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NORTH CAROLINA STATE UNIVERSITY LIBRARIES
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Date Due
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HANDBUCH
DEK
BEAKBEITET VON
Prof. Dr. E.Abderhalden, Halle a.S. — Prof. Dr. W.Autenrleth, Freibnrg i. Br — Prof. Dr. H. Bech-
hold, Frankfurt a. M. — Dr. M.T. Burrows, New- York — Prof. Dr. A. Carrell, New-York — Dr. Max
de Crinis, Graz — Dr. phil. Edelstein, Berlin — Exz. Geh. Rat Prof. Di. Emil Fischer, Berlin — Prof.
Dr. Otto Polin, Boston — Prof. Dr. Sigmund Fränkel, Wien — Prof. Dr. Fühner, Freibnrg i. Br. — Priv.-
Doz. Dr. Fuhrmann, Graz — Geh. Rat Prof. Dr.V. Mensen, Kiel — Prof. Dr. M. Kumagawa, Tokio — PriT.-
Doz. Dr. E. Letsche, Tübingen — Dr. phil. P, A. Levene, New-York — Prof. Dr. Lockemann, Berlin —
Dr. H. Lohrisch, Chemnitz — Prof. Dr. E. S. London, St. Petersburg — Prof. Dr. Macallum, Toronto —
Prof. Dr. Leonor Michaelis, Berlin — Prof. Dr. Morawitz, Freibnrg i. B. — Prof. Dr. Franz Müller,
Berlin — Prof. Dr. Otto Neubauer, München — Dr. M. Nierenstein, Bristol — Prof. Dr. Hermann
Pfeiffer, Graz — Dr. L. Pincussohn, Berlin — Prof. Dr. Pohl, Prag — Prof. Dr. Pregl, Innsbruck —
Priv.-Doz. Dr. Ernst G. Pringsheim, Halle a.S. — Priv.-Doz.Dr. H.Pringsheim, Berlin — PriT.-Doz.
Dr. Rohde, Heidelberg — Dr. P. Rona, Berlin — Dr. van Slyke, New-York — Hofrat Prof. Dr.
J. Stoklasa, Prag — Prof. Dr. J.Traube, Kerlin — Priv.-Doz. Dr. VÖItz, Berlin.
HERAUSGEGEBEN VON
PROF. DR. EMIL ABDERHALDEN.
DIREKTOR DES PHY-SIGLOGISCHEN INSTITUTES DER UNIVERSITÄT HALLE A. S.
FÜNFTER BAND.
ZWEITER TEIL.
MIT 139 TEXTABBILDUNGEN UND 1 FARBIGEN TAFEL.
URBAN & SCH^A^ARZENBERG
BERLIN WIEN
N., FRIEDRICHSTRASSE 105b I., M AXIMILIANST R ASSE 4
1912.
ALLE RECHTE VORBEHALTEN
Copyright, 1912, by Ürban & Schwarzenberg, Berlin.
IiilialtsYerzeichnis
zum 1. und 2. Teile.
Seite
Nachweis und Bestimmung von Giften auf biologischem Wege. Bearbeitet von
Prof. Dr. Hermann Fühner, Freiburg- i. Br \
Nachweis mit Hilfe von Schimmelpilzen 3
,, V „ •, Protozoen • l^^
„ „ Blut 21
1. Häniolyse 24
2. Agglutination 28
Nachweis mit Hilfe von Amphibien 30
„ „ „ „ Säugetieren II3
Übersicht der Gifte, deren Nachweis und Bestimmung beschrieben ist 123
Methoden zur Bestimmung des Blutdrucks. Bearbeitet von Privatdozent Dr. Erwin
Eohde, Heidelberg ' 125
Methoden zur Aufarbeitung des Blutes in seine einzelnen Bestandteile. Bearbeitet
von Privatdozent Dr. E. Letsche, Tübingen 139
I. Gewinnung von Plasma, Serum und Formelementen 131)
II. Bestimmung des relativen Volums bzw. Gewichts von Formelementen und
Plasma oder Serum 148
III. Bestimmung des Trockenrückstandes, des Ammoniaks, der Kohlensäure und
der Aschenbestandteile 155
IV. Untersuchung des Plasmas und Serums auf einzelne Bestandteile .... 161
1. Eiweißstoffe 161
2. Fette und fettartige Substanzen 161
3. Kohlehydrate 172
4. Extraktivstoffe 180
5. Anorganische Salze 200
V. Untersuchung der Formelemeute auf einzelne Bestandteile 202
1. Eiweißstoffe 202
2. Fett und fettartige Bestandteile 204
3. Kohlehydrate 206
4. Extraktivsubstanzen 208
5. Anorganische Bestandteile .... 208
VI. Verfahren zur Bestimmung verschiedener Blutbestandteile in einer Blutportion 209
... a*
1R40';
IV Inhaltsverzeichnis.
Seite
VII. Bestimmung der Verteilung einzelner Bestandteile des Blutes auf Serum
(Plasma) und Fornielemente 213
Untersuchung der Lymphe 215
Methoden zur Aufarbeitung der Zerebrospinalilüssigkeit 215
1. Eiweißstofle 216
2. Kohlehydrate 216
3. Fett und fettähnliche Substanzen 217
4. Extraktivstoöe 218
5. Anorganische Bestandteile 220
Die Blutgerinnung. Bearbeitet von Prof. Dr. P. Morawitz, Freiburg i. B 223
I. Einleitung 223
A. Neuere Anschauungen über Blutgerinnung 223
B. Allgemeiner Gang einer Untersuchung der Gerinnungsfähigkeit d6s Blutes . 230
II. Methoden zur Bestimmung der Gerinnungszeit 231
III. „ „ Gewinnung tibrinogenhaltiger Flüssigkeiten 253
IV. Gerinnungsbefördernde Substanzen 273
Die vollständige Analyse eines 24stündigen Urins. Von Prof. Dr. Otto Folin,
Boston 281
Aufsammeln und Aufbewahrung des 24stündigen Urins 281, 282
Urinvolumen, Spezifisches Gewicht, Gesamtaziditäi 282, 283
Ammoniak 285
Harnstofi' • . 286
Harnsäure 288
Purinbasen 288
Anorganische Sulfate, ätherische Sulfate und ..neutraler" Schwefel 288
Gesamtschwefel 289
Indikan 289
Phosphate 290
Chlor 291
Natrium und Kalium 292
Calcium und Magnesium 293
Nachweis und Bestimmung der Eiweißabbauprodukte im Harn. Bearbeitet von
Dr. med. et phil. Peter Roua, Berlin 295
Bestimmung des Gesamtstick stotfs 295
,, „ Kohlenstoffs organischer Substanzen auf nassem Wege .... 301
Ammoniak 304
Schwefel 307
Aminosäuren 309
Harnstoff 310
Kreatinin 311
Phenole 313
Hippursäure 315
Urobilin 315
luhaltsverzeichnis. V
Seite
Inosit 315
Indol 31Ü
Bestimmung der Reaktion mittelst Indikatoren. Bearbeitet von Dr. med. et jjhil.
Peter Rtina, Berlin 317
Nachtrag zur Gefrierpunktsbestimmung. Bearbeitet von Dr. med. et phil. l'eter Rona,
Berlin 328
Methoden zur Untersuchung der menschlichen Fäzes. Bearbeitet von Dr. med. Hans
Loh ri seh, Chemnitz .331
A. Vorbereitung des Untersuchungsmateriales 331
Bestimmung der feuchten Kotmenge 331
Konservierung des Kotes 333
Abgrenzung des Kotes 338
Trocknung und Pulverisieren des Kotes 334
Vorsichtsmaßregeln beim Eindampfen und Trocknen 335
B. Untersuchungsmethoden 336
Messung des spezifischen Gewichtes • 33<j
Die chemische Reaktion der Fäzes .837
Bestimmung der Kottrockensubstanz 337
Makroskopischer , mikroskopischer und mikrochemischer Nachweis N-haltiger
Substanzen in den Fäzes 337
Bakterienwägung nach Strasburger 359
Makroskopischer, mikroskopischer and mikrochemischer Nachweis von Fett in
den Fäzes 363
Nachweis der Kohlehydrate 369
Nachweis von Umsetzungsprodukten der Kohlehydrate und Zelluhise .... 386
Nachweis von Gallenbestandteüen 38H
Der Nachweis von Blut in den Fäzes 394
„ „ Fermenten in den Fäzes 397
))
„ „ anorganischer Bestandteile 40H
Kalorimetrische Fäzesuntersuchung 41U
Getrennte Bestimmung von Sekreten und Nahrungsresten in normalen Fäzes
nach Ury 412
Der Gang der Fäzesuntersuchung zum Zwecke der Funktionsprüfong des
Darmes nach Ad. Schmidt 413
Gewinnung und Analyse der Darmgase 415
Methodik der Milchuntersuchung. Bearbeitet von Dr. phil. E. F. Edelstein, Char-
lottenburg 421
Die Methodik der Milchuntersuchung 421
Bestimmung des spezifischen Gewichtes 426
„ der Trockensubstanz 427
Fettbestimmung 431
Lezithinbestimmung 441
yj Inhaltsverzeichnis.
Seite
Bestimmung der Eiweißstofle der Milch 443
„ des Milchzuckers 452
„ der Mineralbestandteile der Milch .... 458
„ „ übrigen Bestandteile der Milch 464
Physikalische Methoden 469
1. Gefrierpunktserniedrigung 469
2. Elektrische Leitfähigkeit 470
3. Brechungsvermögen 471
Säuregehalt der Milch 472
Fettbestimmung nach Kumagawa-Suto. Bearbeitet von Prof. Dr. Muneo Kumagawa.
Tokio 477
1. Begründung des Verseifungsverfahrens als Fettbcstimmungsmethode .... 477
2. Beschreibung der Methuden 480
Partielle Hydrolyse der Nukleinsäuren. Bearbeitet von Dr. phil. P. A. Levene,
New-York 489
Inosinsäure 489
Guanylsäure 491
Hefenukleinsäure 492
Zytidin 495
Uridin 496
Zytidin- und Uridinphosphorsäure 496
Tritikonukleinsäure 498
Die Bestimmung der Wasserstoffionenkonzentration durch Gasketten. Bearbeitet
von Prof. Dr. Leonor Michaelis, Berlin 500
Die Arbeitsmethoden bei Versuchen über Anaphj'laxie. Bearbeitet von Prof. Dr. Her-
mann Pfeiffer, Graz 525
Einleitende Vorbemerkungen ' . . . 525
1. Kriterien des anaphylaktischen Shocks 527
2. Der Nachweis einer aktiven Anaphylaxie 533
3. Nachweis einer passiven Anaphylaxie 548
4. Der Nachweis einer Antianaphylaxie 552
5. „ ., organspezifischer Reaktionen 554
6. „ „ von Anaphylatoxin (E. Friedberger; 557
7. „ „ des spezitischen Abbauvermögens von Seren anaphylaktischer
Meerschweinchen 560
Der Nachweis photodynamischer Wirkungen fluoreszierender Stoffe am lebenden
Warmblüter. Bearbeitet von Prof. Dr. Hermann Pfeiffer, Graz r-62
1. Die Vorbehandlung und Belichtung der Versuchstiere 562
2. Die Krankheitserscheinungen 567
Über Mikropolarisation. Bearbeitet von Exzellenz Geh. Rat Prof. Dr. Emil Fischer,
Berlin 572
Inhaltsverzeichnis. VII
Seite
Die optische Methode und ihre Verwendunjr bei biologischen Fragestellungen.
Bearbeitet von Prof. Dr. Emil Abderhalden, Halle a. S 57.0
Die wichtigsten Methoden beim Arbeiten mit Pilzen und Bakterien. Bearbeitet von
Prof. Dr. Franz Fuhrmann, Graz 584
Anlage von Massenkulturen auf schräg erstarrten Nährsubstanzen 584
Burris Tasche verfahren zur Reinkultur aus einer Zelle 585
Gewinnung von Sporen der Hefen auf dem Gipsblocke 589
Kultur anaerober Bakterien 592
., unter erhöhtem Druck in Preßluft oder Preßsauerstoff 605
Gewinnung und Zucht der Eisenbakterien üll
Darstellung von Lipoiden aus Gehirn und anderen Geweben. Bearbeitet von Prof.
Dr. Sigmund Fränkel, Wien 613
Entwässerung und Trocknung 614
Methodik der Extraktion 620
Alkohollösliche Fraktion der ungesättigten Phosphatide 626
Die gesättigte Gruppe 627
Phosphorsulfatidfraktion 634
Aufarbeitung der Cerebroside . . ■. 634
Die fraktionierte Extraktion der Gewebe mit Ausschluß von Gehirn 636
Die Methodik der Plankton-Untersuchung. Bearbeitet von Prof. Dr. Viktor Hensen,
Kiel 637
Die Methodik 64U
Das Arbeiten mit Organeiweiß. Bearbeitet von Prof. Dr. Pohl, Prag 659
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. Bearbeitet von Prof. Dr. \V. Auten-
rieth, Freiburg i. B 673
Allgemeines 673
I. Die Untersuchung auf Phosphor und andere GiftstoH'e, die aus saurer Lösung
mit Wasserdämpfen lliichtig sind 675
Nachweis des Phosphors 676
„ der phosphorigen Säure 682
,, von Blausäure 683
„ ., Karbolsäure 687
„ ,, Chloroform 692
„ Chloralhydrat 695
„ „ Jodoform 696
,, ., Nitrobenzol 698
„ Anilin «■>99
„ „ Schwefelkohlenstoff 7(11
II. Die Untersuchung auf solche organische Stoffe, die aus saurer Liisung mit
Wasserdämpfen nicht flüchtig sind 706
Verfahren von Stas-Otto 707
y\\l Inhaltsverzeicbuis.
Seite
Nachweis von Pikrotoxiu 709
.. Colchicin 711
„ ,, Cantharidin 712
,. .. Pikrinsäure 713
_ „ Acetanilid 715
^ ,, Phenacetin 717
« Salicylsäure 718
.. Verona! 720
, „ Antipyrin 721
„ Koffein 722
„ .. Ooniin 727
„ Nikotin 728
., Anilin 730
,, ,. Veratrin 730
„ ., Strychnin 732
„ ,. Bruciu 736
„ „ Atropin 737
^ „ Homatropin 738
„ Kokain 739
., ., Physostigmin 741
> „ Kodein 742
„ „ Narkotin 743
,, Hj'drastin 745
„ „ Pilocarpin 746
., Chinin 747
„ Koffein 749
„ Antipyrin 749
„ ., Pyramiden 750
., ,. Apomoi'phin , . . . . 751
„ ., Morphin 754
_ ., Narcein 758
Verhalten der wichtigeren Alkaloide gegen konzentrierte Salpetersäure, kon-
zentrierte Schwefelsäure, Fröhdes Reagens, Mandelins Reagens, Heckes
Reagens und Marquis' Reagens 759
III. Untersuchung auf metallische Gifte 761
Metallgifte I: Arsen, Antimon, Zinn, Kupfer 766
„ II: Quecksilber, Blei, Kupfer, Kadmium, Wismut 772
„ III : Chrom, Zink 773
IV: Baryum, Blei, Silber 775
Systematischer Gang der chemischen Untersuchung auf Gifte 776
1\. Die Untersuchung auf solche Giftstoffe, die sich nicht in die drei Haupt-
gruppen von Giften einreihen lassen 784
Die Mineralsäuren 784
Salzsäure 785
Salpetersäure 'o"
Schwefelsäure ' 788
Nachweis von Oxalsäure 789
Der Nachweis der freien Alkalien 792
Inhaltsverzeichnis. IX
Seitf
Ammoniak 792
Fixe Alkalien 793
Chlorsauies Kalium 793
Die Untersuchung- auf Santoniu 795
„ „ ,. Sulfonal 798
„ Trional 80(1
Cytisin 800
Die Di^italisglukoside 801
Über Sajjonine 803
Über Solanin und Solanidin . 80()
Über Ptomaine 80S
Die Bereitung der Reagenzien 80U
A. Die allgemeinen Reagenzien 80'.l
B. Sonstige Reagenzien und Lösungen 812
Die Gefäßnaht und Massen-Transplantation. Bearbeitet von Prof. E. S. London.
St. Petersburg 81ö
I. Gefäßnaht 817
II. Transplantationen 828
A. Transplantation von Gefäßen 828
B. Massen-Transplantation von Organen 82U
Die Technik der Gewebskultur in vitro. Bearbeitet von Prof. Dr. Alexis Carrel und
Dr. Montrose T. Burrows, New-York 836
I. Bereitung des Nährbodens 837
IL Präparieren der Gewebe 83'l
III. Darstellung der Kultur 84()
IV. Aufbewahrung und Untersuchung von Kulturen 841
Methoden zur biochemischen Untersuchung des Bodens. i5earbeitet von Hofrat
Prof. Dr. Julius Stoklasa. Prag S43
Der Gang der Bodenuntersuchung 843
I. Bestimmung des hygroskopischen und mechanisch absorbierten Wassers 84ö
II. ., der Wasserkapazität des Bodens 840
III. „ des Wasserdampfes in der Bodenluft 851
IV. „ des Sauerstoffes in der Bodenluft 851
V. .. der Luftkapazität des Bodens 852
VI. A'ersuch behufs Eruierung, ob die organischen Substanzen im Boden
den Heterotropben als eine gute Kohlenstoffnährquelle dienen . . . 854
VII. Methoden zur Bestimmung der Atmungsintensität der Bodenbakterien
und der Abbaufühigkeit der organischen Substanzen im Bodeu nach
Julius Stoklasa 866
VIII. Die anaerobe Atmung der Bakterien im Boden 867
IX. „ aerobe „ „ ^ „ v 868
X. Stickstoffbedarf der Mikroorganismen im Boden 871
X luhaltsverzeichnis.
Seite
XI. Die Oxydationsvorgänge der stickstoffhaltigen organischen Substanzen
im Boden 872
XII. Fäulnis von stickstoffhaltigen organischen Substanzen durch Anaerobier 873
XIII. Eine biochemische Methode zur Bestimmung des Phosphorsäureanhy-
drids und Kaliumoxyds, welch beide sich in aufnahmsfähiger Form
im Boden vorfinden 875
XIV. Bakterielle Bodenuntersuchungen 880
XV. Zellulose zersetzende Fähigkeit des Erdbodens 890
XVI. Methoden zum Nachweis der Bakterien im Boden, welche Kohlehydrate
abbauen, nach Julius Stoklasa 895
XVII. Einige Bemerkungen über Bakterien, welche auf die Pflanzen schäd-
liche Wirkungen ausüben 897
XVIII. Die biologische Absorption 900
Methodik der Stoffwechseluntersuchung bei Mikroorganismen. Bearbeitet von
Privatdozent Dr. Hans Pringsheim, Berlin 911
Einleitung 911
Allgemeine Methoden 916
1. Inkubieren 91 /
2. Impfen 921
3. Sterilisieren 922
4. Nährböden im allgemeinen 922
5. Eeinkulturmethüden 923
6. Züchtung anaerober Bakterien 923
7. Methodik der Durchlüftung von Kulturen 925
8. Abtrennen von Mikroorganismen aus Flüssigkeitskulturen 926
Mineralstoffwechsel 926
1. Bedarf an Aschenbestandteilen 926
2. Mineralstoffe als Energiequelle 929
Die Eisenbakterien 930
Kohlenhydratstoffwechsel 933
Abbau der Zellulose . . 933
Hydrolytischer Abbau der Polysaccharide 936
1. Stärke 936
2. Dextrine 938
3. Tri- und Disaccharide 939
Gärungen der Kohlenhydrate 941
1. Die alkoholische Gärung 941
2. Milchsäuregärung 948
3. Buttersäuregärung 949
4. Oxalsäure- und Zitronensäuregärung 950
5. Mannitgärung 950
Eiweißstoffwechsel 951
A. Eiweißaufbau 951
B. Abbau des Eiweißes und der Eiweißspaltungsprodukte 955
Inhaltsverzeichnis. XI
Seite
1. Eiweißhydrolyse 5)56
2. Abbau der Aminosäuren 957
a) durch Hefen und Schimmelpilze 957
h) durch Fäulnisbakterien 903
3. Die fermentative Desamidierung der Aminosäuren 9(55
Zersetzung der Fette, Fettsäuren und Alkohole 9(5(3
1. Fettzersetzung 9(56
2. Zersetzung der Fettsäuren 968
3. , ., Alkohole 969
Gasstoffwechsel 9T2
A. Sauerstoff 972
ß. Kohlensäure 974
C. Wasserstoff 974
D. Methan 977
E. Stickstoff 978
F. Schwefelwasserstoff 990
Die gasometrische Bestimmung von primärem aliphatischem Aminostickstoff
und ihre Anwendung auf physiologisch-chemischem Gebiete. Bearbeitet von
Dr. phil. Donald D. van Slyke, New- York 995
Einleitung 995
Methode zur quantitativen Bestimmung von Aminogruppen 996
Die Reaktionsfähigkeit der verschiedenen Arten von Aminosubstanzen unter den
Bedingungen der Bestimmung 1(X)2
Messung der Schnelligkeit und des Umfanges der Proteolyse mittelst der Amino-
stickstoffbestimmung 1(KJ4
Quantitative Bestimmung des Prolins, das nach der Estermethode bei der
Proteinhj^drolyse erhalten wird 1006
Untersuchung von Verdauungsgemischen 1006
Bestimmung des Aminostickstoffes im Urin 1(X)7
Die Analyse von Eiweißkörpern durch Bestimmung der chemisch charakteristi-
schen Gruppen der verschiedenen Aminosäuren. Bearbeitet von Dr. phil. Donald
D. van Slyke, New-York 1011
Die Zuntzsche Methode der Gasanalyse. Bearbeitet von Prof. Dr. Franz Müller,
Berlin 1027
Neue Apparate für Stoffwechselversuche. Bearbeitet von IVivatdozent Dr. Wilhelm
Voltz, Charlottenburg 1035
A. Stoffwechselapparate für Hunde 1035
B. Apparate für Stoffwechsel versuche an Schafen 1Ü.S7
C. Stüffwechselkätig für Ratten 1043
D. Korsett aus Drahtnetz für Hunde 1045
E. Apparate zur quantitativen Bestimmung des Alkohols der Atmung an Hunden
bei Ruhe und Muskelarbeit 1046
XII Inhaltsverzeichuis.
Seite
Ergänzungen zur Aschenanalyse. Bearbeitet von Pmt'. Dr. Georg Lockemann,
Berlin 1049
Herstellung einer Asche 1049
I. Qualitative Analyse einer Asche 1050
1. Basische Bestandteile • 1050
Analysengang zum Nachweis der basischen Aschenbestandteile 1055
2. Saure Bestandteile 1064
Nachweis von Quecksilber 1066
„ „ Arsen 1068
Veraschung von Harn 1075
„ Blut 1076
,. Fleisch 1076
II. Quantitative Analyse 1080
Ultrafiltration. Bearbeitet von Prof. Dr. H. Bechhold, Frankfurt a. M 1086
Tabellen zur Herstellung von Lösungen mit bestimmter H-Ionenkonzentration.
Bearbeitet von Dr. med. et phil. Peter Bona, Berlin 1095
Die Methoden der biologischen Mikroanalyse. Bearbeitet von Prof. Dr. A. B.
Macallnm, Toronto 1099
1. Einleitung 1099
2. Die Methoden 1101
A. Eisen, anorganisch und organisch * 1101
a) Der Nachweis von anorganischen Eisenverbindungeu 1105
Z/> „ „ „ organischen oder „maskierten" Eisenverbindungeu . 1108
B. Kalium 1113
C. Calcium 1123
D. Kupfer 1129
E. Chlor 1131
F. Jod 1186
G. Phosphor in Phosphorsäure und Xuclein Verbindungen 1139
H. Schwefelsäure als Sulfate 1145
J. Salzsäure 1146
Arbeitsmethoden zum Studium des intermediären Stoffwechsels. Bearbeitet von
Prof. Dr. Otto Neubauer. München 1148
Einleitung .• • 1148
I. Untersuchungen am normalen Organismus 1151
A. Chemische Untersuchung frischer normaler Organe 1151
B. Untersuchung normaler K(3rperäüssigkeiten (Blut, Chylus) 1166
C. ,, der Exkrete des normalen Organismus 1170
1. Untersuchungen an Harnbestandteilen, die als Stoffwechselendprodukte
anzusehen sind 1171
Inhaltsverzeichnis. XIII
Seite
2. Untersuchungen an Zwischenprodukten des Stott'wechsels, die im nor-
malen Harn vorkommen 1174
3. Methoden, welche auf der Kontrolle der N-Bilanz beruhen 117G
4- « „„„.,„ C-IJilanz „ 1181
D. Methoden, welche' den Übertritt von Zwischenprodukten des normalen Stoff-
wechsels in die Exkrete bewirken 1182
E. Untersuchung der Schicksale in den Körper eingeführter Substanzen . .1190
1. Schicksale intermodiärer Stoffwechselprodukte 1]<)0
2. ., kiirperi'renuler Substanzen 115)3
II. Untersuchungen am kranken Organismus 1197
A. Glykosurie (Diabetes melitus) 119'.)
B. Andere Meliturien 1212
C. Acetonkörperausscheiduug 1213
D. Alkaptonurie 1222
E. Cystinurie 1225
F. Störungen der Stoffwechselfunktion der Leber 122(5
G. Schädigungen des Verdauungstraktus 1232
H. Fettige Degeneration 1232
J. Störungen der Respiration 1237
K. Anoxybiose 1241
L. Andere Stoffwechselstörungen 1244
III. Untersuchungen an isolierten Organen 1245
A. Üurchströmungsmethoden 1245
1. Glykogenbildung in der Schildkrötenleber 1250
2. Acetessigsäurebildung in der Hundeleber 12Ö1
3. Bildung von Milchsäure in der Hundeleber 1252
Bestimmung der Milchsäure in Blut und Leber 1254
„ „ „ im Muskelpreßsaft 1258
B. Untersuchungen an isolierten Organen ohne künstliche Zirkulation ( Autolyse) 1259
Methodisches aus der Biochemie der Pflanzen. Bearbeitet von Privatdozenten
Dr. Ernst G. Iringsheim, Halle a. S 12(i3
A. Sand- und Was.serkultur höherer Pflanzen 12(53
Sandkultur 12(53
AVasserkultur 126(5
Regeln, die für Wasser- und Sandkulturen gelten 12(59
B. Methodenzum Studium der Kohlensäureassimilation chlorophyllhaltigerPHan/.en 1271
(t) Nachweis des entstehenden Saiier.stoffs 1271
bj Verbrauch der Kohlensäure 12S1
c) Nachweis der Assimilationsprodukte 1282
('. Chemische Reizbarkeit 1285
Einleitung 1285
I. Chemotaxis . . .... 128(5
XTV Inhaltsverzeichnis.
Seite
Kapillarmethode 1287
Anderweitige Methoden 1289
Aerotaxis 1291
II. Chemotropismus 1293
Reizwirkung vun Gasen 1294
„ gelöster Stoffe 1296
III. Chemonastie 1301
IV. Beeinflussung der Sekretionstätigkeit durch chemische Reize 1302
V. Die Beschaffung geeigneter Objekte 1803
Die quantitative Mikroelementaranalyse organischer Substanzen. A'on Professor
Dr. Fritz Pregl, Innsbruck 1307
1. Die mikroanalytische Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff .... 1311
2. „ ,, Stickstoffbestimmung (Mikro-Dumas) 1332
3. Bestimmung des Stickstoffs nach Kjeldahl in kleinen Substanzmengen (Mikro-
Kjeldahl) 1344
4. Die Bestimmung des Schwefels und der Halogene in kleinen Substanzen. Be-
arbeitet von Prof. Dr. Fritz Pregl und Max de Crinis, Innsbruck .... 1350
Kapillaranalyse. Bearbeitet von Prof. Dr. J. Traube, Berlin 1357
I. Die Methode von Goppelsroeder 1357
II. Kapillaranalytische Methoden von J. Traube 1358
Das Stalagmometer 1358
Tropfenzählapparat 136U
Das Viskostagonometer ' 1361
Das Kapillarimeter 1362
Konzentrationsbestimmnngen, sowie Bestimmungen der Löslichkeit, Teilungs- und
Adsorptionskoeflizienteu auf kapillaranalytischem Wege 1363
Kapillaranalytische Diagnose von Krankheiten 1364
„ Bestimmung der pharmakodynamischen und toxischen Wirk-
samkeit von Arzneimitteln und Giften 1367
Farbstoffmilieus als Aktivatoren für kapillaranalytische Wirkungen von Salzen
und Ionen 1368
Kapillaranalytische Untersuchung von Arzneimitteln und Giften mit Hilfe von
Farbstoffmilieus 1369
Biochemische und chemo-therapeutische Arbeitsmethoden mit Trypanosomen.
Bearbeitet von Privatdozent Dr. Nierenstein, Bristol 1371
I. Versuchstiere 1371
II. Trypanosomen 1375
III. Arbeiten in vivo 1377
IV. ,. in vitro 1380
Inhaltsverzeichnis. XV
Seite
Reagentien zum Nachweis der biologisch wichtigen Verbindungen. Bearbeitet
von Dr. med. et pliil. Ludwig Pincussohn, Berlin 1385
1. Reagentien zur Bestimmung der Kohlehydrate 138.5
2. Weitere Zuckerreagentien 1408
3. Reagentien zur Bestimmung der Eiweißkörper und ihrer Abbauprodukte . . 1419
Anorganische Reagentien 1441
Verschiedene Reagentien 144'J
Indikatoren 14.52
Register 1453
Nachträge und Berichtigungen 14(58
Der Nachweis der Gifte auf cliemiscliem Wege.
Von W. Auteiirietli, Freiburg' i. I!.
Allgemeines.
Nach ihrem chemisch-analytischen Verhalten lassen sich fast alle
bekannteren (Tifte und stark wirkenden Arznei Stoffe in eine der folgenden
drei (iruppen einreihen:
I. Eine Gruppe umfaßt solche Stoffe, die sich aus angesäuerter,
wässeriger Flüssigkeit mit Wasserdämpfen abdestillieren lassen.
Hierhin gehören gelber Phosphor. Blausäure. Karl)olsäure, Lysol, Chloro-
form, Jodoform, Chloralhydrat , Anilin, Nitrobenzol, Schwefelkohlenstoff,
Alkohol.
IL In eine zweite Gruppe gehören diejenigen organischen Stoffe,
die aus angesäuerter wässeriger Lösung mit Wasserdämpfen nicht flüchtig-
sind, die aber einem Untersuchungsmaterial durch Erhitzen mit weinsäure-
haltigem Alkohol entzogen werden können. Diese (iruppe umfaßt die
sämtlichen Alkaloide, ferner viele Glukoside und Bitterstoffe, sowie ver-
schiedene der künstlichen stark wirkenden organischen Ai-zneimittel wie
Azetanilid, Phenazetin, Antipyrin, Pyramidon, Sulfonal. Veronal.
IIL Eine dritte Gruppe umfaßt alle metallischen Gifte.
Nach dieser Einteilung der (Jifte zerfällt auch die toxikologisch-
chemische Analyse in drei Hauptabschnitte, von welchen ein jeder einen
besonderen chemischen Untersuchungsgang erfordert. Einige (üftstoffe. wie
die Mineralsäuren, die Ätzalkalien, das chlorsaure Kalium, die O.xalsäure
lassen sich wegen ihres abweichenden Löslichkeitsvei'lialtens und ihrer
sonstigen Eigenschaften nicht gut in eine dieser drei Hauptgruppen von
Giften einreihen. Zur Prüfung auf derartige Gifte müssen gesonderte
Proben des ursprünglichen Untersuchungsmaterials jeweils nach beson-
deren Verfahren für sich chemisch untersucht werden.
Irgend ein Untersuchungsmaterial, welches auf chemischem Wege auf
einen etwaigen Giftgehalt untersucht werden soll, muß demnach in min-
destens vier Teile geteilt werden, falls sich eine chemiscli-toxikologische
Untersuchung auf den Nachweis von allen bekannteren Giftstoffen zu ei-
strecken hat. Dieser P'all tritt beispielsweise ein, wenn Verdacht auf \er-
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 43
N^ C State College
674 W. Auteiirieth.
giftuiiii' besteht, aber das Sektionsprotokoll und die Krankengeschichte
der verstorbenen Person dem Chemiker keinerlei Anhaltspunkte für die
chemische Untersuchung der in Frage kommenden Leichenteile auf einen
etwaigen Giftgehalt liefern. Ein Teil des Untersuchungsmaterials dient dann
für die Untersuchung auf solche giftig wirkende Stoffe, welche aus saurer
Lösung mit Wasserdämpfen flüchtig sind (I) und gleichzeitig für die
Untersuchung auf Gifte metallischen Ursprungs (III). Hat man nändich
die flüchtigen Stoffe abdestilliert, so kann der Rückstand, der im Destilla-
tionsgefäße bleibt, für die Untersuchung auf etwa vorhandene Metallgifte
verwendet werden. Ein zweiter Teil wird auf organische Stoffe, wie auf
Alkaloide, Glukoside, künstliche Arzneimittel untersucht (II) und ein dritter
Teil dient für die Untersuchung der oben erwähnten Stoffe, die sich nicht
gut in eine der drei Hauptgruppen der Gifte einreihen lassen. Endlich muß
ein weiterer Teil der Untersuchungsobjekte als Reservematerial für eine
Nachprüfung, falls eine solche nötig werden sollte, unter allen Umständen
reserviert werden. Eine solche Nachprüfung oder Kontrohuntersuchung muß
immer dann ausgeführt werden, wenn die Natur eines vermuteten Gift-
stoffes durch die erste Untersuchung nicht mit aller Sicherheit festgestellt
wurde oder wenn ein erster Versuch verunglücken soUte.
Da sich die verschiedenen Gifte im tierischen Organismus ganz ver-
schiedenartig verhalten, indem manche Gifte in bestimmten Organen,
wie in der Leber zurückgehalten werden, andere aber in das Blut über-
gehen oder durch den Harn rasch zur Ausscheidung gelangen, so ergibt
sich aus diesen Tatsachen, daß es in vielen Fällen zwecklos wäre, wenn
man ein bestimmtes Organ auf alle etwa in Frage kommenden Gifte
untersuchen wollte.
Ebenso wird es häufig vorkommen, daß man den im folgenden ge-
gebenen allgemeinen, systematischen Untersuchungsgang auf
Gifte nicht vollständig durchzuarbeiten hat, wie dies z. B. der Fall ist.
wenn man bei einer chemisch-toxikologischen Untersuchung von vornherein
nicht auf alle bekannteren Giftstoffe, sondern nur auf ein ganz bestimmtes
Gift Rücksicht zu nehmen hat.
Im allgemeinen gilt als Regel, daß alle dem Gerichtschemiker ge-
sondert eingelieferten Organe und tierischen Flüssigkeiten, wie Teile von
Magen, Darm samt Inhalt, Stücke von Leber, Niere, Milz, ferner Blut und
Harn, auch gesondert, also jeder Teil für sich, untersucht werden, und
zwar auch dann, wenn die sämtlichen Leichenteile zu einer und derselben
Untersuchungssache gehören. Von dieser Regel weicht man aber ab, wenn
man in möglichst kurzer Zeit in Erfahrung bringen will, ob die fraglichen
Teile einer Leiche überhaupt ein Gift enthalten oder nicht. Um diese
Frage möglichst rasch beantworten zu können, entnimmt der Verfasser
von den sämtlichen Leichenteilen, sowohl von den Organen wie von den
Körperflüssigkeiten, je eine gute Durchschnittsprobe, mischt diese Proben
und untersucht dieses Gemisch nach dem allgemeinen systematischen
Untersuchungsgange auf einen etwaigen Giftgehalt. Erst wenn durch diese
Üer Nachweis der Gifte auf chemiscliom Wege. (375
orientierende Untersuchung- ein bestimmter Giftstoff in den untcisuchten
Leichenteilen nachg■e^^^esen ist. interessieit manchmal, aber nicht immer,
auch die Frage, in welchen Organen oder Körperflüssigkeiten sich das nach-
gewiesene Gift vorfindet.
I. Die Untersuchung auf Phosphor und andere Giftstoffe, die
aus saurer Lösung mit Wasserdänipfen flüchtig sind.
lU'i toxikologisch-chemischen Untersuchungen ist ein Destillat,
welches aus einem mit Weinsäure angesäuerten Gemisch erhalten wii'd.
besonders auf die folgenden Stoffe zu untersuchen:
Phosphor, Jodoform.
Blausäure. ' Nitrobenzol.
Karbolsäure, Anilin.
Chloroform, Alkohol.
Chloralhydrat. Schwefelkohlenstoff.
Die Scherersche Vorprobe auf Phosphor. i) \or der Destillation
eines Untersuchungsobjektes führt man die von Scherer aufgefundene Vor-
probe auf Phosphor aus, die auf der Wirkung des feuchten Phosphordampfes
auf Silbernitrat beruht. Hierbei entsteht schwarzes Phosphorsilber neben
metallischem Silber und Phosphorsäure, unter Umständen auch neben phos-
phoriger Säure.
Man bringt zu dem Zweck eine Probe des zerkleinertt'ii L'iiter-
suchungsobjektes in ein Kölbchen, in dessen Mündung mit Hilfe eines nur
lose aufsitzenden Stopfens zwei Streifen Filtrierpapier, von welchen der
eine mit Silbernitratlösung, der andere mit Bleiazetatlösung 2) be-
feuchtet ist, so befestigt sind, daß sie in den Kolbenhals frei hineinhängen.
Nun erwärmt man das Kölbchen einige Minuten auf dem Wasserbade auf
etwa 40 — 50°; färbt sich hierbei das Silber-, nicht al)er das BU'ipapier
schwarz, so kann gelber Phosphor vorhanden sein. Werden aber beide
Papierstreifen geschwärzt, so ist sicher Schwefelwasserstoff zugegen; selbst-
verständlich kann in diesem Falle neben Schwefelwasserstoff auch Phosphor
vorhanden sein. Auch bei Abwesenheit von Schwefelwas.serstoff braucht
die Schwärzung des Silbernitratpapiers nicht unbedingt von Phosphordampf
herrühren; sie kann auch durch irgendwelche andere reduzierend wirkende,
flüchtige, organische Substanzen, wie Formaldehyd oder Ameisensäure, hervor-
g:erufen sein.
Die Schercr?,che Probe auf Phosphor hat also mehr den Wert einer
empfindlichen Vorprobe auf Abwesenheit als auf Anwesenheit von freiem
Phosphor; sie ist eine ausgezeichnete Orientieruugsprobe. denn bleibt das
') Schcrer, Über die P'rkenmiiiif uud Bestimimiiiir di'S Pliosphors und der phos-
phorigou Siiure bei Yergiftuiiircn. Ann. d. Ciicnüe. 112. 214 (lNr)ü).
'') Statt der Bleiazetatlösung kann zur Herstellung eines empfindlichen .Blei-
papiers" auch eine alkalische Bleioxydlösung verwendet werden, wie sie durch
Mischen einer Bleisalzlösung mit überschüssiger ^'atronluugc erhalten wird.
43*
(576 ^^- Autenrieth.
, Silbernitratpapier bei dem Versuche unverändert, so ist gelber Phosphor
in einem Untersuchunssmaterial höchstwahrscheinlich nicht vorhanden.
^e'
Destillation.
Ein Teil des ursprünglichen, vorher hinreichend zerkleinerten und
gut gemischten Untersuchnngsmaterials wird in einem geräumigen Glas-
kolben mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt, dann tropfenweise
mit so^^eI wässeriger AVeinsäurelösung versetzt, daß die ganze Mischung
nach dem Umschütteln stark sauer reagiert. Liegen Leichenteile, wie
Stücke von Magen und Darm samt deren Inhalt, oder Teile von Leber,
Milz. Niere oder (iehirn für die Untersuchung auf f Richtige Gifte vor, so
ist ein erheblicherer Zusatz von Wasser meist nicht notwendig, weil diese
Organteile schon an und für sich ziemlich viel wässerige Flüssigkeit ent-
halten. Die betreffenden Leichenteile werden ebenfalls so gut als möghch
zerkleinert, mit nur wenig Wasser angeschüttelt, dann mit wässeriger W'ein-
säurelösung oder verdünnter Schwefelsäure angesäuert und aus einem ge-
räumigen Glaskolben der Destillation unterworfen.
Kann nach dem positiven Ausfall der Scherersdien Probe in einem
Objekte Phosphor vorhanden sein, so wird die DestiUation nach dem Mit-
scherlichscheiL Verfahren des Phosphornachweises ausgeführt. Hat aber die
Scherersche Probe zu einem negativen Resultate geführt, so destilliert man
in der sonst üblichen Weise unter Anwendung eines schief liegenden
Liebigi^chon Kühlers.
Die Destillation im Mitscherlichsi^hen Apparate und der Nachweis des
Phosphors nach Mitscherlich.^)
Das Verfahren des Phosphornachweises nach Mitscherlich beruht auf
der Flüchtigkeit des gelben Phosphors, mit Wasserdämpfen und auf der
Eigenschaft der phosphorhaltigen Wasserdämpfe in Berührung mit Luft in
höchst charakteristischer Weise zu leuchten. Dieses Phosphorleuchten kann
selbstverständlich nur in einem vöUig verdunkelten Piaume gut wahrgenommen
werden.
Ausführung. Man befestigt in der Öffnung des DestiUiergefäßes
mit Hilfe eines durchbohrten Stopfens ein zweimal knieförmig gebogenes,
ziemlich langes und nicht zu enges Glasrohr, das an seinem anderen Ende
mit einem senkrecht stehenden Liehig^Qh^w Kühler in Verbindung steht.
(Vgl. Fig. 169.)
Das Destillationsgefäli soll höchstens zu einem Drittel seines Inhaltes
mit der zu destillierenden Flüssigkeit gefüllt sein, weil sehr \dele, zumal Ei-
weiß und Stärkemehl enthaltende Substanzen beim Destillieren in wässe-
riger Lösung stark schäumen und dadurch ein Übersteigen der destilheren-
den Masse in die Vorlage veranlassen können. Als Vorlage dient ein Kölb-
*) E. Mitscherlich , Methode zur Entdeckung des Phosphors bei Vergiftungen.
Journ. f. prakt. Chemie. 66. 238 (1855).
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege.
i;
i i
Kig. 169.
chon, (las inii- womii; Wassor, nämlich 3 — 5 cni\ entliiilt. und in welches
das Kühlrolir gerade eintaucht. Auf diese Weise vermeidet mau jeden \'er-
lust an den sehr leicht flüchtigen (iiftstoffen Bhinsaure, Chlorufoiin und
Alkohol. Der (daskolben wird auf einem dünnmaschigen Drahtnetze 0(h'r
besser einer Asbestplatte unter ganz allmählichem Steigern (h-i- Temperatur
bis zum Sieden seines Inhaltes erhitzt: eiu zu rasches und zu starkes Er-
hitzen ist zu vermeiden, weil sonst die organische Substanz aiu lioden des
Destillationsgefäßes leicht anbrennen und verkolden könnte. Sobald die
Flüssigkeit ins Sieden kommt, verdunkelt man das Zimiuei- und sieht zu.
ob in der zweimal knieförmig gebogenen Glasröhre oder dem Kiddrohr
des MitscherUchschQn Apparates ein Phosphoideuchten wahrzunehmeu
ist. Tritt dasselbe deutlich auf. so ist im Untersuchungsobjekt bestimmt
giftiger, gelber Phosphor vorhanden. Das Leuchten wäln-end der
Destillation mit Wasserdämpfen
ist für die giftig-e Modifikation
des Phosphors äußerst charakte-
ristisch und auch oftmals das
einzig' sichere, unanfechtbare Er-
kennungsmittel von Phosphor!
Zeigt sich die Phosphoreszenz-
erscheinung, die auf nichts anderes als
auf einen Oxydationsvorgang zurück-
zuführen ist und auf der Bildung von
phosphoriger Säure aus dem Phosphor-
dampf beruht, bei der Destillation
nicht sofort, so unterbreche mau die
Destillation nicht allzufrühe, da ver-
schiedene etwa vorhandene Substanzen,
wie Alkohol, Äther, Terpentinöl il
und verschiedene andere ätherische
Öle das Phosphorleuchten entweder Apparat zu,n Nachweis des Phosphors nach
vollständig verhindern oder wenigstens Musciu-ruch.
stark beeinträchtigen können. Auch
bei Anwesenheit von viel Karbolsäure. Kreosot, Chloroform. Chloi-
alhydrat oder Schw'efelwasserstoff kann das Phosphorleuchten völlig:
ausbleiben. Auch Quecksilberchlorid und andere Quecksilberverbindungeu
können das Phosphorleuchten verhindern. i) Höchstwahrscheinlich wird das von
den Wasserdämpfen fortgeführte Quecksilberchlorid durch die Phosphor-
dämpfe zu Quecksilber reduziert, das sich in einem solchen Falle auch
im aufgesammelten Destillate voiiindet. Für die Annahme einer Wechsel-
wirkung zwischen den Dämpfen des Phosphors und des Quecksilberchlorids
spricht auch die Tatsache, dal» im Destillate neben metallischem Queck-
*) K. PoIsforß'wuA J. Mc/ischinf/, Über die Priifun<r auf riuisphor nacli Mifscho-lirlis:
Verfahren bei Anwesenheit v(in Quecksilberoliloriden. Her. d. Deutschen ehem. Ges. li).
1763 (1886).
678 W. Aiitenrieth.
Silber auch Phosphorsäure nachweisbar ist. Sind derartige Stoffe, welche auf
die Phosphoreszenzerscheinuugen einen störenden Einfluß ausüben können,
zugegen, so tritt in manchen, aber nicht allen Fällen noch nachträglich
das Phosphorleuchten ein. wenn man längere Zeit destilliert. In allen Fällen
ATrdarapfe man, auch wenn ein Phosphorleuchten nicht aufgetreten ist,
einen Teil des aufgesammelten Destillats, das bei Anwesenheit von Phosphor
stark nach diesem riecht und das neben phosphoriger Säure auch Phosphor-
kügelchen enthalten kann, mit viel gesättigtem Chlorwasser oder mit
wenig rauchender Salpetersäure in einer Porzellanschale auf dem Wasser-
bade, löse den Piückstand in wenig Wasser und prüfe die Lösung mit
Molybdatreagens und mit Magnesiamischung auf Phosphorsäure.
Bemerkungen: Alle die Stoffe, -welche den Nachweis des freien Phosphors nach
Mitscherlich mehr oder weniger stören, machen ihn nach ^. ^/.«jf/ifr') meist nicht ganz
unmöglich, wenn man nach der Hilger-Nattermannschen Modifikation^) des Mifscher-
lichschen Verfahrens arbeitet. Diese Modifikation besteht darin, daß man die phosphor-
haltigen Wasserdämpfe in die Luft austreten respektive Luft in den Apparat treten läßt.
Der Nachweis des Phosphors und der phosphorigen Säure nach
Blondlot 3) und Dusart. 4)
Hat man nach Mitscherlichs Verfahren Phosphor nicht nachweisen
können, so ist es in vielen Fällen angezeigt, ein Untersuchungsmaterial
auf das erste Oxydationsprodukt des Phosphors, die phosphorige Säure,
zu welcher ja der gelbe Phosphor leicht oxydiert wird, zu untersuchen.
Die geringsten Mengen von phosphoriger, wie auch von unterphosphoriger
Säure werden nach dem Verfahren von BlondJot und Dusart aufgefunden.
Diese Methode beruht auf der Bildung von Phosphorwasserstoff (PH3)
bei der Einwirkung von naszierendem Wasserstoff auf gelben Phosphor;
auch die phosphorige und unterphosphorige Säure, nicht aber die ge-
wöhnUche Phosphorsäure, werden unter den gleichen Bedingungen, nämhch
beim Erwärmen mit Zink und verdünnter Schwefelsäure, zu Phosphorwasser-
stoff reduziert.
Phosphorwasserstoff sowie Phosphor enthaltender Wasserstoff ver-
brennen beim Entzünden an der Luft mit höchst charakteristischer grüner
Flamme: Dusartsche Phosphorreaktion. Die grüne Färbung der Flamme
ist besonders dann gut zu erkennen, wenn man eine kalte Porzellan-
schale in die Flamme hält und den Versuch in einem verdunkelten Räume
vornimmt.
Da es sich bei toxikologischen Untersuchungen meist um den Nach-
weis von sehr geringen Mengen von giftigem Phosphor handelt, unter-
sucht man den aus einem L^ntersuchungsmaterial kommenden Wasserstoff
*) A. Fischer, Beiträge zum Phosphornachweis. Pßügers Archiv. Bd. 97. 578 (1903).
^) Forscbungsbericht über Lebensmittel und ihre Beziehungen zur Hygiene etc.
4. 241 (1897).
^) Blondlot, Snr la recherche toxicologique du phosphore par la coloration de la
flamme. Compt. rend. 52. 1197 (1861).
*) Dusart, Note sur la recherche du phosphore. Comptes rend. T.43. 1126 (1856).
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. (379
nicht direkt auf einen etwaip^en Phosphorjrohalt, sondern leitet ihn zu-
nächst in eine verdünnte Silhernitratlüsuni^, aus welcher i'hosphor-
wasserstoff wie auch gelber Phosphor schwarzes riiosphorsilber t'alleu:
PH3 + )^ NO3 Ag = Ag3 P + 3 HNO3.
Auf diese Weise lassen sich noch Spuren von gelbem Phosphor,
die etwa in Leichenteilen enthalten sind, in dem mit Silbernitrat entste-
henden Niederschlage konzentrieren. Xaszierender Wasserstoff, also Zink
in Verbindung mit verdünnter Schwefelsäure, machen (bniii .ms dem
schwarzen Phosphorsilberniederschlag wieder Phosphorwasserstoff frei :
Ag3 P + 8 H = PH3 -f -i Ag.
Der Nachweis des giftigen Phosphors nach dem Verfahren von Dusart-
Blondlot zeriäWt also in zwei, getrennt voneinander auszuführende Operationen:
1. In die Herstellung des Phosphorsilberniederschlages.
2. In die Prüfung des fraglichen Silberniederschlages im
Apparate von Dusart.
Bemerkungen. Ein schwarzer oder brauner Niederschlag, der sich heim Ein-
leiten des fraglichen Wasserstoffgases in die Silbernitratlösung bildet, ist selbstver-
ständlich noch kein Beweis für die Anwesenheit von Pliosphor, da auch andere Sub-
stanzen, wie Schwefelwasserstoff, Arsenwasserstoff, Antinionwasserstoff, sowie reduzie-
rend wirkende organische Stoffe mit verdünnter Silberuitratlösung ebenfalls schwarze
Fällungen geben. Ein erhaltener schwarzer Silljerniodersr-hlag muß daher unter allen
Umständen mit Hilfe der i*».s«r/schen Reaktion auf einen etwaigen Gehalt an Phosidior
untersucht werden.
Ausführung.
1. Die Herstellung des Phosphorsilberniederschlages.
(Überführung des Phosphors in Phosphorsillier.)
Man bringt das möglichst zerkleinerte, mit Wasser zu einem dünnen
Brei angerührte Untersuchungsobjekt oder, falls nur auf phosphorige
Säure (siehe weiter unten) geprüft werden soll, den wässerigen, filtrierten
Auszug des Untersuchungsobjektes oder aber das Filtrat vom Kück-
stande der Destillation nach dem A'erfahren von Mifsrhcrlirli in eine
geräumige Gasentwicldungsflasche , in der man aus phosphorfreiem
Zink und reiner verdünnter Schwefelsäure (1:5) Wasserstoff entwickelt.
Man läßt den naszierenden Wasserstoff längere Zeit, l'/-2 — 3 Stunden und
länger, auf das Untersuchungsmaterial einwirken und leitet den entwei-
chenden Wasserstoff in eine neutrale Silbernitratlösung, die sich in einer
Vorlage befindet. Enthält das Uutersuchungsmaterial giftigen Phosphor,
so entweicht ein phosphor- und phosphorwasserstoffhaltiger Wasserstoff,
der in der vorgelegten Sili)ernitratlösung einen schwarzen Niederschlag
von Phosphorsilber erzeugt. Dieser wii-d dann auf einem aschefreien Filter-
chen gesammelt, mit wenig kaltem Wasser ausgewaschen und nach den
unten gemachten Angaben im i)?/sar^schen Apparate untersucht.
Besteht der erhaltene Silberniederschlag zum Teil oder ganz aus
Phosphorsilber, so enthält die von ihm abfiltrierte klare Flüssigkeit
680
W. Autenrieth.
Phosphorsäure oder phosphorige Säure. Um diese Säuren nachzu-
Aveisen, fällt man aus der abfiltrierten Lösung erst mit Salzsäure das
überschüssige Silber vollständig aus, filtriert das gefällte Clilorsilber durch
ein vorher mit Säure und Wasser gut ausgewaschenes Filter, verjagt aus
dem Filtrate die Salzsäure vollständig durch Abdampfen mit starker
Salpetersäure auf dem Wasserbade und prüft schlielUich den in wenig
warmem Wasser aufgelösten Verdampfungsrückstand mit Molybdatreagens
oder mit Magnesiamischung auf Phosphorsäure.
2. Die Prüfung des fraglichen Silberniederschlages auf einen
Gehalt an Phosphorsilber in dem Apparate von Ä. Hilger und
H. Nattermann. ^) (Fig. 170.)
Eine Kocliflasche von ca. 100 cm^ Inhalt wird mit einem dreifach
durchbohrten Gummistopfen verschlossen. Durch zwei dieser Öffnungen
gehen rechtwinklig gebogene Glasröhren, welche beide unmittelbar unter
Fig. 170.
Apparat von Diifirirt-Hilger-Nattermann zum Nachweis von Phosphor.
dem Stopfen endigen. Durch die eine Röhre wird Wasserstoff, der in
einem Kipp^ch^w Apparate aus Zink und verdünnter Schwefelsäure, nicht
Salzsäure, bereitet wird, eingeleitet und der durch die andere Glasröhre
das Kölbchen wieder verläßt. An dieses schließt sich ein U-Rohr an, wel-
ches mit konzentrierter Kalilauge getränkte Bimssteinstückchen enthält,
die etwa vorhandenen Schwefelwasserstoff absorbieren sollen; andrerseits
steht das U-Rohr in Verbindung mit einem Glasrohr aus Kaliglas, das
mit einer Platinspitze versehen ist. 2) Durch die dritte Öffnung des Stopfens
*) Forschungsbericht über Lebensmittel und ihre Beziehungen zur Hygiene etc.
4. 241—258 (1897).
^) Hilger und Xaffennaiin nehmen an Stelle der Glasröhre mit Platinspitze ein
von einer Gabel getragenes Lötrohr, das ebenfalls mit einer Platinspitze versehen ist;
unterhalb der letzteren wird das Lötrohr mit Watte umwickelt, die naß gehalten wird
und so als Kühler wirkt.
I
I
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. (381
führt eine Trichterröhrc bis auf don Boden des Tiefäßes. Das Filtfi-. auf
dem sich der auf Phosphor zu prüfende Silherniedcrsclilai;- i)efindet, wird
zerschnitten und in die Kochflasche gebracht. Diese enthält einige Stück-
chen phosphorfreies Zink und so viel Wasser, daß der Zutritt der
äußeren Luft durch das Trichterrohr abgeschnitten ist. Nun leitet man
durch den Apparat Wasserstoff, entzündet den letzteren mit dei- nötigen
Vorsicht und überzeugt sich in der oben angegebenen Weise davon, ob die
Flamme vollkommen farblos ist, ob sie nändich bei der Beobachtung im
verdunkelten Räume ohne grünen Flammenkegel und ohne grünes
Leuchten brennt. i) Nach Hilger und Nattermann überzeugt man sich
von der Brauchbarkeit des Zinks am besten in der Weise, daß man die
Wasserstoffflamme im Spektralapparate untersucht. Ganz reines Zink
liefert mit reiner Schwefelsäure einen Wasserstoff, dessen Spektrum nur
eine orangerote Linie an Stelle der gelben Natriumliiiie zeigt; diese Linie
ist freiUch nicht immer sichtbar. Die geringsten Spuren Phosphor geben
sich durch drei grüne Linien zu erkennen, die rechts von der Linie D
liegen; zw'ei dieser drei Linien sind stärker gefärbt als die dritte. Hat
man sich auf diese Weise von der Reinheit des Zinks und der Schwefel-
säure überzeugt, so gießt man durch das Trichterrohi- einige Kubikzenti-
meter verdünnte Schwefelsäure (1:5) in die Kochflasche zum Zink und
dem fragUchen Silberniederschlag. Ist der Niederschlag phosphorhaltig,
so tritt, manchmal erst nach geraumer Zeit, eine Grünfärbung der
Flamme auf, deren Spektrum zweckmäßigerweise untersucht wird.
Für die Untersuchung auf Phosphor nach dem X'erfahren von
Blondlot- Dusart eignet sich auch das nach dem Mitscherliehi^c\K'n Ver-
fahren erhaltene Destillat. Erhält man mit demselben eine (irünfärliung
der Wasserstoffflamme, so enthält das Untersuchungsobjekt Phosphor.
Bemerkungen. Trotz der außerordentlich großen Empfindlichkeit
des zuletzt beschriebenen Pbosphornachweises neigen viele Gerichtschemiker dahin, daß
das Blondlof-Ditsarfsche Verfahren nicht als Ersatz des M itsclierl ichschcn
Verfahrens antreseheu werden könne. Nach Selim' sollen nämlich solche faulende, in
Verwesung begriffene Leichenteile, die wie das Gehirn phosphorhaltige organische Ver-
bindungen enthalten, ein Destillat liefern können, das mit Sillieriiitrat einen schwarzen
Niederschlag bildet, der die />»s«ri!sche Reaktion gibt. Z. Huhisz-) ist freilich bei
seinen Unternehmungen zu anderen Resultaten gekommen wie Sclmi. Derselbe bat
menschliche Gehirne, Kalbs- und Schweinsgehirne, schließlich Gehirne und andere Or-
gane von Kaninchen, welche durch Phosphor auf verschiedene Weise, per os oder sub-
kutan, vergiftet worden waren, erst frisch, dann von Woche zu Woche nach mehr oder
weniger intensivem Faulen unter verschiedenen Umständen nach Blondlot-Dusart unter-
sucht. Im Gegensatz zu den Beobachtungen von Svhni war Phosphor bei diesen Unter-
suchungen in den Gehirnen in keinem Falle nachweisbar. Diese Ergebnisse
der Experimente von Haldsz widerlegen somit die frühere Annahme, daß während des
Verlaufes der Fäulnis der normale Phosphorgehalt des Gehirnes eine derartige Um-
wandlung erfahren könne, daß er durch die Blondlof-Piisarti^cho Reaktion nachzuweisen
') Es ist nicht leicht, ein metallisches Zink zu beziehen, das diese Probe aus-
hält, das also absolut phosphorfrei ist!
M Z. Haldsz, Ist das Bloudlof-Diisart^che Verfahren in gerichtlich-chemischen
Fällen verläßlich? Zeitschr. f. anorgan. Chemie. 26. 438 (1900).
682
W. Auteurieth.
wäre. Aber auch nach erfolgter Yergiftuug der Kaniuchen durch Phosphor konnte im
Gehirn dieser Tiere Phosphor nicht nachgewiesen werden, hingegen in anderen Organen
der vergifteten Tiere, wie im Magen und in den Einge weiden, außerdem in der
Leber, der Lunge und in den Nieren, also in blutreichen Organen; überall da,
wohin der Phosphor direkt gelangt oder indirekt aufgesaugt wird, konnte Phosphor in
geringeren oder größeren Mengen immer aufgefunden werden. Haldsz zieht aus seinen
Yersuchsergebnissen den Schluß , daß , falls in der Gehirnmasse bei der Fäulnis über-
haupt eine phosphorhaltige Verbindung entsteht, diese dann mit Wasserdämpfen nicht
destillierbar ist und auch die BIondlot-Dusarf sehe Reaktion nicht gibt. Haldsz ist
auf Grund seiner Versuchsergebuisse zu dem Schlüsse gekommen, daß das Blondlot-
Dttsarfsche Verfahren des Phosphornachweises für gerichtlich-chemische Fälle geradeso
verläßlich ist wie das Verfahren von Mitschcrlich.
Nachweis der phosphorigen Säure in Leichenteilen.
Die Reduktion der phosphorigen Säure durch Zink und verdünnte Schwefel-
säure zu Phosphorwasserstoff geht außerordentlich langsam vor sich. Selbst die
Gegenwart von nur wenigen Milligrammen phosplioriger Säure erfordert nach
Hilger und Nattermann (1. c.) eine zehn- bis vier zehntägige Einwirkung! Ferner
muß berücksichtigt werden, daß Phosphorsilber Agj P sehr wenig beständig ist, indem
es in Berührung mit ^\'asser innerhalb kurzer Zeit in Silber und phosphorige Säure
zerfällt, die dann durch die vorhandene Salpetersäure zu Phosphorsäure oxydiert
wird. Hat man bei einer toxikologischen Untersuchung speziell auf phosphorige Säure
Rücksicht zu nehmen, so empfehlen Hilger und Nattermann die Untersuchung des
entstandenen Silberniederschlages (eventuell AgjP) auf einen etwaigen Phosphorgehalt
nach Dusart sowie diejenige der ab filtrierten Lösung auf Phosphorsäure (siehe oben),
schon nach zwei, spätestens nach drei Tagen vorzunehmend
Die übliche Destillation mit schief liegendem Kühler.
Hat man das Phosphoiieuchten bei der Destillation im Mitscherlich-
schen Apparate deuthch wahrgenommen, so kann man entweder in diesem
Apparate weiter destillieren,
Fig. 171. oder aber man unterbricht
die Destillation und führt
sie in der üblichen Weise
mit schief gestelltem Liehig-
schen Kühler (Fig. 171) zu
Ende. Ebenso destilliert
man stets in dieser ein-
fachen Weise, wenn die
Scherersche A'orprobe zu
einem negativen Resultate
geführt hat oder die Prü-
fung eines Untersuchungs-
objektes auf Phosphor aus
bestimmten Gründen un-
nötig ist.
Da die verschiedenen in Betracht kommenden Giftstoffe nicht in
gleichem Grade mit Wasserdämpfen flüchtig sind, sammelt man das De-
stillat zweckmäßig in zwei oder drei Fraktionen auf. Die erste Fraktion
Einfacher Uestillationsapparat.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 6g3
enthält dann bei weitem den gröftten Teil der leicht flüchtip-en Tiiftstoffe,
also fast alle, ursprünglich in einem riitersuchungsohjekte vorhanden ge-
wesene Blausäure, ferner Chloroform, Alkohol, Jodoform und
Nitrobenzol. Die weiteren Fraktionen können noch beträchtliche Mengen
von denjenigen Stoffen enthalten, welche wie Karbolsäure, Anilin,
Chloralhydrat und Schwefelkohlenstoff mit Wasserdämpfen weniger
leicht flüchtig sind und die daher nur langsam abdestillieren. Es soll selbst-
verständlicli damit nicht gesagt sein, daß das zuerst aufgesammelte Destillat
von den zuletzt aufgeführten, nicht so leicht flüchtigen Stoffen überhaui)t
nichts enthalten kann. Umgekehrt können sich auch in den weiteren
Fraktionen noch gelinge Mengen der mit Wasserdämpfen leicht über-
gehenden Stoffe vorfinden.
Man arbeitet daher zweckmäßig in der Weise, daß man zunächst
nur 5 — 10 cni^ Flüssigkeit abdestilliert und dieses erste Destillat in ein-
zelnen Proben auf Blausäure, Chloroform und Alkohol, eventuell auch
auf Jodoform und Nitrobenzol untersucht. Alsdann destillicit man weitere
10 — 20 «H 3 ab und verwendet dieses Destillat für <iie Cntersuchung auf
Karbolsäure. Lysol. Anilin, Chloralhydrat und Schwefelkohlenstoff.
Verschiedene der mit Wasserdämpfen flüchtigen Giftstoffe lassen
sich, sowohl im ursprünglichen Untersuchungsobjekte, als auch besonders
im Destillate an ihrem charakteristischen Gerüche mit großer Sicher-
heit erkennen, wie Karbolsäure, Mtrobenzol, Alkohol Chloroform. Jodoform
und auch Blausäure, falls mehr als Spuren derselben vorhanden sind.
Die erhaltenen Destillate untersucht man zunächst mit je einer, und
zwar der empfindlichsten Probe auf ein jedes der in Betracht kom-
menden Gifte. Mit Hilfe der Berlinerblau- oder Rhodanreaktion prüft man
das Destillat auf Blausäure, mit dem Millonschen Reagens auf Karbol-
säure und Anilin, mit Jod und Kalilauge auf Alkohol, Azeton, Azetaldehyd.
mit Anihn und Kalilauge, also mittelst der Isonitrilprobe, auf Chloroform,
Jodoform sowie auf Chloralhydrat und schließhch mit Bleiazetat und Kali-
lauge auf Schwefelkohlenstoff. Glaubt man ein flüchtiges (Jift gefun-
den zu haben, so sucht man die Piichtigkeit des erst erhaltenen Resultates
durch eine zweite und dritte Identitätsreaktion weiterhin zu bestätigen.
Man führe aber nur solche Reaktionen aus, welche für das vermutete (Jift
charakteristisch sind.
In sehr vielen Fällen wii-d man von vornherein nicht auf alle (rjft-
stoffe, die sich in einem Destillate vorfinden können, zu prüfen haben.
Blausäure.
Für die chemische Untersuchung auf Blausäure und einfache Cyan-
metalle wie Cyankalium müssen der Leiche in erster Linie .Magen- und
Darm Inhalt, ferner blutreiche Organe, wie Leber, Gehirn und Herz
sowie Blut und unter Umständen auch Harn entnommen werden. Die in
Frage kommenden Leichenteile müssen ohne Verzug auf einen
etwaigen Blausäuregehalt untersucht werden. Falls die Leichen-
684 ^^ ■ Autenrietb.
teile nicht schon stark in Yerwesuno- übergegangen sind, wird sich vor-
handene Bhuisäure schon an ihrem charakteristischen Gerüche zu er-
kennen geben.
Vorprobe auf Blausäure nach Schönbein-Pagenstecher. Vor
der Destillation führe man die folgende A'orprobe auf Blausäure aus. Man
bringt eine Probe des Untersuchungsmaterials in ein Kölbchen, fügt Wein-
säurelösung bis zur sauren Reaktion hinzu und befestigt mit Hilfe eines
Stopfens einen ,,Guajakharz-Kupfersulfat-Papierstreifen" i) so, daß
er im Kölbchen frei aufgehängt ist. Nun erhitzt man das Kölbchen auf
dem Wasserbade gelinde. Färbt sich der Papierstreifen nicht blau oder
blaugrün, so ist Blausäure oder Cyankahum auch nicht vorhanden. Tritt
aber andrerseits eine Blaufärbung des Streifens ein, so kann Blausäure
oder ein leicht zersetzhches Cyanid zugegen sein. Weitere Schlüsse können
aus dem positiven Ausfall der Reaktion nicht gezogen werden, da außer
Blausäure auch andere Stoffe, wie Ammoniak, flüchtige Ammoniakverbin-
dungen, Salzsäure und besonders Oxydationsmittel, wie Ozon, Salpetersäure
und Chlordämpfe, den Guajakharz-Kupfersulfat-Papierstreifen unter Um-
ständen ebenfalls blau färben. Die sehr empfindliche Schönbein-Pagenstecher-
sche Reaktion kann also für sich allein niemals beweisend sein für die
Gegenwart von Blausäure.
Für die eigentUche chemische Untersuchung auf Blausäure muß
das zerkleinerte Untersuchungsmaterial, nach dem Anrühren mit wein-
säurehaltigem Wasser, nach den Angaben von Schönbein der Destillation
unterworfen werden. Da Blausäure mit den Wasserdämpfen leicht über-
geht, findet sich bei weitem die größte Menge des Giftes in dem zuerst
übergegangenen Destillate vor. Man verwende daher für den Nachweis der
Blausäure die ersten 5 oder 10 crn^ Destillat, die sich in der Vorlage an-
gesammelt haben. Zum sicheren Nachweis der Blausäure, die sich
häufig im Destillate schon durch ihren Geruch zu erkennen gibt,
dienen die folgenden Proben:
1. Berlinerblaureaktion. Man versetzt die auf Blausäure zu unter-
suchende Flüssigkeit, also eine Probe des Destillats, erst mit wenig Kali-
lauge, dann mit 1 oder 2 Tropfen frisch bereiteter Eisenvitriollösung sowie
mit 1 Tropfen Eisenchloridlösung, schüttelt gut durch und erwärmt gelinde;
alsdann säuert man das Gemisch mit verdünnter Salzsäure an. Sind erheb-
lichere Mengen von Blausäure vorhanden, so entsteht sofort ein blauer
Niederschlag von Berlinerblau; bei Gegenwart von sehr wenig Blausäure
erhält man zunächst eine blau, blau grün oder grünblau gefärbte
Lösung, aus der sich erst bei längerem Stehen, oftmals erst nach 10 bis
^) Man erhält solches „Guajakharz-Kupfersulfatpapier'*,weun man schmale Streifen
Filtrierpapier erst mit frisch hergestellter alkoholischer Guajaktinktur (1:10) tränkt,
dann diese Streifen zum ol)erflächlicheu Austrocknen einige Male hin und her bewegt
und dieselben schließlich mit einer sehr verdünnten Kupfersulfatlösung von 1 : 1000
befeuchtet.
Der Nachweis der (iifto ;uif cliemischem Wege. 6g5
12 Stunden, einige Flocken von Berlinerblau abscheiden. Knipfindliclikeit
der Probe: 1:5000000.')
2. Ilhodanreaktion. Eine weitere Probe des erhaltenen Destillats
versetzt man mit einigen Tropfen Kalilauge und wenig gelbem Schwelel-
ammonium, dampft dieses Gemisch in einem Porzellanschälchcn auf dem
Wasserbade zur Trockene ein, nimmt den Verdunstungsiiickstund in wenig
Wasser auf, säuert mit verdünnter .Salzsäure an, filtriert den ausgeschiedenen
Schwefel durch ein Doppelfilterchen ab und versetzt das möglichst klare
Filtrat mit 2 — 3 Tropfen verdünnter Eisenchloridlösung. Bei Vorhanden-
sein von Blausäure im untersuchten Destillat färbt sich jetzt die Flüssig-
keit durch entstandenes Ferrirhodanid blutrot oder aber nui- liitlich, falls
es sich um Spuren von Blausäure handelt. Empfindlichkeit: 1:400(K)()0.
o. N i t r 0 p r u s s i d r e a k t i 0 n von Vo r t m a n n. -) Man versetzt eine
Probe des Destillats mit einigen Tropfen Kaliumnitritlösnng, 2 — 4 Tropfen
Eisenchloridlösung und mit so viel verdünnter Schwefelsäure, daß die ur-
sprünglich gelbbraune Färbung gerade in Hellgelb übergeht. Nun eihitzt
man das Gemisch zum Sieden, fällt das überschüssige Eisen mit Ammoniak im
geringen Überschusse aus, filtriert ab und versetzt das Filtrat mit 2 Trö])fchen
stark verdünntem Schwefelammonium ; tritt jetzt eine violette, bald in
Blau, Grün und Gelb übergehende Färbung des Filtrats ein, so hat das
untersuchte Filtrat Blausäure enthalten. Empfindlichkeit: 1 : ?> 12000.
Bemerkungen. Diese Blausäurcprobe ist die rmkehrung der Ni tropnissi d-
reaktion auf Schwefelwasserstoff, indem nämlich unter den oben angegebenen Bedin-
gungen im Destillate vorhandene Blausäure in Nitroprussidkalium, Fe(CN)5(N0)Kj,
übergeführt wird, das mit Schwefelammonium die bekannten Färbungen gilit. Sehr l'c-
ringe Mengen Blausäure liefern nur eine bläulichgrüne bis grünlicbgelbe FärluniL'.
4. Silberreaktion. Das in Frage kommende Destillat wird erst
mit verdünnter Salpetersäure angesäuert, dann mit Silbernitrat im Cber-
schusse versetzt; entsteht ein weißer, käsiger, in Ammoniak leicht löslicher
Niederschlag (AgCN), so ist höchstwahrscheinlich Blausäure im Destillate
vorhanden. Empfindlichkeit: 1:250.000. — Eine Verwechslung der IMau-
säure mit Salzsäure ist ausgeschlossen, falls eine sehr stark verdünnte
Lösung destilliert wurde, unter welchen Bedingungen freie Salzsäure nicht
überdestilliert. Will man von vornherein jede Spur von etwa vorhandener
freier Salzsäure ausschließen, so destilliert man das erhaltene Destillat
noch einmal über Borax, welcher die freie Salzsäure bimlet, nicht aber
die Blausäure, die also mit den Wasserdämpfen übergeht. — Der mit
Silbernitrat erhaltene Niederschlag kann zu seiner Identifizierung, nach
dem Abfiltrieren, Auswaschen und Ti'ocknen, in einem Köhrchen geglüht
werden; Cyansilber zerfällt hierbei in Silber und Dicyan, von welchen
das letztere an seinem charakteristischen Geruch erkannt wird :
2AgCN = 2Ag-tr(CN),.
') Nach Link und Mockcl, Zeitschr. i. aualyt. Chemie. 17. 455 (1878).
") G. Vortmtiin, Eine neue Reaktion zur Nachweisung geringer Mengen Blausäure.
Monatshefte für Chemie. 7. 416 (1886).
686 W. Autenrieth.
Quantitative Bestimmung der Blausäure.
Man unterwirft eine abgewogene Menge des Untersuchungsmaterials,
nach dem Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure oder Weinsäure, der
Destillation und ermittelt den Blausäuregehalt des erhaltenen Destillats
gewichts- oder maßanalytisch. Im ersteren Fall wird das aus dem De-
stillate mit Silbernitrat gefällte Silbercyanid entweder auf einem bei 100"
getrockneten und gewogenen Filter gesammelt, ausgewaschen und bei 100°
bis zum konstanten Gewicht getrocknet . oder es wird" durch stärkeres
Glühen im gewogenen Porzellantiegel in metallisches Silber übergeführt
und dieses gewogen. Sollte Salzsäure mit übergegangen sein, so wird
das Destillat nochmals über Borax destiüiert, welcher die Mineralsäure,
nicht aber die Blausäure, zurückhält, so daß jetzt sicher ein salzsäurefreies
Destillat erhalten wird.
Kachweis der Blausäure neben Blutlaugensalz.
Enthält eiu Untersuchimgsobjekt das nicht giftige gelbe Blutlau gen salz,
so findet sich bei der Destillation aus weinsaurer Lösung Blausäure im Destillate
vor. Bei einem Versuche mit einer f/oigen Blutlaugensalzlösung bei Gegenwart von
nur 003 g AVeinsäure gingen reichliche Mengen Blausäure ins Destillat über. Auch
beim Einleiten von Kohlensäure in die wässerige heiße Lösung des gelben Blutlaugen-
salzes wird, schon bei Wasserbadtemperatur (bei 75"), Blausäure frei. Um zu-
nächst auf Blutlaugensalz zu prüfen, wird ein Teil des mit Wasser angerührten ur-
sprünglichen Untersuchungsobjektes abfiltriert und das Filtrat mit F erri chlor id-
lösuug und Salzsäure versetzt; entsteht hierbei ein Niederschlag von Berlinerblau, so
ist Blutlaugensalz vorliauden. Um neben Blutlaugensalz unzweideutig freie Blausäure,
respektive Kalium- oder Natriumcyanid ^) nachzuweisen, destilliert man das Unter-
suchungsobjekt mit nicht zu wenig Natriumkarbonat; hierbei wird, selbst bei
längerer Destillation, über freiem Feuer nur Blausäure aus den einfachen Cyani-
den, nicht aber aus Blutlaugensalz frei!
Nachweis von Quecksilbercyanid.
Das stark giftige Quecksilbercyanid liefert bei der Destillation aus wein-
saurer Lösung, nur bei Vorhandensein größerer Mengen des Cyanids, ein blausäure-
haltiges Destillat; z. B. gibt hierbei das Destillat aus 100 cm'^ einer 17oigen Quecksilber-
cyanidlösung deutliche Berlinerblaureaktion. Liegen jedoch nur geringe Mengen
des Cyanids in stark verdünnter Lösung vor (z. B. 100 cm^ einer 001"/oigen Lö-
sung), so geht, selbst bei der Destillation aus stark weiusaurer Flüssigkeit, keine Spur
Blausäure über; fügt man aber einige Kubikzentimeter frisches Schwefelwasserstoff-
wasser hinzu und destilliert von neuem, so tritt eine vollständige Zersetzung des
Quecksilbercyauids ein und das Destillat enthält Blausäure.
Nachweis von Quecksilbercyanid neben Blutlaugensalz.
Der oben angegebene Nachweis der Blausäure aus den einfachen Cyaniden neben
Blutlau gensalz läßt sich nicht für das Quecksilbercyanid anwenden, da aus
diesem bei der Destillation, selbst in gesättigter Natriumkarbonatlösung und bei län-
gerem Kochen, keine Spur Blausäure frei wird. Destilliert man aber bei Gegenwart von
nicht zu wenig Natriumbikarbonat und einigen Kubikzentimetern frisch be-
') Nicht al)er Quecksilbercyanid.
Der Nacliwcis dor Gifte ;uif cboniiscliciii Wege. 687
reitctcn. starken Seh wefcl Wasserstoff wassers, so wird mir aus dem Queck-
silltercyaiiid, nicht aber aus dem Blutlaugensalz Hlausäure frei. Auf diese Weise läßt
sich die Blausäure von ganz kleinen Menjrcn (^)ue cksill)erc van id neiien viel
Blutlaugcnsalz hestiniint nachweisen, z. B. UUl .</ HglCN).^ i" lUU c;//-' einer lO'Voigen
Blutlaugensalzlösung. Bei der direkten Destillation von gelbem Blutlaugensalz mit
Seh wefelwasserstoffw asser, also olme Zusatz von Natriumbikarbonat, geben rcicblicbe
Mengen von Blausäure ins Destillat über.
Karbolsäure.
Die Karbolscäure, CßHs.on, übt im konzentrierten Zustande aiit
die Bestandteile des menschlichen Körpers, insbesondere auf Eiweili und
rrotoplasmai>ebilde, eine koagulierende und abtötende Wirkung aus. Sie ist
daher ein Ätzmittel von bedeutender Stärke. Außer dieser lokalen Wirkung
kommen ihr auch resorptive Wirkungen zu. und zwar äußert sie besonders
Affinitäten zum Zentralnervensystem, zum (ichirn und Kückenmark, die sich
bei Tieren zuerst als heftige Ivciznug, Steigerung- der Krrcgbarkeit , wie
bei Strychnin, dann durch Lähmung- zu erkennen geben. lieim Menschen
tritt das Reizungsstadium meist sehr zurück. Bei chronischer Vergiftung
durch mehrfache Applikation kleinerer Dosen Karbolsäure äußern sich die
resorptiven Wirkungen auch in Degeneration der Niere und Leber. Karbol-
säure wird vom menschlichen Organismus sehr rasch resorbiert, und
zwar geht die Resorption von der äuiieren Haut, vom ]\Lagendarmkanal,
von Wunden und von den Respirationsorganen aus gut vor sich. Sie geht
im menschlichen Organismus durch Paarung mit saurem schwefelsaurem
Kalium in phenolschwefelsaures Kalium:
KO — SO, — 0;H + HO Cß H5 = H. O + KO — SO, — OCß H,
und, falls größere Mengen Phenol einverleil)t wurden, durch Paarung mit
Glukuronsäure, HOOC. (CH.0H)4. CHO , auch in Phenolglukuron-
säure über. Ein wesentlicher Teil der Karbolsäure wird innerhalb des
Organismus zu den Dioxybenzolen Brenzkatechin, CßHiiOH).^, (1-2) und
Hydrochinon, C6H4(OH)2, (P4) oxydiert, die dann ebenfalls eine Syn-
these mit Schwefelsäure eingehen und als ätherschwefelsaure Salze im Harn
erscheinen. Durch die weitere Oxvdation des Hvdrochinons zu gefärbten
Produkten (Chinon V) ist die meist dunkle Färbung des ..Karbolharns"
bedingt. Manchmal ist bei Karbolvergiftung schon der frisch gelassene Harn
stark dunkel nämlich dunkelgrün bis schwarz gefärbt, in anderen Fällen er-
scheint der Harn zunächst bernsteingelb und färl)t sich erst beim Stehen an
der Luft immer stärker. Liegt Verdacht auf eine \'ergiftung mit Karbolsäure
vor, so muß demnach auch der Harn der betreffenden Person chemisch
untersucht werden. Ein „Karbolharn- ist, im (Gegensatz zum normalen
menschlichen Harn, fast fi-ei von ..Sulfatschwefelsäure" '), die auch
präformierte Schwefelsäure genannt wird, und gibt daher, mit über-
schüssiger Essigsäure und mit Baryumchlorid versetzt, keinen oder nni-
') Das ist die in Form von schwefelsauren Salzen im Harn vorkommende
Schwefelsäure.
688 W. Autenrieth.
einen sehr geringen Niederschlag von Barvumsulfat. Fügt man alsdann
zum klaren Filtrate einige Kubikzentimeter konzentrierte Salzsäure und
kocht auf, so entsteht meist ein reichlicher Niederschlag von Baryum-
sulfat, indem durch die Mineralsiiure die Phenolschwefelsäure in Phenol
und Schwefelsäure gespalten und die letztere nun als Barvumsulfat aus-
gefällt wird. Normaler Menschenharn enthiilt erheblich mehr ..Sulfat-
schwefelsäure" (A-) als ,. Ätherschwefelsäure" (B-Schwefelsäure); durch-
schnittliches Verhältnis von A-:B-S04 = 10: 1 ; ein normaler Harn gibt
daher in essigsaurer Lösung mit Baryumchlorid einen reichlichen Nieder-
schlag von Barvumsulfat.
Verteilung der Karbolsäure im menschlichen Körper nach
erfolgter Vergiftung mit tödlichem Ausgange.
C. Bischofs) fand in den Leichenteilen eines Mannes, der nach Ein-
nahme von Ibcm^ Acid. carbolic. hquefact. nach 15 Minuten gestorben
war, die Karbolsäure wie folgt verteilt. Die Organe sind hierbei ganz
frisch zur Untersuchung gelangt , und zwar wurde vom klagen nur wenig
übersandt. Es wurden abgeschieden
aus 242^ Magen- und Darminhalt 0*171(7 Phenol
„ 112^ Blut 0-028^ . „
„ 1480^ Leber 0-637^ „
„ 322^ Niere 0*201 r/ .,
,, 1445(7 Gehirn 0*314^^ „
Bischoff wandte hierbei die Destillationsmethode an und destillierte
mit Wasserdämpfen so lange über, bis eine Probe des letztaufgegangenen
Destillates mit Bromwasser keinen Niederschlag mehr gab. Dieser Ver-
giftungsfall zeigt, wie rasch die Karbolsäure resorbiert wird und
wie rasch ihre Überleitung in die verschiedenen Organe erfolgt.
Wie rasch die Karbolsäure resorbiert wird, geht auch daraus
hervor, daß der Harn schon V4 Stunde nach Aufnahme derselben, per os
oder subkutan , deuthche Karbolreaktion gibt ; die größte Menge der
resorbierten Karbolsäure ist nach 4 — 5 Stunden ausgeschieden. Schaff'er
(Journal f. prakt. Chemie, Neue Folge, 18, 282 [1878]) fand die gepaarte
Schwefelsäure des Harns genau im Verhältnis des aufgenommenen Phenols
vermehrt
Über die Menge Phenol, die bei der Fäulnis von Eiweißstoffen
entsteht, findet sich in der Literatur eine Angabe von E. Bauniann^),
der angibt, daß aus 100g frischem Pankreas und 100g nassem Fibrin
bei Gegenwart von 2ö0 cm^ Wasser und bei sechstägiger Fäulnis 0*073 bis
') C. Bischof, Über Verteilung von Giften im Organismns des Menschen in Ver-
giftuugsfällen. Ber. d. Deutschen ehem. Gesellsch. 16. 1337 (1883).
*) E. Baumann, tfber die Bildung von Phenol bei der Fäulnis von Eiweißkörpern.
Ber. d. Deutschen ehem. Gesellsch. 10. 685 (1877) und Zeitschr. f. physiol. Chemie. I.
61 (1877).
Der Nachweis der Gifte au) cliemischcm Wege. 6g9
0-078^ Tribromplienol , entspreehciid ()-02()(S bis 0-022// riiciiol. oiiialton
werden. Die .urölUe Menge der bei der Fäulnis der Eiweilistoffe gebildeten
flüchtigen Phenole besteht ans p-Kresol.
Nachweis der Karbolsänre.
Karbolsänre destilliert mit WasserdiimpfVn verliiUtnismiil'jig leicht
über; es ist aber ein längeres Destillieren notwendig, um die letzten An-
teile derselben überzutreiben. Karbolsäui'e gibt sich in den meisten Fällen
schon durch ihren eigenartigen (ieiMich zu erkennen. Liegen gröHere
Mengen derselben vor, so schwimmen in dem meist milchig trüben De-
stillate farblose oder rötlich gefärbte (")ltropteii , die sich in Kali- oder
Natronlauge Idar auflösen. Reine, wasserfreie Karbolsäure schmilzt bei 40"
bis 42" und destilliert zwischen 178" bis 1S2" über. Da bei der Fäulnis
von Eiweißstoffen (s. oben) geringe Mengen von Phenol und liesonders
von p-Kresol gebildet werden, so lassen sich daher in dem Destillate
von Leichenteilen, die schon stark in Verwesung übergegangen sind, fast
immer Spuren dieser beiden Phenole nachweisen ; ein solches Destillat aus
gefaulten Leichenteilen gibt fast immer die Millonsdw Probe und meist
auch eine Reaktion mit Bromwasser.
Zum Nachweise der Karbolsäure dienen die folgenden Reaktionen :
1. Ilillonsche Reaktion. Beim Erhitzen mit dem .V/7/o«schen
Reagens 1) färbt sich eine selbst nur Spuren von Karbolsäure enthaltende
Flüssigkeit rot. Ein Karbolwasser, das bei einer A'erdünnung von 1 : 100.000
nur 20 ^^^r/ Karbolsäure enthält, fäi'bt sich hierbei noch deutlich rot. Falls
nicht sehr verdünnte Phenollösungen vorUegen , tritt die Rottärhung schon
in der Kälte auf. Diese Reaktion ist zwar außerordentlich empfindlich,
aber nicht charakteristisch für Karbolsäure, da sehr viel aromatische
Stoffe, besonders einwertige Phenole und ihre Derivate sich gegen das
MiUonsche Reagens geradeso verhalten wie die Karbolsäure. /. B. die
drei Kresole, ferner die Salizylsäure 2) , p-Oxvphenylessigsäure . p-« >.\y-
phenylpropionsäure (Hydroparakumarsäure -9, Tyrosin. Auch eine wässerige
Anilinlösung färbt sich beim Erhitzen mit ..Mi Hon" dunkelrot.
2. Bromwasserreaktion, überschüssiges Bromwasser fällt noch aus
sehr verdünnten, wässerigen Phenollösungen einen gelblichweißen, kristal-
linischen Niederschlag, der im wesentlichen aus Tribromphenolbrom be-
steht. Sehr empfindliche Probe auf Karbolsäure: selbst bei einer Ver-
dünnung der Phenollösung von 1:50000 erhält man bei längerem Stehen
noch einen, zum Teil aus schön ausgebildeten Kriställchen bestehenden
Niederschlag.
1) über die Bereitung von MiUons Reagens vgl. don Al.scliiiitt ..l>io Bereitung
der Reagenzien", S. 813.
-) Salizylsäure geht mit Wasserdämpfen in Spuren uImt. wenigstens in einer
solchen Menge, daß sie im Destillate mit dem Millonsi-hcn Reagens nachgewiesen
werden kann.
^) p-Oxypheuy 1 essigsaure und lly dropa ra kunia r saure werden hei der
Eiweißfäulnis gebildet; sie sind aber mit Wasserdämpfen nicht flüchtig.
Abdurhaldüii, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 44
g90 ^^ • Autenrieth.
Auch Salizylalkohol (Saligenin), Saliz ylaldeh yd, Salizylsäure und
p-Uxybenzoesäure geben mit überschüssigem gesättigtem Bromwasser schon
in der Kälte quantitativ Tribromphenolbrom.
3. Eisenchloridreaktion. Stark verdünnte Eisenchloridlösung,
tropfenweise zugesetzt, färbt eine wässerige Phenollösung blau oder
blauviolett; auf Zusatz von Salzsäure oder verdünnter Schwefelsäure geht
die Färbung in Gelb über. Diese Probe ist nicht so empfindlich wie die
beiden erst angegebenen Reaktionen ; sie bleibt ganz aus , wenn Mineral-
säuren zugegen sind. Empfindlichkeit: etwa 1 : 1000.
4. Hypochlorit probe. Versetzt man eine wässerige Phenollösung
zuerst mit wenig Ammoniak, dann mit 2 — 4 Tropfen Chlorkalk- oder
Natriumhypochloritlösung und erwilrmt gehnde, so färbt sich das
Gemisch blau, bei sehr verdünnten Phenollösungen nach einiger Zeit grün
bis grünblau. F. A. Flückiger i) läßt zu der mit wenig Ammoniak ver-
setzten und in einer Porzellanschale befindlichen Phenollösung Bromdampf
zutreten.
Quantitative Bestimmungen des Phenols.
1. Gewichtsanalytische Bestimmung als Tribromphenol-
brom nach W. Autenrieth und Fr. Beuttel.^)
Diese Methode beruht auf dem Verhalten wässeriger Phenollösungen
gegen überschüssiges gesättigtes Bromwasser, durch welches das ge-
samte Phenol als Tribromphenolbrom, CRRjBriO (s. oben), gefällt
wird. Dieses ist, praktisch genommen, in kaltem Bromwasser unlöslich,
infolgedessen diese Methode der Bestimmung der Karbolsäure recht be-
friedigende Werte liefert.
Ausführung. Man bringt die wiisserige Phenollösung in eine geräumige
Glasstöpselflasche und versetzt sie allmählich und unter Umschütteln mit so
viel gesättigtem Bromwasser, daß die über dem Niederschlag stehende
Flüssigkeit rotbraun gefärbt erscheint und sich über der Flüssigkeit Brom-
dämpfe bemerkbar machen. Nun läßt man unter häufigem Umschütteln o bis
4 Stunden lang kalt stehen, sammelt alsdann den Niederschlag in einem
gewogenen Goochtiegel und trocknet ihn im Vakuumexsikkator über
Schwefelsäure bis zum konstanten Gewicht. Aus dem Gewicht des er-
haltenen Niederschlages berechnet sich der Phenolgehalt unter Zi^grunde-
legung der folgenden Gleichung:
Cü Hg Br^ 0 : Cg Hg OH = gefundene Menge Niederschlag : x.
(409-86) (94-05)
Da der Quotient 94-05 : 409-86 = 0-2295 ist , erfährt man die dem
erhaltenen Niederschlage entsprechende Menge Phenol durch Multiplikation
des Gewichtes des Niederschlages mit 0-2295.
») Pharmazeutische Chemie. S. 287 (1879).
^) W. Autenrieth und Fr. Beuttel, Über die Bestimmung des Phenols, Salicyl-
alkohols, der Salicylsäure etc. als Tribromphenolbrom. Archiv der Pharmazie. Bd. 248.
112 (1910).
Der Nachweis der Gifte auf chomischom Woge. QQ\
2. Maßanalytische Bestimmung nach Beckurts - Koppe-
schaar, i)
Verdünnte Schwefelsäure macht aus Bromkaliuni Drom wasserstoff-
säure (a) und aus bromsaurem Kalium Hromsäure ([i) frei; diese beiden
freien Säuren wirken dann unter Freiwerden von lii-oui nach v aufein-
ander ein:
a. 2 KBr -f IL, SO, = 2 HRr + K., S( ),.
ß.2KBr03 +H2S04 = 2IiBr(J3 + K^SO^.
•^•-^Br;03H-^^^^+^"^^>-
Versetzt man daher ein Gemisch der Lösungen von l'.romkalium und
bromsaurem Kalium mit verdünnter Schwefelsäure, so wird IJrom frei,
welches gleichzeitig vorhandenes Phenol in ein Gemenge von Tribrom-
phenol und Tribromphenolbrom überführt. Fügt man nun Jodkaliumlösung
hinzu, so wird nicht nur das im Überschuß vorhandene freie Brom,
sondern auch das eine labil gebundene I)romatom des Trihrompheuijlbroms
gebunden, so daß schließlich sämtliches Phenol als Tribromphenol ausfällt:
C, Hg Br3 ( )Br -f 2 K J = C^ H^ Brg ( )K -}- KBr + J,
Tribromphenolbrom Tribromphenolkalium.
Auf 1 Mol. Phenol kommen demnach (5 Atome Brom, wie
dies in der folgenden Gesamtgleichung zum Ausdruck kommt:
5KBr + KBrOj -f 6H2 SO4 + a, H5 . OH = C, E, Bt, . OH + 3HBr +
6KHS04-H3H.,0.
Erfordernisse für die Titration:
.1 T- 1 • 1 -ji- i.i-1^ 5KBr 59o6 . „-« i- i>
1. —- n-Kaliuml)romidlosung: enthalt ^^^^ g — — -— = o'9o6 a Iv Hr
100 o 100 100 ^
im Liter.
r. ] T- 1 • 1 , , , iKBrO, 16717 , „^^_ ,.,, ,^
2. — - n- Ivaliumbroniatlosimg: enthalt — — - — -ff = = ihlli // KlirOj
im Liter.
3. -— n-Natriumthiosulf atlösnng: enthält — Na., S, 0,, . TiH, 0 7 = 24'83 (7 im
10 ^ 10-'*'
Liter.
4. Eine Jodkali umlösung mit 12.')//K.J im Liter.
Ausführung. In eine gut verschließbare Glasstöpselflasche bringt
man 25 cm^ der witsserigen Phenollösung, z. B. Destillat, je öO cw» der
tttt: n-Kaliumbromid- und n-Kaliumbi-omatlösung sowie ö cm ^ reine kon-
zentrierte Schwefelsäure und schüttelt einige Minuten kräftig durch. Hierbei
tritt ganz allmählich eine Opalisierung der Flüssigkeit ein. die unter Ab-
scheidung von Tribromphenol und Tribromphenolbrom alsi)ald zunimmt: der
Überschuß an Brom macht sich erst nach einigen .Minuten durch Eintritt der
gelben Farbe bemerkbar. Nach weiteren lö Minuten fügt man zum Gemisch
') JI. Beckurts, Üher die quantitative Bestimmung der Carbolsäure als Trihroin-
phenol. Archiv d. T'harmazio. Bd. 24. 562-572 (1886).
44*
692 W. Autenrieth.
10 cm^ der Jodkaliumlösiing' hinzu, schüttelt um und titriert das hierbei
freigewordene Jod nach kürzerem Stehen mit — n-Natriumthiosulfatlösuno-.
Berechnung. Aus der Mischung von je 1000 c«?» der -r^ n - Kali-
, .-, 1 1 T' 1- 1 .,•• 1 6 Grammatome Brom
umbromid- und r^ n-lvahumbromatlosung werden —
6 X 79"96
= —TT — = 4-7976^ Brom frei und somit aus je 50 cm'^ der beiden
Lösungen 0-23988 g Brom ; dieses Brom kann nach der Proportion
6Br: CeHgOH = 0-23988 : x
479-76 : 94-05 = 0-23988 : x (x = 0-04704)
0*04704 g Phenol in Tribromphenol überführen.
1 cm3— n-Natriumthiosulfatlösung entspricht 0-012697^ Jod
und diese Jodmenge wiederum 0*007996 g Brom. Diese Menge Brom ist
aber imstande, nach der Proportion (siehe oben)
6 Br : Cg H5 OH = 0-007996 : x
479-76 : 94-05 = 0-007996 : x (x = 0-00157)
0-00157 g Phenol in Tribromphenol überzuführen. Man muß demnach
für jeden cm^ —- n-Natriumthiosulf atlösung, der bei der Titration des aus-
geschiedenen Jods verln-aucht wird, von den 0-04704(7 Phenol 0-00157.9'
abziehen, um die Menge Phenol zu erfahren, welche in der ursprünglich
abgemessenen Phenollösung (25 cm^) vorhanden war.
Für die Bestimmung der Phenole (Phenol + p-Kresol) im
Harn arbeitet man nach der jodometrischen Methode von J. Messinger und
G. Vortmann ^ ), welche von Kassier und Fenny 2) für den Harn ausge-
arbeitet wurde.
Chloroform.
Verhalten im menschlichen Organismus. Beim Einatmen
aufgenommenes Chloroform geht aus der Atemluft zunächst ins Blutplasma
und von hier aus in die roten Blutkörperchen über, in welchen es in
relativ großen Mengen aufgespeichert Averden kann. Beim Durchleiten von
Luft wird das Chloroform aus dem Blute wieder völlig ausgetrieben. Nach
Pohl (vgl. R. Robert, Intoxikationen) vermag Blut 0-62°/o Chloroform zu
binden. Drei Viertel von dieser Menge Chloroform sitzt in den roten Blut-
körperchen. Auf der Höhe der ungefährlichen Chloroformnarkose betrug
der Chloroformgehalt des Blutes nur 0-035Vo- — Die Besorption des
Chloroforms erfolgt von allen Körperstellen aus. Infolge der Ileizwirkung
*) J. Messinger undi G. Vortmann, Über eine neue Klasse von jodierten Phenolen.
Berichte d. Deutsch, ehem. Ges. 22. 2312 (1889) und 23. 2753 (1890).
-) A. Kassier, Über eine maßanalytische Bestimmung der Phenole in Harn.
Zeitschr. f. physiol. Chem. 17. 117 (1892).
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 693
auf die Schleimhäute der Respirations\ve<^e erklären sich einige der Stö-
rungen, welche zu Beginn der Chlorofoi-ninarkose vorkommen können, wie
Husten, Speichelflul), reflektorische Atmungs- und Ilerzschlagvcrlangsamung.
Die Gefäße überlebender Organe werden durch Chloroform schon in
kleinen Dosen durch Lähmung erweitert. Entsprechend dei- LäJimung des
Gehirns sinkt der Blutdruck ; auch das Herz arbeitet schwächer und lang-
samer. — Von verschiedenen Forschern ist die Einwirkung des einge-
atmeten Chloroforms auf den Stoffwechsel des Menschen und der Tiere
untersucht worden. Diese Untersuchungen haben eigeben, daß der Haiii
nach länger dauernder Chloroformnarkose, infolge des vermehrten Eiweili-
zerfalls, eine Steigerung der Stickstoffausscheidung zeigt; ferner ist der
neutrale Schwefel und der Chlorgehalt des Harns vermehrt. Die
Steigerung des letzteren ist wohl, wenigstens zum Teil, auf die rniwand-
lung des Chloroforms in Chlorid zurückzuführen. Auch die Azidität de.s
Harns ist stark vermehrt; endlich zeichnet sich der Chlorofoi-ndiarn durch
einen hohen Gehalt an reduzierend wirkenden Substanzen aus. — Der
gesteigerte Eiweißzerfall unter dem Einflüsse der Chloroformnarkose be-
zieht sich nicht mir auf Vorratseiweiß, sondern auch auf Organeiweiß. So
erklärt sich wohl die bei länger oder öfter wiederholter Narkose eintretende
Degeneration der roten Blutkörperchen, der drüsigen (Jrgane, des Her-
zens etc.
Chloroform wirkt als Antiseptikum. Bei geeigneter Konzentration
des Chloroforms in der Luft oder in einer Flüssigkeit gelingt es, isolierte
tierische und pflanzliche Zellen, wie Leukozyten, Flimmerzellen.
Hefezellen, Algen, Sporen zu lähmen, und zwar vorübergehend oder dau-
ernd. So erklärt sich die Anwendung des Chloroformwassers. d. h. der etwa
P/oigen Lösung des Chloroforms in Wasser, als Antiseptikum. Will man
z. B. tLirn konservieren, so fügt man etwas Chloroform zu; ebenso weini
man Enzymwirkungen studieren, aber Bakterienwirkungen ausschließen will.
Aber nicht alle Mikroben werden unter der Einwirkung des Chloroform-
wassers gelähmt oder abgetötet.
Verteilung des Chloroforms in der Leiche. Nach Unter-
suchungen von Pohl und Hans Meyer bieten die ro.'ten Blutkörperchen
und die Gehirnsubstanz noch die größte Wahrscheinlichkeit. Chloroform
finden zu lassen. Der Magensaft enthält nach einer Inhalation wenig,
der Harn aber höchstens Spuren von unverändertem Chloroform. Nach
der Chloroformnarkose von 15 Personen hat man lomal in deren Harn
gar kein Chloroform und nur 2mal Spuren desselben vorgefunden.
Der Nachweis des Chloroforms als solches in der Leiche
ist nach Kobcrt bisher überhaupt nur ausnahmsweise geglückt, da das (üft
im menschUchen Organismus zum Teil in Chlormetalle übergeführt, zum
Teil mit der Exspirationsluft schnell wieder ausgeatmet wird. Der Chloro-
formnachweis in der Einatmungsluft der Patienten gelingt in der Kegel
noch 24 Stunden nach der Narkose. Die Itetention des Chloroforms soll
nach Büdinger durch den Schleim der Ilespirationswege zustande kommen.
694 W. Autenrieth.
Nachweis des Chloroforms.
Chloroform geht mit Wasserdämpfen leicht über und findet
sich daher in dem zuerst aufgesammelten Destillate aus einem Unter-
suchungsmaterial vor. Bei Vorhandensein größerer Mengen scheidet sich
Chloroform im Destillate in Form schwerer, farl)loser Öltröpfchen aus;
liegt nur wenig Chloroform vor, so bleibt es in der wässerigen Flüssigkeit
gelöst, die dann den charakteristischen Geruch und süßlichen Geschmack des
Chloroforms annimmt. Chloroform wird im Destillate durch die folgenden
Reaktionen nachgewiesen :
1. Isonitrilreaktion. Beim Erhitzen einer chloroformhaltigen
Flüssigkeit mit 1 bis 2 Tröpfchen Anilin und mit wässeriger oder alko-
holischer Kalilauge entsteht Phenylisonitril (CeHgNC), das an seinem durch-
dringenden, widerlichen Gerüche leicht erkannt wird. Eine sehr empfind-
liche Probe, mittelst deren sich ein Teil Chloroform, in 6000 Teilen Alkohol
gelöst, noch sicher nachweisen läßt (Ä. W. Hofnumn).
Bemerkungen. Chloral, Bromal, Bromoform, Jodoform und Tetra-
chlorkohlenstoff geben ebenfalls die Isonitrilprobe.
Zu beachten ist ferner, daß beim Kochen von Anilin mit Kalilauge allein, also
ohne Chloroform, ein eigenartiger aromatischer Geruch auftritt, der freilich mit dem
höchst widerwärtigen Gerüche des Phenylisonitrils nicht gut verwechselt werden kann.
In zweifelhaften Fällen stelle man eine Kontrollprobe an, indem man wenig
"Wasser mit einem Tropfen Anilin, einer Spur Chloroform und Kalilauge erwärmt und
dann den hierbei auftretenden Geruch mit dem fraglichen Gerüche der eigentlichen
Probe vergleicht.
2. Besorzinreaktion von Schwarz.'^) Löst man etwa 0"1 g Besor-
zin in 2 cm'^ Wasser, fügt einige Tropfen Natronlauge sowie eine chloro-
formhaltige Flüssigkeit hinzu und erhitzt alsdann zum Sieden, so färbt sich
das Gemisch gelbrot und zeigt selbst noch bei starker Verdünnung eine
schöne gelbgrüne Fluoreszenz.
Chloral, Bromal, Bromoform und Jodoform geben die gleiche Reaktion.
3. Naphtholreaktion yon Lustr/arten.^) Löst man einige Centigramm
a- oder ß-Naphtol in 1 bis 2 cni^ starker Kalilauge (1 : 2), erwärmt auf
etwa 50« und fügt nun eine Chloroform enthaltende Flüssigkeit hinzu, so
färbt sich das Gemisch blau oder mehr blaugrün; diese Färbung, die bei
Verwendung von ß-Naphthol weniger beständig ist, geht an der Luft erst
in Grün, dann in Braun über. — Beim Ansäuern der blauen Flüssigkeit
fällt ein ziegelroter Niederschlag, nämlich ein Gemenge von Naphthol und
einem roten Farbstoff aus.
Chloral, Bromal, Bromoform und Jodoform geben ebenfalls die Lust-
gartensche Naphtholreaktion.
4. Beduktionsproben.
a) Eine wässerige Chloroformlösung reduziert beim Erwärmen die
Fehlmgsche Lösung unter Ausscheidung von Kupferoxydul.
*) Schwarz, Fresenius'' Zeitschr. f. analyt. Chem. 27, 668.
-) S. Lustgarten, Über den Nachweis von Chloroform, Jodoform und Naphtol in
tierischen Flüssigkeiten und Organen. Monatshefte f. Chemie. 3. 715 (1882).
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 695
b) Erwärmt man ein Gemisch aus Silbe rni trat lösunir. über-
schüssigen Ammoniak und wässeriger Chloroformlüsung, so scheidet sich
schwarzes metallisches Silber aus.
Diese Keduktionsproben sind selbstverständlich für C'hlorotorni nicht
charakteristisch, da ja viele flüchtige organische Stoffe, wie Ameisen-
säure und Aldehyde, die unter Umständen auch in Destillaten von
Leichenteilen vorkommen können . die Fc/ilui(/sche Lösung sowie eine
ammoniakalische Silbernitratlösung ebenfalls reduzieren.
'!->
Quantitative Bestimmung des Chloroforms in Leichen-
teilen.
Eine abgewogene Menge der betreffenden Leichenteile wird erst mit
weinsäurehaltigem Wasser angerührt, dann so lange destilliert, bis eine
kleine Probe des zuletzt aufgesammelten Destillates die Isonitrilprobe nicht
mehr gibt. Das Destillat wird zur Bindung etwa vorhandener, freier
Salzsäure zuerst mit einer Spur Kalziumcarbonat versetzt, dann wird durch
diese Flüssigkeit unter Erwärmen auf etwa 60'' ein Strom gewaschener
Luft gesaugt, diese durch ein lebhaft glühendes \'erbrennungsrohr geleitet
und die hierbei entstandenen Verbrennungsprodukte in einer Silliernitrat-
lösung, die mit Salpetersäure angesäuert ist, aufgefangen: das hierlx-i
gefällte Chlorsilber (N) gelangt zur ^Yägung.
Berechnung : 8 Ag Cl : CH Cl, = N : x.
Diese Bestimmung beruht auf der Zersetzung des Chloroforms in
Chlorwasserstoffsäure, Kohlenoxyd und Ameisensäure, wenn es mit AN'asser-
dampf auf über 200" erhitzt wird:
C HCI3 + H, 0 =r C 0 -H 3H Cl und C H CI3 + 211., U = 11 C ( ) ( » II + :'. H Cl.
Durch eine Reihe blinder ^'ersuche hat B. Fischer^) gezeigt, dali
Magen, JNLageninhalt und Blut nicht chloroformierter Tersonen unter diesen
Umständen keine flüchtigen Chlorverbindungen liefern. Nach dieser Methode
isiiid B. Fischer in der Leiche eines Arbeiters, der während der Chloro-
formnarkose verstorben war, die folgenden Mengen Chloroform :
In 985 (/ Magen samt Inhalt und in Teilen des Darms 001 // Chloroform
„ 780 ^ Lunge, Blut aus dem Herzen O'Oöö //
„ 445 (/ Teilen von Milz, Niere, Leber Spuren „
„ 480 g Gehirn 0-07 g
Die Hauptmenge des Chloroforms hat sich also in der (Jehirn-
masse und im Blute vorgefunden.
Chloralhydrat.
Chloralhydrat, CCI3 . CH (OH)., bildet farblose, durchsichtige,
trockene, luftbeständige Kristalle, die sich in Wasser, Weingeist nml
1) Jahresbericht des ehem. Untersuchnngsamtes der Stadt lireshiu fiir die Zeit
vom I.April 1894 his 31. März 189ö.
696 ^V- Autenrietb.
Äther leicht, in Chloroform, Schwefelkohlenstoff und fetten Ölen weniger
leicht lösen. Chloralhydrat riecht stechend und schmeckt schwach bitter.
Es destilliert aus einer mit Weinsäure angesäuerten, wässerigen Lösung
nur äußerst langsam mit Wasserdämpfen über, so daß schon eine längere
Destillation notwendig ist, um erheblichere Mengen von Chloralhydrat in
das Destillat überzuführen. Chloralhydrat findet sich als solches im De-
stillate vor; destilhert man das Untersuchungsmaterial bei alkalischer
Eeaktion. so enthält das Destillat kein Chlorhydrat, wohl aber aus diesem
hervorgegangenes Chloroform.
Nachweis des Chloralhydrats.
Chloralhydrat gibt die gleichen Reaktionen wie das Chloro-
form, also die Isonitril-, Resorcin- und die Lustgartensche a-Naphtholprobe,
nur fehlt dem chloralhydrathaltigen Destillat der charakteristische Chloro-
formgeruch, der freilich in stark verdünnten wässerigen Chloroformlösungen
kaum wahrzunehmen ist. — Im Unterschiede zu Chloroform gibt Chloral-
hydrat die Al'dehydreaktion mit Nesslers Reagens. Man versetzt das
zu prüfende Destillat mit einigen Tropfen iVess/erschem Reagens und
schüttelt um: ist das Destillat chloralhydrathaltig, so entsteht jetzt ein
gelbroter, nach einiger Zeit schmutzig gelbgrün werdender Niederschlag.
Liegt nicht zu wenig Chloralhydrat vor. so kann es in der Weise
nachgewiesen werden, daß man das erhaltene Destillat mit etwas gebrannter
Magnesia versetzt und dieses Gemisch etwa eine halbe Stunde am Rück-
flußkühler im kochenden Wasserbade unter häufigem Umschütteln erhitzt;
vorhandenes Chloralhydrat wird nach der Gleichung:
2CCI3 . CH (0H).3 + MgO = 2CHCI3 + (HC()0)oMg + H^O
in Chloi'oform und Ameisensäure zerlegt.
Man sucht nun die beiden Bestandteile der Reaktion, das Chloroform
und die Ameisensäure, nachzuweisen, indem man einige Kubikzentimeter
von der Flüssigkeit abdestilliert und das Destillat mit Hilfe der Isonitril-,
Resorcin- und Naphtholprobe auf Chloroform prüft. Den Destillationsrück-
stand aber filtriert man ab, dampft das Filtrat auf einige Kubikcentimeter
ein und macht daraus zur Prüfung der Ameisensäure zwei Teile. Den einen
Teil erwärmt man mit einigen Tropfen Quecksilberchloridlösung; bei Vor-
handensein von Ameisensäure wird weißes Quecksilberchlorür gefällt; den
anderen Teil erhitzt man mit wenig Silbernitratlösung, aus welcher me-
tallisches Silber als schwarzer Niederschlag gefällt wird, wenn das Filtrat
Ameisensäure enthalten hat.
Verhalten des Chloralhydrats im Tierkörper.
Nur eine sehr kleine Menge des innerlich eingenommenen Chloral-
hydrats geht als solches in den Harn über; bei weitem der größere Teil
desselben wird im menschlichen Organismus in eine gepaarte Glukuron-
säure, in die linksdrehende Urochloralsäure C3H11CI3 O3 umgewandelt,
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. H97
die mit dem Harn ausgeschieden wird (r. Merun/ und Musculus V). P>eim
Erwärmen mit verdünnten Säuren wird die Urochloralsäui-e in Trichlo-
äthylalkohol und die rechtsdrehende Glukuronsäure hydrolytisch «^espalton:
CsHjiCy), + H2O = CCI3 . Clh . OH + H()()C"(CH0H),COH.
Urochloralsäiire Trichlorätliylalkohiti ( llukiintiisaiire
Urochloralsäure muß nach diesem \'erhalten bei der Hydrolyse als
eine Trichloräthylgiukuronsäure aufgefaßt werden. Sie reduziert in der
Wärme Silberlösung sowie alkalische Kupfer- und Wismutlüsung. Der
C'hloralharn verhält sich demnach in mancher Hinsicht wie der Zuckerharn,
nur ist er im Unterschiede zum letzteren stark linksdrehend.
Quantitative Bestimmung des Chloralhydrats in Blut uinl (i i-w eben n;irli
C. Archangelshy. '-)
Das betreffende Ausgangsmaterial wird mit dem gleichen Gewicht 207o'g<^r Phos-
phorsäure 12 — 20 Stunden lang destilliert; ist das Destillat trübe oder gelb gefärbt, so
wird die Destillation wiederholt. Das Destillat wird hierauf, behufs vollständiger Spal-
tung des Chloralhydrats in Chloroform und Ameisensäure, mit 50 cm'-^ Natronlauge ver-
setzt, dann auf dem Wasserbade bis auf etwa 20 cni^ eingeengt. Hierauf wird genau
neutralisiert und mit überschüssiger Quecksilberchloiidlösung etwa (> Stunden lang auf
dem Wasserbade erhitzt; das gefällte Queeksilbcrchlorür wird schließlich gewogen. Bei
Zusatz bekannter Mengen Chloralhydrat zu Blut und Organen ergab das Verfahren be-
friedigende Werte. ^Mittelst dieser Methode hat Archangelskj/ ermittelt, daß sich Chloral-
hydrat im Blute nicht gleichmäßig verteilt und in erster Linie in den Blutkörperchen
enthalten ist. Im Gehirn ist zu Beginn der Narkose weniger Chloralhydrat vorhanden
als im Blut; hält aber die Narkose längere Zeit an, so wird das Gehirn prozentual
chloralreicher als das Blut. Ferner hat Ärchangelsicij die Menge Chloralhydrat bestimmt, die
im Blut vorhanden sein muß, wenn Narkose eintreten soll; beim Hunde muß 003— 0'05*',o
Chloralhy'drat im Blute enthalten sein; bei einem Gehalt des Blutes von 0'12*','(, trat
Respirationsstillstand ein.
Jodoform.
Jodoform, CHJ3, bildet glänzende, hexagonale Blättchen oder Tafeln
oder ein feines, kristallinisches Pulver von zitronengelber Farbe und von
durchdringendem, etwas safranartigem Gerüche. Der Schnielzi)unkt liegt
annähernd bei 120<'. Es ist fast unlöslich in Wasser, löslich in TU Teilen
kaltem, in ungefähr 10 Teilen siedendem Weingeist und in 10 Teilen Äthei"
auch von Chloroform wird es reichlich gelöst. Beim Erhitzen von Jodoform
entwickeln sich violette Dämpfe von Jod.
Nachweis des Jodoforms.
Jodoform destilliert mit Wasserdämpfen ziemlich leicht über und
liefert ein milchig weißes, trübes Destillat von charakteristischem Gerüche.
*) V. Mering und Musculus, Über einen neuen Körper im Chloralharn und
V. Mering, Zur Kenntnis der Reduktionsprocesse im Tierkörper. Berichte der Deutsch,
ehem. Gesellsch. 8. 662 (1875) und 15, 1015) (1882).
2) C. Archaugelskij, tJber die Verteilung des Chloralhydrats uiul Acetons im Orga-
nismus. Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 46. 347 (1901 ).
698 ^^- Autenrieth.
Zum sicheren Nachweis des Jodoforms schüttelt man das aufgesammelte
Destillat mit Äther aus und läßt den Ätherauszug- freiwillig verdunsten.
Liegen mehr als Spuren von Jodoform vor, so hinterbleibt es in Form
mikroskopisch kleiner, gelblich gefärbter, hexagonaler lUättchen. Zur
Identifizierung mit Jodoform löst man den Verdunstungsrückstand , falls
er jodoformähnlich riecht, in wenig warmem absolutem Alkohol und führt
mit dieser Lösung die folgenden Reaktionen aus:
Reaktion von Lustgarten. ^)
In einem kleineren, engen Reagenzglase erhitzt man sehr wenig
Phenolkaliumlösung, d. i. eine Auflösung von kristallisiertem Phenol in
Kalilauge, mit 2 — 8 Tropfen der alkoholischen Lösung des Verdunstungs-
rückstandes ganz gelinde über kleiner Flamme. Bei Anwesenheit von Jodo-
form bildet sich am Boden des Reagenzglases ein roter Beschlag , der in
einigen Tropfen verdünnten Alkohols mit karminroter Farbe löslich ist.
Man führe ferner die Resorzin- und die I so nitril -Probe aus
(vgl. Chloroform).
Nitrobenzol.
Nitrobenzol, CgllgNOa, bildet eine gelblich gefärbte, stark licht-
brechende, nach Bittermandelöl riechende Flüssigkeit vom Siedepunkt 209"
bei IßOmm; in verdünnter wässeriger Lösung schmeckt es ausge-
sprochen süß.
Nitrobenzol gehört zu den stark giftig wirkenden Substanzen. Beim
Menschen ist der Tod schon nach Einnahme sehr kleiner Mengen Nitro-
benzol eingetreten, nämlich nach innerlicher Aufnahme von 20, ja sogar
von nur 7 — 8 Tropfen des Giftes. Freilich ist andrerseits nach viel größeren
Gaben völlige Wiederherstellung von der Vergiftung beobachtet worden.
Auch durch Einatmen von Nitrobenzoldampf sind Vergiftungen mit
tödlichem Ausgange zustande gekommen. Nitrobenzol hat in den letzten
Jahren besonders als Abortivmittel eine gewisse Rolle gespielt. Nitrobenzol
ist ein Blutgift, indem es verändernd auf das Blut einwirkt, welches
unter Gestaltveränderung und Lösung der roten Blutkörperchen eine
schokoladebraune Farbe annimmt. Das Blut verliert dabei die Fähigkeit,
Sauerstoff aufzunehmen. Der Sauerstoffgehalt des Blutes von durch
Nitrobenzol vergifteten Personen soll bis unter P/o sinken können, wo-
durch Tod unter Erstickung herbeigeführt wird. Das Blut gesunder Per-
sonen enthält etwa 17 Volumprozente Sauerstoff. Im Nitrobenzolblut
scheint kein Methämoglobin vorhanden zu sein ; bei der spektroskopischen
Untersuchung eines derartigen Blutes ist neben den beiden Oxyhämoglobin-
streifen noch ein besonderes , zwischen C und D gelegenes Absorptions-
band gefunden worden {Filehnescher Nitrobenzolstreifen). Wahr-
^) <S^. Lustgarten, Über den Nachweis von Chloroform, Jodoform und Naphtol in
tierischen Flüssigkeiten und Organen. Monatsh. f. Chemie. 3. 715 (1882).
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 699
scheinlich eine Folge der schworen Löslichkeit ist für das Gift eine be-
stimmte Inkubationszeit notwendig-, donn nach innerlicher Darreichung
des Nitrobenzols bis zum Eintritt der (Jiftwirkun;^- verstreichen in der
Regel 2—3 Stunden. In einem Falle kam bei einer Frau, die zu AlM)rtiv-
zwecken 10 Tropfen Mirbanöl genommen hatte , erst 8 Stunden nach Ein-
nahme des Giftes eine Giftwirkung zum Ausbruch, nämlich Bewußtlosig-
keit und Cvanose.
Ein Teil des aufgenommenen Nitrobenzols geht in den Harn über;
Anilin scheint aus demselben im Organismus nicht zu entstehen. Hämo-
globin oder Methämoglobin sind l)ei Nitrobenzolvcrgiftung im Mensclien-
harn nur ausnahmsweise gefunden worden, wohl aber findet sich manchmal
ein brauner Farbstoff im Harn vor. Der Xitrobenzolharn reduziert die
Fehlingsche Lösung, ist nicht gärungsfähig und deutlich liuksdrehend.
Vielleicht enthält er eine gepaarte Glukuronsäure.
NachAveis des Nitrobenzols.
Alle Organe und auch der Harn riechen bei Nitrobenzolvcrgiftung nach
dem Gifte. Zum chemischen Nachweis des Nitrobenzols destilliert man die
betreffenden Organe mit Wasser. Nitröbenzol destilliert hierbei ziemlich
leicht über und scheidet sich im Destillate in Form von gelblich gefärbten,
charakteristisch riechenden Öltröpfchen aus, die in Wasser untersinken.
Zum sicheren Nachweis des Nitrobenzols reduziert man es zu Anilin und
weist dieses nach. Zu dem Zwecke schüttelt man die ausgeschiedenen ( )1-
tröpfchen oder, falls die Trennung derselben von der wässerigen Flüssig-
keit nicht möghch ist, das Destillat direkt mit zwei oder drei Stückchen
Zink oder wenig granuliertem Zinn und einigen Kubikzentimetern konzen-
trierter Salzsäure so lange , bis der Geruch nach Nitröbenzol verschwunden
ist, versetzt die vom überschüssigen Metall abgegossene salzsaure Lösung
mit Kalilauge im Überschusse, schüttelt das hierbei frei gewordene Anilin
mit Äther aus und läßt die in einem Scheidetrichter abgetrennte Atlier-
lösung eindunsten. Die zurückbleibenden ()ltröpfchen löst man unter l'm-
schütteln in Wasser auf und prüft diese Lösung mit Chlorkalklösung und
mit Hilfe der Isonitrilprobe auf Anilin (vgl. dieses).
Anilin.
Anilin, CV, H, .NH.,, bildet eine farblose, öHge, stark lichtbrechende,
eigentümlich aromatisch riechende und brennend schmeckende Flüssiirkeit,
die sich an der Luft alsbald gelb bis braun färbt, um schlielilich voll-
ständig zu verharzen. Siedepunkt 180". V(m Wasser wird Anilin nur
in geringer Menge (1:31) gelöst, dagegen löst es sich in jedem Ver-
hältnis in Alkohol, Äther, Benzol. Cldoroform und Schwefelkohlenstoff. Es
wirkt nicht auf Lackmus; die Anilinsalze reagieren sauer. Anilin ist ein
Gift von mäßig starker Wirkung. Kleinere Hunde sterben nach (Jaben von
lö—2g Anilin, die im Laufe eines Tages gegeben werden. Für den
700 ^^'- Autenrieth.
INIenschen ist die tödliche Dose noch nicht sicher festgestellt; 3 — 4(/
Anilin, anf einmal eingenommen, sollen schon sehr schwere ^'ergiftnngs-
erscheinungen hervorrufen. Die tödhche Dose liegt auf jeden P'all unter
20 g, denn an dieser Menge Anilin verstarb ein kräftiger Mann. Auch
durch Einatmen von Anihndämpfen können schwere, selbst tödhche Ver-
giftungen zustande kommen.
Anilin ist ein typischer Methämoglobinbildner, also ein Blutgift.
Daß Oxyhämoglobin durch Anilin in ^Nlethämoglobin übergeführt wird , läßt
sich im Pieagenzglase zeigen, indem man Blut mit einer wässerigen Lösung
von Anilin versetzt. Unter dem Einflüsse des Anilins erleiden die roten
Blutkörperchen eine Gestaltsveränderung und zerfallen zum Teil.
Durch den Zerfall der roten Blutkörperchen tritt eine Verminderung des
Gehaltes des Blutes an disponiblem Sauerstoff ein, so daß dieser nur
noch 5—10 Volumprozente beträgt, gegen 15 — SO^/o unter normalen Ver-
hältnissen. Bei durch Anilin vergifteten Personen ist also die Zahl der
roten Blutkörperchen stark vermindert, nicht aber die der weißen
Blutzellen.
Nach Untersuchungen von B. v. Engelhardf^) soll Anilin im mensch-
lichen Organismus zum Teil in Anilinschwarz oder in eine diesem
ähnliche , wasserunlösliche Verbindung umgewandelt werden . welche in
Form schwarzblauer Körnchen in jedem Blutstropfen und im Harn auf der
Höhe der Anilinvergiftung nachgewiesen werden kann. — Die Entgiftung
erfolgt in der Weise, daß das Anilin im Organismus erst zu p-Amido-
phenol, HO.CßH^.NHa (1*4), oxydiert wird, das sich, \\ie alle Phenole,
mit Schwefelsäure zu einer Ätherschwefelsäure, nämhch der p-Amido-
phenolschwefelsäure, HO .SOg.O. CgH^ .NH., (P4), paart, welche als
Alkalisalz durch die Niere ausgeschieden wird und dann im Harn er-
scheint. Zum Teil wird das durch Oxydation des Anilins entstandene
p-Amidophenol als gepaarte Glukuronsäure ausgeschieden. Auf der
Bildung dieser gepaarten Säure beruht wohl das meist beobachtete Pte-
duktionsvermögen des Anilinharns gegen Fchlingsche Lösung. In schweren
Fällen von Anilinvergiftung ist im Harn auch Anilin als solches aufge-
funden worden. Der Anilinharn ist meist stark dunkel gefärbt. Außer
den bereits angeführten Substanzen wurden im Harn bei AniUnvergiftung
ein dunkler Farbstoff, ferner Hämoglobin, Methämoglobin und
in reichlicherer Menge Urobilin nachgewiesen.
Nachweis des Anilins.
Als ziemlich schwache Base geht Anilin aus wein säur er Lösung
mit Wasserdämpfen zum Teil über, wenigstens in einer solchen Menge,
daß es im Destillate mit Hilfe der unten angegebenen Pieaktionen nach-
gewiesen werden kann. Will man das Anilin aus irgend einem Unter-
suchungsmaterial zwecks einer quantitativen Bestimmung mögUchst voll-
*) Beiträge zur Toxikologie des Auilins. Franz. Dissertation. Dorpat 1888.
Der Nachweis der Gifte uut chemischem Wege. 701
ständig- abdestillieren, so macht man das hetroffendc mit Wasser angerührte
Objekt mit Alkalihmge oder Natriuinkarbonatlösiing stark alkalisch und
destilliert es dann ab. Da Anilin in etwa 80 Teilen Wasser von lö" löslich ist,
können selbst erheblichere ^Mengen desselben im anfgesammeltcn Destillate
gelöst bleiben. Nur wenn größere Mengen Anilin vorhanden sind, kann es
sich in der abdestillierten Flüssigkeit in Foiin von öligen Tröpfchen ab-
scheiden. p]ine wässerige Anilinlösung, Anilinwasser, t'ärl)t Fichtenholz
und Holhmderraark intensiv gelb. Im Destillate wird Anilin durch die
folgenden lieaktionen erkannt:
1. Chlorkalkprobe. Man versetzt das Destillat trojjfenwei.se mit
wässeriger Chlorkalk- oder Natriumhypochloritlösung: bei Vorhandensein
von Anilin nimmt das Destillat eine violettblaue oder mehr purpurviolette
Färbung an, die aUmählich in ein schmutziges Piot übergeht. Fügt man
jetzt verdünnte, mit etwas Ammoniak versetzte wässerige Phenollösung
hinzu, so färbt sich das Gemisch schön blau. Die blaue Farbe ist recht
beständig. Empfindlichkeit : 1 : (56000.
2. Isonitrilprobe. Beim Erhitzen des Destillates mit einigen
Tröpfchen Chloroform und Kahlauge tritt der widerliche Geruch des Phenvl-
isonitrils auf, falls das Destillat Anilin enthält.
o. Bromwasser fällt einen fleischfarbenen Niederschlag aus, wenn
das Destillat anihnhaltig ist. Empfindlichkeit: 1:66000.
Schwefelkohlenstoff.
Schwefelkohlenstoff, CSo, bildet eine farblose, stark lichti)rechende,
charakteristisch riechende, in Wasser nur wenig lösliche Flüssigkeit:
über die Löshchkeit des Schwefelkohlenstoffes in Wasser w-eichen die An-
gaben in der Literatur weit voneinander ab. 1 1 Wasser löst bei 18 bis
14« 2-08 7 (Pagej, bei 15— 16» PSlf/ (Chancel, Parmentier), 2— 8r/
(CHndi), 3-4 — 4"52y fPeügot) Schwefelkohlenstoff. Mit absolutem Alkohol,
mit Äther, ätherischen und fetten Ölen läßt sich Schwefelkohlenstofi in
jedem Verhältnisse mischen.
Bei innerlicher Darreichung ist Schwefelkohlenstoff ein stark
wirkendes Gift, und zwar ein Blutgift, indem es insbesondere den
Zerfall der roten Blutkörperchen bewirkt. Auch beim Einatmen von
Schwefelkohlendämpfen können schwere Vergiftungserscheinungen auftreten.
Nachdem man früher angenommen hatte, daß Schwefelkohlenstoff ein
typischer Methämoglobinbildner wäre, haben Untersuchungen aus den
letzten Jahren ergeben , daß diese Annahme nicht richtig war. Schwefel-
kohlenstoff ruft schwere Schädigungen der roten Blutkörperchen mit
auftretender Hämolyse hervor: nach R. Kohcrt (Intoxikationen) wirkt es
infolge seiner LipoidlösUchkeit auf das Blut und das Zentralnervensystem
schädigend ein. In einem ähnhchen Sinne hat sich vor kurzem K. Ilanuscu ')
geäußert: Schwefelkohlenstoff ist ein starkes Blutgift, das eine Abnahme
1) Viertcljahrssclir. f. gerichtl. .Medizin etc. 30. 422 (l'JUä).
702 W. Autenrieth.
der Zahl der roten Blutkörperchen und des Hänioglobingehaltes derselben
nebst Leukozytose bewirkt.
Kachweis des Schwefelkohlenstoffes.
Schwefelkohlenstoff geht mit den Dämpfen des Wassers verhältnis-
mäßig langsam über. Bei fraktionierter Destillation kann man daher
auch die zweite und selbst die dritte Fraktion für den Nachweis von
etwa vorhandenem Schwefelkohlenstoff verwenden. Löst man beispielsweise
2 Tröpfchen Schwefelkohlenstoff in 100 cin^ Wasser auf und destilliert
40 cm^ davon ab, so kann man auch noch in den weiteren 10 cm^ Destillat
deutlich Schwefelkohlenstoff nachweisen. Geringere Mengen desselben bleiben
in dem wässerigen Destillate gelöst. Eine derartige wässerige Lösung
riecht nicht besonders stark nach Schwefelkohlenstoff. In dem Destillate
wird Schwefelkohlenstoff durch die folgenden Reaktionen erkannt:
1. Versetzt man eine Schwefelkohlenstoff enthaltende Flüssigkeit mit
einigen Tropfen Bleiazetatlösung, so entsteht weder ein Niederschlag,
noch macht sich eine Färbung bemerkbar (Unterschied von Schwefel-
wasserstoff) ; fügt man aber dann Kalilauge im Überschusse hinzu
und erhitzt zum Sieden, so wird schwarzes Bleisulfid gefällt. Sehr empfind-
liche Probe.
2. Ivhodanreaktion. Kocht man eine wässerige Lösung von Schwe-
felkohlenstoff einige Minuten mit starkem Ammoniak und wenig Alkohol,
so entsteht neben Schwefelammonium Rhodanamnionium; dampft man als-
dann auf dem Wasserbade auf etwa 1 oh^ ein und säuert mit Salzsäure
an, so färbt sich die Lösung mit einem Tröpfchen Eisenchloridlösung rot.
O'Ob g Schwefelkohlenstoff, die in l ciu^ Wasser gelöst sind, lassen sich
mittelst dieser Probe noch sicher nachweisen.
o. Xanthogenreaktion. Schüttelt man einige Kubikzentimeter eines
schwefelkohlenstoffhaltigen Destillates mit etwa dem dreifachen 'N'olumen
einer gesättigten Lösung von Ätzkali in absolutem Alkohol einige Mi-
nuten gut durch, säuert alsdann mit Essigsäure schwach an und fügt
1 — 2 Tropfen Kupfersulfatlösung hinzu , so entsteht zunächst ein braun-
schwarzer Niederschlag, der sich bald in gelbe Flocken von xanthogen-
saurem Kupferoxydul, CS(SCu)(OC2H5), umwandelt.
Quantitative Bestimmung des Schwefelkohlenstoffdampfes in
der Luft.
Durch Einatmen von schwefelkohlenstoffhaltiger Luft sind wiederholt
schwere chronische Vergiftungen zustande gekommen, und zwar wurden
bisher meist Arbeiter in Kautschukfabriken davon betroffen. Man hat daher
von verschiedenen Seiten die Grenze zu ermitteln versucht, bei welcher der
Gehalt der Luft an Schwefelkohlenstoff noch nicht schädigend auf die Ge-
sundheit von Personen wirkt. Ein Gehalt von O'o — 0*8 mc/ Schwefelkohlen-
stoff im Liter der eingeatmeten Luft bleibt ohne schädliche Folgen,
Der Nachweis der (üfte auf cliemischem Wege. 70P>
ein solcher von l'H mg im Liter bereitet nach mehreren Stunden leichte
Beschwerden. Bei i^-^mg CSg im Liter stellen sich die Beschwerden nach
etwa V'2 Stunde und bei 6 mg schon nach 20 Minuten ein; 10 mg im Liter
bewirken bereits Lähmungserscheinungen und mehrtätif^e Nachwirkungim.
Nach den Ergebnissen der verschiedenen Lhitersuchungen muli man die
gerade noch schädliche Grenze für Personen, die sich oft wochenlang in
einer Schwefelkohlenstoff enthaltenden Atmosphäre aufhalten müssen, auf
unter '6mg Schwefelkohlenstoff im Liter Luft ansetzen. Auf jeden
Fall darf in Fabrikräumen, in welchen mit Schwefelkohlenstoff gearbeitet
wird, dieser Höchstgehalt von 3 mg CS« im Liter Luft unter keinen I'm-
ständen überschritten werden. Da durch den Versuch festgestellt werden
konnte, dal» von dem eingeatmeten (nft 9'd — 96% unverändert mit der
Exspirationsluft wieder entweichen, so berechnet sich eine außerordentlich
kleine Menge Schwefelkohlenstoff als Ursache der Vergiftungserscheinungen.
Ausführung der Bestimmung.
Die quantitative Bestimmung des Schwefelkohlenstoff dampf es in
der Luft wird in der Weise ausgeführt, daß man 10 — 20 / der die Dämpfe
enthaltenden Luft durch gesättigte alkoholische KaUlauge, die sich in einer
Pellgotschen Kugelröhre befindet, hindurchführt, wodurch der vorhandene
Schwefelkohlenstoff quantitativ als xanthogensaures Kalium , CS (SK)
(OC2H5), gebunden wird. Nach l)eendigtem Durchleiten der Luft verdünnt
man den Inhalt der F(^ligotsc\ien Röhre mit 9f?/üigem Alkohol auf ein
bestimmtes Volumen, etwa auf 50 c;/?», milit eine ali(iuote Menge hiervon
ab, fügt Wasser hinzu, säuert mit Essigsäure schwach an, entfernt den
Säureüberschuß mit Natriumbikarbonat und läßt, nach Zusatz von empfind-
licher Stärkelösung, aus einer Bürette — n - Jodlösung bis zur bleibenden
Blaufärbung zufließen.
Das Jod führt das xanthogensaure Kalium nach der folgenden (ilei-
chung (I) im wesentlichen in Äthylxanthogendisulfid üi)er:
s.cs.oaHg
L i Ja + 2 K : S . CS . OC2 H5 = 2KJ + i
S . CS . OC, Hg
Nach E. Hupp und L. Krauss 1) wirkt Jod auf xanthogensaures Ka-
lium auch im Sinne der folgenden Gleichung (II) ein:
IL J., + 2 KS . CS . OC2 H5 + H2 0 = K, CS3 + 2 C, H, . ()H -h 2 HJ + S.
Wie aus diesen beiden Gleichungen ersichtlich ist, beanspruchen
beide Reaktionen die gleiche Menge Jod, nämlich auf 2 Mol. Xanthogenat
kommen je 2 Atome Jod. Das Jodbindungsvermögen wird also durch
diesen Doppelprozeß in keiner Weise beeinflußt, so daß er sich zur quan-
titativen Ermittlung von Xanthogenaten verwerten läßt.
*) E. Ihipp und L. Krauss, Die jodometrisrhe BcstimniunL' des Kupfers als Kupro-
xanthofieuat. Berichte d. Deutsch, chcin. Gesellsch. 35. 4157 (l'.Mi2).
704 ^^ • Auteiirieth.
Unter Berücksichtioimg der aufgestellten Gleichungen entsprechen
1000 cm^ — n-Jodlösung, -^ CS., g — 7-6 g Schwefelkohlenstoff.
Äthylalkohol.
Der Alkohol, C, H5 OH, wird von den verschiedensten Applikations-
stellen aus rasch aufgenommen, besonders leicht vom nüchternen Magen aus.
Von hier aus wird er reichlich resorbiert, während eine liesorption von
nicht flüchtigen, wässerigen Flüssigkeiten vom Magen aus sonst so gut
wie nicht erfolgt. Der resorbierte Alkohol gelangt ins Blut und verteilt
sich an alle Organe (vgl. Chloralhvdrat). Nach Versuchen an Hunden,
Füllen und erwachsenen Pferden beträgt der Gehalt des Blutes an Alkohol
bei tiefster Narkose 0*72°/ 0 5 aber schon bei einem Gehalte von 0'12°/o ist
Benommenheit vorhanden. Die Ansicht der Toxikologen geht auseinander
in der Frage, ob bei einer akuten Alkoholvergiftung die Verteilung des
Alkohols im Körper eine gleichmäßige sei oder ob der Alkoholgehalt des
Gehirns größer sei als der der anderen Organe. Die letztere Annahme findet
durch die chemische Analyse der Organe eines an akuter x\lkoholver gif-
tung gestorbenen Mannes eine Stütze. Die Leber dieses Mannes enthielt
0-21ö/o, das Gehirn 0-477o und das Blut O'^oVo Alkohol. Diese Zahlen
werden nur verständlich, wenn man annimmt, daß das Gehirn den Al-
kohol bindet. Aber auch die roten Blutkörperchen Innden den Alkohol
gerade so wie andere Narkotika.
Die Unsicherheit, die früher über das weitere Schicksal des Alkohols
im tierischen Organismus bestanden hat, ist jetzt durch eine Pteihe ein-
gehender Untersuchungen endgültig geklärt. Diese Untersuchungen haben
ergeben, daß durch die Haut gar nichts, durch die Niere höchstens
1 — l"5Vo und durch die Lunge 1-6 — 2Vo des aufgenommenen Alkohols
unverändert weggehen. Strassmann fand die Ausscheidung durch die
Lunge etwas höher, zu 5 — 6°/o, die durch die Niere zu UO — 2"5^ o- ^^ie
ganze übrige Alkoholmenge wird im mensclilichen Organismus verbrannt,
also zu Kohlensäure und AVasser oxydiert.
B. Fischer fand in den Leichenteilen eines Mannes, dei" höchstwahr-
scheinlich infolge Genusses allzu großer Mengen Branntweins gestorben war,
die folgenden Giengen iVlkohol:
in 2720 g Magen und Darminhalt . 30-6 g Alkohol
.. 2070 g Herz, Lunge, Blut . . . 10-9 g „
.. 1 820 g Leber, Niere 7-8 g
.. lo65 g Gehirn -^''^ g
Nachweis des Äthylalkohols.
Der Äthylalkohol geht mit Wasserdämpfen leicht über und findet
sich daher in den ersten Anteilen des aufgesammelten Destillats vor. Falls
nicht sehr geringe Mengen vorhegen, gibt sich der Alkohol im Destillate
durch seinen Geruch zu erkennen. Mit dem Destillate führe man die fol-
genden Reaktionen aus:
Der Nachweis der Gifte auf cIifiiiisclH'iii Wege. 70ö
1. Die Liehensche JodoformiJrohc ') Man crwiii-nit das Destillat
gelinde, anf etwa 40 — 50", fügt einige Knhik/entinieter wilsserige ,Iod-
Jodkaiiiunlösung oder ein Kriställchen .Jod sowie soviel Kaiilanfie liinzn.
daß die Flüssigkeit noch deutlieh gelb bis schwach bräunlich getilrbt er-
scheint; bei Vorhandensein von Alkohol scheidet sich sofort oder während
des Erkaltens ein gelblichweißer oder zitronengelber Niederschlag von
Jodoform ans. 15ei Spuren von Alkohol erfolgt die Ausscheidung des .NkIo-
fornis erst bei längerem Stehen. Picsonders das sich langsam ausscheidende
Jodoform kristallisiert schön in sechsseitigen Täfelchen und sechsstrahligen
Sternen.
Hemer kungeii. Die iieie^sche Jodoformprobe ist /war selii' ciiiiifiinllicli. alier
für Äthylalkohol nicht charakteristiscii, denn anch andere primäre Alkohole, aus-
genommen der Methylalkohol, sowie manche sekundäre Alkoliole, ferner Aldehyde. Kc-
tone, P'iSsigäther, Azetessigester, Milchsäure u. a. gehen mit Jod und Kalilauge eben-
falls Jodoform.
2. Die Berthelotsche Probe. Man schüttelt das Destillat mit
einigen Tropfen Benzoylchlorid ( Cr H5 . CO . Cl) und überschüssiger
lOVoig'^i' Natronlauge bis zum Veischwinden des stechenden (ieruchs des
Benzoylchlorid s tüchtig durch; enthält das Destillat Äthylalkohol, so macht
sich jetzt der aromatische Geruch des Benzoesäureäthylesters bemerkbar.
10 cm^ eines O'öo/oigen Weingeist lassen hierbei noch deutlich den Ester-
geruch erkennen.
3. Die Chrom säureprobe. Erwärmt man eine alkoholhaltige Flüssig-
keit mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure und 1- 2 Tröj)fehcn
einer sehr stark verdünnten Kaliumchromatlösung, so geht die ur-
sprünglich gelbrote Farbe des Gemisches in Grün über und gleichzeitig
macht sich ein Geruch nach Azetaldehyd i)emerkbar. Diese Probe ist
nicht eindeutig, da außer Weingeist viele andere organische Substanzen,
welche flüchtig und oxydierbar sind, die Chromsäure ebenfalls reduzieren.
4. Essigesterprobe. Erhitzt man ein (Temi.scli aus gleichen \'o-
lumen weingeisthaltiger Flüssigkeit und konzentrierter Schwefelsäure mit
einer Spur festen Natriumazetats, so macht sich der Geruch nach-Essig-
säureäthylester bemerkbar.
5. Vitalische Reaktion. Man läßt einige Kubikzentimeter des
fraglichen Destillats in einem Schälchen mit einem Stückchen festem Atz-
kali und o Tröpfchen Schwefelkohlenstoff kalt stehen. Ist der über-
schüssige Schwefelkohlenstoff größtenteils verdunstet, so fügt man einen
Tropfen Ammoniummolybdatlösung (1:10) liiii/u und säuert mit ver-
dünnter Schwefelsäure stark an. War das Destillat alkoholhaltig, so tritt
jetzt eine Potfärbung des Gemisches auf. Hei dieser l'rolie wird zuerst
xanthogensaures Kalium, SClOCa Hr,)(SK) , gebildet, das dann mit dem
Ammoniummolybdat die Rotfärbung gibt. dVolii^i" Alkohol gibt die Probe noch
recht schön. — Azetaldehvd und Azeton geben eine iilinlichc Färbung.
1) Adolf Liehen, tll)er Entstehung von Jodoform und Ainvendung dieser Keaktion
in der chemisclicn Analyse. Liebicis Ann. d. Chemie. Supplementlni. 7. 218 (1870).
A bdd i-haldeii , ]i;indbuc!i der bincherniBchen Arbeitsmethoden. V. 4.")
706 ^^ • Autenrieth.
II. Die Untersuchung auf solche organische Stoffe, die aus
saurer Lösung mit Wasserdämpfen nicht flüchtig sind.
Ein Teil der iirsprünt>iiclien. zur Untersuclumg- vorliegenden Substanz
wird zuerst gehörig zerkleinert, dann in einem geräumigen Kolben mit dem
doppelten bis dreifachen Volumen absolutem Alkohol innig gemischt und
mit so y\e\ Weinsäurelösung versetzt, dali die ^lischung nach dem Um-
schütteln deutlich sauer reagiert. Man vermeide einen größeren Über-
schuß von Weinsäure, da diese Säure aus wässeriger Lösung in Äther
übergeht und somit die Giftstoffe des Ätherauszuges der sauren Lösung
zu sehr verunreinigen könnte. Der betreffende Kolben wird mit einem zum
Rückfluß dienenden Kühlrohr (0"8 — 1 m lang) versehen und auf dem
Wasserbade unter häufigem ümschütteln 10 — 15 Minuten lang erhitzt.
Hat man größere Mengen von Leichenteilen mit angesäuertem Alkohol
auszuziehen, so verbindet man den die Leichenteile enthaltenden Glaskol-
ben mit einem senkrecht stehenden Lühicßchen Kühler, der als Rückfluß-
kühler dient. Der Inhalt des Kolbens wird erst nach dem Erkalten ab-
filtriert, damit etwa vorhandenes Fett sich möglichst vollständig abscheidet.
Der Rückstand auf dem Filter wird mit Alkohol ausgewaschen und das
erhaltene Filtrat, das sauer reagieren muß, in einer flachen Porzellan-
schale auf dem Wasserbade zum dünnen Sirup eingedunstet; diesen durch-
rührt man, je nach der Menge Rückstand, mit 100 — 200 cm^ und mehr
kaltem Wasser, wobei fast immer, besonders bei der Untersuchung von
Leichenteilen, Fett und harzige Stoffe in reichlicher Menge ausgeschieden
werden; die letzteren filtriert man ab und dunstet das Filtrat auf dem
Wasserbade wiederum zum dünnen Sirup ein, der nun mit absolutem
Alkohol gut verrührt wird; hierbei bleibt meist eine zähe oder schleimige,
mit der Zeit häufig pulverig werdende, weißliche Masse ungelöst, die aus
Eiweißstoffen, Albumosen (Pepton), dextrinartigen Stoffen, zum Teil auch
aus anorganischen Salzen bestehen kann, während die weinsauren Alkaloide
und die anderen organischen Giftstoffe sowie die künstlichen stark wir-
kenden Arzneistoffe in Lösung gehen. Je mehr absoluter Alkohol hierbei
genommen wird, desto vollständiger ist die Ausfällung derartiger Stoffe,
die den sicheren Nachweis der organischen Gifte mehr oder weniger
stören. Die abfiltrierte alkoholische Flüssigkeit wird wiederum auf dem
Wasserbade eingedampft, der bleibende Rückstand in etwa 50 cm^ Wasser
gelöst und die hierbei erhaltene Lösung, falls sie nicht ganz klar sein
sollte, nochmals durch ein angefeuchtetes Filterchen gegossen.
Auf diese Weise erhält man eine wässerige, sauer reagierende
Lösung der weinsauren Alkaloide und der anderen, hierher gehörenden,
stark wirkenden organischen Stoffe, eine Lösung, die von Eiweißstoffen,
Albumosen, Fett, harzigen Stoffen und von Farbstoffen nahezu frei ist.
Diese Lösung eignet sich vorzüglich für die Untersuchung auf organische
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 7O7
Gifte nacli dem Verfahren von Sias- Otto. '^) Man verwende stets die
größte Sorgfalt auf die Herstellung dieser wässerigen, wein-
sauren Lösung und sei ferner bestrebt, die Alkaloide und die an-
deren hierher gehörenden Stoffe im möglichst reinen Zustande
abzuscheiden, denn nur die reinen Stoffe geben eindeutige,
einwandsfreie Reaktionen, welche dann sichere Schlüsse
zulassen.
Die Untersuchung von IJier, Wein, Kaffee, Tee und anderen
Flüssigkeiten.
IJei liier, Wein, schwarzem Kaffee oder Teeaufguß, also bei
Genußmittehi, welche dem Gerichtschemiker häufig als Cberführungsstücke
zur Prüfung auf einen Giftgehalt vorgelegt werden, kann das ol)en an-
gegebene Verfahren wesentlich abgekürzt werden. In einem solchen Falle
wird das betreffende Untersuchungsmaterial, nötigenfalls erst mit wässe-
riger Weinsäurelösung angesäuert, in einer flachen Schale auf dem
Wasserbade eingedunstet, der Rückstand mit absolutem Alkohol gut
durchrührt und abfiltriert. Das Filtrat wird wiederum auf dem Wasser-
bade eingedunstet oder, falls größere Mengen zu verarbeiten sind, wird
der Alkohol aus dem Filtrate abdestilliert und der hierbei bleibende
Rückstand in lauwarmem Wasser gelöst. Die so erhaltene wässerige, wein-
saure, nötigenfalls filtrierte Lösung wird nach dem Verfahren von Sfus-
Otto untersucht.
Verfahren von Stas-Otto.
A. Die Untersuchung des Ätherauszuges der wässerigen, Weinsäuren
Lösung.
Man schüttelt die nach den obigen Angaben hergestellte wässerige,
weinsaure Lösung in einem Scheidetrichter mit nicht ganz der gleichen
Menge Äther einige ^lale tüchtig durch, läßt absitzen und trennt dann die
Ätherschicht von der wässerigen Flüssigkeit. Die letztere zieht man noch
ein zweites und drittes Mal mit neuen Mengen Äther aus, um die aus
saurer Lösung in Äther übergehenden Stoffe möglichst vollständig in dieses
Lösungsmittel überzuführen. Die sämtlichen Ätherauszüge vereinigt man
und läßt sie in einer trockenen Kochflasche 1 — 2 Stunden ruhig ab-
setzen, wobei sich meist noch einige Tropfen wässeriger Flüssigkeit ab-
scheiden. Die durch ein trockenes Filter abgegossene Atherlösung läi'it
man auf einer nicht zu großen Uhrschale, von etwa 8 — 10 rw Dnrchmesser.
bei gelinder Wärme auf einem vorher erwärmten Wasserbade (Flamme
auslöschen!) langsam eindunsten und untersucht einen Ikückstand. der
hierbei bleibt, nach den unten gemachten Angaben auf einen (Jehalt an
Giftstoffen. Man arbeitet am besten in der Weise, daß man die Uhrschale
*) Stas, t)ber die Auffindung und Krkeunung organischer Basen in Vergiftungs-
fällen. Ann. d. Cheni. u. Pharm. 84. 37U (1852).
45*
708 ^^- Autenrietli.
auf das warme Wasserbad stellt und den filtrierten Ätherauszug in dem
Maße darauf tropfen läßt, als der Äther verdunstet. Auf diese Weise kann
man selbst eine größere ^lenge der Ätherlösung auf einer verhältnismäßig
kleinen Uhrschale verdunsten, was noch den \'orteil hat, daß der meist
an und für sich schon geringe Verdunstungsrückstand für die einzelnen
Reaktionen leichter und vollständiger von der Schale losgelöst werden kann,
als wenn er auf einer großen Uhrschale verteilt ist.
Ein Rückstand, der beim Eindunsten des Ätherauszuges der wässe-
rigen weinsauren Lösung bleibt, kann alle diejenigen stark wirkenden
Stoffe enthalten, welche in Äther löslich sind und welche keinen ausge-
sprochenen basischen Charakter haben. Schwächere Basen, wie Antipyrin,
Coffein und Xarkotin lassen sich aus wässeriger weinsaurer Lösung wenig-
stens zum Teil mit Äther ausschütteln. Aon bekannteren giftig wirkenden
Stoffen können in dem A'erdunstungsrückstande der Ätherlösuug die folgen-
den Substanzen vorhanden sein:
Pikrotoxin Acetanilid
Colchicin Phenacetin
Cantharidin Salicylsäure
Pikrinsäure Veronal.
Die basischen Substanzen Antipyrin und Coffein finden sich nur
in Spuren im Ätherauszuge der weinsauren Lösung vor; die größte Menge
derselben geht in den Äther- oder Chloroformauszug der mit Natronlauge
oder Ammoniak alkalisch gemachton Fhissigkeit über. Ebenso findet sich
Colchicin hauptsächlich im Chloroformauszuge der mit Ammoniak
alkalisch gemachten Flüssigkeit vor.
Auch wenn von den vorgezeichneten Stoffen nicht einmal Spuren
vorhanden sind, hinterläßt der Ätherauszug der weinsauren Lösung meist
einen mehr oder weniger bedeutenden, meist schmierigen Rückstand . der
aus Weinsäure. Milchsäure, aber auch aus fettigen, harzigen und
färbenden Substanzen bestehen kann. Wenigstens trifft dies für die
Untersuchung von Leichenteilen meist zu. Auch manche Metallsalze, ins-
besondere Quecksilbercyanid ') und Quecksilberchlorid gehen aus
der wässerigen Lösung teilweise in Äther über.
Von dem erhaltenen Ätherrückstande bestimmt man das Aussehen,
unter L^mständen auch den Geschmack, weil man hieraus oft mit großer
Sicherheit sowohl auf das Vorhandensein, als auch besonders auf die Ab-
M Quecksilberc yauicl geht aus weinsaurer, nicht zu verdünnter Lösunsr
zum Teil in Äther über; z.B. werden aus 100 c;»^ einer O'l'Voigen Quccksilbercyanid-
lösung durch Äther nachweisbare Mengen des Cyanids ausgeschüttelt; die Extraktion
ist aber keine vollständige, denn die nach fünfmaliger Äusschüttlung mit Äther blei-
bende wässerige Flüssigkeit glitt noch starke Quecksilberreaktion. Aus einer 001 Zeigen
Lösung entzieht Äther keine Spur Quecksilbercyanid. Zum Nachweis des Cyanids ver-
setzt man den Ätherrückstand mit Schwefelammonium: Quecksilbersulfid w ird
gefällt und die abfiltrierto Flüssigkeit enthält Rhodanammonium. (Siehe unter
Blausäure.)
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 709
Wesenheit bestimintor Stoffe schlielicn kann. Ein stariv bitter schmecken-
der liückstand wird in erster Linie auf i'ikrotoxin sowie (!olchicin und. falls
er intensiv i^elb gefärbt ist, auch auf Pikrinsäure «'ingehcnder gejjriift.
Auch Veronal schmeckt bitter, ist aber farblos. Schmeckt ein Rückstand
nicht bitter, so kann man schon zum voraus mit einem hohen Grade von
Wahrscheinlichkeit angeben, dal) die erwähnten stark bitter sclnneckenden
Stoffe im Untersuchungsmaterial nicht vorhanden sind. Man wird dann den aus
dem Ätherauszuge erhaltenen Rückstand vorzugsweise auf Acctanilid.
Antipyrin. IMienacetin, Salizylsäure und andere liierlici- geh(irig;e,
nicht bitter schmeckende Stoffe untersuchen. Salizylsäure zeigt einen cha-
rakteristischen sülalichsauren, etwas kratzenden Geschmack.
Pikrotoxin.
Pikrotoxin, CgoHj^Oiä, der giftige I>estandteil der Kokkelskörner,
der P'rüchte von Menispermum Cocculus, kristallisiert aus heiliem
Wasser in langen farblosen, bei 199 — 200" schmelzenden Nadeln, die in
kaltem Wasser ziemlich schwer, in kochendem Wasser sowie in Alkohol
leichter löslich sind; von Äther wird es nur wenig, von Chloroform. Amyl-
alkohol und Eisessig aber reichlich gelöst. Die alkoholische Lösung reagiert
neutral und ist linksdrehend. Pikrotoxin schmeckt stark bittei-. — \'on
Säuren wird es nicht reichlicher gelöst als von reinem Wasser, wohl aber
von Kalilauge, Natronlauge und wässeriger Ammoniakflüssigkeit, und zwar
zu nicht kristallisierenden, unbeständigen, salzartigen Verbindungen. Starken
Basen gegenüber verhält sich also das Pikrotoxin wie eine schwache
Säure. Pikrotoxin wird schon durch Kochen mit der -JOfachen Menge
Benzol in Pikrotoxinin und IMkrotin gespalten, wobei das erstere in
Lösung geht, während das Pikrotin ungelöst bleii)t:
C30 H34 Oi3 = Ci5 H16 Oß + Ci5 H18 O-
Pikrotoxin Pikrotoxinin + Pikrotin.
Noch leichter erfolgt diese Spaltung des Pikrotoxins durch Chloroform.
Werden umgekehrt Pikrotoxinin und Pikrotin in molekularem \er-
hältnisse in heiUem Wasser gelöst, so kristallisiert beim Erkalten wieder
Pikrotoxin aus. Wird Pikrotoxin direkt odei- in wässeriger oder ätherischer
Lösung mit Brom behandelt, so wird es zunächst ebenfalls in Pikrotoxinin
und Pikrotin gespalten, nur wird das erstere sofort in Monobrompikro-
xinin, C15 Hjr.BrO,., , verwandelt, während das letztere fast unverändeit
bleibt. Mit Zinkstaub und Essigsäure kann das in Wasser schwer lösliche
Monobrompikrotoxinin wieder zu Pikrotoxinin reduziert werden. Pikro-
toxinin wirkt stark giftig, während Pikrotin nahezu ungiftig ist. Pikro-
toxin ist ein starkes Krampfgift, das in seiner Wirkung zwischen Ciku-
toxin und Strychnin stehen dürfte.
Nach R. Meyer und J'. Brnger^) ist Pikrotoxin keine atomistisi'h
konstituierte chemische Verbindung, .sondern ein Komplex der beiden.
*) R. J. Mcijcr und /'. lirugcr, Zur Kenntnis des Pikrotoxins. Berichte d. Deutsch.
choni. Gescllsch. 31. 2958 (1898).
710 ^^'- Autenrieth.
in bestimmtem, aber nicht molekularen Verhältnis zusammen kristallisieren-
den Verbindungen Pikrotin und Pikrotoxinin.
Reaktionen des Pikrotoxins.
1. Probe mit Fehlingscher Lösung. Löst man in einem Probier-
röhrlein Pikrotoxin in 10 — 20 Tropfen sehr stark verdünnter Natronlauge,
fügt einige Tropfen Fchlingsche Lösung ^) hinzu und erwärmt vorsichtig,
ohne umzuschüttein, mit kleiner Flamme, so trübt sich das Gemisch, und
es scheidet sich allmählich ein gelbroter oder roter Niederschlag von
Kupferoxydul aus. — Löst sich der Verdampfungsrückstand von der
Ätherlösung — von dem man nicht zu wenig nehme — in der ver-
dünnten Natronlauge nicht vollkommen klar auf, so gieße man die Lösung
durch ein angefeuchtetes Filterchen und untersuche das klare Filtrat mit
Fchhngscher Lösung.
2. Probe mit ammoniakalischer Silberlösung. Pikrotoxin re-
duziert beim Kochen eine mit überschüssigem Ammoniak versetzte
Silbernitratlösung unter Bildung eines schwarzen Niederschlages von me-
tallischem Silber; sind nur Spuren von Pikrotoxin vorhanden, so tritt eine
mehr bräunliche Färbung auf.
3. Pikrotoxin färbt sich mit wenig konzentrierter Schwefelsäure
orangerot und geht beim Umrühren mit rötlichgelber oder gelber Farbe
in Lösung. Läßt man in diese Lösung einen Tropfen einer Kali um di-
ch romatlösung hineinfallen, so umrändert sich der Tropfen schön rot-
braun und das ganze Gemisch nimmt infolge Vermischung der beiden
Flüssigkeiten alsbald eine schmutzigbraune Färbung an, die schließlich
bei längerem Stehen in Grün übergeht.
Erhält man bei dieser Probe nur die grüne Färbung, so beweist diese nichts,
denn es gibt viele organische Substanzen, welche Chromsäure zu Chromoxyd reduzieren
und infolgedessen eine Grünfärbung des Gemisches verursachen.
4. Pieaktion von Melzer.-) Übergießt man in einem Uhrschälchen
Pikrotoxin mit 1 — 2 Tropfen einer Mischung aus Benzaldehyd und
absolutem Alkohol und gibt vorsichtig 1 Tropfen konzentrierte Schwefel-
säure zu, so färbt sich das Pikrotoxin deutlich rot. Bewegt man das Schäl-
chen hin und her, so ziehen sich vom Pikrotoxin aus rote Streifen durch
die Flüssigkeit.
Man verwende für diese Probe eine frisch liereitete, 20'''oige Lösung von
Benzaldehyd in absolutem Alkohol; da nämlich Benzaldehyd schon mit Schwefelsäure
allein eine gelbbraune Färbung gibt , verdünnt mau ersteren mit Alkoliol , um diese
mehr oder weniger störende Färbung möglichst abzuschwäclien. Alsdann erscheint das
Gemisch hellgelb gefärbt, so daß sich in ihm die dunkelroten Farbentöne, welche das
Pikrotoxin hervori'uft, sehr schön abheben. Die rote Färliung des Pikrotoxins ist wenig
beständig; sie geht vom Rande aus allmählich in Blaßrot oder Violett über. —
') Die für diese Reaktion verwendete FehUiii/sche Lösung darf kein Kupfer-
oxydul abscheiden, wenn sie für sich erhitzt wird.
-) H. Melzer, Beiträge zur forensischen Chemie. Zeitschr. f. analyt. Chem. 37. 351
und 747 (1898).
Der Nachweis der Gifte auf clieraischem AVcge. 711
H. Kreis ^) liat <:cfuiideii, daß Cholostcarin und die IMiytost earin e mit dem Mclzrr-
schen Reagens ähnliche Färbungen gel)en wie das l'ikrotdxin. Veratrin gibt eine Rot-
färbung wie mit konzentrierter Schwefelsäure allein. Morphin gil)t sciiön rote bis
gelbrote Streifen bzw. solche Färbungen.
T). Reaktion von Lanf/lei/. Mischt man Pikrotoxin mit etwa clor
dreifachen Meiijjc Salpeter iniil durchfeuchtet das (Jemiscli mit konzen-
trierter Schwefelsäure, so färbt es sich mit überschüssitier konzentrierter
Natronlauge intensiv rot. Man befeuchte hierbei das I'ikroto.xin-Salpeter-
gemisch mit möglichst wenig konzentrierter Schwefelsäure.
Colchicin.
Colchicin, C22H25NO6, ein in allen Teilen der Herbstzeitlose, Col-
chicum autumnale, sich vorfindendes Alkaloid . bildet ein gelbliches,
amorphes, sehr stark bitter schmeckendes, stark giftig wirkendes
Pulver, das sich in Wasser, Alkohol und Chloroform leicht, in Äther und
Benzol weniger leicht und in Petroläther fast gar nicht löst. Die gelblich
gefärbten Lösungen des Colchicins i)esitzen nur sehr schwach basische
Eigenschaften; Colchicin läßt sich infolgedessen aus seiner wässerigen,
weinsauren Lösung mit Äther, besser mit Chloroform ausschütteln. Ks
kann aber der sauren Lösung nicht mit Benzol oder Petroläther entzogen
'ö
werden. Beim Eindunsten der Lösungen in Chloroform oder Äther hinter
ö"-
bleibt Colchicin als eine gelbliche, meist harz- oder firnisartige Masse
von klebriger Beschaffenheit. \'ollständiger ist die Extraktion des Col-
chicins, wenn es einer mit Ammoniak alkalisch gemachten wässerigen
Lösung mit Chloroform entzogen wird.
Beim Kochen mit schwefelsäurehaltigem Wasser wird Colchicin in
Colchicein und Methylalkohol hydrolytisch gespalten.
Die gleiche Spaltung erfolgt bei V/o — 2 Stunden langem Kochen des
Alkaloids mit 60 Teilen P/oiger Salzsäure:
C22 H25 NO, + H., 0 = C,, H23 NO, + CH3 OH
Colchicin Colchicein Methylalkohol.
L^mgekehrt entsteht aus Colchicein beim Erhitzen mit Natriuui-
methylat und Methyljodid auf 100' wieder Colchicin. Aus dem Colchicein
werden durch Jodwasserstoffsäure drei Moleküle Methyljodid abgespalten,
wodurch bewiesen ist, daß im Colchiceinmolekül. somit auch im Colchicin
drei Methoxylgruppen enthalten sind. Durch Erhitzen mit starker Salz-
säure geht das Colchicein unter Abspaltung von Essigsäure in Tri-
methylcolchicinsäure über; durch dieses Verhalten ist im Colchicein und
Colchicin eine Acetylgruppe (CH3CO) nachgewiesen. Die Formel des Col-
chicins, d.i. des Methylcolchiceins, lädt sich demnach in der folgenden
Weise auflösen:
(CH3 0)3 Cj 5 HaxcooCH,
') flans Kreis, Zur Kenntnis der Meherscheu Pikiotoxiiireaktion. ( licniiker-Zt«r.
23. 21 (1899).
712 "^V. Autenricth.
Reaktionen des Colchicins.
Die wässerigen Colchicinlösungen und besonders die Lösungen des
Colchicins in verdünnten Mineralsäuren sind gelb gefärbt. Versetzt man
eine wässerige, kaum gefärbte Colchicinlösung mit einigen Tropfen ver-
dünnter Salz- oder Schwefelsäure , so färbt sie sich mehr oder weniger
intensiv gelb. Zeigt der Verdunstungsrückstand der Ätherlösung dieses
Verhalten nicht, so wird auch Colchicin nicht zugegen sein.
1. Gerbsäurelösung fällt aus den nicht zu verdünnten, wässerigen
Colchicinlösungen einen weißen, flockigen Niederschlag. Selbstverständlich
ist diese Probe für Colchicin nicht charakteristisch.
2. Konzentrierte Salpetersäure von 1-4 spezifischem Gewicht
löst Colchicin mit schmntzigvioletter Farbe auf, die beim Umrühren alsbald
in Braunrot und schließlich in Gelb übergeht. Versetzt man die gelb ge-
wordene Löung mit verdünnter Natron- oder Kalilauge bis zur alkalischen
Eeaktion, so färbt sie sich schön orangegelb oder orangerot.
3. Konzentrierte Schwefelsäure löst Colchicin mit intensiv gelber
Farbe auf; fügt man zu dieser Lösung einen Tropfen Salpetersäure, so
färbt sie sich grün, blau, violett und schließlich blaßgelb. Ist die
letztere Färbung eingetreten , so ruft auch hier überschüssige Kalilauge
eine orangerote P'ärbung hervor. Erdmamis Reagens löst Colchicin mit
blauer bis violetter Farbe.
4. Konzentrierte Salzsäure löst Colchicin mit intensiv gelber
Farbe auf; versetzt man diese Lösung mit 2 Tröpfchen Eisenchlorid-
lösung und kocht sie in einem Probierröhrchen 2 — o Minuten lang, so
färbt sie sich dunkler und nimmt beim Erkalten, besonders aber beim
Verdünnen mit etwa der gleichen Menge Wasser, eine schön grüne oder
mehr olivgrüne Färbung an. Schüttelt man alsdann mit einigen Tropfen
Chloroform aus. so färbt sich dieses gelbbraun oder granatrot. während
die wässerige Flüssigkeit ihre grüne Färbung beibehält. — Reaktion von
Zeisel.
Reinigung des Colchicins vom \' e r d u n s t vi u g s r ü c k s t a n d e des Äther- oder
Chloroformauszuges.
Um das Colchicin aus dem gelb gefärbten Verdunstungsrückstande möglichst
rein zu ei'halten, zieht man diesen mit warmem Wasser aus, schüttelt die erkaltete,
filtrierte Flüssigkeit zuerst mit Petroläther, der nur fettige, harzige und färbende
Verunreinigungen, aber kein Colchicin aufnimmt, und alsdann mit Chloroform aus. Oder
man fällt das Colchicin aus der wässerigen, nicht zu verdünnten Lösung mit Gerb-
säure, wäscht den abfiltrierten Niederschlag mit kaltem AVasser aus, mischt ihn
noch feucht mit frisch gefälltem, ausgewaschenem Bleihydro.xyd und zieht die ein-
getrocknete und gepulverte Masse mit Chloroform aus. Letzteres hinterläßt dann beim
Eindunsteu das Colchicin in nahezu reinem Zustande , nämlich als gelbe , firnis-
artige Masse, welche die Reaktionen des Colchicins schön gibt.
