deſto we⸗ 
niger fuͤr einen gruͤndlichen Gedanken halten, da ein 
Maͤgdchen, das der Verſuchung nicht widerſteht, ge⸗ 
wiß bloß mit dem gegenwaͤrtigen Vergnuͤgen beſchaͤff⸗ 
— iſt „und Pr wenig darum — 
Us 










> wegen der Findeltinder. 129 
ıfunft ‚dasjenige zu leſen, was ihr Untuße und 
Sorge machen fönnte, In diefen critifchen Mugen» 
blic en, da die Natur allein redet, wird Die Bere 
nunſt nicht mehr gehöret. Die Hatüliche Neigung 
‚macht eine folche Perfon weit eher fhlüßig, als die 
Erleichterung der Mittel, fic) die Frucht ihrer heim» 
lichen Siebe vom Halſe zu fhaffen. Der dritte Ein. 

hebt: fich endlich ſelbſt auf. Mer fann ſich 

wohl einbilden, daß fich eine Mutter ohne Beunrus 
higung mit dem Blute ihres eigenen Kindes befü« 
deln. follte, wenn ihre Ehre diefes abfcheuliche und ° 
dermünfchte Opfer nich von ihr fodert? Kann man 
wohl glauben, daß eine allzu große Neigung zu den 
Vergnügungen der Liebe in einer Frauensperfon alle 
natürliche Einpfindungen vertilge ? Wie kann fi - 

wohl jo viel Öraufamfeit in einem Kerzen — 
da⸗ en viel u serie befigt ? er‘ 












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Hrn. Bergraths a, 4 — ſti 

Neue Wahrheiten zum Vortheile der 

kunde und des geſellſchaftlichen — ver r 
Menfhen iſten Theil, 754 


In einem Schreiben 


aa den Herrn ——— 
Secretaͤr bey der koͤnigl. ſchwediſchen ber | 
MR ** Wiſſenſchaften a 


Wein ser; a 

— — * Fe “ BR Ri 

it —— fommeich im Beta 
ꝰ nad, und teile Ihnen meine Gedanken 
und Anmerkungen über des Heren Berge 
* zußi Seraustomme de Monatss 













+ Man verleiht hiemit er Herrn von Sufti Polis, 
" ceyamts Nachrichten, 1756, vom 35] en bis 
Stuͤck, infonderheit S. 151. fo wird man un e 
fahr finden, mad au ———— Critik A 

wen" > Bege 


Mineralogifhe Anmerfungen, 131 - 
Anfehung folcher Dingemit, die mineralogifche Mas 
terien betreffen, damit hr Vertrauen. zu meiner 
wenigen Einſicht die Folgen haben möge, die Sie 
zur Abſicht haben, ich meyne, damit die Wahrheit. 
zur Erleichterung der Wilfenfchaften recht entwickelt 
und geprüft, Vorurtheil aber und felbft angemaß⸗ 
tes Anſehen aus dem Wege geraͤumet werde. 
In dieſer Abſicht, die Fhnen und mir gefälle, 
‚habe ich mid) ‚ben diefer Gelegerbeit für alle dem 
gehuͤtet, was die Wahrheit unangenehm zu machen, 
‚and ihre Reinigfeit vor dem Publico zu verbergen 
‚pflegt: ich meyne vor Critiken über Titel, Borfäge, 
‚und perfönliche Sebler der Berfaffer. Sollten aber 
dem ungeachtet die $efer aus demjenigen, was in der 
Hauptſache angeführt werden wird, von felbften auf 
Die Gedanken kommen, daß Herr Juſti nicht gelei= 
ſtet, was er auf dem Titel feines Buches und in der 
Vorrede verfprochen, und daß er eine unzureichliche 
Einſicht und Erfahrung in mineralogifchen und 
chemiſchen Dingen verrathen habe: fo hoffe ich; 
‚mein Herr, Sie werden mich entfchuldigen, und 
ſelbſt einen Theil der Schuld auf ſich nehmen, wenn 
— etwas dabey leiden muß. Ich 





N 









eine befondere Geſchich ni 
ben Anfpruch —— — * Ehre ein weni 
den leiden follte, wenn er nicht vorfichtig genug ges 
wefen ift, feine Gedanken vorher durd dienliche 
Mittel reifen zu laffen, ehe er ſie und ſich Er 
kannt macht. ER 
VUebrigens bedaure 6 fee, daß⸗ * meine Zeit 
und ihre Neugier nicht erlauben, mit meinem Borhas 
ben fo genau zu Werke zu gehen, fondern daß ichge jer 
zungen bin, den mir geliehenen erften Theil, den 
unfre Buchführer noch nicht einmal haben, in der 
Eile durchzulaufen, und mich nur bey demjenigen 
aufzuhalten, was am  meiften wider er und 
Erfahrung ftreitet. IS 


1. Abhandlung des erfen en: 8 vone 
mer neuen Art Halbedelfteine.. — 
Dabey habe ich zu erinnern, daß der Her r Ders 
| faſſe⸗ bey Beſchreibung derſelben ſeiner vorgegebenen 
loͤblichen Abſicht kein Genuͤge gethan Er ver⸗ 

ſprach, er wolle ſich im Miner neralreiche an kei n Syſtem 
binden, ſondern allerhand unterirdiſche Koͤrp 










aber die Beobachtungen und die 9 Mi Nüe üb delafen 
ſolche unter ihre Ordnungen und Staff au bei 


Allein dieſe Art hat add a en —— * 


und N werden. 

Die erftere, oder die in 1agı 
Mepnung nach bey dergleichen Beſchreibunge 
nau in * aan — weil bie meiften 





Mineralogiſche Anmerkungen. 133 


| Steine, welche die. von dem ‚Heren Prof, Pott in 
‚feiner Lithogeognoſie genannte Kiefelerde, zum 
‚Gr ndftoffe haben, ſich durch eine folche Härte von 
"andern unterfheiden,, daß fie gegen Stahl Feuer ge⸗ 
ben. Allein deswegen kann man nicht laͤugnen, 
—* ‚gleichen Kieſelerde auch oft die Zufammenfes 
ng folchee Steine ausmache, die. nur ganz ſchwach, 
) bisweilen auch gar niche,, auf erſt bemeldte 
Feuer geben. Wer in der Werkſtadt ver Na⸗ 
tur, ich meyne in den Bergen ſelbſt, die Progreſ— 
ſion des Hornfteins, Jafpis, und dergleichen Arten. 
von ihrer größten Dichtigfeit an, bis ihre Theilchen 
‚grob werden, beobachtet hat: der wird gefunden ha⸗ 
ben , daß diefe Arten endlic) fo los werden, daß man 
fie mit Stahl zermalmen kann. Und dennoc) bleibt 
der Grundftoff einerley. ft nicht die Verwitterung 
eines Porphyrs oder eines Jaſpis auf den Oberflä« 
‚chen der Berge und alten Ruinen in Italien von 
‚gleicher Natur, als der harte innen liegende Stein, 
wenn gleich die erftere gegen Stahl nicht Feuer giebt, 
und kann man die Härte an den Steinen beftimmen, 
ohne ſie durch fichere Berfuche, d. i. Durch folche, 
‚wie die Naturkunde unfrer Zeit fodert, zu beftim- 
‚men? Auf die Auflage der Steinfchleifer wird man 
‚wohl nicht gehen dürfen, . Man muß vielmehr Vers 
ſuche anftellen , welche zeigen, um wieviel alle Stein 
arten von gleichem Umfange, yom Demant bis zum 
loſeſten Steine, in einer gewiſſen Zeit von einer: ge 
wiflen dazu genommenen Materie auf der Schleif- 
ſcheibe abgenutzt werden. Man wird alsdenn fin⸗ 
den, Agat von Aegypten, und ein ‚anderer 
* Zweybruͤck — ſeyn koͤnnen, und 
wit, a 











noch ihren gemeinf yaftl 
ein Marmor von Spanien und ein an 
Jemtland ungleich ſtark abgenutzt werdet ) | 
ungeachtet: beyde Kalkſteine bleiben. Dan mipte 
denn ‚gerne weitläufig feyn wollen, welches gr leicht 
angeht, wenn man auf die Grade mi $ 
Abſehen richten will. All lein dieß di zu nichts 
‚anders, als die Mineralogie fhwer, und. bloß zu 
den ſubtileren Theilen der Architectur ee i 
allen andern Abſichten ken 1 bie a * ungu 
‚nüß zu machen. 
Die Farbe iſt ein ii: — — in. 
laͤßigeres Kennzeichen. Wenn einer, der die Na— 
tur zum allgemeinen und feinem Privatnugen ken⸗ 
nen lernen will, in Italien Allaun aus e inem weifen. 
Steine fieden ſieht ‚und nachher ein dergleich 
Werk auf unfre dem Anfehen nad völlig g 
Kalfberge bauen will: ‚fo wird er ſich gervi 

ren, ohne der Geſellſchaft einen Nutzen zu ſchaffen. 
| Oper wenn er das Glück hätte, ein Augenzeuge vo 
einer von dem Herrn Verfaffer an einem weißen 
Eiſenerzte gemachten Probe zu feyn , und darnach an 
„einem andern Orte aus dem felfenartigen Kalkſteine, 
den wie Limberg nennen, ein Eifenw ve errichtet: 
ſo wird er ohne Zufaß von Eiſenerzt gewi | 
feinem Zwede fommen, er mag ihn auch | nach des 
Herrn Bergraths Juſti Methode noch fo fehr mit 
Bitriolfäure faturiven, j pe BR —“ 
uͤberhaͤufen. DR ec DAN 
Ich Fönnte mehreres anfäßten; um zu geigen, wie 
unureichliche Kennzeichen die Farbe und’ Härte e ein: 
Fit genommen. find, wenn man. mit: en 




























Wineralogiſche Anmerkungen. 


Verfaſſer den Nutzen in der Haushaltung zur 
fihe hat. Allein ich will es dabey bewenden laſſen. 
Ein jeder, der. re ich bey Erlernung der Naturgefchich. | 
te diefe, ich Darf es wohl fagen, unter allen am'meis 

ften liche: er vorfeßt, weiß es entweder ſchon, 






oder er wird bald davon überzeugt. Ich begreife . - 


daher. nicht, wie diejenigen, die der Welt mit Unter— 
fachung des ſchweren Steinreichs dienen wollen ‚mit 
“ gutem Gewiflen denjenigen Weg verfäumen fönnen, | 
der. bisher. fuͤr den allernüglichften erkannt worden if, 
ich meyne die Unterfuchung im Feuer, nebft der 
Bemerkung der Figur, Farbe und Härte; und 
warum fie nicht lieber mit vereinten Kräften dahin 
arbeiten, diefen Weg durch Brenngläfer und andre 
Mittel leichter zu machen. Wenigſtens folfte man 
dieſes von ‚denjenigen erwarten, die die Ehre haben, 
den ‚Heren Profefjor Port zum Landsmanne zu has 
ben, und nicht gerne gut heißen wollen, was bey | 
andern Mationen erfunden wird, Denn diefer 
Mann ‚hat mit. ſolcher Arbeit-und Fleiße, den ihm 
niemand ſtreitig machen kann, gewieſen, wie ſolche 
Verſuche mit Steinen angeſtellet werden muͤſſen, 
und was für Aufklaͤrung und Nutzen daraus herge⸗ 
leitet werden kann, daß ich glaube, auch dieſer vom 
Herrn Juſti befchricbene Halbedelftein würde in ſei⸗ 
nen Händen einen andern Namen befommen, und 
ſchwerlich die Ehre erhalten haben, eine befondere, 
aa, und unbekannte Art auszumachen, er würde 
fich nicht begnüge haben, ihn im Ziegel, auszugluͤ⸗ 
er wuͤrde ihn auch, entweder allein, 
oder mit Zufage von andern —— und Salzen, 


Fluß ge 
Was 













Was die Amerho 
I — 








kann. Denn ein ſchwarzes —J — der Bo— 
denſatz von Silber, dag in Scheidewaſſer aufgeloſet 
worden iſt, wird nihe; immer Gold ‚wenn. er de 
dem Scherben abgetrieben wird; und dergle 

Goldtinctur in Steinen, iſt ſeit der Zeit 


wechſel de ſole ſme velle ‚ers, . IE wor! 


jene verdächtig geweſen. * * 


— Wenn gleich ühetgens Be Metalle 25 On. 
fe und andern Dingen ihre Zarbe geben, fo läßt ſich 

doch nicht umgekehrt fliegen, ehe man berviefen 

hat, mas für Metall eine M Magnefia halte, an 

‚man eine folche dazu ausfucht, von der man erw 

fen kann, daß fie nicht mit Eiſen oder N 


reinigt ſey. Wenn man den Verſuch gemacht hat, 


daß metalliſche Farben im Glaſe a ieben 












werden koͤnnen, ſo da das an völligh [ elle wird: fo 






kann man fich nicht leicht ihre fire Th 
‚gen verflogen ſeyn; ſondern —* der ingirende Th 
welcher nach der. Vermuthung vieler Shemifte 





Brennbares ſeyn dürfte. Hat alfon che in den 1, daß 
geroiffe gefärbte Steine gebildet word fin, ein 





berumfliegendes Phlogifton von eben Derfelben Nas 


tur eben fo gut bey der Hand ſeyn koͤnnen, als Mes 


talle, die wir oft nur gi; rt vo in a | 


ag bringen? — — | 





; _ Mineralogifche Anmerkungen. 137 


| 1asbandtung von einem neuen unbe⸗ 
kannten Halbmetalle in Kagengold. 


9*— 
Hier muß ich in der Kuͤrze erinnern, daß der Herr 
8 dieſes vermeyntlich neue Halbmerall durch 
OS aus aqua Regia von welchem gefage 
. Wird, daß es Das Rasenaotd angegriffen habe, * 
Befommen koͤnnen und füllen: 


Daß es bey dem Schmelzglaſe wovon die Rede 
iſt ſehr ungewiß ſey, ob es dem Silber etwas mit- 

theile, das deſſen Schwere vermehret, nämlich. et» 
was von feinen metalliſchen Theilen, denn wenn es 
auch gleich noch ſo ſtark vitrificiret worden, ſo weiß 
man doch; daß Metalle in ihrer gewiſſen Propor- 
tion im Feuer etwas von den zugeſetzten BEN 
Kalten redueiren Fönnen: | 


Daß es ſicherer geweſen waͤre, auch bey der ers 
u fin Operation Borar zu gebrauchen? I 


Daß der. Berfaffer fehr unrecht ‚behauptet, * 
ae temde Metalle, Kupfer aungengnimen, has 
“ + Gold ſproͤde machen /· 


Daß er den Regulus welchen er dureh bie Schein | 
bung erhielt, vorher hätte unterfuchen follen, ‚ehe 
S er ihn fuͤr ein neues Halbmetall ausgegeben, und 

Daß er ſich zur naͤchſten Unterſuchung das rechte 
—1 des Zinks und Eiſens in der Vermiſchung 
mit Gold befannt machen müffe. 
 Bielleicht bleiben wir alsdenn einer Vermehrung 


der hi der 2 durch ie DB über- 
ze en 









— MR IV. Be 







| Ku > he — in ‚de orrede 
zten Stuͤcke ſei ne Hypotheſe, auf die fih dieſe 
handlung gründet, wieberholet bat, naͤmli BE, es 
feine Eifenerzte gäbe, die roh oder ungeroͤſtet vom 
‚Magnet angezogen würden: ſo wirt er um ſo viel⸗ 
mehr erwarten, daß man ihn mit Kritiken uͤ über Dies 

fe Sache verfchonen werde, weil jeder ſe n muß, 
daß er ſich nothwendig ſelbſt deswegen, , da 
Dafeyn eines Dinges gerade gegen ‚feine eigene, 9% 
gebene Regeln ©. 2. und 13. ‚geläugnet, innern⸗ 

che Vorwuͤrfe werde machen ia I 
a da es Sarah 2 nich 









ne S —— —** zu ode — — *— 
Wenn Becher und Beoffroy nebft dem, ‚Herrn. x 
Verfaſſer darinnen Recht haben, d AN daß me tan mie ei⸗ 
nem unmetallijchen Zufage aus allen Er Si⸗ 
fen heraus bringen Fönne; ſo “find die Freunde die 
fes Satzes verpflichtet, uns zu zeigen, «ı e dieſer | 
Proceß mit englifcher oder franzöfifeher Kre ide, ı 
‚gefärbtem Bergeryitalle, ober reinem Quarze 
folchen Thonarten, die in ftarfem — euer w eiß — 
nen, angeſtellt werden, und ‚ge wiß gluͤcken foll, 
Dielleicht vürften dieſe drey ziemlich verſchiedene Erd⸗ 
arten etwas Muͤhe verurſachen, und eine wichtige 
Ausnahme in der Kegel machen, worauf. m an noch 
BI a eben die ——— hinein di mic 
Mei: 





Mineralogiſche Anmerkungen. 139 
Weiter möchte ich gerne miffen, was zwiſchen 
Stabls Gedanfen von einer metallifchen Erde und 
denjenigen (für ein Unterſcheid fey), die man der 
taglichen Erfahrung zu Folge durchgängig heget, daß 
naͤmlich die Metalle eine Erde in fich haben, wel» 

he mit und ohne dem Brennbaren eyiftiven Fannz 
und ob ein folher Sag involvire, daß jede Erde 
‚mit Zufage des Brennbaren oder der Vitriolfäure 
in Eifen verwandelt werden fönne? Ich meines 
Theils fehe die Nothwendigkeit fo befannter Prole 
gomenen zur Ermeifung eines paradoren Gedanfen 
nicht ein. Weit fürzer hätte man fagen Fönnen: 
„die Welt hat bisher geglaubt, theils daß das Phlo⸗ 
gifton alle Erdarten qualificiren fonne, Eifen zu wer— 
den, theilsdaßdie Natur mit metallifchen Erd» oder 
Kalkarten begabt wäre, die mit Hilfedes Feuers vom 
Brenunbaren revivificirt oder reducirt würden; allein 
ich Juſti will zeigen, daß der erftere Sat richtig 
‚bleibt, wenn man- auch nur Bitrioffäure zu Hülfe 
mimmt. Dur) ein fo aufrichtiges Bekenntniß 
waͤre jeder Chemift und Metallurg glei) in den 
Stand gefeßt worden, zu urtheilen, ob der Gedan— 
ke neu, und der Zufag einer Bertheidigung fähig fer. 
Man waͤre alsdenn der Mühe überheben gewefen, 

‚eine Reihe unberwiefener und mit bekannten Wahr 
heiten ausgefpiefter Bermuthungen zu lefen, 
Denn wer weiß nicht, daß DBitriolfäure und 
Brennbares einen mineralifhen Schwefel ausma- 
en, einander anziehen, u. f. w. dagegen aber 
wird Fein vernünftiger Phyſicus behaupten wollen, 
draß ein unteriedifches Feuer die Berge von dem 
Mittelpuncte der Erde in die Höhe geſchoben, und 
J denje⸗ 





140° Mineralogiſche 2 in 


denjenigen Theil, der ihm am nächften ge 
Eifenerzt gemacht babe, ſo lange: man nicht, dor 
die allgemeine Wirkung eines folhen Feuers 
defien Beſtandtheile unferfüche und bewieſen hat; 
ſo lange die Naturwiſſenſchaft auf die nun gewoͤhn⸗ 






liche Weiſe abgehaudelt werden darf, nimmt man 
nicht eine Hypothefe für eine andere an, die man . 


durch Verfuche und Beobachtungen wahrſcheinlicher 


zu ſeyn befunden hat. Ehedem glaubte man, 
Schwefel und Eiſen waͤren ſchon geweſen, che ſich 


noch hier und da gegen die Oberflaͤche der Erdkugel | 
aunterirdifche Feuer geäußert hätten, und folhe waͤ⸗ 


ten nad) des Lemmery pefannten Verſuchen eher 
eine Ueſache als eine Wirkung gewefen. 

Wenn Eifenerze fo entftanden it wie Han. Tv 
fti vermuthet, und der Schwefel (S. 41.) d 
-ziehung des Magnets nicht hindert; | — 
denn nicht alle Eiſenerzte roh vom Magnete ar 





ek Waren’ nicht, mach. des Herrn Juſti eigener £ 


höpfungsgefchichte ,‚ Brennbares, Vitriolfäure, 


at ie zur. Röftung benöthigte Wärme, ale zus 


reichliche Mittel, dem Eifen eine metallifche sen 


zu geben, felbft während ihrer. Eneftegung zuge ‚gen? 
.. Der Schluß, den der Herr Verfaſſer Bi 

3. 32. macht, iſt richtig, ob er gleich nicht mit Ar 
fen Vorderſaͤtzen uͤbereinkoͤmmt. Denn er kann nicht 





anders werden, wenn man einem Schüler in der - 


Metallurgie je richtige Begriffe von der Natur ‚der 
Metalle beybringen will: daß fie näml 





Metallisät verlieren, ſolche aber durch Zufaß von 
Begir! igen Dingen wieder befommen, in we 
ji letz⸗ 


in dem 
Calcinationsfeuer ihr Brennbares und zugleich ihre 


* 


Mineralogiſche Anmerkungen. 148 


letztern Falle erſt das-Eifen Eifen heißt; im erflern 
aber führt es den Namen Eifenfalf, Erde oder Stein. 
Der neue Beweis, der aus dem Verſuche mit einer 
ſchwarzen fetten Erde oder Thone hergenommen ift, 
wird noch mehr Stärfe befommen, wenn der Here 
Verfaſſer terre verde, oder einen blauen Thon ‚den 
ich ihm fehenfen will, zu nehmen beliebt; denn von- 
dem letztern kann er ganz ficher auf einen Eifenregus 
lus von 40 pro cent Staat machen? ch ftehe ihm 
aber nicht dafür, wenn er den ſchwarzen und fetten 
franzöfifchen Thon von Montmartre zum DBerfuche 
nehmen will. wi * 
Wie Vitriolſaͤure mit Kalke vermiſcht Gyps aus. · 
mache, ſollte nicht mehr unbekannt ſeyn, ſeit dem 
Herr Cronſtedt nicht nur in den Abhandlungen der 
Akademie der Wiſſenſchaften fo wohl deſſen Decom⸗ 
poſition als kuͤnſtliche Zubereitung gewieſen, ſondern 
wich. der berühmte Chemiſt Maͤrggraf gewiſſe 
phosphoreſcirende Spate ſeiner Gewohnheit nach 
genau und wohl unterſucht hat. Allein, daß auf 
gleiche Art aus Kalkſteinen und Marmor Eiſen ge⸗ 
— koͤnne, dazu wuͤnſche ich dem Herrn 
Verfaſſer und einem jeden viel Gi... 
Als die beyden erft bemeldten Herren im Gypfe 
Spuren von Eifen fanden, glaubten fie gewiß, daß 
bie Vitriolfäure folches in der erften Formation bey 
fih gehabt hätte. Cie waren aber zu vorfichtig, zu 
fagen, Daß folhes per Transmutationem gefchehen 
fey, bis fie durch Verſuche, die fie mit reinem Bis 
triolöle und reinem Kalfe anftellsen, hievon über» 
jeuge wurden, an * en 







» ’ 






Haͤtte der Herr aaa Juſti Gelegen 
babe, ſich von den Eifenerzten und der Muß: ng der⸗ 
‚felben ſo viel theoretifche und ‚practifche Einſicht zu 
erwerben, als man in Schweden fo leicht. ‚haben 
kann: ſo wuͤrde er fuͤr die Eiſenerzte, die roh vom 
Magnete angezogen werden, mehr Achtung gehabt 
haben, als daß er ihre Exiſtenʒ gelaugnet — 
Er haͤtte ſehen koͤnnen, daß jährlich über, 600,,000 
Gentner Stangeneifen daraus zubereitet wird, und. 
wohl eben fo viel aus, denen, bie der Magnet ‚nicht 
vor der Roͤſtung ohne Zufas- von ‚hepate.. calcis vi⸗ 
ve anzieht: und dieſes ohne Verwandlung und bloß * 
durch die Mittel, die eine einfältige ‚aber vernünftis 
ge Kenntniß der "Metalle in ihrer. metalliſchen und 
andern Form an die Hand — 8 
Er wuͤrde auch mit der Subtilitaͤt ‚auf bie ee 
nach der Zeit gefallen ift, da er nämlich denjenigen 
Erzten, die vom Magnete angezogen iverden, ‚einige: 
“  Einmifchung vom Magnete z eignet, zu Haufe ge: 
blieben, und. ſehe gern mit Herrn gan 
Jung in mineras ferri attractorias et sende 
frieden gewefen feyn. Ja er wuͤrde endlich fe 
geſehen haben, Daß, da er mit Hülfe des Mi 
ein von Natur metallifirtes Eifen läugnen- Be 
fein Satz fo gar von dem Huͤlfsm ttel, das er in 
Händen hätte, einen Widerſpruch leiden rüßte. 


2te8 Stück, II. Abhandlung vom. einem. 
Proceffe Gold jumaden. 
Behy einer ſo zwendeutigen und ‚gefäh | | 
che, als die Goldmacherey ift, „will ic nicht: vie 
Durte machen, Ich will die oglichkeit hehe 

















gineralogiſche Anmert line - 


F tlaugnen, damit mich nicht einige ſae zu — 
anſehen, dem. Herrn Juſti die Spitze zu biethen. 
Ich will fie aber auch nicht bejaben, damit ich den. 
Fehler vermeide, den Herr Juſti ſo oft und mit 
gutem Grunde getadelt hat. Ich denke hier eben 
ſo, wie oben bey dem Verſuche mit dem Kagengols 
de Fluͤſſe und Schmelzglas von metalliſchen Compo⸗ 
ſitionen in Goldverſuchen find mir verdaͤchtig, und 
fuͤr fluͤchtigem Golde fuͤrchte ich mich. Wenigſtens, 
wenn ein ſolches Gold vorgewiefen, und mir gezeigee 
wird, wie man es figiren kann, fo balte ich es für 
meine Schuldigfeit, die Sade vorher ins reine zu 
| bringen , und denn-erft der Welt zu erfennen zu ge⸗ 
ben, wie es damit abgelaufen ſey. Ehe ſolches ges 
fehehen ift, muß man dem Proceſſe keinen prahlenden 
und betruͤgeriſchen Titel ‚geben, ; | 


Vilte Abhandlung von einem neuen un⸗ | 
.befannten Silbererzte. 

Na der Definition der Erzfe und Vererzungen 
e. 207. koͤnnen Schwefel und Arfenik nicht für die 
einzigen wirkenden Mittel angefehen werden, wenn 
man aud) gleich des Heren Verfaffers mineralifches 
Alkali mit zu Hülfe nͤmmt. Denn man fann Erste, 
- von vielerley Metallen aufweifen, welche die in der 
Definition angeführte Eigenfchaften haben, bey des 
nen man-aber dennoch nicht die geringfte Spur von 

erſt bemeldten drey menfiruis, oder wie man fie ſon⸗ 
ften collective nennen will, findet. Es wäre alſo 

beſſer geweſen, die Verer uigen als metalliſche Ver⸗ 
miſchungen mit Schwefel, Arſenik, und Salzar⸗ 
ten zu beſchreiben. Dlelleicht haͤtte alsdenn eine 
Ä phyſiſche 








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* Diffnetion ftehen‘,. und 
weſen gebräuchliche allgemeine ? t 
ger beftimme wer a 
Da der. ‚Here Verfaſſer S 208. | 
Schwefel 9— Arſenik waͤren die einzigen bisher be» 
kannten Koͤrper, Die nach feiner Definition die En 
ausmachen: fo follte er auch umgekehrt ‚fließen, es 
ſey noch Fein Erz gefunden worden, " welches. nicht 
die Gegenwart eines derſelben, oder aller beyden zei | 
‚Allein, was fol man. alsdenn von gemiflen 
fehmebifchen "Eifenerzten 5 jährlich. u viel 
tauſend Eentnern ausgebrochen, unt d verbra icht 
den, und worinnen das Metall mit verfchiedenen 
fremden und jum Wefen defielben nicht gehörigen Din · 
gen fü vermiſcht iſt, daß es ſeine rechte Kennzeiche 9 
und übrige Eigenſchaften ꝛc. nach der Definition ‘ 
©. 207. abgelegt hat: und dennoch findet ı man vor. 
bemelote Mineralifationsmaterien niemals in ihnen! 
Allein, dieß ift ein Fehler wider, Se sogif, den / 
ich bey ſolchen, die nicht allzu eigenfinn ig find, — ; 
entſchuldige. Ich wende mich zu Ei andern, der 
etwas mehr zu bedeuten hat, und vermuebli 
daran ift, daß der Herr Berfafler as Ann er 
fo genannte alkaliſche Erzt, an de nem an⸗ 
dern Umftande zu urtheilen, Aufmerkfamfeit zu vers _ 
dienen fcheint, nicht fo genau unterfucht-Bat, * ih. 
und andre mit mir wuͤnſchen. Er befteht darinne, 
daß der Herr Verfaſſer ©. 215, e ine lu am corneam. 
artifieialem, den Berfuchen und Beobachtungen zus 
wider , die Die Scheidefünftter | feit vielen Jahren an⸗ 
geftellt haben, für alkalifch erfläret. Alle haben ſich 
je darüber —* —* * die ———— wenn 































mMan 






‚man das vom —* eo een” Zei 
des Sill her. —— wenn dieſer Umſtand 
von Herrn Juſtt in den Probirbuͤchern nicht in acht 
genommen worden ift, ſo haͤtte ihm, deucht mich, 
doch der Verſuch nicht entwiſchen follen, den‘, wo 
ic de irre, der redliche Marggraf angegeben bat, 
folches- mie Zi. in einem gefäloffenen. ‚Gefäße zu 
verrichten. 
2 Wäre dieſe Wahrheit dem Herrn Berfaffe et ben 
fan t geivefen, , fo hätte er auch wahrſcheinlich fchliefe 
- fen Eönnen, die Natur babe chen dieſe Mittel ger 
braucht, ‚das Hornerzt zu bilden. Er hätte fü ch auch 
in feiner Vermuthung nicht betrogen: denn es bes 
ſteht — aus eben den Grundtheilen, wie ein 
jeder bey Geleg enheit finden fann. 
Weiter Beben der Herr Berfaffer Kalt und 
Afali mit, einander, ©. 214. führt er, zum Des 
weile | eier. angegebenen Mineralifation mit Alkali, 
 niederge, chlagene Kalke von Metallen an, die in 
Säuren aufgeloſet worden: und weiter hin ©. 219. 
hält er alfalifche Erdarten und alkaliſche Salze für 
einerley. "Das erftere ift ein unverzeihlicher Fehler. 
Der Sagtz taugt zus keinem Beweiſe, ſondern es 
bleibt dabey, daß ſolche Kalke entweder mit Koch⸗ 
ſagiure vereinigte Metalle find, oder 'metallifche 
Erden, die man Kalfe zu nennen beliebt bat, wenn 
fie ausdem Kolben, ober aus dem Seuee PR aus 
den Bergen genommen werden. 
———— Here Verfaſſer wie er das Ent mie aa 
em Schwefel gefchmolzen, eine von ihm fo ges 
** Schwefelleber bekommen, (S. 219) wird 
viel ſagen wollen, er habe ein Hepar Calcis vivae 
24 Dand,. K bekom⸗ 






















— wie es —— Un⸗ 
terſcheide von dem gewoͤhnlichen mit « Sale. 
zen gemachten Hepar nennen. Cine folde Kalkl 
= mußte er ja nach ſeiner Beſchreibung de . 
arten ©. 216. befommen, u alsdenn auf einen 
he oder Marmor hinaus läuft. . 
ob die Schemnitzer Silben, von nd m 84. 
es wird, wirklich alkalifch (rm ’ ann aus dem, 
was folget, nämlich, daß man darinnen eine reine 
Lunacornea gefunden babe, n nicht geehtef n werden, 


"denn diefe verdient, wie fchon geſagt worden ift, 
Biefen Namen nicht, Sonſt ſieht man bey eine 
Sammlern hier im Sande Proben von —6 chen Un 
garifchen Gilben, deren Gehalt, in a dabey a Ne 
gegeben ift.. Es feheint daher ein Fehler zu _ 
feyn, daß man nac yder Zeit, und bis eg err Ju 
wieder erinnert, ſo ſaumſelig gewe fen i ‚und fie. 
nicht probiret hat, welches doch a leg teen in 
folhen Erzgebirgen, wo ” —— gebroch 
werden, geſchehen jollte, u. 


S 209. wird ‚gefagt, hi fände ale Melle 

gewachfen, das einzige Eifen ausgenommen, An⸗ 
Dre behaupten eben diefes, Sch wünfchtedaher 
andern Zweiflern, der Herr Bergrath Juſti, als 
‚ein $iebhaber der Wahrheiten und der Be 
chung derſelben, möchte. fich gefallen laſſe anzuzei⸗ 
gen, wo man gediegenes Bley Zinn, und Zinf zu 
ſehen befommen koͤnnte. Berhoffer ich. ‚aber * 
er die Neugierigen nicht n 5 ion, 
‚oder andern dergleichen Steflen weifen, ‚wo bey: ge 

gewiſſen Gelegenheiten Muffetfugeln und ‘ Bien ) 























verſtreuet werben! * — ſeinem 
| angenommenen Character nicht. 

Der fo genannte Sinopel'S. 279, hof ich, 
wird bey dem gewöhnlichen Verſuche von Alfali eben 
fo frey gefprochen werden, als ein andrer —— 
tiger Jaſpis. Der Herr Verfaſſer kann dieſes rare 
alkaliſche Erzt an einigen Orten kriegen, und vor⸗ 
kommen, daß das Silbergehalt nicht in das Guß« 
eifen hinein geht, aus dem man es nachher nicht oh— 
ne große Koflen und Mühe wieder bringen Fann, 
daß aber die reichhaltigen Ungarifchen Blenden, 
—— und. Kieſe darinnen mehr oder weniger ſte— 

fen follen, dafür will ich nicht gut fern. 

Daß es ein flüchtiges Alkali im Mineralteiche 
i He davon zeuger der Salmiack, der fich bey den 
Seuerquellen in Solfatara fublimiter, und. verfchies 
dene aus der Tiefe gebolte Thonarten. Allein zu 
allem Gluͤcke zeigt es fich bey den DBerfuchen ganz 
deutlich, daß man fein Dafeyn nicht erſt errathen ? 
darf, Wenn man ein Erzt mit Recht im Verdach⸗ 
te hat, daß es etwas davon bey ſich führe, kann 
‚man es denn nicht durch chemifche Handgriffe in klei⸗ 
neren Proben. herausnehmen, und nachher die 
‚Schmelzung nad) den bekannten Appropriationsges _ 
feßen: im Großen anftellen? Warum foll man aus 
ö folchen Proceffen eine Heimlichfeit machen, in die 
ſich ein jeder, der nur diefes Alkali kennet, leicht 
‚finden kann? Und hat man nicht Urfache, ſich vor 
denen zu hüten, welche von flüchtigem Akali und von . 
‚heimlichen Kuͤnſten, demſelben feine Fluͤgel zu be⸗ 
ſchneiden, viel Redens machen, ſo wie ehedem mit 
| — und PUR geſchehen it? r 

a 







Baß das ct inben fertig n Ungar 
Blenden allem Anfehen nach mineralifitt i 
der Natur nicht ſchwerer geworden } zu ſeyn 
der Kunſt ift, ſolches in den — — halten 
und bey ı weniger Borfichtigfeit es in Eifennafen zu 
ſetzen. Wenn gleic) das Gold für ſich alfein von 
Schwefel nicht angegriffen wird; fo folget doch nicht, 
daß es fich auch, mit Eiſen ode andern Metallen 
vermifcht, nicht mit Schwefel mineraliſiren 
Die (hmoländifchen —5 die aufs genauſte 
unterſucht worden find, und ihr — er 
weifen dieſes unftreitig. Vor alfalifhen Einmie 
fehungen wird man ſich bey ſolchen Schmelzungen 
wohl in Acht nehmen; und ich weiß nicht, warum. 
man, ohne guten Grund dazu zu Haben, — Natur | 
deffen befchuldigen will. u. 
Der Herr Verfaſſer nt nk: deutlich geſogt, 
was für eine Art Alkali ‚eigentlich das Krallen des 
Auri -fülminantis verurfache, welches dv ch ein ge⸗ 
ſchickter ſchwediſcher Chemiſt deutlich genug gezeiget 
hat. Da nun uͤberdieß erſterer auch von der Ge⸗ 
genwart des flüchtigen Alkali in natürlichen Gold⸗ 
erzten Beyſpiele angefuͤhrt hat; ſo muß man einem 














jeden die Erinnerung geben, daß er, dami mit er ſich 
feinen Schaden tue, alle Erzte, bey denen man 
‚Gold vermutet, vorfichtig erwaͤrme, ind der Si⸗ 


cherheit wegen vorher Schwefel dazu feße Man 

thut diefes aus Liebe gegen Das men nfchlich Geräte, 
theils um das liebe geben zu erhalten, theils ar | 
um zu verhindern, daß die Duackfalber das f 
Gold nicht fo wohl aus den ‚Ersten, “als vieln 
aus der Leute Beutel, an 


— 









Mineralogiſche A— 


Der Nutzen des Schwefels beym Roſtſchmelzen 
alſo nach des Herrn Juſti Anweiſung weit 
größer, als vorher, da man nur auf die Auflöfung 
und Sammlung gewiſſer Metalle, auf eine Art re- 
dudtion ex parte ejus Phlogifli, und auf die leichte» 
re Zerftörung oder Verſchlackung anderer, fein Ab⸗ 
ſehen hatte. 

Ehe man dem Arſenik feine bebneie Ma- 
tur beſtreitet, wünfchte ich wohl, der Herr Berg⸗ 
rath Juſti moͤchte ſich gefallen laſſen, geneigt ans 
zugeigen, wie man Schwefel in Form eines Regu⸗ 
lus , ohne Zufaß von Metall fchmelzen könne. Denn 
wenn er diefe Kunft Fann, und man ihm nachge⸗ 
hends i in des Herrn Wallerius Mineralogie zeiget, wie 
ein reiner Arſenik Regulus von einem in Form ei⸗ 
nes Kalks oder Sublimat dafenenden Arſeniks ge- 
macht werden koͤnne: ſo iſt kein Mittel mehr uͤbrig, 
dem Arſenik ſeinen beſtaͤndigen Plat unter den Halb⸗ 

metallen zu vertheidigen. 
Wenn der Herr Verfaſſer ©. 392. zeigen 1 will, 
daß ſich die Natur dreyerley Arten Salze zur, Mi 
Berg: bediene, nämlich des Alcali volatilis, 
Bisi, und Arſeniks: fo hätte er ‚auch, wo. ich nicht 
irre, der fauren Salze Erwähnung thun follen: 
Es wäre damit wohl feine neue Wahrheit uͤberhaupt 
geſagt worden; allein Diegenauere Beſtimmung ders 
ſelben hätte eine in ſich enthalten koͤnnen: z. E. die 
Mineralifation mit Acido nitri, ſuccini, und acido ' 
phofphori , welche alle. er im Minerateche gefun« 
ar wide, Ä 
Die Regel, , die er. S. 294, giebt, daß man die 
imer un, otba⸗ welche akaliſche 
enthe ⸗ 


vr ungen. 149 


PIE" wi 








so Mineralogiſche Anmert 
enthalten, an ihren vielen Kluͤften e ken * Fönne, 
paffet auf Rongsberg i in Norwegen: allein hier it 
ein ganz ander Bergwerk, nämlich Btoberg, wie 
‚es die Schweden nennen, , ( Stalienifh Granit 
worinnen man feine alfalifche Erde — Sand viel weni 
ger ein Galz finder. 

So viel habe ich bey diefer Sad: erinnern wo. 
fen. Ich unterwerfe es dem Urtheile eines jeden 
Kenners, damit man daraus ſehen Fönne, vb man 
fih auf die Verfuche eines ſolchen Naturforfchers, 
der fo viel befannte Salze nicht weiß, oder wenn er 
fie durch neue Erfahrungen falſch befunden hat, fie 
nicht vorher durch genau befchriebene Verſuche wi⸗ 
derlegt, verlaſſen koͤnne Denn nun kann ein jeder 
mit mir auf den Argwohn kommen, das Annaber⸗ 
ger Silbererzt ſey nichts anders, ‚als ein Kalkſtein, 
worinnen zugleich Silber, entweder. in metalli 
na anderer vorher bekannten ER einge 

t. Rn 
















"Nachdem der Se Afeffor Brand in den Adis 
Upfal, vom Jahre 1735. der gelehrten Welt ven 
Dienft gethan, und die Kennzeichen der 6 Halbme⸗ 
alle unterfucht hat; nachdem auch Her Profeffor 
Wallerius in feiner Mineralogie,'die aud) ins 
Deutfche überfegt worden ‚ folches noch klaͤrer auseins 
ander ‚gefeßt hat: fo deucht mich, ſollte man von den 
Metallurgen nicht die Hoͤflichkeit erwarten, nn 
eine ſolche hier ausgemachte.und bekannte Wahrh 
für faſſch erklären, * fe fie ee 


fonde ern 








ondern daß fie vielmehr gute Grände —— | 
bie alles zufammen über den Haufen werfen, im Salle 
man ſich nicht befuge füge, erft bemefdten Vetfaſ⸗ 
| raten; 901901 
— nun aus den Eeallenen an BER: Orteit 
febe, daß der Herr Bergrath Juſti Wallerii Mi- 
neralogie gelefen: ſo kann ich nicht 'begreifen, wie 
ein folcher. Mann diefe Abhandlung mit einer Des 
finition anfangen will, die weder beſahet noch ver⸗ 
neint. Mach ver Methode, die er braucht, kann 
man dem, der frage, was Kupfer fey, antworten: 
Kupfer iſt ein Minerale, das nad) feinen bisher ber 
Fannten Theilen aus "einem Brennbaren und einer 
Erde befteht, die bey: ihrer Vergläfung ein roth⸗ 
grünes oder blaues Glas’ giebt, und dabey ein Des 
—— fen» und Silberhaltig iſt, u. d. m. welches 
Begriffe des Kupfers in metalliſcher Form auf 
alle alle Mineralifaionen ‚oder Erzte deſſelben leitet. 
> Endlich wird man in dem Namen irre, und 
Ä ſchueßt aus dem Par des Kupfernickels auf ei⸗ 
ren Kupfergehalt, fo wie Herr. Juſti mit, dem 
Sc ben Kobolt gethan, der nichts ‚anders, als ein 
Are nicum nativum metallicum iſt. Ca 
ie. nahe Wißmut und, Kobolt mit einander vers: 
wanbt find, Fann ich fo genau nicht wiſſen. Ale 
lein, wenn es wahr ift, daf die Natur. die, Bermis 
(hung in den. nächften, Gliedern verabfchenet: ſo 
muͤſſen dieſe unfehlbar Gefchwilterfinder oder Bluts⸗ 
verwandte feyn, weil fie nicht ohne Zuſat in einem, 
Regul 0 vereiniget werden fönnen. 
Wie leicht man ſich fonft bey der Speife verge⸗ 
kann, hat Herr nr in den Abhandlun 
RM ‚gen 










152 Mineralogifche Anmerkungen. 


gen der fchwebifchen. Akademie der Wiffenfchaften 
1754. gewieſen. Und verhoffentlich wird. der Herr 


Berfaffer aus dem Traume gebracht werden, wenn 


man einmal Gelegenheit befommt , feine Einwürfe 
gegen die Verſuche, die ‚bier. mit dem Kupfernicel 
gemacht worden, zu beleuchten. Indeſſen laugne 
ich weder nun noch kuͤnftig hin, daß fo. wohl Wiß⸗ 
mut als Kobolt Regulus und Kupfernikel oft den 
allgemeinen Namen Speiſe tragen. Allein, dieß 
4 nur Haudwerkern nicht aber Naurforfchern 
rey. 

Um Speiſe und Robot hervor zubringen, he 
fih die Natur nun nicht: mehr Gewalt anzuthun, 
oder ſich einer pythagoriſchen Metempfychofis zu bes 
dienen. Der andre Henkel dürfte nun zu ſpaͤt kom⸗ 
men. Die Welt braucht kein ſo weitlaͤuftig Buch 
von den, Kobolten, Wißmufen, und Speiſen, wie 
jenes Kieshiftorie war: Doch verachte ich ganz und 
gar nicht, dieſes werthen Mannes — und Me 
BAIGERF, in pielen — REM 


“Fr 


heit auch Erste zu nennen 


Des Heren Profeffor LDallerii ſchwarzes Kos 
bolterzt hat eben die Eigenfchaften, und iſt nichts 
anders ‚als. eine Berwitterung vom Schlackenkobolt. 
Bas if Run. neues Beni allem. diefem? Doc ar 

eicht 










‚Mineralogifche Anmerkungen. 153 


leicht hat fi hei Here Verfaſſer etwas dabey vor⸗ 
behalten, wovon er gelegenheitlich ſprechen will. 
AR D Sa der Kobole nicht ohne Arfenik ſeyn kann, ift 
nun fein Axioma mehr, ſeitdem der Herr Aſſeſſor 
—— sin den Abhandlungen: der ſchwediſchen 
Abkademie der Wiſſenſchaften dieſen Grundpfeiler wi— 
der untergraben hat. Andre haben dagegen bekannt 
acht, wie man das Eifen-davon bringen koͤnne, 
das in allzu großer Menge die Farbe zu verderben 
pflege. Was bleibt denn nun. übrig, wenn diefe 
Grundtheile ‚des : Herrn Juſti zerftöret werden. 
Nichts, muß er antworten, allein, id). behaupte, 
und kann es beweifen, daß es ein Halbmetall wird, 
das. in feinen Eigenfchaften von. allen andern: untere 
ſchieden iſt — Doch fiehe! er hat Silber über, dar» 
an Dachte ich, nicht; und gleichwohl haben: die Eig⸗ 
ner. der; Schneeberger Grube fo viel hundert Jahre 
die Kunſt gewußt,  folches heraus zu bringen! 
— — Nun: formag es denn Silber ſeyn für. Herrn 
Zutis 3 Rechnung, damit ich. nur von der Muͤhe ab⸗ 
ie in 5 Sache laͤnger zu päbagogifiren. - 


| Ile, Abhandlung von tuͤrti⸗ 
| N ſchen Karneolkiefeln. PAR 
| — ‚Steine die aus einer Kieſel artigen. — 
de beſtehen, nur bloß nach Farbe und Haͤrte beſchrieben 
werden, ſo wird aus obangefuͤhrten 
Gruͤnden die Weitlaͤuftigkeit dabey beydes unnoͤthig 
ind unnuͤtz. ‚Denenjenigen aber muß die. Welt vers 
bunden ſeyn, die ihre. Kennzeichen auf die Art erfor» 
— ——— nn Poit geihon bat, Ab 


— 












* MER? 


154 Mineralogiſche Anmerkungen. 
durch wir auch wieder Vermuthen den Unterſcheid 
zwiſchen Quarz und Topas haben kennen lernen. 
Wer da behauptet, daß der Grad von Feuer, 
den Herr Dort gebraucht, nicht zulaͤnglich gewe— 
fen fey, follte natürlicher Weiſe Verſuche anfuͤhren, 
die in ſtaͤrkerer Hitze angeſtellt worden. "Und zu un⸗ 
ſerer Zeit ſieht man es faſt für eine Schuldigkeit an, 
Dasjenige beffer zu machen, was man andre beſchul⸗ 
digt, nur unvollfommen unterfüche zu haben. 
Quarz, Jaſpis, und Kiefel würden auf diefe 
Weiſe ihre zuverläßige Merkmaale erhalten, bie fie 
von einander unterfcheiden. Diefe würden gewiß 
im gemeinen geben mehr Mugen fchaffen, als Dife 
curfe von ihrer Erzeugung, ihrer erften Materie, 
und ihren Monaden: ob ich gleich meines Theils 
wahrfcheinliche Muthmaßungen gar wohlleiden Fann, 
welche auf Berfuche führen, die Natur nachzuahmen. 
Daß die Kieſel weich geweſen ſind, iſt eine eben 
ſo lang bekannte Sache, als die Luſt und der Eifer, 
Verſteinerungen zu ſammen, wovon ein großer Theil 
aus Kieſelſteinen und auch Karneolen beſteht. Als 
lein es folgt nicht, daß auch Demante, Quarz und 
Jaſpis, aus eben den Grundtheilen entſtanden find. 
Wenn jemand Cryſtalle mit eingeſchloſſenen Ve— 
getabilien vorzeiget, fo muß man genau darauf ſe⸗ 
hen, ob es nicht ein eingemiſchter Asbeſt, oder fo 
etwas iſt. Ich laͤugne aber doch nicht, daß fie 
weich haben feyn koͤnnen. Doch daß Erpftallifa 
tionen ohne Waſſer und Feuchtigkeiten gefchehen 
koͤnnen, davon find in einer vor der Afademie der 
Wiſſenſchaften ——— ed Beweiſe le 


worden. 
* Suͤck 





neralogiſche Anmerkungen. 153 


Stück. Bon einem rothen und gruͤ⸗ 
nen Jaſpis mit einem? Asbeft von Mannsfeld. in 


Wenn man alle Snxa oder vermiſchte Steinarten 
"nach ihrem Ausfehen und ihrer Erzeugungsgefhich- 
te fo genau befchreiben wollte, wie mit diefer gefches 
ben iſt: fo mürde man Stoff genug auf viele Jahre 
hinaus zu Monat: oder Wochenfchriften haben, und 
„Jeder vernünftiger Leſer wäre doch ungewiß, ob alle 
. Theile ihre rechte Namen befommen;, weil der Herr 
Verfaſſe er bey dem aͤußeren Anſehen, welches doch 
oft truͤgt, ſich auf fein eigenes Urtheil beruft, und 
"wo etwas fehiet, ſolches gleich mit einer Muthmaß 
fung erfeget. Hier fagt er, habe er. einen Asbeft, 
weil er fo ausfieht: und um allen Widerſpruch in 
Abſicht auf feine Härte zu heben, nimmt er feine Zu. 
Flucht zu einer. verfleinerhden Materie, Es ift ſon⸗ 
derbar, daß die Eteine ohne Zurhun einer — 
Materie niche Hart werden Fönnen. 

ch fürchte allmaͤhlig dieſe Materie werde end⸗ 
uich alles, was in der Natur iſt, in ein andres Ge⸗ 
ſchicke bringen. Ich fuͤrchte, ſie ſchwebe in der Luft 
herum, wie des Herrn Bergraths Juſti Acidum 
tiniverfale , oder Bitrioffäure die ihm bey feinen Ber 
ſuchen mit Zubereitung des Salpeters unter der Ges 
ſtalt fo vieler Salze beygeftanden iſt. Sollte das 
wohl eben die verfteinernde Materie feyn, die aud) 
Leim und Kleifter härter? In dieſem Falle kann man 
hübfche Stuͤcke für gewiſſe Kabineter verfertigen. 
Allein ich mag eher fragen, ob alle ſtrahlichte Stei⸗ 
ne Asbeſt oder Amianth find, und ob wir alle ver- 
Ba En für neue Arten angeben Fönnen ? In 

ei⸗ 






—* 
BR: 





romifchen Nutens wegen in allgen 
Ausdruͤcken für ich allein eine erhalten; < 
lein fie koͤnnen nicht für ———— Acten ‚nach den 








Bermifchungen mit ſolchen Steinarten van 
werden, die vorher beſonders beſchtieben od er bi 

kannt feyn muͤſſhe. ER 
Jaſpis mit fremden Arten Dermiht finde ich an 
vielen Orten. Man nennt ihn Porphyrs. - 
affe beyde Politur annehmen‘, 2b raucht 
zu allerhand. feinen: Arbeiten: allein feinen 
he er einig Bus —* in — e — ir 








’ Sr | 


Farbe im ſich halten ſolen 

So hätteihnun, M. H— densaten Lpeilvondes: 
Hecrn Bergraths Juſti —— durchgegange 
Kann ich den andern bekommen, fo. will ic) Ihnen, 
wenn Ihnen ‚beliebt, gleichfalis meine, Meynung 
darüber jagen, damit ein — 
es dem —— angetandenif ſey, ho Darf rinn 


an, wie Se Ans ee 6 eils in 







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7 RG m. 


eines Kordiäeines. 


q —— als ich Sonntags den 16, Ehlem⸗ 
MW ber 1759 .* mit einer zahlreichen Gefellfchaft 






et. 4 , 4 von einer Fleinen Sandreife Abends lange nad) 


> 


Eonnenuntergange wieder zurück. nad) Haufe 
— bemerkte ic) in hieſiger Gegend eine außer⸗ 


| ordentliche Helle und ſchimmerndes Acht um die gan- 


Fe 


je Atmofphäre, fonderlich aber nach Norden, 
Noch auf der Reife zwiſchen acht und neun Uhr 
wurde ich hinter mir von Weſten, Norden nach 


len am Himmel eine große Menge Streifen, 
gleich eines bey Tage in der $uft ſchwebenden far. 
— — oder Hagelſchauers, gewahr, daß 


noch, ohne weiter darauf Acht zu haben, einen 
en ‚befürchtete. Diefe Streifen hielten etwa 
tunde an, darnach aber vergiengen fie allge,⸗ 





— nieder, und f y fih in heil fheinende 


ünfte zu verwande 


fo daß fie fi ſolcher⸗ 


geftäle, ah dem Orte fo lange ic) es abfehen konnte, 
aufhielten. Bald darnach fahe ich einen langen 


und breiten bellen Streif hinter einer Fleinen 
ſchwarzen Wolke herſcheinen den ich noch einem von 
RR — Ri mei⸗ 
* Sb. arg dieſes Nordliche auch, zu Gottin en eſe⸗ 


hen, und finde uͤbrigens Herrn Hartmanns ſorgfaͤl⸗ 
tiger ı und £ de Beſchreibung ——— 









meiner um. ches. Phänos 
menon zu bemerken. Dieſes hat auch * end 
Gefellfchaft gefehen. In meinem Sinne hielt ih 
diefen hellen Streif für verdünnte in der Luft ſchwe⸗ 
bende Dünfte, die vielleicht von den Sonnenftraß. 
Ten in einet. unbefehreiblichen. Höhe erleuchtet wür- 
den, und verglich ihn auch mit denenjenigen ar 

teten ſubtilen Duͤnſten, die ich einmal an einer bar 
tigen Sonne bemerfet ‚hatte, ‚nur daß fie nic fo 
helle und fo Iangefchienen. ©. dag 44fte Stü 
—— Beytraͤge 1759. auf der 698. Seite 
jo, 2.- Die Ermuͤdung von der den Tag über ge⸗ 
habten £leinen Veränderung auf dem Lande, ließmich 
die Urſachen dieſer fo ſonderbaren —2 auf 
dem Wege ſo gleich nicht errathen, ſondern die An- 
kunft zu Hauſe lehrete mich in der Folge erſt was 
ſolche geweſen. Als ich dahero noch denſelben Abend | 
um 10. uhr auf meinem Zimmer, allwo ich in u“. Ä 
Höhe eine ziemlich freye Ausfichtj von Welten, 
Norden und Dften habe, gieng, fahe ich aus Sen 
Zenfter , um zu ſehen, ob dies letzte Phaͤ omeno 1 noch 
gegenwärtig. wäre. Anſtatt deſſen aber fahe ich 
über meinem Scheitelpuncte nach ber norblichen Cei- 
te viele lichte Streifen und Wolk 
größten Gefchwindigfeit, wie Blige, uͤl ch 
weg fahren. Diefes und dag gewaltige ‚anpaltende 
Schimmern nach der nordlichen Sei konnten mir 
die Gedanken eines Nordhſ heines nicht. ; 
























n eifelhaft 
machen. Hier war ich auf mich recht böfe, daß ih 
noch auf der Reife nicht glei) darauf gefallen war. 
Das erſte Phänomenen, das ich auf dem Wege 
erblicte, da eine große Menge Streifen, gleich m 






1 





eines Nordſcheines . u 159 


Br wo in der Luft ſchwebenden ſtarken Regen⸗ 
guſſes oder Hagelſchauers, herab fielen —5* 
tignichts anders, denn das fo genannte Feuerregen 
beym Nordfcheine gewefen ; das andere Phänomenen 
aber, da ich noch auf dem Wege einen langen und brei· 
ten hellen Streif hinter einer kleinen ſchwarzen Wolke 
hervor ſtra len ſahe, war ebenfalls nichts anders, denn 

Jordoſchein. Von der Zeit an, da ich alſo dieſe 
ſchoͤnen Phaͤnomena als Nordſcheine erft erblickte, gab 
ich.alfo, ‚aufalles, was vorgieng, beffern Achtung, und 
feßte mir vor, fo müde ich auch fern möchte, dem 
ungeachtet doch das Ende. diefes Nordfcheines zu er⸗ 
warten. Sch brachte alfo noch einpaar Stunden auf Ä 
dieſe Beobachtungen zu, während der Zeit ich: ‚alleriey 
artige Beränderungen dabey vorfand. Bald waren 
es lauter als lichte Wolken / die wie Bligeüber mich 
weg zogen und alfo verſchwanden; bald aber lauter 
ſchmale und fehr breite helle Streifen, die in ges 
rader Linie einen großen Raum von der nordlichen 
Seite bis weit über meinen Scheitelpunct nach Süden 
ſtrahleten, und fo abwechſelnd einige Zeit bald anhielten, 
bald aber allgemaͤhlig wieder vergiengen. Waren 
viele ſolche Streifen gegenwärtig, fo waren an lichten 
und bligenden Wolfen nur wenige zu fehen, und hin— 












gegen erfchienen wenig folche Streifen, fo waren de 


lichten bligenden Wolfen defto mehr. Alfo war der 
fichtbare Hebergang der electtifchen Materie bey dies 
fem Nordfcheine bey den Streifen in größerer Menge 
zugegen, als wenn fich nurdie lichten Wolken zeigten. 
Faft am Ende des nordlichen Horizonts ſtunden eine 
große Menge dergleichen lichte Wolfen in eins weg, 
wie ein ganz ſtille, unter denen einige 
4 ſchwar⸗ 





160 Beobachtung eines Nordſcheines. 
ſchwarze Wolfen, die ſich von denen des Tages zuvor 
herum gezogenen "Gewirtern entfernet und zerftreuet 
hatten , ſchwebeten. Dieſe und der ganze Raum der 
lichten Wolfen Hatten ihren Zug von Norden nach Suͤ⸗ 
den, allwo auch einige ſchwarze Wolfen zu fehen waren. 
Weil ſich nun dieſelben von Norden merklich näherten, 
ſo nahm ich mir vor, die Ankunft derſelben, woher dieſe 
Erſcheinungen zu enſpringen ſchienen, erſt recht abzu⸗ 
warten. Sie naͤherten ſich alſo gar bald. Als fie 
nun mehrentheils gerade uͤber meinem Scheitelpuncte 
ſtunden, ſo hoͤreten die blitzenden Bewegungen der ein« 
- zelnen lichten Wolfen auf, und zeigte ſich Dagegen der 
ganze Horizont an allen Orten unter der Geftalt diefer 
lichten Wolfen ganz helle; als wenn Mondenlicht wäre, 
da doch der Aufgang des Mondes i in einigen — 
erſt zu gewarten war. 
Vermuthlich waren dieß Kar Stanlins Huporhes 
fe electrifche Seewolfen, über welchen fich die electrifche 
Materie, wiebeyden fünftlichen electrifchen Berfuchen 
im Luftleeren Raume, in der verdünnten Luft ausgebreis 
tet und nach weit entferneten Körpern gezogen hatte, 
und die ohne Zweifel Blitz und Donner würden ber 
vorgebracht haben, wenn ihnen andere unelectrifche 
Wolfen nahe genug entgegen gekommen wären, und 
auf ſolche Art Hätten wir auchalsdenn Gewitter gehabt. 
Den andern Tag, als den 17ten September, war 
Abends der Himmel heiterer , wie zuvor, ich merfte 
aber denfelben Abend nicht das geringſte von Nord⸗ 
ſcheine. — 
Hannover den 2ofen. Sept. 4 
1759. 
3 F. Hartmann. 
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"on der. Mr 
Suttur Der Zwiebeln. 


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‚an wird fich wundern, allhier einen Unter⸗ 
> finden, das jedermann kennet. Der Nu: 


— — nicht leicht eine Provinz ſeyn wird, 


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richt von der Cultur eines Gewaͤchſes zu 


‚gen der Zwiebeln iſt ſo allgemein, daß in 


wo man fie nicht zu gebrauchen und anzubauen wüß- 


te. - Allein eben um deswillen, weil die Zwiebeln. 


Armen und Reichen nüglich und unentbehrlich find, - 


man mag fie nun zum Gewürz, oder zur eis igentlis 
chen Speife gebrauchen, fo muß man um defto mehr 


darum bemühet fenn, fie fich in größten Ueberfiuffe - 


zu verfchaffen. Da mic) nun die Erfahrung von 
der mannigfaltigen Art und Weiſe ſie in Frankreich 
anzubauen/ überzeugend gelehrt hat, daß man in 


wenig Laͤndern die rechte Art ihres Anbaues wiſſe, 


um mit wenig Koſten, zu allen Jahrszeiten eine 
große Menge vorzüglich gufer Zwiebeln zu erhalten, ” 
ſo hoffe ich, daß meine "Beobachtungen diefem Feh⸗ 
fer abhelfen werben. Zu den Ende will ih, zuerſt 
die bekannteſten Methoden des Zwiebelanbaues er⸗ 


zaͤhlen, und die beſte unter allen anzeigen, nachher 


aber auch die Mittel offenbaren, wie man vortreffe, 
liche Zwiebeln erhalten, und wie man, fie von einem 
Jahre sum andern aufbehalten fönne ‚ ohne daß ſie 
verderben. 

24. Band, : Bon 


7 







— Bon der Cultur 


Bon den Eigenſchaften er Zwiebeln 

Abſicht der Geſundheit, und in — su Re ohl 

G welchen fie allen Spei Be. - 
AN mittheilen, N 


Man tr mit Grunde, daß bie; Zwiebeln ir 

Aeghpten weit.eher als anderwärts cultivirt worden 

ſind. Nichts deſto weniger ſcheinen fie u inſern 
mielsſtriche urſpruͤnglich eigene Gewaͤchſe zu 
weil in den Feldern verſchiedene — * wilden 
Zwiebeln, Knoblauch und Porrey ungebauet wach⸗ 
ſen, welches nicht möglich wäre, wenn fich das Cli⸗ 
ma nicht voͤllig dazu ſchickte. Vielleicht iſt das & aͤgy⸗ 
ptiſche Erdreich in der That noch geſchickter Dazur 
denn ſie müffen allem Anfehen nach. daſelbſt vrrtreff⸗ 
lich geweſen ſeyn, weil ſie die Iſraeliten ſo gar — 
der Zeit jo ſehr bedaureten, da ihnen Gott felbf 
Fa Manna zu ihrer ‚Speife ſend Ine | 
ſchen beweifet doch diefes in der That nicht fo wohl 
den Vorzug des ägppfifchen Landes zur Eultur der 
um , vor dem unfrigen, als vielmehr die Bor: 
S 










lichkeit und Geſundheit des Gewaͤchſes an ſich. 

haben wirklich eine der Geſun heit ſehr vortheil⸗ 
hafte Eigenſchaft, wenn man ſie maͤß 3 gebrau 
‚denn fie erregen den Appetit, und erhöhen dei 
ſchmack aller Speifen, an welche fie get jan werben.‘ 
So vortrefflic) alfo das Manna auch immer gewe⸗ 
| K feyn mag, fo ift es doch gar nicht zu bewundern, | 
| daß ber beftändige lange Genuß deffelben ven Iſrae⸗ 
ficen zuleßt efelhaft geworden it, daß fie Die — 
beln Aegyptens dabeh bedauret ‚haben. Alles was 
wie Die Zwiebeln, —* iſt, den en —* 

gen, 







der Swicben. 163 
und den Geſchmack der Speiſen zu erhöhen, 


muß ein Verlangen nach ſich in uns erregen, zumal 
wenn wir ſchon daran gewoͤhnt ſind. Man ſtelle 
ſich vor, daß uns der Gebrauch des Salzes auf eins 
mal benommen würde. Würde uns nicht alles uns 
ſchmackhaft fcheinen, und würden wir nicht lange 
Zeit zubringen, ehe wir den Gebrauch deffelben vers 
geflen lernten ? Gleichwohl ift es gewiß, daß das 
Salz zum menfchlichen Leben nicht unentbehrlich noth. 
wendig iſt. Außerdem aber, daß die.Zwiebeln eis 
ne Art von Gewürze find, bedienet man fich derfels 
ben auch als einer eigentlichen Speife. Diele teure 
fractiren fich mit Zwiebeln, Knoblauch, Charlotten, 





Pr 


und dergleichen. Man genieße fie vob und gefocht, 


Wenn fie roh gegeffen werden, fo erregen fie Appes 
tie, treiben die Galle aus, und erleichtern die Vera 
dauung eines robuften Magens. Inzwiſchen ift es 
wahr, daß fie auf folche Weife einen empfindlichen 
und unangenehmen Athem verurfachen, und Diefes 
iſt vermuthlich die Urſache, warum fie von vielen Pers 
ſonen verachfet werden, Die geziwungen find in der 
großen Welt zu leben. Allein es ift in der That zu 
- bedauren, daß uns dieſer ihnen natürliche Geruch 
einer für die Geſundheit fo nüglichen Epeife berau— 
ben foll. Die Leute, welche auf dem Sande leben, 
und ſich dem Ceremoniell nicht fehr unterwerfen duͤr⸗ 
fen, bemweifen uns aus ihrer Erfahrung, daß ver 
"Genuß roher Zwiebeln, wenn man fie. denn und 
wenn mit Mäßigkeie nüchtern fpeifet, zur Unterhal⸗ 


tung der Gefundheit vortrefflich fey. Sie verbefe 


ſern fo gar die unveine a ‚ und Die Yerzte pflegen 


1.20% 
n 





Von —— 4 des 9* — 
Anbaue der Zwiebeln. : 0. 

Es iſt 9— jede Art von Erdreiche gefchiche ** 
beln zu erzeugen. Sie wachſen in allen Gärten- 
Indeſſen giebt es doch gewiſſe Arten Landes, worinn 
fie beffer fortfommen, und das find die fan 
leichten und fteinigten Erden, dahingeger die allzu 
ſtarken, thonigten und Falten Erden zum Zwiebel⸗ 
baume am ungefchickteften find. Die Zwiebeln ha⸗ 
ben einen ſtaͤrkern oder ſchwaͤchern Geſchmack, nach» 
dem die Natur des Erdreichs und des Duͤngers, 
welcher dazu gebraucht wird, verſchieden ift. "Syn 
allen jtarfen und etwas ‚thonigten Erden werden fie . 
ſaͤuerlicher, befommen fie eine dickere Haut, und find | 
unangenehmer vom Gefehmade, wenn 
genießen wollte : Hingegen aber werden fie zu gekoch⸗ 
ten Speifen und in den Ragouts andern Arten vor⸗ 
gezogen. Der Duͤnger vom Straßenfothe und die. 
Laugenaſche machen die Ziviebeln ungemein ftark, 














Wenn man Zwiebeln ——— chmacke 
haben will, die fo. wenig ſtark find’ ale moglich), ‚fo 
muß man fie in ein fandigtes Erdreich pflanzen, kn 


bloß mit Mifterde von alten Beeten, die fchon ges 
braucht worden — * geduͤngt worden ib, und wenn 
man in dergleichen Land eine länglichte Art von Zwie⸗ 
bein‘ pflanzet, die wie Birnen ausſehen, fo wird. 
man davon eine Sorte erhalten, die vom Geſchma⸗ 
cke ſo ſanft als Aepfel iſt, und denen ſehr angenehm 
Bu wird, Die aaa Zwiebeln. — hne ei 









— 


u 165 


Geruch des —— zu Sei: Une 
ger der Menge von Zwiebeln, die auf einerley Deere 
wachſen, find immer einige fanfter als die andern: 
Daher — um ſie zu erkennen, diejenigen aus⸗ 
ſuchen, e wenn fie ſtark wiſchen den Fingern 
gedruͤckt werden, am wenigſten hart ſcheinen: denn 
die feſteſten und die unten an der Seite des Zipfels 
gruͤnlichte Streifen h ses ne allezeit die — — 
vom Geſchmacke · 


V n den verfiiedenen Arten und Eigen 
er -fchaften der Zwiebeln, —F 
- Ben: man. die Zwiebeln nad) ihren verſchiede⸗ 
nen Geſtalten und Farben unterſcheiden wollte, ſo 
wuͤrde man deren ſo viele verſchiedene Arten Haben, 
als: Abänderungen derfelden find; wenn man aber 
nur die allgemeinen Arten in Betrachtung zieht, jo 
kann man’ hoͤchſtens nur drey Sorten derſelben an · 
nehmen, nämlich die weißen, die rothen, und die 
Zipollen oder. Fleinen Zwiebeln, Diefe legtern find 
nicht einmal eigentlich eine befondere Art: fondern es 
uk bloß ausgeartete Zwiebeln, wie folches die Erz 
fahrung her: on denn wenn man gleich auf ein Beet 








die ausgefuchtefte Zwiebelſaat ſaͤet, ſo werden doch 


immer einige davon Zipollen, daß ſie naͤmlich nicht 
foͤrmliche Zwiebelknollen anſetzen. Es iſt hierinn 
mit den Zwiebeln faft eben fo, wie mit den Kohlen 

‚und Sallaten die nicht allezeit in Haͤupter ſchießen, 
od fie gleich von auserlefener Saat gezogen ‚werden. 
Die Zwiebeln find in ihrem erſten Urfprunge alle Zi⸗ 
' polfen bloß die Euftur und daran gemendete Mühe 
; u fie dahin RER: in der Erde ihre 


Knollen 





‚ Knollen feß— ‚Cs * * RR. 


Natur der Pflanze erfodert, fo wird- 
_ wenn man ihr frifches Erdreich ‚giebt, ‚noch im 










fehlen, oder das ‚Erdreich darf ihnen me nicht zu⸗ 
£räglich feyn, fo arten fie gar bald wieder a + und 
bleiben Zipollen. Es hat mit. faft allen Pfl 
eben diefelbe Befchaffenheit, wenn man nich vor⸗ 


| ſichtig genug iſt, die beſte Saat auszuleſen? wenn 





man hingegen die beſte Saat zur Ausſaat nimmt, 
und das Sand und die Cultur fo find, wie es die 
cht allein die 
Art erhalten, fondern fie gewinnet auch), befonbers, 








neue Grade der Vollkommenheit. Hierauf komme 


- 08 hauptfächlich an, denn man mag es anfangen, 


> 


von fehr Falter Natur, weil er gemeiniglic) 


wie man will, fo thut doch der Fünftliche Dünger 
bey weitem die Dienfte nicht, als den die Natur 
ſelbſt giebt. Nichts koͤmmt den Saften bey, wel 
‚he ein fand von, den Einflüffen der. Luft empfaͤngt, 
nachdem es lange brand). ‚gelegen, und die nahrhaf⸗ 
fen und organifchen Theile in fich gezogen bat, wel 
che das Regenwaſſer oder anderes —— ge⸗ 

laſſen haben & — J 


er Cube 








Von den ver Arten | 
tur der Zwiebeln, und der- beften, um Me: 
ſchoͤn und doch wohlfeif zu erhalten... 

In den meijten Provinzen Frankreichs, und — | 








| ſaͤchuich in Guienne, ſaͤet man die Zwiebeln auf Bee⸗ 


te von Steaßenmift auf den Dörfern ‚welcher viel 


Erde in fich enthält, und nicht ſo hitzig iſt, als der. 
Straßenmift aus den Städten. Er iſt vielmehr 


* gemacht if, bie — wirft, 





der Zwiebeln. 167 
damit es daſelbſt faulen ſoll, und wovon der Duͤn⸗ 
ger wenig Hitze und Fettigkeit bekommt. Auf die» 


ſes erſte Beet von Duͤnger wird ein andres von fei⸗ 


- nem alten verfaulten Miſte aufgetragen, der eigent⸗ 
lich hierzu aufbehalten wird, und dieſer muß unge⸗ 
faͤhr zween Zoll hoch liegen. In dieſe Lage wird der 

ſaame ſo dick und dicht geſaͤet, daß ſich die 
Koͤrner einander faſt beruͤhren. Wenn ſie nun fein 
‚gleich ausgeſtreuet find, fo bedeckt man fie mit feis 
nem Fleinen Mifte, einen halben Zoll hoch, der aber 
noch mehr gefault ſeyn muß, als der/ in welchen ſie 
geſaͤet worden ſind. Nach dieſem bedeckt man das 
ganze Beet mit Reißig, Z. E. mit dicken Dorn 
hecken, damit es von der Luft nicht zu geſchwind 
———— und der Froſt nicht ſo darauf fallen koͤn⸗ 
Eben um deswillen muß man die Beete ſo an⸗ 

* > ‚daß fie e die Mittagsfonne haben, und daß fie 
nahe an einem Teichwaffer find, daß fie im Früh» 
jahre, wenn es warn zu werden anfaͤngt, bequem 
begoſſen werden koͤnnen. Man ſaͤet die Zoiebeln 
gemeiniglich gegen den 15. oder 20. Jenner, wenn 
alsdenn kein ſtarkes Froſtwetter iſt. Die Saat liegt 
einen Monat in der Erde, ehe fie aufgeht, weil fie 
von der Kälte zurüc gehalten. wird: allein ‘gegen 
die Mitte des Hornungs gebe fie auf, und weil als⸗ 
Denn in diefer Provinz die ftarfen Froͤſte vorbey find, 
> fo deckt man das Beet auf, ſchaffet ‚alle Unreinig- 


feiten herunter, und verfiehe fie nad) der Nordſeite 


Kin mit Steoßbächern, wo fie nicht an einer Mauer, 

Hecke liegen, die ſie vor den heftigen Winden 

et Wenn alt trocknes Wetter einfällt, fo 
begießt n 






bet 


— 


* 


die —F „oder Teichwaſſer, 
We 


* 





nie ‚aber. mit ——— r, es mie dm von ie 
warmen Duelle feyn ‚in die man Pferbemift- geſchuͤt· 
tet haͤtte, um ſie zu verbeſſern. In weniger als 





einem Monate wird man, wenn der Winter nicht 


außerordentlich ſtark iſt, ſchon ein ———— 
beet haben. So macht man es in Öuienne, wo 
ſehr viel Zwiebeln angebauet werden, und 10. man 
ud im ganzen Reiche die meisten verbrauchet : denn 
es weiß; jedermann, wie gern Die. Gascogner Zwie⸗ 
beln und Knoblauch ſpeiſen. Wenn die Zwiebeln 
die dicke einer kleinen Federſpuhle erreicht haben, 
das iſt, wenn ſie 2 bis 3 Blätter. angefegt baben, 
ſo verpflanzet man ſie in ein wohl umgegrabenes 
geduͤngtes Land. Gemeiniglich bereiten diejenigen, 
‚die dieſe Cultur am beſten verftehen, ſchon im Hetb- 








fee ihr Land im Voraus zu, und laſſen es, nachdem 


ſie die Kloͤßer wohl zerſtoßen haben, den Winter 
hindurch fo liegen, -fo iſt es zur Zeit der Verpflan- 
zung der Zwiebeln gefchmeidiger,  Diefe, Dperation 
wird mit einer £leinen geraden Hacke —— 9 
Man macht damit Furchen, Die ween Zoll tief ſeyn 
muͤſſen, und wenn man die Pfianzen a n hab 
will, f lege man die Zwiebeln 5 bis. 6 Zell. w ie 
von einander auf dein Rande diefer Furchen ein, dar 
mit fich die Wurzeln deſto ungehinderter 
koͤnnen. Alsdenn bedeckt man die Zwiebeln einen 
guten Zoll hoch mit Erde, und macht ‚eine neue 
Furche, neben der,erften. Die Zwiebeln der eriten 
Furche werden mit der Erde der zwoten bedeckt, und 
fo faͤhrt man fort die Iwiebehn a andern. Furche 
mit der Erde der dritten zu bededen, bis man zur 
ſechſten Furche ‚fönme 2 welche nicht: mit Zwiebe 
* | ‚ bepflange 








er — ra werben — — die — 





be bie Zwiebeln zu warten und das Unfraut aus zu⸗ 
gäten. Alles was man alsdenn dabey zu thun hat, 

ift, daß man das Unkraut ausgäte, und mit einer: 
Fleinen ‚Harfe das ‚Erdreich ein. wenig. auffrage. 

2 (che Weiſe kann ein einziges Zwiebelbeet fo. 

Zwiebeln geben, daß man ein großes Stuͤck 

Sand damit bepflangen fönnte. Wenn man in glel⸗ 

hen Entfernungen eineneben die andre, pflanjte,. wo. 

koͤnnte man mit einen’ Pfunde Saat faft einen hal 

ben Morgen Sandes mit Zwiebeln bepflanzen. Wenn 

das fand guf, und die Saat ouserlefen ift, fo kann 

man gewiß hoffen, daß die Zwiebeln. ſtark und in 

großer Menge ſeyn werden, beſonders wenn bey ih⸗ 

rer Verpflanzung zu Ende des Aprils, das Land 

nicht zu trocken iſt, und kleine Regen fallen, die es 
anfeuchten: denn obgleich die Zwiebeln leicht wieder 
fortkommen, ſo kann es doch geſchehen, daß viele 
umkommen, wenn der Thau das Land nicht genug 
anfeuchtet. "Es giebt eine Art Würmer ‚weldye den 
Zwiebeln großen Schaden. zufügen, welches auch 
die Erdraupen, die Grillen und die Maulwuͤrfe zu 
thun pflegen: denn da ſie Reihenweiſe gepflanzt ſind, 
ſo gehen dieſe Thiere von einer zur andern fort, und 
rotten fie faſt alle aus. Einige Arten von Erdrei⸗ 
che ſind dieſem Uebel mehr ausgeſetzt, als andere, 
beſonders aber die, fo in der Nachbarſchaft von 
liegen: denn zu dieſer Jahrszeit werden die⸗ 

ſe Thiere von dem Waſſer, das man auf die Wie⸗ 
ſen leitet, von dannen verjagt, da fie dern die ber 
nachbarten — BERN * muß ud 





in folchen © ent nie — * yaran ft 60 
—— „on erſt neu gepflanzt find. wagen, 
Ich finde bey dieſer Art des Anbaues der Zwie · 
bein eine große Unbequemlichkeit, weiche darinn bes 
ſteht, daß man zu viel Zeit und Koſten an ihre 
Berpflanzung menden muß. Auferdem babe id) 
auch bemerfer, daß wie auf folche Weife ‚gezogenen 
Zwiebeln eine dickere Haut haben, ſpaͤter reif wer⸗ 
den, und ſich nicht fo gut halten, als ſonſt. Die 
Zwiebeln, ſo i in fettem und flarfem Erdreiche gezo⸗ 
gen werden, halten ſich noch weniger arten aus, 
und werden allegeit noch fpäterreif. Ich habe auch be: 
merket, daß, wider die fonft allgemeine egel 
chengewaͤchſe, die Zwiebeln weder ein tiefes Umgra⸗ 
ben, noch eine tiefe Einpflan ung ve eiägen ‚wollen. 
Sie fommen gemeiniglich auf der berflaͤche des 
Landes. Iſt das Land zu tief umgegraben, fo trei⸗ 
ben die Wuͤrzeln der Zwiebeln zu weit, und da fie 
in der Erde’ zu viel Subftanz und Feuchtigkeit fin 
den, fo treiben fie nichts als Blätter, "und. werden 
| nicht fo groß, als in einem Sande, das bloß mit ei⸗ 
nem Grabſcheit umgegraben worden iſt. Dieſer 
Fehler, auf welchen niemand achtet, und der ſehr 
leicht verbeffert werden kann / iſt oft die Urfache, war⸗ 
um man nicht fo gute Zroiebeln. befömmt, die fich 
nicht fo gut Halten, als wenn das Sand weniger de: 
graben worden ar: und man. es nur felten beg 









Die Wärme it eg, tovon’bie Zwiebeln. groß —* 
den, und geſchwind reifen. Wenn ſich die Zwie 
bein ſollen lange halten koͤnnen, fo müffen peBie de 
Ir SR Haut und: —— Blätter haben, * 

Di 





der Swiebeln m 


dicften und vollkommenſten, die kleine Wurzeln 
haben, halten fi) am längften. ‚Die Kenner 
willen fie leicht Auszufuchen, und legen alle man⸗ 
gelhafte bey Seite, um fie entweder zuerft zu ſpei⸗ 
fen, oder um fie. zu verpflanzen, damit fie Zi⸗ 
polfen davon befommen Zu ſolchen Zmoiebeln, 
welche man zur Zortpflanzung ihrer Art aufhebt, 
me man die größten, die die feinfte Haut und 

die wenigften Blätter, und den Winter hindurch 
nicht gekeimt haben. Die Zwiebeln, die man in 
Saamen ſchießen laſſen will, muͤſſen im Monate 
März in eine weder zu flarfe ‚ noch zu leichte, Er⸗ 
de gepflanzt werden. „Sie. muͤſſen einen Fuß von 
einander entfernt ſtehen, und wenn fie in Saas 
men geſchoſſen find, fo ſteckt man Fleine Pfaͤhle 
in die Erde, an welche man die Stengel mit 
Baſt anbindet, auf welchen der Saame zum 
Vorſcheine koͤmmt: damit ſie die Windſtoͤße nicht 
abbrechen. Der Saame muß erſt recht reif. 
werden, ehe man ihn ſammlet. Zu dem Ende 
muß man fo lange warten, bis der Stengel gelb 
und faft ganz troden wird, Wenn man aber 
bie Zwiebeln in ein ftarfes und allzu wohl um 
gegrabenes Erdreich pflanzet, fo werben. die Wura 
zeln, welche fehr tief in die Erde dringen, alles’ 
zeit zu viel Nahrungsfaft finden, und‘ diefes wird 
machen, daß die Stengel fehr lange gruͤn blei⸗ 
ben, und daß der viel fehlechter reifende Saame 
wide fo. gut aufgeht, als fonft gefhehen ſeyn 
würde. Die Eleinen Ziviebein fo wohl, als die 
auf den Beeten fommen ‚ empfinden dieſes nur allzu 
ſehr, us die letztern arten davon aus, Man ſieht 
aus 





aus dem allen, wog hier — TE daß 

Cultur der Zwiebeln von nicht fo geringer Wic htigs 
keit iſt, als mai wohl glauben follte, und daß man 
nicht genug Fleiß und Aufmerffamfeit darauf wer. 
den — wenn man u —* Den“ und en. 
gen will * 


Ark a ts He; RN ; 
*  Heronemifhe Racribten, 
wi N | von der er 





Sul, des —* 
— Kaſtanienhotzes Er FRE 


an in Flaues (den ſeit — 5* Zeit, daß es in 
Frankreich an Holze zu mangeln beginne. 
Es wird daſſeibe taͤglich rarer, und die 
große Theurung, zu welcher es geſtiegen 
ie, Ay, diefe Furcht , und ‚öffnet jedermann: 
in Absicht dev Gefahr. die Augen, worinn man ſich 
befindet, im Euren eine unentbehrliche Waare zu 
verlieren; davon ı man ſonſt in Frankreich. einen. Les 

berfluß hatte. In der That rotter man ist überall; ; 
die Waldungen aus, um das fand zum Kornbaue, 
oder. an manchen Hrten ‚gar zum Weinbaue zu mus _ 
Sen; hingegen fieht man nirgends neue Waldungen 
zum Erſatze der ausgerotteten anlegen. Die mei⸗ 
ſten noch uͤbrigen Waldungen ſind faſt eben jo alt, 

als das Sand worauf fie fliehen, und es find; v er 
0.547 —— er 








des Eichen: und Kaſtanie nienholzes. er 


der Menge viele, die faſt unbrauchbar findi”; Ihre 
Entlegenheit von den Landſtraßen, und der Mans 
gel der Canäle und der fhiffbaren Fluͤſſe, auf denen 
man fie wegfuͤhren koͤnnte, machen, daß man ſie 
auf der Stelle, wo ſie gewachfen find, lieber vers _ 
faulen’ läßt, als daß man die Frachtfoften daran 
wenden follte, welche. mehr ‚betragen 'würden, als 
aller Gewinn den man davon hoffen koͤnnte. Es ift 
nicht genug Holz zu haben; ; fondern man muß es 
auch) da haben, wo es zu den at gefickt iſt 
wen man es haben will. 

Es wuͤrde nicht ſchwer ſeyn in Frankreich dieſer 
Unbequernichkeit: abzuhelfen.: Man hat daſelbſt 
Sand im Meberfluffe, das zur Anlegung des Gehöls 
jes bequem genug lieget. Nichts deftomeniger has 
ben fich fehr wenig Leute gefunden, die leichte und 
brauchbare Mittel Waldungen anzulegen, er 
fehlagen hätten. Die Unfoften und der erſte 
ſchuß fehrecfen jedermann ab, und man glaubt, da 
der Davon zu erwarfende Mugen allzumeit entferne 
ſey. Ein Gewinn, der ſich uns nur in einer weis _ 

‚ten Entfernung zeiget, ſch meichelt fern Hoffnun⸗ 
gen nicht genug, um diejenigen auf zumuntern, die 
etwas zu unternehmen geneigt ſind: allein dieſer 
"Grund, der in der That einen großen Schein hat, _ 
verliert feinen ganzen Werth, wenn man die Sache 
genauer unterfuchen will. Unterdeffen ift er doch - 
wahrfcheinlicher Weife die Urfache, welche macht, 
daß wir in Frankreich noch ist große Striche Sans 
des wuͤſt und unangebauet liegen fehen, welches ein 
rührender Anblick von unſrer Unforgfamkeit oder _ 

Traͤgheit ift. — würde es wenig Schwierig« 
7 feit 


m. Don der Cultur 


keit a alles diefes Sand nutzbar 5 * | n, * 
Holz darauf zu pflanzen, wenn wir es nur recht zu ge⸗ 
brauchen wuͤßten. Ein in der Kunſt des Landbaues 
ſo aufgeklaͤrtes Jahrhundert, als das gegenwaͤrtige 
iſt, und das den Geſchmack an Kleinigkeiten ganz 
verlaſſen zu haben ſcheint, um ſi ch bloß dem, was 
nuͤtzlich iſt, zu ergeben, kann wohl unmoͤglich gegen 
Saͤchen gleichguͤltig ſeyn, die uns itzt lauter Be 
wuͤſtung und Elend zeigen, ob fie gleich die intereſ⸗ 
fanteften find. Die Leſer der ‚gegenwärtigen Abe 
Handlung werden darinn Gründe und Mittel genug 
finden, um an dieſem wichtigen Bpte, ‚zu arbeiten, 
und wenn fie nur von den. Borurtheilen wider die 
Anlegung der Waldungen, befreyet find, fo wird fie 
der Eifer für dag gemeine Beſte und: fuͤr ihr beſon- 
deres eigenes Intereſſe gewiß — ſchoͤnen 
Anternehmungen aufmuntern. — —— 


Ton der Befchaffenheit der in angebans 
eten Ländereyen, und ihren Eigenſchaften „tele · 
che fie zu Waldungen geſchickt machen, — 

Wenn man alle unangebauete Laͤndereyen in Frank⸗ 
reich mit einem Blicke beyſammen uͤ erfehen follte, 
fo würde man über die Größe. derfelben, und daruͤ⸗ 
ber, daß man Frankreich fuͤr ein wohl cultivirtes 
Sand hält, wo man alle Stuͤckgen Landes zu Nusen | 
fuche, billig erſtaunen. Die meiſten diefer Laͤnde⸗ 
reyen gehoͤren zu einer oder der andern von folgen⸗ 
den vier Arten. Entweder find fie von Falter und 
feuchter Natur, oder trockner und unfruchtbarer 
Sand, oder es find mit Felfen beſetzte, auf fteilen 
Bergen und Hügeln hängende Laͤnder, oder. endlich, 
wie 













des Eichen: und Kaſtanienholzes. — 


"Pole in Champagne; eine mit einer duͤnnen Rinde 
guter Erde bedeckte Kreide, worinn, weil die gute 
Erde nicht tief genug gebt, Fein Holz gebauet wer« 
den kann. Die beyden erften Arten find die gemein 
ſten, und man laͤßt fie unangebauet liegen, weil mar 
Kr zu nichts tauglich Hält, nachdem man bergebiicg 
verfucht hat, Korn und Wein darauf zu bauen, 
Es laͤßt ſich aber mit Grunde der Wahrheit behaus 
ten, daß die meiften jo wohl Falten Sander, als 
trockner und dem Anfehen nach. unfruchtbarer Sand 
" zum Holzbaue fehr geſchickt feyn würden. Senebrine _ 
gen ſehr ſchoͤne Eichen hervor, und was die fandigten 
$änderenen betrifft, ‚die ein wenig Feſtigkeit haben, 
fo würden darinn die Kaftanienbäume, in den ans 
dern aber die Fichten fehr gue fort Fommen, Wir 
mollen bier alles, was zur Eultur der Eichen: und 
Kaftanienbäume erfodert wird, abbandeln, und die 
"Regeln, welche wir für die eine Arc vorfchreiben, 
werden auch von der andern. gelten. Wir-wollen 
die einfältigften und iverläßigften Mittel vorfchlas 
‚gen, um zu dem Zwecke zu gelangen, daß dieſe Ar; 
ten von Bäumen fo geſchwind als. möglich fo viel 
eintragen, daß diejenigen, fo fie pflanzen wollen, 
‚anfangs erft [hadlos gehalten werden, mit der Zeit 
‚aber auch einen anfehnlichen Bortheil davon erbals 





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>) fchen, als von — il, 

N ches der. berühmte damalige Ar; 
IV, Sudwigs XIII, und der föniglichen‘ 
ker, Nicolaus Abraham de la. ; 
berichtet, der im Jahre 1613: gefchrieben E 
beil iſt eine 7. Meilen von Paris gelege 
wo man in den Weinbergen ſchon feibsundent 
Zeiten Pfirfchen ı aus, dem ‚Kerne zieht. Bey ve : 
Eultur der Neben eultiviret man die, Pfirfchen zu⸗ 
gleich, ohne ſie zu beſchneiden, oder ſonſt etwas —J 
dres Daran zu thun, als daß ı ın das todte Ho Ho 

| ee ı ja ohne fie. gar einmal, zu pfropfen. 














| Bon den Erde eiche zu Monte. 177 
| Heut zu — ſind dleſe Frůͤchte fuͤr das Ben 
— * 


Herr de la Quintinie ſagt, daß 30 Satin 
pfir chenbäume, zu feiner Zeit zwar beruͤhmt, aber 
doch noch eben nicht ‚alt geweſen wären, Er ſchriebh 
ungefähr 1680. : Zu Montreuil wird verfichert, daß 
damals die Pfirſchen daſelbſt eben fo wie itzt eulti⸗ 
virt worden wären, und nach der Rechnung der äls 
teften Leute zu Mentreuif, und Bagnolet find diefe, 
und bieübrigen Bäume, ſchon über ein Jahrhundert 
dafelbft gewartet worden, Es giebt gewiſſe a 
rechnungen, «welche beweiſen, daß zu Der. Zeit, 
de la Duintinie den- Garten und die Spaliere Ki 
Königs zu Verfailles anlegte , ‚die Leute zu Mont: 
reuil die Pfirfchen für fi) und auf eine ganz andre 
Weiſe, als Herr dela Duintinie cultivirten. Dieſe 
und nochmehr andre Umſtaͤnde, die hier anzuführen uns 
nöthig find, beweifen, daß die Eultur der Pfirfchen 
und andern Bäume zu Montreuil fehr alt feyn müß 
fe Urfprung iſt dieſer. 


Es inter einige: meiner an bieſem se 
daß vor mehr als einem Jahrhunderte einer ihrer 
Vorfahren Pfirſchen aus den Weinbergen gegeſſen, 
und die Kerne derſelben in ſeinen Garten geworfen, 
wo fie laͤngſt an einer Mauer bin aufgekommen. 
Als dieſe Bäume nach einigen Jahren voller Fruͤch— 
te ſaßen, ſo heftete der Beſitzer die Zweige an die 
Mauer feſt, und nahm, aus Mangel der Binſen, 
alte Stuͤcken Lumpen dazu, die er mit, Nägeln in 
die Wand ſchlug, fo wie es noch itzt, aber’ nicht 
mehr aus Mangel, fondern aus Einficht serhieht, 

{ 24, Ba nd. M Da 


178 * Von dem Erdreich 
Da diefe Pfir ſchen auf ſolche W Be ne b 


kamen, fo wurden fie größer, als d he I 
ſchmeckten und faͤrbten ſich beffer. Daher‘ verfu 
man es, andre Pfirfchenfteine auf eben eine folch. 
Weiſe zu ſtecken, und der Verſuch gelung eben fo 
gut. Man trug die Früchte zu Marfte, und der 
Benfall den fie erhielten, munterte fo wohl dieſen 
Eigentümer, als auch noch andre Leute zu Mont- 
reuil auf. Sie pflanzten von diefen aus den Ker⸗ 
nen gezogenen Früchten viele an ihren Mauern bin, 
und weil fich unter der Menge immer einige fanden, 
bie beffer waren, als die übrigen, fo bemühete fich 
ein jeder die Menge derfelben vermittelft des Per 
pfens zu vermehren, und mancher ergab ſich 
Eultur der Pfirfchen gänzlich), welches ihm bald’ un 
dre nachthaten. Seit diefer Zeit hat man die Pfir« 
fehen von Corbeil gegen diefe neuen vortrefflichen 
Früchte, fehr wenig mehr hochgefhäßt. 

Alle Gärtner und Particuliers um Paris herum, 
die dieſe großen und wohlſchmeckenden Pfirſchen ſa⸗ 
ben, wollten gern ſolche Fruͤchte auch in ihren Gärs 
ten haben. Man pfropfte ſo gleich verſchiedene Ars 
ten von Pfirfchen auf Mandeln und 5 
me; oder andre Gaͤrtner dachten wohl, daß ſie die 
Kunſt ſchon verftünden, Pfirſchenbaͤume zu ziehen, 

und verdarben diefelben auf eine fehr finnreiche Weis - 
fe, wie fie noch täglich thun. Endlich bewog der 
gute Fortgang die Leute zu Montreuil, daß fie die _ 
Natur des Pfirfchenbaumes felbftftubierten, und ih» 
re Einfichten und Gaben auch auf andre —* ſo 
wog von Kern⸗ als — erſtreckte. 


— * 








zur Montreuli m 
Von der Erfindung und Anlage der 


Mauern in den Gärten zu Montreuil, 


Beym erſten Urfprunge und zu der Zeit, wovon 
wir oben geredet haben, gab es zu Montreuil unge» 
fähr zwölf Gärten, wo man die Bäume, befonders 
die Pfirſchen, cultivirte, als der erfte von den Eigen« 
thümern derfelben ſtarb. Dieſer befaß ein Stüd 
Landes von ungefähr vier Morgen, das in der 
Nachhbarſchaft von Montreuil gelegenwar. Er hats 
te vier Erben, welche fich in diefes Stuͤck Landes 
theilten, und alfo jeder einen Morgen für fich nahm, 
den er ‚mit einer Mauer umgeben ließ. Nachdem 
der erfte von Diefen vier Erben geftorben war, theils 
ten fich feine vier nachgelaffenen Kinder wiederum 
in diefes Stüd Sand, und es ließ ein jeder von ih. 
nen feinen Biertelmorgen mit Mauern umziehen: 
alle aber pflanzten an diefen Mauern hin Pfirfchen.. 
Damals bemerfte man, daß in den vier Vierteln 
des zuerit Verftorbenen, die alle mit Mauern um⸗ 
geben waren, die Pfirfchen beffer geriethen, größer 
ausfielen, fehneller veiften, und beffere Farbe und 
Geſchmack Batten, und daß die Pfirfchenbäume viel 
beffer zunahmen, nicht fo leicht erfroren, und afleg 
andre, was in diefen Bierteln gepflanzt worden war, 
zeitiger zur Neife Fam. Daher führte man nad) 
der Zeit vorfeglicdy mehr Mauern auf, und feßte ale 
les auf den Fuß, wie manes ißt zu Montreuil finder, 
Ob man gleid) damals zu Montreuil die Pfir⸗ 
ſchen vornehmlich cultivirte, wie die erſten Eigen— 
thuͤmer gethan hatten, ſo fieng man doch, weil dieſe 
Fruͤchte nur kurze Zeit dauren, bald an, die Zwi— 
ER M 2 ſchenraͤu⸗ 


180 Von dem Erdreich je. 


Fe 5 








ſchenraͤume dieſer Mauern und die gegen O fie und 






Suͤden gelegenen Flecken mit — te | 
bepflanzen, womit man meift das. ganze Fahr hin 
durch handeln fonnte, > Allein man pflanzte alle dies 
fe Sachen weit von den Pfirfchenbäumen ab, damit 


ſie ihnen‘ nicht Schaden zufügen koͤnnten. "Daher 


findet man in der Nachbarſchaft dieſer Bäume wes 


der Erdbeeren, noch zeitige Erbſen noch Winter⸗ 
peterſilge, noch weniger * —— Rüben / Zwie⸗ 
bein, u. f. w.- 


Die Sage gegen Norden Weſten ſchickt ſich 


nicht fuͤr die Pfirſchen, doch aber braucht man die 
weſtlichen Mauern der vielen Schwierigkeiten en 
achtet, ‚haufig genug zur Cultur derfelben. U 

aber aud) die nordlichen Mauern zu nugen, an 
ten die Leute zu Montreuil an diefelben die dauer— 


hafteften Arten von Kochobft, und nach Weften zu 


- Winter Bomhretiens, und andres dergleichen Obft. 


Diefe beyderley Früchte geriethen fehr wohl, und fie. 


hatten davon große Wortheile, daher legten ſich die 


Einwohner nach und nad) auch zugleich auf die Cul⸗ 


tur des Kernobſtes, nachdem fie es in der Eultur des 
Steinobftes fo weit gebracht haften. Da auch her- 
nad) Das Zugemüfe und alle andre Früchfe 
ſem Nutzen cultivirt wurden, fo wurden endli 





Mauern in den Gegenden um Monfreuil fo viel, . 


daß ißt diefes Dorf mit feinen vielen Mauern einer 
fehr großen Stadt aͤhnlich iſt. 


Es iſt unnoͤthig bier zu erzählen, wie bie zu. 


Montreuil eingeführte Methode, die Bäume und 


andre Gewaͤchſe zu erziehen, inden umliegenden Sands. 


urn ist ebenfalls geworden iſt. Der 


große. 


— 


ARTNET u Montreuil. EN. 


| große Votthei; welchen die Leute von Monttenn 
‘von ihren Früchten gewannen, erregte nothwendig 
den Nacheifer ihrer Nachbarn, und fo hat ſich ihre 
Methode natürlicher Weile immer weiter ausgebrei- 
tet. Girardot, der Vater, bat fid) bierinn am 
meijten hervorgethan, ‚allein der Berfaffer der Schrift 
von der Eultur der Pfirfchen mag fagen was er will, 
fo fönnen wir-doch für gewiß verfichern , daß derfelbe 
‚ Teinesweges der Erfinder von irgend einem derjenis 
gen Kunftgriffe ift, welche ige zu Montreuil, zu 
Bagnolet und in allen ga nahe * aus⸗ 
geübet erden, | 


EEE EEE EEE 


ee vum, 
Echt eines Briefeg, 
worinn gelehret wird, 
..... wie man 


12 euft der Zaubenſchlge 
| erneuren koͤnne. | 


in in Edelmann, den er kenne, ließ ſich auf 
nem Hofe einen ſehr ſchoͤnen und feſten Taus 
„ benfchlag in Form eines Thurms bauen. 
* Die Mauern waren von Stein und fehr did, 
und das Dach war oben mit einer Kuppel’ verfehen, 
und mit Bieye gedeckt. Die Thüre paffete ſehr ges 
nau/ damit Die Juſecten nicht hinein kommen koͤnn⸗ 
a und endlich war: dieſer Taubenſchlag 
| M3 wohl 





182 Die Luft der 7 -aubenfe fäge 





’ U“ , 


wohl verfchloffen, daß die Luft Feb iuf keine 
‚dern Wege hinein kommen fonnte, als den die Taı 
ben nahmen, nämlich von eben: Die $uft ward 
darinn im Sommer fo fehr verduͤnnet, und. von ber 
Ausdünftung und dem Mifte der Tauben fo ange 
ſteckt, daß fie nicht darinn bleiben konnten, ihre 
ungen zu füttern, auch nicht einmal ihre Eyer zu 
„brüten. » Daher geſchah es, daß der Taubenſchlag, 
der doch mit alten Tauben ſehr wohl verſehen war, 
binnen zweyen Jahren dem Eigenthümer faum 5 
Paar junge Tauben einbrachte. ja 
Diefer Fehler ſchien mir ſehr leicht au verbeſſern 
zu ſeyn. ch gab meinem Nachbar den Rath, eine 
gewiſſe Anzahl von $öchern durch die Mauer brechen 
zu laſſen, damit die $uft frey, Durch den Tauben. 
fhlag hindurch ſtreichen, und die Wohnung der 
Tauben erfrifchen fönnte. Dieſes geſchahe; man 
machte vier Deffnungen-in die Mauer, deren jede 
ungefähr einen Fuß breit, und zween Fuß hoc) war. 
Sie ftunden in gleicher Entfernung von einander ab, 
und waren in einer Höhe von 8 Fi angebracht, Y 
So bald diefes geſcheden war, blieben die Tauben 
fleißiger zu Hauſe und nahmen zuſehends zu. Das 
mit aber Feine Inſecten in den Schlag kommen moͤch⸗ 
ten, nagelte man ein ſehr enges Gitter von ia 
genem Drathe vor die Deffnungen, Hi, 
In der That find die Tauben von ſehr hitziger 
Natur, und bauen ihre Neſter aus lauter Heinen 
Splittern, damit ihre Jungen fühl figen. Daher 
gedeyen fie auc) nirgends anders, als an ſolchen 
Dertern, in welche die $uft frey hineindringen kann. 
gehen um deswillen bin il der —— daß die 
mei⸗ 





zu erneuren. 63 


meifen von Ziegen oder Waerſteinen —* 
Taubenſchlaͤge dieſen Thieren zu hitzig ſind, und 
daß die Tauben darinn nur halb leben, wenn ſie nicht 
mit einigen Zugloͤchern verſehen werden. Es find 
mir einige, wegen ihrer guten Anlage fehr beruͤhmte 
Taubenfchläge befannt, welche nichts anders als 
alte Scheunen find, aus denen man Taubenfchläge 
gemacht hat, und in welche die Luft durch die Dach⸗ 
jiegel, und durch die in die Mauer gemachten Oeff⸗ 
nungen frey eindringen kann. 
Dieſes iſt der Innhalt des Briefes, welcher den 
$andwirchen ſchon an fich nuͤtzlich ſeyn kann, wenn 
ſie die Taubenzucht mit gutem Fortgange treiben 
wollen. Allein wir wollen es hierbey noch nicht be» 
wenden laffen; fondern wir wollen aud) aus diefer 
Beobachtung noch einen andern viel wichtigern Bor. 
theil herleiten, der die Erhaltung des Lebens und 
der Gefundheit der Menfchen felbft angeht. Es 
ift nicht bloß der Higigen Natur der Tauben zuju- 
ſchreiben, daß fie in einer eingefehloffenen und mit 
faulenden Dünften angefüllten Luft nicht leben und 
gedeyen koͤnnen. Die allermeiften Thiere, befon- 
ders aber der Menfch, muͤſſen einer freyen Luft ge 
nießen , wenn fie gefund feyn wollen. Die Erfah: 
rungen mit den DBentilatorn in England in ven ' 
Öefängniffen, und auf ven Schiffen, entſcheiden die 
unentbehrliche Nothwendigkeit der reinen Luft zur 
Erhaltung und zur Geſundheit der Menſchen unwi— 
derfprechlih. Weder das Sterben, noch die Kranf- 
beiten, richten in denjenigen Häufern und Schiffen, 
wo diefe Blafebälge angelegt find, ist ſolche Ver⸗ 
er un an, als vorhin gefchehen iſt, und der 
M 4 Unters 





vor und —* der Zn Diefer 9 ee ift ſo 

fehr beträchtlich, daß man. keiner. Erfahrung. i in der - 
Welt mehr. Glauben zuſtellen müßte, wenn man die 
heilſamen Wirkungen der gereinigten Luft in Zwei⸗ 
fel ziehen wollte. Selbſt die Kranken muͤſſen ders 
ſelben genießen, weun fie, nicht in die größte Lebens⸗ 
gefahr gerathen ſollen. Ich will, ‚ohne, eine Mens . 
ge anderer Beobachtungen hier anzuführen, zur 
Beſtaͤtigung diefer Sache hier nur das einzige Zeug: 
niß des koͤniglich großbritannifchen Generalphnfici 
bey den in den “Jahren 1744 bis. 1748 in Deutfchland, 
Flandern t, England und ‘Brabant gebrauchten. Ara 
meen, Herrn D. Johann Pringle's beyfügen, 
welches er in feinen Beobachtungen über die 
Krankheiten einer Armee, aus. einer fehr zahl⸗ 
—— Menge von Beobachtungen blcchit gefaͤl⸗ 
let hat ih: 

Was die Einrichtung der — in Anfehung 
die Keinigfeit der Luft zu erhalten, anbetrifft, ſo iſt 
die beſte Regel, ſo wenig Patienten in jedes Zim⸗ 
mer zu thun, daß einer, der die Gefahr. der. ſchlim—⸗ 
men $uft nicht verſteht, meynen follte,es ware noch 
Plag für ziwey oder dreymal fo viel Pe | 
Wenn die mit Brettern verſchlagenen Böden nie» 

drig find, fo wird man ſich auch fehr gut Helfen koͤn⸗ 
nen, wenn man einen Theil Davon wegnimmt, und 
die kunden, nach den Dachʒiegeln zu, oͤffnet. 
Es iſt unglaublich , in wie, wenig "Tagen Die 
Luft in gedrängt vollen und engen Behältniffen vers 
dirbt, und wasjes noch ſchwerer macht, dent Uebel 
h ehe en, iſt au man — die Brink, | 
RR ctheils 





zu erneuren. 1 


theils die Kranken ſelbſt unmoͤglich uͤberzeugen kann, 
wie noͤthig es ſey, die Thuͤren oder Fenſter jemals 
der Luft wegen zu öffnen. Ich Habe diejenigen Be— 
haͤltniſſe jederzeit am geſundeſten befunden, wo mes 
gen zerbrochener Fenſter und anderer Maͤngel der 
Ko ee die Luft nicht eingefchloflen werden 


Ich will allen, die diefes leſen, zu bedenken ge- 
ben ‚ wie ſchlecht fie fich und die Ihrigen lieben, wenn 
fie in unreinlichen Zimmern. wohnen. Thüren und 
Senfter aufs befte verwahren, beym Fleinften An- 
‚fange einer UnpäßlichFeis gleich das Zimmer hüten, 
und die freye Luft meiden, in den Krankheiten felbft 
alle Deffnungen vernageln und verſchließen laſſen, 
und glauben, Daß fie fo auf eine vernünftige Weiſe 
vorfichtig wären; o möchten wir. Doc) ‚nicht zu Flug 
feyn, damit wir die. Kunft verlernten, uns finnreich 
ums $eben zu bringen! ; a arten 





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186 | Ashandlung — 


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von 


den Strihheufhreden 


nebft einer Anzeige der zuverlaßigſten 
Mittel, dieſelben zu Bea. eh 


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Die Woß und en der She fm , de 
a die Strichheuſchrecken verurſachen, iſt de⸗ 
"nen am beſten bekannt, die dieſe ſchaͤdu. 

chen Thiere auf ihre eigene Koſten eine 

Zeitlang haben ernähren müffen. Rußland, Un- 

garn, Siebenbirgen, Pohlen, Schlefien, Deutfch 
land, find ſchon oft mit einer unermeßlichen Anzahl 

defelben gleihfam ganz überfchürtet worden, und es 
iſt nicht felten gefchehen, daß fie fih, wenn ihnen 

‚ Wind und Wetter günftig gewefen, ‚bis nach Hol⸗ 

land, Engelland, Schottland, ja fo gar bis in die 

orcadifchen Inſein ausgebreitet haben. 

§. 2. Im Jahre 1748 und 1750 haben fie in ei⸗ 
nigen von obangezeigten Laͤndern großen Schaden an⸗ 
gerichtet, und eg hat im vergangenen und in diefem 

Jahre beſonders die Ukr aine die ſchaͤdlichen Wirkun⸗ — 

gen 
eUeberſetzt aus der rußiſchen Monatsſchrift, weiche: 
zu Gt. Petersburg unter der Aufficht de8 Harn 
" Prof, Müllers heraus koͤmmt. | 








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M24 B. 


‚von den Streichheufchreden.. 187 
gem dieſer Strichheuſchrecken, die daſelbſt, als in 
einem von Natur fruchtbaren Lande, jederzeit reichli⸗ 
chen Unterhalt finden, aufs neue erfahren. ‚müflen. 
Schon im Jahre 1748 haben Ihro rußifchrfaß 
ferliche Majeſtaͤt, die fih das Wohl Ihrer Un- 
terthanen auf die vollfommenfte Weiſe angelegen 
feyn laſſen, befohlen, den Einwohnern diefes Lan⸗ 
des eine große Menge Korn zuzuführen , und ihnen 
dadurch den Schaden, den fie durch die Heuſchre— 
den, die alle Früchte des Landes verzehret, erlitten, 
völlig zu erfegen. Nun befindet ſich der Landmann, 
laut der Nachrichten, die von daher eingegangen, 
faft in eben fo bedrängten Umftänden, und muß mit 
aͤußerſter Betrübniß die Früchte feines Fleifes von 
diefen gefräßigen Inſecten verzehren ſehen. Alle 
feine Hoffnung wird zunichte, und es finden fich un— 
überfteigliche Hinderniffe, diefem Uebel, Das fo oft 
vorkoͤmmt, und fo algemein iſt, einige Schranken 
zu ſetzen. 

$- 3. Ungeachtet hen nicht bekannt ift,obman 
ſich in ver Ukraine einiger wirkſamen und fichern 
Mittel bedienet, diefe Thiere auszurotten, und ih— 
ver fünftigen Vermehrung entgegen zu fegen, oder 
ob man folches, aus Mangel gehörigen Unterrichts, 
oder aus irgend einer andern Urfache, ‚gar unterlafs 
fen, fo wollen wir doc) in gegenmwärtiger Abhand- 
lung den Einwohnern diefes fonft gefegneten Landes 
einige Mittel anzeigen, die fich auf die Natur und 
auf die verfchiedenen Zuftände oder Veränderungen 
der Heufchreden, zu welchen fie nach) und na), von 
da an, da fie ſich noch in dem Eye befinden, bie 
an n igren Tod, dem Sue der Matur gemäß, bes 
flimmt 


EN 


E13 Abhandlung 


fine, worden, Garne und durch Sſeheung be 
ſtaͤtiget find. Ne." 120: ee 
$..4. Zuvor‘ ‚ober, bie wir von den. Mitteln 
ſelbſt reden, müffen wir eine kurze Befhreibung bie: 
‚fer morgenländifchen Strihheufhreden, ihrer Nas 
tur und Eigenſchaften geben, weil doch jene auf eis 
‚ner genauen Kennfniß Welke, Umftände: —— 
dings beruhen. 
65Es kommen ‚biefe, Striceufchreden. ein 
gentlich aus Aſien und Afrika zu uns nach Europa, 
Allwo fie in den oͤſtlich tartariſchen und arabiſchen Wuͤ⸗ 
ſien jaͤhrlich in einer erſtaunlichen Menge gezeuget 
werden, und nicht leicht, als aus Noth —— | 
‚ger gezwungen fich in andre Sander begeben. 
Die nordlichen Länder: Europens pflegen gemeis 
niglich diejenigen zu überziehen, die in Aſien erzeugt 
worden; da hingegen die füdlichen ſolche — 
theils aus Afrika bekommen. 
6. 6. Man nennet fie Strichheuſchrecken weil 
fie nur Strich-oder Zugweiſe, wie viele Voͤgel, 
. nad) Europa ziehen, und dafjelbe nach einiger Zeit 
wieder verlaffen, oder, wenn von ihrer Brut ja et⸗ 
was zuruͤck geblieben‘ ‚ doch nad) und nach, wegen 
der ihnen ſchaͤdlichen — und anderer * 
Pam gar umkommen. 
$. 7. Sie find in Anſchung ifre eſtalt und 
garben ‚ leicht von allen andern Heuſchrecken zu uns 
terfcheiden,. Die Laͤnge ihres Körpers, von dem Aeuſ⸗ 
ferften des Ropfes,, bis zudem Aeußerften ihrer Fluͤ⸗ 
gel, beläuft ſich ungefähr auf 2 Zoll 8 kinien. Zus 
weilen findet manfie auch etwas fürzer. Die Fuͤhl⸗ 
ad find nach praa der is, N A >90 
fi Ols 








von den Strichheufchredfen. 189 
Koͤrpers fehr furz, und haben kaum eine Laͤnge von 
En: ‚Der Kopf ifthingegen fehr dick und groß, 
und an feiner runden Borderfläche, wie die Freß⸗ 
Pigen, fleiſchfarben. An jeder Seite deſſelben 
zeiget fih, nahe am Gebiß, ein großer dunkel⸗ 
blauer Flecken; ſeine uͤbrige Grundfarbe aber iſt ins⸗ 
gemein gruͤnlicht⸗ blau, und die in ſelbigen ſtehende 
zwey große Augen find glänzend vorh-braun. "Der 
Halskragen, welcher in der Mitte feiner Oberfläche 
feinen Kamm führer, fondern nur eine der Laͤnge 
nach auslaufende zarte Linie zeiget, ſieht bey eini⸗ 
gen immer grüner als bey andern aus Tan den Weib⸗ 
gen aber bräunlih; er ift gemeiniglich mit einer 
ſchmalen (fleifchfarbigen Linie eingefaffee, und am 
den Seiten deflelben find auch noch etliche belle, | 
fleifchfarbige Stecken zu bemerfen, Der größere 
Theil des VBorderleibes, oder des Bruftftückes , das 
‚der Halsfragen obenher i in etwas bedecket, ift ziems 
lich breit , insbefondere, wenn man die Heufchres 
cken auf ihrer Unterfläche betrachtet, welche meis 
ſtens flleifehfarbig und blaulicht, zu beyden Seiten 
aber gruͤnlicht ift, und zwar bald heller, bald dunk— 
ler von Farbe. Der Hinterleib fpielet obenber ins 
Violet, an der Unterfläche aber ins Sleifchfarbige, 
und an einigen ins Rothe oder Gelblichte; es find ı Dies - 


‚fe Heuſchrecken überhaupt fehr veränderlich an Far, 


be, und man bemerfet auch noch an ihnen, daß fie 
gegen den Herbft immer dunkler werden. Die zwey 
laͤngſten Fuͤße, die zum Springen gemacht ſind, 
zeigen ſich, nebſt den vier übrigen kuͤrzern, zuwei⸗ 
len roth, zuweilen aber auch nur blaß fleiſchfarbig. 
auge, find auch die dicken Dberfchenfel * 
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ben entweder ganz, oder) nur oberhalb N; Re 
che Veränderung fic) auch an den vier ed Fuͤſ⸗ 
fen zu finden pfleget. Sie haben gleich andern Heu - 
ſchrecken, vier. Klügel, "deren zwey obere, ziemlich 
ſchmal, dabey aber fo lang find, daß fie, befonderg 
bey den Männchen, über den Hinterleib hinausge · 
‚ ben; ihre: Grundfarbe iſt blaß braun; ſie ſind mit 
faſt unzaͤhligen Adern durchzogen, zwiſchen welchen 
man viele dunkle, ſchwarzbraune Flecken, welche 
von verſchiedener Groͤße ſind, ſieht; die groͤßeſten, 
und zugleich die dunkeiſten, zeigen ſich um die Ein« 
lenfungder Flügel. Diefefchmalen Oberflügel, wer» 
den von zwey fehr breiten Unterflügeln bedeckt wels 
che, wenn fie gejchlofien find, gleich einem: Fächer, 
in-Salten liegen. Sie find viel durchfichtiger und 
zärter, als Die obern, und: vornen ebenfalls blaß 
braun, allein in der Mitte fängt fich dieſe Sarbe 
‚nach und nad) an zu: verlieren, und wird immer 
blaß grüner, fo daß fie endlich gegen den $eib I 
wo die meiften Falten find, ‚ ganz grün werden. 


"98. Aus der Größe ihrer Slügel kann man 
leicht urtheilen, daß fie im Fluge ſehr ſchnell ſeyn 
muͤſſen; und da ſie ſich durch Huͤlfe derſelb n höher, 
als andere in die $ufterheben koͤnnen, fo find fie das 
ber aud) im Stande, viel weiter zu fliegen M beſon⸗ | 
ders da ihnen der Wind, mit dem fie zu ſtreichen 

pflegen, folches noch um vieles erleichtert. BEER 

Mit ihren großen bervorftehenden Augen kdnnen 
ſie ſehr ſcharf und weit um ſich ſehen, und laſſen ſich 
diejenigen, die ihnen Me ae wollen, vn zu * 
he kommen. | 

9 4. 





' von den Strichheuſchrecken. 191 


B 


— 


| Reg ex 
‚Fig.1. Die Männchen machen, gleich allen andern Ar⸗ 
ten von Heufchrecken männlichen Gefchlechts, ein zwit⸗ 
ſcherndes Getöne, wodurch fie dem Weibgen zu verſte⸗ 
ben geben, daß fie Luſt Haben, ſich mit ihnen zu begatten, 
+ Sie laffen ſolches ſehr ftarf von ſich hören, und 
wiſſen dieſen Ton mit den zween Oberflügeln und 
mit ihren Springfüßen hervor zu bringen: denn, 
‚wenn man fie währendem Gefange, genau betrac)- 
‚tee, fo wird man gewahr, daß fie ihre Flügel nicht, 
wie andere Arten von Heufchrecken, oben an der 
Einlenkung bewegen, fondern man fieht, wie fie 
“mit. dem dünnen zacfichten und langen Theile ihrer 
Springfuͤße an ihren DOberflügeln fehr hurtig Bin 
und wieder fahren, wodurch eben bemeldter Ton 
entſteht. Daß diefes auf eine ſolche Art zugehe, 
kann man fic) auch noch dadurch überzeugen, wenn 
man einem Männchen einen feiner Springfuͤße aus« 
reißt, da man denn feinen Laut um die Hälfte 
ſchwaͤcher, als der andern ihren finden wird. Hier 
ift noch zu erinnern, daß die Männchen allezeit Eleis 
‚ner und gelbgrüner find, als die Weibgen. Fig. 2, 
. 10. Wir haben ſchon oben ($. 5.) angemer: 
fet, daß diefe Thiere in den oftlic) tartarifchen und 
ge gezeuget werden; man darf aber deswegen nicht 
denfen, als ob auch alle Jahre große Heere derfel- 
ben wegzögen, denn dieß gefchieht nur unter gewiß: 
fen Umftänden, unter welchen folgende hauptſaͤchlich 
in Betrachtung gezogen zu werden verdienen. 
$. u. Fälle 3. DB. im obgedachten Gegenden 
‘einmal ein allzu gelinder Winter ein, ſo iſt die Zahl 
fe der 


arabifchen Wuͤſten alle Fahre in einer großen Men: · 





fi 192 | 


der — im Summer vie — 
mal groͤßer, als fie ‚in: ‚gewöhnlichen J Jahren 
denen man zur Winterszeit die gewoh nte Strenge 
der Kälferrempfunden; denn die Wärme, die der 
Zeugung ber nfecten fo günftig iſt, verurfachet als⸗ 
denn, daß viele Millionen Heuſchrecken Eyer aus⸗ 
gebrütet werden, die ſonſt bey einer rauhern Witten 
rung unfehlbar würden: zu Grunde gegangen ſeyn. 
Woraus nothwendiger Weiſe folget, daß diejenige 
Quantitaͤt Futter, die ſonſt zur Ernährung « einer _ 
ungleich geringern Anzahl von diefen Inſecten hin· 
laͤnglich iſt, min nicht mehr hinreichend wird, eine 
fo außerordentliche Menge derfelben zu ernähren; 
- dadurch alsdenn ein großer Theil, aus Mangel der 
Nahr ung, gezwungen wird, feinen Unterhalt anders 
waͤrts zu füchen, und in ganzen Heeren hinweg zu zie⸗ 
hen. Eben fo kann auch ein lange anhaltender 
Sturm, eine ploͤtzlich einfallende kalte und naſſe 
Witterung, die zu der Zeit einfällt, da die Heuſchrecken 
ſchon in. ihrem vollkommenen. Stande, und alfo ges 
flügele find, zu ihren Zügen Gelegenheit ——— 
re Anzahl mag bey dieſen Fällen groß oder klein ſeyn. 

G. 12. Wir wollen noch mit wenigem bemerken, 
wie ſich diefe Heerzlige von Heufchrecken pt n fernem | 
und im der Naͤhe dem Gefichte darftellen und. 
denn die Mittel anzeigen, die man an einem. folchen 
Orte, wo: fie fic) erft niedergelaflen, zu gebrauchen 
bat, um fie theils zu vertreiben ‚ theils zu vertilgen. | 

$. 13. Ein folher Zug jeiget fc. dem —— 
ferne nicht anders, als wenn man große Wolfen 
oder einen ſtarken Dampf aufſteigen ſaͤhe, der die 
ur von Zeit zu Zeit am BO Orten “he r 

| abey 
























— 29° 


dabey höret t man ein fürcterliches Saufen und ein 
Gefchwirre, als wenn ein ftarfer Wind durch 
e Bäume fährt. Sie fommen näher, und man 
ht die Luft gleichfam mit Schneefloden angefül« 
let, das. Geſchwirre wird groͤßer, endlich bemerket 
ı mit Erſtaunen, daß dieſe Flocken, fo wie ſie 
dem Auge nähern, nichts als unzäßlige Millio⸗ 
n von Heuſchrecken ſind, von denen die Sonne 
ald verfinſtert wird, daß man. nur auf wenige 
— deutlich ſehen kann. Sie ſcheinen in ih⸗ 
em Zuge einige Ordnung zu beobachten, und flie⸗ 
ger en haft alle nach einer Gegend. Finden fie ihre 
öl bereitet, p laffen fie fich gleich einer unge« 
beuren Maffe, oder einem Haufen Wolken, die durch 
ihre: eigene Schwere eo fallen „ auf die Erde 
herunter, —— 
* a Die Jahreszeit, zu der fie ſich i in Euro⸗ 
ag meiniglich einzuftellen pflegen, fällt meiſtens 
in den Sunius und Julius, auch wohl etwas ſpaͤ⸗ 
a bald-vor, bald nach der Aerndte. Was die 
Tageszeit anbetrifft, da fie fich gern niederlaffen, fo 
ieht ſolches gegen Mittag, oder gegend Abend; 
und bie Zeit, da fie aufzufleigen pflegen, ift More 
gends, wenn die Sonne den Thau ſchon voͤllig ver⸗ | 
sieben, und die Luft in etwas etwärmet hat, 
9.1 Es verdienen bier gewiſſe Umftände, ‚die 
fid) bey dem Ziehen der Heuſchrecken ereignen, alfe 
en, ungeachtet fie dem erfien Anfehen 
ach von Feiner Erheblichkeit zu ſeyn ſcheinen, und 
aher auch meiſtens vernachlaͤßiget werden, die uns 
Br nicht felten die fiherften und beften Mittel ans 
‚eigen, Durch die wir den Schaden, den die Heu⸗ 
24. —— ee En ; em 





















194 Abhandlung Wi Kunde 
ſchrecken in * Zeit — chperden 


koͤnnen. * RO u" 


$. 16. Man Geo nämlich), daß bie eu⸗ 
ſchrecken geſchwinder ſteigen, und ſich höher ir 
Höhe heben, wenn es warmes, helles und trude- 
nes Wetter iſt; ift aber ‚der Himmel voll. Duͤnſte 
und Regen, oder es iſt ein wenig kalt, ingleichem 
wenn die Sonne auf oder unter gehen will po | 
fie träger und fleifer, fie bewegen ihre Slügel | 
rer, und fteigen nicht fo hoch in die $uft; 
auch diejenigen, die fich irgendwo gegen Mt 

derlaſſen, wenn ein Thau fälle, gemeiniglich auf 

die Sträucher, Buͤſche und Bäume beg 5 um 
vor der Naͤſſe ſicher zu ſeyn. Dieſes Nachtlager 
verlaſſen ſie auch nicht eher, bis die —— 
ne den Thau vertrieben, da ſie ſich denn hernach 
entweder in der Gegend ausbreiten 1 oder ihr 
weiter nehmen. — 


9.17. Wollte man nun die Par. in ei⸗ 
nem ſolchen alle, wenn ein Thau fälle, oder bey — 
regnichtem und kaltem Wetter mit Gewalt zu vers ' 
jagen fuchen, ‚fo würden fie fi ich zwar bef treben 
die Hoͤhe zu kommen, da ſie aber r naſſer 
und kalten Luft entfräftet find, fo. —— nr gl, 
wieder nieder fallen, und, weil fie einmal beunruhiz 
get werden, ihren Weg zu Zuße fortfegen, und ſich 
folglich in der umliegenden. Gegend vertheilen. 
Man fieht alfo leicht, daß die in dieſem Salle zur 
unrechten Zeit angewandte Borficht nicht nur gar 
nichts helfen, Hana nur 2 aus Uebel —* eg 
wuͤrde. hi TED er 

















‚von den Strichheuſchrecken. 195 
18. Hingegen wird man mit vielem Vergnuͤ⸗ 
gen wahrnehmen, was für einen großen Mugen 
‚folgendes Berfahren. haben wird. Man laͤßt die 
Heuſchrecken den Abend, da fie angefommen, und 
die Nacht über ungeftört in ihrer Nuhe. Bey anı 
brechendem Tage aber läßt der Befehlshaber desje. 
nigen Dorfes oder Stadt, in deren Gebiethe ſich 
3 Thiere niedergelaſſen, alle Einwohner in der 
Gegend, mo ſich dieſe ſchaͤdliche Inſecten befinden, 
zufammen kommen ; fie verfehen fic) dabey mie mes 
tallenen Geſchirren und Inſtrumenten, vermittelſt 
deren ſie ein ſtarkes Getoͤſe machen koͤnnen. Man 
beobachtet zu gleicher Zeit, von welcher Gegend oder 
Seite der Wind herkoͤmmt, und ſtellt die Einwoh- 
ner in etlichen Gliedern hinter einander, gegen die 
Heuſchrecken, jo, Daß fie den Wind im Ruͤcken ha. 
ben. Zuvor aber, ehe man etwas unternimmt, 
müffen die Nachbaren felbiger Gegend von dem Borz 









haben benachrichtiget werden; damit fie fi in Vera - 


‚faffung fegen, und bey Ankunft der Heufchrecen die 
gehörigen Maaßregeln nehmen koͤnnen. Alsdenn 
mache man auf einmal ein flarfes Gefchrey und 
Laͤrmen durch flarfes Haͤndeklatſchen, Aneinander⸗ 
ſchlagen metallener Geſchirre und anderer Inſtrumen⸗ 
ten, und haͤlt damit ſo lange an, bis die hiedurch 
ſchuͤchtern gemachten Heuſchrecken ſich in Haufen zu 
fammen ziehen, fid) nad) und nad) in die Luft erhe⸗ 
ben, und dieſe Gegend verlaſſen. — A 
9.19. Iſt die Luft zu der Zeit, da dieſes ges 
ſchieht, noch kalt, und voller Dünfte, fo werden 
fie ſich zwar Anfangs etwas ſchwer und langſam, 
und mit einem Ben Sluge ungefähr 9 « 10. 12 
2 


| * 


J 
Rn: 





Schufei in die‘ Höhe ehe FE de 
„Sonne aber, und nad) Zeſtreunz— ſte, 


bald noch höher fleigen, und mit Hilfe des Windes 
ihre Reiſe weiter fortſetzen werden. Waͤre aber zur 
Zeit, da man fie verjagen will, eine völlige Wind⸗ 
flilte, fo ift es in fo fern gleich viel, aufwelcher Sei» 
te man ſich gegen Die Heufchrecien ftelle, und kann 
ſolches nach Befchaffenheit der Umftände, ‚ und da, 
wo fich die fenigften Hinderniſſe — vorgenom· 
men werden, 

$. 20. Sollten aber diefe erſt angezeigte Mit, 
tel gar unterlaffen ‚ oder- ſchlecht angewendet worden 
ſeyn, oder die Heuſchrecken waͤren ſchon durch einen 
langen Zug fo abgemattet und hungrig, daß fie. fich, 
ungeachtet aller angewandten Mittel, nicht vertreis 
ı ben ließen; fo wird man in kurzer Zeit mit Verdruß 
wahrnehmen, daß fie ſich in der umliegenden Gegend 
ausbreiten, und in wenigen Stunden oder Tagen 
das Gras und alle Früchte auf dem Felde verzehren 
werden, Iſt die Zeit ihres Paarens vorhanden, fo 
werden fie nach diefer Verrichtung i ve Brut meh 
lafien, ‚die gemeiniglich im darauf fol 
einen um fo viel größern Schaden anrichtet 
ve Vorfahren, unmittelbar: nach ihrer Ankunft nicht 
haben tun koͤnnen, je länger die Zeit ift, in der fie 
ihre Berwandlungen durchzulaufen haben; um ſo 
mehr, da von dem Anfange des Fruͤhlings bis in, 
Sommer, als zu eben der Zeit , in der diefe Ver 
änderungen bey ihnen vorgehen, die Min 
rüchte erft in ihren Wachsthume find, die man hin⸗ 
‚gegen nad) diefer Zeit ſchon zum Theil. eingeärnd 











‚von den Strichheuſchrecken. 197 
der Ankunft der en in Sihherhet 
nacht hat, > 


21. Es freſſen die Heuſchrecken anfaͤ nolich 
u ihrer Ausbreitung gemeiniglich dasjenige vor 
‚andern, was am meiften nac) ihrem Geſchmacke ift, 
DB. ‚alle feine und zarte Kräuter, Blätter und 

Sfumen, und die noch ſtehenden Getraidearten: fin⸗ 
ben fü fie aber nad) und nad) einen Mangel an biefer 
Nahrung, fo laffen fie ſich aud) eine fchlechtere Koft 
‚gefallen, und freffen Küchengewächfe, Blätter und 
Rinden der Bäume, Wurzeln und alle andere Ges 
waͤchſe ohne Unterfcheid, ja fo gar diejenigen , Die eis 
nen ftarfen Geruch, und einen bittern und herben 
oder ſauren Geſchmack haben. Sie koͤnnen auch 
eine lange Zeit. Hunger ausſtehen, da fie denn um 
ein merfliches magerer und-Eleiner werden, auch als 
denn in der Farbe fich etwas verändern, 6 daß man 
fie faft nicht mehr vor eben dieſelbe Art, ſondern 
leicht für eine andere, anſehen kann: fie werden aber 
in kurzer Zeit wieder größer und flärfer, wenn fie- 
einen beträchtlichen REM. von Nahrung gefun⸗ 
den ‚haben, Ä 


N 20, Ungeacjtetdie$. 20. . angezelgfen Mittel, 
achte fonft bey der Ankunft und vor. der Ausbreis 
tung der Heuſchrecken von großem Nutzen ſind, ſo 
vermoͤgen ſie doch i in gegenwaͤrtigem Falle, vor ſich 
allein ſehr wenig, oder gar nichts, weil dieſe Thiere 
alsdenn ar gar nicht mehr in Flug zu bringen ſind; 
daher he t man Urſache, auf andere Mittel und We⸗ 
ge zu denken, durch die man dieſelben entweder in 
| nie I Buhtingen, ‚oder vertilgen kann. 
N3 $. 3. 


9 Abhandlung. — 


$. 23. Um den erſten Endzweck zu erhalten,; 
muß man in einer folhen Gegend, wo fi) fehr 
viele aufhalten ‚ eine Duantität feuchten ‚und noch 
nicht lange gefälleten Holzes in eine gerade Linie 

oder einen halben Cirkel legen, folches anzünden, 
und währendem Brande fo viel als möglich zu vers“ 
hindern fuchen, daß. es nicht in volle Flammen ges 
rathe, fondern nur bloß einen dien und ſtarken 
Rauch von ſich giebt. Zu dem Ende fann man 
noch andere Materien, 3: B. Harz, Pech), und - 
dergleichen darunter werfen, um den Rauch ſo ftarf 
und ftinfend, als möglich, zu machen. Man hat da» 
bey eben das, was wir $. 18. und 19. angezeigt. 
haben, zu beobachten, nämlich auf den Wind, die: 
Zeit und dag Wetter zu fehen, und in Anſehung des 
Geſchreyes und Getoͤſes verfaͤhrt man anf gleiche 

Wei. 

9. 24. Um den zweyten Endzeit: zu erhalten, 
£ann man, befonders, wenn durchs erſtere wenig. 
ausgerichtet worden, noch ein wirffameres Mittel, 
das Feuer, gebrauchen. Es ift zwarwahr, daß der 
Schaden, den es verurfaht, in gewiflen Faͤllen 
größer feyn kann, als der, den die Heufchrecken felbft 
anrichten. Wenn 3: B. zu.der Zeit, feaman dies 
fe Thiere dadurch zu vertreiben gebächte, di 
fruͤchte fchon in ihrer völligen Reife wären, | 

Heuſchrecken nod) wenig oder nichts davon verzehret 
hätten, fo würde man nicht wohl thun, wenn man 
diefes gewaltfame Mittel gebrauchen wollte, 
es waͤre viel rathfamer , in Geduld die Zeit und Ges 
legenheit abzumvarten, da man ein gelinderes Mittel 
— kann. Wären * die — 

| nicht 








von den Steichheufchreden. 190 
nicht reif, und ſchon meiftencheils verzehret, ſo darf 


man kein Bedenken tragen, das Feld anzuzuͤnden, und 
dadurch die Heuſchrecken mit Gewalt zu vertreiben 
und zu vertilgen. Der geringe Schaden, den ſich 
der Landmann dadurch zuzieht, wird dadurch reich⸗ 
—* 
chreck durch Zuruͤcklaſſung ihrer Brut, aufs fol⸗ 
* Jahr gewiß nach ſich ziehen wuͤrden, zuvor⸗ 
mint; um fo mehr, da das wenige noch ſtehende 
unreife Getraide gemeiniglic) von diefen Thieren, bis 
ea Po Br Reife j vollends aufgefreffen wird. 


$ 2. Ehen diefen Ueberfehlag hat man zu ma⸗ 
chen, wenn die Heufchrecen ſich in großer Menge 
in Wieſewachs ausgebreitet haben. Hat man in ei⸗ 
ner Gegend eine große Quantitaͤt an Gras und Heu, 
und der Boden iſt ſo fruchtbar, daß er alle Jahre 
Gras in Menge trägt, ohne daß die Einwohner noͤ⸗ 
thig haben, durchs Dingen große Koften darauf zu 
wenden; fo thut man am beften, wenn man das 
Gras in Brand ſteckt, und ſich von fo fchädlichen 
Gaͤſten zu befreyen ſucht; hat man aber irgendwo 
einen Mangel an Wieſewachs, und es koͤmmt derſel⸗ 
be dem Landmanne ſehr hoch zu ſtehen, ſo muß man 





wohl, um ſich nicht einen noch vie groͤßern Schaden | 


zujusiehen, von einem fo gewaltfamen Mittel abs 
ftehen. Sollte man nun eine gewiffe Strede Sans 
des in Brand zu ſtecken vor nöthig erachten, fo muß 
auch die gehörige Anftalt gemacht werden, daß das 
Feuer nicht weiter um fich greift, als man es ver⸗ 
langt, welches man beſonders in einer Gegend, ‚we 


aa 


‚ daß er den übeln Folgen, den die Heu: 


TERROR tragende Bäume find, zu bes 


ki 4 obach. 





7 x r 


obachten dat, —— ag man ih dabey, 
in sbangejigen Ballen, ae 
..26. Wollen ſich aber die He ſchrecken 
Bi Rauch noch Feuer vertreiben laffen, ode 
koͤnnte nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde letzteres 
Mittel gar nicht gebrauchen, ſo muß man in Ga - 
duld andere Gelegenheiten abwarten, bey denenman i 
fie überwältigen kann. Solche finden ſich nun zur 
Zeit ihrer Begattung: dieſe waͤhret von der Mitte 
des Auguſtmonats bis gegen das Ende des Solem. 
bers, oder die erſten Tage des Octobers, und daus 
tet felten über ſechs bis fieben Wochen; wobey doch 
zu merken, daß die Zeit der Begattung, nach der 
Verſchiedenheit des Clima, des Orts, des Wetters 
und der Nahrung , bald früher, bald fpäter, eintwefe 3 
fen wird, fo, daß 5. D. die Heuſchrecken in einem 
- warmen: Tlima, die von der Brut des vorigen Jah⸗ 
res daſelbſt aufgewachfen,, ſich ſchon zu Anfange des 
Augufts paaren fönnen ; da hingegen neue, gegen den 
foäten Herbft angefommene Heere, hes.erft | ge 
gen das Ende des Dctobers vornehmen werden, | 
überhaupt ſcheint es dreyerley Zuchten zugeben, 
deren eine immer nach or andern. * Vorſchein 
koͤmmt. ee. \ 
de 2 Zur Zeit, * — fich die: 
Heufchreten noch weiter aus, und. begeben fih auf 
etwas hohe Derter, Weinberge, 2 
















od —* mit Ras | 


und auf den- Pen zwiſchen die Steis 
ne und die von der Aerndte übrig ‚gebliebene En 
pi ‚und ſammlen ſich in wi engen Haufen: 





von den Strichheufchreden. 201 
— ſuchen auch vornehmlich ſandigte Felder, 
vermuthlich weil ſie in daſſelbe beym Eyerlegen mit 
dem hintern Theile ihres Körpers leichter eindringen. 
koͤnnen, als in feſtes und hartes Erdreich, das ſie 
aus Mangel eines $egeftachels oder Geburtsfiheide, 
womit einige andre Arten diefes Geſchlechts verfes 

ben find, nicht fo leicht durchbohren koͤnnen. 
28: Was ihre Paarung betrifft, fo gefchicht 
ſolche auf- eben die Art und Weife, mie bey andern 
Arten von Heuſchrecken. Doc hat man verfchie- 


denes dabey beobachtet, das bey andern Inſecten 


faft niemals vorkoͤmmt, und fo felten esift, fofcheint 
es doch, als hätte ſich die Ratur bloß dieſer Aus. 
nahme. bedienet, um ihren Endzweck zu erhalten: 
Man hat nämlich bemerfet, daß ſich mehr als ein 
Männchen mit einem einzigen Weibgen nad) einan- 
der begattet ‚haben. Vermuthlich iſt ein Maͤnnchen 
nicht allein im Stande, eine ſo große Menge Eyer 
auf einmal zu befruͤchten, und zu ſchwach, die Be⸗ 
gattung in einer fehr kurzen Zeit noch oͤfters zu wies 
derholen; es erleichtern ihm alfo andere dieſe Ders 
richtung. Man fieht auch, daß die Natur bey 
den Bienen eben die Abficht ‚gehabt Haben muß, da 
fie vor. eine: einzige Dienenföniginn ungefähr 300 
„Männchen beftimmet hat, eine Zahl von wenigſtens 
40000 Eyern in einem Jahre zu befruchten. 
60.29. Währender Zeit der Begattung verfab> 
ren die Heuſchrecken mit einander auf eine graufame 
Weiſe: Die Männchen fallen in ihrer Brunft andere 
Männchen auch wohl Weibgen an, verwunden: fie, 
reißen ihnen die Glieder , und Hauptfächlich die Fuͤhl⸗ 
- börner, aus; fo daß viele umfommnen, Wenn 
N5 die 





*— ff T 
20o2Abha 


die FERNEN zu Ba Sa ie HR auf 

männlichen: Gefchlechts ganz erfchöpft ind ausgeze 
ret; ſie werden krank, verlieren nach und nach allı 
Kräfte, und flerben, wozu noch außer der Entraf | 
fung, die auf die Ergiefung des Saamens erfolget, 
ihr fchredliches Beißen und. Verwunden ein nicht \ 
— beytragen mag .. 

9.30% Wenn die Eyer beſruchten ** nt 
Bie Zeit vorhanden ift, daß das Weibgen dieſeibe 
von ſich geben will, fo weiß es mit dem Hinterthei⸗ 
le feines Körpers bie Erde oder Sand zu öffnen, 
ſteckt ihn über die Hälfte hinein, und ‚läßt die Eyer 
nad) und nach fallen. Es leget fie aber auch an ans 
‚dere über der Dberflächeder Erde befindliche Körper, J 
3» B. auf Miſt, Steine, Mooß, an Ö] asſte ige , 
auf Wurzeln der Pflanzen und andere Theile, , die 
die Gewaͤchſe an ihrem Stocke austreiben. 

G. gr. DiefeEyer Fig. 4.0.5. ſind, indem fieaus 
dem  Geburtsgliede kommen, ‚mit einem weißen 
Schleim überzogen, wodurch fie an einander Eleben blei⸗ 
ben, fo bald fie einander berühren, und alfoeinen Klum» 
pen zufammen ausmachen. Auch diefe Klumpen 
überzieht es mit eben dem Schleime, der bald herz 
nad) hart, braun und undurchfichtig wird, und die 

Eyer gleichreiner Haut umkleidet u eis 
nem fichern Behältniffe, ſechs bis fi to 
wohl gegen Froſt und Näffe, ober ‚andere Bufätle, 
— und eingeſchloſſen bleiben. —— 
$. 32. Es hat ein Heuſchreckenweibgen in fein 
nem Eyerftoce von 130 bis 150 ‚Ever; die fie: nicht 
alle auf einmal in einen Haufen oder Klumpen zu⸗ 


ken ſondern fie Bm fie zu an: 4 
















von den Strichheuſchrecken. 203 
Zeiten von ſich, und made 2 bis 3 ſolcher Klumpen 
daraus, deren jeder bis 40, auch wohl mehr ſolcher 
Eyer enthaͤlt. Dieſe Klumpen haben eine laͤnglichte, 
bisweilen: walzenfoͤrmige, gemeiniglich aber fFegel- 
förmige Figur, je nachdem der Dre befchaffen. ift, 
auf welchen fie aefege worden. Seine Laͤnge iſt gleich⸗ 
falls unterfchiedlih und beträgt 1-2. 3 Zoll. Die 

yer, deren Farbe ins dunkel Gelbe fällt, Fig. 6. haben 

e ſehr laͤnglichte Figur, liegen fehief über einander, 
und hängen nicht nurunter fichfelbft, roie $. ar. erine 
nert worden, durch einen Schleim zufammen, fon 
dern der ganze Klumpen Eyer ift auch noch von auf 
fen damie überzogen. Diefen Schleim giebt das 
MWeibgen zuweilen nach der Begattung ohne Eyer von 
fih, der hernach, wenn er hart geworden, einen 
wahrhaften Eyerflumpen vorftellet, in welchen man 
—* nach genauerer Unterſuchung, nichts von Eyern 

d Bet ae " 
9233. Die Heufchrecten legen ihre Eyer nicht 
an einen jeden Dre ohne Unterfchied, fondern fuchen 
vornehmlich hohe, warme, gegen Morgen oder 
‚Mittag liegende Oerter, und einen fandigten trodes 
nen Boden, daher man ſie auf den mit Büfchen bes 
wachſenen Hangen der Berge zu der Zeit am meiſten 
antrifft. Hingegen fteht ihnen ein fetter, ſchwerer, 
feimichter und zäher Boden gar nicht an, daher fie, 
in Ermangelung eines beflern, gezwungen find, ihre 
Eyer an andere über der Oberfläche der Erde befind« 

iche Körper zu legen, deren wir $. 30. ſchon Mels 
dung gethan haben. Bart 

9 34° Während der Zeit nun, da fich Die Heu⸗ 
ſchrecken zu begatten, und ihre Eyer zu legen pfle- 


gen, 






füßren, Geht Be * — ern zelegenheit 
die Hand, eine unermeßliche Menge cn mme 
aller davon gezeugten Sruf, mit wenigen fo Von zu 
vernichten: RN rc in Ten 
9. 35. Es verſehen ſich Au dem Ende alle Ein, 
tohner einer mit Heufchrecfen beſetzten Gegend mit 
folhen Inſtrumenten, vermittelft deren man in fur» 
zer Zeit, und mit aller Bequemlichkeit, vielederfelben 
auf einmal todt ſchlagen, oder zerquetſchen kann. 


Sie koͤnnen ſich daher einer Art von Peitſchen bedie⸗ 


nen, die bloß aus einem harten Brete, in —— ein 
Stiel ſchief eingeſetzet worden, gemacht ſind. So 
find auch große von ſtarken Reiſern gemachte B 
Stoßhoͤlzer, Dreſchflegel und dergleichen wohl dabey 
zu gebrauchen. Man kann auch beſonders auf ebe⸗ 
nen Feldern, mit großen und ſchweren Walzen, die 
entweder von Menſchen, oder Thieren, uͤber die Heu⸗ 
ſchrecken hingezogen werden, ſehr vieles ausrichten. 
Es koͤnnen auch den Alten bey dieſer Verrichtung die 
Kinder huͤlfreiche Hand leiſten, indem ſie mit kleit 
Staͤben oder Gerten leichtlich eine — 
verlegen im Stande fi d. mr mr 
Es ift ein Gluͤck vor die Einw johner ei 
nes 4 ee ‚das bie Speufeheiten ft s zu * ch 
pflegen, daß die Natur, die nichts umfonft: hervoi 
bringt , fondern um das Gleichgewicht und das Wopt 
des Ganzen zu erhalten , alles zu gewiſſen Endzives 
‚Een beftimmet, den. Bemühungen derfelben u | 
‚mein zu Hülfe fommt. Es iſt befannt, daß -febe 
vielen ſo wohl vierfuͤßigen Thieren als — 
eu⸗ 


















von den Strichheuſchrecken. 205 


Seufhrecen zu einer vecht ſchmackhaften Speife Dies 
: unter den —* br NE bie — el 


ei, 


6. 37. luhers den jegt anereläten Mitteln, die 
Heufehrecten zur Zeit ihrer Paarung zu vertilgen, 
Fann man fi), nach Befchaffenheit der Umſtaͤnde, 

auch noch des Feuers bedienen: Geſetzt man fände 

eine große Menge derfelben auf ven Ackerfeldern una 

ter den Stoppeln-beyfammen : fo Fönnten diefe anges 
heine viele derfelben mit verbrannt werden. 


- 9 38. Hiebey müffen wir noch einer gewiſſen 


Verrichtung gedenken, die um fo mehr zu beobach⸗ 
ten iſt, je größer der Schaden vor die Geſundheit der 
- Menfchen durch Unterlaffung derfelben werden kann; 
man Fann fich leicht vorftellen, daß fo viele Taufende 
von todtgeſchlagenen Heuſchrecken in wenigen Tagen 
in Faͤulniß gerathen, und die Luft mit einem abſcheu⸗ 
lichen Geſtanke erfuͤllen werden, daher iſt es noth— 
wendig, daß man ſolche zuvor, ehe fie zu faulen an⸗ 
fangen, in Haufen zufammen bringen, und fie her» 
nach entiveder einige Schuhe tief in 00 a. begra- | 
* oder verbrennen ung ' | 


93 





tel, ſo viel als moͤglich, ausjuroften: Pen 
ungeachtet nicht verhüten koͤnnen, daß) nicht eine 
große Duantität Eyer übrig bleiben ſollte. In dies 
fem Falle muß man alfo auf einige andere Mittelbes 
dacht ſeyn, und man darf nicht glauben, daßmit dem 
Todtſchlagen der Heufchreden ‚alles gethan ſey, wenn 
man fich anders im folgenden Jahre, in fine Sof 
nung nicht fehr betrogen fehen will. 2 
. 40. Endlich fuͤhret uns die vom ‚den He 
den hinterlaſſene Brut auf gewiſſe Berät — 
oder Perioden, denen dieſe Thiere v von dem m Eyea an, 
bis zu ihrer Bollfommenheit, unterworfen fi find, und - 
deren ſchon oben $. 3. mit wenigem Meldung ges 
fhehen. Gehen wir den ganze „eebehelauf der 
Heuſchrecken durch, ſo finden wir ihn nd . 
tur in 5. Perioden abgetheilet, unter welchen diefe 
Thiere fehr merklichen Veränderungen unterworfen 
find: die wahrhaftigen Huͤlfsmittel aber, die man 
gegen diefelben von der Zeit an, ba fie fid) noch i in 
dem Eye befinden, bis zu dem Stande der Voll⸗ 
Eommenpeit, anmenben fann, gründen ſich alle auf 
eine genaue Kenntniß diefer Perioden; fo ‚gut dieſe 
Mittel an fich find, wenn fie nach g m Perio⸗ 
den eingerichfet worden, fo wenig oder nichts damit 
- ausgerichtet, wenn man fie zu ungelegener Zeit und 
ohne Unterfchied gebrauchen will, Damit man fi 
alfo einen deutlichen Begriff von diefen Perioden ma · 
‚en koͤnne, fo wollen wir: einen. nad) dem andern 
durchgehen, und zugleic) bey einem jeden die Mit 
tel F anzeigen, die fich anf denfelben a 
4. 






























von den Steichheufihreden. 207 
* u Unter der erfien Deriode wird derjeni⸗ 
e Zuftand verftanden, da bie Heuſchrecken fid) fies 
‚ben Monate lang inden Eyern eingefchloffen befinden. 
In dieſen erhalten fie, waͤhrend der Zeit, befona 
ders aber gegen den Anfang des Frühlings, da der 
in den Eyern befindliche Saft durch die Wärmeverz 
duͤnnet und gefhicft gemacht wird, in die zarten Ge« 
faͤße des Köpers einzudringen, eine ihnen dienliche 
Nahrung , und befommen dadurch nad) und nad) eis 
ne gewiſſe Feſtigkeit ihrer Theile, dadurch ſie in 
| Stand gefegt werden, bald hernach außer dem Eye 
und in freyer Luft ihren Unterhalt zu füuchen, Bis 
dahin erfirecet ſich alſo der er Grad ihrer Bol 
a F 
G. 42. Die Zeit, die fie im Eye —— — 
ſen, dauret von den letzten Tagen des Septembers, 
oder von den erſten Tagen des Octobers an, bis in 
die Mitte oder gegen das Ende des folgenden May 
Monats; und es iſt ſolche nach der verſchiedenen Zeit 
der Begattung, und der darauf folgenden Witterung 
und dem Clima unterſchieden. Waͤhrend der Zeit 
laſſen ſich zweyerley Mittel anwenden, die Heuſchre⸗ 
cken⸗ Eyer zu zerſtoͤren, die wegen ihrer guten Wirs 
kung befonders angerühme zu werden verdienen. 
Das exfte befte £ fin dem Umreißen der Felder, und 
das. andere in Sammlung ver Heufchrefen-Eyer. 
oh. 43. Was das erfte betrifit, fo bat man nicht 
nöthig, das. Umreißen der Aderfelder außer der ge⸗ 
‚Zeit vorzunehmen , indem ſchon durch das 
ordentliche Pflügen das zu Anfange des Herbſts und 
Frühlings zu geſchehen pflege, eine ziemlich große 
| Sun zu Örunde gerichtet werben fönnen ʒ 
Penn 





.E 


theile werden die, Die auf der Dberfläche ausge reuet 







— — und werden nahe ie. urch die 
Witterung ,. ‚theils durch den Fleiß der‘ Nenſchen 
Thiere, die fie aufſuchen vernichtet; und im‘ eg 


ſind, darinnen vergraben, erſtickt und in Faͤulniß 
gefest. Inzwiſchen Hilft dieſes Mittel nicht allen 


‚Unbequemlichfeiten ab; denn es Fann nur auf ebe⸗ 


nen $eldern und pflugbarem Erdreiche die ohne dieß 
nachher zur Saat geackert werden muͤſſen, ſtatt h 

ben; und es wird dem ungeachtet wenn auch, das 
Umreißen feine gewuͤnſchte Wirkung gethan —— 
allezeit noch eine ſehr große Anzahl ( er bri 

ben, die an ſteinigten ungleichen Oertern, aufge | 
den, in Gärten und Weinbergen, Ben und in 
die mit Kräutern bewachfene | 
welche den Winter über dafelb 












den, und aus denen den künftigen Fr — Er 


eine große Menge junger Heuſchrecken —— Pi 
men Fann, bie dem Sandmanne genug zu fhaffen * 


machen wird. % BR. 9 Ne 


| den, als auch aus benge 












$. 44. Hingegen kann man ſich von de 
Mittel, das in Sammlung der Eyer be 


etwas mebr verfprechen, Diefe Bari kung, unge: 
‚achtet fie ein wenig beſchwerlich if, und Dem eı 
Anſehen nach unmoͤglich zu feyn feine, ke 


von einem jeden vorgenommen werden, 
nen arme $eute und Kinder vor ein geri 
dazu angehalten werden. Wir haben $. 30. und — 


Dieſe Eyerklumpen deutlich beſchrieben, ſie werden 


alſo ſo wohl aus den daſelbſt angegebenen Kenn ein 
| — eicht zu er⸗ 





von den Strichheufchreden. 209 

en, und aus dem, was wir $. 33. und 43, in Ans 
‚des Orts geſagt, ohne alle Mühe zu finden 
1. Man kann mit der Sammlung fchon im 
Herbfte den Aufang machen, und mit angehenden 
Srüblinge, ſo bald es nur das Wetter zuläße, forte 
fahren, Es möchte überhaupt nicht undienlic) feyn, 
wem einem jeden Bürger vonder Obrigfeit aufer- 
legt würde, ein gewiſſes, nad) der Größe feiner Guͤ— 
ter beſtimmtes Maaß folcher Eyerklumpen zuliefern, 
oder in Ermanglung defien eine gemwiffe Summe 
Gelde zu bezahlen, und damit bey diefer Sieferung 
fein Betrug vorgehe, fo müffen die Eyer ſo gleich 
verbrannt werden. Hierdurch Fönnte diefer Ver⸗ 
richtung ein befonderer Nachdruck gegeben, und ars 
men $euten Gelegenheit gemacht werden, etwas zu 
verdienen. So vielift gewiß, daß man durch diefes 
Mittel in Furzer Zeit und von einer eben nicht, gar 
geoßen Anzahl von Leuten viele Millionen Heufchre- 
en in der Brut zu Grunde richten kann, woraus 
‚ein jeder die Nothwendigkeit und den Nugen diefer 
Verrichtung, zugleid) aber auch den Schaden, ven 

man dutch Unterlaſſung derfelben, dem Feldbaue zus 

ziehe, einfeben wid. ee 
9. 45. Die zwote Periode nimmt ihren An⸗ 
‚fang, wenn die Heufchrecfen aus ihren Eyern krie— 
‚hen, und währe bis zu ihrer zwoten Haͤutung, 
e, nach) Bejchaffenheit der Umftände entweder 
chon im Monat April oder erft im May und Sunis 













us zu geſchehen pfleget. Sie find alsdenn nod) ſehr 
klein und: ſchwaͤchlich, und verfammien fih zu der 


Zeit noch nicht Heerdenweiſe zuſammen, daher ſie 
wa Band. 8 an 





zo Abpand 


“ 








Die Ru da we aus be ne gefroch: oc "bie 
erſten Haͤutung, dauret —— ze “ b 
da fie denn noch eine ſehr leichte Nahrung noͤthig 
ben, und ihre erfte Reiſe nur nach den nächfie 

tern, die mit zarten nur erſtlich hervor geſch ſſe 
Kraͤutern bewachſen m r w guße zu — an⸗ 
fangen. a 4% 7% 


—* 46. Während vr Zeit u fie fi; zu der 
nacht folgenden Veränderung ju, nad) welcher fie. 
“eine — oder ſchwaͤrzliche Farbe bi ekommen. 

Sie ſuchen alsdenn ebene, ſandigte und Ne 
ſtrahlen ausgefegte Gegenden, wo fie fic) in gan⸗ 
gen Haufen verfammlen, die einer, der nicht fo ge⸗ 
nau darauf Achtung giebr, leicht für Ameifenhaufen 
anfehen Fann ; bey eindringender Kälte. aber, oder bey 
Regenwetter, uchen fie ſich sehe Pi 
bergen. _ dr 


6. 47. Mau Fan eben nicht ß fie in 
Bine Zuftande großen Schaden —— ‚weil 
‚fie ſich bloß noch vom Thaue und den’garteften Kein 
men der Pflanzen und Graͤſer ernähren; nad) de 
zwoten Häutung aber werden fie flärfer und gr 
‚und erfodern auch mehrere Nahrung. Waͤhr 
diefer Zeit, da dieſes alles gefchieh, I ie 
jeder leicht auffuchen, und: fie mit Pritfchen oder 
Stoßhoͤlzern zerquet ſchen ren an fie eicht 
dic) in Gräben jagen, die zudem Ende fhon zuvor 
aufgeworfen worden 2 und er hernach mit Erde bes 
Arten, BE a... 0 
Mr - 2; * De 

















von den Strichheuſchrecken. 211 
R EI Nach der zwoten Haͤutung geht die zte 
eriode an, welche ebenfalls zwo Veraͤnderungen, 
mlich —* dritte, und Ate Haͤutung unter ſich * 
greift. Sie nimmt ihren Anfang mit den Junius 
oder ven. Saratıf folgenden Tagen, und waͤhret bis. 
in die Mitte des Julius. In biefem Zuftande be. 
finden fich die Heuſchrecken in ihrer Jünglingsfchaft, 
und verurfachen alsdenn dem Landmanne den aller 
größten Echaden; denn fie laufen in diefer Periode 
alle Veränderungen durch, Die fie während ihres 
Wacsthums, bis auf den Zeitpunct zu leiden pfle- 
gen, wo ihr. Körper entwickelt ift, und wo alle ihre 
Glieder die natürliche Proportion und Groͤße erlange 
haben, bloß die Flügel ausgenommen, die vor der 
- ten Häutung noch) nicht frey find, ſondern noch i in 
ihren Scheiden ſtecken. | 
$. 49. Würde man alfo nicht ſehr übel thun, 
wenn man dieſe Periode, die noch viel gefaͤhrlicher 
als die folgende ift, dernachläßigen wollte? "Weil 
Die Heuſchrecken während ihrer Sünglingsfchaft faft 
alles Sommergetraide auffreffen, ehe es aenugfam 
ſtarke Stengel befommen kann. Es ift hiebey zu 
mierken, daß man denfelben während diefer Periode, 
zwiſchen der zwoten und Dritten Haͤutung, viek eher 
beyfommen fann, als zwifchen der dritten und. 
vierten, to es fehon ſchwerer bergeht, weil ihre. 
süße und übrige Theile des Körpers alsdenn ſchon 
ne weit größere Staͤrke bekommen, und ſich ſchon 
in ‚den Sommerfrüchten haufenweiſe ausgebreitet 
haben; da fie hingegen zwifchen der zwoten und drit— 
sen a; ag — Mangel der Kraͤfte, theils 


ih weil 













au N Abhandlung 





9 * — ee de — e ſich 
voch nicht haben bemeiftern koͤnnen. Ungeachtet nun 
die Mittel, die man waͤhrend der dritten Periode 
gebrauchen kann, in beyden Fällen faft auf eins bin: 
auslaufen, fo ift e8 doc) um erſt angezeigter Urſachen 
willen noͤthig, ſie mit einiger Verſchiedenheit und, 

| Borficht anzuwenden. 

6. 50. Zwiſchen der, zwoten und dritten Haͤu⸗ | 
tung hat man alfo nichts weiter zu thun, ‚als daß 
man fie, wie bey der zwoten Periode, in hiezu ges 
machte Gräben jaget, wobey man folgender Geftalt 
zu verfahren hat: Man macht, nad) Befchaffenheit 
der Gegend, nahe an dem Schtoarme, wo die mei⸗ 
ſten beyſammen find, einen Graben, der eine Ar— 
ſchin tief und breit , und deffen $änge nach der Größe 
und Ausbreitung des ee eingerichtet ſeyn 
muß. Syenfeits des Grabens werden der Laͤnge nach 
viele Leute hingeſtellet, die ſich mit großen Beſen 
verſehen muͤſſen, um diejenigen Heuſchrecken, die 
uͤber den Graben geſprungen, oder wieder heraus ge⸗ 
krochen ſind, zuruͤck zu treiben. Eine noch) größere 
Anzahl Leute aber , müffen fich diejfeits des Grabens 
hinter den Schwarm in. einen halben Cirkel 
len, und die Heufchreden unter. beftändigem 
fehrey und Getöfe mit Beſen, Gerten und derglei ‚ 
chen mit Gewalt in denfelben hinein treiben. So 
"bald diefe mit den andern, die jenfeits des Graben⸗ 
ſtehen, zuſammen kommen, ſo muͤſſen alle Ei 
ſammt und fo gefchwind, als möglich, die zuvor 
v Erde — Re in den —— —— 







—X 


von den Strichheuſchrecken. 213 
—3 —* werfen, ſie zuſammen ſtampfen, 


d dent Reſt, der ſich noch in die Flucht begeben 


mit Stoppöljern und mie den Süßen der» 
quetfchen, Mi 
gs &n dem Salle aber, wenn Die Henfchtes 
den ʒwiſchen der dritten und ten Häutung fich ſchon 
in ganzen Heeren im Getraide und den übrigen Som« 
-merfrüchten ausgebreitet haben, verfährt man auf 
- folgende Weife: Es ziehen etliche Perfonen einen 


Strick oder Seil, an dem viele Strohwifche oder 


Reiſer angebunden worden, queer über einen mie 
Heuſchrecken bedeckten Acker nach feiner ganzen Laͤn⸗ 
ge hin, und zu gleicher Zeit verſammeln ſich alle 


Einwohner eines Orts auf derjenigen Seite, gegen 


welche die Heuſchrecken getrieben werden. So bald 
ihnen dieſe entgegen kommen, ſo ſchlagen ſie ſie mit 
vereinten Kraͤften mit Prügefn und Steden todr. 
Wollte man fie dabey in einen Graben treiben, fo 
müßte er noch etwas tiefer und breiter feyn, als in 
jenem Falle, weil fie in diefem Alter ſchon weit gröfs 
fere Sprünge machen, und fich folglich nicht fo leicht 
einfperren laffen. Man muß aber, fo oft man eine 
Jagd anfteflt, folgende zwey Kegeln zu beobachten 


viſſen: 1. daß man fie nur bey regnichtem Faltem 


Wetter, ‚oder wenn ein ftarfer Thau gefallen, vors 
‚nehme, und 2. die Heuſchrecken aus den fruchtbas 


\ 


ren Feldern auf offne Wege, in fandichte und unges 


bauete Derter treibe. Es ift anbey gar, nicht anzu⸗ 


vathen, was an einigen Dertern zu gefchehen pflegt, 
da die Einwohner in gegenwärtigem Falle, bie Feld⸗ 
MIR vor ihrer Reife et weil Dadurch 

= ‚alles 





verlaffe en, ** nur in * — M 


groͤßer em Ungeſtuͤm auf einen andern zu ſtuͤrze 

$. 52. Nach der Aten Haͤutung, welche —— 
die Mitte des Julius ein wenig vor der Aerndte ge· 
meiniglich zu geſchehen pflegt, kommen die 





cken in den Stand ihrer Bollkommenpeit, welcher 


die vierte Periode ausmacht. Es entwickeln 
fih nämlich nad) der legten Häutung die neh bis 
. dahin, in. den Scheiden ſtecken gebliebene Flügel, ° 
So bald, diefe ihre gehörige Ausdehnung und 

Elafticität erhalten, fo verfuchen Die Heuſchrecken 


\ 


L 


den erſten Flug, der fich anfänglich nur auf wer 


nige Schritte erftredt, bald darauf aber fo ſtark 
wird, daß fie, wenn es ihnen an * 


Nahrung mangelt, dadurch in Stand nn were 


den, dieſelbe anderwaͤrts zu — u a 


$. 53. Es iſt leicht zu — 
Heuſchrecken, die ſich in einer Gegend zen 
nicht alle auf einen Tag ihre Flügel befommen 
-fönnen, weil die Eyer, in denen fie zuvor einge 
fhloffen waren, zu verfchiedenen Zeiten 
worden, und mithin’ aud) die Ausbruͤtung 





Häutung diefer Inſecten bald früher bald fpäter _ 


gefchehen müffen, und. noch uͤberdieß andere Um⸗ 
ſtaͤnde find, die hierinn eine Verſchiedenheit vers _ 
urfachen, daher fieht man fie anfänglich nur zu 


10 » 20.30 ſich erheben, und über den auf der - 
Erde befindlichen einen kleinen Cirkel machen, u 


is ro —ä——— len; noch 
groͤßern Cirkel ausmachen, bis fh, endlich. eine 





fammen zieht, und nach abgefrefiener Gegend, in 
der: fie. ausgebrütet worden, ihren Zug. weiter 
nimmt, auf welchem fie die ſehr befannten Verwuͤ⸗ 

fhungen anrichten , von. denen wir oben 9. 20. 

und: 21. gerebet haben. Zu einem folchen Zuge 
nen: hauptfächlich die: Minde, alte und naſſe 
Bitterung, ‚ ein Mangel an Sutter und der Trieb 
* zu paaren, als Urſachen, Gelegenheit geben. 
f. 9 5. und 13. Wie man fich bey ſolchen Heer— 
zügen zu verhalten, und was: man für Mittel zur 
Sera habe, fie weiter zu treiben, ift oben 
fhon $. 17. 18. 19, 23. 24. und 25, umftändlich 
beſchrieben worden. 





§. 54. Nun folget die ie fünfte äh letzte Derio, 
‚de, welche gegen die Mitte, oder das Ende, des 
Auguſtmonats ihren Anfang nimmt, und fich mit 
dem Geptember, oder mit. den eiſten Tagen des 
Octobers, endiget. Es wird nicht noͤthig ſeyn, hier 
nochmals zu erinnern, daß dieſe Periode zur Zeu- 
‚gung, Fortpflanzung und auch zugleicdy zum Tode 
‚der Heufchreden beſtimmt ift, weil alles das, was 
dabey vorgeht, und was man für Mittel dages 
gen anzuwenden hat, ſchon $. 26. 27. 28. 29. 30. 
31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. mweitläuftig genug 
iſt meer worden. 
55. Da wie nun alle diejenigen Mittel, die 
man der allzu ftarfen Beratung und Ausrot- 
! 4 fung 





große Menge derfelben Heerweife in der Luft Zur “3 


* der —— Vernunft entgegen ſe⸗ 
tzen kann, angezeiget, —— n Umſtaͤnd 
die Ratut und Eigenſchaften dieſer Thiere 
fen, und worauf ſich die Anwendung al ler dieſer 
Mittel gruͤndet, ſorgfaͤltig beſchrieben; rc wir‘ 
—* ‚daß auf die Beforgung: und Ausfü 

ben, wenn fie nur gefchickten und. lelbigen — 
ee die vor das — Beſte, und vor ihr ei⸗ 
genes Gorge tragen, anvertrauet wird, und die 
ſich die Mühe nicht verdrießen laſſen die verſchie⸗ 
dene hier angezeigte Mittel, zu gehoͤriger Zeit, und 
durch alle Perioden öfters und ununterbrochen zu 
wiederholen ‚ die, — ee Re 
| werden. er a, — 


N "Fig. 1. file ein —— und... 
2. ein Weibgen fißend vo. 
3. ein fliegendes Männchen. BrT 
4. ein Eyerklumpen mit feiner 4 | — 














J 
J 
4 


MR 
NR, A 
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5. ein Eyerflumpen wie er von innen ui 
tet ift. wie —* 
6, * ehe Eyer befonders wre — 
* ale — 39 — J ur, 
= Zahn. ee 
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wo 
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Unteinäfiches Mittel 2 Re | 


wider die Dautmirte 
BR FE den Garten, —* 


Maulwuͤrfe bekannt find, fo iſt doch )d 


| Si, fon — Mittel wiber 6 


Schade, den diefe Thiere verurfachen, fo 

groß, daß ich glaube, man könne nicht Mita 

tel genug wider ſie bekannt machen, Damit ein je= 

der die Wahl habe, basjenige zu ergreifen, was 

ihm am bequemften iſt. ch will ist eines por 

I n, das ich fuͤr u Hs Dale: ; weil es mir 
s fehl geſchlagen if IWW 


Man muß achfuheR.! wie viel Maulwurfshau⸗ 
fen im Garten vorhanden ſind. Alsdenn nimmt 
man eben fo viel Nüffe, wovon die Schale abge— 
mache ift, und Fochet fie eine ober anderthalb Stuns _ 
den lang nebft einer’ guten Handvoll Schirlings. 
fraut, (Cicuta) in Waſſer. Hernach ſteckt man 
in jedes Maulwurfsloch eine ſolche Nuß hinein, 


Die Maulwürfe kommen bald und verzehren fie, 


weil fie Liebhaber von dieſem Leckerbiſſen - find, 


"Alle aber, die davon effen, müffen fterben, und 


man findet fie den folgenden Morgen todt vor ih- 


‚ren Dieſer habe ich mich ſelbſt 


bedienet, 


> 


D ———— werden in den — 


Are Untruͤgliches Mitt ten 


'bedienet, um meine Gärten, von biefen Widichen 
Thieren zu befreyen, die ehedem häufig darinn was 
ven, da ich hingegen itzt Feinen einzigen ſpuͤre. 





Ich rache indeffen niemanden, diefes Mittel in fol 


chen Gärten zu gebrauchen, die nicht mit —* 
ern, oder lebendigen Hecken eingefaßt 

da das Schirlingskraut ein Gift ift, fo —60 arfen 
wohl andre Thiere ven diefen Nuͤſſen —— und 
die wuͤrden gewiß umkommen. | 


ars AL AEEE ——— 

F ittel, Ir: — RA 

die, SR Dr A i 2 
Sanıngen ohne 2 Sie 


zu fangen. 


7 zen 
—— 


man koͤnne die Caninchen nicht anders, als 

mit dem Iltis und mit Schießgewehre, ja⸗ 
gen: allein ich habe ſehr oft die Probe ges 
macht, und gefunden, daß nichts leichter fey, als 
diefes. Ein Zufall hat mir biefe Methode offen» 
baret. Als ich einftmals an einem Orte, wo ein 
fleinee Bach floß, fpaßieren gieng, und. Krebfen 





ließ, entmwifchte einer von den Krebfen in ein Ca: 


ninchenloch, daß man — ia wieder Friegen 


konnte. 
\ 


Mittel, die Caninchen zu fangen, 219. 


konnte. Mach einiger Zeit Fam ein Caninchen aus. 
dem Loche heraus, an deffen Schenfelfich ver Krebs 
eingezwickt Hatte und feſt bieng. Diefes brachte 
mich auf den Einfall, es zu-verfuchen, ob man 
nicht die Kaninchen dadurch aus: ihren öchern her⸗ 
aus treiben koͤnnte, wenn man in viele derſelben 
einen Krebs ſteckte. Zu dem Ende kam ich den 
andern Morgen wieder, und ftecfte, nachdem. ih 
vor einige Löcher Kaninchennege gezogen hatte, in 
jedes einen. Krebs, Da ich denn das DBergnügen 
hatte, verfchiedene ‚Caninchen zu fangen. Ich 
ließ es nicht bey dieſem Verſuche bewenden, ſon⸗ 
dern dieſe Methode iſt mir nachher. noch oft ges 
lungen. Da man nun nicht überall leicht Iltiſſe 
haben kann, fo kann man fich in- folchem Halle dies 
ſes Mittels "bedienen. Man muß freylich ein wer 
nig Geduld dabey haben; weil der Krebs ſeine 
Jagd langſam anftellet: allein mit der Zeit gelan⸗ 
. get er Doc) ans Ende des Lochs, und Fneipet das 
Caninchen und bleibt daran hängen, da denn nn 
Thier mit dem —— davon laͤuft und ſich 
Netze er 


— Mit⸗ 





220 Grüne Schmin kbohnen u. Erbfen 
RR * * iR ho ** — * Wr 


en 


A char cr es 
"Mitten, 


grüne 


Conan Er Een 


im Winter zu erhalten, a 


er ya hat ſchon angſt auf Mittel ieh: 

WA gruͤne Schminkbohnen fuͤr den Winter 
Ar y. aufzubewahren, weil e8 ungemein an 

genehm ift, zu einer Zeit, da fich der 
Erdboden verfchloffen hat, und 6E Beige 
ein fo vortreffliches. Zugemüfe zu ha en. Allein, 
ich habe bisher nur zwo Methoden, in Erfahrung 
bringen koͤnnen, welche mit ‚beyde nicht hinlänglich 
zu ſeyn (einen. Die eine Methode ift die ‚ fie 
wie Fleine Gurken in Eßig einzumachen , wodurch 
ſie zwar allerdings erhalten, aber doch nicht an: 
- ders als wie Sallat und mit Dele gegeſſen wer⸗ 
den koͤnnen. Die andre Methode iſt, fie in But. 
ter halb zu braten und fo einzumachen: allein die— 
ſes ift nicht allein koſtbar, ‚RER * en vers 
derben auch zum öftern. = 


Das Mittel, welches ih vorſchlagen ya und 
wovon ich und verſchiedene meiner Freunde ſchon | 
wirflih Erfahrungen haben, ift fehr einfach; Die 

Bun fanfen ON nicht Gefahr zu verderben, 
| man 






inm Winter zu erhalten. + zar 


man kann ‚fie, wenn man will, von einem Jahre 
zum andern aufbehalten, und man Fann ſich ihrer . 
nur in der aller ſtrengſten Winterszeit bedienen, - 
Wenn man fie in einer dienlichen Brühe kocht, fo 
haben fienicht allein noch ihren völligen Gefchmad, 
fondern fie ſehen auch fo fhön und grün aus, als 
wenn fie erſt eben im Garten gebrochen worden waͤ⸗ 
ven. Die Siebhaber dieſer Koſt werden ſich ſehr ver⸗ 
gnuͤgen, daß ſie ihren Geſchmack durch ein ſo leich⸗ 
tes und wohlfeiles Mittel zu allen Zeiten befriedi« 
gen können. gt: erh ia; Pchh Make 
Man ſammlet fo viel grüne Schminf: oder Wel- 
fhe Bohnen zufammen, als man zur Berforgung feis 
nes Hauſes nöthig hat. Man muß fie aber zu der 
Zeit brechen, da fie noch ganz zart find, und noch 
feine Bohne in der Schale formiret ift. Wenn fie 
gelefen und völlig fo zubereitet find, als ob man fie 
an felbigem Tage noch fpeifen wollte , fo. ſchuͤttet mar 
fie in einen Kefjel voll Fochenden Waffers, und es 
verſteht ſich von felbft, Daß man fie, wenn der Vor— 
rath zu groß iſt, nicht alle auf einmal.nehmen dürfe, 
Diefes gefchieht in der Abficht, um die Bohnen zu - 
ſchaͤumen, und es ift unnöthig zu erklären, wie dies 
fes gemacht werde, dadie ungeübtefte Köchinn wohl 
weiß, wie diefes anzufangen fey, Wenn die Bob _ 
nen gehoͤrig und hinlänglich geſchaͤumt find, ‚fo wird 
das fochende Waſſer abgegoflen, und denn fchütter 
man fie in altes Waſſer, läßt fie hernach auf Wei; 
Henflechten abträufeln, und leget fie an die Sonne, 
bis fie ganz trocken find. Auf den Dörfern und in 
Staͤdten, mo man Backoͤfen bar, Fan an Di 
End; oh⸗ 


222 Grüne Schminkbohnen u Erben - 
Bohnen darinn trocknen, fo bald das Brodt heraus 
iſt, da fie denn viel gefehminder trocknen. Kann 
man aber diefe Bequemlichkeit nicht haben, ſo muß 
man fie an der Luft trocknen, welches zwar viel | läns 
ger waͤhret aber doch eben fo gut iſt. Wenn vie 
Bohnen ſolchergeſtalt ihre Vollkommenheit erreicht 
haben. Kann man ſie in einen * — und 
an einen trocknen Ort hinſetzen. | 
Jedermann weiß, wie begierig man im Srüpjaß- 
re auf die jungen Erbfen wartet, und welche unbe» 
ſchreibliche Mühe man anmendef, um früßzeitige 
Erbſen zu erhalten; die denn aud) feh er 
kauft werben. . Gleichwobi koͤnnen doch folche, durch 
die Kunſt und vermittelſt des Duͤngers und der er⸗ 
zwungenen Waͤrme getriebene Erbſen niemals eben 
den Geſchmack haben, als wenn ſie von der Sonne 
und den Erdſaͤften den gehoͤrigen Grad der Nahrung 
und Reife erlangt haben. "Warum will man fo viel 
Geld ausgeben, um Speifen zu erfaufen, die faſt 
nicht zu genießen find, und fein andres Verd 
‚haben, als ihre Seltenheit ? da man mit ein wenig | 
Vorſichtigkeit viel jeitiger, ja fo gar im aller Härtes 
ften Winter Eleine grüne, ganz faftige und völlig 
reife Erbfen haben kann. Es ift hierbey ſonſt keine 
Schwierigkeit, als daß man zur Zeit, da die. Erb⸗ 
fen blühen, kleine, zarte ausfuche und fie eben fo, 
mie die grünen Bohnen, zubereite. ‚Doch fhein es - 
mit beffer zu feyn, daß fie im Schatten getrocknet, 
und hernach an einem fehr trocknen Orte aufbehal. 
ten werden, bis man fie fpeifen will: denn —* 
geſtait geht, da fi jo viel langfamer trocknen, alle 7 | 
Feu CE 








im Winter zu erhalten. 223 
Feuchtigkeit aus ihnen heraus, da hingegen die 


Oberflaͤche derſelben nur zufammenzieht,, daß fie ein. 
fehrumpfen,da fic) denn die inwendig enthaltene Feuch⸗ 
tigfeit feinen Weg bahnen fann, um auszudünfte 

Wen aber diefes geſchieht, fo ift zu befürchten, daß 


ihrer viele verderben. | | 

Wenn man die grünen Bohnen ‚oder die Fleinen 
‚ trocknen Erbfen, fpeifen will, fo muß man eine oder 
- ein Paar Hände volldavon nehmen, und fie in lauem 
Waſſer einweichen, worinn fie aufquellen, und nach 
und nad) diejenige Größe wieder befommen, welche 
fie hatten, da fe noch frifch waren, bernach aber 
kochet und bereitet man fie eben fo zu, wie man mie 
den feifchen Bohnen und Erbfen zu thun pfleger. 
Man muß wiffen, daß beyde beym Trodnen um 
drey Biertheile Fleiner werden, als fie natürlicher 


Wärme des Dfens oder der Sonne gleichfam die 


. 


Weife zu feyn pflegen, und daß fie alfo nach dem 


Einweichen viermal fo groß werden. Hiernach kann 
man. fid) richten, damit man nicht zu viel davon 
nehme, wenn man fie Fochen will, BR 


———— 


des open — vier u. — van = f n 
R Bande, No 





1. . Befgreibung einer neuen Methode den Surf zu 
bereiten. — 
II. Tadelhafte Gebräuche in Abſi icht der Findelkin. 
der und ihrer Muͤtter. 4 
IM. Eronftedts mineralogifche Anmerkungen über, 
Herrn Juſti neue Wahrheiten. , 130 

IV. Hartmanns Beobachtung eines Nordſcheinc⸗ 


| wi 

V. Bon ber Cultur der Zwlebein AN. vg 
VI. Deconemifhe Nachrichten von der Cultur des 
Eichen» und Kaftanienholges.. 172 


VII. Fortſetzung des Artikels von dem Erdreiche zu 
Montreuil und deſſen verſchiedenen Nroducten. | 


6 
vn. Wie man die Luft ber Zuubenſchige emeuern 
Önne, 
IX. Abdandlung von den Scrifheufhreden, Gi 
wie folche zu vertilgen. 186 
X. Untriegliches Mittel wider die Maulwuͤrfe i in den 
Gaͤrten. 217 
I. Mittel die Caninchen ee Iltis zu fangen. 218 
XII. Mittel, gruͤne — und — im 
Winter zu EN — 27-280. \ 


sa u 


HSamburgiſches 


again, 


gefammlet Schriften, 


Naturforſchung und den angenchmen 
Wiffenfchaften überhaupt, | 









Des — Bandes drittes tik. 
Mie Kömigl. Pobln. und Churfüsftl. Sächfkher Freybeit, 


Hamburg und Eeipzig, Ki 
Per Grunde Witwe und Adam Heinrich Holle, 
1760, .., | 


ern De 
Pr El # 
un‘ y wer 































































































— 
—4 


Auszug © 
aus des P. di Incarville Abhandlung * 


Von der beſondern Manier, 


wie die Chineſer das Horn zu 
Laternen Pen Die 


Mn ie Laternen find eines der vornehmſten 
* Gepränge bey den Ehinefern, und 
e8 werden bloß zu dem fo genannten 

* $aternenfefte eine erſtaunliche Menge 
— — und verkauft: daher iſt auch das Later⸗ 
nenhorn in China eine Waare, womit daſelbſt ein 
weit REIST: Rande, ‚als in Europa getrieben wird. 
2 Wenn 





dry 


nı% Siehe Memor. etrang. ET. IL, p. 350 ete, 10 


\ 


228 Wie die Chinefer das Horn 


* 


Wenn auch das Glas in China gemein würde, ſo iſt 


doch zu zweifeln, ob man jemals daſelbſt die glaͤſer⸗ 
nen Laternen denen von Horn vorziehen wuͤrde, weil 
die erſten weit ſchwerer und zerbrechlicher ſind. Ei: 
ne glaͤſerne Laterne, die 18 Zoll im Durchſchnitte 


hat, welches die-größten find, die man zu machen 


= 


‚pflegt, muß tmenigftens 8 bis 10 Pfund wiegen, 


Dahingegen eine von Horn, von gleicher Größe, 
fein halb Pfund wiegt; und wenn diefe zerbricht, fo 
mache man fie fo wieder zurecht, daß nachmals 
nichts daran zu fehen iſt. Der P. d' Incarville hat 
welche von den Handwerkern, die die Hornlaternen 
verfertigen, zu ſich fommen, und bey ihm arbeiten 
laffen, um ihnen alle Arbeiten, nebft den dabey vors 
fommenden Handgriffen, techt ablernen zu koͤnnen. 


. Wie die Chineſer dag. Horn zu. den ' 
=, „Laternen, zubereiten. 
er er iu Re! 
Die Chinefer gebrauchen zu den $aternen bloß die 
weißen Hörner von Ziegen oder Schafen... Diefe 
weichen fie erftlich ein, damit der darinn ftehende 
ſchwammichte Knochen heraus geht, welcher fich im 
Sommer nad, vierzehen Tagen, und im Winter 
nac) einem Monate leicht, abfondert; weil während 


B 


folcher Zeit das Fleiſch, welches ihn an dem Horne 


feſt hielt, verfauler. Wenn man diefen Knochen 


les haben will, fo darf man nur das Horn bey, der 
Spige nehmen, und es fchü ob oder gegen etwas 

anſchlagen, fo fallt er von ne elbft heraus. 
Wenn die Hörner von ihren Knochen leer find, fo 
ſaͤget man fie nach der Laͤnge, und in die. Hälfte von 
einan⸗ 


* 


2 


zu den Laternen zubereitet. 220 


einander *. : Damit man diefelben leichter in zween 
‚gleiche Theile zerſchneiden Fann, fo laßt man fie, ob 
man diefelben gleich hat weichen: lafien, nachdem man 
‚fie leer gemacht, noch ungefahr' eine: halbe Stunde 
im Waffer fochen, damit fie noch, weicher werdem 
Außer diefem muß man fie wie das erfte mal wieder 
von neuem kochen, um die dickften inidrey, und die, 
welche nicht fo dick find, in zwey Blätter: zerfpalten 
zu koͤnnen. Die von jungen Thieren, welche nur 
eine bis’ zwo !inien dick find, fpaltet man gar nicht. 
Wenn man die Hörner fpalten will, fo bedienet man 
fi) Hierzu eines Fleinen Meißels und eines Hammers. 
Mit dem Meißel fängt man den Spalt zu machen - 
an, und mit den. Händen frennt man nachmals das 
Dlatt vollends ab. Das erfte Blatt wird wegge— 
nommen, indem man am breiteften Stuͤcke anfängr, 
nicht aber am äuferften Ende, ſondern man treibt 
den Meißel in eine der Runzeln, welche die äußerliche 
Haut des Horns machet, ungefähr zween bis drey 
Zoll vom äußerften Rande, hinein. Damit der 
Meißel leichter hineingehe, ftellet man das Horn auf 
die Ede einer Banf, oder fonft etwas, und druͤcket 
den Meißel hinein. Das dritte Blatt läßt fid) von 
unten abheben, indem man das Horn ungefaͤhr einen 

Zoll von der Spige mit dem Meißel loͤſet. 


»* Sn Deutfchland pflege man erfflich die Gpigen, fo 
weit als fie nicht hohl find, wegzufchneiden; als: 
. denn fchlige man den hohlen Hornfegel mit einer 
Säge auf, und breitet ihn von einander : fo erhält 

, man Stücken, die. noch einmal’ fo groß find. 


230 ie die Chineſer das Horn 


Man muß dieſe Hornblatter immer * ins 
Waſſer werfen, bis ſie in der Preſſe ie platt ‚gemachet 
worden. "Ehe man fie in die Preſſe bringe, muß 
man fie noch zweymal fochen laffen. Wenn fie ges 
fpaltet worden, läßt man fie fochen, damit man fie 
beynahe überall von gleicher Dicke machen kann. 
Anfangs ſchneidet man das Dickſte mit einer Art von 
Wirkmeſſer, womit die Schmiede den Huf der 
Pferde auszuwirken pflegen, oder mit einer frums 
men Kneifzange, und dag übrige machet man vollends. 
mit der. großen Raſpel. Wenn der Handwerker ein 
Hornblatt abwirken oder abraſpeln will, ſo haͤlt er 
es mit der linken Hand auf einem Tiſche, oder auf 
einem Klotze feſt, und mit der rechten haͤlt er den 
Kneif mit der Schneide auswaͤrts gekehret, ſo daß 
er, wenn er ſchneiden will, das Meſſer von ſich ab⸗ 
waͤrts fuͤhret. 

Man laͤßt alſo, vorgedachter maßen, die —* 
blaͤtter kochen, ehe man dieſelben in die Preſſe bringt, 
Denn da fie nunmehr duͤnn gemacht worden, fo laf- 
fen fie fich feichter erweichen; fie müffen aber aud) 
weicher, als die vorhergehenden male feyn, fonft 
würden fie fih in der Preffe nicht wohl ausdehnen? 
fie müffen wenigſtens um den Drittel ihrer Breite 
zunehmen. Die Preffe ift fehr einfach, fie beſteht 
aus einem ſechs Schuhe langen, uͤber zween Schuhe 
breiten, und einem halben Schuh dicken Stuͤcke Bal⸗ 
ken. In die Mitte dieſes Klotzes, auf der breiten 
Seite, machet man ein laͤnglicht viereckigtes, neun 
Zoll tiefes, ungefähr einen Schuh breites, und acht⸗ 
zehen Zoll langes Loch hinein; in eben bieſem vier⸗ 
kantigten Loche nun prefet et man bie a 

an 


zu den Laternen zubereiten 231 


Man miß hierzu drey eiſerne Platten, eine einen 
halben Zoll di, über einen Schub lang, und neum 
Zell breit Haben. | 
Diefe Platte dienet, die Preffe gut zu — 
Die beyden andern Platten find von eben der $änge - 
und Breite, jede aber ift zween Zolle dick: fie müf 
fen auf der Seite, mit welcher die Hornblaͤtter ges 
preflet, werden, recht glatt, fo wie eine Plattglocfe 
ſeyn. Man feßet die Preffe quer vor fich, und ftel- 
let erftlich die Platte, welche nur einen halben Zoll 
dick ift, nach feiner linfen Hand zu, in diefelbez 
weil es dem Arbeiter auf diefe Art am beften zur 
Hand ift. Unmittelbar nac) der dünnen Platte, 
welche auf beyden Seiten noch roh und nicht abge= 
arbeitet ift, ftellet man die beyden andern dickeren 
Platten, zwifchen mwelche- das Horn geleget wird, 
welchem man aber vorher ungefähr die Hige einer 
‚Plattglocke gegeben haben muß. Man fafler diefel- 
ben mit Zangen an. Neben diefe Platten ſtellet 
man zwey Stuͤcken hartes Holz, die einerley Laͤnge 
und Breite mit demfelben, jedoch fünf Zoll, jedes, 
in der Dicke haben, Zwiſchen diefe beyden Stüde 
Holz treibt man Keile, welche ebenfalls von hartem 
Holze find. Die Hornblätter werden mit einer fla⸗ 
chen Zange zwifchen Die — geſtellet, und 
ſo wieder heraus genommen * — 
P 4 Zur 


* Weit bequemer werden wir uns bierzu einer ges 
wöhnlichen Schraubenpreffe mit einer ftarken eifers 
nen Sihraubenfpindel und eifernen Mutter bedie- 
nen können, wenn wir namlich ungefähr ein Du: 
gend eiferne platt polirte und heiß gemachte — 






| Zunaͤchſt der Preſſe ei Du ie yerfer zur. 
ken Hand einen Dfen haben, damit er feine P 

heiß machen kann; und auf eben dieſen Ofen muß 
zugleich ein Platz fenn, wohin man ein Gefäß mit 
Waſſer fegen kann, worinn die Blätter liegen, da⸗ 
mit man diefelben aflezeit aus dem kochenden Wafler 
in die Preffe bringen kann. Die Chinefer preffen 
nur ein Blatt auf einmal zwiſchen gedachten beyden 
Platten, welche ſie mit Schlaͤgel und in der 
Freie sufammen treiben 





a 


Wie man viele Stuͤcken Pe zuſammen 
löther, ohne daß das Ka davon | 
| ‚zu feben iſt. 


Das Hör zufammen zu loͤthen, Ki der. Krbeiter 
einen Dfen oder eine Kohlpfanne bey ſich haben, da- 
mit er feine Zangen heiß machen kann. Er fist auf 
einer Eleinen Banf, und während daß feine Zangen _ 
heiß werden, zafpele‘ er die Ränder zweyer Stücfen 
Horn, die er zufammen löthen will, das eine oben, 
das andere unten, ab, damit fie, wenn man fie auf 
einander lege, nicht mehr ale ungefähr mit dem übri- 
gen Horne einerley Dicke ausmachen. Man rafpelt 
daran bis: vier Linien breit davon ab; "die Nafvel 
wird nicht nach der Länge, Yndern nach der Dueere 
der Ränder geführet, welche recht abgefchärfet wer⸗ 
den, wenn man erſtlich ſeine Raſpel leicht fuͤhret, 

gegen 
ten nehmen, zwiſchen zwo und zwo allezeit ein 
Hornblart legen, und alles zuſammen unter diefe 
Arſſe bringen. 


zudem Laternen zubereiten. 233 


gegen die Raͤnder aber ſchoͤrfer aufdruͤcket, ‚fo daß 
der" abgerafpelte Rand wie eine Mefferklinge wird, 
‚nämlich am äußerften Ende ſcharf iſt, und ſich nach 
und nach in einer Breite von vier Linien in der Dicke 
des Horns verliert. Man muß ſich in acht nehmen, 
daß man die abgeraſpelten Raͤnder nicht angreift, 
ſonſt werden ſie fettig, und fließen an dieſem Orte 
nicht zuſammen; denn es iſt mit dieſer Loͤthung ſo, 
wie bey den Metallen. 

Wenn der Arbeiter. glaubet, daß feine Zange 
ungefähr die Hige einer Plattglocke hat, fo fegt er 
ſich nieder, und verfuchet,, ob fie nicht allzubeiß find. 
Er nimmt, um ſich deffen zu verfichern, ein ‘Blatt 
von Mohr, weldyes die Rohrfolben trägt, (Maſſe 
d’eau) und wenn die Zange fogleich das Rohr 
brennt, oder alsbald, einen gelben Fleck darauf ma= 
chet, fo wartet er einen Augenblick, damit das Horn 
nicht verbrennt, oder gelb wird, "Er pfleget auch 
die Zange nahe an den Baden zu halten, fo wie das 
Frauenzimmer auch mit der Plattglocke zu thun pfle= 
get, wenn. fie probieren wollen, ob fie nicht zu heiß 
iſt. Wenn die allzubeiße Zange das Horn gelb ma⸗ 
het, ſo Fann man diefen Fleck nicht anders heraus 
machen, ‚als daß man ihn mit der Rafpel heraus 
; arbeitet, und ein Stüc auf eben die Art hinein feger, 

‚wie die Buchbinder Stücken in die ledernen Bände 
einzufeßen pflegen: man fchärfet nämlich die Ränder 
des Stüdes recht dünne ab, fo daß fie ſich nach und 
nach verlieren. So bald als die Zange, faft - Feine 
Spur mehr auf dem Rohre macher , löthet der Ar- 
beiter die zugerichteten Stücen Horn, woran er Die 
Ränder gerafpelt hat, zufammen. Er faflet feine 

DEE Ey Zange 





34 Wie die Chineſer das He en 


* 


Zange mit der rechten Hand an, und ſtemmet ſie —4*4 | 
die Knie, fo daß die runde Seite des Kopfes der 
Zange unterwaͤrts, und die gerade aufwärts gekehrt 
ift. Mit der linken Hand bringt er die zwey Stuͤ⸗ 
den Horn, fo über einander geleget, wie er fie zu= 
ſammen löthen will, zwiſchen die Zange; und wen 
er feine Zange zufanmen fneipen will, fo umfaffer er 
Die Schenfel derfelben mit der rechten Hand, und 
giebt ihr einen Druck; hierauf fehiebt er den um die 
Schenkel befindlichen Ring nad) dem äußerften Ende 
derſelben zu, und wenn er fie wieder öffnen will, 
fchiebt er den Ring wiederum nac) dem Kopfe der 
Zange zurück. Damit fich diefer Ring leichter hin 
und her fehieben läßt, muß man die Aerme der Zan⸗ 
ge ein wenig mit Oele uͤberſtreichen. 

Anfangs laͤßt man es nur leicht weg zuſammen⸗ 
fließen, ſo daß zwiſchen jedem Zangenknipp einige 
Linien Raum bleiben. Wenn es an einem oder dem 
andern Orte nicht die rechte Form haben ſollte, vor— 
nehmlich, wenn das Stuͤck eine convexe Figur haben 
ſoll, machet man die Loͤthung an dieſem Orte mit 
den Fingern wieder los, um das Stuͤck, welches in 
Abſicht der Form nicht gehoͤrig zufantmengelöthet 
worden, vor oder zurück zu fchieben. Wenn die Loͤ⸗ 
thung ein wenig allzufeft zufammen hält, und mit 
den Fingern nicht von einander gehen will, fo fährt 
man mit der Spiße einer Mehnadel pazmifchen, und 
£rennt fie von einander, Diefe Hthung haͤlt niche 
feſt, weil man die Zange nicht fo gar ftarf zufammen 
gedruckt, und diefelbe nur trocden gebrauchet hat. 
Dabingegen, wenn man fie feft machen will, fo bringe 
man ein wenig Waſſer zoifegen Das, mas nur oben» 


bin 


zu den Laternen zubereiten. 235 
bin zufammen gelörhet iſt, drückt die Zange feft zu, 
und preſt wiederum von neuem auf die Knippe, die 
man vorher nur leicht gemachet hat. 

Wenn man nun völlig, und fo wie es bleiben fol, | 
zuſemmen loͤthen will, muß man ein Gefaͤß mit fri⸗ 
ſchem Waſſer bey der Hand haben, in welchen ein 
Ende eines Blattes von vorgedachtem Mohr eins 
geweicht liegt :: denn da diefes Rohr überaus 
ſchwammicht ift, fo zieht fichs voll Waſſer. Ehe | 
man die Zange gebraucht, fähre man mit dem in 
Waſſer geweichten Blatte längft dem Rande der Loͤ⸗— 
thung bin, und befeuchtes jedesmal vier bis fünf Zoll 
lang von den, was nur obenhin gelöchet worden: 
das Waſſer, welches fic) von dem Rohre los macher, 
zieht fich von fetbft zwifchen die leeren Räume dieſer 
Loͤthung. Hierauf nimmt der Arbeiter alsbald mit 
der linfen Hand ein Blatt von befagtem Rohre, und 
legt es unten queer vor gegen den Ort, wo er die 
Zange anfegen will, fo daß Diefelbe oben unmiftels 
bar auf das Stuͤck, welches man löthet, und unfen 
unmittelbar auf das Rohr zu ftehen fommt. Die: 
fes Robr, welches weich ift, giebt unter der Zange 
nach, und machet dadurch, daß alles überall gleich 
wird: bey jedem Kippe mit der Zange ruͤckt man 
das Rohr ein wenig fort, damit die Zange niche 
auf einen ſchon platt gedruckten Dre fommt. Die 
Kippe der Zange müflen fo fortgefeßt werden, 
daß der’nachfolgende den vorhergehenden ein wenig 
überdedt, Das Waffer, welches fid) in die Zwi— 
fhenräume der Loͤthung gezogen, wezu neh Die 
Hitze der Zange koͤmmt, erweicht das Horn, und. 
PR t, daß die beyden Stüden an dieſem Orte 
| in 


256 Wie die Ehinefer das Horn 


in eins zuſammen fließen. Man. läßt bey jedem 
Knippe die Zange mehr ‚oder weniger lange gefchlofe 
fen, nachdem die Hiße der Zange iſt; die erften 
Zwicke währen nicht über den fechften Theil‘ einer . 
‚Minute , Die legten einer halben Minute ; an den 
beyden Enden eines Stückes laßt. man die Zange et⸗ 
was länger darauf, damit es fefter wird. 

Wenn dieſes gefchehen, fo hält man fie ein wenig | 
‚ans Feuer, damit fie gefcehmeidig werden; und wenn 
es plane Stüdenfind, fo legt man fie auf eine ebene 
auf der Erde liegende Pfoſte, breitet alsdenn ein 
Stuͤck wöllen Zeug darüber, und £riet ftarf mit dem 
Suße auf die Loͤthung, wobey man den Zeug mit 
‚Bin und ber fihiebt: wenn diefes nicht geſchaͤhe ſo 
wuͤrde ſich das Horn werfen. 

Fuͤr die Stuͤcken, die man machen will, verferti⸗ 
get man eine Patrone oder Model von Pappe, wor⸗ 
nad) man .jeves Blatt Horn zufchneidet , damit fie 
wenn fie an einander gelöthee find, zufammen das | 
Stuͤck formiren, welches man bat haben wollen. 
Man zeichnet mit einer Nehnadel den Umriß eines _ 
jeden Stücdes Horn nad) der Figur des darauf lie» 
genden Models ab, und befchneidet das Stuͤck als- 
denn mit einer Schere. Um die Spuren von der _ 
Loͤthung wegzufchaffen, fo daß man nichts mehr das 
von zu fehen bekoͤmmt, und nicht unterfiheiden Fann, 
aus wie viel Stücken das Ganze befteht, fo bedienet 
man fich erftlic) der Eleinen Raſpel, um es ‘aus dem 
gröbften wegzurafpeln, nachmals machet man es mit 
den Schabern, und zuletzt vollends mit den Blaͤt⸗ 
tern eines Baumes, den die Chinefer Nicon- kin- ye 

‚nennen, glatt, Man bedienet ſich diefer Blätter an 
ki Kart 4 


\ 


— 


_ 
=. 


m den gaternen zubereiten. +397 


fat. de Schachtelhalms, welches allzu ‚grob und 
nicht biegfam genung feyn würde. Man läßt die 
Blätter einige Stunden vorher weichen, und reibt 
mit der flachen Hand und gedachten Blättern alles 
allenthalben wohl ab. Wenn die zufammen gelöthes 
ten Stuͤcken Horn plan find, hat; man der ‘Blätter 
des Niecou - kin - ye nicht nöthig , weil man dieſe 


überall leichtlich mie den Babe gleich und eben 


machen fann. 

Zum Poliren bedienet man ſich eines Pulvers, 
das aus vier Theilen lebendigem Kalke, der viele 
Jahre aufbehalten worden, weil er beſſer, und nicht 
mehr fo fett iſt, und einem Theile Aſche von Stein- 
Fohlen befteht, die man deswegen zufegt, damit ihm 
die. wenige Fertigkeit, die er efwann noch hat, bes 
nommen wird. Dieſes beydes mifche man zuſam⸗ 


men, und fiebet es durch: ein etwas feines Haarfieb 


ift hierzu hinlaͤnglich. Man breiter hierauf ein Stuͤck 
weiche oder abgetragene Leinwand auf einen. Tifch, 
legt das Stuͤck, welches man poliren. will darauf, 
fprenge einige Tropfen Waſſer darüber, fo wie das 
Frauenzimmer die Leinwand vorher, ehe fie geplattee - 
wird, einfprenge. Wenn der Raum, den man po« 
liren will, nicht breiter als die Hand ift, Faun man 
ihn mit dem Nohrblatte, welches im Waſſer liege, 
anfprengen : ift aber das Stüf groß, fo nehmen die 
Chineſer einen Mund voll Wafler und blaſen es wie 
einen feinen Regen darauf. Man nimme nachge⸗ 
bends einen. wöllenen Lappen, oder ein Stuͤck Filz, 
weldyes man im: das Pulver. tunkt, und ein wenig 
wieder abſchuͤttelt, damit nicht etwa einige grobe 


Körner daran hängen bleiben, ‚welche Riffe machen 


koͤnnten. 


238 Wie dieChinefer das Horn 
fönnten. Das Stuͤck Horn halt man mit der lin 
fen Hand, und mit der rechten Hand reibt man: 
wenn man drey oder vier Minuten gerieben hat, 
bringt man wieder Pulver auf den Filz wie das 
erfte mal; weldyes man vier bis fünf mal wieder: 
holt, und dabey den Filz mit Speichel ein wenig 
anfeuchtet. N & 
Wenn man, nachdem man das Stüd abgemifcht 
hat, Eleine weiße Streifen bemerken follte, wo fic) 
der gepulverte Kalf eingerieben hat, muß man fie 
mit einem Schabeifen wegzubringen füchen ; und 
wenn diefes nicht angeht, fo iſt kein ander Mittel, 
als daß man mit der Rafpel ein Loch einrafpele und 
vorbefchriebener maßen ein Stuͤck einlegt. Hat 
"man plane) Stüden in der Arbeit, fo muß man die- 
ſelben, fo bald als man ſie polire bat, zwifchen zween 
ebene Steine legen: welches gleichfalls gefchehen 
muß, wenn man Diefelben gelöther oder geraſpelt 
hat; meil fie ſich fonft falten würden. Wenn-man 
große Bläfter von Horn machen wollte, würde man 
dieſelben, damit ſie gerade und eben bleiben, allezeit 
zroifchen etwas ebenes und ſchweres gepreſt erhal 
ten müflen: ——— Bd 
Die weiße Farbe erhaͤlt das Horn zu den Laternen 
dadurch, daß man recht auserlefen weiß Horn da⸗ 
zu nimmt; und die Ducchfichtigfeit bekommen die 
Sticken, wenn fie dünne werden.‘ Wenn das Horn 
Durch die $änge der Zeit, nach einigen Jahren, ein 
wenig gelb wird, fchaber man es von neuem ab, und 
polirt e8 wieder: man wird ihn aber niemals feine 
erfte weiße Farbe’ wieder geben koͤnnen. Will man 
recht ſchoͤne Stuͤcken Horn haben, — — 
* 3. DEN 


zu den Laternen zubereiten. 239 


cken von einerley weißen Farben ausſuchen. Die 
Chineſer nehmen Horn von Thieren, die faſt von ei⸗ 
nem Alter ſind: ohne dieſe Vorſichtigkeit wuͤrde man 
die verſchiedenen Theile, woraus ein Stück zufams 
men geſetzt ift, wahrnehmen koͤnnen. 

Alles was bisher gefagt worden, betrifft vornehm⸗ 
lich die platten Horntafeln; wenn man ihnen aber 
eine bauchichte oder runde Form geben will, derglei—⸗ 
chen zu den großen fugelförmigen Laternen erfordert 
wird, fo ift die Arbeit fangmweiliger und ſchwerer: es 
gehöret ander Werkzeug dazu; und hier kann haupt⸗ | 
fachlich der Arbeiter feine Geſchicklichkeit zeigen, wie 
man aus dem Folgenden ſehen wird. J— 


Wie die großen kugelfoͤrmigen Laternen | 
oder Ballons gemacht werden, | 


Man ſchneidet, nachdem die Laternen, welche man 
machen. will, groß werden füllen, ein Model von 
Pappe, wornach alle Hornblätter, wovon man ein 
oder mehrere Stücken zuſammen fegen will, zuge= 
ſchnitten werden. Man muß wenigſtens zehn Stüf 
zu einer $aterne haben, und wenn fie groß werden. 
fol, vielleicht wohl mehr als zwanzig ; die naͤmlich 
nach dem Pappenmuſter zugeſchnitten ſind: denn ei— 
ne ſolche Laterne iſt aus mehr als funfzig kleinen 
Stüden zufammen gefegt, weil jedes nach) vem Mo« 
del zugefchnittenes Blatt wiederum felbft aus vielen 
Stücen befteht. Das Pappenmufter, worüber man 
das Horn zuſchneidet, wird ohngefähr fo, wie ein 
eg. worüber.die Stuͤcken oder Theile ei⸗ 
ner — die eine halb kugelfoͤrmige Geftalt. bes 

kommen 


Wie die Ehineſet das — * 


En fell, j zugeſchnitten erben‘; ;’ doch mie dem 
Anterfcheide, daß die Spige oben ausgefchnitten ſeyn 
muß : weil eine folche fugelförmige Laterne oben und 
unten ein rundes Loch behält; es muͤſſ en folglich die 
zuſammen gefuͤgten Stuͤcken Horn eine Kappe for: 
miren, die oben ein Soc) hat. Bey einem Ballon 


‚von anderthalb Schuhe im Durchmefler wird das 


Soc) an jedem Boden drey bis vier Zoll im Durch» 


ſchnitte. Ehe man aber die zugefchnittenen Theile 


zufammen loͤthet, woraus die hörnerne Kappe, oder 


die eine Halbkugel ver Laterne werden foll, muß 


man ihnen erſtlich die Kruͤmmung geben; und hierzu 


braucht man einen Formenſtock von hartem Hole, 


welcher an zwey Seiten nad) der Form einer Kappe 
ausgehoͤhlt iſt, wovon Die eine. Aushoͤhlung weiter 
als die andeve-ift, nachdem man die Kappen zu den 
Laternen Elein oder groß machen will, Man er- 

wärmet jedes Stuͤck Horn etwas ‚damit es ge: 
ſchmeidig wird, hält es mit der (infen Hand bey dem 
Rande in Die Sorm, und ſtreicht mit einem drey bis 


vierfach uͤbereinander gelegten woͤllenen Lappen, den 


man in der rechten Hand haͤlt, hart daruͤber hin; 
und dieſes wiederholt man drey bis viermal, bis das 
Stuͤck die bauchichte Figur bekommen habs. "Sind 
nun alle Stücke Horn auf folche Arc zubereitet, fo 
legt man eins’ über das andere, und befchneider fie 
von neuem, damit fie recht gleich. werden, und die 


Kappe, die man daraus —* will, ihre Ausbies 


gung defto beffer annehmen. © 


Die Manier diefe Stücen: er jufammen zu 


oͤthen iſt gerade mit der bereits beſchriebenen einer⸗ 


* A und wäre daher. unnoͤthig, ſie hier zu wieder⸗ 


— 


holen: 


* den Laternen zubereiten. 241 


holen: nur Diefes geſchieht gar oft, daß man, wenn 
‚man nur verloren zufammen gelöcher, idee Oer— 
ter, wo die gehörige Ausbiegung nicht heraus fommt, 
wieder aufreißen, und von neuem löthen muß. Wenn 
alle Theile einer Kappe vollig an einander gelöchet 
find, ſo wie fie bleiben follen , löthet man auswendig 
um das an dem Boden gebliebene Loch einen Fleinen 
Ring von ſchwarzem Horne; und hierzu nimmt man 

einen Streif ſchwarz Horn, der. nach der Größe ver 
Kappen mehr oder weniger breit, und mehr oder 
weniger dick ift. Wenn der Ballon anderthalben 
Schuh im Diameter hat, bekoͤmmt diefer Streif 
fieben bis acht Linien in der Birite, und über eine Li— 
nie in der Dicke: der Streif muß einen Zoll länger 
feyn, als der Umfang der Deffnung erfordert, damit 
die beyven Enden auf einen halben Zoll breit über- 
einander zu liegen Formen. Gie müffen auch abges 
fhärft werden, damit fie zuſammen einerley Dicke 
mie dem übrigen Theile des Zirfels ausmachen. 
Man löthet fie wie die andern Stüden Horn zuſam⸗ 
men, nur daß man wegen der Dicke des Horns Die 
- Zange etwas länger darauf half. Wenn diefer Ring 
fo breit ift, daß er die Biegung nicht recht annimmt, 
und fich leicht nach der Kappe giebt, muß man den⸗ 
felben auswendig herum auffchtigen. Dieſer Rand 
nun giebt der Kappe die Feſtigkeit. 

Wenn die beyden Kappen völlig gelöther find, fo 
wie fie bleiben follen, auch) die in dem Boden befind« 
liche Deffnung mit dem Ringe von ſchwarzem Horne 
verſehen iſt, und mar mwillnun die beyden Kappen 
zuſammen löchen , fo rafpelt man die Raͤnder derfels 
ben ſo ab, daß ver eine inwendig, der andere aus— 
24 Band, Q wendig 


242 Wie die Chineſer das Horn 


wendig abgefchärft wird; oder vielmehr, man raſpelt 
den Rand der einen von außen, und den Rand der 
andern von innen ab, fo, daß fie fid) ohngefaͤhr fünf 
bis ſechs Linien in einander ſchieben; alsdenn Löcher 
man fie wie das übrige zufammen. Hierauf muß 
man fie rafpeln, fehaben, poliven und glatt machen. 
Auswendig wird man geſchwind fertig, weil man 
ſich der Eleinen Raſpel dazu bedienen kann: inwen⸗ 
dig aber hält es ſchon ſchwerer, weil man nur die 
Schabeifen dazu gebrauchen fann. Wenn ein Balz 
lon, nachdem er zufammen gelöthet worden, niche 
recht rund ift, muß man ihn vorher, ehe man den= 
felben raſpelt und ſchabt, fo viel als möglid) rund zu 
machen fuchen : weiches folgender maßen gefchiehr. 
Man bemerket die Derter, welche nicht recht rund 
find, und nimmt davon einen Ort nad) dem andern, 
hält ihn leicht ans Feuer, und fegt den Ballon, an 
diefem Drte hurtig in den vorbefchriebenen Sormen- 
ſtock; hält ihm mit der linken Hand, fahre mit dem 
vorgedachten wollenen fappen, den man im der vech» 
ten Hand hält, hinein, und reibt feft darüber Hin und 
her, drehet und wender auch) den Ballon herum, 
und diefes fo lange, bis der Fehler gut gemacht ift. 
Wenn der Ballon bloß an einem oder dem andern 
Orte nur ein wenig plafter oder erhabener iſt, bedie⸗ 
net fich der Arbeiter eines Buͤgeleiſens, und während 
daß er auswendig mit demfelben hin und her fährt, 
eben wie es das Frauenzimmer mache, wenn es plate 
tet, fo drücke er mic dem in der linken Hand habenz 

den mwöllenen $appen von innen heraus Dagegen. 
Saoobald er das Platteifen weg thut, nimmt er ein 
- Stück hartes vecht glattes Holz, welches Er 
J—— ſchs 


TERN 


zu den Laternen zubereifen, 243 
ſechs Zoll in der Laͤnge und über zween und einen 
halben ins Gevierte hat, und reiber hart Damit auf 
den Dre, hält auch dabey zu gleicher Zeit mit dem 
wöllenen Lappen dargegen, bis das Horn nach und- 
nach erkaͤltet und feft geworden, fo, daß es fich in ver 
Form, die man ihm gegeben, ‚erhalten kann. Will 
man endlich den Saternen bey den Deffnungen vie 
- Kundung fo gut als möglich geben, bläfet man Waſ⸗ 
fer überall inwendig in den Ballon hinein, fährt mit 
demſelben gelind an dem Feuer bin, und ſtreicht 
invendig mit dem mwöllenen $appen von der Mitte 
gegen die Deffnungen zu, und drückt fo viel als möge 
lich , allenthalben gleich auf. Zuweilen bedienet man“ 
fi) bloß des Platteifens , weldyes man von ver 
Mitte der Laternen nach den Deffnungen zufähre, 
und von innen allezeit, wo Das Platteifen darüber 
weggeht, dagegen hält. Allein man muß hernach 
ebenfalls fo fort mit vorgedachtem Stücke Holz dar- 
über wegfahren, 

Je runder der Ballon ift, defto leichter läßt er 
fi vafpeln, ſchaben und poliren; außerdem ift der 
Handgriff eben fo, wie bey den platten Stücen 
Horn: nur daß mehr Zeit hierzu erfordert wird, weil 
man fich über den Fleinen Ungleichheiten länger aufs 
‚hält. Hier bey den Ballons nun bedienet man fich 
bauptfächlich der Nicou - kin - ye Blätter, weil 
fie fi) gut nach der Hand geben, und man allent= 
halben, wo die Schaber nicht hingefommen find, 
gleich damit aufreiben und die Fleinen Ungleichheiten, 
welche: die Schabeifen zurück laffen , wegbringen 
kann. Zuletzt machet man das Stuͤck mit gepuͤlver⸗ 
tem lebendigen Kalfe, der mit einem Fuͤnftheil Aſche 

RN A 


244 Wie die Chinefer das Kon 
von Steinfohlen, fo wie man fie vom Heerde weg· 
nimmt, vermiſcht iſt, vollends glatt. 


Vorſtellung der vornehmſten Wertzeuge, 
deren ſich die Chineſer zu ihrer Arbeit | 
—* bedienen *. 


(1.) Sig. Eine Art von Wirkmeſſer, oder nn 
mer Kueif, das Gröbfte von jedem Hornblatte weg: 
zunehmen. 

(2. 3.) Fig. Raſpeln, womit man die Horn: 
blätter abrafpelt, nachdem fie vorher mit dem Knei- 
fe abgewirft worden. Man bedienet ſich vornehm- 


lich der Großen, weil es gefchwinde damit geht. 


Sie beftehen aber aus einem Stüce hartem Holze, 
worinn Fleine eiferne Bleche ftarf und feft. einge: 
trieben ſind. 


(4) Sig. Preſſe, jedes Dlatt Horn, nachdem 


es glatt gerafpelt worden, darinn zu preſſen. A iſt 


die dünne eiferne Platte, welche die Preſſe zu be— 
wahren dienet. B find zwo Platten, zwifchen mel 
hen man die Hornblätter prejt, nachdem man ih» 
nen vorher den Grad der Hitze eines Platteifens bey- 


gebracht hat. C die Stücken Holz, zwifchen welchen 


man die Keile eintreibt. D zween hölzerne Keile. 


(5.) Big. 


Ich habe aus den vielen Kupfertafeln, welche des 
fi; d’ Incarville Befchreibung beygefügt find. Bloß 
einige a Werkzeuge , Die etwas eigenes. an fich 
haben, voritellen wollen ; alles übrige aber alg 
überflüßig weggelaffen: meil fich einer, der in ahn- 
lichen Arbeiten nur ein wenig geuͤbt iff, Teiche * 
der Beſchreibung wird finden koͤnnen. 


J 


‚zu den Laternen zubereiten. 245 

6) Fig. Eine gewoͤhnliche Zange, das Horn 
zu loͤthen. v 

(6.) ‚dig. Eine runde Zange, womit die Raͤn⸗ 
der der Oeffnungen an den Laternen geloͤthet werden, 

(7.) Sig. Eine fig Zange | 

(8) Sig. Ein Platteifen. 

(9. 10. ı1.) ig. Sthabeifen. 

(12.) Fig. Wetzeſtahl, die Raßpen ſcharf zu 
— A 

Anmerkung, Die Bleche der Raſpein, die 
Schabeiſen, der kleine Kneif, und die Saͤge, ſind 
von einer Art Eiſen. Man machet auch die Holz⸗ 
raſpeln und Nehnadeln davon. Dieſes Eiſen iſt 
haͤrter, als das gewoͤhnliche Chineſiſche Eiſen; aber 
nicht ſo hart als der Stahl. Dieſer Art Eiſen 
nimmt ganz leicht eine Schneide an. Wenn man 
fic) des gemeinen Eifens bedienete , fo würde die 
Schneide an dem Scyaber oder der Kafpel bey dem 
erften Striche weggehen. Der Stahl hat eine allzu 
harte und ſteife Schneide: bey dieſen Inſtrumenten 
aber muß fie ein wenig krumm gebogen * ſeyn. Ih— 
re Saͤgen taugen nichts; man muß ie, alle Augen⸗ 
blicke wieder ſchaͤrfen. | Bo 


* Hhne Zweifel auf die Art, wie Die Zieheffngen f nd: 
“deren fich die Tifchler und andere, ihre Arbeit ba: 
—* glatt zu machen, bedienen. | Nr 


4 
bi "zZ 


J N ,- 
2: u. Hrn. 


246 Beihreibung 
EEE EEE SEE SI SE ZI 
I. Br 


Srn. Joh. Benjamin Apnles, * 
Dort, der Arztneywiſſenſch. zu Lauſanne in ber Schwein 


——— Beſchreibung | 
des Ball oder. Wundtranks, 


als der 
Schweizeriſchen Panacee. 


Aus den Nouvelles de la Republique des lettres, Juill. 
1709. à Amſt. 1709. 12. Art, 2. ©. ı7 = 25. und 
ar Aout 1709, Art. 4. ©. 174: 177." 


j Ueberſetzt und erlaͤutert 
von D. Wh Geors Kruͤniz. 


Bu; 


5; oocnehmpfen Kräuter, aus welchen diefer 
Falltran. beftehr, find Wintergrün, (Waldes 
Mangold, Pyrola ) Sanifel, (Bruchkraut, 
Sanieula) gülden Wundfraut, (Virga area) *, 
Deerwinfel, (Sinngrün, Todeenviolen , Vinca — 
vinca,) 
ee: Fo. Cpb. Lifehwitz Diſſ de ordinandis rectius 
virgis aureis, genvinis aeque ac. fpuriis, vſuque 
oficinalium medico fingulariter experto. Refp. 
Fo. Gothofr, Tettelbach. Lipf. 1731. 4. 12 B. 


des Fall⸗ oder Wundtranks. 247 


vinea 7 Loͤwenfuß ‚ (gülden Gaͤnſerich, Pes BER ) 
und Scabiofen (Scabiofa) *. Diefe Stüde ver: 
ordne ich in alle Wundtränfe. J 

— —— 

Es giebt erſtlich einen allgemeinen Wundtrank, 
welchen man, um die Gerinnung des Blutes zu 
verhindern * uͤnd ſelbiges in ſeinem Kreislaufe zu 
erhalten, gebrauchet. Hiernaͤchſt giebt es auch ab: 
ſonderliche, oder, wider beſondere Krankheiten eins 
gerichtete Wundtraͤnke. Wir werden die — 
bung davon in der Folge mittheilen. 

III. 

Der Nutzen des allgemeinen, aus obbenannten 
Kraͤutern beſtehenden Wundtranks, iſt dieſer, daß 
er erſtlich das Blut verduͤnnet, und deſſen Gerinnung 
verhindert, und mithin zum andern denen Verſto— 
pfungen, welche aus denen in den Haar gefaͤßen ver⸗ 
dickten Bluttheilen entſtehen or, vorbeuge; drittens, 
dem Kreislaufe des Geblütes eine mehrere Geſchwin⸗ 

I 4 digfeit 

” 6. Dan. Gottfr. Schrebers Defonomifche Be 

fehreibung der Scabiofen, oder des Apoflemfrauts; 

in deffen Gammlung verfchiedener Schriften ꝛc. 
U. Ih. Halle, 1758: 8. ©. 76. 

** ©. Ant. Vallisnerii Obf. quod aeidus ſuccus fero 
- Janguinis commixtus concretionem eius impediat, 
ex Borello, ff; in Ephem. Nat. Cur. Gent. V et VI. 

Obſ. 97. 

*** Ern. Ant. Nicolai Diff. de ſpiſſtudine ſanguinis. 
Refp. Fa. Chrift. Kerftens._ Hal. 1749. 4. 4 Bogen, 
‚H. Gourraigne Diff. de natura et cauflis fluidiratis 
fanguinis naturalis et deperditae. Monfpel. ı74r. 
fl. auch in Hallers BB: anat. ſelect. Vol.V. 
p- 777- 


248 N i Beſchreibung 


digkeit mittheilet x. hierdurch —— ben Ehieif,. 


und die Abfonderung der überflüßigen wäflerichten 


Theile befördert. Zum fünften belebt dieſer Fall— 
trank das Geblüte, und erfüllet es mic fpivituöfen 
Theilen; und endlich) erleichtert und befördert er zum 


fechften, die verhinderte oder verminderte eg 
— 
Iv. 

Die Wirfungen deffelben find unausbfeibfich ‚und 
“die tägliche Erfahrung beftätiget diefes zur Genuͤge. 
Man wird mit leichter, Mühe davon überzeuger wer— 
den, wenn man beforget ift, diefe Kräuter auf un— 
fern höchften Dergen in den Hundstagen, das ifl, 
von einem mit falpetrigen Salze des Schnees anges 


fülletem Ervreiche, und zu einer Zeit, da. dieſer 


Salpeter durch die allerheißeſte Sonnenſtrahlen in 
Bewegung geſetzet worden, einſammlen zu laſſen. 
Denn es iſt bekannt, daß die Sonnenhitze in den 
Thaͤlern ——— Berge viel heftiger iſt, als an 
irgend einem Orte, und zwar wegen des verſchiedenen 


durch die dieſe Thaͤler umgebende Felſen verurſach⸗ 


ten Zuruͤckprallens der Strahlen, indem ſich dieſel⸗ 
ben daſel oft als: in fo viel verſchiedenen Prennpuncten 
vereinigen. Durch dergleichen Bereinigung der zus 


ruͤckprallenden Str ahlen, wird ihre Wirkung. unge⸗ 


mein 


* Ge. Ern. Stahl Diff. de motus fanguinis vitiis, a 
crali et viis non pendentibus, prudenter tractandis. 
Refp. Fo. Sim. Banermüäller. Hal. 1709. 4. fuͤnf 
und einen halben Bogen, Aug. Frid. Walther, 
Diff. de fanguine in fuo per vafa progreflu retar- = 
daro acceler ıcoqne. Refp. Fo. Car. — ‚Lipf. 

. 1737. 4. drey Bogen, 


des Fall: oder Wundtranfs. 249 
mein erhöhet, und dadurch jenes falpeterhafte Salz 
im Schooße der Erde in Bewegung gebracht und 
verdünnet. Diefes alfo gereinigte Salz wird da= 
durch gefchicft gemacht, mitten durch vie faferigen 
Röhrchen der Wurzeln herein zu dringen, und in 
die Blätter der oben genannten Kräuter herauf zu 
fteigen *% Indem diefe Salze auf gemeldete Art in 

| 25 die 


* Daß Salze von verfchiedener Art in den Pflanzen 
axmutreffen ſeyn, und vermittelft dev Scheidefunft 
‚aus denfelben herausgebracht werden Eünnen, bes 
weifen folgende Schriften: Gothofr. Hear. Burg- 
bart Experimentum falem volatilem plantis dene- 
gari non poſſe probans. ff. in. Medicor. Silefiacor. 
Saryr. Specim. IV. Woratisl. et Lipf. 1737. 8. Obf. 
2. p.ı1- 16. Ge. Woifg. Wedelii Specimen expe- 

‘ rimenti chymici novi de ſale volatili planrarum, 
quo demonftratur, poſſe ex plantis modo pecu- ' 
liari parari fal volatile verum et genuinum. fixht 
im Append. zum gten und zten Jahre der Mifcel- 
laneor. Nat. Cur, p. 215 - 281. Ge. Hier. Ve ſchii 
Obf. de falium ex plantis diverfis generibus non 
ejusdem natur, nec non de vi elaftica eorun- 
dem. ff. in deffen Hecaroftea I. Obff. phyf. med, 
Obſ 25. Franc. Redi Efperienze interno alle ſali 
fattizi, oder, Erfahrungen von den Taugenhaften 
Salzen der Pflanzen. N. Spiesfi Eduttio falıum 
vegetabilium magis effentialium per fpirirum vini 
re&ificatifimum. 76. Cpb. Kühnft Obf. de fale 
communi e plerisque vegetabilibus. ft. ins sten - 
Vol. der A&or. phyf. med. Acad. N. C. Obf. ıor. 
39. Ge. Gmelin Diff. de falibus alcalicis fixis plan- 
tarum. ff. im sten Theile der Commentarior. Acad. 
Scient. Imper. Petropolit. Claff. IL. Art. 9. p- 277- 
294. und wird im Commerc. litterar. Nor. 174. 
hebd. 34. n. 2. 6.266: 272. recenſiret. Andr. = 

e 


* 


0 Beſchreibung 


die Hoͤhe ſteigen, nehmen ſie ungemein — und 
zarte Schmwefeltheilchen zugleich mit ſich. Diefes 
verurfacher demnach, daß genannte Wundfräuter voll 
falpetriger, ligter und balfamifcher Salze find, 

Bermittelft dieſes falpetrigen Salzes nun, wird 
das Blut, als durch ein ätherifches und fubriles Als 
Fali, welches das zufammen geronnene roieder auf—⸗ 
löfet, und die in der Haut befindlicye und geringe 
Berftopfungen zertheilt, verduͤnnet. 

Diefes falpeterhafte, und mit einem Salfamifchen 
Oele vereinigte Salz, feget aud) ferner den Kreiss 
lauf des Blutes in eine ſchnellere Bewegung; denn 
es fchlägt die fauren Salze nieder, und erhöhet Die 
öligten Theile des Blutes, und befördert mithin eine 
Abfonderung aller fremden Körper, welche zur Era 
nährung, oder zu den animalifchen Berrichtungen 
nichts beyzutragen, im Stande find, 

Sch erfuche diejenigen, welche dieſe Schrift leſen 
werden, zu glauben, daß ich im geringfien nichts 
vergrößere, denn ich habe mir vielmehr vorgefeger, 
‚verfchiedene andere Wirfungen des Falltranfes mit 
Stillſchweigen zu übergehen, als fie alle insgefamme 
anzuführen; denn ich habe gegenwärtige fleine 
Schrift nur kurz faffen, und einen bloßen Entwurf 

—* davon 


de Büchner Diff. de feyieimä praeparatione falium 
effentialium vegetabilium. Refp. Fo. Frid. Mar- 
ini. Erford. 1742. a. drittehalb Bogen. J0. 
Frid. Cartheuſer Diſſ. de ſalibus plantarum nati- 
vis, praefertim volatilibus. Refp. Car. Ferd. 
Voigt. Fıf.ad V. 1747. 4+ 3 Dog. Joh. Sigism. 
Henninger Diff. de ſale plantarum effentiali. Refp. 
Ge. Chrift. Kaft, Argent. 1712. 4. briesebaib Bog. 


X 


des Fall⸗ oder Wundtranks. | 


davon liefern tollen. Das bisher ——— 
hinlaͤnglich ſeyn, einen Aufſchluß uͤber die Urſachen, 
welche man von den vortrefflichen Wirkungen des 
Falltrankes, oder der ſchweizeriſchen Panacee, anges 

ben koͤnnte, su ertheilen. | 


er 


Nunmehr will ich die verfchiedene Arten der Zus 
bereifung des allgemeinen Falltrankes namhaft ma= 
hen. Man nimmt erftlih zwo Hände voll’ diefer 
unter einander vermifchten Kräuter; gießt ſechs Glaͤ⸗ 
ſer kochendes Waſſer darauf, läßt es in einem ſilber⸗ 
nen oder anderen Gefäße weichen, welches aber nicht. 
voll fleiner Deffnungen und Durchgänge feyn, und - 
auf feiner dünnen Oberfläche innerhalb einer Vier⸗ 
thelftunde uber warmer Afche gewaͤrmet koͤnnen vers 
den muß. 

2. Hierauf feiget man diefen abgefochten Trank 
durch, oder gießt ihn ſachte ab, damit feine Sten- 
gel von den Kräutern darunter Eommen. Dieſer 
Trank kann als eine gemeine Ptiſane, und zum ges 
wohnlichen Getraͤnke gebrauchet werden, und kann 
man nach Belieben auch ein wenig Saffafrasholz 
darein thun. 

3. Man muß aber bey dem Waſſer die Vor ſicht 
gebrauchen, und dasjenige, welches leicht, und dem 
nicht das allergeringſte beygemiſchet iſt, dazu neh⸗ 
men. Sollte es nicht recht klar und ganz rein ſeyn, 
fo kann man es vorher gehörig reinigen, indem man 
es in einem filbernen, oder fupfernen wohl verzinn- 
ten, oder aud) in einem irdenen gut verglafurten Ge: 
Füße eine zeitlang ſtehen läßt, das Gefäß ſachte ums» 

| kehret, 


⸗258 * Beſchreibung 


kehret, das oberſte Waſſer ablaufen Häßt, ‚und das 


unterſte, als das biete * ſchwerſte, weggießt. 


Man hat vier a “ allgemeinen Falitr ͤn⸗ | 


fen, welche nad) den viererley Graden ihrer Kraft 
verfchieden find. 


u Der erfte ift der anißt befchriebene, und kann 


als eine Ptiſane gebrauchet werden. 


2. Der zweyte wird dergeſtalt bereitet, daf man 


den Falltrank ein wenig fieden läßt, damit das Waf- 
‚fer das wefentlihe Salz aus den Kräutern beffer her- 
ausziehen kann. in dergleichen Falltrank befigt die 
Kraft, vie Winde zu zertheilen; die Unpäßlichkeit, 
wenn man in Wallung gefommen, zu verhüten, und 
die groben Unreiniafeiten des Magens aus einander 
zu ſchwemmen. 

3. Wenn man den Schweiß zu befördern, einem 
Seitenftechenden Fieber vorzubeugen, und in einer 


von Blähungen entftandenen Darmgicht zu Hülfe zu 


kommen Willens ift, machet man ven Falltrank mit 


Mein, und zwar nach meiner Art folgendergeftalt? 


Man nimmt zmo Hände voll obiger zum Falltranfe 
beſtimmter Kräuter, gießt zwey oder drey Gläfer 
guten Wein daruͤber, und laͤßt es vier Stunden lang 
in einer guten zugeſtopften Flaſche ſtehen. Will 
man einen Wein haben, welcher ſtark den Schweiß 
treibt, ſo nimmt man bloß Wein dazu, und laͤßt 
ihn, nachdem er alſo eine Weile darauf geſtanden, in ei⸗ 
nem gut verſchloſſenen Gefaͤße gelinde ſieden. Ver⸗ 
langet man ihn aber nur wenig ſchweißtreibend, ſo 
verſetzt man den daruͤber geſtandenen Wein mit eben 
ſo viel ſiedheißem un und ſetzt dieſe Infuſion 


einige 


— 


Des Fall oder Wundtranks. 253 
einige Augenblicke über glühende Kohlen. Hierbey 
iſt zu bemerken, daß der Wein währendem Sieden 
‚fauer wird, und alle feine fpirituöfe Theile verliert. 
Der diefer Geſtalt mit Wein gefochte Falltranf ges 
höret für Feine zärtliche, oder mit der Darmgicht bes 
fallene, oder mit einem ſtarken Fieber behaftere 
Derfonen. 

4. Die vierte Sorte vom Falltranke wird mit | 
dem über eben Diefelben Kräuter abgezogenem Wafz 
fer, oder auch mit Cardobenedictenwaſſer bereitet. 
Man bedienet fich Diefes abgezogenen Waſſers in 
den Falle, wenn man zum Yusziehen der Tinctur 
aus den Kraͤutern des Falltranks Wein zu nehmen 
für rathſam haͤlt. In diefe vierte Sorte von Falls - 
tranfe thut man auch noch Cardobenedicten , oder 
aus eben diefen Kräutern bereitetes Salz. Andere 
verbrennen fie, und laflen den abgefochten Falltrank 
durch die Afche laufen, 

5. Man kann auch diefen Falltranf mit Brühe 
‚nehmen. Man gießt nämlid) die gekochte Brühe 
fachte zum Falltranke, und läßt; beydes über warmer 
Afche ftehen. Man ſeiget hernach dieſe Bruͤhe durch. 
Es iſt fuͤr diejenigen, welche keine Fleiſchbruͤhe bey 
ſich behalten k koͤnnen, einen ſchwachen Magen haben, 
und mit einem Bauchfluffe, dabey die Speifen üns 
verdaugt weggehen, behaftet find, ungemein dienlich. 

6. Man infundirt auch den Falltrant mit fiedens 
den Molken für diejenigen , welche feine bloße Mol: 
fen nehmen dürfen. Oder, man vermifchet auch den 
abgefochten Falleranf mit ven Molfen, und gießt 
diefen fiedenden Trank in die Molken. 3% 


J 


VII. Unter | 


⸗Boeſhhreicung 


KR VL 

Unter den abfonderlichen Salltränfen verſteht — 
diejenigen, welche wider gewiſſe Krankheiten beſon— 
ders eingerichtet ſind. Sie bekommen die Kraft, 
dergleichen ſonderbare Mittel abzugeben, wenn man 
die in denſelben Krankheiten beſonders dienliche 


Kraͤuter dazu ſetzet. Wir wollen einige der nuͤhlich· 


ſten hier anfuͤhren: 
1. Zu einem dem Haupte dienlichen Falltranke, 


beym Schlagfluſſe, Schlafſucht ꝛc. nimmt man die 
oben benannten Kraͤuter, zwey Drittel Betonien, 


(Betonica) * Salbey, (Salvia) ** ‚und ein Drittel 
Majoran, ( Majorana) ***, 

2. In der fallenden Sucht ee man zu den 
Kräutern des Falltranks, noch Päonien - (Pxonia) 
+ und große Garten = Baldrianblätter , ( Valeriana 


a A 


„#96. Phil. * Di de betonica.' Refp. Fo. Bleeck. 
Erf. 1716. zwey und einen halben Bog. Alex. Ca- 
merarii Diff. de betonica. Tubing. 1717. 4. 

** Hunauld Differtation phyfigue für les proprietez 
‘de la Jauge, & Paris. 1695. ı2. Ge. Wo. Wedel Diff, 

- de Salvia. ‚Refp. Benj. Weifsbeit. Jen. 1715. 4.5 2. 

+ Ge, Grau Panacea vepetabilis: calida, f. Majora- 
na. Jen. 1689. 12. 

+ Jac. Auguflin.  Hünerwolfii. Anatomia Peonie, 
Amt. 1680. 2. Sim, Berger von der Paonienwurs 
zel, Frf. 1599. Fo. Arn. Friderici Diff. de pxonia. 

Refp. Fo. Geiniz. 1670. drey und einen halben Dog. 

+} Chriß. Schucbmanni Obf. de Valeriana epilepfiae 
evporifto: ft. im sten Jahre der zten Decurie der 
Mifcellaneor. Nat. Cur, Obf. 44. Fo. Car. Spiefs 


Diff, de Valeriana. Refp. Fo. Frid. Bismark, 
Helmſt. 


| major ) tr 


= 


des Salleoder Wundtranks. 255 

3. In der Hirnwuth, (Phrenitis) und Verwir⸗ 

rung des Verſtandes, (Delirium) machet man die— 

ſen Falltrank mit Molken zurechte, und laͤßt es in 

großer Menge wie einen Geſundbrunnen trinfen % 
| vi. 

Will man einen vor die Bruft dienlichen Fall— 
— einrichten, ſetzet man Cardobenedicten » * und 
Scabiofenfaft, oder, die ven Winter über ——— 
Blaͤtter dieſer Kräuter hinzu. 

2. Bor den Huften nimmt man — 
trauben , aus denen man Die Kerne berange 
macht, dazu. 

3. In der Schwindfucht machet man noch einen - 
Zufaß von Erdepheu, ( Gundelreben, Hedera terre- 
ftris) ** Gänfeblümtein, (Maßlieben, Bellis) + und 
bisweilen auch Sobhannisblumen, ( Hypericum) }}. 

4 Man 

Helmf. 1724. 4. vier und einen halben Boa. Mich. 

Alberti Diff. de Valerianıs ofhcinalibus. Refp. Fo. 

os Stantke. Hai. 1732. 4. zwey und einen halben 
ogen. 

* Roy. Lentilii Obf. de miro effe&u cure Seri la- 
&is: ff. im ıoten Jahre Der 2tem Decurie der Mi- 
fcellan. Nat. Cur. Obf. 197. Fo. Coſtæi de lactis 

.  -ferique natura, & inmedicina ufu. Bonon. 1595. 4, 

“+ Ge. Cbrijt. Otto Diff, de carduo benedicto. Arg. 
1738: 4. drey Bog. Ge. Cph. Petri Afylum lan- 
‚guentium, f. carduus Sandtus vulgo benedi&üs. 
Jen, 1669. 

sr CEph. Andr. Heder Diſſ. de Heike terreftri, Altd. | 
1736 4. drey Bog . | 

r Fo. Phil, Eyfel Bellidographia, f Bellidis deferiptio, 
A Refp. Gotthard Otto Erafmi. Erf. 1714. 4 vier Bog. 

- 17 Dom NRugen des Johanniskrauts, ſ. Ge. Wolfg. 
Wedel in der aten Decade feiner EL 
160 


\ 


6 * Beſchreibung = Pa: 


4 Man fuͤlet eine Blaſe mi fiebendheißem Falls 
—— und legt ſelbige auf die kranke Seite. Noch 
beſſer iſts, wenn man zwey, auf jeglicher Seite ei⸗ 
ne, überlegt, 

5. Inder Engbrüftigfeic ſetzet man Iſop, (Hyf- 
fopus )-* und weißen gemeinen Andorn, (Lungen— 
fraut, Marrubium album ) * Hinzu. Außerdem 
zieht man auch den warmen Dampf des Salltranfs 


»mit offenem Munde ein. Diefer Dampf thut im 


Huften, ind in der. Beflemmung ungemein gute 


Dienſte. 

Einige rauchen die feocinen Kräuter, um die 
fehleimige waͤſſerige Feuchtigkeiten, welche die Eng⸗ 
bruͤſtigkeit verurſachen, zu zertheilen. Es bedienen 
ſich auch einige dieſes Wundtrankes, und kochen in 
Scheiben zerſchnittene China⸗ oder Schweißwurzel 
darinn. 

IX: 


dico- philologicar. facrar. & profanar. Jen. 1697. 4. 
in der 4ten Exercirat. Ejusd. Diff. de hyperico, 
(alias fuga Dzmonum ). Refp. Frid. Houck. ‚Jen. 
1716. 4. fieben Bog. 
*Vom —— Gebrauche des Iſops, handelt 
Ge. Wo. Wedel in der 7ten Decade feiner ange⸗ 
führten Exercitat. jen. 1694. 4. in der 3ten Exerci- 
tat. Blaſii Caryophili Diſſ de Zyps Ezob, five hyf- 
ſopo, ift die zte im erſten Th. feiner Diſſertat. mi- 
feellanear. Rom. 1718. 4. conf. Acta Erud. Lipf. 1722. 
M. Maj.p. 247. 

a* Fo. Frid, Curtheufer Diff. de Marrubio albo’ & 
Alchimilla. R. Fo. If Hamann. Fıf. 1753. drey 


Bogen 

. Paul. Fıch Diff. de radice Chin, ejus- 
que limitandis laudibus. R. 7o. Erid. 5* ‚Erf. 
1753. 4. vier Bogen. 


J SEE k ’ A b \ 
| des Fall⸗ oder Wundtranks. 257 
IX. 
Der —— Falltrank iſt umberäfeichtids, in 
Zertheilung der im Magen angefammleten Blaͤhun⸗ 
gen, wenn man Meliffe * und Salbey dazu nimmt, 
Im Durfte trinkt man die im fünften Artikel gemel⸗ 
dete Prifane von Falltranf. Man bat nichts, was 
den Durft fo unausbleiblich ſtilt. Wenn man mit 
einem ſchwachen Magen, und Aufftoßen aus felbigem 
befchweret ift, feßet man zarte Roſen zu. Wenn 
jemand einen Widermillen gegen Sleifchbrühen bat, 
giebt man ihnen dadurch einen andern Geſchmack, 
wenn man die Kräuter vom Falltranfe, welche ins: 
gefame eine zufammenziehende Kraft befißen „ Dane 
ein kocht. & 


Der Falltrank ift ein ohnfehlbares Mittel, alle 
Durchfälle, und felbft diejenigen, welche am einges 
rourzelteften find, anzubalten. Man nimme fodann 
noch Tormentill'= oder Ruhrwurzel, ( Tormentilla) 
und zarte Rofen dazu. In der rothen Ruhe muß - 
man .den Salltranf als ein gemwehnliches Getränk 
brauchen. In der Winddarmfuche ſetzet man noch 
Ehrenpreis zu. Wider die Wuͤrmer nimmt man 
Slabwun oder Wermuth * Im Stuhlzwange 
ſetzet man Clyſtiere, welche man aus dem Falltranke 
durch Zuſatz zarter Roſen, und im ka ‚vom Ey 
aſe— Terpentins, zubereitet. 


[4 


XI. 


* I. Henr. Schulze Diff, de melifla. Refp. Ga Dan. 
Reufs. Hal. 1739. 4. drey Bogen. 
## 70. Mich. Febr Hiera picra curiofa, L de Abfin- 
thio anale&ta. Lipſ 1667- 8. 13 Dog. 
R 


4 Band. 


* 


2 Wefibreibing 
x. a / 
In Nierenbeſchwerungen muß man den Falltrank 
etwas haͤufig, wie einen Geſundbrunnen trinken. 
Man kann alsdenn nad) Belieben die Stachelkraut⸗ 
oder Ochſenbrechwurzel, (Ononis) und taube 
(Lamium ) dazu nehmen. 
‚ XII. 


Der Falltrank iſt ferner ein ehe sh 
ficheres Mittel zur Beförderung der monatlichen 
Reinigung beym Frauenzimmer, desgleichen des 
Blutfluſſes der Kindberterinnen. Man feger in-die- 
fer Abficht Beyfuß ( Artemifta ) * zu. 

2. Der Falltranf hat auch eine entgegen gefeße 
Wirkung, und hindert die Misgebährung bey 
FSrauensperfonen, wenn felbige durd) geronnene Stüs 
ce Geblüts, welche die Deffnung der Gefäße ver- 
fehließen, und felbige an ihrem Wachsthume verhin- 
dern, verurfachet wird, oder aud), wenn dieſe geron⸗ 
nene Stuͤcke Gebluͤts überall in der Höhle der Ges 
baͤhrmutter befindlich, find, und mithin im Wege 
ftehen, daß fie fich nicht sufehließen fann. 

3. Wenn man Sadebaum (Sabina) * zum Fall: 
tranfe nimmt, wird es ein gar vortreffliches Mittel, 
die todte Frucht, oder Aftergeburt, und jeden frem⸗ 
den Koͤrper abzutreiben. 
4. Wenn Geſchwuͤre in der Gebaͤhrmutter befind⸗ 

lich ſind, ſpruͤtet man von dieſem Falltranke hinein. 
5. Man 
* 70. Jac. Baier Diff. de Artemifia. Reſp. Gottlob i 
Ephr. Hermann. Altd. 1720. drey Bog. | 

** Vich. Bernh. Valentini Obf. de — Sabinae: 

ft. im aten Vol. der Actor. phyf: med. Acad. N. c. | 


Obſ. us. Vom S. 62tes St. der 
| no > 


Des Sal: oder Wundtranks. 259 
5. Man baͤhet auch die Gebährmurter, wenn fie 
vorfällt, mit gutem Erfolge damit, Gleichergeftale 
bedienet man fich auch defjelben auf eben die Ark 
beym Vorgehen des Maſtdarms. | 
Xill. | 
In Außerlihen Krankheiten ift der Mugen des 
Falltranks ungemein verfchieden : | 
u Man wäfcht die Wunden, und fprügt die Ge- 
ſchwuͤre damit aus. | 
2. Man wäfcht die Froftbeulen damit. 
3. Desgleichen die triefenden Augen. Der 
Dampf davon ftärker das Geſicht. | 
4. Man fprüßet auch davon in die Ohren, in der 
Taubheit, zur Reinigung der Gefchwüre, und das ver- 
härtere Ohrenſchmalz anzufeuchten, und zu erweichen, 
5. Der Dampf vom Falltranfe thut bey trie— 
fenden Nafen, und im Schnupfen gute Dienfte. 
Wenn man das Decoct in die Nafe fprüger, hebt es 
die Verſtopfung im Kopfe, und beiler die ftinfen- 
‚den Nafengefchwüre, HER: 
6. Wenn man den Falltrank mit Schwefelrauch 
durchziehen läßt, oder etwas Schwefelblumen * dar⸗ 
inn aufloͤſet, hilft er wider die Kräge, und juckende 
Blattern, ( Plora ). BR Ki 
| "XIV. i 
Ich muß bierbey noch erwähnen, daß der Fall. 
frank den Schweiß befordert, und eines der beften 
a: R 2 Mittel 


nover. gel. Anzeig. v. J. 1753. Ge. Wo. Wedel 
Diff. de Sabina, R. Fo. Frid, Kraufoid, Jen. 1707. 4. 
vier und einen halben Bog. | 
* Ge. Chrif. Detbarding Dill. de Sulphure praeftan- 
tiſſimo bezoardico. Roftoch. 1746. 4. : 


| . 960 in Beſchreibung 


- Mittel if, welche man in — * peſtilen⸗ 
tialiſchen Fiebern gebraucht. Man erhoͤhet in die⸗ 
ſem Falle ſeine Kraͤfte, durch den Zuſatz der Scor⸗ 
zoner = Eberwurz » (Carlina) Engelwurz = ( An- 
gelica) und Schwalbenfrauf- Wurzel, ‚(Vincetoxi- 
cum) ° 1% 

27 In anhaltenden Fiebern vermifcht man unfern 
Wundtrank mit Körbel -** und Borragenfaft. 

3. In auszehrenden Fiebern läßt man serquetjch® | 
te Krebfe, und Dttern ** darinn fohen. 

4. Sn Wechfelfiebern muß man, zu —— 
bung der Kaͤlte, verſchiedene Schalen voll Fall: 
trank recht warm frinfen, und, um die Wieder- 
funft neuer Fieberanfälle zu verhindern, Eochet man 

| Entian: 


* Fo. Adolph. Wedel Diff. de Vincetoxico. Refp. Ge. 
Cpb. Wolff. Jen. 1720. 4. zwey und einen halben. 
BR Wilb. Pitbopoei Vincetoxicum. Hamb. 
I 8: 

* Ch Helvig de Chærephyllo. Reſp. Ferd. Ge. Nar- 
ciſſus. Gryphisw. ızır. vier und einen halben 
Bogen. 


+ Elias Camerarius leitet in feinen Differtat. 


* 


bing. 1712. 8. in der 2ten Diſſert. die Kraft, wel⸗ 
che die Ottern beſitzen, die entkraͤfteten Patienten 
zu erquicken , aus der Flebrigen Materie ber, mwel- 
che fie an ſich haben, und welche eine ſchmeidige 
und nahrhafte Gallerte in ſich enthaͤlt, daher auch 
die Ottern lange Zeit ohne Nahrung bleiben, und 
ſich unter der Luftpumpe ungemein lange erhalten 
koͤnnen. ©. Supplementa Actor. Erud. Lipf. Tom. 
VI. Se&. ı. p. 6: Jo. Junker Diff. de viperarum 
ufu medico..Refp. Claud. Fofeph. Küzfebin, Hal._ 


1744: 4. drey Bogen. «Lad. Cafp. Man: prodro- 
| J 


Taurinenfibus epiftolicis phyfico - medicis, Tu- 


00908 Sal» oder Wundtranks. 261 


Entiantourgefn *, Cardobenedictenblätter, und Tau 
- fendgüldenfraut > Blumen ** mif darunter. Sind 
die Wechfelfieber langwaͤhrend, giebt man die Sie 
berrinde mic unter dem Falltranfe. 
XV.‘ 
Bevor ih ſchließe, muß ich noch folgendes ans 
führen: 
1. Die bisher genannten Kräuter, worausder Falls 
trank bereitet wird, werden mehrentheils zur Vermi⸗ 
ſchung des gemeinen Wundtranfs genommen. Es 
ift gut, wenn man diefe Kräuter abfonderlic) bat, das 
mit man fie nad) Erfodern und Belieben mit einan- 
. ber vermifchen Fönne, 

2. Man muß diefe Kräuter im Schatten krocknen, 
fie bedeckt halten, und hernach wohl verfchließen. 

3. Der Mugen, den das Trinfen diefes Decocts 
ſchaffet, rühree von der Wärme her. Wenn man 
es recht warm, und ununterbrochen trinkt, ift feine 
Wirfung um fo viel größer. - 

mus de medicamentorum viperinorum ufu. Altd. 

" 1694. 4. drey Bogen. Cph.. Dan. Melzer Diff. de 
euratione per viperas, vulgo, von der Viperncur. 
Refp. Dav. Douglafs. Regiom. r725. 4. zwey und eis 
nen halben Bog. Fo. Henr. Schulze Diff. de vipe- 
rarum ufu medico. Refp. Cpb. Alb. Mayer. Alkd. 
1724. 4. vier Bogen. 

* Hadr. Slevogt Diff. de gentiana. Refp. Fo. Andr. 
“Weber. ‚Jen. 1720. 4. drey und einen halben Bogen. 

** 70. Hadr. Slevogt Commendatio centaurii mino- 
ris per exempla. Jen. 1713. 4. 180g. Ge. Wo. We-. 
del. Diff. de centaurio minori. Refp. Nic. Chiliani. \ 
Jen. 1713 4. fünf Bogen. 


RD RER 
R3— II. Nach⸗ 


| 262 Don den meifen Einrichtungen 
MR er * *5* ** Kerr 
2 Nahe 
von den weiſen Einrichtungen, 
welche 
die hoͤchſte und hohe Obrigkeit zu eiffabon, 
bey dem im Jahre 1755. 


— erſchrecklichen Erdbeben, 
veranſtaltet hat *. 


ME m erften November des in der Geſchichte von 
IPA Portugall auf ewig unglücklichen 1755ften 
»2 Jahres, verfpührete man bey heitern Him- 
mel und Meerftille, des Morgens um g Uhr 4 Mi⸗ 
nuten, in der Stadt Siffabon „eines ver erfchreclich- 
| ften 


* Gegenwärtige Nachricht iſt eine Ueberſetzung des 
Auszuges aus dem in Portugiefifcher Sprache, ohne 
Anzeige des Druckortes, in Folio, in großem Kor: 

mate, mit fehönen Vignetten unter folgendem Ti- 

et beraußgegebenen Buche: Memorias das prin- 

cipaes providencias, que fe derao no terremoto, 

que padeceo Lisboa no anno de. 1757. ordenadas _ 

e offerecidas a Mageftade Fideliffima de El Rey 

D. Jofeph 1. noffe Sennor. Por AMADOR, Pa- 

tricio de Lisboa, wie ſolcher im Journal des Sca- 

vans, vom Monate Jun. 1759. ©. 38:53. und vom 
Monate Bu ‚©. 28:36, Sefindlich iſt. 





— 


‚bey dem Erdbeben zu Liſſabon. 263 


ſten Erdbeben, jo aus der Geſchichte, oder mündli- 
hen Erzählung bekannt find. Nach, Berfliegung 
roeniger Augenblicke, waren faft alle Gebäude über 
den Haufen geworfen. Eine große Anzahl von Eins 
wohnern blieb unter dem Schutte, vornehmlich in 
den Kirchen, als welche damals wegen des an dem— 
felben Tage eingefallenen großen Feftes Aller Heili⸗ 
gen, ungemein voll Menfchen waren.  , 

Das in Ungeſtuͤm gefegte Meer trieb das Gemwäf: 
fer des Tagus zurück, und hatte die beyden Ufer die— 
fes Sluffes dermaßen weit, als bey Menfchen Geden— 
fen noch nie gefchehen war, uͤberſchwemmet. Ein 
großer Theil bes Bolfes Fam von der Seite diefes 
Sluffes, in Hoffnung, eine fichere Stätte allda zu _ 
finden; allein das Meer, fehonete dieſe unglücliche 
Derfonen fehr wenig. Diejenigen, Die fich einander 
auf dem Wege begegneten, wurden faft insgefammt 


weggeraffet und verſchlungen; und es war fein ander - 


rer Ort, wohin man feine Zuflucht nehmen konnte, 
als das Feld, wohin man durch taufend Gefahren 
hindurch entfliehen mußte. 

Innerhalb weniger Zeit war die ganze Stadt ge 
räumer, und das an verfchiedenen Gegenden aufge» 
gangene Feuer verzehrefe noch vollends dasjenige, 
was das Erdbeben gelaffen hatte. Alles war:in einer 
Beſtuͤrzung und Betrübniß. Der einzige Troft, den 
man hatte, war diefer, daß man wußte, daß Ihre 
Majeftäten, und das ganze fönigliche Haus, fi) 
außer Gefahr befanden. 4 

Wir haben eine große Menge von Schriftftellern, 
welche Nachrichten von Erdbeben, und denen da—⸗ 
durch verurfachten Zerftörungen binterlaffen, oder 

Ru. ſich 


| 264 Bor den reifen Einrichtungen 


fih die befondere Mühe genommen, und die Urfachen 
dieſer heftigen Erfchütterungen unferer Erdfugel aus: 
findig gemachet und’ unterfuchet haben *. Allein, 
bis diefe Stunde ift noch niemand auf den Gedanfen 
gerathen, bie Nachrichten von allen demjenigen, was 
die hohe Haupter in fo betrübten Zeiten, zur Ab» 
helfung des Elendes der Völker, für Veranftaltuns 
gen gemachet haben, der Nachwelt aufzubewahren. 
„Dergleichen Arbeit, faget der Herr Verfaſſer, uns 
terziehe ich mich anigo, duch den Eifer eines red» 
„lichen Bürgers beiebet. Die Vorfehung bewahre 
„Portugall ins Fünftige wor dergleichen Begeben- 
„beit; follte man aber zum Unglücde zum zweyten 
„male von vergleichen Unglücsfalle heimgeſuchet wer: 
„ven, fo werden unfere Nachkommen, in gegenmär- 
„gen Werke, die zur Minderung eines fo großen “ 
Elendes gefchicite Mittel antreffen. „ 

Gegenwaͤrtiges Werf ift das einzige in feiner Art, 
und hat zu Liſſabon das Licht erblidt. Zu Anfange 
defielben befindet fich ein Zueignungsfchreiben an ven 
König, darinn der Herr Verfaſſer zuförderft die 
| Gründe — welche * veranlaſſet — dieſe 
Schrift 


»G. Hiſteriſch⸗ kritiſches Verzeichnißß alter und 


neuer Schriftſteller von dem Erdbeben, nach Vers ⸗ 


anlaffung der anitzo fo haufig und überall ſich 
ereignenden Erderfchütterungen; aufgeſetzt und 

dargeleget von M. E. G. ©. Gihneeberg, 17506. 
in 8. 7 Bog. Ach habe einige Zufage und Erlaͤu⸗ 
terungen zu diefem Verzeichniffe im erften Stücke 
des ıgten Bandes ded Aamb. Magas. 6. 19: 36. 
befannt gemachet, und. merde eine zweyte Fortſe⸗ 
Kung davon mit nächffen liefern. D. K. 


bey dem Erdbeben zu Liffabon, 265 


Schrift vor feinen Thron niederzulegen, und ſich 


— 


ſodann uͤber die erhabenen Tugenden, welche jeder⸗ 


mann an dieſem großen Prinzen bewundert, in den 
edelſten und der Wahrheit gemaͤßeſten Ausdrüden - 


berausläßt. Hier ift die Weberfegung von einigen | 
Stellen aus diefer Zueignungsfchrift, welche wir in 
einer Verbindung nad) einander herfegen :- 


hi Allerdurchlauchtigſter und Großmaͤch ⸗ 


| tigſter König, 
Allergnaͤdigſter König und Kerr! 


„Es ift eine unerfaßlihe Zurücgabe, wenn ich 
„gegentwärtiges Werk in eben die Foniglichen Hände 
„Eurer Majeſtaͤt, welche dermaßen meife und 
„beilfame Verordnungen und Geſetze, welche gegen- 


„waͤrtig der Inhalt und die Beweiſe der biftorifchen _ 


„Wahrheit find, unterzeichnet Haben, nieverzulegen 
„mic, erführe. Diefe Denkmaale fehildern Kurer 
„Majeſtaͤt beftändig heldenmüthige Seele. Die 
„erhabenen DBenfpiele ver Religion, Gottesfurche 
„und Liebe, welche Höchft Diefelben für das Wohl 
„Dero durch ein entfegliches Erdbeben beftürzten 
„und niedergefchlagenen Volkes bemwiefen, und alles, 
„was Diefelben unternommen haben, Dero Inter: 
„thanen in Ruhe und Stille wiederum zu verfegen, 
„wird eine allgemeine Bewunderung nach fich ziehen. 
„Unſere alleriegte Kindeskinder werden in Kurer 
„Majeſtaͤt das Andenfen Dero väterlichen Sorg⸗ 


„falt für Dero Unterthanen, verehren. Weit ges 
„fehle, daß dieſer Ausdruck eine Erfindung der 


— 


R 5 „Schmei⸗ 


266 Bon den weifen Einrichtungen | 


+, Scmeicheley feyn follte, wann ich behaupte, daß 
unſer Unglück in ein Wohl verwandelt worden fey. _ 
„Die von uns ausgeftandene Drangfale, haben 
„Eurer Majeſtaͤt einen weiten Schauplag, Dero 
„unnachahmliche Größe ver Welt zu zeigen, eröffnet. 
„Bald wird man Liſſabon wieder aufgebauet, mit 
herrlichen Tempeln, prächtigen Palläften, fehr brei- 
„een Straßen, und meitläuftigen Plägen gezieret, 
„erblicken. Diefe Hauptftadt in Dero Königreiche 
„wird weit volfreicher, größer und Foftbarer feyn, 
„als fie vorher gemwefen. Das Bolf wird zu einem 
„ewigen Denfmaale feiner Erfenntlichkeit Eurer 
„Majeſtaͤt Heldenbildfäule errichten, und das bloß 
„mit Dero foniglichen Namen gezierte Fußgeſtelle 
„derfelben wird Dero Größe weit befler, als die al: 
lerberedteſte Auffchrift ausdrüden, Es wird, mit 
„einem Worte, niemand feyn, der nicht Beweiſe 
„feiner Erfenntlichfeit an den Tag legte. In allen _ 
„Käufern wird Eurer Majeſtaͤt Bildniß das al- 
„‚terfoftbarfte Geraͤthe ſeyn; und wenn die Väter 
„ſelbiges ihren Kindern zeigen werden, werden fie 
„zugleich felbige lehren, von ihren erſten Jahren an, 
„das liebensmwürdige Bild des Daters des Vater⸗ 
„landes zu verehren. Welch ein Ruhm, wenn 
„Eure Majeſtaͤt fih von Dero Unterthanen den 
„Großen, den Wieder-Erbauer, und den 
„Frommen werden nennen hören. Kure Maje⸗ 
„ſtaͤt werden bereits in diefem geben angebethet, und 
„als ein Geift, der zu einem weit erhabenern Throne, - 
„als der auf Erden, gehöret, betrachet. Es ums 
„leuchte Hoͤchſt Diefelben der Glanz fo vieler Hel- 
„den⸗Tugenden! und Eure Majeſtaͤt muͤſſen auf 
| „jenen 


— 


bey dem Erdbeben zu Liſſabon. 267 


„jenen Thron nicht cher, als nad) einer langen 
„Reihe fo vieler Jahre verfeget werden, als die 


Wuͤnſche Dero Unterehanen befriedigen, welche in 


„ihrer ganz vorzüglichen Dankbarkeit und Liebe ge- 
„gen ihre Monarchen, vor andern Völkern der en 
„ihre einzige Ehre ſuchen. 