Cantharidin.
Cantharidin, C10H12O4, ist die wirksame, blasenziehende Sub-
stanz der spanischen Fliege (Lytta vesicatoria), welche 0*8 — P/o davon
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 7];;
enthält. Cantharidin bildet farblose, glänzende, neutral reagierende, rhom-
bische lUättcheii, dio bei 218" schmelzen und bei stärkerem Erhitzen in
weißen Nädelchen subliniieren. In Wasser, selbst kochendem, ist es fast
unlöslich: Säuren, wie Weinsäure, erhöhen seine Löslichkeit in Wasser,
obgleich Cantharidin keine Base ist. Auch in kaltem Alkohol (()u;i:lüO
bei 18") und in Äther (0-11: 100) ist Cantharidin schwer löslich: am
reichlichsten wird es von Chloroform (1-52: 100), Azeton und Essigäther
gelöst. In dem offiziellen Petroleumbenzin ist es so gut wie unlöslich.
Nachweis des Cantharidin.s.
Viel Feuchtigkeit enthaltendes Untersuchungsmaterial, wie Teile von
Organen, z.B. Magen und Darm samt Inhalt, verdampft man erst auf
dem Wasserbade möglichst vollständig zur Trockne, kocht nun nach
Drarjendorf den trockenen und möglichst zerkleinerten Iiückstand mit
schwefelsäurehaltigem Alkohol wiederholt aus, versetzt die abfiltrierten
Auszüge mit etwa ^/g Volumen Wasser und destilliert den Alkohol aus
ihnen ab. Den Destillationsrückstand zieht man 2 — ;>mal mit Chloroform
aus , schüttelt die vereinigten Chloroformauszüge zur Entfernung von etwa
anhaftender Säure mit Wasser aus und destilliert aus ihnen das Chloro-
form ab, nachdem man die w^ässerige Schicht in einem Scheidetrichter
entfernt hat. In dem Rückstand, der hierbei bleibt, ist das Cantharidin
nachzuw^eisen. Da Cantharidin keine charakteristischen chemischen Reaktionen
hat, muß man zu seiner Identifizierung den physiologischen Versuch
anstellen. Falls der erhaltene Chloroformrückstand nicht schon Fettsubstanz
enthält, löst man ihn in einigen Tropfen heißem Mandelöl auf, tränkt
mit dieser Lösung ein Stückchen Leinwand und befestigt dieses mit Hilfe
von Heftpflaster auf dem Oberarm oder der Brust. Ist der erhaltene Rückstand
cantharidinhaltig, so tritt jetzt Rötung der Haut, unter Umständen auch
Pustel- oder Bäschenbildung auf derselben ein. 0"00014y Cantharidin ruft
noch Bläschenbildung hervor. Auch die cantharidinsauren Salze wirken
blasenbildend.
Will man im Blut, Gehirn, in der Leber und in anderem protein-
reichem Material Cantharidin nachweisen, so kocht man das Cntersuchungs-
material mit verdünnter Kalilauge (1^ KOH auf \bcm-^ Wasser) so lange
aus, bis eine gleichartige Masse entstanden ist. säuert hierauf mit ver-
dünnter Schwefelsäure an, kocht mit Alkohol tüchtig aus. versetzt die
abfiltrierten Auszüge mit etwa '/e Volumen Wasser und verfährt im
übrigen nach den obigen Angaben (E. Schmidt).
Cantharidin soll gegen Fäulnis beständig sein.
Pikrinsäure.
Pikrinsäure oder 2, 4. (i-Trinitrophenul. C, IL, (N< )..)3 Oll. kristal-
lisiert aus Wasser in hellgelben Blättern, aus Äther in zitronengelben
Säulen, schmilzt bei 122-50, jst in kaltem Wasser zieuüich schwer, in
heißem Was.ser sowie in Alkohol, .\ther und Benzol aber leicht löslich.
714 W. Autenrieth.
Die wässerige Lösung der Pikrinsäure reagiert sauer, schmeckt sehr
stark bitter und färbt tierische Faser echt gelb. Pikrinsäure ist ein
ziemlich stark wirkendes Gift, das innerlich eingenommen eine auf-
fallende Gelbfärbung erst der Konjunktiva, dann der gesamten Haut
bewirkt, eine Erscheinung, die man als Pikrinsäureikterus zu bezeichnen
pflegt. Wie die meisten Nitrokörper zersetzt auch die Pikrinsäure und
ihre Salze die roten Blutkörperchen unter Bildung von Methämoglobin.
Pikrinsäure ist also ein Blutgift; ferner wirkt sie als ein Krampf gif t,
indem sie durch Beizung des Zentralnervensystems Krämpfe hervorruft.
Eine dritte Wirkung beruht darauf, daß die Pikrinsäure in saurer Lösung
ein starkes Fällungsvermögen für Eiweiß besitzt, was sich besonders in
denjenigen Organen des Körpers, wo saure Beaktion auftritt, nämlich im
Magen und in der Niere, durch nekrotische Gewebsveränderungen be-
merkbar macht. Im Organismus wird Pikrinsäure zu Pikraminsäure,
Cß H-, (NOa)^ (NHo) OH, reduziert, die weniger Eiweiß fällend wirkt. Der
Körper entgiftet sich also dadurch, daß er die Pikrinsäure umwandelt. Lifolge
der Bildung der Pikraminsäure ist der Harn bei Pikrinsäurevergiftung hoch-
rot gefärbt. Ein Teil der Pikrinsäure geht unverändert in den Harn über.
Die Ausscheidung erfolgt langsam ; bei einem in der Literatur be-
schriebenen Falle (vgl. R. Kobert, Intoxikationen) dauerte die Ausscheidung
im Harn sechs Tage, nachdem lg Pikrinsäure auf einmal eingenommen
wurde. Der Harn war rubinrot gefärbt, klar, sauer, frei von Eiweiß und
Gallenbestandteilen. Auch im Kot ließ sich Pikrinsäure reichlich nach-
weisen.
Nachweis der Pikrinsäure.
Bei Gegenw^art von Pikrinsäure ist das Untersuchungsmaterial mehr
oder weniger gelb oder gelbgrün gefärbt: auch die wässerigen und
alkohohschen Auszüge sowie die Ätherlösung zeigen die gleiche Färbung.
Sind irgend welche Leichenteile zu untersuchen , so kocht man sie nach
dem Zerkleinern mehrere Stunden unter Bückfluß mit salzsäurehaltigem
Alkohol aus, um die Eiweißverbindungen der Pikrinsäure mögUchst voll-
ständig zu zersetzen und die Pikrinsäure in Lösung zu bringen. Die ab-
filtrierten alkoholischen Auszüge werden auf dem Wasserbade eingedampft,
die gelb, gelbgrün oder manchmal auch gelbrot oder rotbraun gefärbten
Bückstände mit warmem Wasser behandelt und die Auszüge abfiltriert.
Das Filtrat wird entweder direkt auf Pikrinsäure geprüft, oder es wird
in der üblichen Weise mit nicht zu geringen Mengen Äther wiederholt
ausgeschüttelt. Im Verdunstungsrückstand dieses Ätherauszuges sucht man
die Pikrinsäure durch die folgenden Beaktionen nachzuweisen :
1. Isopurpursäurereaktion. Eine wässerige Pikrinsäurelösung färbt
sich bei gelindem Erwärmen, auf etwa 50 — 60», mit einigen Tropfen einer
gesättigten wässerigen Cyankaliumlösung (1:2) durch entstandenes iso-
purpursaures Kalium tief rot. Eine Lösung von 1 w^ Pikrinsäure in bcm^
Wasser , also Verdünnung 1 : 50000 . färbt sich hierbei noch stark rot.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 71 ö
2. Pikraminsäiirereaktion. a) Er\v;\rmt man eirio rikrinsiiiirc-
lüsiinf? mit je 1 — 2 Tropfen Natronlauge uiul 'rraubenzuckerlösun«?. so
färbt sie sich dunkelrot. Ein Ühorschuli von Natronlauge niuli verniierlon
werden, weil diese mit Traubenzuckerlösung allein eine ähnliche Färbung
hervorrufen könnte, h) Oder man erwäiint die I'ikrinsäurelösung mit einigen
Tropfen Natronlauge und Schwefelammonium, wobei sie sich ebenfalls
rot färbt.
In beiden Fällen (a und h) wird die Pikrinsäure /.w rikramin-
säure, dem 4, ß-Dinitro-2-Aminoj)henol, reduziert.
Die Pikraminsäurereaktion wird durch Peimengungen von Fett
und anderen Verunreinigungen stark beeinträchtigt.
;>. Färbeversuch. Man bringt in die auf l'ikrinsäure zu prüfende
wässerige oder alkoholische Lösung je einen Faden weißer Wolle oder
Seide und Baumwolle, läßt die Fäden 6—12 Stunden und länger darin
liegen, nimmt sie dann heraus und spült sie mit Wasser gut aus. Bei Vor-
handensein von Pikrinsäure ist nur der Woll- oder Seidenfaden, nicht aber
der Baumwollfaden gelb gefärbt. Pikrinsiiure färbt nur tierische Faser,
nicht aber pflanzliche, also auch nicht Baumwolle.
Bei einer Verdünnung der Pikrinsäurelösung von 1 : 100000 färlit
sich Wolle noch deuthch gelb.
4. Versetzt man eine wässerige Pikrinsäurelösung mit einigen Tropfen
einer mit überschüssigem Ammoniak versetzten Kupfersulfatlösung, so
entsteht ein gelbgrüner, aus nadeiförmigen, hexagonalen Kriställchen
bestehender Niederschlag, der das Licht stark polarisiert.
Img Pikrinsäure, welches in 8 cm^ Wasser gelöst ist, gibt noch einen
solchen, aus Kriställchen bestehenden Niederschlag.
Acetanilid.
Acetanilid oder Antifebrin , Cß H^ .NH .CO.CH3 . kristallisiert aus
Wasser in farblosen, glänzenden, bei li:>— 114" schmelzenden Blättchen,
die geruchlos und von schwach brennendem Geschmacke sind. Ks löst sich
in 230 Teilen kaltem, in etwa 22 Teilen siedendem Wasser sowie in
;V5 Teilen Alkohol. In Äther und noch mehr in Chloroform ist es leicht
löslich. Alle Lösungen des Acetanilids reagieren neutral.
Beim Kochen mit Kalilauge, Natronlauge oder i'auchender Salzsäure
wird Acetanilid in seine Komponenten Anilin und Essigsäure hydrolytisch
gespalten.
Acetanilid besitzt als Abkömmling des Anilins giftige Eigenschaften,
die freilicli im Vergleich zur Muttersubstanz erheblich abgeschwächt sind.
B. Kohcrt berichtet in seinen ..Intoxikationen-' über veischiedene. freilich
nicht tödlich verlaufende Vergiftungen mit Acetanilid. Bei einem Studenten.
der das Mittel kaffeelöffelvollweise genommen hatte, kam es zu Benommen-
heit, Angst, stärkster Cyanose und Kleinwerden (\i.'^ Pulses. Trotz Ab-
führmittel und Analeptika (erregende Mittel) blieb für mehrere Tage große
716 ^V. Autonrieth.
INIattiiikeit zurück. Bei einem Manne, weldier 2 Tage hintereinander je 2-0 g
Antifebrin genommen hatte, kam fast das gleiche Vergiftungsbild zustande.
Reaktionen des Acetanilids.
Acetanihd läßt sich aus wässeriger, weinsaurer Lösung mit Äther
oder Chloroform vollständig ausschütteln.
1. Indophenolprobe. Wird Acetanilid in einem Probierröhrchen mit
etAva 4 cin^ rauchender Salzsäure tüchtig gekocht und die Lösung auf etwa
10 Tropfen eingedampft, dann nach dem Erkalten mit 2 — 4c>«3 gesättigtem
Karbolwasser versetzt, so ruft Chlorkalklösung, tropfenweise zugesetzt,
eine schmutzige rotviolette Färbung hervor, die beim Umschütteln meist
an Intensität zunimmt. Schichtet man vorsichtig Ammoniakflüssigkeit
darüber, so färbt sich die obere Schicht schön und beständig indigoblau.
Die indigoblaue Färbung ist nur in Verbindung mit der zuerst auf-
tretenden rotvioletten Färbung für Acetanilid charakteristisch, da
sich ja das Gemisch von wässeriger Phenollösung und einer Hypochlorit-
lösung, schon für sich allein, mit Ammoniak blau färbt.
Phenacetin gibt ebenfalls die Indophenolprobe.
2. Isonitrilprobe. Wird Acetanihd mit etwa öc;;^» alkohohscher
Kalilauge einige Miimten lang gekocht, nach dem Abkühlen mit 2 bis
o Tröpfchen Chloroform versetzt und nochmals zum Sieden erhitzt, so
macht sich der widerhche Geruch des Phenyhsonitrils bemerkbar. Kalilauge
spaltet hierbei das Acetanilid in essigsaures Kalium und Anilin, welches
mit dem Chloroform Phenylisonitril bildet.
o. Abspaltung von Anilin und Nachweis desselben. Man
kocht das Acetanilid einige Minuten tüchtig mit alkoholischer Kalilauge,
verdünnt mit Wasser, schüttelt das Anilin mit wenig Äther aus, läßt die
Ätherlösung eindunsten und weist das Anilin in der wässerigen Lösung
des öligen Rückstandes nach, und zwar mit Chlorkalklösung und mittelst
der Isonitrilprobe.
Untersuchung des Acetanilidharns.
Unverändert gebliebenes Acetanilid findet sich selbst nach großen Dosen
höchstens in Spuren im Harn vor. Es wird zum allergrößten Teil im
menschlichen Organismus im Benzolkern oxydiert und dadurch in aceti-
liertes p-Aminophenol umgewandelt, das sich, wie fast alle Phenole,
mit Schwefelsäure zu einer Ätherschwefelsäure , der Acetyl-p-Amino-
phenolschwefelsäure, CH3 .CO.NH.CgHi .O.SO, .OH, paart, die als
Alkalisalz mit dem Harne ausgeschieden wird.
Zum Teil wird auch eine gepaarte Glukuronsäure des Acetyl-
p-Aminophenols gebildet. Diese gepaarten ^^erbindungen geben beim Er-
hitzen mit konzentrierter Salzsäure p-Aminophenol, das sich mit Hilfe der
oben angeführten Indophenolprobe nachweisen läßt.
Kocht man einen „Acetanilidharn" (500 em^ und mehr) einige Minuten
mit konzentrierter Salzsäure, übersättigt hierauf mit Natriumkarbonat und
Der Nachweis ilcr Gifte auf chciuischcni Wege. 717
schüttelt nach dem Erkalten mit <i:rößen"ii Meiiiicii Atlicr wiedcrliolt aus,
so hinterläßt der Ätheraaszug beim Abdestiliiercii oder \cr(iun.sten das
p-Aminophenol meistens als ein rötlich bis bräunlich jrefärl)tes Ol,
dessen wässerige Lösung die Indophenolprobe sehr schön uibt.
Phenacetin.
Ph enacetin, p-Acetphen e tidin. cai.i ) . C„ II4 . Nil . CO . CH3 (r4),
bildet farblose, glänzende, geruch- und geschmacklose, bei 184 — l^'.ö"
schmelzende Kristallblättchen. Es löst sich in etwa 1400 Teilen kaltem
Wasser, in etwa 70 Teilen siedendem Wasser, sowie in 16 'i'eilen Alkohol.
Von Äther und Chloroform wird es reichlich gelöst. Seine Lösungen
reagieren neutral. — \'on Schwefelsäure wird es ohne Färbung gelöst.
Im Unterschied zum nahe verwandten Acetanilid gibt Phenacetin die
Isonitrilprobe nicht.
Reaktionen des Phenacetins.
Phenacetin geht aus wässeriger, weinsaurer Lösunu vollständig in
Äther und in Chloroform über.
1. Kocht man Phenacetin einige Minuten mit etwa Scw» konzentrierter
Salzsäure, verdünnt dann mit 10 cm'^ Wasser und filtriert nach dem
Erkalten ab. so nimmt das Filtrat auf Zusatz einiger Tropfen Chrom-
säurelösung allmählich eine rubinrote Färbung an. — Statt der Chrom-
säure kann als Oxydationsmittel auch starkes Chlor wasser verwendet
werden.
2. Indophenolprobe. Phenacetin in gleicher Weise wie Acetanilid
behandelt, gibt sehr schön die Indophenolprobe. Statt der Chlorkalklösung
kann für die Herstellung des Indophenols als Oxydationsmittel auch
starkes Chlorwasser oder eine ^Vo^^'t" Chrom Säurelösung Verwendung
finden.
3. Die Salpetersäureproben von W. Aufft/rirf/i und (}. llhishery.^)
flj Mit verdünnter Salpetersäure. Erhitzt manPhenacetin mit einigen
Kubikzentimetern verdünnter Salpetersäure (mit 10 12";o H^^'Oj) zum Sieden,
so geht es mit intensiv gelber oder orangeroter Farbe in Lösung : falls
diese Lösung hinreichend konzentriert ist. kristallisiert das entstandene
Mononitrophenacetin. CeHg (NO.,)(OC2H5)(NHCOCH3). beim Erkalten in
langen, gelben, bei 103" schmelzenden Nadeln aus. — Diese Probe ist
empfiiidhch und auch charakteristisch für Phenacetin, wenn es gelingt,
das Nitrophenacetin in Kristallen zu erhalten, von welchem dann der
Schmelzpunkt bestimmt werden kann. Die Probe kann auch zur Futer-
scheidung des Phenacetins vom Acetanilid und Antipyrin verwendet
werden, welche beim Erwärmen mit verdünnter Salpetersäure farblose
Lösungen geben.
') W. Aiitciiririh mid <J. Ifinslni-;/, Zur Kcnniiiis dos l'liciiacctins uml ül>or
m-Äthoxy-o-phenylcndianiiii. Airliiv d. i'hariii. 229. 45(j (IS'.ll).
718 W. Au teil riet h.
b) Mit konzentrierter Salpetersäure. Wird Phenacetin mit
einigen Tropfen konzentrierter Salpetersäure überpossen . so färbt es sich
gelb bis orangerot und geht mit gleicher Farbe allmähUch in Lösung:
beim Erwärmen löst sich das Phenacetin vollständig auf und beim Er-
kalten kristallisiert unter Umständen Nitrophenacetin aus.
Salicylsäure.
Salicylsäure, o-Oxybenzoe säure, HO.CßH^.COOH (1-2), kristal-
lisiert aus Wasser in langen, weißen, bei 157^ schmelzenden Nädelchen
von süßlich-saurem, kratzendem Geschmacke; die Säure ist lösüch in etwa
500 Teilen kaltem Wasser, in 15 Teilen siedendem Wasser, sowie leicht
löslich in Alkohol. Äther und in heißem Chloroform. Bei vorsichtigem
Erhitzen sublimiert Salicylsäure unzersetzt in feinen Xädelchen, in Spuren
schon auf dem Wasserbade; bei raschem Erhitzen zerfällt sie aber
teilweise in Phenol und Kohlendioxyd : C, H, (OH) COOH = Cß H^ OH -\- COg.
Konzentrierte Schwefelsäure löst die reine Salicylsäure ohne Färbung
und ohne Zersetzung auf. — Von den Salzen der Salicylsäure sind das
Blei- und das Silbersalz in Wasser schwer löslich. Bleiacetat fäUt daher
aus den neutralen Salicylatlösungen weißes, kristallinisches, in heißem
Wasser löshches Bleisalicylat, (HO. CgH^. CÜOloPb, das beim Erkalten
der heißen Lösung unverändert auskristallisiert. Silbernitrat fällt weißes
Silbersalicylat aus.
Reaktionen der Salicylsäure.
1. Eisen chloridprobe. Eine wässerige Lösung der Salicylsäure und
ihrer Salze färbt sich mit einigen Tropfen Eisenchloridlösung blauviolett,
in stärkerer Verdünnung mehr rotviolett. Auf Zusatz von Salzsäure geht
das Violett in Gelb über. Ein Überschuß des Pteagenses beeinträchtigt die
Empfindlichkeit der Probe.
Bei Anwesenheit von Mineralsäuren, Alkalilaugen oder Alkalikarbonat
bleibt die Beaktion aus.
2. Millofi^che Probe. Eine wässerige Salicylsäurelösung färbt sich
beim Erwärmen mit Millons Rea2:ens tief rot.
3. Brom wasserprobe. Überschüssiges Bromwasser fällt aus einer
selbst stark verdünnten, wässerigen Salicylsäurelösung einen gelblich-
^veißen, kristallinischen Niederschlag von Tribromphenolbrom,
Cß H, Brs . OBr.
4. Darstellung der reinen Säure und Bestimmung des
Schmelzpunktes. Liegt nicht zu wenig Salicylsäure vor, so löst man
den aus der Ätherlösung erhaltenen Verdunstungsrückstand in möglichst
wenig heißem Wasser auf, schüttelt die heiße Lösung mit wenig Blut-
kohle und läßt sie nach dem Filtrieren kristallisieren. Von den aus-
geschiedenen Kristallnadeln bestimmt man nach dem Trocknen den
Schmelzpunkt (157°).
Die Trennung der Salicylsäure von einfachen Phenolen.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem "NVege. 719
Die uiitor 1 bis 3 angefülirtoii Reaktionen lieweisen nur dann das Vorliandenscin
von Salicylsaure, wenn einfache rheuole wie Karbolsäure und die Kresole nicht
zugegen sind. Eine Trennung der Salicylsaure von den Phenolen iwuiii aber erzielt
werden, wenn man die in Frage kommende Substanz (Losung, Gemisch etc.) mit kalter
Natriumkarbonatlosung im Überschusse versetzt und die hierbei unverändert geltliebenen
Plicuole mit Äther ausschüttelt. Die Salicylsaure findet sich dann als Natriumsalz in
der wässerigen Lösung vor und kann nach dem Ansäuern mit verdünnter Salzsäure oder
Schwefelsäure mit Äther ausgeschüttelt werden.
Quantitative Bestimmung der Salicylsaure als Tribromplienol-
l)rom nach W. Äutenrieth und Beuttel^)
Man fällt die wässerige Lösung- der Salicvlsäure in einer (Ikis-
stöpselflasche mit gesättigtem Bromwasser im Üi)erschus.se unter Um-
schütteln vollständig aus, so daß die ül)er dem Niederschlage stehende
Flüssigkeit rotbraun gefärbt ist und läßt, unter häufigem Umschütteln,
12 — 24 Stunden lang kalt, am besten in einem Eisschranke, stehen. Den
Niederschlag von Tribromphenolbrom sammelt man alsdann im gewogenen
Goochtiegel und trocknet ihn im \'akuumexsikkator übei- Schwefelsäure bis
zum konstanten (Gewicht. Die dem erhaltenen Niederschlage entsprechende
Menge Salicylsaure erfährt man unter Zugrundelegung der folgenden Pro-
portion :
Cg Ho Br4 0 : C7 Hg O3 = gefundene Menge Niederschlag : x
(409-86) (158-05).
Nachweis der Salicylsäuie im Harn.
Salicylsaure geht im nienschliclieu Körper durch Paarung mit Glykoknll
zum Teil in Salicyl ursäure über, die nebst größeren Mengen unverändert gebliebener
Salicylsaure mit dem Harn ausgeschieden wird:
HO.CgH, .CO : OH + H :NH.CH2.COOH = H2Ü + HO.C\iH, .(.O.NH.CH,.CüOH
Salicylsaure GlykokoU = Wasser + Salicylursäure.
Ein solcher „Salicylharn" färbt sich mit Eisenchloridlösuiig violettblau.
Salicylursäure gibt wie die Salicylsaure die Eisenchloridprobe. Zur Spaltung in ilire
Komponenten muß die Salicylursäure etwa V2 Stunde mit rauchender Salzsäure unter
Rückfluß erhitzt werden.
Will man die unverändert gebliebene Salicylsaure aus einem Harn abscheiden,
so schüttelt man eine größere Menge Harn (500— 1000 c;«') nach dem Ansäuern
mit Salzsäure wiederholt mit Äther aus, trennt die Ätherschicht in einem Scbeide-
trichter und schüttelt sie alsdann mit überschüssiger Natriumkarbonathisung tüchtig
durch, wodurch die Salicylsaure in die wässerige Flüssigkeit übergeht. Aus dieser wird
nun durch Ansäuern mit Salzsäure die Salicylsaure wieder frei gemacht und mit Ätlier
ausgeschüttelt, der dann beim Verdunsten die Säure, meist schon kristallisiert, zurückläßt.
Zu ihrer weiteren Reinigung kann sie unter Zugabe von Tierkohle aus wenig heißem
Wasser umkristallisiert werden. Salicylsaure wird von allen Schleimhäuten rasch auf-
genommoii und rasch resorbiert. Für gewöhnlich beginnt die Ausscheidung der Salicyl-
saure durch den Harn in der ersten liallien Stunde und ist nach drei Tagen beendet.
1) W. Äutenrieth und Fr. Beuftel, Über die Bestimmung des Phenols. Salicyl-
alkohols und der Salicylsaure als Tribromphenolbrom. Archiv d. Pharm. 24N. 112(liHU).
720 W. Autenrietli.
Veronal.
Veronal, C-Diäthylbarbitur säure, C-Diäthylmalonylharu-
stoff, CsHiaOgNs, wird aus heißem Wasser in großen, farblosen, spieß-
artigen, bei 191" (korrigiert) schmelzenden Kristallen erhalten, die bei 'iO*»
in 146 — 147 Teilen, bei 100» in 15 Teilen Wasser löslich sind: von
heißem Alkohol und von Aceton wird Veronal reichlich gelöst, während es
in kaltem Äther ziemlich schwer löshch ist. Die wässerige Lösung des
Veronals schmeckt bitter und reagiert auf empfindliches blaues Lackmus-
papier ganz schwach sauer. — Veronal löst sich leicht in Alkalilaugen,
Ammoniak, Kalk- und Barytwasser und fällt beim Ansäuern derartiger
Lösungen, falls sie hinreichend konzentriert sind, unverändert wieder aus,
und zwar meist kristallinisch. Von den Salzen des Veronals kristaUisiert das
Natriumsalz, Cg H^ O3 N.2 Na, am besten; man erhält es durch Auflösen
des Veronals in der berechneten Menge karbonatfreier Natronlauge und
Verdunstenlasseu dieser Lösung unter Ausschluß von Kohlensäure, oder
durch Zusatz von Alkohol bis zur Trübung. In beiden Fällen scheidet sich
das Natrium salz des \'eronals in prächtigen, glänzenden Kristallen aus.
Veronal wirkt auf das Blut nicht zersetzend ein und scheint bei den
üblichen medizinalen Dosen (0'5 — 1 g) auch eine weitgehendere Wirkung
auf das Herz nicht auszuüben. Kumulative Wirkung ist nur vereinzelt be-
obachtet worden. In größeren Dosen kann aber A'eronal unter Umständen
schwere Vergiftungen mit tödlichem Ausgange hervorrufen.
Nachweis des Veronals bei toxikologischen Untersuchungen.
Aus verschiedenen Leichenteilen, nämlich aus Leber, Milz und Niere
eines Mannes, der infolge A'erwechslung zweier Arzneimittel an Stelle eines
P>andwurmmittels (Kamala) Veronal erhalten hatte, haben (9. und H.Frerichs^)
kleinere Mengen von Veronal abscheiden können, und zwar wurde es nach
dem Verfahren von Stas-Otto der wässerigen, weinsauren Lösung mit
Äther entzogen. Der aus dem Ätherauszuge beim Eindunsten gebliebene
Rückstand lieferte beim UmkristaUisieren aus wenig heißem Wasser, unter
Zugabe von Blutkohle. Kristalle, die in der folgenden Weise als A'eronal-
kristalle erkannt wurden:
1. Die wässerige Lösung der Kristahe reagierte schwach sauer.
2. Die Kristalle lösten sich in Kahlauge, Natronlauge sowie in
wässerigem Ammoniak und wurden beim Ansäuern dieser alkahschen
Lösungen mit verdünnter Salzsäure wieder unverändert ausgefällt.
o. Der Schmelzpunkt der Kristalle wurde zu 187 — 188" gefunden.
Auch ein Gemisch aus den fraglichen Kristallen und reinem Veronal
zeigte den gleichen Schmelzpunkt.
4. Nachweis des Stickstoffs durch Zusammenschmelzen im trockenen
Reagensglas mit metallischem Natrium und Prüfung der in Wasser ge-
*) G. und //. Frcrichs, Über den Nachweis einer Veronalvergiftung. Archiv d.
Pharm. Bd. 244. 86—90 (190(3).
Der Nachweis der Gifte auf cliemischem Wege. 721
lösten, erkalteten Schmelze mit Hilfe der IJcrlinerlihuircaktion auf einen
Gehalt von C'yannatrium.
5. Sublimation im trockenen IJeagenzglas heim Erhitzen. Ver<rleiche
mit notorisch reinem Veronal.
Nachweis des Veronals im Harn.
Nach Untersuchung von E. Fischer und ./. r. Mcrunj ') soNvic von
B. Molle und H. Kleist 2) verläßt \'eronal den menschlichen Iviirpcr zum
allergrößten Teil unverändert, so daß es sich dann zu T<) -90''/o J"'
Harn vorfindet. Bei toxikologischen Untersuchungen wird man daher das
\'eronal in erster Linie im Harn nachzuweisen haben. Zu dem Zweck
wird eine größere Menge des in Frage kommenden Harns auf dem Wasser-
bade ä) auf ein kleineres Volumen, etwa auf Vr, des ursprünglichen, kon-
zentriert, dann wird wiederholt mit relativ viel Äther ausgeschüttelt, da
Veronal in diesem Lösungsmittel ziemlich schwer löslich ist. Der beim .\b-
destillieren des Äthers bleibende, meist stark dunkel gefäi'bte Piückstand
wird in möglichst wenig heißem Wasser gelöst, die Lösung mit P.lut-
kohle 1/4 Stunde lang gekocht, dann wird abfiltriert. Beim Abkühlen des
nahezu farblos gewordenen Filtrats mit Eis kristallisiert das Neronal in
farblosen Nadeln (Schmp. 191", korrigiert) aus.
Nach Eingabe von 4 g N'eronal innerhalb 2 Tagen hatten E. Fischer
und V. Mering aus dem fünftägigen Harne 2*49 g \>ronal = 62Vo des
angewandten \'eronals wiedergewonnen. Dazu ist zu bemerken, daß die
angegebene Methode nicht absolut quantitativ ist und auch die Ausscheidung
des Veronals nach 5 Tagen noch nicht völlig beendet war. Die er-
haltenen Kristalle sucht man in der oben angegebenen Weise als \'ei-onal-
kristalle näher zu charakterisieren.
Molle und Kleist fällen den Harn erst mit Bleiacetat vollständig
aus, entfernen aus dem Filtrat das gelöste Blei mit Schwefelwasserstoff,
kochen den letzteren weg, verdünnen den so vorbehandeiten Harn mit
Wasser auf das doppelte ^'olumen und kochen ihn mit Blutkohle. Das
Filtrat wird dann auf dem Wasserbade auf ein kleines \olumen eiuge-
dunstet, nach dem Erkalten mit Kochsalz gesättigt und dreimal mit Äther
ausgeschüttelt. Die filtrierte Ätherlösung hinterlälU beim Abdestillieicn
nahezu reines Veional.
Antipyrin.
Antipyrin, l-Phenyl-2, 3dimethyl-isopyrazolon. C^, H,2 0N.,,
bildet nadeiförmige, schwach bitter schmeckende, bei IIH" schmelzende,
monokline Kristalle. 1 Teil Antipyrin wird von weniger als von
1 Teil kaltem Wasser, von etwa 1 Teil Alkohol, von 1 Teil Chloroform
') Die Therapie der Gegenwart. 45. 1904.
2) B. Molle und H. Kleist, Über Veronal. Archiv d. Pharm. Bd. 242. 401 (1904).
') E. Fischer und r. Mering lassen den Harn unter vermintleiteni l>ruck ein-
dampfen.
A bderli a 1 de 11 , ilandbach der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 46
722 W. Autenrieth.
und von etwa 50 Teilen Äther gelöst. Die wässerigen Autipyrin-
lösungen reagieren neutral, obgleich Antipyrin als Base mit Säuren
kristallisierende Salze bildet.
Nachweis des Antipyrins.
Selbst aus stark weinsaurer Lösung lassen sich geringe Mengen
von Antipyrin mit Äther ausschütteln; bei weitem der größte Teil des
Antipyrins geht erst aus der wässerig- alkalischen Flüssigkeit in Äther,
besser in Chloroform über. — Antipyrin unterscheidet sich von den meisten
Alkaloiden durch seine große Löslichkeit in Wasser. — Zum Nachweis
des Antipyrins löst man den Verdunstungsrückstand der Ätherlösung in
wenig Wasser auf und führt mit der abfiltrierten Lösung die folgenden
Proben auf Antipyrin aus :
1. Eisenchloridprobe. 1 bis 2 Tropfen Eisenchloridlösung färben
die Lösung tief rot, wenn sie antipyrinhaltig ist. Die Färbung ist bei
einer A'erdünnung der Antipyrinlösung von 1 : 100000 noch deutlich wahr-
zunehmen.
2. Gerbsäureprobe. Gerbsäurelösung fällt bei einem Antipyrin-
gehalt der Lösung einen weißen Niederschlag aus.
3. Probe mit rauchender Salpetersäure. Fügt man zu der
betreffenden Lösung 1 bis 2 Tropfen rauchende Salpetersäure, so färbt
sie sich bei Vorhandensein von Antipyrin grün: erhitzt man alsdann zum
Sieden und fügt einen w^eiteren Tropfen rauchende Salpetersäure hinzu,
so geht die grüne Farbe in Rot über. — 1 ciii^ einer wässerigen Anti-
pyrinlösung von 1 : 200 gibt diese Probe noch deutlich.
4. Nitrosoantipyrin. Versetzt man die Lösung mit einigen
Tropfen Kaliumnitrit- oder Natriumnitritlösung und mit verdünnter
Schwefelsäure, so färbt sie sich, falls sie antipyrinhaltig ist, grün oder
blaugrün. — Statt der Schwefelsäure kann auch Essigsäure ge-
nommen werden, doch ist dann ein Erhitzen der Lösung erforderhch.
Ist die Antipyrinlösung hinreichend konzentriert, so scheiden sich nach
einiger Zeit grüne Kristalle von Nitrosoantipyrin. C,iHii(N())0N.2, ab.
Nachweis des Antipyrins im Harn.
Antipyrin geht zum Teil unverändert, zum Teil als Oxyanti-
pyringlukuron säure in den Harn über und kann darin meist mit
Eisenchloridlösung direkt nachgewiesen werden. Ist der Harn stark ge-
färbt, so schüttelt man eine größere Menge desselben, nach Zusatz von
Ammoniak oder Natronlauge bis zur alkalischen Pveaktion, mit Chloroform
aus und prüft den in Wasser gelösten Verdunstungsrückstand der Chloro-
formlösung mit Eisenchlorid oder mit rauchender Salpetersäure auf
Antipyringehalt.
Koffein.
Koffein, Kaff ein, Thein, 1,3, 7-Trimethyl- 2, 6-Dioxy-
purin. CgHjo O2N4 . HgO, kristallisiert in weißen, glänzenden Nädelchen,
Der Nachweis der (jiftc auf cheniiscliem Wege. 723
welche mit 80 Teilen Wasser eine farblose, neutral reagierende, schwach
bitter schmeckende Lösung- geben. p]s ist in zwei Teilen heilem Wasser,
in etwa 50 Teilen Weingeist und in (• Teilen Chloroform löslich, wird
aber von Äther imr wenig, vom absolutem Alkohol wie auch von lien/.dl und
retroläther sehr Avenig gelöst. Aus heiliem Wasser kristallisiert Koffein
mit 1 Mol. Kristulhvasser, das teilweise schon beim Liegen an der i>uft und
vollständig bei 100", entweicht. Es schmilzt bei 2;iO'', j)eginnt jedoch
wenig über 100" sich in geringer Menge zu verfluchten und b(*reits bei
180" ohne IJückstand in farblosen Nadeln zu sublimieren. Konzentrierte
Schwefelsäure sowie konzentrierte Salpetersänie lösen Koffein
ohne Färlmng auf. Koffein ist eine sehr schwache Base, deren Salze
durch Wasser zersetzt werden. Aus diesem Grunde läßt sich Koffein aus
wässeriger, weinsaurer Lösung mit Äther, besser mit Chloroform
wenigstens zum Teil ausschütteln.
Schicksal des Koffeins im menschlichen Stoffwechsel.
Nur ein kleiner Teil des Koffeins geht unverändert durch den
Organismus hindurch und erscheint alsdann im Harn als solches. Kin
anderer Teil, nämlich etwa 10% der eingenommenen Menge, findet sich
in Form von Abbauprodukten im Harn vor. Alles übrige Koffein dürfte in
die normalen Endprodukte des menschlichen Stoffwechsels umgewandelt
werden. Der größte Teil des Stickstoffs des Koffeins gelangt als Harn-
stoff zur Ausscheidung. Höchst bemerkenswert ist die Tatsache, daß die
ersten Abbauprodukte des Koffeins Di- und Monomethylxanthine
sind, die also aus dem Koffein unter Abspaltung von Methylgruppen ent-
stehen. Unter den letzteren ist es besonders das 7-Monomethyl-
xanthin und unter den Dimethylxanthinen das Paraxanthin =: 1. 7-Di-
methylxanthin, welche im Harn nach Eingabe von Koffein auftreten.
Paraxanthin ist mit Theophyllin oder 1, l-3-Diniethylxanthin und mit Tlieo-
bromin oder 3, 7-Dimethylxanthin isomer.
Nachweis des Koffeins.
Aus einer wässerigen, weinsauren Lösung gehen nur geringe
Mengen Koffein in den Äther über: die größte ]\Ienge des Alkaloids findet
sich im Ätherauszug der wässerig-alkalischen Flüssigkeit vor. Da
Koffein in Äther ziemlich schwer, in Chloroform erheblich leichter löslich
ist, ist es meist auch im Chloroformauszuge der mit Ammoniak
alkalisch gemachten Lösung enthalten. Beim Eindunsten der beiden
letzteren Auszüge bleibt Koffein in langen, glänzenden, konzentrisch
gruppierten Nadeln zurück. Beim Arbeiten nach dem Verfahren Stas-Otto
wird somit voi-handenes Koffein in allen drei Auszügen vorgefunden.
1. Wird Koffein in einem Schälchen niit einigen Kubikzenlimetern
gesättigtem Chlorwasser') auf dem Wasserbade zur Trockne ver-
*) Gesättigtes Chlorwasser wird jederzeit leicht in der Weise erhalten, daß
man in einem ontreron Reagenzglase einige Kristalle chlnrsaures Kalium mit mäßig
4G
*
724 W. Auteiirieth.
dampft, so hinterbleibt ein rotbrauner Rückstand, der sich bei sofor-
tiger EinAvirkung von sehr wenig Ammoniak schön purpurviolett
färbt. Zu dem Zwecke bedeckt man das Schälchen mit dem Verdampfungs-
rückstande mit einer (jlasplatte , die mit einem Tropfen starker
Ammoniakflüssigkeit befeuchtet ist. Oder man führt den Versuch auf
zwei abgepaßten Uhrschälchen aus; auf dem einen Schälchen verdampft
man die auf Koffein zu prüfende Substanz mit Chlorwasser zur Trockne
und legt dann dieses Schälchen mit dem Verdampfungsrückstand für kurze
Zeit auf das anderes Uhrglas, das einen Tropfen starke Ammoniak enthält.
Auch Xanthin, Theobromin. das 1- und 7-Monomethyl-
xanthin und das Paraxanthin geben diese Probe, die Murexidreaktion.
besonders wenn man in der folgenden von E. Fischer^} angegebenen
Weise arbeitet. Man kocht die. zu prüfende Substanz in einem Reagenz-
gläschen mit starkem Chlorwasser oder mit Salzsäure und wenig Kalium-
chlorat. dampft dann die Hüssigkeit im Schälchen vorsichtig ein und be-
feuchtet den Rückstand mit Ammoniaklösung.
2. Gerbsäurelösung ruft in wässerigen Koffeinlösungen starke,
weiße Fällungen hervor, die sich im Überschusse des Fällungsmittels
wieder leicht lösen. — Diese Probe ist selbstverständlich für Koffein
nicht charakteristisch.
B. Die Untersuchung des Itlierauszuges der wässerig-alkalischen
Flüssigkeit.
Dieser Atherauszug enthält die Mehrzahl der eigentlichen Alkaloide.
Die in einem Scheidetrichter vom Äther getrennte, wässerige,
weinsaure Lösung wird erst mit Natronlauge bis zur stark alkali-
schen Reaktion versetzt, um die Alkaloide aus ihren Salzen frei zu
machen und etwa vorhandenes Morphin oder Apomorphin an das Alkali
zu binden, dann in einem Scheidetrichter mit etwa der gleichen Menge
Äther tüchtig ausgeschüttelt, der nun die freien Alkaloide, mit Aus-
nahme von Apomorphin, Morphin und Xarcein, aufnimmt. Die Äther-
schicht wird alsdaim von der wässerigen Flüssigkeit getrennt, die letztere mit
einer neuen Menge Äther gründlich ausgeschüttelt und der Ätherauszug
wiederum abgetrennt. Auf diese Weise stellt man drei bis vier solcher Äther-
auszüge her. die gemischt und in einem nur lose verschlossenen, trockenen
Erlenmeyerkolben für 1 — 2 Stunden zum Al)sitzenlassen beiseite gestellt
werden. Hierbei scheiden sich fast immer noch einige Tropfen wässeriger
Flüssigkeit ab, von welcher die Ätherlösung durch ein trockenes Filter
vorsichtig abgegossen und das aufgesammelte Filtrat auf einer nicht zu
großen Uhrschale, von 8 bis 10 cm Durchmesser, bei gelinder Wärme
verdüuuter Salzsäure erhitzt and das sich entwickelnde Chlor in wenig Wasser einleitet,
das sich in einem weiteren Eeagenzglase hofindet.
') E7nil Fischer, Synthese des Hypoxanthins, Xanthius, Adenins und Guanins.
Berichte der Deutsch, ehem. Ges. 30. 2236 (1897).
Der Nachweis der Gifte auf (•lioiiüschciii Wege, 725
auf dem warnion Wasserhadc eiu<^odunstet wird. Die letzten Tropfen
der Ätherlösung läßt man freiwilli«j;' verdunsten. IJleihen liierlx'i stark
riechende öltröpfchen zurück, so müssen dieselben auf Coniin und
Nikotin, eventuell auch auf Anilin untersucht werden. Lie']:t keines die.ser
flüchtigen Alkaloide vor, so verflüchtigt man das durch die Verdunstung
des Äthers entstandene Wasser durch gelindes Erwärmen der Schale auf
dem Wasserbade vollständig und nininit dann die Uhrschale sofort vom
Wasserbade weg. Ein längeres Erhitzen der Schale empfiehlt sich
nicht, weil sonst die Ätherrückstände verschmieren können. Der \'er-
dunstungsrückstand des aus der wässerig-alkaHschen Flüssigkeit ge-
wonnenen Ätherauszuges kann alle Alkaloide. ausgenommen Apo-
morphin, Morphin und Narcein, enthalten und ist besonders auf die fol-
genden Stoffe zu untersuchen :
Coniin Physostigmin
Nikotin Kodein
Anilin Narkotin
Veratrin Hydrastin
Strychnin Pilocarpin
Brucin Chinin
Atropin Koffein
Scopolamin Antipyrin
Kokain Pyramidon.
Von dem Verdunstungsrückstande des Ätherauszuges bestimmt
man durch mikroskopische Untersuchung das Aussehen, ferner den (re-
schmack, weil man hieraus in vielen Fällen einen gewissen .Vufschluli
darüber gewinnt, welches oder welche Alkaloide voraussichtlich vorhanden
sein können; auf diese Stoffe wird dann in erster Linie gejjrüft.
Beim Eindunsten der ätherischen Lösung hinterbleii)t Strychnin
in sehr feinen, sehr stark bitter schmeckenden Kristallnadeln, Brucin als
weißes, amorplies, stark bitter schmeckendes Pulver. Veratrin amorph,
pulverig, von brennend scharfem (leschmacke, während Atropin und
Chinin als harzige, klebrige, selten kristallisiert werdende P'irnisse zu-
rückbleiben. Koffein hinterbleibt in langen, häufig konzentrisch gruppierten,
schwach bitter schmeckenden Nadeln und ebenso bildet Pyramidon feine.
in Wasser leicht lösliche, schwach bitter schmeckende Kristallnädelchen.
Hinterläßt der Ätherauszug beim Eindunsten nur einen geringen
Rückstand, der zudem nicht bitter schmeckt, so liegt häufig kein eigent-
liches Alkaloid vor; ein solcher Rückstand kann aus Fett, harziger
Substanz oder auch aus Spuren stickstoffhaltiger Stoffe (wie aus
Peptonen also peptidartigen Substanzen oder anderen Spaltungspro-
dukten der Proteine) bestehen. Bei der Untersuchung von Leichenteilen
nach dem Stas-Ottosd^QU \'erfahren auf AlkaloicU' und andere hierher
gehöriger Stoffe erhält man selbst bei sehi- soi-gfiUtigem Ai-beiten fast immer
Ätherauszüge, die einen geringen Verdunstungsrückstand liefern, auch wenn
726 W. Auteuricth.
Alkaloide oder Ptomairie nicht vorhanden sind. Will man sich davon über-
zeugen, daß kein Alkaloid vorliegt, so löst man einen Teil des Ätherrück-
standes in Wasser unter Zusatz eines Tröpfchens verdünnter Salzsäure,
verteilt diese, nötigenfalls filtrierte Lösung auf mehrere Probierröhrchen
und untersucht sie mit verschiedenen der allgemeinen Alkaloidreagenzien,
wie mit Quecksilberchlorid, Jod-Jodkaüum , Quecksilberjodid-
jodkalium, Pikrinsäure und Gerbsäurelösung etc., auf einen etwaigen
Alkaloidgehalt. Entstehen hierbei keine charakteristischen Niederschläge,
so ist auch kein Alkaloid vorhanden. Es empfiehlt sich übrigens, immer
diese Vorprüfung auf Alkaloide auszuführen, wozu man ja nur einen
kleinen Teil des Verdunstungsrückstandes des Ätherauszuges nötig hat,
da ja die allgemeinen Alkaloidreagenzien selbst noch Spuren von Alkaloiden
anzeigen.
Um bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen einen Irrtum oder
ein Übersehen von einem Giftstoff raöghchst auszuschheßen, löst Verfasser
den Verdunstungsrückstand des Atherauszuges. falls er sehr gering ist,
in wenig stark verdünnter Salzsäure (von etwa O'öo/o HCl) auf, dunstet
diese Lösung auf dem Wasserbade ein, nimmt den Eückstand in wenig
Wasser auf und spritzt diese Lösung mit Hilfe einer Pra?;a2schen Spritze
in den Lymphsack eines kleineren munteren Frosches ein. Treten bei dem
Frosche im Laufe mehrerer Stunden keinerlei Vergiftungserscheinungen
auf, so kann man bestimmt angeben, daß der Verdunstungsrückstand des
Ätherauszuges eines von den stärker giftig wirkenden Alkaloiden nicht
enthalten hat. — Oder man verreibt den Verdunstungsrückstand der
Ätherlösung mit Zucker und gibt dieses Gemisch einer weißen Maus zu
fressen.
Für die speziellen Alkaloidreaktionen verteilt man den erhaltenen
Ätherrückstand mit Hilfe eines scharfen Platin- oder Nickelspatels oder
eines feinen sauberen Taschenmessers auf mehrere Uhrschälchen, oder man
löst den erhaltenen Rückstand nochmals in wenig heißem Alkohol auf,
verteilt diese, nötigenfalls filtrierte Lösung auf verschiedene Uhrschälchen
und läßt sie bei gelinder Wärme darauf eindunston. i?. Maueh'^) löst den
erhaltenen Verdunstungsrückstand des Atherauszuges in 75 »/oi.aer Chloral-
hydratlösung auf und führt mit der so erhaltenen Lösung die Reaktionen
der Alkaloide aus.
Die Reinigung des Alkaloidrückstandes.
Sind die Alkaloide mit schmierigen, harzigen oder fettigen Stoffen
stark verunreinigt, so können manche Reaktionen der Alkaloide entweder
ganz ausbleiben oder nur undeutlich eintreten. In einem solchen Falle muß
der erhaltene Alkaloidrückstand nach einem der beiden folgenden Ver-
fahren von den beigemengten Verunreinigungen möglichst befreit werden.
*) Richard Mauch (Mitteilungen aus dem Institut des Prof. Dr. E. Schaer in
Straßburg). Festgabe des Deutschen Apothekervereins, Straßburg 1907.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 727
1. Man durchrührt den Ätherrückstaiid kalt mit salzsäurehalti^em
Wasser, filtriert uni>elöst bleibende Stoffe (Fett und hai'zige Stoffe) ab,
versetzt das Filtrat mit Natronlaiii^e bis zui' alkalischen lieaktioii inid
schüttelt mit Äther gut aus. Dieser Atherauszuif hintcrlällt beim Finduii^tcii
die Alkaloide meist in ziemlich reinem Zustande.
2. Oder man löst den Ätherrückstaiid in heißem A mylalkoiiol
auf, schüttelt diese Lösung mit einigen Kubikzentimetern stark verdünnter
Schwefelsäure aus und trennt die beiden Flüssigkeitsschicliten in einem
Scheidetrichter. Der Amylalkohol hält hierbei die schmierigen und färbenden
Verunreinigungen zurück, während die Alkaloide als schwefelsaure Salze in
die wässerige Flüssigkeit übergehen. Die letztere wird nun abgetrennt, mit
Natronlauge bis zur stark alkalischen lieaktion versetzt und mit Äther aus-
geschüttelt. Dieser Ätherauszug hinterlällt beim Einduiisten meist reines
Alkaloid. Das zuletzt angegebene Reinigungsverfahren empfiehlt sich beson-
ders bei einem stark gefärbten Alkaloidrückstande.
Coniin.
Coniin, a-Normal-Propylpiperidin, Cg Hjg NH, findet >ich nelteii
n-Methylconiin, Conhydrin, y-Conicein und Pseudoconhydrin in
allen Teilen der Schierhngspflanze, Conium maculatum. und bildet eine
farblose, ölige, sehr giftige Flüssigkeit, die an der Luft unter Oelb- oder
Braunfärbung teilweise verharrt. Coniin ist in kaltem Wasser ziemlich
schwer, jedoch noch leichter löslich als in heißem Wasser: mit Alkohol.
Äther, Chloroform und Denzol läßt es sich in jedem Verhältnisse klar
mischen. Sein Geruch ist unangenehm betäubend, erinnert an den (ieruch
von Mäuseharn und ist weit stärker als der des Nikotins. Das natürlich
vorkommende Coniin ist rechtsdrehend, \y.\i) = + IS'ä"). — Coniin ist eine
ziemUch starke, einsäurige Base, die beim Erhitzen mit Essigsäureanhydrid in
Acetylconiin. Cg Hjr . N . CO . CHj beim Schütteln mit Benzoylchlorid und
Natronlauge in Benzoylconiin, Cg Hig . N . CO . C« H5, und mit salpetriger
Säure in Nitrosoconiin CgH^g-^-^^O übergefiUii-t wird. Durch diese
Reaktionen gibt sich Coniin als eine sekundäre Hase zu erkennen.
Reaktionen des Coniins.
Von den allgemeinen Alkaloidreagenzien zeichnen sich durch größere
Empfindlichkeit für Coniin aus: Jod-Jodkalium (1:S000). Phosphor-
molybdänsäure (1:5000), Quecksilberjodidjodkalium ( 1 : HOOO)
und W'ismutjodidjodkalinni (1:5000). - Gold- und Platinclilorid
fällen nur konzentriertere Coniinlösungen (konzentrierter als l : 100) aus,
während sie in Nikotinlösungen selbst bei einer Verdünnung von
1:10.000 bzw. 1:5000 noch Niederschläge hervcubringen. Cdiiiin gibt
sich im Verdunstungsrückstande der Ätherlösnngen .'^clion durch seinen
charakteristischen (ieruch zu erkennen. Man führt dann die beiden fol-
genden Pieaktionen aus:
728 W. Autenrieth.
1. Löst man in einem Reagenzglase ein Tröpfchen Coniin unter
Umschütteln gerade in so viel kaltem Wasser auf, als zur Herstellung
einer klaren Lösung erforderlich ist, und erhitzt dann diese Lösung gelinde,
so trübt sie sich durch ausgeschiedenen Coniin milchig weiß, da dieses
in kaltem Wasser löslicher ist als in heißem. Die in der W^^rme trübe
gewordene Coniinlösung wird beim Abkühlen wieder klar. Man prüfe
ferner die auf Coniin zu prüfende wässerige Lösung mit rotem Lack-
muspapier: Coniinlösungen reagieren stark alkalisch.
2. Dunstet man eine Spur Coniin oder einer wässerigen Coniin-
lösung mit ein oder zwei Tröpfchen Salzsäure in einem Uhrschälchen oder
auf einem Objektträger ein, so bleibt salzsaures Coniin, Cg Hie NH . HCl
zurück: wird dieses unmittelbar nach dem Eindunsten l)ei etwa 200f acher
Vergrößerung unter dem Mikroskope betrachtet, so werden farblose oder
schwach gelb gefärbte , nadel- bis säulenförmige . häufig zu Drusen ver-
einigte, sternförmig gruppierte Kristalle sichtbar, die das Farbenspiel der
das Licht doppelt brechenden Substanzen zeigen.
Nikotin.
Nikotin, C^o H14 Ng, bildet eine farblose, an der Luft bald gelb
und braun werdende, mit der Zeit vollständig verharzende, hygroskopische
Flüssigkeit, die mit Wasser in jedem Verhältnisse mischbar ist (Unter-
schied von Coniin) und die auch von Alkohol, Äther, Amylalkohol, Benzol
und Petroläther leicht gelöst wird. Es schmeckt scharf brennend und be-
sitzt einen starken, besonders beim Erwärmen hervortretenden Tabakgeruch.
Im chemisch reinen Zustande soll Nikotin fast geruchlos sein und den
Tabakgeruch erst bei längerer Berührung mit der Luft wieder annehmen.
Das natürlich vorkommende Nikotin ist optisch aktiv, und zwar links-
drehend, [ajo = — 16 Vbb^, während die Nikotinsalze Rechtsdrehung zeigen.
Nikotin ist eine ziemlich starke, zweisäurige, bitertiäre Base, die
mit einem und mit zwei Äquivalenten Säure zum Teil gut kristalli-
sierende Salze bildet. Als bitertiäre Base verbindet sich Nikotin mit
zwei Mol. Methyljodid zu einem Dijodmethylat, Cjo H^i No . 2 CH3 J.
Daß Nikotin ein in ß-Stellung substituiertes Pyridin ist, geht aus seinem
Verhalten bei der Oxydation mit Salpetersäure, Chromsäure oder Ka-
liumpermanganat hervor, wobei ß-Pyridinmonokarbonsäure, die Niko-
tinsäure, entsteht.
Physiologische Wirkung. Nikotinist eines der heftigsten Gifte,
das an Stärke der Giftigkeit und Schnelligkeit der W'irkung kaum der
Blausäure nachsteht. Es scheint, als ob Nikotin ein Gift für alle Tier-
klassen wäre. Die Resorption desselben erfolgt von der Zunge, vom Auge
und vom Mastdarm aus schon in wenigen Sekunden, vom Magen aus
etwas langsamer; auch von der äußeren Haut aus ist eine Resorption des
Nikotins möglich. Die Ausscheidung erfolgt durch die Lunge und die
Niere. Im konzentrierten Zustande besitzt Nikotin eine örtlich rei-
zende Wirkung, wenn es auch nicht eigenthch ätzend wirkt und wenn
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 729
auch bei Darreichunj^' tödlicher Meuten per os die Entzüiidiin^' der
Magenschleimhaut wegen der Schnelligkeit des Verlaufes dci- \'ergittung
sich nicht immer voi-findet. Ferner kommt dem Nikotin eine zentrale,
nach kurzer Reizung lähmende Wirkung auf (iehini und Rückenmark
und endhch eine resorptive Wirkung auf verschiedene Organe, wie Herz.
Auge. Darmtraktus. zu. Sehr wahrscheiidich werden alle Teile iU'^ (iehirns,
die Medulla oblongata und das Rückenmark von der Giftwirkung ergriffen.
Nach Huchnrd verursacht Nikotin einen allgemeinen (JefäDkrampf, der
auch bei chronischer Nikotinvergiftung noch auftritt. Rei der letzteren
treten neben Störungen des allgemeinen Wohlbefindens und neben Herz-
störungen sehr häufig Augen Störungen auf. Bei akuter Nikotinver-
giftung erfolgt der Tod durch Lähmung des Atemzentrums: auch eine
Einwirkung auf das Herz ist stets vorhanden, wenn auch diese meist nicht
zum Tode führt.
Reaktionen des Nikotins.
Nikotin läßt sich der wässerig-alkalischen Lösung mit Äther oder
niedrig siedendem Petroläther entziehen und bleibt dann beim frei-
willigen Eindunsten dei'artiger Lösungen als eine ölige Flüssigkeit von
Tabaksgeruch und stark alkalischer Reaktion zurück. Durch die
meisten der allgemeinen Alkaloidreagentien wird es noch in größerer \'er-
dünnung ausgefällt als Coniin. Phosphormolybdänsäure und Wis-
mut] odidjodkalium fällen Nikotin noch in einer Verdünnung von
1:40.000, Quecksilberjodidjodkalium i)ei 1:15.000. Goldchlorid
bei 1:10.000 und Platinchlorid bei 1 : öOOO. Spezielle Reaktionen auf
Nikotin sind die folgenden:
1. Eine salzsaure Nikotinlösung hinterläßt beim Eindunsten in einem
Uhrschälchen einen gelblichen, firuisartigen Rückstand, der auch bei
mikroskopischer Untersuchung völlig amorph erscheint (Unterschied von
salzsaurem Coniin) und der erst bei längerem Stehenlassen über Schwefel-
säure im Exsikkator eine undeutlich kristallinische Struktur annimmt.
2. i?OM5sii2Sche Kristalle. Läßt man die Lösung einer Spur
Nikotin in Äther mit dem gleichen Volumen einer ätherischen Jod-
lösung in einem trockenen Probierrohre verschlossen stehen, so trübt sich
die Mischung alsbald, oder es scheidet sich allmählich ein braunroter,
harziger Niederschlag aus, der mit der Zeit kristallinisch winl. Im Laufe
kürzerer oder längerer Zeit bilden sich in der ätherischen Lösung lange,
rubinrot gefärbte, im reflektierten Lichte dunkelblau schillernde
Kristallnadeln: lioussins,(±Q Kristalle. Mit altem, stark verharztem
Nikotin erhält man die J?o?(ssiHSchen Kristalle in der Regel nicht mehr.
3. Melzcr^dhQ Reaktion.M Erhitzt man einen Tropfen Nikotin
mit 2 bis 3 cm Epichlorhydrin zum Sieden, so färbt sich das Gemisch
deuthch rot. Coniin gibt unter den gleichen Bedingungen keine Färbung.
') Zeitschr. cl. allg. österr. Apothekervereiues. 54. 65.
730 ^^ • Autenrieth.
4. Schindelmeisersche Pieaktion.i) Versetzt man imverharztes
Nikotin erst mit einem Tropfen ameisensäurefreier Formaldehydlösung,
dann mit einem Tropfen konzentrierter Salpetersäure, so färbt sich das
Gemisch intensiv rosarot. Läßt man das Gemisch von Nikotin und For-
maldeliyd erst einige Stunden stehen, so bildet sich ein fester Rückstand,
der mit einem Tropfen Salpetersäure die Färbung noch schöner zeigt. Man
nehme wenig Formaldehyd, weil sich sonst die Lösung nach einiger Zeit
grün färbt, und verpufft.
Triniethylamiu, Piperidin, Pyridin, Pikolin, Chinolin und Anilin geben unter
diesen Umständen keine Färbung. Extrakte aus faulendem Pferdefleisch und den
Eingeweiden von Tieren, welche mit Arsen oder Quecksilber vergiftet worden waren,
gaben die beschriebene Reaktion nicht, wenigstens dann nicht, als die Extrakte der
betreffenden Kadaverteile nach dem Verfahren von Stas-Offo verarbeitet wurden.
5. Physiologischer Versuch. Handelt es sich um den Nachweis
sehr kleiner Mengen Nikotin, so wird man neben dem chemischen auch
den physiologischen Nachweis führen müssen, der am Frosch schon bei
sehr kleinen Dosen Nikotin ein sehr charakteristisches Vergiftungsbild,
nämlich erst Pieizung, dann Lähmung des Gehirns und der Atemmuskeln
und scheinbare Kurarisierung (tetanische Konvulsionen) ergibt. Man stu-
diere erst die Giftwirkung mit reinem Nikotin. Auch der Versuch am
Froschherzen — zeitweiser diastoUscher Stillstand — ist charak-
teristisch.
Anilin.
Anilin, Cg Hg NHg, bleibt beim Eindunsten des Ätherauszuges der
wässerig-alkalischen Flüssigkeit in Form von gelb, rötlich oder bräun-
lich gefärbten Öltröpfchen zurück. Diese löst man unter tüchtigem Um-
schütteln in Wasser auf und prüft die erhaltene Lösung auf einen Gehalt
an Anilin. Eine weitere Probe besteht darin, daß man einige der erhaltenen
Öltröpfchen direkt in einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure löst
und wenig Kaliumbichrom atlösung zufügt. Bei Vorhandensein von Anilin
entsteht eine vorübergehende blaue Färbung.
^ö"
Veratrin.
Das offizineile Veratrin besteht aus einem sehr innigen Gemisch
zweier isomeren Alkaloide von der Zusammensetzung Gg., H^g NOg, näm-
lich aus dem im Wasser nahezu unlöslichen, aber kristallisierbaren Ceva-
din, auch kristallisiertes Veratrin genannt, und dem in Wasser
löshchen, amorphen V e r a t r i d i n = w a s s e r 1 ö s 1 i c h e s Veratrin. Schon ge-
ringe ]\Iengen des kristallisierbaren Alkaloids genügen, um auch das Ve-
ratridin wasserunlösUch zu machen, und andererseits verhindert das letztere
das Kristallisieren des Cevadins. Es gelingt daher nicht, die kristallisier-
bare Base durch UmkristaUisieren des offizineilen Veratrins aus Alkohol
^) J. Schindelmeiser, ZumNachweis des Nikotins. Pharm. Centralhalle. 40. 703 (1899).
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 731
oder einem anderen Lösungsmittel zu isolieren, noch das wasserlösliche
Alkaloid durch einfaches Ausziehen mit Wasser daraus zu gewinnen.
Eigenschaften des offizineilen Veratrins. Das offizinelle l'iii-
parat bildet ein weißes, amorphes, nur unter dem Mikroskojje kristalli-
nisch erscheinendes Pulver, das brennend scharf schmeckt und dessen Staub
sehr stark zum Nießen reizt. An Wasser, auch siedendes, gibt \'eratriu nur
sehr wenig ab; immerhin reagiert der wässerige Auszug des Veratrins schwach
alkalisch. Es ist ferner ziemlich leicht löslich in Alkohol M :4), Äther
(1:10), Chloroform (1:2), sowie in Benzol und Amylalkohol. Alle diese
Lösungen reagieren stark alkalisch. Das offizinelle Veratrin schmilzt bei
150 bis 1550 zu einer gelblichen Flüssigkeit, die zu einer durchscheinenden,
harzartigen Masse erstarrt. Aus seiner ätherischen Lösung hiuterbleil)t
es als ein weißes, amorphes I'ulver. Veratrin läßt sich aus schwach-
saurer Lösung durch Äther in sehr geringer, durch Chloroform und
Amylalkohol in erheblicherer Menge ausschütteln. \'eratrin ist eine starke
Base, die mit Säuren gegen Lackmus neutral reagierende, meist amorphe
Salze bildet. Die mit salzsäurehaltigem Wasser hergestellte Lösung des
Veratrins wird noch in einer Verdünnung von 1 : 5000 durch l'hosphor-
molybdänsäure, Jod-Jodkalium, Gerbsäure und (.»uccksilber-
j 0 d i d - J 0 d k a 1 i u m ausgefällt.
Konstitution. Durch Hydrolyse, uämUch durch Kochen mit ge-
sättigtem Barytwasser oder mit alkoholischer Kalilauge, wird ki-istalli-
siertes Veratrin (Cevadin) in Angelikasäure und Ceviu gespalten:
Cg^H.gNO, + H., O^C^HsO, + C„H,3NÜ8
Cevadin Angelikasäure Cevin.
Reaktionen des Veratrins.
1. Konzentrierte Schwefelsäure. Übergießt man eine Spur \'e-
ratrin mit einigen Tröpfchen konzentrierter Schwefelsäure, so färbt es
sich gelb und löst sich beim Umrühren zu einer gelben, grüngelb fluo-
reszierenden Flüssigkeit auf: die gelbe Färbung geht allmählich in
Orange, dann in Blutrot und bei längerem Stehen, nach 1/4 bis '/j Stunde
in Kirschrot über. Gelindes Erwärmen über sehr kleiner Flamme be-
schleunigt diesen Farbenwechsel: die Lösung des Veratrins in der kon-
zentrierten Schwefelsäure färbt sich dann sofort schön kirschrot.
Fröhdes und Erdmanns Reagens rufen ähnliche Farl)euerschei-
nungen hervor wie konzentrierte Schwefelsäure.
2. Konzentrierte Salzsäure, pj-wärmt man die mit 1 bis 2 cm^
kalter konzentrierter Salzsäure bereitete farblose Lösung des \"eratrins in
einem Probierröhrchen im kochenden Wasserbade etwa zehn Minuten lang,
so färbt sie sich schön kirschrot. Diese Färbung hält sich mehrere
Tage und tritt selbst mit 0-2 iny Veratrin noch deutlich ein.
n. Konzentrierte Salpetersäure Kist Veratrin mit gelberFaHu-aut.
4. Die WeppoisohQ Probe. Verreibt man 1 Teil Veratrin mit etwa
5 Teilen fein pulverisiertem Rohrzucker und fügt dann einige Tropfen
732 ^^ • Auteiirieth.
konzentrierte Schwefelsäure hinzu, so färbt sich die Mischung erst gelb
und nach einiger Zeit vom Rande her grasgrün, später blau. Beim An-
hauchen der Mischung tritt dieser Farbenwechsel schneller ein. Man ver-
meide einen zu großen Überschuß von Rohrzucker.
Nach E. Laves^) kann statt des Rohrzuckers eine wässerige Furfu-
r Öllösung verwendet werden: Man mischt li — 4 Tropfen einer iVoi&eTi
wässerigen FurfuroUösung mit 1 cm^ konzentrierter Schwefelsäure
und bringt 8 — 5 Tropfen von dieser Mischung in der Weise
mit der auf Veratrin zu prüfenden Substanz zusammen, daß diese
nur am Rande mit dem Furfurol-Schwefelsäuregemisch in Berührung
kommt. Bei Vorhandensein von Veratrin zieht sich von der Substanz aus
in die Flüssigkeit ein dunkler Streifen, der am Ausgangspunkte blau neben
blau\1olett, in der Verlängerung grün gefärbt erscheint. Beim Wüschen mit
einem Glasstäbchen färl)t sich die ganze Flüssigkeit dunkelgiiin. nach
einiger Zeit blau und schließlich violett. (Jelindes Erwärmen begünstigt
diesen Farbenwechsel.
5. Grande au9.Q\\Q Reaktion. Die gelbe Lösung des ^'eratrins in kon-
zentrierter Schwefelsäui'e färbt sich bei sofortigem Zusatz von 1 bis 2
Tröpfchen Bromwasser alsbald purpurfarben. — Die Färbung ist
nahezu die gleiche, welche die Lösung des Alkoloids in konzentrierter
Schwefelsäure allein annimmt, nämlich bei längerem Stehen oder sofort bei
gelindem Erwärmen.
6. Fi^«/?sche Reaktion. Dampft man in einem Porzellanschälchen
eine Lösung des Veratrins in wenig rauchender Salpetersäure auf dem
Wasserbade zur Trockne ein. so hinterbleibt ein uelltlich gefärbter Rück-
stand, der sich nach dem Erkalten mit alkoholischer Kalilauge befeuchtet,
orangerot oder rot violett färbt und der beim L^mrühren mit der
gleichen Farbe in Lösung geht.
Atropin, Hyoscyamin, Skopolamin sowie Strychnin ver-
halten sich bei der Fi^a/ischen Reaktion sehr ähnlich wie Veratrin.
Strychnin.
Strychnin, C21H22N2O2, findet sich neben Brucin in größerer
Menge in den Brechnüssen, dem Samen von Nux vomica und den Ignatius-
bohuen, und zwar sind diese beiden Strychnosalkaloide in den ersteren
in einer Menge von 293 — o'14''/oi iii den letzteren zu 3-11 — 3-22o 0
enthalten. Die freie Strychninbase bildet farblose, glänzende, bei 268 "^
schmelzende Säulen des rhombischen Systems, die sich in 6600 Teilen
kaltem und in 2500 Teilen heißem Wasser zu alkalisch reagieren-
den, sehr stark bitter schmeckenden Flüssigkeiten lösen. In absolutem
Alkohol und in absolutem Äther ist Strychnin so gut wie unlöslich, wäh-
rend es von 160 Teilen kaltem und 12 Teilen siedendem Weingeist (von
90 Vol.%) gelöst wird; ebenso wird es von käuflichem Äther und von
^) Pharmazeutische Zeitung. 37. 338.
Der Nachweis der Gifte auf cliomischem Wege. 733
Benzol gelöst, bei weitem am leichtesten aber von Chloroform, niiinlich
bei 15° von 6 Teilen Chloroform. Der sehr bitter«' Ocschmack einer
wässerig'en Strvchninlösuiig wird selbst noch in einei- \or(liiniinnfj: von
1 : 600000 deutlich wahi^ciiommen. Stychnin ist ein'- einsäurig-e
Base, die sich mit einem Aiiuivalent Siiiire zu meist gut kristallisierenden,
stark bitter schmeckenden, sehr giftig wirkenden Salzen vereinigt. Das
bekannteste, auch arzneilich angewandte Strychninsalz ist das salpeter-
saure Strychnin, C.2,Il22^^0.2N . IIXO3. - Daß Strychnin eine einsäurige
und zwar tertiäre Base ist, geht daraus hervor, daß es sich nur mit
einem Molekül eines Alkylhaloids vereinigt, z. B. mit Methyljodid zu dem
Strychnin jodmethylat, Co, H22 ^'OgN . CH3.I. Mit Natriummethylat
CHjUNa in alkoholischer Lösung, geht Strychnin in Strychn in sä ure
über, die nach ihrem chemischen Verhalten eine Iminokarbonsäure
sein mu(5; beim Kochen ihi-er mineralsauren Lösungen geht die Strychnin-
säure unter Verlust von 1 Mol. Wasser wieder in Strychnin über.
Physiologische Wirkung. Strychnin erhöht die Keflexerregbarkeit
des Rückenmarks, des verlängerten Marks und des (iehirns. Schon die
kleinsten Reize, besonders akustische, optische und taktile Beize, können
bei größereu Strychnindosen heftige Reflexe auslösen. Ist die Sti-ychnin-
dose groß genug, so kann jeder dieser Beize Krampfanfiille zur P'olge
haben. Sehr große Dosen von Strychnin rufen beim P'rosch und Warm-
blüter kurareartige Lähmung der Enden der motorischen Nerven hervor.
Die Herzmuskulatur kann beeinflußt werden. Auf Leukozyten ist
Strychnin insofern nicht ohne Einwirkung, als es deren Bewegungsfähig-
keit verhindert, sie also starr macht. — Auch auf das Protoplasma
von Pflanzen wirkt das Gift ein; wenigstens wird das Protoplasma der
Mimosa pudica durch Strychnin in dem Sinne i)eeinflulit. daß die beweg-
baren Orgaue dieser Pflanze ihre Elastizität und P)iegsamkeit verlieren.
— Die Ausscheidung des Strychnius aus dem Organismus erfolgt, ab-
gesehen von Speichel, Oalle und Milch, hauptsächlich durch den Harn, und
zwar beim Menschen in unverändertem Zustande. Die Ausscheidung be-
ginnt schon in der ersten Stunde, wird nach zwei Tagen gering, endet
aber viel später. Die (üftmenge des durch den Harn unveriindert ausge-
schiedenen Strychnius ist in kleinen Dosen prozenti>ch geringer als bei
größereu Dosen, bei welchen 70 TöVo des Strychnins unzerstört bleiben.
In Leber. Niere, Gehirn und Rückenmark kann das Strychnin unver-
ändert aufgespeichert werden.
Nachweis des S t r y c h n i n s.
Kalilauge, Natronlauge, Ammoniak und die Alkalikarbonate fällen aus
den wässerigen Lösungen der Strychninsalze die freie Strychninbase
in Form eines weißen, kristallisierten Niederschlages.
Strychnin laut sich aus einer wässerig-alkalischen 1-lüssigkeit
mit Äther ausschütteln und scheidet sich dann beim Kiuduustender ätherischen
Lösung häufig in feinen Kristallnädelchen aus: am leichtesten geht es in
734 "^^'- Autenrieth.
Chloroform über, welches Strychnin erheblich leichter löst als Äther. Die
Strvchninsalzlösungen geben mit den meisten der allgemeinen Alkaloid-
reagentien. auch noch bei starker Verdünnung, Niederschläge. Gerb-
säure, Queck Silber jod idj odkalium und TMio sphorwolf ram-
säure geben ^veiße, Goldchlorid- und Phosphormolybd ansäure
gelbe Niederschläge, während Jod-Jodkalium eine braune Fällung gibt.
Den Verdunstungsrückstand der ätherischen Lösung hat man für die Reak-
tionen mit den allgemeinen Alkaloidreagentien erst in sehr stark ver-
dünnter Salzsäure zu lösen.
Konzentrierte Schwefelsäure, Erdmamis und i^>-ö7?c?es Reagens
lösen ganz reines, brucinfreies Strychnin ohne Färbung auf. Konzen-
trierte Salpetersäure löst Strychnin mit gelblicher Farbe, Kalium-
dichromat fällt aus Strvchninsalzlösungen Strychnindichromat, (0,1 H,, N,
0.,)., . H-jCr-^O,, als gelben, aus feinen Kristallnadeln bestehenden Nieder-
schlag, der beim Umkristallisieren aus heißem Wasser orangegelbe, glänzende
Nadeln hefert. Ferricy ankalium fällt aus Strychninsalzlösungen gold-
gelbes, kristallinisches Ferricyanstrychnin (0,1 H2.2 Ng 02)3 . H3 Fe (CNjg . 6H2O.
Spezielle Reaktionen des Strychnins.
1. Löst man in einem Uhrschälchen wenig Strychnin in 2 oder 3
Tröpfchen konzentrierter Schwefelsäure, fügt ein Stückchen Kalium-
di Chromat hinzu und drückt dieses mit Hilfe eines Glasstabes fest auf
die Glaswand an, so fließen intensiv blau und blauviolett gefärbte
Streifen vom Kaliumdichromat ab, w^enn man das Uhrschälchen vorsichtig
hin- und herbewegt. Durchrührt man alsdann das Gemisch mit einem Glas-
stabe, so färbt es sich vorübergehend schön blau oder blau violett.
]\Ian kann den Versuch auch in der Weise anstellen, daß man auf die
Lösung des Strychnins in der konzentrierten Schwefelsäure einige Körn-
chen grob gepulvertes Kaliumchromat streut und mit einem Glasstäbchen
umrührt. Die blaue bis blauviolette Farbenreaktion tritt hierbei sehr schön
auf. — Die blaue Färbung ist nicht lange haltbar, denn sie geht alsbald
in Rot und schließHch in ein schmutziges Grün über. ')
Strychnindichromat und Stryehninferricyanid geben diese
Probe sehr schön. Will man einen erhaltenen Verduustungsrück-
stand des Ätherauszuges der alkalischen Flüssigkeit in das Chromat über-
führen, so übergießt man ihn mit einer sehr stark verdünnten Kaliumdi-
chromatlösung, läßt die letztere einige Minuten einwirken, gießt sie dann
ab, spült mit wenig kaltem Wasser nach, läßt gut abtropfen und führt den
so erhaltenen noch feuchten Chromatrückstand mit Hilfe eines Glasstabes
durch wenig konzentrierte Schwefelsäure. Bei Vorhandensein von Strych-
nin treten jetzt blaue und violette Streifen auf. — Man kann auch
1) Xach ./. Tafel. Über Strychnin. Ann. d. Chem. 268, 2.33 (1892) soll die beschriebene
Farbenreaktion für viele Auilide charakteristisch sein und durch die Gruppe . ('0 . N .
bedingt werden.
Der Nachweis der Gifte auf cliemiscbem Wege. 7^).")
den in der angegebenen Weise hergestellten Clironiatrückstand direkt mit
einigen Tropfen konzentrierter SchAvefelsäurc befeuchten.
3Iandelinsl\e'd^Qns, alsoVanadiiisehwefelsiiure, gibt diese Strydiiiiii-
probe sehr schön, und zwar hält sich die blaue oder violett(! Fäibuug, die
das Keagens mit Strychniii gibt, länger als beim Austeilen der Probe mit
Kaliumdichromat. Schlieblich geht die Färbung in Orangerot üi)er.
An Stelle des KaUumdichromats können auch andere Oxydations-
mittel, wie Kaliumpermanganat, Uleisuperoxyd, Braunstein, Ferri-
cyankalium, Ceroxyduloxyd und Vanadin säure (Mandelins Keagens)
verwendet werden. Es kann aber nicht Salpeter oder Salpetersäure ge-
nommen werden; diese verhindern sogar die beschriebene Strychninprobe;
salpetersaures Stryehnin gibt daher die Probe nicht.
2. Physiologischer Strychninnachweis. Man löst den fraglichen
Verdunstungsrückstand. der aus der ätherischen Lösung zurückgeblieben ist,
in einigen Kubikzentimeter sehr stark verdünnter Salzsäure auf, dunstet
die filtrierte Lösung auf dem Wasserbade zur Trockne ein, nimmt den Kück-
stand in etwa 1 cm^ Wasser auf und spritzt diese Lr)sung in den Lymph-
sack eines kräftigen Frosches ein. Man setzt dann den Frosch in ein
größeres Becherglas, das man nur lose bedeckt. Falls Stryehnin vor-
handen ist, treten beim Frosche Vergiftungserscheinungen auf, und zwar
je nach der Menge Stryehnin schon nach wenigen Minuten oder erst nach
etwa einer halben Stunde. Stryehnin steigert die Peflexerregbarkeit nicht
für alle Arten von Keiz , sondern nur für taktile, für optische und be-
sonders für akustische Reize. Jeder dieser Heize kann, falls die Strychniu-
dose groß genug ist, Krampfanfälle zur Folge haben. Berührt man beispiels-
weise das Becherglas, in dem sich der .,Strychninfrosch" befindet, ganz
leise, so genügt schon dieser schw^ache akustische Reiz, um einen
Krampfanfall auszulösen. Vgl. Näheres bei Fühner, Biologischer Nachweis
der (Jifte.
Nachweis des Strychniii s neben Brucin.
Liegen mehr als Spuren von Brucin vor. so verhindern diese den
Nachweis des Strychnins mit Schwefelsäure und Kaliumhichromat. Mit dem
Alnndelinscheti Reagens tritt die Strychninprobe neben Brucin unter Um-
ständen noch mehr oder weniger deutlich ein.
Will man Stryehnin selbst neben viel Biuciii sicher nach-
weisen, so löst man den brucinhaltigen Alkaloidrückstand. den die Ätherlösung
hinterlassen hat, in etwa 2 cm^ verdünnter Schwefelsäure, fügt 2 Tropfen
•konzentrierte Salpetersäure zu und läßt das Gemisch 4 Stunden kalt stehen.
Nun macht man mit Natronlauge stark alkalisch und schüttelt mit Äther
tüchtig aus. Beim Eindunsten der Atherlösung bleibt l)rucinfreies oder
nahezu brucinfreies Strychniii zurück, das die Strychninpioben mit
Schwefelsäure und Kaliumbichromat sowie mit Mamhliiis Bcagens sehr
schön gibt, falls das Untersuchungsmaterial Stryehnin enthalten hat.
736 ^^- Autourieth.
Brucin.
Br u ein, C23H26N2 O4, kristallisiert in wasserhellen, monoklinen Pris-
men oder in glänzenden Blättchen, und zwar aus Wasser entweder mit 4
oder 2 Mol., aus Alkohol mit 2 Mol. Kristallwasser. Es schmilzt nur wenige
Grade über 100" in seinem Kristallwasser, während der Schmelzpunkt der
wasserfreien Base bei 178^ liegt. Brucin ist in Wasser und in Alkohol
leichter löslich als Strychnin und bleibt deshalb in den Mutterlaugen von
der Strychnindarstellung gelöst. Auch die Löslichkeit des Brucins in Äther
ist größer als diejenige des Strychnins. Die Brucinlösungen schmecken
stark bitter und reagieren alkalisch. Von Benzol, besonders aber von
Chloroform und Amylalkohol wird Brucin reichlich gelöst. Im Unterschiede
zum Strychnin bleibt Brucin aus seiner Ätherlösung beim Eindunsten in
der Regel amorph zurück.
Brucin ist eine einsäurige. tertiäre Base, die als solche mit je einem
Äquivalent Säure zum Teil kristaUisierende Salze und mit je 1 Mol. eines
Alkyljodids Additionsprodukte, z. B. mit Methyljodid das Brucin jod-
m et h y 1 a t, C.3 H^^ XO^ X . CH3 J, bildet.
Mit Hilfe der Zeiselschen Methode lassen sich im Molekül des Brucins
zwei Methoxylgruppen nachweisen.
Nachweis des Brucins.
Brucin läßt sich aus wässerig-alkalischer Flüssigkeit mit Äther,
Benzol oder Chloroform ausschütteln, und zwar bleibt es beim Eindunsten
des Ätherauszuges meist amorph zurück. — Von den allgemeinen Alkaloid-
reagenzien zeichnen sich gegen Brucin durch eine größere Empfindlichkeit
aus: Jod- Jodkalium (1:50000), Quecksilber Jodid- Jodkalium
(1:30.000), Goldchlorid (1:20000), Wismutjodid - Jodkalium
(1 : 5000), Phosphormolybdänsäure. Gerbsäure (1 : 2000) und Pla-
tinchlorid (1 : 1000).
1. Konzentrierte Salpetersäure löst Brucin und seine Salze mit
blutroter Farbe, die alsbald in Ptotgelb und schließlich in Gelb übergeht.
Versetzt man die gelbrot oder gelb gewordene Lösung in einem Probier-
röhrchen tropfenweise mit verdünnter Zinnchlorürlösung, so nimmt sie
eine schöne Violettfärbung an. Erwärmt man nun die Lösung, so kommt
die rotgelbe Färbung in der Regel wieder zum Vorschein, um auf erneuten
Zusatz von wenig Zinnchlorürlösung wieder prächtig violett zu werden.
Diese Probe tritt um so schöner ein, je weniger Salpetersäure zum Lösen
des Brucins genommen wird.
Statt der Zinnchlorürlösung kann auch farbloses Schwefelammonium
verwendet werden.
2. Nach R. Manch verläuft diese Reaktion außerordentlich schön, wenn
man in der folgenden Weise arbeitet: Man versetzt in einem Probierröhr-
chen ca. 0"5cw3 der Lösung des Brucins in 60"/oii^'ei' Chloralhydratlösung
mit sehr wenig verdünnter Salpetersäure, mischt gut und schichtet dieses
\
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Woge. 7H
(O (
Gemisch auf das dreifache Volumen konzentrierter Schwefelsiiure; es tritt
sofort eine gelbrote bis tiefrote Zone auf. Ist die obere Schicht nach
einiger Zeit gelb geworden, so schichtet man mit Hilfe einer Pipette vor-
sichtig wenig verdünnte Zinnchlorürlösung ^j darüber. Hierbei tritt zwi-
schen den beiden oberen Schichten eine prachtvoll violett gefärbte Zone auf.
die an Stärke zunimmt, wenn man das Rührchen leicht hin und her bewegt.
■'S"
Atropin.
Atropin, C17H23NO3, kristallisiert in glänzenden, spießigen, bei
115° schmelzenden Nadeln, die von 600 Teilen Wasser von lö». von
r)0 Teilen Äther und von :V5 Teilen Chloroform gelöst werden: anch von
Alkohol, Amylalkohol und Benzol wird es reichlich gelöst. Die wässerige Lösung
des Alkaloids reagiert alkalisch und besitzt einen lange anhaltenden unan-
genehm bitteren Geschmack. Im Unterschiede zum isomeien. aber links-
drehenden Hyoscyamin ist Atropin optisch inaktiv.
Konstitution. Beim Erhitzen mit Salzsäure auf 120— loO" zerfällt
Atropin in Tropasäure und Tropin.
Wird das Alkaloid mit Barytwas.-^er gekocht, so entsteht statt der
Tropasäure die um 1 Mol. Wasser ärmere A tropasäure.
Der Stickstoff im Atropin ist tertiär gebunden. Hyoscyamin
ist stereoisomer mit Atropin; beim Erhitzen des ersteren unter Luft-
abschluß auf HO" oder beim bloßen Stehenlassen in alkoholischer Lösung
unter Zusatz einiger Tropfen Alkalilauge wird Hyoscyamin in das inaktive
Atropin umgewandelt. Höchstwahrscheinlich ist Atropin die razemische
Form, während Hyoscyamin die linsdrehende Modifikation dieser isomeren
Basen vorstellt. Für Hyoscyamin ist [a] d = — 20-9 7°. Gegen allgemeine
Alkaloidreagenzien und gegen konzentrierte Schwefelsäure beim Erhitzen
verhält sich Hyoscyamin wie Atropin und gibt auch wie dieses die l'ifali-
sche Reaktion (siehe unten).
Fäulnis. Nach Untersuchungen von Ipsen-) ist Atropin gegen Fäulnis
sehr widerstandsfähig; es gelang, das xVlkaloid, das in einer Menge von
0-03 </ als Sulfat in je 300 cm» Blut, Harn und Bier oder als reines Atropin in
oOOnw^ Blut zersetzenden Einflüssen ausgesetzt war. noch nach 2 Jahren
nachzuweisen.
Reaktionen des Atropins.
Atropin kann aus einer mit Natronlauge oder Sodalösung alkalisch
gemachten Flüssigkeit mit Äther, Benzol oder Chloroform ausgeschüttelt
werden.
Hat man bei einer toxikologischen Untersuchung speziell auf \tropin
zu fahnden, so schüttelt man es aus der mit Natriumkarbonat alka-
1) Bereitet diu<li Auflösen von 1 Teil Ziiinchlorür in '.) Toih'n Salzsäure vom
spez. Gew. 112.
2) Yicrtoliahrsschrift für >rcrichtiicho Medizin und öffentliches Sanitütswescn.
31. 308.
Abderhalden, Handbuch d«r biochemischen Arbeitsmethoden. V. 47
738 ^^ . Autcmieth.
lisch geraacliten wässerigen Flüssigkeit mit Chloroform aus, weil dieses
das Alkaloid erheblich leichter löst als Äther. Mit dem aus der Äther-
oder Chloroformlösung- erhaltenen, meist nicht kristallinischen Rückstände
führt man die unten verzeichneten Proben aus.
A'on den allgemeinen Alkaloidreagenzien zeichnen sich durch eine
größere Empfindhchkeit für Atropin aus: Jodjodkalium, Phosphor-
molybdänsäure (1:10.000), Goldchlorid, Phosphorwolframsäure.
Quecksilberjodidjodkalium, Wismutjodidjodkalium. — Pikrin-
säure fällt aus nicht zu verdünnten Atropinsalzlösungen gelbe Rlättchen
von Atropinpikrat und Platinchlorid monokhne Prismen.
1. Vifalische Reaktion. Dampft man in einem Porzellanschälchen
Atropin mit einigen Tropfen rauchender Salpetersäure auf dem Wasser-
bade zur Trockne ein, so hinterbleibt ein gelblich gefärbter Rückstand,
der sich beim Befeuchten mit alkoholischer Kalilauge vorübergehend
violett färbt.
Hyoscyamin und Skopolamin geben ebenfaUs die Fiia/ische Atro-
pinreaktion. Strychnin und Veratrin verhalten sich ähnhch. Nur bei
Abwesenheit der beiden letzteren Alkaloide ist somit die Vitali-
sche Reaktion charakteristisch für die Atropaalkaloide.
2. Erhitzt man in einem trockenen Reagenzgläschen wenig Atropin
bis zum Auftreten weißer Nebel so macht sich ein angenehmer Geruch
bemerkbar; versetzt man hierauf mit 1 crn^ konzentrierter Schwefelsäure,
erwärmt bis zur Bräunung der Säure und verdünnt sofort mit etwa 2 «»^
Wasser, so tritt während des Aufschäumens ein intensiver, süßlicher und
honigähnlicher Geruch auf: diese, früher einzig bekannte Probe auf Atropin
gelingt noch mit O'Ol g Atropin.
3. Physiologischer Nachweis. Die sehr charakteristische Wirkung
des Atropins auf die Pupille des Auges kann ebenfalls zum Nachweise des
Atropins herangezogen werden. Die Erweiterung der Pupille tritt noch
durch einen Tropfen einer sehr stark verdüimten Atropinlösung (1:130000)
ein. Will man mit dem Ätherrückstande diesen Versuch ausführen, so
löst man ein Teilchen desselben in 4 — 5 Tröpfchen einer sehr verdünnten
Schwefelsäure auf und bringt 1 Tropfen dieser Lösung in das eine Auge
eines Hundes oder einer Katze. Die Erweiterung der Pupille hält oft viele
Stunden an. Die größte Vorsicht bei der Ausführung dieses Versuches ist
geboten, falls man mit dem Auge des Menschen operiert.
Homatropin.
Homatropin, CißHaiOgN, ist der Tropinester der Phenylglykol-
säure oder Mandelsäure. Das bromwasserstoffsaure Salz des Homatropins
wird an Stelle des Atropins arzneiüch verwendet, da seine Wirkung auf
die Pupille ungefähr so stark ist wie diejenige des natürlichen Alkaloids,
aber den Vorteil hat, weit rascher, nämlich in 12 — 24 Stunden, zu ver-
schwinden, während die Atropinwirkung oft mehrere Tage lang anhält.
Der Nachweis der (Mfte auf chemiscliom WeftQ. 739
Auch seine Giftigkeit ist geringer als die des Atropins. Ihnnatropin ist eine
starke tertiäre Base, die mit Säuren neutral reagierende Salze hiltlet und die
r/^rt//sche Probe gibt. Homatropin sthinilzt bei \)2 — ".Mi", llyosevamin
bei lOS" und Atropin bei lirvf)«.
Kokain.
Kokain, Cj^HaiNO^, kristallisiert aus Alkohol in groltcn. farblosen,
bei DS" schmelzenden, monoklinen Säulen, schmeckt schwach bitter und
ruft auf der Zunge eine vorübergehende Gefühllosigkeit h<'rvor. Kokain
ist in Wasser schwer (1 : 700), in Alkohol. Äther, Chloroform, Benzol und
Essigäther aber leicht löslich. Die Kokainlö.sungen reagieren stark alkalisdi
und drehen die Ebene des polarisierten Lichtstrahles nach links. Von ver-
dünnten Säuren wird Kokain zu meist gut kristallisierenden Salzen gelöst
und aus derartigen Salzlösungen wird es durch Alkalilauge, Ammoniak und
Alkahkarbonate wieder frei gemacht und ausgefällt.
Kokain ist eine einsäurige tertiäre Base, da es sich mit je einem
A(iuivalent einer Säure zu Salzen und mit je einem Molekül eines Alkyl-
jodids zu Ammonium Jodiden verbindet.
Verhalten im Tierkörper. Nach Tierversuchen werden vom Hund
nur etwa 5Vo des Kokains durch die Nieren als solches ausgeschieden und
vom Kaninchen überhaupt nichts. Da der Harn dieser Tiere auch kein
Ecgonin enthält ist zu vermuten, dali Kokain im tierischen Organismus
weitgehend zersetzt wird. Das gleiche erfolgt im menschlichen Oiganismus.
In Leichenteilen läßt sich Kokain nach H. Prodis höchstens noch nach
14 Tagen nachweisen; im lebenden Organismus soll es rasch in Ecgonin
übergeführt werden.
Nachweis des Kokains.
Kokain läßt sich aus einer wässerig-alkalischen Flüssigkeit mit Äther.
Chloroform oder Benzol ausschütteln. Vcm den meisten allgemeinen Alkaloid-
reagenzien werden Kokainsalzlösung selbst noch in starker \'erdünnung
ausgefällt: durch größere Empfindlichkeit für Kokain zeichnen sich aus:
J od jodkalium,Phosphormolybdän-,Phosphorwolfram säure. Queck-
silber Jodid jodkal in m,Wismutjodidj odkalium,Gold-.I'latinchlorid
un d Pikrinsäure.
Pieine konzentrierte Schwefelsäure, konzentrierte Salpetersäure. L'rd-
»ifiuiis Reagens, Fröhdes und Mandelins Reagens (\anadinschwefelsäuiv)
lösen Kokain ohne Färbung auf.
Spezielle Reaktionen.
1. Eine nicht zu verdünnte, wässerige Kokainlösung gibt mit 1 iiis
2 Tropfen Kalilauge eine weiße, milchige Trübung, aus der sich zuniichst
harzige Öltröpfchen, später feine Kristallnadeln von freiem Kokain vom
Schmelzpunkt 98° abscheiden.
47*
740 ^^- Autenrieth.
Den Verdunstungsrückstand des Ätherauszuges der wässerig-alkali-
scheu Flüssigkeit löse man erst in einigen Tröpfchen verdünnter Salzsäure
auf, füge tropfenweise Kalilauge im Überschüsse hinzu und kühle das
Gemisch gut ab, am besten durch Einstellen in Eis. Man muß bestrebt
sein, das Kokain in dem Grade der Reinheit zu erhalten, daß sein
Schmelzpunkt bestimmt werden kann. Im übrigen ist diese Keaktion
für Kokain nicht charakteristisch, da ja die meisten Alkaloide aus ihren
Salzlösungen durch überschüssige Kalilauge gefällt werden.
2. Gesättigte Kaliumpermanganatlösung fällt aus einer konzen-
trierten, wässerigen Kokainsalzlösung violett gefärbtes, kristallinisches
Kokainperm anganat. Liegt freie Kokainbase vor — Verdunstungsrückstand
der Ätherlösung — ■ so löse man diesen in einigen Tröpfchen verdünnter
Salzsäure auf, verdunste die Lösung auf dem Wasserbade zur Trockne,
nehme den Rückstand in möglichst wenig Wasser auf und prüfe dann mit
Permanganatlösung.
ä. Versetzt man eine nicht zu verdünnte Kokainsalzlösung tropfen-
weise mit b^lo^ger Chromsäure oder entsprechend konzentrierter Kali um-
dichromatlösung, so verursacht jeder einfallende Tropfen einen Nieder-
schlag, der sich beim Umschütteln sofort wieder löst; fügt man alsdann
zu der klaren Lösung etwa 1 cm^ konzentrierte Salzsäure, so scheidet
sich ein orangefarbener, mehr oder weniger kristallinischer Nieder-
schlag aus.
4. Nachweis der Benzoylgruppe im Kokain. Für diesen Nach-
weis sind mindestens 0"2 g Kokain erforderlich. Man erwärmt das Kokain
in einem Probierröhrchen einige Minuten mit etwa 2 cm^ konzentrierter
Schwefelsäure im kochenden Wasserbade und fügt nach dem Erkalten
unter Abkühlen tropfenweise Wasser hinzu; es erfolgt eine weiße, kristal-
linische Abscheidung von Benzoesäure, welche nach dem Trocknen durch
Sublimation oder, bei genügender Menge, durch Bestimmung des Schmelz-
punktes (1200) als solche erkannt wird. Man kann auch die Benzoe-
säure mit Äther ausschütteln; erhitzt man dann den Ätherrückstand mit
etwa 1 cm^ absolutem Alkohol und der gleichen Menge konzentrierter
Schwefelsäure, so tritt der charakteristische Geruch des Benzoesäure-
äthylesters, C.H^COOCoHs, auf.
5. Physiologischer Nachweis. Man löse die in Frage kommende
Substanz — Verdunstungsrückstand des Ätherauszuges von der wässerig-
alkalischen Flüssigkeit — in einigen Tröpfchen verdünnter Salzsäure auf,
dunste die Lösung auf dem Wasserbade zur Trockne ein und bringe einen
Tropfen der wässerigen Lösung des Rückstandes auf die Zunge. Bei Vor-
handensein von Kokain macht sich auf der Zunge eine vorübergehende
Gefühllosigkeit bemerkbar.
Nach ii*. JiLofterM Intoxikationen) benutze man zur physiologischen
Identifizierung des Kokains kleinere Frösche, die hinreichend empfindlich
sind. Man beobachte die Pupillenerweiterung und Starre der Pupillen,
Erweiterung der Lidspalte sowie die Erregbarkeit des Nervensystems.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wcjre. 741
Kiiiij^'e Kontrolltiere vergifte man zum ^'ers•leiclle mit analogen Dosen von
salzsanrem Kokain.
Physostigmin.
Physostigmin. auch Eserin genannt. Cl^II., NaO., . findet sich
in den Kalabarbohnen, den Samen von Physostigma venenosum, kri-
stallisiert aus Benzol beim freiwilligen Verdunstenlassen in groben, bei
1050 schmelzenden, anscheinend rhombischen Kristallen. Es ist nur wenig
löslich in Wasser, aber leicht löslich in Alkohol, Äther, Benzol und Chloro-
form. Die Physostigminlösungen reagieren stark alkalisch, sind fast ge-
sclimacklos und linksdrehend. Physostigmin ist eine starke, einsäurige,
tertiäre Base, die mit Sauren nur schwer kristallisierbare, zersetzliche Salze
i)ildet. Die Lösungen des Alkaloids, namentlich die sauren und alkalischen,
färben sich durch Belichtung und beim Erwärmen rot. Wegen dieser
leichten Zersetzhehkeit des Physostigmins ist bei seiner Isolierung der
Zutritt von Licht, Luft sowie höhere Temperatur zu vermeiden. Auch freie
Mineralsäuren und ätzende Alkalien müssen möghchst ausgeschlossen werden.
Konzentrierte SchwefeLsäure und konzentrierte Salpeter-
säure lösen Physostigmin mit gelber, alsbald in Olivengrün übergehender
Färbung. Mit rauchender Salpetersäure auf dem Wasserbade einge-
dampft, liefert Physostigmin einen, am Bande grün gefärbten Rück-
stand, der in Wasser, Alkohol und Schwefelsäure mit grüner Farbe lös-
hch ist.
Nachweis des Physostigmins.
1. Verdunstet man ein Physostigminsalz mit Ammoniak auf dem
Wasserbad zur Trockne, so hinterbleibt ein mehr oder weniger blau ge-
färbter Bückstand; war nur sehr wenig Alkaloid vorhanden, so ist dieser
Pvückstand grünlich gefärbt. Der blaue Bückstand gibt mit Alkohol eine
blau gefärbte Lösung, die beim Ansäuern mit verdünnter Mineralsäuro
oder Essigsäure eine rote P'arbe und starke Fluoreszenz zeigt. Die blaue,
alkalische Lösung zeigt im Spektrum in Bot, die rote, saure Lösung in
Gelb je einen Absorptionsstreifen.
Der beim Eindunsten mit Ammoniak bleibende l)laue Bückstand wird
von 1 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure mit grüner Farbe gelöst, die
beim Verdünnen mit Alkohol in Bot übergeht; läßt man den Alkohol ver-
dunsten, so kommt wieder die ursprünglich grüne Färbung zum N'orscliein.
2. Bildung von Bubreserin, CisHj^NaO,. Schüttelt man eine
wässerige Physostigminsalzlösung mit überschüssiger Kali- oder Natron-
lauge längere Zeit, so entsteht ein roter Farbstoff. Bubreserin genannt,
der sich in roten Nadeln ausscheidet und bei weitergehender Owdation
grünlicliblau färbt, indem Eserinblau entsteht. An Stelle der Alkalilauge
kann auch Baryt wasser genommen werden; hierbei entsteht zunächst
eine weiße Fällung, die sich beim Schütteln, unter Fmständen .schon in
der Kälte, sicher aber beim Aufkochen unter Schütteln alsbald rot f.irl>t
742 W. Autenrieth.
3. Physiologischer Nachweis. Sehr charakteristisch für Phvso-
stigmin ist die stark pupillen verkleinern de Wirkung des Alkaloids. -
Der Versuch wird am besten am Auge einer Katze ausgeführt; die
Pupillenverkleinerung ist nocii bei Ol mg Physostigmin wahrzunehmen.
Kodein.
Kodein, Methylmorphin, C^y H,8 (CHaiNOa, kristalUsiert aus
Wasser oder wasserhaltigem Äther in farblosen, durchsichtigen, oft sehr
großen Oktaedern . die in Wasser ziemlich leicht löslich sind ; 1 Teil
Kodein wird bei lö» von 80 Teilen, bei 100" von 15 Teilen Wasser gelöst.
Durch diese verhältnismäßig große Löslichkeit in Wasser unterscheidet
sich das Kodein von den meisten anderen Alkaloiden, z. B. vom Morphin.
— Auch Alkohol. Äther, Amylalkohol, Benzol und Chloroform lösen Kodein
reichhch auf, während es in Petroläther nahezu unlöshch ist. Die wässerige
Kodeinlösung reagiert stark alkalisch und schmeckt wie auch diejenige
seiner Salze stark bitter. — Reines Kodein reduziert Jodsäure nicht
und ruft in einer Mischung von Ferricyankalium und Eisenchlorid-
lösung nicht sofort eine blaue Färbung oder einen blauen Niederschlag
hervor. Auch mit Eisenchloridlösung allein färbt sich eine reine Kodein-
lösung nicht blau. Durch diese Pteaktionen unterscheidet sich Kodein vom
Morphin. Von den allgemeinen Alkaloidreagenzien fällen besonders Phos-
phormolybdänsäure, Jodjodkalium, Kaliumwismutjodid und Kali-
umquecksilberjodid auch sehr stark verdünnte Kodeinlösung aus. —
Gerbsäure. Pikrinsäure, Goldchlorid und Platinchlorid sind dem Kodein
gegenüber weniger empfindlich.
Reaktion des Kodeins.
1. Konzentrierte Schwefelsäure löst reines Kodein ohne Färbung
auf; bei mehrtägigem Stehenlassen in der Kälte, wie auch bei gelindem
Erwärmen, färbt sich eine solche Lösung rötlich oder bläulich-
violett. — Erhitzt man die Lösung des Kodeins in konzentrierter
Schwefelsäure auf etwa 150**, so färbt sie sich nach dem Erkalten mit
einem Tropfen konzentrierter Salpetersäure tiefrot.
2. Salpetersäure von 25 »/q HNOg löst Kodein unter Bildung von
Nitrokodein mit gelber, alsbald in Rot übergehender Farbe. — Konzen-
trierte Salpetersäure löst Kodein mit rotbrauner Farbe auf.
3. Verreibt man Kodein in einem Uhrschälchen mit der drei- bis vier-
fachen Menge fein gepulvertem arsensauren Kalium, ASO4KH,, sowie
mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure und erwärmt das Gemisch
über kleiner Flamme gelinde, so färbt es sich tiefblau oder, falls weniger
reines Kodein vorgelegen hat, mehr blau violett. Auf Zusatz von Wasser
oder Natronlauge geht die blaue Farbe in Orangegelb ül)er. — Ein Über-
schuß an arsensaurem Kalium beeinträchtigt diese Probe nicht.
Statt des arsensauren Kaliums kann auch eine Spur Eisenchlorid
genommen werden. Nach Vorschrift des „Arzneibuchs f. d. Deutsche Reich'
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 74Ü
o
soll zur P^rkcnnung- des Kodeins im Codeinum phosphoricum eine .Schwefel-
saure verwandt werden, welche in 10 ciii^ einen Ti()[>tVn oifizinelle Kiscn-
chloridl()Sung enthidt.
4. Fröhdes Ileafieus löst Kodein mit iielhlicher, idsliald in (Iriin
und schließlich in Blau übergehender Farbe: gelindes Erwärmen der
Lösung über kleiner Flamme beschleunigt diesen Farbenwechsel.
Nach R. Manch erwärmt man 2 bis 8 Tropfen der Kodeinchloral-
lösung mit 1 Tropfen „Fröhde", wobei schlieUlich eine intensive I!lau-
färbung zustande kommt.
5. Formalinschwefelsüure') löst Kodein erst mit rötlich-
violetter Farbe, die alsbald in Ulan violett übergeht. Diese Fäibung
hält lange an; das Spekti'um zeigt eine Auslö.schung von Orange und (ielb.
6. Erwärmt man eine Lösung von Kodein in Nvenig konzentrierter
Schwefelsäure mit einem Tröpfchen Zuckersirup gelinde, so färbt sie
sich purpurrot. Ein Überschuß an Zuckersirup ist zu vermeiden. — Oder
man löst das Kodein in einem Probierröhrchen in ca. 5 Tropfen 1)0- bis
ÖOVoigei' Chloralhydratlösung auf, mischt einen Tropfen Zuckersirup
darunter und unterschichtet 1 bis 2 cm'^ konzentrierter Schwefelsäure; es
entsteht eine recht haltbare, karminrot gefärbte Ringzone, welche beim Stehen
an Intensität zunimmt. Schüttelt man sofort nach dem Unterschichten der
Schwefelsäure tüchtig durch, so färbt sich die ganze Flüssigkeit rot, macht
aber meistens nach einiger Zeit einer mehr rotbraunen Färbung Platz.
7. Pellagrische Reaktion. Kodein gibt diese Reaktion geradeso
schön wie Morphin. Man löst das Kodein in konzentrierter Salzsäure unter
Zugabe von o bis 4 Tröpfchen konzentrierter Schwefelsäure, verdampft die
Salzsäure auf dem Wasserbade und erhitzt dann noch V4 Stunde lang darauf;
den schmutzigrot oder violett gefärbten Rückstand, der hierbei bleibt,
löst man in 2 bis 'd cm'^ Wasser, fügt einige Tropfen Salzsäure hinzu und
neutralisiert mit Xatriumbikarbonat. Jetzt liUit man 2 bis 5 Tropfen
alkoholische Jodlösung vorsichtig zutropfen und schüttelt einige Minuten
tüchtig durch. Eine hierbei auftretende smaragdgrüne Färbung der
Lösung zeigt dann Kodein an. Schüttelt man die grüne Lösung mit .\tlier
aus, so färbt sich dieser rot, während die wässerige Flüssigkeit ihre grüne
Farbe beibehält. — Diese Reaktion ist eine Probe des Apomorphins.
das aus dem Kodein unter dem Einflüsse der Mineralsäure entsteht :
Cj,Hi8(CH3)N03 + HCl = Ci, H„ N0.> 4- CH^CI + II, O
Kodein Apomorphin.
S. Selenigsäure-SchwefelsäureM löst Kodein mit blauer, rasch
smaragdgrün, später dauernd olivgrün werdender Farl)e.
Narkotin.
Narkotin, C22H.23NO7, kristallisiert in glänzenden Prismen oder in
büschelförmig vereinigten Nadeln, die in kaltem Wasser fast unlöslich sind,
*) Vgl. „Die Bereitung der Reagenzien", S. 813.
744 ^^ ■ Autciirieth.
sich aber in siedendem Alkohol und in Chloroform leicht lösen. Beim Er-
kalten der alkoholischen Lösung scheidet sich Narkotin fast vollständig
wieder ab. Es wird ferner bei 15° von 1 70 Teilen Äther, von 31 Teilen
Essigäther und von 22 Teilen Benzol gelöst. Narkotin zeigt in Lösungen
keine alkalische Reaktion und keinen bitteren Geschmack, wo-
durch es sich von den anderen Opiumalkaloiden wesentlich unterscheidet.
— Die Salze des Xarkotins kristallisieren nicht, sind nur wenig beständig
und ihre Lösungen reagieren sauer. Diejenigen Salze, welche mit flüchtigen
Säuren hergestellt sind, zersetzen sich beim Eindampfen ihrer Lösungen
unter Abscheidung von Narkotin. Natriumacetat fällt aus der salzsauren
Lösung des Alkaloids die freie Narkotinbaso aus.
Nachweis des Narkotins.
Infolge der schwach basischen Natur des Narkotins kann es aus der
wässerig-wein sauren Lösung mit Chloroform vollständig ausgeschüttelt
Averden. Durch dieses Verhalten läßt sich Narkotin von den anderen Opium-
alkaloiden sowie auch von anderen Alkaloiden trennen. Selbstverständlich
geht Narkotin auch ans der wässerig-alkalischen Flüssigkeit in Äther
und in Chloroform über. Beim Eindunsten der ätherischen Lösung bleibt
es meist als eine nur wenig gefärbte, firnisartige Masse zurück, die bei
längerem Stehen strahlig-kristallinisch erstarrt. — Salzsaure und schwefel-
saure Narkotinlösungen werden von Jod-Jodkalium, Phosphor molyb-
dänsäure, Quecksilberjodid- und Wismutjodidjodkalium auch
noch in größerer Verdünnung (1:5000) ausgefällt.
Spezielle Reaktionen des Narkotins.
1. Konzentrierte Schwefelsäure löst Narkotin beim Umrühren
mit grünlich-gelber Farbe, die allmählich in Rotgelb und schließlich
nach einigen Tagen in Himbeerrot übergeht.
2. Verdünnte Schwefelsäure. Dunstet man in einem Porzellan-
schälchen eine Lösung des Narkotins in verdünnter Schwefelsäure (1:5) auf
dem AVasserbade oder über einer kleinen Flamme ein , so färbt sie sich
rotgelb, dann bei stärkeren) Erhitzen karmoisinrot : wenn die Säure
zu verdampfen beginnt, treten vom Rande aus blauviolette Streifen auf
und die ganze Flüssigkeit färbt sich schließlich schmutzig rotviolett (Re-
aktion von Dragendorff'). Die gleichen Farbenerscheinungen kann man
beobachten, wenn man die gelb gewordene Lösung des Narkotins in kon-
zentrierter Schwefelsäure sehr vorsichtig erhitzt.
o. Fröhdes Reagens löst Narkotin mit grünlicher Farbe auf; ein
konzentrierterer Fröhdesdies Reagens bedingt bei gelindem Erwärmen
alsbald einen Farbenwechsel von Grün in Kirschrot.
4. Reaktion von Couerbe. Bringt man zu einer Lösung des Narkotins
in kalter konzentrierter Schwefelsäure nach 1 bis 2 Stunden eine Spur
Salpetersäure, so färbt sie sich rot, und zwar wird die Färbung mit der
Zeit schöner und intensiver.
1
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 745
Die gleiche P'ärbung erhalt man mit dem l-^rduKinnM'han Va-.v^vu-^.
5. Reaktion von A. Wangerin.^) Werden auf einem rhrschidchen
O'Ol (j Narkotin mit 20 Tropfen reiner konzentrierter Schwefelsäure und
einem bis zwei Tropfen P/oif^er Rohrzuckerlösung eine Minutr lang
unter umrühren auf dem kochenden AVasserbade erhitzt, so «ieht die an-
fangs grünlichgelb gefiirbte Lösung durch Gelb. Braungelb. IJraun und
Braunviolett in ein sehr schönes und intensives reines Blauviolett über.
Die Intensität der Färbung nimmt beim Stehen noch etwas zu. und
es halt sich der blauviolette P^arbenton einige Stunden unverändert.
Hydrastin.
Hydrastin. C.,, H21 NOß, findet sich neben Berberin. (.,„I1,;N(»^.
und Kanadin. CsoHoiNOi, in der Hydrastinwurzel. der Wurzel von
Hydrastin canadensis, in einer Menge von l\/o"/o und mehr vor. Das
aus dieser Wurzel dargestellte und arzneilich angewandte Fluidextrakt
enthält 2 bis 2V2V0 Hydrastin. Hydrastin kristallisiert aus Alkohol in
rhombischen, bei 1^2" schmelzenden Prismen, ist fast unlö.slich in Wasser,
abei' leicht löslich in heißem Alkohol, Benzol und Chloi-oform . schmeckt
bitter und gibt alkalisch reagierende Lösungen. Die Hydrastinlösungen sind
optisch aktiv: in Chloroform ist Hydrastin linksdrehend, während seine
Lösung in verdünnter Salzsäure rechtsdrehend ist.
Hydrastin ist eine einsäurige Base, die sich durch ihr \'erhalten
gegen Jodalkyle als eine tertiäre Base zu erkennen gibt. z. B. mit Jodmethyl
bildet es das in Nadeln kristallisierende Hydrastinmethyljodid.
Q.2\ H21 NOg . CH3 J. Durch Erhitzen mit Jodwasserstoffsäure nach der Methode
von Zeisel können ihm zwei Methylgrupj)en entzogen werden. Hydrastin
enthält daher zwei Methoxylgruppen.
Nachweis des Hydrastins.
Hydrastin laut sich der mit Natronlauge, Ammoniak oder Alkali-
karbonat alkalisch gemachten Lösung mit Äther oder Chloroform entziehen.
Aus dem Ätherauszuge der wässerig-alkahschen Flüssigkeit bleibt das
Hydrastin im kristallinischen Zustande zurück. Von den allgemeinen Alkaloid-
reagenzien fällt besonders Pikrinsäure die mit wenig Salzsäure oder
Essigsäure bereiteten Hydrastinlösungen aus, ebenso die Pik rolonsäure.
Zur Identifizierung des Hydrastins dienen die folgenden Reaktionen:
L Kalte konzentrierte Schwefelsäure löst Hydra.stin ohne Färbun-
auf: bei gehndem Erwärmen fäi-ben sich derartige Lösungen violett.
2. Fröhdes Reagens löst Hvdrastin mit grüner, allmiddiih in Br.inii
übergehende Farbe.
;;. Mandclim Peagens löst Hydrastin mit rosenroter. allmälili<li in
< »rangerot übergehender Farbe, die mit der Zeit verblalit.
') Ä. Wanejerin, Über Farbenreaktioncn des Karceiiis und Narkolins. l'h;irni.
/citnng. 48. 607 (1903).
74() ^^ • Auteiirictli.
4. Löst man Hydrastin in verdünnter Sch^vefels;ulre und fügt unter
tüchtigem ümsehütteln tropfenweise sehr verdünnte Kaliumpermangauat-
lüsung hinzu, so fluoresziert das Gemisch durch entstandenes Hvdrastinin
schön blau.
Pilokarpin.
Pilokarpin, CjiHip.NoO.,, findet sich neben Isopilokarpin und
wahrscheinlich auch neben Pilokar pidin in den Jaborandiblättern. den
Blättern von Pilocarpus pennatifolius. \) — Die freie Pilokarpinbase
wird fast immer als eine halbflüssige, klebrige, nicht flüchtige Masse er-
halten, die alkalisch reagiert, in Wasser nur wenig, in Alkohol, Äther und
Chloroform leicht löslich und in Benzol unlöslich ist. Die Lösungen des
Pilokarpins und seiner Salze sind rechtsdrehend. Als starke Base neutralisiert
Pilokarpin die Säuren und bildet mit diesen meist kristallisierende Salze.
Alkalilaugen scheiden aus den konzentrierten Salzlösungen die freie Pilo-
karpinbase ab, die sich aber im Uberschul'i des P'ällungsmittels wieder löst.
Durch Einwirkung von Natronlauge oder Natriumäthvlat oder glatter bei
einhalbstündigem Erhitzen von salzsaurem Pilokarpin auf 200" entsteht
durch molekulare ümlagerung das mit Pilokarpin isomere, höchst-
wahrscheinlich stereoisomere Lsopilokarpin, C^ H,6 Xj 0.,. Beide isomeren
Pilokarpine unterscheiden sich im Schmelzpunkt, im Löshchkeitsverhalten
und hauptsächlich auch im Drehungsvermögen. Isopilokarpin dreht schwächer
nach rechts als Pilokarpin und kristallisiert in zerf ließlichen , in Wasser
und in Alkohol leicht löslichen Prismen. Auch die Salze der beiden Basen
zeigen ähnliche Unterschiede.
Nitrat des Pilokarpins: Cu HigNs O2 .HNO3; Schmp. 178": |a]D = + S2-90o.
Nitrat des Lsopilokarpins : C„ E,^K Og. HNO3 : Schmp. 159«; [7-]d = + oö-ÖS^
Nachweis des Pilokarpins.
Pilokarpin läßt sich aus der wässerigen, mit Natronlauge oder
Alkalikarbonat alkalisch gemachten Flüssigkeit mit Äther, Chloroform oder
Benzol ausschütteln und bleibt beim Eindunsten derartiger Lösungen als
dicker, nicht kristallisierender, alkalisch reagierender Sirup oder Firnis
zurück. — Von den allgemeinen Alkaloidreagenzien zeichnen sich durch
Empfindlichkeit für Pilokarpin aus: Jodjodkali um, Phosphormolybdän-
säure, Phosphorwolframsäure und Wismutjodidjodkalium.
Spezielle Pteaktionen des Pilokarpins.
Man gibt in ein Reagenzgläschen ein Körnchen Kaliumdichromat,
gießt 1 bis 2 cm^ Chloroform darauf, dann Pilokarpin in Substanz oder
Lösung sowie etwa 1 cm^ S^/oiges Wasserstoffsuperoxyd und schüttelt ohne
Unterbrechung einige Minuten um. Das anfangs gelbliche Pieaktionsgemisch
*) Das Jaborin, das als ein -weiteres eigentümliches Alkaloid der Jaliorandi-
lilätter lieschrieben wurde, ist nach Untersuchungen von H. A. D. Joaett ein Gemisch
von Isopilokarpin. Pilokarpidin, wenig Pilokarpin und Farbstoff.
Der Nachweis der Gifte auf fhemisclieni Woge. 747
wird allmälilich dunkler und nach etwa 5 Minuten schwarzl)raun. Das Chloro-
form erscheint dann, je nach der Menge des Pilokarpins, hlauviolett
dunkelblau oder indigoblau gefärbt, während die über der Chloroforni-
schicht abstehende wässerige Flüssigkeit alhniililich verblaßt. Mengen von
0-01 g Pilokarpin färben das Chloroform intensiv blau, solche von OOOl .</
und weniger l'ilokarpin mehr blauviolett. Die Färbunii hält unter l'm-
ständen tagelang (H. Hclch\).
Bemerkungen. Apomorphin, 001 (/, färbt das Chloroform sclion oliiie
Wasserstoffsuperoxyd blauviolett. — Strychnin gibt dem Chloroform einen kaum
merkbaren Stich, verfärbt sicli aber schon innerlialli weniger Minuten vollständig. —
Autipyrin bringt nur beim Ansäuern des Wasserstoffsuperoxyds eine Färliunir im
Chloroform hervor.
2. Mandelins Heagens löst Pilokari)in mit goldgelber, allmählich hell-
grün und schließlich hellbraun werdender Farbe.
;>. Formalinschwefelsäure färbt sich beim Erwärmen mit l'ilo-
karpin gelb, gelbbraun und blutrot.
Ob sich Pilokarpin noch in der Leiche nachweisen läßt, ist nicht be-
kannt, da Pilokarpinvergiftungen mit tödlichem Ausgange bis jetzt nicht
vorgekommen sind.
Chinin.
Chinin, Ci,oH24N2 02, fällt aus seinen Salzlösungen auf Zusatz von
Alkahlaugen. Ammoniak oder Alkalikarbonat wasserfrei und stets amorjjh
aus, um allmählich in den kristallinischen Zustand überzugehen und bildet
dann ein Hydrat mit drei Mol. Kristallwasser. Auch andere Hydrate der
freien Chininbase sind dargesteht. Das wasserfreie Chinin schmilzt bei 1T:'»'\
das Trihydrat bei 57". Beim Eindunsten seiner ätherischen Lösung bleibt
Chinin in der Regel harz- oder firnisartig, nicht kristallini.^ch zurück.
Chinin ist in etwa 2000 Teilen kaltem und 700 Teilen siedendem Wasser
löslich und wird von Alkohol, Äther und Chloroform reichlich gelöst. Die mit
Hilfe von Schwefelsäure, Essigsäure oder Weinsäure hergestellten Chininsalz-
lösungen fluoreszieren schön blau. Die mit Schwefelsäure bereitete Lösung
zeigt noch eine deutlich wahrnehmbare Fluoreszenz bei einer Xerdünnung
von 1:100.000. Chlorwasserstoffsäure. Bromwasserstoffsäure und
Jodwasserstoff säure rufen in Chininlösungen keine Fluoreszenz hervor:
diese Säuren und ihre Salze heben sogar die Fluoreszenz auf, wenn sie einer
fluoreszierenden Chininsalzlösung zugesetzt werden.
Chinin ist eine zweisäurige, bitertiäre Base, die mit 1 und 1 .Xquiva-
lenten Säure meist gut kristahisierende Salze bildet. Die beständigeren
Chininsalze sind diejenigen mit 1 Ä(|uivalent Säure. Das arzneilich an-
gewandte Salzsäure Chinin, Chininum hydrochloricum, CjoH.iNaO. .
HCl.^HoO. kristalhsiert in langen, zarten, büschelt'örmig vereinigten
Nadeln. Die bitertiäre Natur des Chinins geht daraus hervor, daß es sich
') H. IMch, Die Identitätsreaktionen des Pilocarpinuin hyilrochloricum. l'barma-
zoutiscbe Post. 35. 289, 498 (1902) und 39. 373 (190H).
748 ^^ • Auteiiriotli.
mit zwei Molekülen eines Alkvljodids additionell vereinigt, z. I>. mit Methyl-
jodid znm Chinindijodmethylat, C2oHo4N.2()2 • SCHa J.
Nachweis des Chinins.
Chinin läßt sich einer wässerig-alkalischen Flüssigkeit mit Äther.
Ben/ol oder Chloroform entziehen. Aus der ätherischen Lösung bleil)t
Chinin als harziger, nicht kristallisierender Firnis zurück, in welchem das
Alkaloid durch die folgenden Reaktionen erkannt wird:
1. Verdünnte Schwefelsäure löst den Rückstand aus der Ather-
lösung mit schön blauer Fluoreszenz, falls er Chinin enthält.
2. Thalleiochin probe. Löst man den fraglichen Rückstand aus der
Ätherlösung in w^enig verdünnter Essigsäure und fügt 5 bis 10 Tropfen
starkes Chlorwasser hinzu, so erhält man eine farblose, schwach blau
fluoreszierende Lösung, die sich bei Gegenwart von Chinin mit über-
schüssigem Ammoniak schön grün färbt. Liegen größere Mengen Chinin vor.
so erhält man einen grünen Niederschlag, das Thalleiochin. Dieses Avird
hierbei stets als eine amorphe Substanz wechselnder Zusammensetzung er-
halten. Thalleiochin ist löshch in Alkohol und in Chloroform, aber unlös-
lich in Äther. E. Polacci erhitzt das Chinin, 0-01 r/, mit wenig Bleisuper-
oxyd, mit 2 — 3 cm^ Wasser und 2 Tiöpfcheii verdünnter Schwefelsäure
ganz allmählich zum Sieden, läßt absitzen und schichtet dann über die klar
abgegossene oder abfiltrierte Lösung vorsichtig 5 — 6 Tropfen Ammoniak:
an der Berührungsfläche der beiden Flüssigkeitsschichten entsteht dann
eine grün gefärbte Zone.
Nach H. Fiihncr^) ist die Thalleiochinreaktion an den p-()xychinolin-
komplex gebunden.
Verhinderung der Thalleioch inprohe. Antipyrin wirkt störend auf die
Tlialleiocliinprobe. Gemische f/oiger Lösungen von Chinin und Antipyrin geben schließ-
lich keine grüne, sondern eine sehr schöne rote Färbung. Die Wirkung des Antipyrins
hört erst auf, wenn nur 0'25 Teile desselben auf 5 Teile Chinin kommen. — Auch
Koffein verhindert das Zustandekommen der Thalleiochinprobe, wenn auf 2 Teile
Chinin 3 Teile Koffein entfallen. Verschiedene andere Substanzen, unter diesen der
Harnstoff, verhindern das Auftreten jedweder Färl)ung, während Atropin, Kokain,
Kodein, Morphin, Pilokarpin, Strychnin, sowie Karbolsäure und Chloralhydrat einen
störenden Einfluß auf elie Thalleiochinprobe nicht ausüben.
;]. Herapathitprobe. Man stelle sich eine Mischung her aus
HO Tropfen Essigsäure, 20 Tropfen absolutem Alkohol und 1 Tropfen ver-
dünnter Schwefelsäure (20«/o HoSüj. — Wird (rOlg Chinin mit 20 Tropfen
dieser Mischung zum Sieden erhitzt, dann ein Tropfen einer alkoholi-
schen Jodlösung (1 : 10) oder zwei Tröpfchen 1/10-n-Jodlösung hinzugesetzt.
•SO scheiden sich alsl)ald, manchmal erst bei längerem Stehen, grüne,
metallisch glänzende Kristallblättchen von sog. Herapathit aus. Der
Hei'apathit hat die konstante Zusammensetzung (4C3oH24N2^^2 • '"^H.^SOi .
2HJ . 4J . SHaO): er läßt sich aus siedendem Alkohol Umkristallisieren.
*) H. Fühner, Zur Thalleiochinreaktion des Chinins und der Kynurensäurercaktion
von Jar/e, Berichte d. Deutsch, ehem. Ges. 38. 2713 (1905).
Der Nachweis der (iifte auf cliemisclu'in Woj^'e. 741)
Im durchfallenden Lichte sind <lio Herapatliitkriställchen blal) olivcn<;riin.
im reflektierten Lichte dagegen schön kantharidengriin, metallisch glänzend.
Alkalilaugen, Ammoniak, schweflige Säure und Sciiwefelwasserstoff zersetzen drn
Herapathit. — Nach A. Christensen ist für die Herapathitpnihe das folgende Reagens vor-
rätig zu halten: 1 Teil Jod + 1 Teil 507oige Jodwasserstoffsäure + 08 Teile Schwefel-
säure + 50 Teile TO'Voiger Alkohol. — Man versetze dann die auf ( liinin zu prüfende
alkoholische Jjösuug mit einigen Tropfen von diesem Reagens.
Von den allgemeinen Alkaloidreagenzien empfiehlt sich besonders das
\Yismutjodid-Jodkalium als Fällungsmittel für Chinin: in schwefel-
sauren Chininlösungen entstehen mit diesem Ileagens intensiv gelhrot ge-
färbte Niederschläge, welche beim Schütteln mit Natronlange, Ausziehen
mit Äther und Verdunstenlassen der ätherischen Lösung das Chinin un-
verändert Hefern. H. Thotm^) verwendet diese Reaktion zur (juanti-
tativen Abscheidung des Chinins aus Gemischen.
Koffein.
Koffein. Da Koffein eine schwache Base ist. geht ein iieiliiii
nur kleiner Teil aus der wässerig-\veinsauren Lösung in Äther über:
bei weitem die größere Menge von vorhandenem Koffein läßt sich aus
wässerig-alkalischer Flüssigkeit mit Äther, besser Chloroform, aus-
schütteln; beim Eindunsten des Ätherauszuges bleibt Koffein in weil'ien.
stark glänzenden, meist strahlig gruppierten Nädelchen zurück. Da Koffein
in Äther ziemUch schwer löslich ist, schüttelt man die wässerig-alkalische
Flüssigkeit mit größeren Mengen aus. l'ber den Nachweis des Koffeins
vergl. die früheren Angaben.
Antipyrin.
Antipyrin. Die größte Menge des Antipyrins geht aus der
wässerig-alkalischen Flüssigkeit in Äther über: dieser Ätherauszug liefert
meist ein reineres Antipyrin , häufig sogar Kristallblättchen . als der-
jenige der weinsauren Lösung. Antipyrin unterscheidet sich von den
meisten Alkaloiden dadurch, daß es nur schwach bitter schmeckt
und in Wasser sehr leicht löslich ist. Zum Nachwei.^e des .\ntipyrins
löst man einen erhaltenen Verdunstungsrückstand aus der ätherischen
Lösung in wenig Wasser und prüft die abfiltrierte Lösung, auf zwei
Probierröhrclien verteilt, mit Eisenchloridlösung und mit rauchender
Salpetersäure auf Antipyrin. (Vergi. die früheren Angaben über Antipyrin.)
Nachweis des Antipyrins im Harn. Nach innerlicher Darreichung
von Antipyrin ist der Harn intensiv gelb bis blutrot gefärbt. Antijjyrin
geht im tierischen Organismus zum Teil als Oxyantipyringlukuron-
säure, zum Teil unverändert in den Harn über und kann meist im
Harn direkt mit Eisenchloridlösung nachgewiesen werden, /um sicheren
M />. Jonescu und //. TJionis, Üher die Fällbarkeit und i|uantitative Hestinuuung
von Alkaloiden mit Hilfe von Kaliumwisnuitjodidhisung. Herichto d. I»eutscii. pharniaz.
(xes. 16. 130 (1906).
750 ^^ • Auteurieth.
Nachweis des Antipyrins versetzt man eine größere Menge des fraglichen
Harns mit Ammoniak im f^berschusse, schüttelt mit Chloroform aus, dunstet
den abfiltrierten Chloroformauszug ein, löst den bleibenden Rückstand in
Avenig Wasser auf und prüft die abfiltrierte Lösung mit Eisenchloridlösung
und mit rauchender Salpetersäure auf Antipyrin.
Antipyrin wird leicht resorbiert: schon eine Stunde nach Einnahme
von Antipyrin kann der Harn eine rötliche Farlie zeigen und die Eisen-
chloridreaktion geben. Die rote Farbe ist nach 24 Stunden verschwunden,
die Antipyrinausscheidung dauert aber noch fort und es kann Antipyrin
selbst noch nach 86 Stunden nachgewiesen werden. Zweckmäßig über-
schichtet man den Harn mit einer stark verdünnten Eisenchlorid-
lösung: ist der Harn antipyrinhaltig, so bildet sich ein roter Ring. —
Nach Jonescu^) geht beim Menschen innerlich eingenommenes Antipyrin
unverändert als solches in den Harn über: nur zum geringen Teil, näm-
lich nach großen Dosen, wird es, an Schwefelsäure gebunden, ausgeschieden.
Eine Paarung mit Glukuronsäure tritt nach Jonescu im menschlichen
Organismus nicht ein.
Pyramidon.
Pyramidon oder 4-Dimethylamiuoantipyrin, CigHi^XoO, wird
in neuerer Zeit als fieber- und schmerzstillendes Arzneimittel vielfach ge-
braucht; es bildet ein fast geschmackloses, weißes, in Wasser leicht
lösliches, kristalhnisches, bei 108° schmelzendes Pulver. Die wässerige Lösung
desselben reagiert neutral ; aus weinsaurer Lösung geht es nur in Spuren
in Äther über, läßt sich aber aus der wässerig-alkalischen Lösung mittelst
Äther oder Chloroform leicht und vollständig ausschütteln und bleibt dann
beim Eindunsten des Lösungsmittels meist in feinen Nädelchen zurück.
Pyramidon ist in Alkohol, Äther, Chloroform und Benzol leicht löslich. Es
unterscheidet sich vom Antipyrin durch sein kräftiges Reduktions ver-
mögen, z. B. reduziert es Goldchlorid schon in der Kälte, während
Antipyrin und Tolypyrin mit Goldchlorid erst beim Kochen reagieren.
Reaktionen des Pyramidons.
1. Mit Eisenchloridlösung gibt Pyramidon eine blauviolette, bald
ins Rotviolett übergehende und darauf verschwindende Färbung.
2. Eine wässerige Pyramidonlösung färbt sich mit einigen Tropfen
rauchender Salpetersäure blau bis blauviolett.
o. Brom Wasser bewirkt eine graue, in konzentrierten Pyramidon-
lösungen eine tintenartige Verfärbung.
4. Jodtinktur färbt eine wässerige Pyramidonlösung blau.
V. Die Untersucliiing des Itheranszuges und des ( lilorofonnaus-
ziiges der mit Ammoniak alkaliscli gemachten wässerigen Fliissigkeit.
^) D. Joncscti. Über die Antipyiiiianssclieidunij ans dem menschlichen Orüanismui^.
Berichte d. Deutsch, pharmaz. Ges. 10. 133 (190G).
Der Nachweis der Gifte aiil ciiciniscliciu NN'ege. 7Ö1
a) Ätherauszug-: Apomorphiii und Spuren vun Moi pliiii. ')
ß) Chloroforraauszug: Morphin und Narcein.
Auch Antipyrin, Colchicin und Koffein-) können sich in diesem
Auszuge noch vorfinden.
Die von Äther getrennte, wässerige, alkalisch reagierende
Fhissigkeit muß noch auf die unter a und [i angeführten Stoffe gepi-iift
werden. Apomorphin gibt sich schon dadurch zu erkennen, (kil'i die ur-
sprüngliche, wässerige, weinsaure Lösung des l'ntersuchungsmaterials
schön grün gefärbt ist und daß sie sich beim Cbersättigen mit Natron-
lauge, besonders beim Stehen an der Luft, infolge eintretender Oxydation
allmählich purpurrot färbt; ferner sind die Ätherauszüge der wässerig-
weinsauren und der wässerig-alkalischen Flüssigkeit bei \'orhandensein von
Apomorphin rot oder violettrot gefärbt, /eigen die nach dem Sfas-
Otto^i-hen Verfahren enthaltenen wässerigen und ätherischen Lösungen
die angegebenen Eigenschaften nicht, so braucht man nicht auf Apomorphin
zu untersuchen, also auch nicht mit Äther auszuschütteln; man geht
dann direkt zur Untersuchung auf Morphin und Narcein über.
Um Apomorphin, Morphin und Narcein mit einem geeigneten
Lösungsmittel ausziehen zu können, muß die vom Äther getrennte, wässe-
rige, durch Natron alkalisch reagierende Flüssigkeit erst mit Ammoniak
alkalisch gemacht werden. Dies geschieht in der Weise, daß die be-
treffende Flüssigkeit erst mit verdünnter Salzsäure angesäuert — Probe
mit blauem Lackmuspapier — , dann mit Ammoniakflüssigkeit bis zur
alkalischen Reaktion versetzt wird.
7.) Kann nach dem oben angegebenen Verhalten Apomorphin vor-
handen sein, so schüttelt man die in der angegebenen Weise mit Ammoniak
alkalisch gemachte, wässerige Flüssigkeit sofort wiederholt mit Äther und
alsdann, nämhch zur Prüfung auf Morphin und Narcein. wiederholt mit
heißem Chloroform aus.
ß) Kann aber Apomorphin nicht vorhanden sein oder hat mau auf
dasselbe bei einer Untersuchung keine Rücksicht zu nehmen, so schüttelt
man die „ammoniakalische" Flüssigkeit direkt, und /war wiederholt
mit heißem Chloroform aus (siehe weiter unten).
Apomorphin.
Apomorphin, Cj^ H^y NO.^, ist eine in Alkohol, Äther, Üenzol und
Chlorofoi-m leicht lösliche, amorphe Base, die sich an der Luft schön grün
färbt; au(;h die wässerigen und alkoholischen Lösungen des Apomorphin.^.
die ursprünglich farblos sind, färben sich an der Luft infolge von Oxydation
l)ald grünlich. Die Lösungen des durch Oxydation veränderten Apomor-
') Das frisch f^refälltc, noch amorphe Morphin geht in Spuren in Äther ülier.
^) Antipyrin, Colchicin und Koffein sind in Äther schwer, in ChKiroforni
aber leicht löslich; sind diese Stoffe aus der wässerig-alkalischen Flüssigkeit mit .\ther
nicht vollständig ausgeschüttelt worden, wie dies häufiir vorkommt, so finden sie sich
auch noch im Chloroformauszuge neben Morphin und Narceiu vor.
752 W. Auteuricth.
phins in Wasser und Weingeist sind smaraiidgrün. die in Ätlier und
Benzol purpurviolett und die in Chloroform blauvioiett gefärbt. Apomor-
phin lost sich wie Morphin in Kali- und Natronlauge, besitzt also Phenol-
charakter. Die alkalischen Lösungen des Alkaloids bräunen sich alsbald
oder färben sich an der Luft unter Sauerstoffaufnahnie sogar schwarz.
\'oin Morphin unterscheidet sich Aponiorphin durch eine größere Lös-
lichkeit in Wasser und in Weingeist, besonders aber durch seine Löslich-
keit in Äther, Benzol und kaltem Chloroform . worin Morphin fast un-
löslich ist.
a) Ätherauszug: Nachweis des Apomorphins.
Aus wein saurer Lösung läßt sich Apomorphin mit Äther nicht aus-
schütteln; es gehen aber seine farbigen Oxydationsprodukte in diesen
über. Die Lösung des Alkaloids in Kalilauge oder Natronlauge verhält sich
geradeso: nur einer mit Ammoniak alkalisch gemachten Flüssigkeit
läßt sich Apomorphin mit Äther oder Chloroform entziehen. Seine äthe-
rische Lösung hinterläßt das Apomorphin beim Eindunsten als einen meist
grünhch gefärbten Rückstand, der stark reduzierend wirkt; beispielsweise
wird Jod säure reduziert unter Freiwerden von Jod, Goldchlorid unter
Purpurfärbung. Apomorphin wird durch die folgenden Reaktionen erkannt :
1. Konzentrierte Schwefelsäure löst Apomorphin ohne Färbung
auf; fügt man zu dieser Lösung ein Tröpfchen konzentrierte Salpetersäure, so
nimmt sie vorübergehend eine violette Färbung an, die alsbald in Bl utrot und
schUeßlich in Gelbrot übergeht. Konzentrierte Salpetersäure allein
gibt mit Apomorphin violettrot gefärbte, alsbald rotbraun und schließlich
braunrot werdende Lösungen.
2. Pellagrische Reaktion. Versetzt man eine Lösung von Apomor-
phin in verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure erst mit überschüssigem
Natriuml)ikarbouat, dann tropfenweise mit 1 — 3 Tröpfchen alkoho-
lischer Jodlösung und schüttelt tüchtig durch, so färbt sie sich blau-
grün oder mehr smaragdgrün; schüttelt man hierauf mit wenig Äther
aus, so färbt sich dieser schön violettrot, während die wässerige Flüssig-
keit noch grün gefärbt bleibt.
o. Fröhdes Reagens löst reines Apomorphin mit grüner, die durch
die Luft mehr oder weniger veränderte Base mit violetter Farbe.
4. A. Wanyerinsche Reaktion, i) Versetzt man l em^ einer frisch
bereiteten, etwa P/o igen Kaliumbichromatlösung und schüttelt etwa
eine Minute lang, so färbt sich die Lösung tief dunkelgrün. Schüttelt
man alsdann mit einigen Kubikzentimetern Essigäther kräftig durch, so färbt
sich dieser bleibend schön violett, (übt man jetzt etwa 5 Tropfen einer
l°/oigen Zinnchlorürlösung-) hinzu und schüttelt einmal um, so tritt ein
') A. Wangerin, Über den Belchscheu Pilokarpinnachweis und über Aporaorphin-
reaktionen. Pharmazeutische Zeitung. 47, 599 und 739/40 (1902).
-) Diese Zinnchlorürlosuug wird hergestellt aus lg Sa C\„ .'ZU ^O'öQ cm'-' Salz-
säure von 25 7o H.C1 und 50 cw' Wasser.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 758
Farbenumschlag der Essigätherschicht in Grün ein und durdi eincutcii
Zusatz einiger Tropfen der Kaliunulichronuitlösung wird der Essii>;ith('r
wieder violett gefärbt. Nimmt man l)eim Anstellen dieser Probe statt des
Essigäthers 10 cin^ Chloroform, so färbt sich das letztere durch das Oxy-
dationsprodukt des Apomorphins ebenfalls violett, aber bei nachhcrigem
vorsichtigen Zusatz der Zinuchlorürliisung rein indigoblau; bei Schütteln
mit einer weiteren Menge Kaliumdichromatlösung bleibt aber diese lllau-
färbung bestehen.
Die Untersuchung des Chloroformanszuges.
Vorprobe auf Morphin. Zur vorläufigen Prüfung auf Moipliiii
säuert man eine IVobe der vom Äther getrennten, wässerig-alkalischen
Flüssigkeit mit verdünnter Schwefelsäure an, setzt einige Tropfen Jodsäure-
lösung hinzu und schüttelt mit wenig Chloroform aus: färbt sich (his letzteie
durch freies Jod violett, so kann Morphin zugegen sein. Der positive Aus-
fall dieser Probe gestattet aber keinen bestimmten Schluß auf das \'or-
handensein von Morphin, da es außer diesem Alkaloid noch sehr viele
organische Stoffe gibt, die ebenfalls Jodsäure reduzieren. > ) Die Jodsäure-
reaktion hat demnach nur den Wert einer empfindlichen Vorprobe auf
Morphin: tritt die Reaktion nicht ein, so ist höchst wahrscheinlich Morphin
nicht vorhanden; tritt sie aber ein, so kann Morphin zugegen sein.
Zum sicheren Nachweis des Morphins und Narceins schüttelt
man die nach den obigen Angaben mit Ammoniak alkalisch iiemachte
wässerige Flüssigkeit in einer geräumigen Kochflasche sofort mit ziem-
lich viel heißem Chloroform-) aus und trennt die beiden Flüssigkeits-
schichten in einem Scheidetrichter. Ein wiederholtes Ausschütteln der
wässerigen Flüssigkeit mit neuen Mengen von heißem Chloroform ist
unbedingt notwendig, weil die freie Morphinbase auch in siedendem Chloro-
form nur wenig löslich ist. Sollte das Chloroform mit der wässerigen
Flüssigkeit eine sich nur schwer trennende Emulsion geben, so fügt man
einige Tropfen Alkohol hinzu, stellt die Kochflasche mit diesem Gemisch
auf das warme, nicht kochende Wasserbad und schwenkt sie von Zeit zu Zeit
vorsichtig um. Hierbei trennt sich die Chloroformschicht meist alsliald von
der wässerigen Flüssigkeit. Die sämtlichen Chlorofonnanszüge bringt man
in eine trockene Kochflasche, fügt zur Beseitigung von etwa anhaftendem
Wasser einige Kriställchen trockenes Kochsalz oder entwässertes Natrium-
sulfat hinzu, gießt die völlig klar gewordene Chloroforndösung (hirch ein
trockenes Filter und läßt sie auf einer nicht zu großen riii-schale. die m.in
') Bei der l'iitcrstichung von I.ei chcnteileu, die absohit morpliiiifriM be-
fiiudcn wurden, hat der Verfasser wiederholt Auszüge erhalten, die .lodsiiure stark
reduzierten.
-) C. Kippenherf/er, Beiträge zur analytischen Chcniie der Alkaloide . Zeitsclir. f.
analyt. Chem. 39. 201. 290 (1900) nimmt zum Ausscliiitteln des Morpiiins ein (.'hloni-
form, das 10 Yol.-Proz. absoluten Alkohol enthält.
Abderhalden. Handbuch der biochemischen Aibeitsmethoden. V. ^o
754 ^^ • Auteiiricth.
auf das erwärmte Wasserbad stellt, eindimsten: mau filtriert die Chloroform-
lösiuii>- direkt auf die Uhrschale in dem Maße, wie das Chloroform verdampft.
PUeibt hierbei ein bitter schmeckender A'erdunstun<>srückstand. der mit
Hilfe eines Platinspatels oder eines Taschenmessers zusammenzukratzen ist.
so ist er auf Morphin und Narceini) zu untersuchen. Man untersucht
diesen Verdunstungsrückstand mit Hilfe der i-VöVic/eschen, Husemaimsch^n
und Fellagrischen Probe, wie auch mit Formalinschwefelsäure auf
Morphin. Nur wenn alle diese Morphinproben zu einem positiven
Ergebnisse führen, ist Morphin nachgewiesen! Falls es die Menge
des erhaltenen Chloroformrückstandes gestattet, sucht man das Morphin
auch mit Eisen chloridlösung nachzuweisen, denn gerade diese Probeist
für Morphin äußerst charakteristisch, erfordert aber freilich mehr als
Spuren von Morphin.
Die Reinigung des erhaltenen Kohmorphins.
Ist der erhaltene Verdunstungsrückstand der Chloroformauszüge zu
sehr verunreinigt und besonders durch Farbstoff rötlich oder bräun-
lich gefärbt, so ist eine Reinigung des Rückstandes notwendiu'. Man löst
dann den Rückstand in heißem Amylalkohol auf und schüttelt diese
Lösung mit heißem Wasser, das einige Tropfen verdünnte Schwefelsäure
enthält, wiederholt tüchtig aus. Die Säure entzieht hierbei dem Amyl-
alkohol das Morphin, während die färbenden Stoffe im AmylaUvohol größten-
teils gelöst bleiben. Man versetzt dann die in einem Scheidetrichter ab-
getrennte w^ässerige, schwefelsaure Lösung mit Ammoniak bis zur alka-
lischen Reaktion und schüttelt sie wiederholt tüchtig mit heißem Chlo-
roform aus. Dieser Chloroformauszug läßt beim Eindunsten etwa vor-
handenes Morphin meist im nahezu reinen Zustande zurück.
Morphin.
Morphin. C^HigNO^, kristallisiert aus verdünntem Alkohol in
farblosen durchscheinenden, glänzenden Prismen, die in Wasser nur wenig
löslich sind, 1 : 5000 bei 15" und 1 : 500 bei 100" und die stark bitter
schmeckende, alkalisch reagierende Lösungen geben. In Äther und Benzol
ist das kristalüsierte Morphin unlöslich. Von Amylalkohol, heißem Chloro-
form und Essigäther wird das amorphe Alkaloid gelöst. Aus den Mor])hin-
salzlösungen wird durch Ammoniak, IvaUlauge, Natronlauge und Alkali-
karbonat die freie Morphinbase gefällt, die aber als phenolartige Verbindung
im Fberschusse der Alkalilauge löslich ist.
Morphin ist eine einsäurige und zwar tertiäre Base, die mit einem
Äquivalent Säure meist gut kristallisierende Salze gibt.
Morphin wird leicht oxydiert in alkalischer Lösung schon durch
den Luftsauerstoff, ferner durch Kaliumpermanganat, f^rricyankalium.
^) Auch Autipyrin, Colchicin uud Koffein köimcu sich in diesem Rück-
stände vorfinden (s. oben).
Der Nachweis der Gifte auf chemischem We''e.
^■.^.}
jiiniiioniakjilisclie Kupfciiösung', indem hierbei das un,uifti<>(', in Alkalilaujie
lösliche Oxydimorphin entsteht, das aurji rseudomorphiii üe-
nannt wird:
2C„ H,9 m, + 0 = (C„ H,8 NO,), + Il^O.
Morphin Oxydimorphin.
Infolge der leichten Oxydierbarkeit wirkt Morphin stark immI ii/icri-iid.
Nachweis des Morphins.
1. Konzentrierte Salpetersäure löst Morphin mit blutroter,
allmaiilich in Gelb übergehender Farbe. Zinnchlorür oder Hchwefeiamnionium
rufen in dieser iielb gewordenen Lösung keine \':olettf;irbunü hervor
(Tuterschied von Brucin).
2. Husemannsche Reaktion. Konzentrierte Schwefelsäure löst
Morphin ohne Färbung auf. Erhitzt man eine derartige Morijhinlösung in
einem Uhrschälchen V2 Stunde lang auf dem Wasseri)ad(' oder ganz kurze
Zeit iilier einer kleinen Flamme, und zwar so lange, bis reichlich weiße
Dämpfe auftreten, so färbt sieh die Lösung rötlich oder bräunlich. Füiit
man dann zu der vollständig erkalteten Lösung einen Tropfen konzen-
trierte Salpetersäure hinzu, so tritt ganz vorübergehend eine rot violette
Färbung auf, die alsbald in Blutrot oder 0 eibrot übergeht, um schließlich
ganz zu verblassen.
Diese Reaktion gelingt auch in der Weise recht gut. daß man die
Lösung des Morphins in der konzentrierten Schwefelsäure bei gewöhnlicher
Temperatur 24 Stunden-lang im FAsikkator stehen läßt und dann eine
Spui- konzentrierte Salpetersäure zusetzt.
Statt der Salpetersäure Ivönnen auch einige Körnchen Salpeter oder chlor-
saures Kalium verwendet werden.
Ist das Morphin nicht vollkommen rein, also in einem Ziistande, wie es
gewöhnlich bei der Untersuchuni{ von Leichenteilen aus der Chloroformlösung zurück-
bleibt, so gibt es mit Schwefelsäure meist eine stark gefärbte Lösung, die sich beim
Erwärmen noch dunkler färbt. Aber auch dann ist die Rotfärl>ung noch deutlich
zu erkennen, wenn die erkaltete schwefelsaure Lösung mit Salpetersäure oder Salpeter
versetzt wird.
;i. Pellagrischo Reaktion wird in der füi- Kodein angegebenen
Weise ausgeführt: ein Überschuß an alkoholischer Jodlösuni; muß ver-
mieden werden, weil sonst die grüne Färbung durch die des Jods ver-
deckt wird.
4. „Fröhde" löst Morphin mit schön violetter Farbe, die duirli
Blau in ein schmutziges Grün und schließlich in ein schwaches Rot
übergeht. Auf Zusatz von Wasser verschwinden diese Färi)unuen.
;'). Marquis Reagens. Formalinschwefelsäure ' ) löst Morphin
mit purpurroter Farbe auf, die in Violett und schließlich in ein reines
Blau übergeht. Bringt man die blau gewordene Lösung in ein engeres
M Man mische 2—3 Tropfen 407oige Formaldeliydhisung = Kormaldeliydum s«-
iutum des „Arzneilmclies" mit b cni^ konzentrierter Schwefelsäine und verwende Hir dir
Moipliinprobe einige Tropfen dieser erkalteten Miscluuig.
48^^
756 ^^ • Auteurieth.
lieagenzgläschen, so daß die Luft nur ungenügend Zutritt hat, so hält sich
der blaue Farbenton längere Zeit. Außer Morphin geben auch Code in und
Apomorphin mit Formahnschwefelsäure die violette Farbenreaktion. Auch
Xarkotin gibt violett gefärbte Lösungen; doch geht die Farbe in Oliv-
grün und schheßUch in Gelb über. Oxydimorphin färbt sich mit dem
Marcjiiis&chen Reagens grün.
6. Jodsäureprobe. Schüttelt man eine Lösung von Morphin in
verdünnter Schwefelsäure mit einigen Tropfen einer wässerigen Lösung
von reiner Jodsäure und mit wenig Chloroform , so färbt sich letzteres
durch freies Jod violett.
Diese empfindliche Probe ist selbstverständlich nur dann für Morphin
beweisend, wenn andere reduzierend wirkende Substanzen nicht zugegen sind.
7. Eisenchloridprobe. Eine neutrale Morphinsalzlösung färbt sich
mit neutraler Eisenchloridlösung rein blau. Den Verdunstungsrückstand
aus der Chloroformlösung löse man in wenig stark verdünnter Salzsäure
auf, dunste die Lösung auf dem Wasserbade zur Trockne ein und ver-
setze die wässerige Lösung des Rückstandes mit 1 — 2 Tröpfchen Eisen-
chloridlösung. — Durch diese Probe gibt sich das Morphin als Phenol
zu erkennen.
8. Lloi/di>che Reaktion. Die Violettfärbung, die eine schwefelsaure
Strychninlösung mit Kaliumdichromat gibt, wird nach Lloyd auch durch
ein Gemisch von Morphin, Hydr astin und konzentrierter Schwefelsäure
allein, also ohne Dichromat, hervorgerufen. Zum Nachweis des Mor-
phins bzw. Hydrastins läi'jt sich die Llot/dsche Reaktion nur dann ver-
werten, wenn mehr als Spuren der beiden Alkaloide vorhanden sind. Als
charakteristisch können nach A. Wangerin^) nur diejenigen Reaktionen
gelten, bei denen O'OOö— 0-01 (j Morphin und 0-002— O'Ol g Hydrastin zur
Einwirkung kommen. Ungefähr diese Mengen der beiden Alkaloide zerreibt
man zunächst für sich im Uhrschälchen möglichst innig, fügt 5 Tropfen
reine konzentrierte Schwefelsäure hinzu und durchrührt das Gemisch bei
weißer Unterlage 10 Minuten lang. Der Farbenton des Gemisches ist dann
im Innern klar rotviolett und in den dünneren äußeren Schichten mehr
oder minder blauviolett.
Salzsaures Apomorphin gibt beim Verreiben mit Hydrastin und
konzentrierter Schwefelsäure fast die gleiche Reaktion wie Morphin.
9. Ferricyankaliumprobe. Die wässerige Lösung eines Morphin-
salzes färbt sich, mit einigen Tropfen einer stark verdünnten Mischung
von Ferricyankalium- und Eisenchloridlösung versetzt, tief blau, oder
es scheidet sich, falls größere Mengen von Morphin vorliegen, ein blauer
Niederschlag ab. g
10. Erwärmt man eine wässerige Morphinsalzlösung mit einer am-
moniakalischen Silbernitratlösung, so fällt graues metallisches Silber aus.
') A. Wancferin, Beitrag zur Lloi/clsch&n Reaktion auf [Morphium. Pharmazeutisclie
Zeitnug. 48. 57 (1903).
Der Nachweis der Gifte auf cliemisclieni Wcac
<•> I
Alliiemeine Alkaloidreagcnzien. Von dioscii zoiclmcii sich durch
größere Empfindlichkeit gegen Morphinsulzlösungen aus: Jodjodkalium.
Phosphorwolframsäure, Quecksilberjodidjodkaliuni . Wismut-
jodidjodkalium, Phosphormolybdiinsäure und Ooldchlorid. —
Platinchlorid erzeugt erst nach einiger Zeit einen orangegelhen. körni-
gen Niederschlag. — Gerbsäurelösung bewirkt entweder keine Fällung
oder höchstens eine sehr schwache, nach einiger Zeit etwas stärker
werdende Trübung.
Verhalten des Morphins im tierischen Organismus.
Morphin wird ebenso von der Schleimhaut des Magens als von der
des Mastdarms und der Luftwege als auch von offenen Wunden aus re-
sorbiert. Unter die Haut gespritzt, wirkt ^lorphin schneller und stärker
als vom Magen aus. Aus dem Blute verschwindet Morphin nach i/a/7/Mi.s' ')
sehr rasch, indem es an gewisse Organe, wie an das Gehirn, gebunden
oder, wie man auch sagt, verankert wird. Ein Teil des resorbierten Mor-
phins wird mit Gl uku ronsäure gepaart, ein Teil wird oxydiert, wäh-
rend der liest des Alkaloids unverändert als solches ausgeschieden wird.
Nach Faust wird Morphin nur bei den Menschen und Tieren, die an das
Gift gewöhnt sind, umgewandelt bzw. zerstört, während bei nicht Iiinnuni-
sierten das Morphin unverändert durch den Kot, und zwar nahezu (luantitativ
ausgeschieden werden soll. Im Harn erscheint Morphin bei medizinalen
Dosen nur in sehr geringer Menge. Ein nicht geringer Teil des aufge-
nommenen Morphins wird bei Menschen und Hunden durch die Drüsen
des Magen dar mkanals wieder ausgeschieden, selbst wenn das Alkaloid
subkutan eingespritzt wurde.
Bei intravenös eingespritztem Morphin w^erden nach .l/(/r7«//.9 schon
im Verlaufe von 15 Minuten über SO^/o in der Leber abgelagert, und dieses
^lorphin ist darin zunächst noch frei vorhanden, wird aber alsbald gebunden
oder umgewandelt. Im Gehirn beginnt die Bindung des Morphins ebenfalls
sehr bald. Auch im Blute, in der Milz, in den Nieren und in der Darmschleim-
haut wird das freie Morphin rasch verändert. In allen Fidlen wird nach
Manilas bei akuter und noch mehr bei chronischei- Morphinvergiftung ein
erhebhcher Teil des Giftes aus dem Blute entfernt und in Speichel-
drüsen, Magenschleimhaut, Dickdarmschieini haut, Niei-e, .Milz.
Leber aufgestapelt und dadurch dem Gehirn nnd Bückenmark ent-
zogen.
Gegen Leichenfäulnis ist Morphin ziemlich beständig. So konnte
M\ Autenrieth') das Morphin von morphinhaltigen Leichenteilen, nändich
in Magen und Darm samt Inhalt, die in einem GlasgefäUe Ihm unuenügcii-
dem Luftzutritt vollständig in Verwesung übergegangen wai-en. uocli nai li
15 Monaten nachweisen.
') Arbeiten des Dorpater Instituts ed. Kohert. 14 (1896).
-) W. Axfoiricf/i, Über das Verhalten des ^buphins und Strychnins bei der
Leicheiifäuhiis. lieriehte d. Deutsch, pharniazeut. Gesellscli. 11. 4'.I4 il9t»li.
758 ^^ • Autenrieth.
Narcein.
Narcein, C23H27NO3 . 3H2O, kristallisiert aus Wasser oder Alkoiiol
in Prismen, die lufttrocken bei löö» schmelzen, schwach bitter schmecken,
in kaltem Wasser nur wenig, in siedendem W^asser aber reichlich löslich
sind. Die heiß gesättigte, wässerige Narceinlösung erstarrt beim Erkalten
zu einem Kristallbrei. In Äther, Benzol und Petioläther ist Narcein un-
löslich und wird auch von kaltem Alkohol, Amylalkohol und Chloroform
nur schwer gelöst. — Für die Auffindung des Narceins ist es wichtig,
zu wissen, daß es aus einer mit Kalilauge oder Natronlauge alkalisch ge-
machten Lösung durch Äther, Benzol oder Petroläther nicht aufgenommen
wird, wohl aber kann es einer mit Ammoniak alkalisch gemachten,
wässerigen Flüssigkeit durch heil.5es Chloroform sowie heißen Amylalkohol
entzogen werden.
Narcein ist eine schwache, tertiäre Base mit zwei an Stickstoff ge-
bundenen ^lethylgruppen.
Von den allgemeinen Alkaloidreagenzien zeichnen sich Jodjod-
kalium, Quecksilberjodidjodkalium , Wismut jodidjodkalium und
Phosphormolybdänsäure durch eine größere Empfindlichkeit für Nar-
cein aus.
Nachweis des Narceins.
1. Konzentrierte Schwefelsäure löst Narcein mit graul)rauiier
l-'arbe auf, die bei längerem Stehen in der Kälte allmählich, beim Erwärmen
sofort, in Blutrot übergeht.
2. Erwärmt man Narcein in einem Porzellanschälchen mit verdünnter
Schwefelsäure auf dem Wasserbade, so nimmt die Säure bei einer be-
stimmten Konzentration eine schön violette Färbung an, die bei längerem
Erhitzen in Kirschrot übergeht.
3. Fröhde löst Narcein mit braungrüner Farbe, die allmählich in
Grün und schließlich in Rot übergeht; gelindes Erwärmen l)eschleunigt
diesen Farbenwechsel.
4. Jodwasser sowie Joddampf färben festes Narcein blau. —
Morphin verhindert diese Reaktion gänzlich oder beeinträchtigt sie stark.
5. Erdmanns Reagens sowie konzentrierte Salpetersäure lösen
Narcein mit gelber, beim Erwärmen in Dunkelorange übergehender
Farbe.
6. Resorcin-Schwefel säure. Verreibt man 0"01 — 0'02^ Resorcin
mit 10 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure, fügt eine Spur Narcein,
0*002 — 0*005 g, hinzu und erwärmt diese intensiv gelb gefärbte Lösung
unter Umrühren auf dem kochenden Wasserbade, so färbt sie sich prächtig
karmoisinrot bis kirschrot. Diese Färbung geht nach dem Erkalten
allmählich vom Rande aus durch Blutrot nach mehreren Stunden in Orange-
gelb über.
Der Nachweis der (-iifte auf choniisflioin Wej^e. YäO
7. Taniiin-Schwefelsäiiie. Krliitzt man 0002— 001 y Narcciii
mit 001 — 0*02^ Tannin und 10 'l'ropiVn konzontriei'tcr Schwefclsänrc
auf dem Wasserbade unter Umrühren, so färbt sich die erst g('ll)hianne
Lösung alsbald rein grün. Bei länger dauerndem P^rhitzen anf dem
Wasserhade geht die grüne Färbung in 1> laugrün und schlioHlirh durch
einen mehr oder minder blauen Farbciiton in ein s c Inii ii tz iges
(irün über.
Eine ähnliche grüne Farbenreaktion mit Tanninschwefelsäure geben
auch Narkotin und Hydrastin, die ja ihrer chemischen Konstitution
nach dem Xareein verwandt sind.
Verhalten der wichtigeren Alkaloide gegen konzentrierte Salpeter-
säure, konzentrierte Schwefelsäure, Fröhdes Reagens, .Mandclins
Reagens, Meckes Reagens und Marquis' Reagens.
Verschiedene der wichtigeren Alkaloide geben mit den in der Über-
schrift verzeichneten Reagenzien Färbungen, die für die betreifenden
Alkaloide mehr oder weniger charakteristisch sind.
Pieine konzentrierte Salpetersäure von T40 spez. Gew. löst:
Berberin rotbraun, Narkotin zitronengelb,
Brucin blutrot, alsbald gelb, Bapaverin gell), dann orangefarben.
Codein gelb bis orangefarben, Physostigmin gelb.
Colchicin violett , bald schmutzig Strychnin gelb.
grünlichbraun, Thebain gelb,
Morphin rotgelb, Veratrin schwach gelblich.
Narcein vorübergehend gelb,
Von anderen bekannten iVlkaloiden werden Akonitin, Atropin. Coffein,
Chinin, Cinchonin, Cocain, Coniin, Cytisin, Nikotin und Theobromin von
konzentrierter Salpetersäure von 1-40 spez. Gew. ohne Färbung gelöst.
Reine konzentrierte Schwefelsäure löst:
Berberin ohvengrün. dann gelb, Papaverin violettblau,
Colchicin gelb, Physostigmin gell), bald grün,
Curarin rot, Pikrotoxin orangegelb,
Digitalin orangegelb und rot, Solanin rötlich gelb,
Emetin blaßbräunlich, Thebain blutrot, später gelbrot,
Narcein gelb, bald braungelb, \'eratrin gelb mit grüner Fluores-
. Narkotin blaßgelb, allmählich gelb- zenz, dann orangefarben und
rot, kirschrot.
Reine konzentrierte Schwefelsäure löst die folgenden .Vlkaloide. falls
nicht erwärmt wird, ohne Färbung auf: Atropin, Brucin, Chinin. Cinchonin.
Cocain, Coffein, Codein, Cytisin, Hydrastin, Morphin, Nikotin. Pilokarpin.
>trvchnin und Theobromin.
760 W. Auteniieth.
Fröhdes Reagens oder Molybdänschwefelsäure i) löst:
Berberin braungrün. Narcein gelbbraun,
Brucin himbeerrot, bräunlichgelb, Narkotin blaugrün, grün, rötlich-
Codein grünlich, beim Erwärmen gelb,
blau, Papaverin violettblau, dann gelb,
Colchicin gelb, Solanin gelbrot, rotbraun, gelb.
Curarin violett, Thebain rot rotgelb,
Morphin violettrot, dann grün, Veratrin gelb, orange, kirschrot.
Keine Färbungen mit Fröhdes Reagens geben: Atropin, Chinin.
Cinchonin, C'ocain. Coffein, Cytisin. Nikotin, Strvchnin und Theobromin.
Mandelins Reagens oder Vanadinschwefelsäure löst:
Berberin schmutziggrün, später Narkotin zinnoberrot bis karmin-
braun, rot,
Brucin rot. gelb, Narcein violett, später rotgelb.
Codein grün, beim Erwärmen Papaverin blaugrün, dann blau,
blau, Pikrotoxin gelbrot.
Colchicin blaugrün, grün, braun, Solanin orangerot, später violett,
Curarin violett, Strvchnin blauviolett,
Emetin braun, Thebain orangerot.
Morphin rot, dann blauviolett, Veratrin gelb, kirschrot.
Keine P'ärbungen mit Mandelins Reagens geben: Atropin. Chinin.
Cinchonin, Cocain, Coffein, Coniin, Cytisin, Nikotin und Theobromin.
Meckes Reagens 2) oder Selenigsäure — Schwefelsäure löst:
In der Kälte: Beim Erwärmen:
Apomorphin . . . dunkelblauviolett, dunkelbraun,
Brucin gelbrot, zitronengelb.
Codein blau, rasch smaragdgrün, später stahlblau, dann braun.
olivengrün,
Colchicin zitronengelb, gelblichbraun,
Morphin blau, blau- bis olivengrün. braun,
Narcein grünlichgelb, dann violett, dunkelviolett,
Narkotin grtinhch, stahlblau, dann kirschrot,
kirschrot,
Papaverin grünhch, dunkel stahlblau, dunkelviolett,
dann tiefviolett,
Physostigmin . . . bräunlichgelb, schwach braunrot,
Thebain tieforangefarben, allmählich dunkelbraun,
verblassend,
Veratrin zitronengelb, olivengrün, bräunlichviolett.
') Fröhdes Reagens ist nicht lauge unverändert haltbar. Man verwende daher
stets das frisch bereitete Reagens. Vgl. „Die Bereitung der Reagenzien".
^) .4. MecJce, Ein neues Reagens auf Alkaloidc. Zcitschr. f. öffentl. Chem. 5. ;^50
(1899) und Zeitschr. f. analyt. Chem. 39. 468 (1900). Vgl. .,Die Bereitung der Reagenzien'-.
Der Nachweis der Gifte auf cliomischeni Wege. 7<')I
Meches Reagens ist somit vorzugsweise ein empfindliches Reagens
auf die meisten Opiumalkaloide. Ein grolier Vorzug dieses Reagenzes
dürfte der sein, daß es die charakteristischen Färbungen aiicli mit den
weniger reinen Alkaloiden gibt.
Mar(/uis' Reagens oder Formalinschwefelsäure löst:
Apomorphin violett, rostrot, dunkelblau,
Codein rötlich, blauviolett, veilchenblau.
Dionin rein blau,
Heroin rot, dann blauviolett,
Morphin pfirsichrot, violett, blauviolett, i'cin l)lau.
Narkotin violett, olivengrüu, gelb,
Papaverin weinrot, gelb, schmutzig braunrot, tief orange,
Peronin rotviolett,
Veratrin gelbbraun, beim Erwärmen rötlichbraun.
III. Die Untersuchung auf metallische Gifte.
Die Zerstörung der organischen Substanz nach dem Verfahren
von Fresenius-v. Babo. ')
Für diese Untersuchung kann der Rückstand, der nach dem Ab-
destillieren der flüchtigen Gifte im Destillationskolben bleibt, genommen
werden, da er ja alle, in einem Untersuchungsmaterial etwa vorhandenen
giftigen Metalle enthält. Oder man nimmt einen Teil des gut gemischten,
vorher gehörig zerkleinerten, mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührten
ursprünglichen Untersuchungsobjektes. 2) Man versetzt das auf Metall-
gifte zu untersuchende Material je nach der Menge, die zerstört werden
soll, mit 10 — 20 — 'M)ciH^ konzentrierter Salzsäure sowie mit 1 -Jf/ clilor-
saurem Kalium, stellt den (ilaskolben auf ein kochendes Wasseriiad. das
sich unter einem gut ziehenden Abzüge befindet, und erhitzt unter häufigem
Umschütteln, so daß das Chlor mit der zu zerstörenden Masse in mög-
lichst innige Berührung kommt. Sobald der Inhalt des Glaskolbens genügend
heiß geworden ist, setzt man unter fleißigem Umschüttehi alle 2 bi.<
?> Minuten jeweils O-o — 0*5 r/ chlorsaures Kalium hinzu und fährt in dieser
Weise fort, bis die organischen Stoffe größtenteils gelöst sind, bis also
der Kolbeninhalt eine klare oder trübe, weingelb gefärbte Flüssigkeit
bildet und bis auf erneuten Zusatz von chlorsaurem Kalium und fortge-
') //. Freseniuf! und L. r. Baho, ('her ein neue^<. untiM- allen Umstänilen sicberes
Verfahien zur Ausmittelunjr und ()uantitativen Bestimnuin«: des Arsens liei Veririftiin^rs-
fällen. J. Liehi(/s Ann. d. Cheni. u. Pharm. 49. 287 (1844).
-) Liegen irgend welche Leichenteile zur Untersuchung vor, sc» werden sie
möglichst fein zerschnitten, mit 12-5"/oiger arsenfreier Salzsäure zu einem dünnen
Brei angerührt, dann 1— 2fir cblorsaures Kalium hinzugofüirt und in der «dien ange-
gebenen Weise unter häufigem Umschütteln (uler. falls man die Organteile in einer
Porzellanschale erhitzt, unter fleißiirem Umrühren auf einem Wasserbade erhitzt.
762 ^^ • Autenrieth.
setztem Erhitzen eine wesentliche Veränderung des Gemisches nicht mehr
eintritt. Besonders Fett ist äußerst widerstandsfähig gegen die Einwirkung
des Chlors. Ist die ..Zerstörung" der organischen Substanz beendigt, so
verdünnt man mit heißem Wasser, fügt zur vollständigen Abscheidung von
etwa vorhandenem Barvum einige Tropfen verdünnte Schwefelsäure hinzu,
schüttelt um und gießt die Flüssigkeit durch ein angefeuchtetes Filter.
Enthält das Filtrat nicht zu viel freie Salzsäure, so kann es direkt mit
Schwefelwasserstoffgas gesättigt werden. Andernfalls muß das Filtrat in
einer flachen Porzellan schale auf dem Wasserbade fast zur Trockne ein-
gedampft werden , um die freie Salzsäure größtenteils zu entfernen. Eine
beim Eindampfen der Flüssigkeit auftretende Bräunung kann durcii Hin-
zufügen einiger Kriställchen Kaliumchlorat jedesmal leicht wieder beseitigt
werden.
Man kann auch in der Weise arbeiten , daß man die mit Hilfe von
Salzsäure und chlorsaurem Kalium erhaltene und abfiltrierte Flüssigkeit
erst durch p]indampfen auf ein kleineres Volumen von einem Teil der
freien Salzsäure befreit, dann dieselbe mit Ammoniak bis zur alkalischen
Pieaktion versetzt und schließlich mit verdünnter Salpetersäure gerade
wieder ansäuert. Die so vorbereitete Flüssigkeit, die also nicht allzu viel
freie Säure enthalten soll, wird mit arsenfreiem Schwefelwasserstoff gesättigt.
Der Filterrückstand, der beim Erhitzen des Destillationsrückstandes
oder des ursprünglichen Untersuchungsobjektes mit Salzsäure und chlor-
saurem Kalium bleibt, kann außer Fett noch Silbe rchlorid, Baryum-
sulfat und Bleisulfat enthalten; er wird nach den unter ,.Metall-
gifte IV" gemachten Angaben auf einen Oehalt an Baryum, Blei und
Silber untersucht.
H. Thoms^) führt die „Zerstörung" der organischen Substanz in
einem besonders konstruierten Apparate aus. Als Zerstörungskolben kann
ein gewöhnlicher Fraktionskolben verwendet werden, dessen seitliche Ab-
flußröhre aufwärts gebogen ist. In dem Hals des Kolbens ist mittelst eines
Stopfens ein Scheidetrichter befestigt , welcher mit einer , bei gewöhnlicher
Temperatur gesättigten, wässerigen Lösung von chlorsaurem Kalium
(1:20) gefüllt ist. In den Zerstörungskolben gibt man die mit 12-5%iger
Salzsäure zu einem dünnen Brei angerührte organische Substanz (Leichen-
teile), fügt etwa lg festes chlorsaures Kalium hinzu und erwärmt den
Kolben auf einem kochenden Wasserbade. Wenn die Masse im Zerstörungs-
kolben warm geworden ist, läßt man unter fleißigem Umschütteln die
Lösung des chlorsauren Kaliums zutropfen. Man hüte sich aber, auf ein-
mal zu große Mengen dieser Lösung zufließen zu lassen. Im übrigen ver-
fährt man nach den obigen Angaben.
Bemerkungen: Auch bei sehr gründlicher Behandlung von Leichenteilen
oder pflanzlichen Stoffen mit Salzsäure und chlorsaurem Kalium bleiben mehr oder
weniger reichliche weiße Rückstände, die, zum Teil wenigstens, aus Fett, freien
*) R. Thoms, „Einführung in die praktische Nahrungsmittelchemie". Erschienen
im Verlag von S. Hirzel. Leipzig 1899. Abbildung 64. S. 163.
Der Xacliweis der Gifte auf cheraiscliem Wege. 7(;;']
Fettsäuren (chlorierte F'ettsüurenV) bestehen, und die getren die Einwirkung vfm
naszierendem Chlor äußerst widorstandsfäliiir sind. Ein Teil der organischen Sulist;in/
wird jiiorhei iu stark riechende, die Schleimliäute reizende, flüchtige \'eriiindungfn
(ChloranilV) üliergeführt. Man führe daher die Zerstörung der organischen Substanz mit
Salzsäure und cldorsaurem K.iliuni unter einem gut ziehenden AbzuL'e aus.
Durch die angegebene Behaudhingswcise mit Salzsäure unter Zugabe von clilor-
saureni Kalium werden die in irgend einem Untersuchungsobjekte vorhandenen Met;ill-
gifte in anorganische Salze, meist in Chloride und Sulfate, übergeführt, die
entweder gelöst oder die wie Silberchlorid, Baryumsulfat und zum Teil aiicii Blei-
sulfat als schwerlösliche Verbindungen ausgefällt werden, \iele Schwermetalle, wir>
Quecksilber, Silber, Blei, Kupfer und Zink, werden aus ihren Salzlösungen durch Ei-
weißstc.f f e, die ja in allen tierischen und pflanzlichen Orjxanismeu und Säften ent-
halten sind, gefällt und iu die in Wasser meist sehr schwer löslichen, zum Teil
recht beständigen Metallalb uminate übergeführt. In diesen Metalleiweißverbiiuluiigen
kann das betreffende Metall mit Hilfe der üblichen Reaktionen meist nicht ohne weiteres
nachgewiesen werden. Auch manche organische Säuren, wie die Weinsäure, fenuT
Kohleliydrate, können den Nachweis der Schwermetalle mehr oder weniger stören.
Die Schwermetallc in Verbindung mit derartigen organischen Substanzen verhalten
sicli ähnlicli wie das Kupfer im Kaliumciiprucvanid [Cu., (CN)g ] K^ , das weder durch
Alkalilauge nocli durch Sclnvefelwasserstoff ausgefällt wird, da es in Lösung nach der
Gleichung
[Cu,(CN)JK, :^ iK+[CÜ,(C^),]
teilweise elektrolytisch dissoziiert ist und somit keine Kupferionen in Lösung schickt.
Beim Erhitzen des Kaliumcuprocyanids mit Salzsäure und chlorsaurem Kalium irelit
sein Kupfer als Chlorid iu Lösung, das nun mit den oben angeführten Reagenzien
Niederschläge gibt, da seine Lösung nach dem Schema
Cu CL J-± !■++ 2 Cl
ionisiert ist und infolgedessen Cupriiouen enthält.
Will man also die in Frage kommenden Metallgifte mit Hilfe der üidiclien
lonenreaktionen nachweisen, so müssen die störenden organisch eu Substanzen
auf irgend eine Weise erst beseitigt, also „zerstört" und die betref-
fenden Metalle iu anorganische Salze übergefüh'rt werden.
Chlorsaures Kalium wirkt uur in stark salzsaurer Lösung kräftig auf
organische Stoffe ein. Sollte die zu zerstörende Masse während des Erhitzens zu ^ebr
eingedickt werden, so verdünne man sie mit Wasser oder verdünnter Salzsäure. Während
des Eintrageus des chlorsauren Kaliums muß tüchtig umgeschüttelt werden, weil
sich sonst am Boden des Glaskolbens in größerer Menge festes chlorsaures Kalium an-
sammelt, das zur Bildung des sehr explosiven Chlordioxydes (Cl G„) tuid inf'di:r-
desseu zu Explosionen führen kann.
Verfasser verwendet für die Untersuchung von Leichenteilen eine 12-5° „ige
Salzsäure (spez. Gew. l'Oßl), die mit Seh wefelwassers tnf f gesättiu't und iu nur lose
verschlossenen Flaschen aufbewahrt wird. Unter diesen Bedingungen werden die letzten
Spuren von Arsen, die sich auch in der reinsten Salzsäure des Handels noch vorfinden
können, ausgefällt. Vor ihrer Verwendung wird diese Salzsäure vom ausgeschiedeneu
Schwefel, der schwefelarsenhaltig sein kann, abfiltriert. Leichenteile werden von
dem Salzsäurekaliumchloratgemisch verhältnismäßig rasch zerstört und grolitenteils
in Lösung übergeführt. Bei einem derartigen Versuche wurden lOü ff vom Ma^en
und Zwölffinuerdarm, 20 .^r Mageninhalt, 75// von der Niere und 200// von der Lel>er,
also zusammen 405// (Jrganteile von einer menschlichen Leiche, in der angegebenen
Weise behandelt ; im Verlaufe einer Stunde ging fast die ganze Masse in Lösung.
Der ungelöst gebliebene, abfiltrierte und ausgewaschene Anteil dieser Leichenteile wo?
nach dem Trocknen auf einem Tonteller 52//, nach dem Trocknen iici lOO^' nur :Vlf,
und bildete dann eine gelblich weiße, sich fettig anfühlende, amorphe Masse.
764 ^^- Autcnrioth.
Die Zerstörung mit freier Chlorsäure.
Sonnetischein und Jeserich^) nelimen statt des chlorsauren Kaliums
reine Chlorsäure. Man versetzt die zerkleinerten, mit Wasser zu einem
dünnen Brei angerührten Leichenteile in einem geräumigen Glaskolben
mit einigen Kubikzentimetern Chlorsäure und erAvärmt langsam und vor-
sichtig auf dem Wasserbade. Sobald die Masse schwammig aufgetrieben
erscheint, fügt man in kleinen Anteilen nach und nach Salzsäure hinzu.
Selbst bei Verarbeitung größerer Mengen von Leichenteilen ist die Auf-
lösung derselben in 2 — 3 Stunden erfolgt. Das Ende der „Zerstörung" der
organischen Stoffe ist daran zu erkennen , daü sich unter einer fast weißen
Fettschicht eine gelblich gefärbte, nahezu klare Flüssigkeit befindet. Das
verdampfende Wasser muß von Zeit zu Zeit durch neues ersetzt werden,
weil sonst die Reaktion explosionsartig verlaufen könnte. Im übrigen wird
das Gemisch genau so wie bei dem Verfahren mit chlorsaurem Kalium
und Salzsäure behandelt.
Die Zerstörung nach dem Verfahren von C. Mai.'^)
Man rührt die zerkleinerten Leichenteile mit Salzsäure (LI 2) zu einem
dünnen Brei an, fügt wenig chlorsaures Kahum hinzu, erhitzt über freier
Flamme unter zeitweiligem Zusatz kleiner Mengen des chlorsauren Salzes
(0"2//) und läßt die Masse nach der sehr bald eintretenden Verflüssigung
erkalten; das ausgeschiedene Fett läßt sich dann meist leicht von der
Flüssigkeit abheben. Dieses wird noch ein- oder zweimal mit stark ver-
dünnter Salpetersäure ausgekocht und das Filtrat mit der Hauptmenge
der Flüssigkeit vereinigt. Diese wird nun unter Zugabe kleiner Mengen von
Ammoniumpersulfat so lange weiter erhitzt , bis eine klare weißgelbe
Lösung entstanden ist, die dann abfiltriert und in der üblichen Weise
mit Schwefelwasserstoffgas gesättigt wird.
Ammoniumpersulfat ist ein kräftig wirkendes Oxydationsmittel, das
zudem der zu oxydierenden Flüssigkeit keine Substanzen zuführt, die
nicht flüchtig sind.
Die Untersuchung' der abfiltrierten Lösung auf Metallgifte.
Abscheidnng durch Schwefelwasserstoff.
Die nach dem \'erfahren von Fresenius-v. Baho oder nach einem der
anderen Verfahren erhaltene und von einem I^berschuli von Salzsäure
größtenteils befreite ab filtrierte Lösung, die bei richtigem Arbeiten meist
nur schwach gelb 3) gefärbt ist, wird in einer Kochflasche auf dem
*) P. Jesterich, Repertorium der analytischen Chemie. 2. 379 (1882).
^) C. Mai, Kritische Gänge auf forensisch-chemischem Gebiet. Zeitschr. f. Unter-
suchung der Nahrungs- und Genußmittel usw. 5. 1106 (1902).
^) Bei Vorhandensein von Chrom ist die erhaltene Lösung wie auch das Filtrat
v(jm Schwefelwasserstoffniederschlag durch einen Gehalt an Chromchlorid melir oder
weniger grün gefärbt.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 7(55
Wasserbade erhitzt und mit arsenfreieni Schwefclwasserstoffgas ') j»('-
sättigt. Man leitet in diese Lösung unter fortwährendem Erhitzen auf dem
Wasserbade längere Zeit V2 ^^^^ 1 Stunde und länger Schwcfehvasserstoff
ein und fährt mit dem P^inleiten von Schwefelwasserstoff bis zum Er-
kalten fort, nachdem man die Kochflasche von dem Wasserbade wegge-
nommen hat.
Diese mit Schwefelwas.serstoff g;e sättigte Flüssigkeit lallt m.ni in
der Kochflasche, die mit einem Stopfen nur lose verschlossen wird, mehrere
Stunden, am besten bis zum anderen Tage, ruhig stehen. Kieclit dann die
Flüssigkeit noch stark nach Schwefelwasserstoff und wird ein (lariil)ei- ge-
haltenes ..Bleipapier" beim rmschütteln geschwärzt, so kann sie weiter ver-
arbeitet werden: ist dies aber nicht der Fall, so wird die Fiüssiuki'it
nochmals auf dem Wasserbade erwärmt und von neuem mit Schwefel-
wasserstoff gesättigt. SchUeßlich wird der durch SchwH'felwasserstoff er-
zeugte Niederschlag abfiltriert und mit schw^efelwasserstoffhaltigem Wassei-
ausgewaschen.
Der erhaltene Niederschlag wird auf Arsen, Antimon, Zinn.
Quecksilber, Blei, Kupfer, Wismut und Kadmium (Metallyifte I
und 11) und das Fil trat von diesem Niederschlage auf Chrom und Zink
(Metallgifte III) untersucht.
Es ist zu beachten, daß pflanzhche und tierische Stoffe, also auch
Leichenteile, bei der Behandlung mit Salzsäure und chlorsaurem Kalium
häufig Flüssigkeiten liefern, die, auch bei Abwesenheit von Metallen
dieser Gruppe, mit Schwefehvasserstoff gelbrot, l)raunrot oder dunkelbraun
gefärbte Niederschläge 2) geben können.
Entsteht also bei toxikologischen Untersuchungen in saurer Lösung
mit Schwefelwasserstoff ein gefärbter Niederschlag, so darf man durch
diesen nie zu der vorgefaßten Meinung geführt werden, als nui.sse ein
Metallgift unbedingt vorhanden sein! Auch aus der Farbe des er-
haltenen Schwefelwasserstoffniederschlags kann nicht ohneweiters auf das
Vorhandensein eines bestimmten Metalls geschlossen werden.
Kontrollversuch. Einen Teil des Filtrats vom Schwefelwasser-
stoffniederschlage versetzt man vor der Prüfung desselben auf Chrom und
Zink mit etwa der lOfachen Menge gesättigtem Schwefehvasserstoff-
^) Arseufrcieu Schwefelwasserstoff stellt mau am lieqiiemstcn iu der fol-
genden Weise her: Aus rohem, käuflichem Schwefeleisen und roher Salzsäure entwickeltes
Scliwefclwasscrstoffgas wird in verdünnte Natronlauge bis zur Sättigung eiiiireloitct; die
erhaltene Lösung des Nat ri umsu If hydrats (XaSH) bringt man in oiniMi Kuu'el-
trichter (Scheidetrichter) und läßt sie in mäßig verdünnte Schwefelsäure (1 -f 4) fließen,
wobei die sofort einsetzende Entwicklung von völlig arsenfreiem Schwefelwassei-stoff
sich nacii Beliolien leicht regulieren läßt.
-) Völlig ausgewaschenes Kasein und Fibrin gehen bei wiederholter Beiiand-
lung mit Kaliumchlorat und Salzsäure fast vollständig in Lösuni: und liefern ein Filtrat.
aus welchem Schwefelwasserstoff schmutziggelli bis liräunlich gefärbte, amorphe
Niederschläge fällt; diese Niederschläge enthalten neben viel freiem Scliwi-fcl sfbwcfel-
haltige organische Substanzen.
7(36 ^^ • Autenrieth.
w asser, schüttelt um und läßt einige Minuten stehen. Entsteht hierbei
kein gefärbter Niederschlag, so sind von den in Frage kommenden ^letallen
(Metallgifte I und II) auch keine mehr in der liösung vorhanden und es
kann dann das Filtrat auf Chrom und Zink (Metallgifte III) weiter verarbeitet
werden. Andernfalls ist das gesamte Filtrat von dem mit Schwefelwasser-
stoff entstandenen Niederschlag erst mit Wasser stark zu verdünnen und
nochmals mit Schwefelwasserstoff zu sättigen. Blei und Kadmium werden
nämlich bei Gegenw-art von viel Salzsäure durch Schwefelwasserstoff nicht
vollständig ausgefüllt (siehe oben).
Ausziehen des „Schwefelwasserstoffniederschlags" mit
Ammoniak-Schwefelammonium. Der mit Schwefelwasserstoff erhaltene,
ausgewaschene und noch feuchte Niederschlag wird auf dem Filter mit
einer heißen Mischung aus annähernd gleichen Teilen Ammoniak und
gelbem Schwefelammonium gründlich ausgezogen. Dies geschieht in der
Weise, daß man das zum Sieden erhitzte Ammoniak - Schwefelammonium-
gemisch, 5 — 10 cm 3, auf den Niederschlag, der sich auf dem Filter befindet,
träufelt, das abfließende Filtrat erwärmt, dann wiederum auf den Nieder-
schlag zurückgießt und diese Operation noch einige Male wiederholt.
Schließlich spült man das Filter noch mit wenigen Kubikzentimetern eines
neuen Ammoniak-Schwefelammoniumgemisches aus. Das aufgesammelte
Filtrat muß auf Arsen, Antimon, Zinn und Kupfer^) = Metall-
gifte I, der Filterrückstand auf Quecksilber, Blei, Kupfer, Wis-
mut und Kadmium = MetaUgifte II untersucht werden.
Metallgifte I.
Arsen, Antimon, Zinn, Kupfer.
Die Untersuchung des im Ammoniak -Schwefelammonium
löslichen Teiles vom Schwefelwasserstoffniederschlage.
Der nach den obigen Angaben mit Hilfe einer heißen Ammoniak-
Schwefelammoniummischung hergestellte, durch gelöste organische Stoffe
meist stark dunkelbraun gefärbte Auszug des ..Schwefelwasserstoff nieder-
schlägst wird in einer flachen Porzellanschale auf dem Wasserbade zur
Trockne verdampft, der bleibende Rückstand nach dem Erkalten mit
rauchender Salpetersäure durchfeuchtet, dann wiederum eingedampft. Der
') Schwef elkupfor, CuS, ist in heißem, gelbem Schwefelammouium in erheb-
licher Meng-e löslich. — Beim Behandeln einer kupferhaltigen Scliwefelammonium-
lösung nach dem weiter unten beschriebenen Verfahren entsteht Kupfer oxyd, welches
der Schmelze ein mehr oder weniger graues oder seh warzes Aussehen erteilt. Wird
die Schmelze mit Wasser ausgezogen, so bleibt schwarzes Kupferoxyd eventuell neben
Zinnoxyd und pyroantimonsanrem Natrium im Rückstande. Zum Nachweis des Kupfers
löst man den schwarzen Rückstand in wenig verdünnter heißer Salzsäure auf und teilt
die erhaltene Lösung in zwei Teile: den einen Teil versetzt man mit Ammoniak bis zur
alkalischen Reaktion: Blaufärbung der Lösung, den anderen Teil mit Ferrocyan-
kalium: braunroter Niederschlag von Ferrocyankupfer, [Fe (CN)g] C'u„ zeigen dann
Kupfer an.
Der Nachweis der Gifte auf cliemiscliem Wege. 7(;
iV (
hierlici bleibende Ptückstaiul \vinl mit etwa der dreifachen .M<'nge einer
Mischung aus zwei Teilen Natronsalpeter und einem Teile trockener
Soda innig verrieben, dieses Gemisch auf dem Wasserbade ^ut ausge-
trocknet, dann in kleinen Mengen in einen glühenden I'orzellanfiegel, der
wenig geschmolzenen Xatronsalpeter enthält. albnähHch eingetragen. Ist
das ganze Gemisch in den Tiegel eingetragen, so wird dieser noch kurze
Zeit erhitzt, bis nämlich der Inhalt des Tiegels zu einer farblosen Flüssig-
keit zusammengeschmolzen ist. Nur bei Vorhandensein von Kupfer ist die
Schmelze durch entstandenes Kupfero.xvd grau oder grauschwarz ge-
färiit. Die erhaltene Sclimelze, welche arsensaures, pyi'oantimonsanres und
zinnsaures Natrium sowie Zinnoxvd und Kupferoxvd enthalten kann,
weicht man nach dem Erkalten mit heiliem Wasser auf, spidt sie in eine
Kochflasche und fügt zu der so erhaltenen klaren oder trüben Flüssig-
keit ein wenig Natrium bikarbonat, um die kleinen Mengen von etwa
gelöstem zinnsauren Natrium zu zersetzen und das gesamte Zinn als Zinn-
säure (Zinnoxyd) zur Abscheidung zu bringen: alsdann filtriert man ab.
Das F'iltrat (A) enthält dann etwa vorhandenes Arsen als arsen-
saures Natrium, As O^N^H, während der Filtrierrückstand (B) pyro-
antimonsaures Natrium, SboO-NaoHg, Zinnoxyd und Kupferoxyd
enthalten kann. >)
Die Untersuchung des erhaltenen Filtrates A auf Arsen nach
dem Verfahren von Marsh.
Man säuert die nach den obigen Angaben bereitete und abfiltrierte
Lösung der Schmelze, also das Filtrat A, welches vorhandenes Arsen als
arsensaures Natrium enthalten kann, mit verdünnter arsenfreier Schwefel-
säure stark an, dämpft sie in einem Porzellanschälchen auf einer Asbest-
platte über kleiner Flamme ein, versetzt den Rückstand zur vollständigen
Entfernung von etwa noch vorhandener Salpetersäure mit einigen Tropfen
konzentrierter Schwefelsäure und erhitzt nun weiter, bis die schweren
weilien. senkrecht in die Höhe steigenden Dämpfe der Schwefelsäure in
reichlicher Menge auftreten. Der Rückstand -) im rorzellanschälchen i)il(h't
dann eine dicke, farblose, stark sauer reagierende Flüssigkeit, die etwa
vorhandenes Arsen als Arsen säure (AsO^Hj) enthält und die beim
Erkalten häufig zu einer weißen Kristallmasse erstarrt. Die Lösung dieses
Rückstandes in Wasser wird im il/«rsÄschen Apparate auf einen Gehalt
an Arsen untersucht.
*) Auch bei Abwesenheit der unter B angeführten Stoffe erhält man in
der Regel einen geringen, wasserunlöslichcMi Rückstand, der vom rorzellantiegel
herrühren kann, dessen Glasur durcli die Salpoter-Sodaschmelzc teilweise aufgi-
schlossen wird.
^) Um sicher zu sein, daß die Salpetersäure vollständig i-ntfernt ist, untersuchi'
man einige Tropfen dieses Rückstandes nach dem Vermischen mit konzentrierter Schwefel-
saure mit Hilfe von Ferrosulf atlösung auf einen Gehalt an Salpetersäure.
768 W. Autenrieth.
^lan bringt in die Ent>yicklungsflasche des Apparates von Marsh
arsenfreies Zink 1), gekörnt oder in kleineren Stangen, in einer Menge
von 20 — 25 g und gießt durcli die Trichterröhre eine mäßig verdünnte,
kalte Schwefelsäure mit (15 — Ißo/oigei'SO^H., -idazu. Die Wasserstoffentwick-
limg darf keine allzu lebhafte sein, weil sonst die Flüssigkeit in der
Entwicklungsflasche sich zu stark erwärmen könnte ; in diesem Fall kann
nämlich die Schwefelsäure zum Teil zu schwefeliger Säure und weiterhin
zu Schwefelwasserstoff reduziert werden, wodurch dann der Nachweis des
Arsens mehr oder weniger beeinträchtigt wird.
Wird die Entwicklungsflasche zu warm, so muß sie durch Einstellen
in eine mit kaltem Wasser gefüllte Schale gekühlt werden. Beim Operieren
mit dem Apparat von Marsh hat man folgende \'orsichtsmaßregeln zu
beobachten:
1. Man hat sich zunächst davon zu überzeugen, daß der Apparat
vollkommen dicht ist.
2. Der Wasserstoff muß vor dem Entzünden möglichst frei
von Luft sein ; dies ist der Fall, wenn das in einem trockenen Reagens-
glase aufgesammelte Wasserstoffgas beim Entzünden ohne Detonation ver-
brennt ; der aus der Kahglasröhre ausströmende Wasserstoff kann dann
ohne jede Gefahr einer Explosion des Apparates entzündet werden. Ist der
Apparat dicht und die Wasserstoffentwicklung eine nicht zu lebhafte, so
ist die Luft im Apparate in etwa 6 bis 8 Minuten verdrängt.
3. Man hat hierauf den Nachweis zu führen, daß der Wasserstoff
völlig frei von^lrsen ist: er darf für sich keinen Arsenspiegel und keine
Arsenflecke geben.
Ist der Wasserstoff arsenfrei, so bringt man die erhaltene wässerige,
schwefelsaure Lösung der Schmelze, die Arsensäure enthalten kann, in kleinen
Mengen allmählich in die Entwicklungsflasche, indem man gleichzeitig
die Reduktionsröhre des Apparates zur stärksten Rotglut erhitzt.
Ist die fragliche Lösung arsenhaltig, so mischt sich dem Wasserstoff als-
bald Arsenwasserstoff bei, und es bildet sich, unter Umständen schon
nach einigen Minuten, in der Kaliglasröhre, nämlich hinter der stark er-
hitzten Stelle . ein glänzender, mehr oder weniger schwarzer A r s e n-
spiegel. Sind nur minimale Spuren von Arsen vorhanden, so scheidet
sich im engeren Teile der Reduktionsröhre erst nach längerer Zeit ein
brauner oder schwarzbrauner Anflug von Arsen ab. Hält man hinter
den Arsenspiegel ein Stück weißes Papier, so ist selbst ein minimaler Arsen-
anflug noch deutlich zu erkennen. — Nimmt man hierauf den Bunsen-
brenner von der Kaligiasröhre weg, so färbt sich die Wasserstoffflamme
') Ein Zink, von welchem 15 — 20 g mit arsenfreier Schwefelsäure während einer
Stunde in der stark erhitzten Kaliglasröhre des Marshschen Apparates keinen Anflug
von Arsen, also keine Spur eines Arseuspiegels, liefert, ist praktisch genommen arsen-
frei und für gerichtlich-chemische Untersuchungen geeignet.
-) Eine für den 3/ro'.'.7( sehen Apparat geeignete Säure erhält man durch Mischen
von 5 Vol. Wasser mit 1 \o]. arsenfreier, konzentrierter Schwefelsäure.
Der Nachweis der Gifte auf chemisflieni Wege. 7ß<)
bei Vorhandensein von Arsen bläulich wei li und es steigen gleichzeitif^
aus der Flamme weiße Dämpfe von Arsentrioxyd auf. Hält man jetzt
in die Wasserstoffflamme eine kalte Porzellanschalc, so entsteht auf ihr
ein glänzender, schwarzer Fleck, ein sogenannter Arsenfleck,
wenn Arsen zugegen ist. Auch an seinem charakteristischen Knoblauch-
geruche kann der Arsenwasserstoff leicht erkannt werden, wenn man
die Wasserstoftflamme auslöscht und das Gas ausströmen läßt. Sind dem
Wasserstoff selbst nur Spuren von Arsenwasserstoff beigemengt, so macht
sich der letztere durch seinen Geruch bemerkbar.
Auf einem dritten Wege kann das Arsen mit Hilfe des iV/arsAschen
Apparates nachgewiesen werden, wenn man den fraglichen Wasserstoff nach
dem Löschen der Flamme in eine verdünnte, neutrale Lösung von Silber-
nitrat einleitet. Ist der Wasserstoff arsenhaltig, so färl)t sich die Silbci-
nitratlösung erst dunkel, und es scheidet sich alsbald ein schwaizci-
Niederschlag von metallischem Sill)er ab, während arsenige Säure und freie
Salpetersäure in Lösung gehen. Filtriert man das ausgeschiedene Silbei-
durch ein Doppelfilterchen ab und fügt zum klaren Filtrat, nändicli zui-
Neutralisation der freien Säure, mit Hilfe eines Glasstabes wenige Tröpf-
chen stark verdünnte x\mmoniakflüssigkeit hinzu, so kann man den gelb-
lichweißen, flockigen Niederschlag von arsenigsaurem Silber, AsOg Ag.,
hervorrufen. Da dieser Niederschlag in Salpetersäure und in Ammoniak
leicht löslich, kann er nur in einer neutralen Lösung entstehen.
Hält mau über die Öffnung der Reduktionsröhre des J/ar.sÄschen
Apparates, nachdem die Flamme gelöscht ist, einen Tapierstreifen, der
mit einer konzentrierten Silbernitratlösung (1 + 1) befeuchtet ist, .so
färbt er sich gelb, wenn der ausströmende Wasserstoff Arsenwasserstoff
enthält ; wird der gelbe Flecken auf dem Papierstreifen mit Wasser be-
feuchtet, so nimmt er eine schwarze Färbung an. Gutzeit&vliQ Arsenprobe.
Unterschiede zwischen Arsen- und Antimonflecken, Arsen- und
Antimonspiegeln.
Der Antimonw^asserstoff, SbH,, der durch P^inwirkung von Wasser-
stoff in statu nascendi auf verschiedene Antimonpräparate (wie SbClj,
SbgOs, HSbOg, Brechwx^instein) entsteht, verhält sich im Marslisdwu
Apparate ähnUch wie der Arsenwasserstoff, d. h. er bildet Flecke und
Spiegel und fällt aus einer Silbernitratlösung einen schwarzen Nieder-
schlag, der freiUch nicht aus metallischem Silber, sondern aus Antimon-
silber (SbAga) besteht.
Obwohl das Arsen nach dem angegebenen Verfahren (juantitativ vom
Antimon getrennt wird und somit ein antimonhaltiges Arsen bei dt r
Prüfung im Apparate von Marsh so gut wie ausgeschlossen ist, so sdu'int
es doch angezeigt zu sein, an dieser Stelle die Unterschiede von Arsen und
Antimon anzugeben, zumal es stets nötig sein wird, erhaltene Arsen-
flecke und Arsen Spiegel als solche näher zu cliarakteiisiereii. Auch
ist es in vielen, zumal zweifelhaften Fällen, wenn man also glaul)t Antimon
Abderhalden, Haudbuch der biochemischeu Arbeitsiiitthoden. V. 4'.)
770 ^^ • Autonrictli.
ijefunden zu Iiaben. iieboten, mit der vennutlich aiitinionhaltigen Flüssig-
keit im Marshschen Apparate Antimouflecke und Autimonspiegel zu er-
zeugen, um die Anwesenheit des Antimons weiter zu bestätigen. (Siehe
bei Antimon.)
Die folgenden Unterschiede zwischen Arsen- und Antimonflecken,
Arsen- und Antimonspiegeln sind bemerkenswert :
a) Der Arsenspiegel ist stark metallisch -glänzend, schwarzbraun
und leicht beweglich, d. h. er lälU sich infolge seiner grolien Flüchtigkeit
durch Erhitzen im Wasserstoff leicht weiter sublimieren. — Der Anti-
monspiegel ist direkt hinter der erhitzten Stelle, wo er zusammen-
schmilzt, silberweiß, in den der Flamme entfernteren Lagen fast schwarz
und wenig glänzend: da Antimonwasserstoff schon bei niedrigerer Tem-
peratur zersetzt wird als Arsenwasserstoff, scheidet sich das Antimon auch
vor der erhitzten Stelle aus. Der Antimonspiegel ist bei höherer Temperatur
flüchtig und läßt sich daher weniger leicht sublimieren.
h) Der Arsenfleck ist glänzend, schwarzbraun, an weniger dichten
Stellen schön braun und in Natriumhypochloritlösung zu arseniger
Säure leicht löslich: r.H., 0 -|- 2As + 3 ( 0 NaCl) = 2 AsO^ H3 -h o NaCl.
Der Antimon fleck ist nicht glänzend, matt, sam metschwarz, auch
in dünnen Schichten niemals braun, sondern dunkel, graphitartig und in
Natriumhypochloritlösung unlöslich.
c) Der Arsenfleck wird von einem Tropfen konzentrierter Salpeter-
säure odei" von feuchtem Chlor leicht zu Arsensäure gelöst: setzt man
hierauf Silbe mit rat hinzu und neutrahsiert mit Ammoniak, so bildet
sich ein rötlicher Niederschlag von Silberarseniat, ASO4 Agg.
Der Antimonfleck verschwindet gleichfalls durch Salpetersäure oder
feuchtes Chlor; Silbernitrat gibt aber keinen gefärbten Niederschlag.
d) Ein Arsenspiegel. der sich in der Kaliglasröhre befindet, gibt
bei gelindem Erhitzen im trockenen Schwefelwasserstoffstrome gelbes
Arsentrisulfid: ein Autimonspiegel färbt sich unter denselben Bedingungen
braunrot (Kermesfarben) bis schwarz unter Bildung von Antimon-
trisulfid.
e) Auch in dem Verhalten gegen verdünnte Silbernitratlösung zeigen
sich Arsen- und Antimonwasserstoff verschieden; in beiden Fällen ent-
stehen schwarze Niederschläge. Durch Arsenwasserstoff wird aber
metallisches Silber gefällt und im Filtrate davon läßt sich arsenige Säure
nachweisen: der Antimonwasserstoff dagegen fällt Antimonsilber (Agg Sb)
und in der abfiltrierten Flüssigkeit ist keine Spur von Antimon zu finden.
Zum Nachweise des Antimons wird der schwarze Niederschlag ab-
filtriert, ausgewaschen und mit einer 10 — Ib^/oigen Weinsäurelösung
tüchtig ausgekocht, wobei das Antimon vollständig in Lösung geht, während
das Silber als grauweißer Rückstand bleibt. Beim Einleiten von Schwefel-
wasserstoff in die mit verdünnter Salzsäure versetzte weinsaure Antimon-
lösung wird orangerotes Schwefelantimon gefällt.
1
Der Nachweis der Gifte auf clieniiseheiii W ej^je. 771
Die Untcrsucluing des Filterrückstandes 11 ;nit AiitiiiKiii. /iim
und Kupfer.
Der oben erhaltene, in Wasser unlösliche lliickstand (B) der
Schmelze, der pyroantinionsaures Natrium, Zinnoxyd und Kiipfeioxyd ent-
halten kann, ^vird auf dem Filter mit heißer, mär»ig verdünnter Salzsäure
(fileiche Teile konzentrierte Säure und Wasser) wiederholt ilher^ossen. his
alles oder fast alles in Lösung gegangen ist. War die Schmelze und dei-
Filterrückstand B grau oder schwarz gefärbt, so untersucht man zu-
nächst einen Teil der erhaltenen salzsauren Lösung mit überschüssigem
Ammoniak (Blaufärbung) und mit Ferrocyankalium (braunroter
Niederschlag oder braunrote Färbung) auf Kupfer. — Den übrigen Teil
der salzsauren Lösung dampft man in einem Porzellanschälchen auf dem
Wasserbade bis auf wenige Tropfen ein und bringt 2 oder ;> Troi)fen
davon auf einem Flatinblech mit einem Stückchen Zink zusammen: bt'i
Gegenwart von Antimon entsteht auf dem Platinblech ein tiefschwarzei-
Fleck. — Zinn bewirkt einen grauen und Kupfer eiuen dunkelrot-
braunen Fleck auf dem Platinblech. Beide Flecken können nicht gut mit
dem Antimonfleck verwechselt werden. — Den noch vorhandenen Best
der salzsauren Lösung des Filterrückstandes B verdünnt man mit etwas
Wasser, fügt ein Stückchen Zink hinzu und läßt stehen, bis die Wasser-
stoffentwicklung beendigt ist. Schwarze Metallflocken, die sich hierbei aus-
scheiden, werden auf einem Filterchen gesammelt, gut ausgewaschen, dann
mit wenig konzentrierter Salzsäure gelinde erwärmt und eventuell filtriert.
Antimon bleibt hierbei ungelöst, während Zinn als Zinnchlorür in Lösung
geht und in der abfiltrierten Lösung durch die folgenden Proben er-
kannt wird :
ci) Einen Teil des Filtrats versetzt man mit einigen Tropfen Queck-
silberchloridlösung; ist es zinnhaltig, so wird weißes Quecksilberchlorür
gefällt, das beim Erwärmen in graues, metallisches Quecksilber übei-gelit.
falls Zinnchlorür im Überschusse vorhanden ist.
h) Ein anderer Teil des Filtrates gibt mit einigen Tropfen einer
stark verdünnten Mischung aus Ferrichlorid und Ferricyankalium
einen blauen Niederschlag von Berlinerblau, falls er Zinn enthält. Die.se
Probe ist nicht so charakteristisch für Zinn, denn es gibt viele Substanzen,
welche Ferri-Ferricyanid zu Berlinerblau reduzieren.
Zum weiteren Nachweise des Antimons löst man die in Salzsäure
ungelöst gebliebenen schwarzen Flocken in einigen Tropfen heiiiem Königs-
wasser, verdampft die überschüssige Säure auf dem Wasserballe und ver-
tliümt den Rückstand mit Wasser. Liegt nicht zu wenig Antimon vor. so
wird hierbei weißes Antimonoxychlorid gefällt, das sich in wenig verdünnter
Salzsäure wieder löst. Einen Teil dieser salzsauren Lösung prüft man
mit Schwefelwasserstoff auf Antimon und einen anderen Teil bringt
man in den Apparat von Marsli, um Antimonflecke und Antimonsi)iei2el zu
erzeugen, bzw. um den Antimonwasserstoff mit Silbernitrat n:icli/uw(Msen.
\gl. Vorhergehendes.
40*
--() W. Autenrieth.
Metallgifte IT.
Quecksilber, Blei, Kupfer, Kadmium, Wismut.
Die rntersuchuiig des in Schwefelamiuonium unlöslichen Teiles
vom Seh wefehvasserst off nieder schlage.
Der in dem Ammoniak-Schwefelammoniumgemisch unlösliche
Teil des Schwefelwasserstoffniederschlags, welcher die Sulfide von Queck-
silber, Blei. Kupfer, Kadmium und Wismut enthalten kann, lälit sich fast
immer direkt nach dem aUgemeinen qualitativ-analytischen Gange ver-
arbeiten. Liegt nur wenig Niederschlag vor. so übergießt man ihn auf
dem Filter wiederholt mit einigen Kubikzentimetern heißer, mäliig ver-
dünnter Salpetersäure. (1 Vol. konzentrierter Säure und 2 Vol. Wasser.)
Quecksilbersulfid bleibt hierbei ungelöst, während die Sulfide von Blei,
Kupfer, Wismut und Kadmium als salpetersaure Salze in Lösung gehen.
Die Untersuchung des Filterrückstandes auf Quecksilber.
Ein lUickstand. der hierbei auf dem Filter bleibt, muß stets auf
Quecksilber untersucht werden, auch wenn er nicht schwarz ge-
färbt ist!
]Man übergießt diesen Rückstand auf dem Filter wiederholt mit wenig
heißer, mäßig verdünnter Salzsäure, in der man vorher einige Kriställchen
chlorsaures Kalium gelöst hat, dampft das Filtrat in einem Porzellan-
schälchen auf dem W^asserbade zur Trockne ein, nimmt den Rückstand
in 2 bis 3 cui^ salzsäurehaltigem Wasser auf, filtriert und untersucht das
klare Filter in der folgenden Weise auf Quecksilber.
aj Einen Teil des Filtrats versetzt man mit einigen Tropfen Zinn-
chlorürlösung: bei Vorhandensein von Quecksilber entsteht ein weißer
Niederschlag von Quecksilberchlorür, der auf weiteren Zusatz von Zinn-
chlorür, besonders beim Erwärmen, zu grauem metallischem Quecksilber
reduziert wird.
b) Einige Tropfen des Filtrats bringt man auf ein blankes Kupfer-
blech, auf dem sich bei Anwesenheit von Quecksilber sofort ein grauer,
beim Reiben glänzend werdender Fleck bildet. Wird das Kupferblech, auf
dem sich Quecksilber befindet, mit Wasser, Alkohol und Äther ausgewaschen,
getrocknet und in einer engen, schwer schmelzbaren Röhre erhitzt, so
subUmiert Quecksilber über, welches mit einer Spur Joddampf sich als-
bald in das schön rot gefärbte Quecksilberjodid, HgJ.j, verwandelt.
c) Einen Teil des Filtrats erwärmt man gehnde mit phosp höriger
Säure; enthält die Lösung Quecksilber, so entsteht ein weißer Nieder-
schlag von Quecksilberchlorür.
dj Den Rest der Lösung versetzt man vorsichtig mit 1 — 2 Tröpfchen
stark verdünnter Jodkaliumlösung: ein roter, im Überschusse des
Fällungsmittels leicht löslicher Niederschlag (HgJ,) zeigt Quecksilber an.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 77;-i
Die Untersuchung- der Salpetersäuren Lüsuni^.
Die erhaltene salpetersaure Lösung-, welche die Nitrate von Dlei.
Kupfer. Wismut und Kadmium enthalten kann, wird in einem l'orzellan-
schälchen fast zur Trockne eingedampft, der Uückstand in weing heiiiem
Wasser gelöst und die filtrierte, klare Lösung mit verdünnter Schwefel-
säure versetzt. Bei Vorhandensein von Blei entsteht ein schwerer, weiüer.
in basisch weinsaurem Ammonium löslicher Niederschlag von Bleisulfat.
Die vom Bleisulfatniederschlage abfiltrierte oder die mit verdünnter
Schwefelsaure klar gebliebene Flüssigkeit wird mit überschüssigem Ammoniak
versetzt; eine hierbei auftretende Blaufärbung zeigt dann Kupfer an.
Entsteht gleichzeitig ein weißer Niederschlag, so kann dieser aus Wismut-
hydroxyd bestehen. Zum sicheren Nachweise des Wismuts wird der
Niederschlag abfiltriert, ausgewaschen, auf dem Filter in möglichst wenig
heißer verdünnter Salzsäure gelöst und diese Lösung in zwei Teile geteilt.
Den einen Teil gießt man in viel W'asser, womit ein weißer Niederschlag
von Wismutoxychlorid gefällt wird, falls Wismut vorhanden ist. Den
zweiten Teil versetzt man erst mit Zinnchlorür und macht dann mit Natron-
auge alkalisch, um den schwarzen Niederschlag von metallischem Wismut
1(1
zu ei'zeugen.
Zum Nachweis des Kadmiums neben Kupfer versetzt man die mit
überschüssigem Ammoniak erhaltene, eventuell vom Wismuthydroxyd ab-
filtrierte, blaue Lösung mit Cyankalium bis zur Entfärbung und fügt
starkes Schwefelwasserstoff Wasser hinzu. Kadmium wird als gelbes Sulfid
gefidlt, während Kupfer als Kaliumcuprocyanid in Lösung bleibt. — Ist
kein Kupfer vorhanden, hat sich also die Lösung auf Zusatz von Ammoniak
nicht blau gefärbt, so versetzt man dieselbe zur Prüfung auf Kadmium
diiekt mit Schwefelwasserstoffwasser. — Erhält man hierbei nicht einen
gelben, sondern einen rötlich oder bräunlich gefärbten Niederschlag, so
filtriert man ihn ab und erhitzt ihn auf der Kohle mit der Lötrohrflamme :
es wird ein brauner Beschlag erhalten, wenn der fragliche Niederschlag
kadmiumhaltig ist.
Metallgifte IIL
Die Untersuchung auf ('hrom und Zink.
Das Filtrat von dem durch Schwefelwasserstoff erhaltenen Nieder-
schlage muß noch auf Chrom und Zink untersucht werden. Es wird erst
in einer flachen Porzellanschale auf etwa ein Drittel des ursprünghclien
\'olnmens eingedampft, dann in zwei Teile geteilt.
Dif eine Hälfte wird zur Prüfung auf Zink zuerst mit Amnioiiiak
bis zur alkalischen Reaktion versetzt, wobei gewöhnlich eine Dunkclfärbung
der Flüssigkeit eintritt, dann mit Schwefelammonium im Überschüsse.
Hierbei entsteht fast immer ein Niederschlag, auch wenn Zink nicht vor-
handen ist, da es in solchen Flüssigkeiten aus tierischen oder pflanzlichen
Sul)stanzen niemals an Prisen enthaltenden Verbindungen und an Phos-
( i
4 W. Autenrieth.
phaten der Erd- und Erdalkalimetalle fehlt. Nachdem sich der Nieder-
schlag abgesetzt hat, fügt man Essigsäure bis zur schwachsauren Reaktion
hinzu, schüttelt tüchtig durch und läßt die Mischung einige Zeit stehen.
Hierdurch wird der Niederschlag heller, indem das gefällte Schwefeleisen
von der Essigsäure zum Teil gelöst wird; ebenso gehen die Phosphate zum
Teil in Lösung, ausgenommen Ferriphosphat, FePO^, das in Essigsäure
fast unlöshch ist. Der bleibende Niederschlag wird auf einem Filterchen
gesammelt, ausgewaschen, getrocknet und samt Filter im Porzellantiegel
geglüht. Man durchfeuchtet hierbei das Filter vor dem Glühen mit einer
konz. Lösung von Ammoniumnitrat, um zu verhindern, daß durch den
Kohlenstoff des Filters beim Glühen metallisches Zink reduziert wird, das
sich verflüchtigen könnte. Den Glührückstand kocht man mit verdünnter
Schwefelsäure aus, filtriert ab und teilt das Filtrat in zwei Teile.
a) Den einen Teil des Filtrates versetzt man mit Natronlauge bis zur
stark alkalischen Pieaktion, schüttelt gut um, filtriert einen hierbei fast
immer entstehenden weißen Phosphatniederschlag ab, versetzt das klare
Filtrat mit einigen Tropfen Schwefelammonium oder Schwefelwasserstoff-
wasser und erwärmt. Ist Zink vorhanden, so entsteht jetzt ein weißer,
flockiger Niederschlag von Zinksulfid.
b) Den zweiten Teil des Filtrats übersättigt man mit Ammoniak,
filtriert einen sich bildenden Niederschlag ab, säuert das Filtrat mit Essig-
säure an, erwärmt es und leitet Schwefelwasserstoff ein ; vorhandenes Zink
wird hierbei als weißes Sulfid gefällt.
c) Zum weiteren Nachweise des Zinks löst man den nach a oder b
mit Schwefelammonium oder Schwefelwasserstoff erhaltenen, ab-
filtrierten und ausgewaschenen Niederschlag auf dem Filter in einigen
Tropfen heißer, verdünnter Salzsäure, kocht einige Zeit, um den Schwefel-
wasserstoff zu entfernen, filtriert den ausgeschiedenen Schwefel ab und ver-
setzt das klare, erkaltete Filtrat mit Ferrocyankahumlösung. Hierbei wird
Zink als weißes, schleimiges Ferrocyanzink gefällt, das in kalter, verdünnter
Salzsäure fast unlöslich ist.
Der zweite Teil des auf etwa ein Drittel des ursprünglichen Volumens
eingedampften Filtrates vom Schwefelwasserstoffniederschlage wird, zur
Prtifung auf Chrom i), in einer Porzellanschale stark eingedampft, hierauf
mit etwa der doppelten Menge Salpeter sowie mit Soda bis zur stark
alkalischen Reaktion versetzt und zur Trockne gebracht. Den erhaltenen
Trockenrückstand trägt man in kleinen Portionen in einen glühenden Tiegel
ein, in dem sich geschmolzener Salpeter befindet; sind größere Mengen
Substanz zu verschmelzen, so nimmt man zweckmäßig einen blanken, ge-
räumigen Nickeltiegel, der sich für derartige Schmelzen sehr gut eignet.
Nachdem die Masse im Tiegel zusammengeschmolzen ist, läßt man er-
kalten, zieht die Schmelze mit heißem Wasser aus und filtriert ab. Bei
*) Das in Säuren unlösliche Chromoxyd, Cr^Og, ist bei der Aufsuchung
auf metallische Gifte nicht zu berücksichtigen, weil es nicht giftig ist.
Dpi- Nachweis der Gifte auf chemischem Wesre. 775
Gegenwart von Chrom ist das Filtrat mehr oder weniger intensiv gell»
gefärbt; durch die gell)e Färbung werden selbst noch Spuren von Chrom
erkannt.!) Ist die Lösung der Schmelze aber farblos, so ist eine weitere
Prüfung auf Chrom unnötig: ein gelb gefärbtes Filtrat teilt man zum
sicheren Nachweise des Chroms in zwei Teile.
a) Den einen Teil säuert man mit Essigsäure an, kocht einige Mi-
nuten, um Kohlensäure und salpetrige Säure auszutreiben, und fügt einige
Tropfen Bleiacetatlösung hinzu: ein gelber Niederschlag (CrO^Pb) zeigt
dann Chrom an. Ist das Bleichromat mit viel Bleisulfat und Bleichlorid ge-
mengt, so ist der Niederschlag nur gelblich gefärbt. — Einen weißen
Niederschlag, der aus PbSO^PbCl., . Pb3(PO^).2 bestehen kann, erhält man
fast immer, auch wenn der wässerige Auszug der Schmelze farblos ist.
Beim Vermischen der Lösungen von Kaliumnitrit, das ja bei der-
artigen Schmelzen aus Kaliumnitrat entsteht, Bleiacetat und F^ssig-
säure erhält man eine intensiv gelb gefärbte LIisung, in welcher ein
weißer Niederschlag gelblich gefärbt erscheinen kann. Um in einem solchen
Falle jeden Irrtum auszuschließen, läßt man den Niederschlag absitzen,
sammelt ihn auf einem Filterchen und wäscht ihn gut aus; ist er jetzt rein
weiß, so ist Chrom nicht zugegen.
h) Den zweiten Teil des gelben Filtrates versetzt man mit schwef-
liger Säure; die gelbe Farbe geht hierbei in Grün oder Grünblau über
unter Bildung von Chromalaun. Diese Probe ist nicht so empfindlich, wie
die unter a) angegebene Chromgelbreaktion.
Metall^ifte IV.
Die Untersuchung des beim Behandeln mit Kaliumchlorat und
Salzsäure bleibenden Rückstandes auf Baryum, Blei und Silber.
Man spült den Rückstand, der beim Behandeln des Untersuchungs-
objektes mit Salzsäure und chlorsaurem Kalium ungelöst geblieben ist. gründ-
lich mit heißem Wasser aus, trocknet ihn im Luftbad oder auf einem Ton-
teller gut aus, verreibt ihn dann, eventueU samt Filter, mit etwa der
dreifachen Menge einer Mischung aus 2 Teilen Salpeter und 1 Teil
trockenem Natriumkarbonat und trägt dieses Gemisch nach und nach
in einen glühenden Porzellantiegel ein. Hierbei werden die organischen
Stoffe (Fett. Fettsäuren etc.) unter Verpuffung und Feuererscheinung durch
den Salpeter oxydiert, von dem man zuletzt, wenn alles in den Tiegel ein-
getragen ist, noch etwa 1 Gramm zugibt. Die geschmolzene Masse weicht
mau nach dem Erhalten mit heißem Wasser auf, spült sie in eine Kochflasche
und leitet in die meist trübe Flüssigkeit einige Minuten lang Kohlen-
säure ein, um etwa beim Schmelzen gebildetes ätzendes Alkali in kohlen-
*) 2 Tropfen einer 10" „igen Kai iumeh roma tlösunir (= 0"01 // K.,CrO^) färben
Va Liter Wasser noch intensiv gelb; 50 t'wr' dieser Lösung enthalten 1 Milligramm
KoCrO^, das also in dieser starken Verdünnung an der Gelbfärlmug seiner Lösung
noch sicher erkannt wird.
ll^y W. Autenrieth.
saures Salz überzuführen und etwa gelöstes Blei voUständiü; auszufällen.
Alsdann erhitzt man die Flüssigkeit zum Sieden, läßt absitzen, bringt den
Bodensatzi), der aus Baryurakarbonat. basischem Bleikarbonat,
sowie metallischem Silber — in letzterem Falle ist der Bodensatz
grau gefärbt — bestehen kann, auf ein Filterchen, spült ihn mit heißem
Wasser aus und löst ihn auf dem Filter durch wiederholtes Aufgießen von
heißer, mäßig verdünnter Salpetersäure. -) Die salpetersaure Lösung dampft
man in einem Porzellan schälchen zur Trockne ein, löst den Rückstand in
Wasser auf, fällt etwa vorhandenes Silber kochend heiß mit verdünnter
Salzsäure, und Blei aus der von Silberchlorid abfiltrierten Flüssigkeit mit
Schwefelwasserstoff aus. Im Filtrate vom Bleisulfidniederschlage oder in
der mit Schwefelwasserstoff klar gebliebenen Flüssigkeit wird das Baryum,
nachdem der Schwefelwasserstoff weggekocht und die Flüssigkeit durch
Filtration geklärt ist, mit verdünnter Schwefelsäure ausgefällt.
Man führe mit den erhaltenen Niederschlägen die folgenden Identi-
tätsreaktionen aus:
Zum weiteren Nachweise des Silbers schmilzt man den mit Salzsäure
erhaltenen und getrockneten Niederschlag in einen Porzellantiegel mit wenig
Cyankalium zusammen und zieht die erkaltete Schmelze mit heißem
Wasser aus, wobei metallisches Silber ungelöst bleibt.
Der mit Schwefelwasserstoff erhaltene Niederschlag, der aus Schwefel-
blei bestehen kann, wird in heißer Salpetersäure gelöst die Lösung zur
Trockne verdampft und die wässerige, filtrierte Lösung des Rückstandes
mit Schwefelsäure und mit Kaliunichromat auf Blei geprüft.
Zum weiteren Nachweise des Baryums wird der mit Schwefelsäure
erhaltene, auf einem Filterchen gesammelte und gut ausgewaschene Nieder-
schlag an einem Platindraht in der nicht leuchtenden Bunsenflainme er-
hitzt; ist der fragliche Niederschlag baryumhaltig, so färbt sich die Flamme
intensiv grün: um jede Verwechslung auszuschließen, untersuche man die
grüne Flamme noch spektralanalytisch.
Bei toxikologischen Untersuchungen führe man stets der-
artige Identitätsreaktionen aus. um jeden Irrtum auszu-
schließen.
Systematischer Gang der chemischen Untersuchung auf Gifte.
Übersicht der Oruppe 1.
Vor der Destillation untersuche man einen kleineren Teil des in Frage
kommenden Untersuchungsmaterials mit Hilfe der Schcrer&chen Probe auf
Phosphor und einen zweiten Teil mittelst der Schönbeinschen Probe auf
Blausäure.
') Ein solcher Bodensatz wird fast immer erhalten, auch wenn Baryum, Blei
und Silber nicht vorhanden sind ; er besteht dann meist aus Teilen des Porzellan-
tiegels, dessen Glasur durch den Schmelzprozeß teilweise aufgeschlossen wird.
') Man verwende 5—6 cm^ einer aus 1 Vol. konzentrierter Salpetersäure und
2 Vol. Wasser hergestellten Säure.
Der Nachweis der Gifte auf cliemischem Wege. 777
Ist die Vorprobe auf Phosphor positiv ausgefallen, so destilliert man
im MitscherUrhschen Apparat, andernfalls in der üblichen Weise mit schief
gestelltem Liebig&chQH Kühlei'. In beiden Fällen wird das möglichst zer-
kleinerte Untersuchungsmaterial mit Wasser zu einem Brei angerührt, mit
Weinsäure angesäuert und dann in einem geräumigen Glaskolben der Destil-
lation unterworfen. Das Destillat wird zweckmäßigerweise in zwei oder
drei Fraktionen aufgesammelt. Die zuerst übergegangenen 5 bis 10 cm'^
Destillat werden auf Blausäure, Chloroform, Alkohol und eventuell auch
auf Jodoform und Nitrobenzol geprüft. Die weiteren Fraktionen, welche
die weniger flüchtigen Stoffe enthalten können, dienen Aorzugsweise zur
Prüfung auf einen Gehalt an Carbolsäure und an anderen mit Wasser-
dämpfen flüchtigen Phenolen , wie Lysol . ferner an Chloralhydrat , Anilin
und Schwefelkohlenstoff.
Phosphor: Leuchten im Mitschcrlichschen Apparate während der
Destillation im verdunkelten Zimmer; Destillat liefert beim Eindampfen
mit starkem Chlorwasser oder wenig rauchender Salpetersäure Phosphor-
säure, die mit Molybdatreagens oder mit Magnesiamischung als solche er-
kannt wird. — Oder man prüfe das ursprüngüche Untersuchungsmaterial
nach dem Verfahren von Blondlot-Dusart auf einen Gehalt an Phosphor.
Blausäure: Geruch. — Vorprobe: Destillat färbt einen zuerst mit
Guajakharztinktur, dann mit sehr wenig Kupfersulfatlösung befeuchteten
Papierstreifen blau. — Berhnerblauprobe. — Rhodanprobe. — Mit Silber-
nitrat: weißes, flockiges Silbercyanid.
Carbolsäure: Geruch. — Mit „Millon" beim Erwärmen Ilotfärbung.
— Bromwasser fällt gelblichweißes, kristallinisches Tribromphenolbrom.
— Ei.^^enchlorid färbt violett: beim Ansäuern mit Mineralsäure geht das
Violett in Gelb über.
Chloroform: Geruch. — Beim Erhitzen mit wenig Anilin und
Kalilauge tritt der widerliche Geruch des Phenylisonitrils auf. - Beim Er-
hitzen mit Resorcin und Kalilauge Rotfärbung. — Bei gelindem Er-
wärmen mit 7.-Naphthol und Kalilauge Blaufärbung. — Chloroformhaltiges
Destillat reduziert beim Erwärmen ammoniakalische Silbernitratlösung sowie
die ..Fehlingsche Lösung".
Chloralhydrat: Gibt die Reaktionen des Chloroforms. — Mit
,,Neßler" ziegelroter, nach einiger Zeit gelb oder schmutziggrün werden-
der Niederschlag. — Beim Erhitzen mit Magnosiumoxyd und Wasser ent-
stehen Chloroform und ameisensaures Magnesium: Nachweis der Ameisen-
säure durch Erwärmen mit Silbernitrat und mit Quecksilberchlorid.
Jodoform: Geruch. — Destillat trübe, weißlich: der Ätherau-^zug des
Destillats hinterläßt beim Eindunsten Jodoformkristalle. ^ Das jodoform-
haltige Destillat gibt die Reaktionen des Chloroforms.
Anilin: Mit Chlorkalkir>sung Violettfärbung. — Beim Erhitzen mit
1 oder 2 Tröpfchen Chloroform und Kalilauge tritt der widerliche Geruch des
Phenylisonitrils auf. — Bromwasser verursacht eine fleischrote Fällung. —
YYB ^^ • Auteurieth.
Beim Envärmen mit „Mi Hon- Rotfärbung und Entwicklung von
Stickstoff.
Sch^vefelkohlenstoff: Beim Erhitzen mit wenig Bleiacetat und
Kalilauge schwarze Färbung oder schwarzer Niederschlag (PbS). — Beim
Eindampfen mit konzentriertem Ammoniak entsteht Rhodanammonium,
das nach dem Ansäuern mit verdünnter Salzsäure mit wenig Eisenchlorid
nachgewiesen wird. — Beim Schütteln mit alkoholischer Kalilauge ent-
steht xanthogensaures Kalium , das mit Hilfe von Kupfersulfatlösung er-
kannt wird.
Äthylalkohol: Gibt bei gelindem Erwärmen mit Jod und Alkahlauge
Jodoform. — Beim tüchtigen Schütteln mit Benzoylchlorid und Natronlauge
tritt der Geruch des Benzoesäureäthylesters auf. — Beim Erwärmen mit
einer Spur Kaliumdichromat und Salzsäure Grünfärbung und Auftreten des
Acetaldehydgeruchs. — Beim Erwärmen mit wenig Natriumacetat und mit
konzentrierter Schwefelsäure macht sich der Geruch des Essigsäure-
äthylesters bemerkbar.
Übersiclit der Gruppe II.
Die Untersuchung auf organische Giftstoffe, die aus saurer
Lösung mit Wasser nicht flüchtig sind, nach dem Verfahren
von Sias- Otto.
Alkaloide, Glukoside, künstliche organische Arzneistoffe.
A. Der Verdunstungsrückstand des Ätherauszuges der wässerigen-weinsauren
Lösung kann enthalten:
Pikrotoxin: Stark bitter. — „Fehling" wird beim Erwärmen redu-
ziert. — Mit alkoholischer Benzaldehydlösung und mit konzentrierter
Schwefelsäure übergössen, fließen von Pikrotoxin rote Streifen ab (Melzer-
sche Probe). — Konzentrierte Schwefelsäure löst mit gelber oder orange-
roter Farbe; läßt man ein Tröpfchen KaHumdichromatlösung hineinfallen,
so umgibt sich dieses mit einem braunen Rand. — Durchfeuchtet
man ein Gemisch aus Pikrotoxin und etwa der dreifachen Menge Salpeter
mit einer Spur konzentrierter Schwefelsäure, so färbt es sich mit über-
schüssiger gesättigter Natronlauge rot.
Golchicini): Stark bitter, gelblich, amorph. — Die wässerigen Col-
chicinlösungen färben sich mit einigen Tröpfchen einer Mineralsäure in-
tensiv gelb. — Konzentrierte Salpetersäure löst mit schmutzig violetter,
alsbald in Braunrot und schließlich in Gelb übergehender Farbe: fügt man
jetzt überschüssige Kalilauge hinzu, so färbt sich das Gemisch orangegelb
oder orangerot. — Zeisels Colchicinprobe: Kocht man in einem Probier-
^) Infolge der geringen Löslichkeit in Äther findet sich Colchicin nur in geringer
Menge im Ätherauszuge der weinsauren Lösung vor. Bei weitem die größte Menge des
Colchicins ist im Chloroformauszuge der mit Ammoniak alkalisch ge-
machten Flüssigkeit enthalten.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 779
rührchen die stark gelb gefjirbte Lösung des Colchicins in konzentrierter
Salzsäure mit 2 Tröpfchen Eisenchloridlösung 2 8 Minuten, so nimmt
sie nach dem Erkalten, besonders nach Zusatz von etwa der gleichen
Menge Wasser, eine grüne oder mehr olivgi'üne Färbung an.
Cantharidin: Bleibt beim Eindunsten seiner Ätherlösung in rhom-
bischen lUättchen zurück. — In Ermanglung von charakteristischen che-
mischen Reaktionen führe man den physiologischen Nachweis; zu dem
Zweck verreibe man den fraglichen Rückstand mit einigen Tropfen Mandelöl
und prüfe das Gemisch durch Einreiben auf den Oberarm auf eine etwaige
blasenziehende Wirkung.
Pikrinsäure: Stark bitter, gelb, bleibt aus der Ätherlösung meist
amorph zurück. Untersuchungsmaterial und die verschiedenen Auszüge
sind bei Vorhandensein von Pikrinsäure mehr oder weniger intensiv gelb
gefärbt. — Eine wässerige Pikrinsäurelösung färbt sich bei gelindem Er-
wärmen mit einigen Tröpfchen gesättigter Cyankaliumlösung rot (Iso-
purpursäurereaktion). In gleicher Weise färbt sich eine wässerige Piki-in-
säurelösung beim Erwärmen mit wenig Schwefelammonium rot. — Eine
wässerige Pikrinsäurelösung färbt Wolle und Seide gelb, nicht aber
Baumwolle.
Salicyl säure: Meist Kristallnädelchen von süßHch-saurem . etwas
kratzendem Geschmack. — Die wässerige Lösung färbt sich mit einem
Tröpfchen Eisenchloridlösung blauviolett, in stärkerer Verdünnung rot-
violett. — Beim Erwärmen mit ..Millon" liotfärbung. — €berschüssiges
Bromwasser fällt einen gelblichweißen, kristallinischen Niederschlag.
Acetanilid: Von schwach brennendem Geschmack. — Kocht man
Acetanilid mit einigen Kubikzentimetern konzentrierter Salzsäure auf etwa
20 Tröpfchen ein, fügt nach dem Erkalten wässerige Phenollösung sowie
tropfenweise Chlorkalklösung hinzu, so färbt sich das Gemisch beim Um-
schütteln schmutzigrot bis violett und beim Überschichten mit Ammoniak
tiefblau. — Kocht man Acetanilid erst für sich mit alkoholischer Kali-
lauge, dann nochmals nach Zusatz von wenig Chloroform, so tritt der
widerliche Geruch des Phenylisonitrils auf.
Phenacetin: Geschmacklos. — Gibt die Indophenol-, aber nicht die
Isonitrilprobe. — Konzentrierte Salpetersäure färbt Phenacetin gell) und
löst es mit gelber bis orangeroter Farbe. — Gibt beim Erhitzen mit ver-
dünnter Salpetersäure gelbe oder orangegelbe Lösungen; falls diese Lösun-
gen gesättigt sind, kristallisiert beim Erkalten gelbes Nitrophen-
acetin aus.
Ve renal: Bitter, kristallisiert gut. Man löse den Verdunstungsrück-
stand des Ätherauszuges in möglichst wenig wässeriger Natronlauge
oder wässerigem Ammoniak, filtriere und säure das Filtrat mit verdünnter
Salzsäure an; Veronal kristallisiert aus; man bestimme den Schmelzpunkt
der trockenen Kristalle (187— 1S8") und auch denjenigen eines Gemi.sclies
der fraglichen Kristalle mit absolut reinem ^'eroual; der Schmelzpunkt
muß der gleiche bleiben.
^^Q W. Autenrieth.
AntipyriiP): Von milde bitterem Geschmack. — Man prüfe die
wässerige Lösung des Verdunstungsrückstandes auf Antipyrin ; mit einem
Tröpfchen Eisenchlorid Rotfärbung. — Mit 1 — 2 Tröpfchen rauchender
Salpetersäure Grünfärbung; kocht man auf und fügt alsdann einen wei-
teren Tropfen rauchender Salpetersäure hinzu, so geht das Grün in
]{ot über.
Coffein-): Schwach bitter. — Coffein hinterläßt beim Verdampfen
mit gesättigtem Chlorwasser auf dem Wasserbade einen rotbraunen Rück-
stand, der sich beim Befeuchten mit sehr wenig Ammoniak purpurviolett
färbt. Zweckmäliigerweise kocht man nach E. Fischer die zu prüfende Sub-
stanz in einem Reagenzgläschen mit starkem Chlorwasser oder mit Salz-
säure und einer Spur chlorsaurem Kalium, verdampft dann im Schälchen
auf dem Wasserbade zur Trockne und befeuchtet den Rückstand mit Am-
moniak.
B. Der Verdunstungsrückstand des Ätherauszuges der wässerigen, alkalisch
reagierenden Flüssigkeit kann enthalten:
Co nun: Gelbe Öltröpfchen von durchdringendem Geruch. — Die
kalt gesiittigte wässerige Lösung des Coniins trübt sich beim Erwärmen.
— Beim freiwilligen Verdunstenlassen einer Spur Coniin mit einem Tropfen
Salzsäure bleibt salzsaures Coniin in doppelbrechenden, nadel- oder säulen-
förmigen, bisweilen sternförmig gruppierten Kristallen. — Physiologischer
Versuch: Lähmung der peripherischen Nerven.
Nikotin: Flüssig, bleibt in dem beim Eindunsten des Ätherauszuges
verdichteten Wasser gelöst, das dann schwachen Tabakgeruch zeigt. —
Mehersche Probe: Beim Erhitzen mit 2 — 3 ctn^ Epichlorhydrin tritt eine
Rotfärbung auf. — Schindelmeisersche Vrohe: Läßt man Nikotin mit einem
Tiopfen Formaldehydlösung einige Stunden stehen und fügt dann einen
Tropfen Salpetersäure hinzu, so tritt eine intensive rote Färbung auf. —
Jtoussinüche Kristalle: Mit ätherischer Jodlösung entstehen, meist erst
nach längerem Stehen, rubinrote Kristallnadeln.
Anilin: Bleibt beim P^indunsten des Ätherauszuges als rötlich oder
bräunlich gefärbte Öltröpfchen zurück, die im Wasser gelöst und nach den
obigen Angaben auf Anilin geprüft werden.
Veratrin: Konzentrierte Schwefelsäure löst mit gelber, allmählich
in Orange, Rot und endlich in Kirschrot übergehender Färbung; gelindes
Erwärmen beschleunigt diesen Farbenwechsel; die Lösung des Veratrins
in konzentrierter Schwefelsäure zeigt anfänglich eine ausgesprochen grün-
gelbe Fluoreszenz. „Fröhde" ruft die gleichen Farbenerscheinungen hervor.
— Beim Erwärmen mit konzentrierter Salzsäure im Wasserbade tritt eine
') Die größte Menge etwa vorhandenen Antipyrins findet sich im Äthei'ansznge
der Mässerig-alkalischen Flüssigkeit (vgl. den Rückstand des Ätherauszuges B).
^) Coffein verhält sich wie Antip\rin; nur ein kleiner Teil geht aus weinsaurer
Ixisiirig in den Äther über; die größere Menge vorhandenen Antipyrins findet sich im
Ätheranszuge B und hauptsachlich im Chloroformauszuge D vor.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 7S1
bestäiidio-e Rotfärbung- auf. — WeppensdiiQ Reaktion: Das Gemisch aus
Veratriii und etwa der sechsfachen Menge Rohrzucker färbt sich mit
einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure alhnähhch grün und schlieli-
lich blau. Statt des Rohrzuckers kann auch eine furfurolhaltige Schwefel-
säure verwendet werden.
Strychnin: Bleibt beim Eindunsten der ätherischen Lösung häufig
in sehr feinen, sehr stark bitter schmeckenden Kristallnädelchen zurück.
— Die farblose Lösung des Strychnins färbt sich mit einem Stückchen
Kaliumdichromat vorübergehend blau oder blauviolett. — ..Mandelin" gibt
die gleiche Färbung, nur ist diese beständiger als die durch Kaliumdichro-
mat hervorgerufene Färbung.
Brucin: Konzentrierte Salpetersäure löst Brucin mit blutroter, als-
bald in Rotgelb und Gelb übergehender Farbe. Versetzt man die gelb ge-
wordene Lösung in einem Reagenzgläschen tropfenweise mit verdünnter
Zinnchlorürlösung, so geht das (ielb in Violett über. Oder man schichtet
die Lösung des Brucins in stark verdünnter Salpetersäure vorsichtig über
konzentrierte Schw^efelsäure, wobei eine rote oder rotgelbe Zone entsteht.
Atropin: Beim Verdampfen im Porzellanschälchen auf dem Wasser-
bade mit einigen Tropfen rauchender Salpetersäure bleibt ein gelblicher
Rückstand zurück, der sich beim Befeuchten mit alkoholischer Kalilauge
violett färbt. Hyoscyamin, Homatropin und Skopolamin geben ebenfalls
diese Probe. Strychnin und Veratrin verhalten sich hierbei ähnlich wie
Atropin. — Physiologischer Versuch mit dem Auge : Pupillenerweiterung-
tritt noch ein durch einen Tropfen einer Atropinlösung von der Verdün-
nung 1 : 130.00U.
Cocain: Fällt aus seinen Salzlösungen auf Zusatz von Kalilauge in
Form von alsbald fest und kristallinisch werdenden Öltröpfchen aus. —
Nachweis der Benzoylgruppe: Erwärmt man Cocain mit 1 cin^ konzen-
trierter Schwefelsäure in einem Reagenzgläschen 5 Minuten lang in einem
kochenden Wasserbade und fügt dann vorsichtig 2 cm^ Wasser hinzu, so
macht sich der Geruch des Benzoesäuremethylesters bemerkbar, ferner
scheidet sich beim Erkalten der Lösung Benzoesäure aus : Nachweis der
letzteren durch eine Bestimmung des Schmelzpunktes (120") und die
Sublimationsfähigkeit. — Physiologischer Nachweis: Gefühllosigkeit auf
der Zunge.
Codein: Konzentrierte Schwefelsäure löst Codein in der Kälte ohne
Färbung; bei längerem Stehen oder sofort bei gelindem Erwärmen nimmt
die Lösung eine röthche oder mehr bläuliche Färbung an. — Beim Er-
wärmen von Codein mit konzentrierter Schwefelsäure und arsensaureni
Kalium oder statt des letzteren mit einer Spur Eisenchloridlösung färbt
sich die Lösung rein blau oder blauviolett. — ..Fröhde" löst mit gelb-
licher, alsbald in Grün und bei gelindem p]rwärmen in Blau übergehender
Farbe. — Formalinschwefelsäure löst Codein mit rötlichvioletter, alsbald
in ein beständiges Blau violett übergehendei- Farbe. — Codein gibt die
J'cUdf/rische Reaktion (vgl. Morphin).
7^2 ^^"- Autenrieth.
Xarkotin: Reagiert nicht alkalisch (Unterschied von anderen Al-
kaloiden) und schmeckt nicht bitter. — Fröhde löst mit grüner Farbe. —
Nimmt man konzentriertes Fröhde&ches Reagens (O'Oö g Ammoniummolyb-
dat -f 1 cm^ konzentrierter Schwefelsäure), so geht die anfangs grünliche
Färbung allmählich in ein schönes Kirschrot und vom Rande her in I51au
über. — ..Erdmann" löst mit schön roter Farbe.
Hydr astin: .,Fröhde" löst mit ziemlich beständiger grüner Farbe,
die später in Braun übergeht. — ..Mandelin' löst mit roter, allmählich
in Orangerot übergehender Farbe. — Schüttelt man die Lösung des Hy-
drastins in verdünnter Schwefelsäure mit stark verdünnter Kaliumperman-
ganatlösung, so fluoresziert sie intensiv blau. Man setze die Permanganat-
lösung tropfenweise zu.
Chinin: Verdunstungsrückstand der Ätherlösung bildet meist einen
amorphen, stark bitter schmeckenden Firnis. — Die Lösung des Chinins
in verdünnter Schwefelsäure fluoresziert blau. — Thalleiochinprobe :
Man versetze die Lösung des Verdunstungsrückstandes in verdünnter
Essigsäure erst mit ca. 1 cm'^ starkem Chlorwasser, dann sofort tropfen-
weise mit Ammoniak im Überschüsse; bei Vorhandensein von Chinin tritt
jetzt eine smaragdgrüne Färbung auf. — Herapathitprobe: Man löse
den Verdunstungsrückstand der Ätherlösuug in etwa 10 Tropfen einer
Mischung aus oO Tropfen Essigsäure, 20 Tropfen absolutem Alkohol und
1 Tropfen verdünnter Schwefelsäure, erhitze zum Sieden und füge 1 Tropfen
alkoholischer Jodlösung (1:10) hinzu. Ist Chinin vorhanden, so scheiden
sich olivengrüne, im reflektierten Licht cantharidengrün erscheinende, glän-
zende Blättchen aus.
Pyramidon: Hinterbleibt aus seiner Ätherlösung häufig in feinen
Nädelchen, leicht löslich in Wasser und von neutraler Reaktion. Man löst
den fraglichen Rückstand aus der Ätherlösung ein wenig: Eisenchlorid färbt
die Lösung blauviolett oder mehr rotviolett und rauchende Salpetersäure
färbt sie blau bis i)lauviolett, wenn Pyramidon zugegen ist.
Antipyrin und Coffein weise man mit Hilfe der unter A ange-
gebenen Reaktionen nach.
Physostigmin: Gibt beim Eindampfen mit Ammoniak einen blauen,
in Alkohol mit blauer Farbe löslichen Rückstand. — Physiologischer Ver-
such : Pupillenverkleinerung.
C. Der Verdunstungsrückstand des Ätherauszuges der mit Ammoniak alkalisch
gemachten Flüssigkeit kann enthalten:
Apomorphin: Der Verdunstungsrückstand ist amorph, meist grün-
lich gefärbt. — Die Lösung in wenig konzentrierter Schwefelsäure färbt
sich mit einem Tropfen konzentrierter Salpetersäure vorübergehend violett,
dann rotgelb oder orangefarben. — „Fröhde" löst mit grüner oder violetter
Farbe. — ^'ersetzt man die Lösung des Apomorphins in verdünnter Salz-
säure erst mit überschüssigem Natriumbikarbouat , dann unter tüchtigem
Umschütteln mit 1 — 2 Tröpfchen alkoholischer Jodlösung, so färbt sie sich
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 783
hlaugrün oder smaragdgrün und Äther, der damit geschüttelt wird, nimmt
eine violette Färbung an. — ■ Wan^erinsche Probe: Schüttelt man eine
Lösung von salzsaurem Apomorphin mit 1 — 2 Tropfen Kaliumdichromat-
lösung (0'37o KgCrgÖT), so färbt sie sich allmählich dunkelgrün und
zersetztes Chloroform färbt sich violett ; auf vorsichtigen Zusatz von ver-
dünntem Zinnchlorür nimmt das Chloroform eine rein indigoblaue Färbung an.
D. Der Verdunstungsrückstand des Chloroformauszuges der durch Ammoniak
alkalisch gemachten wässerigen Flüssigkeit kann enthalten:
Morphin: Stark bitter, bleibt aus der Chloroformlösung meist amorph,
selten kristallinisch zurück. — „Fröhde" löst mit violetter, allmählich in
ein schmutziges Grün und schließlich in ein schwaches Rot übergehender
F'arbe. — Formalinschwefelsäure löst mit purpurroter, später blauviolett
und fast rein blau werdender P'arbo. — HuseniannschG Probe : Erhitzt
man die Lösung des Morphins in konzentrierter Schwefelsäure über ganz
kleiner Flamme so stark, daß reichlich Schwefelsäuredämpfe auftreten,
und läßt nach dem Erkalten 1 Tröpfchen konzentrierte Salpetersäure zu-
fließen, so tritt vorübergehend eine rotviolette Färbung auf, die alsbald in
Blutrot oderEotgelb übergeht. — Pellagris Probe. — Eisenchloridprobe:
Man löse nicht zu wenig des fraghchen Piückstandes aus der Chloroform-
lösung in einigen Tröpfchen stark verdünnter Salzsäure, dampfe die Lö-
sung auf dem Wasserbade zur Trockne ein, löse den Rückstand in wenig
Wasser und füge ein Tröpfchen Eisenchloridlösung hinzu; eine auftretende
Blaufärbung zeigt dann Morphin an.
Narcein: Jodwasser färbt blau. — Beim Erwärmen der intensiv
gelbgefärbten Lösung in Resorcinschwefelsäure auf dem Wasserbade unter
Umrühren tritt eine karminrote, manchmal auch mehr kirschrote Färbung
auf. — Die gelbbraune Lösung des Narceins in Tanninschwefelsäure färbt
sich beim Erwärmen auf dem Wasserbade rein grün.
Colchicin: Bleibt als gelber oder mehr bräunlichgelber Firnis
zurück, der die für Colchicin angegebenen Reaktionen zeigt (vgl. A).
Antipyrin und Coffein: Diese beiden, in Äther verhältnismäßig
schwer, in Chloroform aber leicht löslichen Stoffe finden sich häufig, falls
sie zugegen sind, auch im Rückstande des Chloroformauszuges D vor und
können dann durch die früher unter A angegebenen Reaktionen erkannt
werden.
Übersiclit der Gruppe 111.
Der Destillationsrückstand, der nach dem Abdestilheren der
flüchtigen Gifte (Gruppe I) bleibt, oder ein Teil des ursprünglichen
Untersuchungsmaterials wird in einem Glaskolben oder einer Porzellanschale
mit verdünnter Salzsäure (von 10— 12Vo HCl) angerührt und unter Zu-
gabe von chlorsaurem Kalium in Substanz oder in konzentrierter wässe-
riger Lösung unter häufigem Umrühren auf einem kochenden Wassei-
bade so lange erhitzt, bis der größte Teil des Untersuchungsobjektes in
Y^zj. W. Autenrieth.
Lösung gegangen ist und die Flüssigkeit selbst eine gelbe Farbe angenom-
men hat; nun wird mit Wasser verdünnt, mit einigen Tropfen Schwefel-
säure versetzt und abfiltriert. Falls das Filtrat viel freie Säure enthält,
wird der Überschuß derselben größtenteils verdampft.
Filtrat: Filter rückst and:
Es wird unter Erwärmen auf dem Wasser- Ag, Pb, Ra.
bade längere Zeit, 1 — 2 Stunden, mit Schwefel-
wasserstoffgas gesättigt; nach dem Stehenlassen in
einer nur lose verschlossenen Flasche bis zum an-
deren Tage wird abfiltriert.
Niederschlag: Filtrat;
wird auf dem Filter mit einem heißen Cr, Zn.
Ammoniak-Schwefelammoniumgemisch wie-
derholt Übergossen.
Filtrat: Filterrückstand:
As, Sb, Sn, Cu. Hg, Pb, Cu, Bi, Cd.
IV. Die Untersuchung auf solche Giftstoffe, die sich nicht in die
drei Hauptgruppen von Giften einreihen lassen.
Die Mineralsäuren.
Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure.
Leichenteile werden im allgemeinen nur dann auf Mineralsäuren
untersucht, wenn der Sektionsbefund der Leiche auf eine Vergiftung durch
eine stärkere Säure schheßen läßt, wenn also charakteristische Ätzungen
und Verfärbungen von Gesicht, Mund, Speiseröhre und Magen vorhanden
sind. Da Chlormetalle, salpetersaure und schwefelsaure Salze normale
Bestandteile fast aller tierischer Stoffe und Flüssigkeiten sind, muß bei
derartigen Untersuchungen der Nachweis geführt werden, daß eine freie
Mineralsäure zugegen ist.
Zur Untersuchung auf freie Mineralsäuren zieht man das frag-
liche Untersuchungsobjekt mit kaltem Wasser aus, filtriert ab und stellt
mit dem Filtrat, falls es stark sauer reagiert, die folgenden Ver-
suche an:
1. Man versetzt das Filtrat mit wenigen Tropfen einer wässerigen
(0"1 : 1000) oder einer alkoholischen Lösung (1 : 100) von Methylviolett;
nur bei Gegenwart einer freien Mineralsäure färbt sich das Filtrat blau
oder grün.
2. Man fügt zum Filtrat einige Tropfen einer verdünnten, wässeri-
gen Lösung von Methylorange; eine auftretende Rotfärbung zeigt
dann freie Mineralsäure an.
o. ..Kongopapier" färbt sich selbst mit sehr stark verdünnten
Mineralsäuren blau.
il
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 785
4. Man verdampft in einem Porzellanschälchen einige Tropfen des
Filtrats mit 3 — 4 Tropfen Günzburg^chGm Reagens ') auf dem Wasserhade
oder über kleiner Flamme vollständig- zur Trockne; bei Gegenwart von
freier Salzsäure oder Schwefelsäure ist der Verdampfungsrückstand schön
rot oder rotgelb gefärbt. Freie Salpetersäure liefert einen mehr gelb-
roten Rückstand.
Hat man in einem Untersuchungsobjekt freie Mineralsäure nach-
gewiesen, so ist noch der Nachweis der betreffenden Säure selbst zu
führen.
Salzsäure.
1. Erwärmt man eine Probe des wässerigen, nicht zu verdünnten
Auszuges des Untersuchungsmateriales mit fein gepulvertem Braunstein,
so wird beiGegenwart von freier Salzsäure Chlor fi-ei, das an der Farbe,
am Geruch und durch Einleiten in eine Jodkaliumlösung an der Aus-
scheidung von Jod erkannt wird. Diese Reaktion ist nicht ganz eindeutig
für freie Salzsäure, denn bei gleichzeitigem Vorhandensein von freier
Schwefelsäure und einem Chlormetall erhält man unter denselben Bedin-
gungen ebenfaUs Chlor.
2. Wenn es irgendwie möghch ist, wird man die Salzsäure abzu-
destillieren und im Destillate nachzuweisen suchen.
Bei der Destillation der Salzsäure hat man besonders die Kon-
zentration der Säure zu berücksichtigen; von einer sehr verdünnten
Salzsäure geht zunächst nur Wasser über; erst wenn die Säure eine
Stärke von etwa 10 Vo HCl erreicht hat, destilliert auch Chlorwasserstoff
mit über. 2) Da bei den meisten derartigen Untersuchungen eine ver-
dünntere Salzsäure vorhegen dürfte, hat man demnach das mit Wasser
angerührte Untersuchungsobjekt, oder besser den wässerigen, filtrierten
Auszug desselben fast bis zur Trockne abzudestillieren. Dies geht am
besten in der Weise, daß man die Destillation in einem Ölbade vor-
nimmt. Im Destillate weist man die Salzsäure mit Silbernitrat bei Gegen-
wart von verdünnter Salpetersäure nach. Häufig ist es geboten, die freie
Salzsäure quantitativ zu bestimmen; ist keine andere freie Säure im
Destillate vorhanden, so geschieht dies durch Titration mit Vio Normal-
kalilauge unter Anwendung von Phenolphtalein als Indikator. Andernfalls
bestimmt man die Säure entweder gewichtsanalytisch durch Ausfällen
mit Silbernitrat und Wägen des entstandenen Silberchlorids oder mal')-
analytisch nach der Volhardschen Restmethode. Da im Mageninhalt
des Menschen normalerweise freie Salzsäure in einer Menge von O'l — O'öVo
vorhanden ist, muß die bei der Untersuchung eines Mageninhaltes ge-
') Vgl. „Die Bereitung der Reagenzien", Seite 813.
-') Destilliert man z. B. 100 c>n=* 17oiger Salzsäure, so enthalten die ersten
90cw'^ Destillat nur Spuren von Salzsäure; fast alle Säure findet sich in dem
letzten Destillate vor.
ATider halden . Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 50
786 ^^ • Autenrieth.
fundeiie freie Salzsäure stets quantitativ bestimmt werden. Nur wenn
eine größere Menge freier Salzsäure gefunden wird, ist die Annahme
einer Salzsäurevergiftung zulässig.
Salpetersäure.
Im Organismus des Menschen finden sich salpetersaure Salze
normalerweise nur in sehr geringer Menge vor, und zwar stammen die-
selben meist aus dem Trinkwasser und aus den pflanzlichen Nahrungs-
mitteln. Auch der Harn des Menschen enthält normalerweise höchstens
Spuren von salpetersauren und salpetrigsauren Salzen. Leichenteile
pflegt man nur dann auf Salpetersäure zu prüfen . wenn der anato-
mische Befund bei der Leichenöffnung auf eine Vergiftung durch diese
Mineralsäure schließen läßt wenn also besonders Lippen, Mund, Speise-
röhre und Magen gelb oder gelbbraun verfärbt sind und mehi' oder
weniger starke Ätzungen, unter Umständen Perforationen zeigen. Aus
Mund und Nase der Leiche soll ein gelber Schaum ausfließen. Auch der
Mageninhalt kann bei Vergiftung durch eine konzentriertere Salpeter-
säure eine gelbe Färbung zeigen. Falls die Salpetersäure verdünnter als
^O^/oig ist, können die spezifischen Veränderungen des Magendarmkanales
fehlen. Bei innerhcher Darreichung von Salpetersäure, und zwar gleich-
gültig, ob verdünnte oder konzentrierte Säure dem Organismus zugeführt
wird, läßt sie sich alsbald im Harn nachweisen.
Nachweis der Salpetersäure.
1. Destillation. In manchen Fällen wird man das fragliche Unter-
suchungsobjekt direkt mit Wasser ausziehen und den abfiltrierten Auszug
in der üblichen Weise auf Salpetersäure prüfen können. Liegen voraus-
sichthch mehr als Spuren der Säure vor, so kann man versuchen, die Sal-
petersäure aus dem wässerigen, abfiltrierten Auszuge abzu destillieren,
und zwar führt man die Destillation zweckmäßig in einem Ölbade aus.
Hierl)ei ist zu beachten, daß Salpetersäure, ähnlich wie die Salzsäure,
erst von einer bestimmten Konzentration an^), mit den Wasserdämpfen
überdestilliert; man muß also den abfiltrierten Auszug fast zur Trockne
abdestillieren. Hierbei geht freilich ein großer Teil der Salpetersäure ver-
loren: ein Teil wird von den organischen Substanzen, besonders den
Ei weiß st offen, gebunden (Bildung von Xanthoproteinsäure, Nitroderi-
vaten etc.) oder zu Ox3'dationen verbraucht, so daß auf jeden Fall nicht
die gesamte, ursprünglich vorhanden gewesene Salpetersäure im Destillate
wiedergefunden wird. Gegen das Ende der Destillation treten braune
Dämpfe von Stickstoffdioxyd auf: ein solches Destillat färbt sich daher
mit einem farblosen Gemisch aus stark verdünnter Schwefelsäure, Jod-
*) Unterwirft man einen dünnen Brei aus zerstoßenem Hundekuchen und lUU cm"'
IVoiger Salpetersäure der Destillation, so findet sieb bei weitem die größte Menge
der Säure in den letzten 10 cm^ Destillat vor.
i
I
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 7g7
kalium- und Stärkelösung bhiu. Der im Destillationsgefäii bleibende liiick-
stand ist bei Vorhandensein von Salpetersäure meist mehr oder weniger
gelb verfärbt.
Im erhaltenen Destillate sucht man die Salpetersäure durch die
unten verzeichneten Proben nachzuweisen.
2. Nachweis der Salpetersäure nach C. Fleurg.^) Man zieht das
fein zerkleinerte Untersuchungsmaterial, wie Organteile, mit absolutem
Alkohol aus, filtriert, versetzt das Filtrat mit gelöschtem Kalk im Cber-
schuli, läßt 12 Stunden stehen, um etwa gebildeten Salpetersäui'eester zu
zersetzen, filtriert, dampft das Filtrat zur Trockne ein, nimmt den Rück-
stand in Alkohol von 9öVo auf, verjagt den Alkohol aus der abfiltrierten
Lösung und prüft schlielUich die wässerige Lösung des Kückstandes auf
Salpetersäure. Fleury hat nach diesem Verfahren in Organteilen etwa den
fünften Teil der Salpetersäure wiedergefunden. Nach dieser Methode wird
die Salpetersäure in ihr Calcium salz übergeführt, das in Alkohol löslich
ist. Aber auch Natriumnitrat ist in Alkohol von 95''/„ in erheblicher
Menge, nämlich etwa 1 : 50 löslich. Erhält man daher schließlich mit dem Kück-
stand eine schwache Salpetersäureprobe, so beweist diese noch nicht, daß
freie Salpetersäure im Untersuchungsmaterial vorhanden war. Diesen
Fehler vermeidet das
?). Verfahren von Baumert-), nach welchem das Untersuchungs-
objekt direkt oder aber sein wässeriger Auszug mit Kalkmilch neutra-
lisiert, zur Trockne gebracht und mit Alkohol ausgekocht wird. Oder man
dampft nach der Neutralisation mit Kalkmilch oder Calciumkarbonat zum
Sirup ein und vermischt diesen unter Umrühren mit Alkohol. Der auf
die eine oder andere Weise erhaltene und filtrierte alkoholische Auszug
wird abdestilliert, der Destillationsrückstand mit Wasser durchgerührt, das
Filtrat eingedampft, das Zurückbleibende abermals in Alkohol gelöst und
diese Lösung mit etwa dem gleichen Volumen Äther in verschlossener
Flasche einige Stunden stehen gelassen. Der Verdampfungsrückstand der
filtrierten Alkoholätherlösung wird in wenig Wasser gelöst und die Lö-
sung in der folgenden Weise auf Salpetersäure geprüft:
1. Mit Diphenylaminschwefelsäure: Blaufärbung.
Man kann diese Probe als Zonenprobe ausführen , indem man die
mit einigen Tropfen Diphenvlaminsulfatlösung^) vermischte fragliche
Flüssigkeit, wässeriger xluszug oder Destillat, über Salpeter säurefreie
konzentrierte Schwefelsäure schichtet: bei Vorhandensein von Salpetersäure
entsteht an den Berührungsflächen der beiden Flüssigkeitsschichten eine
blaue Zone.
2. Mit Brucin-Schwefelsäure: Rotfärbung. Auch diese Probe
kann als Zonenprobe angeführt werden, indem man die fragliche Flüssig-
') Ann. Chem. analyt. appl. 6. 12.
-) Baninert, Lehrbuch der gerichtlichen Chemie. II. Aufl. 1S)07.
^) 1 ^ Diphenylamin + 5 (j vcrdüante Schwefelsäure + lÜÜ // Wasser.
50'
7gg W. Autenrieth.
keit mit etwa dem gleichen Volumen Brucinsulfatlösung i) mischt und
dieses Gemisch vorsichtig über reine konzentrierte Schwefelsäure schichtet ;
eine rote Zone zeigt dann Salpetersäure an.
3. Man vermischt die auf Salpetersäure zu prüfende Flüssigkeit mit
gesättigter Ferro sulfatlösung und schichtet das Gemisch über konzen-
trierte Schwefelsäure. Eine braune Zone zeigt Salpetersäure an.
4. Besonders charakteristisch für freie Salpetersäure ist ihr Xer-
halten zu Kupferblech, mit dem sie beim Erhitzen die rotbraunen
Dämpfe von Stickstoffdioxyd gibt.
Schwefelsäure.
Da fast alle tierischen und pflanzlichen Substanzen normalerweise
schwefelsaure Salze enthalten, muß bei der Untersuchung von derartigem
Material selbstverständlich nachgewiesen werden, daß freie Schwefelsäure
vorhanden ist. Organ teile einer Leiche werden nur dann auf einen
Gehalt an freier Schwefelsäure untersucht, wenn der Sektionsbefund auf
eine Vergiftung mit dieser Säure schließen läßt, wenn also Lippen, Mund,
Speiseröhre und Magen starke Ätzungen und Verfärbungen erkennen
lassen. An den Lippen finden sich Schorfe: die Schleimhaut des Mundes
ist weißgrau verfärbt; vom Zungenrücken kann sich die weiße Decke
bereits losgelöst haben und darunter das bräunlich gefärbte, harte Muskel-
gewebe erkennen [lassen. Die Zunge sieht manchmal wie gekocht aus.
Die Speiseröhrenschleimhaut ist stark gefaltet und grau belegt. Der
Magen ist meist schon von außen braun oder schiefergrau verfärbt und
der Mageninhalt schwärzlich. Sehr häufig kommt es bei Schwefelsäure-
vergiftung zur Perforation der Magenwand und zum Austritt braun-
schwarzer Massen in die Bauchhöhle. Im Magen können sich schwarze
Flecken vorfinden, die nach B. Kohert (Intoxikation) nicht von einer
Verkohlung, wie man früher vielfach annahm, sondern von braunschwarzem
Hämatin herrühren. In der Tat wird der Blutfarbstoff Oxyhämoglo-
bin durch Säuren wie auch durch Erwärmen in Globulin und Hämatin
zerlegt; auch Methämoglobin und Hämatoporphyrin können gebildet
werden. Das letztere entsteht aus dem Hämatin bei der Einwirkung von
Säuren, und zwar unter Austritt des Eisens ; alle drei ümwandlungspro-
dukte des roten Blutfarbstoffes, also das Methämoglobin, Hämatin und
Hämatoporphyrin können bei Schwefelsäurevergiftung gebildet werden und
sich dann auch im Harn vorfinden. Das Blut in den Magenwandungen
reagiert oft sauer und enthält dann hauptsächlich Methämoglobin und
^) 1 g Brucin -\- 5 g verdünnte Schwefelsäure -f- 100 g Wassei". Die für die beiden
Salpetersilureproben notwendige Schwefelsäure darf diese Proben für sich allein
nicht geben. Andernfalls muß man die betreffende Schwefelsäure in einer Platinsoliale
so lange kochen, bis die nitro se Säure verjagt ist, oder die Säure aus einer kleinen
Retorte abdestillieren, wobei der die Salpetersäure und salpetrige Säure enthaltende
Vorlauf entfernt wird.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 789
Häniatin. Auch im Darm kann die Schleimhaut bis tief abwärts weiltgrau
verfärbt und ihre Reaktion stark sauer sein.
Nachweis der Schwefelsäure.
1. Man zieht das fraghche, fein zerkleinerte rntersuchungsmaterial
falls es stark sauer reagiert, mit kalten absolutem Alkohol aus, wobei die
freie Schwefelsäure, nicht aber etwa vorhandene schwefelsaure Salze, in
Lösung geht und filtriert nach einigem Stehen ab. Das Filtrat dunstet
man auf dem Wasserbade ein, oder, wenn größere Giengen vorliegen, de-
stilliert man den Alkohol ab. versetzt den Rückstand mit 10 crn^ Wasser,
kocht auf, um etwa gebildete Äthylschwefelsäure zu zerlegen und weist
dann die Schwefelsäure in der abfiltrierten Lösung mit Baryumchlorid
und mit Bleiacetat nach. Die hierbei erhaltenen Niederschläge sucht man
mit Hilfe der Heparreaktion weiterhin als Sulfatniederschläge zu
charakterisieren.
2. Man zieht das zerkleinerte Untersuchungsmaterial mit Wasser
aus und untersucht die abfiltrierte Flüssigkeit in der folgenden Weise
auf freie Schwefelsäure:
a) Man dunstet eine Probe desselben in einem Porzellanschälchen
über einem Stückchen Zucker auf dem Wasserbade ein ; bei Vorhanden-
sein von freier Schwefelsäure hinterbleibt ein brauner oder schwarzer,
kohliger Rückstand.
/') Man dampft das erhaltene Filtrat erst auf dem Wasserbade auf
ein kleineres Volumen ein und erhitzt es dann in einem Probierröhrchen
mit einem Stückchen Kupferblech; enthält das Filtrat freie Schwefel-
säure, so wird Schwefeldioxyd gebildet, das an seinem stechenden
Gerüche erkannt wird. Man kann das entstandene Schwefeldioxyd auch
abdestillieren und zwar zweckmäßig in einer Kohlensäureatmosphäre, und
es im Destillate in der folgenden Weise nachzuweisen suchen.
Reim Erwärmen mit wenig Zinnchlorürlösung wird gelbes Zinn-
sulfid gefällt.
Tropfenweise mit Jod-Jodkaliumlösung versetzt, tritt Entfärbung
ein und gleichzeitig entsteht Schwefelsäure. Baryumchlorid fällt dann Ba-
ryumsulfat aus, das in verdünnter Salzsäure unlöslich ist.
Quantitativ wird die Schwefelsäure entweder gravimetrisch
als JJaryumsulfat oder volumetrisch durch Titration mit j^n- Kalilauge
bestimmt, und zwar unter Anwendung von Phenolphtalein als Indikator.
1000 ow 3 A-n -Kalilauge = ^Grammä(iuivalent Schwefelsäure = 4-9 g
H..S()4.
Oxalsäure.
Die Oxalsäure und ihre Salze, z. B. das Sauerkleesalz, sind
stark und rasch wirkende Gifte : der Tod von erwachsenen ^Menschen ist
schon wenige Minuten nach Aufnahme der Oxalsäure eingetreten. —
790 ^^- Autenrieth.
Oxalsäure ist in Form ihres sauren Kaliumsalzes, C2 O4 KH, und ihres Cal-
ciumsalzes im Pflanzenreiche außerordenthch weit verbreitet; besonders der
Sauerampfer, Sauerklee und die Rhabarbergewächse zeichnen sich durch
einen Reichtum an Oxalsäuren Salzen aus. Es kann also (Oxalsäure durch
Speisen und Medikamente pflanzlichen Ursprungs in den menschlichen
Organismus gelangen. Ferner ist darauf zu achten, daii der Harn des
Menschen normalerweise geringe Mengen von Oxalsäure enthält, nämlich
2 — 6 — 10 mg Oxalsäure in der Tagesmenge Harn. Bei der Untersuchung
von Organteilen, Mageninhalt. Harn und anderen Leichenteilen wird
es demnach häufig unerläßlich sein, die qualitativ nachgewiesene Oxal-
säure auch quantitativ zu bestimmen.
Giftwirkung. Im Unterschiede zu den Mineralsäuren wirken nicht
nur die freie Oxalsäure und das saure Oxalsäure Kalium, das Sauerklee-
salz, stark giftig, sondern auch selbst stark verdünnte Lösungen des
neutralen Oxalsäuren Natriums, C2 04Na2. Bei der Giftwirkung der Oxal-
säure hat man demnach zwischen der lokalen Ätzwärkung, die am
Orte der Applikation, teils auch bei der Ausscheidung zustande kommt,
und der resorptiven. entfernten Wirkung zu unterscheiden. Die lokale
Wirkung an der Applikationsstelle ist wie die aller Säuren eine ätzende
und die lokale Wirkung am Ort der Ausscheidung beruht auf der Bildung
und der Unlöslichkeit des Calciumoxalates. Infolge der großen Resorptions-
fähigkeit des Organismus für Oxalsäure und deren Alkalisalze kommt die
resorptive Wirkung unseres Giftes rasch zustande und dürfte im wesent-
lichen darauf zurückzuführen sein, daß die Oxalsäure den Organen
wie dem Herz und den Körperflüssigkeiten (Blut) das für den
Lebensprozeß notwendige Calcium teils entzieht, teils in das
unlösliche oxalsaure Calcium umwandelt. Im Blute M'ird durch
Oxalsäure Salze die Gerinnungsfähigkeit vermindert, ebenso wird
die Alkaleszenz herabgesetzt, andrerseits nimmt der Zuckergehalt zu. Bei
Oxalsäurevergiftung sinkt der ganze Stoffwechsel, also auch die Sauerstoff-
aufnahme und die Kohlensäureabgabe. Entsprechend der Verminderung der
Stoff Wechselvorgänge sinkt auch die Körpertemperatur. Die Kalkent-
ziehung des Herzens äußert sich in Herzschwäche und schbeßlicher
Herzparalyse. Die lokale Wirkung auf die Niere äußert sich in Ver-
stopfung der gewundenen Harnkanälchen durch Calcium oxalatpfröpfe. In-
folge Verlegung sämtlicher Harnkanälchen kann die Harnentleerung völlig
stocken und der Tod durch Anurie und Urämie erfolgen. Die nach Ein-
verleibung großer Dosen tödlich verlaufenden Oxalsäurevergiftungen enden
meist recht rasch. R. Kobert (Intoxikation) beschreibt einen Fall, daß der
Tod sogar binnen 10 Minuten eintrat.
über die Verteilung der Oxalsäure in den Organen der damit Ver-
gifteten liegen Angaben von Bischoß ') vor. In einem Falle, bei dem der Tod nach
*) C. Bischojf', L'ber Verteilung von Giften im Organismus des Mensclien iu Ver-
giftuugsf allen. Berichte d. Deutsch, ehem. Ges. 16. 1337 (1883).
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 791
weniger als 15 Minuten eingetreten war, wurden die Organe getrennt untersudit und
hierbei die folgenden Oxalsäuremengen gefunden:
In 2240// Magen, Speiseröhre, Darm und Inhalt . . 2"28 // Oxalsäure
,, 770 fi Leber 0285 g .,
,, 290 g Nieren 00145 g „
„ 180 // Herzblut 0-0135// '.,
40 // Harn 00076 //
Auffallend ist hierbei der hohe Gehalt der Leber an Oxalsäure; Nieren und
Harn sind bei der kurzen Dauer des Lebens nach der \'ergiftuug nur arm an dem
Gifte gefunden worden. — Im sezernierten Harn fällt bei Oxalsäurevergiftung die
reichliche Abscheidung von kristallisiertem Oxalsäuren Calcium auf.
Nachweis der Oxalsäure.
Wenn es sich nur um den Nachweis von Oxalsäure handelt,
gleichgültig" ob dieselbe als freie Säure, Sauerkleesalz oder Calciumoxalat
vorhanden ist, so versetzt man das zerkleinerte Untersuchungsobjekt mit
der o — 4fachen Menge Alkohol, fügt verdünnte Salzsäure bis zur stark
sauren Reaktion hinzu und läßt unter häufigem Umrühren 1 bis 2 Stunden
kalt stehen; dann gießt man die Flüssigkeit durch ein mit Alkohol be-
netztes Faltenfilter, spült den Rückstand mit Alkohol nach, versetzt das
ganze gesammelte Filtrat mit etwa 20 cm^ Wasser, um beim Eindampfen
die Bildung von Oxalsäureester zu vermeiden, und verdampft nun den
Alkohol auf dem Wasserbade vollständig. Die zurückl)]eibende wässerige
Lösung gießt man durch ein Filterchen und schüttelt das Filtrat in einem
Scheidetrichter 3- bis 4mal mit je 50 bis 60 cm^ Äther tüchtig aus. Die
sämtlichen Ätherauszüge läßt man einige Zeit in einem trockenen Kolben
absitzen, gießt sie durch ein trockenes Filter und destilliert aus ihnen den
Äther ab. Der Rückstand wird in 2 bis 3 cm^ Wasser gelöst, die Lösung,
falls es nötig ist, durch ein angefeuchtetes Filterchen gegossen, dann mit
Ammoniak bis zur alkalischen Reaktion und mit gesättigter Calcium-
sulfatlösung versetzt. Entsteht hierbei ein Niederschlag, so säuert man
mit Essigsäure schwach an und läßt das Gemisch bedeckt einige
Stunden, am besten bis zum anderen Tage, stehen. Bleibt ein kristalli-
nischer Niederschlag zurück, so kann dieser aus oxal saurem Calcium
bestehen. Eine eingehende mikroskopische Untersuchung der Niederschläge
ist stets angezeigt; Oktaeder mit einem durchsetzten Kreuz, sogenannte
Briefkuvertformen, sind für oxalsaures Calcium charakteristisch. Das auf
einem Filter gesammelte und ausgewaschene Calciumoxalat kann durch (xlühen
in einem tarierten Platintiegel über dem Gebläse in Calciumoxyd über-
geführt und dieses gewogen werden.
Berechnung. CaO (56) : C.2H.2O4 -f 2H.2O (126) = gefundene Menge
CaO : X. Da der zur Ausrechnung kommende (^)uotient 56 : 126 = 0"4:44
ist, so muß demnach das erhaltene (iewicht an Calciumoxyd mit 0"444
multipliziert werden, um die entsprechende Menge an kristallisierter Oxal-
säure zu erfahren.
-709 W. Auteurieth.
Der Nachweis der freien Alkalien.'
Kalilauge, Natronlauge, Ammoniak, freie Alkalien.
Mit dem Nachweis der Alkalien verhält es sich geradeso wie mit
demjenigen der Mineralsäuren. Da Kalium- und Natriumverbindungen im
Tier- und Pflanzenorganismus normalerweise überall vorkommen und Am-
moniak ein Zersetzungsprodukt stickstoffhaltiger organischer Materie ist,
muß bei einer derartigen Untersuchung der Nachweis geführt werden, daß
die Alkalien im freien Zustande vorhanden sind, denn nm- diese und
ihre kohlensauren Salze wirken auf das tierische Gewebe zerstörend und
stark ätzend und nicht ihre neutralen Salze.
Die durch Alkalilaugen erzeugten Ätzungen sind den durch ätzende
Säuren hervorgebrachten Vergiftungen dadurch ähnlich, daß auch hier nach
Zufuhr der Laugen per os Schmerzen im Mund, Schlund, Speiseröhre.
Magen und Unterleib auftreten, die auf Ätzungen beruhen. Während
aber die geätzten Stellen bei der Ätzung durch Mineralsäuren, wie bei der
durch Schwefelsäure trocken und brüchig werden (..feste Mortifika-
tion"), werden die durch Laugenätzung hervorgerufenen geätzten Partien
weich und schmierig, weil die durch Lauge gebildeten Alkalialbuminate
gelatinös aufquellen, ja bei Gegenwart von viel Wasser sich teilweise lösen
können. Man spricht in der gerichtlichen Medizin von ,.Kolliquation"
(Erweichung, Verflüssigung). Die zerstörende Wirkung der Ätzalkalien geht
weit in die Tiefe und in die Umgebung der geätzten Stellen, Leim-
gebendes Gewebe und Hornsubstanz, die Haare und die Haut quellen mit
Alkalilaugen ebenfalls stark auf und gehen schließlich in Lösung. Der
Magen ist bei Laugenvergiftung erweicht, korrodiert und von auffallend
hellroter Farbe.
Ammoniak.
Freies Ammoniak erkennt man meist schon an seinem Gerüche,
ferner an der Bläuung eines über dem Untersuchungsmaterial gehaltenen,
angefeuchteten roten Lackmuspapiers oder an der Schwärzung eines mit
Mercuronitratlösung befeuchteteten Papiers.
Destillation. Man zieht das gehörig zerkleinerte Untersuchungs-
material, falls es stark alkalisch reagiert, in einer gut verschüeßbaren
Glasstöpselflasche mehrere Male mit absolutem Alkohol aus und unterwirft
die vereinigten abfiltrierten Auszüge der Destillation. Man fängt das
Destillat in wenig verdünnter Salzsäure auf, verdampft es dann im
Porzellanschälchen auf dem Wasserbade zur Trockne, löst einen bleibenden
Verdampfungsrückstand im Wasser und prüft diese Lösung mit Kesslers
Pteagens und mit Platinchloridchlorwasserstoffsäure auf einen Ge-
halt an Ammoniak. — Der Destillationsrtickstand dient zur Prüfung auf
die fixen Alkalien.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 793
Fixe Alkalien.
Im Destillationsrückstaiide. der im Destillationsgefäße bleibt, können
sich Ätzkali und Ätznatron vorfinden. Reagiert der Rückstand stark
alkalisch, so wird eine Probe desselben erst mit wenig Phenolphtalein-
lösung, dann mit überschüssiger Baryumchloridlösung versetzt. Rührte
die Rotfärbung der Phenolphtaleinlösung ausschheßlich von kohlensauren
Alkalien her, so verschwindet jetzt die Alkalinität. weil nach der folgenden
Gleichung zwei neutral reagierende Salze entstehen:
K.3CO3 + BaCl, = BaCOg + 2 KCl.
Sind aber fixe Alkalien vorhanden, so bleibt die Rotfärbung be-
stehen, indem in diesem Falle löslicher Ätzbaryt entsteht :
2 K 0 H + Ba CL = Ba (OH)^ + 2KC1,
dessen Lösung sich mit Phenolphtalein ebenfalls rot färbt.
Zur Unterscheidung von Kali- und Natronlauge neutralisiert man
den übrigen Teil des nach dem Abdestillieren des Alkohols gebliebenen
Rückstandes mit verdünnter Salzsäure und prüft die Lösung mit Platin-
chloridchlorwasserstoffsäure, (PtClß)H.2, und mit Natriumkobalti-
nitrit. (Co(N02)6)K3, auf Kalium und mit Kaliumpyroantimoniat.
Sbo O7 H2 K,, auf Natrium.
Chlorsaures Kalium.
Das chlorsaure Kalium ist in größeren Dosen, 4 — 6 — 10^, ein
stark wirkendes Gift, das in der ersten Phase der Giftwirkung dadurch
wirkt , daß es die roten Blutkörperchen verändert : das Oxyhämogiobin
wird in den intakten Blutkörperchen in braunes Methämoglobin um-
gewandelt. Diesem Stadium folgt alsbald, wenigstens bei schwerer Ver-
giftung, eine Gestalts Veränderung, nämlich eine Schrumpfung und ein
Zerfall von roten Blutkörperchen. Die Toxikologen (vgl. B. Kobert, Intoxi-
kationen) nehmen an, daß die Veränderung des Blutfarbstoffes und der
roten Blutkörperchen durch eine, dem chlorsauren Kalium in hohem Grade
zukommende, spezifische Salzwirkung bedingt sei. Durch die letztere er-
klärt sich dann auch die zu Beginn der ^'ergiftung durch chlorsaures
Kalium auftretende Salzdiurese, durch welche das Blut stark eingedickt
wird. — Höchst bemerkenswert ist ferner das starke Alkalischwerden des
Harns, was im Blute umgekehrt eine Alkaliverarmung das Plasmas zur
Folge hat. Bei schwerer Chloratvergiftung wird soviel Oxyhämogiobin in
Methämoglobin umgewandelt, daß der Saue rstoffg ehalt des Blutes
auf P/o sinken kann. Die Folge davon ist, daß bei den betreffenden
vergifteten Menschen oder Tieren Erstickung durch Sauerstoff-
mangel eintreten kann. Chlorsaures Kalium schwächt durch Kaliwirkuug
das Herz.
Charakteristisch für die Vergiftung durch chlorsaures Kalium ist die
schokoladenbraune Verfärbung des Blutes (s. oben).
794 ^^ • Autenrieth.
Die Ausscheidung von innerlich aufgenommenem Kaliumchloiat
durch die Xiere kann ziemlich rasch erfolgen ; nach Einnahme von O'l f/ chlor-
saurem Kalium kann man im Harn schon nach einer Stunde Chlorsäure
nachweisen, und zwar geht die größte Menge desselben unverändert in
den Harn über: nur ein kleiner Teil des aufgenommenen chlorsauren
Salzes wird zu Chlorkalium reduziert. Der bei Chloratvergif tung entleerte Harn
ist meist stark dunkel, selbst schwarz gefärbt und kann Hämoglobin
und Methämoglobin enthalten; er ist meist undurchsichtig, reagiert häufig
stark alkalisch . ist eiweißhaltig und scheidet bei längerem Stehen ein
braunschwarzes Sediment ab.
Besteht Verdacht auf Vergiftung durch ein chlorsaures Salz, so muß
in erster Linie auch der Harn, falls solcher vorhegt, eingehend chemisch
und mikroskopisch untersucht werden. Es kann freilich bei Chloratvergiftung
dem Tode eine mehrtägige Anurie vorausgehen, so daß für die chemische
Untersuchung Harn überhaupt nicht zu haben ist.
Nachweis der Chlorsäure.
Chlorsaures Kalium kann aus organischem Material nur mit Hilfe
eines Dialysators abgeschieden werden. Man nehme ein möglichst flaches
Dialysiergefäß, weil die Diffusion um so rascher vor sich geht, je dünner
die Schicht im inneren Behälter und je größer die Wassermenge im
äußeren Gefäße ist. Man bringt die betreffenden Leichenteile, wie Organ-
teile, Mageninhalt, Darminhalt, in den inneren Behälter eines flachen Dialy-
sators und in das äußere Gefäß reines Wasser und läßt, ohne Wasser-
wechsel im äußeren Gefäß, 5 — 6 Stunden stehen. Das Dialysat, also den
Inhalt des äußeren Gefäßes, dunstet man in einer flachen Porzellanschale
auf dem Wasserbade zur Trockene ein, nimmt den Rückstand in wenig
Wasser auf und untersucht die abfiltrierte Lösung in der folgenden Weise
auf Chlorsäure:
1. Man versetzt eine Probe der Lösung mit verdünnter Schwefelsäure
und einigen Tröpfchen Indigolösung bis zur deutlichen Blaufärbung und
fügt dann tropfenweise schweflige Säure hinzu. Enthält die Lösung Chlor-
säure, so verschwindet jetzt die blaue Farbe und geht in Gelb oder
Grüngelb über. Empfindliche Probe auf Chlorsäure, mit der sich noch
0-01 ^r KCl O3 nachweisen läßt.
2. Man versetzt die erhaltene Lösung mit überschüssigem Silber-
nitrat; entsteht ein Niederschlag (AgCl), so wird er abfiltriert und das
klare Filtrat mit einigen Tropfen schwefliger Säure zusammengebracht; ist
chlorsaures Salz vorhanden, so entsteht abermals ein Niederschlag von
Chlorsilber, der im Unterschiede zum schwefligsauren Silber in heißer,
verdünnter Salpetersäure unlöslich ist.
3. Ist die fragliche Lösung chlor säurehaltig, so entwickelt sie beim
Erhitzen mit Salzsäure Chlor, welches aus Jodkaliumlösung Jod frei
macht, das mit Chloroform nachgewiesen werden kann. — Diese Reaktion
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 795
beweist nur dann das Yorliandensein von Chlorsäure, wenn keine anderen
Substanzen zugegen sind, die, wie chromsaure und dichrom saure Salze,
mit Salzsäure ebenfalls Chlor entwickeln.
Quantitative Bestimmung der Chlorsäure.
Die quantitative Bestimmung des Kaliumchlorates im Harn oder
im Dialysat oder in anderen Flüssigkeiten gelingt am besten mit Hilfe der
Z i n k s t a u l) m e t h 0 d e .
Man teilt die betreffende Flüssigkeit in zwei gleiche Teile und be-
stimmt in der einen Hälfte gewichtsanalytisch oder nach der Volhardschen
Titriermethode die etwa vorhandenen Chloride.
In der zweiten Hälfte der Flüssigkeit bestimmt man die Chloride
und das Chlor at zusammen, indem man 5 — 10 .r/ Zinkstaub und wenig-
verdünnte Schwefelsäure oder besser Essigsäure hinzufügt und diese Mischung
V2 — 1 Stunde lang auf dem kochenden Wasserbade erhitzt. Dann filtriert
man ab. wäscht den Rückstand mit kochendem Wasser aus, säuert das
Filtrat mit Salpetersäure an und bestimmt das Chlor wie das erstemal.
Hierbei wird natürlich mehr Chlor gefunden als bei der ersten Bestim-
mung, wenn chlorsaures Salz vorhanden war. Aus der Differenz der beiden
Chlorbestimmungen läßt sich die Menge Kahumchlorat berechnen, l 'SM.
KCIO3 gibt bei der Reduktion 1 Mol. KCl, also auch 1 At. Chlor.
\'erhalten des chlorsauren Kaliums bei der Leichenfäulnis.
Nach C. Bischoß' wird chlorsaures Kalium in Mischung mit feuchten organischen
Stoffen, namentlich Blut, sehr bald zu Chlorkalium reduziert. Bischoff' beschreibt
verschiedene Fälle von Vergiftungen mit chlorsaurem Kalium, bei welchem trotzdem
der chemische Nachweis der Chlorsäure in den Leichenteilen nicht mehr geführt
werden konnte. 100 r/ Blut -)- Oö r/ CIO3K + 100 ß Wasser wurden bei Zimmei-temperatur
ö Tage lang stehen gelassen ; in dem Dialysate konnte keine Spur Chlorsäure nachge-
wiesen werden. C. Bischoff ist auf Grund seiner Versuche zu der Ansicht gelangt, daß
chlorsaures Kalium, in Mischung mit feuchten organischen Substanzen, namentlich auch
mit Blut, sehr bald reduziert wird, so daß nicht unschwer Fälle möglich sind, w(» selbst
bei rasch tödlich verlaufenden Vergiftungsfällen mit chlorsaurem Kalium der chemische
Nachweis der Chlorsäure nicht mehr zu führen ist.
Die Untersuchiiiiii' auf* Santoiiiii, SiUfonal, Trional.
Die an dieser Stelle aufgenommenen , stark wirkenden Arzneistoffe
lassen sich wegen ihres Löslichkeitsverhaltens in kaltem, weinsäurehaltigem
Wasser und in Äther nicht gut in den allgemeinen Untersuchungsgang
nach Stas-Otto einreihen. Zum Nachweis dieser Arzneistoffe in irgend
einem Untersuchungsmaterial arbeitet man in der folgenden Weise:
Man kocht das eventuell mit Weinsänre neutrahsierte oder schwach
angesäuerte Untersuchungsobjekt unter Rückfluß mit absolutem Alko-
hol aus, filtriert heiß ab und dunstet das Filtrat auf dem Wasserbade zur
Trockne ein. Bleibt ein Rückstand, so wird er in heißem Wasser gelöst.
»j-gg W. Anten rieth.
diese Lösung, falls sie gefärbt oder sonst stark verunreinigt ist, auf dem
Wasserbade unter häufigem Umscliütteln mit wenig Blutkohle einige
Zeit erhitzt und noch heiß abfiltriert. Liegen größere Mengen der in Be-
tracht kommenden Substanzen vor, so kristallisieren diese zum Teil schon
während des Erkaltens aus. Die wässerige abfiltrierte Flüssigkeit wird,
eventuell mit den ausgeschiedenen Kristallen, mehrere Male mit Chloro-
form tüchtig ausgeschüttelt, die Chloroformschicht im Scheidetrichter ge-
trennt und durch ein trockenes Filter gegossen. Der beim Eindunsten
dieser Chloroformlösung bleibende Rückstand kann S antonin, Sulfonal
und Trional enthalten.
Bei dieser Extraktionsmethode finden sich natürlich auch diejenigen
Stoffe im Chloroformrückstande vor, die nach dem Verfahren von Stas-
Otto in den sauren Ätherauszug übergehen. Verschiedene dieser Substanzen,
wie Colchicin, Antipyrin, Koffein, Acetanilid, Phenacetin und Salicylsäure.
werden nach dieser ..Chloroformmethode'' vollständiger ausgezogen und
meistens auch in einem reineren Zustande erhalten, als dies bei der üblichen
Extraktion mit Äther der Fall ist. Auch das schwach basische Narkotin
kann sich in dem Verdunstungsrückstande des Chloroformauszuges vorfinden.
Santonin.
Santonin, CisHjgOs, kristallisiert in färb- und geruchlosen, glänzen-
den Blättchen, die bitter schmecken und bei 170° schmelzen. Es wird von
5000 Teilen kaltem, 250 Teilen siedendem Wasser, von 44 Teilen Wein-
geist sowie von 4 Teilen Chloroform gelöst: alle diese Lösungen reagieren
neutral. Seine Löslichkeit in Äther ist gering (1:150). Die weißen Santonin-
kristalle nehmen am Lichte eine gelbe Farbe an: die Lösung dieser gelben
Modifikation des Santonins in Weingeist läßt beim Eindampfen weißes
Santonin zurück. — Santonin muß als das innere Anhydrid, Lakton,
einer Säure, nämlich der Santoninsäure, Ci5H2o04, aufgefaßt werden,
denn ätzende Alkalien und die ätzenden alkalischen Erden lösen das San-
tonin zu Salzen dieser Säure auf.
Säuert man die Lösung eines santoninsauren Salzes mit Salzsäure
an, so scheidet sich zunächst freie Santoninsäure aus, welche auch dem
Gemisch als solche entzogen werden kann, wenn sie sofort mit lUher
ausgeschüttelt wird. Bei längerem Stehen geht die Säure unter Abspaltung
von 1 ]Mol. Wasser in ihr inneres Anhydrid, das Santonin, über.
Verhalten im Tierkörper. Santonin scheint im Organismus nur
unvollständig zur Resorption zu gelangen. 31. •Jafe'^) hat Hunden und
Kaninchen größere Mengen von Santonin verfüttert. Aus dem Harn der
Hunde erhielt er einen neuen Körper, in einer Menge von 5 — 60/0 des
verfütterten Santonins. -/-Oxysantonin (C^r, Hjg 04) genannt: aus den
^) M. Jaffe, Über Oxysantoniiie und ihre Entstehung im Tierkörpev nacli Dar-
reichung von Santonin. Zeitsclir. f. physiol. Chemie. 22. 337 (1896 — 1897).
Der Nachweis der Gifte auf chemiscliem Wege. 797
Exkrementen des Hundes konnten durch Auskochen mit Chloroform nam-
hafte Mengen von unverändert i>el)Iiebenem Santonin gewonnen werden. —
Im Organismus der Kaninchen, welche die Fütterung mit Santonin ge-
wöhnlich wochenlang gut vertragen, entsteht das a-üxysantonin nur in
sehr geringer Menge; im Ätherextrakt des Kaninchenharns fand Jafe
neben viel unverändert gebliebenem Santonin ein zweites Santoninderivat,
das [i-Oxy santonin, das mit dem a-Oxysan tonin isomer ist. Bei diesen
♦Versuchen mit den Kaninchen ist immer nur etwa die Hälfte des ver-
fütterten Santonins zur Resorption gelangt.
Im Harn des Menschen tritt nach Einnahme von Santonin ein roter
Farbstoff, Santoninrot genannt, auf. Santoninharn ist, auch nach medi-
zinalen Dosen, rot gefärbt oder färbt sich wenigstens scharlachrot bis
purpurfarben, wenn er mit Kali- oder Natronlauge versetzt wird. Auch auf
Zusatz von Ätzkalk färbt sich santoninhaltiger Harn karminrot.
Nachweis des Santonins.
Santonin läßt sich nur neutralen oder sauer reagierenden Flüssigkeiten
mit Äther, Benzol oder besser mit Chloroform entziehen. In alkalischen
Flüssigkeiten wird es zu santoninsauren Salzen gelöst, die in die ange-
führten Lösungsmittel nicht übergehen. Da Santonin kein Alkaloid ist, gibt
es mit den allgemeinen Alkaloidreagenzien auch keine Niederschläge ; je-
doch sind verschiedene Farbenreaktionen für dasselbe mehr oder weniger
charakteristisch.
1. Reines Santonin löst sich beim Erwärmen mit alkoholischer Kali-
lauge mit schön karminroter Farbe, die allmählich in Rotgelb übergeht,
um schließlich ganz zu verblassen. — Gelb gewordenes Santonin löst sich
in alkoholischer Kalilauge mit gelbroter Farbe auf.
2. Schüttelt man gepulvertes Santonin (001 g) mit einer kalten
Mischung aus 1 cm^ Schwefelsäure und 1 cm^ Wasser, so tritt keine Fär-
bung auf: erhitzt man dann fast zum Sieden und fügt einen Tropfen
Eisenchloridlösung hinzu, so färbt sich das Gemisch violett.
3. Erwärmt man ein Gemisch aus 2 — 3 Tropfen einer alkoholischen
Santoninlösung und 1 — 2 Tropfen alkohoUscher FurfuroUösung (2% ig) mit
2 cui^ konzentrierter Schwefelsäure in einem Porzellanschälchen auf dem
Wasserbade, so nimmt es eine purpurrote Färbung an, die bei fortge-
setztem Erwärmen in Karmoisinrot, Blauviolett und schließlich in Dunkel-
blau übergeht (Thaeter).^)
Alkaloide und Glukoside, die mit Furfurolschwcfelsäure scharfe Farbeu-
reaktionen geben, sind nicht sehr zabh'eich ; zu ihnen gehören u. a. Veratrin,
Pi kr otoxin (violett) und Piper in (grün bis grünblau, zuletzt indigoblau). Auch
X- und ß-Naphtol geben mit Furfurolschwcfelsäure charakteristische Färbungen.
^) K. Thaeter, Beiträge zur forensischen Chemie. Archiv d. Pharmazie. 235.
401 (1897).
798 ^^ • Autenrieth.
Sulfonal.
Sulfonal, C7H16O4S2, bildet färb-, geruch- und geschmacklose, pris-
matische Kristalle, die bei 125 — 126« schmelzen und gegen 300" unter
geringer Zersetzung destillieren. Sulfonal löst sich in 500 Teilen kaltem
und in 15 Teilen siedendem Wasser, in 135 Teilen Äther sowie in 65 Teilen
kaltem und in 2 Teilen siedendem Alkohol; von Chloroform wird Sulfonal
sehr leicht gelöst. Die Lösungen des Sulfonals verändern Lackmuspapier
nicht. Sulfonal zeichnet sich durch große Beständigkeit gegen chemische
Agenzien aus: die Halogene, Halogenwasserstoff säuren, ätzenden und kohlen-
sauren Alkahen, sowie konz. Schwefelsäure und konz. Salpetersäure wirken
in der Kälte auf Sulfonal nicht ein.
Nachweis des Sulfonals.
Sulfonal läßt sich der saureu. neutralen und alkalischen Flüssigkeit
mit Äther, besser mit Chloroform entziehen und wird im Verdunstungs-
riickstand dieser Lösungen in der folgenden Weise nachge\\ieseu :
1. Bestimmung des Schmelzpunktes: Dieser liegt bei 125 — 126".
falls das Sulfonal absolut rein ist. SuKonal wird durch Umkristallisieren
aus kochendem Wasser unter Zuhilfenahme von wenig Blutkohle leicht
rein erhalten. Die erhaltenen fraglichen Kristalle mische man mit notorisch
reinem SuKonal: auch dieses Gemisch muß dann ebenfalls bei 125 — 126"
schmelzen, falls die fragliche Substanz aus Sulfonal besteht.
2. Beim Erhitzen eines Gemisches von Sulfonal und gepulverter
Holzkohle in einem Probierröhrchen tritt der charakteristische Merkaptan-
geruch auf.
3. Nachweis des Schwefels, «yi Mit Natrium : Beim Zusammen-
schmelzen des Sulfonals mit wenig metallischem Natrium in einem trockenen
Papierröhrchen entsteht Schwefelnatrium, das man in der wässerigen
Lösung der erkalteten Schmelze mit Nitroprussidnatrium oder mit Blei-
oxydnatron erkennt.
h) Mit Cyankalium. Schmilzt man in einem trockenen Probier-
röhrchen Sulfonal mit etwa der doppelten ]\Ienge von reinem Cyankalium
zusammen, so tritt der durchdringende Merkaptangeruch auf und es ent-
steht gleichzeitig Rhodankalium. Die wässerige Lösung der Schmelze färbt
sich daher nach dem Ansäuern mit verdünnter Salzsäure mit 1 — 2 Tröpf-
chen Eisenchloridlösung tiefrot.
c) Mit Eisenpulver. Beim Erwärmen des Sulfonals mit reinem,
schwefelfreiem Eisenpulver macht sich ein knoblauchartiger Geruch be-
merkbar und der Piückstand entwickelt mit Salzsäure Schwefelwasserstoff,
der mit ..Bleipapier" erkannt wird.
Nachweis des Sulfonals im Harn.
Sulfonal wirkt kumulativ; die Substanz kann sich daher in größerer
Menge im Organismus anhäufen, wenn Sulfonal längere Zeit unaus-
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 799
gesetzt in größeren Dosen innerlich eingenommen wird. Die Hauptmenge
des aufgenommenen Sulfonals erscheint im Harn als Äthylsulfo säure,
C2H5.SO2 .OH. Infolge der Bildung dieser Säure ist bei Sulfonalintoxikation
der Ammoniakgehalt des Harns geradeso wie nach Eingabe von Mineral-
säuren stark vermehrt.
Nur nach größeren Dosen von Sulfonal, besonders nach unausgesetzter
Darreichung desselben, findet sich Sulfonal in nachweisbarer Menge im
Harne vor. Ein solcher Harn ist dann manchmal durch einen Gehalt an
Hämatoporphyrin dunkelrot bis granatbraun gefärbt; doch tritt
dieses Zersetzungsprodukt des Blutfarbstoffes nur i)ei schwerer Sulfonal-
intoxikation im Harne und auch da nur in vereinzelten Fällen auf.
Zur Abscheidung des Sulfonals aus dem Harn wird etwa 1 Liter
Harn oder mehr auf den 10. Teil seines Volumens eingedampft und der
Rückstand wiederholt mit größeren Mengen Äther ausgeschüttelt. Die ver-
einigten Ätherauszüge läßt man in einer trockenen Flasche einige Stunden
absitzen, gießt sie durch ein trockenes Filter und destilliert aus dem
Filtrate den Äther ab. Der Destillationsrückstand wird mit 20 — '60 cm^
10<'/(,iger Natronlauge auf dem Wasse.rbade zur Trockne eingedunstet,
wodurch die färbenden Extraktivstoffe, die aus dem Harn mit in den
Äther übergegangen sind, beseitigt werden, während Sulfonal unverändert
bleibt. Dem alkahschen Rückstande entzieht man wiederum mit Äther
das Sulfonal. welches beim Verdunsten des Lösungsmittels fast farblos
und rein zurückbleibt. Von dem Ätherrückstande bestimmt man den
Schmelzpunkt und weist mittelst der oben angegebenen Proben das Sul-
fonal nach.
Nachweis des Hämatoporphyrins im Harn bei Sulfonalintoxi-
kation.
In rot, braunrot oder kirschrot gefärbten Harnen sind Farb-
stoffe beobachtet worden, die mit Hämatoporphyrin höchstwahrschein-
lich identisch sind. Die spektroskopische Untersuchung eines solchen Harns
geschieht folgendermaßen : Man versetzt etwa 1/3 l Harn tropfenweise mit
Natronlauge bis zur stark alkalischen Reaktion, dann mit wenig Baryum-
chloridlösung: nach einigem Stehen wird der Niederschlag, der nun den
Farbstoff enthält, abfiltriert, gut ausgewaschen und auf dem Filter mit
heißem Alkohol, der einige Tropfen verdünnte Schwefelsäure enthält, aus-
gezogen. Das so erhaltene Filtrat kann direkt spektroskopisch, am besten
mit dem BrowningiU^hen Taschenspektroskop, untersucht werden. Die sauren
Hämatoporphyrinlösungen sind violett, konzentriertere kirschrot gefärbt und
zeigen ein charakteristisches Spektrum mit zwei Absorptionsstreifen. n)er-
sättigt man hierauf die saure alkoholische Lösung mit einigen Tropfen
Ammoniak oder Natronlauge, so wird das Spektrum der alkalischen
Hämatoporphyrinlösung mit vier Absorptionsstreifen sichti)ar. Hämatopor-
phyrin findet sich häufig in Spuren im normalen Harn.
^QQ W. Autenrieth.
Trioiial, Diäthylsulfonmethylmetlian, (C2 H^) (CH^) ClSOg C, Hg).., bildet
farblose, glänzende, geruchlose Kristalltafeln vom Schmelzpunkt 76^ die
sich in 320 Teilen Wasser zu einer bitter schmeckenden , Lackmuspapier
nicht verändernden Flüssigkeit lösen. Durch den bitteren Geschmack unter-
scheidet sich das Trional von dem sonst ähnlichen, aber geschmacklosen
Sulfonal. Trional gibt die Keaktionen des Sulfonals. Da Trional im
menschlichen Organismus vollständig zerlegt wird, ist die kumulative
Wirkung desselben eine geringere als beim Sulfonal. Auch Hämatopor-
phyrinurie ist selbst nach größeren Dosen von Trional und bei wochen-
langem, unausgesetztem Gebrauche fast nie beobachtet worden.
Cytisin.
Cytisin, C11H14N2O, findet sich zu etwa l'ö^o in dem reifen Samen
des Goldregens, dem Samen von Cytisus Laburnum, und ist identisch
mit dem. aus dem Samen von Ulex europaeus dargestellten und ur-
sprünglich Ulexin genannten Alkaloid (A. Partheil).
Cytisin kristallisiert in großen, färb- und geruchlosen Prismen, die
bei 152*^ schmelzen und die bei vorsichtigem stärkeren Erhitzen unzer-
setzt sublimieren. In Wasser, Alkohol, Chloroform und in Essigäther ist es
leicht löslich, weniger leicht in käuflichem Äther, Benzol und Aceton und
fast unlöslich in Petroläther und absolutem Äther.
Cytisin ist eine starke, sekundäre Base von stark giftigen Eigen-
schaften. Obwohl es sich mit 1 und mit 2 Mol. Salzsäure verbinden kann,
verhält es sich sonst als einsäurige Base, indem es nur mit einem
Äquivalent Säure gut kristallisierende Salze bildet. Als sekundäre Base
gibt Cytisin mit salpetriger Säure ein in Nadeln kristallisierendes Nitroso-
cytisin, CnHigONN.NO. Erwärmt man Cytisin mit der doppelten Menge
konzentrierter Salpetersäure auf dem Wasserbade, so färbt sich die Lösung
unter Entwicklung nitroser Gase alsbald rotgelb bis braun und scheidet dann
beim Eingießen in Wasser Nitronitrosocytisin, CiiHi2 0N(N02)N.NO
ab, das aus Wasser in blaßgelben, bei 242 — 244" schmelzenden Schuppen
kristallisiert.
Cytisin ist ein Krampf gif t, das in seiner Wirkung dem Strychnin
durchaus ähnlich ist, nur daß beim Cytisin noch eine Reizwirkung auf
die Magendarmschleimhaut hinzukommt, die bis zur blutigen Entzündung
führen kann. Im Gegensatz zum Strychnin wird durch Cytisin auch das
Brechzentrum gereizt; beim Menschen und erbrechenfähigen Tieren wird
daher nach Einnahme von Cytisin oder Goldregenpräparaten ein großer
Teil des zugeführten Giftes wieder erbrochen. Wie Strychnin wirkt Cytisin
reizend auf das Atemzentrum und vasomotorische Zentrum; schließlich
tritt der Tod wie bei Strychninvergiftung durch Lähmung dieser beiden
Zentra ein. Ein Teil des aufgenommeneu Cytisins verläßt den Organismus
unverändert und findet sich als solcher im Harn vor.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 801
Nachweis des Cytisins.
Sind Erbrochenes, Mageninhalt oder Organteile auf einen Gehalt an
Cytisin zu untersuchen, so stellt man sich nach dem allgemeinen l'nter-
suchungsgange auf Alkaloide eine wässerige, weinsaure Lösung her, welche
zur Entfernung der letzten Spuren von Fett und freien Fettsäuren mit
Äther erst ausgeschüttelt wird, dann wird die abgetrennte wässerige Flüssig-
keit mit Natronlauge alkahsch gemacht und mit Chloroform oder besser
mit Isobutylalkohol wiederholt tüchtig ausgeschüttelt.
Ein beim Eindunsten des Chloroform- oder Isobutylalkoholauszuges
bleibender Rückstand wird mit Hilfe der folgenden Reaktionen auf
Cytisin geprüft.
1. Eisenchloridlösung färbt Cytisin und seine Salze blutrot: beim
Verdünnen mit Wasser, beim Ansäuern sowie auf Zusatz von Wasserstoff-
superoxyd verschwindet die rote Färbung. Erwärmt man die mit Wasser-
stoffsuperoxyd versetzte Mischung auf dem Wassei'bade, so tiitt eine
intensive Blaufärbung auf {Van der Moer^).
2. Mit Nitrobenzol, das wenig Dinitrotiophen enthält, übergössen,
gibt Cytisin eine ziemlich beständige rotviolette Färbung (A. Bauivcrda'^).
Co nun gibt eine ähnliche, aber sehr unbeständige Färbung.
3. Die Bildung des Nitrosonitrocytisins (s. oben) aus Cytisin
mit konzentrierter Salpetersäure läßt sich zum Nachweis kleiner Mengen
des Alkaloids mit Vorteil verwenden. Nitronitrosocytisin kristallisiert
aus 94''/oigem Alkohol in derben Säulen und aus öOVoigem Alkohol in
flachen Täfelchen. Aus seiner Lösung in konzentrierter Salzsäure wird es
durch Wasser wieder unverändert ausgefüllt.
Die Digitalisglukoside.
Die Digitalis pflanze, Digitalis purpurea L., enthält in allen ihren
Teilen, vorzugsweise aber in ihren Blättern und Samen, arzneilich brauch-
bare Substanzen, welche in die Gruppe der Glukoside gehören. \'on
solchen Digitalisglukosiden sind bis jetzt drei als kristalUsierende. ein-
heitlich zusammengesetzte, wohl charakterisierte Stoffe isoliert worden,
nämlich das Digitalin im engeren Sinne oder Digitalinum verum crystal-
hsatum Kiliani von der Zusammensetzung Ci^E^^ü^i. das Digitoxin,
C34H54O11, und das Digitonin C55H94O.38. Ein viertes Digitalisglukosid,
nämlich das Digitalein, ist bis jetzt noch nicht im chemisch reinen Zu-
stande erhalten worden.
0 Ber. d. Deutsch. Pharmaz. Gesellschaft. 5. 267 (1895).
-) A. Eauwerda, Beiträge zur Kenntnis des Cytisins und seiner Alkyklerivato.
Chem. Zentralbl. 1900. II. 268 und Xederl. Tijdschr. 12. 161 (ISOO).
Abel prlia 1 den , Handbuch der biochemischen Arbpitsmethoden. V. j'j'J
gQ2 W. Autenrieth.
Digitonin.
Digitonin, C55H94O28 oder C54 HgoO^g^). findet sich fast nur in den
Samen der Digitalispflanze vor, die Blätter enthalten höchstens Spuren
davon. Digitonin, das man gegenwärtig zu den Saponinen zählt (vgl. diese),
kristallisiert aus Alkohol in feinen Nadeln und ist in 50 Teilen Alkohol
von 50% löslich. Schon eine ganz verdünnte Salzsäure spaltet Digitonin
hydrolytisch in Digitogenin, Dextrose und Galaktose"^):
CsöHg.Oas + 2H2O = CsiH^oOe + 20« H,^ 0« + 2CeH,,0e
Diffitonin Digitogenin Dextrose Galaktose.
Digitonin kristallisiert aus Alkohol in feinen Nadeln, die bei 235"
unter Gelbfärbung erweichen. Digitonin ist kein Herzgift. Reines Digitonin
gibt mit konzentrierter Schwefelsäure eine, auf Zusatz von wenig Brom-
wasser intensiver werdende Rotfärbung.
Digitoxin,
Digitoxin, C34H54O11, ist fast ausschließhch in den Digitalisblättern
enthalten, sehr wirksam und ungemein giftig. Es ist in Wasser und in
Äther fast unlöslich, löst sich aber in Alkohol und in Chloroform: man
kann es daher aus seiner Lösung in Chloroform mit Äther ausfällen.
Aus Alkohol von 85% kristallisiert es in Blättchen vom Schmp. 145°.
Alkoholische Salzsäure hydrolysiert Digitoxin zu Digitoxigenin und Digi-
toxose :
Cs.H^.On + H,0 = C^^Ha^O, + 2C,,H,2 0,
Digitoxin Digitoxigenin Digitoxose.
Digitoxin löst sich in konzentrierter Schwefelsäure mit bräunlicher
oder grünlichbrauner Farbe, die durch Brom nicht verändert wird.
Digitoxinreaktion von H. Küiani. Man löst eine Spur Digitoxin
in o — 4 cm^ eisenhaltigem Eisessig (100 cw^ Eisessig + 1 cm^ o^/oige
Ferrisulfatlösung) und schichtet einige Kubikzentimeter eisenhaltige kon-
zentrierte Schwefelsäure (100 cm^ Schwefelsäure -1- \ cm^ 5<'/oige Ferri-
sulfatlösung) darunter: an der Berührungsstelle der beiden Flüssigkeits-
schichten entsteht zunächst eine dunkle Zone, über der sich nach etwa
2 Minuten ein blauer Streifen bildet, und bei längerem Stehen färbt sich
die ganze Eisessigschicht tief indigoblau.
Digitalinum verum.
Digital in, C35H56O14, findet sich nach Kiliani nur in den Digitalis-
samen, ist in Wasser 1 : 1000 löslich und sehr wirksam. Beim Kochen
*) Die Ergebnisse der Untersuchungen von A. Windaus über Digitonin [Berichte
d. Deutsch, ehem. Ges. 42. 238 (1909)] sprechen zugunsten der Formel C55 Hg^ Ojg.
^) H. Kiliani, Über Digitonin und Digitogenin. Berichte d. Deutsch, ehem. Ges.
24. 340 (1891j.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 303
seiner alkoholischen Lösung mit sehr verdünnter Salzsäure wird es in Di-
gitaligenin und in zwei Zucker, nämlich in Dextrose und Digitalose,
hydrolytisch gespalten ;
C35H5BOU + H,0 •- a,H3o03 + CeH.^Oe + C,H,,OaV)
Digitalin Digitaligenin Dextrose Digitalose.
Reines Digitalin färbt sich mit konzentrierter Schwefelsäure oran-
gegelb; die Lösung nimmt bald eine blutrote und auf Zusatz von
wenig Bromwasser eine kirsch- und blaurote Färbung an. Statt des
Bromwassers kann auch ein Tröpfchen Salpetersäure oder Eisenchlorid-
lösung genommen werden. Sicherer und weit dauerhafterer, auf 1 — 2
Stunden, erhält man diese Reaktion, wenn man eine Spur Digitalin direkt
in englischer Schwefelsäure ohne weiteren Zusatz löst.
Konzentrierte Salzsäure löst Digitalin mit goldgelber, beim Erwärmen
in Granat- bis Violettrot übergehender Farbe.
Über das Schicksal der DigitaUsglukoside im menschlichen Or-
ganismus und über die Natur ihrer Umwandlungs- und Ausscheidungs-
produkte ist bis jetzt nichts sicheres bekannt. Eine Ausscheidung der drei
wirksamen Substanzen durch den Harn ist beim Menschen noch niemals
beobachtet worden, und auch bei Tieren hat B. Robert im Harn imr in
ganz vereinzelten Fällen etwas wirksames nachweisen können. Im Blute
und in den Organen konnte bisher keiner der in Frage kommenden Di-
gitalisstoffe wieder gefunden werden. Bei toxikologischen Untersuchungen
würde vorzugsweise Erbrochenes und der Inhalt des Magen dar m-
k anales in Betracht kommen, obgleich auch hier nur geringe Aussicht
besteht, von den Diaitalstoffen noch etwas vorzufinden.
'ö^
über Saponine.
Saponine,
Als Saponine oder Saponin Substanzen faßt man eine große
Zahl von giykosidischen Substanzen zusammen, welche im Pflanzen-
reiche weit verl)reitet vorkommen und die verschiedene chemische, physi-
kalische und besonders physiologische Eigenschaften gemeinsam haben.
Sie zeigen insofern eine gewisse Ähnlichkeit mit den Seifen, als ihre
wässerigen Lösungen stark schäumen. Viele der Saponinsubstanzen
schmecken scharf und kratzend und rufen im gepulverten Zustande
starkes Niesen hervor. Sie hindern fein verteilte Stoffe am Absetzen und
eignen sich daher zur Unterstützung von Emulsionsbildung. Sie dialysieren
sehr unvollständig und lassen sich aus ihren Lösungen zum Teil aus-
salzen. Mit Ausnahme des Gluko-Alkaloides Solanin, welches stickstoff-
haltig ist und alkaUsch reagiert, kann man die Saponine chemisch als
stickstofffreie Glukoside bezeichnen. Die meisten Saponine reagieren
neutral, und nur eine kleinere Anzahl derselben zeigt schwach saure Re-
51*
gQ4 ^V. Autenrieth.
aktion. Die neutralen Saponine und die Alkalisalze der sauren Saponin-
stoffe sind im Wasser und in heißem wässerigen Alkohol löslich, in abso-
lutem Alkohol sowie in Äther aber unlöslich. Fällungsmittel für Saponine
aus konzentrierter wässeriger Lösung sind Ätzbaryt, wodurch Barvtsapo-
nine entstehen, neutrales Bleiacetat und Bleiessig. Durch den letz-
teren werden alle Saponine gefällt, während Bleizucker nur die sauren
Saponine niederschlägt. Viele der Saponinstoffe sind wie die Eiweißstoffe
durch Ammonium Sulfat aussalzbar. Konzentrierte Sch\Yefelsäure löst die
Saponine mit gelber, allmählich in Rot, bisweilen auch in Violett
und Blau grün übergehender Farbe.
Die große Verbreitung der Saponine im Pf lanzenreiche geht schon daraus
hervor, daß man bis jetzt in über 50 Pflanzenfamilien mit über 200 mono-
und dikotyledonischen Pflanzenarten Saponinsubstanzen aufgefunden hat.
Von Pflanzenteilen, welche saponinhaltig sein können, sind es die Wurzeln
(Senega, Saponaria), Wurzelknollen (Cyclamen), Rinden (Quillaja, Gua-
jacum), Früchte (Sapindus, Saponaria), Samen (Aesculus, Agrostemma.
Thea), Stengel (Dulcaraara) und Blätter (Guajacum). Es scheint also
kaum einen Teil im Pflanzenorganismus zu geben, in welchem Saponine
nicht vorkommen können. Von Pflanzenfamilien, welche reichlichere Mengen
von Saponinsubstanzen produzieren, seien die der Sapindaceen, Cariophyl-
laceen, Colchicaceen, Polygalaceen, Sileneen und Sulanaceen erwähnt. Die
Menge an Saponinen, welche in den betreffenden Pflanzenteilen vorhanden
sein können, kann eine recht bedeutende sein.
Alle Saponine werden beim Erhitzen ihrer Lösungen mit verdünnter
Salzsäure oder Schwefelsäure hydrolytisch gespalten, und zwar in eine
Zucker art und in eine ungiftige. Sapogenin genannte, wasserunlös-
liche Substanz. Die Sapogenine, die chemisch noch wenig erforscht sind,
sind nicht durchweg identisch miteinander.
Die l)is jetzt genauer studierten Saponine sind die folgenden :
Digitonin: Im Samen von Digitahs purpurea.
Saponin: In der Wurzel von Saponaria officinahs, zu 4 — 5%.
Githagin: Im Samen der Kornrade, Agrostemma Githago, zu 6'5Vo-
Senegin: In der Senegawurzel, der Wurzel von Polygala Senega.
Struthiin: In der levantinischen Seifenwurzel, der Wurzel von Gyp-
sophila Struthium, zu 14%.
Quillaja-Sapotoxin: In der Rinde von Quillaja Saponaria, zu 8"8%-
Sapin dus-Sapotoxin: In den Früchten von Sapindus Saponaria.
Sarsaparill-Saponin: In der Sarsaparillwurzel, der Wurzel ver-
schiedener Smilaxarten.
Physiologische Wirkung der Saponine. Die Saponinsubstanzen
wirken fast ausnahmslos giftig, und zwar in erheblicherem Grade, wenn
sie direkt ins Blut eingeführt werden, als wenn dies nicht der Fall ist.
Da sie meist schwer resorbierbar sind, können sie bei innerhcher Dar-
reichung, also per os. in verdünnten Lösungen vom gesunden Menschen in
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 805
größeren Mengen vertragen worden . ohne irgendwelche Schädigungen der
Gesundheit hervorzurufen. Eine den giftigen Saponinen gemeinsame Eigen-
schaft ist eine protoplasmareizendc Wirkung, die bei größeren Dosen Saponin-
substanz protoplasmaabtötend sein kann. Als solche Protoplusmagifte
erweisen sie sich nach verschiedene!' Richtung hin. In Übereinstimmung
hiermit wirken Saponine auch auf Blutkörperchen ein ; in der Tat haben
R. Kohcrt und seine Mitarbeiter zeigen können, daß defil)riniertes, mit
physiologischer Kochsalzlösung auf das lOOfache verdünntes lUut das feinste
und bequemste Reagens auf Saponinsubstanzen ist, indem durch die Sa-
ponine Hämolyse eintritt und die Blutlösung lackfarben wird, und
zwar ohne Agglutination und ohne Methämoglobinbildung. Je mehr das Blut
vom Serum befreit wird, desto ausgesprochener ist die hämolytische Wirkung
der Saponinsubstanzen auf die Blutkörperchen. Nach Untersuchungen aus
den letzten Jahren wirken die Saponine auf die vom Serum befreiten
isolierten Blutkörperchen nur deshalb stärker ein, weil das Blutserum
das als Schutzkörper die Hämolyse hindernde Cholesterin enthält. Die
hämolytische Wirkung der Saponine kommt allem Anscheine in der Weise
zustande, daß dieselben den roten Blutkörperchen das Lecithin der
Zellmembran, also den Hauptbestandteil der Hülle, entziehen, indem
Lecithin-Saponine gebildet werden. Wie mit Lecithinen können sich die
Saponine auch mit Cholesterin zu Cholesterin-Saponinen verbinden. Wenn
nun die Affinitäten eines Saponins durch Cholesterin bereits abgesättigt
sind, so kann es nicht mehr auf das Lecithin der Membrane der Blut-
körperchen einwirken. So kommt es, daß Cholesterin die Hämolyse, welche
ein Saponin hervorrufen würde, verhindert und daß somit Cholesterin
auf Saponinsubstanzen entgiftend wirkt. Ransom^) hat diese wich-
tige Entdeckung gemacht, daß die blutkörperchenlösende Wirkung eines
Saponins durch einen Zusatz von Cholesterin aufgehoben wird. Ob diese
Entgiftung durch eine chemische Reaktion bedingt ist oder durch Ad-
sorption, also einen physikahschen Vorgang, war zunächst zweifelhaft.
R. Kobert') sowie Madsen und Noguchi^) vermochten das in Wasser un-
lösliche Cholesterin in einer wässerigen Saponinlösung aufzulösen und
nahmen in dieser physiologisch unwirksamen, also nicht mehr hämolytisch
wirkenden Lösung eine labile Saponin- Cholesterinverbindung an. Aber
erst A. Windaus ^) hat vor kurzem den Nachweis geführt, daß in der
Tat ..Saponincholesteride" existieren. Das Digitonin-Cholesterid,
C55 H;,4 Oog . C27 H^e 0, kristallisiert in feinen Nadeln aus, wenn man die
heißen alkoholischen Lösungen von Digitonin (l Mol.) und Cholesterin
*) Deutsche med. Wochenschr. 1901. 194.
") F. Kohert, Die Saponine. Stuttgart 1904.
^) Th. Madsen und 11. Xoguchi , Toxine und Antitoxine, Sapouiu, Cholesterin.
Chem. Zeutralbl. 1905. I. 1265.
*) A. Willdaus, Über die Entgiftung der Saponine durch Cholesterin. Berichte
d. Deutsch, chem. Gesellsch. 42. 238 (1909).
306 ^^- Autenrieth.
(1 Mol.) ziisammengielit. Dieses Cholesterid entsteht ohne Wasseraustritt;
es handelt sich also bei der Reaktion zwischen Digitonin und Cholesterin
höchstwahrscheinlich um die Bildung einer Molekularverbindung.
Auch die weißen Blutkörperchen werden von Saponinlösungen,
aber erst bei stärkeren Konzentrationen, gelöst. Eine, vielen Saponinen
zukommende physiologische Wirkung äußert sich in der Betäubung und
Abtötung von Fischen, selbst wenn das Wasser, in dem sie leben, nur
1 : 200000 Saponinsubstanz enthält (R. Kohert).
Nachweis der Saponine.
Hinsichtlich der Isolierung der Saponinsubstanzen aus irgendwelchen
Gemischen ist in erster Linie auf deren Löslichkeitsverhalten zu achten.
Alle Saponine sind in Wasser löslich, einige derselben auch in Alko-
hol: in Äther, Benzol, Chloroform und Petroleum äther sind sie so gut wie
unlöslich. — Zur Abscheidung der Saponine kann man sich des Blei-
zuckers oder Bleiessigs bedienen (s. oben), den entstandenen ausgewaschenen
Niederschlag mit Schwefelwasserstoff zerlegen, das bleifreie Filtrat auf dem
Wasserbade eindunsten und das Saponin aus der konzentrierten Lösung
mit absolutem Alkohol und Äther ausfällen.
Konzentrierte Schwefelsäure löst die meisten Saponine mit roter
oder gelbroter, allmählich in Violett übergehender Farbe auf.
Mit Fröhdes Reagens und mit Vanadinschwefelsäure geben die
Saponinsubstanzen verschiedene Färbungen : braune, rotbraune, blaue, grüne
und auch violette Färbungen (vgl. Solanin). Kocht man ein Saponin mit
verdünnter Salzsäure, so tritt h} drolytische Spaltung ein ; infolge der Ent-
stehung eines reduzierend wirkenden Zuckers wird dann Fehlinc/sche Lösung
beim Erwärmen reduziert.
Über Solanin und Solanidin.
Solanin, CVoHgjNOi,, ein alkaloidartiges Glukosid, Glukoalkaloid, ist
in der Kartoffelpflanze, Solanum tuberosum und in anderen Solanum-
arten, Avie in Solanum nigrum, Solanum Dulcamare, Solanum Lycopersicum,
der Tomate, weit verbreitet. — Auch in Scopoliaarten, wie in Scopolia
orientahs und Scopolia atropoides, ist Solanin aufgefunden worden. Das
Solanin ist nicht auf alle Teile der Kartoffelpflanze gleichmäßig verteilt;
am reichlichsten findet es sich in den beerenartigen Früchten und in
den chlorophyllfreien Keimen, wie solche beim Liegen der Kartoffeln
im Keller während der Frühliugsmonate hervorschießen. Schnüedeherg und
Meyer fanden . daß im Jänner und Februar 1 kg geschälte Kartoffeln
0"024 ^, 1 kg ungeschälte aber 0044(7 Solanin enthielten; die Kartoffel-
schalen als solche hatten 0"71 g und die Kartoffel keime von 1 cm
Länge sogar ö'O g Solanin in einem Kilogramm. Nach E. Werk ist die
Entstehung des Solanins auf die Lebenstätigkeit von Bacterium solaniferum
zurückzuführen (V).
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 807
Solanin kristallisiert in weißen, bei 244" schmelzenden, bitter
schmeckenden Nadeln. Es ist in Wasser, auch kochendem, sehr wenig lös-
lich (etwa 1:8000) und wird von 500 Teilen kaltem und 125 Teilen
siedendem Alkohol, sowie von zirka 4000 Teilen Äther gelöst. Die Lösungen
reagieren schwach alkaüsch. Die heiß gesättigten L()sungen des Solanins
in Alkohol und in Amylalkohol gelatinieren beim Erkalten. Von Äther,
Chloroform und Benzol wird es weder aus saurer noch alkalischer Lösung
aufgenommen; heißer Amylalkohol entzieht aber das Solanin sowohl der
sauren als auch der mit Natronlauge oder Ammoniak alkalisch gemachten
Lösung. Solanin ist eine schwache Base, die sich in Säuren, auch in Essig-
säure, leicht auflöst und kristallisierende Salze bildet. — Durch verdünnte
Salzsäure oder Schwefelsäure wird Solanin in Solanidin, C4ollr,i N(^.,
Galaktose und Rhamnose gespalten. Die Hydrolyse tritt in der Kälte
langsam, beim Erhitzen rasch ein. Das gebildete salzsaure oder schwefel-
saure Solanidin scheidet sich hierbei als schwer lösliches, kristallinisches
Pulver aus. Nach Wittmann erhält man das Solanidin in guter Ausbeute,
wenn man das Solanin mit der zehnfachen Menge 2''/oiger Schwefelsäure
unter Rückfluß kocht, bis sich die Flüssigkeit gelblich färbt und bis das
Filtrat bei weiterem Kochen kein schwefelsaures Solanidin mehr abscheidet.
Das aus seinem schwefelsauren Salz mit Ammoniak frei gemachte und aus
Äther umkristallisierte Solanidin bildet farblose, seidenglänzeude, bei 207"
schmelzende, in Wasser schwer, in Äther sowie in heißem Alkohol leicht
lösliche Nadeln. Solanidin ist eine stärkere Base als das Solanin und gibt
mit Säuren meist kristallisierbare, in Wasser schwer lösliche Salze. Solauin
und Solanidin sind starke Gifte, die ähnlich wirken wie die echten
Saponinsubstanzen (vgl. diese).
Giftwirkung. Bei innerlicher Darreichung ist die Resorption des
Solanins meist recht mangelhaft. Als Glukosid übt es eine lokale Wirkung
aus und wirkt als saponinähnliehe Substanz stark hämolytisch, macht
also das Blut Lackfarben. Es erfolgt noch vollständige Hämolyse bei einer
Verdünnung der Solaninlösung von 1 : 8300. Bei Einnahme von Solanin
erfolgt meist Erbrechen und bei größeren Dosen Gastroenteritis (Magen-
darmkatarrh). Letztere kommt auch bei intravenöser und subkutaner In-
jektion von Dosen, welche nicht zu rasch töten, zustande. Nebenbei kann
Hämoglobinurie eintreten.
-'s'
Nachweis des Solanins und Solanidins.
Da Mineralsäuren selbst in sehr starken ^'erdünnungeu Solanin hydro-
lysieren, muß die Verwendung dieser- Säuren bei Auffindung des Solanins
selbstverständlich vermieden werden. Nach /;. Schmidt^) zieht man das
ITntersuchungsobjekt kalt mit weinsäurehaltigem Wasser aus, neutralisiert
den abfiltrierten Auszug mit gebrannter Magnesia, dampft auf dem Wasser-
') Pharm. Chem., Organischer Teil.
308 ^^- Autenrieth.
bade zur Trockne ein, kocht den Rückstand mit Alkohol aus und filtriert
heiß ab. Ist die Menge des vorhandenen Solanins keine zu geringe, so
gelatiniert der alkoholische Auszug beim Erkalten. Andernfalls dunstet man
die alkoholische Lösung ein und untersucht den Rückstand auf Solanin.
L. Kobert lälJt Solanin aus alkalischer Lösung mit Isobutylalkohol aus-
schütteln. — Von den allgemeinen Alkaloidreagenzien gibt nur die Phos-
phormolybdänsäure mit Solaninlösungen gelbe Fällungen, während das
Solanidin , also auch die mit überschüssiger Salzsäure gekochte Solanin-
lösung, als stärkere Base durch die meisten anderen Alkaloidreagenzien
ausgefällt wird.
Spezielle Reaktionen des Solanins und Solanidins.
1. Selensäure-Schwefelsäurei) löst Solanin sowie Solanidin mit
himbeerroter Farbe ; gelindes Erwärmen beschleunigt den Eintritt der
Reaktion.
2. Vanadinschwefelsäure^) löst Solanin wie Solanidin mit orange-
gelber, alsbald in Rot und schließlich in Blauviolett übergehender Farbe.
Man kann auch die Lösung des Solanins oder Solanidins in Schwefelsäure
mit einem Tropfen Vanadinschwefelsäure versetzen.
o. Äthylschwefelsäure 3) löst Solanin sowie Solanidin mit roter
Farbe. Man kann auch die alkoholische Lösung des Solanins oder Solanidins
über konzentrierte Schwefelsäure schichten; an der Berührungsfläche der
beiden Schichten zeigt sich dann eine rote Zone.
4. Konzentrierte Schwefelsäure löst Solanin mit orangeroter
Färbung, die bei längerem Stehen oder gelindem Erwärmen in Braunrot
übergeht. — Versetzt man die Lösung des Solanins in konzentrierte
Schwefelsäure tropfenweise mit Bromwasser, so entstehen rote Streifen.
5. Fröhdes Reagens löst Solanin mit gelbroter, vorübergehend in
Kirschrot und schließlich in Rotbraun übergehende Färbung.
Über Ptomaine.
Ptomaine sind basische, giftige oder nicht giftige, stickstoffhaltige
Substanzen, die bei der Fäulnis von Leichenteilen unter dem Einflüsse von
Bakterien entstehen und häufig in Leichen vorkommen, besonders in
solchen Leichenteilen, die schon stark in Verwesung übergegangen sind.
Viele Ptomaine zeigen große Ähnlichkeit mit den Alkaloiden, geben beispiels-
weise wie diese mit den allgemeinen Alkaloidreagenzien Niederschläge, und
verschiedene derselben verhalten sich sogar gegen spezielle Alkaloid-
^) 1"3 f/ selensaures Natrium, SeO^Naj . lOH, 0 -1- 8 f/«'' Wasser -f- 6 cw^ kon-
zentrierte Schwefelsäure.
-) Eine Lösung von 0"1 g vanadinsaures Ammonium, YOgNH^, in \QQ g konzen-
trierter Schwefelsäure.
^) 9 cm^ absoluter Alkohol 4- G cm^ konzentrierte Schwefelsäure.
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 809
reagenzien wie ganz bestimmte Alkaloide. Die genaue Kenntnis der
Ptomaine ist daher für den Gericlitschemikor von größter Ijpdeutung, in-
dem die Anwesenheit von Ptomainen leicht zu Täuschungen und Trug-
schlüssen führen kann. — Auch in dem Verhalten gegen Lösungsmittel
gleichen diese P'äulnisprodukte den Pflanzenbasen; die einen werden aus
weinsaurer, die anderen aus alkalischer Lösung von Äther, wieder andere
nur von Amylalkohol oder Chloroform aus alkalischer Flüssigkeit aufge-
nommen. Die meisten Ptomaine wirken stark reduzierend, führen z. 15.
Ferricyankalium sofort in Ferrocyankalium über und geben daher mit
einem verdünnten Gemisch von Eisenchlorid- und Ferricyankalium-
lösung Perlinerblau ; auch manche Alkaloide, wie Morphin, gleichen in
dieser Hinsicht den Ptomainen.
Die Ähnlichkeit eines Ptomains mit einem bestimmten Pflanzenstoff
beschränkt sich häufig nur auf die eine oder die andere Pieaktion und er-
streckt sich nie auf alle charakteristischen Pieaktionen des
betreffenden Alkaloids. Um sich daher bei gerichthch-chemischen
Untersuchungen vor Verwechslung von Ptomainen mit Alkaloiden möglichst
zu schützen, ist es unbedingt geboten, sämtliche für das vermutete M-
kaloid charakteristischen Pieaktionen auszuführen und sich nicht etwa mit
nur einer Reaktion zu begnügen. — Durch Feststellung der physio-
logischen Wirkung der Substanz ist die chemische Untersuchung zu
ergänzen; denn gerade in physiologischer Hinsicht unterscheiden sich
häufig die Fäulnisprodukte sehr wesentUch von den chemisch-ähnlichen
Pflanzenbasen. Es sind bis jetzt Ptomaine beobachtet und beschrieben
worden, die mit Coniin, Nikotin, Strychnin, Kodein, Veratrin, Delphinin.
Atropin, Hyoscyamin, Morphin und Narcein gewisse Ähnlichkeiten zeigten.
Ein dem Morphin gleichendes Fäulnisprodukt ist von Selmi beschrieben
worden; dasselbe wurde weder aus saurer noch alkalischer Lösung von
Äther aufgenommen, wohl aber wurde es der mit Natronlauge oder Am-
moniak alkalisch gemachten Lösung durch Amylalkohol entzogen. Es machte
aus Jodsäure Jod frei, gab aber die für Morphin allein charakteristi-
schen Reaktionen, nämlich die Husemannsche, Pellagrisäie und die Ferri-
chlorid-Reaktion, nicht.