Eben dergleichen edle, anftändige, und kaum in | 


s unferer Sprache auszudrücende Stellen fommen | 


überall im ganzen Werfe vor. Es ift felbiges in 


zween Theile getheilet, Den erften, eder den hiſto— 
riſchen Theil, muß man als eines der ſchoͤnſten 
Stuͤcke, fo man in der Portugiefifchen Sprache hat; 


betrachten. Man findet darinn durchgehends eine 
ungemeine: GefchicflichFeit, fich mit einem Nach— 
drucke zu erflären, lebhafte und rührende Schilde: 
rungen zu machen, und einerley: Borftellung ein 
neues Anfeben, und eine andere Sarbe zu“ geben. 
Der Herr Berfajfer ift uns bey Erzählung der Be: _ 
gebenheiten, und in der Ordnung der Gefchichte, 


ernſthaft, wohlklingend, und deutlich vorgekommen. 


Der zweyte, als der weitlaͤuftigſte Theil, enthaͤlt 


die koͤniglichen Edicte und Verordnungen, zu Abhel⸗ 


fung der Unruhe und der betrübten Umſtaͤnde feines 
Dolfes, zu Beſorgung deſſen Unterhalts, wegen 
Vepflegung der Verwundeten und Kranken, von 


Wiederherſtellung der Policey, Ordnung und Ruhe, 


von unverzuͤglicher Beſtrafung der Laſter, von un— 
auszuſetzender Haltung des Gottesdienſtes, von Er⸗ 


ſetzung der abgegangenen Soldaten, und Aufſicht 


über die von der Armee zu haltende ſcharfe Manns— 
zucht, don Hereinziehung eines Theiles derfelben in 
die N ‚, und Bertheilung der übrigen auf 

dieje— 


268 Don den weifen Einrichtungen 

Diejenigen Poften, 100 fie am unentbehrlichften find, 
Man muß fid) ungemein verwundern, wie diefer 
große Prinz für alles. bat Sorge tragen Fonnen, 
nicht allein, was das fefte Land betrifft, fondern auch 


in Anſehung der Einrichtung des in den verfchiedenen 


Gegenden der Welt fic) aufhaltenden Volker. 


Wie mancherley Dinge waren auf einmal der. 


Vorwurf der väterlichen Fürforge unfers Durch— 


lauchtigiten Monarchen! mie unentbehrlich war ihm 


daben die Größe feines ftets heldenmürhigen Geiftes, 
und. feine unveränderliche Standhaftigfeit, wenn er 
bey Erblifung der Gefahr, und diefes erfchredlichen 
Schaufpiels, nicht aus feiner Faffung fommen follte. 
Diefer große Prinz, faget der Herr Berfaffer, bez 
trschtete die Hand des erzuͤrnten Böttes, und 


verehrete fie anberhend, felbft zu der Zeit, wenn 


Er alle Seine Augenblicke zum Heften Seines 
Volkes anwendete n 9 
Bey Begebenheiten von dieſer Art, von welchen 
die Geſchichte nichts, als höchftens die Zeit, da fie vor- 
gefallen, und das dadurch angerichtete Unglück, aufs 


behält, verlieren die beften Gefege ihre Kraft, und 


ihren Nachdruck. Es muß einige Zeit verließen, 
darinn Die am Leben gebliebene Perfonen zu ſich felbft 


/ 


kommen fönnen. Ein Menſch, der vor ganz fur 


zem alles, was ihm am liebften gewefen, verloren 


bat, meidet öfters alle Gelegenheiten ,- feinem Mit⸗ 


bürger mie Hülfe beyzufpringen, zu geſchweigen, daß 
er fi) die Ausübung feiner Pflichten gegen feinen 
Nächten befonders follte angelegen ſeyn laſſen. 


Man mußte eine entfeglihe Menge unter dem 


Schütte der Häufer und Kirchen zerquerfchter Todten 
\ | ! | Va 


bey dem Erdbeben zu Liffabon. 269 


- indie Erde bringen. Man beforgete, daß die Faͤul⸗ 
niß der Leichen eine Peft nach fich ziehen wuͤrde. 
Diefe Furcht fand um ſo viel mehr ſtatt, da 
das im Winter. durch den Schutt aufgehaltez 
ne Begenwaſſer in eine Faͤulniß übergeben 
Eonnte, - Das Bolf hatte die Stadt bereits verlafs 
fen; allein die Verordnungen des Königes hatten die 
Wirkung, daß es die Stadt bald wiederum bezog, 
und. es wurden, mit Beyhuͤlfe der Truppen, Die 
nothwendigſten Arbeiten mit folcher Mumterfeit ges 
fördert, daß man innerhalb wenig Tagen in Anfes 
bung der Peft außer aller Sorge feyn Fonnte. 

Bon nicht geringerer Wichtigkeit war die Verſor⸗ 
gung eines zahlreichen Volkes, welches faft aller $es 
bensmittel beraubet war, und feine Kleider Hatte, 
womit e8 fich decen, und vor Wind und Wetter bes 
fchüsen koͤnnen. Auf Befehl des Königes wurden 
obrigfeitliche Perfonen in verfchiedene Viertheile der 
Stadt verleget, welche den von allen Drten her ver= 
fehriebenen und berbey geführten Vorrath in Ems 
pfang nehmen, und unter allerhand $eute, ohne au 
etwas anders, als ihre Beduͤrfniß ein Abfehen zu 
haben, austheilen mußten. Auch zu der Zeit, da 
man die todten Körper aus dem Schuite hervorzog, 
ſuchte man zugleich nah, ob man nichts fände, wos 
von man denen am $eben Gebliebenen ihren Unter= 
halt reichen koͤnnte. Man hob die Balken, Dielen 
und das Holzwerf der niedergeriffenen Häufer auf. 
Alles diefes wurde nach verfchiedenen Gegenden der 
Stade gebracht, und in denen daſelbſt angelegten 
Defen das Brodt damit gebacken. Mantieß ein Ber 
‚bot ergeben, Daß die Lebensmittel nicht theurer verfauft 

Ä 0 werden 


* 






270 Bon den weile ichtungen 
werden durften, als ſie vor dem erſten November, 
als dem Tage des Erdbebens, gegolten hatten. Die 
Aufkaͤufer wurden aufs ſchaͤrfſte geſtrafet. Alle Auf: 
lagen und Steuren wurden aufgehoben. Da aber 
die große Leutſeligkeit des Koͤniges hierinn noch nicht 
genug Befriedigung fand, oͤffnete dieſer huldreichſte 
Monarch feine Schatzkammer, und ließ eine ſtatt— 
liche Menge Geldes unter die Armen austheilen. 
Die Handlungen der Könige find gleichfam. die 
lebendige Richtſchnur der Unterthanen, vornehmlich, 
wenn fie das Wohl der Menfchen und des Baterlar= 
des zu ihrem Vorwurfe haben. Alles, was man 
von der Wirfung der Gefege, und der aufs befte 
angeordneten Policey erwarten Fann, kommt gegen 
dergleichen Benfpiele in gar Peine Betrachtung. Es 
gehören viel Jahre Dazu, wenn man es fo weit brin- 
gen, und ein Bolf durch Befolgung der Gefege 
- glücklich machen will; dagegen brauchet es nur fehr 
wenig Tage, eben diefen Endzweck durch die löblichen 
Mufter der hoben Obrigkeit zu erreichen. Bey ge« 
genwaͤrtigen Borfalle hat die Erfahrung die Mache 
und den weiten Limfang diefes Grundfaßes in der 
Staatsfunft vollfonnmen dargeleget, Perfonen von 
allerley Stande, welche diefes Unglück durch den 
Verluſt ihrer Habfeligfeit nicht mit getroffen hatte, 
nahmen ihre Mitbürger mie einem befonderen Eifer 
auf, und reichten ihnen den nothdürftigen Unterhalt. 
Diefe tugendhaften Bürger erkenneten, dap fie 
bey fd trübfeligen Zeiten nicht Eigenthums⸗ 
herren, fondern bloße Verwalter ihrer Güter 
wören, Bey den verfhiedenen Ständen der Men- 


ſchen 


N 


> 


bey dem Erdbeben zu Liffabon, 271 
ſchen höret der Unterfchied um defto geſchwinder auf, 
je mehr. Noth und Gefahr vorhanden find. 

Es waͤre unrecht, wenn man bey diefer Gelegen- 
heit nicht der geiftlichen Drdens-Gemeinden mit 
Ruhm gedenken wollte. Selbige haben ſich bey dies 
fer Gelegenheit durch ihre bemiefene Liebe gar zu. 


ruhmwuͤrdig hervorgethan, als daß man ihrer nicht 


befonders Erwähnung thun follte. Sie haben al 
les, was fie in ihren Rloͤſtern vorraͤthig ge⸗ 
habt, hergegeben; und man weiß zuverlaͤßig, 
daß ſie ihrem eigenen Unterhalte abgebrochen 
haben, um die Armen verſorgen zu koͤnnen. 
In der That, wofern die Beyſpiele der erfterr 
Kirche jemals ernenert worden find, fo ift es’ 
in diefer Jammerwollen 5 Zeit gefeheben. By 
Borfallenheiten, da die Noch fo dringend ift, Fällt 
alles, was von einer menfchlichen Stiftung herruͤh⸗ 
vet, wiederum auf die Rechte der Menfchheit zuruͤck, 
und nähert ſich den allergottfeligften Gefünnungen. 
Alles war in diefen Tagen der Beflürzung und 
des Jammers nothdringlich. Die ungemein ftarfe. 
Anzahl der Verwundeten, deren einige zerftümmelt, 
andere halb todt waren; die Kranken in den Hofpia 
tälern und Gefängniffen erforderten ſchleunige Huͤlfe. 
Man brauchte weitlaͤuftige Gebaͤude fuͤr eine ſo große 
Menge Leute, zu einer Zeit, da die mehreſten Häus 
fer , die größeften Kloͤſter, und die fehönften Palläfte 
umgeftürzet, oder in Afchenhaufen verwandelt waren. 
Es wurden anftändige Nahrungsmittel erfordert fie 
fo viel Elende, denen es zumal auch an Betten und 
feinen Zeug, und allem demjenigen, was zur Wara 
-tung der Verwundeten unentbehrlich ift, mangelte. 
; ' Alle 


⸗ 





272 Yon den weifen € sinrichtungen 


Alle dieſe nothwendigſten Beduͤrfniſſ e aber hat man, 
welches i in der That merkwürdig und erftaunend iſt, 
herbeygebracht. 

Kurz zuvor erwähnten wir, welchen Eingang die 
ruͤhmlichen Beyſpiele gehabt, welche der König ſei— 


. nem DBolfe gegeben. Diejenigen aber von der Kö- 


niginn, und den Foniglichen Kindern, waren nicht 


weniger heldenmüthig. Diefe große Prinzepinn, 


und die Durchlauchtigften Rinder, nöbeten 
das zum Derbande und zur Bequemlichkeit der 
Verwundeten erforderliche leinene Zeug mit 
ihren böchft eigenen Haͤnden. Einem ders 
maßen feltenem Beyſpiele folgeten alle, Hof⸗ 
damen, obne Ausnahme, und fie bemübeten 
fich) recht, es einander in einer fo liebveichen 
Beſchaͤfftigung zuvor zu thun. 

‚Bon Natur ſuchet der Menſch alle Gelegenheiten 
in einer Freyheit zu ſeyn, und bedienet ſich aller 
Mittel, ein bequemes Auskommen zu haben. Dieſe 
Grundfäge or di mächtigen Triebfedern feiner 
Handlungen. In eher vollfommenen Freyheit ſte⸗ 
ben, und mit möglichjter Bequemlichkeit zu leben, 
Fann aber weder in einer Inn noch bürgerli- 
chen Verfaſſung ſtatt finden. Theil der natuͤr⸗ 
lichen Freyheit, welche man —— muß, um in 
Geſellſchaft zu ſtehen , wird zu derjenigen Zeit, wo 
die Gefellfchaft in vermworrenen Umftänden ſich befins 
def, weit beträchtlicher.  Diefer Berluft alles deffen, 


- mas uns am liebften ift, wird um fo viel empfind⸗ 


lither, je weniger er durch die größte Bequemlichkeit 
zu leben wieder erfeget wird. Der Staatsrath ſahe 
ſich genochiget, dieſe wichtige Regel aufs genaueſte in 

> |. 


i bey dem Erdbeben zu Liſſabon. 273 


Ausuͤbung bringen zu laſſen, wenn dem Weglaufen 
eines Theils des gemeinen Poͤbels, der ſich zu Liſſa⸗ 
bon durch Handarbeit nichts mehr verdienen konnte, 
vorgebeuget, und die Entfernung unzaͤhlicher Mens 
fchen von verfchiedenem Stande, welche £eine Stand» 
baftigfeit mehr befaßen, dergleichen traurige Bilder 
mit Gelaſſenheit anzufehen, verhindert werden ſollte. 
Man fchrieb in alle Gegenden des Königreichs Ber- 
ordnungen aus, daß fich niemand von einem Drte 
zum andern begeben durfte, wofern er nicht mit ei— 
nem Reiſepaſſe verſehen war, welchen die daruͤber 
geſetzte Perſonen niemanden anders, als bey unum- 
gänglichen Borfallenheiten ausfertigen durften; des» 
gleichen alle Handarbeiter und Landläufer, welche zu 
öffentlichen Arbeiten gebrauchee werden follten , nach 
der Hauptftade zu bringen. Diefes Mittel bat 
mehr, als irgend etwas anders zu Wiederher⸗ 
ftellung der Ordnung, und das Volk nicht 
müßig gehen zu laffen, beygetragen. 

Es ift eine fiecliche Unmöglichkeit, daß alle Mens 
ſchen völlig tugendhaft leben, und ihre Handlungen 
durchgehends nach der Richtſchnur ihrer Pflichten 
einrichten follten. Die Anzahl der Lafterhaften ift 
leider jederzeit mehr als zu groß geweſen. Liſſabon 
bat zu feiner Zeit fo viel boͤſe Menfchen in feinem 
Schooße gehabt, als eben zu der Zeit, da man die 
mebreften *Bewegungsgründe hatte, tugendhaft zu 
feyn. Selbſt an dem Tage, da diefe Stadt zerſtoͤ⸗ 
ret worden, war fie gleichfam wie mit einem Gtrome 
von Straßenräubern, und fhändlichen Mifferhätern 
uͤberſchwemmet; es war fein Menfch auf öffentlicher 
2 mehr ficher, Dasjenige, was nicht mit ver« 

Band. S brannt 


— 





brannt war, murde noch vorher ‚und felbft 
mitten unter den Ruinen von Liffaben, wurde mehr 
Diebſtahl und Mord, als irgend an einem Orte 
begangen. 

Man reinigte and die Stadf von diefen Boͤſe⸗ 
wichtern gar bald. Den ſechſten November wurden 
einige Regimenter Soldaten befehliget, alle Bier- 
theile der Stadt einzufchließen, und alle Dafelbft vera 
daͤchtig feheinende Perfonen in Verhaft zu nehmen. 
Man ließ diejenigen von diefen Spitzbuben, welche fich 
bereits aus der Stadt heraus gemacht, und viel Geld 
und Koftbarfeiten mitgenommen hatten, überall im . 
ganzen Königreiche auffuhen. Man traf auch wirk⸗ 
lich in Liſſabon und andern Städten, eine große An- 
zahl vergleichen unglüclicher Perfonen an, und fie 
empfiengen faft auf der Stelle den Lohn ihrer Bos⸗ 
heit. An allen merfwürdigften Orten der, Stadt, 
fahe man das erfchrecliche Schaufpiel einer ‚großen 
Anzahl aufgefnüpfter Körper, und die daſelbſt errich- 
teten Öalgen waren von ungemeiner Höhe, Damit ” 
deſto mehr Schreden verurfachen follten. | 
Alle im Hafen befindliche Schiffe wurden auf das 
allerſchaͤrfſte durchſucht, und man ertheilete zugleich 
ſaͤmtlichen Commendanten in den Seftungen den 
Befehl, niemanden heraus zu laflen, oder zu erlaus 
ben, daß fich jemand über den Fluß feßen ließe. 
Mic Gewehr verfehene Schiffe fuhren Tag und 
Pacht Runde auf vem Tagus. Auch der Eleinfte 
Boot fonnte weder diß- noch) jenfeits ans Ufer, noch 
an die Schiffe kommen, ohne erfannt und befragt 
zu werden. Auf einigen Schiffen traf man eine un- 
gebeure Menge Silbergeſchirr, und viele andere 

geſtoh⸗ 


Hey dem Erdbeben zu Liffabon. 275 
geftohlene Koftbarfeiten an. Verſchiedene Perfonen, 
welche durch die Räuber ins aͤußerſte Elend geftürs 
zet waren, Fonnten durch die weiſen Maaßregeln, wel⸗ 
che der Staatsrath genommen hatte, ihre Güter 
wieder befommen, oder doc) zu einem guten Theile 
derfelben gelangen. Dasjenige, was man den 
Raͤubern wieder abjagen Eonnte, wurde in 
Derwehrung genommen, und men ftellete 
nach allen vorgenommenen erforderlichen Uns 
terfüchungen, einem jeden das Seinige wiez 
der zu. ; 

Es mar jedoch nicht genug, daß man fo viel Räu- 
ber aufs frengfte beftraft hatte; denn, es war außer— 
dem in !iffabon noch eine Menge Müßiggänger und 
Sanöftreicher, als welche durch ihre Lebensart nach 
und nach zu Begehung der größten Laſter veranlaßt 
werden fönnen. Man ließ in allen Viertheln eis 
ne genaue Nachricht von allen Perfonen, dez 
ven Lebensart dem Staste befchwerlich war, 
aufnehmen; man befohl ihnen an, daß fie die 
Straßen aufrsumen follten, und gab ihnen zu 
verftehen, daß diefe Arbeit, ob fie wohl von 
ARechtswegen verächtlid) wäre, ihnen dennoch 
im geringften nicht zu ihrer Schande: gereiz 
chen follte. Auf diefe Arc uͤbte der Rönig Ges 
rechtigkeit, obne feiner Liebe dabey zu nabe 
zu treten, | | | 

Die väterliche Sorgfalt des Röniges war 
ganz allein auf die Wiederherſtellung der Siz 
cherheit und Ruhe unter feinen Linterthanen 
bedscht ; allein, die Bosheit aufruͤhriſcher 
Boͤpfe hatte gottloſe Anfchiäge zu Störung: 

59 | ©:’ derſel⸗ 





276 Don den weifen Einrichtungen 
- derfelben gefaßt, Im Monat October 1756, 
breitere mon in der Stadt das Gerücht aus, 
daß fich den erften November defjelbigen 
Jahres ein neues Kröbeben ereignen, und fels 
biges noch weit traurigere Folgen, als das 
vom vorigen Jahre, nad) ſich ziehen würde. 
Diefes Gerücht, weldyes man als eine Pros 
phezeihung eingekleider, und ibm dadurch eis 
niges Anſehen verfchaffer hatte, brachte in der 
Einbildungskraft des Volkes wiederum eine 
neue Vorftellung feiner ebedem gebabten 
Schrecken bevor. Solchergeſtalt misbrauchten 
die Aufrührer die Frömmigkeit des Volkes. Dies 
fe ausgefprengte fügen wurden von denjenigen, die 
durch Piünderung der bey diefer neuen Unruhe ver 
laſſenen Häufer ihr Gluͤck zu machen verhofften, be» 
kraͤftiget. Allein, die in verfchiedenen Bierteln of: 
fentlid) angefchlagene Anzeigen , worinn verboten 
wurde, daß niemand, er fen wer er wolle, felbigen 
Tag aus der Stadt gehen follte, desgleichen die Ge— 
genwart einiger Negimenter zu Pferde und zu Fuß, 
melche auf die nöthigften Poften vertheilet waren, und 
im Gewehre ftehen mußten, zeigten dem Wolfe, 
was es von feiner allzu großen $eichtgläubigkeit zu 
beforgen hatte, und daß es fein ganzes Vertrauen 
einzig und allein auf die vaͤterliche Borforge feines 
Koͤniges fegen follte, | 
Der weit ausfehende Berftand diefes großen 
Prinzen war mit unendlich viel Dingen zu gleicher 
Zeit befchäfftige. Die mehreften Nonnenflöfter 
waren von Grund aus zerftöret; fehr viele Ordens⸗ 
ſchweſtern hasten bey diefer Gelegenheit ihr Leben ein- 
Mir gebüßt ; 


bey dem Erdbeben zu Liſſabon. 277 


gebuͤßt; die uͤbrigen retteten ſich mit der Flucht, und 
giengen nach ihrer Aeltern Haͤuſer. Sie traten wie⸗ 
der in die Welt, welche fie niemals recht kennen ge- 
lernt hatten: fie fragten nad) ihren Vätern und Aels 
tern, welche nicht mehr am Leben, oder eben fo fehr 
darüber, da fie felbige wieder fahen, als über ven 
Verluſt, den fie eben erlitten hatten, erfchrocen 
waren. Bey einigen frafen fie Gefinnungen der 
Freundfchaft und Zärtlichkeit, bey andern Gedans 
fen des Mitleids und der Liebe, und überall fehnliche 
Wuͤnſche, fie wieder eingeſchloſſen zu ſehen, an. Une 
ter einer fo großen Menge von Nonnen, waͤhleten et— 
liche diejenige Aufnahme, welche ihnen am beften ge— 
fallen, ob felbige gleich nicht die anftändigfte vor fie 
gewefen. Der König ließ überall ſchleunige Hülfe 
angedeihen; er ließ Häufer aufbauen, die mit aller 
Bequemlichkeit, fo viel nur immer die Zeit erlauben 
wollen, verfehen waren, und gab die Verordnung, 
daß Diejenigen Nonnen, welche man nicht hereinbrin- 
gen fönnen, durch die Provinzen in die Klöfter von 
demfelbigen Orden vertheilet werden follten, und daß - 
man einer jeglichen von denen ärmften, welche ven. 
Klöftern, dahin man fie verfeßer, befchwerlich fallen 
fönnte, einen Gnadengehalt auszahlen follte. 

Der Staatsrath hatte eben fo viel dringende Urſa⸗ 
he, vor die Abhelfung des fietlichen Uebels beforgt 
zu feyn, als unentbehrlich deſſen weife Beranftaitun- 
gen, um das Elend des phufikalifchen Uebels dem 
Volke erträglicher zu machen, gewefen. Die väter- 
liche Sorgfalt des Königes gieng in neuen Beweiſen 
aufs wirffamfte und eifrigfte immer weiter. Tag 
täglich kamen neue Suftiz »Defonomie-und Policy: 
© 3 Verord⸗ 


27% Bon den weifen Einrichtungen 


Berordnungen zum DBorfcheine, nachdem es die um⸗ 
ſtaͤnde erfoderten. 
Die Einwohner Siffabons , und eines großen 
Theiles des Königreichs, wurden bis faft zum erften 
Unfange der Gefellfchaft ver Voͤlker gebracht, wo 
Feine Ungleichheit des Standes der Menfchen außer 
in Anfehung vererjenigen, welche dem Volke auf ei- 
ne vorzugliche Art nüglic) waren, ftatt finden mußte, 
jedocd) fo, daß fie dabey im geringften nicht von den 
Berordnungen der Policey, und der allgemeinen 
Staatsverfaffung befreyet geweſen. Sobald ein 
Volk viel augenfcheinliches außerliches Ungluͤck aus- 
zuſtehen hat, ift hoͤchſt nöthig, daß in der Einrid)- 
tung ver Kegierung eine fchleunige Veränderung vor: 
genommen werde. ‚Man hat felbiges in dieſem be- 
frübten Zeiepuncte wohl beobachte. Das Miniftes 
rium ſahe fogleich ein, daß es unumgänglid) noth- 
wendig wäre, die Privilegien, Eraft welcher unge: 
mein viele fid bey Privarperfonen wider ihren Wil— 
len einmieihen durften, weldye Freyheit man ihnen 
ehedem, in “Betrachtung des Standes, Der Aemter 
und Ehrenftellen, welche fie bekleidet, nur gar zu ſehr 
erlaubt hatte, nunmehro aufzuheben. Diefer Um— 
ftand der Wohnungen, erfoderte auch noch eine 
“ andere Verordnung, in Anfehung des Preißes der 
Mierhe, welche die Habfucht der Privarperfonen gar 
zu hoc) fteigern wollte. Man hielt es bey diefer Ge— 
legenheit für noͤthig, zum öffentlichen Öefege zu ma- 
hen, daß niemand den gewöhnlichen Preiß det Mie⸗ 
the erhöhen durfte. Dieſes war, wenigſtens zum 
Theile, zum DBeften derjenigen Mierhsleute, welche 
in Haͤuſern, die noch nichts gelitten haften, woh— 
neten, 


bey dem Erdbeben zu Liſſabon. 279 


neten, fhlechterdings nothwendig. Ind hierauf mußte 
nad) aller Strenge gehalten werden. 
Der größte Theil des Volkes hielt fich unter Zel- 

‚ten, und in Eleinen Hütten auf, wo ihm die Wit 
terung und der enge Raum fehr beſchwerlich fielen. 
Diejenigen Perfonen, welche am zärtlichften waren, 
ftanden viel dabey aus, und man beforgte, daß 
daraus verfchiedene Krankheiten entftehen würden. 
Man mußte derohalben ohne Verzug diefem vorzu⸗ 
beugen bemüher feyn. Es war diefes ein mit vie= 
len Schwierigkeiten verknuͤpftes Vornehmen, denn 
es war in den Gegenden um Liſſabon, und uͤber— 
Haupt im ganzen Koͤnigreiche, fein Holz in hinrei⸗ 
chender Menge vorhanden, dag man Kalf und 
Steine hätte zubereiten, Häufer bauen, oder Huͤt⸗ 
ten, die etwas geraumiger und dauerhafter gewe— 


fen, aufrichten Fönnen, Unterdeſſen waren die vers 


fehiedenen Ermunterungen, und die Aufhebung aller 
Auflagen auf die Ein-und Ausfuhre allerley Bau: 


holzes, welches aus ven Hafen des Königreichs nad) 


der Reſidenz herbey geführet wurde, von der Wir⸗ 
fung, daß man in ſehr Furzer Zeit neuntaufend Haͤu⸗ 
fer, unter denen einige fo fehon und weitläuftig, als 


prächtige Palläfte gewefen, mit Verwunderung auf⸗ 


bauen geſehen hat. 

Diejenige Nation in Europa, welche heutiges 
Tages ihren Handel mit andern Voͤlkern aufheben 
wollte, wuͤrde ohnfehlbar einen ungemein greßen 
Schaden davon haben. Nur erſt ſeit hundert ade 
ven ift diefer Saß ohne Einfchränfung wahr gewor= 
den, und er würde es wiederum nicht. mehr feyn, 
wenn Die Umſtaͤnde wieder kaͤmen, welche zur dama⸗ 
4 ligen 





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Ye ichtun — 


280 Von den weiſen Einri 


ligen Zeit ftatt fanden. “Ben einem ‚großen — 
einer jeglichen europaͤiſchen Nation, bluͤhet anjetzo 
ein auswaͤrtiger Handel. Dieſe veränderte Einrich⸗ 
tung hat man vornehmlich den Portugieſen zu ver- 





danfen, und fie würden unrecht thun, wofern fie zur 


erft davon abwichen. 


Wenn man diefes. nach den Anſtalten, welche die 


Regierung in allen demjenigen, was felbft in diefen 
verworrenen Zeiten zur Handlung gehörete, vors 
gefehret hat, beurtheilen will, fo ift gar nicht zu 
laͤugnen, daß fie mit aller Sorgfalt ihr Augenmerf 
"Darauf gerichtet gehabt. Die erften öffentlichen Ge— 
bäude, mit deren Aufbauung man den Anfang mas 
chete, waren der Packhof, die Borfe, weiche beyder⸗ 
ſeits ungemein weitlaͤuftig aufgefuͤhret wurden, und 
eine ziemliche Anzahl großer Kaufmannsgewölber. 
Nach Brafilien wurden Die Flotten, wie gewöhnlich, 
abgefertiget, und gleicher maßen auch die andern 
Hanpdelsichiffe , ‚nach Africa und Afien. Ich führe 
bey biefer Öelegenpeit als etwas fehr anmerfungss 
würdiges an, daß in dem Jahre darauf, nachdem 
das Erdbeben gewefen, aus dem Liſſaboner Hafen 
fechs Kriegesfchiffe, und eben fo viel Fregatten ‚jur 
Bedeckung der Kauffarthenflotten, zur Ueberbrins 


gung der Truppen und $ebensmittel nach den portu⸗ 


giefifchen Pflanzftädten ‚ und zugleich zur DBeruhis 
gung dev Gemuͤther in Anfehung Der fraurigen 
Nachrichten, die fie von den Fläglichen Umftänden 
ihres Baterlandes hätten befommen formen, abs 
gegangen. - 

Das Erdbeben hatte in der Stadt Setubal, und 


in der Provinz Algarbien, mehr Verwaſtung, als 
an 


‚bey dem Erdbeben zu Liſſabon. zer. 


an irgend einem Orte naͤchſt uiſſabon angerichtet; 
es harten fic) alle Elemente zu einer beynahe voͤlli⸗ 
gen Zerſtoͤrung der erſtern dieſer beyden Staͤdte ver⸗ 
ſchworen. Die See verurſachte weit mehr Echa: 
den dafelbft, als das bloße Ervbeben gethan. Eben 
- dergleichen ereignete ſich auf allen Küften in Algar— 
bien, wo man ſich überdem auch noch) vor ven See— 
raͤubern, oder Corfaren aus der Barbarey zu fürch» 
ten hatte, die eben auch zu der Zeit das Meer uns 
fiher macheten. Es verfpürete aber ein jeder Theil 
am Körper des Volkes faft zu einerlen Zeit die heils 
famen Folgen der DBorfichtigfeit , und det. eifrigen 
Bemühungen der Landesobrigfeit , und es war. als 
les nad) ver Größe des Gegenftandes, und dem: weis 
ten Umfange des Uebels gehörig eingerichtet. Man 
beforgte die Lebensmittel vor das Volk; Ruhe und 
Ordnung wurden wieder hergeftellet, und die voll- 
fommen befänftigten Gemuͤther waren mit. nichts 
- weiter, als mit Anwendung gefchickter Mittel, - 
um fih ihr Unglüd erträglich zu machen, bes 
ſchaͤfftiget. 

Die Ein wohner Portugalls gaben ſelbſt zur Zeit 
ihres groͤßten Jammers, auf die allerruͤhrendeſte 
Weiſe, dem ganzen Lande Proben ihrer aͤchten Gott— 
ſeligkeit. Die Tempel, welche nichts gelitten. hat—⸗ 
fen,.wurden zu-Pforrfirchen gemacht, wo ſich das 
Volk haufig verfammlete, und den Gottesdienſt ab- 
wartete, Diejenigen Bürger, welche fich etwa da⸗ 
felbit bey dem gemeinfchaftlichen Gebethe mie eini« 
gem Kaltfinn einfanden, wurden durd) die reinften 
- Empfindungen der Gortesfurcht ‚, welche ihr erha« 
| bener Monarch in. feinem Innerſten blicken ließ, ' 

S5 a 





292 Bon den weifen Eineichtungen 


zur Verrichtung der gettesbienftichen Handlungen 
—— 


Das Volk lag vor den Altaͤren, * Hätte dent 


Allmaͤchtigen ohne Unterlaß vor die Erhaltung des 
Lebens des Königes und Föniglichen Haufes. Der 


wichtigſte Bewegungsgrund, zur Gottheit zu fle— 


hen! Das ganze Wohlſeyn des Königreiches hatte 


von dem foftbaren Leben diefer hohen Perfonen , wel⸗ 


ches mitten unter taufend Gefahren bewahret wor⸗ 
den war, abgehangen. Es war demnach billig, 
daß das Volk ſeine Erkenntlichkeit gegen den Him- 
mel, ver Größe der von ihm empfangenen Wohle 
ehat gemäß, einrichtete, und feine wirkliche Ehr⸗ 
furcht niche allein zu wiederholten malen, fondern 
auch fortdaurend an den Tag legte. Sebermann 


mußte es wünfchen, und auf unfern geliebteften Mo: 


narchen Fam es an, daß Diefes ewige Andenken ei- 
ner fo wichtigen Wopiehat , durd) ein jährliches und 
allgemeines Gelübde, auf die Nachwelt gebracht 
würde, Es erfolgete auch wirklich dieſe Verord⸗ 
nung, und der zweyte Sonntag im November, 
wird ein in allen Kirchen Portugalls auf ewig gehei⸗ 


ligter Tag ſeyn, an dem die eifrigſten Andachts⸗ 


übungen vorzunehmen ſeyn werden. 
Das Volk war nunmehr bereits wider Wind 


und Wetter geſchuͤtzt, und es mangelte ihm nichts | 
mehr von dem, was zue Nahrung und Kleidern ges 


hoͤret. Es fieng an, die Suͤßigkeit der Ruhe zu 


ſchmecken; Policey und. Ordnung waren wiederum 


hergeftellet; die Handlung fam in ihren vorigen 
| Slot; der Men wurde mit mehrerer Aufrich- 


tigkeit, | 


bey dem Erdbeben zu Liſſabon. 283 


tigkeit, und nicht minderer Andacht und Ehrfurcht 
verrichtet; mit einem Worte, das Volk hatte ein 
allgemeines Geluͤbde gethan, und dadurch ein zuver⸗ 
laͤßiges, und immerwaͤhrendes Zeugniß feiner Got⸗ 
tesfurcht an den Tag gelegt. 

Die vaͤterliche Vorſorge des Monarchen ließ es 
auch hierbey noch nicht bewenden. Es war noͤthig, 
daß die Hauptſtadt ſeines Koͤnigreiches wohlver— 
wahrter, bequemer, ſchoͤner und geſuͤnder wieder 
aufgebauet wuͤrde, und zwar in einer erforderlichen 
und beſtimmten Zeit ‚ ohne unnügen ober nachthei= 
ligen Auffhub, ohne jemanden in übermäßige Aus- 
gaben zu flürzen. Es mar nöthig, daß diefes auf 
eine folche Art eingerichtet würde, daß der Schade, , 
der einer Privatperfon durch den Verluft eines Stuͤ⸗ 
ches vom Grunde und Boden ihres Haufes zuwach⸗ 
fen Eönnte, wenigftens zum Theile dadurd) wieder 
erfeget würde, daß fie an dem Mugen, der andern 
Eigenthümer durch Erlangung eines größern Stuͤ—⸗ 
des Erde entftehen koͤnnte, mit Antheil nahmen; 
oder aber, es mußte folche Beranftaltung getroffen 
werden , daß diefer Verluſt an denjenigen Orten, 
100 man die Straßen breiter machen müßte, und 
wo alle diejenigen, welche Häufer befigen , unfehl- 
‚bar etwas von ihrem Grunde und Boden das 
bey einbüßen müßten, in einem gewiſſen —— 
niſſe bliebe. 

Bevor aber die Wiederauf bauung einer ſo grof- 
fen Stadt unternommen wurde, mußte ein fehr um- 
ſtaͤndlicher Plan vorber gemachet werden, um nad) 
diefem den neuen Entwurf zu einem fo weitläufti- 

gen 


gen Werke, zu dem nicht. J u hei en. 
konnte, bis der größte Theil des Schuttes aufge: | 









räume war, einzurichten. Man ann leicht ab- 
nehmen , wie viel Unterſuchungen, Meberlegungen 
und Yıbeiten man vorher habe vornehmen müflen, 
ehe man wirklich zu der großen Ausführung: der 

Wiederaufbauung hat Hand anlegen fünnen. Es - 
iſt aber zu diefem allen bereits der Anfang gemachet 


worden, und man wird bald diefe große, durch ih⸗ 


re vortreffliche Einwohner, und durch die Gefchich- 
fe ihrer Lnglücsfälle fo berühmte Stadt, wiederum 


als die Reſidenz des Koͤniges, ihres Wiederer⸗ 


— 


bauers, erblicken. 
Hier haben wir einen Grundriß des großen Ge⸗ 
maͤhldes der Ungluͤcksfaͤlle von Portugall, der reis 


ſen Verordnungen, und vornehmſten Maaßregeln, 


welche der König zur Huͤlfe ſeiner Unterthanen, und 


das Volk zu feiner vormaligen Lebhaftigkeit wieder 
zu ermuntern, veranftaltet hat. - 

Wir würden dasjenige, was wir der üffentlis 
hen Erfenntlichkeie fhuldig find, aufs ſchaͤndlich⸗ 
fle vergefien, wenn wir die Namen derjenigen bes 
rühmten Männer, welche die erften Werfzeuge der 
Weisheit und vaͤterlichen iebe des Koͤniges gemes 
fen, mit Stillſchweigen übergehen ſollten. Dem 
Seitʒog von Lafoens, Herrn Peter von Bra⸗ 
ganza, der uͤber alle Juſtizgerichte im geſam⸗ 
ten Königreiche geſetzet iſt, baben wir die 
beilfamen Solgen der öffentlichen Ordnung in 
Civil z und Criminslfachen zu verdanken, | 
wie in ns dem Aaranis ar 

ar⸗ 





bey dem Erdbeben zu Liſſabon. 285 
Marcalva, Seren Diegue de Norogna, und 
in Policeyfachen, dem Marquis von Ales 
grete, Fernao Tellez da Silva, Obergerichts⸗ 
präfidenten von“ diefem Departement. Der 
Rönig hatte diefen drey Herren aufgegeben, 
zu fchleuniger Bewirkung slles deffen, was. 
dem Vaterlande vortheilbaft ſeyn Eonnte, fich 
einander huͤlfreiche Hand zu leiften., Es wid; 
met ihnen das Vsterland Empfindungen der 
allergrößten Dankbarkeit , und infonderheit 
iſt es dergleichen demjenigen ſchuldig, deſſen 
eifiige Sorge vor das Wohlſeyn des Lan⸗ 
des, und deffen Liebe vor die Ehre feines 
Prinzen, von dem Amte, ſo Er als Staatsz 
minifter verwelter, in der Gefchichte Jo⸗ 
fepbs des Erſten, ein immerdsr werth gez 
achtetes Denkmaal guter Buͤrger hinterlaſ⸗ 
ſen wird. 





286 DBon der americanifchen Inſel 


*** Wr re RR, 


| 


ae; 


von der amevicanifihen Inſel 


Californien + 


—RN an hat bisher noch keine hinlaͤngliche und 
7. ausführliche Nachricht von dieſer ‚großen 


americanifchen Landfchaft gehabt. Die in 


gegenwärtigem Buche enthaltenen Befchreibungen 
derfelben gehören nicht zu Der Art der feichten Nach- 

richten, dergleichen in den meiften Reifebefchreibun- 
gm enthalten find, welche nicht ſowol eine Gefchichte, 


als 


—— Nachricht iff ein Theil des Auszuges 


aus einem fpanifchen Buche, welches. 1757. zu 


Madrit in drey Quartbaͤnden, unter folgendem 


Titel herausgekommen: Noticia de la California, 
y.de fü conquiſta temporal y efpiritual haſta el 
tiempo prefente, dedicada al Rey nueftro Sennor 
por la Provincia de nueva Efpanna de la Compan- 
nia de Jefus; wie folcher in den Memoires de Tre- 
voux, Aoüt 1759. ©. 217:235. befindlich iſt. 
Außer denen in den mehreften Nachrichten von 
America mit eingeſtreueten Befchreibungen Cali= 
forniend, handeln auch. folgende zwey Bücher ing: 
befondere davon! An account of a voyage for tlıe 


'difcovery of a northweft pasfage by Hudfons 


ftreights in the weftern and fouthern Ocean of 


America, performed in the year 1746. 1747. in the 
| ip 


⸗ J 


Californien 287 
als bloß einen Roman derjenigen Sünder, welche die 
Berfafler aufs flüchtigfte durchfirichen haben, liefern. 
Das Werk, woraus gegenwärtige Nachricht genom— 
men worden, ift die Frucht funfzigjähriaer Bemer— 
kungen, welche die gelehrteſten Leute angeftellet has 
ben, und welche nichts erzählen, als was fie gefehen. 

Das Wort Californis mag einen Urfprung ha— 
ben, welchen es wolle; fo ift unläugbar, daß diefe 
große Halbinfel diefe ihre Benennung von der Zeit 
des Ferdinand Cortez her hat, wie aus des Herz 
nel Diaz del Caſtillo Werfen zu erfehen, welcher 
ſowol der Reifegefährte, als Gefchichtfchreiber diefes 
berühmten Eroberers gemwefen. Die Benennung 
California hat man beybehalten, und fie dem Na- 
men Neu Albion vorgezogen, den der berühmte eng⸗ 
lifche Seefahrer Franz Draak diefer Inſel gegeben, 
desgleishen der. Benennung Caroliniſche Inſeln, 

| womit 


Ship California, by the Clerk of the California; 
fo zu London 1748. in 8. auf ein Alphab. acht Bog. 
herausgekommen, und im 4ten Gt. des 4ten Ban⸗ 
des des hamb. Magazins ©. 353370. recenſi⸗ 
ret wird: A voyage to the Hudſons Bay by the 
Dobbs Galley and California, in the years 1746. 

and 1747. for the difcovery a northweit pasfage, 
with an accurate furvey of the coaft, and a fhort 
natural hiftory of the country, together with a 
fair view of the facts and arguments, from which 

. the furure finding of fuch a pasfage is rendered 
probable; by Henry Ellis, fo 1748. zu London, 
auf ein Alphab. in 8. nebſt Kupfertafeln und einer 
Landcharte ans Licht getreten, und im erfien St. 
des ten Bandes des bamb. Magaz. ©. 1:26. 
vecenfiree wird. D. K. ' 


238 Von der americanifch. Infel 
womit man fie nad) dem Namen Carls des Zwey⸗ 
ten, Königs in Spanien, welcher den Befehl ertheis 
let hatte, daß man fie, es möge Foften, was eg wolle, 
zu erobern fuchen follte, belegen wollen. Unter die— 
ſem legtern Namen wird fie in des deutfchen Jeſuiten 
Sherers Atlas, in dem Eleinern Atlas der fpanis 
ſchen Monarchie, welchen Herr von Ser, Pbhilippen 
dem Fuͤnften überreichet hat, und in einigen andern 
befondern Charten angeführet. ? | 

Dlseu * hat, im Anfehung des Umfanges, den 
er Californien beyleget, einen Fehler begangen, Er 
begreift unter diefer Benennung alle Sander, welche 
weftiwärts hinter Meu-Spanien und Meu-Gallicien 
liegen, bis an die außerften Enden vom nordlichen 
America, und die insgemein fo genannte Meerenge 
von Anian. Weit gefehlet, daß Californien einen 
dermaßen weiten Umfang von Sand in fich fehließen 
follte, Nach gegenmwärtiger fpanifchen Befchreibung 
wird darunter nichts weiter, als derjenige Theil vom 
nordlichen America, welcher gegen Abend an das fo 
genannte ftile Meer (Mare pacificum ), und gegen 
Morgen an den von diefer Provinz alfo benannten 
Ealifornifchen Meerbufen (Golfo di California ) 
gränzet, verftanden. Sie ift zwifchen Capo de San . 
$ucas, den Fluß Colorado, und Capo blanco de 
San Sebaftian gleichfam eingefchloflen. 

Die Erd» und Heifebefchreiber fommen, über: 
haupt zu reden, faft durchgängig, in Anfehung ver 
Grade der Breife, worunter man Capo de San Lu⸗ 
eas, San Sebaftian, und den Fluß Colorado bringen 
: muß, 

* Sur ıaten Theile, S. G1. ea 


Californien.289 


muß, überein. Sie fagen, Capo de San Lucas 
habe 22 und einen halben Grad, der Fluß Colorado 
32 und einen halben, und Capo Blanco de San Ges 
baftian 43 und einen halben Grad Norderbreite, 
Die Grade der fänge oder Weite von dem. erjten 
Mittagskreife gegen Morgen, laſſen ſich weit ſchwe⸗ 
rer beſtimmen; und es haben diejenigen, welche uns 

eine Nachricht von Californien geliefert haben, hier⸗ 

über fehr verfchiedene Meynungen. In gegenwärs 
tigem fpanifchen Werke fcheint bloß der Meynung 

des Herrn Danville beygepflichtet zu werden, wels 

cher den Fluß Colorado im hunderten Grade der 

$änge, vom erften Mittagskreife der Inſel Serro an 

gerechnet, das Capo de San $ucas, zwifchen dem. 
94. U. 95. Grade, von eben daher an gerechnet, ges 

feget hat. - 

Man bat bisher noch feine vollftändige Kenntniß 
von ganz Californien gehabt. Man ift nicht weiter, 
als bis in die Gegend des Einganges vom Strome 
Eolorado gefommen.. Diefe Strecke fand, welche 
drey bis vierhundert Meilen beträgt, ift richt durch: 
aus von gleicher ‘Breite, fondern breiter oder ſchmaͤ—⸗ 
ler, nachdem das ftille Meer von einer, und das Ges 
waͤſſer des Golfo di California von der andern Seite, 
da, wo es fich in das Innere ver Halbinfel ergießt, 
- frümmen, und mehr oder weniger tiefe Meerbufen 
erzeugen. Am Capo de San tucas ift es nur zehen 
Meilen breit, und befümmt hernach eine Breite von 
zwanzig, dreyßig, und fo gar vierzig Meilen, Die 
DBeichaffenheit des Erdbodens ift fo wenig, als die 
Maͤßigung der Luft überall einerley. Indeß ift 
‚überhaupt das Clima trocken und ungemein heiß. 

24. Dand, T Der 


290 Von der americaniſch. Inſel 


Der Erdboden iſt ſandigt, nackend und unftüchtbar: 
‚Es mangelt im am hinreichendem Waffe, zum 
Pflügen, Baum: und Viehzucht. Indeß giebt es 
bin und her ziemlich — Striche. Laͤngſt der 
Kuͤſten iſt die Luft ſehr gemaͤßigt, ja es iſt bisweilen 
ſo kalt, daß das Waſſer daſelbſt friert. Zwiſchen 
den Ort, wo ſich der Fluß Colorado ergießt, das 
Mendociniſche Vorgebirge, und dem Hafen zu Monte⸗ 
Rey, trifft man, der vom P. Kino hinterlaſſenen 
Nachricht zu Folge, große Ebenen, vortreffliche Wey⸗ 
den, fehöne Duellen lebendigen Waffers, Bäche und 
Stüffe an, an deren Ufern Weiden: Pappel--Bäume, 
Rohr, und wilder Wein in Menge ftehen. In Ca⸗ 
Iifornien find faft alle.in Spanien und Mepico ges 
bräuchliche Thiere anzutreffen. Diejenigen, welche 
in diefem Sande gefehlet haben, hat man dahin ges- 
ſchaffet, und fie haben fich fehr daſelbſt vermehret. 
Außer den Hirfchen, Hafen und Caninchen, welche 
‘ man bier. in großer Menge antrifft, gab es zwo Gat⸗ 
füngen von rothem Wildpret, welche man weder in 
Alt⸗ noch Neu-Spanien Fannte, Die erftere Art heiße 
in der Monquifiichen Sprache Tayd. &s hat Diefes 
Thier die Größe eines ander thalbjährigen Kalbes, und 
iſt eben ſo geſtaltet; am Kopfe ſieht es wie ein Hirſch 
aus; ſeine Hoͤrner, welche außerordentlich dick ſind, 
haben eine Aehnlichkeit mit Wioderhörnern; feine 
Klaue ift groß, rund und gefpalcen, wie bey einem 
Ochſen; feine Haare find noch kürzer, , als bey einent 
Hirfche, und fein Sleifch ſchmeckt ungemein niedlich. 
Die zwote Gattung des Wildprets ift größer‘, als 
die fpanifchen Hammel, übrigens aber nur in fehr 
wenig Stüden von felbigen verfchieden. Man “3 

| ; dieſe 


u 


y Californien 291 
diefe Thiere auf den Bergen Heerdenweiſe laufen; 
einige find weiß, andere ſchwarz; ihre Wolle, wel— 
che fie fehr reichlich beſitzen, läßt fich leicht fpinnen, 
und auc) fehr guf verarbeiten. Ihr Fleiſch ſchmeckt 
angenehm. | / 

Der P. Taraval, ein Miffionarius, hat auf feiz 
ner im Jahre 1733. nach den. Inſeln de los Dolores 
angeftellten Reife, eine Gattung von Thieren ange« 
troffen, welche mic den Bibern eine Aehnlichkeit gea 
habt, wofern es nicht eben diefe Thiere felbft geme- 
fen. Man (Klug ihrer mehr als zwanzig mit Prüs 
geln todt. Sie haben fehr vortreffliche Häute, | 

Das Sand ift noch weit herrlicher mit Vögeln von 
allerhand Arten verfehen, und um nur hier derjeni⸗ 
gen, welche gut zu eflen find, Erwähnung zu thun, 
fo findet man dafelbft Turteltauben, gemeine Taus 
ben, Lerchen, Rebhuͤner von vortrefflichem Geſchmack, 
Faſanen, Enten, Gaͤnſe, nebſt verſchiedenen Arten 
Waſſer⸗ und See⸗Voͤgeln in Menge, | 

Unter allen Dbftbäumen, welche in Californien 
wachfen, ift derjenige, welcher in der Landesfprache 
den Namen Pita-Haya führer, und deſſen Frucht die 
vornehmſte Erndte der dafigen Einwohner ausmacher, 
am fonderbarften. Diefer Baum, welcher der einzige 
feines Gefchlechts ift, hat gar Feine Blätter, Die 
Frucht ift mit einer rauhen Schale, wie bey einer 
Caftanie, umgeben, Das Fleiſch hat einige Aehn⸗ 
lichkeit mie den Feigen, jedoch ift es weit ſchmackhaf⸗ 
fer und annehmlicher. Man hat eg von verfchiede« 
nen Farben. Es ift ein gar vortreffliches wider den 
Scharbock befonderes Mittel. 


T2 Der 


292 Don der americanifeh. Inſel 
Der unter der Benennung Palo-Santo befannte 
Baum ift ebenfalls fehr häufig hier anzutreffen, Cs 
iſt diefes eine Art von Pflaumenbaum.: Die Frucht 
defjelben ift unvergleichlic. - Es fliegt aus ihm fo» 
wol, als auch einigen andern Bäumen, eine fo große 
Men ge Gummi heraus, daß man es mit ein wenig 
Unſchlitt vermengt, es zum Kalfatern oder Ausbeß 
fern der Schiffe und Boote brauchet. 

Man findet auf den Gebirgen in Californien dicke 
Piſtacien. Die Frucht-tragenden Bäume, welche 
man aus Merico hieher gebracht hat, als Delbäume, 
Feigenbaume, u. f. w. kommen bier fehr gut fort. 
Man hat auch Weinftöcke dafelbft gepflanzer, welche 
fo guten Wein, als die europaifchen Weine jemals 
feyn Fonnen, getragen. Der Weizen, das indianis 
ſche oder türfifche Korn, die Melonen, Erbfen, und 
andere Gattungen von Getreide und Huülfenfrüchten, 
welche man bier gefäet bat, find ebenermaßen gut 
fortgefommen. Dieſer glücliche Erfolg dienet zum 
DBeweife, daß man den größten Theil des hiefigen 
Bodens fruchtbar machen fönnte, wenn man ihn 
forgfältig bearbeitete, und fowol mit dem Regen⸗ 
waſſer, welches gemeiniglich in der häufigften Menge 
üft, als auch mie dem Fluß: und Bach: Waller mit 
einer Gefchicklichfeit fparfam umzugehen wüßte. 

Man zähler an die vierzehen Arten Getreide, wo⸗ 
durch ſich die Einwohner in Californien ernähren. 
Sie bedienen fih audy der Wurzeln von Bäumen 
und Pflanzen, unter andern auch von der Mucca, 
welche fie reiben, und eine ae zu Daraus | 
bereiten. | | 





er Safer 293 


In den Monaten, April, May und Junius, 
ee man, wenn der Thau gefallen, eine Art 
Manna, weich⸗ auf den. Blättern gewiſſer Straͤu— 
- her gerinnet und hart wird. Diefes Manna ift nicht 
fo weiß, ſchmeckt aber vollfommen fo füß, als der 
Zuder. Bey diefer Gelegenheit klaget unfer fpani- 
ſcher Schriftfteller über die Nachlaßigfeit feiner San 
desleute, welche vergleichen Reichthuͤmer, fo ihnen 
die Natur anbietet, ſich bisher nicht. recht zu Nutze 
zu machen gewußt haben. Er behauptet, daß in 
Spanien allein ſo viel Manna hervorgebracht wuͤrde, 
daß man den ganzen uͤbrigen Theil von Europa da— 
mit verſorgen koͤnnte. Nach ſeiner Verſicherung iſt 
dieſes Manna von eben derſelben Güte, als dasje- 
nige, fo aus Calabrien und Sieilien fommt, und 
‚ man fönnte die reichften Erndten davon auf den Ges 
birgen in Afturien, Gallicien, Yrragonien, und Ca⸗ 
talonien anftellen. Er führet auch an, daß ber it 
vegierende König feit einigen Jahren den ‘Befehl er- 
theilet habe, daß man Verſuche anftellen, und die 
Eigenfchaften und Befchaffenheit diefes Manna uns 
terfuchen möchte. 

Ob Ealifornien auch Metalle in feinem Schooße 
enthalte, weiß man noch) nicht, oder, man hat viele _ 
mehr noch nicht darnach geſuchet. Man verfichert, 
daß man nach der Gegend von Sierra Pintada zu, 
Spuren von dafelbft verborgenen Gold: und Silber: 
Minen wahrgenommen habe. Es it fehr wahr- 
ſcheinlich, daß man dergleichen entdecken werde, ja, 
es würde wirklich etwas außerordentliches en, wo 
fern man nicht dafelbft dergleichen angetroffen haben 
ſollte, da auf der andern Seite des californifchen 

u | Meer 


| 294 Don der amerieanife. Inſel 


Meerbuſens und unter demſelbigen Himmelsſtriche, 
bie Provinzen Sonora und Pimeria die meet 
Bergwerke in großer Anzahl befigen, ' 


Es findet u in Californien ein Fels von einem 
weißen Salze, das wie ein Cryſtall glaͤnzet. Es iſt 
dermaßen hart, daß man es mit Pickel und Ber 
‚mer Berausbringen muß. | 


Die vor Californien vorbenfließenden Seen — 
ſehr fiſchreich und die daſelbſt anzutreffende Fiſche 
haben einen gar vortrefflichen Geſchmack. Man 
fiſchet hier Lachſe, Thunfiſche, eine Art Stockfiſch, 
nebſt verſchiedenen andern in Europa unbekannten 
Gattungen von Fiſchen. Wenn das Meer zuruͤck⸗ 
tritt, läßt es Millionen Sardellen an dem Ufer zus 
ruͤck, welche eben fo niedlich, als diejenigen, die man 
auf geiviffen Küften in Spanien fängt, fchmeden. 
Man fieht aud) Hier viel Wallfiſche; fie laſſen fich 
bisweilen in fo großer Menge blicken, daß alle Erds 
befchreiber Lalifornien mit der Benennung Punta de 
‚ Ballenas, oder WBallfifchfpige belegen zu müffen, ges 
gaubet haben. Man nennet auch noch bis dieſen 
Tag einen Theil des Meerbuſens, wo ſich der Fluß 
Colorado ergießt, den n 2Ballfifch: Canal — de 
Ballenas ), 

Es giebt hier ungemein „viel Schildkroten und 
Krebſe. Die Ufer find mit ganzen Haufen verſchie— 
dentlich gefärbter Mufcheln, welche noch größer, als 
die Perlenmutter find, und auch) fogar ungemein viel 
- Schöner und glängender ausfehen, bedeckt. Dahin 
gehöret vornehmlich eine gewiffe Mufchel, welche 
ri EN ! das 


Falifornien 295: 


das ſtille Meer auf die äußere Küfte * von Califor⸗ 
nien abſetzt. Sie fiehe weit, lebhafter, als der 
ſchoͤnſte Safurftein (Lapis Lazuli) aus. Wofern 
dieſe Mufchel, ſaget unſer Herr Verfaſſer, in Eus 
ropa befannt wäre, würde: fie die Perlenmufchel 
ausftechen. | 
Es befteht aber: der bonmehmfte Reichthum von 
Californien in der Perlenfifcherey , und dadurch find 
eben feine Kuͤſten fo berühmt geworden. Eben dies 
ſes hat die Europäer veranlaſſet, daß fie, um einen 
Fuß auf dieſer Halbinfel zu Baben, fo fehnlich wuͤn⸗ 
fehen. Es haben vie hiefigen Perlen den allerrein⸗ 
ften Glanz, und das Fifchen derſelben iſt hier felbft 
nicht mit fo vieler Schwierigkeit und Gefahr, als 
auf den orientalifchen Küften, verbunden, wo die 
Taucher, um Perlen zu: fuchen, fich bisweilen über 
fechzig Fuß ins Meer herablaffen müffen, da man 
fie dagegen in dem californifchen Meerbufen: nur 
achtzehen bis zwanzig Fuß tief antrifft. Zudem: ift 
das Gewaͤſſer diefes Meerbufens auch dermaßen 
durchſichtig, daß man in einer Tiefe von drey oder 
vier Klaftern die Perlen fo vollkommen deutlich lies 
gen ſieht, als wenn fie oben auf dem Waſſer lägen, 
Die Einwohner in Neu-Gallicien, Culiacan, Ci 
naloa und Sonora, verſammlen fich haufenweife bey _ 
diefem Sifchen. Ehedem achteten und fammleten 
die Ealifornier die Perlen nicht, fondern waren bloß 
auf die Auftern ‚ die fie — ihrer Nahrung brauch⸗ 
ten, 


*Man niennt — —— Kuͤſte, welche aim‘ ſtillen 
Meere gehoͤret, die aͤußere; und die andere, wel⸗ 
che nach dem Meerbuſen zugeht, die innere. 


296 Von der americanifh. Infel 


ten, begierig. Geitdem fie aber geſehen haben, daß 
die Spanier fo forgfältig und mühfam nad) den Per⸗ 
len gefuchet, haben fie felbft angefangen, fie hoch zu 
fhäßen. ı Und fo hat der Geiz und Stolz der Euro— 
päer den Saamen zu diefen geidenfchaften in die Her: 
zen diefer wilden Bewohner ausgeftreuer. hr; 
Californien iſt vornehmlich auf der nordlichen 
Seite fehr bewohnet. Man fieht hier eine unge 
mein ftatfe Anzahl verfchiedener Völker, Die vor⸗ 
nehmften find die Dericuefer, die Monquiſer, und 
die Cochimier, Die Pericuefer bewohnen die nach 
Mittag gelegene, vom Capo San $ucas bis an den 
Sriedenshafen ſich erftrecfende Gegend. : Die Mjonz 
quifer wohnen von ißtgedachtem Hafen an, bis oben 
an die Feftung Loretto hinauf; und die Cochimier 
nehmen von $oretto an, falt das ganze. bisher. bes 
kannt geweſene Sand nordlicher Seite ein... Der 
übrige Theil des Landes wird von verſchiedenen Voͤl⸗ 
kern, welche ‚nicht fo zahlreich, als die. itzt gedachten 
find, bewohnet. Dieſe Völkerfchaften führen Feine 
gemeinfchaftliche Sprache unter ſich. Die erfteren 
Miffionarii berichteten anfänglich , daß es wenigftens 
ſechſerley Sprachen auf diefer Halbinfel gäbe, Ei—⸗ 
nige melden nur von fünfen. Der P. Taraval, 
welcher faft ganz Californien durchreiſet iſt, und fich 
befonders auf Erlernung diefer Sprachen geleget hat, 
behauptet, es wären wirflich nicht mehr, als dren, 
welche man als fo viel Haupt: und urfprüngliche 
Sprachen betrachten müffe, von denen die andern 
nur daraus gemachte und abgeleitete Mundarten 
find. Er bringe unter die Sprache der Pericuefer, 
Monquiſer und Cochimier , alle andere Sprachen, 
fo 


Californien" 0 297 


fo unter Son Eleinern Bölfern, welche felbft als Ab— 
koͤmmlinge der drey Manptoälter zu betrachten, ger | 
braͤuchlich find. 
Die Einwohner Californiens find groß, fehen 
. wohl aus, und haben eine dauerhafte Natur. Uns 
geachtet fie ein wenig brauner als andere Indianer 
ausfehen, würde doch ihre Gefichtsbildung nicht die 
geringfte Unannehmlichkeit an fich haben, wofern fie 
felbige nicht durch die Löcher, welche fie ſich in die 
Naſe, Lippen und Ohren bohren, und mworein fie 
verfchiedene Mufcheln hängen, verftellten. Man 
hat bisher noch nicht entdeckt, daß fie eine Art von 
Schrift oder Characteren unter fi) haben. ‚Hätte 
man Merfmaale hiervon unter ihnen ausfindig mas 
chen Fonnen, fo würde vergleichen Entdeckung viel - 
giche über den mwichtigften und zugleich dunfelften 
Zeitpunck i in der Gefchichte verbreiten. Man würde 
einen Auffchluß über die Art und Weife, wie America 
mir Völkern befegt worden, erhalten. Kalifornien 
iſt unter allen Ländern in America das nächfte an 
Aſien. Man weiß, wie die Charactere, deren man 
ſich in Japon, China, und bey den, verfchiedenen 
Voͤlkern, welche auf der Gränze von Afien, an der 
Seite von Kamtfchatfa wohnen, zu bedienen pflegt, 
ausjepen. Wenn man demnach) unter den Califor- 
niern Spuren einer Schrift anträfe, und felbige eine 
Aehnlichkeit mit der Art, wie einige an den Gränzen 
Afiens wohnende Völker ſchreiben, hätte, fo würde 
das Geheimniß in der, Gefchichte aufgefläret feyn, 
und man würde das Sand erfahren, wo die erften 
Voͤlker, welche fi) in Ymerica Ha haben, 
hi Ind. | “ 
T5 | Es 


208 Von der americaniſch Inſel 


Es ſind die Californier, ſo wie der mehreſte Theil 
der Indianer, faul, ſcheuen Die Arbeit, find leicht⸗ 
finnig, unbeftändig, auf Ergögungen aber ‚fehr be⸗ 
gierig: fie thun fat nichts, ‚als daß. fie tanzen; fie 
begnügen fi) an dem, was der Erdboden von ſelbſt 
zu ihrem Linterbalte hervor bringt, und da fie nicht 
weiter, als auf den gegenwärtigen Augenblick bedacht 
find, venfen fie niemals auf den folgenden Tag. 
. Wenn eine Gegend, die fie erfchöpft haben, ihnen 
feinen Unterhalt mehr darreicht, fo begeben fie fich 
andersmwohin. Es findet nicht das geringſte von 
Kegierungsform unter ihnen ftatt, Die Glieder ei 
nes jeden neuen Wohnplages haben mit den andern 
gleichfam nicht die geringfte Verwandtſchaft: ſie ha⸗ 
ben gar feine Gemeinſchaft mit einander. Selbſt 
die Gewalt der Väter über ihre Kinder erftrect ſich 
nicht weiter, als fo lange die Kinder des Benftandes 
ihrer Xeltern zum Unterhalte und $eben benöthigee 
find. Sobald fie fich ſelbſt Nahrung zu verſchaffen 
im Stande find, fehürteln fie das Jod) viefer fo na⸗ 
tuͤrlichen Unterwürfigfeit von fih, Man begreift 
leicht, daß das Geſetzbuch bey diefen Zeilen nur 
aus fehr wenig Artikeln beftehen fönne. 

Es läßt indeß unfer fpanifcher Schriftfteller niche 
unbemerft, daß die Californier überhaupt nüchtern 
und mäßig find. Der Ehebrud) ift ein bey ihnen 
faft gar nicht befanntes Laſter. Und mas faft als 
ein Wunder bey einem wilden Indianer betrachtet 
werden muß, find die Californier Feine Räuber. 
Es ift wahr, ihrer Armuth wegen befigen fie nichts, 

was zum Geiz bewegen Fonnte; ihr ganzer Reich⸗ 
thum beſteht in etlichen kleinen Figuren von Perlen⸗ 
mutter, 


—⸗ 


R7 Californien. 299 


mutter, ‚ welche mit fleinen runden Früchten , die faft 
‚wie unfere Corallen an dem Rofenfranze ausfehen, 
in einander geflochten find. Sie machen ſich Zier⸗ 
rathen daraus, welche fie am -Halfe tragen. Es 
find feine andere Waffen unter ihnen gebräuchlich, 


als der Bogen und Pfeil, oder Wurffpies: fie legen — 


aber ſelbige faſt niemals von ſich; ſie tragen ſie, ſie 
mögen auf die Jagd gehen, oder ſich gegen ihre Feins 
de wehren; denn die fleinern Flecken find zum öftern 
in Kriegen mit einander verwickelt. Ihre Kriege 
find nicht fehr blutig; der Sieg ift faft immer auf 
der Seite desjenigen Theiles, wo die Streiter am 
ftärfften fehreyen; und wenn die Ueberwundenen 
das Schlachtfeld räumen, machen ſich die Ueberwin— 
der feine weitere Mühe mehr, fie zu verfolgen. 
Man muß noch als einen ihrem Character Ehre 
machenden Umftand bemerfen, daß fie fich niemals 
des Giftes, auch nicht einmal gegen ihre Feinde, 
bedienen; und eben diefes machet unftreitig Califor⸗ 
nien zum allervolfreichften Sande in America. Es 
iſt befannf, was das Vergiften für erfchreckliche . 
Zerſtoͤrungen unter den andern wilden Bölfern an» 
richtet, 

Die Einwohner'in Californien. befigen viel $eb- 
haftigkeit. Sie find von Natur ſpoͤttiſch. Wenn 
fih ein Miflienarius, der fie unterrichtet, einmal 
verfieht, und etwa einen Fehler in ihrer Sprache 
begeht, fo haben fie unter einander ihre Kurzweil 
darüber, und der Mugen des Unterrichts ift faft 
gänzlich verfchwunden. Sie find ungemein geſchickt. 
Ihre Geſchicklichkeit aͤußert ſich ſonderlich in der 
Kunſt, womit ſie ungemein duͤnne Netze ſtricken 

koͤnnen. 


300 Von der americaniſch. Infel 
koͤnnen. Den Faden, den ſie zu dergleichen Netze 
nehmen, ziehen fie entweder aus gewiflen langen 
Kräutern, welche dafelbft ſtatt Flache und Hanf ge: 
brauchet werden, oder aus gewiflen fafigen Mare: 
rien, die in der Rinde gewiffer Früchte wachfen. 
Dieſe Netze, welche fie bisweilen auf mancherley Art 
buntſchaͤckigt machen, find auf eine befonders maniers 
liche Weiſe geflochten, und die Spanier gebrauchen 
ſelbſt diefelben , ihre Haare damit zu befeftigen. Die 
groͤbſten Faden werden auf verfchiedene Art gebraus 
het: man macher Säde und Fifchernege daraus. 
Das ift aber noch nicht alles. Die Ealifornier 
‚haben dag Geheimniß erfunden, Gefchirr und Küs 
chengeräthe von einer ganz neuen Gattung zu verfer⸗ 
tigen. Die Materie dazu wird aus verfchiedenen 
Kräufern genommen, welche lange und dichte Fa⸗ 
fern haben. Die fleinften Stücfe werden zu Taſſen, 
«die mittleren zu Tellern, Schuͤſſeln und Sonnenſchir⸗ 
men, womit fich die Srauensperfonen den Kopf. bes 
decken, und die größten zu Sruchtförben, bisweilen 
aud) zu Pfannen und Keſſeln, felbige darinn kochen 
zu lafien, gebraucher, doch erfordert Diefer legte Ge= 
brauch eine große Sorgfalt, denn man muß die 
Vorſichtigkeit beobachten, dergleichen Gefaͤße, in— 
dem fie auf dem Feuer ſind, beftändig zu bewegen, 
damit fich die Flamme nicht anfegen fonne, denn 
fonft würden fie in gar kurzer Zeit verbrennen. 
Diefe ganze umftändliche Nachricht ift aus einer Ab- 
handlung eines californifchen Miffionarii ‚ des Pater 
Picolo, genommen, welche im fünften Theile der 
' Lettres edifiantes et. curieufes, ©. —* befind- 


* | 
| Man | 


4 


Californien. or 


Man trifft bey den Ealiforniern feine, Anführer 
oder Befehlshaber, wie bey andern indianifchen Voͤl⸗ 
fern an. Eine jede Familie ſtellet eine Art von Fleis 


* 


ner Republik vor, die ſich nach ihrem Belieben aufs 


führer, und jeder ift fein eigener Herr. Bloß zu der 


Zeit, wenn ein Fleiner Flecken mit einem Kriege bes 
drohet wird, oder Krieg führen will, erwaͤhlet der— 
jenige, welcher fich der Herzhaftefte und Verwegenſte 
zu feyn duͤnket, fich felbft zum Anführer der Unterneh⸗ 
mung, und ertheilet.dven andern Befehle. Man ges 

borchet ihm auch, fo lange der Krieg dauret; fobald 
dieſer aber geendiger ift, fo hörer fein Anfehen auf, 
und er tritt von felbft wieder in feinen vorigen Zus 
ſtand zuruͤck; er ift nicht mehr berechtiget, Befehle 
zu ertheilen‘, oder den geringften Dienft von jemans 
den zu verlangen. 


In gewiſſen Bezirken Californiens, wohin die 


chriſtliche Religion noch nicht gekommen iſt, herrſchet 
die Vielweiberey. Derjenige Mann in Californien, 
der mehrere Weiber hat, kann ruhig leben, und ſich 
in Anſehung der Sorge fuͤr ſeinen Unterhalt auf ſie 
verlaſſen. Sie laſſen ihn nicht das geringfte arbei— 
ten, und nehmen die Sorge fuͤr ſeine Ernaͤhrung 
gaͤnzlich auf ſich. Sie jagen, fiſchen und erndten 
fuͤr ihn, und ſuchen ſich einander im Vorzuge und 
Gluͤcke, ihm zu gefallen, zu uͤbertrefffenn. 

Hier ift die Erzählung der vornehmften Cereme- 
nien, welche bey ver Heyrath unter diefen Völkern 
üblich find. Der Californier, welcher ſich verhey- 
rathen will, reichet derjenigen, welche er zur Frau 
begehret, ein Raket; nimmt fie felbiges an, fo ift 
die Heyrath gefchloflen; und alsdenn werden venfel- 


— ben 


302° Bon de. americanifeh, Inſel 


ben Tag uͤber lauter £uftbarkeiten i im ganzen Flecken N. 
vorgenommen. Die Weiber find geſchickt, und ge⸗ 
gen ihre Maͤnner gefaͤllig; es haͤngt ihr eigener Vor⸗ 
theil davon ab, denn ſonſt wuͤrden ſie in Gefahr ſeyn, 
geſchieden zu werden, Außerdem, daß fie davon die 
groͤßte Schande hätten, würde es fehr ſchwer halten, 
fih) anderweitig wiederum zu verforgen. Man 
trifft die feltfame Gewohnheit, welche bey einigen 
Voͤlkern in Brafilien herrſchet, auch in Californien: 


am Sobald eine Frau entbunden ift, waͤſcht fie 


allfofort das neugebohrne Kind, und der Mann leget 
fic) unter einen Baum, oder in feiner Hütte nieder ; 
daſelbſt bleibt er drey vder vier Tage lang ausge: 
ſtreckt liegen, ohne fic) um das geringfte zu befüm: 
mern. Er ahmet einem Kranken nach: er Elager, 
und während diefer Zeit ift fein Weib verbunden aus⸗ 
zugehen, Effen anzufchaffen, und. ihn zu bedienen ; 
er nimmt auch von feinen Nachbarn die Befuche und 
Gluͤckwuͤnſche an, welche ihm mit aller erfinnlichen 
‘ Mühe bezeugen, daß fie an feinen Schmerzen und 
Umjtänden einen großen Antheil nahmen, Es ers 
eignete fich fehr öfters, daß die Mürter, wenn fie 
aus Mangel des Unferhalts, die Kinder groß zu. zies 
ben, außer Stande zu feyn glaubeten, fie erftickten. 
Die Miffionarien haben ven barbarifchen Folgen dies 
fer Unordnung dadurch Einhalt gethan, daß fie uns 
ter die ‘vor Furzem entbundene Weiber, zwey oder 
dreymal fo viel Lebensmittel, als fie fonft, wenn fie. 
feine Kinder zu ernähren hätten, bekommen haben 
würden, haben austheilen laffen. 

Gemeiniglich beftehen die Fleinern Flecken aus 
vierzig bis funfzig Familien; es giebt aber auch 
einige 


Californien =" ‚303 


‚einige Darunter, welche * zahlreicher ſi nd. Uebri⸗ 
gens wuͤrde man ſich einen ſehr irrigen Begriff ma⸗ 
‚hen, wenn man durch dergleichen Flecken einen Ort, 
der einige Achnlichkeit mit unfern Dörfern in Euros - 
pa, und wenn es aud) die allerfchlechteften wären, 
hätte, verftehen wollte. Die californifhen Flecken 
haben feine Häufer. Des Tages über verſtecken 
ſich dieſe Indianer vor der brennenden Sonnenhitze 
unter den Schatten der Bäume; und.aus den Xeften 
und dem Laube machen fie ſich eine Art von Dad), 
und Schauer, worunter fie ji bey übelem Wetter 
zur Nachtzeit aufhalten. In gewiſſen Gegenden 
machen ſie ſich, vermittelſt einiger, ohne Verbindung 
und Kalk, ſchlechtweg auf einander gelegter Steine, 
kleine Gehäge, die wie die Schafhürden ausfehen. 


Des Winters über verfperren fie fich in ziemlich ties 


fen Höhlen, die fie unter der Erde ausgraben. 

Die Einfammlung der Früchte, welc)e ver Baum 
Pita⸗Haya trägt, ift für die Californier die Zeit der 
Weinleſe. Diefe Einfammlung waͤhret drey Mo— 
nate lang, und diefe drey Monate vergehen unter 
Jauter Luſtbarkeit, Tanzen und Schmaufen. Die 
einander am naͤchſten gelegenen Flecken laden ſich eine 
ander ein, und Eommen zufammen. 

Sollte man wohl glauben, dag Californien auch 
feinen Schauplag, feine Comödien und fchaufpielende 
Perfonen hätte? Das mußte man wohl, daß die 
Wilden in America Lieder in ihrer Sprache ‚haften. 
Man finder in vem Engliſchen Zuſchauer die 
Ueberfegung eines Sroquoififchen Liedes; allein es ift 
noch ein großer Lnterfchied unter einem Liede und 
Schauſpiele. Man Fann leicht ermeffen, daß der⸗ 
he | gleichen 


304 Bon der americaniſch Iufel 


gleichen Stücke nicht fehr regelmäßig feyn muͤſſen. 
Es erzählet aber der fpanifche Schriftiteller, daß die 
Eatifornier ſehr richtig nachgeahmte luſtige Schaur 
fpiele vorftellen. Mad) dem Abriffe, ven er ung da⸗ 
von giebt, haben vie fchaufpielende SPerfonen eine 


ziemliche Aehnlichfeit mie unfern Pantomimen und 


Stocknarren; zu einem Beweife, daß feine großen 
Vorzuͤge dazu erfordert werden, dergleichen Perſo— 
‚nen vorzuftellen. | * le 
Die Priefter bey den Californiern find die einzigen 
Aerzte, die fie in ihrem Sande haben. Die Art, wie 
ſie mit den Kranken umgehen, ift anmerfungsmwiür- 


dig. Sobald fie zu einem Kranken gerufen werden, 


fegen fie zuerft eine aus einem fcehrwarzen Steine ver- 


fertigte Fleine Röhre auf den leidenden Theil; durch 


diefe Röhre blafen fie mit Mache auf diejenige Ge- 
gend, wo der Schmerz herkoͤmet; oder faugen aud), 
in Hoffnung, vermittelft diefes Saugens und Bla⸗ 
ſens, die böfe Feuchtigkeit wegzutreiben, oder an fich 
zu ziehen. Bisweilen bedienen fie fi) auch des 
Rauches von einer Art wilden Tabak. Dergleichen 
Rauch ift ungemein freffend. , Wenn die Krankheit 


dem allen ungeachtet anhält, nehmen fie ihre Zuflucht 


zu Mitteln, welche fo graufam, ‚als feltfam find. 
Wenn nämlich der Patient eine Tochter, oder Schwe⸗ 
fter hat, fehneidet man felbiger den kleinen Finger von 
der rechten Hand ab, und laßt das herausfließende 
Blut auf den Sterbenden laufen. Sie geben vor, 
daß dergleichen Vergießung des Geblütes, entweder 
den Kranken wieder gefund machen müffe, oder, wenn 
er ja ftürbe, feinen Angehörigen alle Empfindung 


der Betrübniß und des Rummers mindere. Hierauf 
| laͤßt 


— 


a Pa 


Californien. 305 


laͤßt man alle Einwohner defielben Ortes zum Kran⸗ 
£en kommen, welche fih nad) feinem Befinden er: 
Fundigen. Mach erhaltener Antwort von ihm, bres 
chen fie in laute Seufzer aus; und da man nach der 
Größe dergleichen Geheule, den Grad der ftärfern 
oder wenigern Freundfchaft, welche man gegen ven 
Kranken heget, beurtheilee, fo ift derjenige, der am 
ftärfften fehreye, der bejte Freund. Dergleichen Ges 
fehrey wird zum öftern, fo lange Lebensgefahr vor= 
handen ift, Tag und Macht wiederholet. Unterdeſ⸗ 
fen löfen fich die Aerzte einander ab, und ſtecken ihre 
Hände tief in den Mund des Patienten, um den 
Tod, von dem fie glauben, daß er fich in feinem Koͤr⸗ 

per aufhalte, mit Gewalt heraus zu reißen. Bon 

der andern Seite fehlagen die Weiber, indem fie zus 
gleich anhaltend dabey fehreyen, zu wiederholten mas 
len auf den Sterbenden, um ihn aufzumeden. Ges 
bald er Feine Empfindung mehr zu haben feheint, be= 
graͤbt oder verbrennt man ihn; und öfters hat es fich 
ereignet, daß diefe Indianer, noch ehe fie tode ges 
wefen, eingefcharret, oder verbrannt worden find, 
Die Miffionarien find fo gluͤcklich geweſen, daß fie 
verfchiedene von dergleichen unglücklichen Perfonen, 


die zu Schlachtopfern der Unmiffenbeit und Ueber 


eilung beſtimmt gewefen, gerettet haben. 


24. Dand, | u v. Ab⸗ 


? 


366° Ah 
a — Kr ** * * * 

en Abhandlung — — * 
vom verfinſtertenZimmer, 


(Camera obfcura) *, | 


n f - 


Aus den Nouvelles de la republique des lettres, Avr. 
» 1709. & Amſt. 1709. 12. Art. 2. p. 377-390. 


| uͤberſet | 
vn a 3 3. A 


8 ie Regeln der Perſpectiv, welche ſonſt den 
Mahlern bey der Zeichnung ihrer Gemaͤhlde 

- fo. viel Mugen ſchaffen, werden völlig un- 
brauchbar vor fie, wenn fie die Sachen nad) dem 
geben zeichnen wollen. Die große Schwierigkeit, 
| | die 


* Hiebey verdienen folgende Schriften, welche die 
Materie von verfinfterten Zimmern, und der Aehn⸗ 
lichkeit des menfchlichen Auges mit denfelben erlau- 
tern, nachgefehen zu werde. Lad. Laurentii Diff. 
epiftol. de fpecierum ere&tione in camera optica, 
cui nonnulla obiter de vifione anne&untur: ff. im 
Append. zum vierten Fahre der 2ten Decurie der 
„Eph. Nat. Cur, ©. 157 : 170. Andr. Baudifii Ca- 
meræ obfeurate fundamefta & doftrina, Refp. Ge. 

2 Michaelis, Witteb. 16%9. 4. zwey Bogen. Anwei⸗ 

ſung, einen Reifemwagen zu einer Camera obfeu- 

ra einzurichten: ff. mebft einem Kupfer davon; im 
Ä zaten 


x 


vonm verſinſterten Zimmer, 307 


terfüchung dergleichen Objecte nach allen ihren Aus: 
meſſungen antreffen, machet, daß fie Die geometri- 
ſche Arten zu verfahren, verlaffen, und zu’ mechani- 
fchen ihre Zuflucht nehmen. Eben diefe Schwierig: 
feit ift der, Örund, warum ſich die Anzahl der, zur 
Erleichterung diefer Art zu zeichnen erfundenen Ma: 
fihinen, fo ungemein vermehrer hat, Aller diefer 
vielfachen Mafchinen aber ohnerachtet, find doch alle 


nen bey Yufnehmung des Grundriſſes und Un⸗ 


Schwierigkeiten dadurch noch nicht ſaͤmmtlich ge— 


hoben worden. Sie haben noch insgeſammt ih— 
ve Mängel, wodurch fie faſt ganz unbrauch— 
bar werden. | a. 


Ich will mich gegenwärtig nicht einlaffen, derglei⸗ 
chen von allen denjenigen, weiche vor Erfindung. der 


verfinfterten Zimmer zum Borfcheine gefommen find, 
U 2 zu 
a4ten St. der Hannover. gel. Anzeig. v. J. 1753! 
Fo. Cph. Sturm Difl. de oculi comparatione cum 
camera obfcura. Altd. Foach. Ge. Daries Diff. de 
oculo, quod fit camera obfcura maxime artificio- 


fa. Jen. 1735. 4. fieben Bog. nebft einem halben Bog. 


\ 


Holzfihnitten. Abrah. Gotth. Kaͤſtners Anmers 


kung über die Aehnlichkeit des Auges mir einem 
verfinſterten Zimmer: ſt. in 4ten St. des gten B. 
des Hamb. Magaz. 1752. 8. ©. 426-: 432. Genb- 
fchreiben an Herrn Prof. Räftner, worinn die 
Hehnlichkeit des Auges mit einem verfinfterten Zim⸗ 
mer vertheidiget wird, von D. Jo. Aug. Unzer: 
fl. im ı St. des gten B. des Hamb.. Mag. ©. 


9 =37. und im ı Gt. des ıoten B. ©. 67:75. 


Gecgen dieſes Sendfihreiben has Herr Prof. Aäfls 


ner in. dag erſte Gt. des gten Bandes, ©. 38:48, 


feine Erinnerungen einruͤcken laffen, 


ei 


308 Abhandlung — 


zu —7 Man darf nur ein klein wenig Nach- 
denken gebrauchen, fo wird man zur Genüge einfe- 
ben, daß letztere einen großen EB vor ihnen ha⸗ 
ben, und diefes ift dermaßen unlaͤugbar, daß felbft 
Kiccher, welcher feine Mafchine vielleicht nicht ob= 
ne allen Grund denen vorher erfundenen vorzieht, fie, 
nachdem er das verfinfterte Zimmer erblickt, darüber 
vergefien zu haben fcheint. Ohnerachtet aber vdiefe 
letztere Erfindung vor denen übrigen einen Borzug- 
verdienet, fo.ift fie doch nicht von allen Lnbequem= 
lichkeiten befreyer , wie ich bald anführen werde, 
wenn ich zuvor mit ganz wenigen werde gezeiget ha- 
ben, was man gemeiniglich unter einem verfinfterten 
Zimmer verftehe. 

Man machet in einem Zimmer, welches dermaſ⸗ 
ſen dicht verſchloſſen iſt, daß nicht das geringſte Licht 
herein ſcheinen kann, eine Oeffnung nach der Seite, 
wo die Objecte, wovon man eine Abbildung haben 
will, und welche voͤllig erleuchtet ſeyn muͤſſen, be⸗ 
findlich find. Man ſetzet in dieſe Oeffnung ein er— 
haben geſchliffenes Glas, und breitet an dem Orte, 
wo die Strahlen dieſes Glaſes zuſammen laufen, ein 
weißes Papier aus, auf welchem man ſodann die 
außerhalb befindlichen Objecte umgekehrt, und nebſt 
ihren Bewegungen und natürlichen Farben abgebil⸗ 
det erblickt.  Diefe ihre Farben erfheinen daſelbſt 
mit einer außerordentlichen Lebhaftigkeit, ſo, daß 
man fie mit leichter Mühe zeichnen Fann, indem man 
nur bloß mit einem Blenftifte darüber nachziehen 
darf, und wenn man fertig it, bringe man fie in 
. eine gerade Stellung ‚ wenn man feine a 


umkehret. 
Dieſe 


— 


u 


vom verſinſterten Zimmer. 309 


Dieſe Art zu Via hat folgende Haupemänge 
‘om fich : 

1. Zuerft kann man fich ihrer nicht beſtaͤndig Bi | 
dienen, weil man nicht überall ein dazu bequemes 
Zimmer antrifft, und es hält ſehr ſchwer, eine Ma— 
fchine zu verfertigen , welche dazu dienlich feyn koͤnn— 
te, ohne daß in der Art, wie die Objecte vorgeftel: 
let werden, einige DBeränderungen entftünden. 

2, Die Fläche, auf welcher man arbeitet „ 4 
ſenkelrecht; und diefes ift fehr unbequem. | 

3. In der gemachten Zeichnung befinden ſich die 

Objekte, welche zur rechten Hand ſeyn ſollten, zur 
linken; und dieſerhalb iſt man genoͤthiget, wofern 
man eine vichtige Zeichnung haben will, ein Nach— 
bild davon zu verfertigen. 
4. Endlich Fann man als einen vierten Fehler bey 
dem verfinſterten Zimmer rechnen, daß die Hbjecte 
darinn umgefehrt erfcheinen. Ueberdem muß man 
auch bey der Zeichnung zum oͤftern eine gezwungene 
Stellung annehmen, damit man nicht von feinem 
eigenen Schatten gehindert werde. Es kann auch 
dieſe Art zu zeichnen niemals zu einer Parallel: und 
felten zu einer fich neigenden oder einen Winkel mas 
enden Vorftellung gebraucht werden. 

- Um dem eritern Mangel abzuhelfen, haben eini- 
ge diefe Are von Borftellung in einem Kaften, auf 
einem. fehr dünnen, und bloß an feinen Rändern bes 
feftigten Papiere, gemachet, damit man die Ob— 
jecte Durch das Papier fehen Fönne, wodurch zu gleis 
cher Zeit auch der ‚dritten Unvollfommenbeit abges 
holfen mird; und man zeichnete alfo die Dbjecte, 

uU-3 wenn ı 


310. Ashandlung 
Y wenn man das: Käftlein nach der Seite bes er 


* 


recht llegendes Papier, welches man oben im Ka⸗ 


zu öffnete, und ſich eine ſchwarz gefärbte zeinmand „4 


umbhieng. 
Andere haben den erſten, zweyten und vierten 


Fehler dadurch verbeſſert, daß ſie einen Spiegel 


ſchief in den Kaſten geſetzt, welcher die durch das 
Glas fallende Strahlen auffaͤngt, und auf ein wag⸗ 


fen zur Aufnehmung derfelben ausgefpannet hat, zus 
ruͤck wirft. Man erblickt ſodann durch diefes Pa 
pier die Vorftellung der Objecte, wenn man ben 
Dbertheil des Kaͤſtleins wegnimmt, und veranftals 


‚tet, daß Fein Licht auf das Papier fallen Fann. - 


Es haben aber dergleichen vorgenommene Veraͤn⸗ 


derungen keinen ſonderlichen Nutzen zur Zeichnung: 


\ 


denn, nach dem erſtern, bleiben die Objecte umges 


kehrt, und auf einer fenfefrechten Släche vorgeftels 
let; und, nach) dem zweyten, find vie Dbjecte, wel 


He zur Rechten feyn follten, zur Linken, und uͤber- 


den haben fie auch insgeſammt noch den Fehler an 


ſich, daß man fi) ihrer nieht weiter als zu bleyrech⸗ 


fen Gemaͤhlden bedienen kann, und, daß Das Pa- 
pier, worauf man arbeitet, nicht im geringften feft 


iſt, indem man es bloß am Rande befeftiget ; ; und 
diefes führer die größte Beſchwerlichkeit mit ſich. 


Ueberdem erſcheinen die Objecte nicht allein weniger 
lebhaft, ſondern ſo gar auch undeutlicher, weil man 
ſie nur * das Papier erblicken kann. Die Far⸗ 
ben verlieren von ihrer Lebhaſtigkeit noch mehr, und 


die Dbjecte werden noch undentlicher, wenn man 


unter das Paphe ein Glas legt, welches es hal⸗ 
ten ſoll. 


| J— Sie: 


7. vom verfinfterten Zimmer. 3n 


Die übrigen Veränderungen, welche manıbey dem 

‚ verfinfterten. Zimmer vorgenommen, dienen eigent- 
lich nur zue Wiederaufrichtung der Objecte, und . 
haben zur Zeichnung keinen Mugen, wie man aug 
der Beſchreibung, welche ich anjeßt von ben vor: 
nehmſten dergleichen Mitteln machen werde, erfes - 
ben wird, k 
Die gewöhnlichfte und bekannteſte Art die Ob⸗ 
jecte gerad zu richten, geſchieht vermittelſt zweyer er⸗ 
haben geſchliffener Glaͤſer, welche man in eine Roͤh⸗ 
re, in einer beliebigen Entfernung von einander 
feget ; nur muß diefes dabey beobachtet werden, Daß 
diefe Entfernung von einander größer fey, als die 
beyden Zmifchenraume eines jeden Brennpunctes 
von feinem Glaſe zuſammen genommen. Dieſe Roh⸗ 
re ſteckt man in die, nach derjenigen Seite, wo die 
Objecte befindlich ſind, gemachte Oeffnung, und brei— 
tet in einer gewiſſen Entfernung von den Glaͤſern, ein 
weißes Papier aus einander, da ſodann die Objecte 
auf demſelben aufrecht ——— werden. Dieſe 
Entfernung, in welcher ſich das Papier befinden 
muß, findet man mit leichter Muͤhe, wenn man es 
fo lange hinzu, oder weiter abruͤckt, bis man die Ob⸗ 
jecte recht deutlich erkennen kam— Man kann dieſe 
Entfernung auch auf eine geometriſche Art beflim= 
men, indem man eine mit derjenigen Entfernung, 
welche zwifchen den, beyden Brennpuncten befindlih 
it, und der zwiſchen den Brennpunct des außerhalb 
des Zimmers; und Des inwendig in dem Zimmer 
ſteckenden Glafes zu bemerfeuden Entfernung in eis 
nem gleichen Verhaͤltniſſe ftehende dritte ausſindig 
machet. Diefe dritte, nad einem gleichen Maape 
| 14 | ſich 


a Abhandlung 


ſich verhaltende, beftimme den — Brenn⸗ 
puncte des auswendigen Glaſes, und dem Papiere 
befindlichen Raum, deſſen Lage man zu weiten 
verlangt. | 

Aus diefem Gleichmaaße erhellet, daß, je weni⸗ 
ger die Brennpuncte von einander entfernet ſind, 
deſto weiter das Papier werde abſtehen muͤſſen, und 
die vorgeſtellten Objecte groͤßer erſcheinen werden. 
Im Gegentheile erſieht man auch, daß das Papier 
nicht ſo weit abſtehen muͤſſe, und die Objecte unter 
einer kleinern Vorſtellung erſcheinen, jemehr man 
die beyden Glaͤſer von einander entfernet. Hieraus 
. folget, daß man die Objecte in einer beliebigen Wei- 
te. vorftellen koͤnne. Und man hat in Diefer Abſicht 
nichts weiter noͤthig, als die Brennpungte in einer 
‚gehörigen Weite von einander zu ftellen; und dieſes 
geht am leichteften von ftatten, wenn man Die bey: 
den Öläfer fo lange an, oder von einander bringt, 
bis die Dbjecte auf dem Papiere, welches man in, 
die erfoderliche Encremnn gebracht hat, deutlich zu 
ſehen ſind. 

Die durch dieſe ——— Entfernungen des 
Papiers verurſachte Vergroͤßerung, oder Verkleine⸗ 
rung der vorgeſtellten Objecte iſt ſehr angenehm an⸗ 
zuſehen, und koͤnnte man eine Zeichnung dabey ma- 

‚en, wofern dieſe ganze Art, die Dbjecte zu zeich⸗ 
nen, nicht völlig unnüß wäre, aus dem Grunde, 
weil fie alle bey der gewöhnlichen Art des verfinfter- 
fen Zimmers anzufreffende Mängel an fic) bat, bloß, 
daß die Objecte aufrecht erfcheinen, Ueberdem Fönn= 
fe man aud) noch’ viefes, als eine Art von Fehler be— 
trachten, daß man auf diefe Weife von den Objecten 

nur 


vom verfinſterten Zimmer. 313 


nur ſehr wenig auf einmal erblickt, dem gleichwoht 
einigermafjen durch das Aubſuchen dergleichen Glaͤ⸗ 
ſer abgeholfen wird. 


Es koͤnnen ferner die Objecte auch vermittelſt eis 
nes Hohlſpiegels wieder aufrecht geſtellet werden. 
Ehe wir aber dieſes beſchreiben, wollen wir mit we⸗ 
nigem ſehen, wie die umgekehrten Objecte bloß durch 
dergleichen Spiegel, ohne Beyhuͤlfe eines andern 
Glaſes vorgeſtellet werden. Es geſchieht dieſes fol 
gendergeſtalt. 

Man breitet ein Papier an derjenigen Seite, wo 
man die Oeffnung gemacht hat, und welche nach den 
vorzuſtellenden Objecten gerichtet ift, aus. An dem 
Orte diefer Deffnung machet man in das Papier ein 
och, und feget feinen Hohlſpiegel dergeftalt, daß 
fein Brennpunct auf gedachte Deffnung paßt. Als 
denn werden hie Dbjecte auf dem Papiere rings um | 
die Deffnung umgekehrt erſcheinen. 


Dieſe Art der Vorſtellung hat vor jener, dabey 
man ſich nur bloß eines Glaſes bedienet, den Vor— 
zug, daß die Dbjecte in ihrer natürlichen Stellung 
bleiben, und, daß mithin der dritte Fehler, von dem _ 
wir oben geſprochen haben, hier wegfaͤllt. Auf der 
andern Seite aber hat auch ſie wiederum ihre eigene 
Fehler: 1. Die Objecte breiten ſich nicht weiter auf 
dem Papiere aus, als die Größe des Spiegels be— 
trägt; daß mithin, wenn der Spiegel. nicht recht 
groß ift, man von den Dbjecten nur fehr wenig auf 
einmal fieht. 2. Das durch die Deffnung hereinfal= 
lende Licht verhindert, dag ſich die Objecte nicht 
deutlich abbilden: wiewohl man dieſem dadurch ab» 

us Kühe 





I 
helfen kann, wenn man ———— vor der Oeff⸗ 
' nung, etwas hervorragendes, in Geſtalt eines Ke⸗ 
gels befeftiget, damit das von der Seite fommende 
Sicht nicht in. das Zimmer herein feinen koͤnne. 

Bir kommen nunmehro auf die Art, wie die Ob- 
jecte in.dem gewöhnlichen verfinfterten Zimmer, vers 
mittelft eines Hohlſpiegels wieder aufrecht geſtellet 
werden. Man ſtellet in dieſer Abſicht gedachten 
Spiegel in einer beliebigen Weite von dem erhaben 
geſchliffenen Glaſe, jedoch ſo, daß der Brennpunct 
des Glaſes zwiſchen den Wictelpunc des Spiegels, 
und deffen Brennpunct falle. In einer gewiſſen 
Entfernung vom Spiegel, bringt man ein Papier 
an , welches mit-einem Loche verfehen iſt, Damit die . 
durch das Glas fallende Strahlen den Epiegel tree 
fen, fodann auf daſſelbe Papier wieder zurück prals 
len, und. die umgekehrten Objecte daſelbſt erleud)- 
ten koͤnnen. 

In welcher Weite das Papier ſtehen muͤſe, fin. 
det. man, wie id) bereits bey einer andern Gele— 
genheit ermwähnet habe, wenn man es fo lange 
heran, oder zuruͤck haͤlt, bis die Eee deutlich zu 
fehen find. 

Man Fann auch diefe Erifarning * Papiers 
durch die Geometrie, oder Rechenkunſt beſtimmen, 
wenn man auf folgendes Verhaͤltniß ſein Augenmerk 
hat: der Abſtand des Brennpuncts des Glaſes vom 
Brennpuncte des Spiegels, verhält ſich zur Entfer⸗ 
nung des Brennpuncts des Glaſes vom Spiegel, wie 
Der zwiſchen dem Brennpuncte des Spi egels und dem 
Spiegel ſelbſt a Hd Raum zu einer viersen im 

gleich⸗ 


vom verfinfferten Zimmer. 315. 


gleichmäßigen Berhältniffe fich befindenden, welche 
beftimmt, wie weit das „Papier von dem Spiegel 
abſtehen muͤſſe. — 
Aus dieſer Proportion erſehen wir, daß, wenn 
die Objecte ſich in dem verfinſterten Zimmer nicht 
deutlich abbilden koͤnnen, und man, um ſie gehoͤrig 
zu erkennen, das Popier vom Glaſe weiter entfer— 
nen muͤßte; aus dieſer Proportion, fage ich, erſe— 
hen wir, daß dieſer Umſtand daher ruͤhret, weil die 
beyden Brennpuncte des Glaſes und des Spiegels 
zu nahe an einander ſind, und, daß man, um dem⸗ 
ſelben abzuhelfen, den Spiegel weiter jur brin⸗ 
gen muß. 
Gedachte groportiort beweiſet uͤberdem aid} daß 
man den Spiegel näher heran bringen müffe, wenn 
das Papier zu nahe daran fteht, Daß daher durch 
die in demfelben gemachte. Deffnung die Strah— 
len niche in einer binlänglichen Menge Ran 
len koͤnnen. 
Es ift auch) begreiflih, daß man die Abbildung 
auf einem Papiere, welches an demjenigen Orte, wo 
man die Deffnung zum Glafe gemacht bat, ausges 
fpannet worden, fallen laflen Föonne, wenn man nur 
im Stande ift, das Papier fo nahe heran, oder weit 
zurück, als man will, zu bringen. 
Es iſt noch ein anderes Mittel, die umgefehrten 
Dbjecte vorzuftellen , ohne, daß man ein einziges 
Glas dazu nöthig hat ; wenn man nämlich zweene 
Hohlſpiegel nimmt, von denen der eine in der Mit⸗ 
te mit einem Loche verſehen iſt. Weil aber die auf 
dieſe Art geſchehende rei überhaupt Inh 


Pe 111 


ter ift, als die bisher beſchriebene —* will * * 

bey deren umſtaͤndlichern Unterſuchung nicht weiter 
aufhalten. Ich will mir auch keine weitere Muͤhe 
geben, den wenigen Nutzen zu zeigen, den man aus 
allen von dem Hohlſpiegel bisher angefuͤhrten Um⸗ 
ftänden, in Abficht auf die Zeichnung haben Fann. 
Die anjest gegbene Erklärung davon kann vollfoms 
men hinreichend fenn, zu zeigen, daß diefer Epiegel 
dabey von feinem Mugen ift. Es erhellet von felbft, _ 
daß man aud) Die übrige nambaft gemachte Mer 
thoden, wie die Bilder der Dbjecte aufrecht geſtel⸗ 

let werden Fönnen, zur Zeichnung im geringften nicht 
brauchen fann. Sie haben auch wohl weiter feinen 
Mutzen, als die Abbildungen nach der rechten Seite 
vorzuftelfen, ob fie gleich in der That verkehrt blei⸗ 
ben, Diefer Irrthum wird verurfachet, wenn man 
die Borftellungen durch ein erhaben: gefchliffenes 
Glas, welches vom Auge, und dem Papiere weiter _ 
entfernet ift, als der Raum zwifchen dem Brenn⸗ 
puncte diefes Glafes, und das Glas Reit berräg, | 
— 


Eben dergleichen ereignet ſich auch, wenn man 
die vorgeſtellten Objecte in einem flachen wagerechten 
Spiegel anſieht; und es iſt noch angenehmer, wenn 
man den Spiegel dergeſtalt neiget, daß er mit dem 
Horizonte einen Winkel von 45 Graden machet; 
denn alsdenn ſcheint die Vorſtellung auf einer von 
dem Horizonte gleich weiten Flaͤche zu geſchehen. 


Man erkennet aus allem, was ich bisher ange⸗ 
—— habe, welch einen flechen Nutzen die ver 
ſchiedenen 


vom verfinfierten Zimmer, 317 
ſchiedenen Veraͤnderungen, welche man bey den ver⸗ 
finſterten Zimmern angebracht hat, mit ſich fuͤhren, 
und wie ſehr noͤthig es noch waͤre, wenn man dieſe 
Erfindung, die man ſehr gut würde gebrauchen föns 
nen, vollfommener zu machen , und fie von allen 
namhaft gemachten Mängeln zu befreyen fuchte, oh— 
ne, daß man auf neue bedacht wäre, oder, welches 
‚einerley ift, wenn man folgende Aufgabe aufzulöfen, 
fih Mühe gabe: 

Aufgabe 

Kin Mittel zu finden, die Objecte in einer 
ufgerichteten Stellung, und in ihrer natuͤrli⸗ 
chen Befchaffenheit , oder auch wohl im er⸗ 
fodernden Selle, das, was zur Linken ſeyn 
follte , zue Rechten vorsuftellen, und zwar dies 
fes nad) allen Lagen des Bemähldes, auf eis 
ner dichten wagerechten, oder, wenn man es 
bequemer zu ſeyn erschter, auf einer etwas 


ſchief liegenden Släche. | 


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VI. Don 


3 


318 Don Abdankung des Hohemeiſt. >, 
** EEE, ** ZZ 
VI. 

—* Don der 2 * 


Abdontung des Hohemeiſters 
— Poppo von Oſterna. 


* 


————— I, i - 
arinn Eommen die beften Gefchichtfchreiber 
-$ von Preußen überein, daß der Hohemeifter 
Poppo von Oſterna endlich Alters halber 
feine Hoheme ſterſchaft niedergeleget und abgedanket 
habe *. Zu welcher Zeit aber ſolches geſchehen ſey, 
darinn find pr nicht einig. Waißel meldet ©. 84 a. 
Als nun diefer Hohemeiſter alt ward, und zu Kries 
gen nicht mehr tuͤglich, da gab er das Hohemeifter- 
ammt über, und nahm an ſich eine ehrliche Ruhe nad) 
alle ſeinem Begehren, und ſoll alſo kuͤrzlich darnach 
geſtorben ſeyn. Man findet in der Legende S. Hed⸗ 
wigis, daß er bey Liegnitz mit ihrem Sohne in einem 
Streite erſchlagen iſt, und zu Breslau in ©, Als 
brechts Kirche ehrlich begraben fey Anno 1265. Auf 
der folgenden Seite ſteht, daß fein Nachfolger Anno 
von Sangerhaufen gefohren worden, unter Pabft 
Alerander dem IV. und Kaifer Wilhelm, Grafen in 
Flandern U. 1263. Es ift befannt, daß er feine' bes 
ften Nachrichten aus der Ordens Chronike herhabe. 
2. Diefer Meynung ift auch zugethan Grunow, 
wie man aus dem Auszuge, den Leo im Sateinifch. 
, Daraus 
® Conf. Einleitung in die Gefchichte eo ens. 
Leipzig, 1755. in 4. am Ende, 


daraus — hat, Hift. Prufl. ©. 106. erfehen 
fann. Da heißt es: In dieſem (1263) Jahre dank⸗ 


Poppo v von —— 319 


te Poppo fein Hohmeiſterthum vor Alter ab, und es 


folgete ihm bald Anno von Sangerhaufen, der 
- Sandmeifter in Siefland gewefen. Peter von Diss 
burg meldet. nur beyläufig bey dem 63. Cap. des 


zten Theils feiner Preuß. Chronik, daß er nah —- 


vielen Kriegen, welche er ſowol vor der Annehmung 
ſeines Amtes, als darnach, ruhmwuͤrdig in Preußen 
und Liefland gefuͤhret, da er von Alter und Arbeit 


abgemattet, ſein Amt demuͤthig aufgegeben habe, 
und ihm in demſelben Bruder Anno gefolget ſey. 


Eben das hat auch die Jeroſchinſche Ueberſetzung. 
Die hieher gehoͤrigen Worte daraus ſind folgende: 
Zu jungiſt, da er ſich fo ſchwach fuͤlte und unmaͤ—⸗ 
gende, noch me zum Strite tuͤgende, als das Aldir 
im Gebot, und che arbeitliche Not, des Amtes 


zoug er fic) do ab, und es vemütiglich uf gab, das an 


‚den Bruder Anne quam, nach dem Reinen Manne: 
3. Schuͤtze in feiner Chronik der Lande 
Preußen ſetzet, Blatt 206: Bey dieſer Belage— 
rung (der Stadt Königsberg), als Poppo der Ho—⸗ 
hemeifter num in ein großes Alter geratben, fo daß 


er die Regierung ferner zu betreiben unvermögend, 
hat er ſelbſt abgedanket, nachdem er eilf Jahre ves 


gieret, und fortan ein privat geruhig Leben, fo ſeinem 


Alter gemäß, gefuͤhret. . x. Als er das Land-⸗ 
meiſteramt in Preußen refignivet, und in Deutſch-⸗ 


land auf feine Güter gezogen, iſt er folglich niemals 


weder in Preußen noch in Schleſien kommen, ſon⸗ 


dern hat die übrige Zeit feines Lebens dafelbft in dem 
einigen zugebracht. Als er auch zum Hohemeiſter 
war 


320 Bon Abdanfung des Hohemeiſt. 
‚war gewaͤhlet worden, 2 RE gleichwol daheim 
geblieben, und hat beydes, Preußen und Liefland, 
durch verordnete Landmeiſter regieret. Auf dieſen 
Poppo iſt in dem Hohmeiſteramte gefolget Anno 
von Sangerhauſen, der zuvor Meiſter in Liefland 
war. S. 602. Am Rande ſowol der erſten als 
andern Ausgabe fteht A. 1264. Poppo der Hoh: 
meifter danket ab. Ya unter dem Regifter der Hoh⸗ 
meifter vor diefer Chronik ſteht i in beyden Ausgaben, 
er ſtarb X. 1265. den 8. Jul. in Deutfchland auf ſei⸗ 
nen Guͤtern. Hartknoch aber ſcheint ſeinen Tod in 
das Jahr 1262. hinzubringen A. u. N. Pr. 
S. 289. 

4. Es wuͤrde zu weitlaͤuftig und fuͤr die * zu 
verdrießlich fallen, aus allen uͤbrigen gedruckten oder 
geſchriebenen Nachrichten die eigenen Worte anzus 
führen, die nur eben das fagen würden. Deswegen 
will ih nur noch ein Paar neuere anführen. Die 
- Marburgifchen Beytraͤge haben im V. Theile, 

©. 266. diefes beliebet, Poppo fen A. 1263. den 22. 
Sul. in Preußen geftorben. Dabey der Tit, Herr 
D. Ca, Sid. Dauli in dem Leben und Thaten 
des SHochmeifters Poppo von Oſterna. $. 13. 
Not. d. anmerfer, daß Fein ‘Beweis davon beyge⸗ 
bracht ſey. Er feßet feine Abdankung in das Jahr 
1263. und feinen Tod A. 1264. Dabey führer er 
Henninges fein Theatr. Gen. Tab. IV. P. 3. p. 332. 
an. Bernhard Herzog fhreibt im ten Cap. 
des X. Buches feiner Elſaſſer Chronik, ©. 202: 
Daß Poppo von Oſterna im Jahre 1262. von 
den Preußen erfchlagen fey. Ich merfe hierbey an, 
daß Kranz in feiner Vandalia Lib. I. Cap. 16. melde, 


ein 


Poppo von Ofternn. 32ꝛ 


ein Sohn des Herzogs, Johann von Meklenbing, 
Poppo fey in den Deutfchen Drden getreten. 
5. Sollen wir diefes aus einander fegen, fomif | 
fen wir zweyerley unterſcheiden, welches von etlichen 
mit einander verwirret ift: feine Abdanfung vom 
Hohemeifteramte, und feinen Tod nebft dem Be— 
geäbniffe. Das legte gehoͤret eigenklich nicht zu une 
ferm Vorhaben, und wird deswegen aud) feiner 
fcharfen Prüfung gemärtig feyn, fondern nur bey— 
läufig berühret werden, Aber das erjte ift hier ge= 
nauer zu unterfuchen, fo weit die bisherigen Gründe 
uns dazu leiten fönnen. Darinnen werden wir dem 
geitfaden der Urfunden folgen, welche vem Herrn 
D. Pauli nicht unbekannt gemefen find, und eben das 
hätten an die Hand geben Fönnen, wenn er feine Auf⸗ 
merffamfeit und eben fo viel Fleiß auf diefen Umftand 
hätte anwenden wollen, als er rühmlich bey andern un« 
fern Hochmeifter betreffenden Dingen hat blicken laffen. 
6. Daß wir nichts ohne guten Beweis zum 
Grunde legen, fo wird uns hoffentlich die einhellige 
Ausfage obgenannter und aud) der übrigen preußia 
ſchen Gefchichtfchreiber zu ſtatten fommen, vermöge 
welcher Anno von Sangerbaufen nad) unferm 
Poppo von Oſterna zum Hohmeifterthume gelan⸗ 
get iſt. Können wir nun zeigen, daß laut unver= 
dächtiger Urfunden Anno von Sangerhaufen we⸗ 
‚der im Jahre 1262. noch 1263. noch 1264. zur Regie 
rung des gefammten Ordens der Kreuzherren gelanget 
fey: fo wird folgen, daß auch Poppo in Denen vor⸗ 
bin angegebenen Jahren nicht abgedanfet habe, ver 
nad) einftimmigen Zeugniffen eher abgedanfer hat, 
als fein Nachfolger erwaͤhlet worden. Können wir 
24. Dand, * dar⸗ 


322 Bon Abdanfung des Hohemeiſt. 
darthun, daß Anno fchon vor allen den gemeldeten 
Jahren Meifter über den ganzen Drden gemwefen: fo 
wird Poppo fihen vor denfelben abgedanket haben, 
und unter feine Regierung dasjenige nicht mehr fön- 
nen gefeget werden, was in den gennannten Jahren 
geſchehen ift. | 4 
“7.7 Nun ift es leicht darzuthun, daß Andreas 
von Sangerhauſen fhon im Jahre 1260. Hohes 
meiſter gewefen ſey. Es findet fic) in des Herrn 
Stied, von Dreyer feinem Codice diplomat. Po- 
meran. N. 314. eine Urfunde, welche des Samelaͤn⸗ 
difchen Bifchofs Heinrichs Abtretung feines Schlof- 
fes und Vorwerkes bey Königsberg ſamt deflen Zu- 
behör gegen 50 Hufen Landes in dem Eulmifchen Ge⸗ 
biete betrifft. Sie fteht ©, 426428, und ift aus: 
geftellet zu Elbing im Jahre Ehrifti 1260, den zoften 
December. Bon Seiten des Ordens ift diefer 
Tauſch eingegangen, den der Hohemeifter Anno mit 
feinen Drdensbrüdern,und mit des Hohemeifters Sie: 
gel befräftiget *. Mac) der beygefügten Anmer- 
| e fung. 





* Zwar möchte man bey der erfien Degennung cum 
reverendis viris, fratre Annone, Magiftro, er- 
fratribus hofpitalis ejusdem, auf Die Gedanken 
fallen, es dürfte die Urkunde wol von ihm ausge: 
fertiget feyn, da er nur Meifter in Liefland gewe— 
fen. Aber zugefchweigen, daß ein Meifter in Lief- 
land über Preußen, Culm und Königsberg nichts - 
zu verordnien gehabt hat, und auch auf Eeine Voll 
macht von Hobemeifter fich bezieht: fo zeiget der 
Schluß gar zu deutlich, daß er wirflich der böchfte 
Meifter gewefen fey. Ur autem omnia prænotata 
firma et inviolabilia perfeverent, prefens ſcriptum 

fieri, 


Poppo von Oſterna. 323 
kung (c) ©. 429. iſt noch ein gleichmaͤßiges Exem⸗ 
plar von dem Hohemeiſter an eben dem Tage fuͤr den 
Biſchof Henrich ausgeſtellet, welches, wie er bezeu⸗ 
get, auch noch vorhanden ift. Alſo find bier ſchon 
zwo Urkunden, welche es gewiß machen, daß Damals 
Anno fchon Hohemeifter gewefen, und ed finder fi 
‚Fein Grund an ihrer Aechtſchaft etwas auszufegen. 


8. Daß diefer Anno, oder Andreas, in demfelben 
Jahre ven 15. Brachmonatstag noch nicht Hobemei= 
fter, fondern nur Meifter in Liefland geweſen fey ‚bes 
jeuget eine andere Lrfunde, die an obigem Drte die 
127fte in der Ordnung iſt. Da fchenfer Myndowe 
dem deutfchen Drden feine Laͤnder, wenn er ohne Er— 
ben fterben follte, und unter den Zeugen der Schen— 
fung ſteht faft oben an Andreas der Meifter ver Drs 
densbrüder, nebft ihnen. Hujus autem donationis 
teſtes funt, heißen die Worte, Venerabilis Dominus 

Culimenfis Epilcopus, et Magifter Andreas fratrum 

prædictorum et fratres fu. ... Datum „.... 

in Curia noſtra anno Domini millefimo ducentefi- 

mo fexagefimo. In medio menfis Juni, 580 will 
ich noch nicht gedenken einer dritten Urkunde, daraus 
‚zu erfehen, daß fhon im a des 1260ſten Jahres 
' 2 ein 


heri, et honorabilium virerum, domint H&iden- 
rici, Culmenfis Epifcopt, et fupremi Magiflri do- 
mus fan&e Marie Teutonice fupradi&i, et noftro 
et Henrici Epifcopi figillis providimus roborari. 
An der Zahl iſt auch Fein Zweifel, da fie ausge: 
druckt alſo ſteht: Adtum in Elevingo, Anno Do- 

. “mini millefimo dycentefimo fexagelimo. Tertie 
Calendas Januarii. 


924 Von Abdankung des Hohemeiſt. 

ein anderer Hohemeiſter in Preußen geweſen ſey, weil 
von demſelben beſonders zu handeln ſeyn wird. 
9. Nahe bey dieſer Jahrzahl treffen zu die Nach⸗ 
richten des Auffowen und Kelchs, welche feinen 
Abzug aus Liefland zum Jahre 1261. ziehen *. 
Schuͤtze widerleget die falfche Jahrzahl der Abvan- 
fung ©. 30. damit, daß er eingefteht, nachdem 

Anno von Sangerbaufen Hohemeifter geworden, ; 
fey ihm A. 1261. in Liefland gefolget Burchard von 
Hornhauſen, welches in der Zerbfter Ausgabe 
eben fo lauter, folglich Eein Druckfehler iſt, da auch 
die Siefländifchen Gefchichte damit übereinftimmen. 
Iſt aber Burcyard von Hornhauſen im Sabre 
1261. Landmeifter in Siefland an die Stelle des befoͤr⸗ 
derten Andreas von Sangerbaufen geworden; fo 
muß diefer nicht lange vorher abgegangen feyn von 

dem Liefländifchen $andmeifterthume. - Welchem zu _ 
Folge auch Poppo von Oſterna eher fein Amt 
muß aufgegeben haben, als Anno in feine Stelie 
erkohren worden. Waißel widerleget fih auch) 
ſelbſt, wenn er meldet, der Anno fey erfohren unter 
Alerander dem IV. der doch im May des 1261ften 
| Jahres 


*Ruͤßow ſchreibt in der Lieflaͤndiſchen Chronike ©. 
22b. Alſe he 3 Jare in Lyflande regeret hadde, ys 
he vth Lyflandt "to dem Havemeiſter Ampte in 
Pruͤßen gefoͤrdert worden Anno 1261. In demſel⸗ 
ben Jahre iſt an ſeine Stelle gekommen Borchard 
von Hornhuſen, welcher 3 Jahre und 6 Monate, 
nach S. 23 b. regieret, und den 13. Jul. 1264: nach 
feiner Ausſage, nach andern aber 1263. in der 

- Schlacht bey Durbin geblieben ; alfo nur zwey und 
ein halb Fahr regieret hatte. A 


Poppo von Ofterna. 323 


Jahres geftorben ift. Ob Anno aber unmittelbar 
. dem Poppo. gefolget fen, oder nicht, das ift bier: _ 
durch noch nicht auszumachen. 

10. Hierzu fommt noch, daß Poppo von Dfterna 
Schmwachheit halber nicht foll nach Preußen gekom.· 
men ſeyn, fondern Durch andere jederzeit, oder meis 
ſtens, daſelbſt feine Stelle habe vertreten lafien. 
Micht unfer Schuͤtze allein bezeuget folhes N. 3.5 
fondern Sennenberger führet eben daffelbe an aus 
der Hohmeiſter Chronik in feiner Erklaͤrung der 
Preuß. Landtafel ©. 369.5 da fteht, daß er fich 
ſchon von der Landmeiſterey Schwachheit halber los: 
gebethen, fen hinaus auf feine Güter gezogen, und ob 
er gleich um feiner Gefchieklichfeit willen noch zum 
Hohemeifter erwaͤhlet worden, habe er-doch Preußen . 
nur durch Statthalter und Sandmeifter regieret * 
Daraus fann man wohl abfehen, daß um die Zeit, 
da ſich wieder Beſchwerden und Unruhen geäußert, 
er die aft gern von fih ab und auf einen andern zu 
bringen getrachtet, der ſelbſt Fönnte zu Felde ziehen. 
TR des Sehnen Cap. 80. ©. ım. u. C. 83. 

3 und 


* Ein ſolcher Statthalter ift —— Eberbard von 
Sarma, A. 1253. der die erneuerte Culm. Hand⸗ 
feſte unterſchrieb. Burchard von Hornbuſen, 
der als Vicemagiſter 1255. die Urkunde in den Act. 

Boruſſ. Tom. III. ©. 141. bezeuget. Ludwig von 
Queden, welcher 1251. in Preußen, und 1256. im 
Netlaub gewefen; nach Arnds Kiefland. Ebronike 

Th. ©. 54. Not. b. Auch Gerbard von Herz 
. oder Hirſchberg, der 1257. Bicemagifter in 

Preußen war, laut feiner ade © dem Co- 

dice Diplom, Pomer, ‚©. 401. 


j 


ſo ſetzet ihn Schuͤtze vielleicht nach der A 


326 Yon Abdankung des Hohemeiſt. 
und anderer Ausſage, erhub fic) das Borfpiel des 


Abfalls im Jahre 1259. da im Kerfauer Sande eine 


fefte Burg gebauet ward, welche die Heiden eben fo 
wenig gleichgültig anfaben , als Königsberg. Des⸗ 
wegen ift es glaublich, daß dem Hohemeifter ſowol, 
als dem Orden eingeleuchter habe, nun wäre es gut, 
wenn der Orden einen Hohemeifter hätte, der felber 
den Krieg Flüglich führen Fönnte, und darum Poppo, 


wo nicht zu Ende des Jahres 1259, Doch zu Anfange 


des 1260. Jahres fein ſchweres Amt niedergeleget habe. 

„11. Mad) dem angeführten bleibt es alfo mehr als 
bloß wahrſcheinlich, daß unfer Poppo wenigſtens 
im Jahre 1260. feine Hohemeifterfchaft aufgegeben ; 
und es kann fich auch zeigen laſſen, daß im May Dies 
fes 1260. jahres ſchon ein ander Hohemeifter gewe⸗ 


fen, ehe Anno von Sangerhauſen Dazu gelangef. 


Wobey auch) nicht zu vergeffen ift, daß in dem Jahre 
1259. die Tartarn mit den Reußen und Litthauern in 
Polen eingefallen find im November und December, 
Dafelbft im Sendomirifchen und im Erafewifchen gar 
gräulich gehaufer haben, da ihnen niemand Wider« 


ftand thun Fönnen. Welches Diugoffus nicht Fläg- 


lich genug befchreiben Fann im 7. Buche feiner Pol⸗ 
niſch. Gefchichte Sp. 757 ff. Diefe in Polen an- 
gerichtete Verwuͤſtung, welche ein Biertheljahr lang 
gedauret hat, jagte auch dem deutſchen Orden ein uns 
gemeines Schreden ein, und mag viel zur Abdanfung 


des Hohemeiſters beygetragen haben; zumal da die 


Litthauer in Maſuren und Preußen große Streife— 
reyen ausuͤbeten. Daſelbſt Sp. 759. 760. 
12. Was aber den Tod unſers Poppo anbetrifft, 


richt 


en Poppo von Oſterna. Va. 


sicht des Düsburgers bey dem 113. C. des II. Theils 
auf den 8. Jul. des Sahres 1263. Es fteht aber da 
entweder recht oder falfch gefchrieben ver Name Anz 
no, immaßen es befannt und unftreitig it, daß Anz 
no viel länger gelebet habe, als bis 1263; und ein fo 
grober Fehler dem Düsburger kaum kann zur Saft ge= 
leget werden, es wäre denn, Daß man das Jahr des 
Todes bier nicht zu fuchen hätte. Sch Dachte Jero⸗ 
ſchin würde dabey mehr Licht geben: aber er har 
eben fo gelefen, doch giebt er was mehr Licht. Denn 
fo reimet er; Bruder Anno, als id) las, der fiebende 
Hohmeifter mas bis an die Zit gewefen, und hätte 
ouch vorweſen Bas Anmeche wohl mit Prife ꝛc. Iſt 
Anno fchen im Fahre 1260. Hohemeifter geworden, 
fo Fann freylic) von ihm geſaget werden im Sahre - 
1263. daß er bis an die Zeit fehon auf 3 Jahre fein 
Amt löblich verwaltet habe. Aber nach dem Latein, 
ſcheint es auf den Anfang der Regierung des Anno, 
alfo auf des Poppo Ende zu gehen, davon eine'alte 
Nachricht fcheine gewefen zu feyn, daß er 2 jahre 
nach der Abdanfung geftorben. Wenn Poppo nicht 
verftanden wird, fo ift die Nachricht nüglich, und man 
ſieht, weswegen viele den Anfang der Regierung des 
Anno in das Jahr 1263. gefeget haben. Was von 
Herzogs Ausfage zu halten fen, laffe ich dahin ges 
ftellet feyn, weil ic) diefes nur als etwas bisher uns 
bemerftes habe zu weiterer Unterfuchung anregig mas - 
chen wollen *. Vielleicht ift es nur ein Fehlſchuß, 
wenn 


*Wie bey dem Jahre 1253. der Anfang der Regie⸗ 
rung des Poppo von Oſterna mit eben ſolchen 
Worten ausgedruckt wird: Er. Poppo de Oſterna 
M. gene- 


323 Bon Abdank. des Hohemeift: ıc. 
wenn Anno 1263. zur Regierung gekommen, fo fey 
Poppo im vorigen Fahre nad) der Zabel erfchlagen, 


Danzig, 1758. d, 18. Junii. — 
| | 9. P. 
M. generalis VI. ordinis domus Teuton. fuit hoc. 
teinpore; fo Eönnte hier auch auf den Anfang der 
Regierung ded Anno ein falfcher Schluß aus des 
Poppo Sterbe⸗Jahre gemacht feyn; obfchon bey 
dem 69. Cap. angemerfet war, Poppo habe fein 
Amt refigniret. Alsdenn bliebe der Sterbetag fur 
den Anno ohne Jahr angegeben. Und diefeg halte 
ich für das glaublichfte bey der Nachricht, daß 
der Tod des Poppo im Jahre 1263. fich begeben, 
und von da alfo der Anfang der Regierung des 
Anno nur beygaͤngig und vermuthlich gemeldet fey, 


Inhalt 


des dritten Stuͤckes im 24. Bande. 


I. Incatville, wie die Chineſer das Horn zu den Later⸗ 
nen zufanımen lörhen. 227 
U. Apples, Befchreibung ded Fall: oder Wundtrankes, 
alls der fehmweizerifchen Panacee. 0. 24h 
II. Nachricht von den weiſen Einrichtungen der böch- 
ften Obrigkeit zu Liffabon bey dem erfchrecklichen 
Erdbeben. 262 
IV. Nachricht von der Inſel Californien. 286 
V. Abhandlung vom verfinfterten Zimmer. 306 
VI. Bon der Abdanfung des Hohemeiſters Poppo von 
318 


Oſterna. 
RR Ne 





Samburgiſches 


geſammlete Schriften, 


Naturforſchung und den angenehmen 
Wiſſenſchaften uͤberhaupt. — 








Des ꝛaſten Bandes viertes Stuͤck. 
Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freyheit. 


Hamburg und Leipzig; 
bey Grunds Witwe und Adam Heinrich Holle). 
. 1760, ’ ER 








—J J. 
— Brief | 
uͤber die Gothiſche Baukunſt. 


Aus den Memoires de Trévoux. 


Auguſt. 1759. ©. 455. 


n meinem legten Schreiben habe ich 
Ahnen einen Begriff gegeben, wie 
die Baufunft unferer Kirchen zu 
m Rom, zwölf Jahrhunderte hindurch _ 
iſt beſchaffen geweſen. Ich habe verfichern Fönnen, - 
daß fie dafelbft fich nicht eher, als am Ende des 
funfzehnten verändert hat, weil ich die Gebäude, von 
denen ic) geredet, gefehen habe; und indem ich von 
jedem Alter zum andern, der Zeit ihrer Erbauung 
gefolget bin, habe ich aus der Geſchichte derfelben fo 
viel lernen koͤnnen, als zureichend war, mein Urtheil 
zu befeftigen. Aus diefer beftandigen Gleichfoͤrmig⸗ 
keit erhellet, daß die griechifche Baufunft in Kom, 
‚und überhaupt in Sytalien 5 niemals fo wie —— 
2 uͤbri⸗ 





YA 


na übrigen <peilen d von Europa agent: "Man. ’ 
vergaß zwar zu Rom, fo wie anderwärts, die Ber: _ 
bältniffe, die Ziertichteit ‚ bie geſchickten Eintheilun- j 
gen derſelben; allein man behielt Doch) jederzeit das _ 
Weſentlichſte Hiervon bey, Der Grund hiervon ift 
biefer. Die alten Römer hatten in ihren oͤffentli— 
chen und privat Gebäuden. die Säulen fo. häufig an⸗ 
° gebracht, daß, nach den Einfällen der Barbaren, 
und den Berheerungen der darauf folgenden bürgerz 
lihen Kriege, man mehr Materialien, als nöthig 
waren, fand, die Tempel des Chriſtenthums damit 
anzuzieren. Man fuchte hiervon Feine anderswo, 
als unter den Ruinen fo vieler prächtigen Gebäude, 
welche in die Afche geleget worden waren: man be— 
diente fich derfelben um fo viel Lieber, da die Materie 
davon Foftbar war, und fie felbft ſchon ganz zuberei⸗ 
tet waren, und eg nur darauf ankam, fie wieder zu⸗ 
fammen zu feßen. Ungeachtet man wenig Öenauig- 
Feit hierbey anwendete, war dieſelbe dennoch hin— 
laͤnglich, eine Art von Tradition. zu unterhalten, 
wenn ich fo fagen darf, und in der Folge zu etwas 
befferm zu leiten. Somohl bey Ausbefferung alter 
Gebäude, als bey Aufbauung ganz neuer, entftund 
‚eine geroiffe Hebung, alte Sachen wieder neu einzus 
kleiden (une routine de r’habillage), davon- man . 
ſich nicht entfernete; und dieſe Uebung war, nebſt 
einigen Ueberbleibſeln alter Denkmaͤler, der gluͤckliche 
Funken, welcher das Genie der Künftler des funfe 
zehnten Jahrhunderts wieder anzuͤndete. | 
A Die Länder, welche von Ftalien gegen Norden, 
und jenfeit der Alpen liegen, hatten diefe Bortheile 
nicht. Da fie von * — und von * 
| ar⸗ 


‚über die gothiſche Baufunfl. 341 
barbariſchen Voͤlkern bewohnet wurden, lerneten fie 
die Kuͤnſte Griechenlandes nicht eher Kennen, als 
da ihnen die Römer bekannt wurden. Selbft dieſe 
brachten, bey Ausbreitung ihrer Eroberungen, ihre 
große Pracht nur in die Provinzen von Gallien und 
Spanien, welche am naͤchſten am mittellaͤndiſchen 
Meere lagen, und in die Provinzen Deutſchlandes, 
welche von der Donau an gegen Mittag gelegen wa⸗ 
ren. Faſt nirgends, als in Provence, Langue⸗ 
doc, Catalonien, u. f. f. findet man nur noch ei⸗ 
nige Weberbleibfel von beträchtlichen Denfmälern der - 
alten Römer, als Tempel, Bäder, Ampbitheatre; 
allein diefe Gebäude waren gemwißfich weniger präch- 
tig, als die in deu kleinſten Jandftädten in der Ges 
gend um Rom herum. In den mittäglichen Ges 
genden von Frankreich hat man. ziemlic) viel Mün- 
zen, Gefäße, und fleine Statuen, aber wenig alte 
Säulen gefunden; melches ein ftarker Beweis ift, 
daß die prächtigften Monumente gar Feine, oder 
wenigſtens nur folche, Die von Steinen oder Ziegel- 
fleinen waren, batten.. Zu den Seltenheiten zu 
Lion gehören die vier Säulen von Granit, die man 
in der Kirche der Abtey Ainay fieht, und, welche - 
ehedem nur zwo ausmachten. Es iſt mir nicht bes 
kannt, Daß fich noch andere dafelbft befinden; Lion 
war doch indeſſen der Dre des Aufenthalts mehr als 
‚eines Kaifers, und in Öallien war keine beruͤhmtere 
Stadt, als dieſe. 

Bey diefem Mangel an Säulen, gab daher die 
Zerſtoͤrung der Tempel des Heidenthums, denen 
Staͤdten in Gallien, Spanien und Deutſchland, faſt 
gar nichts au die Hand, ihren geheiligten Gebäuden 
N) 3 & einigen 


N * Brief ® 


einigen Zierrath zu geben, und die Kenntniß, die 


man Dafelbft von Der griechifchen Baukunſt haben 


fonnte, ein wenig zu unterhalten. Man ſah ſich 


gezwungen nachzuahmen, und dieſe Nachahmung 
wurde mit der Zeit fo ſeltſam, daß fie den Namen 


der Erfindung befam, Wenn man es aber einem 


Volke zu einem Verdienſte anrechnen kann, ven Ge- 


fhmad der Bauart, die wir die.gorbifche nennen, 


erfunden zu haben, welchem Bolfe muß man wohl 
diefe Ehre beylegen? Ohne Zweifel den Gothen, 


wird man fagen; fo wie man den corinthifchen,, den 
Kouͤnſtlern zu Corinth ſchuldig iſt. Diefe Meynung 


iſt zu alt, und zu allgemein, und hat zu wenig wich⸗ 
tige Folgen , als daß id) mit einiger Hoffnung, oder 


nur einiger Begierde, fie übern Haufen zu werfen, 
fie zu beftreiten unternehmen follte. Ich will hier 


weiter nichts, als einige Anmerfungen machen, wel: 


che, wie genvöhnlich, weiter feinen Endzweck haben, 
als fir mich-felbft die Gefchichte der Baukunſt zu 
entwickeln, und mich zu verfichern, ob die gothifche 
Drönung den Gothen fo zugehöret, wie die Bande 
Drönung den Doriern zuzufchreiben iſt. 