Um in solchen Fällen ein unzweideutiges Resultat zu erhalten,
ist, wenn irgend möghch, die Reindarstellung des Alkaloids anzu-
streben. Gelingt diese, so kann die Natur des Giftes meist unzweifelhaft
festg-estellt werden.
■^ö^
Die Bereitung der Reagenzien.')
A. Die allgemeinen Alkaloidreagenzien.
Eine Reihe von Reagenzien, die man allgemeine Alkaloidreagen-
zien oder auch Gruppenreagenzien nennt, gibt mit den Lösungen der
1) Nach IV. Autenriefh, „Die Auffindung den Gifte", i\. Aufl. 1909.
g]^Q W. Autenrieth.
meisten Alkaloide und ihrer Salze charakteristisch gefärbte, amorphe,
oder kristaUinische, unlösliche oder schwer lösliche Niederschläge. — Diese
Reagenzien fällen freilich nicht ausschheßlich Alkaloidsalzlösungen aus
sondern verschiedene derselben, wie Gold-, Platin- und Quecksilber-
chlorid, Phosphormolybdänsäure und Phosphorwolframsäure
reagieren auch mit Ammoniak und vielen einfachen Ammoniakderi-
vaten in ähnlicher Weise wie mit Alkaloiden. Dieses hat seinen Grund
darin, daß die Alkaloide selbst Ammoniakabkömmlinge sind, nämlich meistens
tertiäre oder sekundäre Basen. x4uch Ei weiß Stoffe, Album osen, Pep-
tone, Kreatinin imd die Purinbasen Adenin, Guanin, Hypoxanthin
und Xanthin geben mit den meisten Alkaloidreagenzien Niederschläge.
Die allgemeinen Alkaloidreagenzien könnte man demnach auch als Reagen-
zien auf .^Stickstoffbasen" bezeichnen.
Die allgemeinen Alkaloidreagenzien wendet man besonders dann an,
wenn man feststellen will, ob überhaupt ein Alkaloid oder sonst ein
basischer Körper vorhanden ist oder nicht. Hinterläßt der Ätherauszug
der wässerig-alkalischen Lösung beim Arbeiten nach dem Verfahren von
Stets- Otto nur einen geringen Verdunstungsriickstand, so untersucht man
diesen zunächst auf sein Verhalten gegen die allgemeinen Alkaloidreagen-
zien, ehe man auf die einzelnen Alkaloide prüft. Zur Ausführung
dieser Reaktionen löst man eine Probe des fraglichen Verdunstungsrückstands
in stark verdünnter Salzsäure oder Schwefelsäure auf, verteilt die filtrierte
Lösung auf einige Reagenzgläschen und läßt zu jeder Probe ein empfind-
licheres Alkaloidreagens zutropfen. Bei Vorhandensein eines Alkaloids oder
irgend einer anderen basischen Substanz entstehen bei allen oder fast
allen Proben deutliche Niederschläge oder wenigstens starke Trübungen.
Die hauptsächlichsten Alkaloidreagenzien sind die folgenden :
Ooldchlorid, eine wässerige Lösung 1:30, bewirkt weiße, gelbe
oder braune, amorphe oder kristallinische Niederschläge, die zum Teil
unter Abscheidung von metallischem Gold leicht zersetzt werden.
Platiucliloridchlorwasserstoffsäure, kurz „Platinchlorirt" genannt,
eine wässerige Lösung, etwa 1:20, erzeugt gel blich weiße bis gelbe,
meistens körnig kristallinische Niederschläge, die fast immer dem Platin-
salmiak PtCl6(NH4)2 analog zusammengesetzt sind.
Quecksilberchlorid, wässerige Lösung 1:20, gibt weiße bis gelb-
liche, meistens amorphe, allmählich kristallinisch werdende Nieder-
schläge.
Jodlösiing, Jodjodlvaliumlösim^. Wofjnet-s Reagens, eine Auflösung
von 5 Teilen Jod und 10 Teilen Jodkalium in 100 Teilen Wasser, ruft
braune, meist flockige Niederschläge hervor.
Kadmiumjodid-Jodkaliiim. Marmes Reagens. — Man löst 20 g Jod-
kalium in der gleichen Menge siedenden Wassers auf, fügt 10 g Jodkad-
mium dazu und verdünnt diese Lösung mit Wasser auf 100 cm^. —
Marmes Reagens gibt mit den schwefelsauren Lösungen der meisten Alka-
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 811
loide, auch bei starker Verdünnung, weiße oder gelbliche, amorphe,
später kristallinisch werdende Fällungen, die im Überschüsse des Reagenses,
sowie in Alkohol löslich sind.
Qiiecksilberjodid-Jodkalium — Mayers Reagens — , eine Auflösung
von 1-35 (j Quecksilberchlorid und 5 g Jodkalium in 100 g Wasser, gibt
mit den salzsauren Lösungen der meisten Alkaloide weiße oder gelbliche
Niederschläge, die amorph sind, aber häufig allmählich kristallinisch werden.
Wismutjodid-Jodkiilium. — Dragendorfs Reagens. Nach Kraut ^)
bereitet: Durch Auflösen von ^0 g Wismutsubnitrat in 200 ccm Salpeter-
säure von 1-18 spez. Gew. (30"/o HXO3) und Eingießen dieser Lösung in
eine konzentrierte Lösung von 212 g Jodkalium in wenig Wasser. Nach dem
Auskristallisieren des Salpeters verdünnt man die Flüssigkeit mit Wasser
auf einen Liter.
Wismutjodid-Jodkalium ruft in den schwefelsauren Lösungen vieler
Alkaloide schön orangerote, meistens amorphe Niederschläge hervor. Durch
Schütteln dieser Niederschläge mit Natronlauge und Soda können die
Alkaloide meistens unverändert und häufig fast quantitativ wieder gewonnen
werden.
Zinkjodid-Jodkalium. Man löst 10 g Jodzink und 20 g Jodkalium
in 100 g Wasser auf.
Pbosphorniolyl)(länsäure. — Sonnenscheins Reagens.
a) Man sättigt eine wässerige Lösung von Natriumkarbonat mit
reiner Molybdänsäure, fügt auf 5 Teile der Säure 1 Teil kristallisiertes
Dinatriumphosphat(P04Na2H + 12H., 0)hinzu, verdampft dann zur Trockne,
schmilzt den Rückstand in einem Porzellantiegel und löst die erkaltete
Schmelze in Wasser auf. Aus 1 Teil Rückstand bereite man 10 Teile
Lösung. Die abfiltrierte Flüssigkeit versetzt mau noch mit so viel Sal-
petersäure, daß sie goldgelb gefärbt ist.
bj In Ermanglung freier Molybdänsäure kann man auch die sal-
petersaure Ammoniummolybdatlösung. wie sie zum Nachweis der Phosphor-
säure A'erwendung findet, mit Natriumphosphatlösung bei etwa 40" voll-
ständig ausfällen. Der hierbei erhaltene, gelbe Niederschlag wird gut aus-
gewaschen, in Wasser verteilt und mit einer konz. Natriumkarbonatlösung
bis zur vollständigen Auflösung erwärmt. Diese Lösung dampft man zur
Trockne ein, glüht den Rückstand bis zur vollständigen \'erjagung des
Ammoniaks, befeuchtet ihn, wenn Reduktion eingetreten ist (Blau- bis
Schwarzfärbung), mit Salpetersäure und glüht wiederum. Diesen Rückstand
löst man in heißem Wasser unter Zusatz von Salpetersäure auf. so daß
diese stark vorherrscht. Aus 1 Teil Rückstand stellt man sich 10 Teile
Lösung her. Die goldgelbe Lösung muß, gegen Ammoniakdämpfe ge-
schützt, aufbewahrt werden.
*) K. Kraut, Jodwismutverbiudungen organischer Basen. Anualen d. Chemie. 210.
310(1881) und E.Jahns, Über die Anwendung des Kaliumwismutjodids zur Darstellung
organischer Basen. Archiv d. Pharmazie. 235. 151 (1897).
g][2 "^^^ Autcnrietli.
Phosphormolybdänsäiire gibt mit den schwefelsauren Lösungen der
meisten Alkaloide gelblich gefärbte, amorphe Niederschläge, die manch-,
mal durch Reduktion der Molybdänsäure zu Molybdänoxyd nach einiger
Zeit eine grünliche bis bläuliche Färbung annehmen.
PJiosphorwolframsäure. — • Scheiblers Reagens.
Man versetzt die wässerige Lösung von wolframsaurem Natrium mit
wenig 20Voiger Phosphorsäure : gibt ähnlich aussehende Niederschläge wie
das vorhergehende Reagens. Über die Bereitung von kristallisierter
Phosphorwolframsäure vergl. Drechsele) und Winterstein J)
(xerbstofflösuiii^, öVoige, wässerige Lösung von Tannin, bewirkt
w^eißliche oder gelbliche, flockige Niederschläge, die in Salzsäure teil-
weise löslich sind. Durch Behandeln dieser Gerbstoffniederschläge mit Blei-
oder Zinkkarbonat, Eindampfen und Extraktion des Rückstandes mit Äther.
Alkohol oder Chloroform können die Alkaloide zum Teil unverändert wieder
gewonnen werden.
Pikrinsäure: eine konzentrierte, wässerige Auflösung der Pikrin-
säure, erzeugt gelbe, kristallinische oder amorphe, bald kristallinisch wer-
dende Niederschläge.
Pikroloiisäure. Man verwendet eine Vio n-alkoholische Lösung, die
also Yiof/ CioHgN^ O5 = 26*4 g feste Pikrolonsäure im Liter Alkohol enthält.
Diese Lösung gibt mit den meisten Alkaloiden schwer lösliche, kristalli-
sierende, gelb bis rot gefärbte, Pikrolonate genannte Salze. Pikrolonsäure
verhält sich gegen Basen wie eine einbasische Säure. 3)
B. Sonstige Reagentien und Lösungen.
Erdmaiiiis Reagens: salpetersäurehaltige Schwefelsäure.
20 cm^ reine konz. Schwefelsäure werden mit 10 Tropfen einer Mischung
aus 6 Tropfen konz. Salpetersäure und 100 crn^ Wasser versetzt.
Fröhdes Reagens: eine Auflösung von Molybdänsäure in
Schwefelsäure. 5 wg Molybdänsäure oder Natriummolybdat werden in
1 cm^ heißer, reiner konz. Schwefelsäure gelöst. Diese Lösung, die farblos
sein soll, ist nicht lange haltbar.
Konz entriertes Fröhdesches Reagens enthält auf 1 cw^konz. Schwefel-
säure O'Ol g Molybdänsäure oder deren Natriumsalz.
') E. Drechsel, Einfache Methode zur Darstellung einiger komplexen anorganischen
Säuren. Berichte d. Deutsch, ehem. Ges. 20. 1452 (1887).
^) E. Winfrrsfein, Über die Herstellung reiner Phosphorwolframsäure. Chemiker-
Zeitung 1898. 539.
^) L. Knorr, Über den Amidoäthylalkohol. Berichte d. Deutsch, ehem. Ges. 30.
909 (1897); //. Matthes und O. Baninisfedf, Die Verwendbarkeit der Pikrolonsäure zur
quantitativen Bestimmung einiger Alkaloide. Zeitschr. f. analyt. Chem. 46. 565 und
Archiv d. Pharmazie. 245. 112 (1907).
f
Der Nachweis der Gifte auf chemischem Wege. 813
Feliliii^sche Lösung. Man hält zweckmiUiig eine Kupfersulfat- und
eine alkalische Seignettesalzlösung getrennt vorrätig.
1. Die Kupfersulf atlüsung enthält in 500 cm^ Lösung B4"64 </ reines
kristaUisiertes Kupfersulfat (CuSO^ + ÖH., ()).
2. Die alkalische Seignettesalzlösung. Man löst 173 ^r Seignette-
salz (C4H4()üKNa + 4H.,0) und 50 ^ Ätznatron in Stangen in heiDem
Wasser auf und verdünnt diese Lösung nach dem Erkalten mit Was.ser
auf 500 cm^.
Diese beiden Lösungen, zu gleichem \olnmen gemischt, bilden die
Fehlingsche Lösung, die zweckmäßig erst vor dem Gebrauche hergestellt wird.
— Eine vorrätig gehaltene Fehlingsche Lösung hat man vor der Verwen-
dung stets auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen! Sie ist unbrauchbar,
sobald sie beim Kochen für sich einen Niederschlag von Kupferoxydul
ausscheidet.
Fornialinscliwef elsäiire, Marquis Reagens, i j 2 — 3 Tropfen Formal-
dehydum solutum — Formahn — werden vor dem Gebrauche mit 3 cm^
reiner konzentrierter Schwefelsäure gemischt.
Günzburgsches Reagens: Phloroglucin- Vanillinlösung.
1 Teil Phloroglucin und 1 Teil Vanillin werden in 30 Teilen Alkohol
gelöst. — Dieses Reagens dient zum Nachweise freier Mineralsäuren,
besonders freier Salzsäure; freie organische Säuren reagieren nicht mit
dem Gün2hurgs(ihen Reagens.
Hüiiefeldsche Lösung. Man versetzt 15 cm^ älteres, einige Zeit der
Luft und dem Licht ausgesetzt gewesenes Terpentinöl, das aber Guajak-
tinktur nicht direkt bläuen darf oder 15 cni^ 3 — 5''/oiges. säurefreies
Wasserstoffsuperoxyd mit 25 cm^ Alkohol. 5 cm^ Chloroform und r5 cn/^
Eisessig. Diese Lösung dient zum Nachweis von Blut.
Jodsäiirelösuiig, lO^/oige, wässerige Lösung von Jodsänic (JO^H).
Magnesiamischimg, auch Magiiesiamixtur genannt. 11 // kiistalli-
siertes Magnesiumclilorid (MgCL + ßH.jO) und 14: g Ammoniumchlorid
werden zusammen in 130 g Wasser gelöst und 70 g Ammoniakflüssigkeit
(0-96 sp. G.=zloVo ^Ha) zugesetzt. Diese Mischung soll klar sein. — Sie
dient zum Nachweis der Arsensäure und Phosphorsäure.
Maiideliiis Reagens, Vanadin-Schwefelsäure. 1 Teil vanadin-
saures Ammonium wird in 200 Teilen reiner konz. Schwefelsäure gelöst.
Millous Reagens. ]\Ian löst 1 Teil Quecksilber in 1 Teil kalter,
rauchender Salpetersäure auf, verdünnt hierauf mit dem doppelten Volumen
Wasser und gießt nach mehrstündigem Stehen die klnvo Lösung vom T"n-
gelösten ab.
*) R. Kohert , Zum Nachweis des Morpliins und seiner Derivate. Apothokcr-
Zeituug. 14. 259 (1899) und H.Linke, tJber das Verhalten der mit Formaldehyd ver-
setzten Schwefelsaure zu einigen organischen Körpern, speziell zu den Alkalniden. Be-
richte d. Deutsch, pharm, (ies. 11. 258 (1901).
814
"W. Autenrieth. Der Nachweis der Gifte auf cbemischera "Wege.
Nesslers Reagens. 10g Quecksilber] odicl (Hü'J2) + 5^ Kaliumjodid
+ 20 ^ Ätznatron + 100 g Wasser. Das Quecksilberjodid mrd in einem
Porzellanmörser mit wenig Wasser verrieben, dann in eine Flasche gespült
und das Kaliumjodid zugesetzt: das Ätznatron wird in dem Reste des
Wassers gelöst und die erkaltete Lauge mit der Quecksilber Jodid- Jod-
kaliumlösung gemengt. Die durch Absetzen geklärte Flüssigkeit wird in
kleineren Flaschen im Dunkeln aufbewahrt.
Selenigsäure-Schwefelsäure, Meckesches Reagens, i) Eine Lösung
von 0"5 g seleniger Säure in 10 g reiner konz. Schwefelsäure.
Ziunchlorürlösuug — Solutio Stanni chlorati des „Arznei-
buches". — 5 Teile kristallisiertes Zinnchlorür werden mit 1 Teil Salz-
säure zu einem Brei angerührt und letzterer mit trockenem Chlorwasser-
stoffgas gesättigt. Die hierdurch erzielte Lösung wird nach dem Absetzen
durch Asbest filtriert. — Blaßgelbliche, hchtbrechende, stark rauchende
Flüssigkeit von mindestens 1'9 spez. Ge^dcht. Diese Lösung dient zum
Nachweise des Arsens (Bettendorfsche Arsenprobe).
Die Zinuchlorürlösung ist der größeren Haltbarkeit wegen in kleinen,
mit Glasstopfen verschlossenen, vollständig gefüllten Flaschen aufzubewahren.
^) Mecke, Ein neues Reagens auf Alkaloide. Zeitschr. f. öffentliche Chemie. 5.
351 (1899).
Die Gefäßnaht und Massen-Transplantationen.
Von E. S. LoikIoii, St. Petersburg.
Vorbemerkung.
Gegenstand meines Aufsatzes in Band II des vorliegenden Hand-
buches bildete die Beschreibung derjenigen Operationen, welche beim
Studium biologisch-chemischer Erscheinungen bereits verschiedenartig an-
gewendet wurden und bereits gegeben sind die Fragen, für deren Klärung
obige Operationen einzeln am geeignetsten erscheinen.
Anders verhält es sich mit den in vorliegender Schrift besprochenen
Operationen. Selbe sind bisher ausschließlich zwecks khnischer Chirurgie
ausgebaut und zum Teil schon in die Piaxis aufgenommen worden. Was
dagegen ihre Verwertung für biologisch-chemische Untersuchungen betrifft,
so liegt selbe im Bereiche der Perspektive uud sind die einzelnen Opera-
tionen erst noch anzumerken.
Als Ausgangspunkt aller im vorliegenden Aufsatze zur Besprechung
gelangenden Operationen ist zu betrachten, die in letzter Zeit emporge-
kommene (lefäßnaht, mit deren Besprechung wir auch beginnen wollen.
Allgemeine Bemerkungen.
1. Aseptische und aiitiseptische Maßrei^eln.
Bei den hier zu behandelnden Operationen ist die Asepsis von größter
Bedeutung. Im allgemeinen soll die Regel gelten, daß die Haut an der
Operationsstelle antiseptisch, die Operation aber selbst aseptisch zu be-
handeln ist.
Die Haut wird gewaschen, mit Spiritus sapon. kaliui gereinigt.
mit sterilem Wasser nachgewaschen, dann mit Benzin behandelt und end-
hch mit Alkohol gewaschen.
Die Hände werden gründlich mit Spiritus sap. kal. vermittelst einer Bürste
gereinigt und dann mit sterilem Wasser und endlich mit Alkohol gewaschen.
Die Instrumente und die Seide werden in Vaselinum liquidum bis
120" C erhitzt und in demselben Gefäß aufbewahrt.
Für das Übrige gelten die allgemeinen chirurgischen Regeln.
816
E. S. London.
2. Instrumentarium und Seide.
Außer den gewöhnlichen chirurgischen Instrumenten muß man für
die hier beschriebenen Operationen noch spezielle Appertinenzen haben,
und zwar:
a) Nadeln :
a.) feinste Nähnadeln {0-2 mm breit und 16 mm lang) (Fig. 172),
ß) gebogene Nadeln (Fig. 173);
Die Nähnadeln können von der Firma Kirb// (London Nr. 16)
bezogen werden.
b) Nadelhälter Mathieu (Fig. 176) oder Langenbeck;
c) Feinste anatomische Pinzetten (Fig. 175);
Fig. 172.
Fig. 174.
Fig. 175.
Fig. 173.
r7\
d) Feinste Scheere (Fig. 17-1);
ej Klemmen:
7.) mit ausgezeichnetem Erfolg werden die Höpfnerschen
Klemmen gebraucht, deren Branchen mit passendem
Gummidrain überzogen werden und zur Verhinderung des
Abgleitens mit Tupfermulls umhüllt,
ß) besonders für tiefliegende Gefäße , wie z. B. in der
Bauchhöhle, eignen sich gewöhnliche, mit Gummirohr über-
zogene Gefäßpinzetten (Fig. 183 — 188);
f) Nahtmaterial:
Die allerfeinste Seide (wie z. B. „extrafein'' der Firma
Pearsall oder Lyon, Lepine, 14 place des Terreaux) wird
zunächst 1/2 Stunde in Wasser aufgekocht und dami in
steriles Paraffinum liq. übertragen.
Die Gefäßnalit und Massen-Traiisplantatioiien. 817
I. Die Gefäßnaht.
1. Historisches. Die schon läiiiist auftioworfoiio Frauo über die
seitliche Arteriemiaht wurde zuerst von Jassiiiowski/^) j^idiist. Für das
(Jelingen einer Arteriennaht war eines der Haupterfordernisse Jussi-
nowshjs die Schonunj^- der Intima ; die Naht sollte nur Adventitia und
Media fassen. Dörfler'^) konnte aber an Hunden zeii^en, dall die Schonung-
der Intima keineswegs die Hauptbedingung für den Erfolg- der Opera-
tion ist.
Im Jahre 1897 beschrieb Murphy^) seine Invaginationsmeth ode
zur Anwendung einer zirkulären Naht der Blutgefäße, welche dann weiter
durch BeinshoJ II) ^) etwas modifiziert wurde. Die Methode besteht darin,
daß das proximale in das distale Ende durch 2 — 3 doppelt armierte
Fäden, die nur Adventitia und Media fassen, beim Knoten invaginiert
w^erden.
Im Jahre 1900 veröffentlichte Payr^) seine neue ]\Iethode zur An-
legung einer zirkulären Naht, welche darin besteht, daß die (Jefäßabschnitte
mittelst einer resorbierbaren Magnesiumprothese vereinigt werden.
Endlich gaben im Jahre 1902 G. Jensen^) \mA Alexis Carrel') unab-
hängig voneinander eine neue Methode an zur zirkulären Vereinigung durch-
trennter Gefäße.
Es sind noch einige andere Methoden vorgeschlagen worden {Horoch ^),
Ghick^), Briean^^) und Jabotda//^^). Es haben sich aber nur 2 Methoden
brauchbar erwiesen : die Prothesenmethode Payrs und in erster Linie die
zirkuläre Naht von A. Carrel.
') A. Jassinowski/, 1. Die Arterienuaht. lu.-Diss. Dorpat 1889; 2. Ein Beitrag zur
Lehre der Gefäßnaht. Ärch f. klin. Chir.. Bd. 42. S. 816.
^) Dörfler, Über Arteriennaht. Beiträge zur klinischen Chirurgie. 1899. Bd. 25.
S. 781.
^) Murphji, Resection of arteries and veines injured in continuity, End-to-End
Suture. New York Medical Record. 1897. p. 73.
*) Bein sJiolm, Die verschiedenen Methoden f. zirkuläre \'ereinigung abgeschnittener
größerer Arterien- und Yenenstämme. Nordiskt med. Arkiv. 1903. Bd. 35. S. 1. 38. 39.
Ref. Hildebrands Jahresbericht über die Fortschritte der Chirurgie. 1904. S. 159.
^) Pai/r, Beiträge zur Technik der Blutgefäß- und Nervenuaht. Archiv f. klin.
Chirurgie. 1900. Bd. 62. S. 67; 1901. Bd. 64. S. 726; 1904. Bd. 72. S. 32; 1908. Jg. 802.
^) Georg Jensen (Kopenhagen), Ül)er zirkuläre Gefäßsutur. Arch. f. klin. Chirurgie.
1903. Bd. 69. S. 938.
') Alexis Carrel, La technique operatoire des anastomoses vasculaires et la
transplantation des visceres. Lyon medical. 1902. T. 98.
*) Horoch, Die Gefäßnaht. Allg. ^Yicner med. Zeitung. 1888. Xr. 12.
^) Gluck, 1. Über neuere Operationen an Blutgefäßen. Arch. f. Kinderheilkunde.
1897. Bd. 22. S. 374; 2. Die moderne Chirurgie des Zirkulationsapparates. Berliner
Klinik. 1898. H. 120; 3. Probleme und Ziele der plastischen Chirurgie. 78. Yersamm-
lung deutscher Naturforscher und Ärzte zu Stuttgart. Zeutralbl. f. Chirurgie. 19()().
*") Briean et Jaboiilaij, Recherches experimentales sur la suture et la greffe ar-
terielles. Lyon medical. 1896. p. 97.
*') Jahoulay, Chirurgie des arteres. La semaiue medicale. 1902. p. 405.
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. ji2
818
E. S. London.
A. Die Prothesenmetliode.
1. Prinzip der Methode. Das Prinzip der Methode besteht darin,
daß die (extravasale) Prothese dicht in die Lichtung des Gefäßes hineinkommt
und daß Intima mit Intima in mehr oder weniger breite Verbindung tritt.
2. Ausführung:
a) Das zentrale Ende des Gefäßrohres wird mittelst einer betreffen-
den, feinen Hakenschieberpinzette durch einen außerordentlich
dünnwandigen — 0'3 — 0'5cm langen Hohlzylinder aus Magne-
sium hindurchgezogen bis Vi — 1^^ (jf "ach der Größe des
Lumens) über den peripheren Rand des Zyünders (Fig. ITT^u. 178).
Fig. 177.
Fig. 178.
Fig. 179.
Fig. 180.
h) Der vorspringende Gefäßabschnitt wird über den Zylinder
mit der Intima nach außen umgekrempelt (Fig. 179) und durch
eine Seidenligatur an der Nahtstelle befestigt (Fig. 180).
c) Das mit dem Magnesiumring armierte Gefäßende wird in das
freie periphere (iefäßende invaginiert und durch eine zweite
Ligatur der Delle entsprechend um das Invaginans befestigt.
3. Anwendung. Diese Methode läßt sich nur bei verhältnismäßig
größeren Gefäßen mit gewissem Erfolg verwenden. Sie soll dann den Vor-
zug haben, daß eine Blutung nicht leicht zustande kommt. Jedenfalls wird
bei dieser Methode stets die Gefäßlichtung bedeutend eingeengt und desto
mehr, daß sich noch außerdem häufig Falten bilden, die an und für
sich oder durch Thrombosebildung das Gefäßrohr verschließen können. Ein
Gefäß unter 3 mm füllt die Prothese schon derartig aus, daß von einer
normalen Zirkulation keine Piede mehr sein kann.
Die Gefäßnaht und Masson-Transplantationcn. 819
B. Die Haltfiidoinncthode.
§ 1-
Diese von A. Carrel eingeführte Methode soll hier in der Weise ge-
schildert werden, wie selbe in Verfassers Laboratoriuni ausgeführt wird.
Die Eigentümlichkeit dieser Verfahrungsart besteht erstens darin, daß statt
Florescos^) 4 und Carrels 3 Haltefäden (Fig. 181 und 182) nur 2 (Fig. 184
bis 188) angelegt werden (A. J. Morozowa'^), was die Technik vereinfacht;
zweitens, dali bei kleinen Venen zwecks besserer Orientierung provisorische
Fäden angebracht werden und drittens, daß die Haltefäden an den Venen
Fig. 181. Fig. 182.
SO angelegt werden, daß die Gefäßränder beim Knoten der Fäden nach
außen sich krempeln.
y.) Ausführung der Operation.
1. Anlegung der Orientierungsfäden. Dieser Moment kommt
nur dann in Betracht, wenn es sich um Venen handelt, weil die letzteren
hauptsächlich bei geringem Kaliber nach dem Durchschneiden stark re-
trahiert werden und so zusammenfallen, daß ihre Lichtung nur mit großen
Schwierigkeiten herauszufinden ist.
Die Operation beginnt mit Freilegen und provisorischem Abklemmen
der zu vereinigenden Gefäßabschnitte mittelst Höpfnerschen oder speziell
konstruierten Klemmen (Fig. 183 — 188). Bevor man das Gefäß durch-
schneidet, werden an zwei symmetrischen Stellen je 2 Seitenfäden 1 — 2 mm
weit von der angemerkten Schnittlinie durch die Adventitia-Media durch-
geführt. Soll nur von einem Gefäßende im weiteren Gel)rauch gemacht
werden, so genügt es. an der betreffenden Seite die Orientierungsfädeii
anzulegen.
2. Anlegung der Haltfäden. An zwei symmetrischen Stellen
der zu vereinigenden Gefäßränder werden die Fäden nach Durchschneiden
der Adventitia etwa V/^nim vom Rande entfernt durch die ganze Dicke
der Wand, wie aus der Fig. 183 ersichtlich, gelegt. IJei Venen von geringem
^) Floresco, Transplantation des Organos. Jouru. de physiol. et pathol. generale.
1905. T. 7. p. 27.
-) A. J. Morozowa, Zur Lehre von der Gefäßnaht. Dissertation (russisch). 1909.
52*
820
E. S. London.
Kaliber werden die Haltfäden in folgender Weise angelegt. Der mit zwei
Nadeln armierte Faden wird zunächst in die eine Gefäßwand (zwischen
den Orientierungsfäden, wenn solche angelegt worden waren) etwa 2 mm
vom Kand entfernt von innen nach außen geführt und dann randwärts
wieder von außen nach innen ca. 1mm vom Rand.
Man benutzt am besten gerade Nadeln, sogar in der Tiefe wenn
möglich, da sie weniger die Gefäßwand zerren, als die krummen Nadeln.
Am zweiten Gefäß werden die Stiche in derselben Weise mit der zweiten
Nadel gemacht. Die Fäden werden geknotet (Fig. 184), wobei die Gefäß-
ränder ausgekrempelt werden, wenn nötig, mittelst feiner anatomischer
Pinzetten.
3. Zusammennähen der Gefäßränder. Der Assistent spannt
vermittelst der 2 Haltfäden die Gefäßränder an (Fig. 185) und der Operateur
Fig. 183.
Fig. 184.
legt mit der rechten Hand eine fortlaufende Naht an den umgekrempelten
Gefäßrändern an. wobei er mit der linken Hand den Nahtfaden jedesmal
vor dem Durchstechen der Nadel möglichst aufzieht: dadurch wird das
Mitgreifen der unterUegeiiden Gefäßrand verhindert. Durch die Anspannung
der 2 Haltfäden und das Aufziehen des Nahtfadens bildet sich ein Drei-
eck mit einer fortrückenden Spitze (Fig. 185).
Es ist wichtig, daß der Operateur die Gefäßränder gut sieht. Ist das
nicht der Fall, so geschieht es. wenn der Assistent mit dem Goldfinger
der entsprechenden Hand die betreffende Gefäßwand ein wenig andrückt.
Die Stiche müssen möghchst nahe voneinander angelegt werden, damit
die Gefäßlichtung nicht verengt wird.
Die ganze Zirkumferenz wird mit einem einzigen Faden fortlaufend
genäht, wozu die Haltfäden, wenn die vorderen Gefäßränder vereinigt
sind, vom Assistenten umgekehrt werden (Fig. 186).
Die Gefäßnalit iiud Massen-Traiisplantatiüuen.
821
Carrel bringt 3 Stützfäden in gloichon Abständen an der Zirkuni-
ferenz des Gefäßes an und verwandelt durcli Zug an jeden dieser Fäden
die runde Zirkumferenz der Gefäßstümpfe in ein gleichsclienkeliges Dreieck
(Fig. 181 und 182).
4. Herstellung des Blutstromes. Da bei der Entfernung dei'
Klemmen gewöhnlich aus einigen Stichkanälen eine Blutung entsteht . so
wird das Gefäß an der Nahtstelle noch vor dem Al)U('lnnen der Klemmen
mittelst zwei Mulltupfer zwischen zwei Fingern leicht kompiimicrt. Nach
2 — 4 Minuten werden die Mulltupfer vorsichtig entfernt. Die Blutung ist
regelmäßig zum Stillstand gekommen. Sollte es jedoch der Fall nicht sein.
so legt man an den blutenden Stehen Hilfsnähte an.
5. Weitere Versorgung der Gefäßnaht. Das umliegende Binde-
gewebe wird zusammengenäht, um eine künsthche Scheide zu biMen. Dann
Fig. 185.
Fig. 186.
werden die umliegenden Muskeln zusammengenäht.
Hautnaht.
Endlich kommt di
(ue
ß) Technische Bemerkungen.
1. Nach einigen Autoren (B. Stich, M. Makkas und C. E. Dowmnn^)
ist bei der Vorbereitung des Gefäßes eine subtile Präparation des peri-
adventitiellen Gewebes auf längere Strecken zu vermeiden, weil dabei
häufig Nachblutungen aus versehenthch durchschnittenen feinen Seitenästen
entstehen. Es genügt, das Gefäß aus seiner Scheide herauszulösen und an
der Nahtstelle das periadventitieUe Gewebe zu beseitigen. Letzteres geliui^t
in der Weise, daß man nach Durchschneidung des Gefäßes das periad-
ventitieUe Gewebe am Stichrande mit einei- Pinzette faßt, zieht möglichst
1) R.Stich, M. 3Iakkas und C. E.Dowmun, Beiträge zur (iefäßchirurgie; Beiträge
zur klin. Chir. 1907. Bd. 53. S. 113.
822
E. S. London.
weit über den Querschnitt hinaus und kappt mit einer Schere am selben
(nach B. Stich).
2. Die Haltfädennaht o;elingt desto leichter, je breiter die Gefcäß-
hchtung ist. Bei Gefäßen kleinen Kalibers (ca. 1 mm) stoßt man auf
große technische Schwierigkeiten und schon die geringste Lumenverengerung
verursacht Mißhngen der Operation. Aus diesem Grunde versuchte Verf.
in Gemeinschaft mit N. Ä. Dobrowolskaja das Verfahren zu vervollkommnen.
Da die Ursache des Mißlingens in der Kleinheit des Schnittes hegt, so
lag der Gedanke nahe, denselben vergrößern zu suchen. Es wurden also
schräge Schnitte (Fig. 187) und Festonschnitt (Fig. 188) versucht. Bei den
ersteren werden die Gefäßenden so vereinigt, wie sie getrennt wurden,
bei den letzteren werden sie um 90" umgedreht (Fig. 188). Es wurden da-
FiK. 187.
Fig. 188.
bei gute Erfolge erzielt. Die Technik muß aber noch weiter ausgearbeitet
werden.
3. Aufbewahren der zu transplantierenden Gefäße. Nach
Ä. Carrels^) neueren Untersuchungen ist] die beste Aufbewahrungsart
der Gefäße folgende. Man legt das zu konservierende Stück in Vaselin und
stellt in Eisschrank bei einer Temperatur, die nur sehr wenig über den
Gefrierpunkt liegt.
C. Folgen der Oefäßiiaht.
a) Makroskopische Befunde.
a) Gelungene Fälle.
In gelungenen Fähen ist das Gefäß mit dem um die NahtsteUe hegen-
den Gewebe verklebt, weshalb die Gefäßwand beim Durchschneiden verdickt
p. 460.
1) Ä. Carrel, Latent Life of Arteries. The Journ. of exper. Med. 1910. Vol. 12.
Die Gefäßnaht und Massen-Transplantationen.
823
zu sein scheint; das Lumen ist durch die Verdickuiiti- der (Jefäßwand nicht
verengt. An der Innenwand wird die Nahtstelle dui-ch eine gerade Linie
markiert, an der sich in frischen Fällen leicht vorspringende Seidenfädeii
erkennen lassen (Fig. 189). Mit der Zeit aber ist immer schwerer die
Nahtlinie aufzufinden (Fig. 190: ein querer Schnitt. Fig. 191: ein schräger
und Fig. 192 ein Festonschnitt).
^ h) Mißlungene Fälle.
Hat während der Operation Schädigung der Intima oder Verengerung
des Lumens oder zu starke Blutung stattgefunden, so führt es zu Miß-
erfolgen. Es entsteht entweder Thrombosebildung oder Blutung.
Hat sich an der Nahtstelle ein Thrombus gebildet, so nimmt der
weitere Verlauf zweierlei Eichtungen an: entweder folgt nacli einiger Zeit
eine bindegewebige Degeneration
des Gerinsels oder aber gehen die
vereinigten (lefäßenden auseinander
und es entsteht eine Blutung, welch
Fig. 189.
Fig. 190.
Fig. 191.
Fig. 192.
letztere unter Umständen zum Tode des Tieres führen kaim. Nicht selten
bildet sich an der Nahtstelle Erweiterung des Gefäßlumens (Aneurysma)
ohne jede gefährliche Komplikationen. Das letztere findet haiii)tsächlich
bei Venen statt.
h) Mikroskopische Befunde.
Das gründlichste Studium der mikroskopischen Erscheinungen bei der
Gefäßnaht verdanken wir hauptsächUch Endcrlen und Borst ^) und Ä. J.
Morozoiva. 2)
Kurz nach der Operation werden der Wundspalt und die Fäden-
maschen von der Lumenseite mit Bluti)lätt('hen bedeckt und es bildet
sich ein Fibrinthrombus, der die primäre \erklebung der Wunde liesorgt.
') Enderlen und Borst, Beiträge zur Gefäßchirurgie und zur Organtransplanta-
tion. Münch. med. Wochenschr. 1910. S. 1865.
^) A. Morozowa, Zur Lehre von der Gefäßnaht. Dissertation (russisch). 19U9.
824
E. S. London.
AUniälilich entwickelt sich von den vereinioten (iefäiistünipfen aus eine
zelliü'e Intimawuclierung . die den Throniluis überzieht und sul)stituiert
(Fig'. 193: A. carotis eines Hundes durchgeschnitten und vereinigt). In der
Adventitia und in dem periadventitiellen Gewebe findet man in der Fäden-
umgebung;, wie das auch in allen anderen Organen der Fall ist, Wander-
zelleninvasion mit Granulationsgewebe und Riesenzellen (Fig. 194: Yer-
einigungsstelle eines Carotisstumpfes mit einem eingeschalteten Stück aus
Fig. 193.
Fig. 194.
Fig. 195.
Fig. 196.
-C
der V. jugularis ext. desselben Hundes; Fig. 195: V. jugularis ext. eines
Hundes durchgeschnitten und vereinigt: Fig. 197: ein Stück A. femoralis
vom Menschen in A. carotis eines Hundes eingeschaltet; Fig. 19<S: ein Stück
A. carotis eines Hundes autoplastisch eingeschaltet). In der Media finden neben-
einander zweierlei Prozesse statt: Muskelzellenwucherung und Bindegewebs-
proliferation; es kommt aber nie zu einer völligen Wiederherstellung
der Muskularis (Fig. 193). Es bildet sich auf Kosten der Intima und Adveu-
Die Gefäßuaht und Massen-Transplantationeu.
825
titia eine fibröse mit elastischen Fasern versehene Narbe (Fip-. 196). In der
Intima lassen sich an der Narbestelle neutiebildete «ilatte Muskelfasern auf-
decken, die aber nach Borst als Derivate der fiewucherten Kiidotlicl/cllcn
anzusehen sind, die sich so^\ohl nach der Seite der Fibroblasten als der Elasto-
und Myoblasten differenzieren. In den Abbildungen 193— 19S bedeutet a
die Intima, b die Media, c die Adventitia. e Fädenstiche. / Zellinfiltration,
ff Granulationsgewebe mit liiesenzellen.
Fi? 197.
Fig. 19S.
■f
In miltlungenen Fällen findet man Blutungen. Blutreste, leukozytäre
Infiltration oder Bindege\Yebe in verschiedenen Wucherungsstadien. Die
mikroskopischen Bilder variieren hier selbstverständlich je nach den l'ni-
ständen.
2. Die Seiten- resp. Lappennaht.
Bei der Seitennaht wird in Hauptzügen dieselbe Technik angewandt wie
bei der zirkulären Naht. Es differiert nur die Zahl der Haltfädcn. Das zu ti-ans-
Fig. 199 f(.
Fisr. 199i.
Fig. 200.
Fig. 201.
Fig. 202.
plantierende Gefäß wird mit einem Dreiecklappen J) (Fig. 199« und ]99b)
vom Austritts- resp. Zutrittsstamm ausgeschnitten und zum betreffenden
Gefäß, wo ein passendes Dreieck ausgeschnitten worden ist (selbstverständ-
lich unter Abklemmen des Gefäßes), und wie oben beschrieben zugenäht.
1) A. Carrel et C. C. Guthrie, Resultats du patching des art^res. Compt. rendus
des seances de la Soc. de Biologie. 1909. T. 60. p. 1009.
826
E. S. London.
Fig. 203.
Der Defekt im Gefäß (Fig. 200). welcher nach dem Ausschneiden des
Lappens entstanden ist. ^^ird durch ein entsprechendes Stück (Fig. 201 — 202)
ersetzt, welches entweder einer Arterie oder Vene oder sogar dem Perito-
neum!) (Fig. 203) entnommen ist. Man kann
dazu auch ein Stück Gummi ^j benutzen.
D. Anweiiduiia: der Gefäßiiaht.
Die Gefäßnaht, welche in der chirurgi-
schen Praxis als solche bei Gefäßverletzungen,
liei Gefäßkrankheiten, bei beginnenden Gan-
gränen schon ein breites Anwendungsgebiet
i iifßS W^^' ^^^^ geschafft hat, wird zweifellos bald auch
V 'f^ mMm^ vielseitige Anwendung bei biochemischen
Studien finden. Hauptsächlich wird es sich
handeln 1. um Ableitung des Blutstromes von
einem Organ zum anderen zwecks Einbhckes
in die Organfunktionen und 2. um Organ-
transplantationen. Auch für die Klärung einiger
dunkler Fragen auf dem (lebiete der inneren
Sekretion wird man hoffentüch oft Gebrauch
von der Gefäßnaht machen. Es hat kaum
Zweck, auf die Einzelfragen in den ange-
deuteten Gebieten hier einzugehen. Es genügen als Beispiel Experimente,
die Verf. in Gemeinschaft mit N. A. Dobrowohkqjo^) in Gang gesetzt hat,
um einen tieferen Einbhck in die Piesorptions- und Nierenexkretionserschei-
nungen zu gewinnen.
Bei normalen Verhältnissen gelangen die aus dem Darm resorbierten
Abbauprodukte von Eiweiß und Kohlenhydraten zuerst durch die Pfortader in
die Leber, dann kommen sie in den allgemeinen Kreislauf und teilweise in die
Nieren, wo Exkretion nach außen geschieht. Auf diesem Wege erleiden mehrere
Resorptionsprodukte verschiedene chemische Änderungen, die noch nicht ge-
klärt sind. Um diese komplizierten Verhältnisse geA\issermaßen auseinanderzu-
legen, wurde versucht, das Pfortaderblut direkt in bestimmte Organe ab-
zuleiten. Vor allem wurde dieses Blut in eine Nierenarterie gerichtet und
dann die Eim^irkung dieser experimentellen Anomahe auf die Zusammensetzung
des Harns untersucht. Es wurde zu diesem Zweck eine Anastomose zwischen
dem zentralen Ende der V. lienahs und dem peripheren Ende der A. re-
naüs ausgeführt. Die Versuche sind noch im Gange.
Im allgemeinen lassen sich zwei Anastomosearten unterscheiden:
1. eine ein artige, indem entweder zwei Arterialstümpfe oder zwei Venen-
A Arterialwand, P Peritoneumsttick.
^) A. Carrel et C. C. Guthrie, Resultats du patching des arteres. Compt. rendus
des seances de la Soc. de Biologie. T. 60. p. 1009.
2) A. Carrel, Patching of the abdominal aorta with a piece of rubber. The journ. of
exp. Med. 1911. p. 126.
') E. S. London und JS^. A. Dohrowolshaja, die Arbeit erscheint demnächst.
Die Gefäßnaht und Massen-Transplantationen.
827
Stümpfe vereinigt werden, und 2. eine verschiedenartige, indem ein
Arterialstnmpf mit einem Venenstumpf anastomosiert wii-d. In letzterem l^'all
lassen sich wieder mehrere Variationen unterscheiden. Es werden vereinigt:
der zentrale Stumpf einer Vene mit dem a) zentralen oder h) peripheren
Stumpf einer Arterie. Im Falle, wo der zentrale Stumpf einer Arterie mit
dem peripheren Venenstumpf vereinigt wird, werden nach Verlauf von
4 — 5 Stunden die Klappen umgekehrt und der lilutstrom bricht ein.
Es kann auch vorkommen, ein Venenstück in eine durchschnittene
Arterie einzupflanzen; das gelingt sehr gut. Das implantierte (iefiiüstück
gibt dabei dem hohen arteriellen Blutdruck nach und wird aufgetrieben
(Fig. 204). Mit der Zeit aber paßt sich die Venenwand an, indem selbe
Fig. 204.
Fig. 205.
Fig. 206.
Fig. 207.
an Dicke zunimmt (Fig. 205: drei Tage nach der Operation; Fig. 206:
zwei Wochen und Fig. 207 : drei Monate nach der Operation).
Carrel i) hat die Gefäßnahttechnik angewandt zur Vereinfachung der
^cÄ;schen Operation. Er verfährt folgenderweise: Nach Eröffnung der
Bauchhöhle werden die Därme auf die linke Seite gelegt, die V. portae
und Cava bloßgelegt und an ihnen die zu vereinigenden Stellen angemerkt.
Ober- und unterhalb werden die Venen vermittelst Mullbänder unterbunden.
Es werden parallele Schnitte gemacht: das Blut ausgedrückt und durch
steriles Vaselin ersetzt. Die Schnittränder werden durch eine einfache
1) Alexis Carrel et C. C. Guthrie, Methode simple pour etablir une fistule d'Eck
Compt. rend. des söances de la Soc. de Biol. 1906. T. 60. p. 1104.
^28 ^- S- London.
fortlaufende Naht zusammengenäht. Endhch kommt die Ligatur an der
V. portae.
Denselben Weg hat jüngst Ernst Jerusalem ^) betreten. Es werden
nach diesem Autor die mit feinem Gummi überzogenen i7ö/?/werschen
Klemmen (die Branchen sind höchstens 2 mm breit, etwa 7 cm lang, sehr
elastisch, tadellos schheßend und in ihrer ganzen Ausdehnung mit Griffen
versehen) in der Weise angelegt, daß der Operateur die Gefäßwand an
zwei ca. 6 cm voneinander entfernten Punkten mit feinsten Pinzetten
faßt, anzieht und der Assistent den auf diese Weise gebildeten Zipfel ab-
klemmt. Es folgt Eröffnung und Bildung der hinteren Fistelwand. Es
werden zunächst drei Knopf nähte und dann eine fortlaufende, sehr enge
Xaht angelegt. Letztere wird mit demselben Faden auf die vorderen Wand-
lippen fortgeführt und so die Fistelwand geschlossen. Tritt bei Entfernung
der Klemmen Blutung ein, so wird die Klemme wieder geschlossen und die
betreffende Stelle durch eine Knopfnaht gesichert.
Bis jetzt liegen aber noch keine Beweise vor, daß diese Art von
Anastomoseanlegung zu denselben günstigen experimentellen Erfolgen führt
wie die typische Verfahrungsart {E. S. London ^).
IL Transplantationen.
A. Transplantation von (refäßen.
Je nach der Herkunft des zu verpflanzenden Gefäßes unterscheidet
man folgende Transplantationen:
a) autoplastische — vom selben Indi\'iduum,
b) homoeoplastische — von derselben Tierart,
c) heteroplastische — von einer fremden Spezies.
a) Mit unfehlbarer Sicherheit gelingt die Autotransplantation. Das
implantierte Gefäßstück heilt intakt ein.
b) Bei den homoeoplastischen Transplantationen von Gefäßen, wie die
eingehenden Untersuchungen von Enderlen und Borst^) zeigen, geht die
Wundheilung nur vom körpereigenen Gewebe aus und das körperfremde
Gefäßstück verfäUt einer langsamen Resorption und Substitution durch
körpereigenes Gewebe. Von dem körpereigenen Gefäß her schiebt sich eine
Intimawucherung über das eingepflanzte körperfremde Arterienstück, wo-
durch dieses letztere zunächst völlig durch körpereigenes Gewebe gegen
den Blutstrom hin abgeschlossen wird.
c) Bei heteroplastischen Transplantationen haben einige Autoren [Stich,
Carrel und auch A. J. Morozowa (Fig. 208)] gute, aber wahrscheinlich nur
temporäre Erfolge gehabt; meistenteils tritt Thrombose, wie in einem
*) Ernst Jerusalem, Eine Vereinfachung in der Operationstechnik der £'cÄ;scheu
Fistel. Zentralbl. f. Physiol. 1910. Bd. 24. S. 837.
^) E. S. London, Abderhaldens Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden,
Bd. 3, S. 114.
^) Enderlen und Borst, Beiträge zur Gefäßchirurgie und zur Organtransplanta-
tion. Münch. med. Wochenschr. 1910. 1865.
Die Gefäßuaht und Massen-Transphintiitiunen.
829
Fig. 208.
A. t'emoi aus vom Menschen
in A. carotis eines Hundes
eingeschaltet.
Fig. 209.
Falle von A. J. Morozowa (Fig-. 209), Obliteration und llesorption des ein-
gepflanzten Stückes ein.
Die Erfahrung zeigt, daß es nicht unbedingt notwendig ist, frisch aus-
geschnittene Gefaßstücke zu über])flanzen. So gelang es z. IJ. Carrcl^). mit
gutem Erfolg i'in Stück Abdo-
minalaorta zu überpflanzen, wel-
ches 20 Tage lang im Eisschrank
in physiologischer Kochsalzlösung
aufbewahrt wurde. In einem Falle
erhielten Carrel und Guthrie
gute mikroskopische Piesultate
sogar nach ;-35tägiger Konser-
vierung bei einer Beobachtungs-
dauer bis zu IY2 Jahren. Mikro-
skopisch heßen sich hochgradige
\'eränderungen der Gefäßwand
nachweisen.
Nach Guthrie ist weder
die Vitahtät noch die chemische
Intaktheit des Gefäßes Vorbe-
dingung für das Ausbleiben von Thrombose : er kon-
servierte ein Stück der V. cava eines Hundes 60 Tage
lang in ^^I^^U Formalin. Nach Waschen mit dünner
Ammoniaklösung, Entwässerung in Alk. abs.. Aus-
waschen in Loc^'escher Lösung und Imbibierung mit
Paraffinöl wurde das so behandelte Venenstück in
die Karotis eines anderen Hundes eingenäht. Nach
22 Tagen erwies sich die Einheilung als ausgezeichnet
in dieser Richtung sind wünschenswert.
A. Poplitea vom Menschen
in A. carotis eines Hundes
eingeschaltet.
Weitere Versuche
K. Massentransplaiitationen von Organen.
Unter Massentransplantation eines Organs versteht man die Über-
pflanzung des Organs mit seinem zu- und abführenden iniitgefäl.i. Für
biologisch-chemische Studien kann die Massentransplantation jedes Organs
zwecks eingehenderen Studiums seiner Fuuktions- resp. Sekretions- odci-
Exkretionsverhältnisse Platz finden. Die Technik der MassentransplaiitatiDii
ist in ihren Hauptzügen bei allen Organen dieselbe. P'.s variieren nur die
Einzelheiten je nach örtlichen Bedingungen. Aus diesem (irunde scheint
es genügend zu sein, ausführlich nur eine Organti-ansplantation beispiels-
weise darzustellen, und zwar die Nierentransplantation, weil sie am
schwierigsten erscheint.
1) Ähxis Carrel, Resection do raorte abdomiiudo et h^terotransplantation. Compt.
reiid. des seauces de la Soc. de Biol. 1907. T. 02. p. lo.
830
E. S. London.
1. Nierentransplantation.
Historisches. Die autoplastische Transplantation ^Yurde zuerst von
Ullmann^) und dann in demselben Jahre von A. Carrel"-) vorgenommen.
Weitere Mitteilungen hierüber liegen seitens C. Beck^), Floresco^), Stich''')
und Zaayer^) vor. Es ist auch versucht worden, Nieren von einem Affen auf
Menschen zu übertragen. 3)
Die Operation besteht aus einigen verschiedenen Momenten.
a) Nierenexstirpation.
1. Die Bauchhöhle wird durch einen genügend langen transversalen
Schnitt geöffnet. Die Därme werden vom Operationsfeld weggeschoben oder,
falls nötig, eventeriert und mit einem
Fig-210. eingefetteten Seidenumschlag und einer
wollenen Decke bedeckt.
«) Exstirpation einer Niere.
Das BauchfeU wird, vom mittleren
Teile der Nierengefäße beginnend, kreis-
rund um die zu exstirpierende Niere
herum durchgeschnitten. Die beiden
BauchfeUblätter werden einerseits bis
zur y. Cava und andrerseits bis zum
Hilus der Niere abpräpariert. Man löst
die Gefäße von der Unterlage los, trennt
die V. spermatica zwischen Ligaturen
durch, löst die liückseite der Niere los,
indem man letztere von dem umgeben-
den Zellgewebe unter Unterbindung der
blutenden Gefäße abpräpariert. Es folgt
die Präparation der A. und V. renahs
bis zur Aorta resp. V. cava. wo selbe — zuerst die Arterie und nachher
die Vene — unterbunden, ein wenig' weiter mit glattflächigen Klammern
abgeklemmt und endlich durchgeschnitten werden.
Der Harnleiter wird einige Zentimeter vom Nierenhilus abgeschnitten.
*) Ullmann, Wiener klin. Wochenschr. 1902. Bd. 15. S. 281 u. 707.
^) Ä. Carrel et C. C. Guthrie, Transplantation des deux reins d'un chien sur une
chienne sout les deux reins sont exstirpes. Compt. rend. des seances de la Soc. de Biol.
1906, T. 60. p. 465.
^) Vgl. A. Carrel, Doppelte Nephrektomie und Reimplantatiou einer Niere.
Arch. f. klin. Chir. 1909. Bd. 88. S. 379.
*) N. Floresco , Transplantation des Organes; Conditions anatomiques et tech-
niques de la transplantation du rein. Journ. de physiol. et pathol. generale. 1905. T. 7. p. 47.
^) Stich, 1. Archiv, f. klin. Med. 1907. Bd. 83. S. 404; 2. Über Gefäß- und
Organtransplantationen mittelst Gefäßnaht. Ergebn. d. Chir. und Orthopädie. 1910. Bd. 1.
<') Zaajier, Nierentransplantation. Tijdschrift voor Geneeskunde. 1908. (Ref.
Deutsche med. Wochenschr. 1908. Nr. 41.)
Die Gefäßnaht und Massen-Transplantationen. g31
,3) Exstirpation beider Nieren.
Die Laparotomie wird von Lende zu Lende j.»!-!'!!!!!'!. Heide Nieren
nach der oben angegebenen Art herauspräpariert, die Aorta (A) olxThall) und
unterhalb der Ausgangsstelle der Nierenarterien und die V. Cava (Vj oberhalb
und unterhalb der Einniündungsstelle der Nierenvenen abgeklemmt und
durchgeschnitten (Fig. 210). Man schneidet die Einmündungsstellc der
Harnleiter aus der Blase aus und vernäht die darin entstandene Wunde.
b) Vorbereitung der zu transplanüer enden 'Niere.
Die Gefäßenden der exstirpierten Niere werden frei präpariert und
das Gefäßsystem durch AusspiUung mit LocÄrescher Lösung vom Llut vüUig
befreit.
Die Zusammensetzung dieser Flüssigkeit ist folgende:
Natriumchlorid 9"0
Kalziumchlorid 0*24
KaUumchlorid 0"42
Natriumbikarbonat 0'2
Traubenzucker ........ 10
Wasser 10000
Die Loc^esche Lösung wird so lange in die Arterie gespritzt, bis aus
der Vene ganz farblose Flüssigkeit zurückkommt. Das Nierenpräparat wird
dann in ein Gefäli mit LocÄ;escher Lösung gelegt.
c) Vorbereitung der Nierengegend für die Aufpfropfung.
Die vorliegenden Gefäßenden werden mit VaseUn bestrichen und mit
den entsprechenden Enden des Versuchstieres (Fig. 211 und 212) vereinigt.
Man näht erst die Arterien und nachher die Venen. Dagegen werden die
Klemmen erst von der Vene und nachher von der Arterie entfernt. (Gewöhnlich
wird der Blutstrom sofort hergestellt, die Niere bekommt ihre noi-male Farbe
wieder und die Gefäße der Harnleiter beginnen zu bluten: die llarnleiter-
enden werden vereinigt. Die Niere wird in ihre normale Lage gebracht
und das Peritoneum resp. das retroperitoneale Gewebe vernäht. Endlich
vereinigt man den peritonealen Nierenüberzug mit dem Bauchfell durch
5 — 6 Situationsnähte.
d) Extraperitoneale Nephrektomie.
Diese Operation wird dann vorgenommen, wenn man eine Niere ent-
fernen will, ohne die Bauchhöhle zu öffnen.
Das Tier wird auf der Seite am Tische gebunden. Es wird ein
schräger Hautschnitt gemacht von der Spitze der 11. oder 12. Rippe be-
ginnend bis zum Rande des M. recti. Die Richtung und die Länge des
Schnittes variiert je nach der Gattung des Tieres. Nach Durchschneidung
der Muskelschicht wird mittelst 2 Finger die Niere aufgesucht, entriert
und nach oben herausgezogen. Mittelst einer Kropfsonde werden die (ie-
832
E. S. London.
bilde des Hilus sorgfältig- isoliert. Der Ureter, welcher nach unten hegt,
Avird zuletzt ligiert und zuerst Arteria und Vena renalis. Es folgt Ab-
schneiden der Hilusgebilde und Vernähen der Wunde.
e) Folgen der Nierentransplantation.
]. Nach Cnrrels^) Beobachtungen mul'i anerkannt werden, daß eine
Niere, welche exstirpiert. gewaschen und nachher wieder eingesetzt wurde,
imstande ist, in normaler Weise zu funktionieren, und zwar während einer
langen Zeit nach der Operation.
Fig. 211.
PMg. 212.
2. Wie die Gefäritransplantationen
sind auch die Operationsergebnisse ver-
schieden, je nach der Tierart.
Es lassen sich auch hier auto-, homoeo- und heterojjlastische Über-
pflanzungen unterscheiden.
a) Autoplastik. Eine exstirpierte und nachher wieder eingesetzte
Niere ist imstande so zu funktionieren, dal» das Tier mehr wie 8 Monate
nach der Operation bei vorzüglichster Verfassung bleibt (Carrel).
[i) Homoeo plastik. Versuche über homoeoplastische Gruppentrans-
plantationen der beiden Nieren haben gezeigt, daß die Organe während
mehrerer Wochen ihre Funktion auslösen können; es ist jedoch nicht
erwiesen, oh die Tätigkeit sich für eine noch längere Zeit aufrecht er-
halten läßt.
') ^'ol■gl. Ä. Carrel, Doppelte Nephrektomie und Reinplantation einer Niere. Arch.
f. klin. Chir. 1909. Bd. 88. S. 379.
Die Gefäßnaht und Massen-Transplantationen. 833
Das Überstehen der operativen Einj-riffe. der temporären Zirkulations-
unterbrechung-, der Durchspühmg und (h'r Durchtrennung der Nieren dui'ch
die ausgezeichnete Funktion des Organs wurde mehr als 8 Monate nach
der Operation erwiesen.
Y) Heteroplastische Nieivntransplaiitation wurde zuci-st von ./((hau-
laij^) im Jahre 1906 ausgeführt, indem er 2 Frauen mit unlicilbaici'
Nephritis Schweinenieren in die Fossa axillaris eiiniähte. Die A. ivnalis wurde
mit der A. brachialis und die \. renahs mit der \. liumoralis vereinigt.
Die Erfolge dieser Operation waren keine günstigen, weil die vereinigten
Gefäße obüteriert wurden.
Ebenso ungünstig fielen die w^eiteren Versuche dieser Art am ^len-
schen aus.
Die Möglichkeit einer günstigen Heteroti-ansplantation einer Niere ist
überhaupt noch gar nicht erwiesen.
2. Die Sekretionstätigkeit einer transplantierten Niere ist in genügen-
der Weise noch nicht studiert worden. Aus den Untersuchungen von
Carrel und Guthrie-) ist nur so viel zu ersehen, daß eine transplantierte
Niere 4 — 5mal mehr Urin abgibt als die normale und daß man in diesem
Urin geringe ^Mengen Eiweiß, Sulfate, Chloride, aber weder Zucker noch
Pigmente auffinden kann.
Selbstredend können und müssen weitere Versuche mit Nierentrans-
plantation viele unklare Fragen der Harnsekretion aufhellen.
2. Trausplautation der übrigen Orgaue.
Außer den Nieren wurden Massentransplantationen noch vieler an-
derer Organe ausgeführt (Schilddrüse 3) [Fig. 213], Milz*), Ovarien S),
Darmstück, Herzen mit und ohne Lungen. Gliedmaßen"), Kopf). Daß die
anatomische Einheilung der transplantierten Schilddrüsen mit deren nor-
malen physiologischen Funktionstüchtigkeit gleichbedeutend ist. hat Stich
durch Hervorrufung typischer Tetaniesymptome nach der Exstirpation der
überpflanzten Drüse (245 Tage post impl.) schlagend bewiesen. Im rrinzij)
bleibt die Überpflanzungstechnik dieselbe wie bei den Nieren. Xur folgendes
muß hervorgehoben werden: Die Nierenarterien sind bei den meisten Tieren
^) Jahoulaii, Chirurgie des arteres. La semaine medicale. 1902. p. 405.
^) Alexis Carell et C. C. Guthrie, Circnhition et s^cretiou d"iui rein transplant(^.
Compt. rend. des seances de l'Acad. des scieuces. 1905.
') a) Alexis Carrel et ('. C. Guthrie, Exstirpation et rcplantation de la glande
thyroi'de avec reversion de la circidation. Cnuipt. rend. des seances de la Soe. do Biol.
1905. T. 59. p. 413. — b) Stich und Makkas, Zur Transplantation der Schilddrüse
mittelst Gefäßnaht. Bruns' Beiträge. 1908.
•*) JV^. Lüdke, Über Milchtransplantationen. Müncbener med. Wochenschr. 1909.
Nr. 29 u. 30.
^) Alexis Carrel et C. C.Guthrie, Technique de la transplantation horaoplasti(iue
de l'ovaire. Compt. rend. des seances de la Soc. de Biol. 1906. T.CO. p. 4G6.
") Alexis Carrel, Transplantation de la cuisse d'un chien siir un untre einen.
Compt. rend. des seances de la Soc. de Biol. 1907. LXIl. p. 1035.
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 53
834
E. S. London.
genügend
direkte Gefäßanastomose gelingt. Bei den
selten der Fall, weshalb man lieber die
groß, so daß die
anderen Organen ist es aber
Lappenmethode anwendet.
Anwendungsgebiet. 1. Wie eingangs erwähnt, haben die hier dar-
gelegten Operationen ihre Anwendbarkeit im Gebiete der experimenteUen
physiologisch-chemischen Studien noch nicht in genügendem ^laße be-
währt. Es kann also bei der
Behandlung
dieser Frage nm- von Ausbhcken
Fig. 213.
Fig. 214.
i^l
;^
die Rede sein. Von diesem Gesichtspunkte
aus scheint es vor allem nützlich zu sein,
auf folgendes hinzuweisen.
Die gegenwärtig so eifrig studierte
Frage über die innere Sekretion der Organe
wird viel reichhehere Ptesultate liefern, so-
bald es möglich geworden ist, beim im
übrigen ganz normalen Tier die Unter-
suchung respektive Gewinnung des Blutes
von verschiedenen sonst tief liegenden Or-
ganen zugängig zu machen. Mit der Aus-
arbeitung der Technik der Massentrans-
plantationen kann jedes tief hegende Organ
durch die Überpflanzung an eine solche Stelle, wo zugängliche oberflächüch
hegende Gefäße (z. B. V. jugularis ext.), aus denen das Blut mittelst einer
Spritze entnommen wird, gebracht werden.
2. Es ist weiter doch merkwürdig, daß ein Organ, welches durch
spezifische Nerven in seiner Funktionstätigkeit normaliter geleitet wird, auch
ohne diesen normalen Nerveneinfluß gewissermaßen funktionieren kann. Inwie-
fern also für jedes einzelne Organ der Reiz spezifischer Nerven, was dessen
C. A. Carotis. Th. A. Thyreoidea.
V. V. Thyreoidea.
Die Gefäßnalit und Massen-Transplantationen. 835
äußere und innere Sekretion anbelaniit. nialJ.uehciid ist diesheziiüliche
Fragen können durch Massentransplantationsversuclie Klärung gewinnen.
3. Es ist CarreU) gelungen, ein ganzes (ilied (Femur) von einem
Hunde an einen anderen zu überpflanzen. Es wurden zuerst die Knochen,
dann deren Periosteum, die Muskeln (Quadriceps und Adductores) zusam-
mengenäht, die Gefäße anastomosiert, die Nerven (Ischiadicus und Cruralis)
und endUch die Aponeurosen und die Haut vereinigt. Auch solche Hunde
werden sich zweifellos zur Klärung einiger biochemischen Fragen als
geeignet erweisen. Als Beispiel soll hier der Versuch angeführt werden,
den Enderlen und Borst-) an Hunden ausgeführt haben. Sie stellten
namenthch bei Hunden einen direkten Blutaustausch her. indem sie
die Karotiden und \\. jugulares der beiden Tiere vereinigten (Fig. 214).
Mittelst Indigokarmin und Phlondziii wurde festgestellt, daß ein
vollständiger Blutaustausch zwischen beiden Hunden erzielt wurde. Länger
als drei Tage konnten die Autoren aber die Parabiose nicht aufrecht er-
halten. Die Autoren schliel'ien daraus, daß die biochemischen A'erschieden-
heiten der Zellen zweier Individuen zu groß und daß eine Homoeo-l'ber-
pflanzung oder Zupflanzung dauernde Erfolge darl)iete, selbst wenn Blut-
zufuhr genügend ist und die bekannten Boux^ah^w Postulate erfüllt sind.
Mit einem Worte, die Verpflanzungsmethoden sind gegeben und es
bleil)t übrig, selbe für Klärung biochemischer Probleme . möglichst l)reit
auszunutzen.
') Alexis Carrcl, Transplantation de la cuissc d"uii cliicii siir im autre cliien
Compt. rend. des seances de la Soc. de Biol. 1907. LXII. p. 1035.
^) Enderlen und Borst, Beiträge zur Gefäßcliirurgie und zur Organotransplanta-
tion. Müncliener med. Wochenschr. 1910. S. 186n.
53 =
Die Teclmik der Grewebskiiltur in vitro.
Von Alexis Carrel und Montrose T. liurrows, New York.
(Aus dem Laboratorium des Rockefeller Institutes für medizinische Forschung.)
Man kultiviert ein Gewebe oder ein Organ, indem man unter ge-
wissen Bedingungen Fragmente dieses Gewebes oder (3rganes in einen
passenden Kulturnährboden einimpft. Diese neue Methode, deren Resultate
zum Teil schon beschrieben worden sind ^), ist zahlreicher Anwendung fähig.
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1911. p. 4. — Lambert and Hau es, Growth in vitro of the transplantabie sarcomas of rats
Die Technik der Gewebskultiir iu vitro. 837
Hier soll die Technik näher beschrieben werden, mittelst welcher man die
Gewebe außerhalb des Organismus erfolgreich kultivieren kann. Die
Methode ist in der Theorie sehr einfach, und es ist leicht, ein gewisses
Gewebswachstum zu erzielen. Es ist aber nicht so leicht, gleichartig positive
Resultate zu erhalten, die untereinander vergU'iclibar sind. Die (iewebe
werden durch Kälte, Trocknen und durch Behandlungen, welche die Be-
reitung der Kulturen erfordert, leicht getötet. Durch Infektion kann eben-
falls ihr Wachstum verhindert werden. Es ist daher notwendig, daß das
Präparieren der Nährböden und der Gewebe aseptisch geschieht, und zwar
in einem warmen, feuchten Saal und daß mit derselben Sorgfalt gearbeitet
wird, wie bei einer subtilen chirurgischen Operation.
Alle technischen Einzelheiten müssen vorher sorgfältig studiert werden.
Man muß sich davor hüten, der Zusammensetzung des Nährbodens oder
der x^rt der Gewebe, Wachstumsverschiedenheiten zuzuschreiben, die nur
auf eine mangelhafte Anwendung der Methode zurückzuführen sind.
Wir werden in dieser Abhandlung die Bereitung des Nährbodens, der Ge-
webe, der Kidturen und die Verfahren zur Beobachtung der p]ntwicklung
der Kulturen beschreiben.
I. Bereitung des Nährbodens.
Man kultiviert die Gewebe im Plasma oder in einem künstlichen Nähr-
boden. Meistens benutzt man Plasma, weil darin das Wachstum der Ge-
w^ebe reichlicher vor sich geht und längere Zeit andauert als in den künst-
lichen Nährböden. Diese w^endet man dagegen an, wenn es darauf ankommt,
die genaue Zusammensetzung des Nährmilieus zu kennen.
Das zu benutzende Plasma kann vom Blute des Tieres entnommen
werden, welches das zu untersuchende Gewebe liefert, oder vom Blute eines
anderen Tieres derselben Art und schließlich auch von einem Tiere einer
anderen Art. Es kann also autogen, homogen oder heterogen sein. Die
besten Resultate erhält man bei Kulturen mit autogenem oder homogenem
Plasma. Unter Umständen kann man jedoch ganz gut auch heterogenes
Plasma benutzen. Die Vegetationen sind allerdings dann weniger üppig.
Zum Beispiel kann das Fötusgewebe eines Hühnchens im IMasma vom
Menschen oder vom Hunde w^ohl gedeihen. Froschhaut wächst im Hühnchen-
plasma nur schwach. Die schönsten Kulturen halien wir immer mittelst
des Plasmas erhalten, welches von dem Tiere, dem das zu untersuchende
and niice. J. A. M. A. 1911. Vol. 56. p. 33. — Cultivation in vitro of Rat sarcoma.
Inocnlation of rats. Snbcultures. J. A. M. A. 1911. Vol. 56. p. 587. — Migration by
auioeboid movement of Sarcoma Cells growing in vitro and its bearing on the proldem
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growth of sarcoma and Carcinoma cultivated in vitro. Proc. of Soc. for Exp. Biol. and
Med. 1911. Vol. 8. p. 59.
g38 Alexis Carrel und Montrose T. Burrows.
Gewebe exstirpiert war, herrührte, oder von einem anderen Tier der-
selben Art.
Das Plasma wird so gewonnen, daß es mehrere Stunden oder meh-
rere Wochen in dem flüssigen Zustand aufbewahrt werden kann. Das Blut
wird einer Arterie oder einer Vene entnommen. \'erwendet man hierzu
einen Hund, eine Katze, ein Hühnchen, ein Meerschweinchen oder eine
Ratte, und soll das Plasma in dem flüssigen Zustand so lange wie mög-
Uch aufbewahrt bleiben, so entnimmt man das Dlut aus der Haisschlag-
ader oder aus irgend einem anderen großen Blutgefäß unter folgenden
Bedingungen : Das Tier wird narkotisiert und das l^lutgefäß freigelegt.
Die Zirkulation wird dann mittelst einer Klammer unterbrochen. Die Wand
wird mit Gaze gerieben und mit Öl bedeckt. Dann ward das Blutgefäß
geöffnet, und eine mittelst Olivenöls sterilisierte Glaskanüle in das Lumen
eingeführt, ohne daß die Spitze dabei das Gewebe berührt. Hierauf wird
das Blut in paraffinierten Glaszyhndern gesammelt, die vorher auf 0" ab-
gekühlt wurden. Bei Blutentnahme vom Menschen kann man sich einer
einfacheren Methode bedienen. Eine mittelst Öls sterilisierte Nadel wird
durch die Haut in eine Vene eingeführt, worauf das Blut mit einer Spritze,
die auch mit Öl behandelt war, entzogen und sofort in die paraffinierten
Zylinder gebracht wird.
Die Zyhnder werden mit Kork zugestopft, in größere Zylinder, die
mit schmelzendem Eis gefüllt sind , gestellt und 5 Minuten lang zentri-
fugiert; dann läßt man sie in einem kleinen Kühlraume bei 0" stehen.
Das Plasma wird hierauf in neue Röhren mittelst paraffinierter Pipetten
übergeführt. Das Menschen- und Hundeplasma kann , wenn es mit
genügender Sorgfalt und bei geeigneter Temperatur gesammelt wird,
oft mehrere Tage lang aufbewahrt werden. Das Battenplasma koaguUert
dagegen rasch. Das Hühnchenplasma kann lange Zeit flüssig bleiben. Wir
haben vortreffhche Kulturen in Hühnchenplasma gemacht, das sogar zwei
Monate lang im Eisschrank aufbewahrt worden war. Jedenfalls ist es im
allgemeinen unnütz, kompliziertere Methoden für die Vorbereitung des
Plasmas zu gebrauchen. Immerhin kann es zuweilen sehr vorteilhaft sein,
das Plasma in anderer Art aufzuboAvahren. Burrow gebrauchte oxaliertes
Plasma. Man fügt dem Blute bei dieser Methode Viooo Natriumoxalat hinzu.
Wenn die Kultur präpariert wird , so fällt man unmittelbar vorher das
Natriumoxalat mittelst Calciumchlorids. Obgleich das oxaUerte Plasma
nicht so gute Resultate wie das reine Plasma ergibt, kann man es nötigen-
falls doch gut benutzen.
Wir haben auch Plasma verwendet, das durch Zusatz von destillier-
tem Wasser oder verschiedener Salzlösungen, oder auch von Gewebs-, Or-
gan- oder Geschwulstextrakten modifiziert worden war. Derartig vorbereitetes
Plasma übt manchmal für das Gewebewachstum einen günstigeren Einfluß
aus als normales Plasma.
^lit künstlichen Nährböden wurden bis jetzt nicht so günstige Resultate
erzielt, wie mit Plasma. Derartige Nährböden sind bei der Temperatur
Die Technik der Gewebskultur in vitro. y39
von oT'' bis 39" C entweder flüssig oder fest. Leuis^) benutzte einen
Kultnrnährboden, der aus einer Lösung nach Locke aus Agar-Agar und
Bouillon bestand. Wir verwenden meistens >s'ährböden analoger Zusammen-
setzung, bei welcher ein AVachstum der embryonalen (jcwebe vor sich geht.
Die Zusammensetzung ist folgende :
Natriumchlorid OÜ
Calciumchlorid 0-024
Kaliumchlorid 0*04:2
Glukose 0-1
Agar 3
Destilliertes Wasser . . . .100
Zuweilen fügen wir dieser Mischung noch 0'02 Natriumkarlionat oder
Natriumphosphat hinzu.
Die Zusammensetzung der Nährböden kann in mannigfaltiger Weise
modifiziert werden, indem man die verschiedenen Salzmengen ändert. In
einem Nährboden, der nur aus Calciumchlorid , Natriumchlorid und Agar-
Agar besteht, entwickeln sich gewisse Embryogewebe, wenigstens während
einer kurzen Periode, sehr gut.
Für die am meisten angewandten flüssigen Nährl)öden kommen fol-
gende Lösungen in Betracht: die Lösung nach Locke, oder die Binf/ersche
Lösung, eine Lösung von Natriumchlorid in destilliertem Wasser oder
Serum, das aus dem Blut oder aus dem Plasma eines Tieres stammt, das
entweder derselben Art angehört, wie dasjenige, welches das Gewebe ge-
liefert hat; oder einer anderen Art.
II. Präparieren der Gewebe.
Die Gewebsfragmeute, welche als Aussaat dienen, müssen mit sehr
grol'jer Sorgfalt vorbereitet werden. Ihr Wachstum wird außerordentlich
beeinflußt durch die Art ihrer Abtrennung (Abschneidung), durch die Länge
der Periode , die sich seit dem Aufhören des Blutkreislaufes bis zum Be-
ginn der Kultur erstreckt, durch den Grad und die Dauer der Abkühlung usw.
Die Gewebe wei'den dem Tiere während des Lebens oder sofort nach dem
Tode exstirpiert. In den Kulturen von menschlichen Geschwülsten bringt
man das Gewebe so schnell als möglich nach der Exstirpation in den Kultur-
nährboden. Jedoch können die Gewebe, ehe sie kultiviert werden, auch
einige Zeit lang im Zustand des latenten Lebens erhalten werden, hie Leber
und die Hornhaut (Cornea) eines menschlichen Fötus, die . HO Stunden lang
im Eisschrank aufbewahrt wurden, ergaben noch ein schwaches Wachstum
der Zellen. Wir bewahrten ferner Teilchen der Milz vom Ilühnchenembryo
72 Stunden lang im Eisschrank auf und konnten beobachten, daß diese
Fragmente, in Plasma eingesät so reichlich, wie frisches Gewebe, wuchsen.
Sicherlich konnte die latente Periode noch leicht verlängert werden.
M Leids, The growth of omhryoiiic chick tissiies in artificial media, agar and
liouillon. Bnll. of the .Johns Hopkins Hospital. 1911. p. 126.
340 Alexis Cari-el und Montrose T. Burrows.
Ein Milzteilchen, das 6 Tage lang im Eisschrank belassen wurde,
konnte ebenfalls in vitro weiter wachsen. Es geht also daraus hervor, dal]
man sich sowohl des im Eisschrank aufbewahrten Gewebes als auch frischen
Gewebes für die Kulturen bedienen kann.
Man legt rasch mittelst einer sehr feinen Nadel und eines Star-
Operationsmessers ein Fragment des betreffenden Gewebes oder Ürganes
frei und bringt es dann auf ein Deckglas. Diese Ausführung muß sehr
schnell geschehen, denn, setzt man die Gewebe längere Zeit der Luft aus,
so werden sie getötet. Um das Gewebsteilchen nicht dieser Gefahr aus-
zusetzen, kann man das Präparieren in einem Tropfen Binfferscher Lösung
vornehmen. Das Gewebsstückchen wird dann in Teilchen zerlegt, die dem
Volumen eines Hirschkorns entsprechen, worauf es mittelst der Nadelspitze
auf ein Deckgläschen oder ein lihrglas übergeführt wird. Will man eine aus-
gedehnte Kultur vornehmen, so bringt man ein Gewebs- oder Organstück
auf ein Uhrgias und schneidet es mittelst einer scharfen Schere in sehr
kleine Teilchen, die dann auf einer breiten Glasplatte ausgebreitet werden.
III. Herstellung der Kultur.
Die Technik zum Präparieren der Kultur ist eine verschiedene, je
nachdem man einen Plasmanährboden oder einen künstlichen benutzt. Die
Kulturen, die in einem Plasmanährboden ausgeführt werden, lassen sich in
drei Gruppen teilen : Kulturen im Hängetropfen, Kulturen im Uhrglas und
die breiten Plattenkulturen.
Bei den Hängetropfkulturen bringt man ein Teilchen des Gewebes auf
ein Deckglas und bedeckt es dann augenblicklich mit einem Tropfen Plasma,
worauf letzteres mittelst einer Nadel oder einer Messerspitze in dünner
Schicht auf dem Deckgläschen ausgestrichen wird. Das Plasma koa-
guliert rasch und befestigt das Gewebsstückchen am Deckglas. Das Deck-
gläschen wird nun umgestülpt, auf einen hohlgeschliffenen Objektträger
gebracht, dessen Aushöhlung so groß ist, daß der Tropfen den Grund nicht
berührt; endlich verschheßt man gut mit Paraffin. Diese Operationen
müssen sehr rasch vorgenommen werden, damit am Plasmatropfen keine
Verdunstung stattfindet. Will man das Wachstum der Gewebe in Plasmen
verschiedener Zusammensetzung vergleichen, so muß unter gleichen De-
dingungen gearl)eitet werden. Die Größe der Höhlung des Objektträgers,
die Feuchtigkeitsbedingungen der Luft, die Zeit, die zwischen dem Ein-
tauchen des Gewebes in das Plasma und dem Verschließen der Präparate
mit Paraffin vergeht usw., müssen stets gleich sein. Wenn nicht alle Fehler-
quellen sorgfältig ferngehalten werden, so sind die Ptesultate der Ge\Yebs-
kulturen in verschiedenen Nährböden auch nicht genau vergleichbar.
Die Objektträger werden sofort in einen kleinen elektrischen Brut-
schrank gestellt. Dann werden sie in große, mit Gas geheizte Wärme-
schränke gebracht, wo die Hühnchengewebskulturen bei 39", die Kulturen
der Rattengewebe, der Hunde-, Meerschweinchen- und Menschengewebe bei
37° belassen werden.
r
Die Technik der Geweliskultiir in vitro. g41
Bei den Uhi-glaskulturon füllt man die Höhlung- mit Plasma und bringt
dann das (Tewebsstückchen in die Mittr der Höhlung. Das Gewebe kann
nach allen Ilit'htungen hin wachsen. Man kann Chrgiaskulturen eben-
falls in dünnen Schichten vornehmen. Das Uhrglas wird schlielUich umge-
kippt und auf einem Objektträger befestigt. Bei den großen Platten-
kulturen breitet man das in sehr kleine Teilchen zerschnittene Gewebe oder
Organ auf einer breiten schwarzen Glasplatte aus, worauf man es gänzlich
mit Plasma bedeckt, das in möglichst dünner Schicht ausbreitet wird. Auf
diese Weise kann man auf einer einzigen Platte einen lötngigen Hühnchen-
embrvo, der in feine Stückchen zerhackt wurde, züchten. Der Objekt-
träger wird sofort in eine Glasschale für Kulturen gebi-acht. denn man muli
darauf achten, daß sich keine Luftstäubchen auf der Obei-f lache des Prä-
parates absetzen. Das Plasma koaguliert rasch. Man neigt den Objektträger,
damit die Sekretionsprodukte der Kultur sich am Grunde der Schale an-
sammeln können. Dann stellt man unter den Objektträger mit Wasser
durchtränkte Watte, damit die Luft feucht gehalten wird. Hierauf wird
der Deckel aufgelegt und mit Paraffin befestigt.
Die Bereitung der Kulturen in einem künstlichen, sich verfestigenden
Nährboden geschieht ungefähr in der oben beschi-iebenen Weise. Währenil
des Präparierens des Gewebes wird der Kulturiiährboden bei einer Tem-
peratur von 45** gehalten, damit er flüssig bleii)t. Mittelst einer Pipette
bringt man Tropfen dieser Flüssigkeit auf Deckgläser und legt darauf die
Gewebsteilchen. Die Temperatur des Tropfens sinkt rasch und der Nähr-
boden wird gallertartig. Dann wird das Deckglas umgestülpt und an einem
Objektträger in der vorher erwähnten Weise befestigt.
Bei der Darstellung der Kulturen in einem flüssigen Nährboden bedient
man sich einer sehr geringen ^lenge Flüssigkeit, die in einer dünnen
Schicht auf ein Deckglas aufgetragen wird. Es ist unbedingt nötig, daß
die Zellen an dem Deckglas festkleben. Deshalb darf das Gewebsstückchen
auch nicht in der Flüssigkeit schwimmen. Man kann diese Kulturen so be-
reiten, daß man ein sehr kleines Gewebsteilchen zuerst in die Lockescho
Lösung legt, später sehr sorgfältig mittelst einer Zange herausnimmt und
auf ein Deckgläschen bringt. Das Stückchen muß das Deckglas berühren,
das den Zellen als Stütze dienen soll. Die durch das Teilchen mitgerissene
Flüssigkeit wird in sehr dünner Schicht auf dem Deckglas ausgebreitet,
das dann auf einen gewöhnlichen Objektträger, von dessen Wandung es
durch eine Vaselinschicht getrennt ist, gelegt wird. Durch den gel)ildeten
sehr kleinen Hohlraum findet keine in Betracht kommende Verilunstung
der Flüssigkeit statt. Man kann sich auch eines sehr schwach ausgehöhlten
Objektträgers bedienen, der schließlich mittelst Paraffins verschlossen wird.
IV. Aufbewahrung und Untersuchung der Kulturen.
Die Kulturen werden in große, mit Gas geheizte Brutschränke auf
Etagen oder in Gruppen von zehn bis zwölf in Glasschalen aufbewahrt.
Da durch verschiedene Temperaturgrade die Schnelligkeit des (iewebs-
842 Alexis Carrel u. Montrose T. Burrows. Die Technik d. Gewebskultur etc.
Wachstums beeinflußt wird, so muß man die Temperaturunterschiede im Brut-
schrank sehr sorgfältig beachten. Man kann dagegen die Kulturen für einige
Sekunden aus dem Brutschrank ohne Schaden entfernen. Gewisse Gewebe,
vne die der Milz des Hühncheuembryos oder von bösartigen Geschwülsten,
verursachen eine solche Zellenwucherung, daß man ihre Entwicklung ohne
das Mikroskop deutlich beobachten kann. Das neu erzeugte Gewebe bei einer
Milz- oder Geschwulstkultur erscheint in Form einer das ursprüngliche Ge-
websteilchen umhüllenden opaleszierenden Zone. Den Anfang des Gewebs-
wachstums kann man häufig durch das Auftreten eines sehr dünnen grauen
Streifens auf den glatt geschnittenen Rändern des Stückchens feststellen.
Bei den großen Plattenkulturen bemerkt man ab und zu eine weißlich ge-
färbte Zone, die das wachsende Fragment umgibt. Es ist jedenfalls sehr
ratsam , einige Kontrollkulturen im hohlgeschliffenen Objektträger vorzu-
nehmen und das Wachstum unter dem Mikroskop zu beobachten.
Die Kulturen werden mittelst eines Mikroskops untersucht . das in
einem kleinen Brutschrank bei 37« oder 39" aufbewahrt wird. Auf diese
Weise kann man sie lange beobachten, ohne das Leben der Geweihe zu ge-
fährden. Das Gewebsteilchen stellt sich in Form einer undui'chsichtigen
(opaken) Masse mit deutlich geschnittenen Iländern dar. Auf dem hellen
Grund des Kulturnährbodens bemerkt man unschwer die Zellen, die dort
schweben und sich vermehren. Man kann sie sehr leicht mittelst der Camera
lucida zeichnen, wenn die Entwicklung langsam vor sich geht, wie z.B.
bei den Bauchfell- oder Knorpelkulturen. In den Sarkom- oder Milz-
kultm'en findet aber oft ein so schnelles Wachstum statt, daß genaues Abzeichnen
der Zellen unmöglich ist. Wenn der Plasmanährlioden dünn ist, und wenn
das Gewebe auf einer einzigen Fläche gewachsen ist, kann man die leben-
den Zellen leicht photographieren. Meistens geht das Wachstum des Ge-
webes in mehreren Ebenen vor sich, und es ist dann unmöglich, eine
deutliche Photographie davon zu erhalten. Im allgemeinen gewinnt man
bessere Aufnahmen, nachdem die Kulturen fixiert und gefärbt worden sind.
Die Kulturen im hängenden Tropfen und im Uhrglas lassen sich sehr
einfach fixieren und färben. Das Deckglas, an dem die Kultur anhaftet,
wird in eine Lösung von Quecksilberchlorid und Essigsäure oder in irgend
eine Kaliumbicliromatlösung getaucht. Hierauf wird mit Hämatoxylin ge-
färbt. Die breiten Plattenkulturen werden mittelst Serienschnitten unter-
sucht. Die kleinen Kulturen dienen zum Studium der Morphologie der Ge-
webe, während die großen Plattenkulturen zur Untersuchung der dyna-
mischen Änderungen, die in den Zellen während das Lebens außerhalb
des Organismus stattfinden, herangezogen werden können. Schließlich
können sie auch zum Studium ihrer Sekretionen usw. dienen.
Die beschriebene Technik gestattet Gewebe von embryonalen oder
erwachsenen Säugetieren während mehrerer Tage oder selbst einiger Wochen
am Leben zu erhalten. Sie wird zweifellos in verschiedener Weise vielfach
modifiziert und verbessert werden. x\ber schon jetzt kann sie als wertvolles
Hilfsmittel für die Erforschung zahlreicher und wichtiger Probleme dienen.
!
Methoden zui' bioclieiuisclien l ntersuclmiig des
Bodens.
Von Jiüius Stoklasa, Prag.
Der Roden ist den biologischen Veriinderungen. welche dui'ch den
Einfluß der Organismen des niederen und höheren rflan/.enreiches und Tier-
reiches hervorgerufen >Yerden. stets nnterworfeii. Diese hiologiscjicn Ki--
sclieinungen im Boden sind abhängig:
1. Von den klimatischen Faktoren.
2. von der physikalischen und chemischen Beschaffenheit des Bodens,
o. von der Zusammensetzung der Bodenluft.
4. von der Temperatur des Bodens,
5. von der Zeit und
(3. von der Pflanzenvegetation und dem Tierleben.
Im und am Boden befinden sich folgende Pflanzenorganismen und
Pflanzenteile :
Myxomyzetes. Schizomyzetes (Bakterien). Mucoraceae, Basidiomyzctes,
Askomyzetes. Diatom aceae, Chlorophyceae. Cyanophyceae. Lichenes. Hepa-
ticae, Musci. Filizes und Wurzeln aller höheren Pflanzen. Aus dem Tier-
reich sind Protozoa, Vermes und schließlich die verschiedenen Entwick-
lungsstadieii der Insekten (Larven) vertreten.
Alle diese im Boden vorkommenden Organismen fordern fiii" ihre
Vegetation Sauerstoff, Wasserstoff. Kohlenstoff. Stickstoff. Phosphor.
Schwefel. Chlor, Silizium, Kalium. Natrium. Kalzium. Magnesium. Aluminium,
Eisen und Mangan. Eine eminente Holle für aUe lebenden Organismen
spielt das Wasser im Boden. Bevor die Organismen im Boden die er-
forderlichen Wassermengen erreichen, herrscht fönnlich ein Kampf unter
ihnen. Die Organismen können überhaupt ohne Wasser nicht existieren.
Der Gang der Bodenuntersuchung.
Bei dei' Pi'obeentnahme des Bodens ist es angezeigt, nicht gemischte
Durchschnittspioben einer Ackerfläche, sondern stets charakteristische Einzel-
proben auszuwählen.
Nach den alten Angaben von Wahnsrhaffe^) stellt man zui- Entnahme
eine viereckige Probegruhe her, deren Wände man senkrecht mit einem
') F. Wahn schaffe, Anleitung zur wissenschaftlichen Bodenuntersuchung. Verlag
von Paul Parey, Berlin 1S87.
344 .Tnlius Stoklasa.
Spaten absticht. Zunächst wird die Ackerkrume genau bis zu ihrer unteren
Grenze aus der Grube ausgehoben, auf ein untergelegtes Laken geschüttet
und gleichmäßig mit dem Spaten gemischt. Hiervon entnimmt man dann
unter möglichster Auslegung der Wurzelrückstände eine geeignete Probe.
In gleicher Weise verfährt man bei der Entnahme des flacheren und
tieferen Untergrundes. Zuerst wird man die unmittelbar unter der Acker-
krume befindliche Erdschicht zu berücksichtigen haben, indem man 2 bis
;•> dem derselben aushel)t. Die Anzahl und Tiefe der ferner dem Unter-
grunde zu entnehmenden Proben richtet sich ganz nach der Beschaffen-
heit des Bodenprofils. Will man Proben einer ganzen Schichtenfolge bis
zu 2 ni Tiefe entnehmen, so empfiehlt es sich, da das Auswerfen einer so
tiefen Grube in vielen Fällen unbequem und zeitraubend sein würde und
ein brauchbarer natürlicher oder künstlicher Anschluß besonders dort, wo
es sich um die Untersuchung eng begrenzter Gebiete handelt nur selten
vorhanden sein dürfte, dazu einen 2 m langen amerikanischen TeUerbohrer
zu verwenden.
Der Tellerbohrer besitzt ein unterbrochenes, aus einzelnen flügel-
artigen Schneiden ])estehendes, spitz zulaufendes Gewinde und wird mittelst
Holzgriffes in den Boden hineingeschraul)t. Er fördert bei genügender
Breite der Schneiden so viel Erde, daß man Prol^en zur Untersuchung
nehmen kann, hat aber den Nachteil, daß er in schweren Böden sehr lang-
sam arbeitet und zwei Mann zur ]>edienung erfordert. Eine kräftige Durch-
feuchtung des Erdreiches, die, wenn nötig, tags vorher durch Begießen
vorzunehmen ist, erleichtert die Bohrarl)eit wesentlich: trockener, harter
Lehm setzt dem Tellerbohrer einen fast unüberwindlichen Widerstand ent-
gegen. Zu empfehlen sind Bohrer, deren Gestänge durch ein Ergänzungs-
stück l)is auf 2 m verlängert werden kann.
Ich muß Heine^) beipflichten, daß sich neben dem Tellerbohrer noch
besser der Löffell)ohrer bewährt. Der Löffel, w^elcher aus bestem Stahl ge-
fertigt sein muß, ist an die Bohrstange angeschweißt und kann, sollte er
einmal abbrechen, wieder ergänzt werden. Für agronomische Zwecke ge-
nügt ein Satz von zwei Bohrern, von denen der eine 1*10 m, der andere
2" 10 m lang ist. Die Bohrung wird so ausgeführt, daß zunächst der kürzere
Bohrer genau senkrecht — eventuell mit HiUe eines Fadenlotes — auf die
von PlIanzenwTichs entl;)lößte Stehe des Bodens aufgesetzt und mit der
hnken Hand am Handgriff gehalten wird, während die rechte einige kräftige
Schläge mittelst Holzhammers auf das verbreiterte obere Ende der Bohr-
stange, den sog. Amboß, führt. Ist der Bohrer bis zu einem Drittel seiner
Länge eingetrieben, so wird er einmal langsam herumgedreht, wobei sich
der Löffel mit der Erde füllt. Hierauf hebt man vorsichtig an unter Ver-
meidung von Stößen, ohne zu drehen und zieht den Bohrer zuletzt ein
wenig nach sich zu, also ganz schwach geneigt, so heraus, daß der Löffel
^) E. Heine, Die praktische Bodeuuntersuchung. Verlag von Gebrüder Bornträger,
Berlin 1911.
Methoden zur bioclieniischeii Untersuclmiit: des Bodeus, 845
sich außen befindet und die Probe nicht verschüttet wird : zu dem Zwecke
muß diese Seite am Amboß markiert sein. Der Iidialt {\v^ Löffels läßt das
Profil deutlich erkennen: der Piefund wird notiert, der Löffel mit Flilfe
eines Holzstrd)chens völlig- entleert, der Bohrer zum zweitenmal in die jetzt
schon vorhandene Bohrröhre einiicfidirt und duirh Hammerschläge um ein
weiteres Drittel vorgetrieben. Da man beim dritten Male schon 1 m Tiefe
erreicht, so wird imnmehr der 2 w-Bohrer weiter benutzt, der eine etwas
geringere Stärke haben soll, um den Ueibungswiderstand l)eim Eiidühren
und Drehen möglichst zu verringern. Beim Aufholen des längeren und
dabei schwächeren Bohrers hüte man sich, ihn zu verbiegen; aus dem
gleichen Grunde sollte er stets hängend aufbewahrt werden.
I. Bestininuing des hygroskopischen und mechanisch
absorbierten Wassers.
20 — 25(/ Boden werden einem guten Durchschnittsmuster entnommen
und in einem Kölbchen mit Glasstöpsel, welches sich in einem Trocken-
apparat befindet, bei 110" C zum konstanten Gewicht getrocknet.
II. Bestimmung der Wasserkapazität des Bodens.
Unter ..Wasserkapazität eines Bodens versteht man diejenige Wasser-
menge, welche ein Boden zurückzuhalten vermag. Dieselbe wird entweder
in Gewichtsprozenten der festen Bodenteilchen oder in Prozenten des
Bodenvolumens festgestellt, i)
Josef Kopeckf/-) konstruierte zur Bestimmung der Wasserkapazität
einen einfachen Apparat, mittelst dessen es in erster Reihe niöghch ist,
aus dem Boden eine bestimmte Menge J)odenmasse in jener Lagerung
herauszuschneiden, wie sie in der Natur vorkommt.
Dieser Apparat besteht aus einem 20cm hohen Stahlrohr, welches
unten mit einer Schneide versehen ist. die durch das Zuschleifen der
äußeren Rohrwandung gebildet wurde. Der lichte Durchmesser des Rohres
bei seiner Schneide mißt öO-nmm. In der Höhe von etwa 'M)ihii/ von unten
gemessen beträgt der Durchmesser des Stahlrohres inwendig ^)'2\) nnn,
um in das Stahlrohr kleine Messingringe ganz leicht einschit'bi-n zu können,
deren hchter Durchmesser ebenfalls 60bmm beträgt.
Zur Bestimmung der Wasserkapazität ist der Messingring I'i be-
stimmt, der sich der Schneide des Stahlrohres am nächsten befindet.
Seine Dimensionierung, wie sie in Fig. 215 angegeben ist. ist die folgende:
Höhe ;')irO mm, Durchmesser 50'5 mm, Inhalt 70() r)ii^.
Um diesen Messingring in fester Lage zu erhalten, sind über diesen,
wie aus Fig. 215 ersichtlich, noch 2 Zylinder ebenfalls ans Messingblech ein-
*) Eilh. Alfred Müscherlich, Bodeukuiide fiir Limil- und l-orstwirte. Vcrlajr von
Paul Parey, Berlin 1905. E. Hamann, Bodenkunde. Verlag von .Fuliiis Sprinirer, ÜMO.
^) .7o.se/ Kopccki/. Die physikalisclien Kigenschat'teu des Bodens. Irag 1U04.
846
Julius Stoklasa.
Fi ff. -215.
geschoben, der eine von 100 mm Höhe und der andere analog mit dem
unteren 3b'0mm hoch. Der lOOnmi hohe Messingzyhnder
wird zur Bestimmung der Durchlässigkeit des Bodens ver-
wendet. Ein eiserner, glockenförmiger Aufsatz, welcher
auf das Stahlrohr aufgesetzt und mit ihm durch einen
Stift verbunden wird, dient dazu, den ganzen Apparat mit
dem Gestänge der Handerdbohrer verbinden zu können.
Zu diesem Zwecke ist an dem Aufsatze ein Schrauben-
gewinde eingeschnitten, das mit dem Gewinde der Bohr-
stangen übereinstimmt : außerdem ist unterhalb des Ge-
windes ein flacher Ausschnitt zum Ansetzen der Schlüssel
angebracht.
Es wurde deshalb ein Durchmesser von bO'iSnim
gewählt, weil bei diesem Durchmesser die Querschnitts-
fläche fast genau 20 cm^ beträgt. Einen kleineren Durch-
messer als öOmni kann man schon aus dem Grunde nicht
wählen, weil bei einem schmäleren Rohre, wie sich Kopecki)
durch viele Versuche überzeugte, beim Eintreiben in den
Boden eine so bedeutende Reibung an den Innenwänden
entsteht, daß der in das Rohr eindringende Boden zusammengepreßt wird
und dadurch seine Struktur sich verändert.
Der Durchmesser von 50 mm bildet die untere Grenze, bei welcher
Dimensionierung man den Einfluß des Zusammendrückens des Bodens beim
Einsenken des Rohres in den Boden vernachlässigen kann. Je größer der
Durchmesser des Rohres ist, um so kleiner ist die Deformation in der
Boden struktur.
Der Durchmesser von 50'5mm wurde auch aus dem Grunde gewählt,
weil sich Rohre (Hohlbohrer) in dieser Dimensionierung bei der praktischen
Verwendung zur pedologischen Untersuchung ausgedehnter Gebiete in der
Natur sehr gut bewährt haben.
Für das Stahlrohr wurde eine Gesammthöhe von 200 wm deshalb
angenommen, um denselben Apparat zum Herausschneiden eines Boden-
körpers zum Zwecke der Bestimmung einer relativen Durchlässigkeit ver-
wenden zu können.
Für manche Untersuchungen, namentUch der oberen Bodenschichten,
verwendete Kopecky in neuester Zeit zum Herausschneiden einer bestimmten
Bodenprobe ein Stahlrohr (Hohlbohrer) von größerem Durchmesser, und
zwar von 80 mw.
Die Messingringe, welche eingeschoben werden, hatten folgende Di-
mensionen :
Durchmesser '^Omm, Höhe AOmm, Iidialt 200 cm 3.
Kopecky konnte also durch diese Anordnung eine Bodenprobe von
200 cm 3 Inhalt erhalten. Die Gesamtkonstruktion ist mit jener von 50"5 mm
Durchmesser übereinstimmend bis auf den Unterschied, daß dieser große
Hohlbohrer keine Vorrichtung zum Anschlüsse an ein Bohrgestänge besitzt.
Methoden zur biocbemischen Untersuchung des Bodens. )^47
Die Ainveiuluiig der bescliriebeiK'U Apparate ist eine sehr einfache.
Will man z. B. aus der Aclcerlvninie eine Probe zur Bestininiuii).'- der
AVasserkapazität herausschneiden, so ist es nicht nötig-, den StahlzyHii(h'r
mit (h'ui Ansatz und der Spindel des Bohrers zu verbinden. son(h'rn man
steckt den Stahlzylinder mit den darin eingeschobenen Messingringen in
den Boden derart ein. daß beim Eintreiben die vertikale Richtung einge-
halten bleibt. Durch die untere Schnei(h' wird der Bo(U'nzyhn(h'r herausge-
schnitten, welcher infolge des ganz gleichen inneren Durchmessers ik'^ In-
strumentes ohne Hindernis ins Innere des Hohlbohrers eindringt, bis dieser
fast vollständig mit Boden ausgefüllt ist. Hierauf rüttelt man am Apparate,
lockert ihn im Boden und zieht ihn heraus. Durch Eindrücken eines
hölzernen Kolbens von ca. 4:bmm Durchmesser von der Schneide aus.
schiebt man die ■Nlessingringe samt ihrem Inhalte heraus. Bei etwas Vor-
sicht kaim man mittelst eines gespannten Drahtes oder mit einem scharfen
Messer den Inhalt des Ringes Vy leicht von der übrigen Bodenmasse.
die in den anderen Messingringen enthalten ist, abtrennen, so daß das
Volumen des Bodenmateriales im Ringe F, fast genau 10 cm^ bzw. beim
zweiten Ring 200 cm^ beträgt.
Zum Schutze dieser Probe im Messingringe bringt man an beiden
Enden Siebe aus einem Meßiiigdraht an. die auf den Ring mittelst Kaut-
schukschleifen befestigt werden.
Wenn dieser Vorgang bei gehöriger ^'orsicht durchgeführt wird, läßt
sich annehmen, daß man im Messingringe Fj lOan^ Boden in jener La-
gerung und Bodenstruktur hat, wie sie sich in einer Tiefe
von z. B. 15 cm an der Versuchsstelle vorfindet. rig.2i6.
Ebenso ist es leicht tunlich, eine Probe von 10 cm^
Inhalt aus einer größeren Tiefe herauszuheben.
Zu diesem Zwecke wird mit einem Rohrer zuerst
ein Bohrloch hergestellt. Kojieck// konstruierte dazu einen
Bohrer ohne Spitze, der eigentlich nichts anderes vorstellt
als eine auf eine Achse aufgewickelte Schraubenfläche von
80 mm Durchmesser. An seinem unteren p]nde trägt der-
selbe in der ganzen Breite der Fläche eine Schneide S,
wogegen oben an der xVchse löffeiförmige Messer ange- ^
bracht sind (siehe Fig. 216).
Nachdem man nun mit diesem Bohrer in die Erde ein Loch gebohrt
hat, kann man den erwähnten röhrenförmigen Apparat leicht in dieses ein-
senken, indem man früher das Stahlrohr mit HiltV des glockenförmigen
Ansatzes auf die Spindel befestigt hat.
Drückt man genügend auf den Hebel des Bohrers oder schlägt man
mit einem hölzernen Hammer von oben darauf, so kann in der Tiefe des
vorgebohrten Loches der Hohlbohrer derart in die Erde eingetrieben
werden, daß er sich mit dem Boden in jener Lagerung füllt, wie sie in
dieser Tiefe vorkommt. Nach ei-folgtem Herausheben kann wieder der In-
halt von 70 cm^ von der übrigen Masse des ausgehobenen Bodens abge-
348 Julius Stoklasa.
trennt werden. In dem Falle, wo die Bodenart sehr hart oder festgelagert
ist, kann das Herausschneiden des Bodens durch Eingießen von Wasser
erleichtert werden.
Diese so erhaltene Bodenprobe von 70 cm^ Inhalt in Form einer
Säule von 35'0 mm Höhe läßt man gehörig mit \Yasser ansaugen, und
zwar auf die Art, daß der Messingring nach Entfernung der Kautschuk-
schleifen in eine Schale mit Wasser gesteht wird. Zur gründlicheren Durch-
tränkung läßt man auch von oben auf den im Messingringe enthaltenen
Boden Wasser herabtropfen.
Nach erfolgter Durchtränkung entsteht nun die Aufgabe, in kurzer
Zeit diese Bodenprobe vom überschüssigen Wasser zu l)efreien, damit darin
nur jenes Wasser verbleibt, welches der Boden vermöge seiner physikah-
schen Eigenschaft, die man Wasserkapazität nennt, ohne jedwede äußere
Einwirkung durch eine längere Zeit hindurch in sich zurückzuhalten ver-
mag, etwa in dem Maße, wie es bei seiner natürlichen Lagerung auf dem
Acker der FaU ist, wo die betreffende Bodenmenge einen Teil einer
größeren Bodensäule bildet.
Behufs leichterer VerständUchkeit sei hier folgendes Beispiel an-
geführt :
Nach einem ausgiebigen Niederschlag wird die obere Schichte des
Bodens duichnäßt, das heißt, aUe Bodenzwischenräume füllen sich mit
Wasser, das überschüssige Wasser wird aber sofort von den unteren und
relativ trockeneren Schichten aufgenommen. Nach dem Regen geben die
oberen durchnäßten Schichten das ganze überschüssige Wasser an die
unteren Schichten ab und l)ehalten nur jene Wassermenge, die man als
„absolute" Wasserkapazität bezeichnet.
Zur Nachahmung dieser Beispiele, wobei in der Natur in den oberen
Schichten des Bodens wirkhch die ,, absolute-' Wasserkapazität eintritt,
braucht man bloß die Bodensäule im Messingring T\ von der Höhe 35'4w?m,
nachdem sie künstlich mit Wasser gesättigt wurde, ebenfalls auf eine
Bodenschichte aufzustellen, aus der sie entnommen wurde und abzuwarten,
bis sie das gesamte überschüssige Wasser an die unteren Schichten ab-
gegeben hat. In der Natur dauert dieses Abgeben des überschüssigen
Wassers an die unteren Schichten verschieden lange, je nach der Art des
mechanischen Baues des Bodens, seiner Lagerung usw. Es wäre jedoch
schwierig, jenen Augenblick festzustellen, wann im Boden eine Wassermenge
vorhanden ist, die der „ absoluten-' Wasserkapazität entspricht: es ist daher
zum Zwecke der versuchsweisen Bestimmung der „absoluten" Wasser-
kapazität nötig, die Probe rasch und merklich von dem überschüssigen
Wasser za befreien. Dies erreicht man bei den Bestimmungsproben durch
die Beachtung des folgenden Vorganges :
Aus dem Territorium, in welchem Kopcck/) arbeitete, entnahm er aus
einer Tiefe von etwa oO cm eine größere Menge Boden, ließ ihn an der Luft
trocknen und pulverisierte ihn sodann. Hierauf schüttete er dieses Boden-
material in eine größere Dose von 8 — 10 cm Höhe, klopfte den Inhalt
zusammen und ebnete seine Oberfläche.
Methoden zur biochemischen Untersuchung des Bodens. 849
Nun stoUto Kopcckf/ den mit Wasser durchtränkten Ilodenkörper,
dessen Wasserkapazität er bestimmen sollte, mit dem Messiuiirinji' F^
auf das pulverisierte Erdmaterial in die Dose unter Itclassuiiij des
Messinj^siebes auf dem untei-en Kudc des liinj^cs. l'm aucli dcu
Einflul» des Verdunstens mö.yliehst zu beseitigen, wird emploldcii. die
Kestimnmiiii in einem etwas kühleren Lokale vorzunehmen, fberdies
bedeckte Kopecky die Dose mit einer schweren (dasiilocke: (huhii-ch wii'd
die Probe au.sreichend vor Verdunstung geschützt. Den Messingring mit
der Probe läl.U man eine längere Zeit hindurch auf dem pulverisierten
Boden in der Dose stehen, ^vorauf man ihn auf eine tiockene Stelle daselbst
übersetzt. Durch wiederholtes Überstellen auf stets trockene Stellen übei--
zeugte sich Kopecki/ nach dem Durchfeuchten der L'ntei'lage. ob noch
Wasser aus der Bodenprobe entweicht. Xach(k'ni er auf (Jrund einer kaum
merkhchen Durchfeuchtung erkannte, dali fast gar kein Wasser mein- an
die untergelegte Schichte abgegeben wird und nachdem er sich auch (hncli
gleichzeitiges Abwiegen überzeugt hatte, dal.i auch das (iewicht fast konstant
bleibt, so konnte er annehmen, daß in dem Versuchszylinder nur jene
Wassermenge zurückgeblieben ist, welche diese Bodenart durch eine längere
Zeit hindurch in sich zurückzuhalten verinag.^) Hiei'auf wird dieselbe genau
abgewogen. Subtrahiert man von diesem (iewicht das (Jewicht des den
Boden umfassenden Messingringes, so erhält man das reine (Jewicht des
nassen Bodens von 70 cm^ Inhalt.
Diese Probe wird hierauf bei 100" C getrocknet und abgewogen. Wird
nun dieses Gewicht von jenem im nassen Zustande abgezogen, so erhält
man jene Wassermenge, welche in der Probe enthalten war. (Jesetzt den
Fall, daß diese Differenz z. B. •27'T7 (/ ausmacht, so kann man sagen,
daß in 70 cm^ der betreffenden Bodenart 27'77 cm^ Wasser eiitlialten
■ 1 1 . • w 1 •.-. 27-70 X 100 ^,^^. .
smd, was umgerechnet eme v\ asserkapazitat von =- = 3*.lb7o
dem ^■olumen nach vorstellt.
■) Nach den Mitteilungen des Prof. Dr. Kopecki/ hat dersell)C seine Methode in
folgender Art etwas abgeändert. Aus dem untersuchten Territorium nimmt man in den
vorerwähnten Messingzylinder statt einer Probe von 70 cm\ zwei gleiche Muster desselben
Volums. Beide Bodenproben werden unter Belassung des unteren Siebes in einer Schale
mit Wasser vollständig durchtränkt. Nach völliger Durchnässung wird der eine Messingring
auf ein Filtrierpapier gelegt und auf diesem der 2. Ring, in dem die Wasserkapazität
zu liestimnien ist, bei Belassung des unteren Siebes, gestellt. Der untere Messingring
mit dem in demselben enthaltenen Boden dient dazu, das Wasser, welches der obere
Messingring vermöge seiner Wasserkapazität nicht mehr halten kann, abzusaugen und
abzuleiten. Das Sieb wird bei dem oberen King nur deshalb lu-lassen. damit tue durch-
weichten Bodenproben nicht zusammenkleben. Nachdem das überschüssige Wasser schon
abgeführt ist und die Oberflächen gehörig konsistent geworden sind, wird das Sieb ent-
fernt und die Oberflächen beider Bodenproben kommen miteinaiuler in unmittelbare
Berührung. Das Absaugen des ^^'assers gescbieht hier genau so wie in der Natur, inib'm
die obere Schichte des natürlich gelagerten Bodens das üborschüssii^e Wasser der unteren
Schichte abgibt. Die ganze Manipulation erfolgt in der Weise, iiulem das Sieb an dem
oberen Ring nach 2 Stuiulon entfernt wird uiul beide Ringe aufeinainlcr noch 22 Stunden,
also im ganzen 24 Stunden belassen werden. Sodann wird der obere King gewogen und
weiter verfahren wie l)ereits geschildert wurde.
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. • 54
850 Julius Stoklasa.
Weil nun sowohl bei der hyiiienischen als auch bei der agTonomischen
Forschunii' der luhaltsbegiiff bezüglich einer im Boden enthaltenen Wasser-
menge nach einer \'oluniseiiüieit geläufiger ist und aus dem weiteren Grunde,
daß bei den verschiedenen spezifischen Gewichten der Bodenarten auch
verschiedene Resultate bei der Bestimmung der Wasserkapazität dem Ge-
wichte nach resultieren, so bildet die Wasserkapazität dem Volumen nach,
wie oben erwähnt, den am meisten berechtigten Zahlenausdruck für die
im Boden enthaltene Wassermenge.
In der Praxis kann zwar auch ein anderer Fall eintreten, wenn es
sich z. B. um die Bestimmung der physikaüschen Eigenschaften der Böden
in Eutschgebieten handelt. Die Ursache der Bodeid^ewegung- bildet oft der
Umstand, daß die obere Erdschichte infolge einer größeren Wasserkapa-
zität so beschwert wird, daß sie sich bei einem gegebenen Neigungswinkel
und bei der Glätte des Bodens in ihrer Lage nicht erhalten kann und
nach abwärts rutscht. Hier kommt also die Vergrößerung des Bodenge-
wichtes infolge der Wasserkapazität zur (xeltung.
Nach Kopech'/s Ansicht wäre es günstiger, einmal die Größe der
Wasserkapazität dem Volumen nach, ein anderes Mal dem Gewichte nach
festzustellen. Daraus folgt die Notwendigkeit, dahin zu arbeiten, daß die
Größe der Wasserkapazität nicht jedesmal nur dem Volumen, sondern
auch dem Gewichte nach bestimmt und angegeben werde.
Bei Benutzung des beschriebenen Apparates ist die Bestimmung der
Wasserkapazität dem Gewichte nach aus den bereits ermittelten Angaben
eine leichte Aufgabe. Aus dem Ge^^ichte der in 70 «w^ Boden enthaltenen
Wassermenge und aus dem Gesamtgewichte der Bodenprobe kann man
durch einen einfachen rechnerischen Vorgang die verlangte Grölie bestimmen.
Wenn man das Gewicht des Wassers, in dem hier angeführten Bei-
spiele ^l'll g, durch das Gewicht des bei 100" C ausgetrockneten Bodens,
z. B. 92'48r7, dividiert und den Quotienten mit 100 multipliziert, so erhält
man den Prozentsatz für die AVasserkapazität dem Gewichte nach. In
diesem Beispiele hier beträgt also die Wasserkapazität
39"6Vo f^^ni Volumen nach und
oO"0% dem Gewichte nach.
Falls man an einer bestimmten Stelle auf dem Acker-, Garten-,
Wald- oder Wiesenboden für einen besonderen Fall die Wasserkapazität
bestimmen will, z. B. behufs Feststellung der zur Bewässerung einer be-
stimmten Parzelle nötigen Wassermenge (Flußwasser oder Abfallwässer),
so ist es unbedingt unerläßhch, hierorts einen „Versuch" auszuführen.
Zu seiner Durchführung verwendet man Stahlrohre von 50 cm Länge
und 10 cm Durchmesser. Das Rohr ist an seinem unteren Ende mit einer
Schneide versehen und am oberen Ende mittelst eines stärkeren Ringes
gehörig verstärkt. Dieses Rohr schlägt man mit einem hölzernen Hammer
vorsichtig in eine Tiefe von ca. 40 c?» ein. In den herausragenden Teil
des Rohres gießt man Wasser ein und sorgt zwei Tage hindurch für stetes
Zugiel)en. Hierauf läßt man das gesamte Wasser einsickern. Nach 24 Stunden
vom Augenbhcke an, wo das Wasser in den Boden eingesickert ist, treibt
fl
Methoden zur biochemischen Untersuchung des Bodens. Ji^öl
mau den oben beschriebeuoii Apparat zur IJestiiumuuu ilci' Wassorkapazität
in (Icu Üodoukörper ein, der sich im erwähuteu Kolire vorfindet. Mittelst der
bereits liier beschriebeueu Methode kaini mau eiue Probe von lOcttt^ Iidialt
herausnehmen . welche der Wassei'kapazität iiemiU» mit AVasser •i-esiittitrt ist.
Wenn mau das (iewicht dieser Probe im nassen Zustande, d. h. in
jenem Stadium, wie sie aus dem Stahlrohr beiordert winde und dann auch
nach dem Austrocknen bei 100'' C bestimmt, so erhält man in der Diffe-
renz dieser Gewichte jene Wassermenoe. welche in den 10 cm^ des geprüften
Bodens enthalten wai'. Durch weitere Umrechnuuf^- kannj. wie bereits an-
geführt wurde, die Wasserkapazität dieser P)Odenai't nicht nur dem Vohimen,
sondern auch dem Gewichte nach in Prozenten anjuegebcn werden. -
III. Bestimmung des Wasserdampfes in derBodenluftj ~
Die Wasserbestimmung in der Bodenlutt kann mit groUer Schärfe
dadurch ausgeführt wei'den. daß mau gemessene oder gewogene A'olumen
von Bodeuluft durch mit Chlorkalziuni und Phosi)liorsäureauhy(lrid gefüllte
Röhren leitet und deren Gewichtszunahme bestimmt.
Ein sehr praktisch und exakt arbeitender Apparat, welcher die Feuch-
tigkeit und den Kolilensäuregehalt der Luft direkt volumetrisch genau zu
bestimmen vermag, wurde von Pettersson^) konstruiert.
Zum x\ussaugen und Aufbewahren größerer Volumen dei- P>odenluft
bedient man sich zweckmäßig eines Aspirators aus Zinkblech, wie derselbe
zu gasanalytischen Arbeiten verwendet wii-d.
IV. Bestimmung des Sauerstoffes in der Bodenluft.
Der Bedarf an Sauerstoff der Organismen im] Bodenj hängt von
der Größe der anwesenden Alenge obhgater Aerobiouten oder obligater
Anaerobionten oder fakultativer Aerobiouten oder fakultativer Anaerobionten
ab. Bei den lebenden Organismen im Boden existiert ein Optimum. Maxi-
mum und Minimum der . Sauerstoffspannuug. d. li.. daß sie unter einem
bestimmten Sauerstoffpartialdruck am besten gedeihen" und ^('rschiedene
Empfindlichkeit gegen Variationen desselben besitzen.
In einer durchschnitthchen Gasprobe bestimmt man den Sauerstoff
nach folgenden Methoden und zwar:
1. mit dem Kupfereudiometer von Kreusler'-).
2. mit dem Apparat von 0. Lindemann und
B. mit dem Apparat von Walter Hempel.
Diese Methoden werde ich hier nicht näher beleuchten, sondern ver-
'weise l)loß auf die diesbezüglichen Publikationen von Walter Hempel^) und
Clemens Winlder. *)
1) Fresenius, Zeitschrift f. cinalyt. Chemie. 25. S. 467 bis 484 : siehe Walter
Hempel, Gasanalytische Methoden. Braun schweif 1900.
^) t'. /Trci/.sZf/-, Landwirtschaf tliehe Jahrbiiclicr. 1885. S. 333; W''tcrft>ma««s Anualen
der Physik und Chemie. N. V. 6. S. 537.
*) Walter HempeJ, Gasanalytischo Methoden. Braunschweig 1900.
*) Clemens Winkler, Lehrb. d. techn. Gasanalyse. Verlag v. Art. Felix, Leipzig 1901.
54*
g52 Jiüins Stoklasa.
V. Bestimmung der Luftkapazität des Bodens.
Unter der Luftkapazität des Bodens versteht man jene Größe,
welche das Volumen jener Poren des Bodens angibt, das nach
der Sättigung des Bodens mit Wasser bis auf die Höhe der ab-
soluten Wasserkapazität noch immer mit Luft ausgefüllt ver-
bleibt. Mathematisch ausgedrückt ist dies die Differenz zwischen
dem Gesamtinhalte der Bodenzwischenräume (Poren) und dem
Werte der absoluten Wasserkapazität dem Volumen nach.
Diese Differenz bedeutet also jene ..minimale" Menge Luft, die
dauernd oder ,.absolut", d. h. auch bei der Sättigung des Bodens mit
Wasser in demselben erhalten bleibt.
Schwere, festgelagerte Böden, namentlich Städteböden, die mehr zur
Fäulnis als zur Oxydation disponiert sind, haben in der Regel eine geringe
Luftkapazität: leichte, lockere Bodenarten weisen einen relativ höheren
Prozentsatz von derselben auf.
Nach der Größe der Luftkapazität kann man sich über den ({ehalt
des Bodens an Sauerstoff leicht ein Urteil bilden.
In Böden, welche eine kleine Luftkapazität besitzen, herrscht ein
Mangel an Sauerstoff, wodurch die normalen Dissimilationsprozesse der
aeroben Mikroorganismen und des Wurzelsystems der Pflanzen ungemein
beeinträchtigt werden. Es treten da gewöhnlich Fäulnisprozesse ein.
Um ein deuthcheres Bild über die Größe der Luftkapazität zu erhalten,
ist es zunächst nötig, die Bestimmung des Porenvolumens oder der Poro-
sität des Bodens nach Koj^eck//'^) näher zu erläutern.
Die Bestimmung der Größe der Porosität ist verhältnismäßig einfach;
sie ist nur ein rechnerisches Resultat aus den Werten des scheinbaren
und des wirklichen spezifischen Gewichtes.
Wenn z. B. 1 cni^ Boden keine Poren enthalten würde, so müßte sein
Ge'SNicht so groß sein, als das wirküche spezifische Gewicht ausmacht. Li
dem tieferstehend angeführten Beispiel also 2'48(7.
Li Wirklichkeit aber wiegt 1 cm^ Boden in jener Struktur, in derer
sich in der Natur vorfindet, natürlich nach der Entfernung des Wassers,
also nach Austrocknung bei 100" C bloß l-28ö^, d. h. so viel, als das schein-
bare spezifische Gewicht angibt.
Daraus folgt, daß dei- Inhalt der Poren im Boden durch die Differenz
zwischen der Größe des wirklichen und des scheinl)aren spezifischen Ge-
wichtes angegeben erscheint, weim diese Gewichtsdifferenz durch A'ergleich
mit gleichem Volumen der nichtporösen Bodenart auf eine ^^olumseiuheit
überfühi't Avird; zur besseren ziff ermäßigen Darstellung wird das Resultat
in einen Prozentsatz umgerechnet.
*) Josef Kopeckijf Die physikalischen Eigenschaften des Bodens. Prag 1904.
Methoden zur liiochemischen Untersuchung des Bodens. g53
Beispiel:
Wirkliches spezifisches Gewicht 2'480
Scheinbares spezifisches Gewicht 1-285
Unterschied l\'X)
1-195: 2-48 = 0-4818
0-4818 X 100 = 48-18«/o-
Nachdem das scheinbare spezifische Gewicht (1-285) mit Rücksicht
auf die Bodeiüagerung'. wie sie in der Natur vorkommt, bestimmt wurde,
so gibt uns die oben angeführte Grölic von 48-18"/o <-las Vnjumcii (Ici-P.odon-
zwischeuräume (Porosität) in natürlicher Lagerung an.
x\us dem Angeführten ist ersichtlich, daß die Bestimmung der spe-
zifischen Ge\nchte unbedingt nötig ist; außerdem A\ird dadurch von neuem
bestätigt, dal) die einzig richtige Bestimmungsmethode des scheinbaren
spezifischen (lewichtes diejenige ist, bei welcher zu jenem Bodenzustand
gegriffen wird, wie wir ihn in der Natur vorfinden.
Man kann also behaupten, daß der angeführte Api)arat. mit welchem
man 70 cm^ oder 200 cm^ Boden aus den verschiedenartigen Schichten
eines Acker-, Wiesen-. Garten- und Waldbodens herausschneiden kann,
ohne dabei die Bodenstruktur wesentlich zu verändern, indirekt sich auch
zur Bestimmung der Bodenporosität eignet und mit Vorteil verwendet
werden kann.
Die Luftkapazität des Bodens wird, wie folgende Beispiele demon-
strieren, in nachstehender Weise berechnet:
L Beispiel.
Wasserkapazität dem Volumen nach . . 47-60"/o
Wasserkapazität dem Gewichte nach . . iiT-OO^/o
Scheinbares spezifisches Gewicht . . . 1-34%
Wirkliches spezifisches Gewicht .... 2-58Vo
Porenvolumen 48-00«/o
Porenvolumen 48-00%
Wasserkapazität dem Volumen nach . . 4"-tK)''/n
Differenz 0-40« «
Es wurde daher eine Luftkapazität von 0-4% gefunden.
IL Beispiel.
Wasserkapazität dem Volumen nach . . 34"60%
Wasserkapazität dem Gewichte nach . . 25-00'"o
Scheinbares spezifisches Gewicht . . . l'''^4''y„
Wirkliches spezifisches (Jewicht .... 2-65%
Porenvolumen . . . 49-öOVo
Porenvolumeu 49-50%
Wasserkapazität dem Volumen nach . . :-U-60"-n
Differenz UitO'Vo
g54 Julius Stoklasa.
Die hier gefundene Liiftkapazität belief sich demnach auf 14'90<'/o.
Auf die Bedeutung der Luftkapazität für die biologischen Prozesse im Boden
ist im folgenden Kapitel hingewiesen.
VI. Versuch behufs Eruierung, ob die organischen Substanzen
im Boden den Heterotrophen als eine gute Kohlenstoffnähr-
quelle dienen.
Die organischen Substanzen im Boden bilden ein (iemenge abgestor-
bener und zersetzter organischer Stoffe pflanzlichen und tierischen Ur-
sprungs. Dieses Gemenge besitzt eine sehr komplizierte Zusammensetzung,
welche von der Tiefe der Zersetzung organischer Reste, wie Wurzelresten,
Stoppehi, abfallender Zweige, Blätter, Nadeln, Blüten, Samenschalen, ab-
gestorbener niederer Pflanzen mid Leiber der Tiere, die im Boden ihren
Wohnsitz hatten, abhängt. Bei den Ackerböden kommen hier namenthch
die organischen Teile der Düngemittel in Betracht. Alle diese organischen
Substanzen befinden sich im Acker-, Wiesen-, Wald- und Gartenboden in
ganz verschiedenen Stadien der Zersetzung.
Der Kohlenstoff macht den größten Teil der organischen Substanzen
der Bodenorganismen aus. Nach unseren Untersuchungen enthalten die
^likroorganismen im Boden 4-4 — öö^/o Kohlenstoff, welches uns zu der
Annahme berechtigt, dat) der Kohlenstoffbedarf am größten ist. Wir unter-
scheiden im Boden zweierlei Arten von Organismen, und zwar die autotrophen
und heterotrophen (Organismen. Die autotrophen Organismen assimilieren fast
ihren gesamten Nährstoffbedarf aus den anorganischen Bestandteilen des
Bodens und sind in ihrer Ernährung von anderen Organismen beinahe ganz un-
abhängig.^) Es findet ja im Boden selbst ein Kreislauf des Kohlenstoffes statt,
indem die Nitrobakterien und die von Zaserer entdeckten Wasserstoff bakterien
Kohlensäure assimilieren. Die heterotrophen Organismen hingegen können
ohne den autotrophen Organismen im Boden nur schwer existieren.
Im Boden kommen nachstehende Gruppen von Bakterien vor:
1. Bakterien, die ebenso wie die grünen l^flanzen weder organischer
KohlenstoffqueUen noch organischer Stickstoffquellen bedürfen. Diese soge-
nannten autotrophen Bakterien können sowohl Kohlenhydrate als auch
Proteinstoffe aus Kohlensäure und anorganischen Salzen aufbauen.
2. Bakterien, die organischer Kohlenstoffquellen l)edürfen, die aber
organischer StickstoffqueUen entbehren können. Diese Bakterien vermögen
Proteinstoffe aus Kohlenhydraten (oder organischen Säuren), aus elemen-
tarem Stickstoff, Stickstoff monoxyd, Stickstofftrioxyd. Stickstoffpentoxyd
und Ammoniak aufzubauen.
o. Bakterien, die ebenso wie die Tiere sowohl organischer Kohlen-
stoffqueUen als auch organischer Stickstoffquellen bedürfen. Diese Bakterien
können aus anorganischer Substanz weder die Kohlenhydrat- noch die Ei-
weißsvnthese vornehmen.
^) Orla Jensen, Die Hauptlinien des natürlichen Bakteriensystems. Zentralblatt
für Bakteriologie etc. II. Abt. Bd. 22. Nr. 11/13. 1909.
Methoden zur biochemischen Untersuchung des Bodens. 855
Durch die Bestiminung- der organischen Substanzen im Hoden auf
chemischem Wege wird bloß die ]\Ienge des Kohlenstoffes festgesetzt; aber
zur Eruierung der Qualität der K()hlenstoffnähi'(|ueUe, ob sich dieselbe für
den Aufbau neuer lebender Zellen und für ein gutes liespirationsmaterial
für die heterotrophen Organismen eignet, hat uus bis jetzt noch die richtige
Methode gefehlt. Zur Feststellung der Abbaufähigkeit der organi-
schen Substanzen empfiehlt es sich, unsere biochemische Methode
in Anwendung zu bringen. Bevor ich noch zur Beschreibung unserer
neuen biochemischen Methode schreite, erwähne ich einige Methoden zur
Bestimmung der organischen Substanzen im Boden.
Nachdem man über den chemischen Charakter der organischen Sub-
stanzen im Boden bisher keine genaue Kenntnis besitzt, ist es am besten,
ihre Menge durch den gefundenen Kohlenstoff auszudrücken.
Die Bestimmung des Kohlenstoffes erfolgt entweder durch die Ele-
mentaranalyse oder nach der Kiiopschen Methode. Diese letztere beruht
darauf, den in den organischen Substanzen enthaltenen Kohlenstoff durch
die Oxydation mit Chromsäure in Kohlensäure zu verwandeln und letztere
in wägbaren Absorptionsapparaten aufzufangen.
Durch diese beiden Methoden ist es uns mögUch, die Menge des
Kohlenstoffes in der Trockensubstanz des Bodens exakt zu bestimmen.
*
Die Bakterien und Schimmelpilze finden in den im IJoden vorhan-
denen organischen Sul)stanzen
1. ein Material zum Aufbau neuer lebender Materie der F)akterien-
substanz und
2. ein Respirationsmaterial.
Durch den Verlauf der Lebensprozesse der Bakterien und Schimmel-
pilze werden die organischen Substanzen, und zwar die Pentosen il-Ara-
binose, 1-Xylose), Hexosen (Glukose, Galaktose, Fruktose). Disacchariden
(Saccharose, Maltose), Polysacchariden (Araban, Xylan, Stärke, (ilykogen,
Galaktane, Pektinstoffe, Zellulose), Humusstoffe und in neutraler Form vor-
handene organische Säuren minerahsiert und in die Endprodukte: Kohlen-
dioxyd, Methan, Wasserstoff (eventueU Wasser) und bei den stickstoff-
haltigen Körpern neben Kohlendioxyd, Methan und Wasserstoff noch in
Ammoniak, Merkaptane und Schwefelwasserstoff umgewandelt.
Bei stark beschränktem Luftzutiitte erfolgt Fäulnis, bei welch letzterer
die ^linerahsierung der organischen Substanzen . speziell bei Gegenwart
stickstoffhaltiger organischer Verbindungen, viel langsamei- vor sich
geht. Xamenthch bei Übersättigung des Bodens mit organischen Substanzen
und ungenüiiendem Sauerstoffzutritt kommen die anaerobiotischen Prozesse
zum Vorschein. Wii' fanden, dal) in allen Böden, in denen die Luftkai)azität
unter 270 sinkt, die anaerobiotischen Atmungsprozesse in deu Vorder-
grund treten. In Städteböden, welche namentlich mit organischen Sub-
stanzen übersättigt sind, werden die aerobiotischen Prozesse der Hetei'o-
356 Julius Stoklasa.
tropheii nnterdrückt. In solchen Fällen ist die Bodenatmosphäre ver-
hältnisniäl.Ug' reich an Kohlensäure und Schwefelwasserstoff und infolge-
dessen geht die Zersetzung der organischen Substanzen langsam vor
sich. Wenn eine größere Menge, und zwar 15 — 30 Vol. "/oo Kohlen-
säure in der Bodenluft vorhanden sind, so ist das aber noch kein Be-
weis , daß eine große Oxydation der organischen Substanzen durch die
Heterotrophen stattgefunden hat, im Gegenteil in einer solchen Atmosphäre
geht die Oxydation der organischen Substanzen sehr langsam vor sich.
Wir müssen immer darauf achten, wieviel von den Mikroorganis-
men in 1 kg Boden bei Sauerstoffzutritt und Sauerstoffabschluß
innerhalb einer bestimmten Zeit, Temperatur und Feuchtigkeits-
gehalt, Kohlendioxyd gebildet wird. Die ^lenge des sich im Acker-,
Wiesen-, (larten- und W^aldboden bildenden Kohlendioxyds variiert un-
gemein und hängt von der Quantität der leicht abbaufähigen Kohlen-
hydrate, der stickstoffhaltigen organischen Substanzen, von der Art und
Aktivität der Mikroorganismen (Auto- und Heterotrophen), von dem sauren,
neutralen sowie alkalischen Charakter des Bodens und von der Luftkapazität
des Bodens ab.
Ein Indikator der Atmungsintensität i) der in verschieden-
artigen Böden vorhandenen Mikroorganismen (Auto- und Hetero-
trophen) bei vollem Luftzutritt ist also die von denselben in 1 hj
Boden bei gleicher Temperatur und bei gleichem Feuchtigkeits-
gehalt ausgeschiedene Menge des Kohlendioxyds. Diese ausgeatmete
Menge des Kohlendioxyds bei vollem Luftzutritt zeigt uns die Lebensenergie
der Bakterien sowie die Abbaufähigkeit der organischen Sul)stanzen im
Boden. In den organischen Substanzen finden die Heterotrophen nicht nur
ein Energiematerial für ihren Atmungsprozeß, sondern auch eine Kohlen-
stoff- und Stickstoffnä.hrquelle für den Aufbau neuer lebender Materie.
Seit mehreren Jahren ist es unsere Aufgabe, die Atmungsintensität
der Mikroorganismen (Auto- und Heterotrophen) in unseren Acker-, W^iesen-,
Wald- und Gartenböden zu erforschen, unsere diesbezüglichen \'ersuche
resultierten, daß die Atmungsintensität der Mikroorganismen ungemein
variiert und von nachstehenden Faktoren abhängig ist:
1. Von der Luft- und Wasserkapazität des Bodens.
2. Von der Anzahl der aktiven Auto- und Heterotrophen.
*) Schou im Jahre 1905 habe ich auf den Ursprung, die Menge und die Bedeu-
tung des Kohlendioxyds im Boden aufmerksam gemacht (siehe Zentralhlatt für Bak-
teriologie etc. 1905). In meinen weiteren Arbeiten, und zwar „t)ber die Wirkung des
Stallmistes", Zeitschrift für landwirtschaftliches Versuchswesen in Österreich 1907. sowie
„Beitrag zur Kenntnis der Stickstoffanreicherung des Bodens durch Bakterien und ihre
Bedeutung für die Pflanzenernährung", Deutsche landwirtschaftliche Presse, Berlin 1908
und in meinem Werk „Biochemischer Kreislauf des Phosphat-Ions im Boden", Verlag
von Gustav Fischer, Jena 1911, habe ich auf Grund meiner zahlreichen schon früheren
Forschungen auf die Wichtigkeit der Kohlensäureproduktiou durch Bakterien hingewiesen.
Die Arbeiten von Hessclink ran Stichfeien (Zentralblatt für Bakteriologie. II. Abt. Bd. 28.
S. 45) muß man daher bloß als eine Fortsetzung meiner Studien ansehen.
Methoden zur biochemisclion rntcrsuchuug des Bodens. 857
3. Von der chomischon Zusammensetzung und Menge der organischen
Substanzen im Boden.
4. Von der Abbaufähigkeit der organischen Sid)stanzen.
5. Von der chemischen Reaktion dor Böden.
6. Von der mechanischen Bearbeitung (k's P>odens.
7. Von der Art der Düngung.')
8. Von der Art der Kulturpflanzen, mit welchen der Boden Ije-
baut ist.
Ich führe hier aus den Ergebnissen der von uns angestellten mehr-
jährigen Versuche einige Daten au. niii zu veranschaulichen, wie die
Atmungsintensität der Mikroorganismen (Auto- und Heterotrophen) im
Boden, bei einer ungleichen Abbaufähigkeit der organischen Substanzen,
grundverschieden ist. Vorerst lasse ich die Zahlen bezüglich der Atmnngs-
intensität der ^likroorganismen aus verschiedenen Bodentiefen folgen:
Zu unseren Versuchen wählte ich einen gleichmälMg beschaffenen
Lehmboden in der Nähe eines Waldes von Pohor. Ein kleiner Teil hiervon
war nicht mechanisch bearbeitet, überhaupt nie gedüngt, nicht bestellt und
diente als Weide. Ein großer Teil war seit Jahren mechanisch bearbeitet,
mit künstlichen Düngemitteln gedüngt und mit Kulturpflanzen bebaut. Im
Jahre 1902 wurde eine Parzelle davon mit Zuckerrüben und eine Parzelle
mit Klee besteht. An mehreren Stellen dieser drei Parzellen wurden breite (Gruben
gemacht und aus verschiedenartigen Tiefen, und zwar bis zu einer solchen
von 10—20 cm, 20—30 cm, 30—50 cm. 50—80 cm und 80 l)is 100 cm
Proben aus denselben entnommen. Behufs Keimzahlbestimnmng wurden
dann aus diesen verschiedenartigen Tiefen unter Beibehaltung aller bakterio-
logischen Kautelen mit einem sterilisierten Fränkel^d\Q\\ Bohrer Muster
aus den Wänden der Grube genommen. Die Keimzahlbestimmung vollzog
man bei einer konstanten Temperatur von 20° C. Aus den von mehreren
Stellen und verschiedenartigen Tiefen gewonnenen Mustei'ii wurden dann
gewisse Teile genommen, um die Atmungsintensität feststellen und auch
die Abbaufähigkeit der organischen Substanzen studieren zu können. Hier-
bei wurden folgende durchschnittliche Daten nach 20tägiger Beobachtung
ermittelt:
Lehmboden eines schwach sauren Charakters von einer Weide, welcher
bis jetzt nicht mechanisch bearbeitet, übei'hauiit nie gedüngt und nicht
besteht wurde. Die Menge des von den Mikroorganismen (Auto- luid Hetero-
trophen) in 1000 r/ Boden mit 25o/o Wasser bei 20« C in 24 Stunden bei
vollem Luftzutritt ausgeatmeten Kohlendioxyds:
^) Durch unsere Versuche wurde festgestellt, daß das Kalziumoxyd, sowie Kalzium-
karbouat den Abbau der organischen Substanzen ungemein ftirdert. Die Atmuugs-
intensität der Böden wird durch mäßige Kalkdüngung sehr irestoi-rert. In der nem^sten
Arbeit „Untersuchungen über die Zersetzung der Kohlenstoffverbindungcn verschiedener
organischer Substanzen im Boden, speziell unter dem Einfluß von Kalk" (Laudw. Jahr-
bücher, 1911) sind 0. Lemmermann, K. Äso, H. Fischer xmd L. Fresenius zu demselben
Resultate gekommen.
g58 Julius Stoklasa.
Produzierte
Menge des
Kohlendioxyds
Bödenschiclite von 10 — 20c»?, Keimzahl pro lg Boden 2o0.000 Iß'bmg
„ 20— 30 .. ,, „ 1 „ „ 256.000 19-4 ,
,. 30— 50 .. „ „ 1 „ „ 208.000 9-8 „
„ 50- 80 „ „ „ 1 ,, „ 14.000 3-3 „
„ 80—100 ,, „ „ 1„ ,, 5.000 2-1 „
Lehmboden ein und desselben Ursprungs wie der von der angrenzen-
den Weide, nur mit dem Unterschiede, daß er gründlich mechanisch be-
arbeitet, mit künsthchen Düngemitteln gedüngt und im Versuchsjahr mit
Klee bel)aut wurde. Die Menge des von den ^Mikroorganismen (Auto- und
Heterotrophen) in 1000^ Boden mit 257o Wasser bei 20" C in 24 Stunden
bei voUem Luftzutritt ausgeatmeten Kohlendioxyds:
Produzierte
Menge des
Kohlendioxyds
Bodenschichte von 10 — 20 cm. Keimzahl pro 1 g Boden 1.800.000 3813 mg
„ „ 20— 30 „ „ „ i„ „ 2,350.000 38-8 „
„ „ 30— 50 „ „ „ 1 „ „ 1.600.000 20-2 .,
„ 50- 80 „ „ „ 1 „ „ 540.000 6-3 .,
.. 80—100 .. ,, ,. 1 ., „ 72.000 2-7 ..
Lehmboden eines schwach alkaUschen Charakters, sonst aber ein und
desselben Ursprungs wie der von der angrenzenden Weide, nur mit dem
Unterschiede, daß er jedes Jahr gründlich mechanisch bearbeitet, mit
Stallmist und künstlichen Düngemitteln gedüngt und im Versuchs jähr mit
Zuckerrüben bebaut wurde.
Die Menge des von den ]Mikroorganismen (Auto- und Heterotrophen)
in 1000 (/ Boden mit 250/0 Wasser bei 20" C in 24 Stunden bei vollem
Luftzutritt ausgeatmeten Kohlendioxyds:
Produzierte
Menge des
Kohlendioxydfi
Bodenschichte von 10 — 20 an. Keimzahl pro 1 g Boden 4,700.000 47'5 wg
„ 20- 30 „ „ „ 1 „ „ 3.529.000 49-7 „
„ „ 30— 50 „ „ .. 1 ,, „ 2.100.000 28-5 „
„ 50— 80 „ ,. „ 1„ „ 184.000 6-6 „
,, ,, 80—100 ,, ,, .. 1.. .. 95.000 2-3 ..
Die Atmungsintensität der Mikroorganismen (Auto- und Hetero-
trophen) aus 1 kg Boden mit 2570 Wasser in 24 Stunden bei 20" C in der
Aerobiose steht in einem gewissen Zusammenhange mit der Anzahl der
im Boden vorhandenen Bakterien.
Lenken wir vorerst unser Augenmerk dem Lehmboden von der Weide
zu, so sehen wir . daß die von den Mikroorganismen aus 1 hj Boden aus
einer Tiefe von 10 — 30 nw ausgeatmete Menge Kohlendioxyds 16'5 — IdAmg
beträgt. Bei einer Boden tiefe von 30 — bOcm sinkt dieselbe schon auf QS mg
und bei 50 — 80 cm Tiefe finden wir schon nur eine solche von 3"3 tng ;
bei einer Bodentiefe von 80 — 100 cm beziffert sich diese imr mehr auf 2'1 mg.
Metboden zur biochemischen Untersuchung des Bodens. i^59
Der Boden, welcher mit Klee bebaut wui'de, weist eine mehr als
doppelt so große Atmimgsiutensität auf. Hier belief sieh die von den
Mikroorganismen aus Ikg Boden aus einer Tiefe von 10 — ;)Ocm aus-
geatmete jNlenge des Kohlendioxyds lauf :)8-() oS'H y/<r/. Bei einer Boden-
tiefe von 30 — 50cm sinkt diese schon auf 2(y2m(/ und bei einer Tiefe
von 50 — 80 rw auf &)\)n(j. Bei einer Bodentiefe von ^0— WO cm beträgt
dieselbe nur mehr 2-1 mg.
Bei der Parzelle, welche mit Zuckeri-übe bebaut wurde, macht sich
eine staunenswerte Atmungspotenz der Bakterien bemei'kbar. Da belief sich
die von den ^Mikroorganismen aus \kg Boden aus einer Tiefe von 10 — 80 cw
ausgeatmete Menge des Kohlendioxyds auf 47-5 49"7?»^. war also fast
dreimal so groß als bei dem Lehmlioden , welcher als Weide diente. Bei
einer Tiefe von 80 — 50 cm betrug die Menge nur mehr 2S'bmg und bei
einer Tiefe von 50 — SO cm (yßing. Bei einer Bodentiefe von 80 — 100 cm
bezifferte sich die ausgeatmete Kolilendioxydmenge bloß auf 2;) mg.
Wie aus diesen Daten erhellt sinkt in den tieferen Boden-
schichten von 50 cm angefangen die Atmungsintensität der
Bakterien rapid und sind bei einer Tiefe von 80 — 100cm nur
mehr Spuren ausgeatmeten Kohlendioxyds zu konstatieren.
Diese geringen Mengen des ausgeschiedenen Kohlendioxyds (2 mg)
bewegen sich schon in den Grenzen eines Versuchsfehlers. Aus meinen
Versuchsresultaten läßt sich folgern, daß es bei der Atmungs-
intensität der Mikroorganismen im Boden eine große Holle
spielt, ob der Boden mechanisch bearbeitet, gedüngt und bebaut
ist oder nicht. Ferner ist es auch nicht gleichgültig, mit welcher
Gattung von Kulturpflanzen der Boden bestellt ist. Wir konnten
bei dem Boden, welcher mit Zuckerrübe bestellt war. eine
größere Atmungsenergie der Mikroorganismen beobachten, als
bei dem mit Klee bebauten. Das Kleefeld wurde drei Jahre nicht
geackert und gelockert und man konnte in diesem Boden ein
Sinken des Poren- uiid Luftgehaltes bemerken. Wir haben in allen
drei Böden die Luftkapazität bestimmt und gefunden:
1. Bei dem Lehmboden von einer Weide, welcher bis jetzt nicht
mechanisch bearbeitet, überhaupt nie gedüngt und nicht bebaut wurde,
war eine Luftkapazität von 5"8Vo ^u konstatieren.
2. Der Lehmboden, welcher gründlich mechanisch bearl)eitet. mit
künstlichen Düngemitteln gedüngt und mit Klee bebaut wurde, wies eine
Luftkapazität von 10'8*'/() auf.
8. Bei dem Lehmboden, welcher jedes .Jahr gründlich mechanisch
bearbeitet, mit Stallmist und künsthchen Düngemitteln gedüngt war und mit
Zuckerrül)e bebaut wurde, war eine Luftkapazität von 28-7"/o nachzuweisen.
Die gefundene Menge der Luftkapazität steht mit dei-
Menge des ausgeatmeten Kohlendioxyds im vollen Einklang.
Je größer die Luftkapazität, desto größer die A tmungsinten^ität
der Mikroorganismen im Boden.
gßO Julius Stoklasa.
Um uns nun zu überzeugen, ob die im Boden vorhandenen organi-
schen Substanzen für die Heterotrophen eine gute Kohlenstoffnähvquelle
sind, haben vär nachstehende \'ersuche ausgeführt: _
Von den früher erwähnten drei Bodenarten wurden Durchschnitts-
muster bis zu einer Tiefe von 30 cm genommen und darin der Kohlen-
stoff bestimmt.
I. Parzelle.
Der Lehmboden eines schwach sauren Charakters von einer Weide,
welcher bis jetzt nicht mechanisch bearbeitet, überhaupt nie gedüngt und
nicht bestellt wurde, enthält in der Feinerde l'98Vo Kohlenstoff.
IL Parzelle.
Der Lehmboden ein und desselben Ursprungs wie der von der an-
grenzenden Weide, nur mit dem Unterschiede, daß er gründüch mechanisch
bearbeitet, mit künstlichen Düngemitteln gedüngt und im Yersuchsjahr mit
Klee bebaut wurde, enthält in der Feinerde 2'04:'^/o Kohlenstoff.
in. Parzelle.
Der Lehmboden eines schwach alkaüschen Charakters, sonst aber ein
und desselben L^rsprungs wie der von der angrenzenden Weide, nur mit
dem Unterschiede, daß er jedes Jahr gründüch mechanisch bearbeitet, mit
Stallmist und künstlichen Düngemitteln, namentlich mit Kalk gedüngt und
im Versuchsjahr mit Zuckerrül)e ])ebaut wurde, enthält in der Feinerde
2-23Vo Kohlenstoff.
Von jedem einzelnen dieser drei Durchschnittsmuster wurde 1 kg
Boden weggenommen, in Glaszylinder geschüttet, und zwar entfielen
für jede Bodenprobe zwei Zylinder, also wurden für alle drei Parzellen
insgesamt sechs Zylinder angefertigt. AUe diese ZyUnder mit Boden wurden
bei Dampf im Autoklav gründüch sterilisiert und sodann bei 80° C getrocknet.
Von drei Zyündern wurde eine kleine Menge des Bodens herausgenommen
und darin der Wassergehalt bestimmt. Für die übrigen Zylinder wurden
10 g frischer Uindviehexkremente mit so viel destiUiertem und sterilem
Wasser (200 — 250 cm^) gemischt, daß die Bodenprobe in dem Atmungs-
zyünder 25"/o Wasser enthält. Natürüch wurde dann der Boden mit den
im Wasser vorhandenen Ptindviehexkrementen gut durcheinander gemengt.
10 g frischer Eindviehexkremente produzieren innerhalb 24 Stunden
nach 20tägiger Beobachtung, bei 20" C, bei Durchleitung von steriler Luft,
also in aerobiotischem Zustande durchschnittüch 14 »ig CO.,. bei Durch-
leitung von Wasserstoff, also in anaerobiotischem Zustande, durchschnittüch
8 mg ^CO,..
L Parzelle.
Lehmboden eines schwach sauren Charakters von einer Weide, welcher
bis jetzt nicht mechanisch bearbeitet, überhaupt nie gedüngt und nicht
bestellt wurde.
Methoden zur liioehemischeu UntcrsLioliuug des Bodens. yijl
Die ]\Ienge des von don ]\Iikroorj>anisineii (Auto- und Ileterotrophen)
in 1000 g sterilisiertem lioden. welcher mit Rindviehexkrementen gemischt
war und 25Vo Wasser enthält, bei 20" (- in 24 Stunden bei vollem Luft-
zutritt ausgeatmeten Kohlendioxyds betrug nach 20tägiger Beobachtung
durchschnittlich '2^-ij nuj, bei Durchleitung von Wasserstoit l.-'.)) mcj.
II. Tarzelle.
Lehmboden ein und desselben Ursprungs wie der von dfi' angren-
zenden Weide, nur mit dem Unterschiede, dal'i er gründlich mechanisch
bearbeitet, mit künsthchen Düngemitteln gedüngt und im \'ei-suchsjahr
mit Klee bebaut wurde.
Die Menge des von den Mikroorganismen (Auto- und Heterotrophcn)
in 1000 g sterilisiertem Boden, wekdier mit liindviehexki-ementen gemischt
war, und 25Vo Wasser enthält, bei 20" C in 24 Stunden bei vollem Luft-
zutritt ausgeatmeten Kohlendioxyds belief sich nach 20tägiger Beobachtung
durchschnittlich auf 36'5 w«/. bei Durchleitung von Wasserstoff auf 14;') mg.
m. Parzelle.
Lehmboden eines schwach alkalischen Charakters, sonst aber ein und
desselben L'rsprungs wie der von der angi-enzenden Weide, nur mit dem
l^nterschiede, dal» er jedes Jahr gründlich mechanisch bearbeitet, mit
Stallmist und künstlichen Düngemitteln, namentlich mit Kalk gedüngt und
im Yersuchsjahr mit Zuckerrübe bel)aut wurde.
Die Menge des von den Mikroorganismen (Auto- und Heterotrophcn)
in 1000^ sterilisiertem Boden, welcher mit Bindviehexkrementen gemischt
war und 25''/o Wasser enthält, bei 20" C in 24 Stunden bei vollem Luft-
zutritt ausgeatmeten Kohlendioxyds beträgt nach 20tägiger I>eobachtung
durchschnitthch 6S'2 mg .^ bei Durchleitung von Wasserstoff '211mg.
Trotzdem der Kohlenstoffgehalt aller H Parzellen fast
gleich ist, denn er betrug bei der I. Parzelle l-98<'/o. bei der
IL 2-04"/o und bei der IIL 2-23o/o^ ergeben sich doch bedeutende
Unterschiede in dem chemischen Charakter dei' organischen
Substanzen.
Hier ist zu ersehen, daß die organischen Sui)stanzen sich
nicht immer zu einer gleich guten Kohlenstoffnähniuelle für
die Mikroorganismen eignen. Wir fanden, daß bei der L Parzelle
die Menge des ausgeatmeten Kohlendioxyds binnen 24 Stunden
bei vollem Luftzutritt 286 w^, bei der H. Paizelle Mh mg und
bei der HL Parzelle 682 mg beträgt. Die Menge des von den
Mikroorganismen in verschiedenartigen frischen Böden ausge-
atmeten Kohlendioxyds ist noch immer kein sicheres Kriterium
für die Abbaufähigkeit der organischen Substanzen im Boden.
Erst dann, wenn man die Bakterien und Schimmelpilze im
Boden durch gründliches Sterilisieren vernichtet und hierauf
den sterilisierten Boden mit der gleichen Menge von Bakterien
gß2 Julius Stoklasa.
derselben Virulenz impft, ist es möglich, aus der Menge des aus-
geatmeten Kohlendioxyds auf die Abbaufähigkeit der organi-
schen Substanzen zu schließen.
Ich lasse hier noch andere Yersuchsresultate folgen.
1. Ein fetter undurchlässiger Tonboden mit einer Luftkapazität
von 0-6Vo-
In der Feinerde befanden sich l'ßS^/o Kohlenstoff.
Die von den Mikroorganismen aus 1 kg dieses Bodens mit 25Vo Wasser
bei 20'^ C in 24 Stunden bei vollem Luftzutritt ausgeatmete Menge des
Kohlendioxyds beträgt 8'2 mg.
Wemi man zu 1 l-g sterilen Rodens 10 g Rindviehexkremente zu-
setzt, so werden bei vollem Luftzutritt innerhalb der gleichen Zeit und
Temperatur 14 mg Kohlendioxyd ausgeatmet.
2. Ein diluvialer Lehmboden mit einer Luftkapazität von 7'3''/o.
Die Feinerde enthielt 212Vo Kohlenstoff.
Die von den Mikroorganismen aus 1 kg Boden mit 25% Wasser bei
20" C in 24 Stunden bei vollem Luftzutritt ausgeatmete jSIenge des Kohlen-
dioxyds beläuft sich auf 14'6 mg.
Nach Zusatz von 10 g Bindviehexkrementen zu 1 kg des sterilen
Bodens werden bei voUem Luftzutritt innerhalb der gleichen Zeit und
Temperatur 27*8 mg Kohlendioxyd ausgeatmet.
o. Ein angeschwemmter Boden mit einer Luftkapazität von 18"2°/o-
Der Kohlenstoffgehalt der Feinerde beträgt l*73o/o.
Die von den Mikroorganismen aus 1 kg dieses Bodens mit 25%
Wasser bei 20" C in 24 Stunden bei voUem Luftzutritt ausgeatmete Menge
des Kohlendioxyds bezifferte sich auf 36'6 mg.
Als zu 1 kg sterilen Bodens 10 g Rindviehexkremente zugesetzt
wurden, sind binnen derselben Zeit und Temperatur bei vollem Luftzutritt
59'8 mg Kohlendioxyd ausgeatmet worden.
Die gewonnenen Resultate sind gewiß äußerst interessant. Der fette,
undurchlässige Tonboden enthält organische Substanzen in schwer abbau-
fähigen Formen. Wir fanden, daß die Produktion an Kohlendioxyd in
24 Stunden vor und nach der Impfung die gleiche blieb. Der diluviale
Lehmlioden enthielt fast dieselbe Menge Kohlenstoff wie der fette, undurch-
lässige Tonboden, doch waren daselbst die organischen Substanzen in leichter
abbaufähigeu Formen anwesend, als in dem ersteren Boden. Vor der
Impfung wurden nach 24 Stunden 14*6 mg Kohlendioxyd produziert, welche
Menge durch die Impfung auf 27*8 mg gestiegen ist. Daraus läßt sich
scliließen, daß im Boden vor der Impfung wTuig aktive Bakterien zugegen
waren. Der angeschwemmte Boden mit einer Luftkapazität von 18"2°/o
enthielt organische Substanzen in leicht abbaufähiaen Formen, trotzdem
dessen Kohlenstoffgehalt fast derselbe war wie beim fetten, undurchlässiüen
Tonboden. Wir konnten hier binnen 24 Stunden eine Kohlendioxydpro-
duktion im uugeimpften Boden von 36'6 mg, bei dem geimpften Boden
von 59"8 mg konstatieren.
Methodeu zur biochemischen Untersuchung des Bodens. 853
Die starke Produktion an Kohleiidioxyd ist ein Dokument, daß im
Boden nicht nur leicht abbaufäliige ori>anische Substanzen vertreten sind,
sondern daß dort die Bakterien in voller Aktivitiit voi-handen sind.
Ich betone hier noch, daß die Menge des ausgeatmeten KohlciKÜoxyds
pro 24 Stunden eine Durchschnittszahl nach 20t;igi<>er P>eoba(htung' ist.
In der Intensität der Atmung' der Mikroorganismen im Boden sind,
wie bereits erwähnt, auffallende Verschiedenheiten zu konstatieren, und
ZAvar hängen diese, wie wir gesehen haben, von gewissen Faktoren,
namentlich von der Menge und Qualität sowie Aktivität der
Bakterien und von der Quantität und Beschaffenheit der or-
ganischen Substanzen im Boden ab.
Setzt man nun den FaU, daß die in 1 kg Ackerkrume bis zu einer
Tiefe von 40 cm enthaltenen Mikroorganismen innerhalb 24 Stunden nur
15 mg CUa ausatmen (welche Quantität bei Waldböden und Gartenböden
bis viermal größer ist), so ergibt sich bei einer Lehmbodenmasse von
5,000.000 kg, die 1 ha Ackerboden von einer Schichthöhe von 40 cm durch-
schnitthch wiegt, ein von diesen Organismen ausgeatmetes Kohlendioxyd-
quantum von 75 kg pro Tag, was, wenn man nur 200 Tage im Jahr
rechnet, an welchen die Temperatur eine mittlere Höhe von 15" C er-
reicht, 150 Meterzentner oder 7,500.000 / Kohlendioxyd in dieser Zeit
ausmacht. Die von den Bakterien ausgeatmeten großen Quantitäten Kohlen-
dioxyds wirken bei der Herstellung der für den ..garen" Boden besonders
eigentümhchen feinkrümehgen Struktui- mit. Diese Daten lassen somit
keinen Zweifel über die Wichtigkeit zu, welche der Atmung der Mikro-
organismen bei der Bildung des Kohlendioxyds im Boden zukommt.
Nimmt man weiter an. daß die Schichte des Bodens bei einer Tiefe
von oO cm ein Gewicht von 4,000.000 kg aufweist, so kommt 1 kg Boden
fast mit r5 l Kohlendioxyd in Berührung.
Das vom Bodenwasser absorbierte Kohlendioxyd ül)erführt langsam,
aber nachhaltig die im Wasser schwerlösüchen Di- Tri- und Tetraphos-
phate in wasserlösliche Verljindungen der Phosphorsäure.
Die wasserunlöslichen KaUum-, Natrium-, Kalzium- und Magnesium-
Silikate werden ebenfalls in wasserlösliche Formen umgewandelt.
Auch die chemische Zusammensetzung der Drainwässer liefert uns
einen Beitrag zur Erkenntnis der biologischen Vorgänge im Boden.
Ich führe hier einige Beispiele an über die Wirkung der Sekrete der
Auto- und Heterotrophen auf das Löshchwerden der im Boden vorhandenen
Phosphate.
Zum Studium wurden folgende Böden herangezogen:
I. Angeschwemmter Lehmboden von Poliöka. entstanden aus der
Urgebirgsf or m a t ion.
Die Ackerkrume in der Feinerde enthielt an in Salzsäure löslichem
CaO = 0-02:3Vo,
P, O5 = 00240/0.
Außerdem enthielt der Boden Spuren von CO«.
gß4 Julius Stoklasa.
In einer 2%igen Cß Hg O^-Lösunii' werden aufgelöst:
von Po O5 = 0-008 Vo,
Kohlenstoff = l-TP/o-
Der Untergrund in der Feinerde enthielt an in Salzsäure löslichem
CaO = 0-31 0/0,
P2 O5 = 0-036 «/o.
Nebstdem enthielt der Boden Spuren von CO.,.
IL Tonboden von Kouf im (in der Richtung gegen Schwarz-Kosteletz),
entstanden aus der Urgebirgs- und Permformation.
Die Ackerkrume in der Feinerde enthielt an in Salzsäure löslichem
Ca 0 = 0-594«/o,
P2O, = 0-087o/o,
Außerdem enthielt der Boden Spuren von CO.2.
In einer 2''/oig'^ii Cg Hg O^ -Lösung werden aufgelöst:
von P. 05 = 0-0074 Vo-
Kohlenstoff 119Vo-
Der Untergrund enthielt in der Feinerde an in Salzsäure löshchem
CaO=0-630«/o,
P., 05= 0-125 Vo-
Außerdem enthielt der Boden Spuren von CÜg.
III. Angeschwemmter Kalkboden von Leitomischl.
Die Ackerkrume enthielt in der Feinerde an in Salzsäure löslichem
Ca() = 11-34 7o,
P,05== O-2260/o.
Nebstdem enthielt der Boden 8-12Vo = C02.
In einer 2^ioigen CeHgO^-Lösung werden aufgelöst:
von 1^05 = 0-019%.
Kohlenstoff 0-94Vo-
IV. Humusboden von Podebrad (in der Richtung gegen Königstadtl).
Die iVckerkrume enthielt in der Feinerde an in Salzsäure löslichem:
Ca 0 = 0-23 7o,
P., 0^ = 0-008 Vo.
Der Boden enthielt auch 0100« 0 = CO.,.
Kohlenstoff 5-54Vo-
Zur chemischen Analyse wurden stets 10 — 20 l Wasser abgedampft.
In 100.000 ^r Drainwasser waren folgende Quantitäten von Phosphor-
säureanhydrid enthalten :
I. Aus dem angeschwemmten Lehmboden der Urgebirgsformation
von Poheka 0062(7.
IL Aus dem Tonboden der Urgebirgsformation von Koufim 0-042 (/.
III. Aus dem Kalkboden von Leitomischl 0*070 </.
IV. Aus dem Humusboden von Podebrad 0101 (7.
1
Methoden zur biochemischeu Untersuchung des Bodens. 855
Nimmt man nun im allgemeinen eine dniThschnittliche Menge Drain-
Avasser von 0-27 / pro Sekunde und Hektar Ackerboden an. so wurden
in den von uns hier zitierten Phallen in 360 Tagen pro Hektar den ver-
schiedenartigen Böden durch die Drainwässer (das sind 8.:i9^^.0S0 / Wasser)
an Phosphorsäureaidiydrid entzogen :
Im Falle I — 5207 %
H = 3 5 2 7 „
„ .. HI = 5-879 ..
,, ,. IV = 8-482 „
Die bedeutendsten Quantitäten an Phosphorsäureanhvdiid wurden
dem Humusboden von Podebrad durch die Drainwässer entzogen. Wenn
man die Atmungsintensität der Bakterien in diesem I)oden beobachtet, so
findet man. dalj die in \ kfj/ Boden vorhandenen Mikroorganismen in
24 Stunden bei einer Temperatur von 15** C und einem Wassergehalte
von 25% nach 20tägiger Beobachtung durchschnittlich 56 w^ CO., aus-
atmen. Der Humusboden enthält auch die größte Menge Kohlenstoff, und
zwar 5-54%. Die Drainwässer des Kalkbodens von Leitomischl und des
angeschwemmten Lehmbodens der Urgebirgsformation von Poliöka weisen
fast die gleichen Quantitäten von Phosphorsäureanhydrid auf; der Kohlen-
stoffgehalt hingegen ist ein verschiedener. Der Kalkboden enthält 0-94''/o>
der Lehmboden l-71''/o. also der letztere beinahe eine doppelt so große
Menge. Auch die Atmungsintensität der in den betreffenden Böden ent-
haltenen Bakterien variiert ungemein. Wir fanden, daß von den Bakterien
in 1 k(/ Kalkboden in 24 Stunden bei \ö°C und einem Wassergehalte von 250/0
nach 20tägiger Beobachtung durchschnitthch ?)6 mg CO2 in 1 % Lehmboden
unter den gleichen A'erhältnissen 24 mg C( ).2 ausgeatmet werden. Der Ton-
boden, welchem durch die Drainwässer die kleinste Menge Phosphorsäure-
anhydrid entzogen wui'de, enthielt 1-19% Kohlenstoff, also mehr als der
Kalkboden. Die Atmungsintensität der in diesem Boden vorhandenen
Bakterien ist jedoch verhältnismäßig eine geringe. Die Mikroorganismen
in 1 kg des bezüglichen Bodens atmen in 24 Stunden bei einei- Tempe-
ratur von 15" C und einem Wassergehalte von 25'J/o lo mg CO. aus.
Aus diesen Resultaten läßt sich folgern, daß bei der Be-
urteilung der biologischen Tätigkeit der Mikroorganismen im
Boden nicht die Menge der organischen Substanzen (respek-
tive der Kohlenstoffgehalt), sondern die Atmungsintensität der
im Boden vertretenen Bakterien maßgebend ist. Die Atraungs-
intensität beweist, daß im Boden nicht nur eine i)eträchtliche
Menge aktiver Bakterien, sondern auch leicht abbaufähige
organische Substanzen vorhanden sind. 1)
1) Ich verweise hier auf meine Arbeit, betitelt „Methoden zur Bestimmun? der
Exkrete bei der Atmung der Bakterienzelle", Abderhaldens Handbuch der biochemischen
Arbeitsmethoden, 1910.
Abderhalden. Handbuch der biochemischen Arboitsmethodeu. V. 55
866
Julius Stoklasa.
VII. Methoden zur Bestimmung der Atmungsintensität der
Bodenbakterien und der Abbaufähigkeit der organischen Sub-
stanzen im Boden nach Julius Stoklasa.
Der Hauptbestandteil des AiTangemeiits der zu diesen Experimenten
verwendeten Apparate, das ist der in Form einer großen Eprouvette ge-
wählte Glaszylinder (Versuchszylinder von 40 — 45 cm Höhe und 7 cm Licht-
öffnung), mit der zu untersuchenden Bodenprol)e wird im Thermostaten
untergebracht (siehe Fig. 217).
In einer Entfernung von etwa bcm von dem kugelkappenförmigen
Boden des Zylinders wird ein auf einer aus starkem Eisendraht herge-
stellten, dreifui'iähnlichen Stütze ruhendes, kleiidöcheriges Sieb aus Eisen-
blech angebracht. Auf diesem Sieb befintlet sich eine 2 mm hohe Schichte
Fig 21
noH noH Hg
von Watte. Auf das Sieb mit der BaumwoUe werden die dem x4tmung-s-
versuch zu untei'werfenden Bodenproben in Irischem Zustande in ganzen
Stücken ca. 1 kg schwer geschüttet.
Man verschafft sich ein gutes Durchschnittsmuster eines Bodens im
Gewichte von mindestens 6 — 8%, welches gut aufbewahrt wird, um da-
mit mehrere Versuche anstellen zu können. Das Gewicht des zu unter-
suchenden Bodens wii-d in der Weise genau festgestellt, daß man zuerst
von der (ilaseprouvette das Gewicht bestimmt und ca. 1 kg frischen Bodens in
die Röhre gibt und noch einmal abwiegt. Bevor man in die Bohre den
Boden gibt , wii-d in diesem eine Wasserbestimmung vorgenommen und
dann dem Boden im Versuchszylinder so viel Wasser zugesetzt, daß er
20 — 250/0 Wasser enthält. Der Eprouvettenmund wird mit einem, zwei
Bohrungen tragenden Kautschukpfropfen geschlossen. Durch die eine Boh-
rung wird ein Glasrohr vom Liebigschen Kühler geführt, dessen inneres
Methodoii zur hiochemischon T'iitersuclmng des Bodens. J^67
Ende knapp unterhalb des Pfropfens mündete. DuitIi das zweite I'.ohrloch
des Pfi-opfens geht ebenfalls eine rechtwinkelig- gebogene llöhre. welche
jedoch durch das Sieb hindurch bis an den F.oden des eprouvettenartigen
N'ersuchszylinders reicht. Behufs vollkommeu hermetischen Abschlusses des
Versuchszylinders nach aulleii werden der Pfropfen sowie die P)ohrlöchei'.
durch welche das Zu- und Abführroiir •gingen, mit Pai-affin sorgfältig
vergossen.
VIII. Die anaerobe Atmung der Bakterien im Boden.
(Siehe Fig.;217.)
Zu diesen Versuchen wird ein Apparat benutzt, dei- wie folgt arran-
giert ist.
Der dem Kipp^cheji Apparate entströmende Wasserstoff passiei't zu-
nächst die mit destilliertem Wasser beschickte Waschflasche HoO. dann
die U-PtöhreCuÜ, welche Kupferoxyd enthält, sodann eiue mit konzen-
trierter Natriumhydroxydlösiuig gefüllte Drcchselscho Waschflasche Na Oll
und weiter eine ebensolche dritte und vierte, welche eine alkalische Lösung:
von Pyrogallussäure (5.(/ Pyrogallussäure in 15 cm^ Wasser undTi^) 7 K( )II
in 80 cm3 Wasser) enthalten, und schhelilieh eine- fünfte Flasche, welche
mit 0-50 oiger Sublimatlösung HgCla beschickt ist. Das Wasserstoffgas
passiert weiter den WinklerM-hcn Absorptionsapparat, in welchem sich
Schwefelsäure befindet.
Den 40 - 50 ny? hohen Zyhnder von 7 — P, cm Durchmesser schliel'it
ein gut dichtender Kautschukpfropfen , dei' 4 cm tief in den Zylinder
hineinragt.
Durch den zweimal gebohrten Pfropfen führen zwei (ilasröhren. \(»n
denen die zuleitende bis mihe an den Boden des Zylinders reicht, während
die ableitende des Liebi(/schQn Kühlers den unteren Rand des Pfropfens
um 5cm überragt. Sie stellen die \'erl)in(lung mit zwei kleinereu. 11 cm
hohen Zyhnderu von 5 cm Durchmesse]- her, die eine 2- 4 cm hohe (^)ueck-
silberschicht enthalten.
In dem kleinen Zylindei'. in den die Ableitungsrohre führt, mündet
eine knieartig gebogene, mit einem Ablalihahn versehene Bohre, die in
das Quecksilber eintaucht. Die in Quecksilber tauchemlen Böhreiiteile sind
mit sterilisierter Baumw^olle gefüllt. Dasselbe gilt von der in die kleim'U
Zyhnder hineinragenden Mündung des Zuleitungs- und Ableitungsrohres.
Das Ableitungsrohr reicht bis in das Queck>ili)er des zweiten, kleineren
Zylinders und ist ebenfalls mit stei-ilisierter Baumwolle gelullt.
Außer dem Rohi-e münden, wie schon erwähnt, noch zwei andere,
knieartig gebogene, mit Hähnen versehene Bohre in diesen Zylinder: das
eine verbindet ihn mit dem Absorptionsapparate, während das amlere zum
Heraustreiben des eventuell noch ^zurückgeblielxMH'U Kohlendio.wds dient.
Die Gase passieren nach dem Austritt aus dem Zylinder zuerst
einen Winklerschon Absorptionsapparat (IL.SOj. der mit konzentrierter
gßg Julius Stoklasa.
SchAvefelsäure gefüllt ist , dann ein 25 cm hohes , 2'5 cm weites U-Rohr
(CU8O4) mit Kupfervitriolbimsstein, ferner ein zweites U-förmiges Rohr
(Ca CI2) . welches Chlorkalzium enthält , das häufig erneuert wird. Das
völlig getrocknete Kohlendioxyd passiert zuerst eine U-Röhre, welche mit
ausgeglühtem Natronkalk gefüllt ist , sodann den mit Kahumhydroxyd
(Lösung 2 : 3) gefüllten Geissler^Qh^n Apparat. Um die aus diesem ent-
weichende, ganz unbedeutende Menge Wassers und Kohlendioxyds aufzu-
fangen, sind weiter mit festem Kahumhydroxyd und Kalziumchlorid ge-
füllte U-Rohre (Ca CI.2 -I- KOH) vorgelegt. Weiter rückwärts befindet sich
noch ein U-förmiges Schutzrohr, dazu bestimmt, in der Luft enthaltenes
Kohlendioxyd (und Feuchtigkeit) zu absorbieren. Es ist mit Kalzium-
chlorid und Kaliumhydroxyd gefüllt und mit dem Aspirator ver])unden.
Die Apparate, und zwar die U-Rohre mit Natronkalk, sowie der Geisslev&ohQ
Apparat KOH und die U-Rohre Ca CI2 -1- KOH werden vor und nach dem
Durchleiten der Gase gewogen. Hier ist noch zu bemerken, daß der zur
anaeroben Atmung benutzte Wasserstoff oder Stickstoff vor dem Abwiegen
der Absorptionsapparate mittelst Durchleitung kohlendioxydfreier Luft ent-
fernt werden muß. Hierzu dient, wie aus der lUustration ersichthch, ein
spezieUes Arrangement der Apparate.
Die Zylinder samt den Pfropfen sowie auch ein Teil der Rohre tauchen
in einen doppelwandigen kupfernen Thermostaten, der mit zwei Thermo-
metern und einem genauen Thermoregulator sowie auf beiden Seiten mit
Glasscheiben versehen ist, um durch letztere die Vorgänge in den Zyhndern
verfolgen zu können. Die Zyhnder samt Pfropfen und zugehörigen Rohren
sowie der Kühler werden sterilisiert.
Die Pfropfen der Zylinder werden durch Übergießen mit geschmol-
zenem Paraffin vöUig undurchlässig gemacht. Die oberen Öffnungen des
kupfernen Thermostaten werden voUständig mit Watte verstopft, die mit
Karbolsäure imprägniert ist.
Der mit Wasser gefüUte Thermostat ist durch Türen verschlossen,
so dal) der Zutritt von Licht verhindert erscheint. In 24 Stunden werden
20 / vom chemisch reinen keimfreien Wasserstoff durch die Zylinder durch-
getrieben. Bei dieser Konstruktion der Apparate läßt sich die Temperatur
bis auf 40° C steigern.
IX. Die aerobe Atmung der Bakterien im Boden.
(Siehe Fig. 218.)
Die x4nordnung der Versuchsapparate für die aerobe Atmung der
Bakterien im Boden wird in derselben Weise durchgef ülirt , wie das bei
der anaeroben Atmung der Fall war, nur mit dem Unterschiede, daß an-
statt Wasserstoff kohlendioxyd-. Salpetersäure-, ammoniak- und keimfreie
Luft in die Atmungsapparate geleitet wurde. Die Luft passiert zuerst
einen Zylinder mit sterilisierter BaumwoUe, dann die Drechseho^iQW Wasch-
flaschen, von denen die erste mit konzentrierter Sublimatlösung, die
Methoden zur biocliemisclieu üntcrsucliuu<r des Bodens.
869
zweite, dritte und vierte mit konzentrierter Kaliumliydroxydlösun«: und die
fünfte mit sterilem destilliertem Wasser beschickt ist.
Nach den Drechseischen Flaschen folj^^t der WinklerachQ Absoi'ptions-
apparat. Die kohlendioxyd-, Salpetersäure-, ainmoniak- und keimfreie Luft
wird durch kleine Zyhnder l)is auf den Boden des Atmunjisapparates i^e-
leitet. Das ausgeatmete Kohlendioxyd geht aus den kleinen Quecksilber-
zylindern durch den Lie%schen Kühler zuerst in einen M'inklerücheJi
Absorptionsapparat, der mit konzentrierter Schwefelsäure gefüllt ist, dann
in ein 25 cm hohes, 2"5 cm weites U-Rohr mit Kupfervitriolbimsstein, ferner in
ein zweites U-f örmiges Rohr, welches Chlorkalzium enthält, das häufig erneuert
wird. Das vöUig getrocknete Kohlendioxyd wird von Natronkalk in dem U-Rohr
Fig. 218.
HqCI,
nOH
H,50^ //y
und von Kaliumhydroxyd (Lösung 2:3) im G^ei/?Zf;rschen Apparat absorbiert.
Um die aus diesem entweichende, ganz unbedeutende Menge Wasser aufzufan-
gen, sind weiter mit festem Kaliumhydroxyd und Kalziumchlorid gefüllte U-Kohre
vorgelegt. Weiter rückwärts befinden sich noch zwei U-förmige Schutzrohre,
dazu bestimmt, in der Luft enthaltenes Kohlendioxyd (und Feuchtigkeit)
abzuhalten. Sie sind mit Kalziumchlorid und Kaüumhydroxyd gefüllt und
mit dem Aspirator verbunden. Die Al)sori)tionsapparate. und zwar die
beiden U-Rohre, gefüUt mit Natronkalk und Kalziumchlorid, sowie der
Geißlersche Apparat wurden vor und nach dem Durchleiten gewogen. Die
großen Chlorkalziumrohre, welche sich nach dem Rohi- mit Bimsstein be-
finden, müssen voi-her mit Kohlensäure behandelt werden, damit nicht
etwa basisches Salz darin ist. welches dann die Kohlensäure aufnimmt
(siehe Fig. 218).
870 Julius Stoklasa.
Ausführung des Atmungsversuclies.
Die aerobe und anaerobe Atmung der Bakterien und Schimmelpilze
im Boden muß mindestens 20 Tage verfolgt werden. Täglich werden wenig-
stens 20 l Wasserstoff oder kohlendioxyd-. ammoniak-, Salpetersäure- und
keimfreie Luft durch den Atmuiigsapparat bei einer Tempei-atur von
20 — 40" C geleitet. Durch diese Prozedur wird festgestellt, wieviel Kohlen-
dioxyd von den in 1 kg Boden enthaltenen Mikroorganismen bei konstanter
Temperatur und Feuchtigkeitsgrad ausgeatmet wird. Diese ausgeatmete
Menge des Kohlendioxyds zeigt uns 1. dalj aktive Bakterien im Boden
vorhanden sind, und 2. daß wir entweder auf große oder kleine Mengen
abbaufähiger Kohlenhydrate im Boden rechnen können.
Um über die Beschaffenheit und Abbaufähigkeit der organischen
Substanzen ein genaues Bild zu erhalten, wird der Boden sterilisiert.
Zwei Zylinder werden genau mit 1 hj Boden gefüllt , dann die Zylinder
samt dem Boden bei Dampf im Autoklav gründhch sterilisiert und hier-
auf bei 80" C getrocknet. Von einem Zylinder wird eine kleine Menge
des Bodens herausgenommen und darin der Wassergehalt bestimmt. In
dem anderen Zyhnder werden 10^ frischer Kindviehexkremente mit so
viel destilliertem und sterilem Wasser (200 — 250 cm^) gemischt, daß die
Bodenprobe in dem Atmungszylinder 25"/o Wasser enthält. Dann werden
die Kindviehexkremente mit dem Boden in den Versuchszylindern gut
durcheinander gemengt. In einer durchschnittlichen Probe der frischen Kind-
viehexkremente wird die Kohlendioxydproduktion in 24 Stunden, nach
20tägiger Beobachtung, bei Durchleitung von steriler Luft, und reinen
Wasserstoffs festgestellt.
Es werden gewöhnlich pro 10 g frischer Kindviehexkremente in
24 Stunden bei 20" C bei Durchleitung von Luft V6—\lmg COo, bei
Durchleitung von Wasserstoff 6^ — li) mg COg produziert.
l>ei diesen Versuchen muß man streng beobachten, welche Keaktion
der Boden vor dem Versuche hat. Die absorptiv ungesättigten Böden von
humidem Gebiete, welche reich an Humus und kolloidalem Ton sind,
besitzen gewöhnlich einen sauren Charakter. Bei solchen Böden ist die
Atmungspotenz der Mikroorganismen, trotzdem diese Böden in vielen Fällen
abbaufähige organische Substanzen enthalten, doch nicht so groß und läßt sich
durch Zusatz von Kalziumkarbonat, und zwar 10 — 25 </ auf 1 Ä-^^ Boden erhöhen.
Die organischen Säuren werden neutralisiert und die Bakterien in ihren
Stoffwechselprozessen durch die organischen Säuren nicht beeinträchtigt.
Bei den absorptiv gesättigten, also neutral reagierenden oder alkali-
schen Böden sind die organischen Substanzen fast immer in einer abbau-
fähigen Form vorhanden: namentlich bei gut mechanisch bearbeiteten
und gut gedüngten Ackerböden arider Gebiete ist dies stets der Fall.
Die Kohlensäure der Bodenluft.
Die Menge der freien Kohlensäure in ein und derselben Bodenparzelle
in verschiedenen Tiefen und auf verschiedenen Seiten ist eine ungleiche.
Methodcu zur biochemischen Uutersuchung des Bodens. g71
Nach dem gefuiKleiion Quantum freier Kohlensäure in der I'odenlult lälit
sich auf den Grad und die Intensität der Fäuhiis])rozessi' in den ver-
schiedenen Bodentiefen schliel'ten. Zur Asjjii-ation der liodcnhift werden
enge Bleiröhri'U benutzt, welche in ein mit dem Ki'dhohrer getertigtes Loch
bis zur erwünschten Tiefe eingelassen weixlen. Die Wegnahme der (ias-
probe mit den Saugvorrichtungen geschieht nach bekannten .Methoden.
Die Bestimmung der Kohlensäure in der Bodenluft erfolgt unter
Anwendung von titriertem Barytwasser zur Al)sorption. Normaloxalsäure
zum Piiicktitrieren und Phenolphtalein als Indikator. Diese titi-imetrische
Bestimmung wird mit W. Hesses Apparat i) vorgenommen.
X. stickstoffbedarf der Mikroorganismen im Boden.
Ohne Stickstoff können sich die Mikroorganismen im Boden nicht
entwickeln. Alle Organismen enthalten EiweiU. und EiweiU ist ohne Stick-
stoff nicht denkbar.
Der Stickstoff kommt im Boden 1. als elementare]- Stickstett. -J. als
Stickstoffmonoxyd, 3. in Form von Stickstofftrioxyd, 4. als Stickstoffpentoxyd,
5. in Form von Ammoniak und 6. in Form von stickstoffhaltigen organi-
schen Verbindungen vor.
Im Boden befinden sich die stickstoffhaltigen organischen Verbindungen
aus der Gruppe der echten Eiweißkörper, und zwar die Albumine, Globuhne und
Nukleoalbumine, aus der Gruppe der Proteide die NukleoproteVde und Hämo-
globine. Ferner sind noch Monoaminosäuren. Diaminosäuren etc. vertreten.-)
Die mit Fäzes verunreinigten Städteböden, sowie die mit Stallmist
reichlich gedüngten Böden enthalten Harnstoff, weiter Abbauprodukte der
Purinbasen und zwar Xantin. Hypoxantin, Guanin. Adenin und Harnsäure.
Auch Fäulnisprodukte, wie Indol und Skatol, sind in solchen Böden vorhanden.
Der Stickstoff wird von den autotrophen Mikroorganismen in Form
von Ammoniak, Stickstofftrioxyd, Stickstoffpentoxyd, Stickstoffmonoxyd
und kleinen Mengen stickstoffhaltiger organischer Sui)stanzeii (rh(»s])hatiden.
Polypeptiden und Aminosäuren) assimiliert.
Die Aufnahme des Stickstoffs durch die Heterotropheii geht bei den
Nitroüenorganismen durch den elementaren Stickstoff und Stickstoffmon-
oxyd aus der Bodenluft, bei den Ammoniakorganismen hauptsächlich (biicii
Ammoniak, bei den Nitratorganismen meistens durch Salpetersäure, bei
den Nitritorganismen größtenteils durch die salpetrige Säure vor sich.
Die Peptonorganismen und EiweiCiorganismen zersetzen die stickstoff-
haltigen organischen Substanzen und es bihh't sich als Fndprodukt Ammoniak.
Als Zwischenprodukte entstehen (dykokoll. Aminovaleriansäure, Leuzin. Prolin,
') Siehe Clemens Winklet^ Lehrbuch der technischen Gasanalyse. Vcrloü: von
Arthur Felix, Leipzig li)lL
=) ^'. L. Jodidi (Journal Americ. Chem. See. 31, 396) gibt die Methode an, die es uns
ermöglicht, die Hauptmeuge des im Boden vorhandenen Stickstoffs in Form von Di-
aminosäuren und Monoaminosäuren zu bestimmen. Kach seinen Untersuchungen ist der
Stickstoff in den vorerwähnten Formen immer vertreten.
g72 Julius Stoklasa.
Phenylalanin. Glutaminsäure, Asparai;(insäure , Tyrosin. Lysin. Arginin,
Histidin, Tryptophan, Indol, Skatol. Mono-. Di- und Trimethylaniin und
Guanidin. In dem Boden werden die stickstoffhaltifjen organischen Sub-
stanzen in An- und Al)\vesenheit von Sauerstoff zersetzt. Die Oxydations-
vorgänge der stickstoffhaltigen organischen Substanzen werden kurzweg als
Oxydationsgärungen bezeichnet. Die tiefe Spaltung der stickstoffhaltigen
organischen Substanzen geht bei Sauerstoffabschlulj vor sich und es kommen
die Fäulnisprozesse zum Vorschein. Die Bestimmung des Grades der
Wandlungen der stickstoffhaltigen organischen Substanzen erfolgt entweder
bei Sauerstoffzutritt oder Sauerstoffabschluß.
XI. Die Oxydationsvorgänge der stickstoffhaltigen organischen
Substanzen im Boden.
Zu diesen Experimenten nimmt man wieder zwei Glaszylinder von
40 — 45 cm Höhe und 7 cm im Durchmesser und gibt in jeden davon von einem
Durchschnittsmuster 500 g eines frischen Bodens, der von Steinen befreit war.
In der Bodenprobe wird die Trockensubstanz und der Gesamtstick-
stoff nach Jodlbauer-Kjeldahl bestimmt. Zu dem Inhalt eines jeden ZyUnders
wird so viel Wasser zugesetzt, dalj die Bodenprobe 30 "/o Wasser enthält.
In diesem Wasser befinden sich 10 cm^ einer gleich stark entwickelten
und virulenten Kultur von Bacillus mycoides. Ein Zylinder davon mit
dem Boden wird sterihsiert und durch den anderen unsterihsierten werden
binnen 24 Stunden 20 l kohlendioxyd-, Salpetersäure-, ammoniak- und keim-
freie Luft geleitet. Die Anordnung der Apparate ist so, wie in Fig. 218 ver-
anschauhcht ist. Der ganze Prozeß verläuft bei 27° C 30 Tage lang. Nach dieser
Zeit werden die Zylinder geöffnet, der Inhalt eines jeden einzelnen in einen
Zweiüterkolben gegeben, mit destilhertem ammoniakfreiem Wasser verdünnt
und gut durcheinander gemischt. In 500 — 750 cm^ des klaren Filtrates
wird Ammoniak mit gebranntem Maonesiumoxvd abdestilliert. Das ent-
weichende Ammoniak wird in einer Vorlage mit titrierter Vio-^ormal-
schwefelsäure aufgefangen.
Ich führe hier einige Versuche an, welche mit verschiedenartigen
Böden angesteUt wurden. Die Versuchsresultate sind auf 1000^ Trocken-
substanz des Bodens berechnet.
1. Stadtboden von Prag vor der Kanahsation. Gesamtstickstoffgehalt
2-41 g. Während des Prozesses, der 30 Tage lang währte, bildeten sich
0'524 g Stickstoff in Form von Ammoniak. Die gebildete Menge des Stick-
stoffs in Form von Ammoniak aus dem Kontrollzylinder betrug 0098 g.
Die durch die Tätigkeit der Bakterien aus den stickstoffhaltigen organischen
Substanzen gebildete Menge Stickstoffs in Form von Ammoniak beträgt
0-426^. Vom Gesamtstickstoff bildeten sich daher 17-677o Stickstoff in Form
von Ammoniak.
2. Waldboden. Gesamtstickstoffgehalt l"45f^. Während des Prozesses,
welcher 30 Tage lang dauerte, bildeten sich 020 g Stickstoff in Form
Methoden zur biochemischcii Uiitcisuchuiig des Bodens. 873
von Ammoniak. Die gebildete Menge des Stickstoffs in Form von Ammoniak
aus dem Kontrollzylinder bezifferte sich auf 0-078 </. Die durch die Tätig-
keit der Bakterien aus den stickstoffhaltigen organischen Substanzen ge-
bildete Menge Stickstoffs in P'orm von Ammoniak beläuft sich auf 0-122 .7.
Vom Gesamtstickstoff bildeten sich daher 8-41 "/o Stickstoff in Foi-m von
Ammoniak.
3. Ackerboden. Gesamtstickstoff gehalt 1-27 g. Während des Pro-
zesses, welcher 30 Tage in Anspruch nahm, bildeten sich 0-153 g Stickstoff
in Form von Ammoniak. Die gebildete Menge des Stickstoffs in Form von
Ammoniak aus dem KontroUzylinder betrug 0-062 </. Die durch die Tätig-
keit der Bakterien aus den stickstoffhaltigen organischen Substanzen ge-
bildete Menge Stickstoffs in Form von Ammoniak beläuft sich auf 0-091 g.
Vom Gesamtstickstoff bildeten .sich daher 7-16''/o Stickstoff in Form von
Ammoniak.
Die Ergebnisse dieser Experimente dokumentieren ganz deutlich, dafl
der chemische Charakter der stickstoffhaltigen organischen Substanzen im
Boden nicht immer gleich ist. Die stickstoffhaltigen organischen Substanzen
besitzen durch den Einflul) der Bakterien eine verschiedene Abbaufähigkeit,
welche durch die (irölie der sich bildenden Ammoniakmenge charakterisiert
wird. Wir fanden, dalä sich beim Stadtboden aus Prag vom Gesamtstick-
stoff 17-67Vo, beim Waldboden 8-41 »/o und beim Ackerboden 7-16«/o Stick-
stoff in Form von Ammoniak bildeten. Die Oxydation der stickstoffhaltigen
organischen Substanzen im Boden (die von Liebig als Verwesung bezeichnet
wird) ist, vom hygienischen und agronomischen Standpunkte aus betrachtet,
von großer Bedeutung. Den Interessenten der Hygiene und Agronomie
handelt es sich in erster Pieihe um MineraUsierung der stickstoffhaltigen
organischen Substanzen im Boden und um Bildung des Ammoniaks, welcher
durch die Nitrifikationsbakterien leicht wieder in salpetrige Säure und
Salpetersäure umgewandelt wird. Dieser Prozeß verläuft natürlich nui' bei
genügendem Luftzutritt. Bei Anwesenheit leicht abbaufähiger Kohlenhydrate
wird die Salpetersäure zu salpetriger Säure reduziert und durch die Deni-
trifikationsbakterien in elementaren Stickstoff umgewandelt.
XII. Fäulnis von stickstoffhaltigen organischen Substanzen
durch Anaerobier.
Die obUgaten oder fakultativen Anaerobier rufen bei Abwesenheit
von Sauerstoff Fäulnis der stickstoffhaltigen organischen Substanzen hervor.
Es ist ja schon längst bekannt, daß bei Sauerstoff abschloß eine stinkende
Fäulnis begünstigt wird, aber eine reichhche Sauerstoff zufuhr sie hindert
oder hemmt. Unsere Versuche über das Fäulnisvermögen der stickstoff-
haltigen organischen Substanzen im Boden wurden in derselben Weise
vorgenommen, wie die früheren, imr mit dem Unterschiede, daß anstatt
Luft 20 l chemisch reinen Wassei'stoffs durch den A'ersuchszylinder ge-
leitet werden. In dem Durchschnittsmuster eines Bodens, welcher von
g74 Julius Stoklasa.
Steinen befreit ist, ydrd der Gesamtstickstoft' nach Jodlbauer-Kjeldahl und
die Trockensubstanz bestimmt. Zu 500 g Boden ^xird so viel Wasser zuge-
setzt, daß die Bodenprobe 30^/o Wasser enthält. Der Boden wird dann
mit einer stark entwickelten und wulenten Kultur von Bacillus albu mini s
Schröter geimpft. Dieser Versuch wurde wieder bei 27^ C ausgeführt und
dauert 30 Tage.
Ich lasse hier die Ergebnisse der von uns mit denselben Bodenarten
wie bei den früheren Experimenten, wo Sauerstoff anwesend war, ausge-
führten Versuche folgen, die wieder auf 1000 g Trockensubstanz des
Bodens berechnet sind.
1. Stadtboden von Prag vor der Kanalisation. Gesamtstick-
stoffgehalt 2"41 g. Während des 30 Tage lang dauernden Pi'ozesses bildeten
sich 0'74 g Stickstoff in Form von Ammoniak. Die gebildete Menge des
Stickstoffs in Form von Ammoniak aus dem Kontrollzylinder betrug 018 g.
Die durch die Tätigkeit der Bakterien aus den stickstoffhaltigen organi-
schen Substanzen gebildete Menge Stickstoffs in Form von Ammoniak be-
zifferte sich auf 0"56 g. Vom Gesamtstickstoff bildeten sich daher 23"23''/o
Stickstoff in Form von Ammoniak.
2. Waldboden. Gesamtstickstoffgehalt 1-45^7. Innerhalb des Pro-
zesses, welcher 30 Tage lang währte, bildeten sich OlOö ^ Stickstoff in
Form von Ammoniak. Die gebildete Menge des Stickstoffs in Form von
Ammoniak aus dem KontroUzybnder betrug 0079 g. Die durch die Tätig-
keit der Bakterien aus den stickstoffhaltigen organischen Substanzen ge-
bildete Menge Stickstoffs in Form von Ammoniak beziffert sich auf
0'026 g. Vom Gesamtstickstoff bildeten sich daher l"79*^/o Stickstoff in
Form von Ammoniak.
3. Ackerboden. Gesamtstickstoffgehalt 1'27 g. Während des 30 Tage
lang währenden Prozesses bildeten sich 0'09 g. Die gebildete Menge des
Stickstoffs in Form von Ammoniak aus dem KontroUzylinder belief sich
auf 007 g. Die durch die Tätigkeit der Bakterien aus den stickstoffhaltigen
organischen Substanzen gebildete Menge Stickstoffs in Form von Ammoniak
beläuft sich auf 0"02 g. Vom Gesamtstickstoff bildeten sich daher i'ö7<'/o
Stickstoff in Form von Ammoniak.
Aus den stickstoffhaltinen or<:anischen Substanzen sind beim Stadt-
boden aus Prag unter der Einwirkung von Bacillus albuminis bei
Sauerstoffabschluß vom Gesamtstickstoff sogar 23'23''/o Stickstoff in
Form von Ammoniak entstanden. Dies beweist, daß bei Sauerstoffabschluß
die Fäuhiisprozesse stark hervortreten, was jedoch bei dem Wald- und
Ackerboden nicht der Fall ist. Wir fanden, daß sich beim Waldboden vom
Gesamtstickstoff bloß l'79"/o und beim Ackerboden nur l'570/o Stickstoff
in Form von Ammoniak gebildet haben.
Diese gefundenen Zahlen bestätigen neuerdings die von uns schon
früher vertretene Ansicht, daß die physikalischen und chemischen Eigen-
schaften des Bodens, speziell die Luftkapazität und die Abbaufähigkeit
der stickstoffhaltigen organischen Substanzen von großer Bedeutung sind.
Methoden zur biochomischeu L'utersuchuiig des Bodens. 875
Wir landen, daß die stickstoffhaltij^en organischon Substanzen in den
Städteböden einen ganz anderen chemischen Charakter besitzen, als die
stickstoffhaltigen organischen Substanzen im Wald- und Ackerboden.
Bei ungenügendem Sauerstoffzutritt entsteht Ammoniunikarbonat. Trime-
thylamin, Indol, Skatol und aus dem Schwefel der KiweiL'iköi-pci- Schwctcl-
^Yasserstoff und Merkaptane. Diese Verbindungen wirken ungemein schädlich
auf das Wurzelsystem der Pflanzen, und auf solcheu IJödcn l)l('ibcn. unsci-en
Erfahrungen gemälj, die Kulturpflanzen in ihrer Entwicklung zurück.
XIII. Eine biochemische Methode zur Bestimmung des Phosphor-
säureanhydrids und Kaliumoxyds, welch beide sich in aufnahms-
fähiger Form im Boden vorfinden.
Die chemischen ^lethoden, welche man bisher zur Feststellung der Menge
des seitens des Wurzelsystems der Pflanzen assimilierbaren Phosphorsäui'ean-
hydrids und Kaliumoxyds benutzte, hefertcn keine verläliliclicn Daten. Nach
meiner Anschauung eignet sich hierzu am besten die biochemische Methode
unter Anwendung von Bakterien, welche elementaren Stickstoff assimilieren.
Durch die ausgeschiedenen Sekrete der Bakterien, und zwai- durch das
Kohlendioxyd und die organischen Säuren werden die wasserunlöslichen
Phosphate und Kahsilikate in wasserlösliche Form umgewandelt und die
Phosphat- und Kali-Ionen für den Aufbau neuer lebender ^Materie der Bak-
terien assimiliert. Wenn man einen Boden mit solchen Baktei'ien. wie z. B.
Azotobacter chroococcum, impft, so vermehren sich dit- Bakterien in dem-
selben Verhältnis, als sie die einzelnen Ionen in aufnahmsfähiger Form im
Boden vorfinden. Selbstredend müssen da für die Entwicklung des Azoto-
bacter alle Vegetationsfaktoren vertreten sein.
A. Bestimmung des Phosphorsäureanhydiids.
Versuchsmethodik.
Eine Durchschnittsprobe wiiil auf einer Glasplatte ausgebreitet und
hierauf von allen größeren Steinen befreit. Sodann wird in der Bodeni)robe
das (iesamtphosphorsäureanhydrid und das vorhandene Kalziumkaibonat
bestimmt. Man nimmt kleine Fernhach^vhQ Kolben (siehe Fig. 219) und
gil)t in dieselben von einer Durchschnittsprobe 100 c/ verschiedenartiger
lufttrockener Ackererde mit 2 — ßo o Wasser herein. Ilierauf werden :>0 //
Wasser zugesetzt, in welchem sich '2'ö cj (Jlukose. 0*2 <; Kaliumsulfat
und 0-Ob (/ Magnesiumchlorid gelöst hatten. Diese 100// Boden samt dem
zugesetzten Wasser bilden eine Schichte von n — 4 mm Höhe. Die Fern-
fe«c/ischen Kolben sind mit einem Kautschukpfroi)fen verschlossen. Durch
den einmal gebohrten PfVopfen fühi't eine (ilasi-öhre. welche bis nahe an
die Oberfläche des Kolbeniidialtes reicht. Div Fcrnhac/ischvu Kolben werden
in ein geräumiges Thermostat gestellt und die Temperatur des letzteren
auf 200 Q konstant erhalten. Der Teil des Apparates, der zur Bestim-
876
Julius Stoklasa.
mung" des Kohlendioxyds dient, wird neben dem Thermostat auf einem Tisch
plaziert. Die Kolben mit der Armatur werden im strömenden Dampf sterili-
siert und dann mit Azotobakterkulturen geimpft. Eine Serie der Kolben
wird nach der Impfung noch einmal sterilisiert, um die Bakterien zu töten.
Die Serie der Kontrollkolben (mit abgetöteten Bakterien) wird in der Brut-
kammer ebenfalls bei einer Temperatur von 20" C 510 Stunden lang stehen
gelassen. Täglich werden 20 l keim-, kohlendioxyd-, ammoniak- und salpeter-
säurefi'eie Luft durch die Serie der geimpften Kolben oberhalb des Bodens
durchgetrieben.
Nach Ablauf von 510 Stunden wird in einer Serie der Kolben der
Stickstoff nach Jodlbauer-Kjeldahl ermittelt. Die Bestimmung des Stickstoffs
in dem Ackerboden ist mit großen Schwierigkeiten verbunden. Wir konnten
von den vielen erprobten Methoden nur diejenige benutzen, wo das ganze
Fig. 219.
Quantum, also 100^ des Bodens, in 5 — 6 Aufschheßkolben verteilt und
dann die Destillation mit Natronlauge portionsweise vorgenommen wurde.
Der Inhalt der anderen i^en?6rtcÄschen Kolben wurde auf 1 l der
Flüssigkeit verdünnt und in dem reinen Filtrate das Phosphorsäureanhych'id
bestimmt.
Die klare Lösung wird mit Salpetersäure angesäuert, bis zur
Trockene abgedampft, mit Natriumkarbonat und Natriumnitrat vermischt
und sodann verbrannt. Der Rückstand wird in heißem Wasser nach Hin-
zufügung von Salpetersäure gelöst, filtriert und in dem reinen Filtrate das
Phosphorsäureanhydrid mittelst der Molybdänmethode bestimmt. Es ist hier
noch hervorzuheben, daß die Filtrate nach dem Versuche nur Spuren von
Phosphorsäureanhydrid aufwiesen.
Im nachstehenden sind die weiteren Resultate unserer Untersuchungen
wiedergegeben.
Methoden zur biuchemischen Untersiicluuig tlos Bodens. 377
1. Granitboden von Svojsic, enthält O-lOH"/« l\(\.
Angewendet wurden 100 /; mit 0-103/7 P2O5.
Die folgenden Daten sind alle auf 100 </ Trockensubstanz des ange-
wendeten Bodens berechnet.
Der (iesamtstickstoff aus den geimpften Kolben betrug 0164 </. Der
Gesamtstickstoff aus den ungeimpften Kolben belief sich auf 0110//. Stick-
stoff gewinn 0054^.
Wenn man annimmt, daß die Bakterienmasse von Azotobakter in der
Trockensubstanz 10 V« Stickstoff enthält, so haben sich 0-54 // der Bakte-
rienmasse gebildet. Diese enthält in der Trockensubstanz nach unseren
Untersuchungen durchschnittlich 5"/o Phosphorsäureanhydrid. Somit ist in
der Bakterienmasse O'Ü^l g Phosphorsäui-eaiihydrid in oi'ganischen Formen
vorhanden. Tu Prozenten ausgedrückt macht dies von der Gesamtphosphor-
säureanhydridnienge 26'21.
Demnach wurden vom Gesamtphosphorsäureanhydrid von
dem Azotobacter chroococcum in 510 Stunden 0-027// oder 26-2lVo
P2O3 gelöst und von den Bakterien assimiliert.
2. Angeschwemmter Boden von Sadska, enthält 0-084Vo P2 G5.
Angewendet wurden 100 g mit 0-084// P2 Og.
Die folgenden Daten sind auf 100// Ti-ockensubstanz des angewendeten
Bodens berechnet.
Der Gesamtstickstoff aus den geimpften Kolben betrug 0-168//. Der
Gesamtstickstoff aus den ungeimpften Kolben bezifferte sich auf 0086 f/.
Stickstoff gewinn 0-082 r/.
Wenn man annimmt, dal.') die Bakterienmasse von Azotobakter in der
Trockensubstanz lO^/o Stickstoff enthält, so haben sich 0-82// der Bakte-
rienmasse gebildet. Diese enthält in der Trockensubstanz nach unseren
Untersuchungen durchschnittlich ö^/o Phosphorsäureanhydrid. Somit ist in der
Bakterienmasse (J-041 g Phosphorsäureanhydrid in organischen Formen vor-
handen. In Prozenten ausgedrückt, macht dies von der Gesamtphosphor-
Säureanhydridmenge 48-8.
Demnach wurden vom Gesamtphosphorsäureanhydrid von
dem Azotobacter chroococcum in 510 Stunden 0-041// oder 48-8Vo
P., O5 gelöst und von den Bakterien assimiliert.
3. Basaltboden von Tetschen, enthält 0-189"/o P2<V>-
x\ngewendet wurden 100// mit 0-189// P2O5.
Die folgenden Daten sind alle auf 100 ,y Trockensubstanz des an-
gewendeten Bodens berechnet.
Der Gesamtstickstoff aus den geimpften Kolben betrug 0178//.
Der Gesamtstickstoff aus den ungeimpften Kolben bezifferte sich auf
0-128/7, Stickstoff gewinn Omo g.
Wenn man nun annimmt, daß die Bakterienmasse von Azotobakter
in der Trockensubstanz lO^o Stickstoff enthält, so haben sich 0-50^ der
Bakterienmasse gebildet. Diese enthidt in der Trockensubstanz nach unseren
Untersuchungen durchschnittlich 5'7o Phosphorsäureanhydrid. Somit ist in
gYg Julius Stoklasa.
der Bakterienmasse 0"025 g Pliosphorsäureanhydrid in organischen Formen
vorhanden. In Prozenten ausgedrückt macht dies von der Gesamtphosphor-
säureanhydridmenge 1 ;V22.
Demnach wurden vom Gesamtphosphorsäureanhydrid von
dem Azotobacter chroococcum in 510 Stunden 0025 (jf oder 13'22''/o
PäOö gelöst und von den Bakterien assimiliert.
4. Waldboden von Kundratitz bei Prag, enthält 009«/o I*2<>5-
Ange^Yendet wurden 100 (/ mit 0090 (/ V.^O-^.
Die folgenden Daten sind aUe auf 10^ g Trockensubstanz des an-
gewendeten Bodens berechnet.
Der Gesamtstickstoff aus den geimpften Kolben betrug 0169 g.
Der Gesamtstickstoff aus den ungeimpften Kolben bezifferte sich auf
0-148^, Stickstoffgewinn 0-021^.
Wenn man annimmt, daß die Bakterienmasse von Azotobakter in der
Trockensubstanz lOVo Stickstoff enthält, so haben sich 0-21 g der Bakterien-
masse gebildet. Diese enthält in der Trockensubstanz nach unseren Unter-
suchungen durchschnittlich 5"/o Phosphorsäureanhydrid. Somit ist in der
Bakterienmasse 00105^ Phosphorsäureanhydrid in organischen Formen
vorhanden. In Prozenten ausgedrückt macht dies von der Gesamtphosphor-
säureanhydridmenge 1 1 '66.
Demnach wurden vom Gesamtphosphorsäureanhydrid von
dem Azotobacter chroococcum in 510 Stunden 0"0105^ oder
ir66Vo Phosphorsäureanhydrid gelöst und von den Bakterien
assimiliert.
B. Bestimmung des Kaliumoxyds.
Um zu eruieren, ob sich Kahumoxyd im Boden in aufnahmsfähiger
Form vorfindet, haben wir zu 100 (/ lufttrockenen Bodens 30 </ Wasser
zugesetzt, in welchem sich 2"5 g Glukose, 1 g Dinatriumphosphat und 005 g
Magnesiumchlorid gelöst hatten und sind bei den diesbezüglichen folgen-
den Versuchen sonst genau so vorgegangen wie bei den vorhergegangenen.
1. Granitboden von Svojsic, enthält 0-27 Vo K2 0.
Angewendet wurden 100 ^ mit 0"27 g Kj 0.
Die folgenden Daten sind alle auf 100 g Trockensubstanz des an-
gewendeten Bodens berechnet.
Der Gesamtstickstoff aus den geimpften Kolben betrug 0"169 (/, der
Gesamtstickstoff aus den ungeimpften Kolljen belief sich auf 0410 g,
Stickstoffgewinn 0'059 g.
Wenn man nun annimmt, daß die Bakterienmasse von Azotobakter
in der Trockensubstanz lO^/o Stickstoff enthält, so haben sich 0-59^ der
Bakterienmasse gebildet. Diese enthält in der Trockensubstanz nach unseren
Erfahrungen durchschnitthch 2-50/0 Kaliumoxyd. Somit ist in der Bakterien-
masse 001 475 g Kahumoxyd in organischen FormiCn vorhanden. In Pro-
zenten ausgedrückt macht dies von der Gesamtkaliumoxvdmenge 546.
Methoden zur biochemischen Untersnchnn;^ des Bodens. 379
Demnach wurden vom Gesamtkaliumoxyd von dem Azoto-
bacter cliroococcum in ölO Stunden 0-01475 </ oder 5-46''/o Ko 0
gelöst und von den Bakterien assimiliert.
2. Angeschwemmter Boden von Sadska, enthält 0-09:V'/o K., 0.
Angewendet wurden 100 y mit 0'093 (/ Kg 0.
Die folgenden Daten sind auf 100 y Trockensubstanz des angewen-
deten Bodens berechnet.
Der Gesamtstickstoff aus den geimpften Kolben lieti'ug 0188 g. der
Gesamtstickstoff aus den ungeimpften Kolben beziffert sich auf 0"086 g,
Stickstoffgewinn 0102 y.
Wenn man nun annimmt, daß die Bakterienmasse von Azotobakter
in der Trockensubstanz 10 Vo Stickstoff enthält, so haben sich 1-02 g
der Bakterienmasse gebildet. Diese enthält in der Trockensubstanz nacii
unseren Erfahrungen durchschnittlich 2'5°/o Kaliumo.xyd. Somit ist in
der Bakterienmasse 0"0255 g Kahumoxyd in organischen formen vor-
handen. In Prozenten ausgedrückt macht dies von der (Jesamtkaüum-
oxydmenge 27'41.
Demnach wurden vom Gesamtkaliumoxyd von dem Azoto-
bacter chroococcum in 510 Stunden 0'0255 y oder 27-41"/ü K^ 0
gelöst und von den Bakterien assimiliert.
3. Waldboden von Kundi-atitz, enthält 0137^0 K.^ 0.
Angewendet wurden 100 r/ mit 0*137 ,(/ K, 0.
Die folgenden Daten sind auf 100 g Trockensubstanz des angewen-
deten Bodens berechnet.
Der Gesamtstickstoff aus den geimpften Kolben betrug 0160 y. der
Gesamtstickstoff aus den ungeimpften Koliten beläuft sich auf 0148 7,
Stickstoff gewinn 0-012^.
Wenn man annimmt, daß die Bakterienmasse von Azotobakter in der
Trockensubstanz lO^/o Stickstoff enthält, so haben sich 012// der Bakterien-
masse gebildet. Diese enthält in der Trockensubstanz nach unseren Er-
fahrungen durchschnittlich 2'5''/o Kaliumoxyd. Somit ist in der Bakterien-
masse 0003 g Kaliumoxyd in organischen Formen vorhanden. In Prozenten
ausgedrückt macht dies von der Gesamtkaliumoxydmenge 218.
Demnach wurden vom Gesamtkaliumoxyd von dem Azoto-
bacter chroococcum in 510 Stunden 0'003 g oder 218" 0 Kalium-
oxyd gelöst und von den Bakterien assimiliert.
Nun schreiten wir zur nähei-en Beobachtung der von uns bei der
Phosi)h()rsäureanhydrid- und Kaliumoxydbestimmung erzielten Resultate.
Diese vergleichenden Versuche bezüglich Feststellung des Phosphor-
säm-eanhydrids im Boden ergaben, daß bei dem (iranitboden von Svojsic
ein Stickstoffgewinn von 54 mg, l)ei dem angeschwemmten Boden von
Sadska ein solcher von 82 mg. bei dem Basaltboden von Tetschen ein
solcher von 50 mg und bei dem Waldboden von Kundiatitz ein solcher
von 21 mg zu konstatieren ist. Phosphorsäureanhydrid wurde bei
dem Granitboden von Svojsic 27 mg, bei dem angeschwemmten
880 Julius Stüklasa.
ßoclen von Sadska 41 mg, bei dem Basg^ltboden von Tetschen 2b mg
und bei dem Waldboden von Kundratitz 10 mg assimiliert.
Bei den Experimenten betreffs der Ermittluni> des Kaliumoxyds im
Boden wurde bei dem Granitboden von Svojsie ein Stiekstoffgewinn von
59 mg, bei dem angeschAvemmten IJoden von Sadska ein solcher von 102 mg
und bei dem Waldboden von Kundratitz ein solcher von 12 mg gefunden.
Kaliumoxyd wurde bei dem Granitboden von Svojsie 14 mg, bei
dem angeschwemmten Boden von Sadska 2b mg und bei dem Wald-
boden von Kundratitz '6 mg aufgenommen.
Nach unseren Erfahrungen ist der angeschwemmte Boden von Sadska
äußerst fruchtbar. Der Granitboden von Svojsie, sowie Basaltboden von
Tetschen waren nur mäßig fruchtbare Böden, der Boden von Kundratitz
hingegen ein schlechter Boden, bei welch letzterem durch die Düngung mit
wasserlösücher Phosphorsäure und KaUsalzen ein großer Effekt sowohl in
der Quantität als auch in der Quaütät der Ernte erzielt wird. Es ist hier
noch zu erwähnen, daß der Granitboden von Svojsie, Basaltboden von
Tetschen und angeschwemmter Boden von Sadska einen schwach alkali-
schen Charakter, der Waldboden von Kundratitz hingegen einen schwach
sauren Charakter besaß.
Ich könnte aus meiner Praxis noch viele andere Beispiele anführen,
durch welche dokumentiert wird, daß die obenerwähnte Methode nur
günstige Ilesultate liefert. Wie wir uns durch zahlreiche Düngungsversuche
im Vegetationshaus, sowie am Versuchsfelde überzeugt haben, bietet unsere
neue Methode einen Fingerzeig für den Nährstoft'ersatz unserer Kultur-
pflanzen auf verschiedenartigen Böden.
XIV. Bakterielle Bodenuntersuchungen.
Nach unseren Untersuchungen existieren folgende Gruppen von Bak-
terien im Boden, welche den Kreislauf des Stickstoffs in demselben bedingen:
1. Gruppe: Bakterien, welche den Luftstickstoff assimilieren und
denselben in organische Formen überführen. Hierher gehören: Bac. radi-
cicola, Clostridium Pastorianum, Bac. megaterium (Alinitbacülus),
Azotobacter chrooeoecum (Beijerinck), Clostridium americanum
(Fringsheim) '^), Bac. asterosporus (ßredemann) ^) usw.
2. Gruppe: Bakterien, welche die stickstoffhaltigen organischen Sub-
stanzen zersetzen und als Endprodukt Ammoniak bilden. (Bakterien, welche
\
^) Hans Pringsheim, Über ein Stickstoff assimilierendes Clostridium. Zentralbl. f.
Bakt., Parasiteukunde und Infektionskrankheiten. Abt. II. Bd. 16. 1906. S. 795. — Zweite
Mitteilung, L'ber die Verwendbarkeit verschiedener Energiequellen zur Assimilation des
Luftstickstoffs und die Verlireitung stickstoffbindender Bakterien auf der Erde. Ibid.
Bd. 20. 1908. S. 248. Derselbe, tJber die Identität Stickstoff bindender Clostridien. Ibid.
Bd. 24. 1909. S. 488.
-) Bredemann, Regeneration der Fähigkeit zur Assimilation von freiem Stickstoff
des Bacillus amylobacter. Berichte d. deutsch, bot. Gesellsch. Bd. 26 a. 1908. S. 362.
Methoden zur biochemischen Intersuchung des Bodens. 881
die stickstoffhiiltifien organischen Snbstanzen mineralisieren.) Hierher ge-
hören: Bac. ureae, liact. coprophilum, liact. Severin i. liac. protens
vulgaris, Bac. butyrieiis (Hueppe), Bac. inycoides, Bac. sulitilis. I>ac.
mesentericus vulgatus, Bac. foetidns, Bac. tenuis, Bac. niegati rinin.
Bact. coli commune. Bac. typhi abdominalis usw.
3. (iruppe: Nitrosationsbakterien. Diese (irnpix' oxydiert Aninioniak
zu salpetriger Säure (Nitritation).
4. Gruppe: Nitrifikationsbakterien, welche die salpetrige Säure zu
Salpetersäure ox3'dieren (Nitratation): Bact. iiit lohacter usw.
5. Gruppe: Hierher gehören jene Bakterien, welche imigekehrt die
Nitrate (Salpetersäure) zu Nitriten (salpetrige Säui'e) i'eduzieicii und sclilieb-
lich bis auf die Ammoniakstufe bringen. Es sind dies: B)ac. mycoides,
Bac. subtilis. Bact. fuscuni. Bac. li(]uidus. Bac. nubilis. liac. vul-
garis, Bac. coli, Bac. Zenkeri, Bac. prodigiosu.^ Bac. TKiuefacien.s,
Bac. arborescens, Clostridium gelatinös um (Laxa) usw.
6. Gruppe: Denitrifikationsbakterien, welche einen groüen Teil der
Nitrate zu Nitriten und schliel.Uich die salpetrige Säure zu Stickstoffmono.xyd.
Stickstoffdioxyd und elementarem Stickstoff reduzieren. In einem bestimmten
Nährmedium bewirken sie die Nitratgärüng. Wir zählen zu denselben:
Pseudomonas fluorescens (Bac. fluorescens licjuefaciens),
Pseudomonas Stutzeri (Bac. Stutzeri), Pseudomonas aeruginosa
(Bac. pyocyaneus), Bact. Hartlebii. Bact. centropunctatum. Bac.
filefaciens. Bact. nitrovorum, Bact. denitrificans usw.
Alle diese Gruppen der Bakterien i'ufen eine ständige Metamorphose
der Stickstoffverbindungen in der Ackerkrume hervor, wenn alle Vegetations-
faktoren vorhanden sind. ' ) Bei dem Bau und Betriebsstoffwechsel bildet sich
eine neue lebende Materie, welche auf Kosten des elementaren Stickstoffs.
Stickstoffmonoxyds, Stickstoffdioxyds oder des Ammoniaks oder der sal-
petrigen Säure oder der Salpetersäure in Gegenwait geeigneter Kohlen-
hydrate oder oi'ganischer Säuren (in P'orm von neutralen Salzen) sowie bei XOr-
handensein aller wichtigen anorganischen Nährstoffe, und zwar des Phosphors.
Schwefels. Chlors, Kaliums. Natriums. Magnesiums. Kalziums. Aluminiums.
Eisens und .Mangans entsteht. Durch die Tätigkeit der lebenden Bakterienzellen
geht hauptsächhch eine Synthese der formativen und i)lastis('hen Stickstoff-
verbindungen vor sich. Die Synthese der formativen und plastischen Stick-
stoffverlnndungen ist in erster Hinsicht von dem Wachstum der Bakterien
und der damit in Verbindung stehenden Energie der Assimilation des elemen-
taren Stickstoffs (bei den Bakterien, welche elementaren Stickstoff
• assimiheren), ferner von der Intensität des Ammonisationsprozesses oder
von der Energie der Nitrit- sowie Nitratbildung und Nitratgännig abhängig,
^lit der Energie des Stoff- und Gasaustausches wächst auch die P.ildung
der formativen und plastischen Stickstoffverbindungen. Alle diese Prozesse
sind abhänui": 1. Von dem Verhältnisse der Menge des Knergiematerials
') Orla Jensen^ Die Hauptlinien des natürlich(Mi IJakteriensystenis. Zentralld. f.
Bakt, Parasitenkundo und Infektionskrankheiten. Abt. II. Bd. 22. lOni).
Ahdorhalden, Haiulbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. .^O
gg2 Julius Stoklasa.
zur Menge des Stickstoffes im Nährmedium: 2. von der Mechanik der
physiologischen Verbrennung; 3. von der Konzentration der Lösung; 4. von
der Temperatur und 5. von der Gegenwart oder Abwesenheit des Sauerstoffs.
d. h. inwiefern der Prozeß ein aerobiotischer oder ein anaerobiotischer ist.
Zu den wichtigen Vegetationsfaktoren der Bakterien sind
die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Bodens
zu zählen. f]rst durch einen günstigen physikalischen Bau und
durch eine günstige Bodenlagerung kommen die biochemischen
Vorgänge der Bakterien zur vollen Geltung. Namentlich sind das
die physikalischen Eigenschaften, wie Durchlässigkeit, Wasser-
und Luftkapazität, Porosität des Bodens, welche auf die An-
reicherung des Stickstoffs des Bodens durch die Bakterien und
auf die Metamorphose der stickstoffhaltigen Substanzen den
größten Einfluß ausüben.
Je mehr Energiequelle im Nährmedium vorhanden ist , desto mehr
formative und plastische Stickstofl'verbindungen werden bei Gegenwart von
geeigneten Stickstoffciuellen, ferner des POi-Ions und noch anderer anorgani-
scher Nährstoffe gebildet.
Einen großen Einfluß auf alle diese Prozesse hat die Wahl der
Kohlenstoffnährquelle und zwar der Kohlenhydrate oder der organischen
Säuren in neutraler P'orm, denn die Bakterien sind in bezug auf die Kon-
figuration des Moleküls der Kohlenhydrate sehr wählerisch. Es müssen die
Experimente mit Bakterien derart ausgeführt werden, daß im Nährraedium
den Bakterien immer die beste Kohlenstoffnährquelle geboten wird, um ein
möglichst starkes Wachstum der Bakterien zu erzielen. Die quantitative Be-
stimmung der bakteriellen Tätigkeit des Erdbodens ist zuerst von T. Bemi/
bearbeitet worden. Es dienten ihm dazu die Methoden zur Bestimmung der
stickstoffbiiidenden Kraft des Bodens des Fäulnisvermögens, der nitrit- und
nitratbildenden Fähigkeit und der denitrifizierenden Kraft des Bodens.
Bemi^ pubüzierte die Ergebnisse dieser bakteriologischen Studien i)
im Jahre 1902 und versuchte die systematische Nutzbarmachung von An-
häufungskulturen für biologische Bodenuntersuchungen. Doch war ihm, im
Gegensatz zu den früheren Bestrebungen ähnlicher Art, nicht der Umfang der
Entwicklung bestimmter Organismen in den gewählten Nährflüssigkeiten,
sondern die Ausgiebigkeit leicht feststeUbarer, stofflicher Veränderungen in
diesen der Anhaltspunkt für die Beurteilung der Bakterienkräfte im Boden. 2)
') Th. Bcmi/, Bodenbakteriologische Studien. Zentralbl. f. Bakteriol. Bd. 8. 1902.
Nr. 21. S. 657, 699, 728 und 761.
-) Über die Methode von Bemy äußerte sich Hu(/o Fischer in seiner Abhandlung :
„Einige neuere Erfahrungen der Bodenbakteriologie" (Berichte der deutschen botan. Gesell-
schaft, 28. Jahrg., Berlin 1910) in folgender Weise: „Einen wirklichen Anhalt für Be-
urteilung des Ijestehenden bakteriellen Bodenzustaudes bekommen wir also nath der
Methode Remy-Löhnis nur für die Nitrobakterien und zum Teil vielleicht auch für die
Stickstoffsammler, sicherlich nicht für die ammonisierenden und für die denitrifiziereu-
den Bakterien. Dagegen können wir aus geringer l)akterieller Aktivität mit bedeutender
Sicherheit darauf schließen, daß es dem betreffenden Boden entweder an Kalk oder an
Humus oder vielleicht an noch etwas anderem unbekanntem mangelt."
Metboden zur biochemischen Untersuchung des Bodens. 8g3
Die Methode von Eemy wurde von vielen Forschern ergänzt, nament-
lich von Hiltner, Ehrenhcrg, Wohltmann, Fischer, Schneider, Vogel, Lühnis,
Buhlert, Ficketidey, Stoklasa und Chr. Barthel.
Probenahme.
Die Probenahme wird nach Vogel und Zeller ') foliiendermaßen vor-
genommen : von = 1 hn Boden wird von .500 verschiedenen Stelleu
nach jedesmaliger Entfernung der obersten Bodenschicht mit einem
mit Alkohol gereinigten und abgeflammten Spaten die zur Unter-
suchung bestimmte Probe von der darunter liegenden Erde aus etwa
8 — 15 cm Tiefe entnommen. Es kommen also stets nur die oberen Schichten
der Ackerkrume, in welchen sich das Bakterienleben am lebhaftesten voll-
zieht, zur weiteren Prüfung. Die erhaltenen Einzelportionen gelangen in
saubere, trockene, mehrere Stunden auf 90 — lOO" C erhitzt gewesene,
mit Glasstöpsel verschlossene Glasbüchsen und werden im Labora-
torium auf einer sterilen Glasplatte mit sterilisierten Löffeln gründlich
durchgemischt. Alsdann werden die Proben durch ein längere Zeit auf
loO"^ C erhitzt gewesenes 3;Hw-Sieb gesiebt und der nochmals durch-
gemischte Boden zu den Untersuchungen vei'wendet. Von der gesiebten und
gründlich durchgemischten Erde wird stets sofort der Gesamtstickstoff-
und Wassergehalt bestimmt und ein wässeriger Auszug auf Anwesenheit von
Nitrat, Nitrit und Ammoniak geprüft. Sind Salpetersäure oder salpetrige
Säure nachweisbar, so erfolgt die Bestimmung des Gesamtstickstoffs nach
Jodlhaur, andernfalls ohneweiters nach Kjeldahl. Bei Anwesenheit größerer
Mengen von Salpetersäure, salpetriger Säure und Ammoniak ist es unnm-
gänglich notwendig, alle ?> Stickstofformen zu bestimmen. Die Wasserbestim-
mungen werden stets doppelt unter Anwendung von 50^ Erde, die Stick-
stoffbestimmungen vierfach unter Benützung von 25 g Erde ausgeführt.
a) Assimilation des elementaren Stickstoffes durch im Boden
V 0 r h a n d e n e Bakterie n.
Um Aufschluß über die biologische Leistungsfähigkeit dci- Mikroben
zu erlangen, bedient man sich folgender Nährlösung: In 1000 cm"^ destillierten
Wassers werden gelöst:
20 g Mannit, 0-2 g Natriumchlorid.
1 g Dikaliumpliosphat, je Ol g Eisensnlfat und Alu-
0-2 g Magnesiumchlorid, mininmsnlfat,
0"5 q Kalzinmkarbonat, 0"01 g Manganchlorid.
Wir benutzten hierzu genan denselben Apparat, wie wir ihn für die
aerobe Atmung'-) verwendeten. Es war dies ein nach unseren Angaben
*) Vofiel iiiul Zi'ller, Beiträsro zur Mffhodik der liakteriolotrisclion Biulonuiitor"
suchuugen. Mitteihiiiiren des Kaiser Wilhcliii-Iiistituts für Landwirtscliaft in Hrciiiiliorg,
Bd. 1. Heft 2.
-) Julius Sfoklasa, Methoden zur Bestiinnmiip der Kxkrote bei der .\tmuiiL' der Bak-
tericnzelle. E. Abderhaldens Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. l'.»10. S. 533.
56*
g84 Julius Stoklasa.
speziell konstruierter Kolben, in welchem 1 / Xährlösiing in ganz dünnen
Schichten in Anwendung gebracht werden konnte. Der Kolben hatte im
Boden einen Durchmesser von 40 cm.
Jeder Kolben enthielt 1000 cm^ der Nährlösung, die am Boden des
Koll)ens eine sehr dünne Schicht Inldete. Nach gründlicher Sterilisation
der Kolben samt Pfropfen in strömendem Dampf Miirde am 6. Tage die
Lösung mit 25 g Erde versetzt. Hierauf wurden die Kolben in einen Thermo-
staten gestellt und dessen Temperatur auf 20° C konstant erhalten. Da-
selbst wurden sie 30 Tage belassen. Einige Kolben mit Nährlösung und
Boden wurden noch einmal sterilisiert und dienten als Kontrollkolben.
Nach diesen 30 Tagen wurde der Iidialt der einzelnen Kontrollkolben
mit destilliertem Wasser auf 2000 cm^ der Lösung verdünnt , der ganze
Inhalt der 2 /-Kolben auf 5 Teile verteilt und der Stickstoff nach Kjeldahl-
WUfarth bestimmt. In derselben Weise wurde auch der Stickstoff in den
blinden Kolben ermittelt. Der Stickstoffgewinn in ^lilUgramm pro Liter
der Nährlösung , respektive pro 25 g Boden wird auf die Art festgestellt,
daß man von dem Gesamtstickstoff der Kollien mit unsterihsiertem Boden
den Stickstoffgehalt der blinden Kolben abzieht.
h) Methode zur Bestimmung des Ammonisationsvermögens i)
der Böden.
Zunächst benutzte Bemy -) zur Bestimmung der Ammonisations-
kraft des Bodens Lösungen von l^/o SchcringÄc\iQm Pepton in Leitungs-
wasser. Die zu je 100 on^ in kleine Erlenmai/eriiche Kölbchen gebrachte
Nährlösung wurde nach fraktionierter dreimaliger Sterilisation unter tun-
lichstem Infektionsschutz mit lO'Vo- '^l'^o pro Kölbchen mit 10 g der zu
untersuchenden rohen Erde geimpft. Die Lösungen standen bei 20" C im
Thermostaten. In bestimmten Zeitabständen, und zwar meist nach 4 X 24
und 8 X 24 Stunden wurde durch Kochen mit gebrannter Magnesia der
abgebaute Stickstoff in einem Teil der Lösung bestimmt.
Die Bildung des Ammoniaks aus Pepton ist die letzte Phase des Ab-
bauprozesses, an dem sich nach- und nebeneinander mancherlei Organismen
beteiligen und der auch ganz verschiedenartige Spaltungsvorgänge umfaßt.
Als leichtabbaufähige Stoffe hat später Bemy besonders empfohlen :
1. Pepton Witte in O'BVoiger Lösung zu je 100 cm^ dosiert. 2. Pepton 3Ierk
in P/oiger Lösung zu je 100 cm^ dosiert. 3. Feingemahlenes und durch
zweimahges, je einstündiges Erhitzen auf 100" C steriUsiertes Bluteiweiß
zu je 1 (/ mit 20 cm^ sterilem Leitungswasser aufgeschwemmt. 4. Getrocknete,
feingemahlene und in der unter 3. erwähnten Weise vorbereitete Hornspähne,
zu je 0"75^ mit 20 cm^ sterilem Leitungswasser aufgeschwemmt. 5. Feinste
Gelatine in O^S^/oiger, mit Soda neutralisierter Lösung zu je 100 cm^ dosiert.
*) Die Bakteriologen nennen dieses Vermögen gewöhnlich Fäulnisvermögen, doch
ist diese Bezeichnung wenig passend, weil ja die betreffenden Vorgänge bei Sauerstoff-
zutritt stattfinden.
") Th. Bemy und G. Rosine/, Beitrag zur Methodik der bakteriellen Bodeuunter-
suchung. (Zentralblatt für Bakteriologie etc. 1910. Bd. 29. Nr. 1/3. S. 36.)
Methoden zur liiochemischen Untersuchung des Bodens. 88")
Die genannten stickstoffhaltigen Substanzen wurden in kloine Erlen-
meyerkölbrlien gebracht und dann im sti'ömenden Hanipf fraktioniert sterili-
siert. Geimpft wurde proKöllK-hen mit lOr/der/u untersuchenden Uodeiiprobe.
Des weiteren führe ich hier das Verfahren an. welches Chr. liarflu-n)
zur Bestimmung des Ammonisationsvermögens der 1 Joden empfohlen hat.
Dei diesen Versuchen hinsichtlich iU^i^ Ammonisationsvermögens de.s
Bodens wurde lV2%iRe Peptonlösung (Pepton Witte) angewandt, l'robier-
röhren. welche lOcw^ dieser liösung enthielten, wuiden mit '.x-m^ einer
Bodenaufschlemmung geimpft, die in der Weise hergestellt w.u-. dali man
nach BiihJcrt und Fickendey-) 'i'yOOg des untersuchten Bodens mit 300 an^
sterilen Wassers schüttelte. Die vergleichenden Versuche mit dieser Auf-
schleinmungsmethode einerseits und der /iV;y^^schen Methode mit AbwüLK-n
des Bodens andrerseits ergaben als Resultat eine bessere Ci)ereinstimniung
unter den Parallelversuchen im erstem Falle. Dies zeigte sich nicht nur
hinsichtlich der Bestimmung des Ammonisationsvermögens. sondern auch
in bezug auf das Denitrifikations- und das Stickstoffassimilationsvermögen.
Nach 4 Tagen wurde das bei 20" C gebildete Ammoniak mit Magnesia
abdestilliert und auf gewöhnliche Weise bestimmt. Es wui'den jedesmal
3 Parallelversuche angestellt . anl'icrdem destillierte man ein ebensolches
Bohr unmittelbar nach dem Zusatz der P)odenaufschlemmung al). um den
schon von Anfang an vorhandenen Ammoniakstickstoff zu bestimmen,
welcher dann von den erhaltenen Resultaten abgezogen wird. p]s zeigte
sich bald, dali die bei der Bestimmung des Ammoniakstickstoffs in den
verschiedenen Parallelversuchen erhaltenen Zahlen recht gut miteinandei-
übereinstimmten. Ebenso erwies es sich, dal) verschiedene Böden sehr
große Schwankungen im Peptonspaltungsvermögen aufweisen. Tatsächlich
geben auch verschiedene Böden charakteristische Unterschiede: aber eine
wirkliche, zu weiteren Schlüssen berechtigende Übereinstimmung wurde
bisher nach Hu<jo Fischer nicht erzielt, auch nicht nachdem Löhnis die
Verbesserung eingeführt hatte, an Stelle von Wasser zum Ansetzen der
Nährlösungen einen im Autoklaven hergestellten Auszug des zu unter-
suchenden Bodens zu verwenden.
Es sind hier noch einige Methoden zu erwähnen, welche zur Eru-
ierung dienen, ob im Boden P>akterien vorhanden sind, welche den Harn-
stoff und das Calciumcyanamid leicht zersetzen. Bei ileii Untersuchungen be-
züglich Harnstol'fzersetzung durch Bodenbakterien erhielt Söhm/tn besonders
gute Resultate, wenn er die Harnstoffammonmalatlösnng mit (2%) Erde
impfte und bei So« C kultivierte. Es kamen fast nur Harnstoffzersetzer
zur Entwicklung (spez.Urobacillus Leubei. Maddoxii. Freudenreichii. Duclaiixii.
Jakschii). Sehr brauchbar erwies sich auch Bodenextrakt -|- OÜ')» o
Kg HPO4 -1-50/0 (oder weniger) Harnstoff.
0 Chr. Barthel, Bodeubaktcriologische Untcrsuchuniren. Zentralltlatt für Bakterio-
logie etc. 1910. Bd. 25. S. 108.
•-) Buhlrrt und Fickcndey, Ztir Methodik diT bakteriologischen Bodcnunterauchung.
Zentralblatt für Bakteriologie etc. lüOÜ. Bd. IG. S. 39'J.
ggß Julius Stoklasa.
Die Calciumcyanamidzersetzung erfolgt in Lösungen (Leitungswasser
oder Erdextrakt + 2 Voo Kalkstickstoff + O'öVoo KoHPO^ + OlVoo Aspara-
gin + 0*1 7oo Traubenzucker) nur daini ungestört, wenn ausreichende Erd- .
mengen zugegen sind. Vorheriges gelindes Erhitzen der Flüssigkeit ist auf
den Effekt ohne Einfluß. Zur Isoherung dient eine entsprechende, deutlich
alkaüsch reagierende Gelatine. Die Reinkulturen können entweder in der
durch mehrmaliges Erhitzen im strömenden Dampf sterilisierten oder durch
Porzellan filtrierten Lösung geprüft werden: im letzteren Falle müssen
jedoch absorbierende Substanzen und COg steril zugegeben werden. Die von
Kappen gegen die Tauglichkeit der im Dampf sterilisierten Kalkstickstoff-
lösung erhobenen Einwände waren unbegründet.
Ich verweise hier auf die ausführliche und interessante Arbeit von
F. Löhnis und seiner Mitarbeiter, siehe Landwirtschaftliche Bakteriologie
von Dr. F. Löhnis. Verlag von Gebrüder Bornträger, Berhn 1910.
c) Methode zur Bestimmung des Nitrifikationsvermögens der
Böden.
Bei diesen Versuchen wurde von Buhlert und Fickendey ausschließlich
folgende Lösung angewandt:
25 cm^ Leitungswasser,
0*1 y Ammoniumsulfat,
0"0o^ Kaliumphosphat
1 g basisches Magnesiumkarbonat.
Diese Lösung wurde mit 20 cm^ Bodenauf schlemmung geimpft und
nach 40 Tagen bei Zimmertemperatur der Salpetergehalt der Lösung nach
der Methode von Schlösing bestimmt.
Zur Konstatierung des Salpetersäureanhydrids kann man auch die
Methode von Reitmair , Gra?idi-al und Lnjoux mit Vorteil benutzen. Bei
Behandlung von Nitraten mit Thenolschwefelsäure im Überschuß bildet sich
rikrinsäure, welche bei Zusatz von Wasser und Ammoniak ein sehr stark
gelb gefärbtes Aramoniumsalz ergibt. Nitrite hefert diese Reaktion nicht.
Der Bodenextrakt wird mit einer empirisch festgestellten Skala verglichen.
Es handelt sich hier also um eine kolorimetrische Methode. Die Skala
wird in der Weise festgestellt, daß 7*22 g Kaliumnitrat in 1 / destilliertem
Wasser gelöst Averden (Lösung 1). Hiervon werden 50 cm^ abpipettiert und
auf 1 l verdünnt (Lösung 2); hiervon werden nunmehr 100 (w^ abgehoben,
worauf man auf 1 / verdünnt (Lösung o).
1 cm^ von Lösung 3 entspricht 0"005 mg Stickstoff. Von dieser Lösung
werden 1 cm^ {=0-OObOmg Stickstoff), Vbcm-'{= O'OOTö), 2 mH=0-0100),
2-5 cm^ {= 0-0125). 3 crn^ (= 0-0150). 4 cm^ {= 0-0200). bcmH= 0-0250),
6cm3 (—0-0300) und 8 cm» {= 0-04:00 mg Stickstoff) in Glasschalen auf
dem Wasserbade bis zur Trockne abgedampft. Hierauf wird überall 1 cm»
Phenolschwefelsäure (100 g kristallisiertes Phenol in 900 g Schwefelsäure)
zugesetzt und mit derselben durch Drehen und Wenden der Schale der
trockne Rückstand vollständig befeuchtet. Hierauf wird mit 5 cm» Wasser
Methoden zur biochemischen Untersuchung des Bodens.
887
verdünnt und 15 cm^ 5°/oiges Ammoniak znfi;-esetzt. Nun tritt die jielbe
Farbe auf. Der Inhalt der Schalen wird in Kolorinictorzylindoi- von 50 rm^
übergespült und das Vohimen bis zur Marke aufiict'üilt. Ein i^lcichor Zylinder
mit destilliertem Wasser vervollständigt die Skala.
Zur Bestimmuno: von Salpetersäureanhydiid in einer Bodenprobe laßt
man 100 g Boden unter oft wiederholtem Schütteln 1 Stunde mit 200 cm^
destilliertem Wasser stehen. Sodann filtriert man und dampft von dem
Filtrat 50 cm^ in einer Glasschale l)is zur Trockne auf dem Wasserbade
ein. Die weitere Behandlung ist dieselbe wie hier oben beschrieben. Schlicii-
hch füUt man einen kolorimetrischen Zylinder von 50 cm^. woi-auf man
mit der vorhin aufgestellten Skala vergleicht.
Um das meistens trübe Filtrat des Bodens zu kliircn. wird das Fil-
trat in einem Becher mit einigen Kubikzentimetern Kalkwasser (100 (/
CaO-fl000cm3 H.2O) versetzt, auf dem Wasserbade erwärmt, .sodann in
eine Glasschale filtriert und gewaschen.
Anstatt eine solche vollständige Skala anzuwenden, ist es viel be-
quemer, nach Söderhaums Vorschlag nur 2 oder 3 Lösungen, z. B. zu 5,
10 und 20 cm^ von Lösung 3 zu benutzen. Die zu untersuchende Lösung
wird (jedesmal 5 cniß auf bOcni^) verdünnt, so daß sie in der Farbe schwächer
wird als irgend eine der Standardlösungen. Alsdann wird die Farbstärke
und damit der Gehalt der Lösung mit Hilfe eines Koloiimeters. z. B. des-
jenigen Galle?ikamps, bestimmt.
Diese Methode zur Bestimmung des Salpetersäureanhydrids irißt sich
äußerst leicht ausführen und ist daher ganz besonders geeignet, wenn man
eine große Anzahl Proben gleichzeitig zu analysieren hat ; außerdem ist sie
besonders scharf und emi)fin(llich.
Boullamjer und Massol^) haben für die Messung des Nitrifikations-
vermögens der Böden einen eigenen Apparat konstruiert. Dieser besteht
aus einem Kolben (siehe Fig. 220 ) von 100 cni^
Rauminhalt, in welchen ein Kautschukstöpsel
eingefügt wird, der mit zwei Löchern ver-
sehen ist. Durch das eine wird eine ein-
fache, winkelrecht gebogene (ilasröhre ein- __
gesetzt, während in dem anderen eine Röhre
angebracht wird, die bis auf den Boden des
Kolbens hinabreicht. Oberhalb des Stöpsels
ist auch diese Röhre im Winkel gebogen;
außerdem war das freie Ende noch einmal,
und zwar abwärts gebogen und mit einem
Apparat von der Gestalt versehen, wie es
Fig. 220 zeigt.
Vor Anwendung des Apparates wird die Xitrifikationslösung ein-
gefüllt; bei a und h werden Wattepfropfen eingesetzt; sod.inn wird (U'r
Fig. 220.
') Boullanger und Massol, Ann. de l'Inst. Pasteut: 17. 1903 u. 18. 1904.
838 Julius Stoklasa.
ganze Apparat im Autoklav sterilisiert. Man muß hierbei die längere Eölire
etwas hoch stellen, so daß ihre Mündung sich oberhalb des Niveaus der.
Flüssigkeit befindet, weil die Lösung sonst leicht in den Apparat bei h
hinaufgepreßt und von da durch die Watte hinausgedrängt wird. Nach
Abkühlen wird die Lösung mit der Bodenaufschlemmung geimpft, worauf
man den Apparat bei a mit einem Aspirator in Verbindung setzt. Der
kleine Apparat bei h dient nur dazu, zu verhindern, daß die Flüssigkeit
durch den Wattepfropfen hiuausdringt , sobald einigermaßen ein Gegen-
druck entsteht, was leicht eintreten kann, wenn die Luftsaugung Tag und
Nacht in Gang gehalten werden soll. Entsteht dieser Gegendruck, so wird
ein kleiner Teil der Flüssigkeit in den kleinen Behälter übergeführt; bei
erneutem Saugen jedoch geht diese Quantität wieder in den Kolben zurück.
Natürlich läßt sich eine ganze Reihe solcher Apparate miteinander ver-
binden und durch eine Öffnung in der Wand des Thermostaten wird die
Leitung zum Aspirator geführt. Am Ende der Reihe wird eine gewöhnliche
Waschflasche mit Wasser eingeschaltet, so daß die Luft, die durch die
Flasche gesogen wird, sich beständig feucht hält. Auf diese Weise wird
verhindert, daß die Flüssigkeit in den Flaschen verdunstet. Der durch-
gesogene Luftstrom muß sehr kräftig sein, so daß die Bodenpartikelchen
zum größten Teil sich schwebend in der Lösung halten.
d) Methode zur Bestimmung des Denitrifikationsvermögens der
Böden.
Denitrifikationsprozesse finden in einem Boden nur dann statt, wenn
er leicht al)l)aufähige organische Substanzen enthält und l)ei ungenügen-
dem Sauerstoffzutritt.
Um zu ermitteln, ob tatsächlich Denitrifikationsorganismen im Boden
vorhanden sind, verwendet man nachstehende Lösung. In 1 / destillierten
Wassers werden gelöst:
20 g Glukose,
5 g Kalziumnitrat.
1 g Dikaliumphosphat,
Ol ^ Magnesiumchlorid,
Ol g Eisensulfat,
O'l g Aluminiumsulfat,
O'Ol g Manganchlorid und
Ol ^ Natriumkarbonat.
Man benutzt eine größere Eprouvette mit 50 cm^ dieser sterilisierten
Lösung, impft letztere mit 25 cm^ Bodenaufschlemmung und läßt die
Eprouvette in einem Thermostaten bei 25 — 30'' C. Bei Vorhandensein einer
gewissen ]\Ienge von Denitrifikationsmikroben im Boden tritt schon nach
24 Stunden eine Nitratgärung ein.
Mit Hilfe von Diphenylamin und Schwefelsäure kann man sich über-
zeugen, wie die Salpetersäure nach und nach aus der Lösung verschwindet.
I
Methoden zur hiochemischeu Untersuchung des Bodens. j^H9
Die (luantitative 13estiininuii,i>' dos Salpetcrsäurevcrlustcs wird in
nachsteheiidei- Weise vorgonoiimu'ii: Ks worden Kr/enmr//er^('ho Kolben,
welche 2500 cnt'^ fassen, mit öOO cni'^ der besclirichencn Nälirliisuni^'
aniieiuUt. Nach t^Tündlicher Sterilisation und nach Aljlauf des Inkuhations-
stadiums werden die Kolben mit 50 — 100 an^ Ijodonaufschlemmung-
geimpft. Einige Kolben bleiben nach nochmalig-er Sterilisation als Kontroll-
kolben, die anderen werden 10 — 30 Tag-e in der Brutkammer bei einer
Temperatur von 25 — SO« C belassen. Nach Ablauf dieser Zeit wird der
Stickstoff sowohl der l)linden als auch der anderen Kolben, in denen
keine Nitratgärung vor sich ging, in folgenden Formen bestimmt:
a) als Ammoniak,
b) als salpetrige und Salpetersäure und
c) in organischer Form.
Bei der Analyse wird nach StoMasa in nachstehender Weise vor-
gegangen ^J:
Der Inhalt des Kolbens wird nach dem \'(Tsuche auf 2000 cin'^
verdünnt. Von dieser 2000 cm ^ betragenden Flüssigkeit werden hOO cni^
zur Bestimmung des Ammoniaks abgeniesson, und /war erfolgt dies
entweder durch Destillation mit MgO oder nach (h'r Methode Bnumanu-
Böhmer in der Weise, daß eine Portion von oOO cm^ der vorerwähnten
verdünnten Flüssigkeit sehr schwach mit Phosphorsäure angesäuert, im
W^asserbade bis auf einen kleinen Rest eingedampft und dieser in ein
Becherglas abgespült wird, so daß derselbe etwa 100 cm^ beträgt. Aus
dieser Lösung werden die vorhandenen Eiweißkörper nach der Methode
Stutzers gefällt, d. h. sie werden bis zum Sieden erhitzt, dann ihnen etwa
8 o» 3 Alaun hinzugefügt und nach teilweiser Al)kühlung 5c>»^ Kupferoxyd-
hydrat (enthaltend 03 — 04^ Cu^OHjg) zugegossen. Der entstandene Nieder-
schlag wird abfiltriert und mit Wasser durchgewaschen. Das Filtrat,
welches eine schwach saure Reaktion zeigt, wird neuerdings bis auf
50 cm^ abgedampft und demselben 50 cm^ Schwefelsäure (1 : 1) und 80 cm^
phosphorwolframsaures Natron (200^ Natriumwolf ramat und V20 </ Natron-
phosphat gelöst in 1000 cm» Wasser) hinzugefügt. Dieses (iemisch wird
auf 60" erwärmt und auf die Dauer von 48 bis 72 Stunden unter eine
(ilasglocke gestellt. Der sich bildende Niederschlag wii-d auf dem Filter
aufgefangen, nach erfolgtem Waschen mit verdünnter Schwefelsäure (\or-
dünnungsverhältnis 1 : 2) samt dem Filter in einen Destillationskolben
gebracht und mit Magnesia (^IgO) abdestilliert.
In einem Quantum von 500 cm^ der Lösung , welche zur Fest-
. Stellung der salpetrigen und Salpetersäure bestimmt waren, wird vorerst
ebenfalls das Ammoniak mittelst Destillation mit Natronlauge festgestellt.
Allerdings liefert die Destihationsmethode mittelst Natronlauge etwas höhere
Daten, weil durch diese Destillation teilweise die in der Lösung vor-
') Julius StoUasa und Eugen Vitek, Über den Einfluß der Bakterien auf die
Metamorphose der Salpetersäure im Boden. Zeitschrift für das landwirtschaftliche Ver-
suchsweseu in Österreich. 190G.
890 Julius Stoklasa.
haiidenen stickstoffhaltigen Substanzen gespalten werden. Die Differenz
zwischen dem Stickstoff, welcher in Form von Ammoniak durch Destilla-
tion mit Magnesia mid jenem, der durch Destillation mit Natronlauge
gefunden wurde, ist dem organischen Stickstoffgehalte zugezählt worden.
Die Salpetersäure wird in dieser Flüssigkeit nach der Abdestillation
des Ammoniaks mittelst Natronlauge nach der Methode Deivarda bestimmt.
Zu dem entsprechend abdestillierten Reste werden etwa 5 cm^ Alkohol und
2'bg Dewardascher Mischung hinzugefügt und nach beendigter Reduktion
das aus der Salpetersäure entstandene Ammoniak ausgetrieben. In der
Lösung wird schUel'ilich nach der Bestimmung des Ammoniaks und der
Salpetersäure nach gründhcher Ansäuerung mittelst konzentrierter Schwefel-
säure der organische Stickstoff nach der bekannten Methode Kjeldahl ermittelt.
Die salpetrige Säure neben der Salpetersäure wird in besonders
abgemessenen Partien nach der modifizierten Methode Pellet in einem
hierzu spezieU konstruierten Apparate festgestellt.
Der Stickstoff in Form von Salpetersäure läßt sich, namentlich
wenn diese in größerer Menge vorhanden ist, durch eine andere Methode
neben Ammoniak und organischem Stickstoff, speziell bei Gegenwart von
Hexosen oder Pentosen , sowie von Disacchariden in der Flüssigkeit nicht
genau bestimmen , wovon wir uns durch zahlreiche Beobachtungen über-
zeugt haben. Die Methode Jodelhauer sowie die modifizierte Methode
Förster geben regelmäßig niedrigere Resultate.
Qualitativ wird die salpetrige Säure, die Salpetersäure und das
Ammoniak zumeist nach den bekannten und bewährten Methoden bestimmt.
(Das letztere nur in Lösungen, in denen kein Kohlenhydrat vorhanden
war, denn Kohlenhydrate geben mit dem XessZerschen Reagens, dessen
man sich zum Nachweis des Ammoniaks bedient, eine analoge Reaktion.)
XV. Zellulose zersetzende Fähigkeit des Erdbodens.
Neben diesen vorerwähnten Methoden, bei welchen es sich haupt-
sächhch um die Anreicherung des Stickstoffs durch die stickstoffbindenden
Bakterien im Boden, zweitens um die ^letamorphose der organischen und
anorganischen stickstoffhaltigen Substanzen im Boden handelt, ist es auch
von großer Wichtigkeit zu erforschen, ob im Boden genug zelluloselösende
Bakterien vorhanden sind.
Die Gärung der Zellulose vollzieht sich in zwei Phasen. Durch die
Erreger wird
1. die Wasserstoffgärung der Zellulose,
2. die Methangärung der Zellulose verursacht.
Die Kenntnis dieser Prozesse verdanken wir den OmeU(uiskmQ\i.QY\.
Untersuchungen i) . welche den Nachweis lieferten, daß zwei verschiedene
*) Siehe Arbeiten Omelianski, Zentralblatt für Bakteriologie etc. Abt. II. 1902
und ebenda 1904.
Methoden zur biochemischen Untersuchung des Bodens. 891
Arten der Zi'llulosei,^;iniiii>- stattfinden, bei welchen sich Wasserstoff oder
Methan bildet. Die Jiilanz der Wassei-stoffwii-ung der Zellulose stellt sich
auf Grund dei- OmeliatisJäiH'hvn Untersuchungen wie folgt:
Gärmaterial: Zellulose: Gärprodukte:
Zum ^'ersuch verwendet .... :V4743^ Fettsäuren . . 22402^
Unzersetzt geblieben .... ^ (£1272^ Kohlensiiure . 0*9722^
Durch die Gärung- verschwunden . 3-3471(7 Wasserstoff . 0-0138^
Zusammen . 3*2262^
Was die Zusammensetzung dei- flüchtigen organischen Säuren ;iii-
belangt, so bestehen dieselben aus Butter-, Essig- und wahrscheinlich
Valeriansäure.
Die Bilanz der i\Iethangäi-ung der Zellulose stellte sich wie folgt:
Gärmaterial: Zellulose: Gärproduktc:
Zum Versuch verwendet .... 2'0815r7 Fettsäui-en . . 1-0223^
Unzersetzt gebheben .... . 0-0750 r/ Kohlensäure . O'HiuSc/
Durch die Gärung verschwunden . 2*0065 (/ Wasserstoff . 0-1 372 ^r
Zusammen . 20'^l'dg
Prwgsheim i) und Koch 2) wiesen nach, daß die Zellulose sich nicht nur
für die gewöhnUchen Bodenbakterien, sondern auch für jene, welche elemen-
taren Stickstoff assimilieren, namentlich für den Azotobakter, als ein gutes
Energiematerial bewährt. Nach Angaben von H. Prinysheim ist Clostridium
Americanum, ein stickstoffbindendes fakultativ anaerobes Bakterium . im-
stande, in Metabiose mit zelluloselösenden Bakterien eine Ausnutzung dieses
schwerlüsUchen Energiematerials für die Stickstoffassimilation zu eri-eichen.
Ganz richtig äußert sich Pringshehn auch in eiiiei- andern seiner
Arbeiten^) über diesen Gegenstand. Dort behauptet er nämlich, dal) lösliche
Kohlenhydrate oder gar höhere Alkohole immer nui- in verhiUtiiismäbig
geringer Menge in der Erdkruste vorhanden seien und daß sie überdies
wegen ihrer leichten Angreifbarkeit zum Teil der grolien Zahl do- wenig
nützlichen ^likroorganismen verfallen, die mit ihrer Hilfe den noch vor-
handenen Stickstoff des Bodens in von der Pflanze erst auf dem Umwege
anderer Bakterienzersetzungen ausnutzbai'en Eiwcilistickstoff festlegen. Die
Zellulose aber gelangt in Pflanzenresten, \\urzeln. Stengeln und Blättern,
letztere besonders im Walde, in verhältnismäßig großem Maße in die
oberen Bodenschichten. Dir Zerfall ist dort ein überraschend schneller, ein
weit rapiderer als sich unter Laboratoriumsbedingungen selbst bei den
im Boden kaum herrschenden günstigsten Temperaturgraden erreichen läßt.
*) H. Prinf/shriin, Über die Verweiidunfr von Zellulose als Enoririeiiuello zur
Assimilation des Luftstickstoffs. Zentralblatt für Bakteriologie. Abt. II. Bd. 23. 1909.
S. 3U0 und Bd. 26. 1910. S. 22l^
^) A. Koch, i'Tber Luftstickstoffbinduiii: im Boden mit Hilfe von Zellulose
als Energiematerial. Zcntralblatt für Bakteriologie. Abt. 11. Bd. 27. Nr. 1 3. S. 1.
^) 11. Fringsheim , Die Bedeutung stickstoffbindender Bakterien. Biologisches
Zentralblatt. Bd. 31. Nr. :^. 1911. S. 73.
oq.-) Julius Stoklasa.
Die \'erwenduii2: der Zellulose als Eiiergiematerial für die Bakterien,
welche eleineiitareii Stickstoff assimilieren, ist also im-Hauslialt der Natur
von grolJer Uedeutung.
Die großen Quantitäten der Zellulose, welche mit den abgestorbenen
Blättern, Stengeln und Wurzeln stets im Boden zurückbleiben, dienen auch
den Denitrii'ikationsbakterien als vorzügliche Kohlenstoffnährquelle, ohne
daß stets eine Nitratgärung verursacht wird. Die Spaltung der Zellulose
verläuft in verschiedenen l'hasen, und zwar anaerob und aerob. Die anaeroben
Prozesse zerfallen in 2 (iruppen :
a) Ohne Anwesenheit von Salpetersäureanhydrid kann Zellulose durch
echte anaerobe Bakterien zersetzt werden, wobei Wasserstoff und Kohlen-
säure oder Methan und Kohlensäure frei werden, während Essigsäure und
Buttersäure sich bilden. Dies sind die Wasserstoff- und Methangärung und
diese Prozesse allein wurden bis heute studiert und ihnen wurde die Ver-
nichtung der Zellulose in der Natur zugeschrieben.
h) Bei Anwesenheit von Salpotersäureanhydrid kann Zellulose bei
Bildung von elementarem Stickstoff und Kohlendioxyd durch denitrifizierende
lUikterien zersetzt werden.
Die hierbei wirksamen Bakterien wirken zwar ohne oder bei ge-
ringem Luftzutritt, sie sind aber selbst aerob.
Auch bei der aeroben Zersetzung der Zellulose kann man 2 Fälle
unterscheiden:
a) Ist das Medium, worin die Zellulose sich befindet, schwach alkalisch,
so spielen bei der Zersetzung gewöhnliche aerobe Bakterien die Hauptrolle.
h) Ist das Medium jedoch schwach sauer, so sind dabei Pilze und
Mycelien von höheren Fungi wirksam, i)
Man kann sich leicht überzeugen, inwieweit die Zellulose den Bak-
terien, welche elementaren Stickstoff assimiheren, sowie den Denitrifi-
kation sbakterien als gute Kohlenstoff nährquelle dienen kami. indem man
die früher erwähnte Nährlösung benutzt und anstatt Mannit oder Glukose
20 g fein zerteilter Zellulose zur Nährlösung zusetzt und mit dem unter-
suchten Boden oder Bodenaufschlemmung impft.
Aerobe Zellulosezersetzung,
Zm' Anhäufung der Wasserstoff- und JMethanbazillen. sowie zur Be-
stimmung des Wasserstoffs und Methans, welche sich durch den Abbau
der Zellulose bilden, bedient man sich folgender Lösung: In 1 l destil-
lierteu Wassers ist vorhanden :
1 g (NH,), SO,
lg KgHPO,
O-Öö^MgSO,
0-02 g Na Cl
2b g CaCOg.
*) C. ran Iterson jim., Die Zersetzung von Zellulose durch aerobe Mikroorganis-
men. Zentralblatt f. Bakteriologie etc. Bd. 11. II. Abteilung. 1904.
Methoden zur biochemischen Untersuchung des Bodens. 893
Die großen Erlemuey ersehen Kolben werden mit 500 an^ der Lösung
gelullt und sodann 10^ fein zerteilten Filtrierpapiercs (in Form von Papier-
brei) und 50 </ der untersuchten Eide hinzugefügt. Hierauf werden die
Kolben gut zugestöpselt und im Thermostat bei 30 — 35" (' belassen. Nach
Ablauf von 15 — 30 Tagen kann man dann die sich gebildete Menge von
Methan oder Wasserstoff feststellen. Aus der nach einer bestimmten Zeit
konstatierten Menge des Wasserstoffs und Methans labt sich dann sowohl
auf die Intensität des Zersetzungsprozesses der Zellulose als auch auf die
Anhäufung der Zellulosegärungserreger schließen.
Methode zur Bestimmung der zcllulosezersctzenden Fähigkeit
des Erdbodens nach Harald B. Christenscn.'^)
In einen 300««=' fassenden Jenaer Erlenmeyerkolben wii'd eine
50 g Trockenerde entsprechende Menge des zu untersuchenden Rodens
gebracht. Mit einem (dasspatel wird die Erde auf dem Kolbenboden in
der Weise angeordnet dal'i auf ca. ^j^ desselben eine gleichmäßig starke,
lose liegende, jedoch überall zusammenhängende Schicht vorhanden ist;
ca. Vö des Kolbenbodens bleibt unbedeckt: durch eine Pipette wird dann
langsam und vorsichtig destilliertes Wasser auf den uidiedeckten Teil des
Kolbenbodens gebracht; dieses AVasser wird (durch Drehung des Kolbens)
von der Erde kapillär aufgesaugt, ohne deren Struktur zu zei'stören. Es
wird so viel Wasser zugeführt, daß die Erde beinahe mit Wasser gesät-
tigt wird. Eine Übersättigung darf nicht eintreten. Es ist von Wichtig-
keit, daß das Wasser in der angegebenen Weise zugeführt wird. Wenn
nämlich das Wasser direkt auf die Erde gegossen wird, dann wird die-
selbe zusammengeschlemmt und verliert ihre lockere Struktur, wodurch
ihre zellulosespaltende Fähigkeit etwas verringert wird.
Auf die in dieser Weise befeuchtete Erde werden jetzt in passender
Entfernung zwei schmale, bei allen vergleichenden Untersuchungen al)er
gleich große Streifen aschenfreien Filtrierpapiers (Länge 30 mm . Breite
bmm) gelegt: dieselben werden durch eine (xlasstange gegen die Erde
gedrückt, damit sie überall mit den Teilen derselben in Berührung kom-
men. Es ist wichtig, darauf zu achten, daß das Papier durch die Erde
nicht allzu viel beschmutzt wird . weil die Beobachtung der Zellulosezer-
setzung dadurch erschwert wird.
Nach dem A'erlauf kürzerer oder liingei'er Zeit weniger Tage l)is
mehrerer Wochen - sieht man, daß das Papier angegriffen wird, (ie-
wöhnlich entstehen anfangs hie und da auf dem Papier kleine, runde und
scheinbar fast durchsichtige Fleckchen; oft sieht man aber ancii die Zer-
setzung an den Enden oder den Seiten der Papierstückchen einti'eten.
Bei dei- Dekomposition wird die Papierzellulose gewöhidicli nach und nach
in einen zähen. grauUchen Schleim, worin die zellulosespaltentlen Mikroben
^) Harald 1{. Christensen, Zoutralbhitt für Bakteriologie etc. Alit. II. Hil. 27.
Xr. 17/21. 1910.
LiqA Julius Stoklasa.
enthalten sind, nmgebildet. Zuweilen, und - wie es scheint — besonders,
wenn der Abbau der Zellulose durch Schimmelpilze hervorgerufen wird,
tritt eine Schwarzfiirbung des Papiers ein. und die Zersetzung kann dann
ohne Schleimbildung zu Ende geführt werden. An jedem dritten Tag
werden über das Fortschreiten der Zellulosezersetzung Aufzeichnungen ge-
macht, und dasselbe mrd mit den Zahlen 0—4 charakterisiert. Die Zahl 0
bezeichnet, daß das Papier unverändert geblieben ist, 1, daß die Zellulose-
spaltung gut eingeleitet und ca. V* des Papiers zersetzt, 4, daß die Zer-
setzung ganz oder l)eiuahe ganz vollendet ist und 2 und 3 die dazwischen-
liegenden Stufen. Die beiden in den einzelnen Kolben angebrachten Papier-
stiicke werden in den meisten Fällen gleich rasch zersetzt; zuweilen kann
jedoch die vollendete Zersetzung des einen Papierstückchens derjenigen
des zweiten um einige Tage vorausgehen. In derartigen Fällen wird dann
die Spaltung zu dem Zeitpunkt, wo das erstere Stückchen vollkommen
zersetzt ist, mit 4 charakterisiert.
Das während des Versuches (aus den mit Wattestöpseln verschlosse-
nen Kolben) verdunstete Wasser wird hie und da wieder ersetzt; es wird
darauf geachtet, daß die Erde stets so viel Feuchtigkeit enthält, daß die
Papierstückchen durch und durch naß bleiben.
Bei sorgfältigem Arbeiten läßt sich durch dieses Verfahren l)ei ver-
gleichenden Untersuchungen eine sehr gute Übereinstimmung erhalten. Die
zu einer vollständigen Zellulosezersetzung erforderliche Zeit schwankt bei
diesen Untersuchungen von ca. 50 verschiedenen x\.ckerböden zwischen 9
und 9o Tagen.
Durch unsere Versuciie haben wir uns von der verschiedenen Geschwin-
digkeit des Zelluloseal}baues bei dem mit Azotobacter geimpften und unge-
impften Boden überzeugt. In dem geimpften Boden ging der Al)bau der Zellulose
viel schneller vor sich als bei dem ungeimpften. Interessant war der Fall
bei dem Boden, welcher schon über 15 Jahre mit Stallmist nicht gedüngt
wurde und bei demjenigen, welcher eine reichliche Stallmistdüngung er-
halten hatte. Bei dem ersteren ging die Zellulosezersetzung erst nach
70 Tagen, bei dem letzteren schon nach 23 Tagen vor sich. Daraus ist
ersichtlich, daß in denjenigen Böden, die reich an Bakterien, welche ele-
mentaren Stickstoff assimilieren, sowie Ammonisationsbakterien und Deni-
trifikationsbakterien sind, der Abbauprozeß der Zellulose viel rascher ver-
läuft als bei bakterienarmen Böden.
Äußerst interessante Resultate erhielten wir bei den Untersuchun-
gen über die zellulosezersetzende Fähigkeit des Stadtbodens von Prag,
welcher von Abwässern stark verunreinigt war. In diesem Boden ist der
Abbauprozeß der Zellulose äußerst schnell vor sich gegangen; schon
nach 8 Tagen war die Zellulose völlig zersetzt. Meinen Untersuchun-
gen gemäß kann ich erklären, daß die Methode Harald Christensens ein
deutliches Bild über die zellulosezersetzende Fähigkeit verschiedenartiger
Böden liefert.
Methoden zur biochemischen Untersuchung des Bodens. 395
XVI. Methoden zum Nachweis der Bakterien im Boden, welche
Kohlenhydrate abbauen, nach Julius Stoklasa.
Von großer Bedeutung ist die Frage, ob virulente Üakterieii im
Boden vorkommen, welche einen raschen Abbau der Kohlenlivdiate hervor-
rufen. Wenn der Abbau der Kohlenhydrate bei Sauei-stoffzutritt erfolgt, so
verlaufen im Boden günstige biochemische Prozesse: bei Sauerstoffabschlul)
hingegen bilden sich groL'ie Mengen von organischen Säuren, namentlich
von Essig-, Ameisen- und Buttersäuren, welche ungemein schädlich auf die
Wurzelhaare wirken und das ganze Wurzelsystem beschädigen.
Um in Ei-fahrung zu bringen, ob im Boden Bakterien existieren,
welche die Kohlenhydrate schnell abbauen, geht man wie folgt vor:
1. Wird die Menge des von den Mikroorganismen in 1 kg Boden mit
250/0 W^asser bei 20° C ausgeatmeten Kohlendioxyds nach 20tä giger Beob-
achtung bestimmt.
2. Werden zu 1 hj Boden mit 25''/o Wasser 10 y Glukose zugesetzt
und abermals die Menge des von den Mikroorganismen bei 20" C ausge-
atmeten Kohlendioxyds nach 20tägiger Beobachtung festgestellt.
3. Werden zu 1 kg Boden mit 2r)''/o Wasser 10 g Glukose und 20 g
chemisch reines Kalziumkarbonat hinzugefügt und wiederum die Menge
des von den Mikroorganismen bei 20'' C ausgeatmeten Kohlendioxyds nach
20tägiger Beobachtung ermittelt.
Der Atmungsprozel.) verläuft
1. bei Durchleitung von 20 / kohlendioxyd-, Salpetersäure-, ammoniak-
und keimfi'eier Luft und
2. bei Wasserstoffatmosphäre.
Das Arrangement und die Ausführung dieser \ ersuche ist genau so,
wie bei der aeroben und anaeroben Atmung der Mikroorganismen im Boden
bereits beschrieben wurde.
Ich führe hier einige Resultate unserer Versuche an:
1. Ein guter, fruchtbarer Lehmboden.
Aerobiose.
Von den Mikroorganismen aus 1 kg Pioden mit 25" '0 Wasser werden
bei 20" C nach 20tägiger Beobachtung 0-962 y CO.,, bei Zusatz von 10^
(Jlukose 14-94^ COz und bei Zusatz von 10 r/ Glukose und 20 (/ chemisch
i-eineu Kalziumkarbnnats 15-2S g COg gebildet.
Anaerobiose:
Von den Mikroorgauisiiieii aus 1 kg Boden mit 25Vo Wasser werden
l)ei 20" C nach 20tägiger Beobachtung 0-235(7 CO2, bei Zusatz von \0 g
Glukose 8-386 g CO^ und bei Zusatz von 10 g Glukose und 20 g chemisch
reinen Kalziumkarbonats 12-565 y COo gebildet.
896
Julius Stoklasa.
2. Ein schwerer, wenig' fruchtbarer Tonbodeii.
Aerobiose.
\'on den Mikroorganismen aus 1 kg Boden mit 25'Vo Wasser werden
bi'i 20" C nach 20tä,uiger Beobachtung 0-288 5' ^^\^ '^^i Zusatz von 10 (/
Glukose 9'öo g CO.2 und bei Zusatz von 10 g ( Uukose und 20 g chemisch
reinen Kalziumkarbonats 13-811 f/ CO2 gebildet.
Anaerobiose:
Von den Mikroorganismen aus 1 kg Boden mit 200/0 Wasser werden
bei 20° G nach 20tägiger Beobachtung 0-174^ CO.,, bei Zusatz von 10^
(ilukose 9(i86 (/ CO2 und bei Zusatz von 10 5/ (ihikose und 20 ^ chemisch
reinen Kalziumkarbonats ll-7;')2^ CO« gebildet.
In dem guten Lehmboden verläuft der Abbauprozeß der (ilukose durch
die Bakterien bei Sauerstoffzutritt in einer normalen Weise und es bilden sich
nicht ^^ele organische Säuren. Die Menge des ausgeatmeten Kohlendio.^yds bei
Zusatz von Glukose ist fast dieselbe wie bei Hinzufügung von Kakiumkarbonat.
Bei Sauerstoffabschluß findet schon eine Bildung von größeren Quan-
titäten organischer Säuren statt, welche dann auf das zugesetzte Kalzium-
karbonat einwirken und die Kohlensäure in Freiheit setzen.
lU'i dem schweren, wenig fruchtbaren Tonboden tinden wir, daß der
Abbauprozeß der Glukose nicht normal vor sich geht und eine Bildung von
beträchtlichen Mengen organischer Säuren sowohl bei Sauerstoffzutritt,
als auch bei Sauerstoffabschluß stattfindet.
Die Bildung organischer Säuren aus der Glukose findet namenthch
in einem Humusboden mit saurem Charakter statt.
3. Ein saurer Humusboden.
Aerobiose.
Von den Mikroorganismen aus 1 kg Boden mit 25''/o Wasser werden
bei 20*^ C nach 20tägiger Beobachtung 0-054(7 CO,, bei Zusatz von \0 g
Glukose 8*62 g CO., und bei Zusatz von 10 g Ghikose und 20 g chemisch
reinen Kalziumkarbouats 13-48 g CO2 gebildet.
Anaerobiose:
Von den Mikroorganismen aus 1 kg Boden mit 25% Wasser werden
bei 20" C nach 20tägiger Beobachtung 0-483 <7 CO2, bei Zusatz von \0 g
(dukose 7-48^ CO2 und bei Zusatz von 10 g Glukose und 20 g chemisch
)-ehien Kalziumkarbonats 13-04 g CO2 gebildet.
Wie wir hier sehen, war bei diesem Boden sowohl in Aerobiose als
auch in Anaerobiose eine starke Bildung organischer Säuren zu beobachten.
Diese hier angeführte Methode führt uns zu dei- Cberzeugimg, daß der
schwere, wenig fruchtbare Tonboden, sowie der saure Humusboden einer starken
Kalkdüngung bedürfen, wenn der Abbau der Kohlenhydrate und organi-
schen Säuren im Boden normal verlauten soll. Ebenso interessante Ergeb-
nisse erhielten wir bei Anwendung von Zellulose und Xylan anstatt Glukose. 1)
M In kürzester Zeit erscheint eine ausführliche Arbeit, in der die Ergebnisse der
Experimente mit allen Kohlenhydraten, die im Buden existieren, puldiziert werden.
Methoden zur biochemischen Untersuchung des Bodens. S97
XVII. Einige Bemerkungen über Bakterien, welche auf die
Pflanzen schädliche Wirkungen ausüben.
Mail nimmt allgemein an. daß die Bakterien im Üodm aiit die Kiit-
Avicklunii' der Pflanzen einen aiissehlieUlieli jiünstigen Kiiiflul) ausüben, doch
besteht diese Anschauung nicht zu Recht. Wie ich nach meinen Ki-fahruiigen
behaupten kann, wirken manche Bakterien sehr schädlich auf das Wurzelsystem
der Pflanzen ein. und zwar besonders in solchen PWiden. in welchen ein >Iangel
an Sauerstoff herrscht und anac'iobe Prozes.se der liakterien zur (Icltung
kommen. Dies ist namentlich bei solchen Böden der Fall, welche eine kleine
Luftkapazität besitzen oder in welchen durch starke Düngung von Chilisalpeter
Verkrustungen eintraten, fei-ner in Pöden. die unter zu großer Nässe leid<'n usw.
Ich habe schon vor 12 Jahren') darauf aufmerksam gemacht, daß
manche Pflanzenkrankheiten, namentlich der Wui'zelbrand. in vielen Fällen
durch Sekrete, welche anaerobe Bakterien ausscheiden, hervorgerufen werden,
ganz besonders dann, wenn im Boden leicht abbaufi'ihige organische Sub-
stanzen vorhanden sind, wie z. B. nach einer frischen Stallniistdüngunu.
Desulfurikatoren im P)Oden.
Den Arbeiten Beijerincks und Deldens haben wir es zu veidanken.
daß anaerobe Bakterien aus dem Boden isoliert wui-den. welche die Fähig-
keit besitzen, Sulfate leicht zu Schwefelwassei'stoff zu reduziei-en.
Es ist ja bekannt, daß zahlreiche Bakterienarten in Fleischbouillon
Schwefelwasserstoff bilden, wie an einem angehängten Bleiacetatpapier-
streifen erkannt werden kann. Kräftige Entwicklung erhält man. wenn
man BouiUon mit etw^as Schwefclblume versetzt und mit Erde imi)ft.
Nach unseren Untersuchungen sind diese Bakterienarten namentlich
in städtischen und aUen jenen Böden stark vei-treten. in denen Substanzen
des tierischen Stoffwechsels in Verwesung begriffen sind.
Der Schwefelwasserstoff beeinti'ächtigt die Entwicklung des AVurzel-
systems im Boden ungemein. Schon ganz minimale Mengen dieser Ver-
bindung verursachen den Tod der betreffenden Pflanzen. Das erste Sym-
ptom der Erkrankung ist stets die Zersetzung des C'hlorophyllfarbstoffes,
der alsbald in den plasmatischen Zellinhalt überzutreten beginnt. Sodann
folgt ein \'erschwinden der (irenzen der einzelnen Chloroplasten bis auf
einen körnigen Rückstand, der in der Mitte der gesamten wolkig-trüben,
bleich gelbgrünen Plasmamasse zusammengezogen ist.
Was die ^lethoden zum Nachweis der schwefelwasserstoffbildenden
Bakterien anbelangt, so wurden solche von 0. Locw, U. Kniwcrirli und
W' Graf zu Leininyen^) erfunden.
^) Julius Sfoklasa, Botrachtuiiiron ühov die Krankheiten dor/urkerrübo inden.Iahren
1896/97. Zeitschrift für Zuckoriudustrie in Br.hni.'n. XXII. 1897 98. - l)erse]l)o. Wtirzel-
hrand der Zuckerrübe. Zentralhlatt für Bakteriologie uüdParasitcnknnde. Al)t. II. Bd. 4. 1898.
'-) 0. Loew, li. Emmerich und W. Graf zu Leiiiingen , Über schädliche Bakterion-
tiltigkeit im Boden und über Bodensäuljerung. Zcntralbhitt für Bakteri(dogie etc. Bd. 29.
Xr. 23. 25. 1911.
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. ,")7
898
Julius Stoklasa.
Der Nachweis von schwefehvasserstoffbildenden Bakterien in Böden
geschah in folgender Weise: Es wurden 2 g Boden — bei gröberen Boden-
arten mir die Feinerde — mit ca. 0^2 g Gips i) gemischt und mit 3 — 5 cm^
sterihsierter Lösung von folgender Zusammensetzung in einem ungefähr
10 cm^ fassenden Kölbchen mit aufgesetztem liöhrchen, in welches ein
Streifen Bleipapier eingeschoben war, bei 32 — 34" einige Tage belassen.
Die Lösung enthielt:
Dikahumphosphat .... 0'2^/o
Magnesium Sulfat .... 0-02 Vo
Äthylalkohol 20/0
Essigsaures Natron . . . O'öo/o
Ammonsulfat 0"lVo
Diese I^ösung war zuerst von 0. Loeiv bei Untersuchungen über müde
Böden Portoricos angewendet worden, ebenso die weiter unten bei Denitri-
fikation erwähnte Alkohohiährlösung. Ein spezieller Versuch lehrte, daß nur
ein Zusatz von Gips ein ziemUch rasches Eintreten der Reaktion ermöghcht
und die anderen Sulfate der Lösung nur unwesentlich in Betracht kommen.
Äthylalkohol wurde deshalb gewählt, weil er eine gute Kohlenstoffnährquelle
für die meisten Denitrifikanten ist. ___
Wenn nun Schwefelwasserstoff entstand, so mußte er durch das enge
Böhrchen passieren und hier das eingelegte Bleipapier schwärzen. Die
Beaktion trat bei manchen Böden schon nach 2 Tagen, bei anderen aber erst
nach 5 — 6 Tagen ein. Ein Lehmboden, der sich fest absetzt, mrd selbst
bei gleichem Gehalt an Desulfurikatoren den etwa entstehenden Schwefel-
wasserstoff langsamer an die Luft über der Flüssigkeit abgeben als ein
trockener Sandboden. Unseren Erfahrungen gemäß ist in den Städteböden
und in städtischen Gartenböden, wo keine KanaUsation ist, ein reichliches
Vorhandensein von Desulfurikatoren anzunehmen.
Es ist noch zu erwähnen, daß zahlreiche Schwefelwasserstoffbildner
unter Umständen auch Merkaptane entstehen lassen, sei es, daß sie dies
direkt foi-mieren oder daß es aus der Vereinigung von Schwefelwasserstoff
und Alkoholen hervorgeht.
Stickstofftrioxydbildung im Boden.j
Im Verlaufe des Atmungsprozesses vieler Bakterien entsteht Wasser-
stoff. Wasserstoff im statu nascendi reduziert die Salpetersäure im Boden
zu salpetriger Säure.
Unseren Untersuchungen zufolge ist die salpetrige Säure besonders
den Wurzeln der jungen Rüben- und Gerstenpflanzen sehr schädlich, zumal
bei Abwesenheit von Sauerstoff oder wenn nur geringe Mengen dieses
Elementes zugegen sind. Des weiteren haben wir gefunden, daß die sal-
petrige Säure in Böden, die eine nur kleine Luftkapazität besitzen, und
namentlich in Tonböden ganz bedeutende pathologische Zustände der
jungen Vegetation hervorrufen kann. Auf solchen Böden, die eine kleine
Luftkapazität besitzen, ist es nicht ratsam, kurz vor der Saat ChiHsalpetei'
') Der Gips wird mit sterilisiertem Wasser im strömeuden Dampf erhitzt und
als dicker Brei steril aufbewahrt. Eiuige Tropfeu desselben genügten bei jeder Probe.
Methoden zur liiochemisclion (utersuchung des Bodens. 899
anzuwenden. Es ist speziell hervorzuheben, daß Stickstofttrioxyd nanientlieh
für die junge Vegetation der Gynmosperniac ungemein schiidlich ist.
Von den Bakterien sind es hauptsäehlich die Denitrifikanteii. welche
sehr energisch die Salpetersäure in salpetrige Säure überfühi'en.
Den Nachweis des Deiiitrifikationsverniögeus des Bodens lialioi wir
schon im vorherigen Kapitel austuiirlich besprochen.
Eisenbakterieu im Boden.
Im Boden kommt Eisen in organischen Verbindungen, namentlich als
Ferri- und Ferrohumaten vor. Aus diesen assimiüeren die Kiseid)akterien
organische Stoffe. Eisen scheidet sich dami in Form von Eisenoxydhydrat
ab und bildet eine schleimige, gelbbraune Masse. Die Eisenbakterien finden
in den Ferri- und Ferrohumaten eine gute Kohleustoffnährijuelle.
E. Hamann'^) hat schon früher die Ansicht geäidiert. daß Eisen-
bakterieu von im Wasser gelösten organischen Stoffen leben, sie «zer-
stören und hierdurch die Eisenverbindungen zur Abscheidung bringen. Nach
den jetzt herrschenden Auffassungen würden die organischen Schutzkolloide
zerstört werden und hierdurch das Gel des kolloiden Eisenoxydhydrates
zur Abscheidung kommen. Für diese Auffassung spricht, daß auch Ton-
erde, Eisenphosphate und -SiUkate in den Raseneisensteinen reichlich vor-
kommen, deren Abscheidung dann verständhch wird.
Diese Prozesse spielen sich namentüch in solchen Böden ab. welche
reich an Humusstoffen , Eisenverbindungen und Wasser sind. Das abge-
schiedene Eisenoxydhydrat setzt sich dann auf das Wurzelsystem der
Pflanzen und beeinträchtigt stark die Atmungsprozesse. Namentlich die
jungen Pflanzen leiden darunter sehr. Es kommt auch sehr oft vor. daß
bei starkem Ansatz von Eisenoxydhydrat auf dem Wurzelsystem der Tod
der Pflanzen herbeigeführt wird. Nach unseren Untersuchungen wurde sehr
häufig der Wurzelbrand der Zuckerrübe durch starke Verbreitung di-r
Eiseni)akterien in humusreichen Böden hervorgerufen.
Das Vorhandenseiii von Eisenbakterien im Boden, namentlich der
Cladothrix- und Crenothrixgattungen, kann daduich nachgewiesen werden,
daß man ein Durchschnittsmuster von 100^ Boden mit 500 cm'^ Wasser
mischt, 0"5 g Eisenammonzitrat zusetzt, in großen zugedeckten Zylindern
von 1 / Inhalt aufbewahrt und bei 20" C stehen läßt. Nach einer i)e-
stimmten Zeit scheiden sich dann gelbliche Häute und Flocken vou Eisen-
bakterien ab. Ich verweise hier auf die hochinteressante Arbeit von
//. Molisch, „Über die Eisenbakterien". Jena 1910.
XVIII. Die biologische Absorption.
In dem Bodenchemismus spielen bekanntlich die ciiemischen Ab-
sorptionserscheinungen eine hervorragende Rolle und sind daher auch bereits
vielfach (iegenstand gediegener Beai'beitung gewesen. Wenn wir die ganze
^) E.Ramaiiii, Bodenkunde. Verlag von Julius Springer. Berlin 1911. S. 430.
57*
900
Julius Stoklasa.
Literatur über die Absorptionsvorgänge im Boden überblicken, finden wir,
daß uns das innerste AVesen dieser Erscheinungen noch immer nicht klar
ist und dies demgemäß derzeit noch ein ungelöstes Problem ist. Bei dem
Studium der Absorptionsvorgänge unterließ man leider stets, die biologische
Absorption in Berücksichtigung /u ziehen, wiewohl dieser neben der
chemischen Absorption im Boden eine hochwichtige Aufgabe zugewiesen
ist. Die biologische Absorption ist eigentlicb nichts anderes als die Assi-
milation der einzelnen Ionen durch die lebenden Mikroorganismen im
Boden. Die Ursache der biologischen Absorptionserscheinungen ist eine
andere als die der chemischen Absorptionserscheinungen. Bei der chemischen Ab-
sorption der Säuicn nimmt man allgemein an, daß das Sulfat-Ion. Chlor-Ion,
Nitrat-Ion gar nicht oder nur sehr schwach absorbiert ^^ird. Nur die Phosphat-
Ionen werden in erhebUchem Maße absorbiert. Aus zahlreichen Versuchen
über das chemische Absorptionsvermögen der Böden geht weiter hervor,
daCi die vei'schiedenen Basen in verschiedenem Grade absorbiert werden,
am stärksten das Ammonium- und Kah-Ion, am schwächsten das Natrium-Ion.
Nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse auf dem Gebiete der
chemischen Absorptionserscheinungen erfolgt die Absorption der Salze wie
die ihrer Ionen, i) Säuren, die unlösliche Salze bilden, werden absorbiert,
Säuren, die löshche Salze l)ilden, werden nicht absorbiert und verbinden sich
in der Regel mit den bei Absorption durch Austausch frei werdenden Basen
oder verbinden sich mit im Boden vorhandenen, leicht angreifbaren Stoffen,
namentlich unter Austreiben von Kohlensäure mit Kalziumkarbonat und
]\lagnesiumkarbonat. Die Größe der Absorption ist abhängig von dem Ver-
hältnis der angewendeten Bodenmenge zur Quantität der Lösung und der
Menge des gelösten Körpers oder mathematisch gesprochen: Die Absorp-
tionsgröße ist eine Funktion der drei Variablen: Bodenmenge, Quantität
dei- Lösung und Alenge des darin gelösten Stoffes, natürhch für ein und
denselben Boden. Die mitgeteilten Ergebnisse werfen aber auch ein Licht
auf den chemischen Charakter der bei dieser Absorption stattfindenden
Vorgänge, indem sie deutlich auf jene Prozesse hinweisen, die man als
sogenannte chemische Massenwirkungen bezeichnet.
Die Annahme einer spezifischen Absorption der Ionen ist deshalb
wahrscheinhch, weil die Änderungen der Oberflächenspannung der Salz-
lösungen sich additiv zusammensetzen, wobei jedes Ion mit einem charak-
teristischen Werte teilnimmt. Die großen Elektrizitätsmengen der Ionen
wei'den aber l)ereits bei geringem Überschuß von Ionen verschiedener
Ladung zu so großen Potentialdifferenzen führen, daß eine direkte Spal-
tung eines Salzes nicht oder nur unter Eintritt sekundärer Reaktionen
stattfinden wird.
Die biologische Absorption der einzelnen Ionen verläuft in den humi-
den und ariden Gebieten ganz anders als die chemische Absorption. Es
werden durch die lebenden Mikroorganismen alle Elemente assimihert.
') E.Bamann, ßodonkuinle. Verlag von Julius Springer. Berlin 1911. S. 60.
\
Methoden zur biochemischen rntersuchiing des Bodens.
901
welche sie zum Aufl)aii neuer lebender Zellen heiiöti^^cn. nnd in ori:anisehe Ver-
binduniLien unii^ewandelt. Wie wir nns dureli ausfüliiliche Versuche mit Stick-
stoff-, phosphor-, Schwefel-, chlor-, kalinm-, natrium-. kalzium-. magnesium-,
aluminium-, eisen- und manganfreien Nidirlösungen üherzeuj^t haben, sind es
namentlich Stickstoff, Phosphor, Schwefel. Kalinm. Magnesium, Aluminium
und Eisen, welche für die Entwicklung und \'ermehrung jener Gruppen
der Bakterien, die sich an dem Kreislauf (Ws Stickstoffs im Hoden be-
teiligen, unentbehrlich sind.
Azotobacter chroococcum
In der Trockensubstanz wurd(
Stickstoff ll-3Vo
Phosphorsäureanhydrid . . 4'93''/o
Schwefelsäureanhydrid .
KaUumoxvd
0-29»/o
2-41 Vo
gefunden:
Magnesiumoxyd .... 0'82Vo
Kalziumoxyd 0-:-i4''/o
Eisenoxyd 0-08Vo
Keinasche 9-66»/o
Natriumoxyd 0*07 "/o \
Bacillus myeoides.
In der Trockensubstanz wurde gefunden:
Stickstoff 10-847o
Phosphorsäureanhydrid . . 4"07'*/o
Schwefelsäureanhydrid . . 0'49<'/o
Kaliumoxyd. . '. . . . 2-27o/o
Natriumoxyd 0-12« /o
Magnesiumoxyd
. . . O^SVo
Kalziumoxyd 0"o6° o
Eisenoxyd O'Oö^o
Keinasche g-öO« o
Bac. fluorescens li(|uefaciens.
In der Trockensubstanz wurde gefunden:
9-74o/o
5-02o/o
0-38«/o
0-83»'
Magnesiumoxyd
Kalziumoxyd
Eisenoxyd . .
Reinasche . .
0-33 o/o
0-420/0
0-06« 0
T-78%
Stickstoff
Phosphorsäureanhydrid .
Schwefelsäureanhydrid .
KaUumoxyd u'öo7o
Natriumoxyd 0"21'' o
Zum komplexen Aufbau speziell formativer und plastischer Stickstoff-
verbindungen (Proteine. Nukleoproteide etc.) wird von den Mikroorganismen
im Boden der Stickstoff in elementarer Form, das Ammonium-Ion. Nitrat-
Ion. Sulfat-Ion, Phosphat-Ion etc. assimiliert. Bei der Assimilation der
einzelnen Ionen müssen alle normalen Vegetationsbedingungen vorhanden
sein, namentlich eine geeignete Kohlenstoffnähniuelle. alle übrigen anorgani-
schen Nährstoffe, eine gute Konzentration der Nährlösung, eine günstige
Temperatur und eine gewisse Zeit.
Um sich davon zu übei'zeugen. ob tatsächlich eine biologische Ab-
sorption stattgefunden hat. darf man den Prozel'i nicht wie Fcsca^). K/iop'-).
') Fesca, Beiträge zur agronom. Bodenuntersuchung und Kartieruug. Berlin 1882. S. 31 .
-) W. Knop, Die Bonitierung der Ackererde. Leipzig 1872. S. 49.
q()0 Julius Stoklasa.
rUIifz'^) mid Zulomanof-) bloll 2 oder 3 Tage verfol»eii. sondern mindestens
30 Tage bei einer Temperatur in der Brutlvammer von 25 — 30" C.
In meiner Versuchsstation wurden nachstehende diesbezügUche
Experimente ausgefiihrt :
Wir verwendeten S lange (ilasröhi"en von 5 cm Duichmesser mit einer
tTTchterfürmigen Einschnürung. Diese letztere wurde mit Baumwolle ver-
schlossen und über dieser Baumwolle befand sich eine 2 cm hohe Schichte
von (ilasperlen. Die (ilasröhren umhiülteii wir mit starkem schwarzem
Papier und fiülten sie mit 250 ,f/ Lehmboden (Heide])oden) , welcher von
einer gleichmäßigen physikalischen Beschaffenheit war. Da die gröberen
Bodengemengteile ein kleines Absorptionsvermögen besitzen, verwendeten wir
stets den durch das 0'2 5J^»^-Sieb gegebenen Gesamtboden.
Der Boden von nei' Bohren blieb ungeimpft, der von den anderen
vier Röhren A\(irde mit Kultur von Bacillus mycoides geimpft. Zu dem
Impfmaterial wurde Ir/d-Glukose und O'l (/ Pepton zugesetzt. Die Impfung
wurde in der Brutkammer bei einer Temperatur von 25« C binnen 10 Mo-
uaii'u \ici'nial vorgenommen. Nach dieser Zeit, als wir uns schon über-
zeugt hatten. dalJ in den vier geimpften Bohren eine starke Entwicklung
der Kultur von Bacillus mycoides stattgefunden hat, sind wir an das
weitere PLxperimentieren geschritten. Zur Bestimmung des Absorptions-
vei'uiögens des Phosphat-Ions wurde folgende Lösung zubereitet:
10^ Ca H^ (PO Ja -Ha 0 wurden in 20006^3 Wasser gelöst, so dalHn
1000 r«?3 Wasser 2"83^ Phosphorsäureanhydrid enthalten waren. Für jedes
lldlir Her. man 200 cw/^ monokalziumphosphathaltiges Wasser 23 Tage lang-
mit der gleichen Geschwindigkeit durchsickern. Nach 23 Tagen wurde der
Inhalt der (ilasröhren mit dem gleichen Quantum destillierten Wassers durch-
gewaschen, damit das Filtrat mit dem Waschwasser von jedem einzelnen Bohr
500cy/r' beträgt. Nach dieser Zeit wurde gefunden, daß in den ungeimpft en
Bohren vom (iesamtphosphorsäureanhydrid 62"/o, bei den geimpften 98"/o
absorbiert wurden. Die Absorptionsprozesse verliefen ebenfalls bei 25" C.
Das Absorptionsvermögen des geimpften und ungeimpften Bodens,
wclcli ix'idc ein und dieselbe chemische und physikahsche Beschaffenheit
aufwiesen, variierte also ungemein. Durch unsere vorstehend beschriebenen
Experimente wurde der eklatante Bew^eis erbracht, daß eine biologische
Absorption des Phosphat-Ions im Boden tatsächlich stattgefunden hat.
Das biologische Absorptionsvermögen der verschiedenen Bodenarten steht
gewiß in einer engeren Beziehung zu der p]rnährung der höhereu Pflanzen
und ist für die Beurteilung der Fruchtbarkeit des Bodens sicherlich von
großer I)edeutung.
Um zu eruieren, wie sich der geimpfte und der ungeimpfte Boden
zu der Erhöhung der Pflanzenproduktion verhalten, haben wir die Versuche
in derselben Weise, wie bereits geschildert wurde, nochmals wiederholt.
') W. FilHtz. Zeitschr. f. anal. Clieniic. 1875. 14, 55 und 282.
-) N. Zalomunoff, Jul. Kiilui, Berichte des laiidw. Instituts. Halle a. S. 1880. S. 40.
Methoden zur biochemischen Untersuchung des Bodens. 9U.">
Wir füllten 4 Vogetationsgofäßo mit je 18 /y/ (lo.ssellx'ii ncidcbodcus,
den wir für nnsero Absorptioiisvci-siK-lic Itciml/trn. Diese \'('i>ii(lic teilten
\vir in zwei (iruppen ein, und zwar:
I. (iruppe der Vegetations^-efälie. Für jeden Topf winden r^'Miy nn-
geimpften Bodens aus den Röhren vorsielitiii hcrausgcnoinnH'U. Hierauf
^Yurde diese Bodennienge mit 500 cin^ niclitabsorbicrten M<»n(»kalziuni-
phospliats begossen.
II. (iruppe dei- Vegetationsgefälie. Jedes VegetationsgefäCi erhielt
250 /y geimpften Bodens i). welche Bodenmenge sodann ebenfalls mit öOOcm^
nichtabsorbierten Monokalziumplios])hats begossen wurde.
Für die biologischen Absoi'ptionsversuche wurde für ein l!(»lir jJOUcw'
Lösung- mit O'öOt),^ Phosphorsäiireanhydrid in Form von Ca H^ (I'()4 1.^ . Hj (J
benutzt. Dasselbe Quantum, jedoch in verschiedenartigen Absorptionsformen,
erhielt jedes Vegetationsgefäß. In jedem Vegetation sgefäß befanden sich sechs
Gerstenpflanzen. Wir wählten aus diesem Grunde Gerste als Versuchsobjekt.
weil selbe auf die An- oder Abwesenheit (Wi^ Phosphat-Ions sehr stark
reagiert. Bei diesen E.xperimentou erzielten wir folgende Kiträi^c:
I. Gruppe: Ungeimpfter Boden aus den l!(lliren.
Ertr;ig
Frucht Stroh
1. Vegetationsgefäß U?>2 (/ 2116g
2. Vegetationsgefäß 13-57^ 20-68/7
IL Gruppe: (jeimpfter Boden aus den Bohren.
L Vegetationsgefäß 18-86 (/ 24-65^
2. Vegetationsgefäß 20-53 g 25-84 g
Unsere Beobachtungen haben ergeben, daß die Impfung-
der Böden entschieden zur Erhöhung des Ertrages der (Jerste
beiträgt. Das Steigen der Pflanzenproduktion läßt sich dadni-ch
erklären, daß durcli die erhöhte Lebenstätigkeit der llakterien
im geimpften Boden die Xähistoffe des Bodens inobili>iei-t und
leichter von dem Wurzelsystem derPflanzen assi ni ilieit wei-den
können.
Sehr interessante Ergebnisse erzielten wir dnrcli die
Anwendung sterilisierter und nichtsterilisierter Bödi-n. die ver-
schiedene Ertragsfähigkeiten besaßen. Bei dem sterilisierten
Boden wurden vom (iesamtphosphorsäureanhydrid 48 — 86V0'
bei dem nichtsterilisierten P.oden 52 — 99-8Vo Pliosphorsäu re-
anhydrid aI)soi-ltiei-t.
Versnchsmetliodik.
Die diesbezüglichen N'eisnche werdeu in nachstehendei- Weise aus-
geführt :
'&'
*) Das Impfmaterial für diese Versuche cntliiolt bloli Kulturen von IJac. mycoides
und Glukose. Pepton wurde nicht angewendet.
904
Julius Stoklasa.
Fig. 221.
Mall verwendet 4 »leich laiii^e Glasröliren von 5 cm Durchmesser mit
eiiM-r tri(•ht('riormi^■en Kiiisdinüruiisi:. (Siehe Fig. 221.) Diese Einschnüruiiti'
wird mit Baumwolle verschlossen und über
dieser Baumwolle l)ef ludet sich eine 2 cm hohe
Schichte von kleineu Glasperlen. Die Röhren
werden mit 250/7 frischem Boden (befreit
von Steinen) uefüUt. In diesem Boden wird
das Wasser bestimmt. Die Glasröhren müssen
in einer solchen (irölie gewählt werden, daß
der leere Kaum über der Bodenschichte 7 cm
beträgt, so dal» bei den nichtsterilisierten
Röhren die Luft zum Boden vollen Zutritt
hat. Die Bodenschichte mui) in allen 4 Röhren
gleich hoch sein. Zwei Röhren werden in strö-
mendem Dampf gründUch sterihsiert und
mit Baumwolle verstopft. Nach dem Sterili-
sationsprozel) werden dann alle 4 Röhren in
eine Brutkammer gestellt und dort bei 25" C
die Absorptiousversuche vorgenommen.
Zur Beobachtung des Verhaltens der
Mikroorganismen im Boden zu den Nährlösun-
genverwendet man zweckmäßig folgende Salze:
Ammoniumsulfat , Ammoniumchlorid, KaUumnitrat, Kalziumnitrat,
Monokalziumphosphat, Kaliumchlorid, Kalium suhat und Magnesium sulfat.
Mau stellt sich die i/,o-Noi-mallösung dieser Salze am besten dadurch her.
daß man V:o ili^'^s Molekulargewichtes in Grammen abwiegt und in
1000— 2000 c>;^ 3 destilUerten Wassers bei 16» C löst. Die Lösung wird
hernach sterilisiert und mit Chloroform versetzt.
Man Ix'nutzt also Vio Molekulargewicht von
(NH,), SO,
NH.Cl. .
(NH,)N03
NaNOg .
Ca (N()3)2
= 13-22^
= 5'35 g
= S-Olg
= 8-51 g
= 16-2 g
CaH4(P(),)2-H,0
KCl ....
KoSO, . . .
Mg SO4 + '=''*■ .
= 25-21 g
- 7-4(3 (/
= 17-44^
- 24-66 (j
Versuche über die Absorption des IMiospha t-Ions.
Zur Bestimmung des biologischen Absorptionsvermögens des Phosphat-
Ions wird die Lösung so zubereitet, daß man 25-2^ CaH^ (P04)2.H2 0^)
(chemisch rein) in 2000 cm"^ Wasser löst, diese Lösung sterihsiert und mit
einer genügenden Menge von Chloroform versetzt. Für jedes Rohr läßt man
200<">^<.3 moiiokalziumphosphathaltiges Wasser 30 Tage lang mit der gleichen
(Jeschwindigkcit (hirchsickern. In 200 cvw^ Monokalziumphosphatlösung
sind l-42(/P., U5 vorhanden. Nach 30 Tagen wird der Inhalt der Glas-
*) ^ ,j Molekulargewicht des chemisch reinen Monokalziuraphosphates.
Methodeu zur biuchouiischeii rntersucluiug des Budeus. 905
röhren mit dem gleichen Quantum destillierten Wassers durcliLicwasclicn,
damit das Filtrat mit dem Wasehwassci- von jedem einzelnen Kohr öOOnn-^
beträgt. In dem abgemessenen Quantum der Flüssigkeit wird das Phosplior-
säureanliydi'id mittelst der Molybdänmetliode bestimmt. Ich lasse hier einige
Beispiele folgen. Die Resultate der folgenden A'ei'suclie sind auf 2i)() ;/
Trockensubstanz der betreffenden Böden berechnet.
A. Versuche mit Böden, welche einen sauicn Charakter besitzen.
1. Ehemaliger Waldboden von Kundratitz.
Dies ist ein Boden, der reich an llnmuskolloiden ist und einen sauren
Charakter besitzt.
Nach oO Tagen wurden vom Cesamtphosphorsäureanhydrid in den
sterihsierten Röhren 4S-So/o, in den unsterilisierten Röhren r)2"r>"'o absoi-biert.
2. Ein Torfboden von Milcic. welcher reich an Ilumusstoffen war
und einen sauren Charakter besaß.
Nach oO Tagen wurden vom (Jesamtphosphorsäureanhydrid in den
sterilisierten Röhren eS'TVoi in den unsterihsierten Röhren öH'BVo absorbiert.
B. Versuche mit Böden, die einen schwach alkalischen oder
neutralen Charakter l)esitzen.
1. Angeschwemmter Boden von Sadska. Dieser Boden besali einen
schwach alkalischen Charakter, zeichnete sich durch eine grolie Frucht-
barkeit aus und war ein vorzügUcher (ierstenboden.
Nach 80 Tagen wurden vom (k'samtphosphorsäureanhydrid in den
sterilisierten Röhren 80'8"/o. in den unsterilisierten Röhren 94"6Vo absorbiert.
2. Angeschwemmter Boden von Koui-im. Dieser Boden wies einen
neutralen Charakter auf und war ein ausgezeichneter Riibeidwden.
Nach ;)0 Tagen wurden vom (Jesamtidiosphorsäureanhydrid in den
sterihsierten Röhren 8(3"o'Vo- ii^ "'^''^ unsterilisierten Röhren 98"r)"yo absorbieit.
8. Rübenboden von Böhmi schbrod. Dieser Boden besaß einen schwach
alkaUschen Charakter und war äußerst fruchtbar.
Nach oO Tagen wurden vom Gesamtphosphorsäureanhydrid in den
sterihsierten Reihren 85"3ö/o, in den unsterihsierten Röhren 99"8"/o absorbiert.
Die Differenz in der Menge des absorbierten Phosphorsäureanhydrids
bei den sterilisierten Böden gegenüber den nichtsterilisierten wird durch
die Assimilation der im Boden vorhandenen Mikroorganismen hervor-
gerufen. Diese durch die biologische Absorption entstehende Differenz be-
trägt bei dem Waldboden von Kundratitz 3'8Vo- l^^'i *'*'"' Torfboden von
Milßie 4"6Voi bei dem angeschwemmten Boden von Sadska 1;V8" o- bei dem
angeschwemmten lioden von Koufim i2"2o/o und bei dem Rübenimden von
Böhmischbrod l-l:-5"/oP2^5- Di^ Böden, welche einen sauren Charakter
haben, also die absorptiv ungesättigten und wenigei- fruchtbaren
Böden, kennzeichnen sich durch ein kleines biologisches Absorj)-
tionsvermögen. die absorptiv gesättigten Böden hingegen weisen
für das Phosphat-Ion ein großes Ai)sorptionsvermögen auf. Die
906
Julius Stoklasa.
Assimilation des Phosphat-Ions steigt, wenn alle Vegetations-
faktoren für die Entwicklung der Mikroben im Boden vorhanden
sind, das ist namentlich eine große Liiftkapazität, die Anwesen-
heit leicht zersetzbarer Kohlenhydrate und genügender Mengen
Stickstoffs in leicht assimilierbarer Form.
Versuche über die biologische Absorption des Kali-Ions.
Diese Versuche wurden ebenso wie die Experimente bezüglich der
biologischen Absorption des Phosphations ausgeführt jedoch hierzu Kalium-
chlorid sowie Kaliumsulfat verwendet.
Wir fanden auch hier wieder, daß diejenigen Böden, welche einen
sauren Charakter besitzen, also die absorptiv ungesättigten und weniger
fniclitbaren Böden, ein kleines biologisches Absorptionsvermögen, die ab-
sorptiv gesättigten Böden hingegen ein großes Absorptionsvermögen für
das Kali-Ion aufweisen.
Hiolo;;ische Absorption des Nitrat- mu\ Ammouiiimions.
Diese Versuche wurden genau so vorgenommen, wie die früher ge-
schilderten, nur benutzte man dazu Ammonium-, Natrium- oder Calcium-
nitrat und Ammonium sulfat. Die Versuchsanordnung war die gleiche wie
bei den Experimenten betreffs der biologischen Absorption des Phosphat-
ions. Die von uns erhaltenen Resultate sind sehr interessant, denn,
es ergab sich, daß diejenigen Böden, die eine kleine Luftkapazität besitzen
arm an Bakterien und abbaufähigeu organischen Substanzen waren, ein
\iel kleineres biologisches Absorptionsvermögen für das Ammonium- und
Nitration besaßen als jene Böden, welche reich an Bakterien und abbau-
fähigeu organischen Substanzen sind. Ferner wurde festgestellt, daß die
biologische Absorption des Nitrat- und Ammoniumions von der Anwesen-
heit des Phosphat- und Kaliions abhängig ist.
Bestiminiing- der Katalase im Boden.
Die Katalasen sind im Tier- und Pflanzenreich sehr stark verbreitet.
Sehr kräftige Katalasen erhält man aus Hutpilzen (Boletus scaber) und aus
niederen Pilzen, Hefen und Bakterien. i)
August Jörns -)],hesi\mmte die Katalase in den Bakterien in der
Weise, daß er eine a])gemessene Menge der auf ihren Katalasegehalt
zu untersuchenden Flüssigkeit (Bouillonkultur etc.), z. B. 1 cm,^ mit
Wasser verdünnte (meist auf 90 cw^), nachdem vorher ermittelt war. wieviel
Kubikzentimeter — n-KMnO^-Lösung von dem in der Flüssigkeit vorhan-
denen Eiweiß reduziert werden. Dann wurden abgemessene Mengen HoO.,
(meist lOcMi» einer ca. IVoiS'eii Lösung) zugesetzt. Die Flüssigkeiten wur-
den in einer 200 ows.piasche mit eingeschliffenem Stöpsel zusammenge-
bracht. Der Augenblick, in dem der Zusatz der H, Oa-Lösung geschah, galt
*) Hans Euler, Allgemeine Chemie der Enzyme. Wiesbaden 1910.
-) Auffust Jörns, trber Bakterienkatalase. Arch. f. Hyg. 67. 134 — 62. Chem. Zentral-
blatt. Bd. 79. 11. 1908.
Methocleu zur biochemischen Untersuchung des Bodens.
907
als Anfang der Reaktion. Nach der gewünschten Zeit \vnr(h' das unzersetzt
gebliebene ILO, in schwefelsanrer Lösnng mit KMiiO^-Lösung znrück-
titriert. Die KMnO^-Mcthode der (luautitativcn II J )o-n('stiiiiniiing in
Flüssigkeiten, die geringe Mengen von IJakterii-nbouillonkidtun-n und deren
Filtraten, d. h. von organischer Suljstanz enthalten, hat vor der jodonietri-
schen Methode den Vorzng größerer Genauigkeit und schnellerer Austnhiung;
die gasanalytische Methode arbeitet ebenfalls genau, ist aber zeitraubend.
Alle Versuche von August Jörns liefern (h'ii P.eweis. dalj die Kigeii-
schaft der H, Oa-Zersetzung unter p]ntwicklung von freiem Sauei-sfnff (hirch
Bouillonkulturen auf der Wirksamkeit eines spezifischen, von den Bakterien
gebildeten Fermentes beruht. Die iJakterienkatalase tritt als Kkto- und
Endokatalase auf. An Prodigiosuskulturen wurde gezeigt, daß dir Fähigkeit.
Wasserstoffsuperoxyd zu zersetzen, noch vorhanden ist. wenn die Ilakferien-
zellen bereits zerstört sind; auch die keimfreien Filtrate Avirkten noch auf
Wasserstoffsuperoxyd. Die Katalasebildung ist eine fast allgemein
verbreitete Fähigkeit der Bakterien, die allerdings (iii;i n t it.t t i v
bei den einzelnen Arten sehr ungleich ist.
Arthur W. Dox^) hat die Katalase in Schimmelpilzen konstatiert. Er
fand, daß die Schimmelpilze el)enfalls eine stark aktive Katahise enthalfen.
Die Katalasemenge in den Schimmelpilzen wurde volnmetrisch durch Auf-
fangen des aus h cni^ einer H-SP/oigen Wasserstoffsuperoxydlösung in
3 dünnten abgespaltenen Sauerstoffes bestimmt. Das Verhalten von Katalase
in verschiedenen Schimmelpilzarten zeigt folgende Tabelle :
Penicillium
(kuiauxi
i)iforme . .
spinulosum .
decumbens .
camemberti
itahum . ..
chrysogenum
stoloniferum
intricatum .
atramentoum
lilacinum .
citrinum
expansum .
divaricatum
rugulosum .
i'useum . .
africamim .
cm-' Sauer
Stoff in
3 Min.
. 25-:-3
. 25-0
224
. 17-4
. 13-7
. 111
. 100
. 8-6
. 5-2
. 3-5
. 2-8
. 2-6
. 20
. 1-2
. 0-9
. 0-8
. 0-8
Penicillium claviforme .
piiiophihnn .
luteum . .
rocjueforti .
granuhitum
cm'^ Saaor-
stoff in
3 Min.
. on
. 0-2
. 0 2
. 0-2
. Ol
Aspergillus glaucus . . . . 21"1
J7
fumigatus
clavatus .
nidulaus
vaiians .
tlavns .
ostianus
(tchraci'us
oryzae .
candidus
weiitii .
lliliel-
19 0
in-2
lOi
7-4
(;•:>
4;")
:\v
24
1-2
(tC.
{)■(.)
Was die physiologische Findvtioii der Katalase in der Icbeiidcii Zelle
anbelangt, so ist es nach dem jetzigen Stand der Wissenschaft und Fiuschun-
') Arthur IT. Dor^ Journ. Auieric. Cham. Öoc. 32. 1357-
Bd. 81. II. 1910.
-Gl. Clicni. ZeiitraUilatt.
qnü Julius Stoklasa.
o-en von Eicald, Italie, Chodat und Xeuhaus, Kastle und Loewenhart, Leo
Liehcrmann, Enler und Oskar Lociv sehr schwor, sich von der Bedeutung-
des Enzyms im Stoffwechsel der Zelle eine Vorstellung zu machen. Daß
die Katalase gar keine lebenswichtige Tiolle spielen sollte, ist in Anbetracht
ihrer ubi(|uitären Verbreitung in allen Zellen \) unwahrscheinUch. Nachdem
die Bakterien und Schimmelpilze die Eigenschaft besitzen. Wasserstoff-
superoxyd mit großer Energie zu zersetzen, kann man voraussichtlich durch
die Katalasebestimmmig im Boden einen gewissen Anhaltspunkt gewinnen
über die Verbreitung und Menge der wirkenden Enzyme der Bakterien und
Schimmelpilze im Boden. Durch Zusatz von Chloroform wird die Sauer-
stoffentwicklung sehr wesentUch herabgedrückt, durch Zusatz von Blausäure
bei vielen liöden fast ganz aufgehoben.
Methodik der Katalasebestimmung.
Nach Löhnis '^) zersetzt ähnlich Avie die Milch auch die Erde Wasser-
stoffsuperoxyd; die abgespaltenen Sauerstoffmengen sind nach seiner An-
sicht in diesem Falle aber weit größer als in jenem. Humus, Mikroorga-
nismen und anorganische Bodenbestandteile beteiligen sich gemeinsam an
dem Prozeß. In der Regel genügt es. bg Erde mit 20 c»/i3 3 «/oigein ^Wasser-
stoffsuperoxyd (1 Teil Perhydrol Merck + 9 Teile destilliertes Wasser) zu
versetzen; sehr humusreichen Böden (Schwarzerden) muß dagegen 40 cm^
hinzugefügt werden, wenn die volle Sauerstoffentwickluug beobachtet wer-
den soll. Für Vergleichszwecke scheint es nach Löhnis am zweckmäßigsten
zu sein, festzustellen, innerhalb welcher Zeit die ersten 100 cm^ Sauerstoff
in Freiheit gesetzt werden. Die im 800 cwi^-Erlenmeyerkolben befindhche
Erde wird zweckmäßig vor Zugabe des Wasserstoffsuperoxyds in 50 cm^
Wasser aufgeschwemmt, das Gemisch während der Beobachtungszeit in
Bewegung gehalten und das Gas in einem graduierten Rohr über Wasser
aufgefangen. Experimentiert man mit derselben Erde 1. in frischem Zu-
stande. 2. nach erfolgter Abtötung der Mikroorganismen und Zerstörung
von dei'eii Katalase durch Behandlung der Erde im Autoklaven bei2Atm.
Überdruck und :'>. nach Zerstörung der Humussubstanzen durch Glühen
des Bodeiis, so erhält man ein ungefähres Urteil über die Beteiligung der
drei genannten Faktoren am Resultat.
Wir benutzten zur Bestimmung der Katalase mit großem Vorteil
den Apparat von Henkel. Dieser besteht aus einem Topf, der mit Wasser
von 22" C gefüllt wird. In dem Glasrohr ohne Teilung der Gasentwicklungs-
röhre wird 1 f/ Boden mit 5 cm^ sterihsierten Wassers und 8 cm^ S^/oi^en
Wasserstoffsuperoxyds (1 Teil Perh}'drol von Merck + 9 Teile destillierten
Wassers) untereinander vermischt; sofort wird auf die Glasröhre ein Gummi-
stopfen aufgesetzt, in dessen Bohrung ein 8-iormig gebogenes Glasrohr,
das (lasableituugsrohr. eingesteckt ist.
') Näheres über die Katalase finden die Leser in dein vorzüglichen Werk: ..Die
Fermente und ihre Wirkungen" von Carl Oppenheimer. Leipzig 1910.
-) Dr. F. Löhnis, Landwirtschaftlich-bakteriologisches Praktikum. Verlag von Ge-
brüder Borntraeger. Berlin 1911.
Methotlen zur 1)iocl)emiscIien Untcrsucluiug des Bodens. 909
Zwischen Stopfen und dem Geniiscli soll noch ein Al»st;ind von
IV2 — 2 ^*'^ "^ein. Der Abstand darf nicht zu kleiu sein, weil sonst hei (h'r
Gasentwicklung^ Schaum in das 8-itolii- tieianiit.
Das so verschlossene Ilöhrchen mit l'iodcn setzt uiaii niiii in den
drehbaren Einsatz. In dem Topf muß so viel Wasser sein, daß die iiiitnc
Öffnung des 8-Iiohres 2 cm unter Wasser steht und das Wasser bis au
den Stopfen des Ilohres mit Boden i-eicht.
Das mit Teilunii versehene Röhrchcii ((iasaulfaujiriihre) füllt man an
der Ausl)uchtuu^sstelle des Topfes durch Untertauchen vollständiii mit
Wasser, kehrt es unter Wasser um, so daß die Ölfnun^ nach nuten raiit.
bringt nun. immer unter Wasser, die Öffnung des Ibihrchens mit Teilunii-
über die Öffnung des 8-Kohres un<l drückt es oben in die am drehbaren
Einsatz befindliche Klammer, über welcher eine Nummer angei)raclit ist.
Wenn dies richtig gemacht wird, ist das Gasauffangrohr ganz mit Wasser
gefüllt. Es daif sich unmittelbar nach dem Aufsetzen am (»bereu Ende
keine Luftblase befinden.
Das Aufsetzen des Stöpsels, das Einsetzen in das Wasserbad und
das Überstülpen der (iasaulf angröhre muß rasch geschehen, da l)ei den
meisten Bodenproben die Gasbildung sehr rasch eintritt.
Durch das in dem Boden vorhandene Elnzym, ..Katalase" genannt,
oder durch ähnliche Enzyme wird aus dem Wasserstoffsuperoxyd Sauer-
stoffgas ausgeschieden. Dieses steigt durch die 3-Ivöhre in das überstülpte
Bohr und verdrängt Wasser, so daß nun in der Bohre über der Wasser-
säule eine je nach der Menge der Katalase verschieden hohe Gassäule
steht. Diese Gasmenge wird nach Verlauf von 2 Stunden gemessen. Man
zählt von oben nach unten die Striche ab; ein Teilstrich bedeutet 1 cm^
Gas. Kleinere Mengen schätzt man.
Man kann sich auch eines Apparates bedienen, welcher an der Vor-
derseite der Ausl)uchtung eine Glasscheibe besitzt. Bei der Ablesung faßt
man dann das Gasauffangröhrchen mit einer Klemme (damit sich das (Jas
durch die Bertihrung mit der Hand nicht ausdehnt), hebt dassell)e von dem
8-B()hr ab, brinüt es. die Müudunii immer unter Wasser, vor die (ilasscheibe
und taucht es senkrecht so weit ein. daß das Wasser iiuu'U und außen gleich
hoch steht. So kann man bei gleichem Innen- und Außendruck ablesen.
Mau kann die Ablesung dieser Art auch außerhalb des Wasserbades
vornehmen, indem man den beigegei)enen Becher mit Stiel unter Wasser
bringt und die Mündung des Gasauffangrohres in den Becher aufrecht
einstellt. So kann dann das Böhrchen in ein (Uasgefäß mit Wasser (Becher-
glas, Zyhnder u. dgl.) übertragen werden und doi't die Ablesuni.; bei gleichem
In-iu'n- und Außendruck erfolgen.
Ich lasse hier die Besultate. welche wir mit dii'seni Apparat i'rhalteii
haben, in der nachstehenden Tabelle I folgen. Unseri- rutersuchungen
wurden an zwei fruchtbaren Lehmböden und an einem \'erwitterungsboden,
welcher noch nie bebaut wUrde, vorgenommen. Wie aus dei- Tabelle I deul-
lich ei-sichtlich ist. sind zwischen dem bebauten niid unbebauten Boden
große Differenzen wahi'zuiu'hnu'U.
[\l() Julius Stoklasa. Methoden zur biochemischeu Untersuchung des Bodens.
Tabelle!
Art dtT Böden
In frischem Zustande.
DiirrhsclinittszaUl aus 3 Versuchen,
iiiML'.rechnet auf Trockensubstanz
Sterilisiert bei "2 Atm. im Autoklav.
Durchschnittszahl aus 3 Versuchen,
umgerechnet auf Trockensubstanz
In
1 Stunde
In
2 Stunden
In
3 Stunden
In In
1 Stunde 2 Stunden
In
3 Stunden
Ein fruchtbarer
Ackerboden . . \\280 cm^ 0\B3-1 cm^ 0
38-7 cm' 0
3-0 cm^ 0
4" 5 an^ 0
5-7 cw» 0
Ein anderer frucht- j
barer Ackerl)oden 30"4 c»i' 0
35-3 cm' 0
42-6 cm' 0
30 cm' 0 i 4-2 cm' 0
5-2 cm' 0
Ein noch nie be-
bauter Boden . .
51 cm' 0 6"9 cm' 0
8-5 cm' 0
1-4 cm' 0
2-3 cm' 0
30 cm' 0
Art der Boden
Ein fruchtbarer
Ackerboden .
Ausg-eglüht.
Durchschnittszahl aus 3 Versuchen, umgerechnet auf Trocken-
substanz
In
1 Stunde
In
2 Stunden
In
3 Stunden
2-4 cm' 0
3-8 cm' 0
5'5 cm' 0
Ein anderer frucht-
barer Ackerboden
6'6 cm' 0
10-3 cm" 0 13-5 ««' 0
Die größere Menge des abgespaltenen
Sauerstoffs bei diesem ausgeglühten
Boden im Vergleiche zu der in dem-
selben sterilisierten Boden ließe sich
vielleicht durch die Wirkung der
Mineralsubstanz erklären
Ein noch nie be- i
bauter Boden . . \\0'ijcm'O
0-9 cm' 0
11 cm' 0
Über die Bestimmung der katalytischen Kraft des Ackerbodens hat
des weiteren auch J. König ^) Versuche angestellt. Derselbe beschreibt in
der betreffenden Arbeit auch einen Apparat zur Bestimmung der katalyti-
schen Kraft des Bodens, welcher im Prinzip derselbe ist, wie ich ihn oben
beschrieben habe.
Dieser Forscher fand, daß die Sauerstoffentbindung aus Wasserstoff-
superoxyd oder die katalytische Kraft des Bodens im allgemeinen mit
seinem (behalt an Humus bezw. organischen Stoffen steigt und fällt. Daß
die Sauerstoffentbindung nach Zusatz von Chloroform und Blausäure nicht
bei allen Böden ganz aufgehört hat. hat seinen Grund darin, daß außer
Enzymen im Boden noch andere Sauerstoff entbindende Stoffe, wie Mangan-
und Kisenoxyde vorkommen. Kocht man die Böden mit Salzsäure aus, so
hat der Bodenrückstand die Fähigkeit, Sauerstoff aus Wasserstoffsuperoxyd
zu entwickeln, vollständig verloren.
Zum Schlüsse will ich noch erwähnen, daß für die Messung der
katalytischen Kraft des Bodens auch der Apparat von Liehermann (siehe
Abderhaldens Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden, HL Bd., I.Hälfte,
S. 69) mit Vorteil benutzt werden kann.
*) .7. König, Die Untersuchung landwii-tschaftlich und gev/erblich wichtiger Stoffe.
Berlin 1911.
Methodik der Stoffwecliselniitorsuchuiii»; Ix'i Mikro-
organisiiieii.
Von Hans Priiigslieini, Berlin.
Einleitung.
Die Stoff^Yecllseluntersuchung der Mikroorganismen l)ildet einen
wichtigen Zweig der Physiologie pflanzlicher Lebewesen. In botanischen
Institut"n herrscht im allgemeinen eine große Vertrautheit mit der Iso-
lierung und Kultivierung der Kleinlebewesen , während sich der Nachweis
der Stoffwechselprodukte häufig auf chemisch wenig scharf präzisierte
Methoden beschränkt. Nicht selten sind daher Irrtümer oder zum mindesten
wenig übereinstimmende Kesultate die Folge mr.ngelnder chemischer Aus-
bildung gewesen. In chemischen Laboratorien andrerseits wird der Mangel
an Vertrautheit mit den bakteriologischen Methoden der Kultivierung
niederer Organismen, wie man sie schlechthin wohl bezeichnen darf, nicht
selten als ein Hemmnisgrund für derartige Versuche angesehen. I»a aber
Mikroorganismen sehr häufig chemisch eindeutige Umsetzungen vollziehen,
die auch wegen ihrer Analogie zum Stoffwechsel höherer Organismen
großes Interesse beanspruchen, da weiterhin niedere Organismen häufig
gerade in die wichtige Erforschung tierischer und pflanzlicher Produkte
hineingezogen werden müssen, so dürfte auch für den Chemiker eine
Anleitung zur Methodik der A'ersuchsanstellung in dieser Richtung von
Wert sein. Er kann so leicht dazu gebracht werden, eine gewisse Scheu
vor dem Unbekannten zu ül)erwinden und an Aufgaben heranzugehen, die
ihn sonst schrecken würden.
Der Zweck der hier beabsichtigten Darstellung ist demnach rein prak-
tischer Natur. Nicht nur die Raumbeschränkung, sondern auch dieses Gebot
empfiehlt es deshalb, aus dem großen Gebiete der chemischen Mikrobiologie
nur scharf präzisierte und möglichst einheitliche Umsetzungen auszuwäiden.
in der Hoffnung, daß an der Hand einer derartigen Anleitung auch
kompliziertere und weniger erforschte Fragestellungen in Angriff genommen
werden können, nachdem einmal ein praktischer Leitfaden für die \'er-
suchsanstellung gegeben ist.
qjo Hans Pringsheim.
Umgrenzunii- des Begriffes ..Mikroorganismen".
Den systematischen Botaniker wird von vornherein die Umgrenzung
des Begriffes ,,;\Iikroorganismen- schrecken. Denn selbst die Definition, daß
es i^^ich hier um Kleinlebewesen handelt, die sich hauptsächlich durch asexuelle
Teilung vermehren, ist Avenig befriedigend. Für unsere Zwecke ist die
P.eschränkung aber verhältnismäßig einfach. Sie ist zuerst gegeben durch
die Bedingung der Reinkultur , die in jeder Richtung hin eine der Haupt-
forderungen einer präzisen Mikroorganismen -Forschung sein muß. Da
diese bisher nun mit Sicherheit und einer für unsere Ziele erforderlichen
Leichtigkeit nur bei Bakterien. Hefen, Schimmelpilzen, wenigen Algen
Flagellaten und Volvociiieen gelungen ist. so wird unsere Aufgabe schon
durch diese Boschi'änknng erleichtert. Dazu kommt, daß die zuerst genannten
Klassen von Mikroorganismen auf eine besonders spezifische Ernährungs-
physiologie und demnach einen sehr speziellen Stoffumsatz eingestellt sind,
dessen Spezifizität uns vom chemischen Standpunkte aus am meisten
interessiert. Die Protozoen dagegen verhalten sich ernährungsphysiologisch,
so weit bekannt, weniger eindeutig, wie schon aus der Tatsache hervor-
geht, daß sie zum Teil wenigstens geformte Xahrung aufnehmen. Sie sind
weiterhin schwer zu isolieren und noch schwerer zu kultivieren. Die Er-
forschung ihres Stoffwechsels liegt aus diesen Gründen noch sehr im argen.
Hier liegt mehr eine reizvolle Aufgabe der Zukunft, als eine Möglichkeit
der Besprechung ausgearbeiteter Metboden in der Gegenwart vor.
Unter den grünen Mikroorganismen, die mit einem Chlorophyll-
apparat ausgerüstet sind , gibt es zahlreiche , die sich mixotroph ernähren
können, die also auch organische Kohlenstoffquellen ausnutzen. Die Frage,
in welcher "Weise durch diesen Wechsel in der Ernährung ihr sonstiger
Stoffwechsel beeinflußt wird, ist sehr interessant. Sie ist jedoch nach
dem jetzigen Stande unserer Erkenntnis gar nicht zu beantworten.
Die Verwendung von Reinkulturen. Ihr Vorzug und ihr Mangel.
Wenn wir als eine der Hauptforderungen für die Stoffwechselunter-
suchungen bei Mikroorganismen die Verwendung von Reinkulturen deklariert
haben, so geschah das deshalb, weil wir nur mit ihnen zu einheitlichen
und vergleichbaren Resultaten gelangen können. Denn Versuche mit un-
entwirrbaren Mischkulturen können naturgemäß durch die eine oder
andere schwer zu kontrollierende und häufig von feinsten Unterschieden
abhängende Differenz der Mikroorganismenflora in sehr verschiedener
und unerwarteter Richtung verlaufen. Die Reinkultur entspricht dem
Individuum bei größeren Organismen. Die Umsetzungen durch ein
einzelnes Kleinlebewesen sind quantitativ zu gering, daher müssen viele
gleichzeitig in Reaktion treten. Sie müssen aber möglichst gleichartig
sein. Die Forderung ..Reinkultur" erwächst daher aus rein praktischen
( h'ünden. Sie ist in anderer Beziehung durchaus keine ideale. Denn es ist klar,
daß gerade unter natürlichen Verhältnissen, die uns ja besonders interessieren
müssen, durch das Ineinandergreifen verschiedener mikrobiologischer Pro-
Methodik der Stoffwechseluntersuchung bei Mikroorgauismen. [)]?,
zesse, bedingt durch das Zusammenwirken verschiedenartiger Lebewesen,
ganz andere Resultate zustande kommen können , als in unseren Kein-
kulturversuchen. Besonders wird eine Fortschaffung von Stoffwechsel-
produkten einer Mikroorganismenspezies durch eine andere häufig ge-
steigertes Wachstum und vermehrte Umsatzkraft zni- Folge iiaben. Auch
gegenseitige Hemmungen sind auf dieselbe Weise wohl niöj^iich. Sie werden
aber in die natürlichen Verhältnisse weniger hineinspielen, da hier ein
Zusammengedeihen antagonistischer Kleinlebewesen durch eine natürliche
Auslese hintangehalten werden dürfte.
Um einen Einblick in natürhche Stoffumsatz-Möglichkeiten zu gewinnen,
wird es sich empfehlen, zur Erreichung gewisser Zwecke Reinkulturen zu
kombinieren und auf der Basis einer noch kontrollierbaren Miki-oorganismen-
mischung Stoffwechselversuche anzustellen. ^) Bei derartigen \'ersuchen, die
bisher wenig zahlreich gewesen zu sein scheinen, merkt man jedoch sehr
bald, wie schwierig es ist, die Natur in dieser Ivichtung nachzuahmen.
Denn meist gelingt die Lösung der gestellten Aufgabe dadurch nicht, dali
nur eine der eingesähten Kulturen, oder wenn die Bedingungen so gestellt
sind, daß nur beide zusammenwirkend wachsen können, gar keine zur
Entwicklung kommt.
Außer den geschilderten Nachteilen der Reinkultur sind aber noch
andere zu erwähnen. Die Zucht im Laboratorium zieht häufig eine De-
generation oder auch eine Anpassung nach sich , welciie dem Verhalten
frisch isoUerter Mikroorganismen nicht entspricht.-) Auch dadurch kann
also eine Divergenz zwischen den Resultaten verschiedener Forscher Zu-
standekommen. Überhaupt vergesse man nicht, und das sei speziell dem
gegen die Exaktheit biochemischer Forschung bisweilen etwas vorurteils-
vollen Chemiker gesagt, daß es sicii hier nicht um unbelebte Substanzen
konstanten Verhaltens, sondern um sehr veränderliche Lebewesen handelt,
deren Verhalten man genau kennen muß, ehe man gegen ihre spezifischen
Funktionen ins Feld zieht.
Beschaffung von Kulturen,
Aus dem Gesagten geht hervor, daß man am i)esten mit frisch iso-
lierten Kulturen arbeitet, deren Konstanz in i)h\siologischer Hinsicht man
dann noch scharf überw'achen nmß. Anleitungen zur Isolierung verschieden-
artiger Mikroorganismen sind im Folgenden gegeben. Häufig kann die obige
Forderung nicht erfüllt werden. Hat man keine andere (Jelegenheit , so
kann man sich viele Reinkulturen aus dem bakteriologischen Laboratorium
*) Vgl. hierzu JI. rriiu/sheiin , Über die Verwendung von Olliilose als Energie-
quelle zur Assimilation des Luftstickstoffs. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. lid. 23 (1909).
S. 300; Bd. 26 (1910). S. 221. — JI. nm\ E. l'rhi.f/sheim, i bor die VerwenduuL' von
Agar-Agar als Energiequelle zur Assimilation des Luftstickstofl's. Ebenda. Bd. 26
(1910). S. 227.
^) Vgl. hierzu II. rrinf/sheiin, Die Variabilität niederer Organismen. Eine des-
zendenz-theoretischc Studie. Berlin. Julius Springer. 1910.
Abder li:il don , Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. Ög
q-^j^ Hans Pringsheim.
von Krd/ . Prag'. L, Kleiner Ring 1 1 (Preis pro Kulturröhrchen 6 K ohne
Verpackung- und Porto), i) gärungsphysiologiscli wichtige Hefen und Schimmel-
pilze aus dem Institut füi- Gäruugsgewerbe, Berlin N., Seestraße, kommen
lassen. An letzterer Stelle sind auch größere ^Mengen von Hefe, eventuell
licinkulturhefe. zu haben. Schwer zugängliche Kulturen von Schimmelpilzen
und einigen Algen kann man auch in der Zentrale für Pilzkulturen der
Association Internationale des Botanistes, Frl. Dr. Westerdyk, Roemerslaat 1,
Amsterdam, erhalten. Doch sind die Preise für die Nichtmitglieder ziemlich
hohe, o fl. (holl.) pro Kultur. Im Austausch erhält man Kulturen auch umsonst.
T-'influn des Säure- und Alkaligrades, wie der Konzentration
im allgemeinen.
Naturgemäß können Mikroorganismen nur in Lösungen gedeihen, die
fast neutral sind. Dabei ist zu beachten, daß Hefen und Schimmelpilze
(auch Eugleiien) im allgemeinen schwach saure, Bakterien und Algen dagegen
schwach alkalische Nährböden bevorzugen. Um einem Nährboden diese
Reaktion zu verleihen, genügt es meistens, daß man seinen Kahum- und
Phosphorsäurebedarf je nach Bedürfnis durch Monokaliumphosphat (K Hj PO4 )
für saure oder mit Dikaliumphosphat (K2HPO4) für alkalische Nährböden
deckt. Von diesen Salzen verwendet man im allgemeinen, wie aus den folgenden
Angaben über das Nährsalzbedürfnis ersichtUch, OOf^Vo- Hefen- und Schimmel-
pilzkulturen kann man gegen die Verunreinigung mit Bakterien, die wegen
der Sporenresistenz am meisten zu befürchten ist, durch schwachen Säure-
grad schützen. Hierzu empfiehlt sich am besten ein Zusatz von Weinsäure
bis zur deutlich sauren Reaktion gegen Lackmus. Auch Zitronensäure ist ver-
wendbar. Dagegen sind Fettsäuren, wie Essig- oder Buttersäure, in höherem
Maße noch Ameisensäure wegen ihrer hemmenden Wirkung zu verwerfen.
Soll eine stark saure Flüssigkeit der Zersetzung durch Mikroorganismen
unterworfen werden, so muß man die Säure durch Soda abstumpfen. Der
Zusatz eines Überschusses von Natriumazetat , an das man zur Entfernung
der Reaktion starker Säuren denken könnte, weil man die in Freiheit
gesetzte p]ssigsäure durch Abdampfen entfernen kann, wirkt schon stark
hindernd auf die Mikroorganismenentwicklung, besonders auf die Gärung.
Kochsalz, Natriumnitrat und Natriumsulfat sind im allgemeinen keine
Hemmungsfaktoren.
\'erunrei)iigungen durch Schimmelpilze sind wegen der Oberflächen-
myzelentwickluug — alle Schimmelpilze sind sauerstoffbedürftig — schon
makroskopisch leicht zu erkennen. Reine Hefen und Schimmelpilz-
kulturen sind für gewöhnlich klar. Bakterielle Verunreinigungen werden
durch Trübungen opaleszierender Natur sichtbar. Doch kann eine Trübung
z. B. bei der \'erwendung von Preßhefe auch durch Mykodermen veranlaßt
werden. Die mikroskopische Nachprüfung kann natürlich auf diese Fragen
') Seitdem dies geschrieben wurde, ist die üTra'/sche Sammlung nach dem Tode
Kräh verkauft worden. Sie wird von Prof. E. Kraus und Doz. E. I'ribram, unter dem
Namen Krals Bakteriologisches Museum, Wien, IX/3, Zimniermanngasse 3, fortgeführt.
Methodik der Stoffwechseliintersuchuiig iiei Mikroor^'aiiisiiicii. '.)].')
die einzig" eindeutific Antwort geben. Die angogchencii mikroskopischen
Beobachtungen sind in dieser Hinsicht nur Fingerzeigel (ileichartigc Ver-
unreinigungen sind nur durch mikroskopische oder l)iologische Analyse —
Plattenguli — nachzuweisen.
Der Hemmung des Fortganges einer Zersetzung durch saure Stoff-
wechselprodukte kann mau z. D. bei der nuttersäuregäruTig oder der Zellulose-
vergärung durch Zusatz von kohlensaurem Kalk vorbeugen. Der I-lrsatz des
Kalziumkarbonats durch Baryumkarbonat, der wegen der leichten (piantitativen
Entfernung des Baryts mit Schwefelsäure für die Weiterverarbeitung häufig
wünschenswert erscheint, läßt sich nicht immer durchführen. Baryumsalze sind
Gifte, die meist, wenn auch nicht direkt hemmend, so doch verzögei'ud wirken.