Wenn man die Gothen, als die Erfinder A 


fo genannten gotbifchen Baufunft anfehen foll, fo 
muͤſſen fie diefelbe aus den Ländern, aus welchen fie 


gekommen find, mitgebracht, oder Diefelbe hernach 


erfunden haben, nachdem fie ſich in Sstalien, und 


den übrigen mittäglichen Gegenden von Europa, feſt 


niedergelaffen hatten. Eines fcheint mir ſo wenig 


wahrfcheinlich als har andere zu ſeyn. 


2. Alle 


uͤber die gothiſche Baukunſt. 343 


ä u. Alle Gefchichtfehreiber, die, wenn fie von den 
Gothen reden; die Fabeln, in Anfehung ihres Ur— 
forunges, ihres Alters, ihrer Sitten, u. ſ. w. nicht 
"angenommen haben, ftimmen alle darinn überein, \ 
daß fie ung diefelben als Barbaren vorftellen, die 
nicht eher in der Gefchichte bekannt zu werden anges 
fangen haben, als zu der Zeit, da fie angefangen 
haben mit Feuer und Schwerdt in das Innerſte des 
Roͤmiſchen Reiches einzudringen. Sie mögen an 
den Ufern der Weichfel, oder des Tanais gewohnet 
haben, daran ift nichts gelegen; wenn man nur eis 
nes von diefen Ländern, fo wie fie vor funfzehn Jahr—⸗ 
hunderten waren, nennet: fo fehließt man zugleich 
alle Begriffe von Künften und Wiffenfchaften,, die 
mit dem Kriege Feine Verwandtſchaft haben, ganz: 
lich aus. Und in der That, die gotbifche Baufunft, 

ie plump man fie auch fich vorftellet, erfordert, fo 
- bald man fie nicht auf bloße Mauern einfchränfer, 
mehr Fünftliche Verbindungen, als Bölfer, welche 
öfters berumfchmeifeten, und faft beftändig gegen 
ihre Nachbarn gewaffnet waren, zu machen Zeit 
hatten, Sie wohneten nicht unter Zeltern, ich gebe 
dieſes, in Anfehung des rauhen Himmelsftricyes, 
gerne zu: allein ihre Häufer waren weiter nichts, 
als folcye elende Hütten, welche die Natur. allein 
diejenigen, die fich gegen die Beſchwerlichkeiten der 
Witterung, und gegen die Zähne der wilden Thiere, 
in Sicherheit feßen wollen, bauen lehret. Die 
DBaufunft war ohne Zweifel nicht allen Bölfern der 
Erden befannt, die nicht fo Erfindungsreih, als 
die Aegyptier und Griechen waren, oder Die mit ih- 
nen Feine Öemeinfchaft hatten. | re 
J N) 4 2. Es 


ur. 
2, Es ift fehr ſchwer zu glauben, daß die Go—⸗ 
then, in Stalien, eine Kunſt follten erfunden haben, 
die ihnen bey ſich unbekannt war. Sie ließen ſich in 
dieſem ſchoͤnen Lande nicht eher nieder, als zwey hun⸗ 
dert Jahre nach der Zeit, als ſie das erſte — * unter 
dem Marcus Aurelius zum Vorſchein gekommen 
waren. Was waren aber die Gothen, von dieſem 
erſten Zeitpuncte an, bis zu dem Theoderich, dem 
erſten Könige ter Gothen, der Italien, ohne die 
Waffen zu brauchen, Gefege gab? Und was für 
eine Rolle fpielten fie damals in Europa? Eben 
‚diefelbe, Die vor ihnen die Dacier, Marcoman⸗ 
ner, Duaden, u ſ. fi gefpielet hatten, und welche 
zu gleicher Zeit, und gemeinfchaftlich mit ihnen, die 
Hunnen, Dandslen, Gepiden, uf w. ſpielten. 
Die Gothen waren damals nichts, als ein aufs 
Rauben und Pluͤndern begieriges Heer, das nach 
dem Wohlgefallen ſeines Oberhaupts herumſchwei⸗ 
fete, bald dieſe, bald jene Provinz des Reiches an— 
fiel, das ſich heute in den engen Päffen der Alpen, 
und Morgen vor den Thoren der Stadt Rom zeige> 
fe, das die Städte verheerte, die ihm widerſtan⸗ 
den, und ſich, bis auf weitern Befehl, in denjeni⸗ 
gen, die fie aufnahmen, niederließ, feine Ruhe an 
„endete, Waffen zu fehmieden, und an nichts wer 
niger dachte, als Häufer oder Tempel zu erbauen. 
Ich fehe dafjelbe zum legten male unter der Anfüh- 
rung des Theoderichs aus dem Innerſten Thras 
ciens wieder heraus kommen. - Diefer theilet anfäng- 
lich mic einem Mebenbuhler die Staaten des kegtern 
| a —— aber bald any bemäch- 
| tiger 


uͤber die gothiſche Baukunſt. 345 
tiget er ſich derſelben allein. Er laͤßt ſich zu Ra⸗ 
venna nieder, und errichtet daſelbſt den Sig feines 
Reiches, jerftreuet feine Soldaten durch ganz Ita— 
lien, und aus einer Menge Barbaren, von unters 
schiedenen Namen, entjteht ein Vol, "welches den 
Namen ver Gorhen führer, Theoderich hat einige . 
Nachfolger , welche niche fo ruhig und gluͤcklich, als 
er, regieren; nachdem ſie beſtaͤndig mit den Kaiſern 
im Oriente Krieg gefuͤhret hatten, liegen ſie endlich 
unter, verlaſſen Italien auf beſtaͤndig, und begeben 
ſich mit ihren Unterthanen zu denenjenigen von’ ihrer 
Mation, die fi fehon in Franfreich und Spanien 
niedergelaflen hatten; und endlich ‚findet man, zu 
Anfange des achten Jahrhunderts in dieſen Gegen⸗ 
den von Europa, nicht ein einziges Koͤnigreich der 
Gothen mehr. 

Kennet man aber nun in Italien, in Frankreich, 
in Spanien, in Deutſchland, eine einzige Kirche, 
die man Gothiſch nennet, welche fic) von dieſer Zeit 
ber fehreibe, und welche ihrer Größe, ihrer Einrich⸗ 
tung, ihrer Zierrathen. wegen denenjenigen ähnlich 
ift, die heut zu Tage diefen Namen führen? Um 
den Gothen die Ehre, die Kunft, fo man ihnen zu: 
ſchreibt, erfunden zu haben, beylegen zu koͤnnen, 
ſcheint es mir noͤthig zu ſeyn, daß noch irgend ein 
großes Monument übrig fey, welches von ihnen er- 
bauet worden, und zum Erempel nach dem Ge— 
ſchmacke u. !. 'g, Kirche zu Paris eingerichtet ſey. 
Wir ſagen taͤglich, wenn wir unſere alten Cathedral: 
kirchen anſehen, daß diejenigen, die ſie aufgefuͤhret 
haben, dauerhaft baueten; y diefes ift auch andem. 

U 5 Es 


6 


Es iſt länger, als fünfundere Safıe, daß U. L. Ft. 
Kirche zu Paris. fteht, und fie wird noch viermal fo 
Yange ftehen bleiben , wenn ihr Untergang von nichts 
weiter, als von einem übelen Zuhauen der, Steine, 
von einer. fehlechren Verbindung der Materialien, 
und von einem Fehler gegen die ſenkrechte Stellung 
der Mauern herruͤhret. Ein folches Gebäude, mel- 
ches taufend Jahre geftanden hätte, "würde: Fein 
Wunder des Alterthums feyn, und alsdenn würde 
diie Zeit feiner Erbauung fid) ven Zeiten der Gothen 
naͤhern. Es wird mir indeffen ſchwer zu glauben, 
Daß man in Sranfreich. und in Italien eines finden 
fönnte, welches älter, als das zehente Jahrhundert, 
und innerhalb hundert Jahren vollendet worden 
wäre. Denn man würde meine Muthmaßung nicht 
übern Haufen werfen, wenn man eine Kirche anfuͤh— 
ren wollte, deren Grund im neunten Jahrhunderte 
gelegt, und das ‚Kreuz i im eilften auf den Thurm ge= 
feget worden wäre; und es ift zu merfen, daß faſt 
. ‚alle unfere Cathebralficchen ein Werf von zwey 
oder drey Jahrhunderten find, Hiervon rühren die 
fo gewöhnlichen Ungleichheiten zwifchen den verfchie= 
denen Theilen des Gebäudes her; hier fieht man 
viel Plumpheit, und Dort viel keichtigfeitz an dem 
einen Ende Gallerien, und auf der andern weiter 
nichts, als eine bloße Mauer; uͤbel in die Augen 
fallende Winkel bey der Verbindung des Chors mit 
dem Schiffe, u. ſ. w. Alles dieſes ſind Fehler, 
welche eine Arbeit von verſchiedenen Haͤnden, und 
eine große Abweichung der Baumeiſter von den 
Riſſen, die von ihren Borfabren angenommen wor: 
den waren, anzeigen, 

Es 


q 


über die gothiſche Baukunſt. 347 
Es iſt mir befannt, daß man zwey Zeitalter 
bey der gothifchen Bauart unterfcheidet; Das erfte, 
da diefelbe fehr plump und ungeſchickt war; das 
zweyte, da fie viel feiner mar, und die gar zu. große 


Feinheit fo gar ein. Fehler ward. Kann man aber 


Daraus folgern,, daß unfere Baumeiſter weiter nichts 
gethan haben, als dasjenige vollfommen zu machen, 
was die Gothen erfunden hatten?  Diefer Unter 
fhied der Zeitalter fcheint mir nid fo gegründet, 
noch fo deutlich zu bemerfen zu feyn, als derjenige, 


der die griechifche Baufunft betrifft. Don viefer 


letztern Fann man wirklich fagen, daß fie verfchiedene 


Zeitalter gehabt hat, wenn man fie nach den Grund» 
fügen, welche aus der Natur hergenommen find, 
und nach) den Regeln der DVerhältniffe, davon eine 
aus der andern folget, vom Schlechten zum Guten, 
und vom Guten zum Bortrefflicyen übergehen fieht. 
Allein bey der gothifchen koͤmmt es auf nichts weni= 
ger, als auf Verhaͤltniſſe und UWebereinftimmung 
an. Man geht von einem enfgegengefeßten Ende 
des Sehlerhaften zum andern, ohne einen andern 
Grund, als den Eigenfinn, und die weniger oder 
mehr große Verwegenheit ver Erbauer, Die Ca— 
thedralficche zu Bourges ift von eben derfelben 
Zeit, als die zu Rouen, und. beyde find die aͤlteſten 
im Königreiche. Dieſe legtere ift ein ungeheurer 


Steinhaufe; jene druͤcket kaum die Erde, Unſerer 


Lieben Frauen Kirche zu Amiens, ift aus der Mitte 
des dreyzehnten Jahrhunderts; und U. F. Kirche 
zu Peris, ift aus dem Ende des zwölfien. Meis 
ſter Stephan von Lusarche, welcher die erftere 

erbauete, 





348 Brief Über die goth. Be Rautunſt. 


erbauete, hatte viel mehr Leichtigkeit im Genie, als 
der Baumeiſter der zwoten. Die Zeiten der Er: 
bauung diefer beyden Monumente find fo wenig -- 
von einander entfernef, daß man dem Unterſchiede 
der Zeit, die Berfchiedenheit ihrer Schönheit nicht 
zufchreiben darf; fie rühret bloß von der Geſchicklich⸗ 
feie der Arbeiter ber. Wenn die gothifche Bau- 
kunſt zwey Zeitalter gehabt Hat, fo hat das erfte ge: 
wiß fehr fpäte angefangen, und nicht lange gedau⸗ 
ret, wofern man nicht fagen will, daß es noch in 
dem zweyten zu finden iſt. 


Wie iſt aber endlich ein m Geſhmachi in der Bau⸗ 
kunſt, der von dem Griechiſchen ſo weit entfernet ift, 
aufgefommen? Hiervon werde ich Sie zu einer 
andern an ar Ich bin ꝛc. ꝛc. 





x — 2 AN | Pi II. Schrei⸗ 


u, 4 


wi — * 9 

ee: 340 
ee en Sn 2 2 2 2 En **** 
' \ — ' } 4; J 
Schreiben — 


Ba ei. 


an den Grafen von Macclesfied, 
Praͤſidenten der Föniglichen Gefellfchaft, 


einige neue electriſche Verſuche 
BR. betreffend, EM 


von John Canton, M. A. 
Aus dem 48ten Bande der philofoph. Trandactionen. 


Milord! 


F a die Electricitaͤt, ſeitdem man ſie in den 
Wolken, und in der Atmoſphaͤre gefunden 
= hat, eine intereffante Materie geworden iſt; 
fo werden Ihro Herrlichkeit einige neue Verſuche, 
oder Beobachtungen nicht ungütig aufnehmen, mels 
che Anleitung zu einer beſſern Befanntfchaft mit ih= 
ver Befchaffenheit, und ihren Eigenfchaften geben 
koͤnnen. ah 
Die Electricität der Harze, und des Glafes des 
Seren dü Say, worauf er deswegen gerierh, weil 
er bemerfete, daß die Körper der einen Claſſe das 
anzogen, was die von der andern zurück ftießen, 
wenn beyde gerieben waren, befam nicht eher Nicht, 
als bis Herr Franklin den zweyten Theil feiner Bere 
fuche heraus gab ; woraus erhellet , daß eine Art 
| - von 


& 
8 


30° . VBoneinigen neuen | 
yon Körpern pofitiv, und die andere negativ eleckri- 
ſiret; daß erhißtes Glas das electrifche Feuer aus- 
wirft, und geriebener Schivefel es einzieht. Allein 
man hat noch feinen Grund angegeben, warum 
Glasförper, wenn fie gerieben werden, dieſes Feuer 
annehmen, und Harze es von fic) gehen. laffen. 
Zwar haben einige Männer von großer Einficht in 
diefen Materien, angenommen, die Ausdehnung des 
Glaſes, wenn es Durch Reiben erhigee worden, fey 
Die Urfache, warum es mehr von dem electrifchen 
Fluido annehme, als es von Natur hat; allein Die- 
ſes fann man von andern Arten von Körpern nicht 
annehmen, wie zum Beyſpiele von Schmefel, 
Siegellack ıc. welche das Feuer auswerfen, wenn fie 
gerieben werden, nicht annehmen. Bielleicht koͤn⸗ 
nen folgende Derfuche, welche erjt gegen Ausgang 
des Decembers 1753 angeftellet, und nachdem wie- 
derholet find, dieſer ſchweren Unterfuchung, ein neues 
Licht geben. | 

Nachdem ich eine Glasröhre mit einem Stüde 
DBlenfolie, und Schmergel fo lange gerieben hatte, 
bis es gar nicht mehr durchfichtig war; und Diefes 
vollfommen hatte trocknen laffen, fo rieb ich es mit 
neuem Flanell, und fand, daß es in allen Abfichten 
genau fo wirfete, wie geriebener Schwefel, und Sie— 
gellaf. Das electrifche Feuer ſcheint aus der Spige 
des Fingers zu fahren, und fid) auf die Fläche der 

Roͤhre auf eine fehr fehöne Art auszubreiten. 
Wenn man diefe rauhe und unebene Röhre mit 
einem Stüce von trocdenem dlichten Geidenzeuge 
(und vornehmlich, wenn es ein wenig. mit Kreide 
beftrichen wird) reibt, fo wirket fie wie eine * 
erne 


% 


electriſchen Derfuchen. 351 


ferne Röhre, die ihre natürliche Politur hat. Und 
alsdenn ſieht man das Feuer nur am Ende des Fin- 
gers, wo es fehr verdicket wird, ehe e8 eindringt. 

Wenn man aber die rauhe Röhre überall mit ei- 
nem. Talglichte befcehmieret, und es fo viel möglich, 
mit einem Tuche wieder abwifchet, fo wird das Sei- 
denzeug eine Art von Politur annehmen, indem man . 
fie damit reibt, und nachdem es einige mal auf und 
nieder. gezogen worden, wird es machen, daß die 
Roͤhre eben fo wirket, als vorhin, da fie mit Slas 

nell gerieben wurde. 

. Die ölichte Seide, wenn fie mit Kreide beſtri— 
chen worden, wird machen, daß die mit Talg be— 
ſchmierte rauhe Roͤhre wieder eben fo wirket, wie eis 
ne polirtes wenn aber das Neiben fo lange fortge— 
feget wird, bis der Zeug, womit man reibt, fehr 
glatt geworden ift, fo wird die electrifche Kraft wies 
der. fo werden, wie fie beym Schwefel, Giegels 
lad ze. ift. 

Dergeſtalt Fann man die electrifche Kraft, ſowohl 
die pofitive, als negative, hervorbringen,, fo oft man 
will, wenn man die Flächen der Röhre und des Deus I 
ges, womit man reibe, verändert; nachdem die ei= 
ne oder die andere durch das Reiben zmwifchen benden 
am meiften angegriffen wird. Denn wenn von eis 
ner Hälfte der Röhre die Politur weggenommen 
wird, fo kann man, wenn das Heibezeug einmal 
hinunter: zieht, beyde electrifche Kräfte erwecken. 
Und der Zeug: läßt fich leichter über die rauhen Thei⸗ 
le ziehen, als uͤber den glatten. 

Daß polirtes Glas poſitiv, und unebenes mit Fla⸗ 
nell geriebenes negativ electriſiret, ſcheint ſchon auch 
Daraus 


3 i Von einigen nem) — 


daraus —— weil zwiſchen dem Hndchel de 
Singers und. beyderlen Röhren ein“-Sicht, erfcheint ; 
doc) Fann es noch mehr dadurch beſtaͤtiget werden, 
daß ein glattes Glasrohr, wenn es mit glattern in 
Oel getraͤnkten Seidenzeuge erhitzet wird, bey jedem 
Zuge, wenn man die Hand wenigſtens drey Zoll 
hoch über dem Reibezeuge haͤlt, divergirende Pinſel 
von electriſchem Feuer in großer Anzahl auswirft: 
doch habe ich dergleichen niemals an geriebenem 
Schweſel, Siegellack ꝛc. geſehen, noch konnte ich 
bioß durch das Reiben diefer Körper jemals eine 
merfliche Veränderung im Zimmer erregen. Die 
Glasroͤhre hingegen wenn fie fo gerieben wird, daß 
fie Pinfel auswirft, wird in einigen ‚Minuten, ‚ die 
Luft fo electriſch machen, daß (wenn die Roͤhre weg⸗ 
gebracht iſt) ein Paar Kugeln, ungefaͤhr ſo groß, 
wie die kleineſten Erbſen, aus Kork, oder aus dem 
Marke eines Ahornzweiges rund heſchnicten, und an 
einem Drahte an Zwirnfaden von ſechs Zoll aufge: 
bangen, fid) auf anderthalb Zoll weit von einander 
abftoßen, wenn fie mit ausgeftrecftem Arme mitten 
ins Zimmer gehalten werden. Aber ihr Zurückftoß 
wird ſchwaͤcher, jemehr man fie dem Boden, dem 
Paneliwerfe, oder einem andern Hausgeräthe in die, 
Nähe bringt; und fie werden fich einander berühren, 
wenn man fie auf eine Eleine Entfernung an einen 
Conductor hält. Ich habe gefehen, daß etwas von 
dieſer eleetrifchen Kraft noch eine Stunde nachher 
fortdaurete, ‚als ich die Röhre gerieben hatte, ; wenn 
‚Das Wetter fehr trocken war. 
Die Electricität der Wolfen, in freyer Luft, kdeon 
se auf eben die Are entdecket werden, wenn man die 
- Kugeln 


electriſchen Berfuchen. 353 


Kugeln in einer genugfamen Entfernung von Gebäus 


den, Bäumen ıc. hielte. Ich habe diefes- oft mie 
einem Paar Kugeln verfucher, welche ich in einem 
£leinen engen Käftchen, mit einer Schieblade habe. 
Die Faden der Kugeln liegen darinn der Sänge nach, 
und koͤnnen, wenn ich fie heraus fallen laffe, gerade 
niederhangen: und diefe Kugeln werden bald anzei= 
gen, ob die Electricität der Wolfen oder der Luft 
pofitiv, oder negativ fey: pofitiv, wenn ihr Zurück 
ftoß bey der Annäherung eines geriebenen Agrfteing, 
oder Siegellacks, ſchwaͤcher, und negativ, wenn er 
ftärfer wird. | 

Unm die $uft negativ electrifch zu machen, oder 
die in ihr enthaltene Feuchtigkeiten, lege ich zwifchen 


zwey Stühlen, die ich mit den Ruͤcken gegen eins 


ander ftelle, ungefähr drey Fuß weit von einander, 


auf Seide ein dünnes Rohr, in deffen einem Ende 


eine feine Naͤhnadel ſteckt; und veibe Schwefel, 
Siegellack, oder die rauhe Glasröhre drey oder wier 
Minuten lang an dem andern Ende des Rohrs fo 
nahe, alsich kann. Alsdenn wird die Luft negativ 
electrifch, und wird es eine gute Zeitlang bleiben, 
nachdem ic) den Apparatum bereits in ein andereg 
Zimmer gebracht habe. | 9 
Sch habe oft gefunden, daß die Luft außer mei— 
nem Haufe, bey klarem Wetter, electrifch war; nie» 
mald aber des Abends , ausgenommen , wenn wir 


ein Nordlicht hatten; und auch alsdenn war fie es | 
‚ nur ein wenig, welches ic) in diefem Jahre oft bes 


merfer habe. In wie fern die pofitive und negatis 


ve Electricität in der Luft mit einer gehörigen Quan⸗ 


24 Band. 3 y titaͤt 


” 


/ 


— Von einigen neuen 


titat· von Feuchtigkeit darzwiſchen, die ihr zu einem 


Conductor ‚diene, dieſes und andere Lufterſcheinun⸗ 


gen, die ſich oft am hellen Himmel zeigen, erklaͤren 
kann, das will ich denen zu beſtimmen uͤberlaſſen, 


welche ſich um dieſen Theil der natuͤrlichen Philoſo⸗ 
phie befümmern. Nur ſcheint es wahrſcheinlich zu 
ſeyn, daß trockene Luft in einer großen Entfernung 
von ber Erde, wenn fie in einem electriſchen Stande 
iſt, darinn fo lange bleibt, bis fie einen ſolchen Cona 
Ductor antrifft. Eine geriebene Ölasröhre, die ihre 


natürliche Politur bat, wird, wenn fie in der Mita 


te eines Zimmers in bie Höbe gerichtet, und mit eis 
nem Ende in ein Loch eines Klotzes geftecft wird, ge= 
meiniglich i in weniger als fünf Minuten ihre Electris 
eität verlieren, indem fie eine genugfame Menge 
Seuchtigkeiten anzieht, Die das electrifche Fluidum 
„von allen Theilen ihrer. Fläche auf den Boden füh« 
zen. - Wenn fie aber fo gleich ‚nachdem ſie gerie⸗ 


ben ift, auf eben die Art,-auf zwey Fuß weit an 


“ein gutes Feuer gefeget wird, wo fich feine Feuch⸗ 
tigkeiten an ihre Fläche hängen, fo wird ſie den gan⸗ 
zen Tag electrifch bleiben, und ich weiß nicht, wie 
viel länger. Es iſt bier nicht der unvechte Ort, 
noch zu ſagen, daß ein Glascylinder der nicht 
durchboret iſt, wenn er ſo lange am Feuer ſteht, 
daß er ganz trocken iſt, eben fo leicht erhitzet werden 
fann, als eine Glasröhre, und gleihe Wirkungen 
bat; wenn er einmal li wird er Aa fehr ele⸗ 


ctriſch ſeyn. 


In einem Aufſatze, den ic) den fechften Bir N 


‚gen DENE der Eöniglichen - Gefellfehafe vorle⸗ 


age, 


electriſchen Verſuchen. 35 


gete/ muthmaßte ich, daß die Electricitaͤt der At⸗ 
moſphaͤre auch im Winter bemerket werden koͤnnte: 
und nachher, ‚babe ich gefunden , „Daß Diefes wahr 
fey. Denn in den Monaten , Januar ‚, Sebruar 
und? März nad) einander, war mein Apparatus 
pofitio, und negativ, fo wohl bey Schnee, als Rex - 
gen und Hagel, nicht weniger als fünf und. zwan⸗ 
zig mal electrifch ; und. zwar eben fo ſtark zu einer 
‚Zeit, da Fahrenheits Thermometer zwiſchen acht 
und zwanzig und vier und dreyßig ſtand, als ich 
ihn jemals im Sommer gefunden habe, ber Don« 
nerwettern ausgenommen. 

Ich werde mich erfreuen, wenn diefe Beobach 
tungen und Verſuche Maͤnner, die mehr Zeit, und 
mehr Geſchicklichkeit haben, als ich, verleiten, die⸗ 
ſe Unterſuchung weiter zu treiben; denn es it fehr 
wahrfheinlih, daß ihre Unterſuchungen ſich durch 
viele nügliche Entdecfungen belohnen würden, Ich 
rg die — zu ſeyn. 

Milord ⁊c. 
John Lantom - 


MM. 





z 356 | Bernerfungen Re 
RR Kerr .. 
Einige TERN 


uͤber 


in americaniſches — 


von Iſrael Mauduit: 
Aus den philoſophiſchen Transaetionen B. 49. 


Je theilet die Wefpen i in drey Claſſen ein, 


nad) den verfchiedenen Dertern, 10 fie ihre Mes 
fter bauen, Einige wählen dazu abgelegene 
Theile von Häufern, anderegöcher inder Erde,undnoh _ 
andere Zweige der Bäume, Die Hauswefpen find 
die größten, und werben Horniffen genannt + die Erd⸗ 
weſpen find am "gemeinften in England; und die 
Baumwefpen teifft man häufiger in America an. 
Das Neſt, welches id) jego die Ehre habe, der 
Geſellſchaft vorzuzeigen, ift mir aus Maryland 
überfandt, wo man dergleichen in niedrigen Bäumen 
in den dickſten Theilen der Wälder finder, Es wird 
in einem männlichen Cornelfirfchbaume, oder Cornus 
ınas virginiana, gebauet, und hänge an einem ziem⸗ 
lic) weit hervorragenden Zweige, der einen guten Zoll 
im Almfange Bat, und von den übrigen Zweigen des 
Baumes gänzlich abgeſondert iſt. Die Eleinen Neben- 
fproffen diefes Zweiges gehen Durch das Meft, und die- 
nen ſtatt Pfeilern, die verſchiedenen Abtheilungen des 
Gebaͤudes zu vereinigen, und zuſammen zu halten. 
Das Neſt an ſich ſelbſt hat die Figur eines Kegels, 
oder eines zugeſplbten Ovals. Sein laͤngſter Dia- 
meter 


uͤber ein american. Weſpenneſt. 357 
meter‘ hat zwanzig Zoll, und der Eleinfte am untern 
Theile zwölf Zoll. In jeder Seite des Meftes be» 
finder fich eine Deffnung, deren eine den Bewohnern 
zum Yusgange, und die andere zum Eingange die 
net. Der obere Eingang war anfänglich enge, man 
bat ihn aber erweitert, damit man die Structur der 
innern Zellen defto deurlicher fehen koͤnne. 

Die außerfte Rinde befteht aus Papier : die verſchie⸗ 
denen Blätter deſſelben find am obernEnde am größten, 
und ambeften zu unterfcheiden. Sie find aſchfaͤrbigt 
fhaitirt, und geftreift, oder gemarmelt. Sonft liegen 
fie lofe auf einander, und machen eine Wand, die an ei⸗ 
ner Stelle anderthalb, an der andern vier Zoll dick iſt. 

Dieſe Bedeckung giebt den Wefden, um fo viel 
mehr genugfamen Schuß für den Regen, weil fie 
los, und locker zufammen  gefügt ift; da fonft gemeis 
niglich alles, was von dergleichen Materie verferti⸗ 
get ift, Waffer zieht, und fie leichter durchnaͤſſet feyn 
würden, wenn fie dichter und fefter wären; und aus 
‚eben der Urfache iſt die Spige des Kegels'am dick⸗ 
ften, und der untere Theil defie Elben. am ſteiſſten, 
und zellenfoͤrmiger geflochten. 

Unſer gewoͤhnliches Papier beſteht aus zerquetfche 
ten vegetabilifchen Säferchen, die ohne die geringfte 
Ordnung, bloß fo, wie fie das durchfeihende Waſſer 
auf dem Siebe zurück läßt, zufammen gefüge find. 
Diefes aber hat, wennman es mit dem -bloßen Auge 
betrachtet, ven Anfchein einer vegelmäßigern Lage ſei⸗ 
ner Theile; indem es gänzlich aus parallelfaufenden | 
Streifen befteht, zroifchen denen fic) ein Zwifchenraum 
von einer Linie befindet, und aus welchen Säferchen 
ar gehn, welche dem Serippe, und den Faſern einer 

EHE ı Feder 


3 Bemerkungen 
Feder auf eine unvollfommene Art gleichen. "Das 
Mifrofeop läßt von dieſer regelmäßigen tage wenig 
mehr jeben, als daß das Öerippe aus einem dickern 
und dichtern Gewebe befteht; weil es die Breiten zus 
ſammen hält, aus welchen es von dem Thiere nach und 
nach zufammen gefeßt wird. Lebrigens feheint es ein 
Gewebe von fehr grob zufammengefügten Fafern zu” 
ſeyn, und hat Feinen Borzug vor dem grauen ſchlechte⸗ 
u Papiere, womit ich es verglichen habe. 

In Abficht der Stärke ift es diefem weit nachzu⸗ 
Keen, denn es hat nichts von derjenigen Biegſarnkeit, 
die zu allem andern Gebrauche des Papiers noͤthig iſt; 
ausgenommen zu dem einzigen, wozu dieſes beſtimmt 
iſt. Bloß in dieſer Abſicht koͤmmt ihm die unbiegſa⸗ 
mere Natur ſeiner holzigten Faſern zu ſtatten; de 
weil es nicht ſo viel Naͤſſe einzieht, wie unſer gemeine * 
Loͤſchpapier, fo behält es feine Steifigkeit beſſer, wenn 
es naß wird, und fällt niche fo leicht zufanımen. 
An Farbe gleicht es genau dent Eichenzoder gemei⸗ 
nen Zimmerholze, das drey bis vier Jahre inder Luft 
‚gelegen bat; und das Mifrofcop entdecket, daß dieſe 
Farbe einer fremden Materie, die ſich angehängt bat, 
zuzufchreiben. ſey; ; denn die Faͤſerchen an ſich ſelbſt find 
hell weiß, wenig von unſerm weißen Papiere unter⸗ 
ſchieden, und mit den Flecken, die von der: feemben 
"Materie entftehen ‚ gefprenkel. 

"Es brennt wie Papier, murgiebt e8 eine (hioächere, 

und geſchwindere Flammevonfich, als wenn viel von 
feinem Dele vorher ausgedünfter waͤre: fein Geruch, 
"indem es brennt, entdecket nichts von ver Schärfe ei⸗ 
nes volatilifchen Salzes, fondern bereifer, er es 
„gänzlich aus — Theilen beſtehe. er 
es 


überein american, Weſpenneſt. 359 
Alles dieſes beftätiger‘basjenige, was Resumür 
von dem Baue eines folchen Neſtes ſaget. Es iſt 
- aus Holzfafern zufammen gefegt ; die anfangen, indie 
Faͤulniß zu gehen, wenn das Holz den Wirfungen der 
Sonne und des Regens lange bloß geftellet ift, und die 


äußern Theile deffelben anfangen, fi nah) und nah 


abzulöfen, und diefen Thieren Gelegenheit geben, ge= 
wiſſe Eleinere Faſern abzupflücken, die fie in einen Flei- 
nen Ball drüden, und nachdem fie diefelben angefeuch- 
tet, und einen Teig daraus gemacht haben, ihm mit ih⸗ 
rem Ruͤſſel und Vorderfuͤßen die jetzige Geſtalt geben. 
Die Marmorartige Farbe diefes Papiers ift alfo ei= 
ne nothwendige Wirfung der Methode, wie es verfertis 
get wird. Denn weil ein jedes Blatt aus vielen Brei⸗ 
ten beſteht, welche ſo lang ſind, als das Thier reichen 
kann: ſo wird auch eine jede Breite einen beſondern 
Schatten haben, der ſich nach den verſchiedenen Farben 
der kleinen Paͤckchen richtet, welche von ſo vielen Arbei⸗ 
tern von mancherley Materialien geſammlet wird. 
Uebrigens iſt dieſe Subſtanz ein wahres Papier; 
Das aber durch die genaue Oekonomie der Natur nur 
den Grad der Vollkommenheit hat, der ihm noͤthig 
‚war, biefer einzigen Beftimmung ein Önüge zu thun. 
Das Mifrofcop zeiget, Daß es aus gröberer Materie, 
und überhaupt aus einem loferen Gewebe beftehe. Es 
iſt ein feltenes, obwohl nicht das einzige Beyfpiel eines 
Werkes der Natur, das von einem Werke der Kunſt 
von gleicher Art weit uͤbertroffen wird. 
Der inwendige Bau dieſer Neſter iſt von dem Herrn 
Beaumuͤr ſo genau beſchrieben, daß wir nicht Hoffen 
Dürfen, bey der Eröffnung etwas neues zu € entdecken. 


RB RAR 
RE W. Aue: 


360 ¶ Von einem Ausbruche 


— * ** * ee ee ee 


W. * 
Auszug eines Scheeisene 


von dem Magiftrate der Stadt Mafali | 
in Sicilien, 


einen Ausbruch 


des Berges Aetna 


betreffend. 


Aus dem 4often Bande der ihn 
Transactionen. 


m Sonntage, als den 9. dieſes Monates 
Maͤrz, um Mitrage, fing der Berg Aetna 
an, mit einem -entfeglichen Getoͤſe, eine 
Menge Flammen und Rauch auszumerfen, Um 
vier Uhr deffelben Tages wurde Die Luft gänzlich ver 
finftert, und mit ſchwarzen Wolfen bevedt. Um 
fechs fiel nicht allein auf die Stadt Maſcali, ‚und, 
deren Gebiete, fondern auf die ganze Nachbarfchaft, 
ein Hagel. von Steinen, deren jeder ungefähr, drey 
Unzen wog. Dieſer Steinhagel ‚hielt an. bis ein 
Vierthel nach fieben; fo daß wegen der Dunfelheit 
der $uft, des Fallens der Steine, und der * 
lichen Ausbruͤche des Berges, ein jeder — 
juͤngſte Tag ſey da. Als der Steinhagel voruͤb * 
war, folgete ein u; ſchwarzen andes, de 
| Die 





* des Berges Aetna. 361 | 


die ganze Macht Eindurch anhielt. Den folgenden 
Morgen, als am Montage um 8. Uhr, entftand am 
Fuße des Berges ein Wafferfluß, der in einer halben 
Dierthelftunde nicht allein eine be.-ächtliche Strecke 
desjenigen unebenen Landes, welches am Fuße des 
Berges liegt, uͤberſchwemmte, fondern auch, als das 
Waſſer plöglich ablief, alle erhabene Derter und Un⸗ 
gleichheiten der Dberfläche eben machte, und eine 
große mit Sand bedeckte Ebene zuruͤck ließ. Ein 
Bauer, der bey diefem fo feltenen Schaufpiele zu= 
gegen war, hatte die Neugierde, das Wafler zu bes 
rühren, und verbrannte die Spiße feiner ‚Finger. 
: Die Steine und der Sand, welche noch allenthalben 
liegen, fo weit nur die Ueberſchwemmung gereichet 
hatte, waren nicht im geringften von dem Seeſande 
unterfchieden, und eben fo falzig. So fabelhaft diefe 
Erzählung fcheinen mag, fo wahr ift fie. Machdem 
das Waſſer aufgehöret hatte, brach aus verfelben 
Oeffnung ein £leiner Feuerftrom hervor, der vier und 
zwanzig Stunden lang floß. Am Dienftage ent» 
ftand, ungefähr eine Meile unterhalb diefer Deffnung, 
ein anderer Feuerfttom, der auf 4000 Fuß breit 
war. Er fing an, wie ein Fluß, die benachbarten 
Felder zu uͤberſchwemmen, und fährt noch immer in 
feinem Laufe fort, da er fi) fhon über zwo Meilen 
ausgebreitet hat, und der ganzen Gegend den Unter⸗ 
gang drohet. Wir find deswegen noch in großer 
Furcht und Schreden, und im beftändigen Gebethe. 
ben ı2. März 1755. 

nur. we 

WERE RR: V. Unter: - 


’ 


# 


362 DbdieChefiheidung 
RR ee Se 

Dt Bee 
Unterſuchung der grage: | 


Ob das Verboth der Eheſchei⸗ 
dung der Vermehrung der Menſchen 
| nachteilig ſey? | 
Wider Des Hrn. von Montes quiou — 
perſianiſche Briefe. 


fragen, wenn wir überzeuget werden, daß 
die Gefeße, denen wir unterworfen find, zu 
unſerer Wohlfahrt abzielen? Ich glaube, niemand 
wird diefe Frage anders, als mit Ja! beantworten, 
Dennoch leben wir in einem Jahrhunderte, welches, 
fo erleuchtet es auch ſonſt ſeyn mag, dem Tadel der, 
vernünftigen Nachwelt nie entgehen wird, weil die 
Gewohnheit allzu fehr darinn eingeriſſen ift, daß man 
die beiligften, die vernünftigften , dienüglichften Ge— 
ſetze, welche die chriftliche Religion nad) der Bor: 
ſchrift des: weifeften Geſetzgebers beobachtet, für un- 
überlegt, und der menſchlichen Geſellſchaft nachthei⸗ 
lig haͤlt. Es iſt zu bedauren, daß Maͤnner, deren 
Anfehen, Geſchicklichkeit, und lebhafte Schreibart, 
A Andere — “ihren Witz dazu ‚misbrauchen, 
* Ihren 


N X 6. I, ’ h or # 
SE es nicht viel zu unferer Beruhigung bey: 


der Bermehrungnachtheilig fen? 363 
ihren Mitbürgern einen fo entfcheidenden Grund ber 
"Beruhigung zu rauben, : Die Schriften des bes 
ruͤhmten Heren Präfidenten von Montesquiou, 
‚die fonft fo viel Vorzügliches und wahrhaftig Nuͤtz⸗ 
liches in ſich enthalten, ſind von dieſem Vorwurfe 
nicht frey. Ich weiß, daß verſchiedene darinn ent⸗ 
haltene Saͤtze bereits von geſchickten Maͤnnern gepruͤ⸗ 
fet ſind; ich weiß aber nicht, ob ſie denjenigen ihrer 
Aufmerkſamkeit wuͤrdig gehalten haben, in welchem 
der Herr von Montesquiou behauptet, daß das 
hriftliche Verboth der Ehefcheidungen einem Staate 
nachtheilig fen. Ohne mich darum zu befümmern, 
was andere hierwider eingewendet haben möchten, 
-werde ich bloß meine eigene Meynung hiervon der 
weitern Pruͤfung des Leſers mittheilen. | 
hi $. 2.: Der Herr von Montesquiou ift der Mey: 
Hung), daß unfer Erdboden jest nichtmehr fo bevöl« 
kert, als in Den vorigen Zeisen fey. ch will mic) bey 
es Euſcheiding dieſer Sache nicht aufhalten die 

bis auf eine bequemere Zeit ausſetze. Jetzt be: 
r äfftige ich mich bloß mit der Unterfuchung des 
($ 2) angeführten Satzes. Um. meinen Leſern 
nichts zu verheelen, will ich die eigenen Worte des -" 
Herrn von Montesquiou anführen: „Seit dem Die 
Hrifttiche und mahometaniſche Religion fid) in die - 
römifche Adele gerheiler haben, fhreibt er, unter de 
- angenommenen Öeftalt eines reifenden Perfianers *), 
find’ auch die Dinge verändert worden, Es fehlee 
gar viel, Sag jegt * zwo Religionen der Fort⸗ 


pflanzung 


* ©. Verf aniſche Dicke Seite 413. der deutſchen 
FAR 





364 F 


pfianzung des Pa fo ae er BEER 
als ihr die Religion dieſer Beherrſcher der Welt ge: 
wefen ift. Rach diefer war die Wielweiberey ver 
bothen, und darinn hatte fie- m. * mahometani⸗ 
ſchen einen großen Vortheil. a 
‚war. ‚zugelaffen ,- ‚und in dieſem ae erhielt ſie kei⸗ 
nen geringen Nutzen für der chriftlihen.„ 
006 3. Ich gebe dem Herrn von Montesquion 
in —— Bepfall was er von der durch die maho⸗ 
metaniſche Religion verbothenen Vielweiberey ſaget: 
allein ich kann nicht glauben, daß das chriſtliche 
Verboth der Eheſcheidungen, dem Wachsthume des 
menſchlichen Geſchlechtes hinderlich ſey, wenn ich 
auch nicht auf die Urheber des Verbothes ſehen will. 
Doch ich muß die Gruͤnde in ihrer voͤlligen Staͤrke 
anfuͤhren, durch welche der Herr von Montesquiou 
feine Meynung unterſtuͤtzet. Er glaubet, 1) durch 
die Unzertrennlichkeit des Eheſtandes, wuͤrde dem⸗ 
ſelben nicht nur alle Suͤßigkeit entzogen, ſondern 
ſelbſt ſein Endzweck litte dadurch einen gewaltigen 
Stoß, man habe ſeine Bande getrennet, indem 
man ſie feſter zuſammen zu knuͤpfen geſuchet, und an 
ſtatt einer vermeynten genauern Verbindung der 
Herzen, dieſe auf ewig von einander geſchieden. 
Bey freyen Handlungen, wo das Herz den meiſten 
Antheil haben muͤſſe, habe man Zwang, Nothwen⸗ 
digkeit, ja ſelbſt Zufälle des Schickſals angewendet. 
Abneigung, Eigenfinn, und entgegen ſtehende Ge⸗ 
muͤthsarten, waͤren fuͤr unerhebliche Dinge angeſe⸗ 
hen worden; man habe das Herz feſt und beſtaͤndig 
Baer wollen ‚da es doch das a“ m 
7 unbe- 


» 


der Vermehrung nachtheilig fen? 365 

unbeftändigfte Ding in der Natur ſey. Leute, die 
einander zur Saft, und allezeit befchtverlich blieben, 
‚wären, ohne die geringfte Hoffnung der Befreyung, 


zufammengefeffelt worden: eben als jene Tyrannen, 


lebendige Menfchen an Todte hätten binden laffen. 
2) Michts fünne zu der gemeinfchaftlichen Vereini— 
gung mehr beytragen, als die Freyheit, fich ſchei— 
den zu fönnen, Beyde Eheleute ertruͤgen alsdenn 
die Widerwärtigfeiten des Hausweſens geduldiger, 
wenn fie wuͤßten, daß es ihnen erlauber ſey, fie auf⸗ 
zuheben. Dagegen entftünden, aus’ der Beraubung 
‚diefer Freyheit, Efel, Yneinigfeit, Verachtung und 
Verlegung der ehelichen Treue. 3) Würde eine 
von beyden unzertrennlich mic eirmander verbundenen 
Perfonen, zu den Abfichten der Natur, und zur 
Fortpflanzung des Gefchlechtes untuͤchtig: ‚fo ziehe 
fie die andere mit fidy in das Grab, und mache fie 
eben fo unnuͤtzlich, als fie felbft fey. 4) Die Ehe 
fey ein Vergleich, in dem alle Bedingungen ftatt 
fänden. Man hätte alfo auch die Bedingung, daß 
die Ehe aufgehoben werden koͤnnte, nicht ausfchlief- 
fen follen. . Der Herr von Montesquiou geht fü 
weit; daß er ſaget, es würde in einem Staate, 
darinn die Männer ihre Weiber jährlich wie die Ca: 
lender verändern dürften, eine unzählige" Menge 
Volkes gebohren werden. bar 
9,4 260 einen fehönen Anftrich er auch die 
fen Gründen zu geben weiß; ſo bald verſchwindet 
derfelbe bey einer genauern Prüfung." Miches ift fü 
ungegründet, als: der Sag, daß durch die Dauer: 
haftigkeit den Ehen. alle Anmuth genommen be 
rast an 





366° 4 


Man müßte ‚unter den ee des 
ſtandes, bloß die ſinnlichen Empfindungen, die da⸗ 
mit verknupfet ſind, verſtehen, wenn dieſer Satz 
auch nur einigen Grad der Richtigkeit haben ſollte. 
Aber in dieſem Falle wuͤrde er mehr beweiſen, als 
er nad) dem Sinne des Herrn von Montesquiou ers 
weiſen foll. Die finnlichen ‚angenehmen Empfin⸗ 
dungen im Eheftande nehmen darinn überhaupt von 
Jahren zu jahren, und wenn aud) fonft/Feine Urfa- 
che dazu vorhanden wäre, felbft, wegen unſeres Als 
ters, ab. Sollen aber deswegen alle Ehen’ ges 
trennet werden? Mein; dieſes verlanget der Ver⸗ 
fafler der perſianiſchen Briefe wohl ſelbſt nicht zu 
behaupten. Es giebt andere Gemaͤchlichkeiten des 
ehelichen Lebens, welche uns erſt eine Folge von 
Jahren, die wir darinn zugebracht haben, gewaͤh⸗ 
ren kann. Ich rechne hierher vornehmlich den ge⸗ 
meinſchaftlichen Beyſtand, in der Verwaltung des 
Hausweſens, in der Erziehung der Kinder, in der 
Theilnehmung an dem Vergnügen‘, und in der Er⸗ 
leichterung der Leiden, welche diefen Stand begleiten. 
Alles diefes nimmt erft mit den Jahren’ zu. Gemeis 
niglich entſchließen mir ung zu dem ehelichen ‚geben, 
wenn mir uns in glücklichen Amftänden befinden, 
oder Dadurch ein entweder ſchon vorhandenes, oder 
noch: fünftiges Uebel abzumenden meynen, und die 
Bluͤthe unferer Jahre uns ftarf genug machet, unfere 
Widerwärtigkeiten zu ertragen. Wir haben bey 
dem Anfange des Eheſtandes gar keine, und in den 
erſtern Jahren eine geringere Sorgfalt auf die Erz. 


diehung der Kinder anzuwenden, als in —2 
den. 


der Bermehrungnachtheilig ſey? 367 
den. Sollten wir uns wohl alsdenn trennen, wenn 
wir einen Beyftand am nöthigften brauchen, wenn 
unfere Yufmerkfamfeit ſich verdoppeln muß, und 


wenn ſich Die Unkoſten des Hausftandes vermehren? 
Sellten wir wohl vernünftig handeln, wenn wir 


uns durch eine, Scheidung desjenigen Wermögeng, 


welches uns die Gattinn zu Beftreitung des Aufe ' 
mandes im Hausftande, zugebracht hat, juft zu eis 
ner Zeit beraubeten, da wir es am nöthigften ha⸗ 
ben?  Ueberdem kann es faft nicht anders ſeyn, 
als daß zu Anfange des Eheftandes nicht diejenige 
Uebereinftimmung der Gemuͤther beyder Theile ſtattk 
finde, welche fo vieles zu unferer Gluͤckſeligkeit bey— 
trägt. Erſt der Fortgang machet fie immer volle 
fommener, da der beftändige limgang beyde Theile 
zu einer, vortheilhaften Gleichfoͤrmigkeit gewoͤhnet, 
oder da auch felbft Zwiftigfeiten den einen Theil noͤ⸗ 
thigen, durch ein vernünftiges Machgeben , fich dem 
andern immer gefälliger zu machen, Es ift wahr, 
die wenigften Ehen find vollfommen gluͤcklich, aber 
es ft auch gewiß, daß die wenigften fo vollfommen 
ungluͤcklich ſind, daß beyde Theile bey kaltem Blute 
und nad) einer vernünftigen Weberlegung ‘auf eine 
Trennung denfen follten. © Jusgemein geſchieht die⸗ 
fes in einem Zorne, der bald überhin raufchet, Iſt 
aber ein beftsndiger und mit Dernunft überleg- 
ter Wille vorhanden, ſich von einander abzuſon⸗ 
dern: fo werden in den meiften Fällen ſolche Ur- 
fachen dazu vorhanden feyn, daß eine gemiflenhafte 
Obrigkeit die Ehefcheidung geftatten Ffann. Warum 
wollte man es alſo tadeln, daß bie ka zur 
chei⸗ 


368 Ob die Eheſcheidung 


Scheidung ſchwer gemachet wird, die man ſelten 

im Ernſte und mit Ueberlegung ſuchet, und die man 
mehrentheils erhalten Fann, wenn ſie zu unferer _ 
Wohlfahrt unvermeidlich zu ſeyn ſcheint? Wären 
die chriftlichen Dbrigfeiten, in Verſtattung der Ehe: 
ſcheidungen, willfähriger : fo würden fie gewiß von 
niemanden einen häufigern Undanf verdienen, als 
felbft von denen, deren Schwachheit fie hierinn nad)- 
"gegeben hätten. Freylich ift nichts veränderlicher, 
als das Gemuͤth der Menfchen. Diejenigen, welche 
bey Gelegenheit einer Zroiftigfeit, ihre Ehen mie 
obrigkeitlicher Verguͤnſtigung getrennet hätten, wer⸗ 
den öfters wünfchen, ſich wieder mit einander vers 
einigen ‘zu dürfen, wenn die erfte Hitze nachgelaffen 
bat, wenn ihre Gemürher wieder ruhig geworden 
find, und wenn fie den Schaden merken, den fie 
ihrer Webereilung zu danfen haben. Sie werden 
unzählige mal. von der Reue und Scham über ihr 
unüberlegees Verfahren: gemartert werden. Soll 
ihnen. die Obrigkeit alsdenn die Erlaubniß ‘geben, 
ihre Verbindungen wieder zu erneuern? Oder koͤn⸗ 
nen fie diefes wohl felbft thun, ohne vor der ver, 
nuͤnftigen Welt zum Spotte zu werden, und ohne 

Furcht ihr Elend zu verdoppeln? 10: | 


8:5: Ich zweifle ſehr daran, daß Eheleute die 
MWiderwärtigkeiten des Hausftandes geduldiger.ertras 
gen würden, wenn es bloß auf ihr Belieben ankaͤme, 
dieſe Bande zu zerreißen. Vielmehr würde der eine 

Theil, der an der Treue des andern zu zweifeln Urſache 
hätte, es für eine Muͤhe von ungewiſſem Erfolge 
| RL, - anfehen, 


’ 
* x ur 


der Vermehrung nachtheilig fen. 369 
anfehen, wenn er feine Kräfte, feine Reichthümer 
und feinen. Fleiß zum Aufnehmen eines Hausſtan⸗ 
des verſchwenden follte, der vielleicht morgen, aus 
Eigenfinn des andern Theils wird aufgehoben wera 
den, Hingegen wird er mit größerm Eifer eine gen 
meinfchaftliche Gluͤckſeligkeit bauen, die ihm beftäne 
dig bleibe, und welche nur der Tod unterbrechen 
kann. Geſetzt, er thaͤte diefes nicht aus Siebe zu 
feinem Ehegatten; fo wird er. es doch gewiß aus 
Siebe zu fich felbft hun, Das gemeine Wefen ge= 
winnt hierbey allemal, Ferner ift der Einwurf, 
meines Eradjtens, ungegründet, ivenn vorgegeben 
wird, daß der durch Krankheiten zur Fortpflanzung 
des Gefchlechts untüchtig gewordene Theil, den ana 
dern mit ſich in das Grab ziehe, und ebenfalls zu 
dieſem Zwecke der Ehe ungeſchickt mache. Ruͤhret 
Die Untuͤchtigkeit, Kinder zu erzeugen, von der na« 
türlichen $eibesbefchaffenheit ber: fo wird Feine: 
chriſtliche Obrigkeit die Ehefcheidung verfagen: find 
aber. Krankheiten daran Urfache, fo ift ein großer 
Unterfchied zu machen, ob fie unbeilbar find, oder 
nicht. Jenes Fann fehwerlich mit Gewißheit behau⸗ 
ptet werden, und ſollte diefes-ja möglich feyn, fo 
koͤmmt es auf das Ermeffen eines klugen Richters 
an, ob die Eheſcheidung, nach denen bey einem je⸗ 
den Falle vorfommenden Umftänden, zu verftatten 
ſey. Sollte man aber noch einige Hoffnung haben, 
eine folche Krankheit zu heben, fo duͤnket mih, eg 
fey eine Grauſamkeit, mit.einem Ehegatten die Bes 
ſchwerlichkeiten nicht fheilen zu wollen, aus deſſen 
glücklichen Umftänden man Bortheil gezogen har, 
Iſt es einem Freunde nicht zu vergeben, wenn er 

24 Dand. Ya den 


J —* N Re RE REN. 
370 DbbieCpefiheidung 
den andern verläßt, weil derſelbe außer Stand ges 
ſetzt worden, ihm zu dienen ; ſo iſt die Undanfbars 
keit gewiß noch viel fchwärzer, mit welcher man eis 
nen Ehegatten von fid) entfernet, weil er.uns ohne 
feine Schuld nicht mehr vergnügen kann. Sollte 
Diefes Durch die Gefege erlaubet und zur — 
heit werden, ſo wuͤrden viele ſich bedenken, in den 
Eheſtand zu treten, auf deſſen Befoͤrderung doch 
ein Eluger Regent, moͤglichſt bedacht ſeyn muß. 


$. 6. Es iſt wahr, die Ehe iſt ein Vergleich, 
‚welcher alle Bedingungen leidet. Doch folches ift 
billig mit. der Einfhränfung zu verftehen, wenn 
die Bedingungen nicht dem Hauptzwecke des 
Eheſtandes zuwider laufen. Dieſer aber bea 
fteht nicht nur in der Erzeugung, fondern auch) 
in der Erziehung der Kinder, wozu beyde Theile 
ſich verbindlich machen müffen. Andere, und in« 
ſonderheit der felige Freyherr von Wolf, haben 
. mih der Mühe überhoben, dieſes zu ermweifen, 
Wie fchlecht aber ſieht es nicht mit der Erziehung 
der Kinder in einem Staate aus, darinn es dem 
Eigenfinne ihrer Aeltern freygeftelle wird, fich von 
einander zu trennen * In dem Falle folcher Tren⸗ 
nung aeht ein Theil des gemeinfchaftlichen Vermoͤ⸗ 
gens, wodurch man den Kindern eine gute Erzie- 
„bung geben kann, verloren, oder er bleibt wenig» 
ftens in den Händen desjenigen Ehegattens, der an 
der Erziehung weiter feinen Antheil nehmen kann. 
Wollte man fagen, daß dieſer durch Gefege ver 
pflichtet werden müßte, einen Theil feiner ne 


/ 


der Vermehrung nachthellig fey. a7ı 


auf die Erziehung der Kinder zu verwenden: ſo 
wird man doch leicht einſehen, daß nicht fo viel be« 
fehlsweiſe hierzu ausgeſetzet werden koͤnne, als die 
natuͤrliche Freygebigkeit der beyſammenwohnenden 
Aeltern dazu wiedmen wuͤrde. Ueberdem iſt ſehr 
zu befuͤrchten, daß derjenige Ehegatte, welcher von 
der Erziehung der Kinder ausgeſchloſſen iſt, nur 
allzu haͤufig ſolche Mittel anwenden werde, ſeine 
Kinder entweder zu verfolgen, oder auch an ſich zu 
locken, die in ihre Sitten keinen vortheilhaften Ein« 
fluß Haben, Man wird hier vergeblich fremde Bor« 
münder in Vorfchlag bringen. Diefe find allezeit 
nur ein nothwendiges Hebel. Man weiß, daß die 
Erziehung von den beften Vormuͤndern derjenigen 
nicht beyfomme, welche auch nur von’ mittelmäßig 
guten Aeltern beforget wird, Geſetzt aber, die Ehe 
iſt ein Vergleich, welcher, ohne die. gerinafte Ausz 
nahme, alle Bedingungen zuläßt: fo leidet fie ges 
wiß aud) die Bedingung, daß fie unzertrennlich fey, 
Niemand wird einer Obrigkeit das Recht ftreitig 
machen, die freyen Unterthanen durch Gefege ein⸗ 
zufchränfen. Warum follte fie alfo auch nicht die 
Mache haben, die Ehen unauflöslich zu machen ? 
Es koͤmmt fo gar bey Gebung der Gefege nicht ein« 
mal darauf an, da diefelben einzelnen Perfonen zus 
träglich find, fondern es ift genug, wenn ſie die 
Wohlfahrt des ganzen Staats, auch zuweilen mit dem 
Nachtheile einzelner Glieder deſſelben befördern. 
Nun erhellet aber aus dem, was bisher gefaget ift, 
daß die Zulaffung der Ehefiheidungen gemeiniglich 

ſchaͤdlich ſeyr wir Haben alfo nicht nörhig, fie zu 
12 A a RS wuͤn⸗ 


372 Dbdiechefheitung 
wuͤnſchen, oder chriftlichen Obrigfeiten, ihr Verboth 
zu verdenfen, wenn auch gleich Falle vorfommen 
ſollten, darinn, daffelbe einer Privatperfon Schaden 

brächte, Ueberdem find ja der höchften Obrigkeit 
die Hände niche gebunden, zu difpenfiren, wenn 
ſolches ihr Gewiſſen und Die Regeln der Klugheit era 
lauben. 
6.7. Der Herr von Montesquiou ſcheint 
ſich der Sitten der alten Römer nicht völlig erinnere 
zu haben, wenn er fehreibt *; „Es iſt nicht zu 
verwundern, wenn man ſo viele Heyrathen bey ven 
Chriſten gewahr wird, welche an Fortpflanzung juns 
ger Bürger unfruchebar find, Die Eheſcheidung 
ift abgeſchaffet, übel getroffene Ehen koͤnnen nicht 
verbefiert werden, die Weiber gehen nicht, wie bey 
den Römern, durch die Hände anderer Männer, 
welche auf diefem Wege, fo viel möglich wäre, eine 
beſſere Partey antreffen Fönnten. „, Er hält nicht 
nur die Ehefcheidungen für eine dem roͤmiſchen 
Staate nüglihe Einrichtung, fondern der Zufams 
menhang zeiget auch, Daß er, eben deswegen ben 
Römern, in Abficht auf die Fruchtbarkeit, einen 
Borzug für den chriftlichen Völkern einräume. Die 
Roͤmer felbft hatten hiervon ganz andere Gedanken, 
und die Gefchichte zeiget, daß Die Ehefcheidungen 
diefem Volke gar nicht vortheilhaft gewefen find. ' 
Sie viffen auch nicht eher darunter ein, ‚als da die 
Urfachen fich zuerft entwickelten, die zum Berfalle 
dieſer Beherrfcher des Erdbodens, den Weg babne- 
ten. Romulus verſtattete zwar bereits Den Mäns 
| nern 





5,45 





HN 
| 
| 
| 


der Vermehrung nachtheilig fen. 373 


nern die Freyheit, fich von ihren Weibern zu ſchei⸗ 
den, aber nur in wenigen und meiltens fo wichtigen 
Fällen, darinn fie auch in chriftlichen Staaten era 


laubet iſt, wenn nämlich) die Frau ihrer Frucht 


durch Gift Schaden zugefuͤget, fremde Kinder Uns 
tergefchoben, Ehebruch begangen, und ohne Bore 
wiffen ihres Mannes Wein getrunfen hatte, Man 
findet bis auf das Jahr 520, nach Erbauung der 
Stadt, fein Benfpiel, daß ein Mann feine Frau 
verftoßen hätte *, und diefes Beyſpiel ward in der 


naͤchſt folgenden Zeit, in diefer Zeit, da Nom am 


bäufigften fapfere und tugendhafte Bürger erzeuges 
te, von wenigen nachgeahmet. Als ſich aber die 
$after in den römifchen Staat mit ftarfen Schritten 
eindrungen, als Hochmuth, Wolluft und Vers 
ſchwendung ſich der Herzen der mehreften Bürger 
bemächtigten,, wurden die Ehefcheidungen gemwöhns 
licher **. Was war aber die Frucht davon? Uebel— 
gerathene Bürger, Uneinigfeiten zwifchen den vors 
nehmften Familien der Stadt, innerliche Kriege, 
die einen Abfchen vor den Ehen, und eine folche 
Entvölferung verurfachten, daß der große Auguft 
‚nöthig fand, feine Unterhanen durch Belohnungen : 
und Beftrafungen zur Fortpflanzung des menfchlis 
chen Gefchlechts anzureizen, welches auch von feinen 
Nachfolgern zu wiederholtenmalen geſchahe. Doch 

| Aa3 erreich⸗ 

* Dionyſius von Halicarnas, B. 2. S. 96. Karl 

Sigonius de antiquo jure civ. Rom. B. 1. €. 9. 


®* Zuvenal Satyr. VI. vers 20. Martial B. 6. 
Epigr. 7- | 


erreichten fie ihren Zweck nicht vollig. Das roͤmi⸗ 
ſche Srauenzimmer, welches Feinen Tag ficher war, 
von feinen Ehegatten verftößen zu werden, füchte 
dieſes Uebel entweder durch heimliche Nachftelluns 
gen ihrer Männer, oder durch Anwendung uner« 
laubter Mittel um ‚ihre Schönheit zum Nachtheile 
der Fruchtbarkeit zu erhalten, abzumenden. Mir 
ift zwar nicht unbekannt, daß auch noch) andere Urs 
fachen zu dergleichen Verbrechen Gelegenheit geges 
‚ben haben; aber es ift zugleich gewiß, daß die häu- 
fig eingeriffenen Ehefcheidungen feine von den ges 
ringſten dazu geweſen find. Herrliche Früchte von 
dem Gebrauche, die Weiber jährlih, und noch) oͤf⸗ 
fer, gleich den Ealendern, abzufchaffen. 


u.» m. 





‘zZ 
= 


374 O6 die Chefbeidungder 


| * iR 378 
BUITEIETTERTUEUTerT ** 
— 
Verſuch, 
eee 


Schoͤnheit der Blumen 
| und Pflanzen 
im Auftrocknen zu erhalten, 


F ie Kunſt, die Schoͤnheit der Blumen 

und Pflanzen im Auftrocknen zu erhal⸗ 
ten, macht allhier den Gegenſtand eines 
von mir in Erfahrung gebrachten Verſuches aus, 
der denen Liebhabern der Naturkunde um fo wenis 
ger unangenehm feyn Fann, weil derfelbe ven 
berühmten Naturforfcher, Heren Joſeph Monti, 
zum erften Erfinder hat. Und dieſer ift es, der 
zue Unterfuchung diefes fchönen Berfuches, mir die 
erfte Beranlaffung gegeben. 

Es iſt befannt, er ung Die Kraͤuterwiſſenſchaft 
ſchon in ihrer erſten Bluͤthe gelehret hat, die Pflan- 
zen und alle Theile der Gewaͤchſe, Blaͤtter und Blu⸗ 
men dergeſtalt aufzudoͤrren, daß ſie, nach Verlauf 
vieler Jahre noch kenntlich geblieben, und dahero 
dem Gedaͤchtniſſe der Lernenden nicht ohne Nutzen 
ungemein zu ſtatten gekommen. Die beſten Samm⸗ 
lungen hievon, ſo zu dieſem Zwecke ſind gezeiget 
worden, haben wohl RU. der. Herr Quer, 





ein 


376 Die Schönheit der Blumen 
ein Spanier, und der vortreffliche Zergliederet, 
Herr Kuſſch, gehabt. Wie weit es letzterer in 
dem Trocknen der Pflanzen gebracht, werden dieje⸗ 
nigen am beſten bezeugen koͤnnen, die ſolches in ſei— 
nem gedruckten Theſauro, noch beffer aber in feiner 
Studierftube mit Augen gefehen haben. Faſt auf 
gleiche, Weife hat erfterer eine Sammlung gedörrter 
Pflanzen in feinem Cabinette, die mit fo großem 
Fleiße gemacht find, daß. man nicht anders glauben 
Tann, als ob fie noch feifch wären. . Er wußte niche 
nur die fleinen und dien Zweige mit Blättern der 
geftalt zuzubereiten, daß die daran hangenden Bläts 
ter bey dem Trocknen nicht zuſammen ſchrumpfelten, 
ſondern auch noch die Pflanzen, Blätter und Blus 
men in einer folchen natürlichen und lebhaften Farbe 
zu unterhalten, daß öfters die Augen davon befros 
gen worden, indem. man fie für frifche gehalten. An 
den Fleinen Zweigen brach er nicht allein Die Blaͤt— 
ter, fondern aud) die Zweigelchen und die Blumen 
von den Stielen behende ab, und trocknete jedes ein⸗ 
zeln; hernach aber wußte er fie mit einem befondern 
$eime fo gefchicft mit ihren Zweigen wieder zu vers 
einbaren, daß fie niemals davpn getrennet gewefen 
zu feyn gefchienen. An den Pflanzen und Blumen 
bedienete er fich einer gefchwinden, behutfamen und - 
gelinden Abtrocknung/ indem er ſie zwiſchen den Pa⸗ 
pieren ein wenig preſſen, und vermittelſt der Son⸗ 
nenwaͤrme im Sommer, oder aber zu Fruͤhlings⸗ 
und Herbſtzeiten, vermittelſt eines Ofens, in einer 
maͤßigen Hitze gelinde abtrocknen ließ. a 
Joſeph Monti, der in diefen Zubereitungen 
weiter nachdachte ; und RER die gern dem 
errn 


beym Auftrocknen zu erhalten. 377 


Heren Ruifch beobachtete und erhaltene natürliche 
Symmetrie, oder natürliche Geftalt, aller Theile der 
"Pflanzen, Blätter und Blumen gerne beybehalten 
wollte, machte in diefer Abficht verfchiedene Verſu⸗ 
che. Er ſahe ganz wohl ein, daß ſolches nicht an. 
ders, als durch einiges Preſſen geſchehen müfs 
fe, als wodurd) fih die Theile nicht fo zufammen 
ziehen ; wie fonft bey allen an der freyen $uft gedöra 
teten Pflanzen zu gefcheben pflege. Er-unterließ 
dahero nicht zu verfuchen, ob nicht, etwa die Hirſen⸗ 
forner zum Trocknen der Pflanzen am gefhicteften 
wären. Zu welcher Abfiche ‚er fich fo wohl irdene, 
als gläferne und hölzerne Gefäße von verfchiedener 
Größe anfchaffete, und darinnen er verfchiedene fri« 
fhe Pflanzen und Blumen dergeftalt in den Hits 
fen legte, daß fie von dem Hirfen auf allen Seiten 
umgeben wurden, wodurch er die natürliche Bil⸗ 
dung eines jeden Theiles unverlegt erhielt. Hierauf 
ließ er fie einige Tage gelinde trocknen, und nad) 
Verfließung derfelben fand er fie gut getrocfnet. Da 
es ihn aber damit nicht fo gelungen, fo war er auf 
einen andern Berfuch bedacht. Denn, da er bey 
denfelben gefunden, daß. die Blätter der getrockne— 
ten Stengel, befonders aber die Blumen, ein wenig 
runzlicht geworden, und man überdem noch die Ge— 
ſtalt, oder den Eindruck der Hirfenförner, auf der 
Oberfläche der Blätter fehen Eonnte, ſo hielt er für 
das Beſte, um dieſen Verſuch volllommener zu 
machen, abgehuͤlſeten Hirſen zu gebrauchen. Allein, 
auch dieſes war vergebens. Eben ſo wenig wollte 
ihm der Verſuch mit dem Weizen und Reiße ge⸗ 
lingen, wenn die Pflanzen und Blumen auf obbes 
Aa 5 ſchrie⸗ 


378 Die Schönheit der Blumen 
fchriebene Art damit umgeben und gleichfam aeprefa 
fet wurden. 2 — — 
Da ihm nun keiner von allen dieſen gemachten 
Verſuchen gelingen wollte, ſo ſtund er davon doch 
nicht ab; ſondern glaubte, er muͤßte bey dergleichen 
Trocknen ſeine Zuflucht noch immer zu andern Koͤr⸗ 
pern nehmen, in welchen die Pflanzen und Blumen 
auf eine unverlegte Art gepreffet und getrocknet wuͤr⸗ 
den. Er beftand dahero darauf, es fey nur durch - 
folche Körper auszuführen, die ſowohl aus fehr klei— 
nen als etwas ſchweren Körnern beftünden, welche 
jedoch von der Geſtalt der Hirſenkoͤrner nicht viel 
abwichen und die auszutrocknenden Pflanzen, 
Blätter und Blumen von denfelben auf allen Sei⸗ 
ten zwar gleich gedrückt, jedoch nicht alfo zufammen 
gegogen würden. Er hatte fich auch in der That 
nicht betrogen, wie er anflatt der Hirſenkoͤrner, 
Sand genommen. a | 
Ich glaube eben nicht unrecht gethan zu haben, 
wenn ich die zu unferfchiedenenmalen angeftellten Ber« 
fuche, melche der Herr Monti deßfalls mit dem 
Sande vergebens vorgenommen, unangeführt laffe, 
weil es der Neubegierde des Leſers, die baldigen er» 
wünfchlichen Erfolge hievon zu fehen, vielleicht nicht 
zumider feyn wird. Ich will dahero gleich zu dem 
Verſuche ſelbſt fehreiten, welcher dem Herrn Monti 
und mir, nachdem ich noch einige Berbefferungen . 
Dabey gefunden, mit denen dazu gebrauchten Mit« 
teln nach Wunfche gegangen find, Ich nahm alſo 
zu diefer Abſicht gemeinen weißen Sand, weil der 
gelbe durch feine eigenthümlicheSarbe die Blumen und 
Blätter beftändig befleckt, und den Berfuch dahero 
Ä —J gemei⸗ 


beym Auftrocknen zu erhalten. 379 
gemeiniglich verdirbt. Ich war auch) dabey fo vor, 
fichtig, daß ich folchen Sand auslas, welcher aus 
miftelmäßigen Koͤrnern beſtand, weil die etwas grofs 

fen Sandförner Eindrüde auf den Blättern und 

- Blumen, fo, wie die Hirfenförner, Bbinterlaffen, 
welche ven Verſuch gleichfalls würden verdorben ha⸗ 
ben. Ich fand dahero für nöthig, den ermeldten 
weißen Sand erftlich, vermittelft eines etwas weis 
ten Siebes, von feinen gröbern Theilen abzufons 
dern, und Darauf noch durch ein engeres härenes 
Gieb zu ſchlagen, um nichts als gleich große und 
feine Körner zu befommen, Hierbey ließ ich es 
aber doch noch nicht bewenden, fondern mußte den« 
ſelben im Waffer abwafchen, und in demfelben der⸗ 
geftale Durch einander hin und her werfen, damit 
die noch darunter befindlichen zarteften und feinen 

Theilchen von den etwas gröbern abgefondert wür« 

den, und der damit vermifchte Staub fich mit 

dem Waffer vermifchenmöchte, Wei nun das Waſſer 
hiedurch gefärbt und erübe gemacht wurde, fo ließ 

id) daſſelbe forafältig oben ablaufen, und fo lange 

immer wieder frifches zugießen, bis eg Feinen Un— 

rath mehr von dem Sande wegnahm. Den auf 
dieſe Art zubereiteten Sand, welcher jedesmal im 

Abwafchen, vermöge feinee Schwere, gleich) zu 

Boden gefallen war, ließ ich an der Sonne trods 

nen, um ihn zu meinen vorhabenden Verfuchen zu 

gebrauchen. - Diefes Mittel, welches mir die Bor« 
fchrift des Herrn Monti an die Hand gegeben hats 
te, machte mir Hoffnung zu einem ähnlichen gluͤck— 

‚chen Erfolge in den Berfuchen, die Pflanzen, Bläte 

ter und Blumen dergeftalt aufzutrocdinen, daß N: 

felben 


380 Die Schönheit der Blumen 
felben von’ ihrer Schönheit nichts abgienge. Und 
die Hoffnung dazu hatte mich aud) um deſto weni⸗ 
ger betrogen, als ich bey mir überlegte, daß ic) mes 
gen des guten Trodnen nichts zu beforgen hätte, 
weil dee Sand im Abwafchen mir Deutlich genug 
gezeiget, daß derfelbe meiftentheils aus den Fleins 
ften Theilchen von Kalkfteinen beftanden, und doc) 
nicht fo rein Eönnte abgewafchen werden, daß nicht 
noch etwas Kalfartiges wäre zurücgeblieben, tel» 
ches vermögend ware, die fubtile Feuchtigkeit durch 
die Sonnenwärme aus ben Pflanzen noch mehr an 
fich zuhalten. Ich legte hierauf einige auserlefene 
fchöne blühende Zweige von allerhand Gattung in 
unterfehiedene hölzerne und gläferne Gefäße, auch 
wohl in papierne Behältniffe *, die Feine enge, - 
fondern etwas weite Deffnung hatten, damit alle 
Theile der Zweige und Blätter ihre bequeme tage 
befommen fonnten, und ſtreuete den weißen Sand, 
welcher auf eben befchriebene Art gereiniget und ges 
waſchen war, ganz einzeln auf die Pflanzen, Bläts 
ter und Blumen, doch fo, daß alle ihre Theile, 
auch fo gar die hohlen, mit Sande angefüllet wur: 
den, damit zwifchen denfelben und dem Sande fein 
leerer Raum offen blieb. Um aber ihre natürlis 
che Geftalt zu erhalten, hatte ich wohl zu ſehen, daß 
| die 


® Sach der Zeit habe ich Gefäße von ungebranntem 

Thone am bequemften gefunden, weil der Thon die 

Eigenfchaft hat, die aus den Blumen und Pflan- 

zen, wie auch aus dem in dem Gefäße befindlichen 

+ Sande ausfchwigende Feuchtigkeit an fich zu zie⸗ 
hen und in ſich zu zertheilen. — 








beym Auftrocknen zu erhalten. 381 


die Blätter und Blumen ihre natürliche Lage behiel- 
ten, welches denn mit der einzelnen Beftreuung 


des Sandes leicht zu bewerfftelligen wars In die, 


\ 


fem Zuftande ließ ich fie unter der Dbacht, daß man 
bey dem Trocknen der Pflanzen auf eine gefcehwinde, 
behurfame und gelinde Abtrodinung fehen müffe, vier 
bis fünf Tage, auch wohl länger, nachdem es die 
Witterung, oder die eigenthümliche Feuchtigkeit in 
den Blumen zufaffen wollte, mit ihren Gefäßen in 
der Sonne ftehen; morauf ic) die Zweige, Blätter 
und Blumen nicht nur rechte fihön getröcdnet und 
öhne Nunzeln, fondern, was das befte war, annoch 
in ihrer natürlichen. Geftalt und mit ihren natürlie _ 
chen Farben fand, daß man fie mit Augen wenig, 
ja wohl gar nicht, ‚von den frifchen unterfcheiden 
konnte. | 

Was die mannigfaltige Austrodnung der Blaͤt⸗ 
ter und Blumen anbelanget : fo habe noch zu erwaͤh⸗ 
nen, daß diefer Verſuch nicht mit allen Arten von 
Blumen glücklich von ftatten 'geht, welche Schwie 
rigkeit aber noch vielleicht durch öfters wiederholte 
und forgfältigere Verſuche fünne gehoben werden. 
Diejenigen Blumen alfo, welche von Saamenförs 
nern und Wurzeln, von gefträuchartigen Gewaͤchſen, 
als Goldlacken, Veilhen, Kornblumen, Nitterfpos 
ren, große und kleine Ranunfeln, Anamonen, Auris 
fein, Primulen, Marienblümlein, allerhand Arten 
Nelken, Levkojen, Lychnis, Balſaminen, Afters, 
Roſen ꝛc. oder von Geſtraͤuchen und Baͤumen ſelbſt 
ſind, als allerhand bluͤhende Zweige von Kirſchen, 


Aepfel, Birnen, Pflaumen, Apricoſen, Pfierſchen, 
Sinden, Orangen, Jesmin, Granaten Ic, oder auch 


fo 


382 Die Schönfeit der Blumen 


| ‘fo gar wafler » und fhilfartige Gewächfe, darunter 


"vielerley Arten X Iris gehören, alle von unterſchiede⸗ 
ner Sarbe, find, mir am beften gelungen, und wenn 
ich fie nicht in einer feuchten, fondern in einer veche 
heiteren und trocknen Luft abgepflücke, habe ich ſie 

nicht nur eher recht trocknen, ſondern noch in ihrer 
eigenthuͤmlichen Farbe geſunden, und auch darinnen 
laͤnger erhalten koͤnnen. Hingegen die Blumen der 
Zwiebelgewaͤchſe, als Tulipen, Hyacinthen, Narciſ— 
fen ꝛc. deren Beſtandtheile nicht fo feft, und dahero 
weicher und locferer find, babe auf gedachte Weife 
nicht fo gut, einige auch wohl garnicht, trocknen koͤn⸗ 
nen. : Und wenn ich fie bey flarfer Sonnenhige 
gleich in ihrer natürlichen Farbe noch mehrentheils 
erhalten hatte, fo waren doch die Blätter von ders 
gleichen Art Blumen nicht fisen geblieben. Wie 
mir nun ein weiße Lilie auf Die Art verborben war, 
fo nahm ich eine andere bey der Hand, und band vie 


Blätter der Blumen, wo fie an dem Stengel feft ſaſ⸗ 
fen, an, und ließ fie auf ſolche Art im Sande acht 


bis zehen Tage lang, vermittelt der Sonnenwärme, 
recht trocknen, worauf ih fie denn in eben der Ge⸗ 
ftalt, als ich fie gebunden, in recht gutem Zuftande 
befand, Diefer Verſuch war mir bey der damali« 
gen trocknen Witterung auch in fo weit geglüct, daß 
ich fo gar die weiße Farbe an derfelben noch) ziemuch 
gut erhalten hatte. 


Unter den häufig angeftelften Verſuchen mit den 


Batennien iſt mir nicht mehr, denn einer gelungen, 


wobey ich die Vorſicht gebraucht hatte, ſie juſt zu 
der Zeit abzupfluͤcken, da ſie ſich eben erſt aufgethan. | 

Ich follte alfo glauben, daß zu dergleichen. Austrode 
nungen: 


2a 


| beym Auftrocknen zu erhalten. 383 


‚nungen an Zwiebelgewaͤchſen alle Hoffnung doch 
‚noch nicht ganz aufgegeben wäre, wenn dergleichen 
Verſuche, wie ſchon erinnert, öfterer und forgfältiger 
‚wiederholet würden. Denn vielleicht ift die Sonnen. 
wärme, ins befondere zu Fruͤhlingszeiten, allwo die 
meijten Zwiebelgewächfe blühen, zu einer fo geſchwin⸗ 
den Abtrocknung, als dergleichen faftvolle Blumen 
erfodern, nicht hinreichend, Vielleicht wäre die 
Stuben » und DOfenwärme dazu noch wohl am ges 
fchickteften, wenn nur die Gefäße, morinnen man die 
Blumen, nebft dem Sande gethan, allmählich gleich 
fo viel Wärme befommen, ais fie bekommen wuͤr⸗ 
den, wenn fie im Sommer an.der Sonne ftünden, 

Ich arbeite anigo wegen dergleichen Auftrocknung 
mit Sande. an einer neuen Einrichtung einer bes 
fondern Mafchine von Eifenbleche, welche mit deg 
Heren Prof, Beguelin feiner zu Berlin erfundenen 
Mafchine, wodurch Eyer, vermittelft einer Lam⸗ 
pe, ausgebrütet werden *, größtentbeils übers 
einkoͤmmt. ch Eann fie aber anderer Unvollkommen⸗ 
heiten halber vor dasmal noch nicht fo vollfommen 
befhreiben. Finde ich diefelbe, fonderlich zu Auf⸗ 
trocknung der ſaftvollen Blumen geſchickt: fo 
will ich eine umftändlichere Befchreibung davon mie 
vorbehalten haben. — — 
VUeberhaupt hat man ſich bey aller Auftrocknung 
der Blumen und Pflanzen ſorgfaͤltig in Acht zu neh⸗ 
"1° HG, 


* S. Memoires de P Academie de Berlin 1749. peyr. 
Im XIX. Bande des Hamb. Magaz. Art. IV. iff 
—J Abhandlung von dem Herrn Dr. Zeh 
nitz ind Deutſche uͤberſetzt. S. 118156. 


* 


384 Die Schönheit der Blumen wo 


men, daß die zu trocknenden Dinge nicht durch über» 
mäßige Wärme ausgedorret werden, weil fie fonft, 
wie mir einmal twiederfähren, ihre natürliche, Farbe 
verlieren. Sonſt muß ich noch diefes erinnern, daß 
man die Blumen auf dem Strauche und Stengel 
nicht zu alt werden läßt, fondern fie eben zu der Zeit 
abpfluͤckt, Da fie noch recht frifch und erft aufgebro. 
chen find, widrigenfalls man Feinen fo glücklichen Er— 
folg in feiner Art zu gewarten bat, 
Was fonft bey der Erhaltung der Pflanzen und 
Blumen annoch zu bemerken, fo wäre e8 ungereimt, 
wenn man diefelben der Luft bloß ftellen wollte, in 
welchem Falle fie denn ihre natürliche Farbe gar bald 
verlieren, und von-feiner fo langen Dauer feyn wuͤr⸗ 
den, daß man von ihrer Schönheit einen langen Ge⸗ 
nuß ſich verfprechen koͤnnte. Dannenhero hielt ich un. 
- maßgeblich fuͤr rathſam, an dergleichen fo nüßlichen 
Verſuchen feinen Fleiß und Feine Unfoften zu fparen, 
und felbige in folche Gefäße zu hun, die von Luft ganz 
feer wären, widrigenfalls die zarteften Theile der 
Pflanzen und Blumen von dem Anſtoße auch nur 
der geringften $uft dermaßen leiden würden, daß fie 
dennod) ihre natürliche Farbe verlieren, und auf ſol⸗ 
che Art in kurzem vollends verderben würden. 


ER Job, Friedr. Hartmann. 


VI; Ge⸗ 


385° 


* —* EEE ET ** * * * 
an, N N 

Geſchichte des Kometen, „ 

im Anfange Des Sahres 1759. 

gefehen worden.- 


Aus dem Gentleman’d Magazine. Novemb, 1759. 
—— 521 S. u. f. 


[2 


ie Wiederfunft eines Kometen, welche länger 
$ als funzig Sabre vorher, fo genau vorherge⸗ 
faget worden, ift die einzige Erfcheinung in 

ihrer Ark, und zugleich eine der beträchtlichften für 
diejenigen, welche fich die richtigften Begriffe von 
dem Welefyftem zu machen wünfchen. Es war ei- 
ne Glücfeligfeit, die nur den Sternfundigen diefes 
Sahrhunderts vorbehalten war, eine vollfommene- 
re und volljtändigere Kenneniß diefer herumirrenden 

Himmelskörper zu erhalten, welche nur zu geroiffen 

Zeiten, und nach Verlauf eines gewiſſen Zeitraums 
erfheinen; und deren eigentliche Bewegungen und 
felbft derſelben Natur den Alten fo fehr unbefanne 
waren, daß der größte Theil derfelben fo gar zwei⸗ 
felte, ob es wirkliche Körper wären. _ | 
Dr. Halley, bat nad) Betrachtung des großen 
Eirfluffes, welche der Planet Jupiter nothwendig 
auf den Kometen , während feiner legten Erſchei— 
nung im Jahre 1682, der Theorie der Schwere zu 
24 Sand, Sb Folge, 


386. Geſchichte des Kometen 


Folge, haben mußte, gefaget, daß es ſehr wahrſchein⸗ 
lid) fen; ,, ‚daß feine nächite Wiederkunft nicht eher 
„als nad) einem Zeitraume von 76 oder mehrern 

„Jahren, egen das Ende des 1758 oder zu Anfange 
Xes 1759 Jahres erfolgen würde ,„. Einige ande— 
re Sternſeher,, die die Gruͤnde Dr. Halleys nicht 
unterſuchten dder erwogen, und nach andern Grund: 
fügen ſchloſſen, erwarteten deffelben Wiederfehr. viel 
zeitiger. Allein Herr Clairaut glaubte, nachdem 
er Dr. Halleys Grundfäße und Berechnungen wei⸗ 
ter fortgeſetzet hatte, daß er mit einer noch groͤßern 
Genauigkeit die Zeit vorher beſtimmen koͤnnte, wenn 
derſelbe in ſein Perihelium kommen wuͤrde, welche 
er, nach einer Reihe ſehr muͤhſamer Rechnungen, 
ungefähr in die Mitte des Monats April’ 1759 feste, 
ohne gleichwohl Diefelbe innerhalb eines Monats bes 
ſuͤmmen zu wollen , in Betrachtung verfchiedener 
fleiner Größen, die er damals übergehen mußte, und 
die er. bald zu berichtigen hoffete, fobald er Muße 
oder Neigung haben würde, feine lange und muͤhſa⸗ 
me Arbeit von neuem wieder durchzugehen. 

Die Ungeduld der Sternfeher, und das DBerlan- 
gen Dr. Halleys Borherverfündigung erfuͤllet zu 
ſehen, verleitete einige zu unterſuchen, in was fuͤr ei⸗ 
ner Gegend des Himmels, der Komet zuerſt erfchei- 
nen würde; da ihnen aber die genaue Zeit feiner 
Wiederkehr unbekannt war, fonnten fie den Ort fei- 
ner Erfcheinung, nur aus gemiffen angenommenen 
Saͤtzen wiſſen, die ſie in Anſehung der Zeit ſeines 
Eintritts in ſein Perihelium voraus ſetzten. Dieſem 
zu Folge hatte Herr Meſſier, ein Gehuͤlfe des Herrn 
ge 1’ Isle bey feinen aftronomifchen FREIEN 

| die 


| vom ı75often Jahre, 337 
die er auf dem Obfervatorio der Marine in dem 
Hotel von Cluͤgny anftellete, das Glück, diefen lange. 
erwarteten Kometen, Abends den 2ı Jenner 1759 zu⸗ 
erft zu entdecken. Sein fehr ſchwaches Licht, welches 
‚einen hellen Punct, fo fein Kern (Nucleus) war, 
rund herum überall gleich umgab, und die Berändes 
‘rung feiner Stelle unter den Firfternen, die er täglich 
beobachtete, überzeugten ihn bald, daß es ein Komet 
war. Es war alsdenn noch zu wiffen übrig, ob es 
eben derfelbe Komet wäre, deſſen Wiederfunft-vor- 
ber gefaget, und fo lange und mit fo vieler Ungeduld 
war erwartet worden. And hiervon kann man bloß, 
nach ‚einer genauen Beftimmung der Geſchwindig⸗ 
keit und Richtung des fcheinbaren Laufs des neuen 
Kometen, welcher eben verfelbe Komer vom Jahre 
1682 feyn-follte, verfichere werden, indem man an⸗ 
nimme ‚daß er an eben demfelben Drte, und zu eben 
derfelben Jahreszeit erfcheint, welches die folgenden 
Beobachtungen beftimmten;z denn nachdem er diefen 
Kometen mit den benachbarten Sternen, fo oft als der 
Himmel heiter war, verglichen, und den Stand Dies 
fer Sterne einigermaßen beftimmt hatte, war Herr 
de l Isle verfichere, daß feine Bewegung rücgän- 
gig (retrograde) war, und daß er eben. diefelbe 
feheinbare Richtung hatte, welche der Komet 1682 
gehabt haben würde, wenn. man ihn zu eben ders 
felben Zeit, und an eben demſelben Drte, beobach⸗ 
tet hätte. \ Ä 
Diefe erften Beobachtungen wurden mit vieler 
Schmierigfeit gemacht , fowohl in Anfehung des 
fhwacen Lichtes , fo der Komet hatte, als aud) 
weil er nur nahe am Horizonte und in der Dämmes 
Ve Bbar rung 


388  Gefehichtedes Kometen 

rung fihtbar war. Er wurde zuerſt in dem Ge⸗ 
ſtirne der Fiſche, oder noch eigentlicher, in dem $ei- 
be des erftern, oder mege" weftlichern der groeen Fi⸗ 
ſche geſehen. 

Der Komet wurde fo of Geobadhtel, als es das 
Wetter erlaubete, naͤmlich den 22, 23, 25 ‚27, ‚28, 
31 Jenner, und den 1, 3, und 4 Hornung. Was 
das Anfehen diefes Kometen betrifft, fo Fonnte man, 
in Anfehung der verfchiedenen Beſchaffenheit der 
Auſt, welche machete, daß er mehr oder weniger 
helle ausfahe, feinen großen Unterſchied bemerfen. 
Am erften Hornung wurde fein ſcheinbarer Durch⸗ 
meſſer gemeſſen, und zwo und eine Viertel Minute, 
und des Kerns (Nucleus) ſeiner, 20 —— 
befunden. 


Diefe Beobachtungen ; Ken Abends nishe lan: 
ger, als bis zum vierten Hornung, fortgefeßet werden, _ 
da der Komet in die Sonnenftrablen Fam, und nicht 
länger fichtbar war. Nachdem er aufgehöret hatte . 
fihtbar zu feyn , bemühere fih Kerr de Isle, 
aus den vorhergehenden Beobachtungen die Zeit ſei⸗ 
ner Sonnennäbe zu beftimmen, und fand, daß fol- 
che den 10 März, Abends um. vier Ahr, 42 Ze 
nach feiner erften Entdefung war. 


Zum nglüce war. der Himmel während des gan: 
zen Märzmonats mebrentheils mit Wolfen bedeckt; 
nur an dem legten Tage Diefes Monats zeigete fih 
ein Anſchein einer heitern Luft , und am erſten April 
war der Komet ein wenig vor vier Uhr des Mor- 
gens, ungefähr zween Grade über dem Horizonte zu 
fehen. Er fchien zu Diefer Zeit _.. und glänzen, 
der⸗ 


— 


J 


vom 1759ſten Jahre 389 
der, als er im Hornung war, zu ſeyn, und hatte einen 
Schweif, der ungefähr einen halben Grad in der 
Laͤnge betrug ‚ fo wie man denfelben nach dem Raus 
me, den er im Felde des Telefcops einnahm, ſchaͤtzte. 
Die Dämmerung, welche täglich zunahm, beraudte 
den Herrn de 1’ Isle gar bald des Bergnügens ven 
Kometen zu beobachten, allein Doch nicht eher, als 
nachdem er denfelben, wiewohl unvollkommen, mit 
verfchiedenen Sternen, die man nur durch das Fern⸗ 
rohr jeden fann, deren Stand er nicht zu beftim- 
men im Stande war, verglichen hatte. Er fuhr 
‚fort denfelben zu beobachten, fo oft es das Wetter 
erlauben wollte, namlich am 2,6,7,8,und g eben 
deffelben Monats, in geringen Höhen über dem Ho⸗ 
rizonte, Die niemals acht Grade überftiegen. 
Am vierzehnten wurde er bey einem vollfommen 
heitern und mit feinen Wolfen bedeckten Himmel, 
beobachtet, allein das Licht des Mondes, der Damals 
voll war, machete diefe Beobachtung unpolffommen; 
der helfe Schein deffelben nebft der Dämmerung, 
hinderte ihn den Kometen zu fehen, bis er vier. Grad - 
hoch ftund. Um drey Viertel auf vier Uhr Fonnte 
fein Kern ( Nucleus ) nicht unterfchieden werden, und 
ſahe aus, als wie ein dünnes und ſchwaches Licht oder 
Wölfchen. Man bemerfere gleichwohl, daß er fich 
nahe bey ven Sternen dritter und vierter Größe, in 
dem Schwanze des Steinbocks, welche Bayer mit 
yund d bezeichnet, befand. Es. war diefes ſehr 
u bey dem mehr weftlichen diefer beyden Sterne, 
allein feine Entfernung konnte nicht genau beftimme - 
werden, indem die Dämmerung, welche ſehr ſtark 
war, machete, daß er ER verſchwand. 
Sb 3 Am 


390° Gefchichte des Kometen 

Am 15ten wurde gleichwohl der. Komet, des Mon⸗ 
denfcheins ungeachtet, mic dem Sterne 8 fehr genau 
verglichen, woraus man berechnete, daß der Komet i im 
2oten Grade des Waſſermanne fid) befand, in einer 
füdlichen Breite, die etwas über drey Grade betrug. 

Am ı7ten fieng der Komet an, vor vier Uhr ſicht⸗ 
bar zu werden, da er denn ein wenig hoͤher als zween 
Grade ſtand. Er war ſchwaͤcher und truͤber als den 
Tag vorher; vermuthlich wegen des Mondenſcheins 
und der Daͤmmerung und konnte nicht große 
Mühe erkannt werben. / 

Obgleich am ıgten der Himmel vollkommen hei⸗ 
ter war, konnte der Komet dennoch nicht geſehen 
werden, und der Beobachter konnte die Schuld da⸗ 
von nur dem hellen Scheine des Mondes, und der 
ſtarken Morgendämmerung beymefjen 

Diefes ift die Gefchichte der Beobachtungen, die’ 
man an dem Kometen machen Eonnte, nachdem er 
wieder aus den Sonnenftrahlen hervor gefommen 
war. Da feine füdliche Breite fo fehr zumahm, 
konnten die Sternſeher dieſes Theils der Welt, den 
uͤbrigen Theil des Monats hindurch, ihn nicht mehr 
ſehen; allein da ſein Lauf am Himmel hinlaͤnglich 
bekannt war, konnte Herr de l Isle mit großer Ge⸗ 
wißheit vorher ſagen, daß er gegen das Ende des 
Aprils, wieder uͤber unſerm Horizonte zum Vorſchei⸗ 
ne kommen wuͤrde, nachdem er, mit einer erſtaunen⸗ 
den Gefchwindigfeie verfchiedene füdliche Geftiene | 
‚durchlaufen war, und fich bis immerhalb 16 Grade 
dem Südpole genähert hatte. Er 

Eben fo fieht man aus Briefen aus Weſtindien 


und Nord⸗ America, daß der Komet daſelbſt 9— 
na 


vom ızsoften Jahre 391 


nach der Zeit, da er durch fein Perihelium gegangen 
‚war, gegen Das Ende des Märzmonats gefehen wor⸗ 
den; von welcher Zeit an er weit gegen Süden 
gieng, wobey fein Kopf fehr beträchtlich im Durch: 

mefjer zunahın, und fen Schweif immer breiter wur⸗ 
de, aber in der Laͤnge abnahm, weil der Komet da- 
mals in Abfiche auf den Beobachter, alfo ftand, daß. 
fein Kopf der Erde am näheften war, und fein 
Schweif fi) faft in einer Linie auf der andern Geite, 
aber ein ‚wenig aufwärts, gefehrer, befand. Als der 
Komet in feiner Erdrähe, ungefähr den 23 April 
war, zu welcher Zeit er auf acht Millionen Meilen 
von der Erde entfernet war, war fein Kopf größer 
als der volle Mond, und feine Geſchwindigkeit fo er: 
ftaunlich fchnell, daß er in drey Tagen 55 Grade des 
groͤßten Kreiſes durchlief. | 

Nachdem er das Geftirn des Steinbocks verlaſſen 
hatte, in welchem er von den europaͤiſchen Sternſe⸗ 
hern zuletzt war geſehen worden, gieng er durch den 
Indianer, den Pfau, den Paradiesvogel, die 
Biene, das Kreuz und den Centaur; von da naͤ— 
herte er fich) gegen das Ende des letztern Aprils der 
Waſſerſchlange (Hydra), und zeigete ſich den 
europäifchen Beobachtern noch einmal, indem er in 
einer Richtung gieng, die faft ganz fenfrecht su dem 
Horizonte war, und bald verlor er ſich in dem Sex⸗ 
tanten unter dem Loͤwen. 

Den unvollkommenen Nacheichten zu Folge i die 
man in England erhalten hatte, daß ein Komet, 
von einigen franzoͤſiſchen Sternſehern in dem 
Schwanze des Steinbocks, am Anfange des 
* wahrgenommen worden, hatten verſchiedene 

Bb 4 von 


392 Geſchichte des Kometen 


von unſern forgfältigften Beobachtern' Urfache, die 
Erſcheinung viefes fo. fehr merkwuͤrdigen Komei⸗ 
uͤber unſerm Horizonte, gegen das Ende dieſes oder 
gegen den Anfang des folgenden Monats zu erwar— 
ten. Daher ift der Komet Montags den 30 April 
zwifchen 8 und 9 Uhr Abends , von verfchiedenen 
wißbegierigen Perſonen geſeben worden. Er be⸗ 
fand ſich damals in der Waſſerſchlange, und ſtund 
nicht ſehr weit von dem Sterne in der Wafferfchlan- 
ge, den Bayer mit x bezeichnet, feine Sänge betrug - 
172 Grad, 3 Minuten, und feine füblihe Breite 
3ı Grad, 30 Minuten. Der Komet gieng nunmehr, 
zum Unglücde für die Sternfeher, in einer mehren: 
theils dem Horizonte perpendicularen Richtung fort, 
und nahm fowohl in der geraden Afcenfion als Dez 
clination ab, aber nur durch einen Himmelsftrich, 
wo wenige Sterne von ‚der erften, zwoten, dritten 
und vierten Größe fich näher als in einer beträchtlis 
chen Entfernung davon befanden, und dizjenigen, 
welche näher waren, als er vorbey gieng, waren fo 
.. ‚Hein, daß ihr Stand damals nicht Fonnte beftimmt 
‚ werden. Da aber jego die Zeit herbey koͤmmt, da 
die Derter dieſer Sterne Fünnen beftimmt werden, 
dürfen wir bald hoffen, die Elemente des Kometen 
für die Zeit feiner legten Wiederfunft, mit einigem _ 
Grade der Genauigkeit zu erhalten, und defto mehr. 
wenn Die framzöfifchen Sternfeher im Stande waͤ— 
ren, feinen Stand bald, nachdem et durchs Perihe⸗ 
kium gegangen ift, zu beſtimmen; denn ohne eine 
oder zwo gute Beobachtungen des Komets in dieſem 
Theile ſeiner Laufbahn, koͤnnen wir niemals feine Ele⸗ 
mente in einem mittelmaͤßigen Grade der rn | 
| | eit 


vom ızsoften Jahre 393 
keit, erhalten, da der Komet vor dem Anfange des 
Maymonats das ganze Stüd feiner Bahn, wel 
ches fich für parabolifh annehmen laßt, durchlau⸗ 
' fen, und fich, fo lange er fichtbar geweſen, in einer 
faft aufrechten Linie bewege hat, Man fonnte ihn 
mit bloßen Augen bis auf den vierten oder fünften 
May fehen, da der Mond, der damals in fein ziwen« 
tes Viertel getreten war, fo belle fchien, und das 
Sicht des Kometen felbft fo ſchwach war, daß bloß 
- biejenigen, welche wußten, wo man ihn zu fuchen 
hatte, ihn fehen Eonnten. Durd) das Telefcop konn⸗ 
te man damals weiter nichts, als ein etwas ausges 
breitetes neblichtes Wefen fehen , in deffen Mitte 
man den Kern (Nucleus) ganz II erfennen 
Eonnte, ER 

Den ganzen Maymonat hindurch ‚war das Wet: 
ter überhaupt dem Beobachter günftig, und der Ko⸗ 
met wurde faft alle Nächte beobachtet. 

Am vierzehnten, da der Himmel vollkommen hei⸗ 
ter war, und der Mond nicht eher, als um zehen, auf: 

‚gieng, und die Dämmerung gleichfalls fehr ſchwach 
war, wurde der Komet mit bloßen Augen gefehen, 
‚und in Anfehung des Glanzes den Sternen der vier⸗ 
ten oder fünften Größe gleich geſchaͤtzt. Der ſchein— 
bare Durchmefier feines Kerns, wurde. von 27 Mis 
nuten, befunden. Am ısten, da der Himmel eben 


fo heiter als zuvor war, fihien der: Komet, wenn - } 


man ihn mit bloßen Yugen betrachtete , keinen 
Schweif zu haben; denn eben zu Anfange des Mo- | 
nats, befand er ſich, in Abficht auf die Erde und 
Sonne, in einem fo unglüdlichen Stande, daß fein 
Schweif kaum von einer merklichen Laͤnge war, 

b5 | fondern 





394 


fondern fich nur. den Augen Yale und etwas vorne 
abgekuͤrzt jeigele, und gleichwohl ſaget man uns, 
Daß an diefem T Tage ber Gehülfe des ‚Herrn de 
‚ . PTsle, vermittelft eines kurzen Telefcops, ſowohl 

die Länge als die Richtung des Schweifs be- 
fimme , und denfelben über drey Grad ‚ang * 
5* hat. 

Dom ıöten an blieb der ‚Himmel ſehr Ka bis 
den 22ten, während melcher Zeit man beobachtete, 
daß der Komet fehr merflid) in feinem Lichte ab» 
nahm, weil er fid) damals in einer großen Enrfer- 
nung von der Sonne befand. Sein Kern war um 
fehr viel Eleiner geworden, und nicht mehr fd Deuts 
lich zu erfennen ; und fein Kopf, ob er gleich im 
Telefcop fihrbar genug war, ließ ſich nicht an 
ders, als mit vieler Muͤhe, mit bloßen Augen 
erkennen. 

Vom 22ten bis zum 28fen, war ber Himmel 
noch, immer heiter, allein man fonnte den Kome- _ 
ten nicht mit bloßen Augen erfennen. Am 2öten 
fahe man ihn in dem Geftirne Hevels Sextanten 
unter einem Sterne der sten Größe, den Slamz 
ftead i in regula ad pinnaeidium nennet. Am 2gten 

ſahe man ihn fait von eben der Größe, (wiewohl . 

etwas heller) als den 21 ee da er. zuerfi ent: · 
decket wurde. | 

Man ſahe „ihn in Frankreich den 30 May, und 
den 2 und 3 Junius, allein der Mondenſchein, der 
in fein zweytes Viertel getreten war, ſchwaͤchte das 
Sicht des Komets fo ſehr, daß man den zten fuͤr 
pn; Er Tag hielt yon ‚weichen man: denfelben 


ſehen 


vom 175often Jahre. 


ſehen koͤnnte. Da er aber gleichwohl faſt u 
hend, (ftationarius ) ſowohl in Anſehung der Länge 
als der Breite geblieben wäre, fo wirde man ihn, 
. wenn der Mond nicht da getoefen wäre, mit Hülfe 
guter Gläfer einige Zeit länger haben fehen koͤnnen, 
da er gradweiſe noͤrdlich von ſeinem Stande am 
26ten May fortruͤckte. 

Dieſes iſt, die, wiewohl kige und unvollkom⸗ 
mene Geſchichte der Beobachtungen dieſes Komets, 
welche bis hieher bekannt gemacht worden, oder mir 
zu Haͤnden gekommen find. Wie weit feine Ele— 
mente von denjenigen abweichen, die Dr. Halley, 
na) Slamfteads Beobachtungen während der Zeit, 
da er 1682 zu fehen gerefen, beſtimmt har. (Denn 
eg findet fich vielleicht ein Fleiner Unterfchied in dem 
Orte feiner Knoten, und der Inclination feiner 
- Bahn); diefes muß von einer. gefchicktern Hand be= 
‚ ffimme werden, wenn man eine binlänglihe Men« 
ge guter Beobachtungen ‚ die in verfchiedenen Thei- 
len feiner Bahn gemacht worden, wird erhalten. 
koͤnnen. Gleichwohl erhellet aus. denenjenigen, die: 
bisher angeftellet worden, fehr deutlich und mit wie- 
ler Gewißheit, daß es eben derfelbe Komet fey, ver 
fo lange erwartet worden, und daher Fann id) meis 
nen $andesleuten zu einer Begebenheit, welche der 
Neutonianiſchen Lehre von der Schwere, und dem 
Andenken des vortrefflichen Philofophen Dr. Hals 
leys fo viel Ehre machet, nicht anders als Glück 
wünfchen; und man fey beftändig eingedenk, daß 
das erfte Benfpiel einer Begebenheit von diefer Art, 
von einem Engländer, und zwar mit fo vieler Ge: 
nauigfeit, ift vorher gefaget worden. a 


396: Gefchich. des Komet. vomızsoften J. 
Da diefer Komet, feit fo lange als den 21 Jenner 
‚von den Franzöfifchen Sternfehern gefehen worden, 
kann ich niche umhin zu beklagen, daß ihn bier in 
England niemand geſehen, faft hätte ich geſaget, 
nichts davon gehöret hat, als bis er den größten 
Theil feiner. fihtbaren Bahn durchlaufen war; und 
daß Die englifchen Sternfeher fo außerordentlich un⸗ 
- glüclich gewefen find, daß fie nicht im Stande wa- 
ren, ihn eher zu beobachten, als zu einer Zeit, die 
für  aftronomifche Unternehmungen fo unbequem 
war. Ich will mich nicht zu entfcheiden unterftehen, 
‚ob de P’TJsle nicht einer unverzeihlichen Zuruͤckhal⸗ 
fung gegen feine übrigen Mitbrüder zu befehuldigen 
iſt; ich will nur diefes einzige fagen, dag wir in 
dieſer Inſel ſehr viel Urfache haben, ung uͤber ihn zu 
befchiweren, daß er das, was er hiervon wußte, dem 
größten Aftronomen in der Welt, deſſen unermüde- 
ter Fleiß, und unvergleichliche Genauigkeit, feinen 
Namen zu feiner und diefer Nation Ehre, beyıder 
Nachwelt im Andenken erhalten wird, nicht bekannt 
gemacht hat. | ahnt} 
: Aſtrophilus. 





— 


——— 
a vViu. 
Wirſameeit der Fieberrinde 


‚bey 


boͤſen eh mit Geſchnüren. 


Aus dem Londner Magazine. Novemb. 1759. 
Seite 582. 


An Hn. T. B. in Orfordf hire. 


Gloceſter 
den 14. Novemb. 1159: 


8 


— 


NM H. 
er Ießtverwichene Fruͤhling und Sommer 
$ ‚find, wegen der böfen Hälfe mit Geſchwuͤ⸗ 


ren, fowol bier, als in andern Theilen dies 
ses Königreichs, merkwuͤrdig geweſen. — Es if 
erſtaunlich geweſen, wie weit es damit bey vielen 
Leuten gekommen iſt. — Verſchiedene meiner 
Kranken wurden Nachmittages um 4 Uhr mit eis 
nem Schaudern, u. f. m. den.gewöhnlichen Zufällen 
beym Anfange diefer Krankheit, befallen; und ven 
folgenden Morgen, um eben diefelbe Stunde, zeigten 
ſich die Halsdruͤſen heftig entzuͤndet und mit Ge= 
ſchwuͤren bedeckt. Eine Beaͤngſtigung, Mattigkeit, 
und Entkraͤftung, verhinderten die armen Kranken, 
das Bette zu verlaſſen. — Ganze Familien haben 
ſich i in dieſen Umſtaͤnden befunden. — Hier erwies 


ſich 


Von boͤſen Kälfen ꝛc. 


* die Fieberrinde, wo nicht als das einzige, doch 
wenigſtens als das befte Hülfsmitte. — Ich bin 
zu den Leuten bey allen verfchiedenen Scenen diefer. 
gefährlichen Krankheit geholet worden, und werde 
aufrichtig von dem Erfolge derſelben reden. 
Wenn ich bey dem erſten Anfalle gerufen werde, 
gebe ich die Fieberrinde, fo bald fich der erfte Anſchein 
= Geſchwuͤren zeiget. Ich laſſe den Hals damit 
ausgurgeln, und reinige die Geſchwuͤre mit einem 
kleinen Stuͤckchen weichen Schwamme, der in eine 
ſtarke Tinctur von der Fieberrinde getauchet, und an 
das Ende einer Sonde befeſtiget iſt, wobey ich ſowol 
alles, als vornehmlich dasjenige, womit die Geſchwuͤ⸗ 
re follen gereiniget werden, fäuerlich mache. Bey 
diefem Verfahren find diefelben am dritten oder vier: 
ten Tage aufgebrochen, daß die bösartige Materie 
herausgegangen ift, und am fechften oder fiebenten 
find fie wieder zugebeilet. — Allein, wenn man 
bierbey die rechte Methode nicht angewendet, und 
mich erftlih am fechften oder fiebenten Tage nad) 
dem erften Anfalle geholet hatte, haben diefe Ge— 
ſchwuͤre fehr gefährlich ausgefehen, ſowol wegen ih- 
rer Unreinigfeit, als auc) wegen der Anzahl derſel⸗ 
ben: dennoch hat diefes unfchäßbare Heilungsmittel 
die Farbe derſelben bald veraͤndert, und ſie in wenig 
Tagen völlig geheilet. — Bey einigen bin ich ge⸗ 
noͤthiget geweſen, Blafen ziehende Pflafter auf den 
Nacken zulegen; und ich pflege die Kur allezeit mit 
‚einem gelinden —— Mittel zu beſchließen. 


Ich bin ꝛtc. ꝛtc. 
er Johann Coofe, 
IX. Erzähe 


J 399 
—** u * 2 Zu ZZ 2 2 ZZ zz. 2 2 2 2 2 zo 
| . Erzählung eines Borfals, 

da das erite Gelenke des Daumens 


abgeriſſen, 


und zugleich die Senne des Beugers 
(Flexor ) ihrer ganzen Länge nach 


mit herausgezogen worden ift. 


Bom Herrn Robert Home, 
Wundarzte zu Kingffon bey Hull, 
Aus dem Londner Magazine. Novemb. 1759. ©. 599. 


ilhelm Toylor, telcher 18 Jahre alt, und 

in der $ehre bey einem Handiwverker an 

biefigem Drte ift, fuchte am 18. Jenner 

1758. jemanden, der ihn züchtigen wollte, zu entwi— 
ſchen, und öffnete deswegen eine Kellerthür, und 

fuhr in denſelben binein; allein bey feiner großen 
Eilfertigfeit blieb er mit feinem rechten Daumen an 
der Klinfe hängen, daß dadurch die Laſt des ganzen 
Körpers fehmebend erhalten wurde, bis derfelbe ab» 
gieng, und beym erften Gelenfe abgeriffen wurde; 
wobey die Senne des Beugemuskels (Flexor ), ihrer 
ganzen Länge nach, mit herausgezogen wurde, nad)» 
dem fie da, wo der Musfel anfängt, abgeriffen war. 
Sch wurde unverzüglich herbeygeholet, und fand 
wenig oder gar Fein Erbluten, und ven Knochen des 
zweyten 


— 


es Verlegung eines g Daumens. 


zʒweyten Gliedes unbeſchaͤdigt und mit feinem Knor⸗ 
pel bedeckt, allein ſehr hervorſtehend, welches daher 
ruͤhrte, daß ein Theil der Haut, welcher dazu ge⸗ 
hoͤrte, zugleich mit dem erſten Gelenke unordentlich 
tar abgeriffen worden. 

Sch war: ‚zweifelhaft, ‚ob id nicht endlich genös 
thiget feyn würde, einen ziefelfürmigen Einfchnitt zu _ 
machen, und den Knochen mit der Haut‘ gerade zu 
fägen; alfein ich glaubte, daß es dienlich wäre, ihm 
noch eine Möglichfeie zum SEHR des ganzen 
Gliedes zu laffen. 

Er beftagte fid) den erften Tag bloß über einen 
ziemlich ftechenden Schmerzen, längft dem Orte, wo 
die Senne gelegen hatte; worauf Bäufchgen, die mit 
Branntwein befeuchtet, und ausgedrückt worden, ge= 
leget wurden, ı Allein fein Arm war nirgends ge: 
ſchwollen, es zeigte ſich auch keine Ecchymoſis, und 
“er vermerfte fo wenig Fieber, daß es nicht noͤthig 
war, ihm einmal zur Ader zu laffen. Die Cur 
gieng glüclich von ftatten, und es entftunden feine 
Zufälle von der herausgeriffenen Senne. Bey dem 
dritten Verbande war der Knochen bedeckt, und es 
war die ganze Zeit uͤber weiter nichts, als trockene 
Karpey aufzulegen noͤthig. Es erfolgete auch keine 
Abſonderung des Knochens (Exkoliatio ), Allein 
es dauerte wohl zwoͤlf Wochen, ehe eine völlige 
Narbe entftund, welches dem Berlufte der Haut zu- 
zufchreiben war: und er feheint den Gebrauch des 
Stumpfs fo vollfommen wieder erhalten zu gaben, 
‚als da die Senne noch niche Ten war ee | 


E.. (2) FR. 5 | 
| X. Vorfall 


«R] er. | zoR 
uumener RR r 
einer von ſich Pr 


fanden Sudophoßi, 
und darauf erfolgten: 


— des — 


RT 


einem melancholifchen Temperamente, und 

magern Körper, hatte ſich zween bis drey 
Tage über ein wenig unpaß befunden, als am 
21, Jenner 1755. Schmerzen in den Senden und: den 
untern äußerften Theilen ihn verhinderten, aus dem 
Bette aufzuftehen, und feine Amtsgeſchaͤffte und 
Uebungen der Frömmigkeit zu verrichten, worinn 
er fo genau: war, daß, als er diefelben, indem er 
im Bette blieb, nicht. verrichtete, man ihn. für ſehr 
franf hielt, und: mic) des Morgens zu ihm holten 
Sch befand feinen Puls ſtark und geſchwind, als 
wenn er etwas fieberhaft waͤre; ſeine Haut war 
feuchte, ohne fonderliche Hige, und feine Zunge hatte 
eine graulichte Farbe; er fonnte nicht: frey Athem 
holen, und fhien ſehr Angftlic) und; ‚niedergejchlagen. 
44. Band. Ce Er. 


Ex. drey und dreyßig Jahre alt, von 


_ 


402 Don einer-von ſich ſelbſt 


Er klagte uͤber ein Brennen i im Urin, wenn er fruͤh 
erwachte. Er war vor fuͤnf oder ſechs Tagen vom 

Allmoſenſammlen wieder zuruͤckgekommen, und war 
eine Woche lang bey Regen und ſtuͤrmiſchem Wetter 
herumgegangen, wovon er glaubte, daß feine Krank⸗ 
beit herruͤhrte, die ich, fuͤr catarrhaliſch hielt; ich 
ws dnete ihm bloß am Arme zur Ader zul en, 

eDeienne, von Gerſtenwaſſer zu brauchen. | 

h ls ich des Abends wieder zu ihm fam, war 
das Blut über und über mit eitier weißen Rinde be⸗ 
deckt, graulicht, weich, und hieng feſt an dem Be⸗ 


den, ob es gleich vor ſieben oder acht Stunden war 


abgelaffen worden. Da ich den. Kranken befichtigre, 
fand ich ihn feuchter , als, ‚des, — —58 


Schwitzen geneigter, welches. mich veranlaßte, eine 


anderweitige Aderlaffe bis auf den folgenden re 


 verfchieben. "Man erzaͤhlte mir zugleich, daß, 


ihn dahin zu bringen fähig wäre, etwas zu tri en, 
oder Fleiſchbruͤhe zu fich zu nehmen, indem er vor⸗ 
gab daß er einen Abfcheu für der Fleiſchbruͤhe haͤtte, 
und keinen Durſt fpührte, Er fagte mir felbft, daß 
er vielleicht: weniger Widerwillen gegen eine’Suppe 
haben würde, die ich ihm daher erlaubete; und um 
die Stelle des Trinfens zu erfegen, welches er zu thun 
fi) immer. weigerte, verordnete ich ein erweichendes 


Klyſtier, ſo bald es. die Feuchtigkeit feiner Haut er- 


lauben würde; und rieth es ſo oft zu’ — 


als es fuͤr nothig wuͤrde befunden werden. | 
Der Kranke zwang ſich mit vieler veſchwerlich⸗ 


keit, einige Loͤffel voll von der Suppe, die man ihm, 


fo balb ich von ihm weggegangen war, gebracht 
en hinunter zu — allein er ‚befand: ſich 


„außer: 


“> 


enſtandenen Hydrophobie. 403 


außerordentlich beaͤngſtiget, bis er dieſelbe von oben 
- wieder von fich gegeben hatte. Diefes war gleich— 
wohl nichts, in Bergleichung mit den Beunrubigun- 
gen, dem Reize zum Brechen, der Herzensangft 
und Suffocationen, weldye auf das Kiyftier erfolge 
ten, das gleichwohl nicht bey ihm blieb. Dicefe 
Angft und Marter dauerte die ganze Nacht, und 
nahm beftändig zu. Mach der Suppe fonnte cr 
nicht das geringfte mehr hinunterſchlucken; die bloße 
"Erwähnung der Peifanne, oder der Fleifhbrühe, er» 
regte Convulfionen bey ihm. Er beflagte fid) über 
die Bewegung und Erfchütterung der $uft, welche 
durch die Annäherung derer, die ihn warteten, er- 
reget wurde, und fagfe, daß ihn dieſelbe erftickte; 
er hatte gleichen Abſcheu vor dem Fichte, welches 
man ihm entzog, indem man ihn in ein finfteres - 
Zimmer brad)te. | ROTER: \ | 
In diefem unglücklichen Zuftande fand ich ihn 
des Morgens, bey meinem dritten Befuche, ‚in den 
Armen eines Mönches, der fehr ſtark war, und fei- 
nen Bewegungen und Auffpringen Einhalt that. 
Man hatte mic) kaum bey ihm angemeldet, fo fing 
er an auszurufen, daß Feine Hülfe mehr für ihn 
wäre; er bath gleichwol, daß ich ihm ein wenig Wein 
erlauben möchte, welches man ihm, bis zu meiner 
Ankunft, verweigert hatte. Ich reichte ihm den 
Wein, den er fo fehnlich verlanget hatte, felbft; 
allein, wie fehr erftaunte ich nicht, als ich denſelben 
Augenblick (ich weiß nicht, wie ich diefes ausdruͤ⸗ 
cken foll,) ihn fehr begierig zum Trinken, daffelbe 
aber gleichwol mit Abfcheu von ſich wegſtoßen fah. 
Seine Hand war nicht im ya Becher 
| Cc2 - mehr, 


— 


aoa ¶ Von einer von ſich ſelbſt 


r, als den halben Weg, nad) dem Mande z u 
Mr und alsdenn. Eehrte fie, mit. lichen | 
gezwungenen ‘Bewegung, viel geſchwinder wieder 
um, als fie ſich erſtlich genähere «hatte. ‚Seinen 
Mund, den er gegen den Becher hinreckte, und der 
gleichfam demfelben die Hälfte des Weges entgegen 
zu gehen fhien, war nicht fähig ‚ denfelben zu errei- 
chen, fondern ftieß ihn, mit einem Zittern der Lippen 
und. graufamen Schreyen, wieder zuruͤck. Dieſer 
arme "Unglücfelige verfuc)te verfchiedene mal feine 
Kräfte von neuem anzuftrengen, und verurfachte fich 
felbft eine Art von $eiden, den Becher nah dem 
Munde zu bringen; er that die Augen zu, und machte 
taufend feltfame Geberven, allein er konnte es nie= 


‚mals bewerfftelligen. 


Ich verfuchte es hierauf. felbft, den Becher ion 
an den Mund zu bringen; allein er ftieß denfelben 
weg, und befam ein Erzietern : in feiner Kehle ent⸗ 
ſtund ein Geraͤuſche, wie ein Heulen, und am Halſe 
und im Geſichte kriegte er ſolche Verſuckungen ‚daß 
es unmöglic) war, nur einen Tropfen in feinen 
Mund zu bringen, ob er gleich außerordentlich bereit 
dazu war, und Die. größte Begierde, denſelben hin- 
unter zu fchlingen, zeigte. Ich wiederholte diefen 
Verſuch zu verfchiedenen malen, allein mit eben fo 
wenig Erfolg. Ich unterfuchte hierauf das Inwen⸗ 
dige des Mundes ſehr genau, und fand es in ſehr 
gutem Zuſtande; er war ſehr lebhaft roth, etwas 
trocken, und das Zaͤpfgen ein wenig herunter gefal- 
len; äufierlich bemerfte ich Feine Geſchwulſt, weder an 
den Muskeln, noch) an den Halsdrüfen, noch. am Zahn- 
feiſche. Ich verſi IR ihn, daß nichts da wäre, 

welches 


® entſtandenen Hydrophobie⸗ 405 


— 


welches das Hinunterſchlingen verhinderte, und‘ ne 
es bloß in feiner Gewalt wäre, ſolches zu thun. 
waffnete fich unverzüglich mit einem neuen Dre, 
und verlangte, daß man einen Löffel voll Wein in 
einem Becher in Bereitfchaft halten möchte, um ihm 
denfelben in den Augenblicte, da er ihn verlangen 
würde, in die Hand zu geben. Er bereitete fi), um 
denfelben hinunter zu ſchlucken, durd) ganz befondere 
Gewalt, die er ſich anfhat, indem er erft feinen Spei« 
chel hinunter zu fehlucken verfuchte, hernach feine Lip⸗ 
pen, das Kinn, den Hals und die Nafe mie beyden 
Händen rieb, als wenn dadurch der Durchgang - 
fönnte geöffnet werden; und als er glaubte, dazu fer- 
tig zu feyn, forderte er den ‘Becher, welchen er den 
Augenblit zum Munde, den er mit einer Art von 
Gewalt weit. aufgemacht hatte, führte, als wenn er 
ihn austrinfen wollte, » Diefes mal Fam er bis an 
die Lippen; allein er wurde von denfelben mit einer 
Heftigkeie abgeſchuͤttelt, und wmeggeftoßen. Ich 
zweifele, ob etwas von dem Weine in feinen Mund 
‚gefonimen iſt; was mich aber. gleichwol veranlaßte 
zu glauben, daß einige Tropfen hineingefommen find, 
‘war Diefes, daß er den Augenblick heftige Convulſio⸗ 
nen am ganzen Körper befam, und folche ftarfe Bes 
‚wegungen: machte, daß es fürchterlich mar, ihn zu 
fehen. Bey einer. fo großen Beklemmung, hatte er 
zugleich fo Heftige und jählinge Reize zum Erbrechen, 
daß man hätte glauben ſollen, er würde den Augen: 
blick erſticken. An ſtatt ſich zu erbrechen, warf er 
nur zwey oder dreymal ein wenig weißen und Dicken 
‚Schleim aus; und diefer Anfall gieng in weniger 
Bet ‚als eine Biercheiftunde voruͤber. 
Erz - Diefer 


406 Bon einer von fich ſelbſt 


Dieſer arme Mann, deffen Verſtand noch ganz 
Ten war, und eg bis zulegt blieb, war unausfprech- 
lich befümmert , daß er nicht zu ſchungen im Stande 
war; er beklagte ſich hieruͤber mit der Demuth, wel⸗ 
he das Kennzeichen eines wahrhaftig gortesfürchti- 
gen Gemuͤthes ift; er entfchuldigte fich bey ven Per: 
fonen, die um ihn waren, wegen feiner Anfälle, wo⸗ 
durch er außer fich felbft gefeßt wurde; und barh den 
Mönd), der ihn hielt, fehr inftändig, ihm nicht zu ver⸗ 
laſſen, fondern ihn feft zu binden, wenn feine Convul⸗ | 
fionen wieder kaͤmen und heftig wuͤrden. 

Sch entdeckte nicht eher daß feine Rränfheitipie 
——— war, als bis ich dieſen letzten Anfall ſah. 
Der Puls war alsdenn geſchwinder, als die Nacht 
vorher, allein er war nicht ſtaͤrker; er ſtockte alle 
ſechs oder fieben Schläge, und war in den Zwiſchen⸗ 
zeiten und Schlaͤgen ſehr ungleich, und auch zugleich 
ſchwach; ſeine Haut war feuchte ohne Bee 
liche Hiße. 

Da ich nicht länger an der Unmöglichkeit, flügige 
Dinge einzufchlucken, zu zweifeln Urſache hatte, mar 
noch übrig zu verfuchen, ober nicht fefte Dinge mie 
meniger Schwierigkeit zu fich nehmen Fönnte. Ich 
bediente mich der Gelegenheit. feines ruhigen Zuftan- 
des, und feines noch anhaltenden Berlangens nad) 
Wein, ihm einen Biffen Brodt, der in etwas war- 
men Wein mit Zucer und Zimmet getunft war, zu 
reichen,melchen er auch annahm. Ich ſteckte ihm den 
erſten Biſſen in den Mund, er empfing ihn ohne Be⸗ 
wegung, er that nur allein die Augen zu, kauete den⸗ 
ſelben, und verfchluckte ihn. Ich gab ihm den an- 
dern Biſſen, der ganz trocken war; allein er warf Bid 

wieder 


entſtandenen Hydrophobie. 407 
wieder aus, und war nicht im Stande ihn hinter zu 
ſchlingen. Ich gab ihm hierauf vier bis fünf andere 

dergleichen 


Biſſen, die in Wein getaucht waren, vie 


er eben fo leicht, als den arten, und mit vielem Ver⸗ 
gnuͤgen hinterſchluckte; allein, da ich verſuchte, ihn 
‚einen, der in Fleiſchbruͤhe getaucht war, verſchlucken 
zu laſſen, warf, errdenfelben mie Abfcheu wider aus, 
und von dieſem Augenblicke an, war es unmöglich, 
“en das geringfte hinterfchlucken zu laſſen. 

"Da er die Gefahr , darinnen er war, und die 
| Nothiendigkeit, etwas, dadurch das Feuer in feinen 
Eingeweiden geloͤſchet würde, zu fich zu riehmen, voll 

‚kommen einfah ;erdachte er ſich eine finnreiche Art, 
etwas Wein oder Fleifchbrühe zu nehmen, ohne daß 
er den Abfcheu hätte, es zu ſehen. Esibeftund dar- 
innen, einen Eleinen: Schwamm in seine von dieſen 
‚Feuchtigfeiten, ohne daß er esıfehejteifiutauchen, und 
‚ihn denfelben in ven Mund zu:geben, Daß er daran 
ſaugen koͤnnte. Diefer Berfuch war: aber ohne Wir- 
kung; als der Schwamm feine tippen berührte,mad)- 
‚te ihn derfelbe fo wuͤthend, als Die‘ Seuchtigfeit zuvor 
gethan hatte, und dieſes nody mehr, wenn er in 
Fleiſchbruͤhe, als wenn er in Wein getaucht war. 

Die Beflemmung und das Würgen (Suffocatio) 
wurde noc) heftiger. Gegend Abend’ fing er wieder 
an zu heulen und zu winſeln. Seine Anfälle, welche 
allezeit mit außerordentlichem Reizen zum Erbrechen 
begleitet waren, wurden häufiger" und heftiger, und 
«brachten feinen andern Auswurf hervor, als daß er 
zwey bis dreymal einen weißen dicken Schleim aus» 
warf. Die Sennen an der Handwurzel waren be- 
in einem Zittern, — bedeckten ——— 

c4 


‚den Puls, der noch immer ſtockend und ungleich; aber | 


gefhmwinder und ſchwach war. Der arme Mann 


maͤßigte von Zeit zu Zeit fein: Schreyen, auf Verlan⸗ 
gen jeines DBorgefeßten ‚ter ihn zur Geduld und Er⸗ 
gebung in den Willen Gottes ermahnte. Bey ſeinen 


ruhigen; Augenblicken, da er ſich bey Verftanderbe- 


‚fand,  ermunterte er ſich felbft dazu/ und ließ die er⸗ 


baulichſten Gefinnungen bliden; allein feine Berrü- 
Kung nahm bald; die Oberhand. Er fagte einmal zu 
dem Mönch,der ihn gar nicht verließ,daß er in Furcht 
ſtuͤnde, er wuͤrde ihn beißen; er ſagte auch, daß er 


glaubte, daß er verruͤckt im Verſtande waͤre, allein er 


wuͤßte nicht, wie dieſes zugienge; und es wußte auch 
wirklich niemand, weder aus dem Haufe, noch ſonſt 
jemand, daß er jemals geſaget hätte, daß ihn einmal 
ein tolles Thier gebiſſen oder gekratzet hätte. «1; 

In der Nacht ſchrie er ſo ſehr, daß die — 
und die ganze Nachbarſchaft dadurch erſchreckt 
wurden. Sein Geſicht wurde auch verſtellet, und 


um Mitternacht war fein Mund mit Schaume be⸗ 


deckt. Endlich gab: er des Morgens um fünf Uhr, 
in den Armen des Mönches', feinen: Geift auf, ohne 


daß es wäre nöthig gewefen, ihn zu binden. Dieſes 


war eben 48. Stunden feit dem Anfange feiner Krank: 


heit. Man entdeckte nichts anı feinem Leibe; feine 
Geſichtszuͤge befamen nieder. ihre vorige Geftalt, und 
dreyßig Stunden nad) feinem Bw fah er aus, als 
einer der da ſchlaͤft. 34 7 
Man erlaube mir ,: bier eine Betrachtung: behzu⸗ 
fuͤgen, die mir bey dieſer Gelegenheit eingefallen iſt, 
und die darinn beſteht, daß der Abfcheu vor dem 
OR ſer, welcher das — Kennzeichen dieſer 


Krank⸗ | 


entſtandenen Hydrophobie. 409 
Krankheit iſt, nicht allein in dem Widerwillen gegen 
das Trinken, und in der Unmoͤglichkeit, Feuchtigkeiten 
hinter zu ſchlingen, beſteht, fondern!zugleich in der 
bösartigen und giftigen Wirfung, welche das Waffer 
ih dern Magen und den Gedarmen hervorbringt, auf 
was für Art es auch dahin gebracht worden. Diefes 
erhellet aus dem heftigen Reizen zum Brechen, die 
durch einige Loͤffel voll Suppe; und des Kiyftiers er» 
reger worden. Diefe Reize, mit welchen dieſer 
Mann vornehmlich befchweret war, und welche dies 
—R— er Krankheit find, ma⸗ 
hen, daß fie der Wirfung eines heftigen und freffen« 
den Giftes ähnlic) fieht. Ich unterftehe mich nicht, 
noch hinzu zu fegen, daß die bloße Gegenwart digeftis 
vifcher Feuchtigkeiten, in Ermangelung anderer Flüfs 
figfeiten, eben’ viefelben heftigen Wirkungen hervor 
bringe; wenn ich aber dennoch uͤberlege, daß die ge= 
ringſte Erſchuͤtterung der Luft ‘den Kranken fo be= 
ſchwerlich ift, daß fie ihn beynahe erſticket, und daß 
ihm das Licht außerordentlich verdrießlich ift; ſo bin 
“ich zu glauben geneigt, daß die Werkzeuge (Organa), 
‘indem fie zu dem höchften Grade der Empfindlichkeit 
aufgefpannt find, eben dadurch gereizer werden, wozu 
fie fonft am meiften gewohnt find; und dag die Wäf- 
ferigfeit ver digeftivifchen Feuchtigkeit ein ſtarkes rei- 

zendes Mittel wird, welches die heftigften Reize zum 
Brechen erweckt, wie ein heftiged ind aͤtzendes Brech⸗ 
‚mittel bey either andern Gelegenheit hun würde, 
Das Waffer ift diefermegen bey der Hydrophobie 

. als ein Gift anzufehen, 4 WR mean 

DEE Ne ee IH NE IR EDS INORDT 


€: 5 AI. Joh. 