Um den Kalk zu entfernen, bestimmt man in einem ali(|uoten Teil der
Flüssigkeit den Kalkgehalt und setzt dem vom Kalk zu befreienden liest
dann die entsprechende Menge Schwefelsäure zu. Durch Alkohol kann man
den Gips dann zur quantitativen Ausfüllung bringen. Häufig genügt es aber
schon, die Hauptmenge der lästigen Salze durch Alkohol auszufällen. Der
zunehmenden Alkalisierung der Xährflüssigkeit, z. B. bei der Denitrifikation,
ist schwerer vorzubeugen. Der Zusatz von Weinstein oder Hai-nsäure. die
unter dem Einflüsse des gebildeten Alkalis in Lösung gehen, ist meist
wegen der unerwünschten und die Resultate verschleienden Zuführung-
organischer, bei der Harnsäure sogar stickstoffhaltiger Sul)stanz, unmöglich'
W^as der Torf hier leisten kann, der Alkalien adsorbiert, ist noch nicht
ausgeprobt. Er wirkt überdies häufig antiseptisch. Man beachte, daß bei
Verwendung von schwefelsaurem Ammoniak als Stickstoffquelle eine zu-
nehmende Versäuerung des Nährbodens Platz greift, während mit Salpeter
alkalische Pieaktion einsetzt. Darauf beruht häufig die schlechte Ausnutzung
letzterer Stickstoff nahrung bei Hefen und Schimmelpilzen. Salpetrige Säure
ist bei saurer Pveaktion ausgesprochen giftig, bei alkalischer oder neutraler
aber weit ungefährlicher.
Einen Einblick in all diese Verhältnisse gestattet das Studium tler
Arbeiten des Meisters der Elektivkultur M. W. Beijennck. Eine gute
Auswahl gab Stockhausen, Ökologie, „Anhäufungen" nach Bcijcrinck, Berlin
1907 , Institut für Gärungsgewerbe.
Vor allem muß bei Stoffwechselversuchen mit Mikroorganismen be-
achtet werden, daß die Umsatzmöglichkeit in hohem Maüe vom Konzen-
trationsgrad abhängig ist. Denn in einem gewissen Flüssigkeitsvolumen
kann sich immer nur eine beschränkte Anzahl von Organismen entwickeln,
die den Umsatz vollziehen müssen, ehe durch Produkte ihres eigenen
Stoffumsatzes Hemmung eintritt. Zu hohe Konzentration irgend eines Zusatzes
kann auch direkt das Wachstum hemmen. Die (iründe für die Maximalent-
wicklung von Mikroorganismen in einem bestimmten Nährlösung.svohimen sind
keineswegs immer klar ; denn auch die Entfernung der Stoffwechselprodukte
durch den Ersatz der alten durch neue Nährlösung gestattet meist keine weitere
Entwicklung über das Maximalwachstum in einem bestininiten \(>lumen hinaus.
Jedenfalls mujj mit diesem Faktor gerechnet werden. Sehen wir vouGäri)rozessen
58«
()-[(3 Hans Priugsheini.
und aiuk'ren energielief ernden Umsetzimgen ab, so wird der mögliche Um-
satz durch das Nahrunysbedürfnis geregelt, das für die Kohlenstoffiiuelle
immer größer als für die Stickstoffciuelle ist. Allgemeine Regeln lassen
sich hier zwar nicht aufstellen. Man kann aber sagen, daß die Zersetzung
der Kohlenstoffnahrung für gewöhnlich bis zu O-öo/o. die der Stickstoff-
nahrung i)is zu 0'1'Vo und weniger gelingt. Weit höher sind die Umsatz-
möglichkeiten bei Gärprozessen, die neben dem Aufbau der Körpersubstanz
und unabhängig von demselben als energieliefernde Prozesse einherlaufen.
So kann Hefe noch lö^/oige Zuckerlösungen völlig vergären, während bei
der Buttersäure-, Milchsäure- und anderen Gärungen wie bei der Oxyda-
tion des Alkohols zu Essigsäure geringere Konzentrationen für einen
völligen Umsatz erforderlich sind.
Auch die Zeit ist hier ein wichtiger Faktor. Meist wird ein gewisses
Ma.\inmm der Umsetzung verhältnismäßig schnell erreicht. Dann findet
ein Abfall statt, und das Ende der Reaktion, der völlige Umsatz, kann
häufig erst nach langer Dauer, nach Wochen, ja Monaten erreichbar sein.
Dabei versteht sich von selbst, daß man möglichst bei optimaler Temperatur
arbeitet, die ganz von der Art der speziellen Organismen abhängig ist.
Aufbewahren der Kulturen.
Eine größere Anzahl von Kulturen lebend zu erhalten, macht keine
geringe Mühe. Sporenhaltiges Material kann man eintrocknen lassen; es
ist dann meist jahrelang haltbar. Hefen sollen sich nach den Angaben von
E. Ch. Hansen in lOVoiger reiner Zuckerlösung, ohne Salze und Stickstoff-
(|U('lle, ebenfalls jahrelang am Leben erhalten. Alle anderen Kulturen
müssen umgeimpft werden und man muß sie vor Austrocknen schützen,
etwa dadurch, daß man sie unter Glasglocken bringt. An Stelle der im
großen Maßstabe etwas langwieriger zu bereitenden Agarröhrchen kann man
häufig mit \'orteil die Kultur auf Möhren- oder Kartoffelstücken benutzen.
Doch beachte man, daß solche Naturprodukte schwierig zu sterilisieren
sind. Man lasse die mit ihnen beschickten Röhrchen daher zur KontioUe
einige Zeit stehen, ehe man sie mit Reinkulturen beimpft. Dem Bedürfnis
eines schnellen Umimpfens kann man dadurch in gewissem Grade vorbeugen,
daß man nach dem Anwachsen die Kulturen bei niederer Temperatur auf-
stellt. Sie führen dann ein mehr latentes Dasein. Vor der Entnahme ist
am besten neu zu inkubieren! Auch Zuschmelzen der Kulturröhrchen,
besonders wenn es zu Zeiten voller Entwicklung geschieht, wirkt häufig
lebensverlängernd. Einfacher kommt man noch zum Ziele, wenn man die
Röhrchen mit dem Wattepfropf in geschmolzenes Paraffin eintaucht und
das Paraffin dann erstarren läßt.
Allgemeine Methoden.
Die wichtigsten Methoden beim Arbeiten mit Pilzen und Bakterien
sind schon im HI. Bande, S. 1204 von Franz Fuhrmann behandelt
Methodik der Stoffwechseliintersuchiuig bei Mikroorganismen. 917
worden. liier seien deshali) nur ein Paar der Praxis entnoninione Erp^än-
zuni^en und Veroinfachungon an-iegehen, die gerade für in der Hauptsache
chemisch ausgerüstete Laboratorien in Frage konnncn. Dem schließt sich
die Beschreibung einer aus der neuesten Zeit stammenden Methode:
zur Überimpfung von Kuhuren unter LuftabschUiIi. an.
1. Inkubieren.
Um die Kulturen auf geeigneter Temperatur zu erhalten, verwendet
man Brutschränke, die mit Hilfe von Thermoregulatoren (vgl. Bd. I, S. 65)
auf konstanter Temperatur gehalten werden, (rerade bei Stoffwechselver-
suchen sind aber diese Apparate meist im Platze zu beschränkt, denn große
Kultui'en sind gerade für chemische Zwecke erforderlich. Ilrutschränke ge-
statten vornehmlich auch nur in sehr beschränktem Maße die Ausführung ver-
schiedener Manipulationen, wie Durchleiten von Gasen durch die Kulturen
und andere kompliziertere ^'ersuche. Man kann deshalb wirklich ungehemmt
nur in Instituten arbeiten, die im Besitze eines Brutzimmers sind. Da
viele Umsetzungen bei Bluttemperatur (rWC) vor sich gehen, so ist schon
ein Brutzimnier, das konstant auf dieser Temperatur gehalten wird, von
großem Nutzen. Andeutungen über die Einrichtung eines solchen Zimmers,
wie es sich z. B. im chemischen Institut der Universität Picrlin mit Gas-
heizung befindet, sind im Bd. I, S. 64 gegeben. Noch vorteilhafter ist ein
Brutzimmer nach Pfefcrs Angaben, wie es sich auch im landwirtschaftlich-
bakteriologischen Institut in Göttingen vorfindet. Denn in einem solchen kann
man auf verschiedenen Höhen der angebrachten Regale verschieden hohe
Temperaturen erzielen, die dann allen Bedürfnissen entsprechen. Allerdings
ist die Temperaturkonstanz unter den gewährten Bedingungen keine so
scharfe wie in einem einheitlich auf 87*' eingestellten, mit Kupferblech
ausgeschlauenen Zimmer. Will man aber für bestimmte Zwecke eine nanz
konstante Bruttemperatur einhalten, so kann man im Brutzimmer immer
noch einen Brutschrank mit Thermoregulator aufstellen. Die Kosten für
Einbau eines Brutzimmers nach Pfeffers Angaben und der Betrieb mit
Kohleheizung sind überdies verhältnismäßig gering, während Brutschränke
recht kostspiehg sind. Der Gewinn, den man durch ein Brutzimmer er-
zielt, ist also in jeder Weise verlockend. Große Flaschen oder zahlreiche
Kulturen sind überhaupt nur in einem solchen unterzubringen.
Beschreibung des Brutzimmers nach Pfeffer.^)
Wir halten uns hier an die Beschreibung des P)rutzimmers im Leii)-
zjger botanischen Institut, dessen Heizeinrichtung Fig. 222 wietlergibt.
Das fragliche einfenstrige Zimmer liegt im Kellergeschoß und ge-
währt einen nutzbaren Raum von 46 m Länge, 8 m lU-eite und H m Höhe. Zu
diesem Raum gelangt man durch einen, vermittelst der Wand ir (siehe
') W. Pfeffer, Ein Zimmer mit konstanter Temperatur. Ber. d. Deutsch, hot. Ge-
sellschaft. Bd. 13. S. 49 (1895).
918
Hans Pringsheim.
die Figur) abgetrennten Vorraum, in welchem der Heizofen aufgestellt ist,
und der als warmer Zwischenraum das Einströmen kalter Luft beim Öffnen
der Türe verhindert.
Der zur Heizung dienende Meidinger Ofen (B4 aus Kaiserslautern)
ist derartig montiert, daCi die im Mantel o aufsteigende warme Luft in
die aufgemauerte Kammer und. bei der eingezeichneten Stellung der Me-
tallklappe (/, durch die Öffnung a in das Wärmezimmer geht. Befindet
Fig. 222.
Heizeinrichtung eines Brutzimmers nach Pfeffer.
sich aber diese Klappe in der punktierten Lage c, so wird die warme Luft
durch die Öffnung h in den Hausgang resp. in einen Schornstein gelenkt.
Durch die Drehung dieser Klappe je um 90" wird regulatorisch die Zu-
fuhr von Wärme zum Zimmer besorgt. Damit nach Drehung der Klappe
in die Lage c die Zimmertemperatur nicht zu schnell fällt, ist dafür ge-
sorgt, daß die Klappe in dieser Stellung nicht ganz abschließt und zudem
kann durch Verengung der Öffnung h die Zufuhr von Wärme zum Wärme-
zimmer vermehrt werden.
Methodik der Stoff wechseluntersuchung bei Mikroorganismen. 911)
Die Drehung der Klappe wird diircii elektrische Auslösung veranlagt
und durch ein im Nebenziuiuier auftiestelltes (iewichtsuhrwerk besorgt,
dessen durch die Wand gehende Achse die Welle der Kia]ii)e bildet.
Die Auslösung besorgt ein unter der Decke des W'iii'ineziinmers auf-
gestelltes Quecksilberthermonieter. Ist in diesem der Kontal^t unterbrochen,
so befindet sich die Klappe in der Stellung d. Die im Zimmer /.unchmende
Wärme veranlaßt aber nach einiger Zeit durch den Schlul) der Kette die
elektromagnetische Anziehung eines Ankers im Uhrwerk und damit die
Überführung der Klappe in die Stellung c, aus welcher sie nach l'nter-
brechung des Stromes wiederum in die Stellung (/ geführt wird. Ein
Thermometer mit beliebig einstellbarem Kontakt hat sich vollkommen
bewährt.
Auf diese Weise ist indes eine Temperaturkonstanz im Zimmer nur
dann zu erzielen, wenn der Ofen jederzeit genügend Wärme spendet. Um
dieses zu eri'eichen wird die Tür k geschlossen gehalten und alle Luft zu
dem Feuerraume durch das Rohr / geführt. Mit dem Öffnen des Deckels
bei g wird also die Luftzufuhr und damit die Verbrennung gesteigert. Ein
solches weiteres Öffnen wird aber durch das Metallthermometer e besorgt,
welches aus der aufgemauerten Luftkammer hervorsieht. Es ist dies ein
stählernes Quecksilberthermometer mit Kapillarschraubenfeder, dessen
Wirksamkeit auf der Drehung der Spirale durch die Ausdehnungsenergie
des Quecksilbers beruht. Gegenwärtig ist die Regulation so eingestellt,
daß die aus dem Mantel o hervorströmende Luft 90 — 100" C warm ist.
Auch ist der in Sommer- und Wintertagen gleiche Konsum von Koks
ein Beweis, daß diese Regulation für unsere Zwecke ausreicht.
In dem mit einer gut schließenden Tür versehenen Zimmer sind be-
sondere Vorrichtungen gegen Wärmeverlust nicht getroffen. Nur gegen
die nach Osten gerichtete Außenwand ist parallel mit dieser in einem
Abstand von 20 cm eine Gipsdielenwand gezogen, in welcher, korrespon-
dierend mit dem Hausfenster, ein Fenster eingesetzt ist. Das äußere
Doppelfenster dieses Hausfensters wird im Winter noch l)esonders ge-
dichtet. Eine zwischen Hauswand und Gipswand befindliche Ilolljalousie
genügt, um Temperaturschwankungen des Zimmers durch die \Nirkiing
der Morgensonne zu verhüten.
Bei der gegenwärtigen Regulation des Zimmers beträgt die Tempe-
ratur dicht unter der Decke 37". am Fußboden aber 22-ö" C. Diese und
alle zwischenliegenden Temperaturen stehen also gleichzeitig mit einei' für
die meisten Zwecke ausreichenden Konstanz zui- Vei-fügung. Denn an dem-
selben Punkte schwankt die Temperatur unter dei- Decke und bis zu Kopf-
"höhe während des ganzen Jahres nur um O';»" C. In der Nähe des Bodens
überschreiten die Oszillationen in einem Monat gewöhnlich nicht 0:'.° U,
doch ist hier die Temperatur im Winter durchschnittlich etwas niedriger
als im Sommer, so daß die Exti-eme der Mitteltemperatur etwa 0-8° C
betragen. Da dieser allmähliche Übergang bisher nicht störend \\\\v. so
Unterheß man die Ausführung einer Regulation (einei- automatisch wirken-
920
Hans Pringsheim
o '
f?
den Luftmi.schuiiii), die ursprünglich zur Beseitigung dieses Fehlers in
Aussicht gciiomuion war.
Iiit'ülgo der ■wechselnden Wärmezufuhr oszilliert in Wirklichkeit die
Temperatur, und zwar am meisten unter der Decke, um den Mittelwert. Diese
Exkurse erreichen hei einem Thermometer mit minimalem Quecksilber-
gefäß ± 0"4° C, sind indes unmerklich, wenn das Thermometer in 5 cm^
Wasser oder in etwas Erde taucht. Ebenso beschreibt das registrierende
Metallthermometer eine vollkommen gerade Linie.
Dali diese Oszillationen nach abwärts schnell abnehmen, hängt mit
der Ausbreitung der Wärme zusammen. Wie bekannt und wie nach Bei-
mischung von Bauch leicht zu ersehen ist. breitet sich die aufsteigende
erwärmte Luft unter der Decke aus, und von da aus wird durch Leitung
und Mischung die Erwärmung der unteren Luftschichten besorgt. Die Be-
schleunigung der Mischung durch das Öffnen der Tür oder das Herum-
gehen einei- Person veranlaßt indes unter den gegebenen Verhältnissen
(großer Baum und ansehnlicher Wärmeverlust nach außen) nur die schon
namhaft gemachten Temperaturschwankungen. Übrigens ergibt sich aus
dem Gesagten die Notwendigkeit, das reguUerende Thermometer unter der
Decke anzul)ringen.
Abgesehen von der nächsten Nachbarschaft der Tür- und Fenster-
wand ist die Temperaturdifferenz in jeder gleich hohen Luftschicht nur
gering, und in den mittleren Partien des Zimmers halten sich die Schwan-
kungen in den angegebenen Grenzen. Die bei a einströmende warme Luft
steigt zwischen dieser Öffnung und einer et^va IV2 *'* abstehenden Schrank-
wand auf und in dieser Begion ist natürlich von konstanter Temperatur
keine Bede.
Um in demselben Zimmer die verschiedenen Temperaturen zu er-
reichen, mußte die Wärmezunahme mit der Erhebung in den Kauf ge-
nommen w'erden. Infolgedessen werden die verschiedenen Teile eines Gegen-
standes ungleich erwärmt, und zwar beträgt die Temperatur für je 20 ci»
Erhebung im Mittel fast PC, da sich der LTnterschied zwischen Fußboden
und Decke auf 14")" C stellt. Diese Differenz steigt im allgemeinen mit
der Höhe der Erwärmung, und in den von uns angewandten Verhältnissen
nimmt die Temperatur in den oberen Begionen schneller zu als in den
unteren. Übrigens könnte durch Luftmischung mittelst bewegter Flügel im
Innern eines geschlossenen Schrankes eine allseitig gleichmäßige Tempe-
ratur erreicht werden, und solches kann in Aussicht genommen werden,
falls sich das Bedürfnis herausstehen sollte.
Die prozentische Dampfsättigung ist natürlich in den wärmeren
Luftschichten geringer! Sie stellt sich unter der Decke auf 20—80, über
dem Fußboden auf 50--607o, "^venn die aus a hervortretende Luft über
eine Wasserfläche mit konstantem Niveau und über gleichmäßig angefeuch-
tete Bimssteinstücke streicht. Durch Überdecken mit Glocken kann aber
jederzeit der Aufenthalt der Versuchsobjekte in feuchter Luft erreicht
werden.
Methodik der Stoff wechseliintersiicluing bei Mikroorganismen. 921
Wo es auf höchste Genaiiii^koit ankommt, sind natürlich Thermo-
staten unentbehrlich. Letztere stellt man dann, wenn es sich um höhere
Temperaturen handelt, in dem Wärmezimmer auf und erreicht auf diese
Weise ein Maximum von Genauif>keit.
In den allermeisten Fallen reicht indes die im Zimmer gebotene
Temperaturkonstanz völlig aus. Da für jeden der gebotenen Temperatur-
grade eine große Fläche zur Verfügung steht, so genügt der Kaum auch
den Ansprüchen eines viel benutzten Institutes. Um aber in dem Zimmer
trotz der oft massenhaften Versuche und Kulturen eine gute Luft zu er-
halten, wurde mit Absicht, auf Kosten des Wärmeverlustes, für genügen-
den Luftwechsel gesorgt. Hierbei hilft der Ofen mit, der durch die in dei-
Wand befindliche, mit Gaze überspannte Öffnung / Luft ansaugt.
Die regulatorische Zimmerheizung wäre einfacher durch einen Gas-
ofen zu erreichen. Da aber Vorversuche ergaben, daß zur Erreichung des
Zieles der jährliche Gaskonsum (1 cm'^ = 15 Pf.) sich auf 800 — 900 Mk.
gestellt haben würde, ist die Ofenheizung vorzuziehen, welche nach den
damaligen Berechnungen im Jahre einen Aufwand von weniger als 100 Mk.
erforderte. Der Ofen verbrauchte nämlich durchschnittlich li'/-// Koks in
24 Stunden, welche derzeit 27 Pf. kosteten.
Die sehr einfache Bedienung des Ofens erfordert nur morgens und
abends ein Auffüllen von Koks. Gleichzeitig wird das Uhrwerk aufgezogen,
das übrigens erst in 24 Stunden abläuft. Ohne jede weitere Wartung hat
der Ofen tadellos funktioniert. Für alle Fälle befindet sich im Wärme-
zimmer ein Alarmwerk, das in weit vernehmbarer Weise meldet, wenn die
Temperatur die gewünschten Grenzen über- oder unterschreitet. Bi.^^lang
wurde nur zweimal, und das bald nach Beginn des Betriebes, eine solche
Meldung erstattet. Um auch an warmen Sommertagen genügenden Zug
zu unterhalten, ist es wichtig, daß die Verbrennungsgase mit hoher Tem-
peratur in den Schornstein gelangen. Deshalb wurde das Abzugsrohr /
direkt durch die Heizkammer in den Schornstein geleitet.
2. Impfen.
Das Überimpfen ist von Fuhnnatin S. 1228 beschrieben. Für ge-
wöhnliche Zwecke kommt man mit einer Impfnadel (Abbildung 1229, 1 — 8)
und einer Öse (4 und 5) aus. Auch größere Kulturflüssigkeiten impft man
am besten in Schräglage, damit keine Verunreinigung aus der Luft
hinein gerät.
Am sichersten geschieht das L^mimpfeu, Plattengießen etc. in einem
Impfkasten, den man vorher durch Einleiten von Wasserdampf steril vor-
bereitet. Abbildung und Beschreibung eines solchen findet sich bei E. Küster,
Anleitung zur Kultur der Mikroorganismen. B. G. Teubuer. Leipzig und
Berlin. 1907. S. 03. Ist man nicht im P)esitze eines solchen Kastens, so
kann man sich einen solchen sehr vorteilhaft auf folgende Weise inijirovi-
sieren, die ich von Prof. Alfred Koch in Göttingen gelernt habe. Man
fertigt sich ein kubisches DrahtgestcU aus verzinktem Eisendraht von
922
Hans Prinffsheim.
ö '
etwa 60 — 80 cm Kante. Dieses stellt man auf ein eingefeuchtetes Laken,
welches man so um das Gestell herumlegt, das es von außen ganz damit
bedeckt ist. Dadurch entsteht ein abgeschlossener feuchter Raum, in dem
die Luftkeime nach einiger Zeit durch den sich niederschlagenden Wasser-
dampf niedergerissen werden. Wih man impfen, so hebt man das Tuch
auf einer Seite des Drahtgestells in die Höhe, so dalo es obenauf zu
hegen kommt. Man kann dann in dem feuchten , oben bedeckten Innen-
raum mit sehr verminderter Infektionsgefahr manipulieren.
3. Sterilisieren.
(Fuhrmann, S. 1204.)
AVenn irgend möghch, also immer dann, wenn Erde oder erdhaltige
Substrate ausgeschaltet sind, sterilisiere man nicht im „Autoklaven". Die
Gefahr der Zersetzung der Nährsubstrate oder w enigstens teilweiser Zersetzung
wird durch Autoklavieren außerordentlich erhöht. Auch ist das fraktionierte
Sterilisieren au drei aufeinander folgenden Tagen nach meinen Erfah-
rungen immer noch sicherer als das einmalige im überhitzten Wasser-
dampf. Saure Nährböden braucht man auch im strömenden Dampf nur
einmal 15 Minuten zu sterUisieren; natürhch ist die Erhitzungsdauer der
Größe der Flüssigkeitsmenge anzupassen. Für kleine Gefäße kann man an
Stelle der kostspieligeren Dampf topfe sehr gut einen emaillierten Kartoffel-
kocher verwenden, wie man sie in Küchengeräthandlungen zu kaufen be-
kommt. Der untere mit Wasser gefüllte Teil wird mit einem Bunsenbrenner
erhitzt, der obere Teil mit dem durchlochten Boden enthält die Kultur-
gefäße. Er wird durch den Deckel verschlossen. Die Apparate sind praktisch
und sehr bilUg. Die Kulturen bedeckt man mit Pergamentpapier, damit
der sich niederschlagende Wasserdampf die Watte nicht anfeuchtet.
Einen angeheizten Autoklaven öffne man erst nach dem Abkühlen, da
bei plötzlicher Druckentlastung ein Überkochen der Kulturflüssigkeit ein-
treten nmß.
Gerade bei Stoffwechselversuclien lege man sich immer Rechenschaft
davon ab, welche Veränderung von Nährsubstraten durch das Sterilisieren
vor sich gehen kann. Stickstoffhaltige Substanzen wie Harnstoff, Azetamid etc.
geben oft Ammoniak ab. Aus diesem Grunde wurden sie häufig fälschlich
als Stickstoffquellen geeignet gefunden. Bei derartigen Gefahren sterilisiere
man so gefährdete Substanzen in der Kälte durch Filtration (Fuhrmann,
S. 1209) und vereinige sie erst nachher mit dem Rest des durch Wärme
sterilisierten Hauptteils der Kulturflüssigkeiten.
4. Nährböden im allgemeinen.
(Fuhrmann, S. 1212.)
Neben den dort angegebenen Nährböden sei hier noch die Herstel-
lung eines Mostes, der sich zur Hefezucht sehr gut eignet, angegeben, i)
*) Privatmitteiluiig von Prof. Alfred Koch, Göttingen.
i
Methodik der Stoffwechseluntersuchung bei Mikroorganismen. 923
Rosinenmost.
20 l Wasser und lö rfiuul gute Rosinen werden 1 — 2 Tage zusammen
stehen gelassen. Dann werden die Rosinen zei-(iuetscht. Die Maische Ijleiht
noch ein paar Tage stehen. Hierauf wird abgekeltert und dem Most 4 r/
Salmiak zugesetzt, um ihn auf den nötigen Stickstoffgehalt zu Itringen.
Dann wird einmal aufgekocht und klar filtriert.
Die einfache mineralische Nährlösung A. Meyers {Fuhrmann, S. 1220),
die das Mineralsalzbedürfnis der meisten Mikroorganismen befriedigt, kann
noch vereinfacht werden. Man braucht nur Spuren von NaCl und Eisen-
chlorid oder -Sulfat. Ca CL, setze ich nicht zu, da die aus dem Glas stam-
mende ]Menge Kalzium immer genügt. Ich verwende also nur O-Oo** g
K2HPÜ4 für alkalische oder O'OöVo KH.2PO4 für saure Nährböden und
0-blVo MgSO^-l-THaO plus Spuren von NaCl und Fe SO,.
Auf die speziellen Nährböden wird im einzelnen hingewiesen.
Es sei noch erwähnt, daß man agarhaltige Nährsubstrate durch
i/^stündiges Kochen über der Flamme weit leichter filtrierbar machen
kann. Meist genügt eine Filtration durch wenig entfettete (\Vund-)Watte.
Für viele Zwecke, z. B. gerade für Schimmelpilzkulturen, genügt schon
ein nicht filtrierter Aprikosendekoktagar. Er zeichnet sich durch hellere
Farbe als Pflaumendekoktagar aus. Die getrockneten Aprikosen sind
gleichfalls sehr preiswert. (Empfohlen von E. Fringsheim, Halle.)
5. Reinkulturmethoden.
Neben den von Fuhrmann S. 1228 angegebenen \'erfahren sei hier noch
auf die neue Methode von Burri 1) hingewiesen, die sich sehr bewährt hat.
Sie verdient besonders auch Beachtung bei der Lösung von deszendenz-
theoretisch wichtigen Fragen, da hier das Ausgehen von einer Zelle auch
bei Bakterien verbürgt sein sollte. 2) Eine Beschreibung derselben findet
sich bei Fuhrmann in diesem Bande, Teil 1, S. 585.
6. Züchtung anaerober Bakterien.
Die Hauptmethoden für diesen Zweck sind bereits von Fuhrmann,
Bd. IH; S. 12o8 beschrieben worden. Für den gleichen Zweck kann man
auch einen von Arthur Meyer ^) beschriebenen Apparat benutzen , der
gleichzeitig gestattet, die Sauerstoffminima und Maxima für Keinmng,
Wachstum und Sporenbildung zu bestimmen. Dieser Apparat winde von
Fuhrmann im Teil 1, S. 592 beschrieben. Hier sei noch ein einfacheres
*) Burri, Das Tuschevorfaiuen. G. Fischer. Jena 1909.
^) Vgl. z. B. A. Kowalenko, Studien über sogenannte Mutationserscheinungen bei
Bakterien unter besonderer Berücksichtigung der Eiuzelkultur. Zeitschr. f. Hyg. Bd. 66
(1910). S. 277. — Burri und Aiidrejeir, Zontrnlbl.. f. Bukt. 1. Abt. Bd. 56 (1910). S. 217.
— H. Fringsheim, Med. Klinik. Jahrg. 1911. Nr. 4.
^) Arthur Meyer, Apparat für die Kultur von anaeroben Bakterien und für die
Bestimmung der Sauerstoffminima für Keimung. Wachstum und Sporenbildung der Bak-
terienspezies. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 15 (1906). S. 3:57.
924
Hans Priugsheim.
Verfahren beschrieben, das es gestattet, Überimpfungen in sauerstofffreier
Atmosphäre vorzunehmen und den Beweis zu führen, daß anaerobe und
auch fakultativ anaerobe Bakterien unter völligem Ausschluß des Sauer-
stoffs viele Generationen durchleben können.
Fig. 223.
(iummi-
stoptVn
Entfettete
Watte
Nicht-
eiitfettete
Watte
Methode zur sukzessiven Überimpfung in größerer Zahl bei
dauerndem Ausschluß des Sauerstoffs, i)
Zu diesem Zwecke bedient man sich einer Reihe starker Reagenz-
gläser, die, wie nebenstehende Abbildung zeigt, durch Querröhrchen derart
verbunden sind, daß der verbindende Gang vom zweiten zum dritten höher
zu liegen kommt, als der vom ersten ins zweite Reagenzglas. In gleicher
Weise wird ein viertes an das dritte Reagenz-
glas angeschlossen usw. Unsere Abbildung
zeigt eine Viererreihe. Man kann auch
längere Reihen herstellen und die Über-
impfungen in ihnen vornehmen. Kür-
st emer ließ so Anaerobe bis zu 16 Reihen
passieren, z. B. den Bac. putrificus (Bienstock)
und den beweglichen Buttersäurebazillus.
Man verfährt folgendermaßen: Zuerst wird
der Apparat, auf einen Drahtkorb gebunden,
fraktioniert im Dampftopf sterilisiert, wozu
die einzelnen Reagenzgläser mit nicht ent-
fetteter Watte verschlossen wurden. Dann
wird der flüssige Nährboden mittelst steriler
Pipette in jedes Glas eingefüllt und die
ganze Reihe vorsichtshalber nochmals frak-
tioniert sterihsiert. Die einzige Schwierig-
keit bei der Herstellung einer solchen Kultur-
reihe besteht in dem richtigen Auffüllen
der einzelnen Gläser. Um das zu lernen,
kann man die einzelnen Gläser mit Wasser
füllen und durch Neigen der Reihe die für
die Uberimpfuug richtigen Niveaus be-
stimmen und mit Blaustift markieren. Es
wird sich dann herausstellen, daß man die Gläser derart füllen muß. daß
ein leichtes Neigen der Reihe genügt, um Material aus dem ersten ins
zweite Glas hinüberzubringen. Dieses wird dadurch so weit aufgefüllt, daß
ein weiteres schwaches Neigen genügt, um die sterile Nährflüssigkeit des
dritten einwandfrei aus dem zweiten Glase impfen zu können. So schreitet
man mit der Impfung fort, bis das letzte Glied, das natürlich nicht ganz
voll zu sein braucht, erreicht ist. Um die Reihe sauerstofffrei zu machen,
Nähr-
flüssigkeit
v^ ^^
\^
Apparat zur Überirnpfung bi'i Luft-
aiisschluß nach Kürsteiner.
*) J. Kürsteiner f Beiträge zur Untersuchuagstechnik obligat auaerober Bak-
terien sowie zur Lehre von der Anaerobiose überhaupt. Ebenda. Bd. 19 (1907). S. 207.
Methodik der Stoffwechselnntersuchung bei Mikroorganismen.
925
werden, nachdem das erste Reagenzglas mit der zu prüfenden Kultur Ije-
impft wurde, die sterilen Wattepfropfen abgeflammt . die verkohlte, aus
den Gläsern ragende Watte abgeschnitten und nun der so behandelte
sterile Wattepfropf mittelst Pinzette ziemlich weit in die (iliischen hinein-
gestoßen. Auf diesen sterilen Wattebausch (vgl. immer die Figur) stoßt
man einen entfetteten, hygroskopischen Wattebausch, der nicht unbedingt
steril zu sein braucht, da der unter ihm befindliche sterile Wattepfropf
einen vollständig genügenden sterilen Abschluß bietet. In den hygroskopi-
schen Wattebausch aielit man nun je 1 cm'^ 20"Voiger Pyrogallussäure und
1 cm'^ BC/oiger Kahlauge. Darauf werden die Gläser sofort mit gut passen-
den, vorher schnell an den W^andungen benetzten Kautschukpfropfen ver-
schlossen. Die Benetzung bedingt zwei \'orteile: P]in leichteres Eindringen
des Pfropfens und einen ausgezeichneten, vollkommen genügenden Ver-
schluß der Reagenzgläser. Man kann sich durch Kultur von Leuchtbakterien
in derartig verschlossenen Gläsern ül)erzeugen, daß bald das Leuchten auf-
hört und demnach aller Sauerstoff absorbiert ist.
Fig. 224.
1
D
S\
7. Methodik der Durchlüftung von Kulturen.
In häufigen Fällen ist man gezwungen, Mikroorganismenkulturen zu
durchlüften, um für genügende Sauerstoffzufuhr zu sorgen. Bisweilen muß
man auch in an-
deren Gasen als
Luft kultivieren,
z. B. im Stickstoff-
strom, oder man
will die bei aero-
ber Kultur ent-
weichenden Stoff-
wechselgase auf-
fangen. Die Verwendung einer
Wasserstrahlpumpe oder eines
Wasserstrahlgebläses ist nicht
immer möglich. Auch erfor-
dern diese Apparaturen einen
großen Wasserverbrauch. Mit
Hilfe des zu beschreibenden
Apparates kann man die
Schwierigkeiten beheben.
Die Vorrichtung ^) be-
steht aus einer mittelgroßen „ . ^, „ .,,.,. ^.„„ c-,.u,.rn.„r.iii„„
Vorrichtung zum Durchlüften von KulturgolaUen.
k
^K
E
Flasche D (vgl. Fig. 224). die
mit einem dreifach durchbohrten Pfropfen verschlossen ist.
In diese
1) Nach Alfred Koch, Über Verschlüsse und Lüftnngseinrichtiiiigen für reine Kul-
turen. Zentralb. f. Bakt. I. Abt. Bd. 13 (18i)3). S. 252
926
Hans Prinsfsheim
o '
läuft kontinuierlich durch Rohr g langsam Wasser und drückt die Luft
durch liohr // durch die Flüssigkeit in Flasche E und durch Rohr i
in die Kultur. Wenn aber Flasche D ungefähr bis zu dem Punkte, wo
Buchstabe h steht, vollgelaufen ist, so fängt der aus einem recht weiten
Rohr herzustellende Heber k zu wirken an und entleert Flasche I) in
wenigen Minuten. Dabei wird die Flüssigkeit aus Flasche E in Rohr /?
etwas angesaugt, Luft tritt aber in Flasche D durch Flasche F und Rohr l
ein. Wenn Flasche D fast leer ist, so läßt der Heber k, wenn er aus einem
genügend weiten Rohr hergestellt ist, das Wasser fallen und das während
dieser ganzen Zeit durch Rohr g weiterlaufende W^asser drängt die Luft
wieder Avie vorher durch /? in E. Einen anderen Ausweg hat die Luft
jetzt nicht, weil Heber k durch das Wasser selbst und das Lufteintritts-
rohr der Flasche F ebenfalls durch Flüssigkeit gesperrt ist. Zur Erzielung
eines gleichmäßigen Luftstromes ist es wichtig, Rohr l T-förmig in Rohr h
münden zu lassen und nicht etwa direkt durch den Pfropfen in Flasche D
zu führen, weil sonst kleine Wassermengen in Rohr h sitzen bleiben und die
aus D verdrängte Luft sich dann ruckweise durch diese durcharbeiten kann.
8. Abtrennen von Mikroorganismen aus Flüssigkeitskulturen,
Häufig ist es notwendig, Mikroorganismen aus Flüssigkeitskulturen
herauszubekommen, entweder weil man die Lösungen untersuchen oder
weil man die Mikroorganismen selbst für irgend welche Stoffwechselver-
suche in andere Bedingungen übertragen will.
In beiden Fällen kommt man bei Schimmelpilzen durch gewöhnliche Fil-
tration zum Ziele. Hefe und auch andere weniger zusammenhängende
Mikroorganismen entfernt man durch Filtration über Kieselgur. Zu diesem
Zwecke bringt man auf das feuchte Filter in einer Nutsche eine Kiesel-
guraufschwemmung, die man zuerst absaugt. Das so vorbereitete P'ilter
läßt so wenig Hefezellen durch, daß man klare Filtrate enthält. Züchtet
man sich Hefereinkulturen, um z. B. bestimmte Zuckerlösungen zu ver-
gären, so kann man die Hefe auf dieselbe Weise abfiltrieren und sie dann
mit dem Kieselgur in die neue Lösung übertragen, aus der man sie,
nachdem sie ihre Gärfunktion erfüllt hat, zusammen mit derselben Kiesel-
gurmenge abnutscht. Bakterien kann man mit Sicherheit nur durch Ton-
filter abfiltrieren, wie ja überhaupt nur auf diese Weise keimfrei filtriert
werden kann. Über derartige Filter vergl. Bd. I, S. 106. Will man Bakterien
als Masse gewinnen, so muß man sie abzentrifugieren. Die Methode, sie
auf Platten zu züchten und von der Oberfläche abzukratzen, ist weniger
einwandfrei und sauber, kann aber manchmal nicht umgangen werden.
Mineralstoffwechsei.
I. Bedarf an Aschenbestandteilen.
Neben den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff
bedürfen die Mikroorganismen wie alle anderen Lebewesen noch gewisser
Methudik der Stoffwechseluntersuchuiig bei Mikroorganismen. 927
mineralischer Stoffe, die beim Veraschen als nichtverbronnhare Rückstände
übrig bleiben und die man deshall) zweckmäßig als Aschenbestandteile zu
bezeichnen pflegt. Die lUndungsform, in der diese p]lemente geboten werden
müssen, scheint eine weniger beschränkte zu sein als die der erstgenannten
Elemente. Doch liegen hier noch wenig genaue Untersuchungen vor. Es
würde aber gewiß von Interesse sein, zu erforschen, welche Dindungsfor-
men der Aschensubstanzen bevorzugt werden und im speziellen auch die
Frage zu beantworten, bis zu welchem Grade sich die anorganischen Salze
durch organische Komplexe ersetzen lassen. ' ) Bisher hat man sich vornehm-
lich damit beschäftigt zu ergründen, welche Elemente als unbedingte Be-
standteile der Nährlösungen erforderhch sind und wie weit sie durch an-
dere aus den entsprechenden Gruppen des periodischen Systems zu er-
setzen sind. Schon Xägeli hat dieser Frage sein Interesse zugewandt. In
der Hauptsache aber müssen uns die Arbeiten interessieren, welche auf
die Reinheit der gebotenen Nährstoffe einschließlich des Wassers und auf
die Eignung der Kulturgefäße bei solchen Versuchen die erforderliche
Rücksicht nahmen. Denn bei dem geringen Bedürfnis nach manchen Nähr-
salzen und dem großen Auslesevermögen für sie, das den Mikroorganismen
innewohnt, muß naturgemäß mit denselben Vorsichtsmaßregeln verfahren
werden, die etwa bei einer Atomgewichtsbestimmung zu fordern sind. Des-
halb wäre eine präzise Bearbeitung dieses Gebietes von Spezialisten dieser
Richtung am ehesten zu leisten. Daß hier noch viel zu tun ist, erhellt
nicht nur aus der Tatsache, daß im Grunde genommen nur die Schimmel-
pilze auf ihr Aschensubstanzbedürfnis in eingehender "Weise geprüft sind,
sondern z. B. auch aus der Behauptung Fermis % daß Aspergillus niger,
der in Kästen aus verschiedenen MetaUarten kultiviert wurde, nur Asche
zurückließ, die aus dem einen Metall bestand.
Demgegenüber sind die Verfasser, an deren Untersuchungen wir uns
vornehmlich zu halten haben. Benecke ^) und Molisch*). zu ganz anderen
Ergebnissen gelangt. Schwefel, Phosphor, Magnesium und Eisen sind nach
ihnen unersetzlich. Kalzium ist in verschiedenen Fällen dagegen nicht
erforderlich. Kalium kann zum mindesten für die Sporenkeimung nicht
entbehrt werden. Durch Natrium und Lithium kann es nicht vertreten
^) Inzwischen hat Dox, Journ. of Biological chemistry, Vol. X. p. 77 (1911) gezeigt,
daß dreiwertiger Pliosphor. im Xatriumliypophosphit und Natriuraphosphit. für die Assi-
milation durch Aspergillus niger ungeeignet ist.
^) C. Fermi, Mikrobische Asche, vorzugsweise aus einem einzigen Metalle be-
stehend. Zentralbl. f. Bakt. I. Abt. Bd. 29. S. 9 (1901).
*) Benecke, Ein Beitrag zur mineralischen Nahrung der Pflanzen. Ber. d. Deutsch,
bot. Gesellsch. Bd. 12 (1894). S. 105. — Die Bedeutung des Kaliums und des Magnesiums
für Entwicklung und Wachstum des Aspergillus niger v. Tb. sowie einiger anderer Pilz-
formen. Botanische Zeitung. Bd. 54 (189()). S.97. — Die zur Erniihrutig der Schimmel-
pilze notwendigen Metalle. Jahrb. f. wissenscbaftl. Botanik. Bd. 28 (1895). S. 487.
*) Molisch, Die mineralische Nahrung der niederen Pilze. Sitzungsbor. d. kaiserl.
Akad. Wien. Mathem.-naturwiss. Klasse. 103 (1894). S. 554. — Die Pflanze in ihrer Be-
ziehunff zum Eisen. Jena 1892.
C)28 Hans Pringsheim.
werden ; (la,segen gelingt die ]Myzelentwicklung, wenn auch nicht die Sporen-
hildung auch heim Ersatz des Kaliums durch Rubidiuni. Ebenso wie das
Rubidium verhält sich das Caesium.
Methodisches. — Bezügüch der Kulturgefäße sei folgendes bemerkt:
Ideal wären natürlich Platin- oder Goldgefäße. Ihr Mangel besteht nur in
der l^ndurchsichtigkeit. Infolge des hohen Preises sind sie nicht in ge-
nügender ^lenge zu beschaffen, um zahlreiche Vergleichsversuche anzu-
stellen. Andere Metallgefäße sind wegen der Giftigkeit gefahrvoll. Die
Autoren griffen deshalb doch auf Glasgefäße zurück. Beim Ausschluß von
Magnesium reicht gewöhnliches Kaliglas, das frei von diesem Element ist,
aus. Calcium und Silicium kann man durch Paraffinieren der Kulturgefäße
ausschalten. Die Paraffingefäße werden nach Molisch folgendermaßen her-
gestellt i): Erlenmeyerkolben werden gut gereinigt, im Trockenschrank
getrocknet, so daß auch nicht ein Hauch von Feuchtigkeit an ihrer Innen-
seite zu sehen ist, nachher mit einigen Stückchen feinsten, weißen Paraffins
(Schmelzpunkt 72 — 78°) versehen, mit Watte verstöpselt, neuerdings in
den Trockenkasten gegeben und rund V2 Stunde bei 120" gehalten. Da-
durch sind die Kolben sterilisiert und das Paraffin geschmolzen. Nun läßt
man etwas al)kühlen und verteilt dann unter stetem Drehen des schräg
gehaltenen Kölbchens das erstarrende Paraffin so an der Innenwand des
Kölbchons bis knapp an den Wattepfropf heran, daß das ganze Innere
schüeßlich völlig von einem weißen Paraffinmantel ausgekleidet ist. Damit
sind die Versuchskölbehen für die Aufnahme der Nährlösungen bereit.
Das Abmessen der Nährflüssigkeit etc. muß natürlich auch in paraffi-
nierten Gefäßen geschehen. Um Kalium auszuschalten, bediente sich Beneckemii
Vorhebe des Jenaer Normalglases von Schott & Gen. 2) Das Jenaer Glas ist vor
allem auch deshalb wertvoll, weil seine LösUchkeit bei dem zur Sterilisation not-
wendigen Erhitzen nicht so wie die anderen Gläser zunimmt. Bei der Prüfung
auf das Eisenbedürfnis unterließ MoUsch Weher das Sterilisieren, um der
Gefahr der Löshchmachung aus dem Glase vorzubeugen. Bei der Prüfung
auf andere Elemente wird man sich genauer aus der speziellen Literatur
informieren müssen. Die Kulturgefäße werden vorteilhaft ausgedämpft. Man
setzt auf einen Kolben, in welchem Wasser siedet, zunächst einen Trichter,
in dessen Hals mittelst Kork eine Glasröhre befestigt ist. Auf diese kommen
mit der (")ffnung nach unten die zu behandelnden Flaschen und Gläser;
das verdichtete Wasser fließt in den Trichter; hat sich viel dort ange-
sammelt, so läßt man es durch Lüften des Stopfens in die Flasche laufen
(Ahegg). Eine Behandlung von 10 — 15 Minutf-n pflegt ausreichend zu
sein; alsdann läßt man sofort die Gläser durch einen Luftstrom trocknen.
Die Verbesserung, welche die Gläser hierbei erfahren, ist sehr auffällig. 3)
*) Oswald Richter, Die Eruälirung der Algen. W. Klinkhardt. Leipzig 1911. S. 1.
*) Schott (S: Gen. fabrizieren neuerdings ein noch schwerer lösliches Glas, das
mit blauem Stempel versehen ist.
^) Ostwald-Luther, Physiko-chemische Messungen. Leipzig. W. Engelmaun. 1902.
S. 403.
Methodik der Stoffwechscluntersuchung bei Mikroorganismen. 029
Das in gewöhnlicher Weise hergestellte destillierte Wasser ist für
den hier in Frage kommenden Zweck nnbrauchhar. Kisen z. V>. läßt sich
in seinem Ai)dampfrückstand nachweisen. Man verwendet deshalb noch-
mals destilliertes Wasser, dessen Dampf in einem KühlgefiiCi aus Tlatin
kondensiert wird und das man in einer großen l)edeckten T'latinschale
auffängt. 100 cm^ solchen Wassers hinterlassen keinen Rückstand.
Besonderer Wert ist naturgemäß auch auf die Reinheit der zur Her-
stellung der Nährflüssigkeiten zu verwendenden Substanzen zu legen. Auch
die als reinste Pteagenzien käuflich zu erhaltenden Substanzen sind hier
nicht ohne weiteres anwendbar. Bei der Prüfung auf Iicinheit mn{\ man
sich des spektroskopischen Xachw^eises bedienen. Molisch bediente sich
folgender Aschensubstanzen: Magnesiumsulfat, das durch dreimaliges l'm-
ki'istallisieren gereinigt war; Monokaliumphosphat. durch N'ermischen von
Phosphorsäure (gewonnen durch Sublimation von Phosphorpentoxyd) und
zweimal umkristallisiertem Kaliumbikarbonat dargestellt. Chlorammonium,
das in Platingefäßen sublimiert war. Auch die organischen Bestandteile
des Nährbodens sind wenn möglich aus flüchtigen Substanzen zusammen-
zusetzen. Als Kohlenstoff({uellen kommen so z. B. im Vakuum destilliertes
Glyzerin und Ammoniumazetat in Frage. Letzteres wurde aus dreiuial de-
stillierter Essigsäure, in die man bis zur neutralen Reaktion Ammoniak
eingeleitet, zusammengestellt. Dieses Präparat war dann eisenfrei. Zucker
ist wegen seiner Nichtflüchtigkeit weniger gut anwendbar. Immerhin
konnte nach zweimaligem Umkristallisieren — bei jemaliger Anwendung
von 5—10^ — ein Rohrzucker erhalten w'erden, der eben noch merk-
bare Spuren von Asche hinterließ, in der Eisen aber nicht mehr uach-
weisbar war. — Diese F'ingerzeige müssen genügen, um die Anforde-
rungen an die notwendige Exaktheit derartiger Versuchsanstellungen zu
charakterisieren.
II. Mineralstoffe als Energiequellen.
Bei der Oxydation mineralischer Stoffe, z. B. beim Übergang von der
Oxydul- in die Oxydform, wird Energie frei. Diese frei werdende Energie
steht der Ausnutzung durch Mikroorganismen zur Verfügung. Derartige
Prozesse sind bisher bei der Oxydation von Eisenoxydnl- zu Fisenoxyd-
salzen, bei der Nitrifikation des Ammoniaks und der Verbi-ennung einiger
Oase, z. B. H, H., S. ("H4. beobachtet worden. Letztere ordnen sich am besten
im < Jasstoffwechsel ein, so dal'i hier nur die durch Fisenbakterien zu be-
schreil)en sind. Damit soll aber nicht gesagt sein, dal» sich bei geeigneter
Kulturtechnik nicht der Nachweis wiid führen lassen, daß auch andere
Oxydationen minerahscher Stoffe unter Energiegewinn durch Mikroorganis-
men zustande kommen können. Vornehmlich liegt der Gedanke an derartige
Ausnutzungen bei den Mangansalzen durch manche Erfahrungen mit Fisen-
bakterien nahe.
Abderhalden, Handbneh der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 59
gcjQ Hans Pringsheim.
Die Eisenbakterien.
Es war Winogradsl//^). der in seiner grundlegenden Arbeit auf diese
^'erhältnisse bei den Eisenbakterien hindeutete, zu einer Zeit, wo derartige
Gedanken noch sehr fern lagen. In der Natur finden sich nun ver-
schiedene Arten von Eisenbakterien, deren Beschreibung hier unangebracht
wäre. Es sei auf die Monographie von Molisch -) hingewiesen. Dieser Autor,
dem zuerst die Reinkultur eines Eisenbakteriums, der Chlamydothrix
(Leptothrix) ochracea. gelungen ist. trat den Winogradshj^(i\i%\\ Anschau-
ungen energisch entgegen. ]\Iit Hilfe seiner auf Manganpepton gewonnenen
Ileinkultur glaubte er den Beweis geliefert zu haben, daß die Eisenbak-
terien ohne organische Substanzen nicht auskommen können, und daß die
Einlagerung von Eisensalzen, die sich bei ihnen vorfindet, unter geeigneten
Ernährungsbedingungen umgangen werden kann, — daß das Eisen also für
die Bakterien nur eine nebensächliche Rolle spiele. Kurz darauf gelang aber
Lieske ^) die Reinkultur einer anderen Eisenbakterie, des Spirophyllum
ferrugineum, dessen Physiologie in jeder Beziehung den Wiuogradski/schen
Forderungen entspricht. Diese Form gedeiht auf Nährsubstraten, die frei
von organischer Substanz sind. Sie bedarf zu ihrer Entwicklung der bei
der Oxydation von Eisenoxydulsalzen frei werdenden Energie, mit Hilfe
derer sie die Kohlensäure der Luft assimiliert. Durch andere Salze, z. B.
durch Mangansalze, konnte das Eisen nicht ersetzt werden.
Nach diesen Befunden zu urteilen, unterscheiden sich die verschiedenen
Eisenbakterien in wesentlichen Punkten. Die verschiedenen Formen können
bezüglich ihres Nahrungsbedürfnisses wechselnde und noch ungeklärte An-
forderungen stellen.
Wir müssen uns hier daher mit der Beschreibung der Isolierungs-
verfahren der beiden in Reinkultur erhaltenen Formen begnügen und es
zukünftiger Forschung überlassen, für die Kultur anderer mit Hilfe der
bisher gewonnenen Erfahrungen neue Methoden auszudenken.
Reinkultur von Chlamydothrix ochracea (nach Molisch).
\Yenn man zum Prager Leitungswasser etwa 0'057o Manganpepton
hinzufügt und die Lösung in einem Becherglase, bedeckt mit einer Glas-
platte, ruhig im Finstern oder im diffusen Lichte stehen läßt,, so treten
am Wasserspiegel ])ei Zimmertemperatur schon nach 3 — 4 Tagen oder später
braune Punkte und Flöckchen auf. die sich vorzugsweise aus der gesuchten
Ijakterienart zusammensetzen. Nach 1 — 2 Wochen entsteht eine tief braune
Decke, die oft der Hauptmasse nach aus Chlamydothrix besteht. Um von
') Winof/radski/ , Über Eisenbakterien. Botanische Zeitung. Bd. 46. S. 261 (1888).
-) H. Molisch, Die Eisenbakterien. G. Fischer. Jena 1910.
^) Rudolf Lieske, Beiträge zur Kenntnis der Physiologie von Spirophyllum ferru-
gineum EUis, einem typischen Eisenbakterium. Diss. Leipzig 1911. Jahrb. f. Wissenschaft].
Botanik. Bd. 49. Heft 1 (1911).
Methodik der Stoff Wechseluntersuchung bei Mikroorfranisinen. 931
dieser Anhäufungskultur auf festem Nährboden zu Reinkulturen zu ge-
langen, muß man zuerst das Ausschwärmen von Schwärmern veranlassen,
da sonst eine andere Bakterienart nicht loszuwerden ist. Zu diesem Zwecke
impft man die verunreinigte Kultur in eine Nährlösung, bestehend aus
2Vo Pepton in Moldauwasser (man kann wohl auch das später zu erwähnende
Torf^N'asser nehmen) über, worauf sich in 1 — ;3 Tagen zaidreiche Chlamy-
d othrix-Schwärmer entwickeln.
Das beste Substrat zur Reinkultur ist:
1000 g Torfwasser (gewonnen durch Auskochen eines faustgroßen
Stückes eines Torfziegels in 1 l destihiertem Wasser);
0-25 g Manganpepton {E. de Ha'en, Chemische Fabrik, List, Selze bei
Hannover) ;
100 ^f Gelatine.
Die Lösung wird vor dem Erstarren mit Normalalkali schwach al-
kalisch gemacht, weil die Chlamydothrix in dem sauren Medium nicht
w^ächst.
Nach etwa 9 Tagen erreichen die Kolonien auf der (ielntine bei
Zimmertemperatur im diffusen Licht oder im Plustern einen Durchmesser
von ^2 — 2 mm. Sie sind zumeist kugelig, anfangs farblos oder wenig
gelblich, später rostbraun und sinken nach längerer Zeit nach und nach
schalenförmig in die Gelatine ein.
Bei Abimpfung auf steriles Hochquellenwasscr mit OO250/0 Mangan-
pepton gedeiht das Bakterium üppig. Besonders auf weichen Wässern
bedeckt sich der Flüssigkeitsspiegel oft mit einer bis o mm dicken,
festgeschlossenen Decke der Eisenbakterien. Die Vermehrung geschieht
durch Zerbrechen der Fäden, Abgliedern der Endzeilen und durch die
Schwärmer.
Reinkultur von Spiropliyllum ferrugineuni (nach Lieske).
Die Rohkulturen werden hergestellt, indem man Erlenmeyerkoll)en
mit Leitungswasser füllt und große Eisenfeilspäne zugibt. Weiter setzt man
noch wenig eines Extraktes von alten Blättern zu, der aber lediglich als
Kohlensäurequelle dient. Man darf nicht soviel Blätterextrakt zusetzen, daß
die Flüssigkeit deutlich gelb gefärbt wird, da dann die organische Substanz
bereits wachstumshemmend wirkt. Man impft mit etwas Sand oder altem
Laub aus einem Spirophyllum-haltigen Bache. Doch genügt auch schon
Zusatz von etwas Leipziger Leitungswasser, das stets Spirophyllum entiiält.
Das Wachstum beginnt meist am 4. Tage. Impft man aus so hergestellten
Kulturen wiederholt in sterile Kolben, so kann man Kolonien von so großer
Reinheit erhalten, daß es bei mikroskopischer Prüfung kaum gelingt,
fremde Bakterien oder andere Orüanismen zu entdecken.
Zur Reinkultur gelangt man auf folgende Weise: Kleine Erlenmeyer-
kolben von ungefähr 100 em^ Inhalt werden ca. 2 cm hocli mit folgender
Nährlösung gefüllt:
Ö9*
q32 Hans Priiigsheim.
(XH4),S04 Vng
KCl 0-05^
MgSO^ 0-Obg
K.HPO, 0-05^
Ca (N 03)2 0-01 g
UJ) dest 1000 g
Hierauf werden die Kolben gut mit Watte verschlossen und im
Dampftopf sterilisiert. Dann werden grobe Feilspäne aus w^eichem Eisen
in einem gut verschlossenen Reagenzglas im Trockenschranke eine Stunde
lang ca. auf 160° erhitzt. Nachdem man die Kolben aus dem Sterilisator
genommen hat, läßt man sie mindestens o Tage lang unter einer leicht
mit Watte verschlossenen Glasglocke an der atmosphärischen Luft stehen.
Hierauf gibt man in einem sterilen Raum (Impfkasten) von den sterili-
sierten Eisenfeilspänen ungefähr 005 g in jeden Kolben und impft mit
einer feinen sterilen Pipette aus einer bereits vorhandenen Kultur oder
mit Rohmaterial. Für die Herstellung von Reinkulturen empfiehlt es sich,
nur junge, schnell wachsende Kulturen, bei denen noch die einzelnen, aus
dem Impfmaterial entstandenen Kolonien zu unterscheiden sind, zur Ab-
impf ung zu verwenden. Es genügt eine sehr geringe Menge von Impf-
material. Hierauf bringt man die geimpften Kolben unter eine (ilasglocke.
in die man so viel Kohlensäure einleitet, daß die Luft in der Glocke un-
gefähr P/o davon enthält und setzt die Kultur an einen kühlen Ort. Das
Wachstum beginnt ungefähr nach 4 Tagen. Die Spirophyllum-Fäden wachsen
als zusammenhängende Decke auf dem Roden des Gefäßes über den Eisen-
feilspänen oder sie setzen sich als feine hellgelbe Flocken an den Wänden
des Gefäßes an.
Redingungen für Gelingen der Kultur sind: geringer Nährsalzgehalt,
getrenntes Sterilisieren der Nährflüssigkeit und des Eisens und Stehen-
lassen der Nährflüssigkeit behufs Sättigung mit Sauerstoff und Kohlen-
säure. Das offizinelle Eisenpulver oder mit Wasserstoff reduziertes Eisen
sind unverwendbar, da diese Eisensorten zu schnell in Oxydhydrat über-
gehen. Die groben Feilspäne werden von der im Wasser absorbierten
Kohlensäure allmählich als doppelkohlensaures Salz gelöst. Der hierbei ent-
standene Wasserstoff sammelt sich zuweilen in Form von großen RIasen
unter der ü])er den Feilspänen wachsenden Rakteriendecke an. Wenn die
Rakterien in lockeren Flocken in der Kultur wachsen, dann steigt der
Wasserstoff in kleinen RIasen an die Oberfläche. Solange sich noch me-
tallisches Eisen in der Kultur befindet, ist ihr Gehalt an Eisenoxydul-
karbonat annähernd konstant und beträgt 0"OlVo-
Von 5 Kulturkölbchen, die mit Material geimpft waren, das aus einer
llmal übergeimpften Kultur stammte, erwiesen sich zwei als rein. Die
Reinheit wurde nicht nur mikroskopisch, sondern auch dadurch erwiesen,
daß sterile Peptonlösung und Nährgelatine beim Reimpfen steril bheben.
Folgende Einflüsse auf das Wachstum des Spirophyllum sind noch
zu beobachten: Temperaturoptimum bei 6", Sauerstoff ist nötig, dagegen
Methodik der Stoffwechseluntersuchung bei Mikroor<?anismen. 938
hat das Licht keinen Einfhiß. Das Bakterium ist nicht imstande, seinen
Kohlenstoff aus organischer Substanz zu decken; derselbe stammt aus der
Kohlensäure der Luft, von der allerdings nur geringe Mengen assimiliert
werden, was aber zum Teil dadurch seine Erklärung findet, daß die lebenden
Bakterienfäden bis 90Vo Wasser erhalten. Ohne P^isenzusatz war ein
Wachstum nicht zu erzielen. Der Ersatz des Eisens durch andere Metalle,
z. B. Mangan, gelang nicht: auch konnte das Eisenoxydulkarbou.it durch
andere Eisenoxyd- oder Oxydulsalze nicht vertreten werden.
Kohlenhydratstoffwechsel.
Im Kohlenhydratstoffwechsel braucht uns nur der Abbau zu be-
schäftigen. Die Methodik der ErforschungderKohlensäureas.similation.dieaulier
bei den chlorophylllialtigen Algen und Flagellaten noch bei nitrifizierenden,
bei Schwefel- und Eisenbakterien etc. in Frage kommt, ist für niedere
Organismen nicht speziell ausgebildet worden. Man halte sich daher
für eventuelle Fälle an die Methoden bei höheren Pflanzen.') Die End-
produkte der Kohlenstol'fassimilation , wie sie in Gestalt von Körper- und
Reservesubstanz in Erscheinung treten, sind einer rein chemischen Erfor-
schung zugänglich. Im Abbau tritt also das Erfordernis einer speziellen Me-
thode erst zutage. Er folgt im allgemeinen zuerst dem durch Säurehydro-
lyse erreichbaren, soweit die Verarbeitung von Polysacchariden in Frage
kommt. Doch muß von vornherein bemerkt werden, daß man aus der
Eignung eines Polysaccharids irgendwelcher Art als Kohlenstoffquelle noch
nicht den Rückschluß ziehen darf, daß der betreffende Organismus auch
die passenden hydrolytischen Fermente enthält. Eine direkte Oxydation
ohne Spaltung ist nicht nur möglich, sondern voraussichtlich durchaus nicht
selten. ') Fermentativ hat sich der Umsatz der Kohlenhydrate bisher mit
einer Ausnahme, der Vergärung durch das Hefeferment, die Zymase, nur
hydrolytisch realisieren lassen. Wir behandeln daher die Hydrolyse duich
Fermente in einem getrennten Kapitel. Die sonstige Anordnung folgt dem
Prinzip, daß wir von den komplizierteren zu den einfacheren Kohlenhydraten
durchdringen.
Abbau der Zellulose. 3)
Als Zellulose bezeichnen wir hier nur die echte Zellulose, das heißt
das Polysaccharid, welches bei der Säurehydrolyse keine anderen Zuckerabbau-
produkte als Glukose Uefert. Das sei in Anbetracht der Gewohnheit in
botanischen Büchern, auch andere Wandsubstanzen als Zellulose zu be-
zeichnen, ganz besonders hervorgehoben. Auch die als Hemizellulosen be-
^) Vgl. hierzu E. Pringsheim, dieses Handbuch. Bd. \'. Teil 2, wo sich auch einiges
speziell für Mikroorganismen brauchbare findet.
-) Vgl. hierzu //. Fringsheiin und G. Zemplrn, StudiiMi über dit> Polysaccluirido
spaltenden Fermente in Pilzpreßsäften. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 62 O-*^''»- '^^~t-
•'*) Bezüglich der Zellulosebestimmungs-Methoden vgl. dieses Handbuch. Bd. V.
Teil 1. S. 382.
C)-^_j_ Hans Pringsheim.
zeichneten Substanzen, wie Galaktan, Paraban etc., die Komplexe anderer
Zucker sind, können uns liier nicht beschäftigen. Sie konnten bisher nicht
in reinem Zustande erhalten werden, und ihre Zerlegung durch Mikroorganis-
men ist noch wenig erforscht, i) Die Pektingärung hat zwar eine ein-
gehendere biologische Bearbeitung gefunden. Die Tatsache, daß die chemische
Zusammensetzung dieser kompUzierten Produkte noch recht unklar ist und
dalj auch ihr für die Gewinnung der Gespinstfaser so wichtiger mikro-
biologischer Abbau bisher zu keinen einheitlichen Produkten führte, hindei't
uns hier auf die Pektingärung einzugehen. 2)
Die echte Zellulose gehört zu den resistentesten Kohlenstoff materialien
der Natur. Es ist sehr fraglich, ob sie überhaupt durch höhere Lebe-
wesen ohne Mitwirkung von Mikroorganismen abgebaut werden kann. Das
schließt nicht aus, daß sie in Gestalt ihrer Abbauprodukte und der Zwischen-
stufen ihres Abbaues auch im Tierkörper als Ernährungs- und Energie-
material eine Piolle spielt. Denn auch hier können diese Produkte in den
Stoffwechsel gerissen werden, ebenso wie sie stickstoffbindenden Bakterien
als Energiematerial dienen können. ^)
Die Zellulose kann durch auaerobe Bakterien und aerob durch Schimmel-
pilze und Bakterien zerlegt werden.
1. Erreger der Methan- und Wasserstoffgärung der Zellulose.
Die Isoherung dieser beiden Formen von Zellulosevergärern wurde
von Fuhrmann S. Io20 beschrieben. Pferdemist eignet sich am besten zur
Infektion. Doch kann ein solcher Versuch auch fehlschlagen, da nicht jeder
Pferdemist Kulturen der Zellulosezersetzer gibt. Die Trennung der ^lethan-
und Wasserstoffvergärer ist nicht immer mit der von Omelianski geschil-
derten Sicherheit durchzuführen. Man kann die Wasserstoffbakterien noch
durch schwach alkalische Reaktion mit Sodazusatz begünstigen.
Die Stoffwechselprodukte sind Methan, Wasserstoff und Kohlensäure,
die gasanalytisch zu trennen sind, und ein Gemisch von Fettsäuren. Be-
züglich ihrer Bestimmung und Trennung sei auf meine Ausführungen im
II. Bd., S. 20 verwiesen.
2. Zersetzung der Zellulose durch denitrifizierende Bakterien.*)
Eine Flasche von 200 cm'^ Inhalt wird mit einer Mischung von:
Leitungswasser ... 100 KNOj 0-25
Papier 2 | K.>HP(), 0-05
') Vgl. H. C. Schellenherg, Untersuchimgen über das Verhalten einiger Pilze gegen
Hemizellulose. Flora. Bd. 98 (1908). S. 257.
^) Vgl. J. Behrens, Die Pektingärung, in Lafar, Handb. d. techn. Mykologie. Bd 3.
S. 269.
*) Vgl. hierzu die Zusammenfassung H. Fringsheini, Die Bedeutung stickstoff-
bindender Bakterien. Biologisches Zentralblatt. Bd. 31 (1911). S. 65.
*) G. van Iterson jun., Die Zersetzung der Zellulose durch aerobe Mikroorganismen.
Zentralbl. f. Bakteriologie. II. Abt. Bd. 9 (1904j. S. 689; Ökologie, S. 182.
Methodik der Stoffwechseluntersuchung bei Mikroorganismen. 955
gefüllt und mit einigen Kubikzentimetern Kanahvasser, dem etwas Grahen-
moder hinzugefügt wurde, geimpft und der Stöpsel lose aufgesetzt, üei
35° kultiviert, setzt nach 8 Tagen Gärung ein, die sich bald verstärkt.
Unter starkem Schäumen wird das Papier an die Oberfläche getrieben, wo
es vom Stopfen zurückgehalten wird. Nach etwa 2 Wochen ist das Nitrat
vöUig verschwunden. Gießt man jetzt vom Papier ab, das schon Anzeichen
der Zersetzung zeigt, und füllt mit neuer Nährlösung auf. so setzt der
Dentrifikationsprozeß schon nach wenigen Tagen in v(illiger Stärke ein.
Allmählich kann man so das ganze Papier zum Verschwinden bringen. Das
Nitrat geht bei dem Vorgang in kohlensaures Kali ül)er, das die Foi't-
führung des Prozesses hemmt, wenn man es nicht durch Abgießen vom
Papier entfernt. Produkte des Zellulosezerfalls sollen nur freie Kohlen-
säure und kohlensaures Salz sein. Doch ist der Al)bau noch wenig erforscht.
Die Bakterien, welche hier wirksam sind, wurden bisher nicht in Rein-
kulturen erhalten.
3. Aerober Zellulosezerfall.
Da die Produkte dieses Abbaues noch unerforscht sind, seien hier nur
die Anhäufungsmethoden der in Frage kommenden Mikroorganismen ge-
geben :
1. Anhäufung aerober Bakterien.
Kultur in Erlenmeyerkolben in
einer Flüssigkeitsschicht von
0-5 — 1 cm lufektionsmaterial
Grabenmoder. Nach 5 — 6
Tagen kräftiges Wachstum,
nach 3 — 4 Wochen wird die Zellulose schleimig. Beim Überimpfen in
neues Kultursubstrat geht der Prozeß eher noch schneller von statten.
2. Anhäufung von Zellulose zersetzenden Schimmelpilzen.
In einer Petrischale werden zwei Scheiben FiltritM-papier mit folgender
Lösung angefeuchtet : Leitungswasser 100, NH4 NO3 O'Oö. KHo VO^ 005, zwölf
Stunden offen stehen gelassen. Man kulti\iert bei 24" und hält das Pai)i('r
dauernd feucht. Nach 14 Tagen bis 3 Wochen erhält man eine reichliche
Entwicklung einer sehr verschiedenartigen Flora von Schimmelpilzen, die
die Zellulose in mehr oder weniger sichtbarer Weise zersetzen. Man kann
die Schimmelpilze in Pteinkulturen gewinnen und sie dann auf steriles
Papier zurückübertragen. Bei genügend langer Dauer kann durch sie das
ganze Papier aufgezehrt werden. Auch die Holzpilze, wie Merulius- und
Polyporus-Arten, sind imstande, die Zellulose zu zersetzen und restlos
aufzuzehren.
Leitungswasser.
. 100
Papier . . .
. 2
NH.Cl . . .
. 0-1
KoHPO, . . .
. 0-05
Kreide . . .
2
936
Hans Priügsheim.
Hydrolytischer Abbau der Polysaccharide.
I. stärke.
Stärke ist für zahlreiche Mikroorganismen eine geeignete Kohlen-
stoffquelle. Ob sie vor der Ausnutzung als solche immer verzuckert wird,
ist fraglich. Jedenfalls sind aber viele Schimmelpilze und Bakterien im
Besitze des Stärke spaltenden Fermentes, das Hefen mit wenigen Aus-
nahmen nicht besitzen, i) Die Diastasebildung findet häufig auch in Abwesen-
heit von Stärke statt. Überhaupt ist die Absonderung stärkelösender wie
ganz allgemein zuckerspaltender Fermente ein von der Ernährung, auch
von der Stickstoff(iuelle abhängiger, sehr variabler Faktor. 2)
1. Anhäufung von Diastase erzeugenden Mikroorganismen. 3)
Die folgende Nährlösung wird z. B. mit Erde beimpft :
Leitungswasser . . 1000
Kartoffelstärke . . 0-2
^,. , ^ nc „ . ^ r^- ( (Pepton , Kasein , Salpeter,
Stickstoff quelle . . O'Oo \ . ,1 -in
^ l Ammomum Chlorid)
K.,HPO,
Mg SO,
FeClg
Spuren.
Es wird in dünner Schicht aerob bei 30. 37 oder 45" kultiviert und
nach Verschwinden der Jodreaktion in dieselbe, nun sterilisierte Nährlösung
abgeimpft. Nach drei bis vier Abimpfungen werden Kulturen erhalten, die
fast keine anderen Arten als Diastasebakterien enthalten. Die Art der ge-
wonnenen Flora ist naturgemäß von den Zufällen des Impfmaterials, sonst
aber auch von der Stickstoffnahrung abhängig.
2. Nachweis Diastase erzeugender Pilze in Bodenproben. =^)
Folgender Nährboden gestattet die Zählung stärkelösender Mikro-
organismen :
*) Vgl. die Zusammenstellung bei W. Kruse, Allgemeine Mikrobiologie. Leipzig.
F. C. W. Vogel. 1910. S. 214.
-) Vgl. H. Pringsheim , Die Variabilität niederer Organismen. Kap. XIII. Die
Regulation der Fermentwirkung und die Mobilisierung neuer Fermente. Julius Springer.
Berlin 1910.
') E. de Krui/Jf, Bulletin du departement de l'agricultur aux Indes neerlandaises,
Nr. III. Mikrobiologie. I. 1906. Ökologie. S. 231-
Methodik der Stoffwechsehmtersiicluing lici Mikroorganismen.
93-
Leitungswasser
. 1000
Kartoffelstärke
. lö
Stickstoffquelle
1
Ko HP( ), . . .
0-5
Mg 80,, FeCl^.
. Spuren
Agar ....
. 15 20
, I
Die mit diesem Agar her-
gestellten und besähten Plat-
ten zeigen bei Wachstum
stärkelösender Formen eine
Aufhellung der trüben Platte.
Durch Aufuielk'U von Jod-
lösung kann man die Er-
scheinung noch deutlicher
machen, da die Kolonienzone
im inneren ungefärbt bleibt,
nach außen rote Dextrinreak-
tion zeigt, der Agar sonst
aber blau wird.
3. Spezielle Methoden des Diastasenachweises bei Mikro-
organismen.
a) Bei stärkerer Diastasebildung.
Die Methode von Eijkmann i) unterscheidet sich nicht wesentlich von
der zum Nachweis diastasebildender Pilze zu verwendenden eben angeführten.
Die Platten werden hier durch Wüschen mit gequollenem Amylum orvzae
oder Amylum maranthae hergestellt. Das Verfahren ist sonst das gleiche.
h) Bei schwacher Diastaseproduktion (Leuchtbakterien als Reagenz
auf geringe Diastasemenge). 2)
Ein gut ausgekochtes Gemisch von Meerwasser mit 8% Gelatine,
1% Pepton und 0-25''/o Kartoffelstärke wird mit Photobacterium phos-
phorescens und ein anderer Teil mit Ph. Pflügeri beimpft. Dann wird in
Platten gegossen, die bald ihre Leuchtkraft verlieren, da die Bakterien
die Stärke nicht spalten können. Tupft man auf die Platten Diastase-
präparate, so bemerkt man bei der «^rsten Bakterienart stark aufleuchtende
Flecken, nicht jedoch bei der zweiten Form. Das Ph. phosphorescens soll
deshalb aulJerordentlich geringe Spuren von Diastase anzeigen, da es bei
Zuführung von Maltose, die aus der Stärke durch die Diastase gebildet
wird, Leuchterscheinung zeigt. (Die Methode hat auch für andere zucker-
spaltende Fermente Anwendung gefunden : ich werde jedoch auf sie wegen
ihrer geringen Verläßlichkeit nicht mehr zurückkommen.)
Für quantitative Diastasebestimmungen dürfte auch hier die Methode
von Wohlgemut 3) in Frage kommen.
^) C. Eijkmann, Über Enzyme bei Bakterien und Schimmelpilzen. Zentralbl. f.
Bakteriologie. L Abt. Bd. 29 (1901). S. 841.
-) 37. Bcijerinck, Over lichtvoedsel on plastisch voedsd van liichtbaktorien. Akad.
V. Wetenschappen. Afd. Naturerk. 2de Reeks. Deel VII. 1890. Ref. Kochs .lahresiiericlit
ftir Gärungsorganismen. Bd. I (1890). S. 180.
^) Wohlgemut , Methode zur quantitativen Bestimmung des diastatischen Fer-
mentes. Biochem. Zeitschr. Bd. 9 (1908). S. 1. Vgl. dieses Handbuch. Bd. V. Teil 1. S. 405.
QQQ Haus Pringsheim.
II. Dextrine.
Dextrine werden von einigen »Saccharomyzeten gespalten und vergoren,
ohne daß ihnen die Fähigkeit, Stärke zu hydrolysieren. zukommt (vgl.
Kruse, S. 222). Durch diese Tatsache wird die Theorie gestützt, daß zur
Spaltung der Stärke in Maltose mehrere Fermente nötig sind. Besonders
interessant ist nun, daß es auch Bakterien geben soll, die aus Stärke
Dextrine abspalten, welche sogar in kristallisiertem Zustand gewonnen werden
konnten.
Da die Untersuchung dieser neuen Produkte noch wenig ausgebildet
ist — vor allem fehlt die Bestimmung ihres Molekulargewichts — sei
ihre Darstellung hier beschrieben. Es handelt sich um eine von Schar-
dinger 1) entdeckte Bakterienart , den Bac. macerans , der sich durch seine
Azetonproduktion auch in anderer Richtung auszeichnet.
Darstellung kristallisierter Dextrine.^)
Nährlösung: 200^ Stärke verkleistert in 4 l Wasser, 4 5/ phosphor-
saures Ammon, lg Magnesiumsulfat, wenig Kochsalz. Die sterile Lösung
wird mit 3 — 4 Kartoffelkeilen (vgl. Fuhrmann 1214), auf denen sich der
Bac. macerans binnen 4 — 5 Tagen bei 45° entwickelt hat , beimpft. Der
Kartoffelkleister wird bereits nach 3 — 4 Stunden leichter beweglich und
ist innerhalb 10 — 12 Stunden zu einer in geringem Grade opalisierenden
Flüssigkeit gelöst. Bei Maranta-, Beis- oder Weizenstärke wird der Kleister
auch bald beweglich, es tritt aber dann eine Ausflockung ein, wobei zuerst
ein schwammiger poröser Kuchen durch die Gasbildung an die Oberfläche
gehoben wird. In den ersten Tagen tritt immer Schäumen und Geruch
nach Azeton auf. Je länger der Versuch dauert, um so wässeriger wird
der EJeister und um so stärker wird Fehlingsahe Lösung reduziert.
Vorprüfung desFiltrates: Man fügt zu 10 — 1 5 cm ^ der filtrierten
Lösung so lange Jodlösung (Jod-Jodkalium oder alkoholische Jodlösung),
bis die anfangs schwindende rote bis blauviolette Färbung erhalten bleibt.
Beim Aufbewahren im kühlen Raum bilden sich am Rande der Flüssig-
keit und entlang dem Boden der Eprouvette graugrüne Nädelchen, die
mikroskopisch untersucht, an den Kreuzungsstellen blaue Flecke zeigen.
Gewinnung der kristallisierten Dextrine als Rohprodukte:
Das genau mit Natronlauge neutralisierte Filtrat wird auf 800—9000/^3
eingeengt, gekühlt und mit Äther bis zur Sättigung versetzt bei 5" auf-
bewahrt. Der ausfallende, Schwimmsand ähnliche Bodensatz wird dann ab-
genutscht und das Filtrat mit Chloroform durchgeschüttelt wieder in der
Kälte stehen gelassen. Der hierbei ausfallende Niederschlag wird mit dem
') F. Schardinger, Über die Bildung kristallisierter. Fehlingsche Lösung nicht
reduzierender Körper (Polysaccharide) ans Stärke durch mikrobielle Tätigkeit. Zeutral-
blatt f. Bakteriol. II. Abt. Bd. 22 (1901). S. 98.
'') F. Schardinger , Bildung kristallisierter Polysaccharide (Dextrine) aus Stärke-
kleister durch Alikrobien. Zentralbl. f. Bakteriol. II. Abt. Bd. 24 (1911). S. 188.
Methodik der Stoffwechseluntersuchung bei Mikroorganismen. 939
ersten vereint. Die Dextrine bilden mit Ätiier und Chlorofonn lockere
(durch AVasser zersetzbare), in dei- Kulte schwer lösliche \erbindungen.
Ausbeute der lufttrockenen Rohsubstanz 25 — 30Vo der Stärke.
Trennung der kristallisierten Dextrine: Das Rohprodukt wird
in kochendem Wasser gelöst und durch einen Warmwassertrichter filtriert.
Nach dem Erkalten wird vom kristallisierten Dextrin 'p abgegossen. Dieses
wird mit Wasser gewaschen und daraus mehrfach umkristallisiert. Ks bildet
dabei zu Drusen vereinigte, rhombische Kristalle von der spezifischen
Drehung in P/oiger Lösung y-(D)= + IHö». Im ('")lbade tritt bei 260" C
Sintern unter allmählicher Zersetzung ein. Die getrocknete Substanz analy-
sierte zu C« Hjo O5. Bei der Säurehydrolyse geht sie in Traubenzucker über.
Dextrin a. Die abgegossene, von einem feinen Schlamm filtrierte
Mutterlauge wird zuerst mit etwas Alkohol versetzt, bei Zimmertemperatur
aufbewahrt. Nach nochmaliger Filtration wird mit viel Alkohol versetzt,
worauf sich ein weicher, weißer, voluminöser kristallisierter Niederschlag
bildet, der aus feinen, sechsseitigen, prismatischen Täfelchen mit meist
ungleich ausgebildeten Seitenkanten besteht. Drehung der bei 100" ge-
trockneten Substanz in 17oiger wässeriger Lösung a(D)=: + 144°. Luft-
trocken enthält die Substanz V2 jVIol. Kristallalkohol, die bei 100" ge-
trocknete Substanz analysierte auch zu CgHio O5. Bei der Säurehydrolyse
wird auch Glukose gebildet.
Beide Dextrine reduzieren Fehlrngsche Lösung nicht. Sie werden von
Unter- und Obergärhefe nicht vergoren und durch ,.Maltin" nicht gespalten.
Weitere Untersuchungen sind sehr erwünscht.
in. Tri- und Disaccharide.
1. Die Art des Abbaus.
Die kristallisiert erhaltenen Trisaccharide und Disaccharide werden
durch die hydrolytischen Fermente niederer Organismen in ihre Kompo-
nenten gespalten. Auch Tetrasaccharide können so zerlegt werden; doch
ist ihr Abbau noch weniger eingehend erforscht. Die Literatur über diese
Fermente findet sich bei Neuherg und Reuald. ' ) Angaben über Bakterien-
invertase und -laktase auch bei Fuhrmann.-)
Viele in der Literatur vorhandene Daten beruhen nur auf dem Nachweis
einer Assimilation durch Mikroorganismen, wenn die Zucker als Kohlcnstoff-
quelle geboten werden. Doch sei vor einer derartigen Beweisführung noch-
mals gewarnt, weil, wie schon hervorgehoben, Ausnutzung auch ohne vor-
herige Spaltung erfolgen kann. Über die Art der Spaltung gibt am besten
Aufschluß die Osazonprobe E. Fischers. Bisher wurden derartige Versuche
nur mit Hefen und Schimmelpilzen ausgeführt. \'ergleiche hierzu meine
Ausführungen im IL Bande dieses Handbuches. 8. 192. Was die Ah-
') In Abderhalden, Biochemisches Handlexikon. iJd. II. S. 388-437. Julius
Springer. Berlin 1911.
*) Fuhrmann, Vorlesungen über Bakterienenzyme. S. 90. Jena. G. Fischer. 1907.
qj.Q Haus Prinixslieim.
tronnuiig der Fermente anbetrifft . so hat die Buchnersche Preßsaftmetliode
ihre Versprechungen nicht ganz gehalten, da bisweilen einzelne Fermente
nicht in den Saft übergehen , sondern im Preßkuchen zurückgehalten
werden. ^) Man verwendet deshalb einfacher die feuchten Mikroorganismen
als solche, die man auf die lOVoigen Zuckerlösungen in Gegenwart von
Toluol 48 Stunden bei Bruttemperatur einwirken läßt. Die von den Mikro-
organismen dui'ch Filtration z. B. über Kieseiguhr befreite Lösung wird
mit 1</ kristallisiertem Natriumazetat pro 1 </ verwandten Zucker versetzt,
auf dem "Wasserbade erwärmt und nach Zusatz von wenig reiner Tier-
kohle filtriert. Durch diese Operation werden die Proteine zum größten
Teil entfernt. Dem klaren Filtrat wird auf ein Teil Zucker 2 Teile Phenyl-
hydrazinchlorhydrat (das durch Umkristallisieren aus Alkohol reinweiß er-
halten wird) und o Teile kristaUisiertes Natriumazetat zugegeben und im
Wasserbade, d. h. direkt im kochendem Wasser V/^ Stunden erhitzt. Nach
einstündigem Stehen in der Kälte werden die Osazone abgesaugt, mit
kaltem W^asser gewaschen und mit etwa 40 Teilen Wasser (auf den
Zucker berechnet) ausgekocht, kochend heiß filtriert und mit wenig heißem
Wasser gewaschen. Hierbei verbleiben auf dem Filter, wenn Spaltung ein-
getreten ist, bei Maltose und Zellobiose Glukosazon, bei Milchzucker und
Melibiose ein Gemisch von Glukosazon und Galaktosazon , endUch bei
Kaffinose, je nach der Spaltung, die z.B. bei Schimmelpilzen in ver-
schiedener Richtung erfolgen kannM, (Glukosazon, Galaktosazon oder ein
Gemisch dieser beiden , wenn nämliche Spaltung in die drei Monosaccharide
eingetreten ist. Spaltung in Fruktose und Melibiose gibt sich hier dadurch
zu erkennen, das nach dem Auskochen der Osazone im Filtrat Melibio-
sazon ausfällt. Außerdem werden die unlöslichen Osazone aus öOVoigem
Alkohol umkristallisiert und durch ihren Zersetzungspunkt geprüft, ob
Glukosazon oder Galaktosazon vorlag.
Die in heißem Wasser unlöslichen Osazone kann man nach dem Trocknen
bei 100° zur Wägung bringen; ihre Menge ermöglicht eine annähernde Be-
urteilung des Grades der Spaltung.
2. Der Grad des Abbaues.
Quantitativ läßt sich die Spaltung mit einiger Leichtigkeit nur
beim nicht reduzierenden Ptohrzucker verfolgen. '-) Handelt es sich um die
Spaltung reduzierender Disaccharide in reduzierende Monosaccharide, so
muß man sich zur Verfolgung des Spaltungsgrades durch die Reduktions-
kraft einer empirisch zusammengestellten Tabelle bedienen, da das Re-
duktionsvermögen durch die Anwesenheit verschiedener reduzierender
') //. Pringsheim und G. Zemplen, Studieu über die Polj'saccharide spaltenden
Fermente in Pilzpreßsäfteu. Zeitschr. f. pliysiol. Chemie. Bd. 62 (1909). S. 367.
") Tgl. Tollens, Dieses Handbuch. Bd. II. S. 145. Genauere AuEraben in E. r. Lipp-
mann, Chemie der Zuckerarten. Bd. I. S. 936. Braunschweig. Vieweg & Sohn. 1904.
Methodik der Stoff \vechst4uutersucliuiig bei Mikroorgauismeu. <J41
Zucker zu stark gegenseitig' beeinflußt wird, un» aus der lU'dnktion auf
theoretischem Wege das Zuckerverhiiltnis zu i)erechnen. So verfahren
Bertrand und Holderer-) bei ihrer Untersuchung der Zellobiose , wobei sie
die Deduktion nach der Bci'trnndschQW Methode (dieses Handbuch. IM. II,
S. 181) l)estimniteu. Eine derartige empirische Tabelle für die Bestim-
mung des Grades der Spaltung von Zellobiose in Traubenzucker sei hier
gegeben. -)
Bei Anwendung von öOing Zellobiose findet man
auf Ouif/ hydrolysierte Zellobiose ()7-7 m;/ tu,
•;
5
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mit einer Genauigkeit von 2 — 40/
0-'
Gärungen der Kohlenhydrate.
I. Die alkoholische Gärung.
Die Fähigkeit, die Zucker zu Alkohol und Kohlensäure zu vergären,
kommt neben der Hefe, dem wichtigsten Gärungsorganismus, noch einigen
Schimmelpilzen, Allescheria Gayonii, Mucor javanicus, Mucor racemosus etc.,
einigen ^lonilia- und Torulaarten zu. Auch einige Bakterien bilden aus
Zucker Äthylalkohol, jedoch als Nebenprodukt.^) Der A'ergärung von Poly-
sacchariden durch die Zymase muß immer erst eine Spaltung in die Monosaccha-
ride vorangehen; verschiedene Hefen verhalten sich verschiedener Toly-
sacchariden bezüglich ihrer Gärfähigkeit sehr verschieden. Angaben über die
Assimilierbarkeit durch verschiedene Klassen von Saccharomyzeten finden
sich in Bd. III, S. 1260. Doch darf auch hier Assimilierbarkeit und (iär-
fähigkeit nicht ohne weiteres in Parallele gesetzt werden. Von den llexosen
werden nur die in der Natur vorkomnienden d-Komponenteu der (ilukose,
Mannose, Fruktose und Galaktose vergoren, und zwar ist jede Hefe, die
einen der drei erst genannten Zucker vergärt , auch imstande, die
anderen zu vergären. Der Mechanismus der Zuckerspaltung soll in allen
') G. Bertrand et .V. Holderer, Reclicrches sur lu ooUaso, iioiivelle diastasc
dedoublant le cellose. Bull, de la Soc. chiiiiiiiue de France. (4). T. 7 (1910). p. 177.
^) Privatmittcilung von G. Bertrand.
") Literatur hei Ojypenheimer , Die Fermente. Bd. II. S. 4rv_*. Leipzig. V. C. W .
Vogel. I'JIÜ.
942
Hans Prinffsheim
o '
drei Fällen der gleiche sein, i) Galaktose wird langsamer vergoren, doch
kann Hefe an die Vergärung dieses Zuckers angepaßt werden. 2) Auch
Glyzerinaldohyd und Dioxyazeton, die als Zwischenprodukte der alkoholischen
Gärung angesprochen werden, sind nach neuesten Untersuchungen durch
Hefe vergärbar. »)
Bezüglich der Reinkultur von Hefen vergleiche man Fuhrmanns An-
gaben. Die Isolierung aus Naturprodukten ist weniger schwierig als die
Identifizierung der verschiedenen Hefearten und Rassen. Die Lösung dieser
Frage muß im allgemeinen sehr geübten Speziahsten überlassen werden.
Angaben hierüber , z. B. auch über die Verwendung der Riesenkolonien für
diesen Zweck finden sich bei P. Lindner, Mikroskopische Betriebskontrolle
in den Gärungsgewerben. Berlin. Paul Parey, 1909. Fünfte Auflage. Zur
Lösung von Stoffwechselfragen verschafft man sich am besten die
fertigen Reinkulturen. Man impft aus ihnen nicht direkt in die zu unter-
suchenden Lösungen, sondern man frischt die Hefen erst durch eine
Züchtung in Maische bei Bierhefen, oder Rosinenmost bei Weinhefen, auf,
ehe man sie in die Nährsubstrate einimpft. Bei Vergleichsresultaten muß
die Hefe aus einer in kräftiger Gärung befindUchen Kultur, also nach ein
paar Tagen , etwa 4 — 5 , entnommen werden. Am besten impft man natür-
lich Vergleichskulturen aus derselben Flüssigkeit. Bei Schimmelpilzen kommt
man durch Übertragung geringer Myzelteile weit schneller zu Kulturen als
durch Abimpfen von Sporen, die erst auskeimen müssen. Auch das ist
bei Vergleichen des Wachstums und der Gärung sehr in Betracht zu
ziehen. Die geringen Unterschiede in der Größe der übertragenden Myzel-
menge, die man mit der Platinöse herausfischt, spielen keine Rolle, da
sie sich durch Wachstum schnell ausgleichen. Hefen kann man in tiefer
Schicht, also in zu "/^ vollen Erlmeyerkolben kultivieren, luftbedürftige
Schimmelpilze besser in dünner, 1 — l^/^cm dicker Schicht.
Einen sehr großen Einfluß auf die Gärkraft hat auch die Zusammen-
setzung des Nährbodens in anderer als den Zucker betreffender Richtung.
Von Nährsalzen bietet man im allgemeinen in Form der angegebenen
Salze einen Überschuß. Der Haupteinfluß kommt der Stickstoffnahrung zu,
auf die im Kapitel Eiweißstoffwechsel eingegangen werden wird.
Gärungsnachweis.
Bei stark gärenden Hefen läßt sich das Auftreten der alkoholischen
Gärung schon durch das Schäumen erkennen. Bei gärenden Schimmelpilzen
ist diese Beobachtung schon weit weniger zuverlässig. Man muß hier also
') Vgl. E. F. Armstrong , The Simple Carbohydrates aud tbe Glucosides. p. 52.
Longmann, Green & Co. London 1910.
-) Arthur Harden, Alcoliolic Fermentation, p. 109. Longmann, Green & Co.
London 1911.
^) Büchner und Meisenheimer , Die chemischen Vorgänge bei der alkoholischen
Gärung. IV. Mitteilung. Ber. d. Deutschen ehem. Gesellsch. Jg. 43 (1910). S. 1773.
Methodik der Stoffwechseluutersuchung bei Mikroorganismen. 943
den Alkohol^) oder die Kohlensäure nachweisen. Bei f^eringen Zurker-
mengen kann man sich zum Gärungsnachweis einer Methode im hohlen
Objektträger bedienen. Doch haftet dieser Methodik eine gewisse (iefahr
an, die vielleicht nicht so sehr durch die Beobachtung wie durch die
Tatsache gegeben ist, daß man im IJesitze nur geringer Substanzmeugen
meist keine große Garantie für ihre Reinheit leisten kann. Die jedenfalls
zu Vorversuchen geeignete Methode sei hier immerhin beschrieben.
Gärungsnachweis im hohlen Obj ektträger. '-J
Die Zuckerarten werden fein pulverisiert, so daß man ohne Schwierig-
keit aus dem betreffenden Gläschen annähernd gleich große Prisen mit
einem etwas breitgeklopften Platindraht entnehmen kann. Als Gärgefäß
dient ein hohler Objektträger, dessen Höhlung mit einem Deckgläschen
bedeckt wird , nachdem vorher ein oder zwei Tropfen steriles Wasser oder
Hefewasser mit milchig fein verteilter Hefe zugegeben und mit einer kleineren
Prise der betreffenden Zuckerarten vermischt wird.
Wichtig ist, daß man die Flüssigkeit so abmißt, daß das Deck-
glas über die Flüssigkeit geschoben werden kann, ohne daß Luftblasen
darunter bleiben oder die Flüssigkeit zu stark unter den Kändern des
Deckgläschens hervorquillt. In diesem Falle muß man den Überschuß mit
sterilem Filtrierpapier absaugen, sonst würde der Vaselinring, der um
das Deckglas gezogen wird, nicht dicht halten.
Bei 25" zeigt sich spätestens am nächsten Morgen, ob Gärung ein-
getreten ist oder nicht. In letzterem Falle erscheint das Präparat durchaus
unverändert, nur daß die Hefe als gleichmäßiger dichter Schleier die
untere Wand der Höhlung bedeckt. Um sicher zu gehen, empfiehlt sich
auch ein Anwärmen über der Flamme. Ist auch nur eine schwache (lärung
vorhanden gewesen, so treten zahlreiche Kohlensäurebläscheu auf. Bei leb-
hafter Vergärung ist fast die ganze Höhlung von einer großen Luftl)lase
ausgefüllt, unterhalb der die Hefe feuchtbreiig daliegt. Das Vaselin hat
zum Teil bei der Hebung des Deckgläschens nachgegeben und sich unter
dasselbe gezogen. Um nachzuweisen, daß die Luftblase in der Hauptsache
aus Kohlensäure besteht, braucht man bloß seitlich ein Paar Tropfen Lauge
zufließen zu lassen, worauf die Blase bis auf einen kleinen Rest zusammen-
schrumpft. Am besten ist es , sämtliche zu prüfende Zuckerarten erst gegen
ein und diesell)e Hefe zu untersuchen, weil man so an der Größe der
Blasen eine Kontrolle für die Gärungsintensität besitzt. P>ei der kurzen
Versuchsdauer braucht auf sterile Handhabung kein Wert gelegt zu
werden.
') Bezüglicli des Alkoholnachweises und der quantitativen Bestimmung vgl.
Bd. VI. S. 1.
^) Paul Lindne?', Mikroskopische BctriobskontroUe in den Gärungsgcwcrben.
Berlin. Paul Parey. 1909.
944
Hans Piiugslieim.
Gest'hwindigkeitsmessung- der alkoholischen Gärung.
Häufig ist es von Wert, die Schnelligkeit der alkoholischen Gärung
bei wechselnden Bedingungen, z. B. verschiedenen Zuckerarten, verschiedenen
Konzentrationen und bei anderen Einflüssen, wie bei verschiedener Stick-
stoff ernährung, zu verfolgen. Hier in jedem Falle den Alkoholgehalt zu
ermitteln wäre zu umständlich. In einfacher und bei größeren Flüssigkeits-
mengen durchaus nicht ungenauer Weise kann das durch den infolge Kohlen-
säureabgabe auftretenden Gewichtsverlust geschehen, da ja auf 1 Teil
Kohlensäure 1*04 Teile Alkohol gebildet werden. Man verwendet etwa
250 cw3 Nährlösung und wägt auf einer Wage, die noch O'lg genau an-
zeigt. ') Die Gärflaschen werden mit einem Gäraufsatz (vgl. Fig. 225) ver-
sehen, der mit einer Mischung von 5 Teilen Wasser und 7 Teilen konzen-
trierter Schwefelsäure gefüllt wird. Diese Mischung hält Wasser in ge-
Fig. 225.
Fig. 226.
f^
Gäraufsatz.
Einfacher Gäraufsatz.
nügender Weise zurück, ohne daß siefaus der
Atmosphäre bei der Versuchsanstellung wäg-
bare Wassermengen anziehtn.
Will man zahlreiche Vergleichsversuche anstellen und sind einem
die Gäraufsätze zu teuer, so kann man sich auch durch ein Zweikugel-
system folgender Konstruktion helfen, das pro Stück beim Glasbläser nur
10 Pf. kosten darf (Fig. 226).
Genauere Beobachtungen kann man durch Überführung der Kohlen-
säure in einen mit Quecksilber gefüllten Schif sehen Azotometer machen. ~)
Will man den Gärverlauf innerhalb einer kurzen Periode, also un-
') Vgl. //. Pringshehn, tTber ilio Stickstoffernährimg der Hefe. Biochem. Zeit-
schrift. Bd. 3 (1907). S. 161.
") Vgl. hierzu Ilarden, Thonvpsen und Yomig, Apparatus for the collection of
gases evolved in fermcntation. Biochem. Journ. Bd. 5 (1910). S. 230.
Methodik der Stoffwechseluntersuchiing bei Mikroorganismen.
045
Fig. 227.
abhiinj^ig' von der Konzeiitrationsänderuni'- des Zuckers l)cstiminon, so milit
man ihn am Druck der ausgeschiedenen Kohlensäure.
Für diesen Zweck haben Iivanof^) und Slator-) besondere Apparate
beschrieben, von denen einer ^) hier wiedergegeben sei.
Apparat zur Verfolgung des Gärverlauf es durch Diiick-
m e s s u n g.
Er besteht aus einem konischen, dickwandigen Kolben (vgl. Fig. 227),
dessen Bodendurchmesser IVb cm und dessen Höhe 12-b ein, beträgt. Der
obere Teil ist in eine ebenfalls dickwandige Röhre ausgezogen, die nach
unten abgebogen mit einer rechtwinkeligen Biegung endet. Auf diesem
Ende wird eine dickwandige Gummiröhre mit einer geraden Glasröhre
aufgesetzt und durch einen Schrauben-
([uetschhahn mit Vorrichtung zum Öffnen
an der Kolbenröhre befestigt. Auf die
kurze Seitenröhre des Kolbens wird ein
durch einen Quetschhahn verschiebbarer
Gummischlauch aufgesetzt. Die gärende
Flüssigkeit wird nun durch einen in
diese Piöhre eingestellten Trichter in
den Kolben eingegossen, so daß sie eine
dünne Schicht auf dem Boden bildet,
wodurch ein leichter und gleichmäßiger
Gasaustritt aus der Flüssigkeit bezweckt
wird. Danach wird die Manometerröhre
mit Quecksilber gefüllt, die Füllröhre ver-
schlossen und der Druck nach Schütteln
mit Hilfe eines auf eine Glasscheibe
aufgetragenen Maßstabes an der Diffe-
renz der Quecksilbersäulen abgelesen.
Nach Beendigung des Versuches läßt
sich die ganze Anordnung leicht auseinandernehmen und reinigen. Bei
genauen Messungen ist es nötig, das Volumen auf das anfängliche zu
reduzieren; hierzu bringt man durch Heben eventuell Senken der beweg-
lichen Iiöhre das Quecksilber in der unbeweglichen Standröhre zur an-
fänglichen Höhe.
Die Empfindlichkeit dieses Apparates wird durch seinen Hauminhalt
bestimmt und kann daher in weiten (irenzen variiert werden. Bei einem
Inhalt von 380 — o90 cm^, der den angegebenen Maßen entspricht, muß die
/ ' ':^^
a
Apparat zur Verfolgung des Gärverlaufes
durch Druckinessung.
Ausscheiduns: von 1 cm^ Gas eine Druckerhöhung auf
760
380
Atmosphären,
') Leonid Iicaiiof, Ein neuer Apparat für Gilrungsver.suclie. Zentralbl. f. Bakt.
II. Abt. Bd. 24 (1909). S. 429.
'-) A. Slator, Stiulies in fermentation. Part 1. The rheniical dyiiainics of alcoholic
fermentation by yeast. Journ. of the Chem. See. Vol. 89 (lÜUü). p. 128.
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 60
Q^ß Hans Priugshcim.
d h = 2 mm der Quecksilbersäule hervorrufen. Da der Rauminhalt
760
verschiedener Kolben nur um 5 — 10 cm,^ abweichen konnte, so betrug die
Differenz der Manoraeterablesungen während eines Versuches bei gleicher
Druckzunahme nicht mehr als 0"ö — 1 mm bei einem Überdruck von 30 bis
40 )»m.
IJei einer solchen Empfindlichkeit des Apparates müßte man natür-
lich eine Korrektion auf Temperatur und Druck in Kechnung ziehen, wenn
man die absoluten Gasmengen zu bestimmen hätte, was am bequemsten
durch Beobachtung eines Kontrollmanometers mit einer entsprechenden
Lösungsmenge erzielt werden könnte. Die Hauptbedeutung des Apparates
besteht aber nicht in der Bestimmung absoluter, sondern relativer Mengen
ausgeschiedener Gase. Bezüglich der Selbstregistrierung an dem Apparate
vgl. man das Oriuinal.
'ö'
Das Ferment der alkoholischen Gärung.
Die fermentative alkoholische Gärung durch Hefepreßsaft oder Dauer-
hefepräparate kann natürlich auf ganz dieselbe Weise verfolgt werden, wie
eben angegeben Avurde. Eine Abtrennung des Fermentes von Schimmel-
pilzen ist bisher noch nicht oder jedenfalls sehr unvollkommen ge-
lungen. ')
Die Darstellung des Hefepreßsaftes und der Azetondauerhefe wurde
schon im Bd. H, S. 195 beschrieben. Eine Abbildung der hierzu nötigen
hydraulischen Presse findet sich inBd.I. S. 113. Fig. 228. Auch die Funk-
tion der Phosphate bei der alkoholischen Gärung-), die jetzt solches
Interesse erregt, kann mit den geschilderten Methoden verfolgt werden.
Durch Dialyse kann der Preßsaft in einen fermenthaltigen Nieder-
schlag und ein kochlieständiges Koferment getrennt Merden, ohne deren
Zusammenwirken keine alkoholische Gärung zustande kommt. Harden und
Yonng 3) l)enutzten für diese Trennung eine Chamherlandsche Filterkerze,
in der ein Gelatinefilm niedergeschlagen worden war. Der Apparat, mit
Hilfe dessen sie den Saft durch die Kerze preßten, ist im Hordenschen
Buche S. 54/55 abgebildet. Buchner und Antoni *) dialysierten 100 cm^
Preßsaft während 25 Stunden bei 0" gegen VdOO cm^ destilliertes Wasser.
Dann dampften sie das Dialysat bei 40—50" auf 20 cw» ein. Diese ent-
hielten dann das Koferment.
Als Nebenprodukte der alkohohschen Gärung kommen Glyzerin,
höhere Alkohole und Bernsteinsäure in Betracht. Die Glyzerinbestimmung
kann nach der Methode von Zeisel-Fanto (vgl. Bd. II, S. 216) ausgeführt
*) Vgl. H. Fringsheim und G. Zemplen, a. a. 0.
=*) Vgl. Harden, a. a. 0. S. 38.
') Harden und Young, The alcoholic fermeut of j-east-juice. Journ. of Phvsiology.
32. 1904/05. Proc. Roy. Soc. B. Vol. 77 (1906). S. 405.
*) E. Buclmer und Antoni, Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 46 (1905). S. 136.
Methodik der Stoffwechseliiiitorsiiclitmg bei Mikroorganismen. 947
■werden. So yeriahren Siueh Bitchner und Meisenheimer, 15er. 43 (1910 1. 177;).
Die anderen Nebenprodukte sind beim Eiweißstoffwechscl /u licliandcln. da
sie aus stickstoffhaltigen Abbauprodukton des Eiweißes licrvorgehen.
Darstellung- des aktiven llefensaftes duicli Mazeration.')
Neuestens hat v. Lchcdew eine Methode zui- l)arstelliing eines aktiven
Saftes aus Hefe angegeben, die es gestattet, die Zyuiase ohne An\ven(hing
einer hydraulischen Presse und nach den Angaben des Verfassei's in viel aktiverer
Form als der 5^<cÄnersche Preßsaft zu gewinnen. Der Saft hat den weiteren
Vorteil, daß er glykogenlrei ist und somit keine Selbstgärung zeigt, daß
sich seine Ausbeuten vorausberechnen lassen und daß bei fortwälirender
Anwendung derselben trockenen Hefe auch die Gärkraft des Saftes voraus-
bekannt ist. Zu seiner Darstellung wird folgendes A'erfahren angegeben:
Das Waschen und Pressen der Hefe. Man gießt einen Eimer
frischer Brauereihefe in einen Behälter von mindestens 50 l Inhalt, stellt
ihn unter den Hahn einer Wasserleitung und läßt das Wasser langsam
darüber laufen. Von Zeit zu Zeit rührt man die Hefe mit einem Stabe um.
So wäscht man, bis das Wasser klar und fast ungefärl)t wird und läßt
darauf die Hefe gut absetzen. Wenn man an demselben Tage keine Zeit
mehr hat, um sie abzupressen, so darf man sie für eiiu' Nacht im Wasser
liegen lassen. Oft wird sie dadurch noch wirksamer, man nuiß nur im Winter
das Wasser aus der Leitung laufen lassen, wenn der Ilaum geheizt wird.
Im Sommer ist es ratsamer, ein großes Stück Eis in den Behälter zu tun.
Wenn nun die Hefe gut abgesetzt ist, dekantiert man das oben-
stehende Wasser, nimmt eine große Eisen-, Porzellan- oder Tonschale,
legt ein 5 mw-Sieb darauf, bedeckt es mit einem dünnen Filtriertuch und
gießt die Hefe darauf. Nach dem Abtropfen nimmt man die vier Enden
des Tuches zusammen, bindet das Ganze mit einer Schnur fest zu, um-
wickelt es mit einem Preßtuch und preßt mit einer gewöhnlichen Hand-
presse, bis die Masse so trocken wird, daß man sie durch ein "> »?>//-Sieb
leicht durchsieben kann. Wenn man keine Presse hat, so kann man die
umwickelte Hefe auf das Brett legen und mit einem Gewicht beschweren,
um sie auf diese Weise abzupressen.
Das Trocknen der Hefe. Die durchgesiebte Hefe breitet man auf
einem auf einem Brett liegenden Filtrierpapier in dünner Schicht (1— 1 Vs^'«)
aus und läßt sie dann im Trockenschrank oder Thermostaten bei 2.')— 30°
austrocknen, wozu 2 Tage nötig sind. Wenn die Teini)eratur höher ist.
z. B. 35", so wird dadurch oft die Wirksamkeit der Hefe etwas vermindert,
doch nicht immer.
Wenn man sich auch diese Mühe (Waschen. Pressen und Trocknen
der Hefe) ersparen will, so kann man die schon trockene Hefe von Seh liider.
München, Land\whrstraße 45, beziehen.
^) A. V. Lebedcw, Darstellung des aktiven Hefensaftes durch Mazeration. Zeitsohr.
f. physiol. Chem. Bd. 73 (1911). S. 447.
g^g Haus Pringsheim.
Darstellung des Hel'esaftes. Man nimmt 50^ Hefe, fügt IbO </
Wasser hinzu, rührt die blasse in einer kleinen, zirka 500 crn^ fassenden
Porzellan- oder Glasschale mit einem Glasstab um , bis dieselbe homogen
wird und UiiU sie daun für 2 Stunden im Thermostaten bei 35» oder
6 Stunden l)ei 25'' stehen. Dann filtriert man die Masse durch ein ge-
wöhnliches Papierfaltenfilter. Das Filtrat ist klar und tritt nach Zusatz
des Zuckers gleich oder nach kurzer Zeit in lebhafte ( Järung. Im Sommer
ist es ratsam, das Filtrat bei dem Filtrieren, besonders wenn man mög-
lichst viel abfiltrieren will, mit Eis zu kühlen. Man bekommt in den ersten
15—20 Minuten 25—30 cm^, in 12 Stunden aber 70—80 cm'^ Saft.
II. Milchsäuregärung.
Weit komphzierter als die alkoholische Gärung verläuft die Milch-
säuregärung der Zucker. Es gibt zwar auch Bakterien, die das Zucker-
molekül in zwei Moleküle Milchsäure zerlegen: meist aber entstehen neben-
bei Alkohol, Essig- und Bernsteinsäure, Glyzerin und Kohlensäure. Die
Bildung und Menge dieser Produkte wird nun nicht nur von den ver-
schiedenen Erregern der Milchsäuregärung, eventuell auch ihren Varietäten,
sondern auch durch die Gabe verschiedener Zucker, durch den Grad des
Luftzutritts und durch die Stickstoffnahrung verschieden beeinflulöt. i)
Der Konzentrationsgrad der erzielten ^Milchsäure erreicht meist nicht
P/o- Günstig beeinflußt wird die Milchsäurebildung durch die Stickstoff-
ernährung mit Eiweiß und Pepton. Ein geeigneter Nährl)oden zur Züch-
tung von Milchsäurebakterien ist wie folgt zusammengesetzt 2):
100^ Molke,
0-5 g Na Gl,
1 <7 Pepton,
10 g Gelatine.
Bezüglich der Bestimmung der Milchsäure und der anderen Produkte
kann auf das im Bd. II, S. 1 und folgendes Gesagte verwiesen werden.
Von besonderem Interesse ist, daß nicht nur wie gewöhnlich die
rechtsdrehende Komponente der Äthvlidenmilchsäure, sondern bisweilen
auch razemische, in seltenen Fällen, durch den Bac. acidi laevolactici. auch
Linksmilchsäure gebildet wird.
Die sterische Form der gebildeten ^Milchsäure hängt nicht von der Kon-
figuration des Substrates, sondern nur von der Natur der Fermente und der
von ihnen (und anderen Faktoren) erteilten Reaktionsbeschleunigung ab,
die ein bei der Umwandlung sich bildendes, höchstwahrscheinlich inaktives
oder razemisches Zwischenprodukt erleidet. 3)
^) Vgl. hierzu H. Weigmanti in Lafars Handbuch der technischen Mykologie.
Bd. n. Erster und zweiter Abschnitt. G.Fischer. Jena 1905,08 und M\ Kruse, Allge-
meine Mikrobiologie. S. 283.
-) E. Küster, Anleitung zur Kultur der Mikroorganismen. S. 170.
^) Herzog und Uürth, Zur Stereochemie der Milchsäuregärung. Zeitschr. f. phys.
Chem. Bd. 60 (1909). S. 131.
Methodik der Stoffwecbseluutersuchuiig bei Mikrocuganismen.
941»
Bezüglich der Ermittlung der Art der Milchsäure vgl. Hd. II, 8. 29.
Die ^lilchsäurekonzentration kann auch Aufschlüsse über das Alter
der Milch und gewisse Milchkrankheiten geben. Für diesen Zweck genügt
die Titration von 50 cm» Milch mit , n-Natronlauü:e und
Phenolphtalein als Indikator. i) Noch einfacher gehnnt die
Bestimmung mit Hilt'e des Schaßer^chon Azidimeters für
Milch (vgl. Fig. 228). Bis zur Marke a wird Phenolphtalein
und hierauf bis zum Teilstrich o von der zu untersuchen-
den Milch eingefüllt; nun gielU man 2 — 2'5 cm^— n-NaOH
4-
hinzu, mischt und fügt weiter Natronlauge hinzu, bis die
Rotfärbung bestehen bleibt. Auf dem Teilstrich, bis zu
welchem die ^lischung im aufrecht gehaltenen Apparat
reicht, kann der Säuregrad der ^lilch direkt abgelesen
werden. Um Schaumbildung zu vermeiden, wird nicht
geschüttelt, sondern nur 1 — 2mal umgewendet und so
gemischt. Bleibt die Mischung beim Zusatz von 4 cm^
Lauge rot, so kann die Milch als genügend frisch und
rein betrachtet werden. 2)
I''ig. 228.
50 cc.
III. Buttersäuregärung.
3i
Schnfferschi^a Azidi-
meter.
Ähnlich kompliziert wie bei der Milchsäure- liegen
die Verhältnisse bei der Buttersäuregärung der Kohlen-
hydrate. Es ist das eine Gärung, bei der normale Buttersäure als Haupt-
produkt, nebenbei aber in einem nach den \'ersuclis- und Ernährungs-
bedingungen sehr verschiedenen ^laCie andere Säuren, wie Ameisen-.
Propion-, Essig- und Valeriansäure, dazu Milchsäure und wechselnde Mengen
von Alkoholen entstehen. Als Gärgase treten Wasserstoff und Kohlensäure
auf. Über die Bestimmung dieser Produkte ist neues nicht hinzuzufügen.
(Vgl. Bd. 2, S. 1.)
Es gibt anaerobe und aerobe Buttersäurebakterien, zwischen die sich
sicher noch Arten von schwachem Sauerstoffbedürfnis einschieben. Wichtig
ist, daß auch die anaeroben Formen durch geringe Sauerstoffsi)annungen
im Wachstum gefördert werden*), eine Erscheinung, welche auf die Tat-
sache zurückzuführen ist, daß den Bakterien die Ausnutzung des Energie-
materials in Gegenwart von Sauerstoff besser gelingt. ^) Von diesem \'er-
V) Vgl. E. V. Freudenreich, Die Bakteriologie in der Milchwirtschaft. fi.lMscher.
Jena 190(5. S. 96.
2) Das Azidimeter für Milch ist bei Büchi, Optiker in Bern, erhältlich.
') Vgl. Weigmaun in Lcifarx Handb. d. teclin. Mykologie. Bd. 2. S. 109.
••) Biirri und Knrstcincr, Ein experimenteller Beitrag znr Kenntnis der Bedeutung
des Sauerstoffs für "die Entwicklung ul)liirat-anaerober Bakterien. Zentralbl. f. Hakt.
II. Abt. Bd. 21 (1908). S. 289. •
*) //. Pringshcim, t)ber das Sauerstoffbedürfnis anaerober Bakterien. Zentralld. f.
Bakt. II. Abt. Bd." 21. (1908). 673.
QqO Hans Pringsheim.
halten kann man sich dadurch überzeugen, daß die Gasabgabe (H und CO., )
einer gärenden anaeroben Buttersäurekultur bald anhält, wenn man das
Glasgefälj unter Wasser ableitet, und daß die Gärung bald wieder einsetzt,
wenn man Luft hinzutreten läßt. Sehr auffallend tritt diese Erscheinung
auch bei der Methangärung der Zellulose, ebenfalls einer Buttersäuregärung,
auf. wie ich mich neuerdings überzeugt habe.
Eine Buttersäuregärung kann man sehr einfach dadurch einleiten,
daß man einen Kartoffelkeil, der mit Wasser überschichtet ist, im Beagenz-
glas 10 Minuten auf ^O'* erwärmt und bei 37" inkubiert. Man erhält so
eine vorgereinigte Kultur des beweglichen Buttersäurebakteriums, welches
verschiedene Zucker unter Abgabe von AVasserstoff und Kohlensäure und
Bildung von Essigsäure viel Buttersäure und Milchsäure vergärt. ^) Über
die Bindung des Luftstickstoffes durch diese Bakterien vgl. unter Stick-
stoffassimilation.
IV. Oxal- und Zitronensäuregärung.
Diese beiden Gärungen der Zuckerarten verlaufen so, daß die sie
auslösenden Schimmelpilze (für erstere Aspergillaceen, hauptsächlich Asp.
niger. für letztere bestimmte Citromycesarten, Citr. Pfefferianus und Citr.
glaber) die zuerst gebildeten Säuren später wieder aufzehren. Andere Sub-
stanzen als Zucker vermögen die Bildung freier Säure nicht zu bewirken.
Durch Zusatz säureabstumpfender Salze, Ca CO3, wird die Bildung größerer
Säuremengen ermöghcht. Auch die Temperatur hat einen Einfluß auf diese
Oxydationsgärungen. Bei 37" bleibt die Anhäufung freier Oxalsäure durch
Asp. niger aus. da der Pilz sie bei dieser Temperatur zerstört. Über
andere kulturelle Einflüsse vgl. -)
Methodisch ist hier nichts besonderes bemerkenswert. Die Oxalsäure
kann man Avie im IL Bd., S. 41 angegeben, bestimmen. Wehmer^) be-
stimmte die Zitronensäure, indem er den festen aus Ca CO3 und zitronen-
sauren Kalk bestehenden Niederschlag in Salzsäure löste, die Flüssigkeit
mit Ammoniak versetzte und aufkochte, wobei nur das Kalziumzitrat
ausfällt, das man bei 110° trocknet. So läßt sich die Ausbeute fast quanti-
tativ feststellen.
Auf die Glukonsäure-, Glukuronsäure und Zuckersäuregärung der
Kohlenhydrate kann hier nicht eingegangen werden. Literatur bei Kruse,
S. 386.
V. Mannitgärung.
Die Reduktion von Zucker wird durch den Bac. manniticus bewirkt,
der aus Fruktose reichhche Mengen Mannit bildet, bei der Vergärung
') n. I'rinf/shcim, Ül)cr den Ursprung des Fuselöls und eine Alkohole bildende
Bakterienform. Ebenda Bd. 15 (1905). S. 300.
-) C. Wehmer, Lafars Handb. der techn. Mykologie. Bd. 4. § 52, Säuregärungen,
S. 242.
Methodik der Stoff wechseliiutersiichung bei Mikroor},'auismeü. 951
andcrpr Kohlenhydrate aber .Mih-hsänre, Essi'isäure, Kolilciisiiiirc und Al-
kohol l)ildet. Der Eintluli der Konfiguration tritt hier deutlich /.nm Vor-
schein, denn weder aus d-Glukose, d-Mannose, noch aus d-Sorl)Ose wird
durch das Bakterium der entsprechende Alkohol gel)ildet. i) Der liac. wurde
aus algerischem mannithaltigen Weinen isoliert.
Nachweis des Mannits. Man läßt 2 — 3 an^ solcher Weine in
einem Uhrglas bei Zimmertemperatur verdunsten. Der Mannit scheidet sich
dann in 24 Stunden in seidengliinzenden, feinen, konzentri.sch geordneten
Nadehi ab. Dieses Verfahren gelingt auch, wenn weniger als 1 y Mannit
im Liter vorhanden ist.
Bestimmung des Mannits. 50 cin^ der zu untersuchenden l"liissig-
keit werden im Wasserbade zur dickflüssigen Konsistenz eingeengt,
2 — o Tage zur Kristallisation an einem kühlen Orte hingestellt und der
Rest mit 2g feinem, geghlhtem Sande gemischt, mit einem Achatpistill
unter allmählichem Zusatz von 100 cm^ Alkohol bei 85°, der bei derselben
Temperatur mit Mannit gesättig war, verrieben. Dann wird filtriert
2 Stunden abtropfen gelassen, das P'ilter mit seinem Inhalt 1 Stunde lang
in 100 cin^ Alkohol von .sö» im Dampfbade gehalten, nach dem Abkühlen
*/r, des Alkohols abdestilliert, etwas Tierkohle zum lUickstand gesetzt,
filtriert, die Tierkohle zweimal mit 50 cm^ Alkohol von 85V() gewaschen und
bei 60" verdunstet. Der llückstand wird als Mannit gewogen. Die .Methode
gibt sichere Resultate, wenn man vorher den Zucker herausgären läßt.
Eiweißstoffwechsel.
A. Eiweißaufbau,
Bekanntlich fordern verschiedene Mikroorganismen als Stickstoff-
quellen sehr verschiedene Substanzen. Vom elementaren Stickstoff, dessen
Assimilation wir im Gaswechsel berücksichtigen werden, bis herauf zum
kompliziert zusammengesetzten Eiweiß, ja den Eiweißsnbstraten spezieller
Lebewesen, werden die Zwischenstufen als Stickstoffnahrung von ver-
schiedenen Arten niederer Organismen in spezieller Weise gefordert.
Ja selbst synthetische stickstoffhaltige Substanzen, die in keiner Beziehung
zum Eiweiß stehen, können bisweilen als Nährsubstrate zur Eiweißbildung
dienen. Die Anforderungen, die die einzelnen Mikroorganismen an die
Stickstoffnahrung stellen, können hier natürlich nicht im einzelnen auf-
gezählt werden. Zahlreiche Bakterienarten, die liefen und Schimmelpilze
können schon mit Ammoniumsalzen auskommen, bisweilen können diese
auch durch Nitrate und bei N'ermeidung einer Säurung auch durch Nitrite
ersetzt werden. Im allgemeinen herrscht die Regel, daß Aminosäuren
*) (iai/oH und Diihoitry , Sur les vias maniiitüs. Aniuiles de rinstitut rastour.
T. VIII (1894), S. 108. Nouvelles recherches sur le fermeiit manuitiiiue. Ebenda T. XV
(1901), S. 527.
Qq9 Hans Pringsheim.
bessere Stickstoffquellen sind und daß sie auch anders konstituierte or-
ganische Substanzen an Nährwert übertreffen, i) Doch gibt es von dieser
Eegel auch Ausnahmen. 2) Daß auch synthetische Polypeptide als Stickstoff-
quelle für Mikroorganismen dienen können, scheint nur natürlich. ^) Die Frage,
ob in all diesen Fällen, wie auch bei der Ernährung mit Pepton und hoch-
molekularem Eiweiß zuerst eine Abspaltung von Ammoniak erfolgen muß,
zu dem auch nach der Anschauung einiger Forscher die Nitrate und Ni-
trite immer erst reduziert werden, ehe der Eiweißaufbau einsetzt, ist noch
unentschieden. Manches spricht dafür und vieles dagegen. *) Aspergillus
niger baut sein Eiweiß in derselben Weise auf, ob ihm Kaliumnitrat oder
GlykokoU oder Glutaminsäure als ausschließliche Stickstoff(iuelle gel)oten
werden.^) Die Hefe^) und einige Schimmelpilze^) können ihr Gärferment
auch in Gegenwart von Zucker nur ausbilden, wenn ihnen Aminosäuren
oder andere die Aminosäurerestgruppe enthaltende Stickstoffquellen ge-
boten werden. Auf anderen Stickstoffnährmedien erhält man nicht gär-
fähige Pilze.
Methodisches.
Bestimmung der Ernte.
Die Eignung einer Stickstoff quelle , wie natürlich auch die irgend
einer anderen Nährsubstanz, kann man bei Schimmelpilzen und Hefen,
überhaupt bei gut filtrierbaren Mikroorganismen, auf gewogenem Filter
nach vorsichtigem Trocknen an der Pilzernte bestimmen. Naturgemäß
spielt hierbei aber die Kohlenstoffernährung, ob Zucker oder andere
Kohlen Stoff quellen, eine große Rolle. Dazu kommt, daß während des Wachs-
tums nicht nur eine Stoffaufnahme, sondern auch eine Dissimilation des
Eiweiß erfolgt, über deren Verlauf man sich, wie im folgenden gezeigt
werden wird, informieren kann. Die Erntebestimmung ist also nur ein sehr
ungenauer Wegweiser für die Stärke der Umsetzung, Auch spielt die Form
des Kulturgefäßes eine große Rolle, da hiervon die Refriedigung des Sauer-
*) F. Czapek, Untersuchungen über die Stickstoffgewinnung und Eiweißbilduug der
Schimmelpilze. Beitr. z. ehem. Physiol. u. Pathol. 1, 538. 2, 557. 3, 47. 1902/03.
'^) H. Pringsheim, Der Einfluß der chemischen Konstitution der Stickstoffnahrung
auf die Gärfähigkeit und die Wachstumsenergie verschiedener Pilze. II. Biochem. Zeitschr.
Bd. 8 (1908). S. 119.
^) E. Abderhalden und Y. Teruuchi, Kulturversuche mit Aspergillus niger auf
einigen Aminosäuren und Peptiden. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 47 (1906). S. 394;
— E. Abderhalden imd II. Pringsheim, Studien über die Spezifizität der peptolytischen
Fermente bei verschiedenen Pilzen. Zeitschr. f. physiol. Chem. 59 (1909). S. 249.
*) Vgl. H. Pringsheim, Über Pilzdesamidase. Biochem. Zeitschr. Bd. 12 (1908). S. 18.
'") Ahderhalden und liona, Die Zusammensetzung des „Eiweiß" von Aspergillus
niger bei verschiedener Stickstoffquelle. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 46(1905). S. 179.
*) U. Pringsheim, Über die Stickstoffernährung der Hefe. Biochem. Zeitschr. Bd. 3.
(1907). S. 121.
') //. Pringsheim, 1. c. Biochem. Zeitschr. Bd. 8 (1908). S. 119.
Methodik der Stoffwechseluntersuchung bei Mikroorganismen. 953
Stoffbedürfnisses a!)hängt. Man muß also weni^'stens für Ver^lcichsversiiche
Kultiirgefäße derselben Form und derselben l'iefenfülliinfi' benutzen.
Bei Erntebestimmungen darf man liöehsteiis bei 00 SO" ti'ocknen:
dann muß man z^Yei Tage im Exsikkator stehen lassen und im Wäge-
glase wägen. Die Filter sind gleichfalls im Exsikkatoi- zu trocknen. Die
getrocknete Pilzsubstanz ist stark hygroskopisch. Vm Verwechslungen
vorzubeugen, l)ezeiclmet man die getrockneten Filter mit I»]eistift-
nummern.
Ein besseres Kriterium für die Wachstumenergie eines IMlzes bei be-
stimmter Ernährung ist die Feststellung der ^'erm(dlrunL!•sgröl)e bezüglich
der Zahl. Doch kommt diese Methode eigentlich nur für Hefe in lictracht.
Die Hefezahl wird ähnlich wie die der l)lutkörperchen in einer Zählkammer
auf folgende Weise festgestellt.
Der Hefezählapparat.
Der Apparat ist genau so konstruiert, wie der zur Blutkörperchen-
zählung (Abb. in Bd. H. S. 714, Fig. 243). Die zu untersuchende Kultur
wird zuerst kräftig geschüttelt, um die Hefezellen gut zu verteilen. Dann
wird eine gemessene Probe entnommen und je nach Bedürfnis, bei kräf-
tigem Wachstum z. B. in Maische, auf das lOfache mit verdünnter Schwefel-
säure verdünnt. Nach erneutem kräftigem Schütteln haben sich dann die
Hefezellen von einander gelöst. Dann bringt man mit Hilfe einer großen
riatinöse so viel Flüssigkeit auf das Tischchen B. daß nach Aufschieben
des Deckglases keine Luftblasen in dem Raum z\\ischen diesen beiden vor-
handen sind. Nach einiger Zeit haben sich die Hefezellen abgesetzt und
man nimmt die Zählung bei SOOfacher Vergrößerung vor. Man führt die
Zählung nicht an einzelnen Quadraten, sondern an Reihen nebeneinander-
liegender aus, und zwar wählt man am besten diejenigen, welche von einer
Mittellinie durchschnitten sind, und die sich so dem Auge am besten
markieren. Liegen Zellen auf den Grenzlinien, so zählt man die auf zwei
Seiten mit und läßt die auf den beiden anderen Seiten unberücksichtigt.
Man stellt sich mehrere Präparate her und fährt damit so lange fort, l)is
die mittlere Zahl der in 5 Quadraten liegenden Hefezellen sich nicht mehr
erheblich ändert. Jedes Quadrat der Teilung bildet die Gnmdfläche von
0-002;') www- eines Prisma, dessen Höhe 0-2 mm und dessen Rauminhalt
demnach O'OOOö mtn^ beträgt. Dieses ist die Volumeneinheit des Hefezähl-
apparates. War z. B. die gefundene Durchschnittszahl für ö (,>uadrate
20 Hefezellen bei lOfacher Verdünnung, so ist die auf die \olumeueinheit
berechnete Zahl == ^-^ — = 40 Hefezellen. Das heilU in 1 rm^ wären
o
8 000000 Hefezellen vorhanden gewesen. M
•) P. Lindner, Mikroskopische BotriebskontroUe in den Gärungsgewerben. Berlin.
P. Parey. 1895. S. 54.
954 Hans Pringsheim.
Xeuestens hat Amann i) eine Methode zur direkten Bakterienzählung
im Ultramikroskop angegeben, die ganz dem Hefezähhmgsverfahren ent-
spricht.
Verfolgung des Stickstoff verbrauches und des S tickstoffaus-
trittes.
"Wie schon erwähnt und im Folgenden noch begründet werden wird,
findet bei der Gärung der Hefe ein Austritt von Stickstoff aus der Zelle
statt. Diese Erscheinung wird wohl eine allgemeine sein, die mit dem
Wachstum und der Lebenstätigkeit der Mikroorganismen in stickstoff-
haltigen Nährlösungen Hand in Hand gehen muß. Ebenso wie bei höheren
Lebewesen ist also auch hier das Leben an einen Stickstoffumsatz ge-
bunden. Diese allgemein interessante Frage verdient eine weitere Bear-
beitung.
Aus dem Gesagten geht klar hervor, daß sich aus dem Gehalt der
Zellen an Stickstoff nichts über die Stickstoffaufnahme aus der Nähr-
lösung sagen läßt. Auch die Bestimmung der zurückgelassenen Menge an
Stickstoffnahrung stößt bei den meisten Stickstoffquellen, wie Eiweiß, Pepton,
auch bei Aminosäuren auf unumgängliche Schwierigkeiten, wozu noch kommt,
daß gerade diese Bindungsformen des Stickstoffs aus der Zelle ausgeschieden
werden. Günstig hegen allein die Verhältnisse beim Ammoniak, und zwar
auch nur dann, wenn die in Frage kommende Mikroorganismenform keine
Ammoniakanhäufung während ihres Wachstums bewirkt. Davon kann man
sich durch Züchtung auf ammoniakfreien Nährböden überzeugen. Außerdem
käme noch die Ernährung mit Salpeter in Betracht, der zwar schwerer zu
bestimmen ist, aber nie. von nitrifizierenden Organismen abgesehen , ein
Dissimilationsprodukt sein wird.
Hefe nun spaltet kein unverbrauchtes Ammoniak ab. Man kann mit
ihr zur Ermittlung des Stickstoff Umsatzes also wie folgt verfahren. Eine
Nährlösung von bestimmtem Ammoniakgehalt wird mit Hefe beimpft. Den
Ammoniakverbrauch bestimmt man nach Destillation mit gebrannter Mag-
nesia, wodurch die anderen Stickstoffsubstanzen kein Ammoniak verlieren,
durch Titration. Mit Lakmoid als Indikator ist es nötig, die saure Flüssig-
keit in der Vorlage aufzukochen, um einen scharfen Umschlag zu erhalten.
Den Stickstoffgehalt der Hefe ermittelt man nach Kjchldahl. Man findet
dann als Differenz des Ammoniakverbrauchs und des Stickstoffgehaltes der
Hefe die aus den Zellen ausgetretene Menge Stickstoff, während Wachs-
tum (und Gärung). Folgende Daten geben ein Beispiel für einen derartigen
Versuch -) :
') H. Amann , Die direkte Zählung der Wasserbakterien mittelst des Ultrami-
kroskops. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 29 (1911). S. 381.
-) //. rrwf/sheim, Der Einfluß der Stickstoffornühruug der Hefe auf den Ver-
mehrungsgrad, die Gärwirkung und den Stickstoffumsatz während der Gärung. Biochem.
Zeitschr. Bd. 3 (1907). S. 198.
Methodik der Stoffwochseliintersucbiing bei Mikroorganismen.
955
Stickstoffumsatz der Hefe während der Gärung mit Ammoniak als
Stickstoffquclle. 2?)0 nn^ Lösung mit IS'/o Zucker.
Vor der-
Vergärung
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abgewogen
bestimmt
bestimmt
berechnet
bestimmt berechnet
berechnet
3026
0-6356
0-5978
0-0378
00067
0-6289
00311
1 :5-6
B. Abbau des Eiweiß und der Eiweißspaltungsprodukte.
Der Abbau hochmolekularen Eiweißes durch ^likroorganismen ver-
läuft zuerst dem durch Säurehydrolyse und dem durch die Fermente höherer
Lebewesen ganz analog. Auch hier wirken proteolytische Fermente, deren
Tätigkeit in besonders deutlicher Weise in der (lebitineverflüssigung vor
unser Auge tritt. Meist führt dieser Abbau direkt zu den Aminosäuren ;
es sind aber in Bakterien auch Fermente gefunden worden, die grolie
Menge von Pepton unangegriffen lassen und die so dem Papayotin näher
stehen. ^)
Die proteolytischen Fermente dieser Art können leicht von der Zelle
abtrennbar sein oder sie können als Endoenzyme nur zerriebene oder tote
Zellen verlassen , wie z. B. die Hefeendotrypstase. Für die Abscheidung
derartiger Fermente kommt also die Preßsaftmethode in Betracht. In den
meisten Fällen werden die hydrolytischen Spaltungsprodukte von lebenden
Mikroorganismen weiter zersetzt, so daß die Aminosäuren nur Zwisclien-
produkte sind. -) Die hierl)ei nun auftretenden Stoff Wechselprodukte können
sehr verschiedener Natur sein. Hauptsächlich kommen Amine und Fett-
säuren in Frage. Die Zersetzung der Aminosäuren durch Mikroorganismen
hat nun in neuerer Zeit eine eingehende Bearbeitung gefunden. Es handelt
sich hier vornehmlich um drei Typen, die durch gärende Hefen und
Schimmelpilze, durch nicht gärende Schimmelpilze und durch Fäulnisbakterien
dargestellt werden. Methodisch wird also zuerst auf den Abbau durch
die proteolytischen Fermente und nachher auf die Zerlegimg der Spaltimg.s-
produkte einzugehen sein. Zum Schluß ist noch die fermentative Desami-
dierung dieser zu berücksichtigen.
1) Emmerliny wud Reiser, Zur Kenntnis eiweißspaltender Bakterien. Ber. d.
Deutschen ehem. Gesellsch. Jg. 35 (1902). S. 700.
2) Abderhalden und Emtnerlinfi , Alibau des Gliadin diircli Hac. mesenterirns
vulgatus. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 51 (1907). S. 394.
g56 Hans Pringsheim.
I. Eiweißliydrolyse.
a) Nachweis und Verfolgung der Eiweißspaltung.
Die Fähigkeit der Mikroorganismen, in vielen Fällen eine Eiweiß-
spaltung vollziehen zu können, gibt sich schon durch ihr Gelatinever-
fliissigungsvermögen kund. Dieses läßt sich am besten in Stichkulturen
beobachten. Die Form der Verflüssigungszone ist ja auch als diagnostisches
Merkmal der verschiedenen Arten herangezogen worden, i-) Der Ausfall des
Versuches hängt jedoch in nicht geringem Grade von der Konzentration
des Nährbodens an Gelatine und der Dauer der Einwirkung ab. Mikro-
organismen, die bei Zimmertemperatur nicht gedeihen und die so auf
Gelatine nicht zum Wachstum gebracht werden können, kann man durch
Stichkultur nicht auf ihr Gelatineverflüssigungsvermögen prüfen. Zu diesem
Zwecke und für feinere Unterscheidungen l)edient man sich hier der jNle-
thode von Erikmann. 2) Man stellt sich Milchagarplatten her, indem man
Magermilch und Agar (2^0 iii Bouillon) getrennt sterilisiert und erst vor dem
Gebrauch, nachdem das Agar geschmolzen und wieder etwas abgekühlt
ist, miteinander im Verhältnis von 1:3 bis 1:6 mischt. Man bekommt als-
dann ein homogen trübes ]\Iedium, während, falls Milch und Agar zusammen
steriHsiert werden, das Kasein grobflockig ausfällt. — Das Kasein wird meist
unter vorheriger Gerinnung peptonisiert, und zwar nach den Angaben des
Verfassers von denselben Mikroorganismen, die auch die Gelatine zu ver-
flüssigen vermögen. Ob derartige Verflüssigungen nur dm'ch Ektoenzyme
hervorgerufen werden , muß wohl dahingestellt bleiben. Es sind in solchen
Kulturen immer absterbende Zellen vorhanden, aus deren Innern auch
Endoenzyme austreten werden. Überhaupt dürfte diese Unterscheidung
keine zu scharfe sein, denn lebende Mikroorganismen können wohl auch
mit Endoenzymen nach außen wirkende Reaktionen auf permeirende Stoffe
ausführen. Weitere und für geringe Fermentmengen geeignete Methoden
findet man noch im Bd. III, S. 16. Die quantitative Bestimmung der
Proteosenwirkuug ist im Bd. III, 2, S. 1256 beschrieben. Andere noch
wenig angewandte Methoden gibt Fuhrmann^) an.
Eine besondere Schwierigkeit beim Nachweis proteolytischer Fermente
ergibt sich aus der Tatsache, daß diese keineswegs immer in den Preß-
saft, der nach der Buchnerschen Methode dargestellt wird, übergehen.*)
Dies ist auch häufig eine Hinderung, die Spaltung von Polypeptiden durch
die Preßsäfte zu erzielen und sie mit Hilfe der optischen Methoden zu
verfolgen*), was um so bedauerUcher ist, als man auf diese Weise das
beste Mittel in der Hand hat, um die Art der Spaltung razemischer Poly-
^) Vgl. z. B. A. Fischer, Vorlesungen über Bakterien. G. Fischer. Jena 1903.
S. 100 mit Abbildungen.
^) C. Eijhinann, Über Enzyme bei Bakterien und Schimmelpilzen. Zentralbl. f.
Bakteriol. I. Abt. Bd. 29 (1901). S. 841.
^) Fuhrmatin , Vorlesungen über Bakterieneuzyme. G. Fischer. Jena 1907. S. 22.
*) E. Abderhalden und H. Pri>igshcim, Beitrag zur Technik des Nachweises inter-
zellulärer Fermente. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd^ 65 (1910). S. 180.
Metlimlik iler Stoffweclisoluiitersiiclmug bei Mikroorjranismoii. 907
Peptide, ob symmetrisch oder asymmetrisch gespalten wird, /n vcrfoluen. M
Hierzu eignet sich vor allem das d-1-Leuzyl-glyzin , das man in einer \'('r-
dünnung von Veooo Mol. mit O'bcm^ des Preßsaftes vermischt und in einen
durch einen Wassermantel auf konstantem Temperatur gehaltenen 1-d-l )rehungs-
rohr bei Toluolgegenwart beobachtet. Findet asymmetrische Spaltung statt,
so beobachtet man ein Ansteigen der Drehung, veranlalit durch das ab-
gespaltene natürliche 1-Leuzin, etwa bis zu — O'IÜ". Bei Abfall der Spal-
tung im weiteren Verlaufe der Beobachtung, z. B. nach 210 Minuten,
kann man auf symmetrische Spaltung, d. h. nunmehrige Abspaltung des
d-Leuzins schließen. Um sich hierüber zu vergewissern , wendet man noch
1-Leuzyl-d-leuzin in Vioooo Mol.-Verdünnung an. Die positive Drehung
dieses Dipeptids von etwa + 0".'i6° in der angegebenen Verdünnung muß
zurückgehen und dem Xullwert zustreben, wenn dieses aus einer natürlichen
und einer nichtnatürlichen Komponente des Leucins zusammengesetzte Peptid
gespalten wird. Zur Kontrolle sind aber noch Spaltungsversuche mit Glyzyl-
alanin und Alanyl-glyzin zu empfehlen, die man nach der Estermethode
verarbeitet (vgl. Bd. II , S. 470) und auf die Drehung des eventuell abge-
spaltenen Alanins untersucht. Bei dieser chemischen Methode kann man
an Stelle der Preßsäfte auch die Mikroorganismen unter Toluol mit den
Lösungen der Polypeptide zusammenbringen. Schnelle Cbersichtsresultate
gewinnt man auch mit Hilfe des Seidenpeptons 2) , das unter dem Einfluß
der hydrolytischen Fermente schwerlösliches Tyrosin abspaltet, welches sich
dann auf der Oberfläche der Organismen absetzt (vgl. Bd. III, S. 20).
Sichere Angaben über die Herstellung dieses Peptons vergleiche unten. 3)
Wie man mit Hilfe der optischen Methode die Fermentwirkung,
z. B. des Hefepreßsaftes gegen Polypeptide, verfolgen kann , ist schon im
III. Band, S. 31 angegeben.
b) Die Isolierung der Eiweißspaltungsprodukte durch Mikro-
organismen unterscheidet sich nicht von der durch andere Agentien be-
wirkten, die im Handbuch an verschiedenen Orten eingehend beschrieben
wurde. Hervorzuheben wäre noch, daß auch bei der Selbstverdauung, z. B.
der Hefe, die normalen Eiweißspaltungsprodukte auftreten.^)
IT. Abbau der Aiiiiiiosäuren.
a) Durch Hefen und Schimmelpilze.
Bei der Darreichung von Aminosäuren als Stickstoffquelle an Hefen wird
immer die in der Natur vorkommende Komponente von ihnoi bevorzugt. Auf
^) E. Abderhalden und H. Pringsheim , Studien über die Sppzil'i/.ität der pepto-
lytischeu Feniiciitc bei verschiedenen Pilzen. p]lienda. Bd. 59 (l'.IOy). S. 249.
-) E. AhdrrhahleH und U. Frinf/sheim, Beitrag zur Technik des Nachweises inter-
zellulärer Fermente. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 05 (1909). S. 180.
^) E. Abderhalden und E. Steinbeck, Weitere rntersuchiuiireii über die \ cr-
wendbarkeit des Seidelipeptons zum Nachweis peptolytischer Fenucntc. Kbenda. Bd. 68
(1910). S. 312 und dieses Handbuch. Bd. V. Teü 1. S. 578.
*) Schenk, Über Selbstverdauung einiger Hefearten. Zeitschr. f. Spiritusindustrie.
Bd. 28 (1905). S. 397.
958
Hans Pringsbeim
B '
welche Weise man somit gärende Hefe zur Spaltung razemischer Aminosäuren
verwenden kann, wurde schon in einem anderen Teil des Handbuches be-
schrieben. ^) Nach Verbrauch der natürlichen Komponente wird hierbei auch
die andere angegriffen. Es handelt sich also nur um eine Bevorzugung,
die bei Schimmelpilzen (und auch bei einigen Bakterien) noch weit weniger
ausgeprägt ist. Häufig findet hier der Angriff ganz symmetrisch statt,
gleichgültig ob die Aminosäuren als gemeinsame Kohlenstoff- und Stick-
stoffnahrung oder in Gegenwart von Zucker nur als Stickstoffquelle ge-
boten werden. '-) Für derartige Untersuchungen eignet sich gut das raze-
mische Leuzin und die razemische Glutaminsäure, die wegen ihrer Schwer-
löslichkeit in einfacher Weise aus den Kulturflüssigkeiten zu isoUeren sind.
Sie werden in 0"5 — f/oiger Lösung, eventuell neben öVoigei" Glukose ge-
boten. Während der Abbau der Aminosäuren, wie wir sehen werden, durch
gärende Pilze dem durch Hefen zum Teil wenigstens analog zu verlaufen
scheint, resultieren beim Wachstum nichtgärender Pilze andere Abbau-
produkte.
Vergärung des Leuzins.
Bei der Gärung wird das Leuzin in Isoamylalkohol und das Isoleuzin
in d-Amylalkohol übergeführt. ») Diese Alkohole machen den Hauptbestand-
teil des Fuselöls aus , das mit dem gewöhUchen Alkohol überdestilliert und
in ihm mit verhältnismäßiger Einfachheit und Genauigkeit bestimmt
werden kann (vgl. Bd. H, S. 11). Wir haben also hier ein Mittel an der
Hand , um in einer die bisher bekannt gewordenen Untersuchungsmethoden
an Tiefe des Einblicks übertreffenden Weise den Stickstoffwechsel einer
Mikroorganismenart , und zwar der technisch wichtigsten, der Hefe, zu ver-
folgen. So konnte gezeigt werden, daß die Umwandlung von Leuzin in
Amylalkohol nur in Gegenwart von Zucker und bei gleichzeitiger Ver-
gärung dieses stattfindet *) , daß aber andrerseits auch gärende abgetötete
Hefe wie die Azetondauerhefe diese Spaltung nicht zu vollziehen vermag. ^)
Das Leuzin läßt sich durch andere Stickstoff quellen gegen den Angriff der Hefe
schützen *) , so daß selbst im technischen Betriebe durch Zusatz von Ammon-
sulfat eine Unterdrückung der Fuselölbildung auf weniger als die Hälfte
1) F. Ehrlich, Bd. II. S. 563.
-) H. rringsheim , Studien über die Spaltung razemiscber Aminosäuren durcb
Pilze. Zeitscbr. f. pbysiol. Cbemie. Bd. 65 (1910). S. 96.
') F. Ehrlich, Über die Entstehung des Fuselöls. Zeitschr. d. Vereins f. Rüben-
zuckerindustrie. Bd. 55 (1905). S. 539.
■*) //. Priiiffsheim, Über die Stickstoffnahrung der Hefe. Teil III. Biochem. Zeit-
schrift. Bd. 3 (1908). S. 264/266. — F. Ehrlich, Über die Bedingungen der Fuselölbildung
und ihren Zusammenhang mit dem Ei\Yeißaufbau der Hefe. Ber. d. Deutschen ehem.
Gesellsch. Jg. 40 (1907). S. 1027.
^) //. l'ringsheim , Über die Bildung von Fuselöl bei Azetondauerhefegärung. Ber.
d. Deutschen ehem. Gesellsch. Jg. 39 (1906). S. 3713. — F. Ehrlich, Zur Frage der
Fuselölbildung der Hefe. Ebenda. Jg. 39 (1906). S. 4072.
Methodik der Stoffwecliseluntersuclning bei Mikroorganisuieu.
959
möjilich war. 1) Weiter wurde der Beweis gefiilirt . (\M\ auch ^iärende
Scliiminelpilze bei Ziickergegenwart Leuzin in Amylalkohol umwandeln. -)
Auch kann man den Einfluli der Konzenti-ation der Stickstoffnahrunf^. wenn
Leuzin allein geboten wird, auf die Intensität der rmwandlunLi- in Amyl-
alkohol genau verfolgen'') und die interessante Beobachtung machen, daß
bei geringer Stickstoff gäbe weit mehr, bis annähernd 2<)i)"/o des gebotenen
Leuzins als Fuselöl in der (iärflüssigkeit erscheint, was dadurch zu er-
klären ist, daß hier die Dissimilationsprodukte des Hefeeiweiß in (iestalt
von Aminosäuren von neuem in den Stoffwechsel gerissen und wiederum
auf Fuselöl verarbeitet werden. ^)
Methodisch verfährt man dabei so, daß man eine Zuckerlösung mit
Hefe beimpft , bis zur völligen Vergärung des Zuckers bei geeigneter
Temperatur (22" C) aufstellt und dann im Destillat den Alkohol mid das
Fuselöl (Bd. H. S. 11) bestimmt. Für das Mengenverhältnis soll folgender
Versuch als Beis piel dienen. *)
157o Zucker, Salze.
Mit Logos Hefe beimpft.
g Leuzin in
250 cw3
Lösung
abgewogen
g Stickstoff
in 250 c»)^
Losung
berechnet
150 cm' Destillat
g Fuselöl in
50 c»i' des
Destillates
% Alkohol
des
Destillates
bestimmt
bestimmt
"/o Fuselöl
der ver-
gorenen
P'liissigkeit
o/o Alkohol
der ver-
gorenen
'^'lüssigkeit
berechnet
berechnet
o/o Fuselöl
des
Alkohols
berechnet
0-321
I. 0-0788
II. 00791
10-50
0-0947
6-30
1-50
Ehrlich hat in ähnlichen \'ersuchen das P'uselöl nach der Bösc-Hprz-
feldsdien Methode bestimmt, über die man bei Lunge '">) das Nötige findet.
Vergärung des Tyrosins.
Vor kurzem konnte Ehrlich^) zeigen, daß auf dieselbe Weise wie
aus Leuzin Amylalkohol, aus Tyrosin p-Oxyphenyl-Athylalkohol durch
*) H. Pringsheim , Über die ünterdrückunar der Fiisebdliildtin? uud die Mit-
wirkung von Bakterien au der Bildung iiöherer Alkohole bei der Gäruug. Biochem.
Zeitschr. Bd. 10 (1908). S. 490.
'-) H. Pringsheim , Über die Fuselölbildung durch verschiedene Pilze. Bioch. Zeit-
schrift. Bd. 8 (1908). S. 128.
*) H. Pringsheim, Über die Stickstoffnahrung der Hefe. Teil III. Biochem. Zeit-
schrift. Bd. 3 (1908). S. 264/266. — F. Ehrlich, Über die Bedingungen der Fuselölbildung
und ihren Zusammenhang mit dem Eiweißaufbau der Hefe. Bor. d. Deutschen ehem.
Gesellsch. Jg. 40 (1907). S. 1027.
*) H. Pringshaim, Biochem. Zeitschr. Bd. 3 (1907). S. 238.
') 6r. Lunge, Chemisch-technische Uutersuchungsmetliodcn. 5. Aufl. Berlin 190.").
*) F. Ehrlich, über die Vergärung des Tyrosins zu p-C)xyphenyl-Ätli\lalkuhol
(Tyrosol). Ber. d. Deutschen ehem. Gesellsch. Jg. 44 (1911). S. 139.
960
Haus Priuffsheim
o '
Särende Hefe gebildet wird. Dieser Tyrosol genannte Alkohol bildet einen
beständigen Bestandteil der Gärflüssigkeiten, in die er auch ohne Zusatz
von Tyrosin durch die Vergärung der Hefeeiweißdissimilationsprodukte ge-
langt. Zur Darstellung des Tyrosols wird z.B. log reines 1-Tyrosin (aus
Seide) in eine Lösung von 1200r/ Piohrzucker in 10? Leitungswasser ge-
löst und mit 600(7 Brennereipreßhefe bei Zimmertemperatur wlihrend B bis
4 Tagen bis zum völligen Verschwinden des Zuckers vergoren. Dann wird
auf dem Wasserbade zum Sirup eingedampft, mit 5—6 Teilen Alkohol
verriel)en, filtriert und nach Verjagen des Alkohols mit 100 — 200 cm^
Wasser aufgenommen. Der durch Natriumbikarbonat schwach alkalischen
Lösung wird das Tyrosol erschöpfend mit Äther entzogen, aus dem ein
alsbald erstarrendes Öl herauskommt. Nach dem Umkristallisieren aus
Chloroform wurden 8-5 g Tyrosol erhalten. Schmelzpunkt 93".
Vergärung der Glutaminsäure.
Die Bildung der Bernsteinsäure aus Glutaminsäure, die gleichfalls
ein beständiger Bestandteil der Gärflüssigkeiten ist, verläuft nach Ehrlich i)
in völliger Analogie zur Leuzinvergärung. Auch hier ist gärende, lebende
Hefe Bedingung usw. :\Iethodisch kann die Bernsteinsäure nach Bd. II,
S. 24 bestimmt werden.
Neuestens haben Neuhauer und Fromherz^) den Beweis zu führen
gesucht, daß die Vergärung der Aminosäuren über die Ketosäuren als
Zwischenprodukt erfolgt. Sie zeigten, daß Phenylaminoessigsäure zu Phenyl-
glyoxylsäure und p-( )xyphenyl-brenztraubensäure zu p-(Jxylphenyläthylalkohol
in Gegenwart von Zucker durch Hefe abgebaut werden. Die a-Aminosäure
wird demnach zuerst zur a-Ketosäure abgebaut und diese kann ihrerseits
zu demselben Endprodukt wie die a-Aminosäure vergoren werden. Details
dieser wichtigen Untersuchung, die Isolierung der Gärprodukte und der
dabei entstandenen Nebenprodukte müssen im Original eingesehen werden.
Umw^andlung von Aminosäuren in Oxysäuren durch Schimmel-
pilze. 3)
Während sich die wilden Heferassen und die Kahmhefen wie auch
andere den Hefearten schon ferner stehende Organismen, z. B. Dematium
pullulans, bei Gegenwart von Zucker Aminosäuren gegenüber wie die
Kulturhefen verhalten , vollziehen die Schimmelpilze einen anders gearteten
Abbau. Bei Abw^esenheit von Zucker, wenn die Aminosäuren als gleich-
*) F. Ehrlich, Über die Entstehung der Bernsteinsäure bei der alkoholischen
Gärung. Biochem. Zeitschr. Bd. 18 (1909)^ S. 391.
') Neubauer und Fromherz, tfber den Abbau der Aminosäuren bei der Hefe-
gärung. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 70 (1910). S. 326.
^) F. Ehrlich und K. A. Jcicohsen, Über die Umwandlung von Aminosäuren in
Oxysäuren durch Schimmelpilze. Ber. d. Deutschen ehem. Gesellsch. Jg. 44. S. 888 (1911).
Methodik der Stoffwechselnntcrsuchtinfr l>ei Mikroorganismen. 961
zeitige Kohlen- und Stickstoffquelle geboten werden, findet ein sehr weit-
gehender Abl);iu der Aminosäuren statt. Abei- auch bei gleiehzeitigcr Zneker-
gabe vermögen einige Pilze Aminosäuren zu niediig niolckulai'cn \'erbin-
dungen aufzuspalten, während beim Waehstum einer Iteihe anderer
Schimmelpilze auf Aminosäuren der größte Teil des Moh-küls dieser Sub-
stanzen erhalten bleibt. Bisher werden Einzelheiten hiei'über nur in letzterem
Falle, und zwar in bezug auf das in der Natur sehr veibreitete Oidiuiii
lactis berichtet.
Für Oidium lactis sind alle natürlich vorkommenden -/.-Amino-
säuren vorzüghche Stickstoffnährmittel, wenn gleichzeitig in genügender
Menge die üblichen anorganischen Nährsalze und (ilukose. Invertzucker
oder ^lilchzucker als Kohlenstoff([uelle geboten werden, die der I'ilz füi- den
Eiweißaufbau unbedingt erfordert. In verdünnten Lösungen verlu-aucht
Oidium lactis die Aminosäuren verhältnismäbig schnell und schon nach
4 — 5wöchentlichem Wachstum ist im Nährsubstrat von diesen Substanzen
gewöhnlich nichts mehr nachzuweisen. Bei diesem \'organg findet regel-
mäßig eine Desamidierung der als Stickstoffcpielle gebotenen Aminosäuren
in dem Sinne statt, daß Wasser angelagert und Ammoniak abgespalten
wird, entsprechend der Gleichung:
R.CH(NH2)COOH + H.,0 = R.CH(()H).C()()H + NH3.
Das Ammoniak wird sofort vom Pilz zu seinem Eiweißaufbau verbraucht,
während das Gerüst der Aminosäuren fast unverändert erhalten bleibt mid
in Form der entsprechenden a-Uxysäuren aus der Nährlösung in beinahe
quantitativer Ausbeute wiederzugewinnen ist.
Da man beUebige Quantitäten einzelner Aminosäuren mit (»idiuin
lactis in ziemlich kurzer Zeit verarbeiten kann, so ist hiermit eine be-
queme Methode zur Darstellung optischer aktiver Oxysäuren gegeben, mit
Hilfe deren bisher die Reindarstellung folgender bisher noch nicht be-
schriebener optisch-aktiver Formen von x-Oxysäuren gelaug:
aus 1-Tyrosin d-p . ( )xyphenyl-milchsäure
H0<^ ^.CH2.CH(NH.,).C0.,H — >► Hü<^ ^.CH., .CH (OHj.CO., II
aus d-1 . Phenylalanin d-Phenyl-milchsäure
<^ ^.CH.3.CH(NH.,)C0.,H — >. <^ '^. CH^-Cll . ( olH.CO, 11
aus 1-Trvptophan 1-Indol-milclisäure
C.CH.,.CH(NH.;)C().,H /\ CCH^ .GII (Oll) .CO., H
Als Kohlenstoffquelle verwendet man. da der Pilz keine Invertase
abscheidet und Rohrzucker somit ungeeignet ist, statt der teueren (iluko.se
Abderhii Iden , Handbuch der biochemischon Arbeitsmethoden. V. (Jl
qg9 Hans Pringsheim.
mit \ortiMl Invertzuckersirup . den man nach dem Verfahren von Wohl
und Kollrcpp 1 ) darstellt und den man direkt ohne Neutralisation der Nähr-
lüsunf>- zusetzen kann. Zu seiner Darstellung' schmilzt man 80 Teile Rohr-
zucker. 20 Teile Wassei- und 0-004 Teile wasserfreie Salzsäure (d. i. O'OOöVo
d«'S Zuckers) auf dem siedenden Wasserbade eine Stunde zusammen, wobei
man einen dicken, reinen, völhg farblosen Invertzuckersirup, der keinerlei
Nebenprodukte aufweist , erhält.
Wir geben hier die Darstellung- von d-p . Oxyphenyl-milchsäure aus
1-Tyrosiu wiedei-, von der die der anderen Oxysäuren im Prinzip nicht
verschieden sind,
d-p. Oxyphenyl-milchsäure aus 1-Tyrosin.
2g Ty rosin werden unter Erwärmen in 21 einer Nährlösung auf-
gelöst, die enthält 20g Invertzuckersirup, 0*5 ^r K. HrO^ , 0-5 r; KH^rOi,
O'l^ ]MgS04 und Spuren Natrium und Eisenchlorid. Die sterilisierte Lösung
•wird mit Oidium lactis beimpft. Schon nach zwei Tagen zeigt sich an der
Oberfläche ein zarter Pilzanflug, der bald stärker wird und in die Flüssig-
keit hineinwächst. Nach 6 Tagen hat sich bereits eine starke Pilz-
decke gebildet, die, durch Schütteln des Kolbens untergetaucht, bald von
einem Pilzmyzel überwuchert wird , das auch die Lösung allmählich erfüllt.
Die Flüssigkeit wird dann in der nächsten Zeit noch einige Male geschüttelt.
Die Neubildung der Pilzdecke erfolgt schließlich immer langsamer, bis nach
4 Wochen das W^achstum ganz aufzuhören scheint. Nach fünfwöchentlicher
Dauer wird der Versuch abgebrochen und die Flüssigkeit abfiltriert.
Die gesammelten Filtrate werden im Vakuum bei 50° bis zum Sirup
eingedampft , wobei sich kein Tyrosin abscheidet. Zur Abscheidung ge-
wisser, mit Äther starke Emulsionen bildender Bestandteile wird der
Sirup mit dem mehrfachen Volumen Alkohol verrührt, die alkohohsche
Lösung von den ausgeschiedenen Flocken, die ebenfalls kein Tyrosin ent-
halten, abfiltriert und der Alkohol daraus verdunstet. Den schließlich er-
haltenen Piückstand nimmt man in wenig Wasser auf, versetzt ihn mit
wenig Natriumkarbonat bis zur schwach alkalischen Reaktion und extrahiert
im kontinuierlichen Extraktor erschöpfend mit Äther. 2) Auf diese W^eise
entfernt man geringe Spuren von Tyrosol.
Dann säuert man mit Schwefelsäure stark aus und extrahiert von
neuem mit Äther. Der nach dem Trocknen des Äthers mit Natriumsulfat
nach Abdampfen hinterbleibende Rückstand von 2'2g wird zur Reinigung
mit W^asser aufgenommen und die Lösung einige Zeit mit Tierkohle ge-
kocht. Das Filtrat gibt beim Einengen auf dem W asserbade einen Kristall-
brei , den man nach dem Abkühlen absaugt und noch einmal derselben Be-
handlung unterwirft. Auf diese W>ise wird die Substanz mit verhältnis-
*) V. Lippmann, Chemie der Zuckerarten. 1904. 1. S. 908.
'■') Sehr gut hat sich bei mir für solche Zwecke der Apparat von Richard Kempf,
„Über selbsttätige Extraktion wässeriger Flüssigkeiten durch spezifisch leichtere
Lösungsmittel. Chemiker-Ztg. 1910. Nr. 153. S. 1365" bewährt.
Methodik der Stoffwechseluntersiichung bei Mikroorganismen. 96o
mäßig- geringen Verlusten in einer Menge von VSg völlig rein in Form
langer, farbloser, seidegliinzender Nadeln erhalten, die scharf bei l»iH«
schmelzen. 8ie zeigt in wässeriger Lösung 1*1 d = + 18"14" Kechtsdrehung.
Wichtig ist die Methode besondeis zur Darstellung oi)tisch-aktiver
Oxysäuren , da sie vor der rein chemischen manche \'orteile besitzt.
b) Durch Fäuluishakterien.
Die Isoherung der Fäulnisbasen ist im II. Bande , S. 1002 dargestellt
worden. Hier soll nur noch der Abbau der Aminosäuren i)ei der Fäulnis
beschrieben werden. Daß die Fäulnis des Eiweiß meist durch ein Gemisch
von Bakterien eingeleitet wurde, indem man z. B. mit einer faulenden
Pankreasflocke impfte, kann nicht als \orteil betrachtet werden. Man nmß
mit Reinkulturen zu klareren Resultaten gelangen. So gelingt es z. B. mit
Hilfe des Bac. putrificus Bieustock, in Reinkultur einen Fäulnisabbau zu
vollziehen. Auch die Verwendung anderer Fäulnisbakterien-Reinkulturen
wäre sicherlich ein Fortschritt. Von wesentlichem Einfluß ist es noch, ob
man die Aminosäuren als alleinige Stickstoffiiuelle bietet oder ob man sie
ähnlich wie bei der Leuzinvergärung durch eine andere Stickstoffiiahrung,
z. B. Pepton, teilweise vor dem Angriff schützt. Auf diese Weise wird, wie
wir sehen werden, bisweilen die Aminogruppe erhalten und nur eine
Kohlensäureabspaltung vollzogen. In allen Fällen handelt es sich hier ent-
weder um eine Kohlensäureabspaltung oder um Eliminierung der Amino-
gruppe unter Reduktion. Beide Reaktionen können auch kombiniert sein, i)
Die bei der Eiweißfäulnis auftretenden Fettsäuren ^j stammen aus
Glutaminsäure 3) , die in n-Buttersäure, aus Asparaginsäure ^). die in
Propion- (und Bernsteinsäure) oder aus d-Aminovaleriansäure, die in Iso-
valeriansäure zerfällt. ^) Beim Abbau letzterer Si'iure wurde schon ein Amin,
das Isobutvlamin, beobachtet. Auch aus Glutaminsäure konnte bei Gegen-
wart von Pepton noch ein stickstoffhaltiges Abbauprodukt in Gestalt der
y-Aminobuttersäure, wenn auch wohl in geringer Menge , gefaßt werden. •"')
') Eine Übersicht über die bisher aus Aminosäuren erhaltenen sticksti)ffh;ihigen
Fäuhiisprodukte gel)en Ackermann und Kutscher. Über die Apporrhegmen. Zeitschr. f.
physiol. Chemie. Bd. 69 (1910). S. 272.
^) C. Neuberg und E. Rosenberg, Über die bei der Eiweißfauhiis auftretenden
Fettsäuren sowie über die optisch-aktive Valeriansäure und Kapronsäiiro. Bioclicm Zeit-
schrift. Bd. 7 (1907). S. 178. Hier eine Zusammenstellung der chemischen Seite der
Fäulnis von Aminosäuren.
') W. Brasch und C. Neuberg, Biochemische Umwandlung der Glutaminsäure in
n-Buttersäure. Biochem. Zeitschr. Bd. 13 (1908). S. 299. — C. Neuberg, Verhalten von
razemischer Glutaminsäure bei der Fäulnis. Ebenda. Bd. 18 (1909). S. 431.
■*) C. Neuberg und C. Cappezzuoli , Biochemische Umwandlung von Asparagin und
Asparaginsäure in Propionsäure und Bernsteinsäure. Biochem. Zeitschr. Bd. 18 (1909).
S. 424.
^) C. Neuberg und /.. Karezag, Verhalten von d,l-a-Aminovaleriansäure (d,l-
Valin) bei der Fäulnis. Biochem. Zeitschr. Bd. 18 (1909). S. 435.
*) Ackermann, Über ein neues, auf bakteriellem Wege gewinnbares Aporrhcgma.
Zeitschr. f, physiol. Chemie. Bd. 69 (1910). S. 273.
Gl*
Qß_j^ Hans Frings heim.
Ebenso entstehen aus Lysin Pentamethylendiamin , aus Arginin Tetra-
methvlendiamin und S-Aminovaleriansäure^), aus Histidin ß-Imidazoläthylamin
und Iniidazolylproprionsäure. 2) Aus Phenylalanin wird Phenyläthylamin,
Phenylessig- und Phenylpropionsäure , aus Tyrosin p-Oxyphenyläthylamin,
p-( ).\vphenylessig"- und Propionsäure, und aus Tryptophan Indol, Skatol
und Indolessigsäure erhalten. Diese Beispiele mögen genügen. Methodisch
sei hier der Abbau der Glutaminsäure 3) und des Lysins^j beschrieben.
Fäulnisabbau der Glutaminsäure.
5 // Glutaminsäure werden in 500 cm^ Wasser gelöst, mit Soda gerade
alkahsch gemacht und nach Versetzen mit einigen Tropfen einer Fäulnis-
lösung (E. Salkoivsli, Praktikum, a. Aufl. 1906, S. 227) 4 Wochen bei 38"
gehalten. Dann werden 2bQ('m^ der Flüssigkeit mit verdünnter Schwefel-
säure angesäuert und unter gleichzeitiger Erhitzung 32 Stunden mit
Wasserdampf destilliert. Das Destillat von 2655 cm^ forderte zur Neu-
trahsation SPOcm^ ^NaOH. Um Verluste durch Dissoziation zu ver-
5
meiden, werden noch l^cm^ —Na OH zugegeben und in einer Porzellan-
o '
schale auf dem AVasserbade zu 40 cm ^ eingeengt. Die in einen Rundkolben
übergespülte Lösung wird mit 20 cm^ Doppeltnormalschwefelsäure ange-
säuert und zur Zerstörung der Ameisensäure -ig festes Merkurisulfat zu-
gegeben und eine halbe Stunde am Ptückflul»kühler gelinde gesiedet. Das
sich unter deutUcher Kohlensäureentwicklimg abscheidende Quecksilber-
oxydulsalz wird abfiltriert, das in der Flüssigkeit befindliche Quecksilber
mit HoS ausgefällt, der absorbierte Teil des H, S durch einen kräftigen
Luftstrom ausgetrieben, die Schwefelsäure darauf mit warmem Baryt-
wasser und dessen Überschuß mit Kohlensäure entfernt. Die klare Lösung
wird nunmehr auf 25 cm^ eingeengt, wobei sich etwas Baryumkarbonat
abscheidet. Unter Zugabe einiger Tropfen verdünnter Silbernitratlösung,
die Spuren von Chloriden niederschlägt, wird aufgekocht und filtriert und
dann mit konzentrierter AgNOg -Lösung ausgefällt. Der reichliche, fein-
kristalhnische Niederschlag wird nach zweistündigem Stehen mit kaltem
Wasser und absolutem Alkohol gewaschen. Er besteht aus reinem Silber-
bntyrat. Der von der Analyse bleibende Rest des Sill)erbutyrates wird
in das Kalziumsalz verwandelt und zeigt die Eigenschaften des normalen
Butyrates (vgl. Band II, S. 21).
Die bei der Wasserdampfdestillation zurückbleibende schwefelsaure
Lösung der nicht flüchtigen Fäulnisprodukte wird auf 75 tm^ eingeengt,
') Ackermanti, tiber ein neues, auf bakteriellem Wege gewinnbares Aporreghma.
Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 69 (1910). S. 273.
^) Acker m a >i n , Über den l)akteriellen Abbau des Histidins. Zeitschr. f. physiol.
Chemie. Bd. 65 (1910). S. 504.
'0 W. Brasch und C. Neuberc/, Biochemische Umwandlung der Glutaminsäure in
n-Buttersäure. Biochem. Zeitschr. Bd. 13 (190R). S. 299. — C. Ncuberr/, Verhalten von
razemischer Glutaminsäure bei der Fäulnis. Ebenda. Bd. 18 (1909). S. 431.
Methodik der Stoffwechseluntersuchung lioi Mikroorganismen. 96r)
mit iVmmonsulfat nahezu gesättigt im kontinuierlichen Ätherextrakte
52 Stunden mit Äther ausgezogen. Nach Ah(himi)fen des Äthers hinterbleiltt
einmal aus Wasser umgelöst die bei 180 — 181" schmelzende Bernsteinsäui-e.
Lysinfäulnis.
98,9 d-Lysinchlorid , 10 y Pepton, 20 (/ Glukose, einige Tropfen
Natriumphosphat und Magnesiumsulfat werden in 4 / Wasser hei Oegeuwart
von 20^ kohlensaurem Kalk mit einer faulenden ['ankreasflocko versetzt
19 Tage bei 36" gehalten. Dann wird bei phosphorsaurer Reaktion ein-
geengt und die filtrierte Flüssigkeit der Reinigung mit Tannin und Blei-
oxyd unterzogen und nun bei schwefelsaurer Reaktion eine Fällung mit
Phosphorwolframsäure vorgenommen. Die aus dieser mit Parytwasser und
Kohlensäure gewiunbaren Karbonate bestanden zum größten Teil aus Penta-
methylendiaminkarbonat (vgl. P»d. II, 8. 1022).
III. Die fermentative Desamidieruiig der Aminosäuren.
Von großem Interesse wäre es, die Aminosäuren auf fermentativeni
Wege zu desamidisren. Man könnte so einen Einblick in die Wege der
Spaltung bekommen, welche sie unter dem Einfluß von Mikroorganismen er-
leiden und man würde wenigstens Fingerzeige für die Beantwortung der
Frage erhalten, wie die Aminosäuren im Darmkanal abgebaut werden, ehe
sie einer neuen Synthese zum Eiweiß zugeführt werden. Aus den zahl-
reichen Spaltungsversuchen von Polypeptiden, die E. Fischer und Abder-
halden ausgeführt hr.ben, geht hervor, daß die bisher gewonnenen Fer-
mente höherer Lebewesen keine Abspaltung von Ammoniak aus Amino-
säuren vollziehen, denn letztere konnten immer als solche isoliert werden.
Auch die Hefe kann in Gestalt der Dauerhefe oder ihres Preßsaftes, wie
wir gesehen haben, keinen derartigen Abbau auslösen. Etwas hoffnungs-
voller lauten die Berichte über die desamidierende Kraft von Schimmel-
pilzfermenten (Azetondauerpräparate und Preßsäfte). Sie entfalten auf ver-
schiedene Aminosäuren eine wahrnehmbare, w^enn auch recht schwache
Wirkung. 1) Energisch wirkte ein Azetondauerpräparat von Bac. proteus
vulgaris auf Asparagin ein. -} Hierbei wurden fast 50Vo des im Asjjaragin
gebotenen Stickstoffs als Ammoniak abgespalten, wobei Asparaginsäure
entstand. Der Beweis, daß auch Bernsteinsäure entstand, wurde jedoch
nicht erbracht. Man kann also auch hier von keiner wirklichen Desami-
dierung der Aminosäure sprechen. Es handelt sich nur um die Abspaltung
des Amidstickstoffs, welche Verseifung naturgemäß viel leichter verläuft.
Das desamidierende Ferment aufzufinden, muß der Zukunft überlassen
^) Shihata, Über das Vorkommen von Amide spähenden Enzymen bei Pilzen.
Beiträge z. ehem. Physiol. u. I'athol. Bd. 5. S. 384 (1904). — II. l'rituisheim , Über
Pilzdesamidase. Biochcm. Zeitschr. Bd. 12. S. 16 (1908).
") Xaitiaski/, Über die Umsetzung von Aminosäuren durch Bac. proteus vulgaris.
Archiv f. Hyg. Bd'. 66 (1908). S. 209.
ggg Hans Pringsheim.
bleiben. Am größten scheinen die Chancen im keimenden Samen zu sein,
in denen bekanntlich eine Eiweißneubildung statthat. Immerhin sei der
lehrreiche Versuch von Nawiaski/ hier beschrieben.
Fermentative Ammoniakabspaltung aus Asparagin.
Große Mengen von Bac. proteus werden gewonnen, indem man mit :>- oder
4''/oigeni Pferdemistdekokt-Agar beschickte Petrischalen (Durchmesser 18 cm)
nach dem Erkalten mit einer P)Ouillonaufschwemmung des Bazillus be-
streicht. Die Schalen bleiben 48 — 60 Stunden im Brutschrank bei 35",
dann werden die Bakterien mit Hilfe eines Platinspatels vorsichtig vom
Agar abgehoben und in sterilen Gefäßen gesammelt. 8 g Proteus gaben,
nach Buchner (vgl. Bd. II, S. 197) in ein Azetondauerpräparat verwandelt,
2'55 ff. Dasselbe wurde zuerst mit ö^/q Asparaginlösung angerührt und mit
lg Glaspulver zerrieben und darauf mit 5 ^ Toluol in 100 cm^ der Aspa-
raginlösung gebracht.
Nach 4V2 Tagen konnten folgende Daten ermittelt werden:
Ursprünglich vorhanden N als NH3 0'0826 g.
Nach 41/2 Tagen N als NH3 0-4536 g oder 49-28o/o des mit dem
Asparagin zugefügten Stickstoffs. Zu Ammoniakbestimmung verwendet man
in solchen Fällen bei leicht zerlegbaren Stickstoffsubstanzen die Bestimmun-
gen ohne Erhitzen (vgl. Bd. III, S. 765).
Zersetzung der Fette, Fettsäuren und Alkohole.
A. Fettzersetzung.
Die noch nicht sehr eingehend untersuchte Zersetzung der Fette
durch Mikroorganismen vollzieht sich verhältnismäßig schwierig. Selbst im
Boden ist die Fettzersetzung ein im Vergleich zu anderen Abbauvorgängen
sehr langsamer Prozeß. 1)
Im allgemeinen scheint der Zersetzung eine lipolytische Spaltung vor-
auszugehen. 2) Immer wird nun zuerst das Glyzerin aufgezehrt. 3) Die Bak-
terien sollen dann die Fettsäuren ohne Auswahl verzehren, während die
Schimmelpilze eine Vorliebe für die niederen Fettsäuren zeigen. Neben-
produkte sollen bei der Fettoxydation nicht entstehen; sie soll einer völligen
Verbrennung gleichkommen, was aber wohl anzuzweifeln ist. Die Fettzer-
setzung soll nur aerob und nie anaerob verlaufen, was für die höheren Fett-
säuren eine gewisse Begründung im geringen Sauerstoffgehalt findet.*)
*) Bubner, Über Spaltung und Zersetzung von Fetten und Fettsäuren im Boden
und in Nährflüssigkeiten. Archiv f. Hyg. Bd. 38 (1900). S. 67.
^) Eine Zusammenstellung der bisher bekannt gewordenen fettspaltenden Mikro-
organismen gibt Kruse. Allgemeine Mikrobiologie. S. 433.
^) Vgl. auch Schreiher, tiber den Fettreichtum der Abwässer und das Verhalten
des Fettes im Boden der Rieselfelder Berlins. Archiv f. Hyg. Bd. 45 (1902). S. 295.
*) Vgl. das Sammelreferat von 0. Bahn, Die Zersetzung der Fette. Zentralbl. f.
Bakt. II. Abt. Bd. 15 (1906). S. 53.
Methodik der Stoffwechseluntersuch ung bei Mikroorganismen.
967
Am eingehendsten ist noch die Zersetzung der Butter durch Mikroorga-
nismen studiert worden, deren Ranzigwerden auf Mikroorganismen zurück-
zuführen ist. 1)
Methodisches.
Isolierung fettzersetzender Mikroorganismen.
Die P'ettzersetzung geht in Anwesenheit organischer Stickstoffe [uellon
schneller als bei mineralischer Stickstoffernährung vonstatten. Das mul)
naturgemäß der Anhäufung fettzersetzender Mikroorganismen Schwierig-
keiten in den Weg stellen, da eine Überwucherung durch andere Arten
in Konkurrenz mit den Fettzersetzern möglich ist. Trotzdem ist die Iso-
lierung fettzersetzender Bakterien und Schimmelpilze in lleiukultur ge-
lungen. 2) Geschmolzenes Fett, Pahnfett, Schweinefett etc. wird in einen
schräg liegenden Erlenmeyerkolben so gegossen, daß es nur einen kleinen
Teil der Glaswand bedeckt (vgl. Fig. 229). Erst
nach dem Erstarren des Fettes wird der Kolben JF'b- 229-
aufgerichtet und mit folgender Nährlösung be-
schickt :
0-50/0 K.2HPO,
0-50/0 (NHJ3PO,
0-1 0/0 Mg SO,
0-1 0/0 CaCl,
SpurFeCls und Na Gl.
:-Y/a!le
Die Lösung wird vor dem Gebrauch mit
Natronlauge bis zur amphoteren Reaktion gegen
Lackmus neutraUsiert , Avobei sie sich durch
Magnesiumammoniumphosphat trübt, das man
nicht abfiltriert. Man impft nun mit Erde und
beobachtet nach ein paar Wochen eine Ent-
wicklung von Bakterien und Schimmelpilzen
(PenicilUum glaucum, Pen. luteum V), die in drei
Monaten große Löcher in das Fett fressen. Zur
Reinkultur schüttelt man eine l'5o/oige Agar-
mineralsalzlösung im geschmolzenen Zustande kräftig mit Palmfett. Die
Emulsion rahmt schnell. Man trennt die fettreiche obere Schicht von der
fettarmen unteren, die, durch ganz kleine Fetttröpfchen leicht getrübt,
noch genügend Fett zur Ernährung enthält. Diese Nährlösung benutzt
man für Plattenkulturen.
Vpransohanlichunff der Fett-
zersutzung durch Mikroorga-
nismen nach Jinhn.
') Vgl. die Zusammenstellung bei F. Xö/uu's, Handb. d. landwirtschaftl. Bakt. Ber-
lin. Gebr. Bornträgor. 1910. S. 298.
-)ü.liahn, Die Zersetzungen der Fette. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 15.
(1906). S. 422.
9(58 Hans Pringsheim.
Nachweis der hydrolytischen Wirkung. i)
Viel verbreiteter als die oxydierende ist die hydrolysierende Wir-
kung auf Fette. Sie läßt sich folgendermaßen nachweisen: ^lan setzt zu
Nährgelatine ein Glyzcrid, dessen beide Komponenten in Wasser löslich sind,
z. I>. 5"/o Butyrin. Die so erhaltenen Platten sind durch kleine Tröpfchen
getrübt. An den Stellen, an denen das lipolytische Ferment der Kolonien
wirkt, bilden sich um dieselben durchscheinende Kränze. Bakterien, welche
keine Lipase enthalten, wachsen auf solchen Platten nicht. Bisweilen ist
es vorteilhaft, statt des Butyrins Oleiin anzuwenden; in diesem Falle bil-
den sich, wenn man der Gelatine Kalisalpeter zusetzt, um die Kolonien
weiße Kränze von feinen Kristallen (ElaidinsäureV), sobald die Bakterien
imstande sind, Nitrate in Nitrite zu verwandeln. So wirkt z. B. Bac. fluo-
rescens liquef.
Die Nährgelatine hat folgende Zusammensetzung:
Butvrin oder Triolein . O'ö^/o
KNÜ3 O-P/o
K,HP04 0-05Vo
Anorganische Salze. Spuren
Gelatine 15— 20o/o-
B. Zersetzung der Fettsäuren.
In der Natur findet eine Zersetzung der Fettsäuren und anderer
Säuren, wie Milchsäure, Äpfelsäure, Weinsäure, Zitronensäure und ähnlicher
Säuren statt. Die Untersuchung des Abbaues dieser Säuren durch Mikro-
organismen, die zu sehr verschiedenen Produkten, meist Kohlensäure,
Methan, Wasserstoff und niedrig molekularen Säuren führen kann, stammt
aus einer Zeit, da die Pteinkultur noch unbekannt war. Dieses interessante,
von Fitz, Hop2)e-Seijler und anderen angeschnittene Gebiet liegt demnach
noch im argen, so sehr auch neuere eingehende Untersuchungen erwünscht
wären. Literaturzusammenstellung. - )
^ö-
Vergärung der Ameisensäure.
Nach Omdianski'^) werden Ameisensäure zersetzende Bakterien an-
gehäuft, wenn Lösungen von 27o Kalziuraformiat und 0*1 Vo Pepton in
Leitungswasser in Tiefenkultur mit Pferdemist beimpft werden. Unter
dem Einfluß des fakultativ anaeroben Vergärers wird Kalziumkarbonat
abgeschieden und das Kalziumformiat nach folgender Gleichung vergoren:
Ca (CHO,) 2 + H., 0 = Ca CO3 + CO. + 2 H,.
Der so gewonnene Organismus vergärt nur Ameisensäure und keine
anderen Fettsäuren, noch Oxalsäure etc.
0 E. de Kru]itf', Les bactöries h\ dvolysant et oxydant les graisses. Bull, du dep.
de l'agriculture Indes neerl. 1907. Nr. IX; Kochs Jahresbericht. Bd. 18 (1907). S. 510.
-) Kruse, Allgemeine Mikrobiologie. 436. — 0. Emmerling, Die Zersetzung stick-
stofffreier organischer Substanzen durcli Bakterien. F. Vieweg und Sohn. Braunschweig
1902. S. 121).
^) W. Omclianski, Über die Zersetzung der Ameisensäure durch Mikroben. Zen-
tralblatt f. Bakt. II. Abt. Bd. 11. S. 177 (1903).
Methodik der Stoffwechseluntersuchuug bei Mikroorgauismoii. 969
Die Fähiiikeit, Ameisensäure zu vergären, kommt verschiedenen liak-
terienarten zu, z. B. dem Bac. coli und dem Proteus vulgaris: über den
Verlauf der Vergärung durch diesen sind eingehende ]'iitersuchungen an-
gestellt worden J)
Über die Vergärung der Ameisensäure zu .Methan vgl. unter Wasser-
stoff, S. 977.
Vergärung der Essig- und Buttersäure.
Diese Säuren werden in anderer Weise, und zwar unter Abspaltung
von Kohlensäure und Methan, essigsaures Kalzium z. B. nach der Reak-
tion vergoren:
Ca (C, H3 (). )o + H2 0 = 2 CH, + COo + Ca CO3,
wenn man Lösungen von 2Vo essigsaurem Kalzium und 0-2Vo Pepton
in Leitungswasser mit altem Kuhmist beimpft, ^j
* *
*
Anschließend sei hier bemerkt, dal» Milchsäure zu Buttersäure oder
auch Propionsäure, Zitronensäure und Weinsäure zu einfacheren Säuren
vergoren werden. Kalziumtartrat wird von gewissen Spirillen nach neuen
Angaben glatt zu Kohlensäure und Wasser verbrannt.^) All die Mikro-
organismen, welche diese und andere Umwandlungen von Säuren voll-
ziehen, sind durch Anhäufung nicht ohne weiteres zu beschaffen. Das Re-
sultat hängt vom Zufall und Geschick des einzelnen ab. Methodisch bildet
die Umwandlung nichts besonderes.
C. Zersetzung der Alkohole.
L Umwandlung mehrwertiger Alkohole.
Mannit, Dulzit, Glyzerin und andere Alkohole sind für sehr zahl-
reiche Mikroorganismen geeignete Kohlenstoffquelleu. Die Produkte ihrer
Zersetzung, die vielfach untersucht wurden •*). sind Säuren und niedere
Alkohole (Butylalkohol, Äthylalkohol, Methylalkohol) verschiedener Art. nicht
nur in Abhängigkeit von speziellen Mikroorganismenarten, sondern auch
von verschiedenen anderen, schwer festzulegenden Versuchsbedingungen.
Der Verlauf dieser Zersetzung ist kein einheitUcher. !>) Auf die Einzel-
heiten kann hier nicht eingegangen werden. Wichtig ist die liutylalkohol-
') Fratizen und Braun, Beitrilire zur Biochemie der Mikrooriranismcu. Biocheni.
Zeitschr. 8 (1909). S. 29. — Franzoi mu\ Grcve, Zoitschr. f. phvs. Chom. ß4. KU): 67.
251; 70. 19 (1910).
^) Omelianski, Über Methanbiklung in der Natur bei biolodschen Prozessen.
Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 15 (19(JG). S. 079.
'■^) O. Emmerliug, Vergärung von Kalziumtartrat. Zentralbl. f. Bakt. 11. Abt. Bd. 21
(1908). S.317.
■*) Literatur bei Kruse, Allgemeine Mikrobiologie. S. 418.
^) Vgl. z.B. Frankland, Transactions of tlic clicin. Soc. 1891 ; A'of/i.« Jaiiresbericht.
2. S. 234, 237 (1892); 3. S. 229 (1893).
970 Hans Pringsheim.
gärung des Glyzerins, da sie die beste Quelle zur Darstellung des nor-
malen Butylalkohols ist.
Darstellung von n-Butylalkohol aus Glyzerin.^)
Der Erreger dieser Gärung wurde isoliert, indem eine mit 5% Gly-
zerin versetzte und mit dem Infus eines elsässischen Heus beimpfte Nälir-
salzlösung, zur Entfernung des Sauerstoffs, evakuiert und dann bei 40**
kultiviert wurde. Man kann auch mit Kuhexkrementen impfen; doch ent-
halten nicht alle den Butylalkoholbazillus. Nach nochmaliger Anhäufung
unter denselben Bedingungen wurde dann anaerob auf Platten kultiviert
und so eine Reinkultur des fakultativen anaeroben Buttersäurebakteriums
gewonnen. Zur Darstellung des n-Butylalkohols verfährt man so 2), daß
man eine lOVoige Glyzerinlösung, die O^P/o Pepton oder Fleischextrakt
und einen Überschuß von kohlensaurem Kalk zur Neutralisierung der sich
bildenden Säuren enthält, nach der Impfung mit einem Gärverschluß ab-
schließt. Da man wegen der schnellen Entwicklung des Bazillus nicht zu
sterilisieren braucht, kann man im großen Maßstabe z. B. in Schwefelsäure-
ballons von 50 / Inhalt arbeiten. In einem solchen Kolben ist die erste Gärung
etwa nach 4 Wochen beendet, was man daran erkennt, daß keine Gasblasen
mehr durch den Gärverschluß entweichen. Man gießt die Flüssigkeit dann vom
Schlamm ab, und destilliert so lange ab, bis das Destillat auf der Zunge keinen
brennenden Geschmack mehr zurückläßt. Dann bringt man die erkaltete
Flüssigkeit wieder auf den Schlamm und stellt von neuem zur Gärung
auf. Nach nochmaliger Destillation kann man die Gärung wiederholen. Die
vereinigten Destillate werden von neuem destilliert, ihr Destillat mit Pott-
asche gesättigt, die Alkohole abgehoben und über entwässertem Natrium-
sulfat getrocknet. Dann wird fraktioniert destilliert und der zwischen 114
bis 118" übergehende Anteil aufgefangen. Die Ausbeute beträgt im Höchst-
falle lO^/o des Glyzerins.
IL Oxydation von Sorbit und Glyzerin durch das Sorbose-
bakterium. ^)
Das Sorbosebakterium, identisch mit dem Bacterium xyliiium Brown,
dessen Zooglöa unter dem Namen Essigmutter bekannt ist, wurde aus
dem der Selbstvei'gärung überlassenen Saft der Vogelbeere isoliert. Es oxy-
diert Alkohole unter Sauerstoffaufnahme zu Zuckern, und zwar nur solche,
H
deren vom Bakterium anzugreifendem Hydroxvl der — C — Gruppe ein
1
OH
') 0. Etnmerling , Butylalkoholische Gärung. Ber. d. Deutsch, ehem. Gesellsch.
Jg. 30 (1897). S. 451.
■) Privatmitteilunsr von 0, Emmerling.
^) G. Bertrand, Biologische Studie über das Sorbosebakterium. Annal. de chim.
et de phys. [8]. T. 3. p. 181 (1904).
Methodik der Stoffwochseluntcrsuchunir hoi Mikroorganismen. 97]
anderes Hydroxyl der nädisten Gruppe und nicht das H-Atoni auf derselben
Seite der Kette benachbart ist. Aus diesem Grunde hat das Bakterium auch
für die Zuckercheniie einen diai>nostischen "Wert.
Darstellung der Sorbose und dc^ Dioxyazetnns.
Man kann von Beerensäften oder reinem Sorbit ausgehen. In letz-
terem Falle setzt man Hefewasser zu. -2^)0 cm -^ dieser •2"/o'gf'" Sorbitlösung
sind in dünner Schicht beimpft nach 8 — 4 Wochen hei ;',()" zni- Entfer-
nung der Zooglöa bereit. Nach dem Fällen mit IJleizucker und Kntfernen
des überschüssigen Bleis mit H2S wird im \'akuum eingedampft, worauf
beim Abkühlen der Zucker auskristallisiert. Aus lüO^Soi'bit gewinnt man
60 y Sorbose. Bei Verwendung von Soibussäften muß man erst die Erd-
alkalien mit H0SO4 entfernen und mit Alkohol fällen, ehe der Zucker zur
Kristallisation kommt. — Auf dieselbe Weise kann man (aus Erytrit
Erytrose und) aus Glyzerin Dioxyazeton gewinnen, die man in Gestalt
ihrer kristallinischen Bisulfitverbindungen isolieren kann. Wie vorher her-
vorgehoben, bietet das Dioxyazeton w egen seiner Vergärbarkeit durch Hefe
Interesse.
ni. Oxydation des Äthylalkohols.
Die Fähigkeit, xVlkohol zu oxydieren, kommt zahlreichen Mikroorga-
nismen, z. B. verschiedenen Schimmelpilzen, zu. Sie können hierbei Essig-
säure, bisweilen auch Oxalsäure bilden oder eine völlige X'erbrennung zu
Kohlensäure vollziehen. In ausgesprochener Weise ist hierzu z. B. die Alle-
scheria Gayonii befähigt, die den aus Zucker gebildeten Alkohol weiter
verbrennt.!) Die Möglichkeit, diese Oxydation zu vollziehen, hängt natur-
gemäß vom Resistenzgrad gegen den Alkohol ab, der in höheren Konzen-
trationen für die meisten ^likroorganisnien ein Gift ist. Besonders ausge-
zeichnet sind in dieser Beziehung die Mycodermaarten 2) und die Essig-
bakterien 3), von denen letztere bei lOVo Alkohol am günstigsten und bis
zu einer Grenze von 14''/o gedeihen. Interessant ist, daß einige Arten der
Essigbakterien auch Methyl-, Propyl-, Butyl-, Isobutyl- und selbst Amyl-
alkohol zu oxydieren imstande sind.*) Die bei solchen Vergärungen des
Alkohols entstehenden Nebenprodukte bedtirfen noch einer eingehenden
Bearbeitung. Die chemische Untersuchung bietet nach dem über die Be-
stimmung der Alkohole und Säuren Gesagten (Bd. II, S. 1 ) nichts neues.
V) Lahorde, Recherches physiologiques siir une inoissnre uoiivellc, rEurotiopsis.
Gayonii. Annal. de l'Inst. Pasteur. T. 11. p. 1. 1897. — Mnzi', Recherches siir le mode
d"utilisation da carhone ternaire par les vegt5taux et les microl)es. Ebenda. T. 18.
p. 288 (1904).
^) Vgl. R. Meissner, Die Mycodermen. Lafars Handbucli der technischen Myku-
logie. Bd. IV. S. 302.
=*) Literatur bei 0. Emiiterlin;/, Die Zersetzung stickstofffreier organischer Sub-
stanz durcli Bakterien. S. 12.
*) W. Seifert, Beiträge zur Physiidogie und Morphologie der EssigsiUirebakterien.
Zentralbl. f. Balit. II. Abt. Bd. .S. S. 337 (1897).
Q'J2 Hans Priugslieim.
Es gibt sehr verschiedene Arten von Mycodermen und Essigsäurebakterien,
die mir durch den geül)ten Systematiker zu unterscheiden sind.
Man kann diese Pilze wie folgt anhäufen.
Anhäufung von Mycoderma und Essigsäurebakterien.^)
Im Bier kommen die Essigsäurebakterien immer in Begleitung von
Kahm])ilzen vor. Läßt man Bier in einem sterilen zur Hälfte damit ange-
füllten Becherglas bei 250 stehen, so hat sich nach einiger Zeit eine Haut
von Mycoderma gebildet, welche die Essigbakterien unterdrückt.
Die Mycoderma kann wenig Säure vertragen und ist empfindhch
gegen höhere Temperatur. Die Essigbakterien vertragen viel Säure. Be-
züglich der Temperatur zerfallen sie in eine kryophile bei niederer und
eine termophile bei höherer Temperatur gedeihende Gruppe. Je niedriger
die Temperatur ist, desto mehr Säure ist zur Unterdrückung der ^lyco-
derma erforderlich. Man verfährt deshalb so, daß man 6 sterile, mit
flanbierten Uhrgläsern bedeckte Bechergläser (200 cm^) mit den in der
folgenden Tabelle angegebenen Konzentrationen von Essigsäure in Bier
versetzt und bei den aus der Tabelle zu entnehmenden Temperaturen
kultiviert. So erhält man die beiden Gruppen der Essigsäurebakterien.
Temperatur 40 35 HO 25 20 15« C
Essigsäure 0 5 10 15 20 25V„.
Als künstliche Nährlösung für das die Schnellessiggärung bewirkende
Bact. aceti ist folgende zu empfehlen 2):
100 g Leitungswasser.
3 g Alkohol
0"05 g Ainmonphosphat.
0-01 g Chlorkalium.
Die Hauptfundgrube für Essigsäurebakterien sind die Hobelspäne der
Essigfabriken.
Das Ferment der Alkoholoxydation
wurde auf ähnhche Weise wie die Azetondauerhefe aus Essigsäurebakterien
hergestellt. In Gegenwart von Toluol zeigte es schwache, jedoch analytisch
verfolgbare Oxydation zu Essigsäure. 3)
Gasstoffwechsel.
A. Sauerstoff.
Daß alle aeroben Mikroorganismen bei der Atmung Sauerstoff ver-
brauchen, ist von vornherein klar. Daß auch die Anaeroben, die, wie wir
') ('. Bergsten, Trennung dei' Mycoderma von den Essigsäurebakterien im Bier
durch Anhäufung. "NVochenschr. f. Brauerei. 1906. S. 596.
■•') E. Küster, Anleitung zur Kultur der Mikroorganismen. S. 169.
■'') E. BiichneruudJ. Meisenh('ii)icr, Enzyme bei Spaltpilzgäruugen. Ber. d. Deutsch,
ehem. Gesellsch. Jg. 39 (190.S). S. 634. — E. Büchner und B. Gaimt, Über die Essig-
gärung. Liebigs Annalen. Bd. 349. p. 125 (1906).
Metbddik der Stoffwccliseiuiitorsiichuug Itoi Mikroorganismen.
117:;
gesehen haben, in der Tat in vielen Generationen tiaiiz ohne freien Sauer-
stoff auskommen können, doch die geringen Spuren dieses Gases, die ihnen
nicht schädlich sind, in den Stoffwechsel reißen, um damit XCihicniiungcu
zu vollziehen, haben wir schon bemerkt. Die Mikrooiganismenenite, das
heißt also der AVachstumsquotieut . steht in gewisser direkter Üezieliung
zum Kalorienwert der verbrauchten Xahiung. Die komplette \eibreiinung
liefert auch eine bessere kalorische Ausnützung als die Spaltungs-
gärungen. Die Menge verbrauchten Sauerstoffs, bezogen auf die Eiidieit
der Mikroorganismenmasse, kann außerordentlich groß sein, z. 15. verbrau-
chen 0-5 g Leibessubstanz der Essigsäurebakterien löömal so viel Sauer-
stoff, wobei sie 240mal so viel Alkohol zu Essigsäure verbrennen.
Die Produkte der mikrobiellen Verbrenming köniu'n außeroi'dentlich
vielfältiger Natur sein. Zahlreiche haben wir schon in Ei'wägung gezogen.
Die Bestimmung der gasförmigen Exkrete ist im Dd. 111, S. 510 beschrieben
worden.
Fermentative Oxydation.^)
Durch Azeton, Methylalkohol oder flüssige Luft al)getötete Schimmel-
pilze (über die Arten wird nichts angegeben) vermögen in Gegenwart von
Antisepticis (V2''/o NaFl und etwas Thymol) Säuren, wie Weinsäure, Milch-
säure, Traubensäure, Mandelsäure, zu oxydieren. Die Kohlensäureproduktion
wurde durch Überleiten der Gase vermittels eines Luftstroms im Kali-
apparat gemessen. Die Fermentwirkung dauert nur kurze Zeit an und
war nach 86 Stunden nicht mehr wahrnehmbar. Wichtig ist, daß ( )xy-
säuren ohne asymmetrisches Kohlenstoffatoni nicht angegriffen wurden.
Bei solchen mit asymmetrischem Kohlenstoffatoni wurden die verschie-
denen Antipoden verschieden schnell verbrannt. Daraus wird gi'schluß-
folgert, daß die Elektion der Nährstoffe auf einer verschiedenen l\eaktions-
beschleunigung beruht, mit der die Substrate von den Agenzien (Azid-
oxydase genannt) des Organismus angegriffen werden, hie Lösungen
enthielten '-V/o der freien Säure.
Beispiel.
Je 11'2 /•/ trockene Pilzsulistanz.
Z n s a t z
L-Weiusäure
R-\\'einsaure
Mesoweinsäiire
Traubeusäure
Wasser . .
Gesamte produzierte CGj
Verbrauch
(^dnrch Titration bestiramt)
0-0511 (f
UÜ869 q
0-0343 (/
0-0348 (I
0-(X)82 g
(VU(;2Ü //
oa)02 '()
Ü0300 n
') llcrzofi und Meier, tlier Oxydiition diircli Schinmielpilze
Chemie. Bd. 57(1908). S. 34; Bd. 59 (l'üOÜ). 8. 50.
Zeitsclir. f. plixs.
9^4 Hans Pringsheim.
B. Kohlensäure.
Die Kohlensäure ist sehr häufig das Endprodukt der Verbrennung
der Kohleustoffnahrung bei Mikroorganismen, sowohl im aeroben, wie im
anaeroben Stoffwechsel. Sie tritt hierbei als Endprodukt des Energie
liefernden Stoffumsatzes, häufig auf die Einheit der Mikroorganismenmasse
bezogen, in großer Menge auf. Wie man sie auch neben anderen Gasen
auf gasanalytischeni Wege (Bd. III, S. 555) oder durch Absorption (Bd. III,
S. 516) bestimmt, wurde schon angegeben.
Mit einem C'hlorophyllapparat ausgerüstete Mikroorganismen, wie
Algen und Flagellation, vermögen die Luftkohlensäure in derselben Weise
wie höhere Pflanzen zu assimilieren. Spezielle Untersuchungsmethoden dieser
Assimilation sind bisher nicht angegeben worden. Es muß auf die bei
höheren Pflanzen in diesem Bande (Beitrag von E. Fringsheini) verwiesen
werden. Auch die Engelmannsi'he Bakterienmethode zum Nachweis und zur
Lokalisierung der Assimilation im Spektrum wird dort beschrieben.
Die Assimilation der Kohlensäure durch Purpurbakterien ist von
Molisch'^) bestritten worden. Dagegen wird die Kohlensäure von Ammoniak,
Eisenoxydulsalz und Schwefelwasserstoff (oder Schwefel) oxydierenden Bak-
terien mit Ausnutzung der bei diesen Oxydationen fi'ei werdenden Energie
assimihert. Näheres darüber findet man im Abschnitt E3 und F.
Die Assimilation des Kohlenoxyds durch Bakterien ist noch unbe-
wiesen. '^
C, Wasserstoff.
Der Beweis, daß Wasserstoff von Bakterien oxydiert wird, ist
mehreren Forschern geglückt. Dagegen sind ihre sonstigen Resultate sehr
widersprechend. Vor allem sind die bei der Verbrennung von Wasserstoff
stattfindenden chemischen Vorgänge noch nicht genügend klargelegt. Man
kann aus dem bisher Mitgeteilten nicht herauslesen, ob es sich hier um
einen einheithchen Vorgang handelt oder ob unter verschiedenen Bedingungen
verschiedene Prozesse vor sich gehen. Von einer Seite 3) wird behauptet,
daß aUe als Methanbilder bekannt gewordenen Mikroben das Vermögen be-
sitzen, den Wasserstoff unter Methanbildung (C( Ja 4- 4 Hj = CH4 -f 2 H2 0)
binden zu können. Andrerseits soll es Bakterien geben, die unter Assimila-
tion von Kohlensäure im Dunkeln bei Gegenwart von Sauerstoff Wasser-
stoff oxydieren.*) Hierbei soll die Reduktion der Kohlensäure zu Form-
*) Molisch, Die Purpurbakterien. Jena 1907.
-) B. Niki eivski. Ein Beitrag zur Kenntnis wasserstoff oxydierender Mikroorganismen.
II. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 20 (1908). S. 469.
^) X. L. Söhngen, Anhäufung von Methanmebrorn und Methanzebreru. Entstehen
und Verschwinden von Wasserstoff und Methan unter dem Einfluß des organischen
Lebens. Diss. Delft 1906. Ökologie. S. 256.
'*) Jf. Kaserer, Über die Oxydation des Wasserstoffs und des Methans durch
Mikroorganismen. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 15 (1906). S. 573.
i
Methodik der Stoffwechseluntcrsuchuiitr l)oi Mikroorganismen. 975
altlehyd durch den Wasserstoff derart beschleunigt \v('r(lcii. (hill der Forni-
aldehyd als Nährstoff dienen kann, i)
Die Vereinij^unii von Sauerstoff und Wasserstoff im Kiialli^asvcr-
hältnis unter i^ieichzeitigem Verbrennen von Kohlensäui-e wurde von anderer
Seite bestätigt 2), aber auch hier \vurde keine Aufklärung über das \'er-
halten der drei Gase Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlensäiii-e bei derartigen
Vorgängen erbracht. Die Frage, ob es sich also um eine langsame Knall-
gasverbrennung handelt, bei der die frei werdende Energie zur Assimilation
der Kohlensäure verwendet wird, oder ob eine Reduktion der Kohlensäure
ohne Sauerstoffmitwi]-kung mit darauffolgender Ausnutzung der Reduktions-
produkte durch die Mikroorganismen als Kohlenstoff([uelle vorliegt, ist noch
unklar. Letzteres wird durch die Tatsache wahrscheinlich gemacht, daß
die in Reinkultui-en erhaltenen Bakterien auch heterotroph zu einäliren
Avaren. 3) Durch organische Verbindungen wird der freie Wasserstoff mehr
oder weniger geschützt ; es handelt sich hier also um eine Klasse von
niederen Organismen mit höchst kompliziertem Ernährungsmechanismus.
Noch ungeklärter ist die behauptete Reduktion der Kohlensäure zu Kolilcn-
oxydi) in einem Bakteriengemisch durch den Wasserstoff und die Assimila-
tion des Kohlenoxyds durch Mikroorganismen.*)
Anhäufung Wassertoff oxydierender Bakterien.-)
a) Knallgasverbrennung.
Ich gebe hier die zweite der zur Anhäufung dieser Bakterien be-
schriebenen Methoden (die erste unter ^) wieder, die es gestattet, die (läse
zu analysieren. Das von Kascrer^) verwandte Nährsalzgemisch enthielt als
Stickstoffquelle Chlorammonium; die Gefahr des Einsetzeus (k'r Kohlen-
säureassimilation unter dem Einflüsse der Nitrifikation scheint hier nicht
ausgeschlossen. Bei Verwendung von Salpeter als Stickstoffnahrung ist
dieser Umstand vermieden, wobei jedoch die Gefahr der Ausnutzung des
im Salpeter gebundenen Sauerstoffs und die damit einhergehende Denitri-
fikation bei Gasanalysen zu berücksichtigen ist. Durch Wiedergabe der
Apparate von Nabokich und Lehedejf will ich jedoch nicht ausdrücken,
daß nicht eine bequemere Methodik auffindbar sein mag.
Es werden runde A'akuumkolben von Vs — IV2 l Kapazität mit einem
rechtwinklig nach unten gebogenen Seitenrohr verwendet. Sie wurden mit
100, respektive 150 cm^ folgender Nährlösung beschickt: 1000 crn^ Wasser,
O-ö^NXHPCV 2-0(7KNÜ3. 02 (/ MgSO^, Ir/NaHCUs und etwas FeCls;
*) IL Kaserer, Die Oxydation des Wasserstoffs durch Mikroorgauisnicn. Zeiitralld.
f. Bakt. II. Abt. Bd. 16 (1906). S. «81 u. 769.
=) A. J. Nabokich und Ä. F. Lebedeff, Über die Oxydation des Wasserstoffs durcli
Bakterien. Zcntralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 17 (1907). S. 350.
3) Nikleivski, t)ber die Wasserstoffoxydatiou durch Mikroorganismen. Jahrb. f.
wissenschaftl. Botanik. Bd, 48 (1910). S. 113.'
*) B. Nikleivski, Ein Beitrag zur Kenntnis wasserstoffoxydiereuder Mikroorga-
nismen. II. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 20 (1908). S. 469.
976
Hans Pringsheim.
die Lösung zeigt schwache Alkalinität (ca. 0*05^ H2SO4 auf 100 cm'^).
Nach Beimpfen mit Erdpartikehi. respektive Flüssigkeitstropfen von früheren
Kulturen wurde der Hals der Kolben zugeschmolzen, das Seitenrohr aber
mit einer Ölpumpe in Verbindung gebracht, die es gestattete, im Kolben
in wenigen Minuten ein fast vollkommenes Vakuum zu erzielen, welches
dann mit kohlensäurehaltigem Knallgas bis zum Atmosphärendruck aufge-
füllt wurde. Darauf wurde das Kautschukende des Ansatzrohres mit einem
Glasstab verschlossen, und in ein Probierglas unter Quecksilber getaucht.
Bei Inkubation (26" C) wurden zuerst am Boden des Gefäßes Bakterien-
klümpchen wahrgenommen; nach 5—6 Tagen fing die Lösung zu opales-
zieren an und nach 8 — 10 Tagen war auf der Oberfläche eine schleimige
Bakterienhaut zu beobachten. Dies war mit Erniedrigung des Gasdruckes
im Kolben verbunden, in den stürmisch Wasser eindrang, wenn er unter
Wasser geöffnet wurde. Nach 25 — ßO Tagen war gewöhnlich ein volles
Vakuum im Kolben zu beol)achten. Bei dem Verfahren hatte sich schein-
bar nur eine Bakterienart, dünne Stäbchen von 16 — 2 [j. Länge, angehäuft.
Um Gas zur Analyse zu entnehmen, wurde der Kolben mit einem völlig
evakuierten oder mit W'asser gefüllten Kolben in Verbindung gebracht.
Bei der zweiten Überimpfung wurden folgende Analysenresultate erzielt,
die zeigen, daß eine Vereinigung von Sauerstoff und Wasserstoff im Knall-
gasverhältnis stattgefunden hatte. Die Kohlensäure in der Atmosphäre ist
wohl überhaupt nicht nötig, da sich die Knallgasatmosphäre doch mit der
Bicarbonatlösung ins Gleichgewicht setzt.)
Kulturperiode
Knallgas cm''
Kohlensäure cm'^
Überflüssiger Sauerstoff
Vor dem Versuch
Nach 13 Tagen .
Nach 18 Tagen .
1222
543
231
100
75
07
28
32
32
Verbraucht
991
33
Reinkultur wasserstoffoxydierender Bakterien^) (Niklewski).
Als Ursache der ursprünglichen Schwierigkeit der Reinkultur wird
von Niklewski angegeben, daß die beiden von ihm isolierten wasserstoff-
oxydierenden Bakterien für sich allein nicht auf mineralischer Nährlösung
in Knallgasatmosphäre leben können, sondern nur in (iemeinschaft. Was
die Art der hier gemutmaßten Symbiose sein könnte, ist noch unklar. Bei
P)eimpfung der folgenden Nährlösung aber mit der Bakterienhaut aus der
Anhiiulungskultur gelangt man mit Leichtigkeit schon in wenigen Tagen
zu reinen Kulturen. Man verwendet:
*) Niklewski, Über die Wasserstoffoxydation durch Mikroorganismen. Jahrb. f.
wissenschaftl. Botanik. Bd. 48 (1910). S. 113.
Methodik der Stoffwecliseluntersuchung bei Mikniorfxanismen. »177
Agar 1-50/0
NaHC03 OlVo
NH.Cl OP/o
KH,PO, O-050/o
^Ig^O, 002 "0
NaCl 0-02"/o
FeClg 0-00001 Vo
Die Kulturgeläße, welche steril auf der Oberiliiehe des festen Niihi--
l)odens beimpft wurden, hält man bei 30 — oö" in einer Atmosphäre, die neben
reinem Wasserstoff noch Luft und ein paar Blasen Kohlensäure enthält. Nach
3 — 4 Tagen gewinnen die Kulturen zwei wasserstoffoxydierende Bakterien-
arten, über deren kulturelle Unterschiede das Original zu vergleichen wäre.
b) Methang-ärung aus Kohlensäure und Wasserstoff. M
Zuerst muß man sich eine Methangärung aus Ameisensäure in (iang
setzen. Man füllt Kolben ganz mit folgender Nährflüssigkeit:
Leitungswasser 100, KoHrOi 005, NH4 Gl 005, Kalziumforniiat 2-6,
impft mit einer beträchtlichen Menge Grabenmoder und kultiviert bei 35". Es
entwickelt sich reichhch Methan; sobald die Gärung nachläßt, wird vom Boden-
salz, in dem sich die Bakterien ansiedeln, abgegossen und mit neuer Nähi-flüs.sig-
keit aufgefiült, bis die schwarze Farbe des Gral)eiimoders einer lichtgrauen
Platz macht und auch die überstehende Flüssigkeit farblos geworden i>t.
Die so vorbereitete Lösung dient nun als Impfmaterial für folgenden
Versuch: Es wird ein Gefäß von 302 cm^ Lihalt mit 52 cni^ Leitungs-
wasser + O-Oöo/o NH4 Gl + 0-05Vo K2 HPO4 und 20 cm^ der Impfflüssigkeit
beschickt und die Luft durch ein Gemisch von 4 Teilen Wasserstoff und
1 Teü Kohlensäure verdrängt. Dann wird im ^'erlaufe von 9 Tagen noch
1000 crn^ Wasserstoff und 250 cm^ Kohlensäure hineingepreßt. Schon nach
einem Tage sieht man eine kräftige Gärung sich bemerkbar machen, wobei
aus dem Bodensatz fortwährend Gasblasen aufsteigen, indem während des
Gasabsorptionsprozesses ein anderes Gas gebildet wird. 95<'/o <lcs Gas-
gemenges hat als Energiequelle, 5"/o als Nährquelle gedient. Die Methan-
gärung aus Kohlensäure und Wasserstoff ( GO2 -f 4 H., = GH^ + 2 Ho 0)
liefert 62 Kalorien.
Da sich die Vergärung von Kohlensäure und Wasserstoff zu Methan
so leicht mit dem Impfmaterial der Formiatgäi-uug einleiten läßt, so wird
angenommen, daß es sich hier um denselben Erreger handelt.
D. Methan.
Methan kann Bakterien als Kohlenstoffnahrung und Energieciudlr
dienen. 2) Man kann solche Bakterien auf folgende Weise anhäufen. ») Man
') Söhngen, a. a. 0.
«) Kaserer, Zeitschr. f. landw. Vers.-Wes. Österr. 1906. S. 789.
") .Y. L. Söhiiffcn, Über Bakterien, welche Methan als Knhlciistoffnahrung und
Energiequelle gebrauchen. Zcutralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 15 U'JUÜ). S. 513.
Abderhalden. Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 62
978
Hans Priugsheim.
venveiidet ein KultiugefälJ. wie es die Abbildung Fig. 230 darstellt Zuerst wird
der Kulturkolben A ganz mit der Nährflüssigkeit: dest. Wasser 100, Ko HPO^
0-05, Mg(NH;)P04.6H20 0-1, CaSO^ O'Ol. angefüllt und mit Jauche oder
Grabenwasser infiziert. Dann wird durch den Hahn B ein Gemisch von
Vs CH, und
Fig. 230.
wme
3 Luft zugelassen, sodaß ein Teil der Flüssigkeit nach dem
Kolben D gepreßt wird, ^^'enn im Kolben A
nur noch 1 cm'^ Flüssigkeitsschicht zurückge-
blieben ist, werden beide Hähne geschlossen
und zwischen 30 — 37" kultiviert. Nach 2 bis
4 Tagen nimmt man auf der Flüssigkeit
eine Haut wahr, die an Dichte zunimmt und
daim deutlich rötlich-braun gefärbt ist. Die
Haut besteht der Hauptsache nach aus einer
einzigen Bakterienart, die man auf ausge-
waschenem Agar mit denselben Nährsalzen
und in derselben Gasatmosphäre in Rein-
kultur gewinnen kann, wenn man von einer
durch öfteres Überimpfen gereinigten Bak-
terienllora ausgeht. Der Bacillus methanicus
verbrannte in 14 Tagen mit einer Flüssigkeitsschicht im Kolben A von
102 cm^, 225 cni^ CH4 in Gegenwart von o20-7 cm^ Og. Es wurden dann
78 cm3 CO2. kein Methan und 172 oh» O.2 gefunden. In der Kulturflüssig-
keit waren noch 21 cm^ CO.. gelöst.
Apparat zur Züchtung von iMethan
zersetzenden Bakterien nach SiJhngen.
E. Stickstoff.
1. Bindung des Luftstickstoffs.
Die Fähigkeit, den Luftstickstoff zu assimilieren, kommt mit Sicher-
heit hauptsächlich verschiedenen Bakterienarten, einer neu entdeckten
Torulaart und in geringerem Grade verschiedenen Pilzen zu. Die Stick-
stoff assimiherenden Bakterien zerfallen in zwei Hauptklassen, die in
Gemeinschaft mit Leguminosen lebenden Wurzelknöllchenbakterien und die
frei lebenden Stickstoffbinder. Unter diesen können wieder zwei Unter-
klassen, die anaeroben oder fakultativ anaeroben Clostridium- und die aeroben
Azotobakterarten unterschieden werden. 1)
Die Isolierung der Knöllchenbakterien, der Clostridien- und Azoto-
bakterarten und der Torula sei hier beschrieben. Die auf ihr Stickstoff-
bindungsvermögen geprüften Schimmelpilze werden nicht durch Anhäufung
isohert, sondern in anderweitig gewonnener Reinkultur benutzt. Da ihre
Stickstoffbindungskraft noch nicht absolut be^^1esen erscheint, seien sie
hier übergangen.
*) Vgl. H. Fringsheim, Die Bedeutung stickstoffbindender Bakterien. Biologisches
Zentralbl. Bd. 31 (1911). S. G5.
Methodik der Stoffwechseluntersucliung liei Mikroorganismen. 979
Isoli(M-iiii<i' von K iiöllclioiihaktc i-i('ii.
Diese Bakterioii wurden zncist \o\\ Bo'jerinck^) auf einem Ahsnd
von Papilionazeenblättern, Erbsen- oder Fabasten^cln + 1/2% Hohizuckei-
+ 7"/n Gelatine in Reinkultur gewonnen. Die Kultur erfol«>:te ;inl' l'latten.
Man kann auch T'/o Agar, 1% Maltose, 0-l% K« HPO^. OO'i" „ MgSO^
oder einen Dodeue.xtrakt + 0-5" 0 KoHPO^ + l*»; Manidt oder (didxose
+ IV2V0 Agar verw^enden.
1 kg Erde wird mit 1 / Wasser 1/2 Stunde bei 1 Atm. fbeidruck im
Autoklaven oder mit 2 l Wasser 2 Stunden über freier Flamme eihit/.t: die
dann etwa (300 cin^ betragende Flüssigkeit gibt nach Vermischung mit
Talg beim Filtrieren dui'ch festes Papier ein völlig klares Filtrat. Die Eid-
auszüge sind speziell zur Fortzüchtiing kräftig stickstoffbindendei- Stämme
geeignet. 2)
Als Impfmaterial verwendet man Knöllchen von Papilionazeenwurzelu in
frischem Zustande, die man zuerst 2 — o dünnten in eine desinfizierende Flüssig-
keit (Salzsäure spez. Gew. 1-20 2h cm\ Sublimat 1 g. Wasser öOO— 1000)
einlegt, dann flandiiert und mit sterilen Instrumenten öffnet, um aus dem
Innern zur Infektion etwas Material zu entnehmen. Dieses vermischt man
auf die übliche Weise mit dem verflüssigten Agar oder der (Jelatine und
gießt Platten, die man bei 20" C kultiviert. 3)
Isolierung von Azotobakter.
Azotobakter wird angehäuft, indem man Leitungswasser mit 2"/o
Mannit und 0-027o K.^HPO^ in dünner Schicht mit O'l 0-2 r/ Gartenerde
beimpft und bei 27 — 30" stehen läßt. *) Die Pteinkultur gelingt leicht auf
einem durch 2o/o Agar starrgemachteu Mannitnährboden, auf dem der Pilz
kleisterartige Kolonien bildet.
Isolierung von Clostridien.
In Form eines Clostridiums wurde das erste stickstoffbindende Pakterium
isoliert") Es mußte erst von zwei sich bei der Anhäufung gleichzeitig vor-
findenden Begleitbakterien getrennt werden. Seine Keinkultur kam nur im
Stickstoffstrom zur Bindung des Luftstickstoffs. Trotzdem die Frage, ob
') Beijerinck, Die Bakterien der Papilionazeenknöllchen. Bot. Ztg. Bd. 46(1888).
S. 763.
'-') Weitere Nahrhödeu bei Löhnis, Handb. d. hiadwirtschaftl. Bakt. Berlin. Gebr.
Bornträger. 1910. S. 72G.
^) Harrison and Barlow, The nodule organism of the Legnminosae — its Iso-
lation, cultivation, Identification and commcrcial application. Zentralbl. f Bakt. II. .\bt.
Bd. 19 (1907). S. 264.
*) Beijerinck, Über oligonitrophile Mikroorganismen. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt.
Bd. 7 (1901). S. 561.
•^) yViiiof/radski/, Recherches sur l'assimilation de l'azote lil)re de Tatmosphore
par les microbes. Arch. des Sciences biol. piibl. par Tlnstitiit imp. de med. expür. k
St. Petersbourg. T. 3. p. 297 (1895).
62*
980
Hans Prinffsheim
fc '
diese anaerobe Form stickstoffbindender Clostridien mit der weit einfacher
zu isolierenden und zu kultivierenden fakultativ anaeroben Form identisch
ist, noch nicht mit völliuer Sicherheit entschieden ist'j. sei hier nur die
Gewinnung der letzteren Form wiedergegeben, da der Vergleich der
Spezialforschung überlassen werden muß.
^lan beimpft einen sterilen in Wasser untergetauchten Kartoffelkeil
mit Erde und erhitzt im Reagenzglas während 10 Minuten auf 80". Bei
37" inkubiert, setzt in kurzer Zeit eine energische Buttersäuregärung unter
Abgabe von Wasserstoff und Kohlensäure ein und man gelangt zu einer
Buttersäurebakterienkultur , die man auf einem ö» o Traubenzucker ent-
haltenden Kartoffelabsud-Agar in einem der früher geschilderten Anaeroben-
apparate in Reinkultur gewinnen kann. — Die so isolierten Bakterien
sind im allgemeinen nicht dazu befähigt, stickstoffreie Nährlösung
gleich zu vergären. Man muß ihnen die verloren gegangene Fähigkeit zur
Stickstoffbiudung wiedergeben. Zu diesem Zwecke beimpft man einen
mit der Winoffradski/sdien Nährlösung (2 — 4Vo Glukose. KoHPO^ O'OP/o,
MgSOi 0-05 Vo, Spuren von NaCl + Fe SO,, 20—40^ CaCOs) gelullten Kolben,
die auf 1 l einen Zusatz von 0002 g (NH,).^ SO, erhalten hat , mit der
Reinkultur. Unter Ausnutzung der geringen Menge gebundenen Stickstoffs.
die zur Vergärung der gesamten Zuckermenge nicht ausreichten, tritt
Vergärung und Stickstoffbindung aus der Atmosphäre ein. Aus einer so
vorbereiteten Kidtur kann man durch Überimpfeu jetzt direkt stickstoff-
freie Nährlösung zur Vergärung bringen. 2)
Isolierung der Torula. 3)
Der nicht gärende und keine Sporen bildende Sproßpilz wurde auf
den Blättern eines Lorbeerbäumchens gefunden. Wie häufig sein Vor-
kommen an dieser Fundstelle nachgewiesen werden konnte, wurde bisher
nicht angegeben. Die Blätter wurden mit W^asser geschüttelt und die Auf-
schwemmungsflüssigkeit zur Herstellung von Agarplatteu verwandt. Dem
Agar war vorher durch oftmaliges Waschen mit Wasser sein Stickstoff
möglichst entzogen worden.
Es wurde 20/0 Agar, 2% Glukose und 0"02"/o saures phosphorsaures
Kali zugegeben und bei 20° kultiviert. Man kann die Torula so bequem
in licinkulturen erhalten, und nach dem Tröpfchenverfahren auch Einzel-
zellkultui'en anlegen.
Mit Hilfe der so isolierten Kulturen lassen sich nun sehr verschieden-
artige Untersuchungen über die Bedingung der Stickstoffassimilation an-
') Vgl. //. PruuiKheim, Über die Identität stickstoffbindender Clostridien. Zentralbl.
f. Bakt. II. Abt. Bd. 24 (1909j. S. 488.
-) H. Pringsheim, Über ein stickstoffassimilierendes Clostridium. Zentralbl. f.
Bakt. II. Abt. Bd' 16 (1906). S. 795.
') Heinrich Zickcs, Über eine den Luftstickstoff assimilierende Hefe: Torula
Wiesneri. Sitzungsber. d. kais. Akad. Wien. Bd. 118. Abt. I (1909). 1. Juli.
Methodik der Stoffwochsoluutersuchung bei Mikroorganismen. 981
stellen. Man kann, um ein paar Beispiele anzufiiliicii , den Kiiifluß der
Mineralsalze prüfen, wobei sicii zeigt, (lal'i riiosphor und Kalk begünstigend
wirken. Auch Bodenextrakte vermögen aus noch nicht näher aufgeklarten
(Jründen die Assimilation zu steigern. Man kann die Menge N bestimmen,
die auf die Einheit der verbrauchten Kohlenstoff(|uelle gebunden wird.
Hier findet man, daß auch die Konzentration von p]influß ist, und daß
bei geringen Konzentrationen eine bessere Ausnutzung des Eneigiematerials
erreicht wird.
Wichtig ist es vor allem auch, die als Kohlenstoff(|uelleii möglichen
Substanzen zu ermitteln, für die neben Kohlenhydraten und höheren Al-
koholen (Mannit) Salze von Fettsäuren in Frage kommen. Bisweilen kann
man eine schwer vergärbare Kohlenstoftquelle durch einen Kunstgriff zum
Angriff bringen, dadurch, daß man eine geringe ^lenge einer leicht ver-
gärbaren Substanz, wie Glukose, zusetzt und so die Gärung einleitet. i)
Wichtig ist vor allem die Ausnutzung der in der Natur so verbreiteten
Zellulose. Diese wird als Energie(iuelle verwendbar, wenn man eine Auf-
schwemnmng davon in stickstoffreier Minei-allösung in Gegenwart von
kohlensaurem Kalk gleichzeitig mit stickstoffbindenden und zelliiloselösen-
den Bakterien beimpft. 2) Die Stickstoffbindungskraft des Bodens wird
durch Zusatz einer geeigneten Kohlenstoff iiuehe sehr erhöht. Man ver-
wendet hierzu Zuckerlösungen, mit denen man den Boden nach und nach
begießt. Dadurch wird seine Ernteertragsmögiichkeit wesentlich erhöht, s)
Auch hierzu kann Zellulose ^'erwendung finden. i\[an muß jedoch durch
Impfung für die Anwesenheit geeigneter Zellulosezersetzer sorgen. Diese
isoliert man aus Mist. Sie unterdrücken die Wirkung der im I'odon an-
gesiedelten Denitrifizienten.*)
Impfversuche mit freilebenden Stickstoffsamndern geben meist keine
Steigerung der Assimilation, weil diese Organismen an sich überall da ver-
breitet sind, wo sie passende Ernährungsbedingungen finden. .\uf alle
Fälle muß man bei derartigen Versuchen darauf achten, daß man mit
energisch assimiherendem Material impft. Der Degeneration kann durch
eine Umzüchtung auf Erde vorgebeugt werden. Knöllchenbakterien wirken
auf Neuland bei gleichzeitigem Leguminosenanbau häufig gut. Man entnehme
sie WurzelknöUchen von Pflanzen derselben Art. die mehrfach im seli)en Boden
gewachsen sind. Die durch Kultur in flüssigen Medien gewonnenen Bak-
terien streue man nicht im Boden direkt aus, sondern man bringt sie zu-
^) Vgl. H. Priugshcim, Über dio Verwendung verschiodenor Energie(iucllen zur
Assimilation des Luftstickstoffs. Zeutralbl. f. 13akt. II. Abt. Bd. 20 (l'JOS). S. 24S.
^) //. Prinfisheim, Über die Verwendung von Zellulose als Energiequelle zur
Assimilation des Luftstickstoffs. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 23 (1909). S. 3i)0 und
Bd. 26 (1910). S. 221.
») Koch, Litzendorff, Krull und Alvcs, Die Stickstoffanreicherung des Bodens durch
freilebende Bakterien und ihre Bedeutung für das Pflanzenwachstuui. .lourn. f. Land-
wirtschaft. Bd. 55 (1907). S. 3."i5.
■») A.Koch, Über Luftstickstoff l)induiig im Boden mit Hilfe von Zellulose als
Energiequelle. Zentralbl. f. Bakt. IL Abt. Bd. 27 (1910). S. 1.
gg2 Haus Priugsheim.
sammen mit 1 — 2Voig^i' Pepton- oder Traubenzuckerlösung auf die Samen.
Diese Andeutungen über Versuche mit stickstoffbindenden Bakterien müssen
hier genügen, ^j
2. Denitrifikation.
Der ^'organi•• der Deduktion des Salpeters zu freiem Stickstoff, der
von sehr verschiedenen Bakterienarten veranlaßt wird 2), entspricht einer
Verbrennung, die wie folgt formuliert werden kann:
2KNO3 -[- C . . . = 2KXO2 + CO2
und 4 KXO, + 3 C . . . = 2 N^ + 2 Kg CO3 + CO,.
Daß ein Teil des Salpeters den Bakterien gleichzeitig als Stickstoff-
quelle dient, ist nebensäcMich. Wie man sieht, bildet das Nitrit eine
Zwischenstufe des Prozesses. Es gibt dementsprechend Bakterien, die die
völlige Reduktion vollziehen, während andere, z. B. Bac. coli, nur die Nitrit-
stufe erreichen, von der aus dann wieder andere die Reduktion zum freien
Stickstoff vollenden, z. B. Bac. denitrificans. In diesen Umsatz schiebt sich
nach neueren Untersuchungen noch die Bildung und Verbrennung von Stick-
oxydul ein 3), auf die wir später zurückkommen.
Die Nitratreduktion verläuft bei schwachem Luftzutritt etwa in vollen
Nährgefäßen. Sie wird bedingt durch die Anwesenheit gut ausnutzbarer
organischer Stoffe, wofür die Salze von Fettsäuren, von Milchsäure, Zitronen-
säure, Apfelsäure am besten verwendbar sind. Bezüglich der Eignung von
Zucker für diesen Zweck ist noch manches im unklaren, wie überhaupt vieles
über Denitrifikation noch einer Nachprüfung mit Reinkulturen harrt.
Für die Bearbeitung dieses Gebietes, wie auch der im folgenden zu
besprechenden Nitrifikation ist die Bestimmung von Salpetersäure neben
salpetriger Säure von großer Bedeutung. Ich gebe deshall) zuerst die hier-
für geeignetste Methode an.
Bestimmung von Salpeter- und salpetriger Säure nebenein-
ander.*)
Salpetersäure allein: Man verwendet zur Bestimmung der Sal-
petersäure das Nitron (Diphenyl-endanilo-dihydrotriazol), welches mit der
Säure ein sehr schwer lösliches Salz bildet. ^) *■•)
') Literatur bei Lölmis, Handbuch der landwirtschaftlicheu Bakteriologie von S. ß34 an.
-) H. Jensen in Lafar, Handbuch der technischen Mykologie. Bd. 3. S. 182 und
für die physiologische Deutung: Czapek, Biochemie der Pflanzen. Bd. 2. S. 109.
^) Beijerinck und Minkmann, Bildung und Verbrauch von Stickoxydul durch Bak-
terien. Zentrall)l. f. Bakt. H. Abt. Bd. 25 (1910). S. 30.
*) M. Busch, Gravimetrische Bestimmung der Salpetersäure. Ber. d. Deutschen
Chem. Gesellsch. Jahrg. 38. (1905). S. 861.
•^) M. Bnsch, Oxydation der salpetrigen Säure durch Wasserstoffsuperoxyd. Bestim-
mung von Nitrat neben Nitrit. Ber. d. Deutschen ehem. Gesellsch. Jahrg. 39 (1906). S. 1401.
^) Nitron wird von E. Merck in Darmstadt hergestellt. Die gelbe Base soll sich
iu Essigsäure bei gewöhnlicher Temperatur in der zur Analyse zu verwendenden Kon-
zentration leicht lösen, ungelöste Partikel filtriert man al). Die Lösung kann man in
dunklen Flaschen uuzersetzt aufbewahren.
I
Methodik der Stoffwechscluntcrsuchung bei Mikroorganismen. 9g3
Die zu aualysit'ionde Lösung' (mit etwa Ol <j llNo^ in sU— lUÜ cm^)
wird nach einem Zusatz von 10 Tropfen verdüuiitcr Schwefelsaure nahe
zum Sieden erwärmt und mit 10—12 cni^ Nitronazctat-Lüsunj,^ (10«/üi^'e
Lösuni»- von Nitron in 5"/oiger Essigsäure) versetzt.
Durch das Fähen aus heißer Lösung schießt das Nitrat in glänzen-
den Nadeln an und wird so in gut filtrierbarer und waschbarer Foi-m er-
halten. Man läßt das Gefäß IV2— 2 Stunden in Kiswasser stehen,
saugt den Niederschlag in einem Neubauei'-Tiegel ab (vgl. Bd. I, S. UT),
indem man mit dem Filtrat nachspült und wäscht. Dann wäscht man,
nachdem die Flüssigkeit gut abgesaugt ist, mit 10-12 c»i^ Eiswasser
nach. Das Waschwasser wird in kleinen Portionen aufgegossen, wobei
man jedesmal wartet, bis die Flüssigkeit durchgesaugt ist. Der Nieder-
schlag wird bei HO" getrocknet, wobei man in 3/4 Stunden (Jewichtskon-
stanz erreicht.
Die Berechnung erfolgt nach der Formel Co« HjßN^ .HNO;,, das heißt
63
das gefundene Gewicht an Nitronnitrat G . ^!,_ ergibt die Menge der vor-
37o ^
handenen Salpetersäure. Das hohe Molekulargewicht des Nitronnitrats be-
dingt natürhch einen besonderen \'orteil der Methode, da sich etwa vor-
kommende Differenzen beim Umrechnen auf Salpetersäure auf '/g re-
duzieren.
Salpetersäure und salpetrige Säure nebeneinander. Das
Prinzip der Methode beruht darauf, daß man in einem Teil {\v\- zu unter-
suchenden Flüssigkeit die salpetrige Säure zerstört und die Salpetersäure
allein bestimmt und daß man in einem anderen Teil die salpetrige Säure
zu Salpetersäure oxydiert und beide gemeinsam als Salpetersäure be-
stimmt. Aus der Differenz der gefundenen Werte kann man den Gehalt
beider Säuren leicht berechnen.
a) Zerstörung der salpetrigen Säure. Die eventuell durch Kin-
dampfen konzentrierte Lösung (z. B. 0*2 g der Salze von Salpeter + sal-
petriger Säure in 5 — Q cm^ Wasser) läßt man langsam in einem P.echer-
glase auf fein pulverisiertes und mit Wasser angefeuchtetes 11 ydraz in-
su Ifat tropfen (auf Q'l g NaNO., z.B. ^j^g Hydrazinsulfat), wobei man
das Becherglas in Bewegung hält und mit Leitungswasser kühlt. Nach
Beendigung der Stickstoff entwicklung wird auf ca. 100 crn^ gebracht und
Avie vorher angegeben mit Mitron gefäUt. Resultat: Salpetersäure allein.
h) Oxydation der salpetrigen Säure zu Salpetersäuic öOrws
der Lösung (von einem Gehalt von Ol — 0"2 g Nitrit) werden mit '10 ctu^
einer Ho/oigen neutralen Lösung von Wasserstoffsuperoxyd versetzt und
nur auf 70° erwärmt. Alsdann läßt man mittelst Trojjftrichters 20 cm^
reine 2o/oige Schwefelsäure am Boden des Gefäßes einlaufen, wobei übrigens
nicht einmal besondere Vorsicht erforderlich ist, erhitzt nahezu zum Sieden
und fäUt mit \2 cm^ Nitronazetatlösung. Resultat: Salpetersäure plu< zu
Salpetersäure oxydierte salpetrige Säure.
QQ^ Hans PringBheim.
Um diese Bestimmungen in Lösungen vorzunehmen, die viel orga-
nische Substanz enthalten, z. B. in Bouillonkulturen, muß man dem kolloi-
dalen Ausfallen des Nitronnitrats dadurch vorbeugen, daß man zu je 200 cm^
Flüssigkeit 2 — 2V2 c"^' konzentrierte Schwefelsäure zusetzt. 1)
Anhäufung denitrifizierender Bakterien.
Nach dem von Fuhrmann (Bd. III, S. 1317) angegebenen Verfahren
gelangt man zu Kulturen von Bacterium Stutzeri. Verwendet man an Stelle
des Kalziumtartrats 2«/o Kalziumzitrat , so gewinnt man den Bacillus
denitrofluorescens. — Die Anhäufung des Bacillus vulpinus gelingt vermöge
seines etwas größeren Sauerstoffbedürfnisses dadurch, daß man die zu ver-
wendende Kulturflasche von 50 cm» mit 1—2^ Gartenerde beschickt und
so weit mit der Nährlösung anfüllt . daß 2 cni^ Luft darin bleiben. — Von
besonderem Interesse sind noch Bakterien, welche die Kohlensäure durch
Denitrifikation mit freiem Schwefel als Energiequelle reduzieren. Alan füllt
eine gut schließende Stöpself lasche ganz mit folgender Nährflüssigkeit:
Grabenwasser 100
Schwefel als Pulver .... 10
KNO3 005
Na,C03 0-02
CaCOg 2
K2HPO4 002
und kultiviert bei 30». Nach 5 — 6 Tagen beginnt eine regelmäßige Stick-
stoffentwicklung, worauf in dieselbe Kulturflüssigkeit, in der das Graben-
wasser durch destilliertes Wasser plus 0-01 g MgCl, entsetzt ist, überge-
impft mrd. Bei dem Vorgang wird der Schwefel in Sulfat umgewandelt.
Der hier wirksame Thioliacillus denitrificans kann auf Agar mit derselben
Lösung gut in Beinkultur gewonnen werden. Veranlaßt durch die An-
wesenheit intermediär gebildeten Schwefelwasserstoffes tritt bei dem Ver-
such noch eine andere Bakterienart auf, die an und für sich nicht denitrifi-
ziert. Bei Ersatz des Schwefels durch Natriumthiosulfat wird auch sie in
Reinkultur gewonnen und dadurch von der erstgenannten Art unterschieden,
daß diese große, dünne, glashelle, schwierig sichtbare, mit Schwefeltröpfchen
durchsetzte Anflüge erzeugt, während die zweite Form, T. thioparus,
kleine, runde, wie trockener, gelber Staub aussehende Kolonien bildet.
Die Anhäufung zellulosezersetzender denitrifizierender Bakterien ist
schon unter Zelluloseabbau (S. 934) beschrieben worden. Die Gewinnung
denitrifizierender Meeresbakterien kann hier nicht im Detail wieder-
gegeben werden. 2)
*) H. Franzen und E. Löhmann, t)ber die Verwendung des Nitrens zur Bestim-
mung der Salpetersäure in Flüssigkeiten, \Yelche viel organische Substanz enthalten.
Journ. prakt. Chem. N. F. Bd. 79 (1909). S. 330.
-) //. H. Gran, Studien über Meeresbakterien. I. Reduktion von Nitraten und
Nitriten. Bergens Museum Aarbog. 1901. Nr. 10. Ökologie. S. 205.
Methodik der Stoffwecbseluntersuchuug bei Mikroorganismen. 985
Von großer Wichtigkeit für die in der Natur herrschenden \'erhält-
nisse ist die Tatsache, daß dieselben Bakterienformoii, die in FUissigkeits-
kiiltiiren beti-ächtliche Mengen freien Stickstoffs aus Nitrat entbinden, im
Boden, sokmge derselbe nicht allzu viel Wasser oder Energiematerial
enthält, den Salpeter zwar nach Maßgabe des vorhandenen Vorrats an
Energiematerial umsetzen, daraus aber Verbindungen bilden, die bei der
Gesamtstickstoffbestimmung wieder gefunden ^Yerden.l)
3. Stickoxydulbildung und Verbrauch. 2)
Die Bildung von Stickoxydul bei der Denitrifikation tritt in Er-
scheinung, wenn man in hochprozentiger Kaliumnitratlösung arbeitet. Man
füllt Stöpselflaschen ganz mit Fleischbouillon , welche mit S^/o KaUum-
nitrat versetzt ist, infiziert mit 10 — 20 g Gartenerde und kultiviert bei
o7°. Das Gasgemisch besteht dann aus Stickstoff, Kohlensäure und
Stickoxydul. Letzteres kann bis 90'^/o vorhanden sein, so daß ein glühen-
der Span, in die vorsichtig geöffnete Flasche gebracht, sich entzündet. Zur
Analyse fängt man die Gase am besten über gesättigter Chlorkalzium-
lösung auf. Auch Fieinkulturen von denitrifizierenden Bakterien, z. B. von
B. pyocyaneus oder B. Stützen, bilden Stickoxydul.
Die eben genannten Bakterienarten vermögen das Stickoxydul auch
weiter in Reinkultur zu zerlegen. Es entsteht hierbei aus Stickoxydul
2 N2O -f C = 2 No + CO2 unter Volumen Vermehrung IV2 Volumen Stickstoff
und Kohlensäure. Die Folge davon ist Druckerhöhung bei Kultur im ge-
schlossenen Kolben. Für die Versuche eignet sich eine Nährlösung der
Zusammensetzung 100 Leitungswasser, 0"5 Asparagin und O'Oö Ko HrO^,
von der 50 cm^ in einen mit Gashahn verschließbaren Stehkolben gebracht
werden, in dem die Luft durch Stickoxydul (bereitet aus salzsaurem Hydro-
xylarain und Kaliumnitrit) verdrängt wird. Nach etwa einer Woche ist
das Stickoxydul bei 37° in Stickstoff und Kohlensäure umgewandelt. Auch
soll das Stickoxydul z.B. für B. Stutzeri gleichzeitig Stickstoff- und Sauer-
stoffquelle sein können, wenn die Nährflüssigkeit keine Stickstoffnahrung
enthält.
Weiterhin kann Stickoxydul mit Wasserstoff unter dem Einfluß von
Bakterien vereinigt werden, die hierbei unter Verbrauch der in der Nähr-
flüssigkeit gebotenen Kohlensäure eine Chemisynthese volb:iehen. Hierbei
findet Volumenverminderung (N., 0 + Hg = H.2 0 -1- N,) bis auf die Hälfte
statt. Um diesen Vorgang einzuleiten, bedient man sich des Kulturappa-
rates von Söhnr/en (vgl. S. 97ö), den man mit 100 Leitungswasser, 0-02
K,HP04, 002 NH.Cl und O'l NaHCO, anfüllt. Mau verdrängt dann die
Hauptmenge der Nährflüssigkeit durch Einleiten einer :Mischung von Stick-
oxydul und Wasserstoff in gleichem Verhältnis. Nach 10 Tagen ver-
') A.Koch und H. Petit, Über den verschiedenen Verlauf der Denitrifikation im
Boden und in Flüssigkeiten. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 26 (lUlO). S. 3:55.
•-) Beijerinck und Minkmann, Zentralbl. f. Bakteriol. II. Abt. Bd. 25 (,1910). S. 30.
o
ggg Hans Pringsheim.
sch-svindet bei Infektion mit Erde alles Stickoxydul und aller Wasserstoff,
so daß nur das halbe Volumen Stickstoff zurückbleibt. Die wirksamen Bak-
terien wurden noch nicht in Reinkultur gewonnen.
4. Nitrifikation.
Die Umwandlung von Ammoniaksalzen in salpetersaure Salze durch
Mikroorganismen gehört zu den best untersuchten Vorgängen der Mikro-
biologie durch die klassischen Untersuchungen Winogradskys^) Sie ragt
besonders hervor durch schwierige Lösung des Problems der Keinkulti-
Aierung der hier wirksamen Bakterien, die nachzumachen auch jetzt noch
keine leichte Aufgabe ist.
Die Oxydation erfolgt in zwei Phasen, Verwandlung von Ammoniak
in salpetrige Säure durch die Nitritbildner und Verwandlung von salpetriger
Säure in Salpetersäure durch die Nitratbildner. Von beiden Formen sind
an verschiedenen Orten der Erde morphologisch differente Arten isoliert
worden, die sich jedoch in bezug auf die Kultivierung und die physiolo-
gische Funktion analog verhalten. Diese Funktion ist bezüglich der Oxy-
dation der Stickstoff Substanzen eine durchaus spezifische; weder Ammoniak
noch salpetrige Säure kann durch andere Stickstoffsubstanzen, wie Harn-
stoff, Asparagin etc. ersetzt werden. Im Gegenteil hemmen solche Körper
die Nitrifikation in ausgesprochener Weise.
Die bei dem Vorgang frei werdende Energie wird von den Bakterien
zur Assimilation der Kohlensäure verwandt, welche auch im Dunklen ohne die
Mitwirkung der Sonnenenergie vor sich geht. Auch andere Kohlenstoff-
([uellen hemmen die Nitrifikation in einem sonst nur Giftstoffen zukom-
menden Maße in Flüssigkeitskulturen. Nur in einer Weise müssen die
Winogradski/scheii Angaben modifiziert werden. Im Boden tritt nämüch
die Hemmung durch organische Substanzen zurück. 2) Hier wird Trauben-
zucker sogar verbraucht. Welche Rolle er dabei spielt, ist noch nicht ganz
klar, denn er vermag die Kohlensäure nicht zu ersetzen.
Anhäufung und Kultur der Nitrit- und Nitratbildner. 3)
Beimpft man eine Nährlösung folgender einfacher Zusammensetzimg:
Leitungswasser 1000. (NH^isSOi 1, K2HPO4 1, mit Erde unter Zusatz von
5 — 10^ basisch-kohlensaurer Magnesia, so setzt zuerst Nitritation ein,
die später durch die Nitratation abgelöst wird. Die wirksamen Organismen
häufen sich im Magnesiabodensatz an. Impft man aus solchen im Gang
befindlichen Kulturen ab, so wird es vom Zeitpunkte der Überimpfung
abhängen, ob man die Nitrit- oder Nitratbildner anhäuft. Um die ersteren
*) Zusammenfassimg in Lafars Handbuch der technischen Mykologie. Bd. HI.
S. 132.
'^) V. Bazareivski, Beiträge zur Kenntnis der Nitrifikation und Denitrifikation im
Boden. Diss. Göttingen 1906. — LcsJie C. Coleman, Untersuchungen über Nitrifikation.
Zentralbl. f. Bakt. H. Abt. Bd. 20 (1908). S. 401.
^) Ich halte mich an die Vorschriften von Winogradskij, a. a. 0.
Methodik der Stoffwcchseluntersuchung bei Mikroorganismen. Og7
ZU isolieren, muß man daher eine Prüfung- auf (•licinisclu'iii Wej^e vor-
nehmen. Man prüft auf Ammoniak mit dem AVi-.s/er.schen Keaffcnz. auf
Nitrit mit dem TrommsdorJ/'i^dwn (/inkjodidstärkclösiin^j nnd anf Xiti'it
und Nitrat mit Dipheuvkimin-SchwefeLsäure. Am he.sten verwendet man
für die Tüpfeh-eaktionen PorzelJanphitten mit schalenarti}j;en Vertiefnnj^en.
In jede Vertiefung gießt man l—i^/^cm^ des Reagens mit je ein paar
Tropfen verdünnter Schwefelsäure. Bringt man dazu je eine l'latinöse Knltnr-
flüssigkeit, so breitet sich etwa am 4. Tage im TrommsdorJ/ i^chcn Pieageus
von der P)erührungsstelle aus ein blauer Schleier aus. Die Intensität der
Reaktion nimmt in den nächsten Tagen zu, bis an der P>erührungsst('lle
ein gesättigter dunkell)lauer Fleck entsteht, der sich über die ganze (Jber-
fläche ausbreitet. Man beginnt dann mit dem AV.ss/crschen Reagens in
derselben Weise, das zu dieser Zeit noch einen deutlich gelben Fleck gibt,
der allmählich heller wird und schließlich verschwindet. Ehe dieser Punkt
erreicht ist, ist natürlich die Zeit zum Überimpfen für die Nitritl)ildner
gekommen, denn jetzt wird die Diphenylaminreaktion positiv, auch wenn
man etwa vorhandenes Nitrit durch Kochen mit Harnstoff in saurer Lö-
sung zerstört hat, denn die Nitritbildner sind in Erscheinung getreten. Diese
kann man sich auf einfachere Weise dadurch anhäufen, daß man das Ammon-
sulfat von vornherein durch ein pro Mill. salpetrigsaures Natrium ersetzt,
wobei schon nach zwei Umimpfungen alle ammonoxydierenden Organismen
aus der Kultur verschwunden sind. Bezüglich der ^Morphologie der P.ak-
terien vgl. man die Winogradski/sche Abhandlung, die ausgezeichnete Photo-
gramme enthält.
Reinkultur.
Nitritbildner: Die Plattenkultur gelingt weder auf (ielatine noch
auf gewöhnlichem Agar, weil der Gehalt an Kohlenstoffsubstanzen hindernd
wirkt. Man verwendet Kieselsäuregallerte.
Zur Bereitung der löslichen Kieselsäure mischt man gleiche
Raumteile Wasserglas (vom spez. Gew. 1-05 — 1'06) und Salzsäure (spez.
Gew. 110), indem man die Wasserglaslösung in die Salzsäure eingießt. Gb
Kali- oder Natronwasserglas verwendet wird, ist gleichgültig, nur muß es
farblos und klar sein, sonst bekommt man keine haltltare Kicselsäurelösung
nach dem Dialysieren. Die Dialyse wird in Pergamentpai)ierschläuchen
vorgenommen, deren Zustand vorher genau auf Durchlochungen zu i^rüfen
ist: man klemmt das eine Ende des Schlauches mit einer Schraubenklemme
fest, füllt den Schlauch mit Wasser und hängt ihn in vertikaler Riclitnng
auf. Nur solche Schläuche sind tauglich, die an der Oberfläche keine Spur
einer Durchsickerung von Wasser merken lassen. Schnelle Dialyse ist für
die Haltbarkeit der (iallerte wichtig, weshalb man nur kleine Mengen auf ein-
mal dialysiert. Gewöhnlich genügt es, einen Tag lang gegen scimell fließen-
des Leitungswasser und einen Tag gegen :■>— 4mal gewechseltes destilliertes
Wasser zu dialysieren. .Die Dialyse ist fertig, wenn man mit Silbernitrat
höchstens ganz geringe Trübung erhält. Die Lösung ist in .»sorgfältig ge-
ggg Haus Pringsheim.
waschenen Flaschen mit eingeschliffenem Stopfen aufzubewahren. Wenn
man richtig verfährt, so erhält man eine vollständig klare Lösung, ohne
die geringste Opaleszenz, welche ungefähr 2^'^ Kieselsäure enthält, etwa
8 Monate haltbar ist und ganz gut das Sterilisieren bei 115 — 120" C verträgt.
Um daraus einen festen Nährboden für den Nitritbildner zu bereiten,
bedient man sich folgender Flüssigkeiten:
1. Ammonsulfat o g.
Kaliumphosphat 1 _r/.
Magnesiumsulfat 0"5 g.
DestiUiertes Wasser 100 g.
2. Ferrosulfat 2«/oige Lösung.
'6. Gesättigte Kochsalzlösung.
4. Magnesiamilch, d. h. eine Aufschwemmung von gut durchsiebter
kohlensaurer Magnesia.
50 cm^ der Kieselsäurelösung werden in einem Kölbchen mit 2* 5 cm
der ersten und 1 cni^ der zweiten Lösung versetzt. Von der dritten wird
nur ein Tropfen ganz zuletzt in jede fertig gegossene Platte gebracht.
Magnesiamilch setzt man so viel hinzu, daß das Gemisch ein milchiges
Aussehen bekommt. Gleichzeitig mit den Salzen impft man eine Öse voll
einer guten, nach viermaliger Umzüchtung erhaltenen Kultur ein, welche
den Nitritbildner vor\s1egend im Zustande freier Zellen und nicht von
Zooglöen enthält. Das kann man an einer Trübung der Anhäufungskulturen
beobachten.
Beim Gebrauch der Platten gibt die Gallerte manchmal allmählich
Wasser ab. Darum stellt man die Schalen anfangs umgekehrt im Thermo-
staten auf und entfernt das sich im Deckel ansammelnde Wasser mit
sterilem Filtrierpapier.
Es lohnt sich nicht, die Platten früher nach den Kolonien des
Nitritbildners zu durchsuchen, als sie eine starke Nitritreaktion geben.
Erst dann, wenn ein aus der Platte herausgeschnittenes kleinstes Stück
Gallerte, in Jodstärke oder Diphenylamin eingetragen, ganz dunkelblau
wird, hat man die Sicherheit, daß die Platte schon Kolonien, wenn auch
mikroskopisch kleine, trägt. Die Nitritreaktion tritt am 5. — 6. Tage auf
und erreicht am 10. — 12. die Höchststärke. Zuerst treten dunkle aus Zoo-
glöen bestehende Kolonien auf, die sich allmählich in weiße der Einzel-
zellen verwandeln.
Da die Kolonien immer sehr klein bleiben, so muß man noch einen
besonderen Kunstgriff gebrauchen, um ein mehr augenfälliges Wachstum
zu erreichen und so die Abimpfung zu erleichtern. Das wird durch wieder-
holte Ammongaben erreicht; an zwei einander diametral gegenüberliegen-
den Stellen der Schale werden aus der Gallerteschicht kleine Segmente
herausgeschnitten und in die so gebildeten Vertiefungen werden, so oft es
nötig ist, ein paar Tropfen einer 10%igen Ammonsulfatlösung hineinge-
bracht, wobei man vor jedem Zusatz die angesammelte überschüssige
Flüssigkeit aus den Vertiefungen mit einem sterilen Papierstreifen entfernt.
Methodik (Irr Stoffwechseluntersuchung bei Mikroorganismen. 989
Die Oxydation licht danu sehr eiierj^isch vor sicii, was man an der raschen
Auflösung- der Magnesia in der Umgebung- der einzelnen Kolonien erkennt.
Man studiert die Platten sorg-fältig bei einer Vergrößerung von 50
bis luO, wählt eine Reihe oberflächlich gelegener heller Kolonien aus
und bezeichnet sie für die Entnahme des Impfstoffes. Diese g:eschieht am
besten unter der Kontrolle des Präpariermikroskops: man sticht die Ko-
lonien mit der haarfein ausgezogenen Spitze eines (Jlasröhrchens an, worauf
man diese durch einen iStoß gegen den Boden des zur Aussaat bestimmten
Kölbchens abbricht. Dazu bedient man sich kleiner iMlenmeyerkolbchen,
die 10 cm^ der g-ew'öhnlichen Lösung mit Magnesiazusatz enthalten. Je
mehr solcher über impf ungen auf einmal gemacht werden, desto besser,
denn es gehngt bei weitem nicht jede, nicht jede erweist sich auch als
rein, selbst w^enn sie eine gute Xitritration zeigt. Zur Prüfung auf Rein-
heit impft man einige Tropfen aus dem nitritierten Kölbchen in gewöhn-
liche alkalische Bouillon und läßt mindestens 10 Tage im Thermostaten
stehen. Wenn dann die Bouillonröhrchen noch ganz klar sind, so soll man
berechtigt sein, die Reinzucht für gelungen zu halten.
Coleman (1. c.) bezweifelt aber, ob es irgend einen Nährboden gibt,
der ganz sicheren Aufschluß über die Reinheit gibt. In seinen Kulturen
waren die Nitritbildner von einem ]\likrokokkus begleitet, der auf Bouillon
nicht oder nur unsicher wächst. Er empfiehlt deshalb zur Prüfung der
Reinheit der Nitritkulturen Heydenagar, auf dem durchschnittlich -JOnial
so viel Kolonien wachsen wie in den üblichen Nährböden. Dieser wird wie
folgt bereitet 1): Zusammensetzung: 1/ destilliertes Wasser, Vl'h y Agar,
■4:-5 g Albumose (Nährstoff ,,Heyden- geliefert von der chemischen Fabi-ik
,,von Heyden" in Radebeul bei Dresden). Bei der Herstellung wird die
Albumose auf das Wasser geschüttet, darin eingequirlt und die Lösung
erst dem völlig klar gekochten Agar zugegeben, dann noch einige Minuten
gekocht und wie früher angegeben filtriert.
Die Isolierung auf gefaultem Agar, Magnesiagipsplatten oder Papier-
scheiben ist im Original ( Winogmdski/, S. 158) nachzulesen.
Nitratbildner.
Hier gelingt die IsoUerung wegen der geringeren Empfindlichkeit
gegen organische Substanzen nach mehrfacher Anhäufung in Nitritlösung
auf einem Agar folgender Zusammensetzung:
Natriumnitrit "2 g
Soda (wasserfrei) 1 y
Kaliumphosphat .... Messerspitze
Agar 15/7
Flußwasser 1 /
Das Wachstum der Kolonien auf Nitritagar ist ungemein lang-
sam. Darum läßt man die Platten etwa ;> Wochen bei HO" stehen. Mau
1) Hesse und Niedner, Methodik ilcr bakteriologischen Wasseruntersuchung. Zeit-
schrift f. Hyg. Bd. 29. 8. 454. 1898.
C)QQ Haus Pringsheim.
muß sich sehr in acht nehmen, den spezifischen Erreger nicht mit anderen
meist unscheinbaren Botlenbakterien zu verwechseln, welche auf dem Agar
etwas ähnliche Kolonien bilden. Doch zeichnet sich der Nitritbildner vor
ihnen durch sein langsameres Wachstum aus , so daß man gut tut, die
allerkleinste Art von Kolonien für die ersten AbimpfuEgen zu verwenden.
Man verfährt in der Weise, daß man 5 — 6 Platten mit sehr verschiedenen
Impfmengen gleichzeitig anlegt. Das Schwinden der Nitritreaktion ist dann
ein Anzeichen, daß die Nitratbildner auf den Platten zur Entwicklung ge-
langt sind. Man wählt dann bei 100 — löOfacher Vergrößerung die glän-
zend scharf konturierten und etwas bräunlichen Kolonien aus, von denen
man in derselben Weise, wie bei den Nitritbildnern besprochen, abimpft
und auf Reinheit prüft.
Will man das Verhältnis des oxydierten Ammoniaks oder Nitrits zur
Menge der assimilierten Kohlensäure ermitteln , so bestimmt man den
Kohlenstoff am beciuemsten auf nassem Wasser. Man vertreibt zuerst die
Kohlensäure der Karbonate durch Kochen mit Schwefelsäure und verbrennt
dann mit Kaliumbichromat und Schwefelsäure, w ie im Bd. I, S. o59 angegeben.
F. Schwefelwasserstoff.
Die Bildung und Verarbeitung des Schwefelwasserstoffes durch Bak-
terien spielt in der Natur eine große Rolle. Dieser Stoff Umsatz , den wir
als Kreislauf des Schwefels zu bezeichnen pflegen und in den sich noch
einige Zwischenstufen, wie die Oxydation von Schwefel, von Thiosulfaten
und Tetrathionaten einschieben, wird durch sehr verschiedenartige Orga-
nismen hervorgerufen. Es handelt sich hier um Prozesse, die im großen
ganzen auch im Laboratorium ohne Schwierigkeit einzuleiten sind. Dagegen
ist die Trennung der verschiedenen Species, speziell der den Schwefel-
wasserstoff veratmenden Formen schwierig. Die Reinkultur gerade dieser
ist noch nicht gelungen, wodurch naturgemäß der Erforschung ihres Stoff-
wechsels Hemmnisse in den Weg gestellt werden !
Die Reduktion der Sulfate und die Hydrogenation des Schwefels be-
dürfen der Energiezufuhr, die durch Zersetzung organischer Substanzen
geliefert wird. Andrerseits gestattet die bei der Oxydation des Schwefel-
wasserstoffs, des Schwefels und des Thiosulfats freiwerdende Energie die
Assimilation der Kohlensäure. ^) Daß dieser Vorgang mit gleichzeitiger
Dentrifikation verbunden sein kann, haben wir schon gesehen (vgl. E. 2).
Geruch nach Schwefelwasserstoff macht sich in einer sehr großen Zahl
unserer Kulturen bemerkbar. Er stammt aus dem im Eiw^eiß enthaltenen
Schwefel. Da er hieraus wohl ebenso von anaeroben wie von aeroben Orga-
nismen gebildet werden kann, ist die Frage noch unentschieden, ob es
sich um eine Reduktion oder Spaltung handelt? Wahrscheinlich wird der
Prozeß nicht einheitlich verlaufen. Das Studium der Wirkung von Rein-
*) Vgl. W. Omelianski, Der Ki-eislauf des Schwefels in Lafars Handbuch der tech-
nischen Mykologie. Bd. 3. S. 914.
Methodik der Stoffwecbscluntersiicliiingr lioi Mikroorganismen. 991
kulturell auf scli\veielhaltij>-e Ei\vcilJahl)au[)ru(liikl(' kann hier vielleicht
einige Aufklärung geben. Wir begnügen uns mit der .\ngabe einer Me-
thode zum Nachweis schwefelwassersoffbildender I.akterien.
1. Erkennung der Schwefelwasserstoffbildner auf IMatten. ')
Hierfür eignet sich eine Fleischpeptongelatine mit äVo Eisentartrat
oder Eisensaccharat. Die Kolonien der Schwefelwasserstoffbilduer umgeben
sich auf ihr mit einem scliwarzen Hof von Schwefelei.sen. .\uch kann man
den schwach alkalischen Nährstoffen Bleikarbonat zusetzen, wodurch •••erade
t-.
das Wachstum der schwefelwasscrstoffbildenden Arten wenig gehemmt
wird, weil etwa gelöste Spuren von Bleisalz sofort durch den Schwefel-
wasserstoff in unlösliches Schwefelblei übergeführt werden, welches dann
durch seine Braunfärbung die schwefelwasserstoffbildenden Kolonien kennt-
lich macht. 2)
2. Reduktion der Sulfate zu Schwefelwasserstoff.
Die Reduktion der Sulfate zu Schwefelwasserstoff ist eine Eigen-
schaft, die nur bestimmten Mikroorganismen zukommt. Sie kann nicht
ohne weiteres durch die Wirkung des Wasserstoffes in statu nascendi er-
klärt werden, denn nicht alle wasserstofferzeugenden Anaerobier haben
auch die Fähigkeit der Siüfatreduktion. Andrerseits üben auch starke
Schwefelwasserstoffbildner keine re<Iuzierende Wirkung auf andere Sub-
stanzen, z.B. Nitrate, aus. Der Mechanismus dieser Reduktion ist also
noch unklar. Man kann sulfatreduzierende Pjakterien wie folgt anhäufen:
Anhäufung des anaeroben Spirillum desulfuricans. •') Als
geeignete Kulturi lüssigkeit , welche neben Sulfaten stets genügende Mengen
organischer Substanzen enthalten muß, erweist sich die Zusammensetzung
Leitungswasser 100
K2HPO4 005
Natriumlaktat O'ö
Asparagin 0"1
MgSO.V 7H.,0 (oder) Gips 0-1
Ferrosulfat Spur.
Das Impfmaterial ist Grabenschlamm. Ist es arm an lleduktions-
spirillen, so empfiehlt es sich, nur Vm his ViVo Laktat zu geb(>n und i-twas
Natriumsulfat zuzusetzen, worauf später in eine Flüssigki'it ohne Sulfat
übergeimpft wird. Man kultiviert in vollen Stöpselflaschen bei 2ö— SO**.
Von organischen Substanzen erweisen sich Laktate, Succinate und Malaie
*) A. Fromme, Über die Beziehung des metallischen Eisens zu dtMi Bakterien und
über den Wert des Eisens zur Wasserreinigung. Zentralbl. f. Bakt. Bd. 12 (1892). S. 274.
-) Beijerinck, Schwefelwasserstoffbildung in den Stadtgraben und AufsteUung der
Gattung Aerobakter. Zentralbl. f. Bakt. IL Abt. Bd. 6. S. 1Ü3 (I'.IIKJ).
^) Beijerinck, Anhiwitung des anaeroben Spirillum desulfuricans, Trennung von
Aerobien. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 1 (1895). S. 1, 49, 1(J4. - mn Deldeu , Beitrag
zur Kenntnis der Sulfatrcduktion durch Bakterien. Ebenda. II. .\bt. Bd. 11. S. 81 (1903).
c\C)^ Hans Pringsheim.
geeignet, nicht Zucker, aus dem Säure gebildet wird. Von Stickstoffver-
bindungen werden auch Pepton und Ammonsalze assimiliert. Dagegen
hindern Nitrate die Sulfatreduktion. Die Konzentration des Schwefelwasser-
stoffes kann eine ziemlich hohe werden, ohne daß die Sulfatspirillen ab-
getötet werden, z.B. bis zu 246 w?// H2 S pro Liter.
Bei der Kultur auf Gelatine mit derselben Nährlösung erscheinen
die Spirillen als kleine schwarze Pünktchen, umgeben von einem Hof von
Schwefeleisen. Doch sind solche Kulturen stets durch eine andere Sulfat
nicht reduzierende Form verunreinigt. Diese läßt sich durch einen Zusatz
von ^/^cm^ Schwefelwasserstoffwasser zu oOcm» der Nährgelatiue aus-
schalten. Die Spirillenkolonien entwickeln sich dann in Tiefen von IY2 und
mehr Zentimeter unter der Oberfläche. Nach wiederholten Umimpfungen
kann man sie so von dem Begieitbakterium , Aerobacter coli, rein er-
halten. Eine Seewassorform, Microspira aestuarii, läßt sich bei einem Zu-
satz von ßoy'o Kochsalz, 0'25% MgSOi ^^^^ 1% Natriumlaktat gewinnen.
Auch dieses Spirillum ist beweglich. Es bildet noch mehr Schwefelwasser-
stoff, bis 952 mg Hg S pro Liter.
3. Reduktion von Sulfiten, Thiosulfaten und Schwefel.
Während die Sulfatreduktion auf die besprochenen Arten beschränkt
zu sein scheint, wird die Pieduktion der oben genannten Substanzen viel
leichter und von zahlreichen Mikroorganismenarten , z. B. auch Hefe , be-
sorgt. Die Koligruppe zeigt diese Reduktion in Lösungen, die ö7o Trauben-
zucker, O'lVo Asparagin, OOP/o KgHPO^ und 005% Natriumthiosulfat
enthalten, schon nach 24 Stunden. 1)
Die Hydrogenisation des Schwefels ist ein sekundärer Prozeß, der
sich infolge vieler Reduktionen abspielt. Man kann sie folgendermaßen
einleiten. 2) Man macht in einem Kölbchen Fleischwasser durch Kochen
luftfrei und fügt Ol"/« Ferrolaktat oder il/oArsches Salz als Lidikator zu.
Ein zweites Kölbchen enthält überdies Schwefelblume. Beimpft man mit
einem Tropfen Grabenwasser oder etwas Gartenerde, so findet keine
Sulfatreduktion statt. Doch tritt bei Ijeiden Proben bei 30° schon in
24 Stunden infolge von Schwefeleisenbildung Schwärzung auf. In dem
Kölbchen ohne Schwefel erreicht die Schwärzung bald eine gewisse Grenze,
während sie in dem mit Schwefel versetzten Kölbchen viel länger fort-
schreitet und unter Ausscheidung einer großen Menge eines schwarzen
Niederschlages die Flüssigkeit tiefschwarz werden läßt.
4. Oxydation von Schwefelwasserstoff.
Die Festlegung der Lebensbedingung der „ Schwefelbakterien ^^ durch
Winogradsktj war von ganz besonderer Bedeutung, weil hier zum ersten
') Beijerinck, Phenomenes de reduction produits per les microbes. Archives
neerlandaises. II. T. 9. p. 131 (1904).
-) Beijerinck, Über Spirillum desulfuricans als Ursache von Sulfatreduktion.
Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 1. S. 1 (1895).
Methodik der StoffwcchselunteisuclHiiig liei Mikroorgaiiisnioii. 99;',
Male gezeigt wurde, daß es Lebewesen gil)t, die mit Hilfe der i)ei der
Oxydation anorganischer Stoffe freiwerdenden Energie im Dunkeln Kohlen-
säure binden können. Die Ausführung dieser Studien ist umso bewunderungs-
würdiger, weil die verschiedenen Formen der Schwefelbakterien, die be-
wegliche Deggiatoa, die unbeweglichen Tliiothrixarten. die farblosen, nicht-
fädigen Schwefelbakterien und die roten Schwefelbakterien, bisher nocb
nicht in Reinkultur erhalten wurden. Die Intersuchung be.schriinkte sieb
daher auf das Verhalten in einem mit Deckglas bedeckten Tro[)fen auf
einem gewöhnlichen Objektträger, welcher zwischen den IJeobachtungen in
einer feuchten Kammer gehalten wurde. Einige in den Tropfen gestreute
Deckglassphtter dienten dazu, den Deckglasdruck aufzuheben, da die liak-
terien sehr empfindlich sind. Auch wird so der Zutritt do^^ für alle diese
Arten nötigen Sauerstoffes erleichtert.
Rohkulturen im größeren Maßstabe erhält man, wenn man einige
Stücke des zerschnittenen frischen Wurzelstockes der in jedem Teiche an-
zutreffenden und auch an Flußufern nicht seltenen Rlumenbinse (Butomus
umbellatus) samt dem daran hängenden Schlamme in ein tiefes Gefäß mit
3 — bl Wasser bringt und nach Zusatz von ein Paar Gramm (ups bei
Zimmertemperatur unbedeckt stehen läßt. Nach Al)lauf von ö — 7 Tagen
kann man schon die P^ntwickhing von Schwefelwasserstoff bemerken,
welcher durch die im Schlamm enthaltenen sulfatreduzierenden Rakrerien
gebildet wird. Damit sind nun die Lebensl)edingungen für die Entwicklung
der gleichzeitig vorhandenen Schwefelbakterien geschaffen. Schon nach ;'. bis
6 Wochen kann man deren Anwesenheit mikroskopisch festst<'llen und
nach und nach vermehren sie sich so stark, daß sie auch dem unbe-
waffneten Auge sichtbar werden. In diesem bunten Gemisch von Schwefel-
bakterien fehlen gewöhnlich die roten Arten nicht, häufiger aber treten
die farblosen langfädigen auf. Bezüglich der Morphologie der einzelnen
Arten muß auf die Angaben von (Jmdianski in Lnfars llandbiudi ver-
wiesen werden.
Diese Bakterien verbrennen den Schwefelwasserstoff zu freiem
SchAvefel, den sie häufig in großer Menge in ihren Zellen ablagern. Fehlt
ihnen der Schwefelwasserstoff, so gewinnen sie ihre Lehensenergie durch
fernere Oxydation des gespeicherten Schwefels zu Schwefelsäure, die durch
vorhandene Karbonate neutralisiert wird. Doch können sie so nur 1 bis
2 Tage leben, dann sterben sie ab.
5. Oxydation der Tbiosulfate.
Die Oxydationskraft der ..Thionsäurebakterien" ist bedeutend schwäclu-r
als die der Schwefelbakterien , da sie nur imstande sind . die Tbiosulfate
zur Tetrationssäure und Schwefelsäure zu oxydieren. Bei ihnen findet
niemals intrazelluläre Ausscheidung von Schwefel statt.
Die Isolierung Solcher Bakterien gelingt, wenn man eine Auflösung
von Ol — l°/o unterschwefligsaurem Natrium in Seewasser oder in einer
Abderhalden, üandbuch der bincheraiechen Arbeitsmethoden. V. (53
994 Hans Pringsheim. Methodik der Stoff wechseluntersuchimg etc.
Salzlösung folgender Zusammensetzung: 3Vo NaCI, 0-25Vo MgClj, OlVo
KNO3 und O'ö" 0 K2 HPO4 mit Zusatz von etwas Magnesiumkarbonat, mit
geeignetem Material, z. B. kleinen Mengen schwefehvasserstoffhaltigen
Schlammes aus dem Meerboden in der Nähe der Küste (bei Neapel) be-
impft.M Nach 1 — 2 Tagen zeigt sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit ein
weißes Häutchen, welches zum Teil aus Tropfen öligen amorphen Schwefels,
zum Teil aus einfachen, stäbchenförmigen Bakterien zusammengesetzt ist.
Auf Agar mit derselben Nährlösung lassen sich die Bakterien mit gleicher
Leichtigkeit wie jede andere Art auf Platten rein kultivieren, wobei die
Kolonien nach 1 — 3 Tagen je nach der Menge des ausgeschiedenen
Schwefels weiß, opak oder durchscheinend und irisierend aussehen.
Die Bakterien entwickeln sich nur in Gegenwart freier Kohlensäure
oder von Karbonaten, die durch andere organische Substanzen nicht zu
ersetzen sind. Hemmend wirken solche nicht in dem Maße wie bei den
Schwefelbakterien. Die Oxydation erfolgt nach der Gleichung
3 Naa S, O3 + 5 0 = Na., S^ Og + 2 Na,, SO^.
Die Schwefelausscheidung ist ein sekundärer Prozeß, veranlaßt durch die
Reaktion der Tetrathionsäure auf das Thiosulfat.
Eine Süßwasser form oxydiert das Thiosulfat in anderer Weise
Nag S.2 O3 + 0 ^NaoSOi + S unter Schwefelabscheidung. -) Man isoliert sie
durch Beimpfung der Nährlösung:
H2O 100
Na.3 S2 O3 + 5H, 0 O-ö
NaHCOa 0-1
K-, HPO4 002
NHiCl 0-01
MgCL O-Ol
in dünner Schicht mit Grabenschlamm , ohne vorherige Sterilisation. Nach
2 — 3 Tagen bei 28— 30^ bedeckt sich die Oberfläche der P'lüssigkeit mit
freiem Schwefel, der dicht von Bakterien durchsetzt ist.
Die Reinkultur gelingt mit einem Zusatz von 2<'/o Agar. Das Thio-
sulfat läßt sich durch Schwefelkalzium ersetzen. Etwas schwieriger gelingt
der Versuch mit Tetrathionat nach der Gleichung
NX S4 Oe + Na, CO, + 0 = 2 Naa SO4 + CO, + S.,.
') A. Nathansohn , Über eine neue Gruppe von Schwefelbakterien und ihren
Stoffwechsel. Mitteil. d. zool. Stat. Neapel. Bd. 15. S. G.öö (1902).
^) Beijerinck, Über die Bakterien, welche sich im Dunkeln mit Kohlensäure als
Kohlenstoffquelle ernähren können. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. Bd. 11 (1904). S. 593.
Die gasometrisclie Bestiinmuiig von priiiiärciii alipha-
tischen Aminostickstoff und ihre Anwendung auf
physiologisch-chemischem Gehiete.
Von Donald I). van Slyke, Rockefeller-Institut für medizinische Forschung,
New-York.
Einleitung.
Es ist seit langem bekannt, daß aliphatische Aminogruppen mit
salpetriger Säure nach folgender Gleichung reagieren:
RNH^ + HNO2 = ROH + H,0 + N,.
Da bei dieser Reaktion der Stickstoff in Gasform auftritt, so ist das
Eintreten eines Gleichgewichtes unmöglich und der Prozeß verläuft (|uan-
titativ von links nach rechts. Sachs und Kormann^) haben diese Reaktion
zuerst als Grundlage einer Methode zur (piantitativen Bestimmung von
Amino-Gruppen benutzt; darnach sind noch verschiedene andere Methoden-),
die auf demselben Vorgang basieren, bekannt geworden. Das im folgenden
beschriebene Verfahren zeichnet sich jedoch vor den schon bekannten
Methoden durch Einfachheit. Schnelligkeit der Ausführung! und (iurcli
Genauigkeit aus, so daß das Verfahren zum allgemeinen (Jebrauch in der
Chemie und Biologie anwendbar ist. 3)
*) Sachs uiul Kormann, Zeitsclir. f. aiialyt. Chemie. 14. 380(1875).
•*) König, Chemie der menschlicheu Nahriings- und Geiiußmittel. 4. .\iifl. III. hd.
pag. 274.
^) Diese Methode wurde zuerst vnrgetragon vor der (iesellsciiaft für oxporimeii-
telle Biologie und Medizin, im Dezember 190'.); t^oit dieser Zeit ist sie beständig im
Gebrauch. Eine vorläufige Mitteilung über dieses Verfahren und seine Anwendung wurde
vernffoMtlicht in den Berichten der deutscli. ehem. Ges. 43. .3170 (IfllO); Diumtd D. rmi
Sli/kr, Kine Methodo zur (luantitativen Bestimmung der aliphatischen .\minogruppen ;
einige Anwendungen derselben in der Chemie der Proteine, des Harns und der Enzyme.
Ein vollständiger Bericht erschien im Journal Biol. Chcmistry 9. 18.t(1011): Donald I>.
van Sli/ke, A Methode for q'uantitative Determination of Alipliatic Amino Groups, .Vppli-
cations to the Study of l'rotcolysis and Proteolytic Products.
03^
qgg Donald D. van Slyke.
Die Bestimmung von Stickstoff in a-Aminosäuren kann nach der
neuen Methode in wenigen Minuten ausgeführt werden. Die Fehlergrenze .
beschränkt sich dabei auf ± Oi cm^ Gas, das ± O'Oö mg Aminostick-
stoff entspricht.
Methode zur quantitativen Bestimmung von Aminogruppen.
Prinzip der Methode.
Die salpetrige Säure zersetzt sich in Lösung von selbst unter Bildung
von Stickoxyd. Diese Reaktion wird bei der in Frage kommenden Methode
benutzt, um alle Luft aus dem Apparat mittels Stickoxyds zu verdrängen.
Nachdem dies geschehen ist, wird die Aminosubstanzlösung eingeführt, worauf
die Entwicklung von Stickstoff und gleichzeitig von Stickoxyd stattfindet.
Das Oxyd wird durch alkalische Permanganatlösung absorbiert und der reine
Stickstoff darauf in einer besonderen Gasbürette, wie sie aus der Fig. 231
ersieh thch ist, gemessen.
Reagentien.
Das Permanganat wurde als absorbierendes .Mittel für das Stickoxyd
gewählt, nachdem alle Lösungen, welche in der Literatur für solche Zwecke
empfohlen worden sind, durchgeprüft waren. Eine alkalische Permanganat-
lösung, wie sie ursprünglich von Hans Meyer angewandt wurde, gewährt
in jeder Hinsicht eine vollkommen zufriedenstellende Absorptionslösung.
Sie ist durchaus beständig, kann in konzentrierter Lösung gebraucht werden
und oxydiert das Stickstoffoxyd zu Nitrat mit einer solchen Schnelligkeit,
daß das Gas ungefähr ebenso schnell absorbiert wird, wie Kohlensäure durch
Kaliumhydratlösung. Für die Bestimmungen wird zum konstanten Gebrauch
vorteilhaft eine Lösung benutzt, die 50 Gramm Kaliumpermangat und
25 Gramm Kaliumhydrat im Liter enthält. Das Mangandioxyd , das sich
durch Pieduktion in außerordentlich feiner Verteilung bildet, beeinträch-
tigt nicht den Gebrauch einer Hempelscheu Absorptionspipette für die
Lösung, und es können zahlreiche Bestimmungen ausgeführt werden, ohne
daß die Lösung erneuert werden muß. Um Anhaften von Mangandioxyd
in Kapillaren zu verhindern, ist es empfehlenswert, bei Nichtgebrauch des
Apparates (vgl. Fig. 2;')1) das Verbindungsrohr von G und H mit Wasser
zu füllen und nicht mit Permanganat stehen zu lassen. Da die alkalische
Lösung sowohl Kohlensäure als auch Stickstoff absorbiert, so beeinträchtigt
die Gegenwart von Carbonat in der Aminosubstanzlösung den Ausfall der
Bestimmung nicht.
Für die Zersetzung der Aminosubstanz wird ein großer Überschuß
von Nitrit angewandt, aus dem die salpetrige Säure durch eine äquivalente
Menge einer schwachen Säure (Essigsäure) in Freiheit gesetzt wird.
Der große Überschuß des Reagenzes führt die Reaktion rasch zu Ende.
Der Gebrauch einer schwachen Säure an Stelle von Mineralsäuren,
Die gasometr. Bestimmung von primär, aliphatischen Aminostickstoff etc. 997
die bei früheren Metlioden heniitzt wurden , verursaeht Kntwickluiifr von
einem verhältnisniäßii>- kleinen Volumen Stickoxyd und läßt aullcrdcni
nicht befürchten, daß bei noch komplexen proteolytischen riodukten
eine Säurehydrolyse eintreten kann. Handelt es sich darum, eine in
Wasser allein nicht leicht lösliche Aminosubstanz in Lösiniti- zu brin{^a*n,
so mag' man Mineralsäuren gebrauchen von nicht mehr als "-Konzentration
oder Essigsäure von irgend einer Konzentration l)is zu oO^/o oder eiidiicli fixes
AlkaH bis zu einer Konzentration von . Um Tyrosin und Lysinpikrat in
Lösung zu bringen, fügt man für gewöhnlich einige Tropfen Natriumhydi'at-
lösung hinzu.
Korrektur betreffs Verunreinigung der Ueageiiiien.
Da das käufhche Natriumnitrit oft Verunreinigungen enthält, die
Spuren von Stickstoff entwickeln, wenn das salpetrige Salz angesäuei't
worden ist, so muß das Nitrit immer, bevor es gebraucht wird, geprüft
werden: darnach wird, wenn nötig, eine Korrektur für das Iteagenz
angebracht, die bei den einzelnen Resultaten in Betracht zu ziehen ist.
Es sei hier erwähnt, daß z. B. ein käufliclies, als chemisch rein be-
zeichnetes Nitrit 0"2 cm^ Stickstoff in 5 Minuten, 0"o cni^ in einer halben
Stunde und 0'5 cm'^ in 2 Stunden lieferte.
Der Apparat.
Die Zusammensetzung des Apparates i) ist aus folgender Abbildung
ersichtlich :
Die Reaktion wird in D ausgeführt, in einer Flasche von 35 — 37 cm^
Inhalt. Sie ist mit einem vierfach durchbohrten Gummistopfen versehen,
der beständig die Glasröhren trägt, wie es die Figur zeigt. Der Stopfen
wird an seiner Stelle durch einen geeigneten Di'aht oder beiinemer durch
eine speziell für diesen Zweck konstruierte, von dem P'abrikanteu gelieferte
Schraubeneinrichtung festgehalten.
Alle Glasröhren, die durch den Stopfen führen, sind Kapillaren von
6 — 7 mm äußerem Durchmesser. Sie haben alle 1 mm lichte Weite, aus-
genommen ist nur das Rohr J. welches 2—4 ^^//^/ haben .•^oll. Der Zylinder
A von ungefähr 40 cm^ Volumen ist mit 2 Marken versehen, welche 5 und
25 cm3 Inhalt anzeigen. Die 10 cm^ fas.sende Bürette B enthält die Lösung
der zu analysierenden Aminosubstanz. Das liohr C dient zum Auslassen
des Gases und verbindet D mit der Gasbürette. während der Stickstoff ent-
wickelt wird. Das untei-e Ende von C befindet sich genau in demselben Niveau
wie die untere Fläche des Stopfens. Der kleine Zylinder /.'. von 2 nti^ In-
0 Der Apparat wird geliefert von K. Machlctt and i^o». 143 E. 23 St. New York
City {S 12) und von Robert Goetze, Leipzig (M. 25).
998
Donald D. van Slyke.
Fig. 231.
halt, enthält etwas Amylalkohol, der dann gebraucht wird, wenn viskose
Lösungen, wie solche von Proteinen, zur Analyse vorliegen. Zusatz von
einem Tropfen Amylalkohol verhindert das Schäumen solcher Lösungen
während der Stickstoffontwicklung. Die Gasbürette F ist für 40 cni^ be-
rechnet und in Zehntel-Kubikzentimetern eingeteilt. Unter der Marke,
welche den Stand von 40 cm (von oben gerechnet) anzeigt, erweitert sich
das Kohr sackartig; an diesem breiten Gefäß sind nur Teile von
10 Kubikzentimetern markiert. Dieser Gefäßteil faßt ein Volumen, das die
zuerst in Freiheit gesetzte Menge von Stickstoff und Stickoxyd aufzuneh-
men imstande ist; in dem
oberen engen, feiner gra-
duierten Teil der Bürette
mißt man dagegen den
reinen Stickstoff, nachdem
das Oxyd absorbiert worden
ist. Das Wasser der Gas-
bürette löst etwas Stick-
oxyd, dadurch wird die
Bürette rein gehalten, in-
dem zufällig eingetretene
Tropfen Permanganat re-
duziert werden. Drei Stücke
Gummischläuche , aus
neuem . weichem Gummi,
mit kapillarer Öffnung und
mit einer Wandung von
3 oder 4 mm Dicke ver-
binden C und G mit der
Gasbürette. In der Hempel-
schen Pipette befindet sich
die Absorptionslösung,
nämlich die bereits be-
schriebene alkalische Per-
manganatlösung.
Wenn sich die Röhren
der Pipette nach langem
Gebrauche mit Mangan-
dioxyd beschlagen haben, so werden sie davon mittelst Natriumsulfat-
lösung und verdünnter Salzsäure gereinigt.
Sind zahlreiche Aminosubstanzen nach der beschriebenen Methode
zu untersuchen, so ist es vorteilhaft, je 2 Stück von den 35 «»^-Flaschen
(beide mit Stopfen versehen), von den 10 c/y^^-Büretten usw. zu gebrauchen.
Während nun eine Bestimmung ausgeführt wird, kann bereits eine andere
begonnen Averden. Auf diese Weise kann man sechs gewöhnliche (a-Amino-)
Bestimmungen in einer Stunde vornehmen.
Die gasonietr. Bestimmung von primär, aliphatischen Aminostickstoff etc. 999
Die Bestimmung.
Der ganze Prozeß der Bestiinmung ist in drei Ktappeii einzuteilen:
1. Vertreibung der Luft aus dem Apparat durch eine Atiiios|)liiire reinen
Stickoxyds; 2. Zersetzung- der Aminosuhstanz : H. AI>sor[)ti()n von Stirk-
oxyd und Messen des reinen Stickstoffes. Die vollständige liestininiung ei--
f ordert im allgemeinen ungefähr zehn Minuten.
Vertreibung der Luft durch Stickoxyd. Die Lösuui:- der Aniino-
substanz, die nicht mehr als 20 nuj Aminostickstoff enthalten soll, wird in
die Bürette B eingefüllt; in A werden ö oir^ Wasser gegeben. Dann gielit man
in i) 2^cm''^ der Natriumnitritlösung (30^ Nitrit auf 100 <v»-' Wasser) und
hierauf 7 cm^ (1/4 Vol.) Eisessig, worauf sogleich eine schnelle Entwicklung von
Stickoxyd beginnt. Nun setzt man den (lummistopfen, dei- die verschie-
denen Glasröhren trägt, in den Hals von D ein und befestigt ihn an der
Flasche mittelst des Drahtes bzw. der Schrauben. Der Halm c des Ver-
bindungsrohres ü muß von Anfang an offen sein. Um das noch vorhan-
dene geringe Volumen Luft aus D zu vertreiben, läßt man aus A \Va>ser
zufließen, bis die Flasche D vollständig angefüllt ist und bis die Flüssig-
keit bereits in C aufsteigt. Um auch die in der salpetrigen Säui-elösnng
gelöste Luft zu entfernen, schließt man nun den Hahn e, öffnet a un<l
schüttelt D, während man die Röhren A, B und C an den oberen Enden
mit der linken Hand hält. Das Schütteln verursacht eine schnelle Ya\\-
wlcklung von Stickoxyd, das sich in dem oberen Teil von D sammelt und
10 — 15 cni^ der Lösung nach A zurück treibt. Der Hahn e wird jetzt
wieder geöffnet und das Stickoxyd, zusammen mit der Luft, die es
aus der Lösung getrieben hat, durch die aus A eintretende Flüssig-
keit aus D entfernt. Um sich zu vergewissern, daß jede Spur Luft ver-
trieben ist, schließt man c und wiederholt den ganzen Prozeß noch ein-
mal. Nachdem man nun wieder c geschlossen hat, schüttelt man I> ein
di'ittes Mal und läßt in D einen Gasraum von ungefähr 20 cw/ 3 entstehen,
damit für die Aminosubstanzlösung aus B Raum geschaffen wird. Nun
schheßt man «, öffnet c und verbindet C mit der Gasbürette /*', die bereits
mit Wasser bis zum oberen Ende des \\']bindungsschlauches gefüllt ist.
Dann öffnet man den Hahn / zur Verbindung von F und D. Die eben
beschriebenen Handhabungen erfordern ungefähr zwei Minuten.
Zersetzung der, Aminosuhstanz. Nachdem rund /'verbunden
sind, läßt man die Aminosubstanzlösung von B in D einfließen und mischt
sie durch Schütteln mit der salpetrigen Säurelösung. Es beginnt sofort
eine schnelle Entwicklung von Stickstoff, dem Stickoxyd beigemischt ist.
Nachdem die Reaktion, faUs a-Aminosäuren vorliegen, 5 Minuten gedauert
hat oder, bei den meisten anderen Aminoderivaten. etwas länger, wird die
Entwicklung des Stickstoffes durch kräftiges Schütteln von D zu Ende
geführt.
Wenn Proteine oder andere Substanzen, die viskose L()sungen er-
zeugen, in der Aminosubstanzlösung vorhanden sind, läßt man gelegent-
]^QO0 Donald D. vau Sl\ ke.
lieh einen Tropfen Amylalkohol aus E (vgl. Fig. 281) hinzufließen, um das
Sdiäumen \vährend der sehneilen Stickstoffentwieklung zu verhindern.
Falls man bei einem Verdauungsversuch die Bestimmung von Proteinen oder
ihren partiellen Hydrolysenprodukten vornimmt, erfordert die Reaktion nach
Versuchen mit verschiedenen Polypeptiden i) nur 5—10 Minuten, wenn
man die Lösung durch mehrmaliges Schütteln je eine Minute lang gut
durchmischt. Unter diesen Bedingungen scheint durchaus keine (iefahr
für eine andere Zersetzung der komplexen Substanzen als die der Des-
amidierung zu bestehen. Die desamidierten Produkte der Proteine und ihrer
primären Hydrolysenprodukte, sowie der höchstmolekularen Polypeptide
sind indöslich. Infolgedessen entstehen bei der Einwirkung der salpetrigen
Säure auf Lösungen der unverdauten Proteine oder auf Produkte des ersten
Stadiums der Verdauung, sowie auch auf sehr hochmolekulare künstliche
Polypeptide Niederschläge. Diese Fällung wirkt in keiner Weise störend
auf die Bestimmung ein. Falls Ammoniak vorliegt, das nicht so schnell
wie primäre Aminogruppen reagiert, werden während des Verlaufes
der 5 Minuten bei 20° ungefähr nur lö^/o seines Stickstoffs in Freiheit
gesetzt.
Absorption des Stickoxydes und Messung des Stickstoffes.
Nachdem die Reaktion beendet ist, öffnet man den Hahn a, stellt die
Birne sehr niedrig und laut dadurch alles Gas aus D und C in i^ ein-
treten. Dann hebt man die Birne hoch und treibt hierdurch das Gas aus
F in if, wobei man sorgfältig darauf achtet, daß nichts in der Verbin-
dungskapillare von G und der Pipette zurückbleibt. Das Stickoxyd wird
durch Schütteln des Gases mit der Permanganatlösung absorbiert. Der
reine Stickstoff wird dann in F zurückgeführt, indem man die Perman-
ganatlösung durch G bis / fließen läßt. Die Oberfläche des Wassers in
der Birne wird darauf in dasselbe Niveau des Meniscus der Flüssigkeit in
F gebracht und das Volumen des Gases in F abgelesen. Die Absorption
erfordert gewöhidich ungefähr 1 Minute; die Absorptionsdauer ist etwas
von dem Volumen des Stickstoffes abhängig, ferner kommt es darauf an,
ob die Permanganatlösung frisch ist, und ob man vollständig durch-
geschüttelt hat. Für den Anfang, wenn man noch nicht geübt ist, ist es
ratsam, sich genau zu überzeugen, ob die Absorption vollständig vor sich
gegangen ist. Zu diesem Zwecke wiederholt man die zum Absorbieren er-
forderliche Operation und sieht zu. ob sich danach das Gasvolumen ver^
mindert hat. Dann bestimmt man die Zimmertemperatur neben dem
Apparat und den Atmosphärendruck und berechnet aus diesen Daten und
dem abgelesenen Volumen das Gewicht des Stickstoffgases nach den ge-
wöhnlichen Tabellen zur Bestimmung des über Wasser gemessenen Stick-
stoffes. Da bei der Reaktion die doppelte Menge des Stickstoffes der vor-
*) Nach noch unveröffentlichten Versuchen von Emil Abderhalden und D. ran
Shjkc in der Zeitschrift für physiologische Chemie.
Die gasometr. Bestimmung von primär, aliphatischen Amiuostickstoff etc. lUOl
haiideiien AminoiiTuppoii zur Messung fiolanj^t, so sind die crlialtcnou Re-
sultate au Stickstoffj^ewicht duicli 2 zu dividieren. Es erzeugt jedes Milli-
gramm Amiuostickstoff je nach dem henschenden l)rucke und der Tempe-
ratur 11 Vi^ cw^ Stickstoffgas. Da also durch die Verdoppelung das zu
messende Stickstoffvolumeu relativ hoch ist, so kann man auch mit vei--
hältuismäiiig kleinen Mengen Substanz sehr genaue Itesultate erzielen.
Auf Gruiul seiner Genauigkeit und der he(iuemeii und schnellen Aus-
führung ist die Methode für die analytische Prüfung «h-r Iteiidieit von
Aminosäuren außerordentlich empfehlenswert.
Bei der oben beschriebeneu Methode besteht die einzige Fehlergrenze.
vorausgesetzt dal» die Reagenticu rein sind, darin, dab die (>2 rm^
Luft, welche die \0 cm'^ dvr Aminosubstanzlösung bei dem gewölmlichen
Atmosphärendruck gelöst enthalten., in Betracht zu ziehen sind. Da aber
der Sauerstoff dieser Luft sich mit dem Stickoxyd (NU) unter Bildung
von Stickstoffdioxyd (NO2) verbindet, welches durch das Permanganat ab-
sorbiert wird, sind also in Wirklichkeit nur 0"16 cm^ Stickstoffgas zu dem
zur Messung gelangenden Gasvolumen hinzugefügt. Die Koi-rektur. die
sich dann bloß auf 0*09 mg Aminostoff beläuft, kann üi)rigens vermieden
werden, wenn man zur Darstellung der Aminosubstanzlösung Wassei- l)e-
nutzt, das durch vorheriges Kochen oder durch kurzes (wenige Sekunden
langes) Schütteln in einer evakuierten Flasche luftfrei gemacht worden ist.
Einfacher bestimmt mau die gesamte erforderliche Korrektur sowohl tui-
Luft als auch für Beagentien, indem mau eine Koutrollbestimmung aus-
führt, bei der man anstatt der Aminosubstanzlösung nur 10 cw» Wasser
benutzt.
In betreff der Korrektur, die auf Grund von unreinen Beagentien
in Betracht gezogen werden muß. sei hier auf den Abschnitt ..über Beagen-
tien" verwiesen.
Die Zeit, die bei verschiedenen Arten von Amiuoderivat t'U
zur Erlangung der quantitativen Reaktion erforderlich ist.
Die Aminogruppen, die sich in der a-Stellung zum Carboxyl befinden,
wie z. B. in den natürlichen Aminosäuren, reagieren bereits in .'> Minuten
bei 20« quantitativ. Die e-Aininogruppe im Lysin erfordert eine halbe
Stunde zur vollständigen Beaktion. Lysin ist die einzige natürliche Amino-
säure, die mehr als 5 Minuten für den Beaktionsverlauf verlangt, .\mmoniak
und Methylamin brauchen lV-2 — 2 Stunden zur quantitativen Beaktion und
Harnstoff erfordert dazu sogar 8 Stunden. Li 1 Stunde liefert er 50»/o
seines Stickstoffes. Der Beaktionsgang entspricht eiuei- monomolekularen
Gleichung. Die Aminogruppen in Purinkörpei-n und in Pyrimidiueu vei-
langen 2—5 Stunden bei 20".
Im Falle aus irgend einem Grund Zweifel bestehen . ob die Beaktion
sich auch vollständig abgespielt hat, kann mau . wie folgt , prüfen. ( ' un<l
F werden verbunden gelassen, a geöffnet, während das Stickoxyd absor-
biert und darauf der Stickstoff gemessen wird. Das Gas. das sich dann
inzwischen im oberen Teile des Gefäßes D angesammelt hat, wird zu-
1002 Donald D. van Slyke.
sammen mit dem. welches aus der Lösung in D durch Schüttehi entfernt
werden kann, in F eintreten gelassen und dann vom Stickoxyd durch
Absorption befreit. Hierauf wird der Stickstoff nochmals gemessen. Wenn
jetzt keine Vermehrung des ursprünglichen Stickstoffvolumens festzustellen
ist, so war die Reaktion bereits vor der ersten Messung vollständig gewesen.
Die Reaktionsfähigkeit der verschiedenen Arten von Amino-
substanzen unter den Bedingungen der Bestimmung.
Aminosäuren. Glykokoll, Alanin, Valin, Leucin. Phenylalamin,
Tyrosin, Asparaginsäure. Glutaminsäure und Cystin. alle diese Säuren ent-
halten nur 7.-Amin OS tick Stoff und reagieren mit ihrem gesamten Stick-
stoff in 5 Minuten unter den gewöhnlichen Bedingungen. Lysin erfordert,
wie bereits erwähnt, 30 Minuten bei 20" zur vollständigen Reaktion, weil
die £-Aminogruppe träger reagiert als die a-Gruppe : die Resultate sind dabei
aber doch gänzlich zuverläßlich. Die Guanidingruppe reagiert, trotzdem
sie ein Stickstoffatom enthält, das im groüen und ganzen doch die Eigen-
schaften einer NHg-Gruppe besitzt, gar nicht, sowohl im Guanidin selbst
als auch im Kreatin und im Arginin. Infolgedessen reagiert im Arginin
von den vier Stickstoffatomen nur eins, und zwar das Stickstoffatom in
a-Stellung. Der Stickstoff des Indolringes im Tryptophan, der des Pyrrolidin-
ringes im Prolin und Oxyprolin und ferner des Imidazolkerns im Histidin
reagiert nicht. Die Diaminotrioxydodekansäure von Abderhalden ist nicht
untersucht worden: sie ist aber übrigens nur einmal aufgefunden worden
und ist daher auch nicht als ein gewöhnlicher Bestandteil der Proteine
zu betrachten. Fassen wir die an Aminosäuren gesammelten Resultate
zusammen, so ergibt sich folgendes: Jede bekannte Aminosäure, die
aus Eiweiß durch Säurehydrolyse erhalten worden ist, reagiert
quantitativ mit einem Stickstoffatom, ausgenommen ist dabei
bloß das Lysin, das mit zwei Stickstoffatomen reagiert, und
das Prolin und Oxyprolin, die überhaupt nicht in Reaktion
treten. Alle Aminosäuren reagieren mit ihrem gesamten Stick-
stoff mit Ausnahme des Tryptophans, das mit der Hälfte, des Histi-
dins, das mit einem Drittel, des Arginins. das mit einem Vierteides
gesamten Stickstoffs reagiert, und des Prolins und Oxy prolins, die,
wie erwähnt, gar nicht reaktionsfähig sind.
Asparagin reagiert nur mit seiner primären Aminogruppe, dagegen
selbst im Verlauf einiger Stunden nicht mit seinem Säure-
amidstickstoff.
Die Analysenresultate sind mittelst des beschriebenen Verfahrens bei
allen Aminosäuren mit Ausnahme des Glykokols und des Cystins ab-
solut genau. Die beiden genannten Säuren unterliegen einer tieferen Zer-
setzung als nur der Desamidierung, da sie Spuren von CO., und auch von
Gasen liefern . die nicht durch alkalische Permanganatlösung absorbiert
werden. Das Gas, das vom Glykokoll geliefert wird, beträgt gewöhnlich
Die gasometr. Bestimmung von primär, aliphatisclien Aniiiiostickstoff etc. lOOH
1030/0 der theoretisch berechneten Menge, so daß also bei dm (;iyk(»i<(>ll-
analysen 19-2»/o Sticlcstoff anstatt IB'GOVo erhalten werden. Mit ("vstin
erhält man 107% des theoretischen Gasvolnniens: die Analyse liefert
hier also 12-5 anstatt ITGÖVo -Stickstoff. Das Hesnltat ist hierbei das-
selbe, ob man die Reaktion nnr ö Minuten oder eine halbe .Stunde verlaufen
läßt. Es geht ohne weiters daraus hervor, daß die vollstäudiy auorniale
Zersetzung des Cystins während der ersten 5 Minuten stattfindet. Daraus
dürfte geschlossen werden, daß das überschüssige (Jas nicht von der 7x\-
setzAnig der Oxysäure, die durch Desamidierung geliefert wird, herstammt,
sondern viel w'ahrscheinlicher von einer anormalen teihveisen Zersetzung
des sich intermediär bildenden Diazokörpers.
Polypeptide. Die salpetrige Säure reagiert meist normalerweise mit
Polypeptiden nach folgender Gleichung:
R— CO . N— R' . COOH + 2HNO2 = R— CO . N- RCoOH + i'il., o ^ N.,
NH., H OH NO
Das Stickstoffgas wird dabei nur durch Picaktion mit der einen freien
NHo-Gruppe entwickelt; der sekundäre Stickstoff der Polypeptide wird
unter Bildung von Nitrosamingruppen gebunden und bleibt infolgedessen,
soweit es für unsere gasvolumetrische Bestimmung in Betracht kommt,
inaktiv. Dies wurde an einer großen Zahl verschiedenartiger Polypeptide
festgestellt. Eine Ausnahme hiervon wurde nur an Glycylpolypeptiden be-
obachtet, bei denen die NHg-Gruppe sich am Glycinrest befindet. Solche
Polypeptide geben, unabhängig von der Länge der Kette, statt 1 Mok'kül
1-25 Molekül Stickstoff ab. Offenbar hängt dieser abnorme Reaktionsver-
lauf mit dem anormalen Verhalten, welches das Glycin selbst bei der
Reaktion zeigt, zusammen. 1)
Proteine und intermediäre proteolytische Produkte. Die
natürlichen Eiweißkörper reagieren nur mit einer Spur ihres Stickstoff-
gehaltes, die jedenfalls zum Teil der c-Aminogruppe des Lysins ent-
stammt. 2) Die primären Produkte der Hydrolyse enthalten mehr freie
Aminogruppen und bei den sekundären ist diese Menge noch reichlicher.
So reagiert z. B. Eieralburain nur mit 2'98Vo seines Stickstoffs und Edestin
mit 2*47%- Heteroalbumose •^) und Protoalbumose reagieren je mit ()";»7ü
und die Deuteroalbumosen mitlO— ^14"/o dires Stickstoffs. Diese Resultate
sind vereinbar mit der üsrAerschen Theorie über die Struktur des Ei-
weißes, nach der bekanntlich die kleineren Moleküle den größeren Teil
ihres Stickstoffs in Form von freien Aminogruppen besitzen.
') Vgl. die (lemuäclist in der Zeitschrift für pliysiol. Clieniio von /•;»;// Ahdtr-
halden und 1). lan Sli/kc erscheinende Arbeit.
ä) S. J. Levites, Über die Ücsaniidoprdteine. Biocliem. Zeitschr. 20. 224 (li)Oit). —
Zd. Skraup, Annalen der Chemie und IMiarniazie 3(50. 379 (l'.KH!). — Zd. Skraup, Annaion
der Chemie und Pharmazie. 360. S. 379 (1906).
3) P.Ä.Leieiu, D.D. van Sbjke and F. J. lUrrhnrd . Tlie I'artial Hydrolysis of
Proteins. Journal of Biol. Chem. 8. 272 (1910).
IQQ^: Donald D. van Slyke.
Purin- und Pyrimidin-Riboside.i) Diese Komplexe sind des-
halb von Interesse, weil sie in Verbindung mit Phosphorsäure mindestens
eine Klasse von Nukleinsäuren zusammensetzen. Man fand, daß Cytidin
( Cytosin-Riboside) und Adenosin (Adenin-Riboside) in zwei Stunden oder
mehr genau die Menge Stickstoff gas liefern, die sich für eine Amino-
gruppe berechnet. -) Dagegen verhält sich Guanosin gleich dem Cystin
abnorm und liefert P/s Atome des vorhandenen Stickstoffs.
Messung der Schnelligkeit und des Unifanges der Proteolyse
mittelst der Aminostickstoffbestimmung.
Wie Emil Fischer und seine Schüler gezeigt liaben. sind die Eiweiß-
körper als Ketten von Aminosäuren, wie sie in Polypeptiden vorkommen, zu
betrachten. Bei der Hydrolyse werden die CO — NH- Verbindungen gesprengt,
indem dabei aus jeder Verkettung eine freie Aminogruppe entsteht. In-
folgedessen ist in einem partiell hydrolysierten Protein das Verhältnis des
schon in Freiheit gesetzten Aminostickstoffs zu dem durch vollständige
Hydrolyse freigemachten ein Maß für die Menge der gespaltenen Peptid-
verkettungen oder für den Umfang der stattgefundenen Hydrolyse.
Die bisher ausgeführten Versuche sind ganz im Einklang mit der
Fischerschen Erklärungsweise über die Struktur der Eiweißkörper ausge-
fallen und zeigen, daß der \'erlauf der Proteolyse in geeigneter Weise
durch die Aminobestiminuugen verfolgt werden kann. Außer der Bequem-
lichkeit, mit welcher dieses Verfahren ausführbar ist, hat es noch vor den
beim Studium der Proteolyse bis jetzt allgemein gebrauchten empirischen
Methoden, wie Fällung mit Gerbsäure, Aussalzen, Viskositätsmessun-
gen usw. den Vorteil, daß es eine direkte genaue chemische Aus-
legung der Resultate zuläßt: es gibt die Menge der gespaltenen Peptid-
bindungen an. Der Umfang der stattgehabten Hydrolyse wird nach folgen-
der Gleichung berechnet:
Prozent der Hydrolyse ■= — "^ "
A, Aq
A bedeutet dabei den jeweils gefundenen x\minostickstoff. Ao den Amino-
stickstoff des unangegriffenen Proteins vor der Hydrolyse, A^ den Amino-
stickstoff nach vollständiger Hydrolyse. ^)
') /'. A. Levene und W. A. Jacobs: Über die Hefe- und Nukleinsäure. III. Ber.
der Deutsch. Chem. Gesellsch. 43. 3150 (1910).
-) Donald D. van Sli/ke, Journal of Biol. Chemistry 9. 195 (1911) loc. cit.
*) Da Aq verhältnismäßig klein ist, kann es bei der Berechnung unberücksichtigt
bleiben, falls die Bedingungen eine experimentelle Bestimmung seines Wertes verhindern,
•wie z. B., wenn das unverdaute Eiweiß unlöslich ist ; annähernde Resultate werden dann
nach der Gleichung erhalten:
Uli 100^
Hydrolyse =
A,.
Die gasomctr. Bestimmung vnn primär, aliphatisciien Araiuostickstoff etc. 1005
Tabelle I.
Verdauung von Edestiii ilurcli Trypsin.
150 c;«*AVasser, 6// lufttrockenes Edestin, 05// Soda, O'B r/ Grübler!« Trjpsin. Tempe-
ra tur . 57". Von Zeit zu Zeit wurden 5 cw^ für die Aminostickstoff-Bestinunung ent-
nonimeu.
... j Kul)ikzontimeter Ndas.
btunden reduziert auf 0» u. 700 mm i'rozente von X
-.
i;mfttii({ d»r Hydrolyge
in I'rozont
0
2
4 .'..'..'! !
20
80
1-97')
7-62
8-92
12-62
19-56
3-68 •)
14-93
17-47
24-75
38-35
OfjO
14-77
18-15
27 40
47-30
Vollständige Hydro-
lyse mittelst Salz-
säure
40-25
79-00
10000
Tabelle II.
Hydrolyse von Eieralbti min durch Natronlauge.
100 cm^ HjO, 2.(7 lufttrockenes Albumin, bg NaOH, Temperatur 60". Für die Amino-
stickstoffbestimmung wurden je 5 cm^ entnommen.
Standen
Kubikzentimeter N-Iias,
reduziert auf 0" u. 760 »im
Prozente des Total-N
Umfang der Hydrolyse
in Prozent
0
0-5
4-5
25
48
96
144
Vollständige Hydro-
lyse mittelst Salz-
säure
0-78
1-85
5-04
10-11
1209
15-85
17-75
2-85
715
19-45
39-02
46-62
6110
68-42
000
5-19
19-9:)
4370
5302
70-70
83 20
22-10
85-20
10()(XJ
Zur vollständiiJ-en Hydrohse werden die Proteine ;iin liiickflul'.kühler
mit 20''/oiS6i' Salzsäure (1 Vol. Wasser und 1 \'ol. konzentrierte Salzsäure)
gekocht, bis die Menge des Aminostickstoffs das .Maximum erreicht hat.
Dieser Punkt wird bequem so bestimmt, daß man in Intervallen von einiLn-n
Stunden mit einer Pipette abgemessene Proben, die nngefiiiir Ol y Stick-
stoff enthalten, entnimmt und diese für die Aminobestimnnnigen auf je
10 cm3 verdünnt. Falls die Prol)en mehr als POO «w» l)etragen. .soll
') 077 cm' des Stickstoffs oder r5°/o entstammen dabei dem Aminostickstoff
des zugefügten Trypsins. Vom Edestiii selbst reagieren nur 24' „ Stickstoff mit der
salpetrigen Säure. Da das zugesetzte Trypsin reicli an Stickstoff war, können nicht 79" „
als die Menge des Aminostickstoffs in bydrolysiertem, reinen Edestin angcnnmmon
werden.
IQQQ Donald ü. van Slyke.
die Säure mit einer konzentrierten Lösung von Alkali neutralisiert werden,
ehe sie bis auf 10 cwM^erdünnt wird. Der Kolben, in dem die Lösung ge-
kocht wird, soll tariert sein und vor der Entnahme einer jeden Probe
gewogen werden, um die Konzentrationsänderung der Lösung, die durch
Verdampfung durch den Rückflußkühler vor sich gehen kann, festzu-
stellen.
Die oben beschriebene Methode zur Verfolgung des Verlaufes der
Hydrolyse eignet sich sehr gut zur Bestimmung der relativen Leichtigkeit,
mit der verschiedene Eiweißkörper durch Säuren, Alkalien oder Fermente
hydrolysiert werden und sie dürfte ferner ein geeignetes Mittel zur Fest-
stellung der Wirksamkeit von proteolytischen Fermenten sein.
Quantitative Bestimmung des Prolins, das nach der Estermethode
bei der Protein-Hydrolyse erhalten wird.
Der Prolingehalt kann schnell und genau durch Bestimmung des totalen
und des Amino-Stickstoffs des in Alkohol löslichen Gemisches von Aminosäuren
festgestellt werden. Jede Aminosäure, deren Ester mit dem Prolinester
überdestilliert, gibt bei der Behandlung mit salpetriger Säure bei der oben
beschriebenen Aminobestimmung allen Stickstoff ab. Prolin reagiert hier-
bei dagegen gar nicht. Infolgedessen kann man den Prolingehalt der
Mischung durch Subtraktion des Aminostickstoffs vom totalen Stickstoff-
gehalt bestimmen, die erhaltene Differenz bezieht sich also auf den Pro-
linstickstoff. \)
Untersuchung von Verdauungsgemischen.
Die Aminostickstoffbestimmung ist mit Vorteil bei Untersuchung
des Inhalts des Verdauungskanales benutzt worden, um die Verdauung
von Eiweißkörpern zu verfolgen.-) Der Inhalt der einzelnen abge-
trennten Teile des Verdauungskanals wird durch Zentrifugieren von den
festen Bestandteilen befreit und auf die gleiche Weise gewaschen. Dann
bestimmt man den Stickstoff der Lösung und der unlöslichen Teile. In
der Lösung wird auch der Aminostickstoffgehalt festgestellt. Hiernach
mischt man einen aliquoten Teil der Lösung mit einem gleichen Volumen
konzentrierter Salzsäure und hydrolysiert vollständig durch Kochen. Die
hydrolysierte Lösung wird dann von der überschüssigen Salzsäure durch
Abdampfen befreit und der Rückstand auf ein bestimmtes geeignetes Vo-
') Für die Anwendung der Methode bei der Hydrolyse des Kaseins vgl. van Slyke,
Ber. der Deutsch. Chem. Ges. 43. 3174 (1910) loc. cit. ; D. D. van Slyke, Quantitative De-
termination of Prolin obtianed by tlie Ester Method in Protein Hydrolysis. Prolin Con-
tent of Casein. Journal of Biolog. Chem. 9. 205(1911); Oshorne und Guest, Hydrolysis
of Casein. Journal of Biolog. Chem. 9. 844 (1911).
^) Van Slyke und White, Digestion of Protein in stomach and intestine of the
dogfish. Journal of Biolog. Chem. 9? 209 (1911).
I
Die gasometr. Bestimmung von primär, aliplnitisclien Aminostirkstoff etc. 1007
lumen gebracht, worauf in aliiiuotcn Teilen die Aniiiiohe.stimiiimi;:«'!! aus-
geführt werden. Anstatt die Lösung einzudampfen, kann man auch einfach
vollständig mit Natronlauge neutralisieren. (Iimii auf ein abgemessenes
Volumen bringen und die liestimmuiig voi-iiehnien. Mau erhiilt dabei das
Verhältnis von ( A m i n o s t i c k s t o f f na c h H y d r o 1 y s e ) : ( A m i n o s t i c k-
stoff vor Hydrolyse), das die Durchschnittsgröße der l'olypejjtide
— in bezug auf Aminosäure-Radikale — in der Verdauungslösuug angibt.
Hierdurch erhält man ein bestimmtes chemisches Kennzeichen über die
Ausdehnung der stattgehabten Verdauung.
Die obige, bei 'der zitierten Arbeit gebrauchte Technik ist die ein-
fachste Methode zur Behandlung des fraglichen Problems. Dieses Verfahren
könnte so vervollkommnet werden, daß man die Peptone mit Phosphor-
wolframsäure — so wie es von Abderhalden ausgeführt wurde — oder mit
Gerbsäure ausfällt. Sowohl der Niederschlag als auch das Filtrat kann dann
auf Gesamtstickstoff und auf Aminostickstoff vor und nach der Hydrolyse
analysiert werden. Noch weiteren Aufschluß würde man bei Anwendung
der im nächsten Abschnitt beschriebenen Methode zur Analyse der Pro-
teine erhalten, und zwar unter Ausdehnung derselben sowohl auf den Nieder-
schlag als auch auf das Filtrat. Dabei würde bestimmt werden, welcher
Teil des ursprünglichen Eiweißmoleküls in der Fällung und auch im
Filtrat vorhanden war. Man kann dadurch die Anteile, die schneller
hydrolysiert worden sind, und die, welche widerstandsfähiger waren, be-
stimmen.
Bestimmung des Aminostickstoffes im Urin.
A. Gesamtaminostickstoff im Urin.i)
Die Methode besteht darin, daß man den Urin mit Schwefelsäure
unter Druck erhitzt, wodurch der Harnstoff zu Ammoniak =) zersetzt wird
und durch vollständige Hydrolyse die Aminosäuren, die in Form von Ei-
weiß, Peptonen, Hippursäure usw. gebunden sind, gleichzeitig freigemacht
werden. Das Ammoniak wird dann abdestilliert. Bei diesem Verfahren
werden also Ammoniak und Harnstoff entfernt, die sonst teilweise mit den
Aminosäuren bestimmt würden. Dann stellt man den Aminostickstoff fest.
— Die Methode wird wie folgt ausgefühit:
Zu 75 cm Urin, in einem Reagensglas von 100 — HO cm^ Inhalt be-
findlich, fügt man 25 crn^ konzentriei'te Schwefelsäure. Der Urin wird dann
in einem Autoklaven auf 175" für l'A, Stunden erhitzt. Darauf wird er
in einen Jenaer Erlenmeyerkolben von ;^00 cni^ Inhalt gespült, mit 6- 7 (ji
Ca(0H)2 versetzt und bis zum Verschwinden allen Ammoniaks gekocht.
Man prüft hierzu die Dämpfe mittelst Lackmuspapieres. Um das Schäumen
während des Kochens zu vermeiden, fügt man ein Stückchen Paraffin
») Donald D. van Sinke, Bericht d. Deutsch, ehem. Gesellsch. 43. H1T<.) ( litlüi : 1. «•.
-) Benedict und Gebhort, Journ. Americ. Chemie. Suc. 190U. Lcvinc nudMii/n; idem.
XQQ^ Donald D. van Slyke.
von BohnengTöße hinzu. "Wenn die Lösung ammoniakfrei ist, filtriert man
durch einen Faltenfilter in eine Abdampf schale und wäscht dann den
C'alciumhydrat- und -sulfatniederschlag zehnmal mit heißem Wasser. Das
Filtrat wird auf dem Wasserbad fast, aber nicht ganz, zur Trockne
verdampft. Da die Lösung sehr wenig Substanz gelöst enthält, so geht die
Verdampfung rasch vor sich und ist in ungefähr 2 Stunden vollendet. Die
Lösung wird dann von der geringen Menge der sich abgeschiedenen Cal-
cium salze durch ein kleines Filter in einen 25 cm^-Ko\hen filtriert, der
Rückstand in der Schale und das Filter werden mehrere Male mit Wasser-
mengen von je 3 — 5 cm^ ausgewaschen. Der 25 cm^-Meßkolben wird darauf
bis zur Marke mit Wasser gefüllt. Dann werden je 10 cm^ für zwei
Aminostickstoffliestimmungen entnommen, von denen jede väe gewöhn-
lich in 5 — 6 Minuten ausgeführt ist. Die Kontrollbestimmungen geben für
gewöhnlich sehr genau übereinstimmende Resultate.
Um die Urine für die Aminobestimmungen vorzubereiten, ist ein
voller Arbeitstag erforderlich. Es können aber zu gleicher Zeit so viele
Proben auf einmal präpariert werden, wie der Autoklav aufnehmen kann,
und außerdem erfordert das Erhitzen im Autoklaven und auf dem Wasser-
bade, das die meiste Zeit in Anspruch nimmt, keine besondere Aufmerk-
samkeit. Bei der Ausführung der Aminobestimmungen einer Serie von
Proben wird sehr viel Zeit gespart, wenn man zwei Zersetzungsflaschen
{jD in der Fig. 231) mit je den entsprechenden Röhren (Büretten usw.)
zur Verfügung hat.
Es kann mit ziemlicher Bestimmtheit angenommen werden, daß der
nach obiger Methode bestimmte Aminostickstoff aus den a-Aminosäuren
stammt. Dafür spricht der schnelle Verlauf der Reaktion mit salpetriger
Säure, der als charakteristisch für die in x-Stellung zum Carboxyl befind-
lichen Aminogruppen anzusehen ist.
Normaler menschlicher Urin enthält 1-5 — 2'5*'/'o seines Stickstoffs in
Form von freien und gebundenen Aminosäuren. Untersuchungen einer
Serie pathologischer Harne haben bisher Abnormalitäten nur in Fällen von
Nephritis nachgewiesen, die natürlich auf Grund des Eiweißes höhere
Resultate ergeben müssen. In einigen derartigen Fällen waren 20'^/o des
Totalstickstoffes in dieser Form vorhanden, der Überschuß war gänzhch
auf hydrolysierte Aminosäurekomplexe zurückzuführen, da die Menge der
freien Aminosäuren normal war.
B. Freier Aminostickstoff im Urin, i)
Von den zwei stickstoffhaltigen Substanzen, Ammoniak und Harn-
stoff, die bei der Bestimmung des a-Aminostickstoffs störend wirken können,
muß der Ammoniak entfernt werden. Der Harnstoff reagiert nämlich so
langsam, daß nur ungefähr 3% desselben in 5 Minuten bei 20*' zersetzt
werden. Der Prozeli verläuft gemäß der gewöhnlichen monomolekularen Reak-
') Donald D. can Slyke, Berichte d. Deutsch, ehem. Gesellsch. 43. 3170 (1910) ; 1. c
Die gasometr. Bestimmung von primär, aliphatisclien Aminostickstoff etc. lOOSJ
tion selbst bei Gegenwart von reagierenden Aminosäuren (durch den groben
Überschuß von Nitrit wird die Konzentration desselben nahezu konstant ge-
halten). Dieser Umstand ermöglich esi), die Besti luiig des Amino-
siiurestickstoffs vorzunehmen, ohne den Harnstoff vorher zu entfernen, so
dab also eine hydrolytische Behandlung unnötig ist. Die so erhaltenen Re-
sultate sind natürhch nicht an Genauigkeit mit denjenigen vergleichbar, die er-
zielt werden, wenn der Harnstoff vorher entfernt worden ist. Sie -ind
aber doch bis O'S^/o des Gesamtstickstoffs des Urins zuverliissig und ge-
nügend, um irgend eine erhel)liche Vermehrung des Aminostickstoffs nach-
zuweisen. Die Methode wird, wie folgt, ausgeführt:
100 cm^ Urin werden mit 4: g Natriumhydrat versetzt und mittelst
mehrstündigen Durchleitens eines kräftigen Luftstroms vom .Vmmoniak
befreit. Es ist ziemlich schwierig, das Ammoniak auf diese Weise voll-
ständig zu verjagen. Die zurückbleibenden Spuren beeinflussen aber die
Resultate nicht merklich, denn das Ammoniak reagiert mir langsam mit
salpetriger Säure, und infolgedessen wird es fast vollständig mit <hMii
Harnstoff anstatt mit den Aminosäuren bestimmt.
Nachdem das Ammoniak entfernt worden ist. wird der Urin mit
Essigsäure angesäuert, auf dem Wasserbade konzentriert un<l schlieljjich
auf ein Volumen von 50 cm^ gebracht. Mit je 10 cm'^ führt man zwei
Aminobestimmungen aus, und zwar die eine genau im Verlauf von sechs
Minuten, die andere während zwölf Minuten, gerechnet von dem Zeitpunkte,
bei dem der Urin mit der salpetrigen Säure gemischt wird. Bei diesen
Bestimmungen läßt mau die Lösungen 5 und 11 Minuten lang ruhig
stehen und schüttelt erst während der letzten Minuten um. Der Unter-
schied zwischen den beiden Piesultaten repräsentiert die Menge Stickstoff,
die vom Harnstoff während 6 Minuten abgegeben worden ist. Duich
Subtraktion dieser Differenz von dem Ergebnis, das man bei der Bestim-
mung in 6 Minuten erhalten hat, wird die Stickstoffmeuge, die aus den
Aminosäuren stammt, gefunden.
Für die Genauigkeit des Verfahrens ist es wichtig, dal) genau die-
selben Volumina alP dei' erforderlichen Lösungen bei beiden Amino-
bestimmungen benutzt und daß l)eide bei gleicher Temperatur ausgeführt
werden. Mit besonderer Sorgfalt muß man auch darauf achten, daß. nach-
dem die Luft im Apparat durch Stickoxyd während des ersten Stadiums
der Bestimmung vertrieben worden ist, dasselbe Volumen von salpetriger
Säurelösung in der Zersetzungsflasche {D in der Fig.2)>l ) hinterbleibt. Dies
\\'ird leicht so bewerkstelligt, daß man die Lösung aus D in den Zylimler
Ä genau bis zur Marke von 25 cm^ zurücktreibt, ehe der Urin in /> ein-
gelassen wird.
Falls die Temperatur unter 11)" ist, muß die Zeit der Reaktion auf
7 und 14 Minuten ausgedehnt werden und bei einer Temperatur unter
150 auf 8 und 16 Minuten.
\) Dieser Gedanke wurde zuerst von Dr. 7'. .1. Lerem ausgesprochen.
Abderhalden, Handbuch der biochemigchen Arbeitsmethoden. V. 64
1010 Donald D. van Slj ke. Die gasometrische Bestimmung etc.
Die folgenden Analysen eines normalen menschlichen Urins mögen
als praktisches Beispiel angeführt werden.
Der Totalstickstoffgehalt für 100 cw^ war 1-127^. Die Bestimmung
des gesamten Aminostickstoffs nach der oben beschriebenen Hydi-olyse im
Autoklaven ergab 9'10 und 9'20, im Durchschnitt 9'lb cm^ Stickstoffgas
bei 21» und 768 wm Druck. Diese von '600 cm^ Urin gelieferte Menge er-
gibt einen totalen Aminostickstoffgehalt von 0'0175^ für 100 cm^ oder
von VbS'^/o des gesamten Stickstoffs.
Die Bestimmung des freien Aminostickstoffs gab die folgenden Re-
sultate bei einer Temperatur von 240 uj^] einem Druck von 768 mm.
12 Minutenbestimmung 6"87 cm^ Stickstoff
6 „ 5'11 V
Aus dem Harnstoff in 6 Minuten geliefert 1*76 cm^ Stickstoff
Aus den Aminosäuren geliefert .... 3"35 cm^ Stickstoff
Diese Menge, die aus 20 cm^ Urin geliefert wurde, entspricht einem
Gehalt freien Aminostickstoffes von 0*0095^ für 100 cm 3, oder 0-8 Vo des
Gesamtstickstoffs. Der Unterschied zwischen dieser Bestimmung und der
des totalen Aminostickstoffs gibt an, daß 0*7 "/o des Stickstoffs durch
Hydrolysieren im Autoklaven als Aminostickstoff abgespalten worden waren.
Die Analyse von Eiweißkörperu diircli Bestiiniiuiui,^ der
cliemiscli cliarakteristisclien Gruppen der verscliiedeuen
Aminosäuren. 0
Von Donald 1). Tau Slyke, Ilockefeller Inst, for med. Research, New- York.
Die im folgenden skizzierte Analyse ermöiilielit (Inrcli eine Methode, die
nur wenig- Material erfordert und doch annähernd (juantitativc Kcsultate
Uefert, einen Einblick in die Zusammensetzung der Eiweillkörper zu er-
langen. Sie verlangt nur 2"5 — 3"0 g Substanz und unterrichtet über die Art
von 98 — lOC/o der stickstoffhaltigen Produkte der vollständigen Säure-
hydrolyse, Sie gestattet einerseits den Verlauf der Hydrolyse zu vei-folgen
und den Punkt zu bestimmen, bei welchem die letztere vollständig ist.
Andrerseits schließt sie die Bestimmung folgender Produkte ein: Ammoniak,
Melaninstickstoff. Arginin, Histidin. Lysin, unzerstörtes Cystin.
Aminostickstoff von nicht mit Phosphorwolframsäure fällbaren
Substanzen (die Gruppe der primären Mono-Aminosäuren, wie Leucin.
Alanin usw'.) und den Kicht-Aminostickstoff von Substanzen, die
nicht mit Phosphorwolframsäure gefällt werden (ProHn, Oxyprolin
und Indolstickstoff vom Tryptophan). Dieses Verfahren kann daher zur
Untersuchung von Proteinen dienen, wenn Mengen von Material y.wv \vy-
fügung stehen, die zu gering sind, um eine Isoherung der einzehu-n Amino-
säuren zuzulassen. Da außerdem diese Analyse quantitativ die .Mengen an-
zeigt, welche von dem Stickstoff des Eiweißes auf die einzelnen (iruppm
von Aminosäuren entfallen, kann sie zur Kontrolle <ler bisher isolierten
Mengen der einzelnen Aminosäuren dienen.
Das Verfahren beruht auf der Bestimmung der charakteristischen
chemischen Gruppen der Aminosäuren. Durch Fällung mit IMiosphor-
wolframsäure unter genau bestimmten Bedingungen werden die Amino-
säuren in zwei Fraktionen getrennt: die basischen Körper, die nieder-
geschlagen werden, und die anderen Aminosäuren, die nicht fallen. Die
Mengen der verschiedenen Arten, die in jeder Fraktion vorhanden sind,
werden durch Bestimmung der charakteristischen chemischen (iruppen
festgestellt.
*) übersetzt aus dem Euglischeu von K. K(iutzsch-li&x\\u.
G4
1QX2 Donald D. vau Slyke.
Die Phosphorwolfram säure wurde als Fällungsmittel der basischen
Substanzen von Drechsele) eingeführt. Er entdeckte mit ihrer Hilfe das.
Lysin. Hedin fand dann damit Arginin-) und Histidin^) unter dem
Basengemisch und Winterstein das Cystin. •*) Oshorne, Leavenirorfh und
Brautlecht^) zeigten später an Hand einer großen Serie von Eiweiß-
analysen, daß nur der Stickstoff dieser Basen, und zwar von denselben
fast sämtlicher, ins Phosphorwolframat übergeht, wenn die Fällung der
Produkte der vollständigen Hydrolyse in verdünnten Lösungen statt-
findet. Dies konnte auch vom Verfasser 6) bestätigt werden. Die einzige
Aminosäure, die mit den obigen vier Säuren in verdünnter Lösung gefällt
werden konnte, ist das Tryptophan. Kontrollversuche haben ergeben, daß es
mehr als SO^o eines Proteins ausmachen mußte, um nach der Hydrolyse
überhaupt etwas davon unter den augewandten Bedingungen niederzuschlagen.
Prinzip der Methode.
Nach der Entfernung des Ammoniaks durch Vakuumdestillation
werden Arginin, Histidin, Lysin und Cystin mit Phosphorwolfram säure
niedergeschlagen. Die Fällung wird gelöst, und diese vier Basen werden auf
Grund ihrer verschiedenen charakteristischen chemischen Eigenschaften be-
stimmt. Durch Bestimmung des Aminostickstoffs und des (Tcsamtstick-
stoffs dieser Fraktion erhält man den Nichtaminostickstoff, der die Menge
des vorhandenen Histidins (2/3 Nichtamino-N) und des Arginins (-^4 Nicht-
amino-N) angibt. Der übrige Stickstoffgehalt der Fraktion besteht aus den zwei
Basen Lysin und Cystin, die nur Aminostickstoff enthalten.') Von diesen
beiden Aminosäuren wird der Gehalt an Cystin durch eine Schwefelanalyse
bestimmt, das Lysin durch Subtraktion des Cystins von der Summe beider
Substanzen. Von dem anderen Paar Aminosäuren wird das Arginin durch
Zersetzung mit Lauge, welche die Hälfte des Stickstoffs als Ammoniak
abspaltet, bestimmt und der Gehalt des Histidins wieder durch Subtraktion
festgestellt. Die Aminosäuren im Fil träte der Basen werden in zwei Unter-
fraktionen geteilt: 1. die Säuren, die nur primären Aminostickstoff ent-
halten; 2. diejenigen, die sekundären Stickstoff besitzen, wie er im Pyrro-
lidinring (Prolin, Oxyprolin) oder im Indolkern (Tryptophan) vorkommt.
*) Archiv für Anat. u. Physiologie. 1893, 254.
^) -S". G. Hedin, t)ber ein neues Spaltungsprodukt der Hornsubstanz. Zeitschr. f.
physiol. Chemie. 20. 186 (1895).
^) S. G. Hedin, Zur Kenntnis der Spaltungsprodukte der Proteinkörper. Zeitschr.
f. physiol. Chemie. 22. 191 (1896).
^) E. Winterstein, Über eine Methode zur Abscheidung der organischen Basen
aus den Phosphorwolframsäureniederschlägen und über das Verhalten des Cystins gegen
Phosphorwolframsäure. Zeitschr. f. physiol. Chemie 34. 153 (1901/02).
^) Oshorne, LeavemvortJi and Brmitlecht , Different Forms of Nitrogen in Proteins.
Americ. Journ. Physiol. 23. 194 (1908).
*) Donald D. van Sli/ke, vgl. die demnächst im Journal of Biol. Chera. (1911)
erscheinende Arbeit.
') Vgl. S. 1013, Tabelle I.
Die Aiuilyse von Eiweißkiirperii etc.
101 H
Das Schema der Analyse ist aus der folgenden Tabelle ersichtlich.
Es ist möglich, daß in der Untert'raktion des Filtrats, die nur Aminostick-
stoff enthält, noch einige bis jetzt unbekannte Säuren vorkommen, denn
die Hauptverluste bei der Aufarbeitung bei früheren Isolierungsversuchen sind
zweifellos in diesem Anteil zu suchen. Da jedoch die Methoden, mit welchen
die meisten dieser Aminosäuren isoliert werden müssen, bis jetzt unvermeid-
bare Verluste mit sich bringen , so kann man auch annehmen . dal» die
Unvollkommenheit der Resultate bei den Isolierungsmethoden nicht auf
das Vorkommen von noch unbekannten a-Aminosäuren zurückzuführen ist,
wie übrigens auch aus den von Oshorne gezeitigten Ph'gebnissen hei'vorzu-
gehen scheint. (Vgl. Tabelle I.)
Tabelle I.
(S) Cystin S — CH, — CH(XH.;) - COOK
I
S - CH, — CH(NH3) — COOH
(Kein S) Lysin XH, - (CH„)^ - CH(NH,) - COOH
(Gnanidiurest) Argiuiu N*) H = C (N*) H„) - X* ' H (GH., ), — CH ( NH, ) — GOCH
GH
/ \
Ni)H N')
I I
(Kein Guauidinrest) HistidinCH = G — CH, — GH(NH,) — ClXMI
c ii,
( Nur
Amiuo-
N
enthal-
tend
CK
Nicht
Amino-
N
haltig
l.
rr-
Nur
Amino-
N
enthal-
tend
Glutaminsäure .... HOOG-GH, — GH, — CH(NH,)-CÜOH
Asparaginsäure . . . . HOOG — CH' - CH{NH,)- GOGH
Tvrosin OH -CgH^ — CH, — GH(NH,)-GOOH
Phenvlalanin .... C6H5-CH,-GH(NH,)-CÖOH
Serin' OH- CH2-GH(NH.,)-G00H
Lß^^^'^'i ??='"^CH_CH, — CH(NH.,)-C00H
gh!>ch
Nicht
Amino-
N
enthal-
tend
V
Isoleucin
Valin CH3
GH (NH.,)— COOH
Alanin
^.jj >CH — CH(NH,) — COOH
Gh'-CH(NH,)-COOH
Glvcocoll GH, (NH,) — COOH
Prolin CH, — CH,
I I
GH, — N*) H - CH - COOH
Oxvprolin OH-CH — GH,
I r
CH,N*)H-GH— COOH
(Tryptophan CgHgN*) -GH(NH,)-GOOH
Die ausführliche Methode.
Hydrolyse. Eine Eiweißhydrolyse ist bereits mit nur 1 // Substanz
erfolgreich ausgeführt worden (vgl. Hämoglobin-Hydrolyse), aber im all-
») Nichtaminostickstoff (mit salpetriger Säure nicht reagierend; zu dieser Stick-
stoffgruppe gehört auch die eine NH,-Gruppe des Guanidinrcstes vom Arginiu).
i(ji 1 Donald D. van Slyke.
g-eineinen sind für eine befriedigende Durchführung 2o bis 3 (/ erforder-
lich und falls eine genügende Menge Material zur Verfügung steht, so ist
es sehr empfehlenswert, die Analyse doppelt auszuführen, also 6^ zu
gebrauchen. Das Protein wird in 10 oder 20 Teilen 20''/oiger Salzsäure gelöst
und in einem tarierten Kolben am Rückflußkühler gekocht. Nach Verlauf
von 8 oder 10 Stunden wird die Hydrolyse unterbrochen, die Lösung ge-
kühlt, und dann werden Portionen von 1 oder 2 cm^ (die etwa 01^ Protein ent-
sprechen) mittelst einer empfindlichen Pipette entnommen. Die Proben werden
auf 10 ««3 verdünnt und dann zur Bestimmung des Aminostickstoffs benutzt.
Die verschiedenen Bestimmungen sollen alle unter gleichen Bedingungen
ausgeführt werden, da sonst durch das Ammoniak des Amidstickstoffs
Irrtümer entstehen könnten. Für gewöhnlich erhält man die zufrieden-
stellendsten Resultate bei Ausführung der Bestimmungen in 6 Minuten,
und zwar so, daß die Mischung von hydrolysiertem Eiweiß und salpetriger
Säure 5 Minuten stehen bleibt und darauf eine jNIinute lang geschüttelt
wird. Unter solchen Bedingungen, bei denen eine konstante Zimmertempe-
ratur anzunehmen ist. wird in jedem Falle die gleiche Menge Ammoniak
(150/0 bei 20") zersetzt. Nachdem man dem Hydrolysengemisch die Probe für
die Aminostickstoifbestimmung entnommen hat, wird der Kolben samt
der zurückbleibenden Hydrolysenflüssigkeit gewogen, dann kocht man wieder
8 — 10 Stunden und wiegt nochmals, ehe die nächste Probe genommen
wird. Durch diese Ge^^^chtsbestimmungen stellt man die etwa durch Ver-
dampfung entstandene Veränderung der Konzentration der Lösung fest.