Fir 72.4 rd 
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aio Vom Verbrennen und Begraben 
* * ** — * * * ⸗ 
raten I RR | 
xl; RS 


2. "David, —— 


‚Prof. in Göttingen; — 


a 65 a dla: n Are N Eee 


X von dem ei 


„insie 


Zeseamen und Begraben hr 
Todten bey den Hebraͤern. * 
Aus dem Enteinifhen. überfegt, “ . 


$ Te Einige volter haben ihre, Toten bald 
ge verbrannt, bald begraben. tee 


$} 08 ER rn ganzer Körper ‚und das Bar: 
9) brennen derſelben find zwo Begräbnißar- 
ten, welche ſich am weiteſten ausgebreitet 
Haben, und welche beynabe | ter. dem: ne 
‚menfchlichen Geſchlechte vorzuͤgli alic) i in Gewohnheit | 
‚gewefen find. Wenn es außerdem noch einige 
dere Arten gegeben hat, als bey den Aegyptiern, 
welche ihre Todten mit, Arʒtneyen ‚und, Specer 
reyen einbalſamirten, und im Hauſe zu behalten. 
gewohnt waren, oder bey den. Troglodyten, wel⸗ 
che ‚ihren - Todten auf. ‚eine folche Art zufammen 
banden j daß er ein fehr haͤßliches Anfehen er 
«K A IA 4 2.9 — ihn 





der Todten bey den Hebraern. Au 
ihn alsdenn verfpotteten, und fo lange mit Steinen 


nad) ihm warfen, bis er bedeckt war *: fogehöree 


diefes zu den wunderbaren Gewohnheiten der Frem⸗ 
den, oder der Alten, welche kaum wegen einer an · 
dern Urſache bemerft zu werden verdienen, als weil 
fie von den Sitten der meiften übrigen Völker fo 
fehr abgehen. Einige Haben das’ Begraben und 
Verbrennen mit einander verbunden, fo, daß es eis 
nem jeden frey ftunde, ob er ganz in die Erde geles 
get‘, oder verbrannt werden wollte. Ein vorzüglia 
ches Benfpiel hiervon find die Römer, wie diefeg 
Joh. Kirchmann, gleich im Anfange feines gelehrten 
Buchs, de funeribus Romanorum gezeiget haf. 


Bey andern Völkern iſt die-eine Art auf Die andere 


gefolget, wie in den nordiſchen Sändern, wo man das 


Alterthum in die'Zeiten eintheilee, in welchen man 


die Todten verbrannt, und in der Folge begraben 
bat. Bey den Hebräern gefchahe' eben diefes: fie 
hatten die alte und von ihren Vorfahren auf fie 
fortgepflanzte re rg die ganzen Leichname ih⸗ 
ter Todten in ein Grab zu legen: Hierzu kam in 
den folgenden Zeiten die Verbrennung, welche fit 
anfehnlicher gehalten und dem Begraben vorgezos 
gen wurde, bis endlich auch diefer Gebrauch und das 
Andenken deffelben durch die fremde Herrfchaft, uns 
ter welcher fie lebten, verloren gieng. Weil ich 


fehe, dag man die Zäten nicht recht zu unterfcheis 





| 
| 
| 
| 


den weiß, in welchen das Begraben und das Ver⸗ 


brennen der Todten bey den Hebräern gemwöhn- 
Lich gewefen ift, ſo will ich hievon etwas weniges 


fagen. \ > 5 ‚ . 
ee in 
Diodorus Siculus L. III. e. 33. ©. 165, oder 115. 


412 —* m Verbre En 


IB 2.) Die Sebräer pflegten die Thiere 

zu begraben. a Ki Aa 
TIL IT TE IE 4 
Ehe ich aber dieſes thue, ſo wünfhte.ic-von. den. 

Ar tneyverſtaͤndigen erſt zu erfahren, ob die: Ein« 
ſcharrung der Todten in die Erde, oder die Verbren⸗ 
nung derſelben mehr ‚mit der Abficht, welche man. 
bey dem DBegraben der Berfiorbenen. hat, überein 
kaͤme? Diefe Frage ift mit meiner Abhandlung ſehr 
verwandt, befonders ,. da ich von den Sitten eines 
Volks handle, welches nach ſeinen Gewohnheiten 
forgfältig dafür geſorget hat, daß durch eine nachlaͤſ⸗ 
ſige Begrabung ſich nicht Krankheiten fortpflanzen 
und ausbreiten moͤchten. Denn da alle todte Körs 
per, auch der Vögel und der Inſecten, nad) ben Ges 
ſetzen Moſis, dur) das Anruͤhren ‚verunreinigten, 
und man, wenn man nut mit einem folhen Körper 
in einem Haufe war, unrein, von dem Eingange in 
das Heiligehum und von der, Gefellfchaft Der; Keinen 
ausgefchloffen wurde :, fo mar dadurch ein jeder Buͤr⸗ 
ger .gendthiget, dasjenige zu thun, was doch kein 
Geſetz befahl, nämlich nicht nur Menſchen, ſondern 
auch Thiere, Voͤgel, Schlangen zu begraben, wenn 
die fleiſchfreſſenden Thiere — — Fleiſche | 

ober Knochen übrig gelaffen,hatten. "Wie die Her 
braͤer bey dem Begraben dieſer uͤbriggebliebenen 
Knochen zu verfahren ge geweſen find; rg 

ic) aus der Stelle Ezechiel RXIX, 15. zu. feben. 

Ich wundere mich. aber, daß Diefer Hrt-vom Theo⸗ 
dorus Daſſovius übergangen; worden iſt, welcher 
von der Gewohnheit der Hebraͤer, die Thiere 
zu ‚begraben, in einer — Br gehandelt, 
ie und 


\ 
ir Per Ben > Zr 14 


Be der Todten bey den Hebraͤern. a 


und alle Kleinigkeiten, und zum! Theil auch unge« 
wiſſe Sachen aus den allzuneuen Talmudiften ge— 
ſammlet hat; allein diefer Mann, dem man den 
Ruhm der Gelehrfamkeit nicht abfprechen kann, 


verließ. fich bloß auf dieſe Wegweifer, fo wie es die 
meiften von denen thun, welche die hebräifchen Als 


terthuͤmer unterfuüchen. Ich fehe zwar, daß man 


meiner Meynung die Worte des Jeremias entgegen- 


‚fegen fann (XXI, 18. 19.), Man wird ihn nicht 
Elagen, ad) Bruder ! ach Schwefter ! man 
‚wird ibn nicht Elsgen, ach Herr! ach Edler! 
Er ſoll wie ein Kfel begraben werden, zer⸗ 
ſchleift und binsusgeworfen vor die Thore 
Terufslem. Don demjenigen, auf den diefe Drob« 
worte gehen, wird an einem andern Orte gefaget, 
daß er gänzlich unbegraben liegen bleiben fol. 


(XXXVI, 30.) Ich koͤnnte mit Wahrbeit antwor⸗ 


ten, daß vieles, bey dem damaligen Verfalle der juͤ⸗ 
difchen Nepublif, und bey ver Verachtung aller Ges 
ſetze, ganz anders gewefen fey, als Mofes nicht nur 


‚gewollt, fondern aud) befohlen hatte : daß man aus 
den Gitten der Juden zur Zeit des Jeremias niche 
fiher auf die Anordnungen und Befehle Mofis 


fchließen koͤnne: ich koͤnnte noch hinzu ſetzen: Gleich— 
niffe paffeten wicht in allen Stüden, und das Bes 
gräbniß des Königes müffe man nur in diefem eins 
zigen Stuͤcke mit dem Begräbniffe eines Efelg ver« 
gleichen, weil es ohne alle Pracht und Feyerlichkeit 
geweſen ſey. Ich halte aber folgendes. der Wahr: 

beit gemäßer, daß nämlich zu Jeruſalem vor der 
Stadt eine Gegend geweſen ift, wo wenig $eute hin— 

famen, und wo die unreinen todten Thlere hinge— 
2 | 2... Wworfen 


.414 Vom Verbrennen und Begraben 


| worfen wurden, um von den Voͤgeln abgefreſſen zu 
werden; und daß man das, was dieſe uͤbrig ließen, 
hernadh i in die Erde ſcharrete. Denn ich habe nicht 

geſagt, daß Mofes das Begraben befohlen, fondern 

‚nur durch ein Gefeß nothwendig gemacht habe, Die 

Ueberbleibfel der Thiere zu begraben, damit nicht die 

Luft durch den Geſtank angefteckt würde. Von der 

Sorgfalt Mofis für diefe Vögel, will ich bey einer 

‚andern Gelegenheit haneln *: daß er aber doch 

Durch feine Gefege, von der Unreinigfeit, die Iſrae— 
liten habe zwingen wollen, die Thiere zu begraben, 
und das Sand von einem übeln Geruche zu befrenen, 

iſt aus diefer Urfache defto wahrfcheinlicher, weil die 

Aegyptier, nad) deren Gewohnheit er erzogen wor⸗ 
den ift, und deren Gefege er fehr oft nachgeahmet 
hat, viele Thiere nicht allein begruben, fondern auch 
‚mit einem ordentlichen $eichenbegängnifle beehrten, 
and glaubten, daß fie theils den Göttern gewiedmet, 
sheils aber auch Behaͤltniſſe menfchlicher Seelen waͤ⸗ 

zen. Denn fo hatten fie ihre Gefeggeber unterrich» 
set, welche fich gemeiniglich der Erdichtung und des 
Vorwands der Religion ‚bedienen, wenn fie ihren 

Mirbürgern ein ihnen heilfames Gefeg fehr einprä- 

—* und die Hier —* hoͤchſt nothwen⸗ 

In dig 


—* Dieſes it. in. ‚eben dem Jahre noch, da diefe Ab— 
—* handlung in der Geſellſchaft der Wiſſenſchaften 
vorgeleſen worden ift,. namlich 1757. durch eine be- 
0 fondere Differtation gefcheben, welche die Auf: 
fchrift bat: Lex Mofaica Deut. XXII, 6. 7. ex 
hiftoria naturali et moribus Aegyptiorum illuftra- 
ta. Sie iſt in ber Vandenhoekiſchen a 
lung zu haben. 


der Todten bey den Hebraͤern. us 


dig machen wollten. Nicht bloß die alten Schrift⸗ 
ſteller bezeugen, daß die Aegyptier die Thiere begras 
ben haben *, fondern man fieht auch noch die Gräs 
ber derſelben bis auf den heutigen Tag, und diejeni⸗ 
gen, welche nach Aegypten gereiſet ſind, haben ſie 
uns beſchrieben **. Wenn uns dieſes, weil es un⸗ 
gewöhnlich iſt ‚ben nahe lächerlich zu feyn feheint, 
und wir das Gefes Mofis als beſchwerlich anfeben, 
weil es die, welche durch einen todten Körper verums 
veiniget waren, fo oft von dem Umgange mit den 
Keinen ausſchloß: fo. mürfen wir bedenken, daß es 
nicht nur unangenehm, fondern auch ungefund ift, 
wenn man todte Thiere nicht begräbt. Wir wers 
den, wie ich hoffe, diefe Strenge loben, wenn wie 
fie mit der Dummheit und Lnvorfichtigkeit unferer 
Einrichtungen vergleichen, welche aud) fo gar feft fer 


Sen und befehlen, daß unfere Kicchen wegen der 


darinnen begrabenen Menfchen, und unfere Gegens 


den vor den Städten, wegen der daſelbſt liegenden 


Thiere, übel tiehen; welche nicht ernftlich. genug 
verbiethen, Daß unfere Gaffen nicht durch andere 
fleine todte Thiere verunteiniget werden. * Wir 
müffen uns ferner erinnern, daß der üble Geruch, 
welcher bey uns nur wenig und langfam ſchadet, in 
jenem heißen Erdftriche, vornehmlic) aber in’ Aegh⸗ 


pten, unerfräglich und hoͤchſt fehädlich fen, und es iſt 


ſattſam bekannt⸗ daß in ra dande die — wel⸗ 
| ‚se 
N abi an | — 
ar — L.II, c. 66, 67 . 24, Diud. gie 
EL® 883 


— 


Paul Lucas — fait en — Ki; 1 ‚Pe 70 


348. 


2* 


416 Vom Verbrennen und Begraben 
che uns fremde, und: niemals von ſich ſelbſt in Eis _ 


raopa und in Afien entftanden ift, zur Zeit des Früh. 


lings durch Die allzu. große Hige, und durch den Ge⸗ 
ſtank des ftillen Waffers entſtehe m diefem 
$ande fonnte es alſo nicht unbefannt feyn, was, vor 
Schaden dieſe Unreinigkeit bringt, welche zwar auch 
bey uns unangenehm und ſchaͤdlich, aber doch keine 
ſo ſichtbare Urſache der Fieber iſt: und die traurige 


Nochwendigkeit, die erſie und beſte Erfinderinn gu⸗ 


ter Geſetze lehrte die Geſetzgeber dasjenige, was 
bey uns auch viele Vernuͤnftige nicht zu wiſſen 
ſcheinen. En Wen]. | | 


$. 3. Man Eanı zweifeln, ob es unſchaͤdlich 
iſt, die Todten zn verbrennen. 


Ich vermuthe, daß viele von den Alten, welche das 
Verbrennen der Todten angeordnet haben in dev Mey⸗ 
nung geweſen ſind, daß dadurch das Anſieckende ver⸗ 
mieden, und wenn etwas ſchaͤdliches und anſteckendes 
in den Koͤrpern waͤre, durch das Feuer entweder 
vernichtet, oder doch zerſtreuet werden wuͤrde. Als. 
lein, ich befürchte, daß fie hierinnen ſehr geirret ha» 
ben. Denn es hat gleich Das. Öegentheil von dem, 
was fie wünfchten, geſchehen fönnen, Daß nämlich) 
das feinere Anſteckende, durch das Feuer, nich vera 
zehret, fondern vielmehr aufgelöfet und Dadurch 
geſchickt worden ift, ſich deſto freyer in der Luft aus» 
zubreiten. Ich erinnere mich, vor etlichen Jahren 

Br etwas 


 * Mead de.pefte,: Rufel, natural hiftory of Aleppo, 
& IV. Sc, I. G. 225, 226. ——— 


J 


der Todten benden Hebraͤern. 417 
etwas aͤhnliches geleſen zu haben, welches einer 
Stadt in England, ich weiß aber nicht welcher, bea 
gegnet ſeyn ſolle. Vor diefer Stadt war ein Bett⸗ 
fer an den Blattern geftorben, und deffen Kleider, 
welche voll von dem Eifer der Kranfheit waren, 
wurden vor der Stade verbrannt, damit die Borüs 
bergehenden dur) diefelben nicht möchten angeftes 
cket werden: da man aber dieſes gleich zu der Zeit 
that, als der Wind von dieſer Seite her heftig nach 
der Stadt zu wehete, fo Famen die Pocken ploͤtzlich 
in die ganze Stadt; fie waren zwar. nicht bösartig, 
fondern weit beffer, als fie ordentlich zu feyn pflegen, 
allein doch fo häufig, daß fie fich bey nahe auf alle 
Diejenigen erſtreckte, welche diefe Krankheit noch niche 
gehabt haften. Man glaubte nichts anders, als 
daß durch das Verbrennen der Kleider das Gift 
ausgebreitet worden wäre. Wenn Diefes gegründee - 
ift, ſo kann man die Klugheit derjenigen nicht loben, 
welche die Todten verbrannt haben, und auch dieje⸗ 
nigen, welche durch die Peft umgefommen waren. 
Homerus erzählet uns, daß die Griechen, welche 
Troja belagerten, dieſes gethan haben *, und die, 
Gefchichte giebt uns hiervon mehrere Beyſpiele. 
Allein auch das, was nad) unfern Eitten gewöhn- 
lich ift, namlich die Kleider derjenigen zu verbrennen, 
welche an der Peft flerben, ift nicht ohne Gefahr. 
Auf dieſe Art wird durch allzu aroße Sorgfalt bey 

| | N einem 

— st, 
’Avrap zwei auroicı PBERos Exemeunss eQiäs,. 
BA ode de muooy vervav uusovro Jaumany, 

Dan fehe den Thucydides von der attifchen Peſt 


L 11. 47:54 &ucres VI. 1136 = 1284, 
24 Dand, Fr DD 


418 Vom Verbrennen md Begraben 
‚nem großen Uebel die Gefahr oft vermehrer, wel⸗ 
her wir entgehen wollen, und was wie für ein Mit⸗ 
tel wider Krankheiten halten, verbreitet oft Rranfs 
heiten noch weiter. Doch alles diefes will ich den 
Herzen überlaffen, und nunmehre dasjenige vortra« 
gen, was bey den Hebräern gewöhnlich gemefen ift. 


$. 4. Vor Moſis und um Moſis Zeiten haben 
diie alten Aebröer in Gewohnheit gehabt, 
ihre Todten bloß zu begraben, | 

In den allerälteften Zeiten findet man bey ihnen 
feine Spur, daß fie die Todfen verbrannt hätten. 
Alle wurden in die Erde begraben: auch nach Art 
der Aegypter, einbalfamiref, wie Jacob, oder in eis 
ne $ade (FIN) eingefchloffen, und in dem Haufe 
von den Kindern aufbehalten ; wie wir von dem 
Patriarchen Joſeph lefen *. Außerdem war es 
bey den Hebräern gewöhnlich, daß fie ihre Todten 
auf einer offenen‘Bahre hinaustrugen, welche fie, fo, 
wie die Öriechen und Lateiner **, ein Bette nann- 
ten: denn vom David wird erzählet, daß er hinter 
dem Bette des erfchlagenen Abners bey feinem feyer⸗ 
er Begraͤbniſſe bergegangen fey f. Bon diefem 
Bette ift die Jade, welche auf allen Seiten verfchlofs 
fen ift, unterfchieden. Bey den Aegyptern aber 
wurden nicht alle Todten begraben: einige wurden 
in Behaͤltniſſe eingeſchloſſen, und in einem beſondern 
Orte des Hauſes aufgerichtet an die Wand angeleb- 
net, ja, wenn die Kinder Geld aufnehmen mußten : 
| ö 
3. Moſ L, 26. N 

h . Koch de funeribus Roman. L, II. c, 9. 
+ 2 Sam, II, 31, An andern Orten bedeutet IIWN 
| Pan De worauf man ruhet, Ioſ. LVII, 2. Ezech. 

» 23. 


der Todten bey den Hebraͤern. 419 


ſo gaben ſie dieſelben zum Pfande: und dieſes 
Pfand war auch ſehr ſicher, weil nichts fuͤr ſchaͤnd⸗ 
licher gehalten wurde, als die Leichname ſeiner 
Vorfahren nicht wieder einzuloͤſen *, Moſes hat dieſe 
Gewohnheit dadurch unter feinem Volke aufgehoben, 
daß er fagte, ein Haus würde durch einen todten 
Körper unrein, und daß er feinen Unterfchied unter 
gemeinen und einbalfamirten Körpern machte. 
Moſes und aud) das Buch Hiob, welches noch 
älter ift, ermähner der Verbrennung gar nicht. Sea 
doc) wir wollen nicht allein durch das Stillſchwei— 
gen der Schriftfteller, fondern auch durch einen noch 
ficherern Beweis darthun, daß die Hebräer zu Mo— 
fis Zeiten ihre Todten nicht verbranne haben. Das 
Verbrennen eines todten Körpers war nämlich die 
größte Schande und die äußerfte Strafe. Denn ' 
die Strafe des Berbrennes, welche Mofes auf die 
größten Verbrechen feste, wurde nicht an den $es 
benden, fondern an den Todten vollzogen, welches 
man aus der Abhandlung meines Vaters von den - 
Lebensftrafen der Hebraͤer ** fehen Fann. | 
9. 5. Was die Hebraͤer bey ihrer. gewöhnliz 
chen Beerdigung von den Aegyptern ent⸗ 
lehnet haben? | Ba [iR 
"Allein die Hebräer haben die Beerdigung ihrer 
Todten, wie man doch leicht vermuthen fönnte, und 
| 2 7 wie 
* Diodor. Sic. L. I. c. 91, 92,93. S. 82, 83. oder 


58, 59. 
** Diefe Abhandlung führe den Titel: D. Chriß, 
ened. Michaelis Tradtatio de Judiciis poenisque 
capitalibus in’ facra fcriptura commemoratis, ac 
Hebraeorum -inprimis, Sie iff 1749. vermehrt 
berausgekommen. 


420 Bom Verbrennen und Begraben 
wie auch Tacitus ſaget, nicht von den Aegyptern erhals 
fen, fondern fieift bey ihnen, ehe fie nach Aegypten ka⸗ 
men, geroöhnlich gemwefen: welches auch das Grab, das 
Abraham kaufte, und worein er die Sara legte, bewei. 
ſet, bey welcher Gelegenheit eben ſowol, als bey andern 
aͤhnlichen Faͤllen, gar keiner Verbrennung gedacht 
wird. Auch die Juden, welche zu den Zeiten des Taci⸗ 
tus lebten, konnten das Begraben nicht von den Ae⸗ 
gyptern erhalten haben, als auf welches ſchon lange, 
wie wir weiter unten anfuͤhren werden, das Ver— 
brennen der Todten gefolget war, und das bis 
zu ber babyloniſchen Gefangenſchaft fortdauerte. 
Dieſe Gewohnheit wurde ebenfalls, nach meiner 

Muthmaßung, entweder durch das Beyſpiel, oder 
Durch den Befehl der Perſer, abgeſchafft, und an ih⸗ 
rer Stelle kam wieder die alte Gewohnheit, die Tod⸗ 
ten zu beerdigen. Tacitus irret alſo einigermaßen, 
wie ihm dieſes, wenn er von den Juͤden redet, ſehr 
oft begegnet, indem er von ihnen faget: fie beguas 
ben ihre Todten, nach der Gewohnheit der 
Aegypter, lieber, als daß fie diefelben vers 
brennen *. _ Das folgende ift richtiger : wegen 
der unterirdifchen Oerter und wegen des du; 
ftandes nad) dem Tode find fie eben fo bes 
forgt, als die Aegypter, und glauben mit ihnen 
einerley, Unterdeſſen gebe ich gerne zu, daß die 
alte Gewohnheit zu begraben, meld)e von Abraham 
herkam, durch das Benfpiel der Aegypter beftätiger, 
und der Haß der Iſraeliten gegen das Verbrennen 
vermehret worden ift, als welches den Sitten der 
Alegypter gaͤnzlich zuwider war. Bey — 
olke 


‘ ® Condere corpora, quam cremare, ex more Aegyptio. 
Eademque cura, et de infernis perfualio, 


der Todten bey den Hebraͤern. 421 


Volke es für fehändlich gehalten wurde, dem menſch. 
lichen Körper, auch ſo gar einem todten, Gewalt an 
zuthun, und ihn zu verwunden, ſo, daß auch derje⸗ 
nige, velcher die Koͤrper, die einbalfamiret‘ werden 
follten, mit einem äthiopifchen Steine auffchnirt, das 
mit man hinein greifen, die Eingeweide heraus neh» 
men, und die Arzeneyen hinein bringen Fonnte; für 
gottlos ‚gehalten wurde, und gezwungen war, nad) 
verrichteter Handlung fid) durch » eine gefhwinde 
Flucht zu retten , auf welcher ‚in Steine,und Vers 
wünfchungen noch verfolgten *, bey welchem Vol⸗ 
ke, ſage ich, dieſe Sitten waren, konnte dieſes wohl 
die Verbrennung eines ganzen Koͤrpers billigen? 
Herodotus ſaget ebenfalls, daß die aͤgyptiſchen Prie⸗ 
ſter ſich alsdenn erſt fuͤr rein hielten, wenn ſie nichts 
Lebendiges umgebracht hätten, (B.1. Cap. 140.), 
daß die Verbrennung der Todten in Aegypten un⸗ 
gerecht waͤre, weil ſie glaubten, oder vielmehr dem 
Volke vorſagten, das Feuer wäre ein unerſaͤttliches 
hier, es fräße alles, ftürbe aber alsdann, wenn es 
fic) ſatt gefreffen haͤtte. (B. 3. Cap. 16). Es ift alfo 
fein Wunder, wenn die Sfraeliten, die unfer Dies 
fem Bolfe gebohren und erzogen waren, die Brands 


ftätten der Phönizier fuͤr grauſam, und das Vers 


brennen der Böfewichter nad) ihrem eb. als keine 

geringe Strafe anfahen. . | 

6.6, Das Verbrennen wurde an der Leiche 

© Seuls angefangen, und breitete ſich her⸗ 
nach weiter aus. 

Unter diefem Volke alfo, das von feinen Borfahe | 
ren die Gewohnheit erhalten hatte, die Todten zu bes 
| Dd 3 J erdigen, 

® Dioder. Sic. L. I. c. ↄ1. ©. 80.0066 57. . 


422 Dom Berbrenhen und Begraben 


erdigen, und welches die Aegypter mit dieſem Ab⸗ 
ſcheue vor alle Grauſamkeit, auch gegen die Todten, 
erfuͤllet hatte, findet man 9 nach vielen Jahrhun⸗ 
derten an den Leichnamen Sauls und ſeiner Soͤhne 
Die erſte Nachricht des Verbrennens *, welches 
aber die Nothwendigkeit und Furcht. einführte, 
Denn da die Philifter als Sieger, die Leichname des 
Königes und feiner Söhne an den Mauern zu Beth: 
fan zur Schande angehangen hatten, ſo ftahlen die 
SSabefiten, welche vom Saul große Wohlthaten ers 
halten hatten, diefelben des Nachts, und verbrannten 
fie, damit. fie nicht weiter gemishandelt werden konn⸗ 
ten. Hier muß ich dag bemerken, was dieſe ganze 
Sache noch wahrſcheinlicher macht, welche aber die 
Juden zu verdunkeln geſucht haben, daß naͤmlich der 
Urſprung von der Gewohnheit, die Todten zu ver⸗ 
brennen/ ‚bey den Hebraͤern und Römern eben der⸗ 
felbige if Denn bey den Römern wurde Diefe Ges 
wohnheit alsdann erft eingefuͤhret, nachdem ſie be⸗ 
merket hatten, daß die, welche in den langwierigen 
Kriegen eingeſcharret worden waren, herausgegras 
ben würden, und Plinius erzaͤhlet **, daß Sulla in 
dem Gefchlechteder Cornelier, weiches die hergebrachte 
Beerdigung feft.beybehielt, der erfte gewefen fey, det 
bat verbrannt: werden wollen, — * er befuͤrchtete, es 
moͤchte ſeinem Leichname eben das begegnen, was er 
ſelbſt dem Marius gethan hatte. x weiß wohl,daß 
diefe Stelle mit Dunkelheiten umgeben iſt, allein ich 
überlaffe es den Gefnern, fie zu zerflreuen. 
MNach und nach ift diefe Gewohnheit, wie ich vers 
muthe, befeftigetiworden,, weil man auf die Berbren- 
x —* 
»1B. Sam. XXXI, ale —* 
“ Ak'nat. L, VIE. c. 54 


x 


m 


der Todten bey den Hebraͤern. 423 


‚nung mehr aufmenden, und größere Reichthuͤmer 


dabey zeigen konnte, als bey der Beerdigung: und 
was anfangs die Umſtaͤnde nothwendig machte, das 
wurde hernach durch das Anſehen und durch die 
Pracht beſtaͤtiget. Der Koͤnig Aſſa iſt das erſte 
Beyſpiel keiner geringen Verſchwendung: er wurde 
auf ſein Lager oder Bette gelegt, welches er noch bey 
ſeinem Leben mit allen Arten der Specereyen hatte 
anfuͤllen laſſen, und durch ein großes Feuer ver— 
brannt *. Ich verſtehe unter dem Lager und Bet⸗ 
te nicht das, worauf Lebende ſchlafen, ſondern das 
Geruͤſte, worauf man die Todten legte, welche Be— 
deutung wir oben ſchon von dem Worte angefuͤhret 
haben. Wenn mir die Juͤden bier zuwider ſind: ſo 
bitte ich nur zu bedenken, daß ein Wort, welches 


mehrere Bedeutungen hat, alsdenn, wenn von einem 


Begraͤbniſſe die Rede iſt, in der Bedeutung, die ſich 
zum Begraͤbniſſe ſchickt, genommen werden muͤſſe: 


und daß man gar nicht, Die Gewohnheit gehabt 


habe, das Bette zum Schlafen mit einer 
Menge Specereyen zu bedecken, wenigſtens nicht 
zum Begraͤbniſſe, und daß man hierinnen die 
Juͤden nicht anhoͤren duͤrfe, weil ſie einen Gebrauch, 
der, wo nicht ganz neu und unerhoͤrt, doch gewiß 
ſehr ſelten war, fuͤr einen bekannten und bey vielen 
Voͤlkern gewoͤhnlichen ausgeben. Ich weiß, daß 
ſie bey dieſer Sache voͤllig anders denken: allein, 
ich will von dieſem Streite weiter unten reden. Ich 
komme alſo auf den Aſſa zuruͤck: was mit deſſen 
Leichname geſchehen ſey, wird nunmehro ein jeder ge⸗ 
wiß wiſſen, wenn er die Worte des heiligen Ges 
*2B. Chr. XVI, 14. — 3, \ 


424 Dom Verbrennen und Begraben 


ſchichtſchreibers lieſet, und die Alterthuͤmer von Rom 
kennet *, denn dieſe Stade‘ hat den Aufwand und 
Die unglaubliche Verſchwendung in Specereyen aus 
dem Driente erhalten. Es war nämlicd) koͤniglich, 
eine ungeheure Menge von Weihrauch und Spece— 
reyen mit den Todten zu verbrennen, damit der 
Leichnam, der an und fuͤr ſich etwas Unangenehmes 

iſt, zu einer Art des Vergnuͤgens, und zum Zeichen 
großer Reichthuͤmer werden moͤchte. sehn 


$. 7: Man findet Spuren: des Ben 
nach dein Könige Affe, bis zur babyloni⸗ | 
ſchen Befangenfhafe 

* Daß aber das Verbrennen von den Zeiten Affe 
an zu einer Gewohnheit und fir etwas Königliches 
gehalten worden ift, fiehe man aus den Beyſpielen 
Jorams und Zedefias. Von dem erflen faget der 
heilige Geſchichtſchreiber, daß er feinem Wolfe we— 
gen feiner Schandthaten verhaßt gewefen, und des: 
wegen der feyerlichen Verbrennung, die feine Bor: 
fügen erhalten hatten, — worden wäre ** ; 

Mi IDEE den 
* Man fehe Kirchmann, de FAIR Rom. Eur; 
c. 5. ©. 301 — 307. welcher von den Römifchen 
Gewohnheiten handelt, daß wir davon nicht reden 
Dürfen. In den Hebräifchen , die er berührt, 
glaubet er alles den Juͤden, gleich ald wenn diefe 
bey einem: fo hoben —— auch ohne andere 
Beweiſe, tuͤchtige Zeugen ſeyn koͤnnten. 

“ 2 Chron. XXI, 19. 20. Und fie machten nicht 
über ibn einen Brand, wie fie feinen Vätern 
gethan hatten, fondern er ſtarb voller Schanz 
den, und fie begruben - den — 

der "Bönige, 


ı 


E Av, Dale CO ORENE LA 
der Todten bey den Hebraern. 425 
dem andern verſpricht Jeremias, daß er nach der Ge⸗ 
wohnheit ſeiner Vorfahren unter den Klagen ſeines 
Volkes verbrannt werden würde *. Man findet 
auch im Amos eine Stelle **, in welcher derjenige, 
welcher die Leiche hinausträgt, FNOD der Ders 
brenner genannt wird: bey welcher endlich einer 
von den Süden mit mir übereinftimmet,-da fie doch, 
das Verbrennen aus AYberglauben fo hartnaͤckigt zu 
laugnen pflegen "+, % 
Außer diefen Stellen, welche von den meiften 
Auslegern bemerft, aber niche vecht erfläret worden 
find, finden ſich auch einige im Jeſaias, welche auf 
die Gewohnheit des Berbrennens fich zu beziehen ſchei⸗ 
| DD 5 nen, 


» Ser, XXXIV, 5. Du follfi in Friede eines ruhi⸗ 
gien Todes fierben. Und wie man über deine 
Väter, die vorigen Könige, fo vor dir gewefen 
find, gebrennet bat, fo wird man auch über Dich 
‚brennen. | | 

** Amos VI, 10. 

sr Kimchi fanet an diefer Stelle: Einige erklären. 
es durch Verbrennen, als wenn DO für W flüns 
de. Der Verſtand würde alfo dieſer feyn.: ein 
Freund deffelben, welder kam, um das Fleiſch 
des Verfiorbenen, der fein Anverwandter war, 
wegen des üblen Geruchs zu verbrennen. "Ans 
dere aber, denen auch Kimchi mehr beytritt, ob 

ſie gleich weber die Abſtammung, noch irgend eine 

von den übrigen morgenländifchen Sprachen anfüb- 
ren Eönnen, erklären ed, weil fie wollen, durch 
den Bender der Muster. Ich mwundere mich, 
daß niemand gelefen hat DON, einer, der ihn 
beklagte, meil diefe Lesart viel Wahrfiheinlich- 
keit bat, fo will ich mich auf dieſe Stelle nicht fehr 
verlaffen. 


426 Vom Verbrennenund Begraben 


nen. Denn wenn er die große Niederlage der Afr 
ſyrer befinge, ſo ſaget er *: die Grube, (Tho- 
peth, der Dre, wo die Todten pflegten-begraben zu 


werden), ift ſchon zugericht , ja dieſelbige ift 


auch dem Könige bereitet, tief und weit ges 
nung. Der Holzhaufen deſſelben Orts bat 
Feuer und. brennende Materie genug: der 
Odem des Herrn wird ihn anzuͤnden wie ein 
Feuerſtrom. Denn was hier die Juͤden von den 
Hoͤllenſtrafen, welche dem Könige der Aſſyrier be⸗ 
ſtimmt ſind, fagen *, Das iſt theils dem Zufammen- 
hange zuwider, und auch deswegen zu verwerfen, 
weil ſie einer Redensart ihrer Zeit einem alten 
Schriftſteller, ohne ein altes Zeugniß anzufuͤhren, bey⸗ 
legen. Denn lange nach der Zuruͤckkunft aus der 
babyloniſchen Gefangenſchaft ſind die um Jeruſalem 
Bat: Ba herum 
*Jeſ. XX, 33. — il 
"sr Raſchi ſaget: geſtern das iſt am zweyten Ta⸗ 
ge der Schoͤpfung, an dem Tage, welchem es 
Zeſtern ift, nicht aber ebegeftern. (Namlich am 
zweyten Tage nach der alten Fabel, welche ſich 
auch auf die Ehriften fortgepflanzet hat, wurde der 
Teufel gefchaffen und mit ihm die Hölle), Tbo- 
pberb ] Gehenna oder Die Hölle. David Kimchi: 
Thopheth ift Die "Hölle, von welcher der Pro- 
pbet faget, Daß fie ibnen von dem geftrigen Ta: 
ge ber bereitet fey, oder vor ihrem Tode, weil 
der Propbet geweißaget bat, ebe der Entſchluß 
von ibrer LTiederlage Fam. Wenn aber ihre 
Körper ſterben, wird, fo wird auch ihre Seele 
fieeben und in der »ölle feyn. Bein Holzbau: 
fen] naͤmlich der Holzhaufen Thopheths wird 
groß feyn, um Die Seelen diefer Boͤſen zu vers 


brennen u. f. w. Na 


f 


der Todten bey den Hebrdern. "427. 


herum gelegenen Gegenden, wo man die Todten bes 
grub, erft gebraucht worden, um den Dre der ewi⸗ 
‚gen Höllenftrafen ausfudrücen. Es iſt auch noch 
zweifelhaft, was doch die meiſten behaupten, ob 
Jeſ. LXVI, 24. von den ewigen Hoͤllenſtrafen die 
Rede fey. Sch wollte lieber, daß dafelbft eine große 
Niederlage befehrieben würde, mo fo viele todte Koͤr⸗ 
per lägen, daß weder die Würmer noch die Holz⸗ 
haufen hinlaͤnglich waͤren, ſie zu verzehren, und daß 
man alſo Holzhaufen, die lange fort brennten, da= 
felbft feben fünnte. Hierzu rechne idy aud), was 
eben diefer Prophet in der Befchreibung der aſſyri⸗ 
fchen Miederlage faget *, das Volk werde zu 
Ralf verbrannt werden: und auch jenen Auss 
druck des Jeremias, da er den Begräbnißort ein 
Thal der Leichen und Afchen nennet *, 


$. 8. Die Juͤdiſchen Auslegungen diefer Stels 
len werden erwogen. _ 

Ich habe oben erinnert, daß die Juͤden hier ganz 
anders denken, und uͤbereinſtimmig laͤugnen, daß 
Aſſa verbrannt worden waͤre. Die Urſache, warum 
ſie bey dieſem Irrthume ſich einander ſo gleich ſind, 
iſt folgende: dieſes aberglaͤubiſche Volk, das ſich 
ſelbſt bewunderte, und alles, was ſie betraf ‚für götte 
lic), unveränderlih, und ihnen allein eigen, anfahe, 
beurtheilte die alten Gewohnheiten nad) den Ge— 
soohnheiten ihrer Zeit: daher fie den Schluß mad). 
ten, daß, weil damals die Leichen nicht verbrannt 
murden, als die chaldäifchen Ueberfegungen verfer⸗ 


tiger 
= XXX, n. 
» Jer. XXXL 48. 


428 Vom Verbrennen und Begraben 
tiget worden ſind, es niemals gewoͤhnlich geweſen 
waͤre, denn ſonſt haͤtte dieſe Gewohnheit nicht auf⸗ 
hoͤren koͤnnen. Allein dieſes iſt ganz falſch: denn es 
haben ſich wohl die Sitten keines Volkes mehr ver⸗ 
aͤndert, und ſie mußten ſich auch veraͤndern, als die 
Sitten und Gewohnheiten der Juͤden, weil ſie ſo 
lange unter fremden Regenten lebten, unter den Ba⸗ 
byloniſchen, Perſiſchen, Griechiſchen und Roͤmiſchen, 
und von den Sitten ihrer Ueberwinder ſtets etwas 
annahmen. Jedoch von dieſer Sache habe ich an 
‚einem andern Orte ſchon gehandelt % Hierzu Fam 
noch, daß fie das Verbrennen, davon fie bloß: bey 
den Griechen und Roͤmern Beyſpiele ſahen, und die 
auch nicht von aller Abgoͤtterey frey waren, fuͤr etwas 
heidniſches und gottloſes hielten, und fuͤr eine Ver⸗ 
ehrung falſcher Goͤtter anſahen. So ſagen die Tal⸗ 
mudiſten in einem Buche, welches ſie von der Ab⸗ 
goͤtterey geſchrieben haben: ein ſedes Leichenbe⸗ 
gaͤngniß, wo man den Todten verbrennt, iſt 
mit Abgötterey verbunden *, a fie nennen 
auch das Verbrennen eines Todten , und vielleicht 
nicht unrecht, das Verbrennen nach der Gewohn⸗ 
heit der Amoräerz und dieſes ſoll bey der Seiche 
des Aſſa, weil es etwas fremdes und goftlofes wäre, 
nicht gefchehen ſeyn, fondern fie Haben den Ausſpruch 
gethan, der fo oft von den jüdifchen Auslegern der 
heiligen Schrift wiederholet worden ift: fie haben 
mit den Rönigen verbrannt, aber nicht nach 
der Gewohnheit der Amoraͤer: (das ift, nicht 
fo, daß auch die Leichname der Könige verbrannt 
Em NED Wworden 
* T. II. Comment. foc. Gett. ©. 54 55. 

“ Yoda Sara Eap. 1. 3.7; N, m 


der Todten bey den Hebraͤern. 429 


—* waͤren: gleich als wenn etwas mit einem 
andern verbrannt werden koͤnnte, der doch ſelbſt nicht 
verbrannt wird) ſo wie man ſaget, du wirſt in 
Friede ſterben, und in dem Brennen der Boͤ—⸗ 
nige u. ſ. w. Was haben fie aber. mic ihnen 
verbrannt? Ihr Bette und das Geraͤthe des 
Bettes! oder wie andere die Worte anführen: das 
Beinen und das Berätbe des Bettes* Dies 
fen Anführern ift Raſchi gefolget, und er giebt die 
Verbrennung der $eichen mit deutlichen Worten für 
eine amoraͤiſche Gewohnheit aus, und laͤugnet, 
daß Saul verbrannt worden ift. Er glaubt, dasje⸗ 
nige wäre mit ihm verbrannt worden, mas man 
mit den Königen zu verbrennen in Gewohnheit ger 
habt hätte, nach) unferm Gefege, sicht aber h 
den Sitten der Amoräer *. \ 


Die meiften Juͤden glauben alfo das, was isnen 
die Talmudiften befehlen, und mas ſchon Jona⸗ 
than, der kurz vor Chrifto gelebte hat, by ı D. 
Sam, XXXI, 12. erinnert hat, daß nämlich dag Bet⸗ 
te des Affa, welches mit Specereyen angefüllet war, 
verbrannt, und die Aſche ver Specereyen auf ven 
todten Körper geftreuet worden wäre. Allein fie ha⸗ 
ben Unrecht: denn fie nehmen das Wort Bette oder 
$ager anders, als fie es bey der Beſchreibung einer 
Leiche nehmen ſollten: ſie erdichten, ohne ein altes 
Zeugniß, einen ungewoͤhnlichen Gebrauch, als wenn 
das Bette verbrannt worden waͤre, N daß man 

| den 

. Kimei bey ı Chrom. XIV, 16. und ı Som. 

XXXI, 12. 
“s Rofchi bey ı Sam. XXXI, 12. 


430. Vom Verbrennen und Begraben 
den Todten verbrannt hätte, da das Bette vielmehr 
mit dem todten Körper hätte eingegraben werden 
follen: ‚fie erzählen uns eine lächerliche Ausftreuung 
der Afche von den Specereyen, welche doch, wenn 
fie durch das Feuer aufgelöfet worden ift, nichts aro« 
matifches mehr bey fich hat: fie erflären die Nedens« 
art über oder mit einem Verbrennen auf eine ges 
ziwungene Art durch Verbrennen, und die Afche 
über die Leiche ſtreuen: und bey der Gefchichte 
Sauls bedenken fie gar’ nicht, was vor eine Noth— 
wendigkeit die Yabefiten, feine Anhänger und Sreuns 
de, gesungen habe, ihn zu verbrennen, namlich) da« 
mit der Ueberwinder den Leichnam nicht mishandeln 
möchte. Andere wollen, daß die Leiche Sauls auf 
eben die Art, wie der Körper Jacobs, das ift, nad) 
ägyptifcher Gewohnheit, durch Das Verbrennen der 
Specereyen einbalfamiret worden fey *, gleid) als. 
wenn die Todten durch einen bloßen Geruch hätten 
fönnen einbalfamiret werden, oder als wenn dieſes 
die Gewohnheit gewefen wäre.” Wir wollen diefe, 
weil fie ihre große Unmiffenheit verrathen, nicht weis 
ter hören, da wir die ägnptifche Gewohnheit, die Leis 
shen zu balfamiren, aus den griechifcehen Schriftitels 
lern beſſer kennen: ich will ihre Worte nur unten. 
anführen **. { en 0; 


UVunrer⸗ 


* Man leſe den Kimchi bey ı B. Sam. XXXI, 12. 
*s Ich will aus vielen nur. wenige auslefen, welche 
die vornehmften find. Salomon Ben Melech bey 
2 Chrom. XVI, 14. fie baben über den Koͤnigen 
das Berte und Das Zugehörige des Bettes ver- 
brannt. So finden wir indem Talmude: fie 
verbrann⸗ 


der Todten bey den Hebraern. azr 
Unterdeffen fehe ich doch, daß die ‚meiften unter 
den Chriften, und nicht nur die Ausleger, fondern 
aud) die, weiche befonders' von den hebräifchen Lei⸗ 
— — geſchrieben gaben ‚als Geyer *, * 


Kirche | 


——— über den Königen ze: (er führer die 
Worte der Talmudiſten an, welche ich bier nicht 
wiederholen will). Einige erklaͤren auch Das 
- „Verbrennen Durch ‚Räucern, welches men an 
den Todten tbat, damit ibr Fleiſch nicht riechen 
follte. Raſchi faget beyeben dieſem Orte: fie ver- 
brannten die trefflichſten Specereyen und mach 
ten fie zu Aſche, welche fie über ibn fireueten: 
fo wie man über die Könige zu brennen pflegte, 
Jonathan, der kurz vor Chriſto lebte, uͤberſetzet 
ı Gam. XXXI, 12. alfo : fie beannten über ibn, fo 
wie daſelbſt über die Könige gebrannt wurde, 
Man kann ihn aus den Talmudiften leicht verffes 
ben. Kimchi führet diefe Ueberſetzung an, und feget 
hinzu: Vielleicht hat ee die Worte fo verfianden, 
wie es im Talmude ſteht: fie verbrennen über 
die Könige. Was verbrennen fie aber? ibr Bet⸗ 
te und Das Gerätbe des Bettes. Oder man bat 
es auch von Dem Verbrennen der Specereyen 
verſtanden, ſo wie geſaget wird (vom Jacob) 
und die Yerzte balfamirten ibn ein. Es ift aber 
wabrfcheinlicher, Daß fie das Sleifh verbrannt 
baben, weldyes Würmer bervorbrachte: denn 
fie wollten ibn nicht mit Würmern begraben, 
weil es febändlich gemefen- wäre. . Sie baben 
alſo das Sleiſch verbrannt, und die Gebeine bes 
graben. So quaͤlet er ſi ch/ da er doch das Wah⸗ 
re ſieht, damit er nicht zugeben darf, daß Saul, 
if der Gewohnheit der Amoraͤer⸗ — wor⸗ 
en i 


® De luctu Hebræorum Cap. VI. 


432 Bom Verbrennen und Begraben 


| Kirchmann *, und: Johann Nicolai *, kein 
Bedenken getragen haben, diefen Anführern Au fol⸗ 
gen. Ich wuͤrde dieſes mit Stillſchweigen uͤbergan⸗ 
gen ſeyn, wenn ich nicht eine Urſache angeben wollte, 
warum ich von einer fo deutlichen und leichten Sa— 
che handelte, von welcher man nicht geglaubt hätte, 
daß fie jemanden bey fo vielen klaren Zeugniflen un- 
befannt wäre, wenn ic) nicht einige don denen anfüh- 

rete, die ſich dennoch in diefer Sache verirrt haben. 
Es wäre leicht, das Verzeichniß der Irrthuͤmer zu 
vermehren, und ben arabifchen Ueberfeger noch, hin— 
zu zuthun, bey welchem, Saul verbrennen, fo viel 
ift, als ihm eine Zackel anzuzuͤnden, wie man den 
Koͤnigen anzuzuͤnden pfleget. Allein es iſt genug! 


§. 9. Joſephus huͤtet ſich, das Verbrennen zu 
erwaͤhnen. 


Man wird vielleicht — was denn Sofephus 
in feiner Gefchichte fage; vornehmlich da jego von 
feiner Glaubmürdigfeit, in: wiefern er das Seinige 
aus ältern Denfmälern genommen hat, unter den 
Gelehrten geftritten wird. Er hat aber nicht nur 
feine Erwähnung von dem Verbrennen des Sauls, 
des Affa, des Jorams und Zedefias gethan, fondern 
er hat fie auch forgfältig vermieden: und zwar, weil 
er, wie ich glaube, felbft zmeifelte, und ungewiß war ; 
denn das Verbrennen der todten Körper, wovon die 
heiligen Geſchichtſchreiber ſo deutlich reden, war von 

den 

* De funerib. Rom. ©. 305 + 307 am (Ene des 
5 Cap. im 3 Buche. 

u ar febe feine vier Bücher de ſepulcris He- 

brzerum ©. 48, 49; L. I. c. 3. $ k 2 —— 


der Todten bei den Hebraͤern. 433 


den Sitten ſeiner Zeit, und von der gewoͤhnlichen 
Erklaͤrung ſehr weit unterſchieden. So verfaͤhrt er 
im B. 6. Cap. 14: 9.8: — Cap. 12,$.6. B. 9. 
Cap. 5. $. 3. feiner Alterthümer , wo er vom Joram 
faget : ende undeias Fns BueıNzus, ı mgEmgang Ev 
cavo / ruxei⸗ Aoyızauevo, dre TOIS TOTEIOCUS EVE- 
undeusav durov Iyraus, OTTE AAAHZ TI- 
MHZ HEZINZAN, aA os —D eyonbav, 
d. i. fie glaubten nicht, ‚ daß er einer, den, Könis 
gen anftändigen Beftatfung würdig wäre, fie legten 
ihn alfo weder in die väterlichen Degräbniffe, noch 
würdigten fie ihn einer andern FEhrenbezeus 
gung, fondern fie begruben ihn wie eine Privat: 
perfon, Endlich) faget er vom Zevefias, dem See 
remias die Verbrennung verfprochen hatte, im X B. 
8. Cap. $. 7. nichts mehr, als daß Mebucadnezar - 
ihn anfehnlich und Föniglic Habe begraben laſſen, 
(Sarıbas durcv Basırmos) woraus man fieht, daß 
er des Berbrennens gar nicht bat gedenfen wollen. 
Ich Elage auch den Joſephus nicht an, daß er das, 
woran er ziweifelte, hat lieber übergehen, als irren 
wollen: auch deswegen fadele ich ihn nicht, wenn 
er befürchtete hat, er möchte den Römern, welche 
die alten Gewohnheiten der Juͤden nach den gegen« 
wärtigen beurtheilten , etwas unglaubliches erzäh- 
fen, und aus diefer Urfache nichts von der Ver— 
brennung der jüdifchen Könige hat fagen wollen; 
denn man fiehe fehr deutlich, daß er fehr viele Ach 
tung gegen Diefe Richter bezeuget, und ſich beynahe 
zu fehr bemuͤhet, damit er ihren Beyfall und ihren 
Glauben für feine Geſchichte IS möchte, | 
% Band. 6 


44 Dom Verbrennen und Begraben 


10. Das Verbrennen haben die Hebraͤer 
von den Phönisiern erhalten. Dev perz- 
ſiſchen Herrſchaft ift es zusufchreiben, daß 
das Verbrennen nad) der Wiederkunft 

aus der babylonifchen Gefangenfchaft 
goaͤnzlich vergeſſen und super. Gewohns 
. beit gefommen ift, 


Aus allen diefen, aus Jonathans, welcher Furz 
vor Chrifto gelebt Hat, Verdrehung der Stelle, in 
welcher gefaget wird, Saul wäre verbrannt wor⸗ 
den, aus dem Zurüchalten und Stillſchweigen des 
Kofephus , welches nicht zufallig zu ſeyn ſcheint, aus 
dem Grundſatze der Talmudiſten, als wäre das 
Derbrennen der $eichen eine amoräifhe Gemohn- 
heit und gehöre zur Abgötterey, aus den vielen Irr⸗ 
thümern der Juͤden erhellet fo viel gewiß, daß das 
Derbrennen zur Zeit unfers Erlöfers ganz außer 
Gewohnheit bey den Süden gefommen fey, und 
daß Tacitus mit Recht fage: fie begraben 
ihre Todten eher, als daß fie diefelben ver⸗ 
brennen. 


Jedoch man kann fragen, warum * die Ges 
wohnheit des Berbrennens, die vorher unerhört 
war, unter den Königen fo fehr überhand genom— 
men bat, hernach aber gänzlich verloren gegangen 
it, fo, daß auch Die Juͤden fich derfelben nicht Pe 
erinnerten ? 

Sch räume den Talmudiften gerne ein, * es 
ift auch durch das Erempel der Carthaginenfer be⸗ 
9 daß es eine amoraͤiſche Gewohnheit geweſen 

iſt, 


der Todten bey den Hebraern. 435 


iſt, die Todten zu verbrennen, das ift, daß bey den 
. Phöniziern die Verbrennung geröhnlich geweſen ift. 
Daß aber die Perfer die Leichen nicht verbrannt ha« 
ben, weil fie das Feuer, als einen Gott verehrten, 
diefes hat Rirchmann * aus dem Herodotus gezeis _ 
get, und zugleich erinnert, daß die Worte des Ju⸗ 
ftinus **, wie man fie jego lieft, Darius hätte einen 
Befehl nach Carthago geſchickt, durch welchen 
den Larthaginenfern auferlege worden wäre, 
ihre Leichen zu verbrennen, nicht aber zu bes 
graben, der Gefchichte zumider find, und deswegen 
in umgefehrter Ordnung alfo gelefen werden müffen : 
der König der Perſer, Darius, fchichte Geſand⸗ 
ten nach Carthago, weldye den Befehl übers 
brachten, daß fie nicht mehr Menſchen opfern, 
(und auch Diefes war eine Gewohnheit der Phöniz 
zier), und das Sleifch der Hunde nicht mehr 
eſſen; daß fie ihre Leichen begraben, nicht 
ober verbrennen ſollten **. Bernegger giebt 
ihm in feinen Noten über den Juſtinus feinen 
Beyfall. 


Es ſcheint alſo, daß die Iſraeliten nach den Zei— 
ten Sauls das Verbrennen der Todten von den 
Phoͤniziern gelernet haben, denen auch die Talmu— 

| | Eea diften 


® L. I. de funeribus Rom. C. II. ©. ır! 

** L. XVIIIL c. ı. Ä | 

®"** Legati a Dario, Perfarum rege, Carthaginem 
venerunt, afferentes editum, quo Pœni huma- 
nas hoftias immolare, & canina vefci prohibeban- 
tur: mortuorumgue corpora terra obruere potius, 
quam cremate, a rege jubebantur. 


46 Vom VBerbrennenund Begraben ıc. 
diſten, fo wie der verbefierte Juſtinus, ihrer Colo- 


nie, Carthago, diefe Gewohnheit zufchreiben. Allein 
da fie nad) ihrer Zurückkunft lange unter den Per 
fern ftunden, fo haben fie von ihnen den Haß bes 
Berbrennens , der amorälfchen Gewohnheit ange 
nommen, fo wie fie fehr vieles den Perſern, welche 
eine fanfte und gelinde Regierung über fie führten, 
zu danken haben, und vielleicht ift dieſes für etwas 
Perfifches zu halten, daß dasjenige Volk, welches 
vorher durd) Feine Strafen der Propheten , durch 
feine Warnungen und Wunderwerfe Gottes von 
dem Gögendienfte abgezogen werden Fonnte, als von 
welchem alle benachbarte Voͤlker ganz angeftect 
waren, doch nach der Herrfchaft der Perfer nichts 
mehr, nichts beftändiger gehaffer haben, als die 
Gößen. Denn auch Die Derjer waren Feinde der 
Gögen und Bilderftürmer. An diefem Benfpiele 
fann man fehen, wie weit mächtiger das Benfpiel 
eines fiegenden und mächtigen Volkes ift, die Ab- 
götterey verhaßt zu machen, als es die beiten Ges 
ſetze find, | BORRIT 





s Xu. 


Ä RRUER ag 


* ** — * * Se ee ze ee Ze ee ze 
Wert XI. 
heine 


einiger Thierſtuͤcke 


in den leidenfchen Kabinettern, 
— J 
beygefuͤgten Anmerkungen 
über den Holothurius. u 


/ 8 find mir drey verfchiedene gedruckte Verzeich- - 
Ä niffe von den Naturfeltenbeiten, zu Leiden, mit- 
getheilee worden; und es ſcheint nicht undienlich 
zu feyn, für Biebhaber von Seltenheiren einen 
Auszug daraus zu machen. Das erfte Verzeichniß iff: 
index Mufei indici (D. Paul Hermanni) in ambulacro 
horti academicr Lugduno - Batavi, 4to. Das zweyte: 
Res curiofz & exoticæ ibidem confpicue 1692, gto. 
Das dritte: Catalogue de ce qu’on voit de plus remar- 
uable dans la chambre de I’ Anatomie publique dans 
‚Univerfite_ de la ville de Leide, par Gerard Blanken, 
ato 1713. Ich bleibe itzo bloß bey den Thieren ſtehen, 
und will anzeigen, was von ihnen am merkwuͤrdigſten | 
zu Leiden aufgehoben wird. 


Aegyptiſche Mumien, theild von Fuͤrſten und Für: 
—— ingleichen Stüde davon, ald Arme, Füge, Kinn? 
en ꝛc. 
. Einbalfamirte Misgeburten von 24 Tagen von ein 
und einem halben, von vier bis acht Monaten ꝛc. 


Ee 3 Mancher⸗ 


485 Von einigen Thierſtuͤcken 
Mancherley Menfchengerippe , mit ‚allen "Muskeln, | 


Merven 2. ordentlich zufammengefügte Gebeine, von 


Alten und Kindern, von Riefen, von Misgeburten und 
in Haͤuten. 


Verſchiedene Haͤute von Menſchen, theils ausgeſpruͤtzt 
mit Queckſilber theils ausgegerbte, theils gefaͤrbte und 
a in Pantoffeln x " theilg zu Fergenent ge⸗ 
machte 


Allerley subereitere und ausgeſpruͤtzte Theile von Men⸗ 
ſchen: als Puls und Blutadern, dag Herz, die Lunge, Oh⸗ 
ren, Zunge, Kehle, Leber, Geburtsglieder, Magen, Milz, 
Eingeweide in ihrer Hrdnung, —— darunter ei⸗ 
ne, Die acht Kannen haͤlt. 


Von Elephanten und ihren & ungen, Die Köpfe und 
Hirnſchaͤdel, die Füße, Zähne, Gehörbeine, Haut ıc. 


Vom Nafenhorne ein Junges, der Kopf, feine Hör: 
ner, Ribben, Wirbelbeine, die Haut mit dem Horne vom | 
Kopfe, der Fuß ꝛc. 

Vom Slußpferde, oder Hippopotamus, Kopf, Zähne, 
eine ganze Haut. Ganze Berippe von erden, Küben, 
Baͤren, Hirfchen, wilden Schweinen, Tygern, Affen, Faul- 
tbiere , Böden, Wölfen, Bielfraß, Schlangen, Hunden, 
Schafen, Kagen, Maulwuͤrfen, Maͤuſen, Ragen, S chwein⸗ 
igeln, Wieſen, Froͤſchen, Kroͤten ꝛc. 4 


Kelle von Pferden, Elenden, Panthern, Tygern, Ehſeln, 
wilden Schweinen, Gemſen, Faul thieren, weißen Affen ac. 


Köpfe von Elendthieren, Löwen, weißen Hirfchen mit 
dem Gemweihe, wilden Ochſen, Babyrouffa, Tamandua, 
Wölfen, Bibern x. 


Hörner vom Einhorne, wilden Dehfen und Siegen, 
Elenden, ungeheure von Hirfcben ꝛc. 

Crocodille, nebff ihren Jungen, ihren Eyern und Blut, 
Chamäleond, Salamanderd, Gecke, Leguane oder fehr 
große Eyderen, auslandifche Eydexen, ingleichen J Junge 
in ihrem Eye ꝛc. 

Biegen 


/ 


in den Teidenfchen Kabinettern. 439 


Fliegende Drachen flie ende Eichhoͤrngen, eine geſtuͤ⸗ 
gelte indianiſche Katze, auslaͤndiſche große javaniſche 
Fledermaͤuſe ꝛc. | | 


Zibethkatzen, Armandilla, Coati mondi, indianifche 

Iltiſſe, welche die Schlangen tödten und freffen, eine inz 
dianiſche gefkreifte Maus, Lena, die den Palmweinſaft 

verzehret, Ameifen freffende FZamanduen.. ji 


Ein zweykoͤpfigter Affe, eine zweyleibigte Kage, eine 
Schafribbe mit drey Zweigen. Ein doppelter Hirns 
fehadel von Menfchen, zum Trunkgefaͤß zubereiter; ein 
großer Knoche, der im Leibe einer meunzigiahrigen 
Frauen gefunden worden; zwey mit dem Bauche anein⸗ 
ander gemachfene Hafen ohne Mund zc. meh 


Yuswartige Schlangen und Schlangenzungen, Haus 
te, die Klapperſchlange; die gefrönte Pfeilfchlange, Acon- 
tia, die Sandſchlauge Ammodytis; die Amphisbanen, 
welche auch am Schwanze einen Kopf zu haben ſchei— 
nen; die feurige Gchlange, Prefter, deren Biß Entzuͤn⸗ 
dungen erwecket; ; die huͤndiſche Schlange, giftige Schlan: 
ge, Dipfas, ſchwarzgefleckte, Die Reiß freffende ꝛc. Ottern. 


Scorpionen, ſchwarze, fo groß wie Krebfe mit doppel- 
ten Schwängen, derer Biß einfchläfert und tödtet, Sko⸗ 
lopender , die größten Käfer „ Taranteln, dag wandelnde 
Blatt aufdem Zimmetbaume, oder die Zimmerheufchres 
cke, Mantis, der größte Seidenwurm, guoße rauche Iys 
gerfpinnen ꝛc. R 1 k 


Eyer vom Straußvogel, ingleichen deffen Kopf und 
Hirnfchädel 21. ein Fuß vom Haarvogel, Caſuar oder 

men 2. der Boldadler, eine magellanifche Gang, Pin- 
guinus; der Schädel des Pelicang ; ein indianifcher Eig- 
vogel, Ispida, mit langem Schwanze, der Safrangelbe 
Vogel aus Keilon, Cahacurulla; ein indianifcher grüner 
DBartipecht, Barbatus; der Haubenfpecht, Criftatus, Po- 
lidfcha ein ceilonfcher Vogel, der den Tod vorher verkuͤn⸗ 
digen folk; Anhima , der brafilianifche Vogel mit Hörn= 
| Ee 4 chen 


440 Von einigen Thierſtuͤcken BEN 


chen an der Stirne und Flügeln; Avofetta, ein Krumm⸗ 
fchnabel; der größte amboinfche Kafer mit zwey Hör: 
nern ; ein ceilonfcher Paradiesvogel von ſchwarz⸗ und 
weißbunter Farbe; der Kopf eined brafilianifchen gez 
börnten Rabens, oder des Naſehornvogels des Bontiug, 
(Toupere); das Eleinfte Honigvöglein, oder das Summ⸗ 
vöglein, (Turtica); ein geöhrter Krammetsvogel, in. 
Eeilon, Hettalanija genannt, ein monftröfes Thier aus 
dem Eye einer Henne. Unbekannte Bögelfchnäbel ꝛc. 
Gerippe von Vögeln ꝛc. VBogelnefter aus Meerfchaum, 
die gegeffen werden Finnen, wenn fie aufgelöfet find. 
Das ganze Gerippe eined aus Murterleibe gefchnitte- 
nen jungen Wallfifches ; ferner etliche Zahne von Walls 
fiſchen, Ribben, Hirnfchadel, Wirbelbeine, das hintere 
Kopfbein, der Schwanz, daß Zeugeglied ꝛc. 
Dom Einhornfifche oder Narwhal Zaͤhne; vom Meer- 
fchweine (Orca), dem großen Feinde des Walfifches der 
Kopf und zwo Schnauzen; vom Hayfifihe die Unter: 
fiefer und der Ruͤckgrad; die Kinnladen eine Ramen: 
tins (Carcharie); Zaͤhne vom Pottfiſche; ein Seehund, 
ein Meerochs oder Meerkalb, ein Delphin; ein Saͤge⸗ 
fiſch und ein Meerlöwe. Ya 
Der fliegende Fifch, der Blackfiſch, der ceilonfche Ge: 
ferin mit braunen Linien uͤberkreuzet, allerley unbefann: 
te Fiſche; Halex mirabilis ; die Remora, der Schiffſau⸗ 
ger oder Anführer des Tiburond; der gehörnte vieredfig- 
te Fifch mit zwey Hörnern ander Gtirne, Jvan Getang 
des Bontiug; ein Scincus der Krugfifch ic. | 
- Eine Aufterfchale 150 Pfund ſchwer, ein Meerftachel: 
tbier, (Echinus marinus ), die malabarifche Mufchel 
Chiancos, die perlengebende Auſtern, die vielfchaligten 
Meertbiere, die Entenmufchel, (Concha anatifera) , allers 
ley große Schildfröten , die fchuppigte Mufchel, Schuf: 
felmuffeln, ( Telline) &c. allerley Meerfrebfe ac. con- 
eha maxima imbricata &c. F 
Ferner ein ungeheurer Magen und Blaſe eines mon⸗ 
ſtroͤſen Fiſches, der bey Schevelingen gefangen, —— 
nenhand; 


\ in den leidenſchen Kabinettern. 441 


nenhand; ein Fuß eined Meerwunders; eine doppelte 

Fiſchblaſe, eine fliegende Echildfröte ıc. ; 

Holothurius indicus velificans, Zoophytum venena- 
tüfimum & caufticum, colore iridem , forma expanfäm 
vacuam veficam referens, parte fuperna velo, inferna 
multis longifimis filamentis quaſi remis inftru&tum. 
Helothurius Javanicus cum tefta bivalvi. Meerpferd- 
gen, CHippocampi ), Meerfagen ; Gerippe von Waſſer⸗ 
ragen, Meerfpinnen, Meernadeln ıc. 


Anmerkungen über den vorher genannten 
Holorburius. 
. Der Name Holothurius, melcher kurz zuvor ange: 
führer iſt, ſchicket fich zu diefer lateinifchen Befihreis 
bung eigentlich nicht; und man muß daher aus der Bes 
fchreidung. die rechte Benennung auffuchen. Denn die 
Holorhuria find Meerthiere, die halb zu den Pflanzen 
gerechnet werden, (Zoophyta); weil fie an den Felſen 
tie — feſt ſitzen ſollen. Sie haben eine Leder— 
oder ilzartige Haut über ihrem Eingeweide und Flei— 
ſche, und find laͤnglicht rund, von verſchiedener Groͤße, 
als Maͤuſe⸗ und Ratzenkoͤrper, ohne Schwanz und Füße. 
Hier iſt es nicht unfre Abfiche eine ausführliche Abs 
handlung davon zu machen. . Die lateinifche Befchrei= 
bung, welche bier aus dem Herrmannifchen Catalogo 
mufei indici beygebracht worden, fehickee fich indeffen 
um Holothurius ganz und gar nicht. Denn nach ders 
* hat dieſes Thier eine durchſichtige Blaſenhaut um 
ſich; oben ein Seegel, welches es uber dem Meere aus⸗ 
ſpannet, und ſo fortſeegelt; unten hat es eine Menge 
ſehr langer Haare oder Faͤdengen, welche nach der Be⸗ 
ſchreibung feine Ruder ſeyn ſollen. Man läßt es un: 
ausgemachet, ob es mit Recht zu den Thierpflanzen 
oder Pflanzenähnlichen Thieren, ( Zoophykis ) zu rech⸗ 
nen fey. Es kann aber feyn, Daß es ſehr giftig iſt, und 
damit ein DBrennen-verurfacher ; Doch werden davon 
Feine Proben zuverläßig angegeben. Genug, feine duͤn⸗ 
ne Haut, ihre Durchlichtigkeit und Regenbogenfarben 
| &e5 treffen 


Bon einigen. Thierſtucken 


En gar nicht im Holothurius zu. Alſo ns nun 
die Frage: was denn das eigentlich für ein Meerthier 


ſey, zu dem fich die Beſchreibung im OBERE 4 


Catalogo ſchicke? 
Die unter dem Thiere befindlichen Faden wel⸗ 


che ungegruͤndet für Ruder angeſehen werden brachten 
mich gleich auf die Gedanken, daß folches des Thieres 


Fanger find, Damit er feine Rahrung an andern Kleinen 
Waſſerinſecten, wie die Polypen fuchet. Vermittelſt 
dieſer Betrachtung wuͤrde es den Polypen ahnlich, und 
koͤnnte eine Art feegelnder Meerpolypen vorftellen. Die: 


weil aber dad Seegeln bier befonders in —— | 


fommen muß, fo dachte ich nach, ob vielleicht die Er— 
fabrung von dergleichen feegelnden Meertbiergen fihon 
etwas möchte gelehret haben. In einer Unterredung 
mit zween gefebrten Freunden, ward beylaͤufig des Kut⸗ 


telfifches gedacht, der mit feiner, Schale feegelt. Ich 
fihlug alſo vom Nautilus nach, ob davon Moges Licht 


zu erhalten waͤre. 


Meine Hoffnung war nicht vergeblich. Denn J— 


Herrn Richters Eintheilung der Nautilorum oder 
Schiffkuttel findet ſich, daß Plinii ovum polypi der 
Nautilus papyraceus ſep, welcher in einer durchfi chti= 
gen dünnen Haut wohnet, und fich als ein Gaft in die 
einfchaligte, wie ein Widderhorn gewundene, Mufchel 
einfeger , wenn fein natürlicher Einwohner geftorben 
ift. Diefen nennet er Nautilum exiguum album, pel- 


lucidum, cornu Ammonis, lituum Rumphiü, da8 iff den. 


Kleinen um fich gemundenen, fihlangenförmigen, durch- 
fichtinen und weißen Schifffuttel, das Ammonshorn, 
- oder Poſthorn Rumphe. 

‚Er nennet auch einen Nafitikim candidum, ſtrüs den- 
fis divifis & granulatis, den weißen papiernen Kuttel, 
mit getheilten und geförnten Streifen, welcher mis dies 
fen auch einige VBerwandefihaft hat. Eigentlich aber 
gehöret bieher das hollandifche Schippertje, oder Nau- 
tilus tenuis legitimus, domuncula Poiypls Nauplius 
al) Arhe- 


f 


— 


in den Teidenfchen Kabinettern. 443 


Athienzi, und Plinii ovum polypi, das iff die duͤnnſcha⸗ 
lige große ; papierförmige Schiffinufchel , darinn der 
Schifferpolyp wohnet. Selbſt Nautilus legitimus heiße 
‚der eigentliche Schiffer , den Gvidas auch) Nautam nen⸗ 
net, und Nauplius iſt das Schifferthiergen. 


Hienaͤchſt wollen wir anführen, was Plinius im IX 
B. Cap. 29. von ihnen berichter. Es giebt, fehreibt er, 
viele Gefchlechter der Polypen. — Sie bedienen fich 
alle der Arme, als der Füße und Hande. — Auf dem 
Rücken haben fi ie eine Luftröhre, damit fie fortſchwim⸗ 
men, und welche fie bald auf die rechte, bald auf die 
linfe Seite wenden. Gie ſchwimmen fehief gegen dem. 
Kopf, der. bey den — durchs Aufblaſen, (Suf⸗ 
flatione ) haͤrtlich iſt. Ihre Speiſe iſt das Fleiſch 
der Muſcheln, deren Shaten fie mit ihren Armen zer: 
brechen. Wenn ihnen die Arme von den Mufcheln, oder 
Meeraalen abgeriffen werden, fo wachfen fie wieder. 
— Das wunderbarfte und befonderfte unter ihnen ift 
der Schifffuttel, ( Nautilus), oder wie ihn andere heiſ— 
fen, der Pilote (Pompilus). Derfelbe koͤmmt auf dem 
Fuͤcken an die Meeres Oberflaͤche in die Hoͤhe, und rich⸗ 
tet ſich allmaͤhlig fo auf, daß er alles Waſſer durch eine 
Köhre auswirft; und wenn er fich auf diefe Weife von 
feinem Schlamme gereiniget bat, fo kann er leicht fort> 
ſchiffen. Er breitet die beyden erften Arme oder Fans 
ger ruͤckwaͤrts, und dehnet zwiſchen ihnen ein ſehr duͤn⸗ 
nes Haͤutgen aus (Membranam miræ tenuitatis exten- 
dit), Wenn dieſes ein Seegel in der Luft abgiebt, fo 
bilfe er unten gleichfam mit den ‚übrigen Faͤngern rus 
dern (fubremigans), und regieret fich mir dem mitts 
lern Schwanze, als mit einem GSteuerruder. Go warn: 
dert und ſchwimmet der Polyp oben auf dem Meere, als 
auf einem liburnifchen befeegelten Schiffgen; und wenn 
a: — erſchrecket, ſo taucht er ſich ſchleunig unters 
aſſer. — 


In dem Angefuͤhrten ſcheint etwas beſonders von 
den Geegel vorzufommen. Man weiß, daß fich ne 
Waſſer 


444 Bon einigen Thierſtuͤcken 3 


Waſſer in eine dünne Blaſe defto leichter bringen läßt, 
je zaher und fetter es ift, wie das Geifenwaffer: Goll- 
te alfo der Schifferpolyp nicht mit den beyden vörder- 
fien Faͤngern fo viel Geemwaffer fangen, und in ein jol- 
ches Wafferblafiated Geegelgen ausbreiten koͤnnen, als 
man fonft das Waffer in eine Blaſenhaut ausbreiten 
Kann? Ich erachte dieſes meiter zu beffärfen nicht für 
nötbig; da es etwas befanntes iſt, das fich wenigſtens 
in allen Wafferblafen und im Schaume haufig findet. 
Die Wafferblafen ſchwimmen auf dem Waffer , und 
werden von den Winde getrieben. Eben fo Fönnte auch 
das wäfferigte Hautgen dem Polypen zum Geegel die: 
nen, und ließe fich gefchwind wieder machen, wenn es 
ja der Wind zerflörere. Here Rumpb halt dieſes Ger- 
geln für eine Fabel, und man kann deswegen feine 
Gründe bey ihm nachfchlagen. 


. Wäre aber auch das bloße Meerwaffer für fich zu eis 
‚ nem ganz ungekünftelten Geegelgen noch nicht tüchtig 
genug: fo haben doch die Polypen etwas fchleimigtes an 
ihrer Haut, welches fie leicht mit dem Waffer vereinigen, 
oder auch daraus allein ein zäheres und für fie dauer- 
hafteres Seegelgen machen Eönnen. In der Natur iff 
nicht8 umfonft. Alles hat darinn feinen vielfältigen - 
Nugen, der fich bey Gelegenheit ſelbſt ohne menfchliche 
Kunft aufert, diefer gleichlam die Bahn bricht, und ihre 
das Gleis öffner, worauf fie durch Nachdenken weiter 
fortgeben Fann. Dürfte es alfo nicht. wahrfcheinlich 
ſeyn, daß dieſes ee En auf dem Meere 
dem Menfchen einen Lehrmeiſter der Schifffahrt uber Die 
Meere vorftellen, und ihn Dazu aufmuntern follen ? 


Was foll ferner die Wohnung bedeuten, die als ein 
papierned weißes Hautgen befchrieben wird ? woraus 
beſteht fie? Iſt fie die Haut des Thieres, die ed nach Ge⸗ 
fallen aufblafen kann, wie Plinius ihm einen durch Auf- 

blafung harten Kopf zufchreibt ? Oder ift es auch etwa eis 
ne eben fo hurtig gemachte Wafferblafe, wie das Seegel? 
Dder wenn das Thier giftig iſt und breunt, gehören ed 
‘ Ar zu 


‚in den leidenſchen Kabinettern. 445 


zu den Meerneffeln (Urtica marina), die Herr Linnaͤus 
unter den Namen Medula feßet, und ihnen einen run— 
den, erbabenen glatten und gallertartigen Körper, mit 
Zühlhörnern oder unten aus der Mitte ausgehenden 


Fäangern zufchreibt ? Darunter zählet er die haarigte 
Seeneſſel. Vielleicht iff aber bey ihm noch nicht alles 
recht aus einander gefeget. Den Nauplium und Pom- _ 


pilum hat er nicht. Sein Nautilus iff ein Schalthier, 
wie die Ammonshoͤrner zc. | | 


Dieſes laͤßt fich nun vor der Hand nicht ausmachen. 
Denn genaue Nachrichten fehlen, und die vorhandenen 


nicht gallertartig heißen, oder jenes müßte nur nach dem 


‚Scheine gefeget feyn. Bemaͤchtiget fich das Thier der 
- Schalen vom todten oder verzehrten Thiere aus dem 
Ammonshoͤrngen, welche Kinnaus zu den Blackfiſchen 


rechnet, jo muß e8 ſo gar ſchwach und zart nicht feyn ; 


fonft würde es eine Schale nicht regieren und zu feiner 


Wohnung oder Herberge machen können. Die Farbe 


fönnte in der That weiß feyn, und nur wegen der ges 


bvrochenen Licheffrahlen die Regenbogenfarben hervor» 


bringen. 


Noch ift uͤbrig das Polypeney, deffen Plinius etwas 


: dunfel gedenkt, wenn er im dritten Cap. des 29 Buches 


vom Schlangeney der Druiden fehreibt: ich babe dag 


Ey felbfi gefeben, von der Größe eined mäßigen Apfelg, 
mit einer etwas Fnorplichen Rinde umher, und mir haus: 


figen Pfannenhöhlgen, wie die Arnıe der Polypen bes 


feßer *. Uber diefes gehöres nicht hieher; ob es fchon 
einige Aehnlichkeit damit zu haben fcheint. Denn, weil 
Plinii Bericht aus Ariftorelis Thiergefchichte entlehne 
iſt, fo lefen einige ffatt Pompilus, polypi ovum, weil es 


— 


laufen wider einander. Iſt die Dlafe leer, fo Fann fie. 


im Ariſtoteles fo genennet wird. Diefer nämlich ſchreibt 


5 


im erſten Hauptſt. des IV B. alfo: Es giebt noch zwo 


Arten 
de,‘ 
* Mali orbiculari modici magnitudine, crufta carti- 
laginis, velut acetabulis brachiorum polypi cre- 
bris infigne Druidis. 


I 


nn} 


446 Von einigen Thierſtuͤcken 


Arten von Polypen in Schalen. Die eine heißt Schiff⸗ 


kuttel (Nautilus), bey einigen auch dad Polypeney. 
Dieſer ihre Schale if der Kammmuſchel ähnlich, ge- 
fireife und hohl, aber niche mit ihm zufammengemach- 


fen. Sie werden öfters mit der Schale im Sturme an 
‚den Strand geworfen, und dafelbft gefangen, oder ſonſt 


zu Tode gebracht. Gie find Klein, und der Bolitänen 
Geſtalt ahnlich. Die andere Art haben eine beftandige 
Schale, welche fie niemals verlaffen, gondern nur ihre 
Fangarme heraus firecken. — 

Von dieſem erſten Schalenpolypen giebt Rondeletius 
ſo wohl die Abbildung des Thieres, wie es von oben und 


unten ausſieht, als auch die Abbildung feiner Schale, 


mworein es fich feßet *. Das Thier bat einen runden 


Bauch, wie eine mäßige Mufatennuß. Der Kopf ift 


etwas fihmaler und langer, mit großen Augen an den 
Seiten. Sein Voͤrdertheil verlängert fich in acht Fan- 


ger, bie jeder über einen Zoll lang und am Kopfe unges. 
faͤhr fo disk ald ein Strobhalm find, fich bernach immer 


erkfeinern, und mit einer Reihe Grübgen befegt er- 
cheinen. Die Sihale gleicht einem Schiffgen, deſſen 
Hintertheil oben platt iſt, vorn aber einen aufwärts ges 


bogenen Schnabel, und an den Geiten 38 Streifen har, 


wie die Strahlmuſcheln. 


Adthenaͤus ſchreibt dem Thiere nur auf dem’ Rücken 


eine Schale zu. Wenn es in die Höhe koͤmmt, fo kehret 
es fih um, und ſchwimmt, wie im Schiffe. Zween 
Faͤnger breitet es aus, zwifchen denen ein duͤnnes Haͤut⸗ 
gen, wie an Schwimmfüßen, gewachfen ift. Andere 
zween fenfet es wie Ruder ind Waffer, und hilft fich da- 
mit fort. Wenn es etwas: anfommen fieht,, fo zieht es 
Die Fanger ein, womit es feegelt, füllet feine Schale mit 
Waſſer, und fahrt fchnell in die Tiefe. hinunter. Eben 
Diefeg führet auch Ariftoteleg an (IX B. 29 Cap. ), und 
faget dabey deutlich : das Thier kehre im Auffahren 
deswegen feine Schale um, damit fie vom Waffer 


* Lib. VIII. de Pifeibus. 


leer 


in den leidenſchen Kabinettern. 447, 


leer und zum Schwimmen tüchtiger werde. Er bemer: 

Fer auch, das Hautgen zwifchen den Faͤngern des Thie: 
res fey fo fein, als eine GSpinmwebe. Oppian befinge 
des Shieres Schifffahrt im I Buche der Fifcherey eben 
fo ; doch, feger er hinzu, wohnet es indgemein unter dem 


Herr Leffer gedenkt in jeiner Teſtaceotheologie (S. 
116 ff.) des Schiffgens, als eines duͤnnen und geſtreiften 
Schiffkuttels, der fih im adriatifchen Meere finder, 
deffen Schale fo dünne, wie ein Papierblatt, weiß wie 
- Milch, durchfichtig und leicht zerbrechlich fey. Er ſieht 
aus, wie ein Kahn, mit hohen Geitenbrettern, und ei- 
nem engen Boden. Die meifter enden fich gleichſam in 
Zaͤhne. Eine Fleinere Art hat einen breiten Boden, und 
die Zähne find ſaͤgefoͤrmig und dunkelgelb. Noch ei: 
ner hat eine durchfüchtige violblaue Schale, mit einer 
fleifchfarbigen Einfaffına. Er wird auf hollandirch die 
geribbde Baleere genannt. Sollte Rondelers Abbil: 
dung ihre Richtigkeit haben: fo waren an dem Thiere 
feine Füße mit einem Zwifchenhautgen. Er fihreibe 
auch nicht, daß Die Schale fo dünne als Papier, und 
durchſichtig ſey; zumal, da e8 nicht feine, fondern eite 
fremde Schale iff, darinn er nur einige Zeit herberget. 





Inhalt 


Inhalt 
des vierten Stuͤckes im vier und 
zwanzigſten Bande. EN 


J. Brief über die gothifche Baukunſt S.339 
I. Cantons Schreiben, von einigen neuen electri- 


fchen Berfuchen 349° 

* Wauduits Bemerkungen über ein americani⸗ 
cſccches Weſpenneſt 356 
IV. Schreiben von einem. Ausbruche des Berges 
Aetna 360 

V. Ob das Verboth der Eheſcheidung der Vermeh⸗ 
rung der Menſchen nachtheilig ſey 362 


VI. Verſuch, wie die Schoͤnheit der Blumen und 
Pflanzen im Auſtrocknen zu erhalten 375 f 
un. Gefchichte des Kometen, der im Anfange zn 

Jahres 1759. gefehen worden | 

VII. Wirkſamkeit der Fieberrinde bey böfen Sal | 
mit Gefhmwüren _ 

IX. Home Erzählung eines Vorfalles, da das * 
Gelenke des Daumens abgeriſſen, und zugleich 
die Senne des Beugers ihrer ganzen Laͤnge 
nach mit heraus gezogen worden ift 399° 

X. Borfall einer von ſich felbft entftandenen Hydro⸗ 
phobie, und darauf erfolgten Verruͤckung des 
Verftandes 401° 

XI. Michaelis von dem Berbrennen und Begra⸗ 
ben der Todten bey den Hebraͤern 410 

XII. Anzeige einiger Thierſtuͤcke in den leidenſchen 
—— — — 

EX IR 


Hamburgiſches 


agazin, 






| oder N 
geſammlete Schriften, 
Aus der 
Naturforfchung und den angenehmen 
Wiſſenſchaften uͤberhaupt. 





Des ꝛaſten Bandes fuͤnftes Stck. 

Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Freyheit 

hf Hamburg und Leipzig, 

bey Grunds Wire. und Adam Heinrich Holle, 
i766, | 


% 


r * — ST fe * 
Ka re ——— 





/» 








' J. 
Joh. Friedr. Hartmanns 
verbeſſerter Verſuch 


ſeines 
ruͤnſtlichen electriſchen 
BR 


—* 


TR, ch ſetze meine Kroße Anzahl dreypfun⸗ 

x Dige eiferne Kanonenfugein , davon 
Dich in meiner Abhandlung von den 
electrifchen 2uftericheinungen 
p. 60. gedacht, und in der Sten Fi⸗ 
Aut ber "Rusferplarte dafelbft vorgeftellet, nicht mehr 
auf an und für ſich electrifche Körper, als die glaͤ— 
ferneit Gefäße waren, fondern nur auf ganz und gar 
unelectriſche Körper; Die Kugeln find dieſerhalb 
auf einer Seite ihrer Cirkelfläche ſolchergeſtalt nur 


ſo viel eben gefeilet, Damit fie unbeweglich fefte ſte— 
Di | hen 


ara 


452 Verbeſſerter Berfuch 


"ben koͤnnen welches ich den Fuß ber Kugel nennen 
will, Dieſe Kugeln nun bringe ich bloß in den fo 


genannten Erfchütterungsfreis, vermittelft einer 
am jeden Ende der Bliß- Figur befeftigten Kette, 
davon die eine nach der Erfchütterungsflafche, vie 
andere, aber nach meinem electrifchen Stativ geht, 
worauf ich aemeiniglich vermittelft der Klectricität 


zu experimentiren pflege, und über welchem ein an 


den electrifirten Ketten und Röhren frey herabhän- 
gender Körper hängt, den ic) fo oft auf das Sta- 
tiv herablaffe, fo oft ich electrifche Funken und Er: 
fchütterungen. fchlagen laſſe. Setze ich nun diefe 
Kugeln horizontal auf einer darzu bereiteten Banf, 
wie bey meinem vorigen befannten Berfuche, in eben 
der Figur eines Zickzacks, ſo babe ich die nämliche 
Figur eines Bliges, als ein Zickzack. Bey dieſem 
neuen Verſuche, da die Kugeln nur aufunelectrifchen 
Körpern ftehen, habe ic) ven großen Vortheil, daß 
ich den fehönen Blitz, ſogar vermittelſt einer ganz 


ſchwachen Electricität, und ohne viele Umftände zu 


aller Zeit anftellen fann; auch fogar, wenn die gan— 


je Kugelmafchine in vollem Regen unter freyem 


Himmel ſteht, und in diefem Falle der Berfuch 


um fo beffer. gebt, je mehr unelectrifche Körper, 
als bier der herab fallende Regen ift, ihm berühret. 


.. Was die Geſtalt des Bliges felbft anbelanget, fo 
laͤßt fich folhe, wie vorhin, auf allerley Arc veräns 


dern. Da ich aber gegenwärtig die Figur des Bli- 
Bes als ein Zickzack beybehalten will, fo muß ich ei» 


ner Beränderung, Die ich mit derfelben vor Furzem 
vorgenommen, gedenfen, die dem Verſuche ein des 
fto fchöneres Anfehen giebt; indem man denfelben, 

| wie 


mit dem efeetrifchen Blitze. 453 


wie den natuͤrlichen Blitz, in perpendiculärer, oder 
ſchraͤg von oben herabgehender Stellung mit größe» 
rer Bequemlichkeit, mit befferer und natürlicher 
Vorſtellung beobachten Fann. Die Art und Weile, 
wie ich folchen Verſuch mir zubereitet habe, würde: 
außer dem bengehenden Abriffe Teiche zu begreifen 
ſeyn, wenn ich nicht denenjenigen, die efwa mit 
electrifchen Verſuchen, mit Huͤlfe kleiner electrifcher 
Mafchinen, fich befchäfftigen, die Sache zu erleid)- 
tern fuchte, dadurch man vielleicht piele vergebliche 
Mühe erfparen koͤnne: fo kann eine kurze Erklärung 
von bengehendem Abriffe, deffen Verſuch, mie ſchon 
erwaͤhnet, auch nur vermittelft einer mittelmäßigen 
Stärfe der Efectricität fi machen läßt, nicht un _ 
dienlich feyn, | j 
ABCD Fig. 1. iſt das aufrecht in die Höhe am 
einer Wand gerichtete hölgerne Geftelle, 9 Fuß hoch, 
und 2 bis 3 Fuß breit, das zu dieſem Verſuche mit 
dem von oben herabfahrenden Fünftlichen Blitze 
eingerichtet if. EFGHIKLMNO find die höle 
zernen Stufen, worauf alle meine dreypfündige eis 
fernen Ranonenfugeln, an der Zahl achtzig, uns 
mittelbar dergeftalt neben einander herftehen, daß 
fie alle unter einem gemiffen Winfel efghikImn 
nad) Art eines Zickzacks allemal in dem zur Erzeu⸗ 
gung eines electrifchen Funkens und Schlages gehoͤ⸗ 
‚rigen Abftande von einander enfferner find. An den 
äußerften beyden Enden diefer Figur PQ, als an 
der erften und legten Kugel, find zwo Erfchütte- 
rungsfetten dergeftalt befeftiget, Damit alle diefe Ku> 
geln im gehörigen Erſchuͤtterungskreiſe fich befinden, 
und alfo die Stelle der Erfehütterungsglieder an den 
| f 3 N Ket⸗ 


\ 


454. DSerbefierter Verſuch 


‚Ketten vertreten, Mit der Testen Kugeln, gas ben 
-Q, it diejenige Erſchuͤtterungskette b verbunden, 
welche nach. den. DVerftärfungsflafchen hinzu gebt, 
und an felbigen auf die befannte Art weiter verbun⸗ 
den. Und von der erften Kugel n. 1. bey P, geht 
eine andere Erjchütterungsfeste a nachdem. vorhin 
erwähnten Stative,zu, allwo vermittelft eines "Bes 
zuges ein mit den *3 Ketten und blechernen 
Roͤhren verbundener Koͤrper bis auf das Stativ her⸗ 
ab gelaſſen wird, um dieſen im Erſchuͤtterungskreiſe 
verbundenen Zickzack die erforderlichen Funken und 
Schlaͤge, fo. wie bey mehrern electriſchen Experi⸗ 
menten zu geſchehen pflegt, zu geben. Electriſire 
ich nun ſolchergeſtalt, und beruͤhre vermittelſt dem 
herablaſſenden electriſirten Koͤrper das Erſchuͤtte⸗ 
rungsſtativ, ſo bringen die zwiſchen allen Kugeln 
mit. eins. herausbrechende und ſchlagende Funken 
dddda ꝛc. fo wie bey meinem erſteren Verſuche in 
meiner Abhandlung von den electriſchen Lufter⸗ 
ſcheinungen (Fig. 3.) eben die Geſtalt zumege, welz 
che mit der Figur. des Blitzes als ein Stchzack, der 
von oben herunter faͤhrt, vollfontmen gleich 

kommt. Ih. | N F J 1; 
Die 2te Figur ABCDE, bildet. die .electrifche 
Kugelmaſchine von der Seite ab, deren Breite un; 
ten ab und oben cd = 43 Zolle beträgt, und im 
Zimmer wenig Platz von der Wand ab einnimmt, 
A iſt das obere Öeftefle von (N Fig. 1.) worinn die 
erfien drey Kugeln ruhen... In dem mittlern Theile 
von B bis an D Fig. 2. find die übrigen Kugeln ans 
. gebracht. Als: die Kugeln: n. 4. 5.6. 7. 8 9. 10, 
ruhen auf dem hölzernen Stufen (Fig, 1. M); n.11.12, 
4, u 17.14 


J mit dem electriſchen Blitze. 


—J 16,17. 18. 19, 20 aufdem oo 
(Fig. 1. L); n. 21. 22. 23, 24, 25. 26. 27.28.29. 30, 
auf dem hölzernen Stufen (Fig. 1. K);.n. 31. 32. 33. 
34. 35. 36, 37.38. 39. 40, auf dem hölzernen Stufen 
(Fig. 1.1); .n. 41. 42.43. 44. 45. 46. 47. 48.49.50, - 
auf dem hölzernen Stufen (Fig. 1. H); n. 51. 52, 53. 
54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. auf dem hölzernen Stufen 
(Fig. ı. G)3.n. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 
7% auf dem hölzernen Stufen (Fig. 1. F) ;n. 71, 72.73. 
74. 75. 76.77. auf dem hölzernen Stufen (Fig.1.E); 
und indem Raume DE Fig. 2, ſind die letzten drey 
Kugeln des Geſtelles O Fig. ı 
Aus diefen Berfuche iſt lacht zu erſehen, daß ſich 
andere mancherley Geſtalten des Blitzes vermittelſt 
der Electricitaͤt auch auf ſolche Art durch Kunſt her⸗ 
vorbringen laſſen. 

Da dieſer Verſuch auch i in einem teilen Kaume, 
als durch Erfehütterungen, die durch den ganzen Hof 
gehen, wovon ich anderwärts erwähnet , gluͤcklich 
von ftatten geht, fo iſt fein Zweifel, daft auch vers · 
mittelſt Hinzuthuung mehrerer Kanonenfugeln der 
Erfolg einerley feyn wird. In Ermangelung. der 
eiſernen Kugeln würden vielleicht andere Körper, als 
Steine etc. dergleichen Phänomena zeigen. 

‚Da ic) gar nicht zweifele, "Daß andere Siebhaber. 
der Naturkunde auf diefen Verſuch vielleicht gefallen. 
feyn würden: fo wird. man auch meine Abſicht defto 
leichter errathen, warum ich diefen verbefferten Ders 
ſuch meines Ffünftlichen Blitzes, welcher, zur Erfläs 
rung des natürlichen Blißes vieles Vollkommeneres, 
‚als mein erfterer voraus hat, hierdurch) | befannt mas 
ce, und dem weitern Urtheile meiner geneigten. Lſer 

f4 uͤber⸗ 


156 Verbeſſerter Verſuch 


Wand bey Schlagung eines jeglichen Funkens fol- 
chergeſtalt auf einmal voller Klige fi zeigen foll, 


mit dem electvifchen Blitze. 457° 
bern Ende von der erften Figur, geht gleichfalls ein 
ſolcher meßingener Draht an mein Stativ, über mel 
chem ich die Funken fehlagen laſſe; das heißt: -id) 
bringe diefe Bligfiguren allefamt, in einen Erſchuͤt⸗ 
ferungsfreis. Sobald ich electrifire, und ſolcherge⸗ 
ſtalt den Erfchütterungsfunfen und Schlag aufmein 
electrifches Stativ ſchlagen laſſe, ſobald entſtehen 
zwiſchen allen Gliedern der Ketten an meinen Blitz⸗ 
figuren eben ſolche erſchuͤtternde Funken und Schlaͤ⸗ 
ge, und die ganze Wand erſcheint anf einmal vols 
fer kuͤnſtlicher Blitze.  Diefes ift die Art menes 
Verfahrens , die mir nicht nur zuerft bengefallen, 
fondern auch nachgehends am leichteften und beques 
meften gefunden habe. Während der Beichäfftis 
gung diefer Verſuche dachte ich gleichwol auf andere 
Mittel, die Glieder der Ketten dergeftalt neben ber 
zu befeftigen, daß zwifchen jedem Gliede allemal jo - 
viel Raum blieb, allwo fich ein Funken erzeugen 
konnte; dag heißt: daß die Glieder den zum electris 
fhen Funken gehörigen Abftand von einander hats 
ten. Sch ließ dannenhero jedes Glied diefer Ketten 
einzeln in Geftalt einer flachen 8 machen; und damit 
die runden Slächen diefes eifernen Drahtes, einen or⸗ 
dentlichen electrifchen Funfen- zu erregen, Daran 
nicht hinderlich feyn möchten, ließ ich diefe Fläche 
auf beyden Seiten etwas eben feilen , dadurch die 
Ölieder der Ketten alsdenn eine größere Fläche auf 
beyden Seiten befamen , nach ver befannten Re— 
gel: je größer und glatter die Flächen derer ſich 
‚einander berührenden eleckrifirten und unelectriſir— 
ten Körper find, deſto flärfer und Iebhafter der 
| Öf5 electri⸗ 


4581 - DVerbefferter Verſuch 
electrifche Zunfen. und Strahl iſt. - Alle die darzu 


erwaͤhlten Figuren, die ich, wie ſchon erwaͤhnet, 


an der Wand meines Electriſirzimmers darzu berei⸗ 
tet habe, belegte ich ſolchergeſtalt mit dergleichen 
Gliedern der Ketten, die ich alleſammt vermittelſt 
anderer meßingenen Draͤhte „ Die ‚feine electriſche 
Funken geben durften, in einen Erſchuͤtterungskreis 
‚brachte, 

Dieſe Einrichtung ſollte ‚mie eben diefelben Er⸗ 
Be und noch ein wenig deutlicher geben, 
als die erft befchriebenen bloß an einander. hangenden 
Ketten , gleichwie ich folches. auch bey Fleinern Ver: 
fuchen alfo vorgefunden. Allein weil dabey meh. 
tere Vorſichten noͤthig, und dieſe Einrichtung noch 


überdem mit verſchiedenen andern Unbequemlich⸗ 


keiten verknuͤpft waren, denen ich ohne große Mühe 


und Zeitverderb nicht waͤre uͤberlegen geweſen, ſo 


ließ ich dieſe Art, weiter zu verſuchen, vorerſt fah⸗ 
ren, und richtete erft gedachte Art und Weiſe wie⸗ 
der ein, womit ich noch jetzo zufrieden bin *. 


Hannover, den 8 Febr, ho 
1760. | BE, 


ee Zuſeh 


am dieſe Einrichtung — an der Wand 


ſtigten Blitzfiguren von metallenen Ketten zu 
— 5 faͤllt, dem will ich Folgendes vor⸗ 
ſchlagen: Man lege namlich ſolche Ketteu mit 
kleinen Gliedern nur an den bloßen Erdboden 
in allerley an einander hangende Figuren oder 
krumme Linien, und bringe ſie ſolchergeſtalt in 


einen electriſchen Erſchuͤtterungskreis * fo, 
% damit 


— —— 


mit dem efecteifchen fie. 450 
! Zuſatz zu Vorigem. < 


er Was ich. jest in. meinem electrifchen Verſuche 
für Neues anbringe,. find. die,in meiner Befchreis 
„bung mit den einzelnen Kettengliedern an der Wand 
‚anzubringende, und damals mislungene Figuren, 
‚Die ich dazumal wegen der Kaltwand mit folchen 
8 fürmigen Gliedern neben einander nicht. fo. bes 
‚guem anbringen Fonnfe, Gegenwärtig laffe ich 
mir die. Figuren aus hölzernen Seiften machen, wor: 
auf id) Die 8 fürmigen Glieder mit vieler Acht» 
ſamkeit dieſe Pfngſtfeyertage aufnageln werde. 
Eine ſo große Blitzmaſchine, wie die Kugelmaſchine, 
iſt auf Diefe neue Art mit den 8 foͤrmigen neben 
einander gelegten Kettengliedern mehrencheils fer. 
fig. Dieſe Blismafcbine ift um deswillen ,., das 
mit ich Diefelbe an allem und jedem Orte, wohin 
ih nur will, als im Hofe, außen vor dem 
Fenſter zc. anbringen, und es folglic durch Kunſt 
blisen laſſen kann, wo ich will. Die Befeftis 
gung diefer Glieder auf hölzernen $eiften iſt fols 
gende: 


X 00 a0 00 W020 CO 00 00. 





* 


damit die Glieder der Kette nicht ſcharf ange— 
zogen, ſondern mir" ganz frey gelaffen werden, 
Dieſes Phanomenon erweckt den innerhalb de: 
ner Kettenlinien ſtehenden Zuſchauern faſt eine 
Urt von Bezauberung , indem fie an dem Erd: 
boden nicht8 , als lauter Feuer um und’ neben 
fich feben ; und ein Furchtfamer wird ‚ bevor 
‚ er Davon benachrichtiget, gewiß davon laufen. 





460 Verbeſſerter Berfuchre. 
Will id) nun dieſem Blitze eine weit ſchoͤnere Ges 
ſtalt geben, fo, daß das electriſche Licht in der Ges 
ftatt fich breit, und dem natürlichen Blige ähnli- 
cher zeiget: fo habe ich nachfolgendes Mittel aus- 
gedacht, welches ich bey einem Probeverfuche im 
Kleinen alſo geſchickt befunden : Ich überziehe 
nämlich diefe mit Kettengliedern befchlagene hölzerne 
$eiften mit dem allerfeineften Papiere dergeftalt, daß 
dafielbe über den Gliedern ein rundes Gemölbe 
macht. Naͤchſtdem traͤnke ich daffelbe, vermittelſt 
eines Mahlerpinfels, mit Baumöl. Ich Fann es 
nicht genung befchreiben „ wie ſchoͤn dieſer Verſuch 
ausfieht. Denn die unter dem in Del getränften 
Papiere entftehende fehr Häufige eleckrifche Strahlen 
erleuichten das ganze Papier im Finftern. Und fo | 
fol meine ganze Wand ins Fünftige mit Blitzfigu⸗ 
ren erfcheinen. a A "te. Kl 


Den 23 May, Fe Be 
"1700 ri 











| 461 

* * EEE re % ** * * * 

IL. wol 
Belchreibung 


der Sandeseinwohner 


in denen 
Gegenden von America, 
welche 


gegenwärtig der Schauplaß des Krieges 
find. 


Aus dem Engliſchen des Univerſal Magazine of 
Knowledge and pleafure, for May, 17577. 193. und dem 
Franzoͤſiſchen ded Mercure Danois, Aouft 1757, Art. 
7.S. 63- 79. u. Sept. 1757, Art. 4. ©. 29-45. 
überfegt von 


D. Joh. Ge. Krümitz. 


ie Indianer, oder Landeseinwohner in Ame⸗ 

| 8 rica, welche ſo viel große und weitlaͤuftige 
| Sänder bewohnen, und in unzäßlid) viel 
Voͤlkerſchaften und Nationen vertheilet find, find 
wenig von einander unterfchieden , und fteflen eine 
befonders in die Augen fallende Abbildung des ent 
fernteften Alterthums vor. Wenn man ſich in ven 
Gebräuchen der heutigen Americaner umfieht, fo 
‚befäfttige man fid) Dadurch . allein mit den Ge⸗ 
wohn. 


* 


462 Beſchr. der Landeseinwohner 
a | 

wohnheiten einer wirflich beftehenden , und von und 

entfernten Nation, fondern überdem auch bis zu eis 


nem gemiflen Puncke, mit den Alterthuͤmern fammes | 
licher Nationen. Und es ift diefes im Stande, bey | 


Leſung der alten heiligen und weltlichen Schriftſtel- | 


I, vielen Aufſchluß zu ertheilen. 
Die americanifchen Voͤlker find gegen audre Nas | 


i doneh, von Seibesgeftalt groß, und unterfegt, Ihr 


Körper iſt ſtark; jedoch koͤnnen ſie eher große und 
harte Arbeiten ausſtehen, als lange und anhaltend 
aͤrbeiten. Letzteres toürde fie gaͤnzlich etfchöpfen, | 
ihre Köpfe find durch die Kunft plaft, ihre Ge: | 
fichtszüge regelmäßig, ihre Geberden hochmuͤthig, 
ihre Haare fang, ſchwarz, und gerade, und beynas | 


| be fo ftarf, wie Pferdehaare. Einen Bart haben | 


fie nicht. Die Farbe ihrer Haut. ift braunroͤthlich, 
und wird bey ihnen ſehr viel darauf gehalten; auch 
wird felbige durch. ven Gebrauch des Bärenfettes, | 
und des Anftrichs, noch mehr verftärf, 
Als die Europäer das erjte mal nad) America ka⸗ 
men, frafen fie das Volk dafelbft nackend an, dies 
jenigen Theile ausgenommen, welche alle Bölker zu 


bedecken pflegen: ſeitdem bekleiden fie ſich insgeſamt 


mit einem Camiſol, welches fie von uns kaufen. 
Ihre Lebensart ift gleihmäßig, hart, dürftig, und- 


| ungefünftelt; und ihre Erziehung ift von ihrer Kinds 


beit an einzig und allein darauf gerichtet, wie fie ih⸗ 
ren Körper auf dieſe Lebensart zubereiten, und ihr 
Gemuͤth vdergeftalt Härten mögen, daß fie die größten | 


| Ungemaͤchlichkeiten zu erfragen im. Stande feyn, 


Ihre einzige Befchäfftigung ift Die Jagd, und der. 


| un Den Ackerbau überlaffen fie den Weibern, 
und 





von America. 463 


And die Handlung achten fie nicht, Mann die Zeit 
zu jagen vorbey ift, und fie fich mit hinlaͤnglichem 
Borrathe verſehen haben, bekuͤmmern ſie ſich ihre 
uͤbrige Zeit hindurch gar um nichts. Sie ſchlafen 
einen Theil des Tages über in den Hüften, und den 

Ueberreft verbringen fie damit, dag fie mit ihren . 
Freunden luftig find, und ohne Maag und Wohle 
ſtand freffen und faufen, 

Voorher, che wir fie entdecket hatten, mußten fie 
von ſpirituoͤſen Getränfen nicht das. geringfte, feite 
dem fie aber felbige erhalten haben, ift es die Triebs 

feder ihres Fleißes geworden, und fegen fie ihre ans 

genehmſte Beruhigung darinn. Sie ſuchen fich in 
ihrem Verkehre, den fie mit uns haben, felbige 
hauptſachlich zu verſchaffen, und ſelbige ſind auch 
zugleich vor fie eine Duelle von unbeſchreiblichem Un« 
' glück geworden. Denn, wenn fie einmal davon zu 
trinken angefangen haben, hören fie nicht eher auf, 
‘ bis fie weder Getraͤnke, noch das geringſte Mittel, 
fich felbiges wieder anzufchaffen, mehr haben. Wann 
ſie trunken find, bleiben fie auf der Erde, allem Wins 
de und Wetter, und faufend Zufällen ausgeſetzt, 
liegen. Sie fommen fodann in Flüffen und Süm« 
pfen um; fie fallen ins Feuer,, und öfters fchlagen 

. fie einander todt. Kurz, dag übermäßige Saufen 
iſt wirklich ein allgemeines Elend bey diefen wilden 
Vuoͤlkern, welche gegen die unglüclichen Folgen, wel 
che es nach) fich ziehen kann, ſich im geringften nicht 

vorgeſehen. Bloß die wenigen unter ihnen, welche 

ſich für diefem after in Acht nehmen, tragen ein ges 
ſundes und dauerhaftes Alter zur “Belohnung ihrer 

BRapigtei Davon, Diefe wiflen überdem von den 

beſchwer⸗ 


464 Beſchr. der Landeseinwohner 


beſchwerlichen Zufaͤllen nichts, welche wir durch die 
wiederholte unordentliche Lebensart und Ausfchwei- 
fungen uns zuziehen. ee 
Idhre Gemürhsart it merfiwürdig. Bey wichti- 
gen Vorfaͤllen find fie bis zur Traurigfeit ernfthaft; 
gegen die Gefellfchaft hochachtungsvoll; gegen Alte 
ehrerbiethig ; von ſittſamen und verftändigen Tems 
perament; fie fangen niemals eher zu reden an, be⸗ 
vor fie nicht das Gefpräche überdacht, oder die ans 
dern dasjenige, was fie fagen wollten, zu Ende ges 
bracht haben. Sie laffen aud) gegen die Europäer, 
welche einander in die Rede fallen, und öfters fogar 
alfe auf einmal reden, die größte Verachtung bli—⸗ 
den. Nichts hat einen folchen Anftand, als ihr Ber 
tragen in ihren Ratheverfammlungen und ‚öffentli» 
chen Zufammenfünften. Man börer dafelbft einen 
jeden in der Ordnung, darinn er nach feinem Alter, 
ſeiner Klugheit, oder feinen Dienften ſteht, reden. 
. Sn der Zeit, da einer das Wort führet, hoͤret man 
nicht den geringften Laut, nicht das geringfte Fluͤ— 
fern, oder Geräufche; man tadelt ihn nicht auf ei⸗ 
ne unanftändige Weife; man bezeiget auch nicht zur 
Unzeit feinen Beyfall. Die Züngern find zum ter. 
nen da. ie machen ſich bey diefer Gelegenheit die 
Gefchichte ihres Baterlandes befannt, und erman« 
£ern fich Durch die Lieder, welche fie über die Krie— 
gesthaten ihrer Vorfahren anftimmen hören. Man 
giebt ihnen einen Auffchluß in den gemeinen Angele- 
genheiten, und zeiget ihnen die Mittel, wodurch die 
ganze Nation in Aufnahme gebracht werden koͤnne. 
Beny keinem einzigen Volke werden die Gefege der 
Gaſtfreyheit in hoͤherm Werthe gehalten, oder aufs 
kei, | f williger 


| von America. ' 465 
williger und edelmuͤthiger ausgeuͤbet, als bey den 
Americanern. Ihre Wohnung, ihr Vorrath, die 
Bedienung von ihren Weibern, ſind zur guten Be— 
wirthung eines Gaſtes kaum hinteichend. Gegen 
ihre Landesleute ſind ſie ebenermaßen leutſelig und 
wohlthaͤtig. Iſt jemanden unter ihnen etwa beym 
Jagen ein Unglück begegnet; hat er Miswachs ge: 
habt; ift fein Haus abgebrannt; * Ungluͤck hat 
keine andere Wirkung, als daß es ihm Gelegenheit 
verſchafft, die Gutwilligkeit ſeiner Mitbuͤrger gegen 
ihn auf die Probe zu ſtellen: Denn fie pflegen bey ders 
‚gleichen Gelegenheiten fat alles in Gemeinfchaft un— 
ter einander zu haben. Gegen die Keinde aber ih: 
rer Nation, oder gegen diejenigen, welche ihnen be- 
fondere Beleidii gungen zugefuͤget haben, ſind die 
Americaner unverſ oͤhnlich. Sie verſtellen ihre Nach» 
gier; fie nehmen auch fogar den Schein an, als. 
wären fie wiederum ausgejübnet, bis fie die Liſt oder 
Aebereilung in den Stand ſetzet, Das widerfahrene 
Unrecht auf eine fehrecfbare Weife zu rächen. : Auch 
‚der längfte Zeitraum ift niche vermögend, ihre Rach— 
begierde zu mindern; und der entlegenſte Ort iſt nicht 
im Stande, den Urheber davon in Eicherheit zu fer 
‚gen. Sie yiehen über die fteileften Berge; fie drin» 
gen durch die allerunwegfameften Waldungen ; fie 
‚fesen durch die allerfürchterlichften Moräfte und 
Suͤmpfe, viel hundert englifche Meilen weit, und 
ſtehen Wind und Wetter aus; übernehmen die al» 
lerbefchwerlichften und erinüdendften Reiſen, und 
leiden Hunger und Durft, bis zur aͤußerſten Noth, 
und zwar alles mit der groͤßeſten Geduld, und ſogar 
ac mit Vergnügen, in der Seffnung, ihre Feinde 
24 Band. Gg zu 


466 Beſchr. der Landeseinwohner 


zu ertappen, an denen ſie ſodann die unerbittlichſte 
Bosheit ausuͤben, und darinne ſo weit gehen, daß 
ſie ihr Fleiſch feeffen. So weit koͤnnen es die In— 
dianer in ihrem Grolle, und in ihrer Freundſchaft 
bringen, und fo iſt überhaupt der Character Inter, 
aber unbearbeiteter Seelen, befchaffen. 

Dieſes Grimmes obnerachtet aber ift niemand in 

fo ftarfem Grade Herr über die Seidenfchaft feines 
Zornes, oder zum wenigſten über Die äußern Be— 
weife des Unwillens, als ein Indianer. Man ges 
woͤhnet fie von ihrer Kindheit an, höhnifche Aus— 
druͤcke, Stichelreden, Ungunft, und allerley Be⸗ 
fehimpfungen mit Geduld zu ertragen, oder wenig⸗ 
ftens äußerlich nicht das geringfte merfen zu laffen, 
Hierauf wird bey ihrer Erziehung vornehmlich mit 
geſehen. Sie glauben, daß einem gefeßten und vers 
nünftigen Manne nichts unanftändiger fey; als ein 
leicht unmillig werdendes Naturell, und die Fertig: 
feit ‚fogleich in Zorn und Hiße zu geratden. Sie 
treiben bie Mäßigung dermaßen weit, daß felten 
Streit unter ihnen vorfällt, außer etwa zu der Zeit, 
wann fie durch ein ſtarkes Getraͤnke in Gluth ge— 
bracht worden find, 

Ein Volk, welches von der Jagd lebet, in elen⸗ 
| den Strohhutten wohnet, und feine Wohnftätte zum 
öffern verändern muß, hält felten auf Religion. 
Die Americaner haben wenig Tempel. Man hat 
Machrichten, daß es einige überaus prächtige bey 
den Mericanern gegeben; es waren aber diefe Voͤl⸗ 
fer weit gefitteter, als die Einwohner im nördlichen 
America; und man Fann überhaupt fein einziges 
"von den Bitten, ‚ ‚die uns gegenwärtig in America 
bekannt 


von Americk 467 
bekannt find, in Vergleichung mit ihnen ſtellen. 
‚Einige feinen wenig Begriffe von Gott zu haben. 
Andere machen fich eine richtigere Vorstellung von 
ihm; fie erfennen die Macht eines ewigen und uns. 
wandelbaren Wefens, deſſen Gewalt fich über die 
ganze Welt erſtrecket. Sie laffen es aber auch bloß 
hierbey beruhen, daß fie ihn aus den unfer ihnen 
fortgepflanzten Nachrichten erfennen, und erweifer 
ihm nicht Die geringite Art vom Dienfte. Es giebt 
unterdeſſen VBölfer in America, welche die Sonne 
und den Mond anbethen. Die mebreften unter ihs 
nen machen fich Borfiellungen von gewiſſen Wefen, 
welche fi) in die Angelegenheiten der Sterblichen 
mengen, und mit Geiſtern, Waffernöttinnen, 
(Nymphen) und Zauberinnen eine Aehnlichkeit Has 
ben. Sie beobachten aud) gemwiffe Ceremonien, aug 
denen man erfennen Fann, daß vormals eine ordent— 
liche Art von Gortesdienft unter ihnen im Schwan—⸗ 
ge gewefen ſeyn muß; fie bringeneine Art von Opfer 
der Erfilinge ihrer Früchte dar; fie bedienen fich ges 
wiſſer Ceremonien im Vollmonde; und es find vers 
ſchiedene Umſtaͤnde bey ihren Fefttagen anzutreffen, 
welche wahrfcheinlich einen gottesdienftlichen Urs 
fprung haben, ohnerachtet fie felbige, als eine von 


ihren Borfahren her fortgepflanzte Nachricht behana -⸗ 


deln, ohne, daß fie den Grund davon wiſſen, noch 
felbigen ausfindig zu machen, fich die Mühe geben. 
Ob fie gleich Feine Religion befigen, find fie doch 
‚voll Aberglaubens, wie man denn diefes bey deneit, 
‚deren Unterhalt vom Gluͤcke abhängt, fehr gewöhns 
lich wahrnimmt; Sie achten auf Zeichen und Traͤu— 
me ungemein; fie forfchen zukünftige Sachen mit eis 
k | Öga ner 


468 Beſchr. der Landeseinwohner 


ner außerordentlichen Unrube; es wimmelt unter ih. 
nen von Wahrfagern, Zeichendeutern und Zaubes 
rern, auf welche fie in allen ihren Angelegenheiten, 
es mögen feibige ihre Geſundheit, oder den Krieg, 
oder die Jagd betreffen, ungemein viel Vertrauen 
fegen. Ihre Arztney- oder vielmehr Zauberfunft, 
road von den Prieftern gehandhabet. Die Kranken 
find von Natur zum Aberglauben geneigt, und die 
mentchlichen Hülfsmittel, welche fie erwarten koͤn— 
nen, find dermaßen ſchwach, daß es gar nicht Wun- 
der nehmen darf, warn die Menfchen zu allen Zeis 
ten in dergleichen Umſtaͤnden auf übernafürliche Huͤl— 
fe gehoffet haben. 

Ihre Aerzte verfahren in allen Arten von Krank 
beiten auf einerley Art mit ihnen, und zwar folgen» 
dergeflalt: Sie fperren fie in eine ganz kleine Hütte, 
Dafeldft fprengen fie Waffer auf einen glühend ge- 
machten Stein, fo lange, bis der Kranke vom war: 
men Dampfe, und feinem eigenen Schweiße ganz 
naf geworden; Darauf bringen fie ihn heraus, und 
werfen ihn in den nächftbefindlichen Fluß. Diefes 
wiederholen fie fo oft, als fie es nöthig finden, und 
fie machen öfters, vermittelt diefer außerordentlichen 
Methode, ven Kranken wirklich wieder gefund, oͤf—⸗ 
ters aber büßer er auch, währender Operation felbft, 
fein $eben ein, vornehmlich, wann es europätiche 
Kranfheiten betrifft. Und diefe Art des Verfah— 
tens ift ohne Zweifel fehuld daran, daß die Pocden 
bey ihnen weit gefährlicher zu feyn pflegen, 

Unterdeffen muß man geftehen,, daß fie einige be 
fondere Mittel in gewiffen Kranfheiten (Specifica) 
haben, weldye eine bemwundernswürdige Kraft be: 
fitzen; 


x i Di 


von America. 469 


ſitzen *; fie ſchreiben aber die heilſame Wirkung der— 
ſelben den zauberiſchen Ceremonien zu, womit fie 


ſelbige allemal zu begleiten pflegen. 
| a3 


Die | 


= Don den in Weltindien haufig vorfommerben, 


und dafelbit zu Haufe gehörenden Krankheiten, und 
den befondern Mitteln, welche dawider aebrauchee 
zu werden pflegen, find folgende Nachrichten merf- 
wuͤrdig. Im 3ten Volumine der AForum phyſ. medicor. 
Acad. Nat. Car. in der fünften Bemerkung, ſteht 
eines Ungenannten Obfervatin de vermieulis,, Pique 
es Culebrilla, incolis Americae familiaribus et infe- 
flis. Nachricht von der Arthelmintbra, five Spi- 
gelia LINNAEI, einer Pflanze, weiche in den 
meiften Tbeilen des füdlichen America wild 
waͤchſt, nun in vielen Gärten in Jamaica geso= 
gen, und als ein Mittel gegen die Wuͤrmer ges 
braucht wird; aus BROWN’s Natural hiſtory 
of Jamaica, p. 156. uͤberſetzt: ſteht im 57 St. der 
bennöver. nügl. Samml. vom J. 1758. Lettres 
à Mr. de JEAN fur les maladies de Saint Domin- 
gue, fur les plantes de la même isle &c. par Mir. 
CHEVALIER, find 1752. zu Paris, auf 254 
Geiten ; in groß Duodez herausgefommen. Herrn 
Ebevalier Nachricht von einer von St. Dominz 
gue mitgebrachten Seucht, Ochſenherz genannt, 
welche den Durchlauf, Die Bdauchflüffe und ro⸗ 


the Rubr beiler, desgleichen drey großen, eben 


—_ 


‚18. 1 St. Frf. u. Zeips. 1757. 8. ©. 33 f. Toe 


Daher mitgebrachten, mir Blättern angefüllten 


. Riften, welche von einem Baume fommen, den 


man in Diefem Zande den unfterblichen menner, 
welche ein gewifles und befonderes qutes Mittel 
zeider Die Engbruͤſtigkeit find: ſteht in der 
Sammlung auserlefenee Wabrnebmungen aus 
der Arzeneywifienfchaft, dee Wundarsiney: und 
der Apotbeferkunft; aus dem Scanzöf. uͤberſ. 


me- 


\ 


70 Beſchr. der Landeseinwohner 


Die Freyheit, im weiteſten Umfange Ei if die. 
2 ne der Americaner. Sie opfern für 
, ſelbi⸗ 


American phyfician, by Will. HUGHE s, ſt 1673. 
in Duodez zu London gedruckt wörden. New. 
Englands rarities difcover’d, togetber with tbe re- 
medies, ufed.by the Natives to cure their difeafes, 
mounds and fores; by Fobn JOSSELIN, ilf 1672. 
in Duodez zu Londen and Licht getreten, und wird 
im zten Bande der Pbilofophical-Tranfadiuns , for 
An. 1672. N. $5. ©. 50215023. recenſirt. Fride= 
rii LACHMUND obf. de ulcere inteflini redi 
Bräfilianis familiari , fteht in den Mifcelan. Nat. 
Car. A, 1673 et 1674. Obf. 173. Eben deſſ. Obfer- 
vatio de vermibus admirandis pedum, lumborum 
ac ſeroti in America, fteht -eben daf. Obſ. 174. 
Von den wurmsreibenden Kräften der. Wurzel 
pon der indianifchen Pink 5 aus einem Briefe des. 
D. Job. Zining, an D. Robert mbytt; aus den 
Ellays aud obfervations phyf. and liter. of a Society 
in Edimb. Vol. 1. p. 386. überfegt ; ſtehet im roten 
— der oͤconomiſch⸗ phyſikaliſchen Abhandlun⸗ 
gen, Leipz. 1756. 8. ©. 286:288. Kine andere 
‚Yeberfegung davon, unter der Auffchrift: Von den 
wurmabtreibenden Aräfien der indianiſchen wil⸗ 
den VNelkenwurzel, die einen Theil eines von D. 
Joh. Lining, an D. Kob. Whytt abgelaffenen 
Briefes ausmachen; ſteht im ıflen Bande der 
edimburgifcben neuen Derfuche und Bemerkunz 
gen aus der XrstneyEunft und bbrigen Gelehr⸗ 
ſamkeit, Altenb* 1756. 8. ©: 453:437. Kine 
Sefchreibung des americanifcben gelben — 
von D. Job. Aining, ſteht im 2ten Bande der 
edimb, neuen Derf. und Bemerk. Altenb. 1758-8. 
©. .419: 448. Guil. PLISONIS vortreffliches 
Werk ri Medieina Brafliorum, exfchien 1648. zu 
Leyden, in — Major SMITH di[fertatio 
de 


von America. 4m 


' felbige alles auf. - Nur fie mache ihnen das unge. 
wiſſe Leben, das fie führen, und ihre unzähliche Ars 
_ fen von Berhuft, erträglich. Ihre Erziehung floͤßet 
ihnen die Neigung ein, dieſes Gut über alles zu 
fhägen. In der Kindheit fieht man ihnen auf alle 
“ mögliche Art nach: man giebt ihnen nicht die gering« 
ſten Schläge, fie mögen aud) thun, was fie wollen, 
und wenn fie ja einmal mit Worten geftrafer wer: 
den : fo gefchiehe auch diefes doc) nur fehr felten, 
- Die Vernunft, fagen fie, wird fie führen, wann fie 
"groß feyn werden, und fo lange fie Flein find, koͤn— 
nen ihre Fehler nicht viel auf fich haben; die Schlaͤ⸗ 
ge würden den freyen und führen Geift, welcher den 
Ruhm ihrer Nation ausmachet, niederdrüden; fie 
würden das Gefühl der Ehre verdunkeln, und Die 
‚Gewohnheit nad) Fnechtifchen und niederträchtigen 
Dewegungsgründen zu handeln, erzeugen. Nenn 
fie heran gewachfen find, verfuchen fie nichts, was 
dem Zwange, oder der Unterwuͤrfigkeit ähnlich fie: 
bet; und felbft diejenigen, welche unter ihnen etwas 
zu fagen haben, vermeiden alle gar zu heftige Ue— 
berredungsmittel aufs forgfältigfte, weit felbige dag 
Anfeben eines ‘Befehls haben, und wie eine Art von 
Gewalt, welche man an ihrem eigenen Willen übte, 
feyn würden. 

Aus eben dem Grunde kennen fie auch-feine ans 
dere Strafen, als den Tod, und wenn fie felbige - 
Gg4 . anthun, 


de Colica apud incolas Caribienfes endemia, iſt 1727. 
zu Zeyden gefchricben. A treazifö of the difeafes 
moft frequent in the Wellindies, and particularly 
Barbados, by Rich, TOWNE, trat 1726. in Octav 
zu Aonden, ans kicht.. Anm. des Ueberſ. ; 


472 Beſchr. der Landeseinwohner 


anthun, ſo iſt es mehr eine Folge eines einem oͤf⸗ 
fentlichen Feinde angetündic gten Krieges , als eine 
Handlung einer an einem Bürger, oder Unterthanen 
gehandhabten gerichtlichen Gewalt. Diefer Geiſt 
der sten heit herrfcht durchgängig , und wenn man 
gleich einige Öefellfchaften unter ihnen angetroffen, 
melche unter einem Oberhaupte, fo wir König nen» 
nen, vereiniget geweſen, fo befteht doch deſſen Ge— 
wali mehr im Ueberreden, als im Zwingen, und man 
ſcheuet ſich nicht fo wohl vor ihm, als vor einem Mo⸗ 
narchen, ſondern verehret ihn vielmehr, als einen 
Vater. Er hat weder Leibwache, noch Gefänanifs 
ſe, noch Gerichtsbedienten. Die andern Regiments: 
formen, weiches Arten von Aritocratie, das ift, 
folhe Regierungen find, da die Herefchaft bey den 
Vornehmſten des Sandes fteht , befißen gar Feine 
mehrere Gewalt. Letztere wird im nördlichen Ame— 
rica am häufigiten bemerfet. Es giebt in diefen Ge— 
genden eine Art von Edelleuten, welche, fobald fie 
, ein gehöriges Alter erreichet haben, mit in die Nathss 
vderjammlung genommen werden, und ihre Stim⸗ 
men dafelbft mit geben. Unter den fünf Nationen 
aber, oder den Iroquoiſen, der berühmteften Re— 
publif i im noͤrdlichen America, , werden feine andere 
Eigenſchaften zur Theilnehmung am Regimente ı et 
fordert, als das Alter, und die Geſchicklichkeit. In— 
deffen giebt es in jeglicher Zunft einige Zweige des 
Gefchlechtes, welche fie ehrenwerth achten, und def» 
fen Abkoͤmmlinge geroiffermaßen als ihre Oberhaͤu— 
pter betrachtet werden, wenn man auch gleid) fieht, 
daß fie Diefer Ehre unmürdig find. Ebenermaßen 
befinden fich auch unter den Zuͤnften ſelbſt einige, 
wel⸗ 





— von America. 473 
welche wegen ihrer Anzahl und Her haftigkeit, eine 
Art vom Vorzuge vor den andern haben, und wos 
fern fie felbigen nicht hochmuͤthig und trogig verlan— 
gen, oder nicht durch Toranney zu behaupten fü 
hen, machen ihnen die andern Zuͤnfte ſelbigen nies 
mals flreitig. 

ihre große Rathsverfammlung befteht aus itzt 
gemeldeten Dberhäuptern der Zünfte und Familien, 
und aus denen, welche ihre GefchicflichFfeit zu Dies 
fer Ehrenftaffel erhoben hat. So oft eine feyerliche 
Gelegenheit vorfällt, wenn Abgefandten bewillkom— 
met, ihnen Antworten ertheilet; ihre Kriegeslieder _ 
abgefungen, und auf berühmte Verſtorbene tobres 
den gehalten werden, verfammlen fie fih in den zu 
diefem Behuf in jeder Stadt beftimmten Haufern. 
Diefe Zufammenfünfte des Raths werden öffentlid) 
angeftellet. Hier werben Die Sachen, nachdem fie 
bereits in den Narhsverfammlungen, melde bloß 

aus den Dberhäuptern des Staats beftehen, vorber 
gehörig eingerichtet worden, vorgetragen. Hier 
werden ihre Nedner gebraucht dieſe zeigen allbier 
ihre Redefunft, und die Kenntniß , welche fie von 
den öffentlichen Angelegenheiten haben, Einige find 
in ein und dem andern Etüdfe gar vortrefflich. Kein 
anderer redet in dergleichen Berfammlungen, ‚Die 
Friedenshandlungen und Bundesvertraͤge mit den 
andern Nationen, werden bier durch ihre Abgefandte 
und Commiffionarien beforget. Die Kunft diefer 
Art von Rednern befteht vornehmlich darinn , daß 
‚fie den Sachen eine geſchickte Wendung geben, und 
ihre Gedanken auf eine unerſchrockene und verbluͤm— 
te Art vortragen; dieſe ihre Rede begleiten ſie mit 
688 den 


I 


474 Beſchr. der Landeseinwohner 


den außerordentlich nachdruͤcklichſten, doch.öfters der. 
Natur der Sache gemäßen, und fie geſchickt aus: 
druͤckenden Geberden. 
Wenn ſie Sachen von Wichtigkeit abzuhandeln 
haben, berahmen ſie einen feyerlichen Tag zu dieſer 
Gelegenheit, und muß die ganze Nation Nachricht 
Davon erhalten, Bey minder wichtigen Angelegen⸗ 
heiten, feget man auch Tage an, welche nicht fo 
feyerlich find, und worzu man niemanden, als bloß 
Diejenigen, welche die Sache angeht, einladet. An 
dieſen Tagen darf durchaus nichts “übrig gelaffen 
werden; und wofern ja etwas übrig bleibt, vers 
brennen fie es, weil fie das Feuer als etwas Gehei» 
ligtes betrachten. Es ift fehr wahrfcheinlich, daß. 
‚man vor Zeiten hier geopfert hat. Ehe man mit 
der Sache, worüber eine Unterredung angeftellet 
wird, zu Ende koͤmmt, hebt die vornehmſte Per⸗ 
fon in der Verſammlung, ein aus wahren, oder era 
dichteten Gefchichten der Nation , und allem , was 
zu ihrem Ruhm oder Unterricht 'gereichen kann, ges 
nommenes Lied an. Die andern fahren in ver Ord⸗ 
nung, wie fie fisen, zu fingen fort. Sie haben 
auch befonders Friegerifche Taͤnze. Es werden über: 
all bey ihnen fehr viel Ceremonien vorgenommen, 
wie es bey einer barbarifchen Nation nicht anders 
ſeyn kann, maßen fonft alles verworren zugehen wür« 
de. Außerdem haben auch die Ceremonien den Rus 
Sen, daß die Sache felbft dadurch ihrem Gedaͤcht— 
niffe feft eingepräget wird. Und, um diefem ihrem 
Gedächtniffe noch mehr zu Huͤlfe zu kommen, bedie« 
nen fie fich gewiffer Gtüde von allerhand Mufchelz 
werk, oder Streifen Leder von verfchiedenen — 
| welche - 


von America. 475 
welche nach ihrer Farbe, oder Ordnung verſchiedene 
Sachen bedeuten. Bey Endigung einer jeden Mas 
ferie, darüber fie fih mit einer fremden Mation ums 
terhandeln, ‚geben fie einen von dergleichen Streifen. 
Wird diefe Ceremonie nicht beobachtet: fo wird der 
Handel vor nichtig erfläret. Diefe Streifen werden 
in jeglicher Stadt forafältig aufbewahrer; fie ges 
brauchen ſelbige als öffentliche Denfmaale, wobey 
fie fich der Begebenheiten, welche die Nation ange= 
hen, wieder erinnern; und fie beziehen fich bey den 
zwiſchen ihnen, und ihren Nachbaren vorfallenden 
EStreitigfeiten darauf, Da feit kurzem die Materie 
zu dergleichen Streifen Fnapp geworden, geben fie 
ſtatt ihrer Mampuns, (diefes ift die Benennung, - 
womit fie felbige belegen,) gewiſſe Felle, und befoms 
nen dagegen Gefchenfe von einem weit größern Wer⸗ 
the, Denn fie haben auf die Commiffionen unferer 
Abgeordneten nicht Die geringfte Aufmerkſamkeit, 
wofern der Vortrag mit feinem Gefchenfe begleis 
ter ift. wir 

Eben diefe aus ihren Xelteften beftehende Raths— 
verſammlung, welche alles, was die Außern Angeles 
genheiten des Staats betrifft, einrichtet, hat auch die 

Friedensgeſchaͤffte und die innere Irdnung zu befors 
gen. Procefje fallen bey ihnen’ wenig vor, und eg 
werden felbige bald beygelegt, weil fie weder die Ge— 
ſchicklichkeit, felbige entfpinnen zu laffen, noch die 
Kunſt, felbige zu verwirren, befigen. Die peinlichen 

Haͤndel werden bloß in dem Falle, wenn fie das ges 
ſamte Volk angeben, vor dieſes Gerichte gebracht, 

“ Sn gemeinen Fällen ift Die Sache unter beyden Para 
teyen leicht in Ordnung gebracht, und mehrentheils 

raͤchet 


; 5 A SS 
476 Beſchr. Der Landeseinmohner 
raͤchet ſich der verletzte Theil. Iſt ein Todtſchlag 


begangen worden: ſo machen die Angehoͤrigen des 
Erſchlagenen Veranſtaltungen, und brauchen gegen 
die Familie desjenigen, der den Streit angefangen 
hat, Repreſſalien. Oft bringen ſie den Moͤrder 
ums Leben; und wenn ſich dieſer Vorfall ereignet, ſo 
ſieht die Familie der leßtern ums $eben gebrachten 
Perſon, die Beleidigung an, als waͤre ſie ihr ſelbſt 
zugefuͤget worden, und glaubet ebenfalls zur Rache 
deshalb berechtiget zu ſeyn, als hätte die Gewaltthä« 
tigfeit nicht bey ihr den Anfang genommen. Leber: 
haupt aber pflege man dergleichen Sachen in Güte 
benzulegen. Der Beleidiger machet fic) auf die 
Seite: feine Freunde ſchicken, und laffen den Ange— 
börigen des Berftorbenen ihr Mitleiden bezeugen: 
man bringt Gefchenfe, welche felten ausgefchlagen 
werden; es erſcheint das Oberhaupt der Familie in 
DPerfon, und überliefert die Gefchenfe in einer form. 
lichen Anrede: es fommen bismeilen bis fechzig 
tifel vor, deren jeder beftimmt ift, einen gewiſſen Theil: 
der Beleidigung zu filgen , und eine der Befchwer: 
den des leidenden Theils zu vernichten. Bey Webers 
reichung des erſten Geſchenkes ſpricht er: Gegen⸗ 
waͤrtiges ıft zur Hinwegnehmung des Mord⸗ 
ſtahls, und es demjenigen, der in Bereitfchaft 
ftebt, die Beleidigung zu rächen, aus der 
hand zu winden. Bey Darbiethung des zwey- 
ten: Ich trockene das Blut diefer Wunde; 
und auf dieſe Art fahre er fort, und führet alle Fols 
een des Mörders, eine nachder andern, in figürlichen 
Ausdrücden an; und ihrer Gewohnheit gemäß, wird 
die ganze Handlung mit $uftbarfeiten, Liedern und 
Taͤnzen 


4 4 | f A 
von America. 477 


Tänzen befchloffen. Hat fich der Mörder durch eine _ 
Derfon aus verfelbigen Zamilie, oder Hütte, aus wel- 
cher der Erfchlagene geweſen, eingelaffen, fo hat dies 
fe Familie das Recht, das Urtheil ohne Appellation \ 
zu fällen, den Schuldigen zu ftrafen, ibm zu ver» 
geben, oder ihn zu einiger Erfiattung des Schadens 
an die Frau oder Kinder des Berjtorbenen, anzus 
halten, iR 

Dieſe ganze Zeit über, wird die Nation als daran 
im geringjten nicht theilnehmend angefeben : fie 
brauchet niemals, als in außerordentlichen Fällen, 
die Gewalt; fie handelt mit einer Macht, die mehr 
in Ehren gehalten, als empfunden wird. Jeder— 
mann bemübet fich, die Befehle des Raths aufs eilsa 
fertigfte zu vollziehen : und man bat niemals "Bey: | 
fpiele der Widerfpänitigfeit, des Ungehorſams, oder 
Aufruhrs gefeben. Da fie in dem Zuftande, wor— 
inne fie fich befinden, nicht durch die Geſetze, ſon— 
dern durch ihre gufen Sitten in Drönung erhalten 
werden: jo flößen Benfpiele, Erziehung, und der 
unaufbörliche Gebrauch ihrer Ceremonien, ihnen die 
zärtlichite Neigung gegen ihr Vaterland ein, und 
. befeelen fie mit einer unverbrüchlichen Ehrfurcht und 
Hochachtung der Gebräuche ihrer Vorfahren, Der 
"Mangel der Gefege, und einer gewöhnlichen zivins 
genden und unabläßigen Gewalt, werden in einer 
Fleinern Gefellfchaft, wo jedermann auf feinen Nach 
bar Acht giebt, und wo die Hauptabficht aller Vers 
richtungen bloß zur Befeftigung des Bandes der Ges 
fellfchaft gerichtee ift, gar nicht gemerfet. Bon 
Sreundfchaftsverbindungen in einer ‘Familie, hoͤret 
‚man bier wenig: es herrfche vielmehr eine allgemeine 
| Zunei- 


478 Beſchr. der Landeseinwohner 


Zuneigung gegen einander, und ein jeder in der Pas 
tion hat gleichen Theil daran. Ihre Freundſchaften 
koͤnnen denjenigen berühmteften Arten, melche in den 
alten Zeiten errichtet worden find, den Vorzug firei- 
tig machen, Und, wenn man vergleichen Freund. 
fchaften entftehen fieht, fo wünfchen ſich die Familien 
Dazu, als zu einem erhaltenen Gute, welches ihnen 
Kräfte verfpricht , und insgefamt genommen, der 
Nation Ehre und Vortheil bringt, einander Gluͤck. 
Wenn fie jemanden aus ihrem Mittel, er fey auch, 
wer er fen, verlieren, daß er entweder eines natürli« 
- chen Todes flirbt , oder im Kriege umkoͤmmt, fo 


betrauret ihn Die ganze Stadt, zu welcher er gehö» 


vet * Den biefen Umſtaͤnden nimmt man nicht das 
geringfte vor; man ftellet, aud) fogar bey den wich. 
tigiten Borfallenheiten, nicht die mindeften Freudens⸗ 
bezeigungen an, bevor. man nicht alle fromme Ceres 
monien, welche man bey Todten vorzunehmen pflegt, 
au Ende gebracht hat. Man verrichtet felbige alle 
Tage aufs allerfeyerlichfte. Man waͤſcht oder falber 
den Leichnam; man fehminfet ihn, als wollte man 
gleichſam die Schreden des Todes dadurch fehmä- 
chen. Darauf beweinen die Weiber feinen Tod, er⸗ 
heben ein bewegliches Klagegefihrey, machen das gräus 
lichte Geheule, und ſtimmen darzwifchen Lieder an, 
worinne man die großen Thaten des Berftorbenen, 
desgleichen feiner Vorfahren ruͤhmet. Die Manns» 
perfonen frauren auf eine nicht fo ausfchweifende 
Weile. Das ganze Dorf begleitet den Todten bis 
ans Grab, allwo man ihn mit feinem Foflbarften 
en Be“ Schmu⸗ 
* Shre Städte find ſehr klein. 


‚von America. ar: 220 


I 


Schmucke ——— Zur Seite bei 3 Waifiorbenen 
Jeget man diejenigen Wurffpieße und Pfeile, welche 
ihm in feinem $eben die liebften gewefen, nebit Vor⸗ 
rath auf die fange Reiſe, welche er antritt; denn fie - 
glauben überhaupf die Unſterblichkeit der Seele, ohn⸗ 
erachtet ſie ſich einen ſehr groben Begriff davon 
machen. 
Rach dem Begräbniffe laſſen fich die nächften Ana 
gehörigen nicht weiter fehen, ſondern bleiben eine ziem⸗ 
liche Zeit lang in ihrer Hütte, und überlaffen fich un— 
gehindert ihrer Betrübniß. Uebrigens aber laffen 
fie dennod) einander ihre Beyleid bezeigen, und ſchi⸗ 
cken fich bey diefer Gelegenheit Gefchenfe einander 
zu. Dach einiger Zeit befuchen fie das Grab, era 
neuren ihren Schmerz, befleiden. den Ueberreft des 
Leichnams aufs neue, und heben Die Keremonien des 
erftern Seichenbegängniffes von vorne wiederan. Uns 
ter allen Beweifen der Hochachtung gegen ihre ver 
ftorbene Freunde, ift nichts fo bewegend, als ihr fo 
genanntes Todten» oder Seelenfeſt. Die Einrich⸗ 
ung des zu Diefer Ceremonie beftimmten Tages, 
machet die aus den Oberhäuptern beftebende Nathg« 
verfammlung, als melche die gemäßeften Befehle era 
theilet, wie alle Beranftaltungen mit einem Öepräna 
ge, und aufs herrlichſte vollzogen werden follen,. 
Bey diefer Gelegenheit erfchöpfen fie alle Reichthuͤ— 
mer der Nation, und zeigen fich in ihrer ganzen an— 
gebohrnen Sreybeit. Die benachbarten Zünfte wer— 
den eingeladen, daran Theil zu nehmen , und Zeus 
gen davon zu feyn, Die Körper aller derer, welche 
feit der legtern feyerlichen Begehung Diefes Feſies be⸗ 
graben worden, werden aus ihren Graͤbern genom⸗ 
men; 


480 Beſchr. der Landescinwohner 


men; Diejenigen, welche weit von den Dörfern eins 
gefeharret worden, werden mit der größten Sorgfalt 
gefuchet, wieder ausgegraben, und nach diefem all: 
gemeinen Sammelplaße der Leichname gebracht. 
Man kann fich alle mit dergleichen Anbtick verfnüpf- 
te abfcheutiche Haͤßlichkeit leicht vorstellen, Ich Fann 
felbige nicht lebhafter, als mit den Worten des Herrn 

Dafitau * abfchildern: | i 
„Die Deffnung ihrer Gräber, fpricht er : ſtellt 
„ohne Zweifel einen der fürchterlichiten Anblicke dar, 
„dergleichen man jemals fehen kann. Es iſt eine de⸗ 
„‚müthigende Abſchilderung des menſchlichen Elen⸗ 
„des, mo ſich eine Menge von Bildern des Todes 
„darftellet, da derfelbe fich ein Bergnägen zu machen 
‚ſcheint, ſich in dieſen verfchiedenen Leichnamen nad) 
„dem Grade ihrer Faͤulniß, und der Art, wie ſie zu 
„verweſen anfangen, unter tauſend Geſtalten des 
„Schreckens ſelbſt abzumahlen. Einige erſcheinen 
„duͤrr und welk; andere haben eine Art von Perga— 
„ment über ihre Knochen; einige ſcheinen in den 
„Ofen gelegt, und geräuchert zu feyn, ohne, daß. 
„man die geringſte Spur von Faͤulniß bey ihnen aus 
| Ä | 33 „erifft; 


. # Moeurs des Sauvages Americains , comparees aux 
Moeurs des premiers tems: par le P.LAFITAU, 
Ouvrage enrichi de figures en taille- douces, kam zu 
Paris 1724. in 2 Duartbanden heraus, davon der 
erfte 632, und der andere 544 Geiten flark iſt. 
Eine Recenfion davon, ſteht in der Bibliorh.. an- 
cienne et moderne par Fean le CLERC, To.XXlII. 
‚pour I’ annee 1724. 4 Amfl. 1724. 12. Ö. 203223. 
Daß Rafitaufche Werk wurde im Sabre 1729. zu 
Paris wieder aufgelegt. Anm. des Lleberf. 


voaon America. 481 


„eifft; Andere befinden ſich eben im wirklichen Zu: 
Iſtande der Berfaulung, und noch andere find be 
„reits vollfonnmen verdorben, und von Würmern 
benaget. Ich weiß nicht, worüber man fich mehr. 
„zu verwundern hat, über das gräßliche und ei 
„ſchreckende Schaufpiel, oder über die heftige Be— 
„gierde diefer armen $öute nad) ihren-verftörbenen 
„Freunden. "Denn, nichts verdiene: mehr unfer 
Erſtaunen, als der imruhige und ungeduldige 
„Fleiß, welcher ihre Zaͤrtlichkeit bey Erfüllung Dies 
„fer betrübten Pflicht belebet; fie fanımlen ihre Ges 
„beine bis auf das Fleinfte Ruöchelchen, mit der aͤus 
„ferten Sorgfalt; fie nehmen dieſe Leichname, fie 
„mögen auch noch fo ekelhaft feyn, in die Hand; fie. 
„machen die Würmer davon ab; fie tragen fie viele 
„Tagereiſen über auf ihren Schultern, ohne ſich ih⸗ 
„res unertraͤglichen Geſtanks wegen die Luſt verge⸗ 
„pen zu laſſen, und ohne von einiger andern Ems 
„pfindung, als vom Schmerz über den Verluſt fol 
scher Perfonen, deren Leben ihnen fo ſchaͤtzbar, und 
„deren Tod fo beflagenswirdig geweſen, geruͤhrt zu | 
en. * | 
Dieſes anitzt befchriebene feltfame Feſt iſt eins der⸗ 
jenigen, welches bey den Americanern aufs feyerlich⸗ 


fe begangen wird, nicht allein wegen des ſtarken 


Zulaufs von Sandeseinwohnern und Fremden, der 
dabey gefhicht, und wegen der anfehnlichen Eere, 
monde, wie fie ihre Todten, deren Leberrefte fie mit 
den vortrefflichften Häuten befleiven, Nachdem fie. 
felbige einige Zeit lang in dieſem prächtigen Anzuge 
zur Schau geftellet, aufs neue einſcharren, ſondern 
m. wegen det Schaufpiele, welche ſie von eben vet 

"84 Band. Hh jenigen 















492 Beſchr. der Landeseinwohner - 
jenigen Gattung, ais die Griechen und Römer bey 
bergleichen Gelegenheiten zu. thun pflegten, auf⸗ 
fuͤhrten. 

Auf ſolche Art ſuchen ſie die Mühfeligkeiten. Des 
$ebens durch die Ehrenbezeigungen, welche fie den 
Todten wiederfahren laſſen, zu verfüßen. Eine 
Pflicht, der fie fich mit Luft unterziehen, weil ein jes 
der unter ihnen hinmwiederum an feinem Theile dergleis 
chen zu erhalten hoffe. Ohnerachtet unter fo wilden 
Voͤlkern diefe Gewohnheit tiefe Merfmaale ihrer 
grimmigen Natur aufbewahret: fo ift doc) vie zart, 
liche Betraurung des Berluftes ihrer Todten, und di 
Sorgfalt, felbige in dem Andenken derer noch Leben⸗ 
den zu erneuren,, ein fehr geſchicktes Mittel, unſer 
rauhe und fiörrige Natur zu verbejfern, und leutſen 
ger zu machen. Bey geſitteten Voͤlkern find diefa) 
Eeremonien nicht ſo gebraͤulich, weil man, derglei 
chen Wirkung ebenfalls hervor zu bringen, ander!) 
weitige maͤchtige Triebfedern hat ; es ift aber gewiß) 
daß die Gefinnungen der Hochachtung gegen die Tod 
ten, bereits in den alten min und durchgängh | 
angetroffen erden. 

Es iſt faft Feine andere Art von Leibesůͤbung un 
ter den Americanern bekannt, als der Krieg, ode 
dasjenige, was fie darzu gefehickt machen fann. Si 
fegen ihren ganzen Ruhm bierinne, und es wird nie 
mand bey ihnen eher in Ehren gehalten , als bis e 
Die Stärfe feines Landes durch Herbeyſchaffung ei 
nes Gefangenen vermehret, ober fein Haus mit den 
Hirnfhädel von einem feiner Feinde ausgezieret ha 
Wann die älteften Glieder die Führung eines Krie 
‚ges —— haben, ac ſie nicht Ba br 
... vannt 


[. 


von America. 483 
une, welches Volk fie mit Kriege zu überziehen 
wwillens find, weil fonjt der Feind, auf dem fie ihr 
Augenmerk gerichtet haben, zu fehr auf feiner Huf 


feyn möchte; ja, bisweilen laffen fie ganze Sabre | 


vorbey gehen, ohne im geringften etwas feindfeligeg 
vorzunehmen, damit e8 jedermann überdrüßig wer— 
de, laͤnger auf feiner Hut zu feyn, und wegen einer 
ungewiſſen Gefahr vollig ohne Sorgen lebe. 
Unterdeſſen aber find fie nicht muͤßig. Die vors 
nehmſten Hauptleute bringen die junge Mannfchaft 
aus jeglicher Stadt zufammen; man verproviantiret 
fi); man fange die Kriegestieder und Tänze an; 
man ſendet Streitärte.in alle unter felbigem Volke, 
desgleichen unter den Bundesgendflen befindliche. 
‚Dörfer; man höret. überall Kriegeslieder anſtim— 
men, und es ſchallet alles in der ganzen Genend Tag- 
‚und Nacht vom fürchterlichften Gebeule. Die Wels 
ber erheben in Gefellfchaft der Männer ein lautes 


Geſchrey; fie beweinen Diejenigen, welche im Kies _ 


ge, oder. natürlichen Todes geftorben find; fie wuͤn- 
hen, daß ihre Feinde anderen Stelle kommen möa 
‚gen, und ermuntern die jungen Leute Durch das Ge» 
fühl der Ehre, zum Streite, FE 
Wuann durch diefe, und andere dergleichen Veran⸗ 
ſtaltungen, die Wuth des Volkes aufs höchfle gez 
‚fliegen, und alles vor Begierde, feine Hände in Blut 
zu tauchen, brennt: ftellet der. Haupfmann eine Ver⸗ 
fammlung an, wobey -Hundefleifch genoſſen wird, 
Alle dabey befindliche Perfonen befommen ein Stück 
‚Holz, als fo viel Verbindungen, unter einander ges 
‚freu, und. ihrem Dberhaupfe unterthänig zu ſeyn. 
‚Niemand darf gezwungen in den Krieg geben; wenn 
j | bh 2 man 





484 Beſchr. der Landeseinwohner 
man aber diefes Zeichen einmal befommen bat wird, 
es als ein Hauptverbrechen angefehen, wenn jemand 
zurüc bleiben wollte. N 


Die Kriegesleute haben ſich insgeſamt ihre Ges 
fihter mit Kohlen ſchwarz, und darauf rothe Züge 
und Striche gemacht, modurd) fie fürchterlich aus» 
fehen. Ihre Haare auf dem Haupfe haben fie auf 
eine feltfame Art mit Zedern von verfchiedener Gat— 
tung ausgezieret. In diefer Berfammlung, wors 
inne fie ſich zum Feldzuge anſchicken, ſtimmt der obere 
fie Befehlshaber ein Kriegeslied an. Wenn er eine 
gewiſſe Zeit lang gefungen, erhebt er feine Stimme, 
fo hoch er Fann, und richtet niit einem mal eine Art 
von Gebeth zum Gott des Krieges, welchen fie 

Areſkoui nennen. Ich rufe dich, fpricht er: 
um gnädigen Bepftand zu meiner Unterneh⸗ 
mung an; ich erfuche dich um deine Dorforge 
vor mich und meine Angehörigen; auch flebe 
ich zu euch, ihr gefamten Geifter, und gute 
fowol, als böfe Weſen! Ihr alle, die ihr im 
» Simmel, auf Erden, oder unter der Erden 

ſeyd, leget das Verderben auf meine $einde, 
und führer mich in mein Vaterland glücklich, 
und woblbebalten wieder zurück! Hierauf fan« 
gen fümtliche Kriegesieute ebenfalls zu bethen ‘an, 
mit unfermifchtem Gefchrey und Zuruf. Der Haupt⸗ 
mann fängt feinen Gefang wieder von vorne an, 
ſchlaͤgt mit feinem Kolben gegen die Pfoften feiner, 
Hütte, und führt einen Kriegestanz auf, da indeffen 
feine Cameraden ohne Aufhoͤren dabey rufen und 


fchreyen. | | 
ARD: Wenn 


F.; von America. 485 
Wenn der Tag ihrer Abreife gefommen, nehmen 
fie von ihren Freunden Abſchied. Sie taufchen zum 
Zeichen ihrer gegenfeitigen Sreundfchaft, ihre Klei- 
dung und Geräthe unter einander um. Ihre Weis 
‚ber und Blutsfreundinnen gehen voran, und warten 
in einer Eleinen Entfernung von der Etadt auf fie. 
Die Krieger marſchiren in Ihren fchönften Kleidun« 
gen, und in ihrem beften Schmucke, in guter Ord« 
nung, einer nach dem andern; denn fie geben nie 
mals gliederweife. Der Dberfte geht ganz langfam 
‚vor ihnen vorauf, und finge ein Sterbelied, da in» 
deffen die andern ganz flille find. Wenn fie an den 
Ort, wo ihre Weiber befindlich find , gekommen, ' 
überliefern fie ihnen ihren ganzen Schmuck, legen 
ihre fchlechtefte Kleidung an, und marfchiren dar: 
auf, wie es ihr Anführer vor gut befindet, 

Die Bewegungsgründe, aus melchen fie fich zu 
‚Führung eines Krieges entfchließen, find felten von 
‚der Ark, aus welchen wir ung zu einem Kriege be— 
vechtiget halten. Sie haben feinen andern Endzweck, 
als die Ehre des Eieges, und den Bortbeil, Gefan⸗ 
gene zu machen, wodurch fie, wofern fie felbige nicht 
zu Schlachtopfern ihrer Wuth machen , die Anzahl 
ihres Volkes vergrößern. Selten werden fie ſich 
die Mühe nehmen, ihren Kriegen auch) nur den ges 
tingften Schein des Rechts zu geben. Es ift nichts 
Defremdendes bey ihnen, wenn die jungen Leute uns 
ter ihnen zufammen fommen, und fich einander Ius 
fig machen, daß fie Mahlzeiten von Hundefleiſch zu⸗ 
richten, und mitten im Frieden Kriegestänze aufe 
führen. Bald gerathen fie an dieſe, bald an eine 
‚andere Nation, überfallen die Szäger , und reißen 

b3 ? felbige 


486 Belchr. der Landeseinwohner 


ſelbige in Stuͤcken, oder führen ſie als Gefangene | 
mit fort, Ihre Kathsherren fehen dabey durch die 
Singer, oder ermuntern vielmehr zu. Streifereyen, 
als einem Mittel, einen kriegeriſchen Geiſt unter 
dieſen Voͤlkern zu erhalten; fie zur Wachfamfeit und 
einer beſchwer lichen Lebensart zu gewoͤhnen, und ih. 
nen ein Belieben am Dlutyergießen bey Zeiten bey⸗ 
zubringen. 

Das Vornehmſte bey einem Kriege gegen der⸗ 
gleichen Voͤlker, koͤmmt darauf an, daß man in 
Wahrnehmung der Gelegenheiten, fie zu überfallen, 
Fehr aufmerffam fey , fich felbft dargegen vor einem 
Ueberfall ſorgfaͤltigſt in Acht nehme, und Geduld 
und Kraft befise, die unausbleibfich damit verbun⸗ 
dene beſchwerliche und abmattende Sebensart auszu⸗ 

ſtehen. Die Voͤlkerſchaften in America wohnen ſehr 
weit von einander entfernet , haben große Wüften 
zu Graͤnzen, und velſtecken ſich in dem Innerſten 
ihrer fuͤrchterlichen und Fein Ende nehmender Waͤl⸗ 
der. Da das Kriegesvolk nicht erwartet, bis es auf 
ſeinen Feind ſtoͤßt, muß es mithin dieſe große Wei⸗ 
‚fen, von denen man denken ſollte, daß fie alle Ge» 


DR? genheit zu Streitigkeiten abfchneiden, und vor al⸗ 


ler Gefahr, in einen Krieg verwickelt zu werden, in 
Sicherheit ſetzen müßten, durchziehen. Shnerach 
tet aber das Volk, welches ſich zuerſt in Bewegung 
ſetzt, ſeine Abfichten noch fo geheim hält, hat der 
Feind doch öfters Nachricht daven , und‘ ii auf ſei⸗ 
ner Hut, Damit er ſich dag geringite Verſehen, wo⸗ 
‚durch fich der angreifende Theil aus feinem Vortheil 
ſetzen möchte, zu Nuge machen koͤnne. Sie fechten 
niemals auf freyem Felde, ſondern, wenn ſie Ai 
ohn⸗ 


von America. as7 


ohngefaͤhr auf einander ſtoßen; doch geſchieht dieſes 
nicht aus Zagheit, denn fie find von Natur herz— 
haſft, fondern fie halten diefe Gewohnheit einem tüchs 
- tigen Kriegesmanne für unanftändig, und glauben, 
daß dem Glücke gar zu viel Gewalt dabey eingeräus 
met werde, Was ihnen noch am meiften zu Antrefe 
fung ihrer Feinde behülflich ift, ift der Kauc ihrer _ 
euer, als den fie auf eine unglaubliche Weite ries 
chen: desgleichen ihre Fußſtapfen, in deren Entde— 
Eung fie auf eine bewundernswürdige Weiſe ſcharf— 
finnig find; denn fobald fie nur einige Fußſtapfen, 
die uns. ganz verworren, und undeutlich vorfommen 
würden, erblicken, Fönnen fie fogleich fagen , wie 
viel Perfonen, und feit wie fange fie da gegangen; 
fie find fogar im Stande, aus den verfchiedenen Abs 
drücken der Füße, in Sußftapfen, mo wir nichts wes 
niger, als das Zeichen eines Trittes antreffen würs 
den, zu fagen, von was für einer Nation diejenigen 
Derfonen , fo dafelbit gegangen, gewefen. Hieraus 
erkennet man die Wahrheit des Sages, daß, wenn 
man feine Aufmerffamkeit lange Zeit auf eine und 
eben diefelbe Sache richtet, man. weiter kommen 
Fönne, als man anfangs für möglich gehalten. 

Da aber die Angegriffenen diefelbige Lift gebraus 
chen, und fic) eben diefelbigen Vortheile zu Nutze 
machen Fönnen: fo bemühen fie fich beftändig,, in eis 
nem Seldzuge einander zu berüden; fie machen fein 
Feuer, weder fich zu erwärmen , noch ihre Speife. 
zuzurichten; fie erhalten fich bloß von etwas fchlech« 
tem Mehl, worunter fie Waffer gießen. Da ſie ih— 
rer Gewohnheit gemäß hinter einander, oder Neis 
henweiſe ziehen, fo lieget demjenigen, welcher den 

A 954 8ug 


488 Beſchr. der Landeseinwohner 
Zug fhließt, ob, daß er alle Fußſtapfen mit Blät- 
tern bedecken muß. Kommen fie bey ein fließen» 


des Waffer, fo gehen fie eine ziemliche Zeit lang in 


felbigem, um diejenigen, welche ihnen nachfeßen, zu 
bintergehen, ——— 

Halten fie etwa an einem Orte Raſttag, um aus» 
zuruben, und fich zu erfrifchen, ſchicken fie von als» 
len Gegenden her Borpoften aus, welche das Feld 


in Yugenfchein nehmen müffen ; fie ſchicken an alle 


Diejenigen Derter, wo fie vermuthen, daß der Feind 
verlohrne Schildwachten ausgeftellet haben möchte, 
Schildwachten aus. Solchergeflalt gehen fie in die 
Dörfer; dafelbft vertreiben, und machen alle ihre 
auserlefenen Leute, die Greife, Weiber und Kin« 
‚der, von denen fie nichts hoffen, nieder; mittler— 
weile fie diejenigen, von denen fie Vortheil ziehen 


koͤnnen, und welche Kräfte genug befißen, um der 


Nation nüglich zu feyn, aufheben, und zu Gefange⸗ 
nen machen, Kr; | 
Defters ſchicken fie auf ihrer Jagd einige ausges 
zogene Fleinere Haufen aus; fobald fie aber den 
Feind gewahr werden , haben fie die Gewohnheit, 
daß fie fich platt auf die Erde nieder legen, und ob» 
ne fich zu bewegen, unter den trodenen Blättern, 
welche eben die Farbe befigen, als ihre Leiber, lies 
gen bleiben, Gemeiniglich laffen fie eine Parthie 
des Haufens, ohne fie zu beunrubigen, vorbey; fo 
dann richten fie fich ein wenig in die Höhe, zielen 
auf den Feind, als worinne fie ungemein gefehickt 
find, heben auf einmal ihr entfegliches Feldgefchrey 
an, und fehießen aus allen ihren Muffeten; denn 
fie haben bereits feit langer Zeit den Gebrauch der 
— r Pfeile 


i 


von America. 489 


Pfeile abgeſchaffet. Der angefallene Haufe nieder» 
holet eben dieſes Geſchrey, und jedermann verſteckt 
ſich ſodann hinter einen Baum, und ſchießt ſein Ge⸗ 
wehr los, da indeſſen die andern von der. Erde auf 
ſtehen, und zum zweyten mal fehießen. 


Wenn fie folhergeftalt eine Zeitlang gefeuert, 
koͤmmt derjenige von beyden Theilen, welcher gefies 
get zu haben ‚glaubet, aus dem Gehölze, worinne 
er ſich verftect gehabt, mit Fleinen Streitärten her» 
vor, deren fie fi mit ungemein vieler Geſchicklich⸗ 
keit zu bedienen wiffen; fie verdoppeln ihr Gefchrey, 
jagen durch Bedrohungen ihren Feinden Furcht ein, 
und fprechen fich) durch Erzählung ihrer verrichteten 
Heldenthaten, einander Muth zu, Wenn fie ſo⸗ 
denn in ein Handgemenge mit einander gerathen, iſt 

der Ausgang fehr bald entfchieden, und die Ueber- 
winder befriedigen ihren wilden Grimm durch Die 
grauſameſte Barbaren und Befchimpfungen, die fie 
an ihren Feinden ausüben, denn fie freffen ihr Fleiſch, 


ziehen ihnen die Haut vom Kopfe herunter, und wäle 


zen fich in ihrem Blute, als die wilden Thiere, 
herum, | | BERG 


Das Schiefal, welches ihren Gefangenen beftims 
met ift, ift fehr traurig. Den größten Theil des Wer 
ges hindurch, den fie bey ver Heimreife zurück zu ler 
gen haben, thun fie ihnen fein Leid; fobald fie aber 
im Gebiethe des fiegenden Staats, oder deffen ‘Dune 
desgenoffen angelanget find, kommen ihnen die Ein 
wohner aus jedem Dorfe entgegen; diefe glauben ih⸗ 

re Hochachtung gegen ihre Freunde dadurch an den 
- Tag zu legen, wenn fie ihren Gefangenen, welche 
956h5 gemei⸗ 


490 Beſchr. der Landeseinwohner 
gemeiniglich voller Wunden und Duetfihungen an⸗ 


kommen, übel begegnen. 


Die Ueberwinder ziehen im —— in die Stadt. 


ein. hr Anführer befchäfftigee fich in einer mit 


den Häuptern des Staats haltenden Umterredung, 
‚ihnen von den Umftänden des Krieges, vom Schas 
den, welchen man den Feinden zugefüget, und von 
dem dabey erlittenen Berlufte, Bericht zu ertheilen, 
welchen ver öffentliche Redner insgefamt dem Volke 
hinterbringe. Bevor man bie Freudensbezeigun⸗ 
gen, welche der Sieg mit ſich bringe, vornimmt, 
beweinen fie die Freunde, welche fie bey dem Feld. 
zuge verloren haben, Diejenigen, welche fie zum 
nächften angeben, ſcheinen wirklich betruͤbt, und tief 
gebeugt zu ſeyn; fobald fie aber die sofung zu den 
öffentlichen Sreudensbejeigungen erfchallen hören, fo 
trocknen, nach einer derjenigen wunderlichen Beräns 
derungen, denen die Köpfe der Menfchen unterwors 
fen find, und als wenn fich ihre Klagen gleichfam 
nach gewiffen feftgefegten Vorſchriften richteten, ſo 
trocknen, ſage ich, ihre Thraͤnen in demſelben Augen⸗ 
blicke, und ſie uͤberlaſſen ſich dem Schwaͤrmen, und 
den Albernheiten, wozu die allerunbaͤndigſte Freude 
verleiten kann. 

Dieſe ganze Zeit über Bleibe das Schiefal ihrer 
Gefangenen noch fo lange unentfchieden ,. bis ſich die 
Aelteften der Nation verfammlet haben , um den 
Ausfpruch darüber zu thun, Es ift gebräuchlich, 
baß man jedem Haufe, welches einen Verwandten 
im Kriege verloren hat, einen Sclaven anbiethet, 
and ihnen nach der Größe ihres Verluftes den Vor— 
zug läßt.  Derjenige, welcher den Gefangenen ges 

| macht, 


— von America. BER ae 


— 7— führer ihn bis an bie Thuͤre der Hütte, wo er 
Sabgeilefert werden muß, und giebt zugleich einen von 
den oben befchriebenen Riemen, oder KDampums 
"ab, zum Denfmaal, daß er die Abſicht des Feldzus 
ges, durd) Wiedererfegung des Berluftes eines Bürs 
gers erveichee habe. Sie nehmen die Gefchenfe, 
welche man ihnen einige Zeit über bringt, in Aus 
genſchein, und verleiben entweder] den Gefangenen, 
“er fey auch, von welchen Gefchlecht er wolle, (denn 
dieſes hat nichts auf fich,) ihrer Familie ein, oder 
verurtheilen ihn zum Tode, nachdem fie es vor, ihre 
Umſtaͤnde fchicklich finden, oder nicht ; nachdem ihnen 
fein Betragen gefallen hat, oder nicht; nachdem ih⸗ 
nen viel oder wenig daran gelegen ift, ihre Familie 
zu räthen, und nachdem fiemehr oder tveniger Grau— 
ſamkeit befigen. Verurtheilen fie ihn zum Tode, fo 
werfen fie den Wampum mit Verdruß hin, und 
es ſteht nicht mehr in der Macht des Beſitzers Def 
ſelben, ihm das Leben zu fehenfen. Die Ttationvers 
ſammlet fich feyerlich ; man errichtet. ein Schaffot; 
man bindet den Berurtheilten an eine Säule: dieſer 
ſtimmet das Sterbelied an, und wapnet fich zum blu= 
"tigen Schaufpiele, welches mit ihm vorgenommen 
werden ſoll, mit der allerunerſchrockenſten Herzhafs 
tigkeit. Andern Theils machen die Ueberwinder alle 
Anftalten, Durch Die “alferentfeglichften Foltern, welche 
der menſchliche Witz, wenn er auf Grauſamkeiten ge⸗ 
richtet iſt, nur jemals erdenken kann, feinen Much 
auf die aͤußerſte Probe zu ſtellen. Sie fangen von 
den Yermen und Beinen an, und kommen hernach 
unvermerkt an den Leib ſelbſt. (Ich will bier mei⸗ 
nen Zefern Feine umfiändliche Befchreibung 
dieſes 


492 Belchr. der Landeseinwohner 


dieſes erſchrecklichen Auftrittes geben, fondern 

verkuͤrze bier meine Ueberfezun um eine oder 
zwo Seiten . bey deren jeder Zeile die Haut 
ſchaudern würde.) Wenn endlich fünf oder ſechs 
Stunden verfloffen, machen die oberften Befehlsha⸗ 
ber, es gefchehe nun aus fpatem Mitleiden, oder, weil 
fie nunmehro der Grauſamkeit fat und überdrüßig 
geworden, durch einen Schlag mif der Keule, oder 
Durch Erftechung mit einem Dolche, dem $eben dieſes 
Ungluͤcklichen ein Ende. Man legt ſeinen Koͤrper 
in einen großen Keſſel, und dieſes ganze barbarifche 
Blutgericht wird mit einer eben jo wuͤthenden Luſt⸗ 
barkeit befchloffen. 

Die Weiber vergeffen bey diefer Gelegenheit ihr 
 Gefchlecht und die Menfchlichfeit; fie werden ärger, - 

als Furien, fpielen bey diefem Trauerfpiel ihre Rolle 
ordentlich mit, und übertreffen fogar die Mannsper- | 
fonen an Grimmigfeit. Die vornehmften Perfonen | 
fiehen rings um die Säule, haben die Tabadepfeife | 
im Munde, und fehen alles, was vorgeht, ohne die | 
geringfte Eneftellung des Gemüths, mitan. Was | 
hierbey noch am erftaunendften ift, ift diefes, daß der | 
arme Sünder felbft, in den Eleinen Siifchenzeiten | 
feiner Foltern, ebenfalls rauchet, nicht die geringſten | 
Leibesſchmerzen zu empfinden feheint, und mit feinen | 
Henkern von allerhand gleichgültigen Dingen fpricht. | 
Man möchte währender. Zeit, da feine !eibesitrafe | 
vollzogen wird, fagen, Daß der Verurtheilte und feine 
Henker aleichfam einander heraus fordern, wer den 
andern übertreffen werde ; dieſe in Erfindung der | 
(hmerzhafteften Mittel zu foltern, und jener in über | 


| nen geduldiger. Ertragung derfelben. Es ents | 
| fähre 


/ 





von America. 493 


fährt ihm nicht die allergeringfte Klage; nicht ein 
Seufzer; auch zucet er nicht ein einziges mal mit dem 
Leibe. Mitten unter den Peinigungen bleibt er noch 
immer feiner felbft mächtig; erzählet die großen Thas 
ten, die er im Kriege ausgerichtet ; fchildert ihnen die 
Grauſamkeiten, die er. an ihren Landesleuten verüber, 
und bedrohet fie mit der Rache, welche die Eeinigen 
diefer feiner Todfung wegen ausüben würden; und 
unerachtet dergleichen Verweiſe fie noch) mehr erbit« 
tern, und ihre Wuth und Grimmigfeit aufs höchfte 
bringen: fo höret er dennoch nicht auf, ihnen derglei— 
chen Vorwürfe zu machen, und geht fogar fo weit, 
daß er ihnen in die Augen faget, fie verftünden nich 
einmal die Kunſt zu foltern; er unferrichtet fie in den 
ausgefüchteften Methoden darinn, und weiſet ihnen 
die aller empfindlichiten Theile feines Körpers an. 
Die Weiber befigen ebenfalls, wie die Mannsperfos 
nen, dergleichen herzhafte Geduld; und es wäre efa 
was eben fo Befremdendes bey ihnen, wenn man fie 
auf eine andere Art leiden fehen follte, als es in Eus 
ropa feyn würde, wenn man jenes hier zu Öefichte bes 
kommen follte. R | u 
Ich hätte mich bey Erzählung diefer barbarifchen 
Grauſamkeit, welche die menfchliche Natur fo tief er 
niedrigef, nicht fo lange aufhalten follen. "Allein, da 
diejenigen, welche von den Gewohnheiten diefer Bol 

fer Nachrichten geliefert Haben, fich infonderheit hier. 
bey aufgehalten haben, und es auch, um ficheineriche 
tige Borftellung von der Gemüthsart diefer Voͤlker 
zu machen, nothwendig ift, habe ich es nicht mit 
Stillſchweigen übergehen wollen. Es dienet zur 
größten Aufklärung, wie weit die Leidenſchaften un 
fere 


494 Beſchr. der Landeseinwohner 


fere Grauſamkeit bringen Fönnen, und wie viel Vor⸗ 
zuͤgliches eine Religion befigt, welche ung lehret, daß 
wir mit unfern Feinden Mitleiven haben follen, als - 
wozu alle andere Religionen nicht die geringfte Anwei- 
fung geben. Wir koͤnnen auch hieraus deutlicher ein⸗ 
fehen lernen, woran einige nicht gedacht zu haben 
fcheinen, was für Bortheile Die Handlung, und die 
Verbeſſerung der fchönen Künfte und der Gelehrſam⸗ 
keit mit ſich führen. Denn, wenn felbige gleichdurch 
. bie in ihrem Gefolge befindliche Verſchwendung eini⸗ 
ge von den ftarfen uns angebohrenen Eigenfchaften 
gefhwächet haben; fo haben fie doch aud) zugleich 
Die Reizung zu verfchiedenen Laſtern aus unferm Ges 
müthe gebracht, und unfere Wildheit gemildert, ohne 
jedoch unfere Tapferkeit dadurch zu entfräften. | 
Andern Theits zeiger auch die Standhaftigfeie der 
armen Sünder. bey dieſen fürchterlichen Auftritten, 
- welch eine wunderbare Gewalt die Erziehung, und - 
ein unmäßiger und unerfästlicher Ehrgeiz haben, als 
wodurch fie fo weit gebracht werden, daß fiedie Wir. 
fungen, welche die Weltweisheit und Neligion here 
vor zu bringen pflegen, erreichen, und ſogar noch überz 
ſteigen. Die Gefangenen, welche das Glück haben, 
denjenigen, Denen fie angeboten worden, zu gefallen, 
haben ein von denen zum Tode Verurtheilten ſehr 
verſchiedenes Schidfal ; fie werden in ihre Familie 
anftatt des verftorbenen Vaters, Bruders, oder Manz 
nes aufgenommen; und alles, was fie von Freyheit 
verlieren, iſt die Miederfunft in ihr Vaterland. 
Wollten fie den Berfuch darzu wagen, fo würden fie 
je dadurch der Gefahr ausfegen, unfehlbat ihr Le— 
en einzubuͤßen. Die Hauptabficht over Kriege 
- N 5 4 , . ' " Earune HAAR ie 


von Ameried. 495 
die Gewinnung dergleichen Art von Erſetzvolk; und 
aus eben dieſem Grunde verfaͤllt ein General, welcher 
viel Leute einbuͤßet, wenn er gleich den Sieg erhalten 
hat, gleichſam in Ungnade, wenn er nach Hauſe 
koͤmmt, weil er nicht die gehoffte Abſicht erreichet hat. 
Deshalben ſchonen fie auch das Blut der Ihrigen 
ſehr, und thun niemals einen Angriff, wofern fie ſich 
nicht vorzüglich ſtark, und in einem vortbeilhaften 
Etande befinden. . 57 
Die vom Kopfe ihrer Feinde abgezogenen Haͤute, 
welche fie fo hoch halten, find die Siegeszeichen ihrer 
Tapferkeit : fie ſchmuͤcken damit ihre Häufer aus, wel⸗ 
che um fo viel ehrwürdiger find, je mehr dergleichen 
Beute man an denjelben erblider. Cie haben ge- 

wiſſe feyerliche Tage, an welchen die jungen Leute, ein 
‚jeder nad) feinen Verdienſten und Heldenthaten, wor 
von die abgezogenen KHäufe zur augenfcheinlichen. 
Probe dienen, aus dem Munde der oberften Anfuͤh— 
rer, Zunamen oder Ehrentitel erhalten. Diefes ift 
die ganze Belohnung, die fie für alle im Kriege auss 
geſtandene Gefahren, und für die in fo vielen Feldzuͤ⸗ 
gen übernommene unglaubliche Befchwerlichfeiten er— 
halten, Sie find zufrieden, wenn fie nur einen Wa: 
men führen, welchen ihnen diefe Anführer, welche vor 
ihre eigene Perfon verdienftvoll, und deshalben am 
beiten Davon zu urfheilen im Stande find, beygeles 
get haben. Diefer Name wird von ihren Landesleu⸗ 
ten in Ehren gehalten, und jaget ihren Feinden 
Surde ein. 

Die englifhen Eolonien in America find der nüß- 
Lichte Gegenftand unferer Aufmerkſamkeit in dieſem 
Welttheile; nicht bloß aus dem Grunde, weil fie in 
u einer 


496 Beſchr. der Landegeinwohner - 
einer weiten Strede eines angenehmen Landes, vers 
fehiedene Lundesgegenden, mancherley Gelegenheiten 
des Orts, und verfchiedene Arbeiten der Natur und 
Kunft enthalten: fondern auch deshalben, weilfie, ob 
fie gleich unter einerley Beherrſchung fliehen, und ei. 
nerley Urfprung gehabt, dennoch von Bölfern bewohs 
net werden, mwelche in ihren Sitten, in ihrer Religion 
und $ebensart ganz von einander. unterfchieden find. 
Sie haben die allerbiühendfte Handlung, und ftehen 
nebft ihrer Stammmutter mit verfchiedenen fremden 
Voͤlkern an den entlegenften Dertern in Verkehr. Außer 
den beftändigen Reifen, die fie nach Africa vornehmen, 
ſieht man ihre Schiffe in den Häfen von Spanien, 
Portugall, Italien, und fogar im mittelländifchen 
Meere. Sie find von den Pflanzftädten, welche Frank. 
reich, Spanien, Portugall und Holland’ in America 
Haben, gar nicht gefperret, und Diefes erhält bey dazu 
fommenvder Unterhaltung eines Briefwechfels unter 
einander, und mit ihrer gemeinfchaftlichen Mutter, 
einen lebhaften Kreislauf, wovon Großbritannien, 
als das Herz und die Duelle zu betrachten, allwo fels 
biger zuerft entſpringt, und wohin er mit der flärfs 
ſten Munterfeit wieder feinen Rückweg nimmt 


Der Derfaffer laͤßt fich hier auf in politiſche 

Betrachtungen ein, welche nicht zu mei⸗ 

nem Vorhaben gehoͤren: ich nehme mir 

daher die Freyheit, ſtatt ſelbiger einige 
andere Gedanken hinzu zu fuͤgen. 
Wenn man gegenwärtige Befhreibung;, nebft als 

‚fen andern Nachrichten, welche man von den Ein: 
wohnern im nördlichen America bat, liefet, kann Yo 
a | niche 


on America. 497 


nicht — ‚eine, ungewöhnliche Uebereinſtimmung 
dileſer Völker mit denjenigen, welche die nördliche 
Gegend von America ehemals bewohnet, und unter 
mancherley Namen, und zu verfchiedenen Zeiten al: 
les uͤberſchwemmet haben, zu bemerfen. Sie wohs 

nen unter einerlen Himmelsſtriche; ihr Sand ift auf 
eine gleiche Weife durch) Waldungen gerheiler; hie 
beſitzen eben diefelbe Siebe zur Freyheit; eben eine 
ſolche Ungeduld zu fehlagenz eben eine fo große Ach⸗ 
fung gegen die Kriegesieüte; einerley Unbarmher⸗ 
jigkeit, “andern wehe zu thun , und Unempfindlich- 

feit, Uebels zu- este Die Eeremönien ‚welche 
ftatt des Gottesdienftes bey den Amerfcanern üblich 
find, find eben fo, wie die Religion bey den Celten 
und Einwohnern Scandiens, grauſam. Mit einem 
Worte, „ man wird bewogen, zu glauben , daß es 
mehr. ein und eben dafjelbe Volk fey, als aus zweyen 
ähnlichen Völkern beſtehe. Es fiheint, überdem auch 
dieſe Meynung durch die Geſchichte beſtatiget zumers 
den; denn, alle Denkmaale des noͤrdlichen Europa 

befväftigen, daß es durch fenebifche Cotonien bevoͤl⸗ 
kert worden; und die mit den wenigiten Ungereimts 
heiten verfnüpfte Muthnaßung, welche man in Ans 
fehung ‚der Bevölkerung von America haben kann, 
iſt dieſe, Daß es zuerft.von Colonien ,, welche aus 
dem gegenfeitigen Ende, Seytpiens gekommen, bes 
wohnet gemwefen. 

Mit Ueberbringung unferer Handlung. und Krie⸗ 
ge nach America, haben wir auch eine Verſchwen⸗ 
dung, und verſchiedene Stuͤcke der Nothdurft, wel⸗ 
che vor. uns daſelbſt voͤllig unbekannt geweſen, zu. 
gleich mit eingefuͤhret. * haben zugleich dieſe 

24 Dand, Ji WVWol⸗ 


2.498 Befchr. der Landeseinwohner 


Voͤlker, ſich unſerer Waffen zu bedienen;, y gelehret, 
und unſere Kriegesvoͤlker, welche ohne Unterlaß bey 
ihnen anlaͤnden, werden ihnen unvermerkt die Kunſt, 
wie Feldlaͤger einzurichten, und Belagerungen vor⸗ 
zunehmen find; die Mittel, ſich in Vortheile zu ſe⸗ 
gen, und der Armee Unterhalt zu verfhaffen; und | 
voie zu rechter Zeit zu fihlagen, und nicht zu fehlagen | 
ſey, beybringen. Kurz, über einige Jahrhunderte | 
werden wir ihnen eines Iheils alles, was ihnen die | 
a ‚ unfere- — au erobern, — im | 


warn Adi 


Fe ——— haben. Das Schiefal — 
Laͤnder ſcheint uns den Cünfigen — davon | 
vorher zu fagen. a. 


Die Völker des ndrdlichen Theiles von nom, 
fanden in der That, daß das Reich, welches die ganz | 
ze Gegend defielben nach Mitternacht einnahm, | 

durch den überflüßigen Aufiwand, durch die bürger- | 
lichen Kriege, durch die Aufhebung aller Drönung 
und Gefege , und durch die Bernachläßigung aller | 
guten Anftalten , geſchwaͤchet worden war. Die | 
Americaner hingegen würden in unfern Colonien | 
Voͤlker antreffen, welche ruhig find, und da fie die | 
Handlung treiben, wenig die Waffen zu führen ges | 
wohnet find, und welche überdem weder zahlreich, | 
noch geſchwind genug beyfammen feyn würden, um 
Nationen, welche fich ihrer gefammten Bortheile be- | 
dienen würden; welche nichts zu verlieren, und alles | 
zu gewinnen hätten, Fe zu hun. ‚Wenn | 
auch) gleich diefe Colonien fi 3 9 das Joch 
A 





von America. 499 
von den Europaͤern haͤtten auflegen laſſen; wenn 
auch wirklich ihre Hauptſtaͤdte im Stande wären, 
ihnen Hülfe zu leiften: fo würden fiedoch inder Ber: 
faffung, darinn fie ſich befinden, da fie in Uneinig- 
feit unter einanver leben ; da fie vom Schauplage 
des Krieges gar zu entfernet wohnen ; da ihnen die 
Fortbringung ihrer Truppen gar zu theuer zu ſtehen 
koͤmmt; und da fie ein fand, welches, ſobald es ans 
gegriffen worden, ihnen niche mehr vortheilhaft fenn 
würde, zu behaupten überdrüßig werden würden: 
fo würden fie, fage ich, ihnen doch nur fehr ſchwache 
und unzulängliche Hülfe überfchicken koͤnnen. 


So viel man aljo in Anſehung des Zufünftigen 
zu muthmaßen im Stande ift, ift America beflimme, 
einen neuen Attila hervor zu bringen, und dereinft 
das Schickſal unfers durch ihn in feinem Zuflande 
fo. ſehr veränderten Europens zu erfahren, 





508 Gedanken von der Erzeugung 

| 

a 
Gedanfen 


A 1 ar wi 
Erzeugung. der Thiere 
Von | 

IM. Hube. 


* ⁊ 2 j 

nter den fehr vielen und verfchiedenen Meynuns | 

gen von der Erzeugung der Thiere, find vors | 

nehmlich viere, welche heut zu Tage noch ih» | 

re Anhänger und Bertheidiger finden. Nach der 

erſten ift ein jedes Thier ſchon vor dem Benfehlafe 

in dem Eye der Mufter, als in einem unglaublich) | 

kleinen Abriffe enthalten ; nach der zweyten entwi⸗ 
ckeln ſich alle Thiere aus Saamenwuͤrmchen; nad) 
der dritten entſtehen ſie aus organiſchen auf einander 
wirkenden Theilchen; und nach der vierten endlich 
werden ſie nach und nach erzeuget, ohne daß ein Ab⸗ 
riß im Eye, die Entwickelung eines Saamenwurms, 

oder organiſche Theilchen darzu noͤthig ſind. 

Zu der erſten Meynung gaben die Eyer Gelegen⸗ 
beit, welche Steno, und vornehmlich Graaf, in 
denen Thieren, die ihre ungen lebendig zur Welt 
bringen, entdecfet harten. Go richtig aber aud) 
diefe Entdeckung ift: fo wenig folge Doch Dagjenige - 

. daraus was man aus derſelben hat ſchließen wol⸗ 
len. 





Eee ze 


fen. Denn erftlich enthalten diefe Eyer weiter nichts, | 
als einen hellen durchfichtigen Saft; niemals aber 
‚hat man die geringfte Abbildung eines Thieres dar. 
innen wahrgenommen. Ferner lehret ung die Er⸗ 
fahrung, daß ein Thier, welches durch die Begat⸗ 
tung zweyer Thiere von ungleicher Art hervor ges . 
bracht worden ift, weder dem Vater nod) der Mut« 
ter ähnlich, fondern von einer ganz befondern Mits 
telart fey. Mich duͤnkt, es folge hieraus ganz ofz 
fenbar, daß der Bater gleichfalls nicht wenig zu der 
Bildung und dem DBaue der Frucht beytrage: die- 
fes aber Fönnte nicht geſchehen, wenn die ganze 
Frucht fehon vor dem Benfehlafe * in der 
Mutter vorhanden waͤre. 

Die zweyte Meynung wurde durch die von Deus 
wenböf und Hartföcker gemachte Entdeckung der 
Saamenwürmer veranlaffet. Diefe Thierchen find 
fo Elein, daß in dem Hahnenfaamen der Kaum eis 
nes Sandförnchens ihrer funfzig taufend faffen kann: 
fie find, in fo großer Menge vorhanden, daß Neu: 
wenböf bey der Begattung der Froͤſche deren uns 
gefaͤhr zehn tauſend auf ein einziges Ey rechnet. Iſt 
es wohl wahrſcheinlich, daß eine ſo große Menge 
von Thieren bloß dazu beſtimmet ſey, damit ein ein« 
ziges von ihnen fich auswidele, da die übrigen alle 
verloren ‚gehen ? Iſt diefes wohl der. Weisheit ge» 
mäß, melche in den übrigen Berrichtungen der Na— 
fur allenthalben hervor leuchter ? Man fomme in 
noch größere Schwierigkeiten, wenn man die erftau« 
nende Kleine dieſer Thierchen in Erwägung zieht. 
Und mie foll fich denn der Saamenwurm entwickeln ? 
Soollte es nach Art der übrigen Raupen und Wür- 
JJ mer 


502 Gedanken von der Erzeugung 


mer gefchehen, fo würde der Vater alles thun, und 
bey der Begattung verfchiedener Arten, das junge 
Thier bloß dem Vater ähnlich feyn müffen, welches, - 
wie ich fchon angemerfet habe, der täglichen Erfah- 
rung entgegen läuft. Endlich berecjtiget uns der 
Umftand, daß in dem Saamen Thiere angetroffen 
werden, Feinesweges, zu ſchließen, daß: bloß diefe 
Thiere die Urfache der Fünftigen Frucht fenn. Alle 
menfchlichen Säfte haben dergleichen Thiere. Der 
Herr von Buͤffon hat auf das Fleifch verfchiede- 
ner Thiere Waffer gegofien, und es darauf in wohl⸗ 
verwahrte und reine Gefäße getban. Er verfichert, 
daß er nach vier oder fünf Tagen in diefen Mengfeln 
gleichfalls Saamenthierchen gefehen habe *. 
- Die Schwierigkeiten, denen die beyden Meynuns 
gen, von welchen ich bisher geredet habe, und viele 
andere , als des Lartes, Highmors, Fabers, 
Harveis, Teuſings, Hippokrats, Ariftoteles, 
u. a. m. ausgeſetzt find, bewogen ven Herrn von 
Buͤffon, ein neues tehrgebäude von der Erzeugung 
der Thiere aufzuführen, welches der berühmte Herr 
von aller in feinen Reflexions fur le fylteme de 
la Generation de Mr. Buffon, gehörig aus einander 
geſetzt und geprüfet hat. Der Herr von Büffon 
hält die fich bewegenden Theile im Saamen für Feine 
Ä | PAR N Thiere, 
+ Man ſehe Buffon l’ Hiftoire naturelle generale et 
particuliere, Tom. II. Chap. V. und vergleiche 
Damit des P. Lyonnet Anmerk. zu des Hrn. Keffers 
Theologie des Infe&tes ; Mylius Gendfchreiben 
von den Saamenthierchen; und Sturmii Diff. de 
plantar. animaliumque generatione, in Haleri, Vol. 
- Diff, quinto p. 70. Kl 


J pi ix der Thiere. | — 503 


Thiere, ſondern bloß für organiſche unbelebte Theil» 
chen, dergleichen, nach feinen Gedanken, eine un- 
zähliche Menge durch den ganzen Weltraum zerftreu: 
etift. Daher glaubet er, es nahme ein jedes Thier 
Durch die Nahrungsmittel, und auf andere Art, ‚bes 
ftändig fehr viele davon zu fih. Sie verbreiteten 
ſich folchergeftalt in afle Theile und Gefaͤße des thie- 
rifchen Körpers, und nähmen dafelbft,, als in einer 
innerlichen Form, eine diefer Form ähnliche Figur 
an. Hierdurch würde ſowol der Körper felbft erhals 
ten und ernähret , als auch von den überflüßigen 
Theilchen ver Saame verfertiget. Alſo befanden 
fih in dem Saamen beyder Gefchlechter (dern auch 
dem weiblichen Gefchlechte fehreibt der Herr von 
Büffon einen Saamen zu,) organifche Theilchen 
von allen Gliedern und Theilen des Körpers. Durch 
‚den Beyſchlaf würden beyde Saamen mit einander 
vermifcht. Die 'organifchen Theilhen ähnlicher 
Theile wirfeten gegen einander, und kaͤmen dadurch 
in Ruhe. Auf diefe Art würde die Frucht erzeuger. 
Der weiblihe Saamen foll in den Thieren, welche 
Bärmütter haben, in dem gelblichten Körper ent» 
Halten feyn; von da’ durch die Muttertrompeten bes 
ftändig in die Mukter fließen, und fich dafeldft mie 
Dem männlichen Saamen vermifchen. Allein, erfts 
lich Haben faft alle Nraturforfcher, die nachdem Hrn. 
von Büffon die Saamenthierchen mit der größten 
Aufmerffamfeit unterfuchet haben, diefelben wieder 
in die Claffe der Thiere gefegt. Ferner entjtehe der 
gelblichte Körper, welchen der Herr von Buͤffon 
für ein Behältniß des weiblichen Saamens hält, 
erftlich nach dem Beyſchlafe, vermuthlich aus der 

Si, i4 — Wuns 


504 Gedanken von der Erzeugung % 


Wunde, welche das zerſprungene Ey im Eheſtoe 

macht, dauret noch einige Zeit, nach der Öeburt, und 
verfchnwindet zuletzt wieder. Und endlich, woher - 
fommen die unzählichen Theile und Gefäße, welche 
die Frucht hat, die aber dem Vater fowol , als der 
Mutter fehlen? Woher befommt ein Kind zwo Hp» 
den, deflen Bater nur eine. hat? Widerſprechen die: 
fe und ähnliche Erfahrungen der — des * 
von Buͤffon nicht offenbar? 

Diejenigen alſo, welche glauben, daß die Glieder 
eines noch ungebohrenen Thieres, ohne einer Form 
vder eines Umriſſes nöchig zu haben, bloß aus ver⸗ 
dickten Säften nach und nad) ergeuget werden; fchei= 
nen. mir der Wahrheit am nächften zu kommen, und 
ihre Meynung ſtimmet, 100 ic) nicht irre , mil der 
Erfahrung am:beften überein: Denn man darf die 
Beobachtungen, welche Malpighi an Huͤhnern, 
Herr RKuhlemann* an Schafen, und andere **, 
an Menfchen und andern Thieren gemacht haben, 

"nur mit einiger Aufmerkſamkeit leſen, ſo wird man 
finden, ‚daß fie insgefamt in folgenden ‚vier Puncten 
‚überein Eommen: 1) Daß da, wo nachher. das jun⸗ 
ge Thier erzeuget wird, gleich nach der Begattung, 
und oft noch verfhiedene Tage nachher, nichts wei: 
ter, als bloß ein gemifjer flüßiger zaͤher Saft erſcheint; 
2) daß ſelbſt der Körper des jungen —⸗ im An 
218 fange 
* Man fehe Job. Chriftoph. Kabliirann BERN 
quaedam, xirca negotium generationis in ovibus 
factae. 
** Als z. €. Ifb. de Diemerbroek in feinen ——— 
omnibus Anatom. et Medic. bie 1688. zu —44 
heraus gekommen find, L. I. c. 19p. m. 247. 


— der Thiere. 9.8508 


Be T einer zaͤhen ſchmierigten Materie, als 
einem feſten Koͤrper gleichet, indem er durch die ges 
ringſte Berührung, als ein Schleim zerfällt. Des- 
‚wegen fahe ſich au Herr Rublemann genoͤthiget, 
das Koͤrperchen des: jungen Schafes, ehe er og be— 
‚obachtete,: durch darauf genoffenen Weingeift zu vers 
dicken. ; 3) Daß Der Körper des jungen Thieres von 
Zeit: zu Zeit: immer mehr und mehr feine Fluͤßigkeit 
‚verliert‘, und härter wird, bis er zulegt eine ges 
wiſſe Feſtigkeit erhält; 4) daß man zu der Zeit, da 
einige Glieder dieſes Koͤrpers ſchon voͤllig gebildet zu 
ſeyn ſcheinen, andere noch gar nicht wahrnimmt, ja, 
daß ſelbſt die ſchon gebildeten Glieder waͤhrend der 
Zeit ihres Wachsthums ihre Geſtalt ungemein aͤn— 
dern, fo, daß fie ſich ſelbſt, wenn man fie zu vers 
febiedenen Zeiten betrachtet, völlig unähnlich find. 
Es laßt fich aber, Eörinte jemand einmwenben, als 
len diefen Erfahrungen ungeachtet , nicht. begreifen, 
‚wie bloß eine flüßige Materie fo etwas Negelmäßiz 
ges hervor zu bringenim Stande ſey. Folglich muß 
die ganze Frucht fchon als in einem Umriffe, nach als 
len ihren Theilen da feyn, und ſich nur nach und 
nach entwiceln. Ich antworte: daß, weil man ef= 
was nicht begreifen kann, daraus noch gar nicht fol- 
ge, daß es falfch fen. Yufmerffame Naturforfcher 
wiſſen aus dem Beyſpiele der Polypen, der Krebfe, 
der Hirſche, welche ihre Geweihe abmwerfen, und ans 
derer Thiere, daß bie Materie allerdings organifche 
Körper, ohne einen Umriß oder Form nöthig zu ha- 
ben, hervorbringen fonne. Ueberdiefes habe ich die 
angeführte Meynung von der Entwicdelung en 
‚oben geprüfet. Ich füge bier nur noch dieſes hinzu, 
| Bis. daß, 


506 7 Gedanken von der Erzeugung 


daß, wenn fie richtig wäre, "ein jeder Theil der 
Frucht, während der Zeit, da er fich entwickelt, fich 
der Figur nad) beftändig ähnlich bleiben müßte, 
Diefes aber widerfpricht aller Erfahrung. Die 
Füße, welche Here Kuhlemann in einem Schafe 
von zwey und dreyßig Tagen dreyſpaltigt geſehen 
hatte, waren in einem andern von vierzig Tagen, 
der Figur nach, ganz geaͤndert, und nur zweyſpal⸗ 
tigt *. Malpighi fabe, daß die Pulsadern, wel. 
che vorher vom Herzen des jungen Huhns ganz ab- 
gefondert waren, am eilften Tage fid) an daffelbe an- 
hiengen, und es darauf erft vollfommen bildeten **, 

| Wenn 


* Kubhlemann, J. c. $. XCI. 
*x* Der Herr von Haller ſagt in feinen prim. lin, Phy- 
fiol. DCCLXXXVII. nachdem er von den Saas 
mentbierchen gefprochen: Penfitatis omnibus, res 
tota in obfcuro effe videtur, et plus forte veri effe 
in ea fententia, qua formatio fuccefliva defenditur, 
arzumento certae mutationis in partibus maximi 
momenti, quae longe diverfae in tenero fetu funt 
et in nafcente homine, cordis imprimis, quod ex 
uno canale in duos ventres, duasque aures ita com- 
licatur, ut novts pulmo, nova arteria pulmona- 
Tis, nova vena, aortae primordialis venaeque ca- 
vae conjundtioni interponantur, Sed etiam polypi 
in aqua dulei reperti, cancri, lumbrici, cornua 
cervorum decidua et reparabilia, alia aninıalia de- 
monſtrant, pofle absque praefidio parati rudimenti 
partes animalis varias, nobilifimas , etiam fatis 
compofitas, reparari. Grave enim eft argumen- 
tum, quod a certiflima formatione partium ex ve- 
ro fluido fumitur, obfervata in animalibus, ubi 
gelatinofus humor fenfim infpiffatus , in dentem, 
in mufculum chelae cancri abit. Analogia planta- 
rum 


a Der "so: 
Wenn aber die Theile eines Thieres nach und nad) 
erzeuget werden ‚welcher mag derjenige feyn , der 
zuerſt entſteht? Beobachtet die Natur hierinne bey 
allen Thieren einerlen Geſetze, oder ift der Anfang 
verfihiedener Thiere.auc) verfchieden? Diefe Fragen 
laſſen fich zur Zeit noch mit. Feiner Gewißheit beants 
worten, theils, weil man bieher nur bey wenigen 
Arten von Thieren über die Erzeugung hat Beobad)= 
tungen anftellen koͤnnen, theils, weil die Frucht in 
ihren erften Anfange fo Elein ift, daß man fie meh. 
ventheils nicht einmal finden, geſchweige etwas Deut: 
liches darinne unterfcheiden Fann. Wenn man unr 
terdefien Die meiften Beobachtungen, welche über 
‚Die Zeugung der Thiere gemachet worden find, mit 
einander vergleicht : fo findet man, daß der Kopf, 
nebſt dem Nücfgrade ſich allemal, fobald man nur 
die Frucht hat wahrnehmen koͤnnen, am deutlichiten 


haben unterjcheiden laſſen *. Es fehlen aber indem 


eriten Anfange diefen Theilen alle Häute und Kos 
chen, welche Darinne angetroffen werden, und folg« 
lich beftehen fie alsdenn wahrſcheinlicher Weife bloß 
aus dem marfigten Weſen (e fubltantia medullari). 

| Diefes 


rum confentit, quibus manifefto ex fluido in cel. 
Iulofam fabricam denfato , lignum et einnis par- 
tim varietas fenfim ſtruitur: cum haec vis ad re- 
parandanı plantamı non foli femini infit, fed latif- 
fime in omnem arborem diffundatur, ut ex quali- 
‚bet particula radix et flos ipſe reparentur. 
® Deswegen fagt auch der Herr von „aller, 1. c. 
DCCCXXIX. fetus primo eit invifibilis, inde quan- 
do primum adparet , grandifimo capite corpore 
' parvo, artubus nullis &e. 


508 Gedanken von der Erzeugung 


Diefes Wefen alfo, welches in den meiſten — 
den groͤßten Theil des Kopfes fuͤllet, und durch den 
ganzen Ruͤckgrad fortgeht, ſcheint wenigſtens bey 
denjenigen, uͤber deren Erzeugung man bisher Er. 
fahrungen gemacht bat, das allererfte zu feyn, fo von 
der Frucht gebilder wird. Nicht nur die erwähnten 
Beobachtungen , fondern aud) folgende‘ Gründe, 
ſcheinen mir diefes zu beftätigen. 

Alle Bewegung bey dem Menfchen, und üder- 
haupt bey denjenigen Thieren, welche mit Gehirn 
verſehen ſind, ruͤhret von dem markigten Weſen im 
Gehirne und dem Ruͤckgrade her, weil von da aus 
dieſelbe durch die Nerven allen Muskeln und Thei- 
len des Körpers mitgetheilet wird *. Hat aber eis 
ne noch ungebohrene Frucht nicht gleichfalls thieri- 
ſſche Bewegungen? Sa, find diefelben nicht wahr— 
ſcheinlicher Weiſe die Urfache des allmähligen Wuch- 
fes, und der allmähligen Eneftehung der Frucht? 
Folglich iſt es auch aus dieſem Grunde, wie ich 
glaube, höchft wahrſcheinlich; daß das Mark zuerſt 
gebildet werde, und den übrigen se Bee 
zur Örundlage diene. 

Werfen wir ferner auf die Theile eines ehierifchen 
Körpers einige Blicke: fo finden wir, daß die Ner—⸗ 
ven, welche durch) den ganzen Körper zerſtreuet find, 
und alle Bewegungen und Empfindungen deſſelben 
‚ verurfachen , insgefamt aus dem marfigten Weſen 
entfpringen. Denn, indem das Marf des Gehirns 
durch eine Oeffnung aus dem Hirnfchädel „ in der 
Geſtalt eines Fadens heraus tritt, wird es ein Nerve 

genen⸗ 


| # de Haler, pr. lin, Phyfiol, CCCLXXX. 


genennet * on es alfo nicht faft gewiß, daß fein 
Rerve in einem ſich bildenden Thiere eher entſtehen 
fann, als bis das marfigte Wefen hervor gebracht 
ift? Ya, die oben angeführten Beobachtungen zei⸗ 
gen, daß felbft die Adern zuerft im Gehirne entſprin— 
gen. . Denn Malpighi entdeckte die Adern des Ge⸗ 
hirns in dem jungen Huhne cher, als alfe übrigen, 
und Hr. Kuhlemann unterfchled unter allen Adern, 

die Schlafpulsadern zuerft. 

Endlich, wenn das Gehirn aus einem andern. 
Theile des Körpers entitanden feyn ſollte, welchen 
Theil kann man wohl für fähig hierzu halten? ch 
glaube, keinen. Denn ich mag nehmen, welchen 
Theil ich will: fo finde ich aflezeit, daß die Gefäße 
und Canäle deffelben lange fo fein und ſubtil niche 
find, als diejenigen, welche ich im Gehirne antreffe. 

Wäre dasjenige richtig, was Sammel Coſter 
von einem ‚ohne Gehirn gebohrenen Knaben erzäh« 
let **, deffen Kopf mit Waffer erfüllet gemefen feyn 
fol, ſo wuͤrde es einen "wichtigen Einwurf gegen 
dasjenige abgeben, was id) eben als hoͤchſt wahr—⸗ 
ſcheinlich behauptet habe. Allein, obgleich Fonta⸗ 
nus und Corpus diefen Knaben gleichfalls geſehen 
zu haben, verfichern: fo fieht man doch, daß es nach 
alle dem, was uns die Anatomie und Dhnfiologie 
vom Gehirne lehren, ungereimt feyn würde zu glau⸗ 
ben, daß in dem ganzen Kopfe weiter nichts‘, als 
Er ' — waͤre. Vielmehr —* man ſagen, 


daß 


e Haller, 1. c. CCCLXX. 
/ mr in epiftol. ad Nicol. Fontanım, conſult et vefpont 
. Pag. 13. 


sıo Gedanken vonder Erzeugung 


daß das Gehirn fehr flein, weich, und mit fehr vie» 
len Feuchtigfeiten angefüllet gewefen fey.  Diefes 
aber ift nichts befonders , da wir bey verfehiedenen 
Krankheiten ähnliche Umftände antreffen,, und es 
widerfpricht auch der Meynung, daß das marfigte 
Weſen in einem Thiere zuerft gebildet werde, gar 
nicht. | IRRE 

Wir wollen alfo nunmehr unterfuchen, wie man’ 
ſich, allen den angeführten und andern Beobachtuns 
gen gemäß, die Erzeugung eines Ihieres vom Anz 
fange an vorzuftellen habe. Be 

Erftlich wird der männliche Saamen in die Mut: 
£erfcheide geworfen, und fleiget, wie einige glauben, 
gänzlich, oder, wie andere verfichern , bloß. feinen 
feineften und flüchtigften Theilchen nach, durch die. 
Mutter, und durch die Muttertrompeten zum Eyers 
flode. Diejenigen, welche das erftere behaupten, 
daß naͤmlich der ganze Saamen das Ey befruchte, 
führen an, daß man gleich nach dem Beyſchlafe bey 
Menfchen und Thieren die Muttertrompeten mit 
Saamen erfüllet gefunden habe, "Die, welche der 
Meynung zugethan find, daß bloß der feinefte Hauch 
des Saamens den Eherſtock erreichet, verfichern 
gleichfalls, daß fie bey ihren über verfchiedene Thie— 
re gemachten Wahrnehmungen, in der-Scheide zu« 
weilen eine Menge Saamen, in dem Mutterhalfe 
aber, und in der Mutter, niemals das allergeringfte 
Davon angetroffen habem *. Sie führen die unge 
- meine Enge und Beugungen des Murterhalfes und. 
| der 
. ® Kublemann, 1. e. F. XXVI ſeq. _ Harvey de gene- 
rat, vivipar. Graaf de mulier. genital, organis. 


* 


* 


der Thiere. ı5u 


der Trompeten, nebſt andern Umſtaͤnden, an, wel 
he, wenigftens bey gemwiffen Thieren , den Durch⸗ 
‚gang des. ganzen Saamens unmöglich zu machen 
fcheinen. Sie fagen, daß, da der Saamen ver 
meiften Thiere einen ungemein ſtarken und empfind⸗ 
lichen Gerud) hat, man hieraus erfenne, wie eine 
große, Menge fehr flüchtiger und feiner Theilchen er. 
bey fih führe, Ich empfinde mein Unvermögen viel 
zu ſehr, als. daß ich mich. unterftehen follte, in die 
fer Sache. einen entfcheidenden Yusfpruch zu wagen. 

‚Wenn alfo der Saamen oder. der feinefte Hauch 
deffelben an den Eyerſtock gelanget : fo Durchdringe 
er wahrfcheinlicher Weife Das Haͤutchen desjenigen 
Eyes, welches er zuerſt antrifft. Denn die ganze 
Veränderung, welche man nach einer fruchtbaren 
Begattung in dem Leibe der Fünftigen Mutter bea 
merfet ,,befteht darinn, daß wenigftens ein Ey nach, 
und nach aufſchwellet, und zuletzt einen Riß be— 
kommt *. Man findet zugleich, daß der darinne 
enthaltene Saft viel zaͤher und dicker wird, als er 
vorher war, und dieſe Verdickung, welche man un⸗ 
moͤglich etwas anderm, als dem männlichen Saa—⸗ 
men, zuſchreiben kann, ſcheint die einzige Urſache 
des Aufſchwellens und der Zerberſtung des Eyes zu 
ſeyn. Wenigſtens bemerket man am Waſſer, an 
den geſchmolzenen Metallen, und an andern fluͤßigen 
Koͤrpern, daß ſie, indem ſie ſich verdicken, zugleich 
einen groͤßern Kaum einnehmen und ſich ausdehnen, 
Außerdem hat man gefunden, daß der Gaft ei- 

nes noc) unbefruchteten Eyes, fobald man gereinig« 
| fen 
®. Kuhlemans, 1, c. $. XXVI fegg. 


52 Gedanken von DerErzeugung 





sen Weingeift auf das En gießt, "gleichfalls zaͤher 
wird, und eine Meng: von ungemein zarten und 
£leinen Faſern hervor bringt , Die auf dem Meng- 
ſel fhwimmen. Kann man hieraus nicht wahr: 
ſcheinlich fchliegen, daß dergleichen fleine und faft 
unfichtbare Fäden in dem befruchteten "Ehe vom 
männlichen Saamen gleichfalls erzeuget werden, die 
fich nach Art der anfhießenden Salze unter einander 
anziehen? Ya, da der Grundſtoff aller‘ thierifchen 
Körper entweder eine Fiber‘, oder eine unorganifche 
Materie ift*, was iſt der Matur gemäßer, als daß 
diefe Dinge zuerft erzeuget werden? 
Dieſer Schluß ſtimmet auch mit den’ oben ange: 
führten Erfährungen überein. Denn aus diefen 
folgete wahrfcheinlich, daß das markigte Wefen des 
Gehirns zuerft gebildet werde»; Diefes Wefen aber 
befteht aus lauter der Länge nach an einander liegen⸗ 
den parallelen, ungemein feinen und zarten Fafern **, 
Auf diefe Art-erheller auch, daß ſowol der Vater, 
als die Mutter, zu der Bildung der Frucht etwag 


 beytragen. "Denn die Geftalt und der innere Bau 


| des marfigten Wefens, welches zuerſt entſteht, koͤmmt 


auf den Bau der entſtehenden Faſern, und auf die 
Art an, nach welcher fie ſich unter einander anziehen. 
Beydes aber beruhet auf der Befchaffenbeit, und der 
innerlichen Drdnung der Theile derjenigen Materien, 
aus welchen die Fafern entftehen, gleichmwie die Bern 
fehiedenheit ver Fäden, welche die Inſecten vor ihrer 
Verwandlung fpinnen, bloß auf die Berfchiedenheit 
— NZ EIN der 

* Haller, prim. lin, Phyf. I. — 

** Haller, 1. c. CCCCXXXVAI. 


- 


RE 


ber Säfte atom, aus vwahen Se Füßen ent⸗ 
ſtehen. 
een: das Vornehmſie was ſich aus ieh! An— 
ziehen der Faſern unter einander herleiten laͤßt, 
ſcheint die Urfache zu ſeyn, warum man das Ges. 
bien faſt “aller Thiere In zwo ziemlich ähnliche und 
gleiche Theile zerlegen Fann. Denn wenn man fi ch 
ein gleichartiges füßiges Weſen in einem leeren 
Raume vorſtellet: fo iſt es klar daß daſſ elbe, ſo 
bald es in Ruhe kommt, die Geflalt einer’ Kugel —* 
halten muͤſſe, deren Mittelpunet der gemeinfchaftits 
che Mittelpunct der Schwere des ganzen flüßigen 
Weſens ift: weil bloß in diefem Falle alle Säulen . 
diefes Wefens, die man fich von der Oberfläche ve 
feiben bis an den Mittelpunet der Schwere vorftel: 
let, einander gleich, umd folglich, da das ganze We⸗ 
fen gleichartig ift, auch gleich ſchwer find, fo daß die 
‚eine in der andern gar feine Bewegungen hervor 
bringen kann. Nun find zwar die Säfte, dus de- 
nen das Gehirn erzeuget wird, in Feinem leeren 
Raume; da aber die Maffe, und folglich auch die 
‚Schwere derfelben in dem erften Anfange fo unge- 
mein geringe ift, und fie überdiefes in einem fluͤßi— 
gen Weſen ſchwimmen, welches fie rund umher gleich 
ſtark anzieht: ſo iſt es leicht einzufehen, daß die. 
Geſtalt, welche fie unter diefen Umftanden anneh— 
men, einer Kugel ungemein nahe fommen werde; 
ja, auch die Erfahrung lehret uns, daß der Kopf 
\einer Frucht in ihrem erften Anfange und ey, Da 
nun diefe Kugel aus Faſern befteht, welche parallel 
an einander liegen: ſo muß man ſie nothwendig in 
zwo Haͤlften theilen Rn. die ihrer Figur und 
er Dand, Kt dem 





514 Gedanken vonder Erzeugung 


dem, innerlichen Baue ‚nach einander "gleich find. 
Und ob gleich das Gehirn, indem es vermittelft der 
verfchiedenen Bewegungen der Säfte zwiſchen feinen 
Fibern nach und nad) waͤchſt, nachher feine Geftalt 
ſehr veraͤndert: ſo laͤßt ſich doch leicht begreifen, daß 
die beyden Haͤlften deſſelben, welche in dem erſten 
Anfange einander gleich waren, auch in der Folge 
‚einander mehrentheils ähnlich bleiben werden. 
Itzt will ich die Veränderungen des befruchteten 
Eyes weiter erzählen, . , Genaue Beobachtungen * 
lehren: daß, nachdem das Ey geborften , das dar— 
inn enthaltene flüßige Weſen ausfließe, und eine 
Zeitlang zwiſchen dem Eyerſtocke und dem Saume 
der Muttertrompete bleibe; daß man nad) der Zeit 
in der Trompete und in der Mutter felbft einen weiſ⸗ 
ſen klebrichten Saft antreffe, in welchem nachher ein 
ungemein zartes und feines Gewebe entſteht, welches 
ſich darauf in einen langen, hohlen, und mit etwas 
Safte angefuͤllten Faden verwandelt, in welchem 
man endlich das wahre Ey, das vorher unſichtbar 
war, und itzt mit einem durchſichtigen Safte anges 
fuͤllet ift, in deffen. Mitte das junge Thier ſchwimmt, 
wahrnimmt. Man fann, glaube ich, ‚hieraus mit 
der größten Wahrfcheinlichfeit fchließen, daß der 
Saft des befruchteten Eyes, welcher überhaupt ver⸗ 
dicket, nach ſeinen feineſten Theilchen aber in das 
marfigte Weſen des Fünftigen Thieres gebildet worz 
den ift, nach der Berfiung des Eyes ausfließe, und 
mehrentheils durch die Muttertrompete nach und 
nach in die Mutter gebracht werde: da ſich waͤhrend 
der 


* Kublemann, J. e. G. XXVI- L et . LXXXIII. 


der Thiere. 515. 


—* der ſchon gebildete Theil immer mehr und 


mehr auswickelt und waͤchſt, auch neue Theile des 
kuͤnftigen Thieres hervor bringt, Hierdurch wer 


den die Säfte, aus welchen ſich eigentlich das Thier 


bildet, ‚immer heller und-durchfichtiger , nachdem 
‚alle 3ä ihe- und undurchfichtige Theile darinne fich nach 
und nach in den thierifchen Körperchen vereiniget bas 
ben: fie erzeugen rund um fich herum ein feines 
Basen: und es entſteht auf diefe Art das wahre 
Ey Zu gleich bringen die übrigen Säfte ein zartes 
Gewebe hervor, das ſich gleichfalls nach und nach in 
eine Haut verwandelt. Kann das fluͤßige Weſen 
des befruchteten Eyes nicht bis in die Mutter kom— 


x 


men: fo wird das Thier entweder im Eyerſtocke, 


oder in der Trompefe erzeuget, wie man Davon ver» 


fhiedene Beyſpiele hat. 


Man mag aber dieſe Muthmaßung, von der Art, 
wie das wahre Ey in der Mutter entſteht, für ges 
gründet halten, oder nicht: fo. ſchadet beydes der 
Meynung nicht, Daß die Feucht nach und nach aus 
dem Gehirn erzeuget werde, und gleichſam hervor 
wachſe. Es läßt ſich auch die Moͤglichkeit einer ſol—⸗ 
chen allmaͤhligen Surfiebung aus unzähligen Bey⸗ 
fpielen zeigen. | 


Wenn das Bein eines Thieres yerbrischen it, und 
‚die Stüde, ſowol des Knechens, als der Beinhaut, 
ſtille liegen: fo ſchießen Krochenfaſern, jede nad) ih» 
rer Art, aus; flechten ſich durch einander ‚und brin⸗ 
gen auf Diefe Urt einen neuen Knochen hervor, Die 
— Naͤgel und — auf eine ähnlis 

1 Weife, 


Kk2 er N: 


sı6 Gedanken von bi Erzeugung 


Das Fleiſch und die Haut ergänzen fi ch bey Vers 

mwundungen befannter maßen gleichfalls. An einem 
Knaben zu Eleve, welchem das Gehirn ſehr beſchaͤ⸗ 
diget worden war, ſahe man deutlich, wie die klei— 
nen Aederchen aus der Subftanz des Gehirns nach 
und nach ein jartes Gewebe hervor brachten, das 
fich endlich in ein dünnes Haͤutchen verwandelte, und 
das Gehirn bedeckte *. 
Die Haͤuſer der Schnecken, die Geweihe der Hir⸗ 
ſche, die Scheeren der Krebſe, die Zweige der 
Pflanzen und Bäume, und fo viele andere organi. 
ſche Körper, entſtehen nach und nad) bloß aus Saͤf⸗ 
ten, welche durch andere organifche Körper bewes ger, 
und. verdicfet worden ſind. 

Und geben wir endlich auf die Polypen Achtung, 
fo fehen wir, daß ganze Thiere auf dieſe Art hervor 
gebracht werden, 

Aus allen diefen, und fehr vielen ähnlichen Erfah» 
rungen, fehließe ih: daß, wenn Außerliche Umftän- 
de es nicht hindern, allezeit ein organifcher Körper 
entftehe , fobald man folgende drey Umftände an. 
trifft: erftlich, daß ein,anderer organischer Körper 
da ift,, welcher den erftern hervor bringe ; ferner, 
daß fich durch denfelben Säfte bewegen, welche Theil. | 
chen enthalten, die denen ähnlich find, aus welchen 
er felbft zufammen gefegt ift. Drittens, daß die 
Roͤhrchen und Gefäße, aus denen nachher der neue 
örganifche Körper hervor keimet, ungemein klein und 


enge find; weil man fießt, ‚ daß folhe Theile, die 
q etwas 


* Abhandl. der ei „Set, der Wiſſenſch zu se | 
dem, 13h. 16 J 


der Thiere. 687 


etwas weite und große Roͤhren und Gefaͤße haben, 
als Fuͤße und Haͤnde an Menſchen, nicht wieder 
wachſen, nachdem man fie verloren hat. — Alle. 
drey Umftände , fühnte jemand einwenden, trifft 
man ja bey allen lebendigen Thieren und Pflanzen 
an. — DBemerfet man aber auch nicht, antworte 


ich, daß ſie beftändig neue organifche Körper ‚als. 
' Nägel, Haare, Zähne, Haut, Holz , Blätter u, 
fe hervor bringen? Und überhaupt gehen in den 


‚ meiften Theilen der Thiere und Pflanzen faft alle 
Augenblicke neue Veränderungen vor. Die feften 
werden durch das Reiben nach; und nach vernichtet, 
‚ die flüßigen dDünften aus, und es fommen altmäblig 

| andere Theile an beyder Stelle. Oft werden die er⸗ 
ſtern erweitert und verlängert ; ja, «8 entftehen zu⸗ 
weilen ſogar neue feſte Theile. Daher waͤchſt der 
Menſch anfangs in die Laͤnge, nachher i in die Dice, 
und verändert ſich fein ganzes Leben hindurch. 

' Diefe Schlüffe wollen wir auf das Gehirn eines 
entftehenden Thieres anwenden, Es ift daffelbe or⸗ 
ganiſch, weil es aus ungemein zarten Faſern in eis 
ner gewiffen Ordnung gebauet iſt; es beweget fich 
durch dafielbe ein flüßiges Wefen, aus welchem es 
ſelbſt entitanden ift; und feine Gefäße und Röhrchen 
find unglaublid) enge und fein. , Finden wir bier 
nicht alles, was zu Hervorbringung neuer organ 
ſcher Theile erfordert wird? | 

Unterdeſſen behaupte id) nicht, daß ein jeher Theil 
des jungen Thieres bloß durch Das Gehirn erzeuget 
werde.  Derjenige Theil, welchen es zuerft hervor 
bringt , mag befchaffen ſeyn, wie man will: ſo iſt 
er r doc) ‚ wie aus dem: Vorhergehenden erhellet, 

Kk 3 | eben 


\ 


518 Gedanken von der Erzeugung 


- eben fo geſchickt, neue organiſche Theile hervor zu 
bringen, als das Gehirn ſelbſt. Alſo koͤnnen, wenn 
nachher ein neuer Theil entſteht, alle, oder mur. eis 
nige der ſchon vorher in der Frucht befindlichen Theis 
te, etwas, "und vielleicht das Gehirn gar nichts, u 
deffen Hervorbringung beygetragen haben. 
Wie aber aus den durch das Gehirn bewegten 

- Gäften neue Theile entfpringen, läßt fich gleichfalls 
einigernraßen begreifen. Diefe Säfte werden ver- 
muthlich anfangs bloß von der natürlichen Wärme 
der Mutter in Bewegung gefeßt , und Durch Die 
Roͤhrchen des neu entftandenen Gehirns getrieben. 
Dafelbft verlieren fie, wegen der ungemeinen Enge 
dieſer Röhrchen , Durd) das Reiben, überaus viel 
von ihrer Geſchwindigkeit, welche ohnedem in dem 
erften Anfange fehr geringe zu feym ſcheint. Daher 
haben die in dem flüßigen Wefen enthaltenen Theil- 
chen Zeit, von den ähnlichen Theilchen, aus wel⸗ 
en die Röhrchen beftehen , angezogen zu werben, 
und ſich an Diefelben anzuhangen , da indeflen das 
‚übrige Fluͤßige durchgeht. Auf dieſe Art werden 
die Röhrchen felbft ſeſter gemacht , und verlängern 
fih. Die verlängerten Theilchen ziehen fich aufs’ 
neue unfer einander an, und werden dadurch in vie 
fe immer größere und flärfere Canale und Gefäße 
vereiniget. Ja, da ein großer Theil der Kraft, 
mit welcher das flüßige Wefen durch diefe Canaͤle 
beweget wird, ſelbſt in die Canaͤle wirket, welche 
anfangs ungemein weich und zart find, fo if klar, 
daß dieſelben dadurch verſchiedene Beugungen und: 
Figuren erhalten, ja zuweilen gar zerreißen werden. 
gr aber. ſcheint u Bewegung: auc) "de 
ache 


Ba der ira Sg 


ſache der enlindrifchen oder Fonifcher Figur der Ca: 
näle zu ſeyn, indem alle Theile eines folchen Canals 
von dem durchgehenden‘ fläßigen Wefen gleich flarf 
gedruͤcket werden *. 

Da ferner die Roͤhrchen des j jungen Thieres nicht 

ohne Zwiſchenraͤumchen, ſondern mit vielen kleinen 
Oeffnungen an den Seiten verſehen ſind: ſo gehen 
viele Theilchen des bewegten Saftes durch dieſe Oeff⸗ 
nungen heraus, ſetzen neue Faſern an, und machen 
alſo nach und nach einen neuen Canal zur Seite, 
Dieſer bekoͤmmt auf eben dieſe Weiſe neue Seiten. 
roͤhrchen, und alſo vertheilet ſich ein jeder Canal, wie 
der Stamm eines Baumes, in unzaͤhlig viele immer 
kleinere Aeſte. Die Beugungen, welche die zarten 
Röhrchen anfangs durch ihr Anziehen unter einan⸗ 
der und auf andere Art erhalten, ja.felbft die vers 
fehiedene Gefchwindigfeit der verfchiedenen Theilchen 
des durchgehenden flüßigen Weſens, welche nichts 
weniger, als Durch und durch gleichartig, fondern von 
ganz verfchiedener Befchaffenheit find, feheinen zu dies 
fer Hervorbringung der Seitenäfte auch ehr viel bey⸗ 
zutragen. 

Nachdem das Thier auf dieſe Art immer neue 
Theil⸗ erhaͤlt, und waͤchſt, ſo wird zu gleicher Zeit 
die Bewegung ſeiner Saͤfte immer ſtaͤrker. Denn 

theils verlieren dieſelben immer weniger von ihrer Ges 
ſchwindigkeit, je weiter die Röhrchen werden, durch 
welche fie fid) bewegen ; theils werden ſie nunmehr 
durch die verfchiedenen neuen Gefäße und Canaͤle des 
| Zhieres auf — Art abgeſondert und gerei⸗ 

Kka4 iger, 
6 Bernoulli —— Sect. XII. 





| s20 Gedanken von der Erzeugung | 


niget, wodurch Die feineſten Theilchen derſelben zur 
Bewegung ungemein viel geſchickter gemacht werben, 
als fie es vorher waren, da fie fich noch mit den groͤ⸗ 
bern vermifcht befanden ; theils bringen verfchiedene _ 
von dem entſtandenen Theilen;, und vornehmlich die 
Nerven/ wegen ihrer ungemeinen Empfindlichkeit und 
Federkraft, immer neue Bewegungen hervor. Bes 
fonders aber scheine hier das Herz des jungen. Thies 
‚res, welches beynahe der erfte Theil ift; der aus dem 
marfigten' Wefen entſteht, maͤchſt dieſem Weſen, das 
meiſte zu thun. Und da das Herz, nebft dem Ko: 
pfe, nach Proportion um deſto groͤßer iſt, da alle 
Theile überhaupt um deſto zaͤrtlicher, empfindlicher, 
und leichter. auszudehnen find, jejünger das Thier iſt, 
darf man ſich wohl uͤber den ſchnellen Wuchs * 
noch ungebohrenen Thieres wundern? con" 

Ich habe oben die wahrfcheinliche Unfachergegeigt, 
warum das Gehirn faft bey allen Thieren zwo aͤhnli⸗ 
che. Hälften hat. Es folget aber hieraus, daß auch) 
in dem Theile, welchen das Gehirn zuerſt hervor 
bringt, dasjenige, was von der einen Hälftesdeflelben 
entfprungen iſt, demjenigen mehrentheils ähnlich feyn 
werde, fo bie andere Hälfte erzeugt hat. Iſt dieſes 
nicht die. Urſache, daß alle Theile eines thieriſchen 
Körpers entweder doppelt find, oder ſich doch in zwo 
ziemlich ähnliche Hälften zerlegen laffen?: 

. Ferner wird der Bau ʒweyer Thiere mehrentheils | 
um defto verfchiedener feyn, je werfchiedener ihr Ges 
hirn ift, ‚weil aus demſelben der ganze Körper nad) 

und nad). entſteht. Diefe Anmerkung ſtimmet mit 
den Sriabaonue des —— Willis* a 
Wwohl 

Anatome Cerebri T Bone Wilifi fi, Cap. V. 


- 


a Eee SE 


\ 
⸗ 


522 Gedanken vonder Erzeugung x 


> wieder Stüde von Knochen anſetzet, Die: zuleßt zus | 
ſammen ftoßen. -Daher hat man auch, Krankheiten, | 
welche die härteften Knochen in Knorpel * Galler⸗ 
te auflöfen *, 

Was ift die Urſache der Berfchiebenheit der Ges 
ſchlechter ?- Siege der Grund davon im Gehirne, oder, 
nicht? Warum haben die meiften Thiere zweh, eis 
nige, als die Bienen, drey Gefchlehter? Und wars 
unm find andere Zwitter? Ich geitehe es offenherzig, - 
und geftehe es gerne, Daß ich von allen diefen Din— 
gen, und von vielen andern ähnlichen jebr 5 
Umſtaͤnden nichts begreife. 


Ins Sunre der Natur dringt Fein Eſhaffner 


Geiſt. 
‚Zu glücklich ! dem fi fie noch de äufee Schale 
weiſt 


Ungegruͤndete Muthmaßungen ſtatt — Beant⸗ 
wortung dieſer Fragen zu erdenken, wuͤrde mir viels 
leicht wenige Muͤhe gekoſtet haben. Ich glaubte 
aber: meine Zeit auf nuͤtzlichere zeſchaͤfftigungen wen⸗ 
den; zu koͤnnen, und uͤberdem iſt dieſe Abhandlung oh⸗ 
nehin ſchon länger gerathen, g6 ich mir es im An⸗ 
fange vorgeftellet hatte, EN 
*Etwas Aehnliches that der — unter den 


Renten des Lord — *2 — —* A — round 
the World, * 





I W.% 


„ERPRER | ie an. 523 
Pe EEE EZ zz 
uk en a. 
er Abhandlung 

von 
der ei ; von welcher man dor fm 
in 


England. das Jahr 
| angefangen hat. | 


Aus dem londener Magazin, Novemb. 1759. 
590 ©. ae, 


Mein Herr, 


D ich ee bey, feinem von den neuern Schriſt⸗ 
ſtellern eine Unterſuchung der Zeit, von wel⸗ 
cher unſere Vorfahren ihr Jahr angefangen 
haben, ‚weder beyläufig:,. noch befonders abgehans 
delt, angetroffen habe: fo wird eine hiſtoriſche An-⸗ 
wendung der Stellen unferer alten Geſchichtſchrei⸗ 
ber, welche zur Erläuterung diefes Puncts dienen 
koͤnnen, verfchiedenen von Ihren Leſern nicht unans 
genehm feyn, indem eine Einſicht hierinnen, ſehr noͤ⸗ 


thig iſt, verſchiedene Stellen in der engliſchen Ge⸗ — 


ſchichte zu erklaͤren. 


Von den Zeiten des Beda an, "Geflänbig bis zu 
der Eroberung der Normaͤnner, ſcheint Die ger 
woͤhnli⸗ 


24 Dom ehemafigen Anfange 


wöhnliche Art der Jahresrechnung von dem Weih⸗ 
nachtsfeſte an geweſen zu ſeyn. Denn Beda (Hift. 
V. 23.) ſetzt den Jenner fehe deutlich in den Anfang: 
des Jahres. Er ſetzt den Tod Bererwalds, Erz. 
biſchoffs von Canterbury, auf die dus des Jen⸗ 
ners, ins Jahr 731. nach C. ©. und berichtet uns fer« 
ner, daß Tatwoin am nächftfolgenden roten Junius 
an feine Stelle eingeweihet worden, welthesein deut · 
licher Beweis iſt, daß der Jenner zu dieſer Zeit ei⸗ 
ner von den erſten Monaten war, da der Junius in 
eben demſelben Jahre auf ihn folget. Die ſaͤchſiſche 
Chronike faͤngt das Jahr von der Geburt unfers 
Heilandes an. Man ſehe die Jahre nach C. Geb. 
763. 827. 963. 1066 u, f. w. bis völlig ang Ende. 
Nach der Eroberung, merket Gervaſius ein 
Moͤnch zu Canterbury, in der Vorrede zu feiner 
Ehronife (Gerv. Doroborn. int. X. feript.. Col, 1336. 
uf.) verfchiedene Arten vet Jahresrechnung an, die 
zu feiner Zeit, das ift, am Ende des zwölften „oder 
zu Anfange des Dreyzehnten Jahrhunderts gewoͤhn ⸗ 
Lich) gewefen. « Er ſaget: einige rechneten von dem 
Hefte der Verfündigung an; andere von Weihnad)- 
ten; andere vom Fefte ber‘ Befchneidung , und noch 
andere von dem Leiden unſers Heilandes Das 
Sonnenjahr, fährt er fort: fängt nad) dem Ges. 
brauche der Roͤmer und der Kirche Gottes, vom er⸗ 
ſten Jenner an; allein, er will Lieber den Anfang 
deffelben, Auf den Chriſttag ſetzen, ‚weil (eben das 
„‚felbft 1418, 50) wir das ‚Alter der Menfchen von 
„dem Tage ihrer Geburt an, zu berechnen pflegen. 
Dieſes zeiget, daß zu den Zeiten des Bervafius . 
feine SENT das Jahr zu * ka 
| etzt 


xX 


des Jahres in England. 325 
fest war, und dierfolgende Beobachtumg beftätiget 
dieſes, nicht allein zu feinen Zeiten, fondern auch 
noch verfchiedene Jahrhunderte nach ihm, Mat⸗ 
thaͤus Paris, (f. Watts Ausgabe, 5 S.) Mat⸗ 
thaͤus von [Defimünfter, (25 8.) Rslpb. 
von Dicero, (in den X. feriptor. Col. 480.) und 
Polydorus Dergilius (150 ©.) fegen die Krönung 


Wilhelm des Eröberers auf den Chrifttag nad) 


C. ©. 1667, das ift: diefe Schriftfteller fangen ihr 
neues Jahr von diefem Tage an, mwenigftens in dies 
fem alle hier; da im Gegentheile T. Walſing⸗ 
bam (Hypodigma Neuftriae, p. 436:) R. Hove⸗ 
den (258 5.) und Bromton (imX. [cript. Col. 961.) 
diefelbe fammtlich auf den Chriſttag im J. C. 1066, 
fegen, welches beweifet, daß fie bier an diefem Orte 


das Jahr erft nad) diefem Tage anfangen. Mat⸗ 


tbäus von Weſtmuͤnſter (268 S. ad ann. 1209.) 


beobachtet diefen Unterfchied der Schriftiteller, denn 
er merfet an: „daß, weil König Tobanns Sohn, 


„welche die Schriftiteller insgemein zwoifchen das 


„alte und neye Jahr fegen, (in confinio anni 


„praeteriti et füturi,) fegen einige feine Geburt ing 
Jahr 1209, andere aber in das vorhergehende. ,, 
Allein man darf fich nicht wundern, daß verfchiedene 
Schriftfteller in diefem Stuͤcke von einander abges 
ben, da Thom, Walſingham, , einer von unfern 
richtigften Geſchichtſchreibern, unter denen die Mon« 


che gemwefen find, niche allezeit von einerley Tage am 


rechnet. Bey dieſer Begebenheit fängt er das Jahr 
nicht eber, als vom Feſte der Befihneidung an, uns 
+ ton 


„in den Weihnachtsfeyertagen gebobren worden, - 


— 


2 526- Vom ehemaligen Anfange 


ten werden wir ſehen, daß er es zuwenn von Weiße 
nachten an rechnet, 

Diefem zuletzt erwaͤhnten Schriftfleler zu Fol, ge, 
welcher im funfjehnten Jahrhunderte lebete, wurde 
Eduard der I. am 2oſten Jenner König, (Hit. 
Angl. 126 ©.) und ließ Sonntags den ıflen Hors 
nung 1327. dem Bolfe den Frieden verkuͤndigen, das 

iſt, wie ich es verſtehe, einen —— be⸗ 
kannt machen. Nun aber wird durch die be ondere 
Anmerkung den ıften Hornung, welches ein Sonn: 
tag war, Die Zeit alfo beftimmet, die wir vor der legtern‘ 


Beränderung des Styls durch 2° , und nicht I 


würden angezeigef haben; folglich ift diefes ein ‘Des 
weis, daß er den Jenner und Hornung in den Ans 
fang des Jahres feste. Wenn ſich jemand die Mil» 
be geben will, den Sonntagsbuchſtaben auszurech— 

nen: fo wird er finden, daß er für diefes Jahr D. 

ift, welcher Buchftabe in dem Calender bey dem er- 
ften Hornung ftebt, und folglich beweiſet, daß er 
- damals auf einen Sonntag gefallen. \ 


Eben diefer Gefchichefchreiber berichtet ung, (ſiehe 
eben daf. 382 ©.) daß Heinrich der IV. das Weih⸗ 
nachtsfeft im Sabre 1413. zu Eltham gehalten; daß 
er den 2ojlen des nächfifolgenden Märzmonats ge= 
ftörben, und daß fein Sohn am Paffionsfonntage 
den sten April eben diefes Jahres gekroͤnet worden, 
welches nur allein mit dem Jahre 1413. überein 
koͤmmt, da der Oſtertag wirklich auf den 23ten April 
fiel. Hier rechnet unſer Schriftfteller ven Anfang, 
des Jahres von Weihnachten an, ob er gleich, wie 
—— gemeldet worden, daſſelbe, wenn er — der 

vos - 


Y 





des Jahres in England, a7 


nung Wilhelms des Eroberers redet, erft von 

em Feſie der Beſchneidung anfaͤng gt Sollen wir 
fagen, Daß er in feinem Hypodigına Neuftriae, alg 
ein Normann fehreibt, und daß diefelben das Jahr 
erſt vom Feſte der Beſchneidung anfiengen; da er 
hingegen in ſeiner Geſchichte von England, als ein 
Englaͤnder ſchreibt, die zu ſeiner Zeit das Jahr 
durchgaͤngig von Weihnachten an rechneten. | 

Bis hieher hat fich noch in Feinen von unfern ale 
ten Gefchichtichreibern etwas von unferer letztern Ges 
wohnheit, von dem Berfündigungsfefte an zu rech- 
nen, gefunden, ausgenommen die bloße Erwäh- 
nung davon beym Bervafius. Man hat gute Ur» 
fachen zu glauben, daß fie erft beym Anfange der 
Megierung des König Eduards des IV. aufgefom« 
men ift; Denn der Fortſetzer der Geſchichte der Abtey 
Eroyland, fcheint nicht überall in feinem Anfan- 
ge des Jahres genau zu feyn, das er zumeilen vom 
Sefte der Befchneidung, manchmal aber vom Fefte 
der Berfündigung anfängt. Er meldet den Tod 
Richards, Herzogs von Nork, der in der Weih- 
nachtswoche ‚ eben am Ende bes Jahres 1460 ers 
folge wäre, (ejusdem anni jam ad terminum ver- 
gente curriculo „ p. 530. J. 52. ed. Oxon. 1684.) 
welches anzeiget, daß er bier das Jahr mit dem 
Monate December befchließt , und gleichwol zwo 
Geiten weiter, (p. 532. J. 27.) rechnet er. den folgen« 
den Monat März zu eben diefem Jahre, welches 


ein Beweis ift, Daß er es in diefem legtern Falle, 


nicht eher, als von dem DVerfündigungsfeite an: 
fängt, und dieſe Untichtigfeit fcheint den. Anfang 
dieſes Gebrauches anzugeigen ‚ denn er bedienet fic) 
| beyder 


528 Vom ehemaligen Oinfange — 


beyder Rechnungen ohne Unfeefchied an 1 befehiebe 


Monate Kenner an, (p- 541.) und endiget das Jahr 
1469. nicht, eher, * als nach eben dieſem Monate. 


(p. 544) 

2 Aare Chandler) welcher von 1458 bis 1463 
Ranzler zu Oxford war, (f. Woods Hift. und 
Ant. Oxon, IT, 410.) in feiner kurzen Erzählung von 
Wilhelm von Wiekham, welche Wharton 
(Angl. facra II, 355.) be ausgegeben, range fein Jahr 
mit dem Feſte der Verkündigung an. 

Ohngefaͤhr funfzehm bis fechzehn Jahr hernach, 
ſcheint dieſe Gewohnheit völlig eingefuͤhret geweſen 
zu ſeyn; denn ein anderer Fortſetzer der Geſchichte 
der Abtey Croyland, welcher um dieſe Zeit ſchrieb, 

- rechnet beſtaͤndig vom Feſte der Verkündigung an, 
und (©. 552.) bey dem Jahre 1469. giebt er die Ur: 
fache des Unterfchieds der Jahresrechnung an, zwi⸗ 
‚schen denen zwo Kirchen, der roͤmiſchen und der eng⸗ 
üſchen, und gedenket diefer letztern, als einer nur 
bier allein gebräuchlichen. 
Der Bifhof Godwin fängt zwar | in öl 
Jahrbuͤchern, Die er 150 Jahre nach der Zeit, von 
der wir jego geredet haben, gefchrieben hat, fein 
Jahr vom ıflen Jenner an, (Anni hujus, 1511. pri- 
mo-Die, ipfis videlicet Cälendis Januarii) allein es- 
ift zu merken, daß er dieſelben zum Gebrauche der 
Auslaͤnder gefehrieben , welche Feine andere Are der 
Jahresrechnung gewohnt waren. 

Bey der Reformation wurde ſowol durch die 
weltliche, als geiftliche Macht verordnet, den An- 


fang des Jahres auf das Feſt der Berfündigung feſt 
zu 





v4 


des Jahres inEngland, 529 


zu feßen, - mie Hinzuſetzung folgender Nachricht in 
den Galender, unmittelbar nad) der Tafel ver be: 
weglichen Sefte auf vierzig Jahre, naͤmlich: „Man 


„merfe, dag die Berechnung des jahres unfers. 
„Heilandes, in der englifchen Kirche, vom 25ften 


„zuge des Märzmonates anfängt, von welchem Tas 
„ge man annimmt, daß er der erſte gewefen, an wel— 
„chem die Welt gefchaffen, und der Tag, an wel. 
„chem Ehrifius im Leibe der Jungfrau Maria ems 
„‚pfangen worden. Welches auch ſo ſtehen blieb, 
bis zu der ſogenannten Savoyconferenz, bald nach 
der Wiederherſtellung der koͤniglichen Regierung, da 
man es zu Erhaltung der Ordnung für rathſam biel» 
fe, und die deswegen angeführte Urſache wegließ, 


‚und diefe Berfaffung behielt man bey , bis zu der 


legten Berbefferung des Calenders durch das Parla- 
ment, welche den Anfang des Jahres auf den ıften 
Jenner zurück feget; und diefes ift auch die einzige 
gefegmäßige Beſtimmung deffelben bey meltlichen 


Geſchaͤfften, die ich angetroffen habe; denn die oben- 


angeführte Nachricht, beſtimmet bloß die: Jahres» 
rechnung Der englifchen Kirche, und ſaget nichts von 
der weltlichen Verfaſſung, bey welcher niemals ein 
anderes Datum, als die Rechnung nad) den Jah— 
ren der Regierung der Könige , bis nach deren 
Wiederberftellung,, nicht einmal bey Urkunden 
im gemeinen geben, üblich-gemwefen zu fenn feheint, 
Während der angemafeten Regierung Olivier 
Crommells, fcheint es, daß man die Jahre un 
ſers Heilandes eingeführet hat, weil man nicht nad) 
‚den Jahren der Negierung des Königs rechnen woll⸗ 
te, und Daß man in folgender Zeit, ohne Darjwis 
24 Band. 21 


ſchen⸗ 


530 Dom ehemaligen Anfangese. 


ſchenkunft einer gefegmäßigen Gewalt, bloß wegen 
der Bequemlichkeit, diefes beybebalten hat. Ich 
Habe verfchiedene Urkunden von ältern , als dieſen 
Zeiten gefehen, in welchen die Jahrzahl nicht: in 
denenſelben felbft, fondern in den Anfangsbuchfta« 

ben auf folgende Art gefegt ift: 


(1584 This Indenture &e. (Diefe Urfunde:c.) 


Unfere Nachbarn, die Schottlaͤnder haben ſeit 
undenklichen Zeiten, unveraͤnderlich beobachtet, den 
25ſten Maͤrz, als den erſten Tag des Jah— 
res anzunehmen, bis auf den 27ften Novemb. 1599. 
da folgender Eingang in die Bücher des geheimen 
Raths gefegt wurde: Am Montage ift eine Ders 
ordnung auf Befehl des Königs ergangen, 
wodurch anbefoblen wird, daß ıns Künftige 
der erfte "Jenner der Anfang des neuen Jah⸗ 
res ſeyn foll; melches fie auch feitdem unverändert 
beobachtet haben. Ich binꝛe. 


Den ıgten Detober, 
1759 


—X 


Ss u 


V. Anato⸗ 


"sel A 531 
KR 
* V. — 
Anatomiſche und phyſikaliſche 
Bemerkungen 
uͤber eine Art 
von einem bey Ceuta gefangenen, 
und den sten April 1757. 
nach Montpellier 


gebrachten Seehunde‘, 


Angeftellet, 


und der koͤnigl. Geſellſ. der Wiſſ. zu ud 
überreicher, 


von Herrn Goyeau, 


der Arztneywiſſenſchaft Doctorn in befagter Stadt 
"Aus dem 
Mercure de France, Dee. 1757. ©, 126140, übere 
feßt, und mit J9 erläutert, | 


D. Joh ER K 





Befhreibung der —J—— Teile, | 


L rdeti nennt dieſen Fiſch Squalus cinereüs; 
bey andern heißt er eine Felskatze. Sei⸗ 
ner ei hat er eine Aehnlichkeit 

init 


"6 Ser Geehund, Fiſchhund, Robbe, Seekalb, Meer⸗ 


kalb, oder Meerwolf, wird im Lateiniſchen Canis 
marinus, 


532 Don einem bey Ceuta - J 
mit demjenigen, welchen Rondelet unter dem Na— 
men Galeus glaucus beſchreibt. N. 
marinus, Phoca, oder Phocas, Tiburo und Car- 
charias, genannt. Mir find folgende zum Theil‘ 
Tefenswürdige Nachrichten und Befchreibungen da⸗ 
von befannt geworden. Nachricht von dem Fiſch 
Carcharias, oder Seebund, ſteht in den breßl. 
Samml. XVIDerf. Jun. 1721. Cl. IV, Art.ır. Ei⸗ 
gentliche Abbildung und Sefchreibung des febr 
großen Sifches , welcher bey Neapolis einen Fi⸗ 
ſcher verſchlungen, und den 6ten Sun. 1721. auf 
„eine fonderbare Art gefangen worden, iſt 1721. 
zu Berlin in 4. heraus gefommen. Catopardi, 
Phocae et Elephanti ciflerna, et canalis tboracicus, 
primum detectus a Jo. Ge. DUVERNOI, ſteht in 
dem Comment. Acad, Scient. Imper. Pesropolit. To. 
I. ad A. 1726. ©. 343: 350. und wird in den AP. 
Erud. Lipf. A. 1729. M. O8. G. 434 $. recenfiret. 
- ob. Sam, Haller handelt in feiner zu Berlin 1757. 
in 8. herausgegebenen Naturgeſchichte der Thie= 
re, ©. 579 :583. von diefem Geſchoͤpfe. Don ei= 
nem lebendigen Seegunde, ſiehe Hanovs Selten- 
beit der Natur und Gecon. Tb. I, ©. 475 ff. 
Phil. Jar. Hartmann hat eine Differfatiomvon 4 
Quartbogen de vitulo marino , nebſt dem Refpon- 
denten, Mich. Sriedr, Chormann, 1683: zu Koͤ⸗ 
nigsberg gefchrieben. Jac. Theod. KLEIN biflo- 
riae pifcium naturalis promovendae Miſſus fecun- 
dus: accefferunt fingularia de I. dentibus balaena- - 
rum et elephantinis: II. lapide Manati et Tiburo- 
nis, iſt 1741. zu Dansig auf 6 Duartbogen, nebſt 
4 Kupfert. heraus gekommen. Job. Adam Kul- 
mus anatomifche. Beſchreibung der Seebunde, iſt 
im ıoten Art: de? erffen Supplements der brefl. 
Sammlungen anzutreffen. Eben Ddeffelben ana- 
' 20me Phocae, ift im erſten Vol, der Ador. phyf; 
—ûu— 1. De vn: med. % 


4 


gefangenen Seehimde. 533 


Er ift vom Kopfe bis auf den Schwanz 16 Fuß 
lang. Sein Umfang beträgt 8 Zuß *. Die Haut. 
Uri RR ade 


+ 


fieht 
med. Acad. N. C. in der zten Dbferv. und unter 
dem Sitel: Anstomie eines Meerkalbes, ind 
Deutfche überfegt, alg eine Einleitung vor Geor— 
ge Wilh. Stellers ausführlichen Beſchreibung 
von fonderbaren Meerthieren, welche 1753. zu 


Halle in groß Octav and Licht getreten, ©: 1:35. 


nebft einer Abbildung anzutreffen. Obfervation fur 
un organe particulier da Chien de Mer, par Mr. 
LAMORIER, ſteht in ber Hifloire de P Acad. d. 


" Se. .4 Paris, vom Jahre 1742. ©. 32f. Carl Sr, 


Mienanders Diff. de arte coquendi adipem Phoca- 
rum in Oftrobothnia ,_iff 1747: -in Duart zu Abo 
aedruckt worden. Jac. Parfon’s auatome Pharae, 


ſteht in No. 469. der Philofophical- Transadions. 


Günth. Epb. SCHELHAMMERI Pbocae maris a- 


‚natome , fufeepta Menfe Dec. 1609. ftebt im Append, 


zum 7ten und gten Sabre der zten Decurie der 
Ephem. Nat. Cur. in der. ısten bis 29ſten Dbferv. 


Ge. SEGERI anatome Phocae foemellse junioris, 


ſteht in den Mife. N. C. A. 1678 et 1679. inder ggten 


Obſerv. M. A. SEVERINI antiperipateticns, it. 


Pboca anatomice ſpectatus, kam zu Neapel 1659. 
in Solio heraus. J. ©. Siegesbed Anmerkung 
über die denen Annalibus medico- phyfiis, P. XVI, 
p. O5. inferiete Relation von dem Fiſche Carcha- 
rias , und zugleich über die beygefügte Mfeynung 
der Gelehrten, Daß der Prophet Jonas von kei— 


‚nem Wallfifche, fondern vielmebe von einem fol- 


chen Raubfiſche Carcharia , verfchlungen worz 


den, ffeht in den breßl Samml. XXXI Verſuch, 


Jan. 1725. Cl. IV. Art. 10. Nic. Steno liefert in 


. feinem Specimine Myologiae, eine vortreffliche Zerz 


gliederung diefes Thieres. Ueberf. 


* Herr I. S: Haller, theilet in feiner oben angeführ: 
ten Naturgeſchichte der Thiere, die Meerkaͤlber 


in 


534 Don einem bey Ceuta 


ſieht afhgrau aus , und iſt etwas ſcharf. Han 
Fann leßteres leicht fühlen, wenn man mit der Hand 
vom Schwanze nad) dem Kopfe herauf fährt. Er. 
hat acht Floßfedern; zwo davon find bey den Ohren, 
3100 auf dem Nücen, zwo am Bauche ‚ eine andere 
befindet fic) jenfeits des Hintern, und eine macht das 
Ende des Schwanzes aus. 

2. Die beyven erftern, welche man Bruſtfloßfe⸗ 
dern nennet, ſind drey Fuß lang. Auf jeglicher 
Seite liegt eine ‚ bey dem legten Dhre, Sie haben 
eine Aehnlichkeit mit den Flügeln der Vögel, und 
hängen vermittelt eines in Anſehung ihrer Größe 
feinen Stiels am Körper. 

. Die Bauchfloßfedern find unten am Bauche 
Geinbtich : ; an jeder Geite des Hintern ſteht eine. 
Sie machen dafelbft eine Art von aufgeworfenem 
ande, der wie ein erhabener Rand bey großen Lip⸗ 
pen ausfieht. Eie find einen Fuß groß, und ftehen 
viertehalb Fuß von denen Bruſtfloßfedern ab. 
Ihre Figur iſt wie ein laͤnglich gezogenes Br 

4. Auf 
in Anſehung ihrer Größe in drey — ab; 
»1) Größte Meerfälber, größer , als ein Landoch- 
„fe, einige zo Schuhe fang, 7 breit, auf den an⸗ 
„‚tillifchen Eilanden. Sie finden fich im morgen⸗ 
„Ländiichen Meere, von 56 bis 59 Graben. 2) Mitts 
„tere Größe. Gie find mit vielen Eleinen Flecken 

“0 »getygert. 3) Die Eleineften , oder oeeaniſchen 
„Meerkälber, mit graufalbem oder gelblichem Hans 
„ren am-Rücen. Hinterwaͤrts führen fie einen 
„aroßen Faffanienbraunen Flecken, der den dritten 
„Theil des Keibes einnimmt. Sind die gemeinften, 
„und überafl zu finden. 4) Die filberfarbenen 
„Meerkälber in den füßen Gewaͤſſern, baben nur 
„eine Farbe, ohne gefleckt zu fepn. „ — 


‚ gefangenen Seehunde. 535 


4. Auf dem zwiſchen diefen beyden Floßfedern 
und dem Schwanze befindlichen Raume, ſitzt die 
Floßfeder des Hintern, und zwar nur eine. Sie 
iſt eben fo, wie die Bauchfloßfedern geſtaltet, und 
iſt etwas über einen halben Fuß groß. 

5. Auf dem Rücken befinden ſich zwo, welche mit 
den vorigen gleiche Geſtalt haben; bloß darinne find 
fie von ihnen verfchieden, daß der obere und untere 
Rand etwas gefranzet ift. Die erftere, welche drey 
Fuß vom Ende des Mauls abſteht, ift dem zwi— 
fhen den Brufts und Bauchfloßfedern befindlichen 
Raume gerade gegen über, und ift ein und zwanzig 
Zoll groß. 5 | 

Die zwote fteht fieben Fuß von der erftern ab, ift 
der Floßfeder des Hintern gegen über, und beynahe 
einen halben Fuß groß. _ 

Sie find alle achte Fnorplicht, und haben innwens 
dig weder Knochen noch Gräte. 

Anmerkung. Wenn mandie Baud und Hins 
eerfloßfedern mit den Floßfedern des Ruͤckens vers 
gleiche , ſtehen fie gleichfam in einem umgekehrten 
Berhältniß der Größe gegen einander , dergeftalt, 
daß die erfte Floßfeder auf dem Ruͤcken größer iſt, 
als die beyden Bauchfloßfedern; und die zwote deg 
Ruͤckens fleiner, als die am Hintern. | 

6. Der Schwan; ift vlereckigt, und endiget fich 
in eine fchiefe und in zwey Theile getheilte Sloßfeder; 
der oberfte ift größer , als der unterfte, ‚und ohnges 
‚fähr drittehalb Fuß lang. Wenn man die vier Wins 
fel des Schwanzes obenhin betrachtet, hat es das 

Anſehen, als wenn felbige von den Fortfäßen der 
Würbelbeine gemacht würden ; nachdem man aber 
814 diefe 


— 


36 Won einem bey Ceuta 


dieſe Theile geöffnet hat, hat maır nichts, als einen. 
Knorpel gefunden, der fi) bis in vie N a 
ber Schwan t;floßfeber erſtrecket. 


Beſchreibung der inwendigen Fe 


Da den Fiſchen öfters viel Theile fehlen, — 
man bey vierfuͤßigen Thieren und Voͤgeln antrifft: 
ſo habe ich auch bey gegenwaͤrtiger inwendigen Be⸗ 
ſchreibung des Seehundes keine lehrartige Ordnung 
beobachten koͤnnen. Ich werde dieſe Theile in der 


—Ordnung beſchreiben, wie ſie ſich bey vorgenomme⸗ 


ner Oeffnung des Thieres zu Tage gelegt. 

1. Der Kopf faͤngt beym Ende des Mauls an, 
und endiget ſich ſofort beym letztern Ohre. Er ſieht 
wie ein Schweinskopf aus, nur mit dem Unterſchie⸗ 
de, daß ſein Maul ſpitziger iſt; es hat zwey Fuß in 
der Laͤnge, und viere im Umfange. Es iſt beweg⸗ 
lich, und thut ſich ſo weit von einander, daß das 


Thier feinen Raub mit Der größten, Bequemlichkeit 


einſchlucken kann. * die nachſtehende achte 
Nummer. 

2. Das Gehirn iſt, gegen die Dicke des Fiſches 
betrachtet, ſehr klein. Es hat eine laͤnglich runde 
Geſtalt, und iſt ohngefaͤhr wie eine Fauſt dicke. Es 
liegt im mittelſten und oberſten Theile des Kopfes, 


und iſt in einer Hoͤhle eingeſchloſſen, und mit ſchlei— 


migten Materien umhuͤllet. Das Hirnmark, (Me- 
dulla oblongata) beſteht aus zween Aeſten des Ge 


hirns, welche wie ein Finger dicke find, fich aus der 


Hirnſchale heraus begeben, und zu jeglicher Seite - 
einer, In einem hp Fa welcher die Stelle ver 
Seiten 





gefangenen Seehunde. 537 


Senſortſãtze (Apophyfis is transverfalis) der Wuͤr⸗ 
belbeine beym Menfchen vertritt, und den ich unten. 
in der achtzehnten Nummer wm befehreiben willeng 
bin , herab geben. 

3. Die Augen find wie ein Hühnerey dicke, mit 
einer zirkelrunden. ziemlich dichten Haut umgeben, / 
welche rings herum ‚ander Augenhoͤhle befeſtiget ift: 
und indem fie das Amt der Hugenlieder. verrichtet, 
‚den Augapfel beftändig offen läßt. Das durchfich- 
tige Hornbäutchen ift fehr hart, ohngefähr zwo Li— 
nien Die, und wird immer dünner, je näher es 
vom Umfreife zum Mittelpuncte-Fommt, als wo— 
felbit es weicher und heller wird. Die andern Haͤu⸗ 
te haben nichts befonderes an fi. 

Das negförmige Häutlein ift weißlicht , und von 
einer gallertbaftigen Eonfiftenz. . Der Augenernftall 
ift ziemlich durchfichtig, und ohngefähr wie ein Spers 
lingsey die, Die waͤſſerige Feuchtigkeit ift zum 
‚Theil wie ein Fließwaſſer, (Iymphatifch). An der 
glasartigen Feuchtigkeit if nichts Außerordentliches 
zu bemerfen. 

Die verfchiedenen Bewegungen des Auges, wer⸗ 
den vermittelſt ſechs Muskeln verrichtet, die wie der 
kleine Finger dicke und lang ſind. Sie ſind an ei— 
nem Ende rings um den Augenball befeſtiget, und 
bedecken ſich unter einander z;.das andere Ende hängt 
um einen faft eben fo dicken Knorpel. Diefer Knor— 
pel empfängt den Sehenerven bey feinem Austritte 
aus der Hirnfchale, und begfeitet ihn in die Augen— 
hoͤhle bis an den Ort, da er fich an den Augenball 

anfeget, Der Nerve hat die Dicke einer Schreibe. 
feder, Diefe fechs Muskeln, der Nerve und der 

15 Knor⸗ 


58. Don einem bey Ceuta 
Knorpel machen mit. einander ein ziemlich dickes 
Paͤcklein aus, welches mie ſchleimigten und zähen 
Materien umwickelt iſt, und die Augenhoͤhle uͤberall 
genau ausfuͤllet. Hr 

Da folhergeitalt das Auge von diefem Knorpel, 
Can welchem der Nerve hinten anliegt) wie eine Ku— 
gel von einem Stiel getragen wird, kann felbiges fo 
wenig den Öefichtsnerven preffen, als die Muskeln, 
welche, menn fie ihre Bewegungen frey verrichten 
Eönnen, das Auge auf mancherley Weiſe nach fich 
ziehen Fönnen, an ihrer Bewegung hindern. Dies 
fer Knorpel feheint die Stelle eines Antagoniften von 
den fechs Musfeln, welche, wenn fie ſich alle zu 
gleicher Zeit bewegten, das Auge von den Augen- 
liedern entfernen würden, zu vertreten. GBeßner * 


hat 


® Conr. GESNERI bifloriae animalium Liber IV. qui 
eſt de piſcium et aquatilium animantium natura : cum 
sconibus fingulorum ad vivum exprejhs fere omnibus 
DCCV. Continentur in hoc volumine, Guil. RON- 
° DELETII, et Petri BELLONII de aguatilium 
Angulis feripta, trat 1558. zu Shech in Folio auf 
1297 Seiten and Licht. Die deutfche Ueberſetzung 
davon, erfchien 1598. in Folio zu Frankfurt am 
May, unter folgender Auffchrift : Fiſchbuch, 
das ff: ausführliche Hefchreibung und lebendi= | 
ge Conterfactur allee und jeden Sifche, von dem 
- Eleinften Sifeblein an, bis auf den größten Wall: 
fiſch, wie fie nicht allein in dem großen hoben 
Meere, fondern auch in den Seen, Slüffen, Baͤ⸗ 
en, und allen ſchiffreichen Waſſern gefeben,. 
und gefangen werden; von Zen. Conrad Forer 
ins Deutſche gebracht, jetzt aber an vielen Grren | 
gebeſſert. Ikbaf _ MEER 0 





gefangenen Seehunde. 539 


hat bey der Beſchreibung des Auges des Seehundes 
einen Fehler begangen, indem er ſchreibt, daß er 
an ſtatt des ſonſt gewoͤhnlich bey Thieren befindlichen 
Geſichtsnerven, bloß einen ziemlich harten Knorpel 
angetroffen habe. | 

4. Die Mafenlöcher beftehen aus zwo Höhlen, 


welche dermaßen weit find, daß man eine Sauboh⸗ 


ne hinein ftecfen Fann. Sie find einen halben Fuß 
weit vom Ende des Mauls, unten und forne bey 


den Augen. Inwendig ſind diefe $öcher mit einer, 


fehr feinen Haut überzogen, aus welcher fehr viel 
Faden geben, welche fich gegen die Mitte durch eins 
ander flechten, und unten in der Höhle eine gar vor— 
treffliche Verwickelung (Plexus) darſtellen. Ich has 
be den Gang aus diefen Söchern zum Gehirne, wel⸗ 
chen Dalfalvs (im ızten feiner anstomifchen 
Senödfchreiben, im ı4ten Art.) gejehen haben 
will, nicht finden fonnen, | 


5. Es hat diefe Art von Fiſch keine auswendige 


Ohren *. Bey Fiſchen von demſelben Geſchlechte, 
welche dergleichen beſitzen, trifft man ſelbige unten 


und hinten bey den Augen an, als z. E. beym Meer⸗ 


ſchweine. | 
6. Der Schlund ift bey dieſem Thiere der feiner 


I. % 


Größe gemäßefte Theil. Er öffnet fich nach unten, 
und, 


” Dach Heren Rulmus Berichte, hat. diefes hier 
fatt der auswendigen Ohren, eine faſt dreyeckichte 
ſchwarzbraune Sallthüre, hinter der Augendruͤſe 
an dem runzlichten Loche, das zum Bebörgange 
gebt. So lange daß Thier unter dem Waffer iſt, 

ſchließt Diefe Falle das Ohr zu, und haͤlt alled 

Waſſer ab, Leber, | | 


540. Von einem bey Ceuta \ 

und ift auf einen halben Zoll vom Ende hi Mauls 
entfernt. Die Oeffnung deſſelben betraͤgt heogefahe 

viertehalb Fuß. 

7. Die Kinnbacken ſind vorwaͤrts mit zwo Rei⸗ 
hen Zaͤhne beſetzt; ſie werden aber breiter, und ent» 
halten unten am Sihlunde bis fieben ‘ eihen, Die 
Knochen der Kinnbacken find eigentlich Feine Kno— 

chen, und find indeffen Doch mehr als knorplicht. 

8. Die Zahne find die einzigen Knochen, welche 
man bey diefem Thiere antrifft. Sie find insge- 
famt in Anfehung ihrer Dicke und Geſtalt einander 
gleich, und haben eine Aehnlichkeit mit den Cardaͤt⸗ 
ſchen, womit man die Wolle zu kaͤrnmen pflegt; fie 
find etiwas beweglich, indem fie bloß vermittelft ei— 
ner Art von ſchwaͤrzlicher Haut an den Kinnbacken 
befeſtiget ſind. Sie find nicht viel dicker, als Fein, 
faamen, fie find ganz, und nicht wie die Zaͤhne bey 
dem 36 Lamia *, wie eine — geftaltee *. _ 
| Anmers 
ir Kom Sifche Lamia, Canis Lamia, Glaucus , Ga- 
leus, Cynocephalus , oder Rana pifeatrix, Haye, 
Bundfiſch, hat Eman. Koͤnig eine Zergliederung 
in die Mſellanea Naturae (Curioſor. einruͤcken laſ⸗ 
fen, woſelbſt fie im 2ten Jahre der Zten Decurie, 

in der 139ten Dbferv. anzutreffen.” Ueberſ. 

+ Hrn. Kulmus Befchreibung zufolge, find vier und 
- dreyßig Zaͤhne: im obern Kinnbacken find die soft 
ſeechs fehneidenden von den folgenden zween Hundes 

zaͤhnen, nur an Größe, nicht aber an Geffalt un: 
terſchieden, die übrigen zehn Backzaͤhne fägenför- 
mig, und mehrentheild mit drey Spitzen. Der 
untere Kinnbacken beſteht aus zween Knochen, wel⸗ 
che vorne, oder in der Spitze mit einem Knorpel 
zufammen gefüget find. Diefer untere sieh 


e 


gefangenen Seehunde. 540 
Anmerkung. Der Nachtheil, welcher dieſem 
303 wegen der Bildung ſeiner Theile entſtehen 
koͤnnte, wuͤrde ſehr groß ſeyn, wofern nicht die Na— 
tur mancherien Einrichtungen dagegen gemacht hätte, 
1) Wäre diefes Maul unbeweglic): fo würde es ſei— 
ne Beute gar nicht einfchlucten koͤnnen, fondern fels 
bige vielmehr fortſtoßen, und von fich entfernen, / 
2) Stunden die Zähne im Rinnbacfen feit, und waͤ⸗ 
‚ren dicker, fo würde die Kaubfpeife, wenn fie in den 
Schlund fäme, dieſelben insgefamt in die Höbe bes 
‚ben, und fie fönnten nicht ‚eindringen 3 fo aber hat 
die Borfehung g diefes Thier gegen die Unbequemlich» 
feiten, welche ihm vermöge der Bildung feiner Theis 
le zumachfen Fonnten, verwahret, indem fie Diefelben 
dergeftalt gebildet bat, daß fie gegen einander ges 
richtete Bewegungen vornehmen koͤnnen; denn, ins 
dem fich das Maul in die Höhe heben Fann, , fann 
der Raub ungehindert in den Schlund kommen, und 
da fich die Zähne bey deſſen Annäherung biegen koͤn⸗ 
nen, fo laffen fie felbigen vorbey, oder erheben ſich, 
um felbigen feft zu halten, ſo, wie wirkliche Klap⸗ 
‚pen (Valvula) thun würden, 
9. Seine Zunge ift fehr groß, ganz knorplicht, 
glaͤnzend und glatt, und ſcheint bis unten an die 
Kehle, woſelbſt ſie mit vielen ziemlich dicken Warzen 
befegt 
bat Wönieftene vier fehneidende Zähne; die uͤbrigen 
kommen an Geſtalt und Anzahl den obern gleich, 
und die Spitzen fallen in die Smifchenrau e und 
Vertiefungen der Gegenzähne, Damit’ diefed Thier; 
weil es vom Raube lebet, den Rachen deſto feſter 


verſchließen Eönne, und feine Beute nicht wieder 
‘fahren laſſe. Ueberſ. 


542 Bon einem bey Ceuta 

beſetzt in, mit einer Pergamenthaut überzogen zu 
feyn. Sie ift überhaupt einen Fuß lang, einen hal- | 
ben Fuß breit, und einen Zoll die, von der Spige | 
an, bis an das Zungenband; fie ift in ihrem Um⸗ 
fange, an ihrem breiten Theile oder Wurzel bemeg: 
lich; es gehen an jeglicher Seite fünf Zertheilungen 
oder Aeſte von ihr heraus, welches fünf, ebenfalls 
| wie die Zunge, Fnorplichte Stuͤcke find, die Die Laͤn⸗ 
ge und. Dice eines Fleinen Kinderarms haben; fie 
gehen gerade nad) unten zur Kehle bin, mofelbft fie 
fich nad) vorwärts umbiegen, und ſich mit dem vör- 
dern Ende der obern Kinnbacke im Gelenfe fügen. 
Diefe Knorpel find beweglich, und vom Gaumen in 
einer ganz Eleinen Entfernung unter einander abge: 
fondere , und mit eben der Haut, als bie Zunge 
ſelbſt bekleibet; ſie ſind auf der auswendigen Seite 
mit kleinen Beinchen beſetzt, ſelbige ſind einen Fin— 
ger lang, dünne, ſchwarz, und wie Glas zerbrech⸗ 
‚lich; eines liegt neben dem andern; fie find an ih: 
rem unterften Ende breit, und hinten auf ebenen 
Flächen daran befeſtiget. Man bekoͤmmt die fol 
chergeftalt bewaffneten Knorpel zu Gefichte,, wenn 
man die Kiemen der Ohren aus einander thut. 

30, Die Ohren find zweene Zoll lange Schliße, 
und machen das Ende des Kopfes aus. Cie foms 
men von Öenice ber, und gehen nach forne und uns 
ten bis unter die Speiſeroͤhre ; es liegen an jeglicher 
"Seite fünfe, welche einen Zoll von einander abftes 
ben, und eine gleiche Weite unter einander behalten, 
Die oberften Riemen eines jeden Ohres find inmen. 
‚big ganz runzelig ; fie werden von. fegelförmigen 
Knorpeln getragen, welche die Dicke und — 

lei⸗ 


gefangenen Seehumde. 543 


kleinen Fingers haben; ſie ſtehen in großer Anzahl 
in ihrem Umfange, zween Zoll von einander, Man 
befömmt ihr äußerftes Ende zu fehen, wenn man 
die Riemen der Ohren zurück legt. 
Anmerkung. Die Ohren paffen hinten auf die 
‚Kehle, und fcheinen zur Herausbringung des etwa 
vom Fifche eingefchluckten NBaffers zu dienen. Die 
beinigten Körperchen, welche an den fünf Knorpeln 
oder Zweigen der Zunge befeſtiget ſind, ſind in ih— 
rer ganzen Laͤnge von einander abgefondert, und fe 
ben wie Kaͤmme aus. Meines Erachtens beſteht 
ihr Nusen darinne, daß fie das Waſſer zurück flofs 
fen, und die zum seben des Thieres unentbebrliche 
Speifen nicht wieder zurück laffen. | | 
11. Das Herz ift weit dicker, als bey einem Och— 
fen: es ift beynahe Fegelförmig, und befteht bloß 
aus einer einzigen Kammer, und einem einzigen Laͤpp⸗ 
lein oder Ohr. An dem Drte, wo fich die große 
Pulsader (Aorta) anhebt, entdecket man eine ziem— 
lihe Erweiterung, welche wie ein zweytes Fleines 
Herz ausfieht, und befländig, fowol wenn eg fich aus⸗ 
dehnet, als auch wieder zufammen zieht, einerley Ges 
ſtalt behält, Es liege in einer abfonderlichen Höhle, _ 
Hinter der Speiferöhre, unter dem Genicke, und von 
andern Theilen durch eine fehr dicke Scheidewand aba 
gefondert, Es ift von dem Herzen des Thunfifches * 
in — als in Anſehung der fol verfchieden, 
indem 


* Bon dem Fiſche Ton, oder Thunfiſch, won dem 
unter andern merkwürdig ift, daß. er feinen eigenen 
Saamen friße: ſiehe breßl Samml. VII Def. 
Marxt. 1719. ©, 327 f; Ueberſ. 


544 Bon einen bey Ceuta 


indem es bey letztern eine vier gleichſeitige Figur 


(etraẽdron) bat. Ich konnte ſelbiges unmoͤglich 


genauer unterſuchen, weil ich es nicht in meiner Ge⸗ 
walt hatte. 
12. Die Speiſerohre iſt — und mit fehr 


dickem Schleim überzogen. Die Mündung, welche] 


aus der Verbindung des Magens mit der Speiſe⸗ 
vöhre entſteht, ift fehr enge. j 

13. Der Magen ift ſehr groß, in der Mitte zus 
fammen geſchnuͤret, und ſieht wie ein Pilgrimsftab 
aus, Eriftdide, und faft oval. Der rechte Ma= | 
heile (Pylorus) ift dermaßen groß, Daß man | 
ziveene; Ringer herein bringen fann.: Der Canal ver | 
Gedärme ift ſehr fonderbar gebildet, und ung gemein 
ſchwer zu befchreiben. Ich theile ihn, fo viel mir 


möglich geſchienen, in zroeen dünne und einen Dicken 


Darm. Der erftere fange beym Ausgange des Ma» 
gens an, und biegt fich hinter dem Magen auf dem 
Körper der Würbelbeine zurück; feine Laͤnge bis an 
denjenigen Ort, wo er mit dem zweyten eine Kruͤm⸗ 


me macht, trägt einen Fuß aus; der zweyte biegt ſich 


unter dem erſtern zuruͤck, fchläge fih nachdem Magen 
bin, und reicher bis an deffen kugelrunde Gegend ; er 
Er mit dem Maftdarme vermitteljt einer Eleinen 

Yeffnung zufammen. Diefer Maſtdarm ift ungemein 
groß, anderthalb: Fuß lang; der Durchmeffer deſſel⸗ 


ben beträgt an einen ‚halben Fuß; er ift fehr dicke, 


auswendig alaft und glänzend, und inmendig wie 
ſchneckenfoͤrmig; einige Zoll aber vom After hoͤret er 
auf ſchneckenfoͤrmig zu ſeyn, und wird zu einem ges 
meinen Canal. Seitwaͤrts beſitzt er eine Klappe, 
die nei fo beträchtlich iſt, als die Harnblaſe, mit 

welcher - 


1 





Be p“ ’ N 


gefangenen Seehunde. ——— 


welcher er vermittelſt eines kleinen Loches zuſammen 
geht. Dieſe Blaſe iſt an den Wuͤrbelbeinen vermit. 
telſt eines ſehr ſtarken Bandes, fo von ihrem Halſe 
an. bis an ihren obern runden Theil daran hängt, 


befeſtiget. Dichte darneben ſieht man eine Warze, 
welche wie eine Haſelnuß dicke, und in der Mitte 


durchloͤchert iſt. Der After iſt zwiſchen den beyden 


Floßfedern des Bauches befindlich. Die Oeffnung 


deſſelben iſt fo weit, daß ein erwachſener Menſch ſei 
nen Arm hinein fiecken Fann. 

Anmerkune Weil fich diefe Klappe zwifchen 
dem Maſtdarme, und den Wirbelbeinen befindet, fo 
ſcheint der Mugen diefes Bandes darinn zu beftes 
ben, daß ts die Blaſe oder Klappe halt, und zu hits 
dern, daß felbige nicht, vermöge ihrer eigenen Schwe⸗ 
re, die Gedaͤrme zuſammen prefle; desgleichen denen 
aus dem seibe gehenden Unveinigfeiten einen freyen 


Durchgang nach dem After zu verfchaffen, oder, es 


EB 


fheint auch wohl gar dieſe Klappe dazu beftimme we: 


feyn, daß fie eine gewiffe Fluͤßigkeit zur Erleichterung 
des Auswurfs des aus ben Gedaͤrmen zu ——— 
Kothes ertheile. 
14. Die Nieren find dicker, als bey einem Men⸗ 


dien, Die Harngänge find von der Dicke einer ſtar⸗ 


fen Schreibefeder. Eine Blafe habe ich zwar bemer; - 


ket; da ich aber bey der Deffnung diefes Fifches niche 
allein war, und felbige abgeforidert angetroffen , ohne 
Zweifel von einem mit einem Inſtrumente ungluͤck⸗ 


lich angebrachten Stoße, ſo getraue ich mir nicht, als 


gewiß zu behaupten, daß es die Unrinblaſe ſey. 

15. Die wie das Eifen einer Lanze geftaltete 
Mil; iſt ziemlich dicke; ; daB eine Ende derſelben 
. 24 Dand. Mm (nach 


* 


546 Don einein bey Ceuta 


(nach dem breiten Theile) iſt — und duͤnner, als 
das andere. 

16. Die Gekroͤsdruͤſe iſt ein druͤſigter Körner, und: 
fieht wie eine dicke Weintraube aus; fie. endiger fih 
in eine Art von fehr langen Rofenfvanz, der fich auf - 
den Körper der Gefrösdrüfe wieder zurücfe biegt. Es 
iſt fo Dicke, wie die geber bey dem Menfihen ; die ober- 
ſte Flaͤche derfelben ift bauchrund, und die unterfte 
platt. Einige faben felbige für die Milz an; andere 
hielten es für die Eyerſtoͤcke. 

17. Die Leber iftdas anfehnlichite Eingeweide. Es 
fuͤllet genau die ganze Hoͤhle des Bauches vom Kopfe 
an, bis an den After aus. Es beſteht aus zweenen 
$appen, (Lobus) welche in ihrer Mitte alle Eingewei⸗ 
de des Bauches, Die Nieren ausgenommen, tragen und 
bedecken. - Die Gedärme werden famtlid durch ein 
beträchtliches Band gehalten, welches zwifchen den 
beyden Lappen der Leber hindurch gebe, und ſich an 
die Ruͤckenwirbel feſtſetzet. er 
1. DieWirbelbeine find fnorplichte Körper; fie 
ſehen wie die Steine im Bretfpiele aus, haben zwey 
Zoll im Durchfchnitte, und eben fo viel in der Höhe, | 
find recht rund; ihre,obere ſowol, als untere äußere 
Slächen, find bauchrund; wenn fie rocken find, gleia 
chen fie einem queer ducchfchnittenen Stamme eines 
Baumes, und zeigen verfchiedene insgefamt aus einem 
Mittelpuncte gehende Zirkel ‚oder Schichten, Sie 
fügen fich unter einander im Gelenke, vermittelft eis 
nes fehr ſtarken Bandes, welches fie einen halben Zoll 
weit von einander abfonderr, Diefes Band hält eine) 
Fluͤßigkeit, welche die Bewegungen der Wirbelbeine 


a eingefslofjen wrud. 
— — Diefe 















gefangenen Seehunde 547 
m Dieſe Wirbelbeine, ohnerachtet ſie durch derglei⸗ 
chen Gelenke in einander gefüget find, wuͤrden bey der 
‚geringften Gewalt dennoch) leicht nachgeben, wofern fie 
nicht durch zwey laͤnglichte Stuͤckchen, wovon an je⸗ 
der Seite eins anzutreffen iſt, an demjenigen Orte, wo 
gewoͤhnlicher Weiſe die Seitenfortſaͤtze befindlich find, 
gehalten würden. Dieſe zween Körper haben eine Aehn⸗ 
lichkeit mit einem hohlen der Laͤnge nach durchſchnit⸗ 
tenen Cylinder, wovon ein Theil von einer Seite der 
Wirbelbeine, und der andere von der entgegen ſtehen⸗ 
den Seite zu rechnen; doch ſo, daß die bogenrund aus⸗ 
gehoͤhlte Flaͤche nach der bauchrunden hinſieht. In 
der aus dleſem daran ſtoßenden Cylinder entſtehenden 
halb zirkelrunden Hoͤhle nun, liegen auf jeglicher Sei« 
te die zweene Faͤden des Hirnmarks, welche aus dem 
Gehirne herabkommen, und bis an den Schwanz 
fortgehen. Dieſe beyden Stuͤcke haben eine von den 
Wirbelbeinen unterſchiedene Beſchaffenheit, und daa 
ber kann ich fie Feine Fortfäge (Apophyfis) nennen. 
Anmerkung: Dieſe beyden Körper, wovon eis 
her an jeder Seife des Ruͤckgrades liegt, bewahren die 
‚ Wirbelbeine, und des Hirnmarf gegen alle ſchaͤdliche 
Zufaͤlle, und da ſie vermoͤge ihrer Schnellkraft im 
Stande ſind, einer Gefahr drohenden Gewalt das 
Gegengewicht zu halten: fo verhindern fie, daß ſich 
die Wirbelbeine nicht von einander begeben koͤnnen. 
Von denen Ruͤckenfloßfedern ift die eine weit größer, 
als die beyden Bauchfloßfedern, und die andere klei⸗ 
ner, als die Floßfeder am Hintern. Dieſe Einrichtung 
ſcheint die Natur einzig und allein mie Fleiß veran⸗ 
ſtaltet zu haben, damit die oberh Theile nicht ftärfer 
ſeyn moͤchten, als die untern; und das Thier ſolcherge⸗ 
M m 2 | ſialt 


548 VWVon einem bey Ceuta ꝛcc. 
ſtalt beym Schwimmen im Gleichgewichte bleiben 
koͤnnte. Die Bruſtfloßfedern ſcheinen ihm ſtatt einer 
Unruhe zu dienen; die Floßfedern des Schwanzes 
müffen ebenfalls zur Richfung feines Ganges dienen. 
Es war mir unmöglich, die Geburtstheile bey dies 
ſem Seefifche zu unterfuchen *. Ben einer andern 
Gelegenheit werde ich von meinen, bey einem Fiſche 
von demfelbigen Gefchlechte, der Eleine Seebund 
"genannt, gemachten Entdelungen, Nachricht era 
tbeilen. nn a | ’ 


= Sach Schelbammers und Sartmanns Berichte, 
fiegt das männliche Glied unter der Haut verbor- 
gen, und geht vier, oder fünf Finger breit vom 
Nabel, aus einem offen ſtehenden Loche hervor ; iff 
aber Klein, und noch nicht fo groß, als an einem 
mittelmäßigen Hunde. Im weiblichen Gefchlechte 
“entfpringen Die Saamengange unter den Nieren, 
vom Stamme der Pulsader ſelbſt, eben fo, wie in 
andern Thieren. Das weibliche Zeugungsglied iſt 
überaus weit, daß vier Finger darein gehen; die 
Mutterfcheide, und die Gebaͤhrmutter ſamt dem 
Eyerſtocke, find am rechten-Drte, auch in eben der 
Proportion, wie an Hunden auf dem trocknen fans 
de, außer, daß bie Hörner der Mutter kuͤrzer ſind, 
als es fünf ſeyn fol. Woraus fich ſchließen laͤßt, 
daß das Meerkalb nur wenig Tunge trage, vor | 
"welche auch zwo Brüffe, welche nur vorhanden } 
find, zureichend feyn können. - Öppianus führe 
vom Seehunde an, daß er zur Seit ded Sturmes, 
oder Gefahr, feine Jungen wieder in feinen Leib | 
nebme, und daß diefe, fobald die Furcht und Ge⸗ 
fahr vorüber, wieder heraus Eommen. Leberf, | 












RE Re ee ln 
VI. Nach—⸗ 


J — — ——————— 

* * Pr Se, | 549 
| —— u EEE 2 ZZ 2 2 2 2 = 2 2 2 
‚don einer fonderbaren Begebenpeit, 

| | welche fich 
in der im Niederelfaß 
$- 0 befindlichen, | 
of | * 
Aſphalt⸗ oder Judenpechgrube, 
die Sandgrube (La Sablonniere) | 
WR | genannt, E | 
zugetragen bat. 
An Herrn de la Sablonniere, 
koͤnigl. privilegirten Dberauffeher und beſtaͤndigen Erb: 
pachter aller im Königreiche befindt. Afphaltgruben. 
Aus dem / 


Journal des Scavans, Det. 1759. ©. 341-344, uͤber⸗ 
fegt, und mit Anmerkungen erläntert, 


D. J. G. K. 
Mein Herr, 

hne auf diejenige Nachricht, welche Ihnen Ih— 

I 7 ve Borgefegten von ver Begebenheit, welche 

s ſich in der Aſphaltgrube zugetragen hat, 
überfchicfet Haben mögen, mein Abſehen zu richten, 
: Mm 3 z will 
Von einer im Fahre 1719. in der Grafſchaft Neu⸗ 


enburg, oder Neufcharel entdeckten Judenpech⸗ 
grube, 


559 Sonderbare Begebenheit in einer 


will id) Ihnen anitzt eine richtige Erzaͤhlung desje⸗ 
nigen, was ich ſelbſt geſehen habe, und was mir der 
Bergwerksmeiſter hinterbracht hat, mittheilen. In 
dieſer Abſicht will ich bey dem letztverfloſſenen 22 Ju⸗ 
nius anfangen, damit Sie wiſſen moͤgen, was man 
vor Arbeiten dabey vorgenommen, An jetztgedach⸗ 
tem Tage fand man eine Aſphaltader, welche vom 
alſervortrefflichſten Gehalt geweſen. Es war aber 
die Freude uͤber dieſen Fund von ſehr kurzer Dauer, 
denn am folgenden Tage bemerkte man, daß dieſe 
Ader durch einen Fels unterbrochen wurde, Man 
mußte demnach denfelben durchhauen, und eg daure⸗ 
te diefes bis zum 7ten des jeßigen Monats. Man 
war dieſe 14 Tage mit unausgefegtem Fleiße in Dies 
fer Arbeit bereits auf 44 Fuß gekommen. Es war 
diefes mit einem Aufwande ungentein vieler Mühe 
‚und Arbeit gefchehen. Sollte man aber wohl nach 
einer fo befchwerlichen Verrichtung eine dermaßen 
fonderbare Begebenheit, als die folgende ift, vers 
muthen? Denfelbigen Tag, zwifchen neun und zehn 
Uhr des Abends, kamen die Arbeiter, und erzählen 
ten: daß fie fo eben eine Quelle * entdeckt hätten, 

| | ; ‚aus 


arube, fiche Mernoires de Treuoux, Nov. 1740. ©, 
2247. beögleichen Fournal hiftorique du commercı 

et des arts et manufadlures, 1 Cayer, à Geneve, 
.2744.4. ©.14 f9g. Commerce. Litterar. Nor. A. 1744» 
hebd, XXV, ©. 193 fe @EIRINIS, Differzation 

fur P Afpbalte, a Paris, 1721.12. Ueber. u 

* Bey Gelegenheit dieſes unterirbifchen Waſſers 
ziehe man folgende Abhandlungen davon zu Ra 

the: Schreiben , Daß das Felle Aand überall 
voller Waſſerbehaͤltniſſe und N 





Aſphalt⸗ oder Judenpechgrube. s5e 


aus welcher Waſſer und Feet in fo häufiger Menge 

‚hervor famen, daß der 150 Fuß lange Gruben. 
gang * bis auf eine gewifle Höhe ganz damit angefüle 
let worden. Man ftieg hinab, um zu feben, 

wie es weiter ablaufen würde, Man langte uns 

ten an, und fand, daß das Waller annoch mie 

Gewalt hervor brach. Man ließ nach dem Loche 

fuchen, Der Bergmwerfsmeifter brachte viel Sand 

heraus, welcher mit demjenigen, den man aus 

den großen Keffeln heraus bringt, wenn man das. 

Fett abgefchöpfer hat, eine Aehnlichkeit hatte, 
und fehr Falt war. Man hielt ein Licht einen 

‚halben Fuß weit davon, worauf fih das Wafr 
fer- entzuͤndete, und Flammen von verfchiedenen 

Farben von fih warf **. - Diefes ‚wiederholte 

m 4 man 


ſey, im I Th. des phyſikal. und oͤkonom. Patrio⸗ 
0 ten, Samb. 1746. 4. 3 St. ©. 25:32, Schreis 
h ben, Daß der Grund des Meeres dem feſten 
CLande ähnlich fey, und die Meere unter einans 
der zufammen bängen, ſteht eben daſelbſt 4 St. 
©. 33 : 40. Bemerkung einer vorıbeilbaften 
Wirkung des Erdbebens, wodurch die Schichs 
ten Der Erde verändert, und unterirdifebe Wafs 
ferfebläuche geöffner worden, ſteht im trafen Gt, 
\ der fraͤnkiſchen Sammlungen ic. Nuͤrnb. 1757.8. 
S.. 436f. Ueberſ. 


Der Grubengang wird bey dergleichen Arbeiten 
. .. Fuß breit, und ohngefaͤhr ſechs Fuß hoch ger 
mac f« 


* Man vergleiche hiermit folgende Nachrichten 
von feuerfangenden Waſſern, und brennenden 
Quellen. Ze deferipeion of a Well, and Earth 

| * in 


552. Sonderbare Begebenheifimeiner . 


man verfchiedene mal. Man fegte die Arbeit fort 
Gegen Mitternacht enfzündete fih dag Waſſer von 
ſelbſt; die Vlige fuhren durch den Grubengang 
durch, "und es erhub ſich darauf ein Ungewitter, 
wie ein-dumpfig "Getöfe oder Gemurmel *, welches 
in Lamcafbire, taking. Fire by a Candle, ap- 
Proached to it, imparted by Tbo. SHIRLEY, 
ſteht im 2ten Vol. der“ Philofoph. Tranfadt. for 
A. 4067. No, 26, Seite 482-484. Henr. vOLL- 
GNADNO'f. de aguis ardentibus , ſteht in den 
Mifcelan, Nat. Cur, A. 1673 et 1674. Obf. ı7ı, 
Defeription curieufe æ une fontaine ardente et 
Medicinale en Pologne, par Mr. CONRAD: 
ſteht im den Act Erud, Lipf. A. 1684. M. Jul. 
pP. 325-328. G. Perry Nachricht von einem 
‚ ‚brennenden Brunnen , aus, dem Gentleman’s 
Magazine überfet , ſteht im, gten Theile der 
.. 6Eonom pbyfikal. Abhandlungen, 1756. 8. Seite 
168 = 171. Schreiben von den feuerfangenden 
Maffeen , »beißen Bädern, und dem unause 
löfchlichen Feuer, ſteht im I Theile des pbyfis 
Ealifchen und oͤkonomiſchen Patrioten, Ham: 
burg, 1756. 4. 6tes Stuͤck, Seite 49 = 56. I. 
F. 3. Nachricht von einer befondern Quelle 
auf der Inſel Island, nebſt einer murb- 
maßlichen Erklaͤrung ihrer Eigenſchaften, 
ſteht im 2aſten Stuͤcke des aten Theils der ban- 
noͤver iſchen nuͤtzlichen Sammlungen, vom Jah⸗ 
ve 1756. Relation d’ un ruiſſeau d eau inflam- 
malle, par Mr. P Abbe FOURNIER, ſteht 
im Mercure Danois, Novemb. 1758. Art. 6. ©. 
62 = 6%... Uleberf) 7 R | 
Hieher gebörer Chriſt. Trautmanns Relation 
von einem ſonderbaren Brummen und Mur— 
ven unter der Ecde, welche in A. E. Buͤch⸗ 
ners Mifcelaneis phyſ. med. matbemat. A. 1728. 
| | Erfurt, 


% 


- r 
a 


| 
| 
| 
| 
| 
| 
| 





Aſphalt / oder Judenpechgrube. 553 


ein Vorbote von etwas Sonderbarem war. Zween 
Arbeiter, welche unten im Grubengange ſtunden, fies 


fen zu Boden, und ihre Haare wurden. verbrannt, 


Aus Furcht hegaben fie ſich in die Höhe, und es flie« 


gen hinwiederum andere hinab. Blis und Donner _ 
ließen ſich abermals zu verschiedenen Zeiten fehen und 

hören. Um fünf Uhr des Morgens merften die Ars 
beiter, daß es gefährlich wäre, fich länger daſelbſt 
aufzuhalten, und faßten den Entfchluß, ſich Wiederum 
hinweg zu begeben. ° Kaum waren fie mitten bis 
zum Grubengange zurück gefehret, als fie alles voll 
Feuer erblickten, und einen Donnerfchlag vernahmen, 
welchen man eine halbe Meile weit hören Fonnte, 
Es war felbiger dermaßen heftig, daß die Ziegels 
fteine von dem über dem Schachte befindlichen Dache 
insgefamt aus einander gefchmiffen ; die unten im 
Grubengange befindlichen Karren bis zum Schadhte 
geworfen, und zerbrochen;  desgleichen- die Röhren, 


wodurch Luft nach den unterirdifchen Dertern gefühs 


vet wird, zerriffen wurden. Bier Arbeiter wurden 
ſehr übel zugerichtet,_ und zweene von ihnen hattenim 
Gefichte Feine Haut mehr, Als der Schlag vorbey 
war, ließ man den Bergwerksmeiſter bis forn an den 
Grubengang herunter fahren; er konnte aber nichts 
mehr wahrnehmen. Der Schall hielt fich eine Zeit 
a0 SR RS lang 
Erfurt, 1732. 4. Seite 801 = 804. Schreiben, 
Daß der Erdboden überall voller unterirdiz 
fber Höhlen, Schluͤnde und Abgründe fey, 
welche den Winden und Stärmen zur Wobe 
nung dienen, ſteht im I-Theile des pbyfikalis 
ſchen und oͤkonomiſchen Patrioten, Samburg, 
16. 4. 2tes Stuͤck, Seite 17:24., Ueberſ 


354 Sonderbare Begebenbeitineiner.c. 
lang, und es flieg ein fchwefelichter und ſalpetrichter 


Rauch einige Stunden lang in die Hoͤhe, welcher ei⸗ 
nen unertraͤglichen Geſtank in dem noch ſtehenden 
Grubengange zuruͤck ließ. Nachdem alles ſtill gewor⸗ 
den war, befand ſich der Bergwerksmeiſter unten im 
Grubengange ohne Licht, denn es war ihm nicht mehr 
zu rathen, daß er Licht mit genommen haͤtte. Er 
brachte die Nachricht aus der Grube mit zuruͤck, daß 
das Waſſer in dieſelbe herein getreten ſey. Vorgeſtern 
ließ man in die Grube einhauen, und kam eben auf 
das Loch, wo dieſes Waſſer dreyßig Fuß tief hervor 
gekommen. Man ließ in daſſelbe ein Seil hinab, 
an welchem nach inwendig ein zweytes, welches man 
durch) ein Bret, worauf man zwo Lampen gefeßt hats 
te, gezogen war, befeftige gemwefen. Diefe Lampen 
thaten nicht die geringfte Wirfung mebr. Der Berg⸗ 


werfsmeifter begab fih aufge neue dahin, um den 


Grund in Yugenfchein zu nehmen. Das Waffer war 
fehr ftarf gefallen. Er bielt die Lampe einen Fuß 
hoch heran, worauf fi) das Waſſer wiederum entzün« 
dete, und eine ziemlich flarfe Flamme von fich gab, 
welche er aber mit feinem Hufe wieder auslöfchte, 
Er ließ die beyden Lampen unten ftehen, um zu fes 


ben, was fie vor eine Wirfung thun würden. Denn, | 


fo lange man noch nicht ficher feyn wird, iſt es nicht 


rathſam, Die Arbeit daſelbſt fortzuſetzen. 


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rag Herrn Bruͤhier, 
A der A. K. Doctors, 
Sendſchreiben an den Hrn. Heraucgeber 


des Mercure de France, 


vom Frontignanweine. | 


Aus dem 


NMerocure de Fräiree, ‘un. 1756, ©, 44 
* uͤberſetzt, 


von 
DISK 


Mein Herr, 


8 hat mir jemand, der einen wuͤrdigen Daß Ai 
in der Gefeitfchaft behauptet, und durd) feis 
ne Siebe gegen diefelbe, und taufend andere 

ruhmwuͤrdige Eigenſchaften, noch mehr Hochachtung 
verdienet, einige Bemerkungen vom Srontignan- | 
weine mitgetheilet, welche ich vor werth erachtet, Ih⸗ 

nen ſelbige, da fie Ihren Leſern und dem Lande nuͤtz⸗ 
lich ſeyn können, bekannt zu machen. Es müffen - 
dieſe Bemerkungen im geringſten nicht verdaͤchtig 
vorkommen da der Herr Aa nicht einen ein⸗ 


zigen 


u.‘ Sendfhreiben 
zigen Weinflo in diefem vom Weine fo berühmten 
Striche Landes bejist. Hier find feine eigene Worte, 
Der einträgliche Preiß, und der Ruhm der Fron⸗ 
tignanweine, haben alle benachbarte Dörfer veran. 
Laßt, den Muſcatenwein zu bauen *,'da fie doch wer 
der die Himmelsgegend, noch das Erdreich dazu beſi⸗ 
Sen. In Anfehung der Himmelsgegend verhält ſich 
Srontignan zu Languedoe, wie Hiers zu Provence, 
Eine kleine Kette von Bergen fondert eg von dergans 
zen Machbarfchaft ab, und die in dem halben Monde, 
welchen es darſtellt, eingefchloffene Seeluft, macht es. 
merflich heißer, als denjenigen Strich), der bloß in ei⸗ 
"ner Entfernung von zwo Meilen, Frontignan nad) 
Morden zu liege, In Betrachtung des Erdreichs iſt 
zu Stontignan lauter Kies, oder grauer mit weißen 
Streifen durchjogener Marmorfels. Die beften Ge- 
waͤchſe find fämtlich in einer vortrefflichen Lage, und 
entweder im Haufen von Kiefelfleinen, oder im ſtaͤrk. 
ften Selfen anzutreffen. Diefe mit einer befondern Art, 
das Erdreich zuzurichten,, vergefellfchaftete Vorzüge 
ſind fonftnirgends anzutreffen. Man bedienet fich hier. 
felbft des Karten, oder einer Haue mit zwey platten 
und fehneidenden Zaden, einer Art von Spaden, wel⸗ 
che in andern Gegenden, wo man weiter nichts, alsein 
plattes Grabefcheit, oder Spaden gebraucher , un. 
bekannt iſt. Dieſemnach müffen die Srontignanmweine 
vor allen andern einen Vorzug befommen. — 
Es 


% An Extract of a Letter, written by Mr. de MAR- 
TEL, concerning a pradice of making a good 
Mufeadin-Wine, by means of the mark or busks of 
that Grape , ſteht im sten Bande.der Pbilof. Trans 
ad. aufs Jahr 1670. No. 58. G.1183f. Ueberſ. 


* 


vom Frontignanweine. 557 
Es trifft dem ohngeachtet nicht felten, daß man 
‚ihnen Weine, welche weit fehlechter find, vorzieht, 
und zwar 1) wegen des wohlfeilern Preißes; 2) weil 
man fie in Betrachtung der Nachbarfchaft von ihm, 
barinne fie gewachfen, vor Frontignanmeine aus⸗— 
giebt; 3) wegen der wenigen Nedlichfeit der Facto— 


ven, welche felbige an ihre Correfpondenten für wirk« 


lichen Frontignan verfaufen, maßen derjenige, wel— 
cher zwifchen Frontignan und der Rhone wächft, fruͤ— 
ber nach Paris gebracht werden Fann , daß ihn die 
Kaufleute in diefer Stadt daher lieber Faufen, weil 


fie wohl wiſſen, daß fie fehr viel dabey gewinnen, 


wenn fie der Ankunft der Kaufleute aus Frontignan 
zuvor fommen koͤnnen. Diefer Urfachen wegen, 
wird das Publicum bintergangen: und eben Ddiefels 
ben Urfachen tragen auch fogar zur Herunterſetzung 
und Verachtung des Frontignanweines vieles ben, 


weil man felbigen nach der Beſchaffenheit dieſer 


ſchlechtern Weine beurtheilet *. | 
—— | Es 


Gleichwie die ungewiſſenhaften Weinhaͤndler den 


untergeſchobenen und nachgemachten Frontignan⸗ 
wein verkaufen: ſo machen ſie es auch mit dem 
Burgunderweine eben ſo. Es verfertigen naͤmlich, 

und zwar inſonderheit die pariſiſchen Weinhaͤndler, 
aus einer gewiſſen Art languedockiſchen, ſchlechten 
Champagner, und dergleichen aus den Bergen um 
Paris, eine Art Burgunder; ſchlagen ihn durch, 
klaͤren ihn, und thun einige andere Ingredienzen 
dazu. S. Herrn de GoYoN Abhandlung von 
der Natur der Weinftöde Überhaupt, und der 
Metbode, Den Wein zuzubereiten, im 3gten St. 
des 2ten Th. des phyſikal. u. SEonom, Patrioren, 
Samb. 1757. 4. ©. 310. 


; AH : 3 


5 Sendfihreibenn. 


Es iſt nod) zu bemerfen, daß alle Frontignanwei⸗ 
ne nicht von einerley Güte find. Es giebt niedrigen 
Boden, to allzu viel Wein wählt, Das Zeichen 
Des Feuers , welches man auf den wahren Fron⸗ 
tignan druckt, iſt fein ficheres Merfmaal, daß er 
aufrichtig (ev. | 
Es giebt weiße und rothe Frontignanmeine; bey 
be, wenn fie gut und aufrichfig find, werden von 
Fahr zu Jahre immer beſſer. Der weiße befümmt, 
bloß eine andere Farbe, wie ein Canarienwein, 
(Sc Fann die Wahrheit dieſes Umſtandes vor gewiß 
verfichern, denn ich habe in meinem Keller laͤnger, 
als ſieben Jahre einen Frontignanwein, welcher auch 
nicht mehr jung geweſen, da ich ihn aus dem Lande 
bekommen; dieſer iſt in der That beſſer, als jemals.) 
Was den rothen anlanget , fo befist nur eine eins 
zige Perfon denfelben aufrichtig; ich meyne denjeni⸗ 
gen, der aus rothen Muffatellertrauben gepreſſet iſt. 
Der andere, der nicht von feinem Gewächfe koͤmmt, 
bat bloß eine nachgemachte Farbe, Es ift diefes ein 
unter allen denjenigen, melche rothen Frontignan 
verfaufen wollen, befanntes Kunftftüf. Es würde 
dergleichen Wein mehrentheils recht gut ſeyn, wenn 
ber dazu genommene weiße Wein nur. von einer gu⸗ 
ten Sorte gewefen. Was den rothen Muffatellers 
Wein anlanget : fo haben Kenner in England und 
Holland denfelben vor Capowein gettunfen, Ein 
gewiſſer guter Freund von mir in St. Quentin, 
welcher ihn aufrichtig hatte, und die Bouteille vor 
deeyßig Stüber verfaufen Fonnte, warn er ihn vor 
Frontignan ausgab, wurde felbigen, da et ihir vor ° 
| Alicantenwein ausgab „ vor einen Thaler a | 
08, 





vom Frontignammeine 59 
108, und hat mit felbigem doch nur bloß in Anfes 
hung der Farbe eine Aehnlichkeit, | 


Man kann verfichern, daß der gute Frontignan 
dem Riveſalterweine*, wenn er gut gemacht iſt, 
gleich koͤmmt. Sie haben uͤberdieß auch in Anfes 
hung eines andern Borzuges eine Gleichheit mit ein⸗ 
ander; jie werden nämlich noch beffer, wenn man | 
fie aufhebt. Der rothe Frontignan ift etwas theu⸗ 
‚rer, als der weiße, und zwar wegen einer ganz na⸗ 
türlichen Urfache ; denn die rothe MufEatellertraube 
giebt weniger Saft, als die weiße, ohnerachtet der 
Stock an eben demfelbigen Drte ſteht. 


® Eine Art von Muſkatenwein, von dem Flecken 
Kivefalse, in Konffillon, alfo genatint. Ueberſ. 





Sup 


des fuͤnften Stuͤckes im vier u. 1. Banfen 










| Bande, 
I. Joh. Friedr. Hartmanns ES. Berfuch ſei⸗ 
nes kuͤnſtlichen electriſchen Blitzes S. 451 


a. Befchreibung der Landeseinwohner i in —* Ge⸗ 
genden von America , melche gegenwärtig der 
Schauplatz des Krieges find WIEN 17461 


In. Hube Gedank. von der Erzeugung der Thiere 500 | 


IV. Abhandlung von der Zeit, von welcher man, vor 
diefem in England das „Jahr angefangen bat 
523 

V. Anatomiſche und phyſtkelſthe Se über 
eine Art von einem bey Ceuta gefangenen, und 
nad) Montpellier gebrachten Seehunde531 


v1. Nachricht von einer fonderbaren Begebenheit, 
welche ſich in der im Niederelſaß befindl. Aphalt— 
oder Judenpechgrube, die Sandgrube (LaSablon- 
niere) genannt, zugefragen dat 549 


VI. Hrn. Brühiers Sendfchreiben an den Herrn 
Herausgeber des Mercure de France, vom Fron⸗ 
nanean —— 555 


—A 


Hamburgiſches 


agazin, 


oder 


geſammiete Schriften, 


Aus der 


Naturforſchung und den angenehmen 
Wiſſenſchaften uͤberhaupt. 








Des ꝛaſten Bandes ſechſtes Stuͤck. 
Mit Koͤnigl. Pohln. und Churfuͤrſtl. Saͤchſiſcher Frepheit. 


Hamburg und Leipzig, | 
bey Grunds Witwe und Adam Heinrich Holle, 


> “3700, — 





— 


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RIO TEIL TEN) 
Berl la ar 















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—— 











| 9 
Abhandlung 
Über einige neue Verbeſſerungen 
| | wer. 
Magnetnadel und des 
| Seecompaſſes, 


aufgeſetzt 
von F. U. T. Aepinus, 


Profeſſor der Naturlehre zu St. Petersburg. 







Ech habe mir ſeit einiger Zeit, die 

Erforſchung der, geheimen Triebfe⸗ 
* IR dern, durd) deren Hülfe die Natur, 
Dr die wunderbaren Erfcheinungen des 
Magneten wirfer, zum Yugenmerfegefegt. Ich habe 
mich nicht zum Voraus gefrager,mas für Mugen meine 
R : Rn 2 Unter» 


62 


564 Verbeſſerungen der Magnetnadel 
Unterſuchungen dem Staate bringen würden. Amaf- 
fons toujours des verit&s de Mathematique et de 
Phyfique au hazard de ce, qui eu arrivera, ce n’elt 
"pas risquer beaucoup.” I eft certain qu’elles feront 
puis ces dans un fonds d’ou il en eft deja forti un 
srand nombre qui fe font trouvees utiles, faget 

der Herr von Fontenelle. Diefes ift die Maafre- 

gel meiner Berrichtung. | 


Ich habe indeß das Glück gehabt, auch ohne es 
voraus zu vermuthen, eine Bemerfung zu machen, 
der man ſich nicht in den Sinn kommen laſſen Fann, 
ihren wirklichen Mugen abzuläugnen, Durch fie 
- allein würde ich meine Mühe ſchon völlig belohnt 
halten, wenn mir gleich meine Arbeiten nicht auch 
zugleich den Vortheil gewaͤhret hätten, daß ic) igt 
ein tiefverborgenes Geheimniß der Natur, befler zu 
fennen, als meine Vorgänger mir mit recht ſchmei— 
cheln fann. Ich fage nicht, daß ic) es völlig durch» 
forfchet habe. Das innere der Natur bleibe erſchaf⸗ 
fenen Geiftern auf ewig verfähloffen, nur ein ver- 
ſtohlner Blick in ihre Geheimniffe, wird uns, doc) 
nur felten, erlaubet. | ' ae 
Die Berbindlichfeit, welche ein jeder Menfch hat, 
für das Wohl feiner Mitbürger zu arbeiten, lege auch 
mir die Pflicht auf, meine Entdeckung, die gemein- 
nügig feyn kann, auch allgemein bekannt zu machen. 
Sch ftelle fie willigft der Aufmerkfamfeit des Pu- 
blici, befonders derer dar, Die nichts geringere, als 
ihr geben, dem Werkzeuge anvertrauen, um deflen 
Vollkommenmachung ich gearbeitet habe, und für 
deſſen Berbefferung man fich nie zu viel — 
ann, 


/ 


und des Seecompafied. 565 


eu: wenn man fih, für den Vortheil des menfchli- 
chen Gefchlechts zu arbeiten, zum Ziel ſetzet. 

Eine Magnetnadel, ift allemal um defto vollkom⸗ 
mener, je richtiger ſie die Weltgegenden zeiget, und 
ſie thut dieß allemal um deſto genauer, je groͤßer die 
Kraft iſt, mit der ſie zu ihrer natuͤrlichen Lage, wenn ſie 
aus derſelben gebracht worden, zuruͤckgezogen wird, 
und je geringer der Widerſtand iſt, der dieſe Rück: 
kehr hindern Fönnte Die Naturfündiger ſowohl, 
als die Berfertiger ver Seecompafle, haben fich 
deswegen eifrigft bemüher, die Mittel zu finden, 
dadurch die Hinderniffe. möglichit vermindert, die 
Stärfe ver dem Compaß eingegoffenen magnetifchen 
‚Kraft aber, möglichft vermehret werden koͤnnte. 
Zwar find fie in beyden Stücden nicht unglücklich 
gewefen, allein fie haben fich felbft gewiſſermaßen 
betrogen, und einen Hauptumftand, bisher gänzlich 
zu beobachten vergeffen. 

Man wird es ohne Ziveifel ſehr toiberfinnig * 
den, wenn man mich behaupten ſieht, daß eine Com⸗ 
paßnadel eine ſehr große magnetiſche Kraft befigen, 
und daß nichts deftomeniger die Kraft, mit der fie in 
ihre nafürliche age zuruͤckkehret, fehr geringe feyn 
fonne; ja, daß man überhaupt aus der Stärfe der. 
magnetifchen Kraft einer Nadel, auf die Größe der 
Richtungskraft, ſehr unrichtig ſthueße wenn man 
nicht einen gewiſſen, bisher nie bekannten Um— 
ſtand, zugleich in Acht nimmt. Man goͤnne 
‚mir aber etwas Aufmerkſamkeit, fo hoffe ich bie 
Wahrheit meiner Pesenptung rehen HER 
zu Den, 


Rn oh 6 


566 Verbeſſerungen der ) % 


Ich muß), um alles deutlich zu — zu dem 
| erfien Urfprunge der Richtungskraft der Magnefnas | 
del zurüd gehen. Die Naturfündiger achten ſich 
‚heut zu Tage überzeugt, daß die. Erde felbft ein grof- 
fer, mit feinen Polen verfehener Magnet ſey. Eben 
dieß behaupten fie von der Magnetnadel, die fie für 
nichts anders, alseinen nad) allen Seiten frey be⸗ 
weglichen Magneten halten. Es wirkt alſo die Er⸗ 
de auf die Magnetnadel nach eben denen Geſetzen, 
nach denen zwey Magneten auf einander zu wirken, 
gewohnt ſind. Das nordliche Ende der Nadel, wird 
alſo von dem nordlichen magnetifchenPole der Erde ans 
gezogen, von dem füdlichen aber abgeftoßen, und eben 
fo wird der ſuͤdl. Theil der Nadel, vondem Südpolder 
Erdkugeln angezogen, und von dem Nordpol abgeſtoſ⸗ 
ſen. Dieſe vier Kraͤfte wirken alſo beſtaͤndig auf eine 
jede Magnetnadel, und da ſie frey beweglich iſt, muß ſie 





* ihnen nachgeben, und ſich in diejenige Stellung le- 


gen, in welcher diefe Kräfte-im Gleichgewichte ſind, 
und ſie mit gleicher Kraft, nach einer ſowohl, als 
nach der andern Seite, drehen. 

Magnetiſirt man eine Nadel, ſo iſt bekannt, daß 
dieſelbe mit. ihrem einem Ende der nordlichen, mit 
dem andern der ſuͤdlichen magnetiſchen Kraft theil⸗ 
haft werde. Man muß nicht glauben, als ob dieſe 
Kräfte nur den aͤußerſten Enden der Nadel, einge- 
drückt werden, es ift bekannt, daß fie ſich vielmehr 
Durch Die ganze Laͤnge derfelben, verbreitet befinden. 
Es muß alfo -in einer jeden Magnetnadel einen 
Punck geben, ‚der, die mit der nordlichen Kraft, be= 
gabte Theile, von denen, welche die ſuͤdliche befigen, 
abſcheidet. Diefen Punct, will ich, der Kürze wegen, 
in der Folge, den magnetiſchen Mittelpunct u 

| ine 


* und des Seecompaſſes. 567. 


Eine jede Magnetnadel beſitzt alſo einen ſolchen 
magnetiſchen Mittelpunct, und derſelbe wird, nach 


Umftänden, eine verſchiedene Lage ha⸗ 


ben koͤnnen. Ich wuͤßte nicht, daß jemals von ir⸗ 


gend einem auf die Lage dieſes Puncts die geringſte 
Achtung ſey genommen worden, und nichts deſtowe⸗ 
niger iſt dieß ein Umſtand, der bey Verfertigung 
der Magnetnadeln von äußerfter Wichtigkeit ift, und 
von dem die Größe der Richtungsfraft einer Nadel, 
größtentheils abhängt. | 
Man ftelle ſich vor, cd in der I Fig. fey eine Mas 


gnetnadel, die fi) um ihren Mittelpunct z, auf ih 


ver Spige frey herum drehen Fann. Der magnetis 
ſche Mittelpunct, fälle alsdenn entweder, auf den 
Mittelpunct der Nadel, oder er liege fonft irgendwo, 
»Einm Mir wollen die Folgen diefes letztern 
Falls unterſuchen. 

Sehen wir erſtlich bloß auf die Wirkung des 
Nordspols der Erde, auf eine Nadel, von ſolcher 
Beſchaffenheit, und ſeben ‚ABfe die magnetifche 
Mittagslinie, von welcher die Nadel abgebrache iſt, 
und mit ihr den Winkel Aab machet, fo zieht. ber 


Nordpol der Erde jeden Punct in dem Stüfebm 
der Nadel nach den Linien »p, »p an fi), und wen« 


def daher eine Bemühung an, die Nadel nach der 
Direction 54 zu drehen, und fie in die magnetifche 
Mittagslinie AB zurück zu bringen. - Eben diefer 
Pol aber ftöße, das übrige Stüd der Madel mc 
nach den Richtungen gr, gr, und st sz vonfich, Die 
zroifchen z und c angewandten Kräfte sz, sz beſtre⸗ 
“ben fich, die Nadel nach, eben der Direction als die 
Er np, np zu drehen, und fie der ar 
nd, AB 


BEE EEE 
- “ * 






368 Berbefferungen Der Rage 


AB zu nähern. ‚Allein die Kräfte 7 
auf die Theile zwifchen z und m wir 
ganz entgegengefeßte Wirkung. S | 
die Magnetnadel ihrem Antriebe folgen : J wuͤrde ſie 
ſich nach m f drehen, und alſo, ſtatt der Mittagslinie 
AB ſich zu nähern, ſichemehr und mehr von ihr 
entfernen. . Die Radel wird alfo gegen die Mit: 
tagslinie nur von dem Ueberfchuffe ver Kräfte np, sr 
über die. Kräfte ‚getriebe qr.geteieben. - 


In Abficht auf: den fülichen Pol der Erde, und 
‚feiner Wirkung auf dieMagnetnadel, finder ein glei» 
es ftatt. Er zieht .das Stud. cm der Nadel, 
nach den Directionen st st, und gr, gran fich, das 
Stuͤck mb aber, ſtoͤßt ev nad) den Richtung »p, »p 
von fich. „Hier fiimmen nun wieder die Wirfungen 
der Kräfte st, st und ap, np mit einander zuſam⸗ 
men, die Nadel nad) der Direction bd zu drehen, 
und fie in die magnetifche Mittagslinie AB zuruͤck 
zu bringen. Die Kräfte.gr, gr aber ſtreben ‚wie 
derum, die entgegengefegte Wirkung hervor zu brin- 
gen, und bemühen fih, die Nadel nach der Dire— 
ction gf zu drehen, folglich. fie von der Mittagslinie 
AB zu entfernen. Auch bier ift alfo die Richtungs- 
fraft der Magnetnadel nur der Ueberſchuß der Kraͤf⸗ 
 fert,st, und zp, np über die —— der Kraͤfte 
ar. gr. 

Ich ſetze hier die Direction der Kräfte, nach de: 
nen die magnetifchen Pole der Erdkugel auf die Na: 
del wirfen, unter fich, und mit der Mittagelinie AB 
parallel. Die in Bergleichung der $änge einer Ma- 
Br — große Entfernung der Pole, * 

laubet 


md des Seecompaſſes. 569 


mir, dieß ohne den geringſten Jierthum befor- 
| gen zu dürfen, voraus zu feßen. 


Itzt wollen wir uns Fig. II: eine andere Ma- 


‚gnetnadel be vorftellen, in der wir annehmen wol⸗ 


len, daß der magnetiſche Mittelpunct der Nadel z, 

um den fie ſich drehet, genau zufarhmen falle. 
Alsdenn ift das ganze Stück ac der Nadel mit der 
füdlichen, das Stuͤck zb aber mit der nordlichen ma— 
gnetifchen Kraft verfehen. Der Noröpol der Erde 
zieht Daher das Stuͤck ab nach den Directionen np, 
npanfich, das Stüf ac aber ftößt er nad) dem 
Richtungen s2, st von fih. Beyde Kräfte drehen 
alfo die Nadel nach der Direction 434, und ftreben 
fie in: die Linie 4 B zurüdizu bringen. Hier findet als 
fo fein Verluſt ftatt, fondern die ganze Kraft des 
nordlihen Pols der Erde wird ige wirklich ange: 
mandf, die Magnetnadel in ihre natürliche Sage zu= 
ruͤck zu "bringen. Eben fo wenig arbeitet die Kraft 


des ſuͤdlichen Erdpols ſich ſelbſt zum Schaden. Sie 


zieht den Theil ac der Nadel nach den Richtungen 
st, st, von Theil ab aber ſtoͤßt fie nad) ven Dire— 
ctionen ap, ap von fih. Beyde Kräfte beftreben 
fid) ganz , die Nadel zur Mittagslinie AB zurüd zu 


Ä ziehen, und hier findet nicht, twiein dem vorigen Falle, 


einige Wirfung ſtatt J die das Gegentheil zu thun, | 


angewandt würde. _ 
Keine Magnetnadel alſo, als nur Diejenigen, in 
denen der magnetifche Mittelpunct, mit dem Mittel: 


puncte der Bewegung zufammen fälle, wenden die 


ganze magnetifche Kraft, fo fie befißen, an, fich in 


- ihre natürliche Sage zu fegen. Alte andere gebraus 
- hen einen Theil ihrer I ft, ſich felbft zu hindern, 


und 


570 Verbeſſerungen der Magnetnadel 
und ihre Richtungskraft zu vermindern. Wie ſehr 
irret man alſo nicht, wenn man bey Beurtheilung 
der Güte einer Magnetnadel, bloß auf die Größe. 
ihrer magnetifchen Kraft ſieht, und die Lage des 
magnetiſchen —— in Obacht zu ziehen, ver⸗ 
ſaͤumet? 

Vielleicht giebt man mir in alle dieſem Recht, 
man glaubet aber, daß dennoch meine Bemerkung 
vielleicht nur von geringem Mugen ſey. Es kann 
feyn, denkt man, daß die gervohnte Art eine Magnet⸗ 
nadel zu ffreichen, fo befchaffen ift, daß durch diefelbe 
der magnetifche Mittelpunct allemal in die Mitte der 
Tadel gebracht wird. Man bat alfo den Fehler 
vielleicht nicht gekannt, aber dennoch Durch einen 
glücklichen Zufall aud) ung unmwiffend vermieden. 


Es kann feyn, ic) läugne es nicht, wenigftens waͤ⸗ 
re dieß nicht der einzige Fall, wo die Menſchen das 
Beſte blindlings gefunden haben, und es ohne zu 
wiſſen beſitzen. Ich habe mir auch ſelbſt dieſen Ein⸗ 
wurf gemacht. Die Erfahrung kann allein ent 
fcheiden, ob er gegründer fen, und ich habe fie wirk⸗ 
Lich zu Rathe gezogen, | 

Ich habe verfchiedene, von andern, auf gewoͤhnli⸗ 
che Art geſtrichene Magnetnadeln, und unter andern 
drey, von einem beruͤhmten ehemaligen Kuͤnſtler in 

Amſterdam, Herrn Meg, verfertigte Declinations⸗ 
nadeln unterſuchet, allein alle habe ich mit dem ge⸗ 
dachten Fehler behaftet gefunden. Auch nicht eine 
hatte den magnetiſchen Mittelpunct in ihrer Mitte. 
Ich habe ſelbſt Magnetnadeln und ſtaͤhlerne Stan⸗ 
gen, nach der gewoͤhnlichen Art geſtrichen, Si 
au 


* 


uund des Seecompaſſes. 571 


ae ift es mir nie gelungen, den magnefifchen 
Mittelpunct, mit dem Mittelpuncte der Nadel oder 
Stange zufammenfallend zu machen. Ich fehmei« 
chele mir. fo gar, eine Regel gefunden zu haben, 
‚Durch deren Hülfe man den Dre des magnetifchen 

Mittelpuncts in einer nach) gewöhnlicher Art geftris 
chenen Nadel, zum Voraus beftimmen Fann, und 
aus welcher erhellet, daß faft niemals, und nur in eis 
nem gemwiffen Falle, den man aber ohnftreitig nie 
mals beobachtet hat, der magnetifche Mittelpunkt, 
- feine gehörige Lage befommen koͤnne. Man urheile 

über die Wahrheit meiner Regel, aus den folgenden 
Erfahrungen. | 


Ich ſtrich verfchiedene Etangen Stahl, von uns 
terfchiedener Laͤnge, deren Breite und Dicke aber 
faft genau eine Linie betrug, die vorher ganz und gar 
feine magnetifche Kraft beſaßen, nach gewöhnlicher 
Art, und maaß vorher den Abftand der beyden Pole 
des Magneten, den ic) gebrauchte, von einander. 
Mach geendigter Operation, maaß ich den Abftand 
des magnetifchen Mittelpuncts von demjenigen En« 
de der Stange, welches bey diefer Art zu magnetifis 
. ‚ren von dem Magneten zulegt berübret wird... Den 
Erfolg diefer Verſuche zeige Die folgende Tafel, 


Laͤnge 


‚572 Verbeſſerungen der Magnernadel 


. $änge der. Abftand der Pole Abſtand des magne⸗ 
Stan- des Magneten v. tiſchen Mittelpuncts 











gen. einander, . ‚von dem Ende ver . 
| Stangen. 

Sl In tin. Zoll." Uinien » Linien 
Ti, 0X 1er. — I BE 
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6 z 9 I = 1 1 ⸗ —18 
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2 a: 27 6m 2,99 > 
—69 2., Vale a o 

3 - 6 2 s 5 ee .® 6 j 
ER NELD RE ER I Re 


verſchiedne dieſer Stangen, habe ds als ein ⸗ 
mal gebraucht, allein ich habe ihnen alsdenn allemal 
vorher, durch ſtarkes Gluͤhen ihre magnetiſche Kraft 
benemmen ‚ ehe id) mich ihrer zum zwentenmale-be- 
Dienet. 

Sollte die Betrachtung diefer Berfuche 4 nicht 
Wilaß geben, zu glauben, ver Abftand des magnetis 
ſchen Mittelpuncts, von dem Ende der geftrichenen 
Etange, fey allezeit dem Abftande der Pole des Ma- 
gneten, deflen man ſich bedienet, gleich? Wenigſtens | 
ftimmen die erften vier Verſuche, mit diefer Kegel 
vollfonimen überein. Es ift wahr, daß die vier letz⸗ 
ten etwas mehr abweichen. Allein, eben diefe ſind 
es, welche mit den ausgeglüheten Stangen angeftellt 
find. Ich babe mic) durch viele Berfuche verſi— 
chert, daß cs überaus ſchwer hält, durchs Gluͤhen, 


bie BR Kraft, gaͤnzlich zu vernichten Eben 
dieſe 


und des Seecompaſſes. 53 


Diefe —— beſaßen auch nach dem Gluͤhen, ei- 

ne, obgleich ſchwache, dennoch merkliche, magnetiſche 
Kraft. Iſt alſo nicht, nach aller Wahiſheina 
keit, der Grund einer minder genauen Uebereinſtim— 
mung in dieſen vier Verſuchen, in der Gegenwart 
einiger, von dem vorigen, noch uͤbrigen magnetiſchen 
Kraft, zu ſuchen? 

So fehr alles dieß meine Regel beſtaͤtiget, ſo bin 
ich dennoch etwas furchtſam, ſie als gewiß feſt zu ſe⸗ 
tzen, ehe ich fie durch mehrere Verſuche geprüfer ba» 
be, Bis dahin will ich fie lieber für eine gegrün- 

dete Muthmaßung, als für eine erwiefene Wahrheit 
ausgeben. 

Sollte fie indeß wahr: (ein ‚ fo folgt aus ihr, daß 
nie in einer, nach gewoͤhnlicher Art geſtrichenen Ma— 
gnetnadel, der magnetiſche Mittelpunct ſeine gehöris 
ge Sage haben koͤnne, es ſey denn, daß die Länge der 
Nadel, genau dem doppelten Abftande der Pole des 
gebrauchten Magneten gleich fy. in Umftand, 
von dem alle Schriftfteller gänzlic) fehweigen, und 
der nach alier Vermuthung, noch nie bey Verfertia 
gung der Magnetnadeln, beobachtet worden. 

- Meine Bemerfungen über die Lage des magnetis 
ſchen Mittelpuncts, haben mir. nod) Gelegenheit ges 
geben, zu einer fehr wahrfcheinlichen Auflöfung einer 
gewiſſen ſcheinbaren Schwierigkeit zu gelangen. Es 
iſt eine gemeine Erzaͤhlung, unter den Verfertigern 
der. Magnetnadeln, daß nicht allemal der ſtaͤrkſte 
ze auch der Mavdel; die ſtaͤrkſte Kraft mitthei⸗ 
Sie theilen die Magnete i in eben folche Claſſen, 

ie man die Menfchen abtheilen Fönnte, in geizige 
‚und frengebige ; und fie behaupten, daß unter den 
Ben < Mas 


574 Verbeſſerungen der Magnetnadel 
Magneten, eben fo, wie unter den Men 
ſchen, der Reiche oft geizig, der Arme bisweilen 
freygebig fy. Dieß hat mir von je her faft un- 
glaublich gefchienen, und hätte dieſe Meynung nicht 
den fleißigen Naturforfcher, den Herrn Mufchen- 
broef * zum Gemwährsmann gehabt, fo wäre ic), 
vielleicht ſo dreiſte geweſen, fie ganzlic) zu laͤugnen. 
Itzt, duͤnkt michs, kann ic) diefe Schwierigkeit völ- 
lig heben. Ein ftärferer Magnet wird ohne Zwei⸗ 
fel der Nadel eine ftärfere magnetifche Kraft mitthei⸗ 
len, alsein fehwächerer. Allein die Stärfe ver 
Richtungskraft beruhet auf der Sage des magneti- 
ſchen Mittelpunets, und diefe hängt von dem Abftande 

der Pole des Magneten ab. Es kann alfo ſehr 
wohl feyn, daß bisweilen ein ftärferer Magnet, dem 
magnetifchen Mittelpuncte, eine unrichtige, der ſchwaͤ⸗ 
chere eine vortheilhaftere Lage giebt. Die mit dem 
erftern geftrichene Nadel kann alfo bey vieler ma- 
gnetifchen Kraft, eine geringe, die mit dem legtern 
magnetifirte, bey weniger magnetifihen Kraft eine 
größere Richtungskraft beſitzen. 

Das Publicum wuͤrde mir ohne Zweifel wenig 
Dank fehuldig feyn, wenn ich it abbräche, wenn ich 
mich begnügte, gezeigt zu haben, Daß es einen bey 
Verfertigung der Magnetnadeln bisher unbemerk⸗ 
ten, aber gewöhnlichen Fehler, gäbe, und wenn ich 
nicht die Mittel anzeigte, wie man Diefen Fehler er⸗ 
kennen, und ihm I koͤnne. en win 

i 


‚©, Tentadina Experim natur. captorum in Acad. 
del Cimentp, cum comment, Perri van Ban ben- \ 
 broeık. Paxs Il. p.78 fgg. 


und des Seecompaffed. 575 


Will man unterfuchen, ob in einer Magnetnadel 
der magnetifche Mittelpunct feine gehörige Lage habe, 
ſo verfahre man auf folgende Art. Man lege Fig.IlI. die 

Nadel ed auf einebenes‘Brett AB, das bey C etwas. 
ausgehople ift, umgekehrt, fo daß das Hütchen F indie 
Vertiefung C zu liegen kommt. Alsdenn bedecke 
man die Nadel mit einem dünnen Blatte Papier, 
und beftreue daffelbe ganz dünne mit etwas feinem 
Feilſtaub. Man verrichtet diefes am beften, durch 
Huͤlfe eines feinen Siebes. Nachher Flopfe man _ 
mit einem Hammer oder Schlüffel etlichemal gelin« 
de auf das Brett, Man wird alsdenn wahrneh⸗ 
men, daß fich der Feiljtaub, in eine gewiſſe Ordnung, 
ohngefähr wie in der IV Fig. lege, und der Dre des 
magnetifchen Mittelpuncts falle alsdenn unmittelbar 
in die Yugen. Der Feilftaub bilder gleichfam- ges 
wiffe frumme Linien, die gegen die Enden der Mas 
gnetnadelbe und ad divergivend aus einander laufen, 
an einer gewiſſen Stelle aber, wie bey ba, cirkelfoͤr⸗ 
mige, oder. elliptifche Linien darftellen. Der Mita 
telpunct diefer elliptifchen Linien », ift auch zugleich. 
der magnetifche Mittelpunck, und man Eann alfo den 
Ort defielben ohne Mühe auf dem Papiere verzeich- 
nen, und feinen Abftand von der Spitze der Nadel c 
oder d abmeffen, und beftimmen, ob er in die Mitte 
der Nadel falle, oder nicht. 
Man follte ſich diefer Art, die Magnetnadeln zu 
unterſuchen, um deftomehr bedienen, da fie ungemein- 
geſchickt ift, noch einen andern, fehr fchädlichen aber 
nicht ungewöhnlichen Sehler der Magnetnadeln; zıs 
entdecken. Bey der gewöhnlichen Art, die Magnete 
nadeln zu ftreishen, befommen diefelben nicht —— 
| efona 


576 Berbefferungender Magnetnadel a 


befonders, wenn fie, etwas lang find, ‚mehr als zwey 
‚Pole. Einem Nordpol folge nämlich ein Südpol, 
diefem ein neuer Nordpol, alsdenn ein anderer 
Suͤdpol und fo ferner. Ich fage hievon nichts meh» 
rers. Da die Maturfündiger ſchon vorlängft vor 
diefem Fehler gewarnet haben, muß die Sache felbft 
billig niemanden, ver Magnernadeln verfertiget, oder 
fich ihrer, zu feinem Gebrauche, bedienet, undefanne 
feyn. Auch diefen Fehler entdecket die von mirx an— 
gegebene Art eine Magnetnadel zu unterfuchen, un: 
gemein gut und ficher. Eine Magnetnadel die mehr 
als zwey Pole hat, muß ohnfehlbar, auch mehr als 
einen magnetifchen Mittelpunet, haben. Der, nach 


‚ ber von mir angegebenen Art, aufs Papier geftreuere 


Feilſtaub, entdeckt fie aber.alle, fo viel ihrer find, 
ohnfehlbar. Ich Fann mich nicht genug wundern, 
daß niemand vor mir, auf diefe fo natürliche, und fo 
ſichere Art, Magnetnadeln zu prüfen, gefallen ift, 
Herr Muſchenbroeck * ſelbſt, der ſich fonft in dieſer 
Sache ungemein viel Mühe gegeben, bedienet fich 
bey Unterfüchung dieſes Fehlers der Nadel, einer 
ganz andern, ungemein unſichern Merhode, 


Das wichtigſte, was ich zu leiſten habe, iſt ohne 
Zwelfel, daß ich endlich noch die Wege angebe, durch 
deren Hülfe man den Sehler der Magnetnadeln, von 
dem ich bisher, geredet habe, vermeiden, und dem 
magnetifchen Mittelpuncke, allemal die gehörige und 
vortheilhaftefte Sage geben kann. Wie foll man 

j 7 y ’ r vers 
2S. P.wan Mufchenbroeck Diflert, Phyficae expe- 


Ey 


rim. et geomett. pag. 243 faq. 


und des Seecompaſſes. 577 E; 


— um diefen Endzweck zu erhalten? Soll 
‚man die gemeine Art die Nadeln zu fireichen, * 
behalten ? Thut man es, fo kann man ſich keine 
Hoffnung machen, die Magnetnadeln in gehoͤriger 
Vollkommenheit zu verfertigen es ſey denn, daß 
man zum Streichen einer Nadel, allemal einen Ma» 
gneten auffuchre, deſſen Pole genau um die Hälfte 
der änge, der zu ftreichenden Nadel, von einander 

abftehen. So fünnte man alfo mit einem beftimm- 
ten Magneten nur Nadeln von einer beftimmten 
$änge verfertigen, und wie befchwerlich märe dieß 
nicht? Man laſſe alſo lieber die gewoͤhnliche Art, 
Magnetnadeln zu ſtreichen, gänzlich fahren, und be⸗ 
diene ſich fünftig ftatt ihrer, einer andern Methode, 
die ich, mit völliger Ueberzeugung von ihrer Borzügs 
lichfeit, anrathe. 

Man verlaffe den Gebrauch der natürlichen Ma: 
gneten, gänzlich, und bediene ſich, ſtatt derfelben, der 
magnetifchen Stangen des Heren Canton. Man 
nehme, Fig. V. zwo dergleichen Stangen AB und 
CD, bey welchen die mit einem Kreuze bezeichnete 
Enden die Suͤdpol die unbezeichneten die Nordpole 
darſtellen, auf eine —* Art, wie in der V Fig. ab» 
gebildet worden, jufammen , halte aber ihre untere 
Enden B und D, mit einem zwifchen gelegten Stück 
chen Holz Evon einander, fo, daß fie etwa um eine 
$inie von einander entfernet find. In diefer Lage 
feße man die Stangen genau auf die Mitte der zu 
ftreichenden Nadel. Die man auf dag, in der UI 
Fig. vorgeftellte Brett A B, auf die vorhin angege- 
bene Art geleget hat. Alsdenn ziehe man beyde 
Stangen, die man fergfältig in ie Sage erhalten 

24 Dand, 20 muß, 


578 Berbefferungen der Magnetnadel 


muß, mit einem mäßigen, aber fo viel möglich, inte 
mer gleich ftarfem Andruͤcken fo oft es beliebig, etwa 

zehn oder wanzigmal auf der Nadel hin und her. 
Zuletzt fuͤhre man die Stangen genau wieder in die 
Mitte der Nadel zuruͤck, und wenn dieß geſchehen, 
ſo entferne man ſie in einer horizontalen, auf die Laͤn⸗ 
ge der Nadel ſenkrecht ſtehenden Linie, von derſelben. 
Es wird alsdenm nie fehlen, daß nicht der magneti⸗ 
fhe Mittelpunce mit dem ARiteelpmiete ber Nadel 
zuſammen fallen ſollte. 


Man muß bey dieſem Berfahren, einige Kegeln ie 
obachten, die ich noch Deutlich anzuzeigen verbunden 
bin. Man führe die Stangen nie über die Enden 
der Nadel heraus. So bald nämlich das Ende der 
Stangen B oder Ddie Spiße der Nadel d oder e 
erreicht hat, fo ziehe man fie wieder zurück gegen bie 
andere Spige der Nadel, und man gebe Acht, daß 
allemal beyde Enden der Stangen B und D auf der 
Nadel ftehen bleiben. 


: Man beobachte ferner, daß beyde Hälften der. 
Nadel AF und Fe gleich ofte geftrichen werden, 
Wenn man alfo zu Anfange, z. E; von der Mitte 
aus zuerjt gegen d geftrichen hat, fo führe man zu« 
lege die Stangen nicht von d, fontern von e aus, 
wieder in die Mitte zurück, und entferne fie alsbenn 
von der Nadel, 
Verfaͤhrt man auf dieſe Yet, fo wird alsbenn bass 
- jenige Ende der Nadel, gegen welches. der Suͤdpol 
‚Ber Stange AB gefehre war, der nordliche ‘Pol, 
das andere Ende *— dem der nordliche Pol ne der 
| * 


und des Seecompaſſes. 579 
Sie De augekebret war, der fübliche Pol der 
eh — Art ann man bie Nadel auf 


| * einen Seite ſtreichen. Dieß iſt aber nicht ges 


Es iſt vielmehr ganz nothwendig, daß ſie 
en auf ber andern "Seite geftrichen werde, wenn 
man ihr. den ganzen Grad der magnetifchen Kraft, 
deren fie fähig ift, mittheilen will. Allein hier läße 
ſich das bisher befchriebene Verfahren, welches das: 
jenige iſt, deſſen fich Herr Canton bedienet, die Fünft- 
lichen Magneten zu ftreichen, nicht anwenden. Das 
auf diefer Seite gewöhnlicher Weife angelöthete Hits 


hen, verhindert, wie man leicht einſieht, daß wech⸗ 


ſelsweiſe Hin⸗ und Herſtreichen mit den Stangen 
gänzlich. Man ift.alfo gezwungen, auf diefer Seite 


eine andere Art zu ftreichen anguivenden. 


Man fann hier ohne Zweifel am beften — mit⸗ 
ſcheliſche Art brauchen. Man ſetze nämlich beyde 
Stangen AB und DC zugleich in einer ſchiefen La— 
ge, auf die Mitte dev Nadel, auf die in der VL Fig, 
abgebildete Art. Man beobachte dabey, daß man 
auf diejenige Hälfte der Nadel, fo der Nordpol wer⸗ 
den foll, 3. & ad, ven füdlichen Pol B der Stange 
AB auf die fübliche Hälfte der Nadel de, aber, ven 


Nordpol D der Stange DC fege, Alsdenn ziehe 


man zu gleicher Zeit, Die Stangen AB von der 


. Mitte der Nadel gegen ihr Ende d, die Stange-DC 
‚aber gegen das Ende der Nadele. Darauf führe 


I 


a a — — — 
+ 


man beyde Stangen zugleich wieder in die Mitte zu: 
IR und dieß Berfahren wiederhole man etwa 10 
=: .90\2 | bis 


‘5 


u x \ ) ; Pa TEEN — 
580 Verbeſſerungen der Magnetnadel 
bis 20 mal. Zuletzt bringe man beyde Stangen 
wieder in die Micte, und alsdenn nehme man fie in 
einer horizontalen, auf der Laͤnge ver — ſentrech⸗ 

ten Linie von derſelben weg. 

Es waͤre ſehr zu wuͤnſchen, daß ‚man nicht ges 
zwungen wäre, diefe Art, die Nadel zu ftreichen, zu 
gebrauchen, und daß man fich auf beyden Seiten, 
der cantonifchen Art zu magnetifiren bedienen koͤnn⸗ 
te. Ich habe gefunden, Daß bey der mitfchelifchen 
Art, der magnetifche Pie ittelpunct oͤfters etwas ver⸗ 
rück wird, und nicht völlig genau in die Mitte der 
Nadel zu liegen fommt. Ben der cantonifchen Are 
hat man, wenn man gehörig verfährt, Dieß nicht zu 
befürchten , und überdem finde ic) fie, in Abſicht auf 
die Größe der magnetiſchen Kraft, welche fie mit- 
theilet, beffer, als eine jede andere. Sollte man die: 
fer Hinderniß nicht bequem dadurd) abhelfen koͤn⸗ 
nen, wenn man das Huͤtchen fo einrichtete, daß man 
es jedesmal, wenn man die Nadel ftreichen will, be: 
quem wegnehmen fonnte? Man wird leicht eine 
Einrichtung erdenken fonnen, die diefen Endzweck zu 
erhalten, dienlich ift. Bielleicht findet man die fol 
gende nicht unbequem. 

Man löthe Fig. VII. an das Hütchen AB an bey» 
den Seiten ein: dünnes meßingenes Blech AD und 
BC. Un jedes -derfelben befeftige man zwey cylin⸗ 
driſche Zapfen ef. gh und kl mm und zwiſchen ih⸗ 
nen durchbohre man die Bleche mit ein paar Loͤ⸗ 
chern 7 und ⸗, in deren jedes man eine feine Mut— 
ferfchraube einfchneider. Die Nadel EF durchboh⸗ 
ve man an beyden Seiten ‚ des auf das: Hütchen 


paflens 


und dei Seecompafled, 


Paflenden Soches z, mit drey Löchern 4, », s und v, 
w. x von welchen g, s, v und x,auf bie chlindriſchen 
Zapfen ef, gh, kl, mn, die beyden andern, s und w 
aber, auf die Loͤcher, und p paflen. Man fann als⸗ 
denn das Hütchen, durch Hülfe ver beyden Schräub: 
chen yund z, ander Nadel befeftigen, aber auch 
allemal bedürfenden Falls, fehr leicht vn ihr: * 
nehmen. 

Eine ſolche Eineichtung der. Nagnetnabefn, wuͤr⸗ 
de, außer dem, von mir angezeigten, noch einen an⸗ 
dern Mugen, haben koͤnnen. Kinige Naturkenner 
haben den Borfchlag gethan, daß man die Magnet: 
nadeln fo einrichten folle, daß man fie nach belieben 
umfehren, und die obere Seite der Madel, unten le⸗ 
gen koͤnne. Man verfpricht fih davon den Bor 
theil, daß man,- ob die. magnetifche Directiong- 
linie, wirklich, durch die Mitte: der Nadel gebe, 

durch das Umkehren der Nadel, werde erforſchen, 
und wenn es nicht ift, den, daher entfpringenden 
Serehum in der Declination der. Nadel, werde, be- 
ftimmen Fönnen *%. Man fiebt leicht, daß bey der 
von mir ‚angegebenen. Einrichtung der Nadel, das 
Hürchen ohne Mühe, von der obern, ‚Seite der Nas 
del fönne meggenommen, und. auf der. unten befeſti⸗ 
get werden, und daß alfo, der Angeiätte Erwech 
dadurch koͤnne erreichet werden. 
| Yiuh ‚20 3 eh END Ich 


* S. des Herrn Prof. Zeiher Nova aan i inven- 
ta phyfico-mechanica,, in feiner He Va hohen Na⸗ 
menstage Ihro Kaifel, Majeſt. 1757 — Sept, 
gehaltenen Rede. | 


m Vebefferungen der Magnetnadel 
Sch muß noch hinzu fügen, daß ich Die, von mir 
— Art, Compaß⸗ und Magnetnadeln zu 
ſtreichen, in’ aller Abſicht für die befte halte. : Mar | 
glaube nicht, daß etwa Diefelbe, zwar in einem Stuͤ⸗ 
cke, einigen Vorzug vor der gemeinen Art habe, in 
anderer Abſicht aber vielleicht unvollkommener, als 
dieſe, ſey. Sie verdienet, vor der gewoͤhnlichen, ohne 
alle Ausnahme, den Vorzug. Ich verlange nicht, daß 
‚man mir aufmein bloßes Wort glaube. Ich bin willig, 
‚den. Beweis zu führen, und ‚meine $efer werden. mir. 
daher erlauben, daß ich alle. Bortheile, der von mir 
angebenen Art Nadeln zu magnetiſiren, kurz aus 
einander ſetze. 
Sch zähle unter die Dorzüge Deren vor der ge 
woͤhnlichen, 


3) Daß man überhaupt einer jeden Nadel auf 
diefe Ark, eine weit ftärfere magnetifche Kraft 
mittheilen fönne, ‚als durch das gewehnliche 
Verfahren. 


2) Daß man auf diefe Art Magnetnabein. von 
glashartem Stahl verfertigen Fonne, da man 
Hingegen bey der gerwöhnlichen Are fih ge 
zwungen fieht, entweder ganz weichen, ober 
aufs hoͤchſte federharten Stahl, zu gebrau⸗ 
den: Man erhält hiedurch den großen Vor⸗ 
theil, daß auf dieſe Art verfertigte Nadeln ihre 
magnetiſche Kraft, weit laͤnger ohne Vermin⸗ 
derung erhalten, als die ——— ar 

dem aber erhält man 


3) Den zuerft gedachten DVortheil in ißgeier 
Vollkommenheit. Denn glasharte Nadeln 
| , find 





und des Seecompaſſes. 583 


BR eines weit größern Grades der magnetis 
ſchen Kraft fähig, als diejenigen, welche aus 
weicherem Stahl verfertiget find. 

4) Bey der gewoͤhnlichen Art, Magnetnadeln zu 
ſtreichen, iſt es, befonders, wenn fie etwas 
lang find, faſt unvermeidlich, daß fie nicht 
. mehr als zwey Pole befommen follten. Bes 
dienet man fich aber: des: hier angegebenen 
 Berfahrens: fo bat man diefen Fehler nicht 
zu befürchten. Cs hat das Anſehen, daß 
‚man durd) daffelbe, Nadeln von weit größerer 
als gewöhnlicher Länge, werde verfertigen koͤn⸗ 
nen, die dennod) nicht mehr als zwey Pole be⸗ 
ſitzen. Ich habe duͤnne aber einige Fuß lan⸗ 
ge Stangen Stahl auf dieſe Art geſtrichen, 
und mich durch die Erfahrung ſelbſt verſi⸗ 
chert, daß ſie dem hier gedachten Fehler nie 
unterworfen waren. Zu dieſen vier Vorthei⸗ 
len ſetze ich endlich noch den von mir entdeck⸗ 
ten hinzu, daß 

5) man es in ſeiner Gewalt habe, dem magneti⸗ 
ſchen Mittelpuncte allemal diergehörige Lage zu 
geben, und folglich der Nadel den 
Grad der Richtungskraft, der mögli 
‚mitzutheilen. Ein Bortheil, ven man bey 
der gemeinen Are niemals, oder doch fehr fel: 
ten und nur zufälliger Weife erreiche, 


Man bat gefagf, und vielleicht in gewiffer Abſicht, 
nicht mit Unrecht, daß aus den Erfindungen und 
Arbeiten der Menſchen, ein bewundernswuͤrdiger 


Do4 — Fleiß 


584 Verbeſſer. der Magnetnadel ꝛc. 
Fleiß hervor leuchte: Sollte Man aber wohl nicht 
eben fo viel Recht haben, fich über. —— 
keit und Kaltſinn, die nuͤtzlichſten Erfindungen, ſich 
zu Nutze zu machen, zu wundern. Wenigſtens 
giebt uns die Schifffahrtskunſt ein erſtaunenswuͤrdi⸗ 
ges Beyſpiel davon. Unzaͤhlige Menſchen wagen 
ihr Leben in dem ungeſtuͤmen Meereswellen mit dem 
äußerften Leichtſinne, ohne fich die Mühe zu geben, 
ſich eine große Zahl der wichtigften Erfindungen, fo | 
die Mathematiker und Naturlehrer ans Licht ge- 
bracht, bekannt und zu Nutzen zu machen, und nicht 
wenige. von ihnen ſind ein Opfer ihrer Unmiffenheie 
und unvergeblichen Trägheit. Ich hoffe keineswe⸗ 
ges, daß meine hier vorgefragene, gewiß nicht unnuͤ⸗ 
Se, Bemerfungen, ein beſſer Schickſal haben wer—⸗ 
den. Vielleicht verfließt ein halbes Jahrhundert, 
ehe man ſich ſie zu Nutzen machet. Es iſt gewiß 
nichts leichtes, die Menſchen auf ihren eigenen Bor: 
theil aufmerkfam zu machen. 








. 

4 
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., 


u. Bom 


| ‚585 
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8 h * sp j 

NEON ART 4 00 WR 
Vom Gebrauche 
f HK ge \ 
Kreuzbeeren. 
Aus dem Gentleman’s "Magazine. Sept. 1759. 
| ‚Seite 401. . 


N a bie Jahreszeit die Kreuzbeeren (Buckthorn 
) berries) einzufammlen itzo da ift, wünfchte 

‚ich, daß Sie diefen Brief, in dem nächften 
Stuͤcke Ihres Magazins befannt machen möchten ; 
indem ich hoffe, daß das, was ich mittheilen will, 
von: allgemeinem Mugen feyn wird. 


A 


Der —9 iſt den meiſten Perſonen 
unangenehm und widerlich, und gleichwohl iſt er ein 
ſehr gutes abfuͤhrendes Mittel. Wenn man aber 
aus dem Safte von den Kreuzbeeren einen Rob, 
oder eine Öallerte machet, wirft diefes ungemein bes 
quem und wohl, und thut eben die Dienfte als der 
Syrup. Ich machte etwas davon in dem vorigen 
Sabre, und gab es einigen Armen aus meiner Nach⸗ 
barfchaft, im Geftalt von Fe, mit gutem Ers 
jolge, ein. 


Do 5 | Die 


ss Vom Gebraude 


- Die Art, diefe Gallerte sujubereiten, I befteht dar⸗ 
innen „daß man die reifen Beeren zerquetſcht, und | 
den Saft durch ein Sieb durchfeiger, alsdenn den=. 
felben in einen irdenen weiten Ziegel auf einem ge= | 
linden Feuer ausduͤnſten läßt, Bis er zu einer Galler» | 
te wird, dabey man aber in Acht nehmen muß, ihn 
beftändig umzurühren, damit er nicht anbrenner, 
wodurch ſonſt die Kraft verloren 1. gefen 
wuͤrde. 


Ich habe die Menge von dieſer Gallerte, die ich 
einnehmen ließ, nicht gewogen, ich verordnete. nur 
einem Manne, vier bis fünf mittelmäßige Pillen 
Abends beym Schlafengehen, und den folgenden 
Tag fruͤh Morgens noch zwey mehr einzunehmen, 
und diefes alle zwo Stunden zu wiederholen, bis fie 
zu wirken anfiengen. Kindern gab ich, * Ver⸗ 
haͤltniß ihres Alters, weniger. 


Da dieſes ein ſehr wohlfeiles und gutes Din 
mittel ift; fo wollte ich, daß die Apotheker ſich fol- 
ches empfohlen feyn laffen, und daffelbe verfertigen 
und verfuchen möchten. Es würde auch ein großer 
Vortheil für das arme Volk feyn, wenn diefelben, 
oder andere gutehätige Perfonen, daffelbe verferti« 
gen und für fie aufheben wollten ; die Koften find 
fehr geringe, indem Fein Zucker darunter kommt; 
und man kann mit ein wenig —— * wei 
Daraus machen. 


Da öfters andere Beeren für un ver⸗ 
kauft werden, beliebe man — merken, daß bey F 
“Wahr 





der Kreuzbeeren. ii ie 587. 


— Wegdorn, (Buckthorn)' fi in jeder 
Beere vier Saamenkoͤrnchen finden, und daß wenn 
fie auf weißem Papiere — werden, ſie * 
be gruͤnlicht farben, | 


Diefe Gaflerte A eben die "Dienfe die 
fonft ein Arztneymittel von diefer Gattung. leifter, 
ausgenommen bey Fiebern, mo fie zu hitzig iſt; denn 
bey Fiebern ift eine oder höchftens anderthalb Unzen, 
von dem gemeinen epfonifchen Salze (fo pflegt man 
diefe Arten von Salz zu nennen, ob fie gleich in der 

That nichts weiter, als the Bittern, von Seewaſſer 
find,) in einer halben Pinte gemein Waffer aufges 
Töfer, viel befier und Fühlender ; und wird manche 
Sieber abwenden, wenn man es fogleich einnimmt, 
fo bald ı man 1 nicht wohl befinber, 





1m. Yuszug 


— 





ee 


Aue. — 
Aug aus einem Burfe | 
Johann Eininge, 


M. D. zu Charles Town, in Suͤd⸗ Karolina, a 


an Carl Pinckney, ee 


Esq in London; 


nebſt deſſen Beantwortung ber an ihn | 
ergangener Fragen, feine electrifchen: Berfuche mir 
‚einem papiernen. Drachen betreffend. | 


Aus dem 48ffen Bande Ber pbitofoppifchen ER 
actionen. 


> fende biebey in dei be Einlage Antworten auf 
die Sragen, die Sie mir. wegen, des Verſu⸗ 
ches mit dem Drachen vorlegten. 

Seit dem vergangenen Monat May, wo ich die⸗ 
ſen Verſuch machte, habe ich noch keine Gelegenheit 
gehabt, einen neuen "anzuftellen , weil ich den ganzen 
Sommer und Herbft Bindurch mit dem Podagra 
befchwert gewefen bin. Vielleicht hat mich diefes 
vor dem unglücklichen Schickſal bewahrer, welches 
den Profefior Richmann betroffen hat. In dem 
Daily Advertifer vom Donnerftage des 27 Septem⸗ 
bers diefes Jahres, befindet fich eine umftändlichere 
Bu von dieſem unglücklichen Zufalle. * 

* er 











electriſche Verſuche betreffend. 589 
dieſer Nachricht erhellet, daß der Profeſſor eine 
Drahtkette hatte, welche von der eiſernen Stange, die 
er aus ſeinem Hauſe aufgerichtet hatte, durch die De— 


cke einer Gallerie zu einem eiſernen Stabe, der in ei⸗ 


nem mit Waſſer, und Eifenfeil angefuͤllten glaͤſernen 
Gefaͤße ſtand, geleitet war; und daß er dieſer eiſer— 
nen Stange fo nahe ſtand, daß fein Geſicht nicht eis 
nen Fuß meit Davon entfernet war. Wenn nun von 
diefer eifernen Stange, oder von der Drahtkette an 
derfelben, Feine Kette auf die Erde hinabhieng: fo 
ift es Fein großes Wunder, daß er getödtet wurde, 
Es würde mir fehr angenehm feyn, wenn ich erfah- 
ren Fönnte, ob die eiferne Stange auf feinem Haufe, 
zu der Zeit, als der Verſuch angefteflet wurde, ver- 
mittelft eines Metalles, mit der Erde Communicas 


tion hatte? Denn wenn diefes gewefen ift: fo befin 


det fich bey diefen Berfuchen mehr Gefahr, als ich 
geglauber habe. Es wird in diefem Blatte gleich» 
falls gefagt, daß die electrifche Nadel, welche er bes 
trachtete, Feinen Schaden that. ich verftehe nicht 
recht, mas dieſe electrifche Nadel war, und es würde 
mir angenehm feyn, Machricht davon zu erhalten. 


⸗ 


Ich weiß nur, daß eine Magnetnadel, wenn ſie auf 


einer ſcharfen Spitze auf der Hauptroͤhre geſetzt wird, 
ſich, ſo bald dieſe Roͤhre electriſch genug wird, mit 
fo großer Geſchwindigkeit herumdrehet, daß dag eies 
ctriſche Feuer, welches aus beyden Spigen der Nas 
del fährt, einem Seuerfreife gleich fieht. | 


Antwort 





590 Beantwort. verſchieden rFrage 
Antwort des Dr. eining, Aa 
auf die ihm vorgelegten ragen 


Erſte Frage. 


We war ihr Drache, und das Seil, woran er in 
die Höhe gelaffen wurde, gemacht, ‚und aug 
welcher, Materie ?_ Und wie hoc) flog er von der 
Erde? | 
% Antwort, Der Drache, den ih hatte, mar 
gemacht, wie gewöhnlich: nur überzog ich denfelben 
nicht mit Papier, fondern mit einer Seide, die ala- 
mode genannt wird. Das Geil war ein gemeines 
dünnes Seil von Hanf, von drey Strängen. Ein 
feidenes Seil würde die. Electricitaͤt nicht fortpflan⸗ 
zen, wenn es nicht beſtaͤndig naß gehalten wuͤrde; 
und eine Drahtkette würde, außer andern Beſchwer⸗ 
lichfeiten, auch zu fehwer gemefen feyn. Ich hatte 
fein Inſtrument, womit id) die Höhe des Drachen 
hätte meſſen koͤnnen; aber ich glaube doch, daß. er 
wenigſtens 250 Fuß hoch getrieben wurde, Ih ließ 
ihn a om Taͤge fliegen. ea 


Zweyte Frage. 

Sie ſagen: „alles electriſche Fluidum, oder der 
Blitz, gieng aus der Wolfe, und entladete fich i in die 
zuft; darauf erfolgte eine größere KHeiterfeit, und 
man hörte nicht mehr das ſchreckliche Geröfe des - 
. Donners, das man vorhin ermartete.,, Nun moͤch⸗ 
ten wir gerne wiffen, ob die Heiterkeit der $uft, deren 
Sie gedenken, fo beſchaffen er wie fie zu feyn pfle= 
get, . 





electriſche Verſuche betreffend, 501 
get, wenn die Wolken in Sommerdonnerwettern 
verſchiedenemal laute Donnerſchlaͤge haben hören laſ⸗ 
ſen; und ob ſich in der Luft Wetterſtrahlen ſehen 
ließen, wenn ſie durch den Drachen den Blitz aus der 
Wolke herausgebracht hatten, ſo wie es in einer 
Sommernacht gemeiniglich zu geſchehen pfleget, 
wenn wir ein Donnerwetter gehabt haben ? Denn 
wenn fich folche Strahlen nicht fehen ließen, fo glau= 
be ich, daß Ihr behaupteter Sag, alles electrifche 
Fluidum, oder aller Bliß, fey aus der Wolfe her- 
ausgebracht, feine gute Gewißheit hat ; wenn aber 
ſolche Strahlen nachher erfolgten : fo bilde ich mir 
ein, daß noch etwas von der electrifchen Materie zus 
rücgeblieben feyn müffe. Et 


Antwort. Während der Zeit, daß ic) den Blig 
aus der Wolfe zog, und auch noch einige Zeit herz 
nach), regnete es: hiedurch wurde die Dicke ver Wol« 
fe verringert, und folglich mußte eine größere Hei— 
terfeit erfolgen ; und die Menge des Bliges, die aus 
der Wolfe, oder vielmehr aus ihrer Atmoſphaͤre ge= 
jogen wurde, war groß genug, daß die Wolfe in 
der Stadt auf diefen Nachmittag nicht mehr don= 
nern Fonnte: ob es gleich fehr nad) Donner ausfahe, 
‚ ehe ic) den Drachen fliegen ließ. Aber ich Fann 
mic) io nicht mehr erinnern, ob eben diefe Heiter- 
feit erfolgte, welche nad) einem Donnerwetter zu erz 
folgen pflege, und ob fid) am Abend Werterftrahlen 
zeigten. Wenn man dergleichen, fo wie am Som— 
merabend, und befonders nach Donnermettern, nach« 
ber gefehen hätte, fo Fönnte es aud) feyn, daß fie aus 
andern Wolfen, welche vor der Stadt vorbey gezo⸗ 

| | ‚gen 


—* 


592 Benntwort. verfchiedened Fragen, 


gen wären, und welche zu weit entfernet waren, daß der 
Drache darauf wirfen koͤnnen, entftanden wären. 


Wenn drey.electrifche Wolfen, die wir-A, B und 


TC nennen wollen, von Werten nach Dften ziehen, 
und fo neben einander, und gegen Diefe Stade hin 
daß die Wolfe B nicht nur nach der Breite und Laͤn⸗ 
ge der Area der Stadt gleich) ift, fondern auch Ver⸗ 
tical über derfelben fteht, und eine electrifche Atmo— 
fphäre hat, die tief genug herunter teichet, daß man 
mit feharfen Spigen, fie mögen auf Drachen in die 
Höhe getrieben werden, oder aus Häufern aufgerich- 
tet ftehen, auf diefelben wirfen kann; fo fann man 
aus der Wolfe B, ehe-fie noch über der Stadt weg⸗ 
zieht, ihre Electricität fo weit herausziehen, daß fie 
fo lange feine Werterftrahlen mehr geben kann, bis 
fie minder electrifche Wolken antrifft, und denfelben 
ſehr nahe koͤmmt. Aber die Wolfen A und C, wel⸗ 
che in ihrem Jaufe von der Stadt, gar zu weit ent- 
fernet wären, als daß man mit diefen Spigen auf 


— 


ſie wirken koͤnnte, ziehen in ihrem electriſchen Stan⸗ 


de fo fange fort, bis ſie Wolfen, oder andere wenig⸗ 
ftens ſolche antreffen, welche weniger electrifch find. 


Geſetzt, die Wolfe A begegnet, oder nähert fich nach= 


ber der Wolfe B, welche eines, großen Theils ihrer 
Electricität beraubet war, oder einer andern niche 
electrifchen Wolfe, fo wird fie auf einmal einen Theil 


ihrer Electricität in B, oder in Die nicht electriſche 


Wolfe entladen : und, wenn fie ſich in die leßte ent⸗ 
ladet, die wir D. nennen vollen, ſo wird fie in die 
ſem Schlage von ihrer Electricität. fo viel abgeben, 
daß beyde gleich viel von der. Electricitaͤt erhalten; 





electriſche Berfuche betreffend. 593 
di. wenn A hundert Grade der Electricitaͤt haͤtte, 
und D nur feine natürliche Quantität, fo wird nach: 
dem Ausbruche, jede funfzig haben. : Alsdenn if D 
im Stande, in eine nicht electrifche Wolke auszu⸗ 
brechen 5 aber. diefer Ausbruch wird weit fhmwächer 
ſeyn, alg der Ausbruch aus Az weil D, indem fie in 
eine nicht electrifche Wolfe ausbricht, nur eine Hälfs 
te abgeben wird, (wenn dieſe beyde Wolfen gleiche 
Größe haben, ) d. i. fünf und zwanzig Grad ihrer 
Electricität: Wenn fie aber auf ein Haus, einen 
Baum, oder desgleichen, ausbräche : fo würde die 
Hätte des Schlages dem erften gleich feyn; weil fie 
in diefem Falle ihre ganze Ladung von Electricitaͤt 
auf einmal ausfchürten Fann, welche angenommener: 
maßen funfzig Grade war. Hieraus fehen wir, daß eis 
ne einzigeelectrifche Wolfe viele Donnerfchläge geben 
kann; und dieſe Schläge, welche urfprünglich aus 
diefer kommen, ſchwaͤcher werden, weil fid) die ganze 
Duantität der Eleckricität endlich in viele Wolfen 
vertheilen Fanırz und hieraus Fann man verfchiedene 
Erſcheinungen, welche man in einem Donnermwerter 
wahrnimmt, und welche nach demfelben erfolgen, era 
klaͤren. Wenn man demnach aud) an dem: Abende, 
nachdem diefer Verſuch mit dem Drachen angeftelles 
war, einige Wetterſtrahlen gefehen hätte, fo fehen 
Sie doch, wie diefe Fönnten erzeuget feyn, die Wol⸗ 
—* mochte ihre Electricitaͤt verloren haben, oder 
nicht. N Tr 
Electriſche Wolfen Haben eben ſowohl eine electrifche 
Atmofphäre, als der Haupfconduckor, wenn er electri⸗ 
ſiret ift ; und der Diameter diefer Atmofphäre wird,cze. 
‚teris paribus,ein Verhaͤltniß zuder Größeder Wolfe 
* 24 Band. P p A haben. 


594 Beantwort.verfhiedener gragen, 
haben. Mein dünnefter Hauptconductor hat Re 
— und einen halben, Zoll im Durchfehnitt; und wenn 
er völlig geladen ift, fo breitet ſich feine Atmoſphaͤ⸗ 
re bis auf. drey Fuß um die Oberfläche des Con⸗ 
ductors aus. Wie groß muß alfo die Weite der 
Atmoſphaͤre feyn, die eine völlige electrifche große 
Wolfe umgiebe? Vielleicht Kann fie rund um die 
Wolfe viel hundert Fuß breit feyn, und fo tief her- 
unter gehen, daß fie fo gar die Erde berührer: und 
wenn diefes ift, fo kann man einen Menfchen, oder. 
eine metallene Stange, welche auf der Erde auf ei- 
nem Pechkaften fteht, electrifiven, und Funken dar⸗ 
aus ziehen. 
Wenn eine Spige in die Atmoſphaͤre gebracht 
wird, fo kann fie die ganze Quantitaͤt der Electrici- 
tät nicht aus derfelben ziehen, wenn fie nicht ſo nahe 
fommt, daß die Wolfe auf dieſelbe ausbrechen kann; 
und wenn dieſes geſchieht; ; fo muß die Wolfe eine _ 
Eommunication mit der Erde haben, durd) irgend 
einen nicht electrifchen Körper. Segen Sie, eine 
electrifche Wolke hat eine Atmofphäre, welche rund 
um fie her von der Oberfläche ab, 90 Fuß tief if; 
und theilen fie diefe Atmofphäre in drey Theile A, 
und C, jeden Theil zu 30 Fuß im Durcfihnite; 
wenn alsdenn eine metallene Spiße, a, auf einem 
Drachen, oder fonft wo, aufgerichtet worden, und 
entweder vertifal, oder horizontal in das Innerſte 
der Atmofphäre C reicher, fo wird diefe Spitze fo 
lange wirfen, bis eine Duantität von Blitz, die der 
in diefer Atmofphäre enthaltenen Duantität gleich 
koͤmmt, herausgezogen ift, und nicht länger, Denn 
da alsdenn ber halbe x dla der — 
| u 
[ f 


electriſche Verſuche betreffend. 595 
su 60 Fuß gebracht ift, fo ift das übrige alles hö« 
ber, und fann von der Spitze a nicht berührer 
werden, und ift daher außer ihrer Wirfungss 
fphäre.. Bringen Sie. aber diefe Spitze indie At— 
mofphäre B. fo wird fie, wie vorher wirken, und fo 
MBRaIE ee: 7 000) 





_ Die Wahrheit deffen, es mag der allgemeinen 
Meynung von der Action fcharfer Spigen, um die 
Eleetricität, oder den Blitz Herauszubringen, nod) fo 
fer zu wiberfprachen fcheinen, kann aus folgendem 
Ani Pr2a Ver⸗ 


596 Beantwort.verfchiedener Fragen, 
Verſuche an dem Hauptconductcor erläutert wer⸗ 
den.  Electrifiret den Haupfconductor in einem fin. 
ftern Zimmer , und ziehet die Kugel weit genug von 
demfelben zurück, Damit aus der Kugel Feine neue 
Electricitaͤt in denfelben übergehe, indem ihr mit ei⸗ 
ner Spige die electrifhe Atmofphäre wegnehmet. 
Alsdenn bringet eine Spige, entweder vertikal, oder 
‚horizontal, oder in jedweder anderer Richtung, dem 
Hauptconductor auf zwey Fuß nahe: fo wird diefe 
piße eine Zeitlang leuchten. - Wenn dieſes Sicht 
verſchwindet, fo bringet die Spige dem Eonductor 
drey bis vier Zoll näher, alsdenn werdet ihr eine 

‚gleiche Erfiheinung ſehen; und wenn ihr die Spitze 
nach und nad) immer näher bringet, fo oft das Licht 
an derfelben verſchwindet, fo wird fie bald leuchten, 
bald finfter feyn, bis ihr Die ganze Atmofphäre, La⸗ 
ge für Lage, abgenommen habet. Da die Spike 
immer ftärfer feuchter, je näher fie dem Conductor 
koͤmmt; ſo kann die electriſche Sphäre) verfihiedene 
Grade der Dichtigkeit haben, und vielleicht zu⸗ 
naͤchſt an dem Conductor dichter, und weiter von 
entfernt, duͤnner ſeon. Wenn man an den 

onductor eine Flaſche hängt, wenn diefer Ber 
ſuch angeftellet wird : fo wird das Licht an der 
Spige weit ftärfer feyn, und länger dauren. 

Dritte Stage, 

Machten Sie einen Verfuch, in welcher Weite 
Sie mit dem ausbrechenden electriſchen Fluido aus 
einem Schlüffel, oder aus einer daran gebängten 
Flaſche, ein Thier toͤdten fönnten? 
Antwort. Ich babe bisher. noch feine Gelegen⸗ 

heit gebabr, einen folchen Verſuch mit dem Drachen 

* | zu 


electriſche Verſuche betreffend. 597 


zu machen. Was aber den Schlüffel betrifft, fo 
‚glaube ich, daß Fein Thier durch den Ausbruch einer 
Quantitaͤt der Electricität, welche in einem Schluͤſ⸗ 
fel gefammlet ift, getödter werden kann: weil der 
Schluͤſſel in diefem Berfuche eben das ift, was fonft 
der Conductor, und fo, wie diefer, nur eine gewiſſe 
$age von Electricität annehmen kann: es fey denn, 
daß der Blitz gar zu geſchwind in dem Geil berun« 
ter flöffe, eder, daß der Drache der Wolfe fo nahe _ 
kaͤme, daß fie ausbräche, wenn eben jemand auf der 
Erde dem Schlüffel nahe Fame , um Funken daraus 
zu ziehen : ein folher Schlag würde freylich dem, 
der den Verſuch machte, aller Wahrfcheintichfeie 
nach, eödelich ſeyn. ak | 
Wenn man eine Flaſche an den Schlüffel haͤngt, 
ver bereits feine Lage empfangen hat, fo wird das 
übrige, wenn man fie hängen läßt, aus dem Hafen 
der Flaſche herausfahren, und die Flaſche wenn fie auf 
diefe Art ihre Sage empfängt, wird feinen ftärfern 
Schlag geben, als wenn man.ihr auf Die gewöhnliche 
Art mit der "Kugel ihre Ladung gegeben härte, 


a? L. 





598 Anmerkung von den Ohren 

* — * * * * —V — x FREE 
Anmerfung | 

Be Eben 


den Ohren des Seepferdes ", 
"ehe —J 


— Mercure de France, Juin 1756. S. 133 »137. 


uͤberſetzt von 0 
66 ie Zergliederer ſind uͤber die Verg 






ung, wel⸗ 

che man zwiſchen den Fiſchohren und zwiſchen 
der Lunge der Athem holenden Thiere anzu⸗ 

ſtellen pflegt, ziemlich einſtimmig. Das Waſſer iſt, in 
Anſehung ihrer, dasjenige, was die buft in Betrachtung 
unſerer iſt. Allein, die unter denen Theilen der unter⸗ 
ſchiedlichen Arten von Land» ſowohl als Waſſerthie⸗ 
ren, ſo mannigfaltig herrſchende Verſchiedenheit 
—— * 9 * N bringe | 

s Das Gee- oder Meerpferd wird auch Walrog, 
Roßmar, im Lateinifchen, Hippopotamus genannt. 
Herr von Juͤßien hat Obfervations fur quelques 
olfements @ une tefte \d*Hippopotame, in die Memoi- 


‚ res de P’Acad. de Paris, vom Jahre 1724. ©. 209 
„215. einruͤcken laſſen. Ueberſ. 


deg-Seepferded. 599 


bringe ung auf die. Muthmaßung, daß ihre $unge 
und Ohren an diefen verfchiedenheiten Theil haben 
muͤſſen % Die Zerglieverungskunft finder bloß 
bey demjenigen, mas in unfere Sinne fällt, ftatt; 
und aus diefem Grunde gehört das Zierliche und 
Kunftreiche unferer werfzeuglichen Einrichtung vor 
diefelbige gar nicht. BA J 


Ich habe die Lunge beſtaͤndig als Druͤſen betrach⸗ 
tet, welche dazu gemacht find, dasjenige, was bey 
jedwedem einzelnen Körper zu Unterhaltung feinet 
KR 6— 

* Hiervon handeln fonberlich : A conjeure concer- 
aing the bladders of Air, that are found in Fifhes, 
communicated, by A. I. and illuflrated by an expe- 
siment , fuggefled by Rob. BOYLE, ſteht im roten 
Bande der Philof. Transadt. auf3 Jahr 1675. N. 
114. ©. 310. f. A letter, VVritten to Henry OL- 

| DENBVRG, byMr. Jobn RAY, containing ſo- 
me‘ confiderations on the conjecture in Numb. 114. 
of she Philf. Transact. about the fvimming blad- 
ders in Fifhes, ftcht ebendaf. N. 115. ©. 349 :351. 

M. Aurelii SEVERINI Antiperipateticus , f. de 
refpiratione pifeium adverfus Ariflotelicos diatriba, 
fo zu Neapel 1654 und 1659 in Folio herausge⸗ 
fonmen. Anmerkungen über die Blaſen der 
Fiſche, ft. in Hanows Seltenb. der Natur und 
Gekon. Th.ı1. &.610 fgg. Des älteen Herrn du 
VERNEY Memoire fur la circulation du Sang 
des poiſſons, qui ont. des ouyes, et für ‚lear vefpiration, 

- in den Memoires de l’ Acad, de Paris ‚vom Jahre 
1701. ©. 224:239. und in der vom Herrn 5. R. 
von Steinwehr beforgten Ka in ITh. 
Breßl. 1749. gr. 8. S. 646⸗663. Uebaf, 


⸗ 





So Anmerkung von dem Ohren 


gefunden Beſchaffenheit unentbehrlich war, aus der 


Luft zu ziehen. Dieſe Geſchicklichkeit, gewiſſe Theile 


einer Fluͤßigkeit in ſich zu ziehen, und die andern zu⸗ 
rüc zu ftoßen, muß man der Gleichheit oder Vers 
twandtfchaft der hereintretenden Theile, mit derjenis 
gen, welche denen Canälen, durch welche fie fliegen, 
eigenthuͤmlich iſt, geſucht werden. Wo ſollen wir . 


aber ein Vergroͤßerungsglas zu Betrachtung dieſer 


Dinge antreffen? Bey dem Ausathmen fehen wir 


wohl, daß der größte Theil der Luft herausgeſtoßen 
‚wird ; wir wiffen aber nichts von dem Berhältniffe, 
welches ſich zwifchen dem hereingelaffenen und ber: 
ausgeftoßenen Theile befindet; und dasjenige, wag 


wir aus’ den bey der Zergliederung Der Thiere ber: 


auszubtingenden Entdeckungen erwarten ‚Fönnen, iſt 
die Auflöfung einer. großen Anzahl derjenigen. Yuf- 
gaben ‚ worüber eben-fo viel Mennungen dafür als 
dawider find: - Vielleicht wird man bereits aus ge» 
genwärtigem Eingange im voraus vermuthen, daß 
ich in den Ohren des Seepferdes etwas beſonderes 


angetroffen haben muͤſſe. Es iſt * — auch 
vollkommen gegruͤndet. 


Nachdem ich fehr bief Sr en —— in, 


ſowohl von See = als Flußſiſchen unterſuchet, habe 
ich zwar augenſcheinliche Veränderungen gefunden, 
jedoch ift in. denen Blättern, woraus fie zuſammen 
gefegt find, beſtaͤndig etwas wirklich gleichfoͤrmiges 
geweſen, dergeftalt, daß man daraus den Schluß 


bat ziehen Fönnen, daß es ſich bey allen Arten Fiſche, 
ſie moͤgen ſich im Jüpen # oder aber im Meerwafler, 


aufs 


des Seepferdes. = 


aufhalten, darinn auf einerley Art und Weiſe ver⸗ 
halte, wiewohl es nicht mit der Verſchiedenheit ihres 
Baues, und ihrer Lebensart, welche gaͤnzlich davon 
abhaͤngt, uͤbereinſtimmt 9 —J 
Im Seepferde habe ich dasjenige, was ich 
angetroffen." Es hat vor allen andern Fiſchen eine 


ganz ſonderbare Geſtalt. Sein Hals, und ein Theil ! 


feines Kopfes, fo mit dem Pferde eine Aehnlichkeit 
Br find der Grund feiner Benennung) gewefen. 
"Die Are feines Schwimmens gleicht derjenigen, tvel- 
che man bey andern Wafferthieren bemerfet, im ge⸗ 
ringften nicht; überdem ſchwimmt es auch fehr lang⸗ 
ſam. . Es befist an beyden Seiten des Kopfes zwo 
fehr zarte Floßfedern, welche es eben fo, mie ein 
Zweyfalter feine Flügel, berveget. Auf dem Rüden 


ſuchte, 


hat es noch einen andern Schmetterlingsflügel‘, wel⸗ 


va 


’ DPI... a m BEE 


* Es find bie Kiefern betrachtungswuͤrdige ‚und 
böchftkünftlich gemwebte Theile an dem Baue der 


Fiſchkoͤrper. Sie beſtehen in acht Hoblfeblen,mit 


acht aufgefegten Kämmen und Sederblättlein 


ſammt haufigen Blut = und Puldadern, Nerven und 
Flechten zu beyden Seiten des Kopfs, welche das 
mit Luft gefchwängerte Waffer ſowohl annehmen, 
als weglaffen, Luft zum Herzen führen, und daher 
das Blut zu fich, und durch den ganzen Körper 
. deiten. ©. Job. Gottfe. Ohnef. Richters Ich⸗ 
sbyotheologie, Keips. 1754. 8. S. 65. Scheuch- 
3er behauptet, daß in den Branchiis, oder Fiſchoh⸗ 
ren einer Karpfe uber vier taufend Beinleim, und 
eben fo viel pulsadrige Aeſtlein mit Spanne und 
Blutadern fich befinden. Ueberſ.— 


602 Anmerkung von den Ohren 
her mie gelben und ſchwarzen Streifen verfehen ift, 
and den es auf eben die Art, wie unſer Frauenzim⸗ 
mer ihrem Fächer bewegt. Sein Schwanz hat eine 
Aehntichkeit mit dem Schanze einer Eider: er ift 
vieredige, und in der That nichts anders, als eine 
Fortſetzung der Wirbelbeine, welche mit. einer bloſ⸗ 
fen Haut umfleider find. Da er viel zu fchlafen 
pflegt *, und ihn das Meer waͤhrendes Schlafes 
ang Ufer werfen Fönnte, fo gehzuun.. er die Vorſich⸗ 
tigkeit, und hänge ſich mit feinem Schwanze an **, 
und fest fich foldergeftalt außer Gefahr, Man 
koͤnnte von ihm fagen, daß er ung den Gebrauch des 
Anfers gelehrt hat, in eben dem Verftande, da man 
zu fagen — deß uns die Schwalben bauen ge⸗ 
| ji lehrt 


5 E⸗ if dieſes Thier, weil e fett und vollblůtig iſt, 
dem Schlafe ſehr unterworfen, daher ſucht es, um 
ſich im Muͤßiggange zu pflegen, Oercer, die gar 
nicht, oder ſchlecht bewohnt ſind, und geht, ſich 
wegen ſeines allzu vielen Fettes abzuküblen, am 
Eis, welches am Ausfluffe des Dby, des Senifeo, 
Lena, Ko * und um das tſchukiſche Vorgebirge 
das gar ahr durch liegt, weshalb er gern an 
den een diefer unbewohnten Eifander bleibt, 
GS.. ©e. Wilb. Stellerd ausführliche Beſchrei⸗ 

* * von ſonderbaren B— Malle 1753. 
90 8.,6.44. Mebaf. Ä 
ve Man vergleiche bey dieſem Umfande des Herrn 
von Reaumuͤr Abhandlung des differentes manieres, 
dont ‚plufieurs eſpeces d’ animaux de Mer f’ atta- 
eben au fable, aux pierres, et les ans * ſo 

in den. Memoires de Acad. de Paris, p. J. i7ui. 
S. 136. befindlich iſt. Ueberſ. | 


ron des Seepferdes. 603 


pre abe. » Meine 
nicht, eine natürliche Gefchichte von diefem Fifche zu 
liefern; ſondern ic) Fomme vielmehr auf meine Bes 
merfung wieder zuruůkck.. 


"Sein Kopf endiget fich beynahe in eine etwas 
aufgeivorfene Spiße. Das runde Loch, melches 
felbigen durchbohret, koͤnnte man mehr als ein Arc 
von Trompete, als wie einen wirklichen Rachen bes 
trachten; es befist felbiges gar Feine gersößnlich dar- 
an anzutreffende Theile, iveder Zunge * noch Zähne 
u.f. mw. Es iſt weiter.nichts, als ein Canal, wo⸗ 
durch es das Waſſer und die Nahrung einfchlucke. 
Es beſitzt eine Art von Kinnbaden, welche ſich in 
die Höhe heben, und wieder niederfallen, und unter 
welchen die Ohren liegen; fie haben mit denen bey 
andern Fifchen anzutreffenden nicht‘ die geringfte 
Aehnlichkeit; es ift weiter nichts, als ein Haufe Flei- 
ner rautenförmiger blaßrother. Kugeln, welche Fleine 
Hügel darftellen, Die in der Mitte mit dunfelrochen 
Puncten gezeichnet find. Es ift mir nicht das ges 
ringſte von Blätterchen, dergleichen man bey andern 


La FR 


ben das Wafler "unmittelbar in ihre Höhle ein, fo, 


— 


ee“ S. Sceph. LORENZINI Obf. de linguis pifelum J | 


welche in den. Mifcellan. Nat. Cur. v. J. 1678 und; 


1679, Obf, 176, befindlich iſt. Lieberf, 


604 Anınerflung von den Ohren x — 


niederfallen: ſo muß es durch ʒwey oben an ſeinem 
Kopfe befindliche kleine Loͤcher wieder herausfließen. 
Es find dieſe Löcher ſo groß, daß man eine dicke Na: 
del hinein ſtecken kann. Sie find dergeftalt gemacht, 
daß fie zwar das Waſſer herauslaſſer ſen koͤnnen; wenn 
aber ihre Waͤnde zuſammen treten, verurſachen ie, 
Daß von außen. fein Waſſer hinein fließen kann. 


Ich halte die ſe Wahrnehmung fuͤr neu, ‚und, dag 
Aehemnbolen ift eine zur Erklärung der natürlichen 
. Befchaffenheiten des Körpers dermaßen weſentliche 
Sache, daß alles, was auch nur in der aller gering» 
fen Verbindung mit 5 Fa FIR 
aus der Acht zu laſſen Ban 


Eroſte den 29 April. ART 0ER FASSEN 
2 a — in ai. | 2 erde. 





EEE LER * 4 * *** * * 


Affe Nariht 


des — Baron von Bielfeld 
Inſtitutions politiques. 


Hoeg bey p. Goſſe 
2 Tomes in 4to 1760, 


ie Staatswoiffenfchaft hat bisher das Stüc 

(Ss noch nicht gehabt, deſſen fich fait alle andere 
Wiffenfehaften rühmen Fönnen, das fie 
geinelich und vollſtaͤndig, in einer ſyſtematiſchen 
Ordnung vorgetragen waͤre. Die Urſache hiervon 
iſt leicht zu begreifen. Die Staatskunſt wird ent: 
weder von Staatsmännern felbft, oder von Philos 
ſophen in Schriften vorgetragen. Jenen fehlet es 
insgemein wo nicht an Gruͤndlichkeit, doch wenig— 
ſtens an einer. geſchickten Lehrart: dieſe aber leben 
groͤßten Theils von den Welthaͤndeln entfernet, und 
es mangelt ihnen daher nur allzu ſehr an einer pra⸗ 
ctiſchen Kenntniß der Staatsgeſchaͤffte. Daher 
kommt es, daß jene gute Sachen ſchlecht —— 
dieſe aber ſchlechte Materialien in eine mittelmaͤßige 

| Drbnung bringen. Je größer bisher der Mangel 
an einer brauchbaren Einleitung zur Staatswilfen« 
ſchaft geweſen ift, deſto erfreulicher iſt es, Daß wir 
jetzt demſelben durch einen Mann abgepolfen ſehen, 
— | an der 


re 0 

606 Herrn Bar. von Bielfeld 
. der feibfi in Staatsgeſchaͤfften gebrauchet, und auch 
in andern Wiffenfchaften. erfahren ift, wir meynen 
den Königl. Preußifchen Geheimenrath Herrn Ba- 
ron von Bielfeld. Er hat die Ehre gehabt, ven 
Preußifhen Prinzen Auguft Ferdinand, Bruder deg 
Königs, in der Staatswiffenfhaft zu unterrichten, 
und zwar größtentheils unter der Direction Sr. 
Majeftät felbft. Der Mangel einer foftematifchen 
Einleitung zur Politif veranlaffete ihn, ſelbſt d Fe⸗ 
der zu ergreifen. Wir wollen hoͤren, wie beſcheiden 
er ſolches in der Zueignungsſchrift an des gedachten 
Prinzʒens Koͤnigl. Hoheit meldet. „Erlauben Sie 
gunaͤdigſter Herr, fhreibt er, daß. ich Sie an die Zeit 
wieder erinnere, da der. König mich würdigte, mid) 
zum Anführer Ihrer Studien zu wählen und Ihnen 
die Staatswiffenfchaft zu lehren. Da mit ein —* 
matiſches Buch in dieſer Wiſſenſchaft mangelte, fo 
ſchien es mir leicht, Die Regeln einer: vorerefflichen 
Negierungsart, aus dem Negimente desjenigen 
großen Fuͤrſten zu ſchoͤpfen, der jetzt die Preußiſche 
Krone mit ſo großem Glanze traͤgt. Ich ſahe 
taͤglich Beyſpiele von allerhand Arc entſtehen, welche 
würdig wären, in. Regeln gebracht zu werden; und 
gewiß, es ift ein fehr günftiges Vorurtheil für mich, 
daß ich die. Staatswiffenfchaft unter dem Scepter . 
eines fo großen Herrn erlernet habe. Aber ich 
ſchwacher Prometheus habe.nur in der Eile, einige. 
Funken von dem Feuer entwenden fünnen, in deſſen 
Beſitze er allein ift, und ich erröthe, daß ich Eurer : 
Königl. Hoheit nur fo unvollfommen die Lehren bey⸗ 
gebracht habe, welche die Thaten des Königes, - 
Ihres Bruders, und zumeilen aud) fein Mund ı * 
| darbo⸗ 


‚Inftitutions politiques. 607 


darboten A) Dieſes iſt alſo die vortheilhafte 
Veranlaſſung zu den Infitutions Politiques par Mr. 
le Baron de Bielfeld, welche in diefem Sabre, in | 
"dem Haag bey Peter Goſſe dem jüngern, in zwey 
Duartbänden, deren jeder zwey Alphabet ſtark iſt, 
herausgefommen find. Es wird nad) geendigtem 
Kriege, noch der dritte Band hinzu gefüger wer⸗ 
den, welcher eine Abſchilderung des gegenwaͤr⸗ 
tigen Zuftandes von Europa nad) geographiſcher 
Ordnung in fich enthalten, von Portugal anfangen 
und mit dem Ottomanniſchen Reiche den Beſchluß 
machen wird. Die Vollftändigfeie, Gruͤndlichkeit, 
Se Ordnung, manche neue und bey andern vers 
geblich gefuchte Anmerfungen nebft der fehönen und 
angenehmen Schreibart, werden dem Hrn. Berfaffer 
einen allgemeinen: Beyfall erwerben, und fie veizen 
uns an, einen umftändlichen Yuszug aus diefer vor» 
züglichen Schrift zu liefern. Ä 

Der erfte Theil befchäfftiget ſich mit der inner⸗ 
lichen Kinrichtung eines Staats. Das erſte 
Capitel deſſelben iſt eine Einleitung, worinn der 
Herr Verfaſſer die Urſachen unterſuchet, warum die 
meiſten bisherigen Anweiſungen zur Staatskunſt 
unzulaͤnglich ſind, die Nothwendigkeit und den 
Mugen eines ſyſtematiſchen Lehrbuchs erweiſet, und 
die Huͤlfsmittel anzeiget, deren man ſich dazu be— 
dienen kann. Der Herr V. fand in den Maximen 
der alten Geſetzgeber Griechenlandes wenig brauch— 
bares. „Er unterſtand ſich alſo,„ wie er ſich (S.6.) 
ſelbſt ausdruͤcket, „mit verwegener Hand den 
Schleyer abzureißen, womit das Alterthum ums 
huͤllet iſt, und wodurch es unſern Augen oft viel 

ſchoͤner 


608 Herrn Bar, von Bielfeld 


ſchoͤner und ehrwuͤrdiger ſcheint, als es in der That 
iſt. Wie unvernünftig waren nicht Die Geſetze des 
Lycurgs, welcher denen Spartanern verbot, Hand⸗ 
werke zu treiben, und dadurch der Faulheit die Thore 
öffnete; der die Reifen in auswaͤrtige Laͤnder unter⸗ 
ſagete, und alſo eine reiche Quelle vieler nuͤtzlichen 
Entdeckungen verſtopfete; der dafuͤr hielt, das Gluͤck 
eines Volkes beſtuͤnde im Kriege, der die unver— 
ſchaͤmten nacketen Kaͤmpfe, zwiſchen Knaben und 
Maͤgdchen anordnete, und welcher der Jugend zum 
Rauben und Stehlen Anlaß gab, deſſen Geſetze 
uͤberhaupt ſo beſchaffen ſind, daß man ſie heutiges 
Tages nicht einmal einer Obrigkeit von Algier zu 
gute halten wuͤrde. Solon hatte mehrere Einſicht, 
und war nicht ſo ausſchweifend als Lycurg. Er 
ermunterte die Kuͤnſte und Wiſſenſchaften. Die 
Tilgung der Schulden zu Athen, vermittelſt der Er⸗ 
hoͤhung des Maafes und. der Münzen, war eine fo 
nuͤtzliche und Fluge Erfindung von ihn, daß Die 
neuern Financiers Fein befferes Mittel um einem er⸗ 
fhöpfeten Staate wieder aufzubelfen, Daben ers, 
denken koͤnnen, außer daß das befannte-Syftem des 
Law hiermit viel ähnliches hatte, ‘Dem ohner⸗ 
achtet fallen einige von Solons —— ins Laͤcher⸗ 
liche, z. E. wenn er einem reichen Frauenzimmer, 
deren Mann zum Eheſtande untuͤchtig iſt, erlaubet, 
dieſen Mangel durch den naͤchſten Verwandten ihres 
Mannes erſetzen zu laſſen (S. 8.). Draco war 
muͤrriſch und grauſam. Seine Geſetze waren mit 
Blute geſchrieben, er beobachtete darinn nicht das 
geringſte Verhaͤltniß zwiſchen den Verbrechen und 
Ben Strafen. Wie ungegruͤndet ift alſo die 
* | a 





 Inftitutions politiques. 609 


derung, womit viele für den berühmten: Draco, den 
“großen Lycurg, den göftlihen Solon und andere 
alte Gefeßgeber bezaubert find? Die Menfchen find 
zu.allen Zeiten einander ſowohl den Gemüthsgaben, 
als dem Körper nach, gleic) gewefen., Die Alten 
haben nichts mehr getauget, als wie wir heutiges 
Tages: oder man müßte glauben, daß ihre Pferde 
und ihre Bäume ebenfalls beſſer gewefen wären, als 
die unſrigen. Die Sitten haben fich zwar geändert, 
aber ein weifer Gefesgeber muß die Sitten nach den 
Geſetzen, und nicht die Gefege nad) den Eitten bil: 
den. In der Römifchen Gefchichte triffe man 
zwar viele herrliche Lehren für einen Staatsverftän- 
‚digen an, man muß fie aber mit großer Behutfams 
feit auf die gegenwärtige Verfaſſung von Europa 
- anwenden. Der Herr V. tadelt (E. 9.) an den 
. Römern, daß fie Die efeße der zwölf Tafeln von 
den Griechen entlehneten, die fich auf ihren Zuftand 
doch nicht fchicfeten, imgleichen daß fie- ihre Gräns 
zen fo ausnehmend erweiterten, daß ihr Staat end« 
lich unter feiner eignen Größe erliegen mußte. . Die 
Gefchichte der mittlern Zeiten ift noch unfruchtbarer 
an politifchen Marimen. Hingegen bat die neue 
Gefchichte von Europa einen Ueberfluß an weiſen 
Regeln und vortrefflichen Benfpielen. Sie ift die 
lautere Duelle, aus welcher der Freyherr von Biel— 
feld, feine Marimen, mit großer Ueberlegung ges 
ſchoͤpfet hat. | 
Das zweyte Capitel handelt von den Vorbe 
reitungs⸗ und Aulfswiffenfchaften zur Erler⸗ 
nung der Staatskunſt. Außer einem gluͤcklichen 
Genie und einer Flugen Lebensart wird zu einem 
24 Band. DO... 1.Staats- 


‚610 Herrn Bar. von Bielfeld 
Staafsmanne erfordert, 1) die Kenntniß ber ſchoͤ⸗ 
nen Wiſſenſchaften, 2) die Kunſt ſich geſchickt im 
reden und ſchreiben auszudrucken, und die hiermit 
verbundene Kenntniß der Sprachen, ſonderlich der 
lateiniſchen, deutſchen, franzöfifchen, englifchen und 
italianifhen, 3) eine Fertigkeit in derjenigen 
Schreibart, welche in Gefchäfften üblich ift, wovon 
die Briefe und Unterhandlungen des Grafen von 
Eſtrades, das befte Mufter find, 4) die Bered» 
famfeit, 5) die Kenntniß der Bernunftsmwiffenfchaft, 
6) des Natur: und Wölferrechts, 7) des allgemei- 
nen und 8) des deutſchen Staatsrechts, 9) des 
Privatrechts, 10) der Gefchichte überhaupt und in- 
fonderheit ver Gefchichte feines Baterlandes, ı1) der 
Geographie, 12) der Wappenkunſt und 13) der 
Genealogie. 

Das dritte Capitel redet von der Staats⸗ 
kunſt uͤberhaupt. Der Herr V. beſtimmet hier 
die Begriffe, Die man ſich von der wahren und fal⸗ 
fchen Staatsfunft zu machen hat. Jene beſteht in 
der Kenntniß der bequemeſten Mittel um einen 
Staat anfehnlih, und feine Bürger glücklich zu 
machen (S.20.). Erredet hierauf von denen verfchies 
dene Xegierungsformen und deren Mifchung. Unter 
beufelben räumet er derjenigen den Vorzug ein, in wel⸗ 
cher die König. Gewalt durch Gefege eingefchränfet 
wird (S. 25.). Die Wege zur Souverainität zu ge« 
langen, find: 1) das Succeſſionsrecht, wozu aud) 
Scenfungen und teftamentarifche Berordnungen we⸗ 
gen der Sander gerechnet werden (S.27.). 2)die Wahl, 
3) das Mecht der Eroberung. Nachdem er ven: 
' Begriff der Souverainitaͤt erörtert ( S. 29.), und 

| | den 


Inſtitutions politiques. 6 


den Schaden, melchen ein Status in ſtatu, bringt, 
unter ‚andern durch das Beyſpiel der Spanifchen 
Inquiſition gezeigee hat (SG. 30.), fo redet er von 
den Kennzeichen der höchften Gewalt, nämlich von 
dem echte Gefege zu geben, zu richten, Unter— 
obrigfeiten und andere Bedienten zu verordnen, 
Auflagen zu machen, Krieg und Frieden zu befchliefs 
ſen, Buͤndniſſe zu treffen und Gefandten zu ſchicken. 
Er nennet hierauf die fünf Haupfgegenftände einer 
innerlichen guten Staafsverfaffung, wovon in 
diefem evften Theile des Werks die Rede iſt. Diefe 
fommen auf folgende Punfte an: 1) Man muß die 
Nation zu gefchliffenen Sitten gewöhnen. 2) Man 
muß eine gute Drönung in dem Staate einführen, 
die Gefellfchaft darinn erhalten, und machen, daß des 
nen Gefegen nachgelebet wird. 3) Man muß eine 
gute und genaue Policey in dem Staate anrichten. 
4) Man muß den Staat blühend und reich machen, 
und 5) man muß den Staaten imnerliche Mache 
und Achtung bey feinen Nachbaren verfchaffen. 

In dem vierten Capitel wird von der Art ges 
handelt, wie eine Nation zu gefchliffenen Sie 
‚ten zu gewöhnen ift. Die Artigfeit der Sittenift 
der erfte Grund zu. dem Gluͤcke und dem Ruhm eines 
Volks. Sie ift die Mutter aller Künfte, Wiffen- 
fchaften, der Handwerker und der Handlung, fie 
machet den guten Geſchmack bey dem ganzen Wolfe 
gemein, fie locfet Fremde in ein Sand, fie verbindet 
vermittelt der Handlung die Nation mit andern, 
und ein gefittetes Volk fpielet gewiß bey der jetzigen 
und bey der Nachwelt eine ganz andere Rolle, als ein 
barbariſches. Die Politur eines Volks aber befteht 
s g 2 | in 


pr} 


X 


— Bar. von Vielſeld 
in der Erweiterung ſeiner Einſichten und in der Bil⸗ | 


dung feines Herzens nach angenehmen Gitten, Der 


Herr V. widerfpricht der Meynung, Daß man vie 
geringfte Gattung von Unterthanen in der Unwiſſen⸗ 
heit laffen müffe, weil die, Gefellfchaft ihrer Hände 


und nicht ihres Kopfs nöthig babe. Er hält es 


theils für eine Graufamfeif, den größten Haufen 


- der Einwohner eines Staats, bey einer viehiſchen 


Dummheit zu laſſen, theils fuͤr unmoͤglich, daß ein 
Staat recht geſchliffen ſeyn koͤnne, wenn nicht auch 
fuͤr die Verbeſſerung der Einfichten und der Sitten 
des Poͤbels geſorget wird (S. 36.). Die Mittel 
zur Politur eines Volks, auf welche ein weiſer Be⸗ 
berrfcher fein Augenmerk zu richten hat, find, die 
Kinderzucht, Schulen, Gymnafien, bey welcher 
Gelegenheit er die: Einrichtung der efuiterfchulen, 
und befonders die in felbigen üblichen Schaufpiele, 
lobet (©. 39.), die Beftellung geſchickter Lehrmei—⸗ 
ſter der lebenden Sprachen, Muſik, Mahlerey, Leis 


besübungen uf. m. die Univerfitäten, deren Ein— 


richtung in England, Die unfrige übertrifft (©. 43), : 
die Academien der Wiflenfchaften und Künfte, die 
Buchdruckereyen, Reifen in fremde $änder, Schau⸗ 
fpiele, öffentliche Spaßiergänge, und infonderheit 
die Einführung des überflüßigen Aufivandes oder | 
des Luxus ( ©. 47.), gegen den man insgemein aus 
Unverftand eifert. . Bey diefem legtern lobet er die 
Veränderung unbequemer und unanftändiger Kleis 


Dungsarten, in anftändigere, dergleichen Peter I, in 


Rußland mit Mugen vorgenommen hat. Man fängt 
an, die Wilden menfchlich zumachen, indem man 
fie Fleidet, Die Veränderung der Moden ift feine fo 

er laͤppi⸗ | 


SE Inflitutions politiques. 613 


» Täppifche Erfindung, als viele glauben, fie rührer 
vielmehr von einer geſchickten Staatskunft ber, und 
dienet eben ſowohl, ein Volk gefchliffener zu machen, 
als fleißigen Handwerfsleuten Arbeit zu verfchaffen, 
Nichts ift aber dem heilſamen Zwecke, eine Nation 
zu verbeſſern, binderlicher, als der Misbrauch ver 
ſtarken Getränfe, fonderlicd) des Brannteweins; Das 
ber die Auflagen, welche das englifche Parlement 
darauf geſetzet bat, oje genug zu loben find. 
Ss. 


Wir fommen auf das ste Cap, von der Erhal⸗ 
tung der Gefellfehaft und einer guten Ord⸗ 
nung. Es wird darinn zuerft von den verfchiedes 
nen Eintheilungen der Menfchen gehandelt, und 
zwar 7) von dem Unterfchiede zwifchen Adelichen, 
Bürgerlichen und Bauern. - Ein jeder unter diefen 
Ständen muß im Grunde dem Negenten gleich 
werth feyn, ob gleidy die äußern Kennzeichen der 
Hochachtung verfchieden ſind. Die Frage, welcher 
unter biefen dreyen Efänden vorzüglich zu Ehren: 
ämtern gezogen werden folle? beantwortet der 
Herr Baron folgendermaßen: wenn Die Berdienfte 
gleich find: fo muß ein Adlicher- über den Bürgerlie - 
chen den Vorzug haben, find die Verdienfte un- 
gleich, fo entfcheidet die gefunde- Vernunft die Frage 
von felbft. Es würde die größte Schwachheit von 
einem Negenten feyn, wenn er bey Vergebung der 
Bedienüngen, einen Adelichen, der weder genugfame 
Einficht, noch- ein gutes Herz hat,- einem gefchickten 
und tugendhaften Bürgerlichen: vorziehen wollte. 
(©: 54). Er lobet, daß man in Frankreich für den 

SS Ba 117% 


614 Herrn Bar. von Bielfeld 

| . Unterhalt des Adels, dadurch forget, daß es ihm ob: 
ne Nachtheil erlaubet ift, fih mit Bürgerlichen zu 
verheirathen, Dagegen in Deutſchland die allzu ftren- 
ge Beobachtung der 16 Ahnen, öfters Anlaß giebt, 

daß der Adel verarmet (S. 55). 2) Bon der Ein- 
teilung in Freye, Seibeigene und Knechte. Die 
bey den Römern eingeführte Knechtſchaft, da ein: 
Herr über das Leben feiner Knechte freye Mache - 
hatte, ift eine fchledyte Probe von der römifchen 
Staatsflugheit und nichts anders, als ein Status in 
Natu. Der Herr Verfaſſer findet einen ähnlichen 
Sehler bey den Pflamgorten der Europäer in Weſt⸗ 

indien. (S. 55). 3) Bon der Eintheilung in Ge⸗ 
lehrte, Soldaten und Handarbeiter. (S. 56). 4) 
Von dem Unterfchiede zroifchen der höchften Obrig- 
keit, Unterobrigfeiten, Unterthanen und Einwohnern. 
; (©. 58), Er redet hierauf von dem Range, der 
Bevölkerung, den Ehefcheidungen und von den Aus= 
fhweifungen wider das 6te Geboth, gegen die er ei- 
nige Nachficht der Gefege verlanget, weil die Erfah: 
tung lehret , daß fie an folchen Drten am meiften im . 
Schmange gehen, wo die größte Strenge gegen fie 
gebrauchet wird. Dieſerwegen rather er auch die 
Anlegung der Findelhäufer an. (S. 60). Ferner 
von denen nüßlichen Eolonien, die aus andern Staa= 
ten in ein fand gezogen, und von den ſchaͤdlichen Co⸗ 
lonien, die daraus verpflanzet werden, (S. 61.) von 
der Verhuͤtung des Selbſtmordes und der Duelle. 
Er tadelt mit Rechte die wunderliche Einrichtung, 
daß ein Officier, der ſich mit dem andern ſchlaͤgt, 
durch das Geſetz zum Tode verdammet wird, und 
ei Abſchied erhälf, wenn er auf die Ausforde- 
| tung 


R ‚Inftitutions politiques. _ 615 


rung feines Gegners nicht erfcheint. . Daher fommte 
es, daß die Zweyfämpfe noch itzt in Frankreich, al⸗ 
ler ſtrengen Verbothe ohnerachtet, ſo gemein ſind, 
daß man alle Tage wohl auf 50 Perſonen rechnen 
kann, die auf ſolche Art in dieſem Reiche umkom— 
men. Dagegen iſt Rußland darinn gluͤcklich, mo 
dieſer barbariſche Gebrauch ganz abgeſchaffet iſt. 
Der Herr Verfaſſer iſt gegen die Uebertreter der 
Duelledicte unerbittlich, und will, daß ſie mit der 
aͤußerſten Strenge beſtraft werden "follen. Es mwä- 
ve beffer, die Duellanten für unehrlich zu erklären, 
als fie mit der Todesftrafe zu belegen, deren Boll« 
ziehung ohnedem zumeilen durd) vielerley Raͤnke ver 
Bindert werden Fann. (S. 63). Er handelt hier 
nächft von den Mitteln, welche Kegenten anwenden 
rsüffen, um der Noth und Armuth ihrer Lnterthas 
nen zu Hülfe zu fommen, als von den Waifenhäus 
‚fern, unter welchen die holländifchen am beften ein: 

gerichtet find, (S. 64), von den Hofpitälern, (S. 
65), von den Klöftern, die nuͤtzlich ſeyn würden, 
wenn fie nur zum Unterhalte abgelebter und dürftie 
ger Perfonen beftinnmer wären, (S. 66). So bil: 
lig es ift, wahren Armen zu Hülfe zu fommen : fo 
wenig muß man die herumfchweifenden Bettler dul⸗ 
‚deu, die am beften in den Zuchthäufern unterges 
bracht werden koͤnnen. Der Herr Baron bemerket, 
daß die Zuchthaͤuſer bey weitem nicht ſo koſtbar an⸗ 
zulegen und zu erhalten ſind, als man insgemein 
glaubet, und er rechnet aus, daß dasjenige, welches 
das gemeine Weſen, zum Unterhalte eines jeden 
Zuͤchtlinges anwendet, ſich jaͤhrlich nicht hoͤher, als 
auf 10 . belaufe. * 66). Die Collegia 
9 4 medica 


616 Herrn Bar. von Bielfeld . 


medica verdienen gleichfalls ‚; als eine nüßliche An- 
ſtalt zur Erhaltung der Geſellſchaft, angeführer zu 
werden. (S. 67). Hierauf widerlegt der Her V. 
(S. 68) den Einwurf: „daß ein Staat allzu ber 
völfert fenn koͤnne, die Erde würde niche Früchte ge- 
nug zum Unterhalte darreichen, wenn alle Länder eine 
große Anzahl von Einwohnern hätten; die Menfchen 
würden durch ihre Arbeit nicht das Möthige ver- 
dienen koͤnnen, wenn nicht Krieg, Peft und andere 
Sandplagen, die überflüßigen Leute wegrafferen, und 
man ſaͤhe es genug an dem Benfpiele der Schweiz, 
daß ein fand zu viele Einwohner haben fönne. „, Die 
Menfchen, antwortet er hierauf, find in diefem Stuͤ— 
de fehr von dem Viehe unterfchieden. ine große 
Menge Vieh, welches auf ein unbebauetes fand ges 
trieben ift, wird dafielbe bald abmweiden. Wenn 
man aber ein faft wüftes fand mit einer Menge von 
Menfchen bevölkert : ſo wird man in furzer Zeit, 
darinn Ueberfluß herrfchen fehen. Es ift unglaub- 
lich, wie viele Hülfe ein Menfch dem andern leifter, 
und wie ſehr fie fic) einander Durch ihre Arbeit auf: 
helfen. Laͤnder, die nicht genug bevölkert find, haben 
an allem Mangel, hingegen trifft man in folchen, die 
viele Einwohner haben, Ueberfluß an: Eine Ber: 
gleichung zwifchen dem meitläuftigen rußifchen Reiz 
che und dem Fleinen England, Fann ung hiervon hin- 
laͤnglich überführen. Die Hälfte des Erdbodens ift 
noch nicht urbar gemacht. Wären mehr Menſchen 
in der Welt, fo würde der Acerbau ftärfer getries 
- ben, und folglich eine größere Menge Getreide ge 
Wwonnen werden, Der eine Theil der 59 
ER | at Geſell⸗ 


 Inflitutions politiques. | U 
Geſellſchaft hat ſeinen Unterhalt von dem andern, 


“und daher koͤmmt eg, daß es denen Handwerksleuten zu 
London und Paris nicht an Nahrung fehler, ob dieſe 


Städte gleich voller Menfchen find. Die Schweiz 
hat nur um deswillen zu viele Einwohner, weil es 
denfelbigen am Fleiße feblet. Doc) wir-müffen mit 
dem Herrn B. die nod) ee? Mittel zur Erhal⸗ 
tung der Gefellfchaft anführen. Sie beftehen in der 
ernftlichen Beftrafung derer, welche die Gefellfchaft 
jernichten wollen, z. E. der Giftmifcher, der Mords 
brenner u. ſ. w. in der: Belohnung nüglicher Erfin« 
dungen zur Erhaltung der Menſchen, und in der 
Sorgfalt für die Relic gion. Der Herr Derfafler- be 
merfet, daß, wenn wir auch Feine andere als politis 
ſche Gründe zu Hülfe nehmen wollen, wir doc) ers 
weifen Fönnen, daß kein gut eingerichtefer Staat 
ohne die Religion beftehen könne. Er ift-der freyen 


Religionsuͤbung ſehr günftig, doch ſchreibt er S. 


72: „Wenn ich nicht tolerant in der Religion ſeyn 


— 


koͤnnte, fo würde ich es vielleicht gegen eine folche 


Religion feyn, die Statuin in ſtatu ausmachete, die 
eine Hierarchie ı aufrichtere, die ein anderes Ober⸗ 
haupt als ven Souverain des Landes hätte u. ſ. w. 
Er will auf alle Weiſe die Erhöhung des Anſehens 
und der Einfünfte der Geiſtlichen vermehret wiffen, 


‚welche Luther und Calvin allzu fehr eingefchränfer 


haben. . Daher lobet er die Einrichtung der englis 


ſchen Kirche, wo ein jeder Geiſtlicher durch feine 
Verdienſte ein reiches Bisthum oder Erzbisthum 


befommen fann, wobey er jedoch) nicht bitliget, daß 


dieſe Prälaten Sig und Stimme im: Parlamente 


haben, ” wie er auch unſern Öeiftlichen die Ges 
a5 richts⸗ 


8 Haren Bar. von Bielfeld 


richtsbarkeit in Ephoral- und Confiftorialfachen. 
nicht geftatten will. (S. 72). Naͤchſt der Religion 
kann ein Regent auch) nicht genugfame Sorgfalt, für 


ur 


Erhaltung der guten Sitten, in feinem. ande, ba- 


‚ben. Diefe werden durch die in gewiſſen Sander uͤbli⸗ 


chen Gefechte der Menfchen, Stiere und Hähne ver: 
dorben, als welche zum Müßiggange zum Spiel und 
Werten Anlaß geben, und die Gemüther wild ma⸗ 


‘hen. (©. 74). Er koͤmmt ferner auf verſchiedene 
Einrichtungen zur Bequemlichkeit der Gefellfchaft, 
. als auf die Poften zu Waſſer und zu Sande, die Uns 


terhaltung ber Landftraßen, die mit weniger Koften 


beſtritten werben Fonnte, wenn man die Miſſethaͤter, 
die man, wie er ©. 78 ſchreibt, ſehr unnuͤtzer Weiſe 


auf den Galeeren und zur Feſtungsarbeit brauchet, 
oder wohl gar nach America ſchicket, daran arbeiten 
ließe. Endlich iſt es zur Erhaltung einer guten Ordnung 
in der Geſellſchaft noͤthig, daß die Regierung in verſchie⸗ 


dene Collegia, oder Departements abgetheilet werde, 


die zwar mit einander in gutem Vernehmen ſtehen 
muͤſſen, deren keines ſich aber in die Geſchaͤffte des 


‚ andern mengen fol. Er zaͤhlet achte dergleichen 


Collegia, welche folgende Angelegenheiten zu befor- 


gen haben : 1) Die Kirchenfachen ; 2) das Kries 


geswefen ; 3) die auswärtigen Angelegenheiten ; / 
4) die Juſtizſachen; 5) die Finanzen; 6) die Hands‘ 
lung ; 7) die Policey und 8) das Seeweſen. 


Das ſechſte Capitel handelt von den Geſetzen 
und der Geſetzgebung. Die Quellen, aus wel⸗ 
chen die Klugheit. Gefege zu geben, geſchoͤpfet wer⸗ 


‚den muß, oder die Regeln, nach denen fie fich zu rich“ 
Mr | Ä | ‚ten 


Inſtitutions politiques. 619 


ten hat, find 1) die Sittenlehre des Evangelii ; 
2) das Recht ver Natur; _3) die Staatsfunft. Wenn 
ein Regent ein neues Geſetzbuch bekannt machen 
‚will, fo ift es niche Elüglic) gehandelt, wenn er def 
fen Berfertigung einem oder mehrern Rechtsgelehr— 
ten alleine aufträge, fondern es ift nöthig, daß da— 
bey ein Mitglied aus einem jeden der vorerwähnten 
Eoflegien zu Hülfe genommen werde, damit man 
nicht beforgem dürfe, einer oder der andern nüglichen 
Einrichtung im Staate zu nahe zu treten. (S. 84). 
Die Lehne und das Lehnrecht find den heutigen Um⸗ 
ftänden nicht mehr gemäß, und verurfachen manche 
Unbequemlichfeiten, wie ver Herr von B. ©. 85. 
bemerfee. Das Herfommen (Droit coutumier) 
ſollte ganz abgefchaffet werden, weil eg zu vielen Chi⸗ 
kanen Anlaß giebt, und es lächerlich ift, ein Volk 
durch andere, als durch gefchriebene Gefege zu regie= 
ren, beren Inhalt ihnen völlig: befanne feyn muß. 
(©. 89). Seite go. läugnet der Herr Verfaſſer 
den Sag, daß ein Fürft der erfte, oberfte und ges 
bohrne Richter des Volfes fey. „Geſetzt, fager er, 
daß diefes nad) dem ftrengften Natur: und Völker 
rechte wahr wäre, fo ift es doch ein Recht, welches 
ein Fürft nicht ausüben kann, und folglich ift es eine 
bloße Nulle. Alle meine Leſer Haben das Recht, in 
den unentdecften Südländern zu faen und zu ernd⸗ 
ten, ‘aber niemand kann fich deffelben bedienen, und 
alſo ift es ein nichts bedeutendes Recht. Ein Fuͤrſt 
kann, ohne andere Kenntniſſe zu verfäaumen, die ihm. 
‚weit nöthiger find, Feine vollfommene Rechtsgelehr⸗ 
ſamkeit befigen, Beſaͤße er fie auch, fo kann er fie 
doch), wenn er weitläuftige Staaten beherrſchet, nicht 
anwen⸗ 


620 Herrn Bar.v von Bielfeld J 


| ‘anwenden. Das hieße die Sterne zählen wollen, 
und feine Unterthanen würden durch die undermeid« 
liche Langſamkeit der Ausfertigungen ruiniret wer⸗ 
den. Ferner wuͤrde ja in allen den Faͤllen, wo Geld⸗ 
ſtrafen und Confiſcationen vorkommen, der Fuͤrſt, 
gegen alle Billigkeit, Richter und Partey zugleich 
ſeyn. Er hat das Recht, Geſetze zu geben und Ma- 
giftratsperfonen zu verordnen. Aber fein Recht, zu. 
richten, fcheint nicht fo ausgemacht, und vielen Wider⸗ 
fprüchen unterworfen zu feyn. Er wird alfo wohl 
thun, wenn er in Appellationsfällen, nicht nach ſei⸗ 
nem eigenen Kopfe entſcheidet, ſondern fü ie durch) ein 
angefehenes Collegium enefcheiden läßt, in welchem 
er höchftens präfidiren Fann. Es ift nichts entſetzli⸗ 
her, als wenn ein Fürft Die einförmigen Urtheile als 
ler Inſtanzen, durch die eine Nechtsfache gegangen 
ift, eigenmäd)tig umwirft. Eine ſolche Entſchei— 
dung iſt allemal eine offenbare Ungerechtigkeit, und 
ein ſicheres Merkmaal von einem Deſpotiſmus, da⸗ 
durch die Geſetze und der Richter aͤußerſt beleidiget 
werden. Zudem beraubet ſich ja der Fuͤrſt des ihm 
ſo gut anſtehenden Begnadigungsrechtes; ‚Denn es 
würde ungereimt feyn, wenn er ein Urtheil ſpraͤche, 
und es wieder zernichtetes er wird nicht wollen mit 
fich felbft im Widerfpruche ftehen. Endlich würde 
er alle Begriffe verwirren, man würde nicht wiſſen, 
ob jemand abſolviret, oder nur begnadiget waͤre. 
S. 94 billiget der Herr Verfaſſer die Verſendung 
der Acten nach Univerſitaͤen S. 95 verwirft er 
die Tortur, wovor der Menſchlichkeit ſchaudert. Er 
meynet, es ſey faſt barbariſch, ſie nicht abzuſchaffen, 
außer in einigen ſeltenen Fällen, 3. E. bey Zuſam ⸗ 
A mien⸗ 


J 


‚Inftitutions politiques; _ _ 6aı 
menverſchwoͤrungen, oder wenn in einem Lande 
Straßenraͤubereyen und Banden von — sm 
uͤberhand aan haben. 


Das fiebente und achte Capitel bat die Policey 
zum Gegenſtande. Der Herr Baron theilet die 
bierzu gehörigen Materien in drey Claſſen ein, wozu 
ihn der Einfall des Dberpräfidentens Harlay veran« 
laffet. Denn diefer gab dem Dberpoliceymeifter 
von Paris, dem Herrn von Argenfon, die kurze In— 
ſtruction: Der König verlanger. von- TIhnen 
Sicherheit, Keinlichkeit und wohlfeile Preife. 
Und in der That begreifen diefe drey Stücde auch als 
les in fh, was zur Policen gerechnet werden kann. 
Man Fann alfo die.gemwöhnliche Eintheitung der Po⸗ 
licey in die Agoranomie und Aſtrynomie ohne 
Schaden vergeſſen. (S. 99). Indeſſen iſt die Po- 
licey in den Staͤdten von einer andern Beſchaffen⸗ 
heit, als die auf dem Lande. Von jener wird zuerſt 
geredet. Nichts, was hieher gehoͤret, entgeht der 
Aufmerkſamkeit des Herrn Berfaflt ers. Wir wol- 
len uns nur bey der Anzeige einiger befondern An— 
merfungen, welche er machet, aufhalten. ©. 103. 
wird die Einrichtung der Nachtwachen zu Ham: 


burg, andern großen Städten zum Mufter angepriee 


fen. Die Regeln, welche er S. 104 und folg. vor« 
ſchreibt, um die Feuersgefahr abzuwenden, ſind vor⸗ 
trefflich, wir wuͤrden aber durch ihre Anfuͤhrung zu 
weitlaͤuftig werden. Die gewoͤhnliche Einrichtung 
der Feuercaſſen, da ein jedes darinn befindliches 
Haus jährlich eine gewiffe Summe entrichten muß, 
die man zu einem Capital ſchlaͤgt, will ihm 4: an⸗ 

ehen. 


622 Herrn Bar, von Bielfeld | 


fiehen. „Dieſes ift, faget er (S. 109.) eine ſtill⸗ 
ſchweigende Eontribution, wodurch mancher Bürger 
unvermerkt erfchöpfet wird, und: Die der Landesherr 
über Furz oder lang, als einen modum acquirendi 
betrachten kann, um indringenden Fällen ſich Mei— 
fter von der ganzen Caſſe zu machen, und das Ca: 
pital anzugreifen. , Ueberdieß verurfacher dieſe 
Einrihfung, daß die Bürger gegen die Feuers. 
gefahr ganz gleichgültig werden. Wenn ein Uns 
glück fommt, fo wird ein jeder fchadlos gehalten, 
niemand bezahlet deswegen mehr oder weniger, 
aber die Huͤlfe ift weit nachdruͤcklicher, wenn 
ein jeder Einwohner weiß, daß er verbunden . 
äft, feinen Beutel zu öffnen, um zur Schad— 
loshaltung desjenigen, der verliert, das feini- 
ge beyzutragen.„ ©. no. will er die Hazard« 
fpiele, als eine wahre Peft des Staats, nir⸗ 
gends, auch nicht einmal an Höfen, gelitten wiſſen. 
Die großen und ordentlich eingerichteten $ottes 
rien, billiget er, ale ein bequemes Mittel, dag 
Geld im Lande circuliren zu machen, und von 
auswoͤrtigen Drten binein zu ziehen, bingegen 
verwirft er (S. uI.) die Fleinen Lotterien, die 
Gluͤckstoͤpfe, Die Marfefchreyer, vie Aftrolo« 
gen, die Goldmacher u. d. g. S. mo wird 
in Vorſchlag gebracht, daß in einer Stadt nie-⸗ 
manden anders, als unter der Aufſicht vom 
Staate beſoldeter Baumeiſter, erlaubet ſeyn 
ſolle zu bauen. ©. 130. wird erinnert, daß die Biere 
an den mehreſten Orten in Deutſchland nur deswe—⸗ 
gen ſchlecht ſind, weil die Braugerechtigkeit ganzen 
Stoaͤdten, oder gewiſſen Haͤuſern, oder der Brauer⸗ 
Br | | innung, 


' Inftitutions politiques. 623 


innung , ausfchliefungsmeife zuftehe, bie noch 
dazu durch allzu genaue Vorſchriften eingefchränfet 
find. „Solche Privilegia find nichts anders, als 
pure Monopolia, und es ift abgeſchmackt, daß man 
dergleichen, unter welchem Borwande es aud) im« 
mer gefcehehen mag, über ein fo nothwendiges Le— 
bensmittel, als das Bier ift, bewillige. Warum 
foll das ganze Publicum darunter leiden, daß etwa ' 
dreyßig oder vierzig unwiffende Brauer ſich mäften 
fönnen. Es ift vollends lächerlich, daß man die 
Brauer zwingt, nad) der Reihe zu brauen. Wars 
um foll ein guter Brauer feinen Vortheil über einen 
ungefchicften und nachläßigen haben? Warum will 
man die Leute zwingen, fein fchlechtes Bier zu trin- 
fen, da fie befferes bey einem andern haben koͤnnen? 
kann man wohl hoffen, eine Kunft, oder ein Hands 
werf vollfommener zu machen, wenn man es eins 
fchränfee? — — Beltellet eine Hinlängliche Anzahl 
von geſchickten Brauern, gebet ihnen vernünftige 
Privilegia und eine vollfommene Freyheit, Vers 
ſuche zum Aufnehmen ihres Handwerfes anzuftelien, 
laſſet fie um die Wette arbeiten, erlaubet nicht einem 
jeden Bürger, ver ein anderes Handwerk hat, daß 
er für fi) braue, laflef es gefchehen, daß der ges 
ſchickte Brauer ſich bereichere und hervor thue, daß 
ber ungeſchickte und faule zu Grunde gehe, oder ein 
anderes Handwerf ergreife, fo will ih im Namen 
ber Vernunft und Erfahrung Bürge werden, daß 
ihr überall gutes Bier befommen follet.,, Die Ans 
merkungen wegen des Brannteweins ( ©. 131. )find 
nicht weniger beträhtlih. Es ift nicht möglich, 
dieſes Getränfe ganz-zu verbieten, aber man muß 
den 


624 Herrn Bar. vom Bielfeld 
den Misbrauch davon hemmen, und den. Branntes 
weinbrennern Borfchriften über die Art-und Weiſe 
der Deftillation geben. Denn einige haben das be⸗ 
trübte Geheimniß erfunden, aus den efelhafteften 
und ungefundeften Sachen gebrannte Waſſer abzus 
ziehen. So find 5. E die Blumen und Blätter - 
deß Saurocerafus, wenn fie deftillivet werden, ein 
heftiges und fchleuniges Gift; die Pfirfihblüten und 
Blätter, bittere Mandeln, Peterfilien und einige 
andere Kräuter. aber find nicht, viel beffer. Daher 
muß ein Brannteweinbrennet Feine neue Art von 
abgezogenen Waflern verfaufen, wenn fie nicht zu= 
vor von Aerzten unterfuchet find. S. 141. befindet 
fih ein liebreicher Borfchlag zum Vortheil der 
ſchamhaften Armen. „Es giebt namlich in einer 
jeden Stadt fo unglükliche Bürger, welche ohners 
achtet ihres Fleißes, ihrer Geſchicklichkeit und ihrer 
guten Aufführung, dennoch mit dem Ungluͤcke zu 
kaͤmpfen haben, und durch Kranfheiten oder betrübte 
Borfälle genöthiget werden, ihr. Handwerkszeug zu 
verfegen, oder zu verkaufen, wodurch fie außer 
Stand gerathen, ihre Nahrung zu fuchen, und ſich 
mit Frau und Kindern zu erhalten. Diefe werden 
ein wahrer Gegenftand der: chriftlichen Siebe, undfind - 
die einzigen fehambaften Armen in einem Staate. 
Sie verbergen ihr. Ungluͤck, und die Policey kann 
davon bey ihren Unterſuchungen nichts gewahr wer⸗ 
den. Dieſen Ungluͤcklichen muͤßten die Wohlthaten 
der Fuͤrſten , der Großen und Reichen zufallen. 
Man müßte eine Caffe von freymwilligen Almofen, 
ünfer der Aufſicht der Policeydirectoren anlegen, 


toelche nach) eingezogenem Berichte von den Policey- 
| commiſ⸗ 


limſtitutions ‚politiques. -, 625 


commiffarien, und einer genauen Unterfuchung, den. 

verfegeten. Hausrath, die Inſtrumente und Merk 
zeuge mieber einlöfeten und den. Eigenthuͤmern 
zuſtelleten ıc.,, | 3 | 


Das neunte Capitel betrachtet die Policep auf 


dent Lande; Um das fand von KRaubern rein zu 
erhalten, woird S. 145. vorgefchlagen, daß der mei- 
ftens auf dem Sande -einquartierten Reuterey anbes 
fohlen werde, gewiſſe angewiefene Diftricte zu be. 
reiten, und fie von allem herumfchmweifenden luͤder— 
lichen Gefindel zu befreyen. Es mürde ein unges 
gründeter Einwurf feyn, wenn man ſagen wollte, 
eine folche Befchäfftigung ſchicke fich nicht. für Sok 
daten und Officiers. Der Staat hat feine größere 
Feinde, als die Straßenräuber, und der Soldaten» 
ftand ift nur darum errichfet, und wird dafür bezah⸗ 
let, Daß er dem DBaterlande Sicherheit verfihaffen 
fol, Nichts ift aber der Sicherheit mehr hinder⸗ 
lich, als die Menge von Bettlern, die man in vie— 
fen deutſchen Provinzen auf dem Sande herum frei: 


chen fieht. Unter taufend ſolcher Bettler, ift kaum 


einer, den die Noth dazu treibt. Mehrentheils 
find eg ftarfe und gefunde Leute, die nur die Arbeit 
fheuen. Es ift unglaublich, wie viel Geld die 
Faulheit diefer Menfchen jährlich dem Staate ent: 
zieht, und wie vielen Berdruß und Verhinderung 
fie rechtfchaffenen Leuten machet. Da dieſes Ge— 
ſindel uͤberdem weder Feuer noch Heerd bat, fo vers 
fanmeln fie fih des Abends in den Wäldern, in 
Höhlen oder in fchlechten Wirtbshäufern, fie leben 
dafelbit in Voͤllerey, fie begehen die fchändlichiten 
Handlungen und errichten ordentliche Diebesfchulen. 

24 Dand. Kr Aus 


66 Herren Bar. von Bielfeld 

Aus diefer guten’ Zucht Fommen die Raͤuber, die 

Spitzbuben, die Moͤrder, die Mordbrenner, welche 

den Landmann öfters zur aͤußerſten Verzweifelung 

bringen. Um dieſem großen Uebel abzuhelfen, ver— 

langet unſer einſichtsvoller Verfaſſer (S. 145.), 

daß eine jede Herrſchaft, ein jedes Amt, Flecken 
oder Dorf, für alle feine Einwohner, ohne Unter⸗ 

ſcheid Rechenſchaft geben, und niemanden, der nicht 

ein Gewerbe anzuzeigen weiß, beherbergen ſoll. 
Würden die lüderlichen Bertelleufe nirgends gehaus 
fet, fo würde man ihrer auch nicht mehr fo viele 

antreffen. Die Wirthe auf dem Sande, follten 
durch einen Eid und durch harte Strafen angehale 
- Sen werben, Feine verdächtige Perfon aufzunehmen, 
ohne fie fo gleich der Obrigkeit anzuzeigen. ©. 148. 
bemerfer der Herr Baron, daß die Gefege, welche 
zu Berbütung der Feuersbrünfte vorhanden find, 

noch nicht ihre Bollfommenheit erreichet haben, 
Man follte dem Landmanne verbieten, mit anges 
zundeter Tabadispfeife, in dem Dorfe, in feiner 

Wohnung und befonders in den Gtällen und ans 

dern öfonomifhen Gebäuden herumzugehen, oder 
man follte vielmehr über dieſem Berbote halten, man 
follte die mit Stroh oder anderer Feuer fangenden 
Materie beveckten Dächer aufheben, jede Gemeine 
follte wenigftens eine Feuerfprige halten ıc. Um 

auf dem Sande einen wohlfeilen Preiß der noͤthigſten 

LEbensmittel zu verſchaffen, wird (©. 151.) angera» 

then, daß ein jedes Dorf einen gemeinfchaftlichen 

Badofen halte, über den ein verftändiger Bauer 
die Aufficht habe, wodurch man ſowohl befleres und 

‚ gefunderes Brodt, als auch einen leidlichern fin 
deflels 


* 
Infitutions politiques. 627 


deſſelben erhalten würde, Was das Bier anbetrifft, 
faget der Herr V. fo iſt es offenbar unrecht, daß 
man einem $andmanne zumuthet, es aus den 
Staͤdten zu nehmen, da dr es in feinem Dorfe befz, 
fer, und um ein geringeres Geld, haben Fönnte, 
Diefes ift ein Misbrauch, der eine Verbeſſerung 
nöthig bat. Denn es ift unvernünftig, daß man 
das Getreide nad) der Stadt bringe, das Arbeits. 
fohn bezahlet, und das Bier in Tonnen wieder fom« 
men läßt, um die Brauer in der Stadt zu bereis 
ern, Ein jedes Dorf müßte die nöthigften Hand« 
werker haben, ob gleich fonft der Sandmann, um 
mehrerer Urfachen willen, anzubalten ift, feine Klei— 
dung, Hausgeräth und das, was er nicht unums 
gänglicy nöthig bat, aus den Staͤdten zu hohlen. 
©. 152. giebt der Herr B. den Rath, die) Feyertage 
nicht nur bey den Catholiken, fondern auch) bey den 
Evangelifchen, zu vermindern‘, weil dadurch der 
Aderbau und andere Hausbaltungsgefchäffte vers 
ſaͤumet werden, Vu le 
In dem zehnten Eapitel wird von dem Reich» 
thume eines Staats Überhaupt geredet. Die 
mehreſten alten Gefeßgeber, 3. E. Lycurg, bielten 
dafuͤr, daß der Reichthum, der Tapferfeit und den 
übrigen Tugenden eines Volks Hinderlich ſey. Ci— 
cero aͤußert ebenfalls dieſe Meynung, wenn er fas 
get: „ich will niche, daß ein Volk zugleich ein Bes 
berrfcher der Welt und ein Kaufmann ſey., Viele 
bon den neuern Staatsverftändigen, und unter an— 
dern der Herr von Montesquiou, ſtimmen hiermit 
ein. Der Here v. DB, hatte alfo nöthig, Diefes 
Borurtheil zu.beftreiten, Es ift unfere Schuldig« 
a2 RN Re; # 


| 628 Ka Bar. von Bielfeld 


keit, feine Gründe dawider, anzufuͤhren. Er be⸗ 
merket (S. 156.), daß nicht der Krieg oder die: 
Eroberungen ein Bolf glücklich machen, Wennein 
Volk die ganze Welt bezwungen hätte, fo würde 
man zwar gewahr werden, daß diejenigen, die dazu 
etwas beygefragen, vielen Ruhm erworben haben, 
man wuͤrde aber einen einzigen Bürger nennen 
koͤnnen, der für fich daben etwas erworben hätte; 
Das alte Kom ift hiervon ein merfwürdiges Beys 
ſpiel. Es war mit Schulden überhäufet, und 
olglich unglücklich, zu einer Zeit da es die größten 

Siegeszeichen pflanzen Fonnte, Die neuere Ges 
fhichte giebt uns ähnliche Beyſpiele. Hingegen 
findet man, daß die Artigkeit eines Volkes, ſeine 
gute Sitten, die richtige Verfaſſung feiner Gefege, 
die weife Einrichtung der Policen, die Aufnahme 
der Handlung, und die daher erwachfenden Reich» 
thuͤmer, die Völker glücklich gemachet haben. Die 
Seemachten von Europa find hiervon ein lebendiges 
Beyfpiel, dagegen die chimärifchen Begriffe von 
armen und zugleich glücklichen Volkern verſchwin⸗ 
den müffen. Man muß -aber einen Unterfcheid 
zwifchen dem Reichthume eines Staates und der in 
demfelbigen befindlichen Privatperſonen machen 
(S. 159.) Zumeilen find diefe reich und der Staat 
nicht, wiez. E. in Holland. Die Urſache hiervon 
darf man nicht in der. Gelindigfeit der Auflagen 
ſuchen, nein, der Holländifche Bürger bezablet viel 
- anden Staat, und wenn man dafelbft auf eine Er⸗ 
hoͤhung der mpoften denfen wollte, fo wirden die 
Waaren allzufehr auffchlagen, und der’ Handel das 
durch leiden. — giebt der Herr V. andere 
— 


Inftitutions politiques. 629 

VUrſachen des großen Unterſcheides unter dem Ver⸗ 
mögen des Staats und der Unterthanen in den vers 
‚einigten Niederlanden an, nämlich: 1) die großen 
Koſten, die der Staat auf die Erhaltung der Schleuf. 
fen und Dämme aufmenden muß, 2) weil feine in. 
nerliche Einrichtung eine große Menge von Magie 
firatsperfonen nöthig hat, und 3) weil die Einnah— 
men des Staats durch gar zu viele Hände geben. 
Es giebt andere Staaten, in welchen der Souve— 
rain unermefiliche Schäße Hat, die Unterthanen 
aber kaum ein mittelmäßianes Vermoͤgen befigen, 
Diefes giebt dem Herin Baron Gelegenheit, zu 
folgender Anmerfung (S. 160.): „Alles Geld, 
welches im Schage begraben liegt, ift gleichfam 
todt. Es müfte ein fonderbares Ungluͤck feyn, 
wenn eine jede Privarperfon , nicht mit einem jeden 
hundert Rthlr. die fie im Vermögen baf, jährlich 
vier Rthlr. gewinnen füllte. Alſo werden bey jeder 
-in dem Schage müßig liegenden Million, jährlich 
40000 Rthlr. für den Staat verlohren.‘ Wenn 
man den jährlichen Zumachs des Schages und Die 
innere Progrefjion der Zinfen rechnet, fo wird die: 
fes in einigen Jahren ein ausnehmender Berluft für 
den Staat, den die auswärtige Handlung, wenn 
fie auch noch fo vortheilhaft iſt, nicht erfegen- kann. 
Man muß zu diefer Betrachtung noch eine andere 
fügen, die nicht weniger gegründet ift, nämlich, daß 
‚alle Schaßfammern der Souverains durch faufen: 
derley Zufälle erfchöpfee werden Eönnen, dagegen 
aber die unter die Unterthanen vertheileten Reich— 
u. nicht zu erfchöpfen find. Es if daher die 
Sprache des Pöbels, welche niemals einem Staats 
Ar 3 ver · 


IS 


630. Herrn Bar. vom Dielfeld 


verftändigen in. den Mund kommen ſoll, wenn 

man zumeilen, bey Kriegszeiten faget: Frank: 
reich oder England wären erfchöpfee. Es ift un⸗ 
möglich, daß dieſes gefchehen follte, weil man da⸗ 
felbit Eeinen Schatz hat. Sachfen würde in diefem 
Jahrhunderte zweymal ruiniret geworden feyn, 
wenn es mit einem Schatze waͤre verſehen geweſen: 
der Mangel deſſelbigen aber, hat es bisher, und 
wird es beſtaͤndig erhalten. Indeſſen muß man 
eins geſtehen. Es giebt Staaten, in welchen alle 
Aeſte ihres politiſchen Syſtems, etwas zu der Noth⸗ 
wendigkeit beytragen, einen Schatz anzulegen, um 
bey allen Vorfaͤllen geſchwinde und mit Nachdruck 
verfahren zu koͤnnen. Es muͤßte ein unverſtaͤndiger 
und ungetreuer Miniſter ſeyn, der dieſen Souve— 
rains anrathen wollte, ihren Schatz ohne Noth an« 
zugreifen; vielmehr muͤſſen ſie ihn als ein gehei— 
ligtes Depoſitum anſehen. Man vergeht ſich aber 
groͤblich wider die geſunde Staatsklugheit, wenn 
man ihn ohne Maaße vermehren will, oder weder 
der Zeit, noch der Summe die man beyleget, 
Schranken feget.,. S. 161. wird gezeiget, daß 
nicht das Gold und Silber, es mag gemuͤnzet oder 
in Stangen ſeyn, den Reichthum eines Staats 
ausmachen. S. 162. beurtheilet der Herr von DB. 
das Syftem des berühmten Law. „Sein Plan, 
faget er, war der fchönfte, der jemals aus dem Ges 
hirne eines gefchicften Financiers gefommen ift, er 
würde ganz Europa und die folgenden Jahrhunderte 
in Verwunderung gefeßet haben, wenn die Hitze 
der franzöfifchen Nation, und einige ſchlimme Unter⸗ 
nehmungen des Regenten, ihn nicht weiter, ”- fein 
— we 


Inftitutions politiques. Mi, :. Ma 


Zive und feine natürliche Graͤnzen giengen, getrie⸗ 
ben häften.,,: Man mußte bey dem damaligen Zus 
ſtande von Frankreich einen Gegenftand der Finarny 
zen ausfindig zu machen fuchen, der genug Credit 
und Vertrauen bey dem Publico. erweckete, damit 
daffelbe die Summen, die es zu fordern Hatte, in 
Capitalien verwandeln und bey diefen neuen Fonds 
unterbringen möchte. Damit aber diefer neue Fond 
nicht eine neue Laſt für den Staat, durch Bezah— 
lung der Zinfen würde, fo war nöthig, Daß der- 
felbe wenigftens dieſe aufbringen Fönnte. Herr 
Law fand folches in feinem neuen Syſtem und zus 
gleich noch einen dreyfachen Mugen für Frankreich, 
1) die Vermehrung des allgemeinen in dem Kös 
nigreiche befindlichen Vermögens, 2) die Ausbreis 
fung der Handlung in Afien und Africa, und 3) die 
Berichtigung der Schulden felbft, da er einem jeden 
Glaͤubiger des Staats wegen feiner Forderungen 
Sicherheit verfchaffere. Die franzöfifhe Hands 
lung in andern Welttheilen, lag nad) dem Tode 
Ludewigs XIV. danieder, Law gründete fein Sy 
ſtem auf die Vermehrung der Handlung, er machte 
damit den Anfang, den Sranzofen einen Geſchmack 
an der Handlung überhaupt und eine Kenntniß der 
‚felben. beyzubringen. Die Oft» und Weftindifche 
Compagnien wurden aus ihrem Schlummer erwes 
‚det, und ein glücklicher Zufall vermebrete die angenehe 
me Hoffnung zur Aufnahme der Handlung und der 
Schifffahrt. Diefer betraf Das meitläuftige Sand 
Miſſiſſippi oder touifiana. Im Jahre 1717: errich- 
tete Die Negierung eine neue Weftindifhe Hand» 
Iungsgefellfchaft nach dieſem Sande, von der. man 

Rr 4 ſich 


632 Herrn Bar. von un Biel 


ſich vielen. Vortheil 6 Waͤre dieſe neue 
Handlung in der Folge wirklich ſo eintraͤglich gewe⸗ 
ſen, als man damals hoffete; ſo wuͤrde ſie vieles 
zum Aufnehmen von Frankreich beygetragen haben, | 
für den Entwurf des Heren Sans aber war es ges 
nug, daß das Publicum eine große Borftellung da» 
von hatte, Die Nation befam ein ſolches Zutrauen 
zu dieſer Handlung, und ſie glaubte, Miſſiſſippi 
wuͤrde ein anderes Peru werden, daß Law, der Ju— 
dianiſchen Gefellfchaft eine gehörige Geſtalt geben, 
der occidentaliſchen Geſellſchaft mit Nachdruck auf: 
helfen, verſchiedene male neue Actien fuͤr dieſe 
Handlung, welche noch in der Einbildung beſtand, 
errichten, die Actien in hohen Werth bringen, eine 
Bank mit einem anſehnlichen Fond anlegen, und 
hierdurch über 871. Millionen Livers an Schulden 
bezahlen, die uͤbrigen Schulden aber zu einem fuͤr 
den Staat nüglichen ‘Fond machen konnte. Der 
Herr V. gefteht zwar, daß diefes einige Privat, 
perfonen zu Grunde gerichtet habe, allein er glau= 
Det, fie wären durch ihr eigenes Verſehen daran 
Schuld gewefen, und überdem fey eg dem Staate 
ganz gleichgültig, wie die Befiger großer Reichthuͤ— 
mer hießen. ©. 164. wird bemerfet, daß nur reiche 
Staaten Nationalfchulden haben eönnen, und daß 
diefelben in der That einem Staate nüßlich find, in» 
‘dem ein jeder, der nur Geld in Händen hat, etwas, 
"und öfters 20, 30, 40 ja wohl 100 von jedem Hun⸗ 
dert gewinnen kann. Da nun die Zinfen, welche 
eine Nation für die aufe geborgeten Capitalien bezah⸗ 
Ten muß, fehr mäßig find, und ſich felten einmal 
hin fünfe vom Hundert belaufen; io folget daraus, 

daß 





7 © Inftitutions politiques. 633 | 


daß diefe in Circulation gebrachten aufgeborgten 
Summen, dem Staate weit mehr einbringen, als 
der Abtrag der Zinfen koſtet. Aber man möchte 
-einwenden: wie Fann diefes von dem Staate aufge: 
borgete Geld fleißigen Privatperfonen zu Mugen 
fommen ? Der Herr Berfafler antwortet hierauf 
©. 167) : 1) Wenn die Regierung es zu Krieges: 
zeiten erborget, fo hat fie nicht noͤthig, ihre Untertha— 
nen mit fo ftarfen Abgaben zu befchweren, als fonit 
geſchehen feyn würde, folglich bleibe mehr Geld in 
der Privarperfonen Händen. 2) Bey vielen nügli- 
hen und nöthigen Ausgaben der Kegierung, haben 
die Fabrifen und Manufacturen in dem Sande Vers 
dienſt. Dieſes Geld wird ferner von dem Staate 
zum Nlugen der Privatperfonen verwendet, 3) durch 
Anlegung öffentlicher Fabriken und Manufacturen, 
‚welche die Kräfte ver Privatperfonen überfteigen ; 
4) durch die Sombards ; 5) durch die Ausbefterung 
der Hafen und die Ermunterung zur Schifffahrt ; 
6) durh Errichtung der . Handlungsgefellfchaften 
und dergleichen. 7) durch den Umtrieb des Gel- 
des, und taufend andere Mictel, die ein geſchickter 
Sinancier täglich) bemerfen Eann. u ' 


| Das eilfte und zʒwoͤlfte Capitel Baier von 
den Sinanzen. Das oberfte Sinanzcollegium muß 
von niemanden anders, als von dem Souverain 
felbft abhängen, und einen einzigen Präfidenten ha⸗ 
ben, weil fonft fo wenig dadurch etwas Großes aus⸗ 
gefuͤhret werden kann, als von einer Armee, die von 
zween mit gleicher Gewalt verſehenen Generals an⸗ 
gefuͤhret würde (S. 170). Jede Provinz muß 
Rr 5 ihr 


* 


Ham Bar. von Bielfeld — 


— = u — — — haben, (S. 17). von dent 
an das Dberfinanzdepartement appellivet werden kann. 
(©. 172). Wenn diefes höchfte Finanzdepartement 
einmal mit tuͤchtigen Leuten beftelle ift, fo muß der 
Souverain ihnen fein völliges Zufrauen zuwenden, 
und nicht insgeheim den Traumen der Projectmas 
‚her oder vermepnten Adepten in der Finanzwiffen- 
ſchaft, Gehör geben, von denen die ganze Welt voll 
ift, weil dergleichen Einrichtungen in Finanzfachen, die 
ohne Vorwiſſen der Minifter unternommen werden, 
insgemein die allerbeften Entwürfe, welche diefe ges 
macht haben, vereiteln,. „Es ift eine allgemeine Re⸗ 
gel, ſagt der Herr Verfaſſer, (S.173), daß derjenige, 
der fid) ruͤhmet, im Finanzweſen, in der Handlung, 
in Minzfachen u. ſ. w. ein Geheimniß zu bejigen, ent: 
weder fich felbft befrüger, oder andere betrügen will. 
In Staatsſachen gilt Feine verborgene Wiſſenſchaft: 
alles it darinn auf deutliche Marimen gegründet, 
die aus der Natur und der gefunden Bernunft ges 
ſchoͤpfet find. „ Bey der Wahl eines Finanzmini⸗ 
ſters muß darauf gefehen werden, daß derfelbe die 
Geſchicklichkeit befige, die Einkünfte des Souverains 

- niemals anders zu vermehren, als. wenn er zugleich 
den allgemeinen Reichthum bes Staates vermebret. 
(5.173). Die Kunft eines Finanziers beftehr dar⸗ 
inn, daß er 1) den Staat und deffen Bedürfniffe 

woh kenne; 2) den Unterthanen alle moͤgliche 
Mittel verſchaffe, ſich zu bereichern, und viel zu Er⸗ 
tragung dieſer Beduͤrfniſſe des Staats beytragen 
zu koͤnnen; 3) daß er. die bequemſte und am wenig⸗ 
ſten beſchwerliche a rg, gae⸗ en 
2 en 4 


“ Inftitutions politiques. » 635 
ſten zu heben; ; 4) die Domainen weislich ver- 
walte; 5) die öffentlichen Einnahmen gut gebrau⸗ 
m und richtig eintheile ; und 6) daß er eine genaue 
Nechnung über die Einnahmen und Yusgaben des 
Staats führe. (S. 175 ) machet der Here Baron 
die Anmerkung, daß eine fluge Privarperfon ihre 
Ausgaben nach ihren Einnahmen, hingegen ein Sou⸗ 
verain feine Einnahme nad) den Ausgaben einrich-⸗ 
ten, und alfo der legtere erft ausrechnen müffe, wie 
| hoch ſich Die zum Unterhalte des Staats nöthigen 
‚und nüglichen Ausgaben belaufen, und wie viele Ab» 
‚gaben er folglich zu deren Beſtreitung von feinen 
Anterthanen zu fordern nöthig habe.  Diefer Ln- 
gerfchied zwifchen einer Privarhaushaltung eines Re⸗ 
gentens beruhet auf folgenden Gründen : 1) Das 
Geld, welches ein Particulier aus feinem Beutel ‘ 
nimmt, iſt auf beftändig ausgegeben, aber das 
Geld, welches aus dem Schaße des Staats genom: 
men wird, erhält derfelbe ſogleich und faft völlig wies 
der ; 2) die Hülfsmittel find bey einer Privatperfon 
allemal eingefchränft ,. bey einem weitlaͤuftigen und 
‚wohl regierten Staate aber kennen fie keine Schran⸗ 
ken; 3) die meiſten Ausgaben einer Privatperſon, 
zielen darauf ab, ihr mehr Bequemlichkeit und Ver⸗ 
gnuͤgen zu ſchaffen; alle Ausgaben des Staats aber 
haben entweder feine Erhaltung, oder die Vergroͤße⸗ 
rung feiner Macht, feines Gluͤcks und feines Neich- 
thums, zum Zwecke. Das erfte, worauf ein Finan⸗ 
cier zu fehen hat, ift die Vermehrung der Einwoh— 
‚ner, Das zweyte, die Vermehrung des Neichthums, 
welche durch den Umlauf des Geldes erhalten wird 
(S. 9); ; das dritte ift, Die — Den 
| RR cker⸗ 







636 Herrn Bar. von Stel 


Aderbaue und zum’ vortheilhaften Gebrauche aller 
natürlichen Gaben des Landes aufzumuntern. Der. 
Ackerbau ift der Grund von allem übrigen, und da- 
ber zu verwundern, daß in Sranfreich nicht gehörig 
dafür geſorget wirb ‚, als woſelbſt man viele unbe⸗ 

bauete Felder antrifft. In England und den preuſ⸗ 

ſiſchen Staaten hat man den Nutzen davon beſſer 
eingefehen (S. 180). Die Viehzucht beleber gleich» 

ſam die Landwirthſchaft, nicht ſowohl wegen des 
Vortheils, den man aus der Milch zieht, als wegen 
der Düngung. In den meiften fanden fieht. man 


das richtige Verhaͤltniß zwifchen den bebaueten Fels 


dern und der Menge des Viehes, von welchem ſie 
ihre Fettigkeit haben muͤſſen, nicht hinlaͤnglich ein. 
Sollte es nicht beſſer ſeyn, wenn wir einen Theil 
von unſern Feldern zu Wieſen machten, um den 
uͤbrigen deſto beſſer zu migen ? zumal da die Ar⸗ 
beitsfoften hierdurch verringert werden. Der Herr 
Berfaffer bemerket (©. 182.) aus der Erfahrung, 
daß diefes wohl möglich fey, wenn man nur den 
Saamen flüglicy waͤhlet, ver fich für en jedes zu 
Wiefenwachs beftimmetes Sand, am beften ſchicket. 
Der Herr Verfaſſer handelt von dem Hornviehe, 
den Schafen, Ziegen, (Die aber, weil fie den Baͤu⸗ 
men Schaden thun, nur im geringer Anzahl zu hals 
ten vergönnet werden muß,) den Schweinen, dem 
Federviehe, den Bienen und Pferden inſonderheit, 
und zeiget bey einer jeden Art den Nutzen, den ihre 
Zucht bringt, und die Mittel, wodurch ein Finan⸗ 
cier den Landmann dazu aufjumunfern bat (©. 181⸗ 
187) Außer dem N Korne müflen 11 
’ andere: 


Infitutions — (0 637 


al Getreidearten und. ‚Seldfrüchte, ale Haber, 
Flachs, türfifcher Weizen rc. info fern das Sand 
und die Himmelsgegend es verftatten , gebauet wers 


den. ©. 189 machet der Herr Berfafl er über die 


Fünftliche Vermehrung des Getreides, Die von eini⸗ 
gen Maturforfchern im Kleinen mit gutem Fortgan⸗ 


‚ge verſucht äft, verfchiedene Anmerkungen : ı) wenn _ 


auf der ganzen Erde, drey oder viermal fo viel Ge: 
treide wachfen follte, als ißt, was wollte man damit 
machen ? Der Preiß deffelbigen würde fallen, und 


es müfiten mehr Menfchen gebohren werden, um es. 


zu verzehren. Wir müflen e8 Der Borfegung uͤber⸗ 


iaſſen, die Menſchen zu ernähren. Man bat bisher 


Brodt genug fuͤr jedermann gehabt, und die Erfah— 
rung hat durch fo viele Jahrhunderte hindurch ges 
zeiget, daß nicht nur jede Erndte das Noͤthige auf 
ein Jahr lang verſchaffet, ſondern daß uns auch be— 
ſtaͤndig ein hinreichender Vorrath gegen ungefaͤhre 


Ungluͤcksfaͤlle übrig bleibe ; 2) wenn die Zahl des 


ganzen menfchlichen Gefchlechts zunehmen follte, fo 
würde auch das Getreide verhältnigweife vermehret 
werden. Man würde mehr Bieh, und folglicy mehr. 


Düngung. haben, man würde zum Aderbaue mehr 


Fleiß wenden fönnen, wodurd) die Fruchtbarkeit uns 
freitig zunehmen würde ; 3) alle Berfuche, die 
‚man bisher zur Vermehrung des Getreides gemacht 


bat, find nur im Kleinen, und aus bloßer Meubegier- 


de, angeftelle worden, und man weiß nicht, ob fie 
auch im Großen von ftatsen gehen wuͤrden; 4) Zu 
dieſer außerordentlichen Vermehrung iſt noͤthig, die 
Koͤrner in einer gewiſſen Weite von einander zu 
pflanzen. Da aber die Stengel in Verhaͤltniß ge⸗ 


gen 


——— 


1 f A N 
638 Herrn Bar. von Bielfeld 
‚gen die Schwere ihrer Aehren nicht dicke und ſtark 
genug werden, ſich auch nicht, wie in denen auf die 
gewohnliche Yet befäeten Feldern, auf einander leh⸗ 
nen Fönnen : fo ift zu befürchten, daß der kleineſte 
Wind fie zerbreche. ©. 190 befindet ſich ein Vor⸗ 
fhlag, die Felder vor allzu großer Dürre: und vor 
Ueberſchwemmungen zu bewahren. G.193 wird 
von den Maulbeerbäumen und der Unterhaltung der 
Seidenwuͤrmer geredet. Der Herr Berfaffer haͤlt 
diefelbe für Deurfchland niche fo vortheilhaft, als 
man insgemein glaube. „Der Maulbeerbaunt 
fomme zwar in Der Mark Brandenburg gut fort, 
und die Seide, die man dafelbft gewinnt, iſt fchön. 
Aber man muß noch eine andere Ueberlegung anftel« 
len. Man bat noch nicht forgfältig genug ausge 
rechnet, wie viele Pfunde Blätter man braucher, 
wenn man ein Pfund Seide befommen will, wie 
viele Blätter ein mittelmäßiger Maulbeerbaum traͤ⸗ 
get, was hundert ſolcher Baͤume, wenn fie in gehös 
riger Weite von einander ftehen, für Plag einnehe 

men, und wie viele Arbeit zum Pflanzen, zum 
Sammlen der Blätter, und zur Wartung der Geis 
denwuͤrmer, erfordert werde. Ohne dieſen Ueberſchlag 
bleibe die Zucht der Maulbeerbaͤume eine Unterneh⸗ 
mung der Einbildung; denn wenn eine Hufe Land, 
welches mit Weizen oder anderm Getreide beſaͤet iſt 
mehr einbringt, als eine mit Maulbeerbaͤumen be⸗ 
pflanzete Hufe, ſo fordert die Vernunft, daß man 
lieber Getreide fäe, und vor das Geld, welches dar⸗ 
aus gelöfet wird, ſich in auswärtigen $anden fo viel 
Geide faufe, als man nöthig hat. — — Uebers 
dem find unfere Bauerweiber dermaßen mit a 

aus⸗ 








nſtitutions politiques. 639 
Haushalte, ihrem Hofe, ihren Gaͤtten und ihrem 
iehe beſchaͤfftiget, daß ſie kaum Zeit haben, den 
Flachs, den Hanf und die Wolle, welche ihnen zu— 
machfen, zu fpinnen: Da man indeffen durch Fleiß 
der natürlichen Befchaffenheit des Landes zu Hülfe 
fommen muß: fo ift in Deurfchland das befte Mit⸗ 
tel, wenn man die Maulbeerbäaume auf. den Wällen 
in den Städten, den Kirchhöfen auf den Dörfern, 
den Sandftraßen und andern fonft nicht brauchbaren 
Gegenden pflanzer, und die Waifenfinder, oder ans 
dere Perfonen, die Feine nüglichere Arbeit Haben, zur 
Bereifung der Seide braucher. „ S. 195 koͤmmt 
der Herr Verfaſſer auf die Waldungen, und beant⸗ 
wortet die Frage: Db es für einen Staat vortheil« 
haft fey, große Waldungen zu haben, oder nicht ? 
damit, daß man durchgängig eine richtige Verhaͤlt— 
niß beobachten müffe. Es ift zwar ausgemacht, 
daß ein Sand, welches voller Holzung ift, nicht fo 
viele Einwohner erhalten Fünne, als ein folches, dar⸗ 
inn überall Ackerbau getrieben wird, es ift auch er= 
wiefen, daß nie zu viele Einwohner in einen Sande 
feyn fönnen, und hieraus möchte man fchließen, daß 
es rathſam fey, Die Waldungen auszurotten, und fie 
in Ackerland zu verwandeln. Allein diefer Betrach- 
‚ung wird durch eine andere das Gleichgewichte ge= 
‚halten, Die größte Bolllommenheit des oͤkonomi⸗ 
ſchen Syftems eines Staates, bejteht nämlic) dar- 
inn, daß die Einwohner die aller unentbehrlichften 
Lebensmittel in ihrem Sande felbft antreffen Fönnen. 
Es ift wahr, das fand hat Einwohner noͤthig, dieſe 
aber brauchen faft eben fo nöthig Holz, als Brodt. 
Man möchte einmenden ; da es unftreitig ift, daß 
| eine 


640 Herrn Bar. von Bielfeld 


“eine Hufe Aderland mehr einbringt, als eine Hufe 
Waldung, fo müffe man das Holz fällen, das fand 
bauen, und für das aus dem Öerreide gelöfete Gelb, 
von feinen Nachbaren Holz kaufen, und alsdenn 
wuͤrde man noch immer einigen Ueberſchuß haben. 
Allein dieſer Grund, ſaget der Verfaſſer iſt weder 
fuͤr einen Staatsflugen , nod) für einen Finanzver: 
ftändigen hinreichend. Denn die unentbebrlichiten 
- Dinge zum menfchlichen eben, müflen in einem 
mwohleingerichteten Sande, fo wenig, als nur möglich) 
ift, fehlen. Der Krieg, ungeftüme Witterung, ein 
harter Winter, wodurch die Zufuhr zu Waſſer ab⸗ 
gefchnitten wird, und andere ähnliche Vorfälle, koͤn⸗ 
nen verurfachen, daß die zur Erhaltung des Lebens 
nöthigen Waaren nicht in genugfamer Menge oder 
zu gehöriger Zeit anfommen, worüber ein Land in 
große Berlegenheit gefegt werden würde. Ueber⸗ 
dem ſteht ein Volk, welches von ſeinen Nachbaren 
dergleichen Waaren Faufen muß, die es unentbehr= 
lich brauchet, in einer fehr gefährlichen Abhaͤnglich— 
feit von demfelben, weil fie ſtets durch Verbietung 
der Ausfuhr, daſſelbe in große Noth bringen koͤn— 
nen. Das Verhältniß, welches die Waldungen ge⸗ 
gen die bebaueten Felder in einem Sande haben müfe 
fen, ift zwar nach dem Unterſchiede der Sander, auch 
verfchieden ; doch kann man die Negel annehmen, 
daß die Waldungen niemals mehr, als einen 
Dritcheil, und niemals weniger, als den fünften 
Theil des ganzen Sandes, einnehmen muͤſſen (S. 
196). ©. 197 thut der Herr Berfaffer den Vor⸗ 
ſchlag, das Forſt- und Jagdweſen einem eigenen Des 
partement, unter der Aufſicht des Oberjaͤgermeiſters, 

anzu⸗ 










| ‚Inftitutions politiques. 641 


anzuvertrauen, weil dazu ganz beſondere Kenntniſſe 
noͤthig ſind, die man bey den wenigſten Financiers 
findet. Er handelt hiernaͤchſt von der Jagd und 
der Fiſcherey, inſonderheit dem Herings- und Wall⸗ 
fiſchfange. (S. 201-203). Ferner von dem Gold. 
wachen, den Salzwerken und Gefundbrunnen, in fo 
fern felbige das Finanzivefen angehen (&, 204-206): 
imgleichen von den Bergwerken und Steinbruͤchen 
(S.207:209). Er wendet ſich nunmehr: zu der 
Verwaltung der Domainen. Es iſt beſſer, dieſel⸗ 
ben zu verpachten, als verwalten zu laffen. (S. 210). 
Ob man gleich nicht nöthig hat, die Pachtgelder all 
zu geringe anzufegen, fo.ift es doch auch nicht rath⸗ 
ſam, ſie zu hoch zu treiben, und ſie bey einem jeden 
neuen Verpachte zu ſteigern, weil das Land und die 
Guͤter ſelbſt hiervon mehr Schaden haben, als der 
Pachter. Bey dieſer Gelegenheit, wird (©. 212) 
die Frage aufgeworfen: ift es einem Staate zu⸗ 
traͤglich, daß der Souverain viele Domanialgürer 
beſitzt? Handelt er Flüglih, wenn er. dag Eigen. 
thum feiner Bafallen an ſich kaufet ? Um hierauf 
zu antworten, muß man die verfchiedenen Gattuns 
gen von Souverains erwägen. Es ift unftreitig, 










Man fann ihn nicht anders, als für einen reichen 
Particulier anfehen, der zum böchften über Bauern 
I 24 Band, u herr⸗ 


642 Herrn Bar. von Bielfeld * | 


herrſchet. Zweytens, wenn die adelichen Geſchlech⸗ 
ter, die feine erniedrigende Mahrung ergreifen fün- 
nen, verlöfchen, oder fich) aus dem Sande wegbege⸗ 
‚ben, fo verringert fich der Aufwand, Der Han» 
‚del leidet Dadurch , und der Umlauf des Geldes wird - 
geringer, Die Accife, die Manufacturen, die Eins 
toohner der Städte und alle Handwerker verlieren, 
Der Staat hat alsdenn Feine andere Hülfsmittel, - 
als den Aderbau, die Ausführung feiner Waaren 
und eine fchläfrige Handlung mit Auswärtigen, Al⸗ 
fer diefer Verluſt zufammen genommen, bringe dem 
Staate,. und folglich auch dem Landesherrn einen - 
ungusfprechlichen. Schaden. Indeſſen begeht ein 
. Kleiner Fürft, der nur einige Truppen zum Staate 
unterhält, einen geringern Fehler, wenn er die ade⸗ 
lichen Güter zu Domainen macher, als ein mächti= 
ger Monarch, der eine große Armee auf den Bei⸗ 
nen hält. Denn wer foll: diefe Bölfer commandi« 
zen?  Diefes ift das natürliche Handwerf eines 
Edelmanns. Wo wird man genug Dfficiers anders ° 
finden, ‚als unter dem Adel? Wenn aber diefer 
Stand gef hwächer wird, ober gar ausgeht, wenn 
der Edelmann nicht Einkünfte genug hat, feine Fa⸗ 
milie zu unterhalten, was wird denn aus der Armee, 
was wird aus dem Staate werden? Man kann alfo 
hieraus den Schluß machen, daß ein Kleiner Fürft 
feine Domainen ohne Schaden vermehren, und ſich 
ſelbſt einem Edelmanne gleich machen koͤnne, daß 
aber ein großer Monarch die Erhaltung feiner Bas | 
falten, dem Bortheile vorzuziehen habe, den ihm die 
Erlangung ihrer Güter verfchaffen koͤnnte. Eine’ 
— 9 — der 









* 


{ Inftitutions politiques. / 643 


der wichtigen Befchäfftigungen des Finanzcollegii ift 
die bequemfte und am menigften befchmwerliche Art, 
die Abgaben ausfindig zu machen, Diefes ift gleich» 
ſam der Stein der Weifen, den bisher noch die wer 
nigften Sinanzverftändigen gefunden haben. Der 
Herr Verfaſſer beftimmer (©. 215.) drey Regeln 
vonder Befchaffenheit der Auflagen. Sie müffen 
1) eine verhältnigmäßige Gleichheit haben, d. i. alle 
Unterthanen, und wenn es möglid) ift, auch die fich 
in einem Staate aufhaltenden Fremden, follen, ein 
jeder feinem Vermögen und Reichthümern gemäß, 
dazu beytragen 5; 2) Diefer Beytrag muß einem 
Unterthanen, fo wenig Zerftreuung und fo wenigen 
Verdruß machen, als nur immer feyn kann; 3) Ein jes 
der muß die Zahlung auf die für ihn bequemefte 
Art und zu der Zeit, wenn er am beften im Stande 
ift, Geld auszugeben, verrichten. Wie ſchwer eg 
fey, eine verhältnigmäßige Gleichheit zwifchen den 
- Abgaben eines Armen und eines Reichen zu beobach⸗ 
ten, zeiget der Herr Baron, an dem Benfpiele der. 
von einigen vorgefchlagenen Abgabe auf das Ges 
£reide, welche fo ftarf feyn foll, daß Damit aller Auf⸗ 
wand eines Staates beftritten werden koͤnne. Dies 
fer Entwurf hat viel Scheinbares, denn, vermöge 
deffelben, würde ein jeder Unterthan eine mit feinen 
Aufwande in Berhältniß ftehende Abgabe entrichten. 
Der Unterthan, der in einem Lande wohnende Fremd⸗ 
ling, und alle Durchreifende, würden hierzu etwas 
beytragen. - Ein Kind, welches weniger ifjet, würde 
tveniger, die Reichen aber müßten wegen ihres Ge⸗ 
findes und in Abficht auf die übrigen Perfonen, wel⸗ 
che zu ihrem Aufwande befoͤrderlich find, mehr ges 

©; 2 en, 


644 Herrn Bar. von Bielfeld 
ben. Jeder wüßte, woran er wäre, ohne daß eine 
Vermehrung der Auflagen zu befürchten ftünde, Die 
Einnahme derfelben wäre fiher und leicht, man wuͤr⸗ 
de fie unvermerft, fo wie man dag Getreide verzeh— 
rete, bezahlen Eönnen u, fe w. Allein diefe allge: 
meine Auflage auf Das Getreide müßte, weil die 
Ausgaben des Staats durch fie allein beftritten wer= 
den folfen, überaus groß feyn, folglich würde der 
Preiß des Korns ungemein fteigen, und der Hands 
werfsmann, der eben fo viel Brodt iffet, als der 
Reiche, müßte fich feine Arbeit wohl doppele oder 
orenfach fo hoch, als vorhin bezahlen laffen.  Aus- 
waͤrtige wuͤrden fich daher ſcheuen, aus unfern Ma« 
nufacturen etwas zu Faufen u. few. Alle andere - 
Vorſchlaͤge find faft gleichen Schwierigkeiten unter» 
mworfen. Am allerwenigften aber wird diefes Ver⸗ 
haͤltniß bey Perfonalabgaben beobachtet werden Fön 
nen, die deswegen billig nicht anders, als bey außer: 
ordentlichen Vorfaͤllen follten gehoben werden. (S. 
217). Der Here Verfaſſer geht hierauf die vers 
fchiedenen Arten, der ordentlichen oder: Realaufla⸗ 
gen durch. Die Auflage auf die Aecker, Wiefen, 
Büfche, Weinberge ꝛc. ift die allerbilligfte und ges 
lindefte (©. 218). in den meiften europäifchen 
Laͤndern ift es hergebracht, daß die Ländereyen’der 
Geiftlihen und des Adels von Abgaben befreyee 
find. Der Herr Berfaffer findet feinen ‘Grund, 
warum die Geiftlichfeie fich entziehen will, zu den 
alfgemeinften Beſchwerden des Staats, aus welchem 
ſie ſo vielen Vortheil zieht, etwas beyzutragen. 
Doc) man kann dieſes geſchehen laſſen, weil die Fürs 
ften fich wegen diefer Befreyung, fchon auf andere 
| i Weiſe, 


Inftitutions politiques. 645 


Weiſe, als durch freymillige Gefchenfe, und derslei- 
‚hen ſchadlos zu halten wiſſen. In Abſicht auf die 
Befreyung der adelichen Güter aber ift zu bedenken: 
1) Daß diefes ein feit vielen. Jahrhunderten erwor⸗ 
benes Recht fen, welches der Landesherr, ihnen, ohne 
Ungerechtigkeit nicht nehmen kann; 2) daß diefes 
Hecht bey einem jeden Berfaufe der adelichen Güter 
mit in Anfchlag gebracht worden; 3) daß die adelis 
chen Güter andere Abgaben bezahlen, deren Benen« 
nung, nach dem Unterſchiede der Länder verfchiedents 
lich ift ; 4) daß der Adel dem Staate fonft, am Ho— 
fe, in Gefandefchaften und im Kriege, auf eine fein 
Vermögen erfchöpfende Art diene, und 6) daß er 
mehr Waaren, für die alle dem $andesherrn etwas 
entrichtet werden muß, brauche, als andere Stände 
(S. 219). Den Bürgern in mittleren und klei⸗ 
nen Städten , welche Ackerbau treiben, ift der Herr 
Verfaſſer S. 220) nicht guͤnſtig, wei Handwerks⸗ 
leute, welche den Ackerbau im Kopfe haben, daruͤber 
gemeiniglich ihr Handwerk verſaͤumen, den Bauern 
die Nahrung entziehen, und durch die Viehzucht die 
Staͤdte unſauber machen, zu geſchweigen, daß ſie ſich 
ſelbſt Schaden thun, wenn fie ſich Laͤndereyen anſchaf⸗ 
fen, davon ſie Abgaben zu entrichten haben, da ſie doch 
ſchon ohnedem die Acciſe und andere gewoͤhnliche Im⸗ 
poſten in Städten geben muͤſſen. Indeſſen erfors 
dert e8 die Politif, daß man hierinn mit ihnen fein 
Machfehen habe, fondern vielmehr alle Mittel an- 
wende, um fie von dem Acerbaue abzuhalten. ©. 
222 wird der Schaden gezeiget, der aus einer allzu- 
ftarfen Acciſe entftehe , fo ein bequemer Impoſt die» 
‚felbe auch fonft ift. ©. 227 wird die Frage aufge⸗ 
Ss 3 worfen, 


+ 


\ 


646. Heren Bar. von Bieten 


* worfen, wie viel ein jeder Unterthan, von ſeinen jaͤhr⸗ N 


lichen Einfünften, dem Staate entrichten muͤſſe. 
Der Herr Verfaſſer antwortet: fuͤnf und zwanzig 


von jedem Hundert, Mehr zu geben würde das 
Volk entkräften, weniger aber, zu den Beduͤrfniſſen 


des Staats, nicht hinreichend feyn. ©. 228 zeiget 
fi ver Herr Baron geneigter, für die Verwaltung, 
als für die Verpachtung, der Einfünfte eines Staa« 
tes. 1) Weil es unftreitig ift, daß bey einer ges 


treuen Verwaltung, der Staat allen den Vortheil 


ſelbſt ziehen Fann, den ſonſt die Pächter gewinnen; 
2) wenn gleich bie Koften der Verwaltung und die 
DBefoldungen der Perſonen, Die dazu gebrauchet wers 
den, einen Theil des Bortheils wegnehmen, fo find 


fie doch nicht ganz verloren, fondern fie kommen dem 


Staate wieder zu gute, indem fie mitNußen wieder 
in die allgemeine Maffe einfließen ; 3) wenn das 
Volk den großen Reichthum erblidet, den die Paͤch— 
ter erwerben : fo wird es darüber ſchwuͤrig, Daß es 
diefe Leute fo reichlich erhalten muß. Hieraus ent⸗ 
ſteht ein Widerwille gegen die Regierung ſelbſt, und 
eine Geneigtheit die Zoͤlle und Acciſen zu betruͤgen; 


muß man den Paͤchtern einen gar zu großen Uns 


theil an der Köchften Gewalt einräumen, wenn fie 

wieder zu ihren Pachtgeldern gelangen follen, und 
man muß ihnen fo gar zumeilen die Macht iafen, | 
die Conteibutionen durch militarifhe Erecution ein- 
zutreiben. Endlich 5) wird das Volk der gewoͤhn⸗ 


lichen Härte der Pächter, die ihm gemeiniglich ohne 


das geringfte Mitleidven begegnen, Preis gegeben. 
Die a des Staats! werden ©. verwen 


Inſtitutions politiques. 647 


det ; 1) zum Unterhalte des Landesherrn und feines 

Hauſes; 2) zu den Befoldungen der Civilbedienten ; 

* 5) zum Unterhalte der fand» und Seemacht; 4) zu 
Unterhandlungen mit auswärtigen Höfen; 5) zu den 

Feſtungen; 6) für die Geiftlichfeit, in fo. fern fie von 
dem Sandesherrn ſelbſt befoldet wird ; 7) zu Erhal ⸗ 
tung der Kirchen und anderer öffentlichen Gebäude; 
8) zur Policey; 9) zu Hofpitälern und andern lieb: 
reichen Stiftungen; 10) zu Erhaltung der Gebäude 
in den Domainen; 11) zu Vergütung des Schadens, 
den die Pächter der Domainen zuweilen leiden ; und 
12) zu außerordentlichen Ausgaben, als z. E. zu 
neuen Verſuchen in dev Haushaltung, Schifffahrt, 
Fabriken, zur Hülfe der Unterthanen, welche durch 
Krieg, oder fonft gelitten haben, und fo ‚weiter, 
(S. 230). 


In dem dreyzehenten Capitel liefet man einen 
Anterricht von den Manufacturen. Der Herr 
Baron wuͤnſchet anfänglich (S. 235.) in einem je 
den Staate, die Errichtung eines Dberhandlungs» 
collegii, welches aus nachfolgenden Perfonen be= 
ftünde, als: einem Präfidenten, zwey gelehrten 
Raͤthen, zwey Banquiers, als Käthen, zwey Kauf: 
leuten, als Räthen, zwey Raͤthen aus den vornehms 
ften Sabrifanten, und vier Ajlefloren, außer den Se: 
erefarien und Commiffarien. Der Admiral und zwey 

erfahrne Sciffscapitains müßten gleichfalls darinn 
Sitz haben. Eine ſolche Einrichtung waͤre um fo viel 
nüßlicher, da bey der Weitläuftigkeie der Finanzwiſſen⸗ 
ſchaft, die wenigſten Financiers eine vollftändigeKennts ⸗ 
niß von Handlungsſachen haben. S. 259⸗243 werden 
—* | u Ss die 


64383 Herrn Bar. von Bielfeld 
die Manufacturen nach der Ordnung der dreyen 
Reiche der Natur, welche die Materialien dazu an 
die Hand geben, zwar furz, aber doch ziemlich voll: 
fandig, angezeiget. Da fein Sand zu allen Manu» 
facturen geſchickt ift> fo iſt bey deren‘ Anlegung 
verfchiedenes vorher zu bedenfen, als 1) die nas 
tuͤrliche Befchaffenheit des Landes, ob dafielbe die 
Materialien zu den Manufacturen felbft hervorbrin« 
get, oder ob es fo gelegen fey, daß fie mit weniger 
; Mühe und Koften hineingefchaffet werden koͤnnen; 
2) Das Genie des Bolfs; 3) ob eine Manufactur eis 
nem Sande nüßlic), oder fhädlich ſey? Hier ſetzet 
der Herr von B. die Negel feit: wenn eine Manus 
factur, nad) Verlauf einiger Jahre, nicht fo in Auf: 
nahme fommt, daß ihre Waaren in auswärtige lan 
de verführee werden, fondern wenn man nöthig hat, 
die Unterchanen, zu deren Gebrauche zu zwingen, fo 
ift fie mehr ſchaͤdlich, als nüglid) ; 4) daß es nicht 
der Staatsflugheit bey der Handlung gemäß fey, 
wenn man durch Anlegung aller möglichen Manufa- 
euren, auswärtigen Bölfern alle Gelegenheit ab- 
fhneidet, ihre Waaren gegen die unferigen zu vers 
£aufchen, weil diefe nicht fo einfältig feyn werden, un⸗ 
fere Waaren zu faufen, wenn mie fie hindern, ihren 
Ueberfiuß bey uns abzufegen; 5) daß, fo bevölfere 
ein Sand auch immer feyn fann, es doch niemals. 
Einwohner genug zu Beftellung aller möglichen Ma⸗ 
nufacturen babe. (S. 243 : 246). Indeſſen ift fo 
viel gewiß, daß je mehr Manufacturen man haben 
kann, ohne der Natur Gewalt anzuthun, defto mehr 
Fönne man fleißigen Menfchen Arbeit verfchaffen, 
die Nation bereichern und den Staat gluͤcklich ma⸗ 
dien. Um den Manufacturen Fortgang zu vers 
ſchaffen, 


Inflitutions polittques. 649 


fchaffen, muß man. 1) durchdie Anlegung einer Aka⸗ 

demie der Mahler, Bildhauer ıc. dieſe Kuͤnſte, die eis 

nen ſo großen Einfluß in andere haben, aufmuntern; 

2) geſchickte Kuͤnſtler zu Verfertigung der noͤthigen 

Inſtrumente ſuchen (S. 247.). Unter allen Fabriken 

ſind die Wollenmanufacturen die nuͤtzlichſten, weil 

theils viele Menſchen dabey Arbeit und Unterhalt bes 

fommen, theilsdie Schafzucht felbft überaus einträg« _ 

lich iſt (©. 248.). Die Seidenmanufacturen haben 

gleichfalls ihren großen Vortheil, wenn fie 1) gut einges 

richtet find,und von ſtatten gehen, 2) noch Arbeiter übers 
flüßig find, welchenicht in den Wollenfabrifen gebrau⸗ 

chet werden, und 3) wenn es möglich ift, indem Sande 

felbft fo viele Seide zu gewinnen, als man nöthig hat, 
umdie Manufacturen völlig,oder doch meiftens, damit 
‚zu verforgen. „Nenn aber der Gewinnſt der Seide fo 
groß und fo allgemein würde, daß die Seidenfabrifen, 
den Wollenmanufacturen Schaden brächten, oder fie 
garzu Örunderichteten, fo fonnte man in diefem Falle 
nicht genug damit eilen,alleMaulbeerbäume auszurot: 
ten, undihre Eultur zu verbieten. . Denn es ift gar fein 
Vergleich zroifchen verWichtigfeit einer Fabrike zumas 
chen, die fo wefentlich dem Fortgange des Ackerbaues, 
der das ganze Volk befchäfftiget,aufbilft,und einer Ma⸗ 
nufactur, die in gewiſſer Maaße den Ackerbaue ſchaͤd⸗ 
lich iſt, und die nur einer gewiſſen Anzahl von Leuten 
zu thun giebt, ſo groß auch ſonſten ihr Nutzen ſeyn 
moͤchte. Da indeſſen dieſes nicht leicht zu befuͤrch⸗ 
fen iſt, und der Gebrauch der ſeidenen Zeuge, taͤg⸗ 
lich in Europa gemeiner wird, die geſunde Staats⸗ 
Elugbeit aber haben will, daß man fo wenig, als 
möglich ift, von auswärtigen Drten, Waaren foms 
men laffe, fo handele man ſehr vernünftig, wenn 
Haan 22 IE Bee man 


650 Herrn Bar, von Bielfeld 
man auch die Seidenmanufacturen ermuntert., 
(S. 250.) Iſt das fand und das Genie der Ein- 
tohner zu Seinen » und Hanffabriken aufgeleget, fo 
find He dem Staate überaus einträglich. Aber mit 
den Manufacturen wozu Baummolle ‚gebrauchet 
wird, ift es ganz anders befchaffen, fie find dag als 
- Terftärkefte Gift für die Staaten von Europa, welches 
je aus Afien kommen kann, man mag nun die 
baumwollenen Zeuge fhon gedruckt dafelbft Faufen, 
oder fie felbft drucden. Denn außerdem daß dafür 
viel Geld aus dem Lande gebt, welches endlich noch 
zu verfchmerzen ftünde, fo thun fie unfern Zeugen 
von Seinen, Hanf, Seide und Wolle den größten 
Abbruch. Wenn man von diefen aud) nur einen 
mäßigen und kaum norhdürftigen Borrath hat, fo 
muß man die baummollenen Zeuge ganz verbieten 
(S. 250.). Da der Gebrauch) des Rauch)» und 
Echnupftobafs fo allgemein ift, fo thut man wohl, 


weo es möglic fälle, den Tobaf im Lande felbft zu 


ziehen, oder wo Diefes nicht angeht, die Blaͤtter 
von andern Nationen aufjufaufen und zuzubereiten 
(8. 252.) inige, aber ſehr wenige Manufackus 
ven, deren Stoff aus fremden Ländern kommt, find 
dem Staate vortheilhaft, z. E. die feinen Tücher, 
die in England, Franfreich, Holland, Aachen u. 
f. w. verfertiget werden, die Kamelote u. |. w. Bey 
diefen hat das Handelscollegium den Fabrikanten 
allen möglichen Vorſchub zu leiſten, damit fie die 
dazu erforderlichen Waaren, aus der erften Hand, 
ohne große Frachtföften und Zollfrey erhalten mös 
gen (S. 253.) S. 256. zeiget der Here V. ven‘ 
Schaden, welchen Monopelia den Fabriken bringen: 
Nur in zween Fällen giebt er (S. 258.) 3. daß 
Mono⸗ 


Infiitutions politiques. 651 


Monopolia verftattet werben Fönnen: 1) Wenn 
jemand eine neue Kunft oder eine neue Fabrik er. 
funden hat, und fein Geheimniß nicht entdecken oder 
die nüsliche Fabrik nicht anders anlegen will, als 
unter der Bedingung eines ſolchen ausfchließenden 
Privilegii, fo Fann man ihm dergleichen auf eine 
gewiſſe Zeit verftatten, wenn nur dev Gegen⸗ 
ftand feines Geheimniſſes nicht unentbebrlich 
nöchig ift. Denn in dem letztern Falle muß ein 
‚Souverain niemals ein Monopolium bemilligen, 
fondern vielmehr das Geheimniß kaufen, es mag 
koſten was es will, um es verfchiedenen mitzuthei— 
len. 2) Wenn zu der Anlage einer Fabrik fo große 
Eummen erfordert werden, daß fie ohne Beyſtand 
des Landesherrn, oder einer, Öefellfchaft von reichen 
Anterthanen nicht unfernommen werden kann. Man 
fieht von dem le&tern alle ein Beyſpiel an der 
Dorcellainfabrik in Sachſen. ©. 258. wird anges 
merket, daß durch die überflüßige Menge von Livrey⸗ 
bedienten, welche bemittelte Perfonen halten, dem 
Etaate viele nußbare Leute, fonderlich an Arbeitern 
in den Fabriken, entzogen werden. Der Hear V. 
wünfcher, daß man an ſtatt fo vieler Gefege wider 
den unnüßen Aufwand, die öfters dem gemeinen 
Weſen mehr nachtheilig als vortheilhaft find, die 
Anzahl der Diener, welche ein jeder Unterthan nach 
feinem Stande halten dürfte, durch ein Gefeg be- 
fimmen moͤchte. ©. 264. machet der Here Baron 
noch) die beträchtliche Anmerkung, daß viele Fabri⸗ 
fen nicht den gehörigen Fortgang haben, went nicht 
ihrer mehrere von einer Art, auf einmal, angeleget 
werden. Er erläutert diefes mit dem Beyſpiele der 
Zuckerſiedereyen. Wird in einer Stadt nur eine 
HAN einige 


652 Heren Bar. von Bielfeld 


einige Zueferfiederen angeleget, fo ift der Unterneh: 
mer derfelben genöthiget, allen rohen Zucer aus 
fremden $ändern auf feine Rechnung kommen zu 
Laffen, und für die Transport» Provifions » und andere 
Nebenunkoſten allein zuftehen. Er buͤßet die Zin« 
fen von feinem Capitale fo lange ein, bis er den 
Zucker verfotten und verfaufer hat. Er muß ferner 
ein anfehnliches Geld hinein ſtecken, um verfchiedene 
Sorten von rohem Zuder zu verfchreiben, wenn er 
anders feine Fabrik aufrecht erhalten will. "Da er 
nun unmöglich vorher fehen kann, wieviel er von 
einer jeden Gattung brauchet, fo wird ihm vieles 
von der einen verderben, und an einer andern Sorte 
wird er vielleicht Mangel haben. Im Gegentheil 
werden die Portugiefiichen und andere auswärtige 
Kaufleute, an einen Ort, wo. mehrere Zuckerſiede⸗ 
reyen errichtet find, verfchiedene Arten von rohem 
Zucker, in Commißion und auf eigene Unfoften hin⸗ 
fenden, womit fi) die Zuckerſieder nad) eigenem 
Belieben und nach Berhältniß ihres Abganges, vers 
forgen fönnen, ohne zu beforgen, daß ihnen ihre 
Waare liegen bleibe. Der Commercienrath muß 
ſorgen, daß die von den Manufackuren gelieferten 
Waaren, 1) gut, 2) mannigfaltig und 3) billigen 
Kaufs find(©. 265.). ©. 267. wird gezeiget, daß 
ein völliges Verbot der auswärtigen Manufackus 
ren, die den unfrigen ähnlich find, nicht allemal den 
letztern vortheilhaft fey. Denn 1) wenn man 
das Verbot, ſich der ausländifchen Manufacturen 
zu enthalten, gar zu weit treibt, fo veranlaffee man 
fremde Nationen, dergleichen in Abſicht auf ung zu 
thun. 2) Es iſt irrig, wenn man glaubet, daß ein 
voͤlliges Verbot ausländifcher Waaren zur Bollkom« 

y h menbeit 


nſtitutions politiques. 653 


menheit unſerer Manufacturen etwas beyfrage. 
Vieimehr ift diefes ein Mittel, alle Nacheiferung bey 
dem Manufacturier aufzuheben, der nicht mehr noͤ⸗ 
thig hat, feine Waaren gut zu verarbeiten, um fie zu 
verfaufen. 3) Eine geringe Auflage auf die aus« 
wärtigen Waaren, kann den unfrigen eben den Vor⸗ 
theil fchaffen, als wenn jene ganz verboten würden, 
indem jene doch wegen der Transport - und anderer 
Koften höher zu ftehen fommen, als diefe. 4) Dies 
fes Verbot richtet die Handlung überhaupt, und 
insbefondere, zu Grunde. Die Schifffahrt leider 
darunfer, die Fuhrleute verlieren und der Zwifchen« 
handel wird ruiniret. Wir wollen z. E. fegen, 
daß man in Sachfen eine Fabrif von feinen Tüchern 
anlegen, und die Englifchen und Franzöfifchen das 
felbft verbieten wollte, Was würde hieraus ent 
ſtehen? Die auswärtigen Kaufleute, die bisher ges 
wohnt gewefen, ſich in Sachfen mit Franzöfifchen 
und Engliſchen Tuͤchern zu verſorgen, wuͤrden ſie 
von Hamburg, Luͤbeck, Frankfurth u. f. w. ver» 
fhreiben, und die Saͤchſiſchen Kaufleute giengen 
auf dieſe Weife verloren, 

Das vierzehnte Capitel redet von der Hand⸗ 
lung. Der Nachdruck der Handlung beſteht 
1) in der Ausfuhre der natuͤrlichen Producte eines 
Landes, 2) in der Einfuhre der Waaren, welche 
unſer Sand nicht hervorbringt, entweder zum Ges 
brauche unferer eignen Unterthanen, oder um fie an 
Andere Bölfer wieder zu verfaufen, 3) in der Aus⸗ 
führung unferer Berarbeitungen oder Manufactus 
ven, 4) in der Einfuhre ausländifcher DBerarbeis 
tungen die uns fehlen, zum eignen Gebrauche und ' 
zum Berfaufe, 5) in dem Umlaufe des Goldes und 
NEE ©ilbers, 


654 Heren Bar. von Bielfeld 
Silbers, 6) in dem Verkehre mie Mechfelbriefen, 
7) in der Schifffahrt und dem dazu gehörigen, end« 
lich. 8) in Affecurancen (S. 276.). Der Zweck des 
Kaufmanns, der die eine vder die andere Art von 
diefen Handlungen treibt, ift, dabey zu gewinnen, 
der Zweck des Souverains iſt, allen Arten der Hand» 
lung und dem ganzen Bolfe dadurch Vortheil zu 
verſchaffen. Man erhält diefen doppelten Zweck, 
- wenn man die Maaßregeln fo nimmt, daß die Bi⸗ 
lanz der Handlung auf unfere Seite ausfällt 
(©. 277.). Dieſe Bilanz kann am beften aus der 
in den Zollregiftern anzuführenden Berechnung des 
Berhättniffes der ausgehenden Waaren gegen die 
eingeführten gezogen werden (S. 278. ). Der 
Herr V. unterfucher hierauf die nur ; angezeigten 
acht Hauptftücde der Handlung genauer, worinn wir 
ihm nicht von Punck zu Puncte folgen, um nicht zu 
weitlaͤuftig zu werden, fondern bloß das Merkwuͤr—⸗ 
digſte anzeigen wollen. Won der Beförderung des 
AUmlaufes vom Gelde, laßt fi der Herr Baron 
©. 285. folgendermaßen heraus: „Wenn man bie 
unermeßliche Menge von Gold und: Silber, welches 
aus den Europäifchen- Minen gegraben, und aus 
andern Welttheilen herein gefchaffet wird, überleget; 
fo muß man fich wundern, das Europa nicht voller 
Geld ift, und daß der Werth diefer Metalle nicht 
ungemein fallt. Diefes würde auch gewiß gefchen 
‚ben, wenn Europa nicht: verſchiedene Canäle hätte, 
wodurch ein Theil des Goldes und Gilbers wieden 
verloren geht, welches daſſelbe jährlich einnimmes 
Dieſe Canäle find 1) die Handlung nad) China und 
“einigen andern Gegenden Afiens, die nur mit baam 
rem Gelde geführer wird, 2) die Banquen zu Am⸗ 
oe | ſterdam, 


‘ Inftitutions politiques. ! 655 


fierdam, Sondon, Venedig, Genua, Hambura :c. 
3) Die Schäge verfchiedener Monarchen, Fürften 

und Republifen, worunter einige fehr beträchtlich 

find, und jährlich zunehmen, nebft den Schägen ber 

geiftlichen Orden, den Zierrathen und Koftbarfeiten 

dev Kirchen und Kıöfter. 4) Das Eilbergeräthe, 

Treffen, DVergüldungen ꝛc. 5) Die beftändige 

Abnuͤtzung des Geldes durch den Gebrauch. Aber 

diefe Canaͤle, welche das überflüßige Gold und Eil« 

ber aus Europa wegnehmen , find nicht fo fchädlich, 

als man insgemein mit vielem Financiers glauber, 

Es ift in dem vorigen dargethan, daß in den reiche⸗ 

ſten Laͤndern nicht immer eine ſo erſtaunliche Menge 

‚von Golde und Silber im Umlaufe ſey, daß die 
Handlung treibenden Bölfer ihren Handel damit al 

lein beftreiten Fönnten, daß fie vielmehr durch Pa- 

pier den Mangel deffelben erfegen müffen, und daß 

ein allzugroßer wirklicher Ueberfluß dieſer Metalle 

nur den Preiß aller Waaren fteigern würde. Wenn 

wir alfo zur Aufnahme der Handlung verlangen, 

daß vieles Geld im Umlaufe fey, fo muß diefes fo 

verſtanden werden, daß ſich bey einem ſolchen Ueber⸗ 

fluſſe, ein Verhaͤltniß gegen die allgemeihe Maffe 

‚Der in Europa vertheilten Reichthuͤmer befinde, d. i. 
daß in einem Staate beitändig viel Geld, oder Pa- 

pier, toelches die Stelle des Geldes verfritt, vorhan⸗ 

den fey, in Verhaͤltniß auf dasjenige, was andere 
Handel treibende Völker befigen.,, S. 286 wird 

bie Prägung fchlechter Münzforten mit lebhaften 

aber wahren Farben gefchildert. Der Vortheil, 

„welchen ein Sürft davon hat, wenn er geringhaltige 
Münzen fchlagen läßt, ſcheint anfaͤnglich fr groß 

zu ſeyn, aber er wird bald in Schaden —— 
enn 


655  Heren Bar. von Bild 
Denn 1) der Zürft kann diefen Vortheil nicht ans 
ders, als von feinen eignen Unterthanen ziehen, die 


er in gleichem Verhältniffe arm machet, als er ges 


winnt. 2) Da ein Fürft das Geld, welches er felbft 
hat fehlagen laffen, wieder .bey feinen Caffen anneh⸗ 
men muß, fo vermindert er feine wahren Einfünfte 
um eben fo viel vom Hundert, als der wirfliche 
Werth feines Geldes von dem angeblichen verfchies 


den if. 3) Diefer Verluſt dauert beftändig fort, 


Dagegen er den Vortheil aus dem fchlechten Muͤnz⸗ 
fchlage einmal für allemal gezogen bat. 4) Wenn 
man gleich einwenden Fann, daß der Fürft in dergleis 
hen Münzforten wieder auszahle, fo folget doc) 
daraus, a) daß er alles, wegen des fchlechten Ges 
balts feines Geldes theurer bezahle, b) daß er feis 
nen DBedienten einen Theil ihrer Befoldungen abs 
fürze, welches für fie um fo viel nachtheiliger ift, 


weil eben wegen des fhlechten Geldes , alle Waaren, 


— 


die ſie brauchen, im Preiße ſteigen. Wenn der 


Souverain ſich in den Umſtaͤnden befindet, daß er 


durchaus Geld noͤthig hat, ſo iſt es tauſendmal 
beſſer, wenn er die Beſoldungen herunter ſetzet, oder 
eine allgemeine Auflage machet, als wenn er den 
innern Werth des Geldes verringert. 5) Es iſt 
ſehr zu befuͤrchten, daß das ſchlechte Geld in andern 
Laͤndern nachgeſchlagen werde. 6) Andere Staas 
ten find nicht fo einfältig, Kupfer für Silber anzu⸗ 
nehmen. Sie beftimmen dem geringhaltigen Gelde 
feinen wahren Werth und richten darnach den Preiß 
ihrer Waaren ein (©: 287.). Der Einwurf, daß 
wenn ein Souverain gutes Geld fchlagen läßt, dafs 
felbe bald aus dem Sande gezogen und eingefchmols 


zen werde, ift feheinbar, aber doch ungegruͤndet. 


Denn 


nltitutions politiques u 657 
Denn niemand wird 100. Rthlr. gu£.,Geld gegen 


100. Rthlr. fehlechtes vertaufchen. Vlelmehr muß 
derjenige, welcher gutes Geld für fchlechtes einwech» 
fen will, Aufgeld geben, wodurch nicht nur der 
wahre Werth des guten Geldes, fondern auch ges 
meiniglich noch mehr gewonnen wird. Man mag 
alfo immerhin das gute Geld einwechſeln und ein 
ſchmelzen laffen, fo wird ‚man dadurch unvermerfe 
gleihfam der Münzmeifter anderer Völker, dien. 
tertbanen gewinnen ihren Münzlohn und der Gou- 
verain ‚fein Schlagegeld, nebjt dem Zufage, Die 
DBenfpiele von Frankfurth am Mayn, Hamburg ꝛc. 
mo gutes Geld gefchlagen wird, und alle Miünzfor 
ten in Europa, nach ihrem wahren Werthe gelten, 
zeigen, daß ein Staat bey der Prägung des guten 
Geldes gewinne (S. 289.). Bon den Banquen 
wird ©. 295298. deutlicher und ausführlicher. ger 
handelt, als in den gewöhnlichen Einleitungen zur 
Staatswiflenfchaft gefchieht, Wenn ein Zürft eine 
Banque errichten will, muß er die Kaufleute nicht dars 
um fragen. Man Fann 1000 gegen eins verwerten, 
daß fieden Vorſchlag, als unmöglich oder ſchaͤdlich ver- 
werfen werden. Wenn man eine große Einrichtung 
in der Handlung machen will, fie mag befchaffen ſeym 
wie ſie will, fo werden die Kaufleute fich zu erft dawider 
fegen. Wenn aber der Geſetzgeber mit einer überlegten 
Standhaftigkeit darauf befteht, und die Unterneh— 
mung vollführet, fo wird der Kaufmann durch feinen 
eigenen Vortheil angelocet, fat wider feinen Willen 
zu ihrer Bollfommenbeit etwas beytragen( &.298.). 
©. 301. wird gezeiget, daß der überflüßige Aufivand, 
der Handlung, ‚dem Aderbau, den Manufacturen, 
Kuͤnſten und Handwerkern vortheilhaft ſey, doch muß 
24 Band. Tt der⸗ 


658 Hen. Bar. vd. Bielfeld Inſtitut. polit. 
derſelbe allemal dem Sande und den Mitteln, welche es 
hat, demfelben durch den Fleiß feiner eignen Untertha⸗ 
nen, ein Genuͤge zu leiſten, gemaͤß ſeyn. Die mit einem 
ausſchließenden Privilegio verſehenen Handlungs⸗ 
compagnien , muͤſſen nicht als Monopolia, oder als eine 
der Handlungsfreyheit ſchaͤdliche Einrichtung angeſe⸗ 
hen werden, weil ein jeder Unterthan die Freyheit hat, 
hinein zu treten und die Gegenſtaͤnde ſolcher Geſell⸗ 
ſchaften, ſo weitlaͤuftig und koſtbar ſind, daß ſie die 
Kraͤfte einer einzelnen Perſon, ſie mag ſo reich ſeyn, als 
ſie will, uͤberſteigen. Doch ſind dabey zwo Regeln zu 
beobachten. 1) Man muß kein ausſchließendes Pri⸗ 
vilegium verſtatten, als wenn der Gegenſtand an ſich 
ſelbſt fo groß iſt, daß einzelne Kaufleute ihn nicht be⸗ 
ſtreiten fönnen. 2) Man muß niemals diefe Art von 
Privilegien aufbeitändig,fondern nur auf gewiſſe Jah⸗ 
vegeben‘, nach deren Verlauf dem Souveram frey 
ſteht, fie zu verlängern oder zu wiederrufen (S. 302.). 





ae Sortfegung folget.) 
| Innhalt: ä 
1. Abhandl. uͤber einige neue Berbefferungen der Magnet, 
nabel und des Seecompaſſes. 563 


II. Vom Gebrauche. der Kreugbeerem. 

III. Auszug aus einem Briefe an Carl Vinfney, neok 
deffen Beantwortung verfchiedener an ihn ers. 
gangener Fragen, feine — han mit 

‚einem papiernen Drachen betre 

IV. Herrn von Billeneuve Anmerkung von ben Hpren 

des Seepferdes. 598 

V. Ausfuͤhrliche Nachricht, von des PER Barons don 
Bielfeld Infitutions politiques. — 605 


— BE 
Boote 


fesiſtet 
der merkwuͤrdigſten Sachen. 


Fbaaben, Gedanken uͤber biefelben 82. —— wie 

den großen leicht abzuhelfen ware 90. 91 
Ackerbau, verſchiedene Hülfsmittel denfelben zu un⸗ 
terhalten und zu befördern ar. in America beforgen 
die Weiber venfelben 462 
Aerzte, americaniſche/ wie ſie mit ihren Patienten ver⸗ 
fahren 468 
Aetna, Nachricht von einem Ausbruche dieſes Feuer⸗ 
ſpeyenden Berges 360 
Alkali, ob es ein fluͤchtiges im Mineralreiche gebe 147 
America, Beſchreibung der Landeseinwohner daſelbſt, 
welche gegenwaͤrtig der Schauplatz des Krieges 
find 461. Leibesgeſtalt und Lebensart derſelben 462; 
463. ihre Gemüchsart, Gaftfrenheit 464, und 
Rachgier 465. freflen das Fleifch ihrer Feinde 466, 
ihre Begriffe von Gott 467. Arzeney-oder vielmehr 
Zauberfunft 468. lieben die Freyheit aufs äußerfte 
47°. ihre Kinderzucht 472. Negierungsform 472. 
3 verfchiedene Ceremonien 474. Tieben die Gefchenfe 
ungemein 475. wie fieihre Proceffe abthun 475. 
wie ſie ihre Todten betrauren, ihre Leichenbegaͤng⸗ 
niffe und, Seelenfefte 479.480. Zurüftungen zum 

© Kriege 482. 483. tie fie ausmarfchieren 485. ihre 
Vorſichtigkeit auf dem Marfche 486. Graufam- 


keit wiber die Kriegsgefangenen 489 :491 
Amerhyftfarbe, ob fie bey Edelgefteinen von einge« 
miſchtem Golde herrühre * 16 


"Anno von Sangerhauſen wird Hochmeiſter der 


Kreuzherren, nach dem Poppo von Dfterna 319. 
| — Liefland 320. 321 
ad 2 Areſko⸗ 


gegiter 


Areſkoui, iſt der Name des Kriegesgotts der YAıeri- 
caner “484 
Arme, deren merden täglich sioentaufenb von einem 
Bifhoffe, mit Brodt und Suppe er alten; "90 
Arſenik, ob er halbmetallifcher Narurfey -- 149 
Asphaltgrube, Nachricht von einer beſondern Bege⸗ 


benheit in einer im Elſaß rang 
Aſſa, Koͤnig der Hebraͤer, wird verbrannt 42 3. ſolches 
läugnen die Juden 4427 


Atmoſphaͤre, electriſche, der 5 Wolfen 593.594 
Da Briefüber die gotbifche 339. Die griechiz 
fche ift nicht fo fehr ausgeartet, alsdie gothifche339 
Baum obne Blaͤtter, Pira-Haya genannt‘. 291 
Daumſchulen, Anlegung derfelben in Guyenne 77 
Beyrichter, Borfchlag zu Seßung derfelben 86 ff. 
Bielfeld, Baron von, Auszug aus deſſelben ſyſtema⸗ 
tiſchen Staatswiſſenſchaft = 605 ff. 
Bienen, Nutzbarkeit derfelben 4,279 
Blitz, electrifcher, wieer durch Huͤlfe eiſerner Kugeln 
zu wege zubringen 452. wie durth lauter Erſchuͤt⸗ 


terungsketten 456 
Blumen, wie deren Schoͤnheit i im Aufroduen zu er⸗ 
halten 15:384 


Dourges, wie alt die Gathebralficchebafelbfifen 347. 
Branntewein, deſſen Misbrauc) ift.einem Staate 
ſehr binderlich 613. 623. 
Brodt, ſchwarzes vor die Schiffe, Manufactur * 
von zu Bourdeaux 

Cabinet das Leidenſche, Anzeige einiger iefe 
in demfelben — 

Californien, Lage dieſer ——————— Inſel 287. 
289. von wem ſie ihren Namen bekommen habe 
287. Beſchaffenheit RR Erdreiches und der Luft 
dafelbft 


der merkwuͤrdigſten Sachen. 


daſelbſt 290. des Wildprets 290. des Gefluͤgels 
und der fruchtbaren Bäume 291. Nahrung der 
Einwohner 292. was für Voͤlkerſchaften diefelbe 
bewohnen 296, ihre Gemüthsbefchaffenheit 299. 
machen fehr befonderes Küchengeräthe 300. ihre 
Heyrathen 301. feltfame Gebräuche wegen der 
Kindbetterinnen 302. Befchreibung ihrer Wohnuns 
gen 303. ihre Aerzte und Priefter'3o4. wie fie mit 
ihren Kranken und Verftorbenen umgehen 304.305 
Camera obfeura, fiehe Zimmer verfinftertes. 
Caninchen, wie fiemit Krebfen zu fangen 218. 219 
Cathedralkirchen, die alten, find nach gothifcher Art 
gebauef 345. wie altfiefeyn — 346 
Colonien,wie fie ſich gegen ihre Hauptſtaͤdt. verhalt. zr 
Comet, Geſchichte desjenigen, der im Anfange des 
Jahres 1759. geſehen worden 385. er hatte eben 
die Richtung, wie der vom 1682ſten Jahr 387. ſein 


geſchwinder Lauf 391. ſcheinbarer Durchmeſſer fei- “er 


nes Kerns ng, 393 
Compaß, ſiehe Seecompaß. 
Corbeil, ſehr gute Pfirſchen daſelbſt 176 


Faumen, beſonderer Vorfall, in welchem das erfte 
— Gelenfe deff elben, und zugleich die Senne des 
Beugers, abgeriſſen worden 399. 400 
Domainen, ob es gut fen, fie zu verpachten 641 
Drache, papierner, electrifcherBerfuch damif und Bes 
anthw verſchied. Fragen wegen aaa 588.590 ff⸗ 
Düngenzur Halfte, waßesfey - % 

GR diefelbe'ift ein Vergleich | 
Eheſcheidung, ob das Verbot Herfelben der Ber. 
mehrungder Menfchennachtheiligfey 362 ff. 
Eheſtand, Einwürfe wider deffelben Auen. 
keit 364.. Beantwortung derfelben - 365 ff. 

703 Ehren⸗ 


Regifier * | 


Ehrenaͤmter, welchem Stande fe — zu er⸗ 
theilen feyn — 
Eichenhol⸗ Cultur beſſelben ek — 
Eiſen, ob es vor der Schmelzung ſchon i im Eimer 

und Steinen fey | 
Eiectriſche Verſuche mit einem Slodenfpiele 3 
mit der Verſtaͤrkungsflaſche 103.ff. mit Harz und 
Glaſe 349. mit ölichter Seide 351. welches Glas 
poſitiv und welches negativ eleckrifiregsı, mit eifers 
nen Kugeln, einen fünftlichen Blitz zu wege zu brin⸗ 
gen 452. imgl. mit lauter Erfchütterungsfetten 456, 
mit einem papiernen Drachen 588. Antwort auf ver: 
ichiedene Fragen wegen diefes Dradhens 590 ff. 
giben wie fie den Winter durch frifch zu erbalten 
220 ff. was bey ihrem Berfpeifen zu beobachten 223 
Erdbeben, erſchreckliches zu Liſſabon 262. meife Ein: 
richtung der hohen Landesobrigf. bey demfelb.262ff. 
Erdboden, ober jego noch fo ſtark bevölkert fen, als in 


vorigen Zeiten 930 
Erde, obfie ein Magnetfey - 566 
Erzeugung der Thiere, viererley Meynungen das 

von 500. tmwiefieeigentlichgefhehe -  zıo ff. 


Erste, mas für Grundſtuͤcke dieſelben ausmachen 144 
Eſelsbegraͤbniß, wer ein ſolches bekommen habe 413 
Ey, ob aus demſelben alle Thiere erzeuget werben 500 
— oder Wundtrank, auch ſchweizeriſche 
Panacee, was fir Kräuter dazu genommen wer#° 

den 246, feine Wirkungen überhaupt 247. verſchie⸗ 
dene Artender Zubereitung deflelben 251. vier Sor⸗ 
ten von allgemeinen alltränfen 252. befondere all» 
tränfe wider gewiffe Kranfheiten 254. . für. den 
Schlagfluß und fallende Sucht 254: Hirnwuth, 
— —— 255. Engbeifligteie. 256, 


Blaͤhun⸗ 


der merkwuͤrdigſten Sachen. 


‚ Blähungen, Durchfall, Rubr 257. Nierenbefchwes 
rung verſtopfte monatliche Reinigung 258. Mis 
gebaͤhrung, todte Frucht 258. in was für aͤußerli. 

chen Krankheiten er nuͤtzlich ſey 29. herrliche Wire 
kungen deſſelben bey allerhand Fiebern 260 

Seuercaffen, ob fie zu billigen odernicht 621. 622 

Sieberrinde, Wirkſamkeit verfelben bey Sn Häls 


fen und Gefchwüren 1.308 - 
Sindelhöufer, Einwürfe wider diefelben Rn nr 
Beantwortung 128.129 


Sindelkinder, deren Wegſetzung wird nicht fattfam 
vorgebeuget 124. Unbilligkeit, die man gegen diefels 
ben ausübet 126. mie fiedie Griechen anfahen 127 

Stoßfedern, Befchreibung derfetben am Seehund.534 

Frohndienſte, Gedanken uͤber dieſelben 92 

Frontignan, Bemerkungen von dem Weine daſelbſt 
555. Beſchaffenheit des wahren u. unaͤchten 557.558 

Fußſtapfen, in Beurtheflung derſelben, find die Ame- 
ricaner ungemein gefchickt 1 487 

Geleus glaucus, was es vor ein Fiſch ſey 532 

Gartenmauern, großer Nutzen berfelben 179 

Gehirn eines entftehenden Thieres, deffen Befchaf- 
fenheit 57. eshatfaft bey allen Tieren * aͤhn⸗ 
liche Haͤlften | 7. 520 

Geld, gefchwindeftes Hülfsmiktel folches zu beta. 
men 609 
Geld,fchlechtes, Schaden den es verurſachet 656 

Gemuͤth der Menſchen, iſt ſehr veränderlih 368 

— im Halſe, Nutzen der — bey 
denſelben 398 

Getraide, Gedanken uͤber die Cultur deffelben, * 
ders in Guyenne 52 ff. eine neue Art dieſer Cultur 56. 
Befehl vom ı7 Sept. 1754. wegen des Getraideh.67 

Tt 4 Gil⸗ 


Regifter 


Silben, fhemniger, ob fie alfalifch —— fi 146 
Glockenſpiel, elektriſches, Befchreibung beffelb,3.10 
Gold. Anmerkungen übereinen Proceß Gold zuma- 

chen 142. wie die Erste worinn Gold vermuthet 
wird, zu probieren 148 
Gochen wenn ſie bekannt — und wo. ſie ihre 

erſten Sitze gehabt 343. ihre gluͤckliche Regierung 
unter ihrem Koͤnige Theodorich 344 345 

Guſtav Koͤnig von Schweden, fein Betragen gegen 
die Cleriſey 13. und gegen bie Luͤbecker auch andere 


Hanfebrüder PAROHLZ, 
Byps, woraus derſelbe beſtehe RAT —— 
—— eine Art davon, er asia daruͤ⸗ 

ber 13% 


Halbmetall, Anmerkungen über ein neues — 
tes in Kahengoid 
Haͤlſe, boͤſe, Nutzen der Fieberrinde bey * 
397. 398 
Hanf, uralter Gebrauch deſſelben zz. Gedanken über 
Das Roͤſten defielben 115. ihn allzulange zu röften ift 
ſchaͤdlich 116. wie nach demfelben mit ihm umzuges 
ben 117 f. was beym Hecheln deffelben zu beobachten 
ſey ng. inſonderheit wegen feines fchädlichen Stau 
bes 119. das verfertigte Leinenzeug laͤßt ſich ge 
ſchwinde bleichen Bu, Be 126 
Harnblaſe, eine außerordentlich große. 438 
Hebraͤer, diefelben pflegten ihre Thiere zu begraben 
412. wenndas Verbrennen der todfen Körper bey 
ihnen aufgefommen 418, was ſie bey ihrer ges 
röhnlichen Beerdigung vonden Aegyptern entleh⸗ 
net haben 420. das Verbrennen derfelben fingen 
- ‚fie an Sauls Leiche an, da es ſich En weiter 
ausbreitete age ff. 


eu“ 





x der merkwuͤrdigſten Sachen. 


Heuſchrecken in welchen Laͤndern fie am haͤufigſten 
gefunden werden 186. welche man Strichheuſchre⸗ 
cken nenne, und woher ſie nach Europa kommen 
188. Veſchreibung ihrer Geſtalt und Farben 188. 

389. mie fie ihr zwitfcherndes Getöne machen 191. 

warum fie nicht alle Jahre ziehen 191. wie fich ihre 

"Züge von ferne anſehen laſſen 192. zu welcher Zeit 

des Tages fie fi) am gewoͤhnlichſten niederlaffen- 

193. verfchiedene merfwürdige Umſtaͤnde in Anſe⸗ 

hung ihres Zuges 193f. Mittel, wodurch man ſie 

verjagen koͤnne 195. 198.204.205.207.212,213. was 
fie am liebften freſſen 197. koͤnnen den Rauch nicht 

vertragen 198. dreyerley Zuchten derſelben 200 f. 

ihre Paarung 201. waͤhrend welcher ſie grauſam 

mit einander umgehen 201. wie und wohin ſie ihre 

Eyer legen 202. 203. Feinde derſelben 205. mas 

mit den getödteten Heuſchrecken anzufangen 205: 

verſchiedene Perioden derfelben von ihrer Brut an, 
bis zu ihrer Vollkommenheit 206 ff. wie lange fie 

» im Eye zubringen, und wie diefelben zu zerftören 
207 f. ihre verfchiedene Häutungen 208 ff. 

‚seprathen ber Californier, Gebraͤuche bey nn 

ben‘ 

Sienfchale warum fie hin u. wieder durchlochert ie * 


Hirſchgeweihe, wie ſie entſtehen ee 
‘ Holothurius, was es fuͤr ein Meerthier ſey 441. ob er 
eine Art ſeegelnder Meerpoinpen fy 442 


Molsımenige in Frankreich, Klage barüber 80. 173» 
wie ihm abzuhelfen waͤre 174 
boin wie die Chineſer daſſelbe zu Saternen 
zuſammen löthen 227.232. wie fie das Horn erſtlich 
zu bereiten 228. vornehmſte Wertzeuge Dazu 244 
Be was es fuͤr eine ” Wefpen feyn 356 


=. a 


Regifir 


Hydrophobie, Nachricht von einer von fich ſelbſt ent- | 
‚ ftandenen, u. darauf erfolgten Verruͤckung des Ber» - 
ftandes acı ff. abfcheuliche Zufälle dabey 404 ff. 


ER , von welcher Zeit an man in England dafjelbe 


anzufangen gemohnegemefen 23 ff. 


Jaſpis, roth und grümer, mit einem Asbeft don 
| Mannsfeld, Anmerkungen darüber 155 
Tudenpechgrube, fonderbare Begebenheit i in * 
im Elſaß 
Juſti, Anmerkungen uͤber deſſelben neue Wahıbei 


ten | “130 ff. 
Karneolkieſel tuͤrkiſche, Abhandlung davon, nebſt 
Anmerkungen daruͤber 153 
Raſtanienholz, Cultur deffelbn 172 


Kindbetterinnen der Californier, ſeltſame net 


che in Anfehung derfelben 


Rirche u. & 5. zu Paris ift nach gothifcher Ban- 


‚art gebauet 345. wielange fie ftehe 346.347 
Kobolt, Abhandlung vom ſchwarzen, nebjt Anmerf. 


darüber 150 ff. mie nahe er mit dem Wismuthe _ 


verwandt ſey ı5ı. ober ohne Arfeniffeyn könne 153 


Komet, fiehe Comet, 


Kopf, von demfelben ziehen die Americaner ihren | 


Feinden die Haut ab 


495 
Krebſe, wie man Caninchen damit fangen Fönne i 


218. 219 


Rrebsfcheeren, woher ſie wieder entſiehen 516 


Kreuzbeeren, deren Beſchreibung und Kennzeichen 
87 ihr Syrup iſt unangenehm und widerlich 5888. 


wie ein Rob oder Gallerte darqus zu — * * 
 mebicinifeher Nutzen derſelben 


— 


Kriegsgefangene, erſchreckliches Sciaf rn 
* ben Amerikanern J— ado ff · 
Krieges \ 


der merkwuͤrdigſten Sachen. 

Kriegswefen, Gedanken über daffelbe 94 beſon⸗ 
ders uͤber der Americaner ihres Bf. 
Aüchengeräthe, fehr befonberes in Californien 300 
a großer Städte Borurtheil in Anfehung 
defielben 62, kann die Frohndienſte nicht ver⸗ 
tragen 92 
Laternen, wie die Chinefer das Horn zu benfelben 
zuſammen loͤthen 227: 232. wie fie bie großen 
‚Fugelförmigen Laternen madyen 239 


Law, Beurtheilung feines Syſtems 630. 


Lazarethe, wie ſie in Anſehung der reinen * recht 

anzulegen 184 
Liſſabon, erſchreckliches Erdbeben daſelbſt 262 
Louiſiane, eine franzoͤſiſche Colonie 32. . 
. wird vortrefflicher Tabaf gebauet j 
Luͤbecker gerathen mit den Schweden in Verdri 

lichkeiten 15. 16 
Luft, Vortheile einer freyen und veinen vor Men⸗ 


ſchen und Vieh 183 f. wie fie negativ electriſch 


zu maden 353 
Lunge, Beſchaffenheit derfelben 599. ihre Verglei⸗ 
— mit den Fiſchohren 598 
gnete, deren Eintheilung in geizige und *— 
gebige 
ar a Abhandlung über einige Berbeffe 
rungen daſeben 563. welche die richtigſten Ma⸗ 
gunetnadeln ſeyn 565. was der magnetiſche Mit⸗ 
telpunct fen 566. wie man erfahren koͤnne, ob 
ber Mittelpunct in einer Magnetnadel feine gehö« 
rige Lage habe 575. wie ihm folche zu geben 576 
ff. neue Art fie zu-ftreichen 577. Vorzüge dere 
felben vor der gewöhnlichen 1582; 583 
Man, Befchaffenheit des californiſchen AR. 
AUT 


Nester 

—— Anpflanzung derſelben in Guyen · 
ne 70. in der Mark Brandenburg 73. Natur 

dieſer Bäume 74. ob es en A fe in * 
‚zu pflanzen 638 

Mauiwuͤrfe, untrügliches M ittel, bie: aus den 
‚Gärten wegzufchaffen monipr7 

Wieerkälber; t dreyerley Arten derſelben gt 1594 f. 

Melon, demfelben werden rd in feinen — 

gen gewieſen. 41 

mi ineralifstion, wien ſch die Natur zu —— 
bedimeis 2: ©. 

Mittelpunct, magnetifcher, was decſelbe ſey — * it | 
bev Berfertigung der. Magnetnadeln’von großer. 
Wichtigkeit 567. wie felbiger zu finden 575. wie 
‚ihm feine gehörige Lage zu geben  - 576 ff. 

— wenn ſie verſtattet adenkonne 651 

Wiontreuil, wie die Pfirſchen daſelbſt gezogen wer⸗ 

den 177. wer die erfte * der Gartenmauern 
daſelbſt erfunden 179 

Muſchel, Beſchreibung einer ſehr fhönen 295 


| NP. ift das fogenannte Schifferthierchen 443 


Nautilus, Nachricht von dieſem Seegefcyöpfe 442 
Nebel, was manin Guyenne: einen — iin 
wenn er am fchädlichiten fey — 


| Lrovöfchein, Beobachtung eines im Setamberbes 


* 7zoſten Jahres erfhinenn 117 ff. 


Nuͤſſe wie ſie zu — der — zuzu⸗ 


richten FIT 
gie des Seepferbes;, * an denſelben beſon⸗ 
deres zu beobachten 539. 542. * —— was 

an den Ohren einer Karpe sat - „or 
nn ganifche Boͤrper/ woher ie engen; 516 
1,7409 Fin er 2 Dich 


4 alt? 


der merkwuͤrdigſten Sachen. 

chter, wiees in Guyenne mic denfelben gehalten 

wird - ‚85 
Bi ⸗ Santo, Beſchreibung diefes Baumes 292 


Panacee, fehweizerifche, fiehe Falltrank. 
Pfirſchen, wie fie zu Montreuil gezogen werden 


wer die erſten gezogen habe 177 
Pflanzen, wie deren — im Yufteocnen zu 
erhalten * Ä u. 0375:384 
Pflaumbäume werden in Guyenne nicht mep ges 

‚achtet "78 
Dita’ Haya, ein Baum * Blaͤtter Te: 
Pocten ‚ warum fie den Americanern fo gefäßrilh 

jeynimusiı. 468 


Polypeney; Beſchreibung dieſes Seegewaͤchſes 445 
Pompilus, was es für ein Geegefchöpfe fey >. 443 
Poppo' von Oſterna, Hochmeifter, danket ab 318 
in welchem Jahre ſolches geſchehen * 
Porpbpr, was man fo nenne | 
Faͤuber, fehr große Menge: derſelben zu bon, 


nad) dem Erdbeben 4 275 
ee ob aus benfelben alle Thiere 
erzeuget werden | —J in 


Galsfels, weißer, in Californien 
Sardellen, werden ſehr haͤufig auf Caltenien 5 


funden 0294 
Schalenpolype, Beſchreibung deſſelben —*— 
Schierling rödtet die Maulwürfe narr 


Schiffkuttel, (Nautilus) ein Seegeſchoͤpffe443 
Schlackentobokt, was man fo nennen koͤnne 152 
Schminkbohnen, wie fie im Winter zu erhalten 
“ 220 ff. was bey ihren Speifen zu beobachten 223 
Schneckenhaͤuſer, woher fie entftehen 516 
re mineralifcher, woraus er befiehe 139 

| hwweig, 


4 


-  Specifica der Americaner wider — Krank⸗ 


Regiſter 


Schwei ob und warum ſie zu Biel 
61 

ER Abhandlung über einige e Berbefferuns 
gen deſſelben 563 
Seehund, Bemerfungen über einen bey Ceuta ger 
fangenen 531. Beſchreibung feiner auswendigen 
— 531 ff. feiner inwendigen 20 896; 
Serpferd, was an feinen Ohren befonderes zu bes 
obachten 601. Aehnlichkeit feines Schwanze 

















mit dem Schwanze einer Eydere 6062 
Seidenbau, Nutzbarkeit deſſelben Ef 
Sequefter, Gedanken über dieſelben UT 
‚Silbererzt, Abhandlung von einem neuen unbe 


: Fannten, nebft Anmerfungen darüber, . 143 
Sinopel, Beſchaffenheit deffelbn 147 
Soldatenwerbung , wie fie recht anzuftellen 95 
96. zween neue Entwuͤrfe Dazu —S—— 99 


Spanien koͤnnte ganz Europa mit Seide verfehen 72 


heiten 469 
Speiſe, was die Chymiſten fo nennen‘ 152 
Squalus cinereus, 1008 e8 für ein Fiſch ſ eh 531 
— ————— warum ſie bisher noch nicht 

ſyſtematiſch abgehandelt worden 6085. Auszug 
aus des Herrn Baron von Bielfeld feiner 607 
Staͤdte, große, deren Vorurtheile i in Anſehung ben 
"  $andmannes 2| 
Stocholm, Wachsthum und Aufnahme bichel 

Stadt feit zweyhundert Jahren, in Abſicht auf die 

Handlung nd Schifffahre ı vn m ft 
Streitägte ‚, damit wiſſen die Americaner febe ge 

ſchickt umzugehen 489 
Fabadı, mie er in nenne angebaut werde * 
| eins 


j 





der merkwuͤrdigſten Sachen 
eintraͤglicher Handel damit 34. Vortheile von 


dem Anbaue des Tabacks 39.47 
Tauben find fehr hitziger Nafur 182. wie die Tau⸗ 
benzucht einzurichten 183 


Taubenchle , ein koſtbarer, wird gebauet I8L. 
warum er nichts gefauger 182. wie ihm gehol⸗ 


fen worden 821% 
Taye, Befchreibung diefes Thieres 290 
Theoderich, erfter König der Gorhen 344 


Theurungen, drey große und merfwürdige« 63 
Thiere pflegten die Hebräer zu begraben 412. vie⸗ 
rerley Meynungen von Erzeugung derfelben 500. 
ob fie aus verdicten Säften erzeuget werden 504 
Thunfiſch frißt ſeinen eigenen Saamen 543 
Todte, einige Voͤlker haben dieſelben bald verbrannt, 
bald begraben 410, - wo die Kinder auf ihre tod⸗ 
ten Xeltern haben Geld borgen fünnen "418. 419 
Todtenfefte, der Americaner, wie fie folche begehen 
40. 481 

Troglodyten, ihre ſeltſame Art mit ihren Todten 
umzugehen 410 f, 
Trunkenheit, derfelben find die Americaner fehr er= 
geben 463 
> — dieſelbe hat von den Heuſchrecken viel —* 


8 
—— ob der Poͤbel darinn gelaſſen werden ya 


= fe 
enilarrs in England, deren Nußen 184 
Derbrennung der Todten, wenn fie aufgekommen 
u. ob ſie bey den Hebräern üblich geweſen 4ır. ob ſie 
ſchaͤdlich oder unſchaͤdlich ſey 416. wenn ſie bey den He⸗ 
braͤern aufgekommen 421. und warum 423. wie lange 
ſie gedauert 424. ob ſie mit Abgoͤtterey verbunden fen 
in ob. fie eine amoraifche Gemohnbeit ſey 429. oder 
ne phoͤniziſche 44 warum die Juden das ehemals 
unter 


- a y a ve PAR ® [ - 
Regiſter dev merkwuͤrdigſten Sachen. 
unter ihnen gewöhnliche Verbrennen der todten ‚Körper 
„ Täugnen 42. 432 
— — iſt in Californien i im Brauche "Aa 
mpüs, waßdie Americaner fo nennen ,  475| 
Dafjer, Abfcheu vor demielben, eine —— 
Krantheit 408. ſiehe — 55 Nachricht von 
einen das ſich beym Lichte entzündet * 55 
Waiten von Hanfiverge in die Kleider | 
| MWegferzen der Kinder, wie es beſtraft werde 35. Äbele 
Folgen, die es veranlaſſet 125. wie ihm in | 
“ vorgebeuget werde a 
Werg vom Flachfe, wozu es nutze 120° 
Weſpen, welche Die größten fenn 356, wo ſie ihre Ne⸗ 
ſter bauen 356. verſchiedene Arten derfelben 356 
Weſpenneſt, Beſchreibung eines americaniſchen 356 ff. 
Wismuth und Kobolt, wie nahe ſie einander verwandt 


ſeyn i51 
Wolken, electriſche haben ihre electriſ Atmoſphäre 593 
Wolle, wie die in Guyenne heſchaffen ſey 78 
Wundtrank, ſiehe Falltrank. 

Fimenes, deffen geſchickte det, Soldaten zu werben 





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get von welcher man in England das Zope anzafan 
gen gewohnt geweſen 523 ff. 
Zimmer verfinſtertes (Camera obfeura) Abhandlung von 
bemfelben 306. wie man vermittelffderfelben zeichnen | 
koͤnne 308. Hauptinängel dabey 309. wieihnen abzır | 
“ helfen 309 ff. wie bie Objecte aufrecht — 
‚werben koͤnnen 314.3 
Zipollen, was fuͤr Zwiebeln ſo genennet werden 165. ı7ı N 
Zoophyta, was diefes für Gefchöpfe feyn u. 441 
Dwiebad vor bie Schiffe, Manufactur davon au Bei | 
deaur 
Zwiebeln, großer Nugen derſelben 161. Eigenfibafen 
derfelben, in Abfiche Der Befundheit u. des Wohlſchma⸗ 
ckes, welchen fie den Speifen mittheilen 162. Beſchaf⸗ 
fenheit des Landes zum Anbaue der Zwiebeln 164. deren 
verſchiedene Arten 165. wie u wenn ſie geſaͤet 167. wie 
ſie verpflanzet u. gewartet werden 168 f. Feinde dergwie> | 
Stel * ae bey. vu Anbaue 170 | 


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