Falls eine Konzentration vor sich gegangen ist, so muß man eine Korrektur
für die Volumverminderung in Prozenten anbringen. — Die Hydrolyse
wird solange fortgesetzt, bis die Probebestimmungen einen konstanten
Aminostickstoffgehalt ergeben. Dies wird gewöhnüch nach über 24 Stunden
erreicht sein. Es ist unbedingt erforderUch, die Vollständigkeit der Hydro-
lyse (mittelst fder Aminobestimmungen) zu kontrollieren , da sonst , wie
Osborne küi'zlich gezeigt hat, auf Grund unvollständiger Hydrolyse Fehler-
quellen resultieren.
Bestimmung des Ammoniaks (Amid-Stickstoff). Die Be-
stimmung des Ammoniaks, das bei der Säurehydrolyse aus Eiweiß ent-
steht, verdient besondere Beachtung, seitdem Osborne, Leavemvorth und
Brautlechf gezeigt haben, daß der Ammoniakstickstoff gewöhnüch gleich
ist dem der Dicarbonsäuren, Glutaminsäure und Asparaginsäure, mit denen
er ursprünglich im Eiweißmolekül in Form von Säureamid-Radikalen ge-
bunden anzusehen ist.^)
Damit die nachfolgenden Bestimmungen in keiner Weise durch
noch vorhandenes Ammoniak beeinflußt werden, ist es unbedingt nötig,
bei der Bestimmung des Ammoniaks jede Spur von Ammoniak zu entfernen.
Die Behandlung mit Alkah muß man dabei aber so vorsichtig ausführen,
*) Osborne, Leavemvorth and Brautlecht, Different Forms of Nitrogen in Proteins.
Americ. Journ. of Biolog. 23. 194 (1908).
Die Analyse von Eiweißkörpern etc.
1015
daß ^vedel• das Arginin noch das Cystin angegriffen werden. Wie Denis »)
gezeigt hat. gibt Cystin beim Kochen, bei 100", .schon mit einem
so schwach alkalischen Mittel wie ^Magnesiumoxyd einen Teil seines Stick-
stoffs als Ammionak ab. Wir konnten dies für Cystin durchaus bestätigten,
fanden dagegen auch, daß Arginin nicht angegriffen wird. Auf (irund dieser
Empfindlichkeit des Cystins muß man das Übertreiben des Ammoniaks bei
Zimmertemperatur vornehmen, indem man entweder die Lnftmetliode von
Denis oder die Vakuumdestillation benutzt. Nach verschiedenen Versuchen,
beide Verfahren zweckmäßig zu modifizieren, hai)en wir als betiueniste und
sicherste Methode die folgende angewandt :
Die Lösung des hydrolysierten Eiweißes wird in einen kleinen,
doppelhalsigen Destillierkolben gebracht und unter vermindertem Druck
Fig. 232.
A^'
jo-öocc. /iO/Zg SO^
konzentriert, bis möglichst alle Salzsäure vertrieben ist. Dann wird
der Rückstand mit warmem Wasser aufgenommen und die Lösuni,'- in
einen Meßkolben von 100 oder 250 cm^ Inhalt — je nach der Mentre des
hydrolysierten Eiweißes — gefüllt. Hierauf werden der Lösuni; Proben
entnommen, die ungefähr 0"2f/ Protein entsprechen und mit diesen Kjel-
dahlbestimmungen ausgeführt, die als Basis der Pen-chnung der nach-
folgenden Bestimmungen und auch zur Kontrolle der (ienanii^keit derselben
dienen. Die Summe der einzelnen Bestimmungen soll fast genau gleich
100° 0 <l6S direkt nach Kjeldahl gefundenen Gesamtstickstoffs sein.
Zur Bestimmung des Ammoniaks wird uuter Zusatz von Kalk
unter verminde)-tem Druck destilliert. Hierzu sind keine besonderen Appa-
rate erforderlich; man gebraucht nur einen doppelhalsigen Destillierkoll)en
*) Denis, Amid. Nitrogen in Proteins. Journ. of Biolog. Cheni. 8. 365.
IQ'HJ Donald D. van Slyke.
von 1 Liter Inhalt, einen gewöhnlichen Destillierkolben von 1 Liter und
einen, der 200 cm^ faßt. Die Anordnung der Gefäße ist aus der Fig. 232
ersichtlich. Als Indikator bei der Titration mit j^ Säure benutzt man
AUzarinsulfonat. Die Lösung oder ein aliquoter Teil, der ungefähr einer
INIenge von 3g hydrolysierten Proteins entspricht, wird in den doppel-
halsigen Kolben gebracht und auf etwa 200 cni^ verdünnt. Dann fügt man
100 cm^ Alkohol hinzu, um das Schäumen während des DestiUierens zu
vorhindern, setzt eine lOVoig© Calciumhydratsuspension im geringen Über-
schuß hinzu, der sich durch bleibende Trübung und alkalische Reaktion
der Lösung bemerkbar macht, und verbindet hierauf sogleich die einzelnen
Teile des Apparates, wie es aus der beigegebenen Abbildung ersichtlich
ist. Es wird nun bis zu einem Druck von 30 mm oder weniger evakuiert.
Dann wird der Claissensche DestiUierkolben in ein Wasserbad von 40 bis
500 gebracht und die Lösung eine halbe Stunde lang destilliert. Falls die
Destillation zu rasch vor sich gehen sollte, so läßt man etwas Luft durch
den Sperrhahn in den Claissenkolben. Ist die Destillation beendet, so wird
der Destillierkolben aus dem Wasserbade entfernt, wonach das Vakuum
durch Öffnen des Sperrhahns unterbrochen wird. Die ^ Säure des vorge-
legten Kolbens und des kleineren Sicherheitskolbens wird jetzt in ein Becher-
glas oder in einen Erlenmeyerkolben von 1/2 ^ Inhalt gespült und mit — Na OH
zurücktitriert. Die Menge der t^ Säure in dem größeren Kolben beträgt,
falls ein Eiweißkörper tierischer Herkunft vorliegt, gewöhnlich 30 cm\ und
wenn es sich um ein Protein pflanzlichen Ursprungs handelt, 60 cms^ da
manche Pflanzeneiweißstoffe mehr Ammoniak als die tierischen Proteine
enthalten.
Melaninstickstoff. Während der Destillation werden die gesamten
schwarz gefärbten Produkte oder Melanine, die bei der Hydrolyse der Pro-
teine entstehen, durch den ungelösten Kalk adsorbiert. Man filtriert von
letzterem mittelst eines Faltenfilters und wäscht mit Wasser, bis das Wasch-
wasser chlorfrei ist. Die ungelöste, rückständige Masse und das Filter
werden dann der Kjeldahlbestimmung unterworfen, und zwar benutzt man
dabei 35 cm^ Schwefelsäure, um die beträchtliche Menge organischer Materie
des Filters aufzuschUeßen. Bei dieser Bestimmung kommt dem Kalk die
gleiche Funktion zu wie dem Magnesiumoxyd bei der Aufteilung des
Proteinstickstoffs nach Osborne und Harris. ^)
Das Fällen, Waschen und Wiederlösen der Basen. Das Filtrat
des Melanins wird mit Salzsäure neutralisiert, wieder in den Vakuum-
Destillierkolben gebracht und darin auf ungefär 100 cm^ konzentriert.
Dann spült man es in einen 200 cm^ Erlenmeyerkolben, fügt 18 cm^ kon-
zentrierte Salzsäure und eine 15 (/Phosphorwolframsäure enthaltende Lösung
0 Osborne and Harris, Journ. Americ. Chem. Soc. 25. 323 (1903).
Die Analyse von Eiweißkörpern etc.
IUI 7
aiif;
hinzu. Diese Lösuiisi- wird mit Wasser auf 200 riu-^ verdünnt und
in einem Wasserbad erhitzt, bis die Basenfälhni}j'- nahezu oder vollstiindig;
wieder aufi^elöst ist. Durch Abkidilen werden die Basen in Foiin von
kristallisiertem oder körnigem rho>plior\v()ltramat wieder ab<ieschie(len. das
man nun bequem auswaschen und filtrieren kann. Die obigen Fiiiliniirs-
bedingungen sind praktisch diejenigen von Oshome und Harris, nur mit
dem Unterschied, daß man. um den Calciumsuifatniederschlag; zu vermeiden,
anstatt der Schwefelsäure eine entsprechende Menge Salzsäure lienutzt. Die
Lösung läßt man zur vollständigen Niederschlagsbildung: 48 Stunden "
stehen. In kürzerer Zeit g-eht die Ab-
scheidung- des Histidins nur unvoll- Fig. 233.
kommen vor sich.
In betreff des Auswaschens ist
zu bemerken, daß der Niederschlag
gänzlich von der Mutterlauge, welche
Aminosäuren enthält, befreit werden
muß. ]\Ian muß aber darauf bedacht
sein, eine möglichst geringe Menge
Waschlösung zu benutzen, da sonst der
Niederschlag, der in der Lösung wenn
auch schwer, so doch meßbar löslich
ist, in bemerkensw^erter Menge durch
das Auswaschen gelöst Aüirde. Um dies
zu vermeiden, verfährt man in folgender
Weise, wobei man den Niederschlag
bereits quantitativ mit 100 — 200 crn^
Lösung befriedigend auswaschen kann.
Man schneidet sich ein gehärtetes
Filter zurecht, das man genau für eine
l'Dcm breite Biichner-Nutsche paßt. Das
Filter präpariert man sich so, daß es
sowohl den Boden als auch die Wan-
dung der Nutsche bedeckt (vgl. Fig. 233). Den an der Wandung an-
hegenden Teil faltet man in ungefähr 20 kleine Falten. Auf das Filter
bringt man nun die Fällung samt Mutterlauge, saugt den Niederschlag
möglichst trocken und preßt denselben gut aus. Dann wird das Filtrat aus
der Saugflasche in ein Becherglas gegossen. Auf den im Filter befindlichen
Niederschlag gießt man 10 — 12 cm^ der Waschflüssigkeit, die 2-5"/o Bhos-
phorwolframsäure und 3-5% Salzsäure enthält; Niederschlag und Lösung
werden tüchtig umgerührt, bis sich eine breiartige Masse gebildet hat.
Man muß dabei sorgfältig alle Klumpen gut zerteilen, damit der Niederschlag
durch und durch zu einer feinen Snspensionsmasse wird. Krst dann wird,
wie am Anfang, trocken gesaugt. Das Auswaschen wird in dersellxMi WiMse
wiederholt, bis das Filtrat frei von Calcium ist, was. je nach der Menge
des Niederschlages, nach 8- bis lömaligem Auswaschen erreicht ist. Mit
]^Q[j^ Donald D. vau Slyke.
den ersten 3 oder 4 Portionen Waschflüssigkeit spült man die noch in dem
Fällungskolben haften gebliebenen Reste des Niederschlags heraus. Die
übrigen Portionen werden sorgfältig mittelst einer Spritzflasche oder einer
Pipette in einem feinen Strahl um — bezw. auf — den Ptand des
Filters gespritzt, so daß der letztere seinem ganzen Umfang nach vom
oberen Pand an bis herab ausgewaschen wird. Falls nach den ersten
4 Auswaschungen noch einige Körnchen des Niederschlags im Kolben haften
geblieben sind, so läßt man sie einfach darin zurück, da sie bereits ge-
nügend ausgewaschen wurden. Die nächsten Mengen der Waschflüssigkeit
werden jedenfaüs zum Auswaschen des Filterpapiers und des darauf befind-
lichen Niederschlages in der eben beschriebenen Weise benutzt. Im Falle
die Waschflüssigkeit etwas trübe durchgeht, was ziemlich häufig bei den
letzten Auswaschungen der Fall ist, so wird das trübe Filtrat, ehe es mit
den anderen filtrierten Flüssigkeiten vermischt wird, durch ein kleines
Faltenfilter filtriert. Die für die Fällung und für die Bereitung der Wasch-
lösung benutzte Phosphorwolframsäure muß mit Äther und Wasser nach
der Methode von Winterstein'^) gereiniut werden.
Um das Waschwasser auf Calcium zu prüfen, benutzt man eine
Lösung von Oxalsäure in 3°/üiger Natronlauge. Zu ungefähr 1 cm'^ dieser
Lösung fügt mau 2 oder 3 Tropfen des Filtrats, schüttelt gehnde um, bis
die obere Schicht (das Filtrat) alkahsch geworden ist. Das Auswaschen
wird so lange fortgesetzt, bis eine Probe des Filtrats mit der Oxalatlösung,
auch nachdem es einige Minuten gestanden hat, keine Spur einer Fällung
in der oberen Schicht ergibt.
Nachdem das Auswaschen beendet worden ist, wird der Niederschlag
so vollständig wie möglich mit Hilfe eines Spatels und einer Spritzflasche
mit destilliertem Wasser in ein Bechergias von mehr als einem Liter In-
halt gebracht. Nachdem der Niederschlag vom Filter auf mechanische Weise
so vollständig wie nur irgend möglich entfernt worden ist, wird das Filter-
papier in einer Schale ausgebreitet und mit Wasser, das mit wenigen
Tropfen einer 207oi»en Kalilauge alkalisch gemacht wurde, ausgewaschen.
Hierdurch werden die Anteile des Niederschlages, die in die Fasern des
Filtrierpapieres eingedrungen sind, aufgelöst. Das kleine Fallenfilter,
das zur Filtration der trüben Anteile der Waschflüssigkeit benutzt
worden ist, wird in ähnlicher Weise von anhaftendem Niederschlag befreit.
Falls einige Körnchen der Fällung in dem Fällungskolben zurückgeblieben
sind, werden diese entweder herausgewaschen oder aufgelöst und zu dem
anderen Teil der im großen Becherglas befindlichen Flüssigkeit gebracht.
Zu dem Inhalt desselben fügt man einige Tropfen Phenolphthaleinlösuiig und
dann unter Umrühren tropfenweise oO^/oige Natronlauge. Sobald die Lösung
rot geworden ist, wird mit dem Zusatz von Alkali aufgehört, bis die Färbung
wieder verschwunden ist. Der gesamte Niederschlag wird sogleich auf diese
Weise in Lösung gebracht. Die Lösung muß zuletzt rot sein; sie darf aber
1) E. Winterstein, Zeitschr. f. physiol. Chem. 34. 155 (1901/02) ; 1. c.
Die Analyse vou Eiweißkörpern etc. lOl'J
nicht mehr denn 3 oder 4 Tropfen Alkali im €berschnli enthalten, als zur
Neutralisation erforderlich ist. Vaw «größerer CberschuD an Alkali ist \ve};en
der Empfindlichkeit des Cystins und Ar^inins fic-ren Alkali zu vermeiden.
Die Lösung wird auf uniicfähr SOO oh^ verdünnt uiul dann eine
20Voi8'e Lösunii- von kristallinischem IJariumchlorid je in Men.iicn von
wenii-en Kubikzentimetern hinzugesetzt. Nach jemali^cm Zusatz von
Bariumchlorid, prüft man einen Tropfen der Lösunii' mittelst neutraler
Natrium sulfatlösunii. Das ChlorI)arium wird solange zuj^esetzt, bis die I.ösunjj^
keine Reaktion auf Baryum mehr «iibt. Falls die Lösuni,' ihre rote
Färbung während der Fällung verliert, setzt man noch 2 oder .". Tropten
der Alkalilösung hinzu, denn die Fällung ist nur vollständig, wenn die Lösung
schwach alkalisch reagiert. Die Dariumchloridlösung inuC» solange hinzu-
gesetzt werden, bis eine Probe sofort einen körnigen Niederschlag
von Bariumsulfat liefert. — Falls noch nicht genug Bariumchlorid zur
vollständigen Fällung des Phosphorwolframates hinzugesetzt ist, so kann
auch mit Natrium sulfat eine bemerkenswerte Trübung erhalten werden.
Andrerseits ist ein größerer Überschuß von Bariunichloridlösung als wenige
Kubikzentimeter zu vermeiden, denn es würde sonst, wenn man die Lösung
später zur Argininbestimmung kocht, unangenehme Kluinpenbihlung statt-
finden. Die vor der Fällung voi'genommene \'erdünnung ist nötig, um Verluste
an Basen durch Adsorption mittels Bariumphosphorwolframats zu vermeiden.
Die Bariumphosphorwolframatfällung wird nun filtriert und mit Wasser
gewaschen. Filtration und Auswaschen werden in der für die Phosphor-
wolframate der Basen bereits beschriebenen Weise ausgeführt, nur mit dem
Unterschied, daß hier nicht so kleine Wassermengen zu gebrauchen sind.
Es kann hierbei gewöhnlich für beide Filtrationen mit \'orteil dieselbe
Nutsche und dasselbe gehärtete Filter benutzt werden.
Das Auswaschen wird solange fortgesetzt, bis die Lösung chhuidtrei
abläuft. Das Filtrat wird dann im Vakuum konzentriert, und zwar in dem
doppelhalsigen DestiUierkolben, der früher für die Bestimmung des Amid-
stickstoffs gebraucht w'urde. Man konzentriert, bis das Volumen der Lösung auf
bOcm^ reduziert ist. Während des Einengens scheidet sich noch eine geringe
Menge Bariumphosphorwolframat aus, das vorher nicht ausgefallen war. Von
diesem wird in einen doppelhalsigen Destillierkolben von '200 cin-^ abfiltrieit,
das Filter mit Wasser ausgewaschen, bis es chlorfrei ist. die Lösung dann
konzentriert und endlich in einen Meßkoll)en von hO cin^ Inhalt übergeführt.
Bestimmung des Arginins. Die Bestimmung des Arginins beruht
auf der zuerst von Oshorne, Leavenworth und Braidhrht ') angegebenen
Tatsache, daß Arginin, wenn es mit verdünnter Alkalilösung gekocht wii-d,
die Hälfte seines Stickstoffs in Form von Ammoniak abgilit. Dieser Keaktions-
verlauf findet seine Erklärung darin, daß Arginin beim Erhitzen mit alkali-
schen Lösungen, wie Schulze und Winicrste'm-) gezeigt haben, in je 1 Molekid
') Oshorne, Leavenworth and Brautlechi. Differeut fornis of Nitroiren in l'roteins.
Americ. Joiirn. l'hysiol. 23. 180 (1908).
•-) E. Winterstein, Zeitschr. f. pliysiol Chem. 34. VSd ; 1. c.
1020
Donald D. vau Slyke.
Harnstoff und Ornithin zerfällt. Der Harnstoff wird dann zu Ammoniak zer-
setzt. Die Reaktion verläuft unter den folgenden Bedingungen (luantitativ.
Zur ihrer Ausführung werden von den 50 cm'^ der die Basen ent-
haltenden Lösung 2d rm^ in einen 200 cm ^ fassenden Jenaer Kjeldahl-
kolben des aus Fig. 284 ersichtlichen Apparates gebracht. Das obere Ende des
Kondensrohres des auf den Kolben anzubrin-
genden Bückflußkühlers ist durch Glasschliff
mit dem i^o^mschen Kugelapparat, wie aus der
Figur zu ersehen ist, verbunden, oder auch mit
einem dicken Stück Gummischlauch, das aller-
dings weniger geeignet ist. aber doch ebenfalls
Fig. 234.
l
'i
/
Nj
^9(2 oäura
genügt. In die Foliw^zXxtTi Kugeln bringt man
15 cw» — Säure mit etwas Alizarinsulf onat als
Indikator. Zu der im Kolben befindlichen Lösung fügt man
12-5^ festes Kaühvdrat und ein kleines Stückchen porösen
Porzellans, um Stoßen zu verhindern. Nun wird die Lösung
genau 6 Stunden lang gelinde gekocht. Hierauf wird der
Fo/iwsche Kugelapparat vom Kondensrohr entfernt ; durch
das letztere gießt man 100 cm^ Wasser in den Kjeldahl-
kolben. Die Lösung im Kolben enthält noch eine geringe
Menge Ammoniak; der größere Teil ist dagegen während
des sechsstündigen Kochens bereits in das Kugelgefäß
gelangt und dort von der vorhandenen Säure al)Sorbiert
worden. Um auch die geringe noch im Kolben zurück-
gebliebene Menge Ammoniak zu entfernen, verbindet man
den Destillierkolben mit dem Kühler eines gewöhnlichen
Kjeldahlapparates und treibt das Ammoniak in der üblichen
Weise über. Die Vorlage enthält die Säure aus dem Folin-
schen Kugelapparat, so daß dann sämtlicher aus der
Argininbestimmung resultierender Ammoniak in einer
TTT Säurelösung gesammelt ist. W^ährend der Destillation
10 * '^^
darf man nicht mehr als 100 cm'^ Wasser verkochen lassen,
da in zu stark konzentrierter alkahscher Lösung außer der
gewünschten Zersetzung Nebenzersetzungen vor sich gehen.
Der Überschuß der — Säure in der Vorlage wird in der
gewöhnlichen Weise zurücktitriert. Für die Berechnung ist
zu bemerken, daß jeder durch Ammoniak neutralisierte
Kubikzentimeter 0'0028 g Argininstickstoff der zersetzten Lösung entspricht
oder 0"0056 g der gesamten Lösung der Basen. Falls auch Cystin vorhanden
ist, werden 17Vo seines Stickstoffs als Ammoniak während der Arginin-
bestimmung entwickelt; es muß also dann eine entsprechende Korrektur in
bezug auf die Argininwerte angebracht werden. Die Korrektur ist jedoch bei
den meisten gewöhnlichen Proteinen, die Keratine ausgenommen, zu ver-
-Die Analyse von Eiweißkiirperii etc. lU2 l
nachlässigen. Da sich das Cystin unter den Bedingung oii der Bestinimunjj:
ganz konstant verhält, wird die Genauigkeit der Argininlx'stiniiiinng auch
bei den Keratinanalysen nicht wesentlich beeinflußt Die Cystinbestinmiung,
bei welcher die Korrektur genau ausgeführt werden kann, findet sich
weiter unten beschrieben.
Der 200 cm3-Kjeldahlkoli)en sollte nicht für lueiir als für 2 oder
?} Argininbestimmuugen benutzt werden, da das Glas durch das starke
Alkali angegriffen wird. Leider sind Kupferkolbeu bei der IJestininiung
nicht gebrauchsfähig.
Bestimmung des Gesamtstickstoffs der Basen. Die für die
Arginiubestimmung gebrauchte Lösung wird aus dem 200 rm^-Kjeldahl-
kolben in einen Kolben von 500 cm^' Inhalt gebracht. Dann setzt man
:>5a»3 konzentrierte Schwefelsäure vorsichtig unter Abkühlung und iy-Ji) (/
Kupfersulfalt hinzu. Die Lösung wird nun wie bei einer gewülinliciien
Kjeldahlbestimmung behandelt und so der Stickstoffgehalt bestimmt. Die
hierbei durch — Säure neutralisierten Kubikzentimeter werden zu den i)ei
der Arginiubestimmung verbrauchten addiert. Diese Summe, multipliziert
mit 0"0028, liefert in Grammen den Tptalstickstoffgehalt der Basen. Der
Gebrauch derselben Portion, sowohl für die Arginin- als auch für die Ge-
samtstickstoffbestimmung der Basen, erlaubt also für beide Bestim-
mungen je die ganze Hälfte der vorhandenen Lösung zu verwenden und
gibt infolgedessen auch genauere Resultate, als wenn man die Lösung
wieder aufteilen und jede Bestimmung in einem besonderen, kleineren Teil
ausführen würde.
Bestimmung des Cystins. Die ]\Ienge des in dem Basengemisch
vorhandenen Cystins wird durch Bestimmung des organischen Schwefeis
der Lösung festgestellt. Für diese Bestimniung ist das be(iuemste und
genaueste Verfahren das von Benedict, das sich auf Oxydation durch \'er-
brennung mit Kupfernitrat gründet, i) Wir haben uns der von Denis «)
vorgeschlagenen Modifikation bedient. Die Oxydation ist dabei durchaus
vollständig; keine Spur Kohle oder irgend euier unlöslichen Masse bleibt
zurück. Wir fanden, daß man die Schwefelbestinimung unbesorgt mit der
Basenlösung vornehmen kann, ohne vorher das vorhandene Bai-iumchlorid
zu entfernen. Zur Bestimmung l)ringt man 10 cin^ der Lösung mit .') rin^
Dmisscher Flüssigkeit in eine Porzellanabdampf schale von 7 — 10 cm Durch-
messer, verdampft die Mischung auf dem ^¥asserbade zur Trockne, erhitzt
nach und nach bis zur Rotglut und erhält 10 Minuten laug bei dieser Tem-
peratur, wie es von Benedict vorgeschrieben wurde. Der Rückstand wird
dann in 10 cm^ 10"/oiger Salzsäure gelöst und diese Lösung auf ungefähr
') StanJei/ B. Benedict, The Estimatiou of Total Sulphur in Trine. Jourii. of
Biol. Chem. 6. 363 (1909).
2) W. Denis, The Determination of Total Sulphur in Urine. Joiirn. of Biol.
Chem. 8. 401 (1910/11). ßie Dcnissche Lösunsr enthält 25// kristalliuisches Kupfer-
nitrat, 10// Ammoniumuitrat und 20// Xatriumchlorid auf lOOcm'.
■fQC)9 Donald D. vau Slyke.
150 cm» verdünnt. Nun wird zum Sieden erhitzt und, damit sicher ein
Überschuß an Bariurachlorid vorhanden ist , werden noch 10 cm^ einer
50/oig-en Chlorbariumlösung- zugefügt. Das Bariumsulfat wird gewaschen und
wie gewöhnlich gewogen. Jedes Milligramm Bariumsulfat entspricht O'Oihng
Cystiustickstoff in der untersuchten Lösung oder Oo mg in der gesamten
Basenlösung. Für das Gewicht des erhaltenen Bariumsulfates muß noch
eine Korrektur angebracht werden, welche die Menge Schwefel, die bei
einer entsprechenden l)linden Analyse gefunden wird, berücksichtigt. Für
die Reagenzien, die von uns gebraucht wurden, betrug die Korrektur
1-bnig Bariumsulfat. Solche Beagenzien, die eine bedeutend größere Kor-
rektur erfordern, sollten nicht benutzt werden, denn das Cystin ist häufig
in so geringen Mengen vorhanden, daß es überhaupt nur wenige Milli-
gramme Bariumsulfat liefert.
Das in der Basenlösung wirklich vorhandene Cystin ') kann nach der
obigen Methode sehr genau bestimmt werden, denn eine Differenz von
0-5 mg für das gewogene Bariumsulfat, wie sie für gewöhnhch bei Doppel-
bestimmungen nicht höher resultiert, verursacht für den gesamten Prozent-
gehalt des berechneten Cystinstickstoffs nur einen Fehler von 0-l"/o. Das
ursprünglich vorhandene Cystin wird durch die Hydrolyse mit Säuren nach
und nach angegriffen und in eine nicht durch Phosphorwolfi-amsäure fäll-
bare Form übergeführt; während 16stündigen Kochens mit 20"/oiger Salz-
säure werden 41% des Cystins in dieser Weise verändert und während
24stündigen Kochens öO^/o- Ferner bleibt bei der Basenfällung eine Menge
unangegriffenen Cystins, das V2% des Eiweißstickstoffs ausmacht, in Lösung.
Infolgedessen repräsentiert die Menge Cystin, die durch die obige Methode
nach der Hydrolyse durch 24stündiges oder längeres Kochen erhalten
wird, weniger als die Hälfte des wirklich in dem betreffenden Eiweiß vor-
handenen. Der Niederschlag des Basengemisches enthält, da die Eiweiß-
körper für gewöhnlich nicht reich an Cystin sind, deshalb auch nur eine
kleine Menge seines Stickstoffs oder überhaupt keinen in Form von Cystin.
Dies erklärt auch, warum die Anwesenheit von Cystin in den Phosphor-
wolframat -Niederschlägen meistens übersehen worden ist, ehe von Winter-
stein^) auf diese Tatsache aufmerksam gemacht wurde.
Amin ostick Stoff der Basen. Für diese Bestimmung, die in der
gewöhnUchen Weise ausgeführt wird, benutzt man 10 cm^ der Lösung. Da
die £-Aminogruppe des Lysins verhältnismäßig langsam reagiert, muß
die Bestimmung bei 20" eine halbe Stunde lang oder, wenn die Temperatur
niedriger ist, während etwas längerer Zeit ausgeführt werden. Während
ebenso langer Zeit muß auch die blinde Bestimmung mit den Reagentien
^) Mörner faud, daß Cystin durch 109stüudiges Kochen mit lO^oiger Salz-
säure seine spezifische Drehung von — 223'' auf — 134*" vermindert, und daß es sich
dabei zum Teil in eine augenscheinlich löslichere Form als das natürliche Cystin dar-
stellt, verwandelt. — K. A. H. Mörner, Zur Kenntnis der Bindung des Schwefels in den
Proteinen. Zeitschr. f. physiol. Chem. 34. 207 (1901/02).
^) loc. cit.
Die Analyse von Eiweißkorperu etc. 1023
vorgenommen werden. Das Cystin liefert :in Gas 107Vo der Stickstoff-
menge, die es eigentlich geben sollte. Man muß desluill) für das Cystin eine
entsprechende Korrektur bei den Aminobestimmungen anbringen. Sie kann
jedoch bei den Kiweillkörpern, die keine Keratine sind, veniachliissigt werden.
Berechnung des Histidins. Der Nicht-Aniiiiostickstoif der Hasen
stammt aus dem Arginiu, das V* seines Stickstoffs in einer Form enthalt,
die nicht mit salpetriger Säure reagiert, und aus dem Histidin, das -1^
seines Stickstoffs in Nicht-Aminoform besitzt. Deshali) iiiul'i man zur Be-
rechnung des Histidiu-Stickstoffs »/+ des Argininstickstoffs von dem Total-
Nichtaminostickstoff abziehen und die Differenz mit V2 ninltiplizieren.
Die Berechnung kann, wie folgt, ausgeführt werden: Bez<'ichnet man
mit D den gesamten Nicht-Aminostickstoff der Basen (Unterschied zwischen
Totalstickstoff und Aminostickstoff) und mit Äry den Arginiustickstoff,
der, wie vorher beschrieben, bestimmt wurde, so hat man folgende l-Oi-niel
aufzustellen :
Histidin- N =|(D— ^ Arg) = 1-667 i)— 1-12Ö. -Iry.
2 4
Die Bestimmung des Histidins kann mehr als jede der anderen
3 Aminosäuren der basischen Fraktion fehlerhaft sein, da sie durch Fehler
entweder in der Bestimmung des Arginins . des Totalstickstoffs oder des
Aminostickstoff s beeinflußt werden kann. Fehler von -(- P/o bei diesen einzelnen
Bestimmungen würden Fehler von — 1-125, -f Tö, und — l'ö°/o für deu Histi-
dinstickstoff verursachen. Da aber jene Bestimmungen genau ausgeführt werden
können, so kann man für das Histidin doch konstante Resultate erhalten.
Tatsächlich stimmen Doppelbestimmungen für das Histidin gewöhnlich
innerhalb P/o iiberein.
Berechnung des Lysins. Das Lysin wird durch Differenzrechnung
unter Heranziehung des für die anderen 3 Aminosäuren berechneten Stick-
stoffgehaltes bestimmt. Oder:
Lysin-N = Total-N— (Arginin-N -f Cystin-X -|- Histidin-K).
Auf den ersten Blick sollte es scheinen, daß die Bestimmung des
Lysins mehr als die des Histidins Ungenauigkeiten in sich schließen würde,
da bei der fraglichen Berechnung die Resultate der 3 anderen Aminosäuren
dieser Fraktion in Betracht kommen. Dies trifft jedoch nicht zu. Die Ge-
nauigkeit des Lysinresultates hängt hauptsächlich von den Bestimmungen
des Cystins und des Aminostickstoffs dieser Fraktion ab, die beide sehr
genau durchgeführt werden können.
Ein Fehler von -[-1% bei irgend einer der 4 unmittelbaren, mit dem
Basengemisch vorgenommenen Bestimmungen würde für den Lysinstick-
stoff in folgender Weise zum Ausdruck kommen: Handelt es sich um
Amino-N, so würde dies für den Lysinstickstoff 4- l-5°/o verursachen , bei
dem Cystin-N würde — l«/o, bei dem Total-N müßte — V«°/o »"d \h'\ dem
Arginin-N 4- VsVo ^i"' den Stickstoff des Lysins in Rechnung zu stellen sein.
Bestimmung des Totalstickstoffs im Filt rate der Basen.
Zu dem mit der Waschflüssigkeit vereinigten Filt rate des Basen-Phosphor-
j^(j.>_j. Donald D. vau Slyke.
wolfraiiiatniederschlages fügt man öOVoige Natronlauge, bis die Lösung
durch Kaikabscheidung schwach trübe wird. Dann wird wieder durch Zu-
satz von wenig Essigsäure geklärt. Was den Zusatz des Alkahs betrifft,
so ist es sehr wichtig, daß der Neutralpunkt höchstens durch einen Über-
schuß von wenigen Tropfen überschritten wird, da sich sonst durch die Säure-
wirkung ein unlöslicher Niederschlag bilden kann. Die Lösung wird nun in
einen doppelhalsigen Destillierkolben gebracht und unter vermindertem Druck
eingeengt, bis das Salz eben auszukristaUisieren beginnt. Dann spült man in
einen 150 cw^-Meßkolben, verdünnt bis zur Marke und entnimmt für zwei
Kjeldahlbestimmungen je 2b an^. Für jede dieser Bestimmungen verwen-
det man ] 5 g Kaliumsulfat, 35 cm^ konzentrierter Schwefelsäure und 0"25 g
Kupfersulfat. Die Schwefelsäure muß, wegen der heftig stattfindenden Ent-
wicklung von Salzsäuregas, vorsichtig unter einer Kappe hinzugesetzt
werden. Die Zersetzung muß man noch 3 Stunden lang , nachdem die Lösung
bereits klar geworden ist, fortsetzen. Unter diesen Bedingungen beein-
trächtigt die Phosphorwolframsäure keinesfalls die Genauigkeit der Be-
stimmung.
Bestimmung des Aminostickstoff s im Filtrate der Basen.
Für die Aminobestimmungen benutzt man Portionen des Filtrats von je
10 cm^ und nimmt die Ausführung, wie gewöhnlich, während 6 — 10 Minuten
vor. Das Volumen des von einer bestimmten Menge Aminostickstoffs abgege-
benen Stickstoffs ist 2'5mal so groß als das Volumen, das der neutraüsierten
^ -Säure entspricht, die sich bei einer Kjeldalilbestimmung bei der gleichen
Menge ergibt. Deshalb werden die Mengen (25 und 10 cm^), welche für
die Bestimmungen des gesamten und des Aminostickstoffs genommen
werden, Piesultate von ähnhcher Genauigkeit geben. Da gewöhnlich 25 — 35 cm^
Gas oder Säure mit einem Fehler, der 0*2 cm^ nicht überschreitet, ge-
messen werden, so ist der prozentuale Fehler bei diesen Bestimmungen
nur sehr gering.
Reinheit der Pteagenzien. Da einige der Berechnungen auf Un-
terschiede der einzelnen Bestimmungen beruhen, ist es unl)edingt erforder-
Uch, daß die letzteren genau sind. Mau muß daher auch jedes Reagens,
das entweder für die Kjeldahl- oder für die Aminobestimmung gebraucht
wird, durch blinde Analysen prüfen; falls dabei irgend eine Spur Stick-
stoff gefunden wird, so muß eine entsprechende Korrektur angebracht
werden. Eine geringfügige Korrektur ist für gewöhnlich nötig, sowohl für
das käufliche Alkali, das beim Übertreiben des Ammoniaks bei den Kjel-
dahlbestimmungen gelDraucht wird, als auch für das bei den Aminobe-
stimmungen erforderliche Natriumnitrit. Die Genauigkeit der Normallösungen
und die Zuverlässigkeit des Apparates sollte ebenfalls durch Bestimmungen
mit reinen Substanzen ausgeprüft werden. Natürlich ist es auch wichtig,
daß Pipetten, Meßkolben und Büretten genau kalibriert sind. Die zu ver-
wendende Phosphorwolframsäure wird mit Äther und Wasser nach der
Methode von Winterstein gereinigt.
Die Analyse von Eiweißkörpern etc.
102.')
Korrektur für die Löslichkeit der IJaseii. Die infoljzc
der Löslichkeit der Basen erforderliche Korrektur kann direkt nach den
unten gemachten Angaben (vgl. Tabelle II) vorgenoinineii werden, wenn die
Fällung in der vorgeschriebenen Wei.se in einer Lüsunii von 2(i()r/y/^ Vo-
lumen ausgeführt wurde. AVenn auch die Konzentration der in Lösung
bleibenden Phosphoi'wolframsäure bei der Fällung der Basen etwas ab-
hängig ist von der Menge der letzteren, so da(j die Fällungsbedingnngen
nicht absolut konstante sind, so scheinen diese Unterschiede jedoch nicht
bedeutend genug zu sein, um eine bemerkenswerte Änderung in der Lös-
lichkeit der Uasen hervorzurufen. Werden die Basen in Lösungen von
einem größeren oder geringeren Volumen als 200 cm^ gefällt, so steht die
Löslichkeitskorrektur natürlich im direkten Vei'hältnis zum Volumen der
Lösung. Die Menge Stickstoff, die von dem Niederschlag durch das in der
früher beschriebenen Weise vorgenommene Auswaschen weggelöst wird, ist,
nach Kontrollbestimmungen zu urteilen, nicht der Beachtung wert.
Tabelle II.
Löslich k ei ts werte der Basen bei Fällung ans einer Lösiinj; von 2(K) cih\
Zu den einzelnen Baseumeneen ist hinzuzufügen :
Total X
Araino N
Nichtamiuo N i
00032
00038
00005
00026
0-00()R
0-0U13
0-0005
0()l)2()
0(X)24
00025
OOOOO
OOO(K)
00052
üO<»4i)
Arginin N
Histidin N
Lysin N
Cystin N
Summe (abzuziehen von den Filtrat-
Resultaten)
Genauigkeitsgrenzen der Bestimmungen. Die maximalen und
mittleren Unterschiede, welche Doppelanalysen bei (iliadin. Edestin, Haaren.
Gelatine, P'ibrin und Hämocyanin ergeben haben, sind, in Frozentgehalt
des Totalstickstoffs der Proteine ausgedrückt, aus folgendei- Zusammen-
stellung ersichtlich:
Tabelle III.
Maximaler Unti-r-
■ schied zwischen
DoppelbPstimrauDKon
UurrhschnittP-
differenz
Ammoniak N
Melanin N
Cystin N
Arginin N
Histidin N
Lysin N
Amino N im Filtrate. der Basen
Nicbtamino N im Filtrat . . . .
0-37
0'5()
011
1-27
214
1-23
1-60
1-20
(0-93)
((rno)
012
0-20
005
0-73
0 7i)
061
063
()-6S
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V.
65
1026
Donald D. van Slyke. Die Analjse von Eiweißkörperu etc.
Die höchsten Unterschiede für Histidin (bei Edestin-Analysen) und
für Aminostickstoff des Filtrates (bei Haaranalysen) sind etwa zweimal
so groß als irgend eine andere, bei den obigen Analysen gefundene Ab-
weichung. Die nächst niederen Werte, die in Klammern gesetzt sind, be-
laufen sich auf Unterschiede, die bei Doppelbestimmungen normalerweise
zu erwarten sind.
Als Beispiele für Analysenresultate von Eiweißkörpern seien die
Ergebnisse von den unten angegebenen 7 Eiweißstoffen angeführt. (Ta-
belle IV.) Die Menge des im Gliadin gefundenen Lysins ist so gering, daß
sie noch innerhalb der Fehlergrenze hegt. Das negative Resultat an Cystin
bei Gelatine und Hämoglobin besagt, daß durch die Phosphorwolframsäure
nichts davon niedergeschlagen worden ist; im Filtrat könnte doch 0-5o/o
in unveränderter Form vorhanden sein. Bei den Resultaten sind die für die
Löslichkeiten der Basen erforderlichen Korrekturen angebracht : alle Werte,
mit Ausnahme derjenigen beim Hämoglobin, sind Durchschnittszahlen von
Doppelbestimmungen. Die einzelnen Resultate drücken aus, wieviel
Prozent Stickstoff in den betreffenden Aminosäuren oder Gruppen in
den Proteinen, bezogen auf den Total stickst off, vorhanden sind.
Tabelle IV.
Gliadin
(Weizen)
Edestin
(Hanf)
Haar
(Hund)
Gelatine
Fibrin
(Merck)
Häraocy-
anin
(Liraulus)
Hämo-
globin
(Rind)
2552
9-99
1005
2-25
8 32
5-95
5-24
0-86
1-98
7-42
007
317
1-65
3-6 ;
1-25
1-49
6-60
0-00
0-99
0-80
0-0
5-71
27-05
15-33
14-70
13-86
15-75
7-7
5-20
5-75
3-48
4-48
4-83
13-23
12-7
0-75
3-86
5-37
6-32
11-51
8-49
10-9
51-98
47.55
47-5
56-3
54-2
51-3
570
8-50
1-7
3-1
14-9
2-7
3-8
2-9
99-77
99-37
98-85
99-02
99-58
100-95
(1000)
Ammoniak N ...
Melanin X
Cystin N
Arginin N
Histidin N
Lysin K
Amino-N des Filtrats
Nichtamiuo-N des Fil-
trats (Prolin, Oxy-
prolin, 72 Trypto-
phan)
Summe:
Um aus den obigen Zahlen der Stickstoffprozente zu berechnen,
wieviel Gramm Aminosäure auf 100 ^ Protein entfallen, können die fol-
genden mittleren Faktoren herangezogen werden, die sich ergeben, wenn
man für jedes Protein ITVo Stickstoff annimmt. Der Stickstoffwert für
Arginin wird mit 0'528 multipliziert, derjenige für Histidin mit 0*626, der
für das Lysin mit 0'886 und der des Cystins mit 1-46.
Die Zimtzsclie Methode der Gasanalyse.
Von Franz Müller, IJorlin.
In Band III, Abt. I, dieses Handbuchs (S. 610) ist auf die Be-
stimmung der Kohlensäure nach dem Thermobarometerpi'inzip hi^ge^Yiesen
worden. Eine genauere Beschreibung des Prinzips war auf 8. 575 gegeben,
die des Apparates von Zuntz unterblieb dagegen, da sie in einem späteren
Abschnitt des Handbuchs bei dei' Besprechnog der Methodik des Energie-
stoffwechsels erfolgen sollte. Auf S. lloG (Band III. Abt. 2) ist zwar der
von Zuntz angegebene Analysenapparat skizzenhaft wiedergegeben (Fig. 323),
aber die Analyse selbst nicht eingehender beschrieben worden. Das soll im
Folgenden kurz nachgeholt werden.
Das von iV. Zuntz ausgearbeitete gasanalytische Verfahren ist eine
Modifikation der Hempehchen Anordnung. M
Der Analysenapparat (s. Fig. 235) ^j besteht aus mehreren (lasbiiretten,
in denen die Messung der Gasvoluniina und 4 ripetten, in denen die .\b-
sorption der Kohlensäure und des Sauerstoffes stattfindet.'') Die ersteren,
7 an der Zahl, stehen in einer mit Spiegelscheiben versehenen, mit Wasser
gefüllten Wanne. Die mittlere lUirette dient als thermobaronietrisclier Kon-
trollapparat, die übrigen 6 bilden, zu je dreien symmetrisch angebracht,
zwei gleiche Gruppen zur gleichzeitigen Anstellung von 2 Analysen. In den
2 seitlich am weitesten nach außen stehenden, die von 99() — lült) cm^
1) In der Arbeit von A. Loeivy (Pfl. Arch. 42, S. 267, 1888) ist die Metliodik noch
fast gleich der Hempelschan: HetnpehchQ Bürette und Absorptionspipetto für Kohlen-
säure. In der Arbeit von Katzenstein (Pfl. Arch. 49, S. 335) finden wir schon das sog.
Thermobarometcr nach N. Zuntz'' Angaben, al)er in der Form, daß ein unten geschlos-
senes Glasrohr von dcmsellien Kaliber wie die IIenipoll)ürette oben mit einem im rechten
Winkel stehenden engen, feingeteilten Rohr von 1 cnr^ Inlialt in Verbindung stellt. In
diesem befindet sich ein gefärbter "Wassertnipfen, der bei Weciisel von Temperatur und
Druck in dem Köhrcheu wandert. Die endgiltige Form findet sich bei .('/. Mik/hus Lci-y
(Pfl. Arch. 55, S. 14 ff. und Tafel I, 1894).
^) Der Apparat kann von den Vereinigten Fabriken für Laburatoriumsbedarf,
Berlin N., fertig bezogen werden.
^) Die auf Fig. 235 dargestellte, sehr zweckmäßige Form der Absorptionspipetten
wurde von J. Paecktner angegeben. (Inaug.-Diss. Gießen. Verlag li. 6'c/ioc/r-Berlin, 1909.
Fig. 1 u. 1«.)
65*
Die Zuntzsche Methode der Gasanalyse. 1029
in Zwanzigstel gc^^il^ sind und ebenso wie die anderen 5 an der oberen
kapillaren Verjüngung nahe dei- Ei-weiteiung ihre Nullmarke tragen, werden
die zu untersuchenden Parallelproben eines Kohlensäure. Sauerstoff und
Stickstoff (und eventuell brennbare Gase) enthaltenden Gemisches durch
allmähliches Herabsinkenlassen des sie erfüllenden Wassers aufgesammelt.
Dies geschieht durch vorsichtiges Öffnen dei- Klemmschi-aube unten am
Schlauch zum Niveaurohr. Das Wasser muß so langsam sinken, daß keine
Tropfen an der Wand hängen bleiben (etwa 20 Minuten). Darauf läßt man
die 100 cm'^ (las einige Minuten stehen und liest untei- Einstellung des
Niveaurohres in Augenhöhe (s. Bd. II]. S. öTö) sowohl in den zwei seit-
lichen Röhren, wie im mittleren Theiinobarometerrohr den Stand ab. P.ei
kohlensäurereicheren Geraischen (über 0'5) darf das Gemisch vor der Ab-
lesung nicht länger als etwa 10 Minuten in den Büretten stehen. Das ge-
messene Volumen wird dann in die 2 äußeren Pipetten eingeführt, indem
das alle Röhren erfüllende, deuthch schwefelsaure Wasser, welches mit
einem Tropfen Rosolsäure gelb gefärbt ist, durch Heben des Niveaurohres
gerade bis an die obere Nullmarke (in Niveaustellung) herangeführt wird.
Diese zwei Pipetten sind mit etwa 40"/oiger wässeriger Kalilauge gefiült.
Kohlensäurearme Gemische bis zu etwa O'öVo werden darin nach einer
Minute kohlensäurefrei, solche mit mehreren Prozent Kohlensäure nach
etwa 5 Minuten. Die Absorptionsfläche ist durch eine große Reihe von in
der inneren (ilocke befindlichen Glasröhren vergrößert. Die Einstellung der
Kahlauge in den die Pipetten mit den Büretten verbindenden Kapillar-
rohren war so. daß die Lauge gerade die Hälfte des horizontalen
Teils des Kapillarrohrs, das dann nach unten abbiegt, erfüllte. Nachdem
man den zum Niveaurohi- führenden Schlauch wieder durch die Schraub-
klemme verschlossen hat, öffnet man die Verbindungen zwischen den
Kalilaugepipetten und dem zweiten Röhrenpaar. Bei tiefhängendem Niveau-
rohr und ganz wenig geöffneter Klemmschraube läßt man das Wasser in
den Büretten wieder so langsam absinken, daß sich an der Wand keine
Tropfenbildung zeigt. Sobald der weite Teil mit (ias erfüllt ist, schüeßt
man die oberen Verbindungen zu den Kalipipetten ab. öffnet die untere
Klemmschraube an dem langen Schlauch und reguliert, mit der einen Hand
das Niveaurohr senkend, mit der anderen einen oberen Quetschhahn öffnend,
das Eintreten des Gases in den engen Teil der einen Bürette, bis die Lauge
wiederum mitten in dem horizontalen Kapillarstück oben über den Pipetten
erscheint. Darauf schheßt man den Quetschhahn und macht dasselbe auf
der anderen Seite, i)
^) Die Bürettenröliren dürfen keine größeren Kaliberfclüer als 005 — 006 cm^ im
ganzen liesitzen, da sonst nach Auffangen einer 100 ciu^ etwas ül)orstoigonden Gasmcngc
eine kohlensäurearmc, durch die Kalilaugeupipetten gegangene Luft in den nur zwisciien
90'0 — 10000 (nicht tiefer!) geteilten zweiten Röhren die unterste Marke üherschreiten
kann, zumal wenn diese zweiten Röhren seihst einen größeren (negativen) Kaliliorfclih-r
haben. Die Büretten werden alle vor dem (iohrauch durch Auswägen mit Wasser
(20 Minuten-Ablauf) nachgeaicht und der Fehler in einer stets bereitliegenden Tabelle
verzeichnet (s. Berechnung Bd. III, S. 576).
1030
Franz Müller.
Nachdom das kohlonsäurefreie Gemisch abgelesen, wird es unter
Heben des Niveaurohres in die inneren zwei Pipetten unter Lüftung- der die
Verbindung' absperrenden Quetschhähne eingefüllt. Wiederum muß das
saure Wasser gerade an der Nullmarke am oberen Ende der Büretten
stehen. Dieses zweite Pipettenpaar aus braunem Glas enthält dünne, etwa
3 mm dicke Phosphorstangen, die zum Teil bis oben heran in die Ver-
engerung der inneren Glocke reichen. Sie stehen in destilliertem Wasser.
Wie in Band III, S. 626. erörtert (dort siehe auch die Herstellung der
Phosphorstangen), verläuft die Sauerstoffabsorption über 12 — 14" C und bei
einem Sauerstoffgehalt bis öO^/o sicher in 10 Minuten, solange die Phos-
phorstangen noch nicht mit brauner Schicht bedeckt sind. Unter 14" dauert
sie dagegen etwa eine halbe Stunde, unter 10" ist sie nicht mehr aus-
führbar. Man muß dann die Pipetten mit einem heizbaren Außenmantel,
in dem Wasser auf 25° erwärmt wird, umgeben.
Nach beendeter Og-Absorption wird das Bestgas nach vorherigem Ab-
klemmen des unteren Schlauches zum Niveaurohr und Öffnen der oberen
Quetschhähne, durch vorsichtiges Öffnen der unteren Schraube ganz lang-
sam in die dritte Gruppe von Büretten eingelassen. Diese sind von 75 bis
85 cm.^ in Zwanzigstel geteilt, da zwischen 78 und 81 crn^ Gasrest bei
Luft oder Atemgas zurückbleiben. Nachdem das Gas den weiten Teil der
Bohre erfüllt hat, schließt man die oberen Quetschhähne, öffnet die untere
Schraube und führt den Best, wiederum unter Leitung des Niveaurohres
mit der Hand, in den engen Teil der Büretten über, bis das Wasser aus
den Phosphorpipetten in der Mitte des horizontalen kapillaren Glasrohres
über den Pipetten erscheint.
Die kapillaren Verbindungsstücke sind immer mit Besten der vorigen
Analyse gefüllt. Das macht bei geringen Abweichungen und dem engen
Kaliber der Kapillaren keine Fehler. Sie werden dagegen deutlich, wenn
luft- und sauerstoffreiche Gemische abwechselnd analysiert werden. Dann
nniß eine Analyse ohne Ablesung durch das ganze System geführt werden,
bevor die erste brauchbare Bestimmung beginnt.
Wenn sauerstoffreichere Gemische (über 25" o) "ach dieser Methode
untersucht werden sollen und Phosphor zur Alisorption benutzt wird, so
muß die Mischung zuvor mit Stickstoff verdünnt werden. Nach Vorgang
von Durig absorbiert man zunächst den größten Teil des Sauerstoffs durch
Kupferlösung. ^) Zu diesem Zweck stellt man von dem aus den Kalilauge-
pipetten herabreichenden Kapillarrohr, bevor es das zweite Bürettenpaar
erreicht, eine kapillare Abzweigung nach hinten her. Dies Kapillarrohr
gabelt sich dann rechtwinklig bei horizontaler Lage. Der eine Schenkel
führt zu einer mit ammoniakalischer Kupferlösung und Kupfernetzen ge-
füllten Pipette (auf der Kupferlösung schwimmt zum Abschluß gegen Luft
*) Durifi empfiehlt auch Xatriumhydrosulfit (s. Bd. III. S. 628). Li Bd. III ist ebenso
■wie im Inhaltsverzeichnis des Bandes versehentlich Natriumtbiosulfat an Stelle von
Natriumhydrosulphit mehrfach bei der Korrektur stehen geblieben, während die Formeln
richtig sind.
Die Ziintzsche Methode der (Jasanalyse. lOHl
Paraffinum li(iuidum), der andere zu einer mit staiker Scliwefelsäure
gefüllten Pipette. Das von Kohlensäure befreite (ieniisch wird durch
Heben des Niveaurohres zunächst in die Kupferlösung gebracht (etwa
10 Minuten), darauf wieder in die gleichen Püretten zurück, dann in
Schwefelsäure, um es vollkommen von jeder Spur von Ammoniakdampf zu
befreien, da sonst die Phosijhorabsorption unmöglich wird, zum drittenmal
in die gleichen Püretten und zuletzt erst in die Phosphoipii)etteu. Wenn der
verbleibende Stickstoffrest klein ist und selbst die obersten S])itzen der
Phosphorstangen nicht erreicht, also nicht von den letzten Resten von
Sauerstoff befreit w^erden kann, empfiehlt es sich, in dem dritten Püretten-
paar einen Rest von Stickstoff von der vorigen Analyse aufzubewahren,
abzulesen und nach dem soeben gewonnenen Rest in die l'hosphor-
pipetten hineinzuleiten. Dadurch wird Kontakt mit den Thosphorstangen
ermöglicht.
Pei Gemischen mit weniger als Tö^/o und mehr als lUVo Stickstoff
kann man natürhch nicht die in der Fig. 2oö abgebildete Form der Stick-
stoffbüretten beibehalten. Man muß vielmehr Püretten wählen, die nach
dem kapillaren Anfangsstück eine oder mehrei e Erweiterungen von je etwa
10 cm^ Inhalt haben und dann in der ganzen Länge bis herunter an den
Rand derAVanne geteilt sind. Ihr Gesamtinhalt soll etwa 80 — -^Ocm^ betragen.
So ist man in der Lage, Gemische mit etwas über 10 — 40", „ Stickstoff zu
bestimmen. Hat man Stickstoff ärmere (unter 10'Vo)i so bleibt die kuglige
Erweiterung mit einem Stickstoffrest der vorigen Analyse erfüllt und man
füllt zu dieser gemessenen Menge den kleinen Rest der neuen Analyse
hinzu (s. folg. Peispiel), oder man benutzt die abgebildete Röhi-enform
und einen Rest von 75 cm^ N.
Wünscht man den Apparat sowohl für Luft- wie für Ausatmungsgas
und sauerstoffreiche Gemische zu benutzen, so muli das erwähnte enge
Stickstoffrohr zwischen den aus den Phosphorpipetten austretenden Ka])illar-
röhren und den zu den großen Stickstoffbüretten leitenden Kai)illaren an-
geordnet werden. Die großen Stickstoffbüretten werden dann durch Ab-
klemmen unten außer Petrieb gesetzt, i)
Die Analysenwanne ist mit stubenwarmem Wasser gefüllt , das mit
Hilfe eines Doppelgebläses stets vor jeder Ablesung gut durchmischt wird.
Um gute Resultate zu erhalten, ist es unbedingt erforderlich, daß die aus
der Wanne herausragenden, mit (ras gefüllten (ilasteile einen sehr ge-
ringen Inhalt besitzen (Kapillaren von '/-^ ''"" lichter Weite) und daß die
Temperatur des Raumes während des Verlaufs einer Analyse nicht stark
wechselt.
Die gröbsten Fehler, beim Anfänger regelmäßig, entstehen durch zu
schnelles Herablassen des sauren Wassers bei Aufsammeln der einzelnen
') Eine andere Form zur Analyse von hochprozentigem Sauerstoffhombengas zeigt
Fig. 236. Die oben genannten Modifikationen wurden für das Tierphysiologische Institut
der liind-wirtschaftlichen Hochschule und den Referenten von C. lilcckinan» und Burger,
Berlin N., Auguststraße 3a, hergestellt.
1032
Franz Müller.
Fig. 236.
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- .ll ' 'llp" 1
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■ilii Ir I ' &
IUI.".:'
dlitjfiiili^
Gasproben. Aber selbst wenn man die
Büretten im Laufe von 15 — 20 Min. sich
hat mit Gas erfüllen lassen, soll man
vor der Ablesung immer noch einipe
^Minuten warten, bis das Wasser an der
Wandung- der engen Rohrteile voll-
kommen her abgeflossen ist ; eine Vor-
sicht, die bei der Analyse stickstoff-
armer Gemische im Stickstoffrohr ganz
besonders zu beachten ist. Die Ablesung,
d. h. die Messung, geschieht mit Hilfe
des Xiveaurohres nach den im Band III.
S. 575 gegebenen Prinzipien. Dabei darf
man sich nicht wundern, wenn verschie-
dene Beol)achter um O'Ol — 0'02 diffe-
rierende Zahlen ablesen. Doch muß die
Abweichung regelmäßig eintreten und
für Bürette und Thermobarometer im
gleichen Sinne verlaufen. Ist dies nicht
der Fall, so ist entweder die Ablesung
falsch oder noch nicht vollkommener
Temperaturausgleich erreicht.
Von mehreren Seiten ist an Stelle
der die einzelnen Abteilungen des Appa-
rats trennenden Schläuche mit Quetsch-
hähnen die Verwendung von Glashähnen
empfohlen worden. Wir können zur Ver-
wendung von Glashähnen nicht raten,
dagesen verwenden wir nur noch, um
die Schläuche zu schonen, Stellquetsch-
hähne. Ist der Apparat außer Gebrauch,
so wird die Klemmschraube unten am
Niveaurohr geschlossen und die oberen
Schlauchverbindungen durch Öffnen der
SteUquetschhähne geöffnet. So schont
man die Gummiverbindungen außer-
ordentlich und kann bei Verwendung
von gutem roten ( iummi ( 1 mm lichte
Weite und 2 mm Wandstärke) den Ap-
parat jahrelang, ohne Erneuerung der
Schläuche, benützen.
rndichtigkeiten in den Schläuchen
treten am leichtesten an den Stellen
auf, in die Kahlauge gelangen kann.
Das muß man möglichst vermeiden, und
Apparat zur Analyse des hoehproz. Sauerstoffs.
Die Zuiitzsche Methode der Gasaiialyse.
lo:5:-i
wenn es einmal passiert, mit saurem Wasser <?ut auswaschen. Auch klemme
man die Schläuche nicht dicht am Glas ah und verwende nur vollkommen
rund abgeschmolzeue Kapillarstücke.
Nicht vermeiden läßt sich, daß sich allmählich in dem die Röhren
erfüllenden sauren Wasser Pilze bilden: man erschwert es durch Zusatz
einer reichlichen Menge Kupfer sulfat zu der durch Ilosolsäure gclhgefärbten
Lösung, sowie dadurch, daß man immer nur frisch filtriertes Wasser in
das Niveaurohr eingießt und das in ihm angesammelte immer wieder
filtriert. Haben sich aber an der Innenwand der Köhren Pilzkulturen ge-
bildet, die das Anhaften von Tropfen an der Wand auch bei langsamem
Herunterlassen der Lösung begünstigen, so bleibt nichts übrig, als die
Röhren durch Chromsäure und Schwefelsäure zu reinigen.
Beispiele der Genauigkeit, die man mit dieser Methodik unschwer
erreichen kann, bieten folgende Analvsen:
I. Respirations versuch.
Mit älteren, reparierten Röhren mit sehr hohen Kaliberkorrekturen.
(ias-
proben
Ablesung
Kohr-
korrektur
TB-
korrektur
Resultat
%
TB
Ablesung
Resultat
TB-
korrektur
,, , das
korrektur | Ablesung
99-75
96-45
79-53
100-33
96-45
8003
96-40
79-91
10000
9608
79-64
93-85
93-90
9400
10000
96-09
79-63
9617
79-69
10009 100-08
96-22 96-20 i
79-81 79-89
Endresultat: 3-92% CO., und 1644 «/o 0.,.
IL Sauerstoff re iche Gemische.
TB
Ablesung ' ^b e un.
cm* 1
Kohrkoirek-
tur (Fehler B korrigiert
der Büret- infolge TB-
tenkali- j Änderung
brierung)
Differenz N ^
cm' ">
i
Gasprobe A, 1 . .
- CO3
N-Rest in Stick-
stoffl)ürcttc . .
-f N-Rest der Gas-
probe ....
93-95
93-98
9401
9405
100-02
98-90
13-08
23-08
100-04
98-88
12-95
22-87
98-85
12-94
22-84
9-90
100-00
98-81
9-90
Gasprobe A, 2 . .
N-Rest in Stick-
stoffbürette . .
-f N-Rest der Gas-
probe ....
94-11
94-12
94-18
100-07
1306
23-07
100 09
12-93
22-86
12-93
22-84
9-91
1(X)-(.MJ
9-90
lOU
Franz Müller. Die Zuntzsche Methode der Gasanalyse.
TB-
Thermo-
barometer
Ablesung
B
Gasprobe
Ablesung
Eohrkorrek-
tur (Fehler
der Bttret-
tenkali-
brierung
B korrigiert
infolge TB-
Änderung
Differenz N
Gasprobe B, 1 .
N-Rest in Stick-
stoffbürette .
N-Rest der Gas-
probe . .
94-63
94-65
94-69
100-00
2910
10002
28-88
28-87
28-87
100-00
28-87
Gasprobe B. 2 .
N-Rest in Stick-
stoffbürette .
N - Rest der Gas-
probe . . .
94-67
94-68
94-69
99-98
29-07
100 00
28-85
28-85
28-85
10000
28-85
Bedenkt man, daß 3 Doppelanalysen von Luft oder Respirationsgas
etwa 70 Minuten erfordern, da man während der Absorption im Phosphor
schon eine neue Probe einlassen und abmessen kann und die Gase aus den
Pipetten zugleich in 4 Büretten einlassen kann, und daß eine Doppelana-
lyse von sauerstoffreichem Gemisch auch nicht über eine halbe Stunde
dauert (20" Zimmertemperatur angenommen), so dürfte wohl schwerlich
eine andere Methodik schneller und bequemer arbeiten
keit von O'Ol— O'OS Vol.-Vo CO2 und von O'0 1—0-02 Vol.
für die meisten Fälle.
Auch die Genauig-
(h
genügt
Fig. 237.
B
Nene Apparate für Stoffwecliselversuclie.''
\'oii Wilhelm Völtz, Charl()ttoiil)iiri;-.
A. Stoffwecliselapparate für Hunde.
i. Harntrichter für männliche Hunde.
In diesem Haiulbuch-) ist bereits ein Harnt richtcr für ausjjewach-
sene Hnnde beschrieben worden. Die foli>-ende l-'ig. 237 zeif^t einen in der
Form etwas abweichenden Harntrichter für jnnge Hunde.
Während der obere Rand (U's Harntrichters für ausgewachsene Hunde
entsprechend der Aufgeschüiztheit des Al)domens bei letzteren etwas
konvex oder jedenfalls gradlinig sein
muß, um ein gutes AnUegen zu bewirken,
muß derselbe an den Harntrichtern für
junge Hunde konkav sein, um der kon-
vexen Profihinie des Hinterleibes genau
anzuliegen. Die Form dieses Trichters
ist in der Fig. 237 wiedergegeben. Der
Harn fließt von Fig. 237 A durch das
Rohr Fig. 237 C und einen auf letzteres
auf gestreiften Gummi schlauch in die
Harnflasche. Fig. 237 ^ und B' Ösen
zur Aid)ringung des Riemens und derC-'
Schnalle, die auf dem Rücken des
Tieres in der Lendengegend befestigt werden, wie in der früheren l'ubli-
kation (I.e.) genauer angegeben. In den beiden seitlichen Trichterwiincb'n
muß je eine Öffnung voi-hand(>n sein, wie aus der Fig. 237 ersichtlich,
um den Luftzutritt zum Innenraum des Trichters zu ermöglichen, denn
bisweilen schließt letzterer so vollkommen, daß bei Nichtvorhandensein
solcher Öffnungen eventuell eine Stauung von Harn im Trichter ein-
treten könnte.
M Sämtliche Apparate sind bei den Vereinigten Fabriken für Laboratorinmsbetiarf.
Berlin N. 39, Schanihorststr. 22, erliältlich.
■'') W. Völtz, Stüffwe'chselversucho an IIiukIimi, Wicdorkänorn und Vögeln etc.
S. 1040-1063. 1910.
1036
AVillielm Völtz.
ß
2. Harntrichter für Hündinnen.
Ein trichterförmiges Rohr umschließt mit dem oberen, vorspringen-
den, abgerundeten Eande (Fig. 238 A) die A'ulva. Um dieses Rohr am
Tierkörper gut zu fixieren,
wird an dasselbe ein Mantel
gelötet, dessen Form aus der
Fig. 238 ersichtlich ist.
Der in den Trichter ge-
lassene Harn fließt durch das
Rohr C (Fig. 238) und den auf
dasselbe gestreiften Gummi-
schlauch in die Harnflasche.
B, B\ B2 und B^ (Fig 238)
Ösen zur Anbringung von
Riemen. Die mit B korre-
ß^
ß'-
Fi!?. 239.
a Halsriemen. — b Eückenrienien. — c Bauchriemen vom Hals zum Trichter. — d Ver-
bindnngsriemen zwischen Kückenstück und vorderen Teil des Harntrichters. — e Verbin-
dungsriemen zvrischen Kückenstück und hinteren Teil des Harntrichters. — /Harntrichter,
— g Wulst des Harntrichters, der die Vulva umschließt. — h Vulva. — i Harnflasche,
die man sich unterhalb des Standes der Tiere zu denken hat.
spondierende vierte Öse auf der rechten Seite des Trichters ist auf der
Fig. 238 nicht zu sehen.
Neue Apparate für Stoff wcclisclversiiche. 1087
Die Fig. 239 zeigt die Anhiiu'-iniu des Trichters zwischen den
Schenkeln einer Hündin und die An()r(hiung- des Iliemenzeuges, iiin den
Trichter zu fixieren.
Der Bauchriemen (Fig. 239, o) wird an der vordersten Öse (Fig. 238 5»)
des Harntrichters befestigt, zwischen den vorderen Kxtreinitäten des
Tieres, dem lUustbein aufUegend, (hhchgetuhrt und an (h-r unteren Seite
des Halsbandes angeschnallt. Der Hiickenriemen (Fig. 230. h) verliiuft auf
der Rückenmitte von der Schwanzwurzel bis zum hinteren oberen Rande
des Halsbandes.
Der Harntrichter paßt Hündinnen verschiedener Größe so gut. daß
derselbe, auch wenn die Tiere laufen, seine Lage nicht ändert. Nim- für
sehr kleine oder sehr große Tiere sind entsprechend kleinere oder größere
Trichter zu verwenden.
Die Trichter bestehen aus Messingblech, sind iiuieii verzinnt und
außen vernickelt. Die Benutzung eines solchen Ti'ichtei-s ist not-
wendig, wenn es sich um Tiere handelt, die auf (h'r Tretbahn tiiglich
Laufarbeit leisten sollen. Die Anbringung des Schlauches au ilcu Trichter
und die seithche Herausführung desselben aus der Tretbahn zur llarn-
flasche. wie sie in der früheren Publikation (1. c.) für männliche Hunde
beschrieben ist, behindert die Tiere so gut wie gar nicht, schließt dagegen
auch den kleinsten Harnverlust aus. der andernfalls leicht eintreten kann
und der eventuell, wenn man das Tier nicht unausgesetzt scharf beobachtet,
nicht wahrgenommen wird.
B. Apparate für Stoffwechselversuche an Schafen.
1. Der Stoff Wechselkäfig (Fig. 240).
Derselbe besteht aus einem eisernen, entsprechend starken IJaliini'U
mit Eisenblechwänden und ist mit einer geeigneten Farbe gestrichen, die
vor Rost schützt. Abweichend von der bisher meist üi)lichen .Vnordnung
sind die aus emailhertem Eisenblech bestehenden (iefäße zur .Vufnahme
des Futters und des Trinkwassers nebeneinander angebracht ( l'ig. 240. h be-
ziehungsweise Ä').
Diese Behälter werden durch eine seitliche Türöffnung (Fig. 240. d) in
die vordere Abteihnig des Käfigs geschoben, welche durch eine mit 2 Offnungen
zum Durchstecken des Kopfes versehene Scheidewand (Fig. 240. /) von dem
hinteren Teile des Käfigs getrennt wird, der als Stand für das Tiei- i>e-
stimmt ist. Die Kanten der Gefäße sind in allen Teiii'u abgerundet, um
eine möghchst leichte Reinigung derselben bewirken zu können. Das Wasser-
gefäß (Fig. 240. h^) kann auch durch eine besondere kleine Tüi' (Fig. 240, e)
von vorn herausgezogen, bzw. eingebracht werden. Zwischen beiden Krii)pen
ist eine Scheidewand (Fig. 240. m) vorhanden, damit das Tier nicht ohne
weiteres zu beiden Behältern gelangen kann. Fs muß vielmehr zu dem Zweck
jedesmal den Kopf erst aus der einen (Öffnung (Fig. 240. l l)zw. Fig. 240. i')
1038
^Vilhelm Völtz.
herausstecken, um dann durch die andere Öffnung an den Inhalt des betreffen-
den Gefäßes heranzukommen. Diese Öffnungen (Fig. 240, i bzw. i') können
durch eine besondere Vorrichtung (Fig. 240. ä;) vergrößert resp. verkleinert
werden. Über beiden Klippen befinden sich trichterförmige feste Einsätze
(Fig. 240, g und g'), welche im unteren Teil ein geringeres Lumen be-
sitzen als die darunter stehenden Behälter. Durch diese Konstruktion wird
bewirkt, daß Futterbestandteile, welche das Tier mit den Lippen heraus-
Fig. 'J40.
hebt und wieder fallen läßt, sofort wieder restlos in das betreffende Gefäß
zurückfallen. Die vor und über den Futtergefäßen befindhche A'orderwand des
Käfigs besteht aus Gitterstäben, um das Schaf leicht beobachten zu
können. Um bequem zu beiden Abteilungen des Käfigs gelangen zu
können, sind 2 entsprechende Türen an einer Seite vorgesehen, von denen
die eine (Fig. 240, b) nach links, die andere (Fig. 240, d) nach rechts ge-
öffnet werden kann. Außerdem befindet sich auf der Rückseite des Käfigs
Neue Apparate für Stoffwechselvorsurlie.
1039
eine Tür (Fig. 240, n). Der vom Ihiriitrichtcr aht'iihiciKlc Sclilaiich wird
durch eine am Boden des Käfigs befindliche, auf der Fig. 240 nicht sicht-
bare (")ffnnHg hindurchgezogen, um von hici- in die auf ciucr (hiruntcr
befindlichen Platte (Fig. 240, /) stehende Harnf lasche gesteckt zu wei-den,
2. Harntrichter (Fig. 241) und Kotfänger (Fig. 242) für männliche
Schafe.
Der bisher meist übliche Hai-ntrichter hatte insofern einen Nachteil,
als beim Liegen des Tieres die Last des Körpers zum Teil auf dem
Rande des mit steilen Wänden versehenen Trichters ruhte, so daiJ bis-
Fig. 241.
Fig. 242.
E'
F
E
weilen, wenn nicht durch besondere Polsterung des Randes Hautabschür-
fungen verhütet wurden, letztere schwer zu vermeiden waren. Diesem
Übelstand ist abgeholfen durch den in Fig. 241 dargestellten Harntrichter,
welcher mit seiner ganzen Fläche dem Leib des Tieres aufliegt und nur
eine entsprechencU\ schlitzartige, sich nach vorn erweiternde Offnuiiu zui'
Aufnahme des Penis (Fig. 241. D) aufweist.
Die im vorderen Teil des Trichters erweiterte Offming geht in ein
Ansatzrohr über (Fig. 241, D'), über das ein Schlauch zwecks Ableitung des
Urins zur Flasche gestreift wird. Um ein .Vbklemmen des Schlauches zu
verhindern, ist das Ansatzrohr mit einem halbkreisföi-migen , vorn offenen
starken Fuß (Fig. 241, F) versehen, auf dem der Trichter ruht, wenn das
Tier liegt. E, E' und E" Ösen zur Anbringung der Hienien.
1040
Wilhelm Völtz.
Durch eine entsprechende, gleich zu beschreibende Vorrichtung ist
an diesem Harntrichter der Kotfänger (Fig. 242) angebracht, welcher
zwischen den Hinterschenkeln, deren äußeren Form er genau angepaßt ist.
befestigt wird. l)ersell)e wird durch Riemen in dieser Lage fixiert. An dem
hinteren Rand des Kotfängers ist ein Ring mit einer Anzahl Schnallen
zur Befestigung des Kotbeutels angelötet. Zwei seitliche Metallflügel ver-
hindern ein Abgleiten des Kotes über den äußeren Rand des Ringes,
welches andernfalls leicht eintreten wtii'de, wenn des Tier liegend den Kot
absetzt. Am vorderen Ende des Kotfängers ist durch ein Scharnier die
\'erbindung mit einer Gabel hergestellt, welche das Skrotum umfängt und
mit dem Harntrichter (Fig. 241) in entsprechender Weise verbunden ist. Die
besondere Anbringung des Riemenzeuges mittelst eines Kummets ist aus
der betreffenden Abbildung für weibliche Schafe (Fig. 245 j zu ersehen.
3. Harntrichter, Kotfänger und Vorrichtungen zum Anbringen der-
selben bei weiblichen Schafen.
^ Die Form des Harntrichters für weibliche Schafe zeigt die folgende
Fig. 243, die im Prinzip dem Harntrichter für Hündinnen entspricht, außer-
dem jedoch gleichzeitig durch einen besonderen ringförmigen Ansatz mit
Fiff. 243.
2 Flügeln (Fig. 243^ und Ä') und einer Anzahl Schnallen (Fig. 2435 und B')
die iVnbringung des Kotbeutels und die Sammlung des Kotes ermöglicht.
Fig. 243 D ringförmiger Wulst, der die Vulva umschheßt, Fig. 243^, E'
und E" Ösen zur Anbringung der Riemen.
Dieser Trichter ist ebenso wie der bereits beschriebene für Hün-
dinnen und Hunde aus Messing gefertigt, außen vernickelt, innen verzinnt.
Neue Apparate für Stoffwechsclversuche.
1041
Fig. 2U.
Die Stellung des angebrachten Trichters zeigt die Fig. 244.
Trotz der beim Schaf sehr geringen pjitferiiuiig von Vulva und'Aiius
gelingt die Gewinnung und
Trenining von Harn und Fäzes
mittelst des in Fig. 244 darge-
stellten Trichters leicht quan-
titativ. Der Trichter bleibt
nicht nur beim Stehen und
Liegen des Tieres unverändert
in seiner Lage, sondern er
wird auch nicht aus derselben
entfernt, wenn man das Tier
laufen läßt.
In Fig. 245 ist die Be-
festigung des kombinierten
Harn-Kotfängers mittelst Rie-
menzeuges so dargestellt, daß
auf eine besondere Erläute-
rung der Einzelheiten wohl « Anns. - /rvulva. - Wnlst des Hai ntnchters «Inrch-
verzichtet werden darf. ^^'°'"^°^- " " ""TefK:tbenteis''°''"'''- " •'""'"^'''
Fig. 245.
n Kummet. — b Rückenrieraen. — c Bauchriemen vom Kummet zum 'rrichter. — <l Vor-
bindungsriemen zwischen Kückenstück und vorderem Teil des Harntrichters. — e Verbin-
dunfjsriemen zwischen Rückenstück und liinterera Teil des Harntrichters. — / Hing zum
An?chnalleu dos Kotbentels. — g Kotbcutel. — /( Wulst des Hanitrichters, der die Vulva
umschließt. — ( Harnflasche, die man sich unterhalb des Standes des Tieres zu denken^hat.
Es sei nur hervorgehoben, daß die \'erwendung eines Kummets, wie
solches in Fig. 246 noch besonders zur Darstellung gebracht wird, weseiit-
Abderhalden, Handbach der biocbemiBchen Arbeitsmetboden. V.
66
1042
^Yilhelm Völtz.
Vis. 24G.
liehe \'orzüi;e vor dem bisher meist ül)licheii Halsriemen besitzt. Das
Kummet kann entweder aus Holz. z. B. aus Eschenholz oder aus Weißbuchen-
holz Jetc. oder auch aus Metallrohr gefertigt werden. Dasselbe paßt Tieren
verschiedener Größe und es ist im allgemeinen nicht erforderlich , ein
verstellbares Kummet
zu benutzen; ist das
aus besonderen Gründen
erwünscht, so kann die
Verstellbarkeit z. B. in
der Weise erfolgen, wie
aus Fig. 246. d er-
sichtlich.
Wenn ülirigens
das Kummet so wie es
in der Fig. 246 darge-
stellt ist, am lebenden
Tier fixiert sein soll, ist
es erforderlich, um eine
Verletzung des Tieres
zu verhüten , eine ge-
eignete Lederkappe über
die beiden oberen Enden
des Kummets zu knö-
pfen, die in der Fig. 246
nicht zur Darstellung
ist , um die
der Stellvor-
richtung nicht zu ver-
decken. Durch die Ver-
wendung eines Kum-
mets werden jegliche
Druckschäden , also
Hautabschürfungen etc.,
ausgeschlossen i ) und vor
allem bleibt der Rücken-
riemen stets in seiner
Lage fixiert.
Um die Zeichnimg
Fig. 245 nicht allzusehr
ist die Harnflasche, ebenso wie in Fig. 239 bei der Hündin
den Vorder- und Hinterfüßen des Tieres gezeichnet worden. In
ist das natürlich nicht angängig, sondern der Schlauch muß.
gebracht
Zeichnung
zu vergrößern,
zwischen
Wirklichkeit
') Die natürlich bei der Verwendung eines gepolsterten Riemens auch nicht ein-
treten können.
Neue Apparate für Stoff wechselversuche. 1043
wie bereits beschrieben, durch eine besondere, ;ini Uodcn hctindüchc Öff-
nung in die unter demselben stehende Flasche, bzw. bei Hunden scitHch
aus der Tretbahn geführt werden.
BezügUch des Materials der zu verwendentk'U Schläuche möchte ich
bemerken, daß sich der reine Taragummi nach meinen Erfahrungen hierzu
am besten eignet. Schläuche aus anderen (iummisorten. speziell mit hojiem
(iehalt an anorganischen Bestandteilen, werden insbesondere (hiicli den
lirin von Wiederkäuern bald brüchig und unbrauchbar.
C. Stoffwechselkäfig für Ratten.
Zu einem Stoffwechselkäfig für Batten kann man zweckmäl.iig eine
Flasche mit abgesprengtem Boden l)enutzen. wie sie in der Fig. 247 zur
Darstellung gebracht wird.
Der Durchmesser des Bodens dieser Flasche beträgt zirka 2i> cm. Die
sich nach dem Flaschenhals zu trichterartig verjüngende Flasche erhält
2 aus Glasstäben gefertigte Einsätze, deren unterer (Fig. 247, E), auf
welchem der Kot liegen bleibt, etwa nur 3 mm breite Öffimngen aufweist,
welche den Harn durchfließen lassen. Der obere, mit (ilasfüßen versehene
Einsatz (Fig. 247, D), welcher einen Abstand von zirka 3 — 5 cm von dem
unteren Einsatz (Fig. 247, E) hält, dient als Boden für das \'ersuchstier.
Die (Ilasstäbe sind hier weiter, zirka 8 — 10 mm. voneinander ent-
fernt, um Kot und Harn hindurchfallen zu lassen. Letzterer fließt durch
den unteren Einsatz (Fig. 247, E) in das imter den Käfig gestellte Becher-
glas (Fig. 247. K). Zirka 20 mm über dem oberen Einsatz (Fig. 247. D)
weist der Käfig 2 runde Öffnungen von je 30 — 35 mm Durchmesser auf,
um das Hindurchstecken des Kopfes zwecks Futter- und Wasseraufnahme
zu ermöghchen. Einige kleinere Durchbohrungen von zirka 10 mm Durch-
messer (zirka 8 — 10 cm^ über dem oberen Einsatz) sorgen füi' genügende
Luftzufuhr. Fig. 247, G und G' bzw. Fig. 248 zeigen die ais Futter-
gefäße dienenden Glasnäpfe, welche bei der aus den Figuren ersichtlichen
Stellung zirka 25 cm^ fassen. Die Anbringung dieser Futternäpfe erfolgt
in der Weise, daß Glasleisten mit Falz zu beiden Seiten und unterhalb
der Öffnimg z. B. mit Kanadabalsam oder Natronwasserglas aufgekittet
werden, welche das Hineinschieben und somit Fixieren der (ilasränder der
Näpfe gestatten.
Die Auswechslung der Gläser und Beinigung derselben geschieht in
sehr leichter Weise, auch ist der Käfig leicht und vollkommen zu reinigen.
Bekanntlich fressen die Batten das Futter vorzugsweise aus den \(U-dei-
pfoten und verstreuen es während des Fressens zum Teil vor dem
Futternapf. Um mm ein Durchfallen von Futterbestandteilen durch den
Glaseinsatz nach Möglichkeit zu verhindern, wird zweckmäßig eine um-
ränderte Platte, der aus Fig. 247, H ersichtlichen Form, die ich als Futter-
tisch bezeichnen möchte, vor dem Futternapf angebracht. Der ai)gesprengte
Boden der Flasche (Fig. 247, B) dient als Deckel des Käfigs und weist
1044
Wilhelm Völtz.
Fig. 247.
,B
Fig. 248.
einige Öffnungen auf, um den Lufteintritt zu gestatten: erforderlichenfalls
kann eine kontinuierliche Ventilation des Käfigs,
z. B. mittelst einer kleinen Wasserstrahlpumpe,
leicht erfolgen. Um ein Abgleiten und Herabfallen
des Deckels auszuschließen, kittet man zweckmäßig
unterhalb desselben an den unteren äußeren
Flaschenrand zirka 3 darübergreifende Glas- oder
Porzellanleisten (Fig. 247, C). Statt des als Deckel
dienenden Glasbodens der Flasche kann ein Deckel
aus engmaschigem Drahtnetz benutzt werden. Der Käfig Avird auf einen
Neue Apparate für Stoffweehselversuche.
1045
gut passenden eisernen Dreiful). wie derselbe in l'i^-. 247. /' dargestellt
ist, gesetzt. Es sei schließlich noch bemerkt, dali vor die (H'tiiiinjien eng-
maschiges Drahtnetz zu bringen ist. um kleinen Insekten das Kindringen
in den Käfio' zu wehren.
D. Korsett aus Drahtnetz für Hunde.
Nach der Austuhrung von \ivisektionen speziell im iJereiche des
Abdomens, also beispielsweise nach der Anlegung von Magen- und Darm-
fisteln, Einführung von Kanülen etc., ist es zumeist sehr schwierig, die
Fig. 249.
" Drahtnetz. — b l>' Verschlüsse. — c c' Scharniere. — dtl' runde Blecheinfassung. —
«Kette. — / Karabinerhaken zum Befestigen ara Halsbande, —g Halsband mit zwei Ringen.
Hunde so zu bandagieren, daß sie nicht an das Operationsfeld, sei es mit
den Zähnen, oder wenn sie einen Maulkorb tragen, mit den Tfoten ge-
langen können. Ein Freilassen so ojierierter Tiere nach Heilung der
Wunde, welches im Interesse der längeren (iesunderhaltnim sehr i'rwiinscht
wäre, ist zumeist ausgeschlossen, wenn man niii- ll;iiiilai:en ans Eeinen,
IJaumwoUe etc. auch mit darüber angebrachter Lederbinde anwendet. Das
in der folgenden Fig. 249 dargestellte Korsett beseitigt diese l'belstände
und verhindert auch vor. allem, dal) die Tiere durch .Vrtgenossen. mit (U'Uen
sie zusammen, z. R in einem dazu bestimmten Kaum, im Freien unter-
gebracht sind, an den operierten Organen verletzt werden.
1046
^Yilhelm Voltz.
Das Korsett Fig. 249, a ist leicht um 2 ventral aniiebrachte Schar-
niere (Fig. 249. c und &) auseinander zu klappen. Es wii-d auf dem Rücken
durch eine entsprechende \'orrichtnn»-, z.B. durch Karabinerhaken (Fig. 249, h
und b'), befestigt und weiterhin, um ein Abstreifen über das Becken zu ver-
hindern' ). durch 2 Ketten am Halsband fixiert. Für männliche Hunde muß dieses
Korsett einen entsprechenden Schlitz aufweisen, um eine Verletzung des
Penis auszuschließen und denselben, ohne daß er vom Korsett berührt
wird, hindurchtreten zu lassen. Auf die vorderen und hinteren Ränder
(Fig. 249, d und d'} dieses Drahtnetzes ist Metallrohr mit rundem Quer-
schnitt mid zirka 10 — Ib mm Stärke aufzulöten, damit eine Verletzung
der Ellenl)0gen, der hinteren Winkel der Schulterblätter und der Knie,
die andernfalls leicht vorkommen würde, verhindert wird. Durch das Korsett
werden die Bandagen gut fixiert. So ausgerüstete Hunde kann man nach
Heilung der Wunde frei umherlaufen lassen und sie dadurch länger für
^>rsuchszwecke gesund erhalten, als es l)ei dauerndem Aufenthalt im engen
Käfig und Laboratorium oder Stall möglich wäre.
E. Apparate zur quantitativen Bestimmung des Alkohols der
Atmung an Hunden bei Ruhe und Muskelarbeit.')
1. Eine Glasglocke mit Gummikappe zwecks Bestimmung
des exhalierten Alkohols bei Ruhe
der Glocke (1) wird eine Gummikappe
Fig. 250.
(Fig. 250). Über die Öffnung
{2) gestreift, durch die (a)
der Kopf des Tieres hindurch-
gesteckt werden kann. Der
innere Rand der Gummikappe
umfängt den Hals des \'er-
suchstieres. Einige Öffnungen
in der Kappe (2 b), in die
kurze Glasröhren gesteckt
werden, gestatten den Luft-
zutritt zum Innenraum der
(xlocke. Der Gummikappe
gegenüber wird die Mitte der
Glocke durchbohrt, um einen
Gummistopfen mit Glasrohr
einzufügen (5), durch welches
die an dem Kopf des Tieres
vorbeistreichende Luft durchgesaugt Avird, welche sodann die zur Oxy-
dation des Alkohols eingeschalteten P)ichromatschwefelsäurevorlagen und
zuletzt die Luftpumpe passiert. Da Hunde lediglich durch die Maulhöhle
und die Nase AVasserdampf und somit Alkohol ausatmen, gelingt es, durch
1 Glasglocke. — 2 üummikapiie. — a Öffnung zura Durch-
stecken des Kopfes. — ? h Glasröhrpn zur Luftzufuhr. —
3 Glasrohr zur Luftableitung.
*) Ein Abstreifen über das Vorderteil des Körpers kommt nicht in Frage.
^) Siehe auch Pflügers Archiv für die gesamte Physiologie, Bd. 142, S. 48—52. 1911.
Neue Apparate für Stoffwechselversiiche.
1047
(liose Anordiiniifi' den oxhaliertcii Alkohol (|uaiitit;itiv zu l)cstiminc!i. Die
Glasglocke ist übrigens nur hei Kuheversuehcn zu verwenden, weil dem
Tier die physil-caliselie Wärmeregulation hei Arheit in dem imgekidilti'n
Raum nur sehr unvollkommen möglieh ist.
2. Auf demselben Prinzip beruht die Konstruktion .-iner
Blechraaske, welche für die Arbeitsversuche noch mit Kiihlmantel ver-
sehen wird. Die Fig. 251 zeigt das \orderteil eines mit entsprechendem
Geschirr (2) und Maske (1) armierten Hundes.
Die Dlechhaube (i) gestattet eben das Ilimluichsteckeii des Kopfes.
Der Maulhöhle gegenüber trägt die Haube ein Ansatzrohi- (7). durch das
die von der Luftpumpe angesaugte und am Halse (6") lunl Kopf drs Tieres
vorbeiströmende Luft abgeleitet wird und sodami die \'orlagen und sehlielj-
lich die Pumpe pas-
siert. Um dem Hund Fig. 251.
die physikalische
Wä rmeregulation bei
der Mukelarbeit zu
erleichtern, bzw. in
genügender Weise zu
ermöglichen, ist um
den vorderen Teil
der Maske ein Blech-
mantel ( 5) gelötet, der
für Wasserkühlung
bestimmt ist und zu
dem Zweck zwei An-
satzrohre [4 und 5)
trägt, auf die Giimmi-
schläuche gestreift
werden ; durch das
Rohr 4 strömt das
Wasser während der Arbeitsversuche kontinuierlich ein. durch das Rohr .5
ab. Durch eine Öse (8) wird schließhcli eine Selinur gezogen, an der die
Maske bei der Laufarbeit in zweckmäßiger Höhe aufgehängt werden kann,
um dem Tier das Tragen derselben zu erleichtern.
3. Anordnung der Apparatur während eines A ibeit sver-
suches auf der Tretbalni (Fig. 252). Die Vorderwand der Tretbahn {13)
ist fortgedacht, um eine bessere Übersicht zu gestatti-n.
Die Armierung des Tieres mit Harntrichter. Oeschirr und der mit
Wasserkühlung versehenen Maske ist bereits beschrieben wonh'U. Die .\n-
ordnung der \'orlagen ist derart getroffen, daß eine ([Uantitative Ti-i'iinung
der bei Arbeit einerseits und während der RidiepauscMi andererst'its aus-
geatmeten Alkoliolmengen leicht möglich ist. wie aus der Figur ersichtlich.
Zu dem Zweck ist der .über das Ansatzrohr (7) gestreifte Schlauch zu-
nächst mit einem T-Stück verbunden. Je nach der Schaltunu- der an den
1 Maske (Blechhaube). — ^ Geschirr. — ^ Wai<Berroantel. 4 Wasser-
zufluß. — 5 Wasserabfluß. — 6 Luftzufuhr. — ' Luftableituof^ —
<v Öse zur Anbringung einer Schnur.
1048
"Wilhelm \'öltz. Neue Apparate für Stoffwechselversuche.
beiden anderen Schenkeln des T-Eohres l)efindlichen Glashähne muß der
exhalierte Alkohol die Vorlagen A^, A^ und ^3, wie im vorliegenden Fall
bei einem Arbeitsversuch, bzw. die Vorlagen E^. i?., und E^ während der
liuhepausen passieren. Statt der je zwei Hähne, welche vor und liinter
den Vorlagen in den beiden T-Rohren vorhanden sind, könnte man sich
ebensogut eines Zweiweghahnes bedienen. Als ^'orlagen werden je 2 Wasch-
Fig. 252.
1 Maske (Blechhaube). — '2 Geschirr. — 3 Wassermantel. — 4 Wasserzufluß. — 5 Wasser-
abflnß. — 5 Luftzufuhr. — 7 Luftleitung.srohr zu den Vorlagen. — S Glaswolle. — ."^ Zur
Luftpumpe. — 1(> Harntrichter mit Schlauch. — 11 Harnflasche. — 12 Tonrenzähler. —
13 Tretbahn. — 14 Motor. — A^, A-^ und A^ Vorlagen für die Arbeitsversnche. — JR],
und i?j Vorlagen für die Euheversuche.
7^,
flaschen. wie sie für Kipp^ohQ Apparate üblich sind, benutzt und dahinter
noch eine längere Glasröhre geschaltet. Um ein Hinüberspritzen der bei
starker Luftströmung mitgerissenen Tropfen aus einer A'orlage in die
nächste zu verhindern, wird in die oberen Teile der Vorlagen Glaswolle
eingeführt und als letzte Vorlage ein Glasrohr benutzt, welches schon durch
seine Länge ein Hinüberreißen von Tropfen der Lösung ausschließt.
I
Ergänzungen zur Asclienanalyse.
(Band I, S. 872—428.)
Von Georg Lockemaun, IJerlin.
Herstellung einer Asche.
Zu S. 377. M
Zu S. 380. Zur Durchfühninfj; einer möglichst langsamen Er-
hitzung und gleichmäßigen Veraschung hat Edmond J. Aps-) einen
Apparat konstruiert, der dann von der Firma Br. Hodes u. (iöJ>eI^) in
Ilmenau modifiziert und
in den Handel gebracht Fig. 253.
wurde.
Auf einem Dreifuß,
dessen Ring R (siehe
Fig. 253) ein rinnenför-
miges Kugellager ent-
hält . wird eine die
Stützen für die Tiegel-
haltor tragende Ring-
scheibe *S' mit schräger
Seitenfläche mittelst
eines Keilantriebes K in
Bewegung gesetzt; die
kleine ^'ollscheibe s ver-
hindert das Hochkippen
von S. Die Träger T
sind an der Spitze ein-
gekerbt , um Dreiecke
von verschiedener Seitenlänge aufnehmen zu können. Die Flamme (h's mit
gebogenem Aufsatz versehenen Brenners besiiült den Tiegel / von der
*) Die Angaben beziehcu sich auf Bd. 1 des Handlmclios.
-) Edm. J. Aps, ¥Ai\ neuer Apparat zur sielieren und langsamen Veraschung.
Chemiker-Zeitung. Bd. 34 (1910). S. 1374.
') Apparat zur sicheren und gleichmäßigen Veraschung. Chcniiker-Zeitunir. Bd. ."iö
(1911). S. 488.
IQqQ Georg Lockemann.
Seite, so daß auf der Gegenseite stets wieder Sauerstoff zutreten kann.
Es lassen sich mehrere Dreifüße der angegebenen Konstruktion neben-
einander aufstellen, ohne daß eine weitere Antriebsvorrichtung nötig ist,
da dann die Ringschichten S sich gegenseitig in Bewegung setzen; die
Scheibe s fällt dann weg.
Bei diesem Apparat wird eine Überhitzung einzelner Stellen vöUig
vermieden: durch Änderung der Drehungsgeschwindigkeit und der Flammen-
größe läßt sich die Yeraschungstemperatur beliebig regulieren. Auch hoch-
siedende Flüssigkeiten, wie konz. Schwefelsäure, Glyzerin usw., lassen sich
auf diese Weise leicht abrauchen und die darin eventuell gelösten Stoffe
können so ohne weiters verascht w^erden. Das Verflüchtigen von x\lkali-
salzen, sowie das durch zu schnelles Erhitzen verursachte Verspritzen von
dcki'epitierendem Kochsalz wird ebenfalls vermieden.
Zu S. 380. Um die vollständige Oxydation der einzuaschenden
Substanz zu beschleunigen, kann man sie mit Ammoniumnitrat, von
dessen vollständiger Flüchtigkeit man sich zunächst überzeugt, vermischt
erhitzen. Das Ammoniumnitrat wird entweder als festes Salz mit dem or-
ganischen Material, bezw. der teils verkohlten Asche mit Hilfe eines Platiii-
spatels oder starken Platindrahtes (der natürlich wieder völhg zu reinigen
ist, vielleicht mit einem Stückchen aschefreien Fließpapiers, das dann mit
verbrannt wird) innig verrührt oder in wässeriger Lösung zugesetzt und
unter wiederholtem Umrühren zur Trockne verdampft. Beim Glühen ver-
brennen dann die kohligen Bestandteile verhältnismäßig leicht. Nach An-
gabe von Lassar-Cohn kann man die angekohlte Substanz auch mit S^/oiger
Wasserstoff superoxydlösung, von deren restloser Flüchtigkeit man sich
natürhch auch überzeugen muß, durchfeuchten und dann ebenso verfahren.
Qualitative Analyse einer Asche.
Zu S. 890.
I. Basische Bestandteile.
Für die Prüfung auf die basischen Bestandteile einer Asche
werden in den meisten Fällen allerdings nur Eisen, die Erdalkalien
nebst Magnesium und die Alkalien in Betracht kommen. Hierbei ist
zu beachten, daß, wenn es sich um eine am Schluß alkalisch reagierende
Schmelze handelt, das Eisen sich als braunes Oxyd unlösUch abscheidet
und beim Aufnehmen der Schmelze mit Wasser oder verdünnten Säuren
einfach abfiltriert werden kann. Ist dieses nicht der Fall und geht das
Eisen mit verdünnter Salzsäure z. B. in Lösung, so ist es als Ferro-
verbindung leicht durch die mit Kaliumferricyanid (rotem Blutlaugen-
salz) entstehende dunkelblaue Fällung (TurnbuUsblau) oder als Ferri-
verbindung durch die mit Kaliumferrocyanid (gelbem Blutlaugensalz)
entstehende dunkelblaue Fällung (Berlinerblau) und die durch Kalium-
rhodanid hervorgerufene rote Färbung zu erkennen. Bei Anstellung dieser
Reaktionen ist gewisse Vorsicht geboten.
Ergänzungeu zur Aschenanalyse.
lO.')!
Zu S. 399. Man darf z. B. nicht die zur Üherführuiifi: von Ferro- in
Ferriverbindungen mit Salpetersäure gekochte Lösung in der Hitze mit
Kaliumfcrrocyanid versetzen, da dann auch ohne Anwesenheit von Eisen-
salzen durch die oxydierende Wirkung der heilien Sali)eters;iure auf das
Ferrocyanid Blaufärbung entstehen kann. Ebenso mul» die llliodanreaktion
in der Kälte und unter Ausschluß gröiierer Mengen von Salpetersäure ani:e-
stellt werden, denn sonst kann auch einerseits bei völliger Abweseidieit
von Eisen eine rotbraune Färbung auftreten, andrerseits kann die durch
Eisen ^virklich hervorgerufene IJotfäi'bung wieder zerstört werden.
War das Eisen als unlösliches Oxyd abgeschieden, so läßt es sich
durch Erhitzen mit konzentrierter Salzsäure oder 70Voiger Schwefel-
säure, auf jeden Fall aber durch Schmelzen mit Kalium bis ulfat in
Lösung bringen. In welchem Zustande das Eisen ursprünglich in der unter-
suchten Substanz vorhanden war, das läßt sich natürlich aus der in der
Aschenlösung ermittelten Oxydationsstufe nicht ohne weiters schließen.
Zu S. 391. Zum Nachweis der einzelnen Erdalkalien und Al-
kalien durch die Spektralanalyse bedient man sich am l)esten der von
E. Beckmann'^) angegebenen Methode. Diese besteht darin, daß man die
zu untersuchende Lösung durch geeignete Entwicklung von Oasbläschen
fein versprüht und diesen salzhaltigen Sprüh-
nebel mit dem für die Bunsenflamme eii'or-
derlichen Luftstrom in die Flamme führt.
Dadurch wird im Gegensatz zu der alten
Platindrahtmethode erreicht, daß die Flamme
ihrem ganzen Umfange kontinuierUch
Fig. 254.
m
gefärbt wird und somit eine eingehende
Betrachtung durch das Spektroskop ermög-
Ucht. Einige Ausführungen der neueren
Beckniannschen Spektrallampen sind in
den Fig. 254, 255 und 256 wiedergegeben.
Zur Gasentwicklung (Wasserstoff)
benützt man am vorteilhaftesten kleine
Zinkstücke, die durch einige ^linuten langes
Hin- und Herrütteln in einer i.V/oigen
Kupfersulfatlösung und nachheriges Abwaschen mit Wasser aktiviert
werden.
Fig. 254 zeigt einen gewöhnlichen Bunsenbrenner, der mit einem
chemischen Zerstäuber aus Glas 2) versehen ist. Die Luftzu-
Spektrallampo mit chemiBcheTn Zerstiiuber.
'/j wirkliche (jröOe.
M E. Beckmann, Über Spektrallampen V. Neue einfache Spektrallampen für das
chemische Practicum. Zeitschr. f. physikal. Chemie. Bd. 57 (1907). S. (Ul. — Fiirh.'ii von
Blaiumeu für das analytische Practicum. Zeitschr. f. angewandte rhemic Bd. 20 (l'.M)7).
S. 561.
-) Die hier beschriebenen Vorrichtungen sind von der Firma n. I'nßlcr, Leipzig.
Brüderstraßo 55, oder von dein Mechaniker (r. llUdelirandt, Leipzig. Brüderstraße 34.
zu beziehen.
1052
Georg Lockemaiin.
führungsöffnung des Brenners liegt innerhalb der kugligen Erweiterung c.
Bringt man in den U-förmigen Teil e des Zerstäubers die zu untersuchende
Salzlösung und gibt dazu etwas verkupfertes Zink und, wenn nicht
schon Siiure vorhanden, etwas Salzsäure bis zur schwachen Wasser-
stoffentwicklung, so zeigt die entleuchtete Bunsenf lamme alsbald die
charakteristische Färbung. Salpetersäure ist natürlich zu vermeiden und
Schwefelsäure wäre bei den Erdalkalien selbstverständlich auch nicht an-
gebracht. Der Säurezusatz muß so geregelt werden, daß durch die ent-
wickelten Gasbläschen nur eine trübe Emulsion entsteht, jedenfalls aber
die Flüssigkeit sich nicht mit Schaum iiedeckt ; zu heftige Entwicklung
kann durch Eintauchen des Zerstäubers in kaltes Wasser oder durch Ver-
Eig. 255.
Fig. 256.
Lufl
Verwenduufj eines Bunsenbrenners
mit Luftzufuhr von unten.
dünnen der Entwicklungsflüssig-
keit mit Wasser, bezw. durch
vorsichtigen Zusatz von etwas
Brenner aus Porzellan oder Kaliglas mit Stativ.
Vi wirkliche Größe.
Ammoniak gemäßigt werden. Auf diese Weise kann man mit den geringsten
Mengen. eventueU weniger als einem Tropfen Salzlösung Färbungen hervor-
rufen. Für gewöhnhch wird es sich empfehlen, vielleicht 5 cm^ Flüssigkeit
zu verwenden.
Eine Beckmannsche Spektrallampe mit chemischer Zerstäubung kann
man sich auch ohne besondere Apparatur herstellen, Avenn man einen Brenner
benützt, dem nach Marshai oder Allihn die Luft von unten zugeführt wird.
Man braucht dann den Brenner nur, wie in Fig. 255 dargestellt ist, mit Hilfe
eines Drahtdreiecks über eine Schale zu setzen, in der die Gasentwicklung
vor sich geht. Benützt man hierzu ein kleines Uhrgias, so kann man den
Brenner ohne weiters darüber auf den Tisch stellen. Die in Fig. 256 wieder-
gegebene Spektrallampe besteht aus einem Brennrohi- R aus Porzellan oder
Ergänzuugeu zur Aschenanaljse.
105Ü
Fig. 268.
Kaliglas, dem durch ein passend gebogenes (ilasrolir a v(»ii unten (oder
durch einen seitlichen Tubus) das Leuchtgas zugeführt wird. Kine Klemme
K und eine einfache Feder F halten den lircnncr in beliebiger Höhe
fest, während die zu prüfende FUissigkeit in einem passenden Scjiälclien
darunter gesetzt wird. Dieser Brenner hat den ^'ol■zug, dall er nicht durcii
Rost angegriffen wird und leicht in allen seinen Teilen zu reinigen ist.
Den Sprühnebel der Salzlösung kann man auch von außen der
Flamme zuführen, z. B. in der von G. Lockemann angegebenen Anordnung
von Fig. 257. Die angesäuerte Salzlösung mit einigen Stückchen verkupferten
Zinks bringt man in ein gewöhnliches Glühröhrchen li und dieses be-
festigt man mit Hilfe einer
Fig. 267. passend geformten Klam-
mer K^) an dem schräg
gestellten Bunsenbrenner.
Statt der Klammer kann
man auch einen breiten,
doppelt durchbohrten Kork-
stopfen benützen. Das (ilüh-
röhrchen ist so an den
Brenner anzusetzen , daß
seine obere Kante etwas
(ca. 1 mm) über die Breinier-
öffnung hinausragt, damit
das Brennerrohr nicht
durch verspritzte Säure-
tröpfchen angegriffen wird.
Für die Spektral b e-
obachtung benützt man
am vorteilhaftesten ein
kleines Hand Spektro-
skop mit Skala und Ver-
gleichsprisma 2), welches
man in ein mit Kugelgelenk
versehenes, verstellbares Stativi) einklemmt wie es in Fig. '2h>< angegeben
ist. Man muß das Spektroskop in der Höhe einstellen, daß man oberhalb
des inneren Flammenkegels (welcher die grünen und blauen Kohlenstoff-
linien gibt) in die Flamme blickt. Die für die einzelnen Elemente charak-
teristischen Linien sind in der Spektraltafel wiedergegeben. Am rat-
samsten ist es, zunächst die Spektra der einzelnen Metalle genau zu stu-
dieren und auch bei der analytischen Prüfung Vergleichslösungen in'reit
zu halten, deren Spektrum man durch das Vergleichsprisma unter Anwen-
dung einer zweiten Spektrallampe (seitwärts rechtwinklig zur Si)ektroskop-
achse aufgesteUt) betrachtet.
') Zu beziehen von Mechauiker G. Hildvhnindf, Leipzig. Brihlerstraßo 34.
-) Zu beziehen von F. Schinidf rf- Jlaensch, Berlin S. 42, Prinzessinneustraße 16.
^Xi'
Anwendung eines Glüh-
röhrchens für die chemische
Zerstäubung.
Stativ mit Spektroskop.
*/9 der wirklichen Größe.
2Q54 Georg Lockemaun.
Natrium salze färben die nichtleuchtende Flamme intensiv gelb; in
diesem Licht erscheinen Krystalle von Kaliumdichromat fahlgrau. Im Spek-
trum die gelbe i>-Liuie. Kaliuiiisalz gibt in reinem Zustande eine
blauviolette Flamme, die leicht durch andere Flammenfärbungen (besonders
Natrium) verdeckt wird. Durch Indigolösung oder ein gutes Kobalt-
glas betrachtet, erscheint die Kahumflamme, auch bei Gegenwart anderer
Salze karminrot. Im Spektrum ist besonders die fast am Ende des
sichtbaren Teils liegende rote Linie charakteristisch; die am anderen
Ende des Spektrums liegende blauviolette Linie ist schwer zu erkennen.
Die Lithiiimflamme ist karminrot; im Spektrum hegt die rote
Linie zwischen der Kalium- und der Natriumlinie.
Calciumsalze färben die Flamme oraugerot; im Spektrum sind
eine orangerote (zwischen Lithium- und Natriumlinie) und eine grüne
Linie besonders charakteristisch; außerdem gibt es noch eine blaue
Linie. Stroiitiumsalze geben eine rote Flammenfärbung; im Spektrum
erscheint eine gelbe, mehrere i'ote und eine besonders charakteristische
blaue Linie. Die Flammenfärbung der Baryumsalze ist grün; im Spek-
trum ist außer gelben und roten Linien besonders eine Serie grüner
Linien charakteristisch.
Stellt man die Spektralbeobachtungen im Dunkelzimmer an, so
gewinnen sie dadurch an Schärfe. Aber auch im gewöhnlichen Arbeitsraum
ist die Empfindlichkeit ziemlich groß, wenn man nur einen dunklen
Hintergrund auswählt. Nach den Versuchen von E. Beckmann lassen sich
auf diese Weise folgende Mengen noch be(i[uem spektroskopisch erkennen.
3"0 mg Kalium
0"1 „ Lithium
LO Calcium
2'0 ,. Strontium
15*0 Baryum.
Die Natriumlinie erscheint ja immer im Spektroskop, da die in
die Flamme fliegenden feinen Staubteilchen stets natriumhaltig sind und
nach Kirchhoff und Bunsen schon Vsoooooo '^'^9 Natriumsalz genügen, um
eine für das Auge noch deutlich erkennbare gelbe Linie hervorzurufen.
Diese dient zur Orientierung für die Lage der übrigen SpektraUinien.
Magnesium Verbindungen verbrennen zu weißem, nichtflüchtigem
Oxyd und geben daher keine Flammenfärbung.
(Zu S. 392.) Ist bei der Analyse auch auf Schwermetalle Rück-
sicht zu nehmen, so muß der ganze Analysengang durchgemacht werden.
Wenn auch einige der Metalle hierbei nur ausnahmsweise in Betracht
kommen dürften, so sei doch der Übersichtlichkeit halber der chemische
Nachweis aller, außer den selteneren Metallen, kurz besprochen. Eine
([ualitative Analyse kompliziert zusammengesetzter Stoffe in allen Einzel-
heiten sicher und zuverlässig auszuführen, erfordert allerdings ein erheb-
liches Maß von Übung und Erfahrung.
Zu: G. Lockemann,
Erflänzunr/pn zur Afichenanafi/se.
lltiiiilliuch der fiiochemi.schen
Arhi if.vniftho'ltn. V. Bd.
Verlag von Urban & Schwarzenberg. Berlin und Wien.
Prnck vnn liottlieb (iiot«! ti Cie. in Wien.
Ergänzungen zur Aschenanalyse.
1055
Bei der Aschenanalyse wird es sich fast aussrliljci'.lich um den
Nachweis einer sehr beschrankten Anzalil von Metallen handeln.
Analysengang zum Nachweis der basischen Aschenbestandteile.
Zunächst ist es ratsam, Vorprcjben mit einer Phosphorsalz- oder
Boraxperle anzustellen. An einer Platindrahtö.se von 2 — !^ nun I>iirrh-
mes.ser schmilzt man etwas Phosphorsalz (Natrinmammoiiiiimphosi»liat =
NaNH^ IIPO^ 4H,()) zunächst vorsichtig' am Ilaude der Flamme, bis das
Krystallwas.ser und das beim Cberi>au<'- des Salzes in Natrium metaphosphat
(NaPOj) frei werdende Wasser und Ammoniak entwichen sind: dann all-
mählich stärker, sodaß sich in der Öse ein ruhiger Schmelzflnb bildet, der
beim Abkühlen zu einer „Perle" erstarrt. Eine Boraxperle stellt man aus
Borax (Nag B4 O7 lOH^j O) in entsprechender Weise her. Diese Sakperlen
haben die Eigenschaft, in der Schmelzhitze gewisse Metallsalze mit charak-
teristischen Farben zu lösen (unter Bildung des betreffenden Phosphats oder
Borats) oder durch Nichtlösen (Trübung. Ausscheidung) die (iegenwart be-
stimmter Stoffe anzuzeigen. Bei den Farbenreaktionen unterscheidet man das
Verhalten in dem O x y d a t i 0 n s- und dem B e d u k t i 0 n s r a u m der Flamme.
Bei der nichtleuchtendeu Bunsenflamme stellt der äußere Flamm en-
mantel mit der von innen und außen reichlich zuströmenden Luft den
Oxydationsraum dar; durch passende Einschränkung der Luftzufuhr
(Regulierung der unteren Öffnungen) erhält man einen leuchtenden
Zipfel des inneren Kegels, den man als Reduktionsraum für die
Perlenprobe braucht.
Zur Ausführung der Proben tupft mau mit dei- heißen Perle auf die
gepulverte Substanz und erhitzt dann in der Flamme.
Die Perlenreaktionen seien der Übersichtlichkeit halber tabellarisch
zusammengestellt :
Verhalten der
Phosphorsalzperle :
im Oxydationsraum
im Bednktiousraum
rot
gelbrot
grün . . ,
blau .
violett . .
ffrau-trübe
Nickel
Eisen (kalt: heller)
Chrom
Kupfer (kalt: blau)
K u p f e r
Kobalt
Mangan
Kupfer (CujO)
Nickel
Chrom
Eisen (fast farblos)
Kobalt
einige Sohwermetalle
weiß-trübe
•I
farblos durchsichtig mit
fester Ausscheidung . .
Krdalkalit'ii (hei viel Sulistaiiz)
Zinn usw.
Kiesel Skelett bei Silikaten.
Die Boraxperle gibt dieselben Erscheinungen, nnr daß bei Nickel
die Reduktionsperle grau getrübt und daß Kieselsäure stärker gelöst
]^Q5ö Georg Lockemanu.
vdrä. Also ist zur Prüfimg auf Silikate besonders die Phosphorsalzprobe zu
empfehlen.
Für die qualitative Aschenanalyse benützt man natürlich nur einen
kleinen Teil, um die Hauptmenge für die quantitativen Bestimmungen
zurückzubehalten. Die Substanz ^^ird in einer Reibschale möglichst fein
zerrieben und dann gelöst. Zunächst versucht man die Substanz durch
Erwärmen mit Wasser in Lösung zu bringen. Gelingt dieses nicht ganz,
so setzt man Salpetersäure oder Salzsäure hinzu und erwärmt weiter.
Die Anwendung von Königswasser (1 Teil konz. Salpetersäure 4- 3 Teile
konz. Salzsäiu-e) wird bei Aschenanalysen kaum in Frage kommen.
Sollte die Vorprobe in der Phosphorsalzprobe ein Kieselskelett er-
geben haben, so muß die Kieselsäure zunächst abgeschieden werden.
Das geschieht, indem man die Substanz mit Salzsäure in einer Schale
auf dem Wasserbade wiederholt zur Trockne verdampft. Dadurch wird
die Kieselsäure amorph abgeschieden. Der Rückstand wird mit etwas
konzentrierter Salzsäure versetzt, nach einiger Zeit mit heißem Wasser
aufgenommen und filtriert.
Für die Analyse kann man nun entweder den wässerigen Auszug
und die Säurelösung des im Wasser unlöslichen Teiles getrennt vonein-
ander benutzen oder gleich die gesamte Lösung. In beiden Fällen ist der
Untersuchungsgang derselbe, nur ist bei der getrennten Untersuchung in
den einzelnen Lösungen die Anwesenheit mancher Stoffe von vornherein
ausgeschlossen. So würde man z. B. bei Gegenwart von Phosphorsäure
oder Kohlensäure in der wässerigen Lösung nicht auf die Erdalkahen,
andererseits nach vorherigem Ausziehen der Substanz mit Wasser in der
Säurelösung nicht auf die Alkalien zu prüfen brauchen.
Für den folgenden Analysengang ist der Fall angenommen, daß alle
Bestandteile in einer einheitlichen Säurelösung untersucht werden.
Als Säure ist am vorteilhaftesten verdünnte Salpetersäure zu
verwenden. Bei Benutzung von Salzsäure würden natürlich (zu S. 392)
Silber und Blei (dieses in der Kälte) als Chloride ungelöst bleiben.
Untersuchung der salpetersauren Lösung.
Griippenfälhnigen.
Die Gruppenreaktionen werden jedesmal erst mit kleinen Proben der
Lösungen angestellt und nur wenn wirklich Fällung erfolgt, mit der
Hauptmenge.
I. Grruppe (Salzsäure).
Mit verdünnter Salzsäure entsteht ein weißer Niederschlag bei
Gegenwart von Blei- und Silber salzen. Mercurosalze kommen bei einer
Glühasche nicht in Betracht, da sich alle Quecksilberverbindungen in der
Hitze verflüchtigen. Eine besondere Prüfung der ursprünglichen Substanz
auf Quecksilber ist weiter unten angegeben. Lst ein Chloridnieder-
Ergänzungen zur Asclieuanulyse. lOÖ"
sclilaii' entstanden, so wii-d er zuniiclist mit kaltem Wasser ausge-
waschen und dann mit heilJem Wasser heiiaudelt. h/.\\. direkt luit
Wasser gekocht. Blei würde dabei in Lösung geiien und mit verdünnter
Schwefelsäure als weißes Sulfat oder mit Kaliumcliromat als
gelbes Chromat ausfallen; auch scheidet sich das llleichlorid selbst
beim Abkühlen der wässerigen Lösung kiTstallinisch wiedei- ab. l)ie Hlei-
niederschläge sind alle (außer dem Sulfid) in Natronlauge löslich und
werden durch Ansäuern mit Essigsäure wieder ausgeschieden.
Bleibt beim Behandeln mit heii'.em Wasser ein Teil des Chlorid-
niederschlages ungelöst, so liegt Silber vor. Das Silberchlorid ist be-
sonders dadurch charakterisiert, dal) es in wenig Ammoniak löslich
ist und auf Ansäuern mit Salpetersäure wieder ausfüllt.
Tl. Oriippe (Schwefelwasserstoff).
In dem Filtrat der ersten Gruppe (bzw. der urspi-ünglichen sauren
Lösung) entsteht beim Eiideiten von Schjwefelwasserstoff (längere Zeit
in die erwärmte Lösung) ein Sulfidniederschlag bei (iegenwai't von I'.lei,
Wismut, Kupfer. Cadmium. Arseii, Antimon. Zinn. Blei würde
hier natürhch nur noch ausfallen, wTim es durch Salzsäui-e in der ei-sten
Gruppe nicht vollständig abgeschieden wäre. Außerdem käme in der
zweiten Gruppe noch Quecksilber in Betracht, auf das man ja aber eine
Probe der ursprünglichen Substanz vor dem Veraschen nach beson-
derem Verfahren prüfen muß (siehe weiter unten).
Der entstandene Sulfidniederschlag wird abfiltriert, das Filtrat
nochmals mit Schwefelwasserstoff geprüft, bis keine Fällung mehr entsteht.
Es ist vorteilhaft (besonders bei Arsen), die mit Schwefelwasserstoff ge-
sättigte Lösung vor dem Filtrieren längere Zeit (vielhMcht bis zum nächsten
Tage) stehen zu lassen, damit sich das Sulfid vollständig abscheidet. Der
Gesamtniederschlag wird nun mit schwefelwasserstoffhaltigem Wasser
wiederholt ausgewaschen und dann (gleich auf dem Filten mit einer
erwärmten Lösung von Natrium- oder Kaliumpolysnlfid behandelt.
Die Alkahsulfide sind dem sonst gebräuchlichen Ammoninni-iilfide voizu-
ziehen, da hier einerseits auf (Quecksilber, dessen Suli'id durch die Alkali-
sulfide gelöst wird, keine Bücksicht genommen zu werden braucht und da
andererseits Ammoniumsulfid etwa vorhandenes Kupfer zum Teil mit-
lösen und dadurch die Analyse komplizieren würde. Lst die (n'genwart
von Kupfer ausgeschlossen, so kann man natürlich ebensogut .\mmonium-
polysulfid verwenden.
Die Sulfide von Blei, W'ismnt. Kupfer und ('.idin inm wniden
bei dieser Behandlung ungelöst zurückbleiben. Die.se wenleu dann in
heißer, verdünnter Salpetersäure gelöst. In der abgekühlten Lösung
würde verdünnte Schwefelsäure das Hlei als w ei des Sulfat aus-
fällen, das abfiltriert, sich durch seine Löslichkeit in Natronlauge und
AViederfällung beim Ansäuern noch näher charakterisieren läßt.
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. G7
2Q58 Georg Lockemann.
Im Filtrat fällt x\ mm oniak etwa vorhandenes Wismut als weißes
Hydroxyd, dessen Lösuni> in möglichst wenig Salzsäure mit viel
Wasser verdünnt einen Niederschlag oder eine Trül)ung von weißem
basischen Salz gibt und mit alkalischer Natriumstannitlösung
(Zinnchlorür mit überschüssiger Natronlauge) schwarzes, metallisches
Wismut abscheidet.
Ist das ammoniakahsche Filtrat farblos, so kann kein Kupfer zu-
gegen sein, (ladmium würde aus dieser Lösung durch Schwefelwasser-
stoff als gelbes Sulfid gefällt werden, das sich vom Arsensulfid durch
seine Unlöslichkeit im Ammoniumsulfid unterscheidet.
Würde die Lösung durch Zusatz von Ammoniak jedoch blau ge-
färbt, so ist Kupfer zugegen. Diese Blaufärbung ist noch in sehr großer
\'erdünnung zu erkennen. Zur weiteren Charakterisierung kann man auch
noch eine andere ebenfalls sehr empfindliche Reaktion ausführen, indem
man die mit Salzsäure oder Salpetersäure schwach angesäuerte Lösung
mit Kaliumferrocyanid versetzt; dadurch wird rotbraunes Cupri-
ferrocyanid gefällt, oder bei Anwesenheit von sehr wenig Kupfer statt
des Niederschlages noch eine rote Färbung hervorgerufen. Die empfind-
Uchste Reaktion auf Kupfer erhält man nach Rud. Uhlenhuth i) mit einer
alkalischen Lösung von 1.2-Diamidoanthrachinon-o-sulfosäure.
die auf folgende Weise bereitet wird : 0'5 g der genannten Sulfosäure
werden in 500 cw?^ Wasser unter Zusatz von 40 cm^ Natronlauge von
40" Be (550/0 NaOH) gelöst. Setzt man diese Lösung zu der zu prüfenden
(schwach alkalischen) Flüssigkeit, so tritt bei dem geringsten Kupfergehalt
sofort eine Blaufärbung auf, die noch bei 0"0019 w?^ Cu in 1 cm^ Lösung
gut sichtbar sein soll. Die äußerste Grenze liegt bei 0'00019 mg Cu in
1 cm3 (=: 1-9:10,000.000). Die Reaktion scheint eindeutig zu sein, da an-
dere Metallsalze eine solche Blaufärbung nicht geben.
Soll bei Gegenwart von Kupfer noch auf ('admium geprüft werden,
so wird die blaue ammoniakahsche Lösung mit Kali um Cyanid versetzt,
wodurch unter Komplexsalzbildung Entfärbung eintritt, und Schwefel-
wasserstoff eingeleitet. Cadmium würde dann als gelbes Sulfid ausfallen.
Die Alkalipoly Sulfidlösung des ursprünglichen Schwefelwasserstoff-
niederschlages kann die Sulfide von Arsen, Antimon und Zinn enthalten,
welche dann beim Ansäuern mit verdünnter Salzsäure wieder aus-
fallen, abfiltriert und nachgewaschen werden. Der Niederschlag hat bei
Anwesenheit von Arsen oder Zinn eine gelbe, bei Antimon eine orangerote
Farbe.
Beim Erwilrmen mit (möglichst konzentrierter) Ammonium-
karbonatlösung geht Arsen in Lösung und kann nach längerem Er-
wärmen mit Wasserstoffsuperoxydlösung (Oxydation zu Arsensäure)
dui'ch Zusatz von Magnesiamixtur als krystallinisches Magnesium-
ammonium arseniat gefällt werden. Die Krystalle, deren Abscheidung
*) Rudolf Uhlenhuth, Eine neue Reaktion auf Kupfer. Chemiker-Zeitg. 34 (1910). 887.
I
Ergänzungen zur Aschenanalyse. 1059
durch Zusatz von Alkohol und durch Koibcii der (ilaswaiidiiii;; mit ciiiciii
(ilasstabe boschlonnigt werden kann, erscheinen unter dem Mikioskop in
denselben Formen wie das entsprechende Phosphat, nändicli meist als
kleine Stäbchen, die scheren-, stern- oder büschelförmi«,^ zusammeuf^e-
lajj-ert sind.
.Sollte auf Zusatz von Magnesianiixtur auch nach län<;erer Zeit kein
Niederschlag entstehen, so verdampft man die Lösung zur 'J'rockne. nimmt den
Ilückstand mit etwas verdünnter Schwefelsiiure auf und ])rüft im J/ar.s7j sehen
Apparat (siehe weiter unten). Bleibt auch diese l*r()l)e negativ, so kann
die ursprüngliche Substanz trotzdem Arsen enthalten, welches dann viel-
leicht bei der Veraschung unter der reduzierenden Wirkung dei- vei-
kohlenden organischen Stoffe ausgetrieben wurde.
Zur genauen Prüfung auf Arsen muß man daher einen Teil des ur-
sprünglichen Objekts nach dem weiter unten beschriebenen Verfahren be-
sonders untersuchen.
Ein beim Behandeln mit Ammoniumkarbonat ungelöst bleibe ml er
Ilückstand ^^ird mit wenig konzentrierter Salzsäure erhitzt und da-
durch (außer etwa vorhandenem Schwefel) gelöst. Nach längerem Kochen
zur Vertreibung des Schwefelwasserstoffs wird mit Wasser verdünni und
nach dem x^bkühlen etw^as metallisches Eisen (ein paar kleine Nägel
oder etwas Eisendraht) hinzugesetzt. Etwa vorhandenes Antimon scheidet
sich dann als schwarzer Metallschwamm auf dem Eisen ab. dvr v(un Eisen
entfernt und in möglichst wenig Königswasser gelöst die charakteristischen
Pveaktionen gibt: in einer mit Wasser verdünnten Prol)e der Lösung wird
durch Schwefelw^asserstoff das orangerote Antimonsulfid gefällt:
eine andere Probe gibt mit sehr viel Wasser eine w'eiße Trübung oder
Fällung von basischem Antimonsalz, in Weinsäure löslich (t^nterschied
von Wismut).
Sehr kleine Mengen von Antimon werden am sichersten im Mars fi-
schen Apparat erkannt. Der Antimonspiegel .setzt sich meist auch schon
vor der erhitzten Stelle des Glührohres ab; der auf Porzellan abgeschiedene
Antimonfleck ist zum Unterschied von Arsen von einer mattschwarzen
Farbe und in Natriumhypochloritlösung nicht lösHch.
Die von Eisen und Antimon abgegossene oder abfiltrierte Lösung
kann Zinn, durch das Eisen zu Stannochlorid reduziert, enthalten. Sie
gibt dann mit Schwefelwasserstoff einen braunen Niederschlag von
Stannosulfid (Zinnsulfür), mit Mercurichlorid einen wi'il'.en Nieder-
schlag von Mercurochlorid (Quecksilberchloilir). bzw. einen grauen Nieder-
schlag von metallischem Quecksilber.
Die Trennung des Antimons von Zinn und Arsen kaini am-h
auf folgende Weise ausgeführt werden: die durch Behandeln iler Sulfide
mit Alkalipolysulfid erhaltene Lösung wird in einer Schale auf dem Wasser-
bade zur Trockne verdampft, der Ilückstand wiederholt auf dem Wasser-
bade mit konzentrierter oder rauchemler Salpetersäure behandelt, schließ-
lich in Wasser gelöst und mit etwas reiner Soda und reinem Natrium-
;[Q(30 Georg Lockemann.
nitrat zur Trockne verdampft. Dieses Salzgemisch wird allmählich in etwas
schmelzendes Natriiimnitrat (in einem Porzellantieüel) eingetragen, wo-
durch Antimon. Zinn und Arsen in die Natriumsalze ihrer Säuren über-
geführt werden. Beim Behandeln der abgekühlten Schmelze mit Wasser
gehen Zinn und Arsen in Lösung, während Antimon als Natrium-
antimoniat ungelöst bleibt. Nach dem Filtrieren werden die einzelnen
Metalle in der oben beschriebenen Weise uiiher charakterisiert.
III. (xruppe (Ammoniak).
Das Filtrat der zweiten Oruppe wird gekocht, bis der Schwefel-
wasserstoff vertrieben ist, und mit etwas verdünnter Salpetersäure
weiter erhitzt, damit etwa vorhandenes Eisen von Ferro- (durch HgS re-
duziert) zu Ferrisalz und die letzten Spuren Schwefelwasserstoff oxydiert
werden. Den etwa abgeschiedenen Schwefel filtriert man ab. Auch wenn
kein Schwefelwasserstoff eingeleitet \Yurde. muß man zunächst mit Salpeter-
säure oxydieren. Die Lösung wird mit Ammonium chlorid (um eventuell
Mangan und Magnesium in Lösung zu halten) und Ammoniak in gerin-
gem Überschuß versetzt, gehnde erwärmt und filtriert. Der Niederschlag,
der mit ammoniakaUschem Wasser nachgewaschen wird, kann enthalten :
Eisen (Mangan), Chrom, Aluminium und bei Gegenwart von Phosphor-
säure auch die Phosphate von Mangan, Magnesium, Calcium (Stron-
tium, Baryum). Auch bei Abwesenheit von Phosphorsäure wird Mangan
mit dem Eisen zusammen schon mehr oder weniger gefällt.
Der Niederschlag wird in verdünnter Salzsäure (auf dem Filter)
gelöst und diese Lösung in überschüssige Natronlauge gegeben. Dabei
scheidet sich Eisen (eventueU mit etwas Chrom und Mangan) als braunes
Hydroxyd oder als helles Phosphat eventuell neben den Phosphaten von
Mangan, Magnesium und den Erdalkalien ab, während Chrom und Aluminium
in Lösung bleiben. j\Ian prüft nun zunächst den Niederschlag auf Phosphor-
säure, indem man eine Probe in Salpetersäure löst und mit Ammonium-
molybdatlösuug (und konzentrierter Salpetersäure) gelinde erwärmt. Ein
gelber Niederschlag oder (bei sehr geringen Mengen) eine intensive Gelb-
färbung zeigt die Gegenwart von Phosphaten an. Je nach dem Ausfall
dieser Pieaktion muß man zur weiteren Prüfung verschieden verfahren.
Bei Abweseiilieit von Phosphorsäure kann die Hauptraenge des
(braunen) Niederschlages nur aus Eiseiihydroxyd bestehen, dem eventuell
etw'as Chrom und Mangan beigemischt sein könnten. Eine Probe des
Niederschlages in Salzsäure gelöst gibt die charakteristischen Eisen-
reaktionen: mit Kaliumferrocyanid Berlinerblau, mit Kaliumrho-
danid dunkelrote Färbung (siehe oben S. 1050 — 1051).
Zur Prüfung auf Chrom wird eine andere Probe des Niederschlages
mit etwas Soda und Salpeter geschmolzen (am einfachsten auf einem
Platinblech oder auch in einem kleinen Porzellan tiegel); entsteht beim Auf-
nehmen der Schmelze mit Wasser eine gelbe Lösung (filtrieren!), so ist
Chrom zugegen; die mit Essigsäure angesäuerte Lösung gibt mit Bary-
Ergänzungen zur Aschenanalyse. 1061
umchlorid und mit Bleiacetat .uclhc Frilliiiiufu, nii! fiiii;jcii 'rr()|)ti'ii
Wasserstoffsuperoxydlösuiii^ oiiio Hhiufärbmi}^'. die heim Scliüttclii mit
Äther in diesen übergeht aber bahl wieder versch\vin(h't.
Um auf Man^aji zu prüfen, erhitzt man eine dritte I'robe des
Niederschlages mit etwas Bleisuperoxyd und konzentiierter Salpeter-
säure. Entsteht eine rotviolette Lösung, die besondei's gut zu er-
kennen ist, wenn sich das IJlei abgesetzt hat und vielleicht iidch mit etwas
AVasser verdünnt wurde, so ist Mangan zugegen: durch Wasserstoff-
superoxyd wird die Lösung unter Hauerstoffentwicklung entfärbt.
Das Filtrat des mit Natroidauge erhaltenen Niederschlags kann
noch Chrom und Aluminium enthalten. Eine grüne Färbung zeigt die
Gegenwart von Cliroin an, welches nach dem \'ei(lüiinen mit W asser
beim Kochen als grünes Chromhydroxyd ausfällt. Eine I'robe des
Niederschlags gibt beim Kochen mit Natronlauge und Wasserstoff-
superoxyd eine gelbe Lösung, mit der man die vorhin erwähnten charak-
teristischen Chromatreaktionen ausführt.
Im Filtrat vom Chromniederschlage (oder bei Abwesenheit von Chrom
im ursprünghchen) prüft man auf Aluiiiiiiiuin, indem man mit (ungefähr
gleichem Volumen) Ammoniumchlo'rid versetzt und erwärmt: Aluminium
scheidet sich dann als weißesHydroxyd aus, welches beim Glühen mit etwas
Kobaltnitrat (auf dem Platinblech oder vor dem Lötrohr auf Holzkohle)
das charakteristische vergilimeinnichtfarbige Blau iThcMiards-lUaui gibt.
Bei Anwesenheit von Pliosphorsäure in dem mit Natronlauge
erhaltenen Niederschlage mulJ diese zunächst entfeiiit werden, damit man
auf die Basen prüfen kann. Der Niederschlag wird in konzentrierter
Salpetersäure gelöst und mit feingeschnittener Zinnfolie (Stanniol) in
einer Porzellanschale (unter dem Abzüge) eingedampft, eventuell unter
wiederholtem Zufügen von konzentrierter Salpetersäure, bis ein teigartiger
Bückstand bleibt. Dieser enthält (außer Nitraten) die Phosi)horsäure als
uidösliches Zinnphosphat und das überschüssige Zinn als Metazinnsäure
(HoSniJg). Er wird mit kaltem und dann mit heißem Wasser ausgelaugt,
um die Erdalkalinitrate zu extrahieren, und filtriert. Sollte das Filtrat
noch Phosphate enthalten (Prüfung mit Ammoniummolybdati. dann mülite
die Behandlung mit Zinn und Salpetersäure wiederholt werden. Tritt auf
Zusatz des Molybdats etwa Blaufärbung ein (durch Beduktioii dei- Molybdän-
säure), .so ist das ein Zeichen, daß etwas Zinn in Lösung gegangen ist.
Dieses muß durch Einleiten von Schwefelwasserstoff gefällt werden: die
filtrierte Lösung ist dann zunächst wieder mit Salpetersäure zu kochen.
Die auf diese Weise von Phosphorsäure befivite Lösung wird mit
Ammonium Chlorid und Ammoniak in geringem Cberschuß versetzt, ge-
linde erwärmt, und der entstandene Niederschlag wird filtriert. Dieser wird
in der oben beschriebenen AVeise (bei Abwesenheit von Phosphorsäure i auf
Eisen, Chrom und Mangan geprüft. Das ammoniakalische Filtrat
untersucht man auf Mangan, die Erdalkalien und Magnesium, wie
weiter unten angegeben ist (R'.. V.. W. (u-uppe).
2Qg2 Georg Lockemann.
IV. Gruppe (Ammoniumsulfid).
Das ammoniakalische Filtrat vom Niederschlag der dritten Gruppe
wird mit Ammoniumsulfid (nicht Polysulfid) in möglichst geringem Über-
schuß versetzt. Dabei können sich die Sulfide ausscheiden von: Zink,
Mangan, Kobalt. Nickel. Die Farbe des Niederschlages gibt schon darüber
Auskunft, ob etwa Zink allein vorliegt (weiß), ob auf Zink und Mangan
(rötlich) oder auf alle vier Metalle (schwarz) zu prüfen ist. Beim Be-
handeln des Niederschlages mit kalter verdünnter Salzsäure werden
Zink und Mangan gelöst. Die eventueU vom unlöslichen schwarzen Päick-
stand filtrierte Lösung Avird zunächst gekocht, bis aller Schwefelwasser-
stoff ausgetrieben ist und dann nach dem Abkühlen in überschüssige
Natronlauge eingegossen. Dabei fällt Mangan als Hydroxydul aus, während
Zink als Natriumzinkat in Lösung bleibt. In dieser (filtrierten) Lösung
entsteht beim Einleiten von Schwefelwasserstoff ein weißer Nieder-
schlag von Zinksulfid (außer Germaniumsulfid das einzige weiße Sulfid).
Tränkt man etwas Fließpapier mit der Zinklösung und gleichzeitig
mit etwas Kobaltnitratlösung, so erhält man nach dem Trocknen beim
Verbrennen eine grüne Asche (Bin manns- Grün).
Der in überschüssiger Natronlauge entstandene Niederschlag von
Maiia^aiihydroxydul färbt sich an der Luft bald dunkler. Er gibt die
oben angegebenen charakteristischen Eeaktionen.
War der Sulfidniederschlag schwarz und blieb beim Behandeln
mit verdünnter Salzsäure ein schwarzer Bückstand, so liegt Nickel oder
Kobalt vor. Man löst in Königswasser, dampft die überschüssige Säure
ab, verdünnt mit Wasser und prüft in zwei getrennten Teilen. Einen Teil
macht man mit Natronlauge schwach alkalisch, säuert dann mit Essig-
säure an und fügt ziemlich viel Kaliumnitritlösung hinzu. Kobalt
würde sich allmählich als gelber, kristallinischer Niederschlag von
Kaliumkobaltnitrit ausscheiden. Außerdem ist die Blaufärbung der
Phosphorsalzperle für Kobalt charakteristisch (s. oben S. 1055).
Einen anderen Teil der Lösung neutralisiert man mit Natron-
lauge und versetzt dann mit ziemlich viel Kaliumcyanidlösung. Beim
Erwärmen mit überschüssigem Brom wasser würde sich Nickel als schwarzes
Hydroxyd ausscheiden.
Die Metalle der vierten analytischen (}ruppe werden nur sehr selten
in Aschen organischer Stoffe vorkommen. In erster Linie würde wohl
Mangan zu berücksichtigen sein, Zink nur in toxikologischen Fällen oder
bei absichtlichen Zusätzen bzw. bei toxikologischen Tierversuchen. Aber
Kobalt und Nickel sind in geringen Spuren sehr weit verlu-eitet. So
konnte K. Kraut i) mit Hilfe des von L. Tschugaeff'^) angegebenen empfind-
^) K. Kraut, Über die A^erbreitung des Nickels und Kobalts in der Natur. Zeitsclir.
f. angew. Ckemie. 19 (1906). 1793.
^) L. Tsclmgaeff, Über ein neues, empfindliches Reagens auf Nickel. Berichte d.
Deutsch, ehem. Gesellsch. 38 (1905). 2520.
Ergänzungen zur Aschenanalyse. lOOH
liehen Nickolreacons x-Dimothyl<;lyoxim (CH3.C(NOH).C(N()H).Cll3),
das sich auch ziiiii Nachweis kleiner Spuren von Kohalt cifinet, in Aschen-
proben von Torf und Mraunkohlen und in anderen Naturprodukten sowohl
Nickel wie auch Kobalt nachweisen.
Nach Kraut verfährt man in der Weise, daß man etwa 1 // Asciie
mit b cm^ Salzsäure von etwa 25% 5 Minuten kocht, die Lösun;z auf
100 c/«3 verdünnt, mit 10 cm^ Ammoniak übersättigt und filtriert. Wird
das Filtrat mit 10 hm» kaltgesättigter Dimethylglyox imlösuniz (wenij^'er
als lg im Liter enthaltend) fast bis zur Trockne eingedam|)ft, so bleibt
bei Gegenwart von Nickel ein an einzelnen Punkten oder durch die ganze
Masse rotgefärbter Rückstand. Bei Abwesenheit fremder Substanzen
ist auf diese Weise noch 0*001 mg Ni deuthch zu erkennen. Hei grölleren
Mengen scheidet sich in ammoniakalischer Lösung auf Zusatz des Crlyoxims
das Nickelglyoximin in roten Nadeln aus. Auf Kobalt prüft man,
indem man der abfiltrierten ammoniakalischen Lösung Amnion in msul-
fid hinzufügt: bei Gegenwart von Kobalt entsteht dann eine blau violette
bis tief rote Farbe. Auch diese Reaktion ist sehr empfindlicb.
y. (jrnjjpe (Ammoniumkarbonat).
Das Filtrat vom Niederschlag der vierten Gruppe wird zur Entfernung
des Ammoniumsulfids mit verdünnter Salzsäure schwach angesäuert,
einige Zeit gekocht, bis sich der ausgeschiedene Schwefel zusammengeballt
hat, und dann filtriert. Das Filtrat wird mit Ammoniak schwach alkalisch
gemacht (war der Zusatz von Ammoniumsulfid nicht nötig, so benutzt
man natürlich gleich das ammoniakalische Filtrat der dritten Gruppe), mit
Ammoniumkarbonatlösung versetzt und einige Zeit erwärmt. Ein ent-
stehender Niederschlag, der mit Wasser ausgewaschen wird, kann die
Karbonate von Baryum, Strontium, Calcium enthalten.
Es wird sich empfehlen, zunächst eine Probe des Niederschlages in
verdünnter Salzsäure gelöst spektralanalytisch zu untersuchen, wie
das oben geschildert ist. Da geringe Mengen Baryum, besonders neben
anderen Elementen, spektroskopisch schwer zu erkennen sind, so muli man
auf dieses Element in allen Fällen noch einmal in essigsaurer Lösung i bzw.
nach Zusatz von Natriumacetat) mit Chromatlösung ])riifen.
Zum chemischen Nachweis der einzelnen Erdalkalien löst man
die Hauptmenge des Niederschlages in heißer verdünnter Essigsäure.
Gibt nun eine Probe dieser Lösung mit Kaliumdichromatlösung einen
gelben Niederschlag, so liegt Bar.vnni vor und es wird die gesamte
Lösung mit Kaliumdichromat und Natriumacetat einige Zeit er-
wärmt, der Niederschlag abfiltriert und mit Wasser ausgewaschen. Eine
Probe des gelben Niederschlages in Salzsäure gelöst gil)t mit verdünnter
Schwefelsäure die für Baryum charakteristische, in Säuren unlös-
liche Fällung von Bary umsulfat.
In dem gelben Filtrate werden durch Erwärmen mit Ammoniak
und Ammoniumkarbonat Strontium und Calcium gefällt, wenn die spek-
\{)Q4: Georg Lockemanu.
troskopische Prüfung deren Anwesenheit verriet oder eine Probe des Fil-
trats die Karbonatfällung gab. Der Niederschlag wird nach dem Fil-
trieren und Auswaschen in wenig Essigsäure gelöst und in zwei ge-
trennten Proben untersucht: Eine Probe dieser Lösung (oder bei Abwesen-
heit von IJarvum eine Probe der essigsauren Lösung vom ursprünglichen
Karbonatniederschlag) versetzt man mit Gypswasser : Strontium scheidet
sich dann allmählich als Sulfat ab. Ist dieses der Fall, so versetzt man die
andere Probe der Lösung in der Wärme mit verdünnter Schwefelsäure,
filtriert das Strontiumsulfat nach einiger Zeit ab und fügt zu dem Filtrat
Ammoniak und Ammoniumoxalat. Dadurch wird Calcium als fein
krystallinisches Oxalat gefällt, das in Essigsäure unlöslich ist. Calcium
läßt sich auch in einer Lösung neben Baryum und Strontium nach-
weisen, indem man die Lösung mit Ammoniak alkalisch macht und dann
mit einer gesättigten Lösung von Kaliumferrocyanid versetzt. Calcium
fällt dann allmählich als weißes krystallinisches Calciumferrocyanid
aus, während Baryum und Strontium eine derartige Pveaktion nicht geben.
Tl. Gruppe.
Das Filtrat der fünften Gruppe kann außer den aus den Gruppen-
reagenzien stammenden Ammonsalzen noch Magnesium, Kalium, Na-
trium und Lithium enthalten.
Eine Probe der ammoniakalischen Lösung versetzt man mit Natri-
umphosphat; entsteht (besonders nach einigem Reiben der Glaswandung
mit dem Glasstabe) ein krystallinischer Niederschlag, der unter dem Mikroskop
die charakteristischen Krystallformen zeigt (mit einer Kontrollfällung von
Magnesium vergleichen!), so ist Magnesium vorhanden.
Auf die Alkalien wird am besten in der oben beschriebenen Weise
spektralanalytisch geprüft. Zu diesem Zweck ist die Lösung, wenn sie
sehr voluminös geworden war, zunächst einzudampfen, der Rückstand zum
Vertreiben der Ammonsalze gelinde zu erhitzen und dann in AVasser
oder verdünnter Salzsäure zu lösen.
Nach Vertreibung der Ammonsalze kann man auf Kalium in salz-
saurer Lösung mit Platinchlorid prüfen, das mit Kalium- (wie mit
Ammonium-) Salzen einen gelben krystallinischeu Niederschlag von
Kaliumplatinchlorid gibt.
Außerdem fällt Weinsäure und Natriumacetat farbloses krystal-
linisches Kaliumbitartrat.
II. Saure Bestandteile.
Zu S. 400.
Für die Prüfung auf die sauren Bestandteile läßt sich, wenn die
Asche völlig in Wasser löshch ist, ohne weiters die wässerige Lösung
benutzen; für die meisten hier in Betracht kommenden Reaktionen ist
auch eine Lösung in verdünnter Salpetersäure brauchbar. Will man eine
für alle Reaktionen brauchbare Lösung haben, kocht man die Asche, falls
Ergänzimgen zur Aschenanalyse. lOfiö
sie selber in AVasser nicht v(311i,i> löslich ist. einige Zeit mit Natrium-
carbonatlösunj^' und filtriert. Die sauren Bestandteile sind dann alle als
Natriunisalze in der Lösunfi' und Averden darin nach Ansäiieiii mit Kssij,'-
säiire oder Salpetersäure und Vertreiben dci- Kohlcn.siurc durch Kiliit/cn
nachiitn^iesen.
Hier soll nur noch einmal der Nachweis einiger Siiui-en kuiz be-
sprochen werden. Für Chloride ist besonders charakteristisch, ilall der
weiße, käsige Silberniederschlag in Ammoniak sehr leicht lösMcli ist
und beim Ansäuern mit Salpetersäure wieder erscheinl. l>t der
Silberniederschlag in salpetersaurer Lösung nicht rein weiß (gelblich) und
in Ammoniak schwerer oder teilweise unlöslich, so liegen inich Hroinide
und Jodide vor. Diese werden in kleinen Mengen am sichersten dadurch
erkannt, daß man die Halogene in Freiheit setzt und mit Chloiofoi-ni aus-
schüttelt; dabei löst sich Brom mit brauner, Jod mit violetler Farbe.
Zu S. 401. Durch Chlorwasser werden beide frei gemacht, und es
ist schwer, auf diese Weise wenig Jod neben Brom zu erkennen. Setzt man
vorsichtig Chlorwasser hinzu, so erscheint im Chloroform zunächst zwar
nur die violette Jodfarbe; sie verschwindet jedoch mit überschüssigem
Chlorwasser sofort (unter Bildung von last farblosem Jodtrichlorid). um der
braunen Bromfarbe Platz zu machen.
Aber man hat mehrere Reagenzien, die nur Jod in Freiheit
setzen, so daß man mit deren Hilfe auch die kleinste Jodmenge leicht er-
kennen kann. Derartige Reagenzien sind: Wasserstoffsuperoxyd.
Kaliumbichromat, Kalium nitrit, die man tropfenweise zu der sauren
Lösung hinzusetzt. Auch eisenchloridhaltige Salzsäure (Obermei/ersches
Reagens = 4 ^ Fe CI3 in 1^ rauchender Salzsäure) läßt sich zu die.^em
Zweck verwenden. Zur weiteren Prüfung auf Brom fügt man dann Chlor-
wasser hinzu.
Zu S.401. Zum Nachweis von Fluor verfährt man nach G. Tamnmnn'^)
in der Weise, daß man die Substanz mit etwas Quarzpulver, innig gemengt,
in einen kleinen Ballon mit dreifach durchbohrtem Stopfen bringt, durch einen
Scheidetrichter konzentrierte Schwefelsäure hinzulaufen läßt und er-
hitzt. Ein Strom trockner Luft durch ein nach unten führendes Rohr
nimmt das etwa gebildete Siliciumfluorid durch eine in der dritten
Korkbohrung steckende enge, zweifach gelegene Röhre mit in ein (iefäß
mit Wasser. Dicht über dem benetzten Teile der Röhre wii'd das (ias durch
die Feuchtigkeit zersetzt und scheidet gallertartige weil'e Kieselsäure au
der Röhrenwandung ab. So ist noch O"! mg Fluor deutlich nachweisbar.
Zu S. 401. Die Bildung von Siliciumfluorid kann mau auch zum Nachweis
von Kieselsäure benutzen. Man bringt den beim mehrfachen Abdampfen mit
Salzsäure unlöslich ])leibenden Rückstaiul mit etwas Kalium- oder Cal-
ciumfluorid zunächst in einen Platintiegel, gießt konzentrierte
1) G. Tammami, Über das Vorkommen des Fhiors in Organismen. Zeitsciirift f.
physiolog. Chemie. 12 (1888). 322.
]^066 Georg Lockemaun.
Schwefelsäure hinzu und erhitzt gelinde, während man über dem Tiegel
ein Stück Glas (Uhrglas oder dgi.) mit einem oder einigen Tropfen Wasser
hält. Die Kieselsäure scheidet sich dann in dem Wassertropfen als weiße
Trübung ab.
Zur Prüfung auf Borsäure taucht man in die salz saure Lösung
einen Streifen gelben Curcumapapiers. Dieser nimmt besonders beim
Trocknen eine braunrote Färbung an, die beim Betupfen mit Ammoniak
in Blau übergeht.
Eine weitere charakteristische Borsäurereaktion ist die Grünfärbung
der Flamme durch flüchtige Borverbindnngen. Man mischt die Substanz mit
Methylalkohol und konzentrierter Schwefelsäure in einem Reagenz-
glase und erhitzt vorsichtig: die entweichenden Dämpfe werden entzündet
und geben (bei Gegenwart des flüchtigen Borsäureesters B(OCH3)3) eine
grüngesäumte Flamme. Am besten läßt sich dieser Versuch mit Hilfe
einer Beckmannschen Spektrallampe ausführen (siehe oben), indem
man das Gemisch mit Alkohol und konzentrierter Schwefelsäure in den
gläsernen Zerstäuber bringt. Der Luftstrom führt die Borsäureesterdämpfe
mit in die Flamme, welche dann im ganzen grün gefärbt wird.
Ln Anschluß hieran sei noch der Nachweis von Quecksilber und
Arsen besprochen, für die besondere Prüfuugsmethoden erforderlich sind.
Nachweis von Quecksilber.
Da sich die Quecksilberverbindungen beim trocknen Erhitzen ver-
flüchtigen, so ist die Glühasche zur Prüfung auf Quecksilber ungeeignet
und man muß dazu einen besonderen Teil der ursprünglichen Sub-
stanz verwenden. Um das Quecksilber eventuell aus komplexorganischen
Verbindungen erst frei zu machen, ist es notwendig, die organische
Substanz in geeigneter Weise auf nassem Wege zu zerstören. Das ge-
schieht am einfachsten nach dem Verfahren von B. Fresenius und L. d. Babo \)
durch Behandeln mit Salzsäure und Kaliurachlorat. Man versetzt die
Flüssigkeit oder, falls es sich um Fleisch u. clgl. handelt, die zerkleinerte
und mit Wasser angerührte Substanz in einem Erlenmeyerkolben mit kon-
zentrierter Salzsäure, fügt etwas Kaliumchlorat hinzu und erhitzt auf
dem Wasserbade. Das weitere Hinzufügen von Kaliumchlorat geschieht am
bequemsten in der Weise, daß man eine gesättigte wässerige Lösung
(ca. 5"/o KCIO3) aus einem Tropf trichter allmählich hinzutropfen läßt. Den
Tropftrichter kann man nebst einem Steigrohr in einem doppelt durch-
bohrten Stopfen auf den Kolben aufsetzen oder in einem einfach durch-
bohrten Stopfen auf einen Kolben mit seitlichem Ansatz, der dann das
Steigrohr aufnimmt.
Den Zulauf der Kaliumchloratlösung regelt man so, daß dauernd
möglichst alles Chlor in dem Zerstörungsgemisch verbraucht wird und
*) i?. Fresenius und L. v. Baho , Über ein neues, unter allen Umständen sicheres
VerfaLreu zur Ausmittlung und quantitativen Bestimmung des Arsens bei Vergiftuugs-
fällen. Liebigs Annalen. 49 (1844). 308.
Ergänzungen zur Asdienanalyse. 10<»7
nichts oder wonig entweicht. Das naszierende Chh)r löst die organischen
Verbinchingen auf und führt alhnählich alles oder den grollten Teil der
Substanz in eine gelbliche Lösung über. Nötigenfalls niui; noch etwas Salz-
säure nachgefügt werden. Zum Schlul'. treibt man durch liingeres Erhitzen
und eventuell durch Einleiten von Kohlensäure (\:\^ üboi-schüssige Chlor
aus und filtriert von nicht gelösten Teilen ab.
In dieser Lösung kann man nun das (Quecksilber w'w amlere Schwer-
metalle durch Einleiten von Schwefelwasserstoff fällen. Der schwarze
Mercurisulfidniederschlag, der abfiltriert und mit schwefelwasserstoff-
haltigem Wasser ausgewaschen wird (mit reinem, kaltem Was.ser geht er
leicht kolloidal in Lösung), ist in verdünnter Salpetersäure auch beim
Erwärmen unlöslich, löst sich aber in Königswasser. Diese Lösung (bei
Verwendung größerer Säuremengon wird der ÜberschulJ erst wieder abge-
dampft) mit Wasser verdünnt gibt die charakteristischen Quecksilber-
reaktionen :
In einer Probe fällt Zinnchlorürlösung weißes Mercurochlorid
oder graues Quecksilber.
Ein Stück Blech oder Draht aus Kupfer oder Messing überzieht
sich in der Lösung mit grauem metallischen Quecksilber, welches
beim Reiben mit etwas Fließpapier oder Daumwolle spiegell)lank wiid. Rollt
man das getrocknete Blech oder den Draht zusammen und erhitzt das
verquickte Metall vorsichtig in einem (iUihröhrclien, so entweicht das Queck-
silber und setzt sich in dem kälteren Teil des Röhrchens als grauer Be-
schlag ab. Unter der Lupe oder dem Mikroskop kann man die einzelnen
Quecksilberkügelchen erkennen. Bringt man auf den Boden des Olührölir-
chens zunächst ein Stückchen Jod und dann darüber das verquickte Metall.
so kann man durch gelindes Erwärmen (am besten über der kleinen Zünd-
flamme eines Bunsenbrenners) das Jod verdampfen und durch Einwirkung
der Joddämpfe auf das Quecksilber Qu eck Silber Jodid Itilden, welches
dann beim stärkeren Erhitzen sublimiert und sich an der kühleren (ilas-
wandung als gelber, allmählich rot werdender Beschlag ansetzt.
Man braucht auch das Quecksilber nicht erst mit Schwefelwasserstoff
auszufällen, sondern kann die Zerstörungslösung gleich mit Kupfer oder
Messing in der angegebenen Weise prüfen; indem man (nach völligem
Au.streiben des Chlors) die Lösung mit dem Metall I -2 Stunden auf <lem
Wasserbade erwärmt.
Bei Harn kann man auch meistens das Behandeln mit Salzsäure und
Kaliumchlorat unterlassen, indem man nur mit Salzsäure versetzt und
dann die Prüfung ausführt. I\nthält der Harn sehr wenig Quecksilbe]-, so
verfährt man nach A.Almen^} am besten in der Weise, daß man nach
Zusatz von Natronlauge und Traubenzucker einige Zeit kocht. Da-
durch wird das Quecksilber reduziert und von den sich ausscheidenden
1) A. Almht, Eine Methode zum Nachweis von mininiakMi Mengou (^)uocksilbcr
im Harn und in Gemengen von orLranisclien Substanzen. Svenska Lakaresalskapets
förhandlingar. 1885. 142; Referat Mali/s Jahreslterichte der l'iercliemie. 1886. 221.
1068
Georsr Lockeuiaun.
'ö
Phosphaten beim Abkühlen mit niedergerissen. Nach vollständigem Ab-
sitzen gießt man die Flüssigkeit vorsichtig ab, filtriert den Rest und löst
den Niederschlag in heißer Salzsäure (unter Zusatz von etwas Sal-
petersäure). In dieser Lösung wird dann das Quecksilber ganz ebenso nach-
gewiesen, wie oben angegeben. (Empfindlichkeit: 1 Teil Quecksilber in
10,000.000 Teilen Harn oder Milch.)
Nachweis toii Arsen.
Wie für die Prüfung auf Quecksilber benutzt mau auch für die Prü-
fung auf Arsen am vorteilhaftesten einen Teil der ursprünglichen
organischen Substanz, da bei der Veraschung, wenn diese ohne Zusatz
von Oxydationsmitteln (Ammonnitrat usw.) ausgeführt wird, das Arsen als
flüchtiges Trioxyd teilweise oder ganz entweicht.
Die einfachste Methode ist der biologische Arsennachweis nach
E. Gosio ^ ). Dieser besteht darin, daß man einen besonderen Schimmelpilz,
den Penicillium brevicaule. der besonders gut auf feuchten Brotkrumen
gedeiht, auf der zu prüfenden, mit Wasser und Brot gemischten, steriH-
sierten Substanz ansiedelt. Harn läßt man z. B. direkt durch trockenes Brot
aufsaugen. Bei Anwesenheit von Arsen wird dann durch die biologische
Tätigkeit des Schimmelpilzes ein giftiges Gas von knoblauchartigem
Geruch (organische Arsenverbindung, wahrscheinlich Diäthylarsin
(CjHslaAsH-) entwickelt. In günstigen Fällen soll sich noch O'OOl mg ASoOg
durch einen deutlichen Geruch (nach zwei Tagen) erkennbar machen; in
Wirküchkeit scheint die Methode aber nicht so empfindhch zu sein. Sie
bietet auch sonst nicht die objektive Sicherheit wie andere chemische Re-
aktionen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß der Pilz Penicillium brevicaule
zwar nicht mit schwefel-, phosphor-, antimon-. wismuthaltigen Verbin-
dungen, wohl aber mit Selen- und Tellur Verbindungen Gase von ähn-
lichem, knoblauchartigem Geruch entwickelt.
Diese biologische Nachweismethode hat den grolJen Vorzug, daß man
die organische Substanz ohne weitere chemische Eingriffe (ohne .Zer-
störung" j der Prüfung unterwerfen kann ; doch ist sie aus den angeführten
Gründen nur mit besonderer Vorsicht anzuwenden.
^) R. Gosio, Zur Frage, wodurch die Giftigkeit arsenhaltiger Tapeten bedingt \Yird.
Berichte d. Deutsch, ehem. Gesellsch. 30 (1897). 1024. Weitere Arbeiten hierüber: F. Ahba,
Über die Feinheit der biologischen Methode beim Nachweis des Arseniks. Zentralbl. f.
Bakter. u. Parasitenk. II. 4 (1898). 806 ; W. ScJioItz, Über den Nachweis von Arsen auf
biologischem Wege in den Hautschuppen, Haaren, Schweiß und Urin. Berl. klin.
Wochenschr. 36 (1899). 913; B. Abel und P. BiMenherg , Über die Einwirkung von
Schimmelpilzen auf Arsen und seine Verbindungen. Der Nachweis von Arsen auf bio-
logischem Wege. Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. 32 (1899) 449; Marpmann, Über
die biochemische Arsenreaktion. Pharmaz. Zentralh. 41 (1900) 666; B. Galli-VaUerio und
C. Strzyzowshi, Über den biologischen Arsennachweis. Pharm. Post. 33 (1900). 637, 649.
^) P. Biginelli, Zusammensetzung und chemische Konstitution des arsenikhaltigen
Gases der Tapeten. Atti R. Accad. dei Lincei Roma (5.) 9 (1900). II. 210 und 242;
Referat: Chem. Zentralbl. 1900. IL 1067 u. 1100.
Ergänzungen zur Aschenanalyse. lUO'J
Zur Scheidung des Arsens von anderen Stoffen kann man sich in
vielen Fällen des ursprünglich von Schneider und von F//se antrcgchenen I)e-
stilliorverfahrens bedienen, welches auf der grol'.en Fliiclitigkcit des
Arsenchlorürs beruht. Dieses Verfahren ist dann durcli JJ. Fisr/i,r^} auch
für Arsensäure brauchbar gemacht, indem er Kisenchlorür als Ucduktioiis-
mittel verwendete, und von verschiedenen auderen Forschern') weiterhin
modifiziert. Die Substanz wird mit starker Salzsäure und etwas Kisen-
chlorür (man kann natürlich auch ein anderes Ferrosalz. /.. U. Fciro-
sulfat verwenden) in einem Destillierkolben erhitzt und das Destillat
(AsCI;,) unter guter Kühlung in Wasser oder in einer anderen geeigneten
Flüssigkeit aufgefangen. So läßt sich Arsen z. 11. auch von Antimon und
Zinn scharf trennen. Vorteilhaft ist der Zusatz von etwas P>rom Wasser-
stoff bzw. Kaliumbroniid, wodurch nach B. Biinsen") die lleduktion sein-
beschleunigt wird.
Zur Untersuchung größerer Harnmengen vei-fährt man z. B.
in der Weise, daß man den Harn zunächst auf dem Wasserbade möglichst
weit eindampft, ihn nötigenfalls mit Salzsäure und Kaliumchlorat be-
handelt, das überschüssige Chlor vertreibt, den Rückstand mit konzen-
trierter Salzsäure (..für forensische Zwecke"), einigen Grammen Ferro-
sulfat und wenig Kaliumbroniid versetzt und in einem geeigneten De-
stillationsgefäß mit angeschlossenem guten Kühler erhitzt. Im Destillat
wird dann das Arsen durch Einleiten von Schwefelwasserstoff oder
durch eine andere charakteristische Reaktion nachgewiesen.
Diese Methode ist wohl für größere Arsenmengen geeignet, aber in
den Fällen unbrauchbar, wo es sich darum handelt, auf die kleinsten Sparen
Arsen zu prüfen. Denn die Salzsäure ist auch in ihren reinsten Präparaten
immer noch arsenhaltig, so daß man, wenn man nur genügend scharfe
Nachweismethoden benutzt, auf diese Weise stets eine Arsenreaktion er-
halten muß. (Siehe weiter unten.)
Ein Verfahren zum schnellen Nachweis kleiner Arsenmengen
in einer Flüssigkeit hat C. E. Carlson*) angegeben. Beim Einleiten vim
Schwefelwasserstoff scheidet sich bei sehr kleinen Arsenmengen der Sul-
fidniederschlag nicht sofort, sondern erst nach längerem Stehen (12 bis
24 Stunden) ab. Schüttelt man aber solch eine mit Schwefelwasserstoff
behandelte, bzw. mit Schwefelwasserstoffwasser versetzte Lösung mit Ath\ 1-
äther, so ballt sich das Schwefelarsen zu kleinen Flocken zusammen.
1) E. Fischer, Scheidung und Bestimmung des Arsens. Berichte d. Dcutscli. ehem.
Gesellsch. 13 (1880). 1778; Liehigs Annal. 208 (1881). 1%.
^) F. Huf Schmidt, 'Luv Trennung des Arsens von Zinn und Antimon Berichte
d. Deutsch, ehem. Gesellsch. 17(1884). 2245; Alex. Classen u. Hob. Ludin<j, guantitutive
Analyse durch Elektrolyse. Ihid. 18 (1885). 1112; Martin Hohmcr, Schci.lune des Arsens.
Ihid. 34 (1901). 33.
3) R.Bunsen, Liehigs Annal. 192 (1878). 321.
*) C. E. Carlson (Lund), Eine neue Methode zum h>iclitfii Nachweis und zur
raschen Ausscheidung von Arsen und gewissen Metallsalzen aus Flüssigkeiten. Zeitschr.
f. physiolog. Chemie. 68 (1910). 243.
j^QYO Georg Lock 0 mann.
welche in der Ätherschicht herumschwimmen. In 100 cm^ Lösung ist auf
diese Weise noch O'l w^r As in ein paar ^Minuten nachzuweisen: durch Zu-
satz von Alkohol läßt sich die Empfindlichkeit noch steigern. Bei einem
Arseugehalt von 0"015 mg As in 100 cm^ lOVoiger Salzsäure sieht man
nach dem Schütteln mit Schwefelwasserstoffwasser und Äther an der Grenz-
fläche eine goldig schimmernde Zone: wird nun aber Alkohol hinzugegossen,
so rollt sich das Arsensulfür zusammen und schlägt sich in leicht kennt-
lichen Flocken nieder. Diese gelben Flocken verschwinden beim Um schütteln,
erscheinen aber auf erneuten Zusatz von Alkohol wieder.
Zum Nachweis des Arsens im Harn verfährt Carhon in der
Weise, daß er das Arsen zunächst in der oben geschilderten Weise mit
Salzsäure abdestilliert. Um das Übergehen von gelbgefärbten Harnbestand-
teilen zu vermeiden (die das Erkennen des Arsens erschweren würden),
setzt er einige Gramm Eisenchlorid hinzu: z. B. zu dem Abdampfrück-
stand von 500 cm^ Harn 60 — 70 rm» konzentrierte Salzsäure
(spez. Gew. 1'19), 10 g Ferrichlorid und bg Ferrosulfat. Dieses Ge-
misch wird in einem Kolben von etwa 700 cm" Inhalt erhitzt, der durch
ein zweifach gebogenes Glasrohr mit einer Pipette (ca. )30 cm^) verl)unden
ist; diese taucht unten in eisgekühltes Wasser. Es wird so lange destil-
liert, bis der Pipettenbauch heiß geworden ist. Das Destillat wird im
Scheidetrichter mit 15 cm^ Schwefelwasserstoffwasser und nach
15 Minuten mit 15 cw^ Alkohol versetzt, 1 — 2 Minuten kräftig geschüttelt.
Auf Zusatz von Alkohol erscheinen dann bei Gegenwart von Arsen schöne
gelbe Flocken. Bleibt die Probe negativ, so kann dieses auch durch or-
ganische Substanz verursacht sein. — Andere Metalle, wie Quecksilber,
Blei und Kupfer, zeigen ein ähnliches Verhalten, jedoch sind sie schon in-
folge der anderen Farbe ihrer Sulfide nicht mit Arsen zu verwechseln.
Das empfindlichste Verfahren zum Nachweis sehr kleiner
Arsenmengen besteht in der Überführung in Arsenwasserstoff und
Zerlegung dieses Gases durch eine konzentrierte Silberlösung nach H. W.
Gutzeit 1) oder durch Glühen in einem schwer schmelzbaren Glasrohr nach
Marsh-Liebig-).
Die Giitzeitsche Eeaktioii wird in der Weise ausgeführt, daß man
in einem Reagenzglase (oder anderem passenden Gefäß, Erlenmeyerkolben
z. B.) die zu prüfende, mit Salzsäure angesäuerte Lösung mit einigen Zink-
stückchen zusammenbringt, in die Öffnung einen losen Wattebausch hinein-
schiebt und dann einen Papierstreifen mit einem Tropfen konzentrierter
Silbernitratlösung (1:1) darüber legt. Der mit dem Wasserstoff ent-
^) H. W. Gutzeit, Bemerkungen zur Revision der Pharmacopoea Germanica.
Pharmazeut. Zeitung. 1879. 263. Ferner: Poleck und Thiimmel, Über die Arseuprobe
der Pharmacopoe und einige neue Silberverbindungeu. Archiv d. Pharm. 22 (1884). 1.
^) James Marsh, Beschreibung eines neuen Verfahrens, um kleine Quantitäten
Arsenik von den Substanzen abzuscheiden, womit er gemischt ist. Edinburgh New Philos.
Journ. 21 (1836). 229; Liebigs Anual. d. Pharm. 23 (1837). 207, mit Nachschrift von
P. Mohr und J. Liebig.
Ergäuzuiigen zur Asclienanalyse. lUTl
wirkolte Arsenwasserstoff färbt den Silhornitratflock zitronen «reih unter
IJilduni^- einer r)oi)pelverl)indun^- (A^g As + ;5AgN(Jg): um den f^n-liuMi Fleck
bildet sich ein schwarzer Hand durch Zersetznn"- der Doppelverltindun;:.
Jieim liefeuchten mit Wasser wird der ^^anze i^-elbe Fleck schwarz (Silber-
abscheidung). Diese G^w^^ei^sche Probe, die recht empfindlich ist (nach
Becknrts^) bis zu 0'002 mg AS2O3), läßt sich nur mit kleiner Fliissiü-keits-
menge anstellen: auch ist ihr Wert etwas dadurch beeintriichtitrt. daß
andere Gase (z. F). H2S, H3P) mit Silbernitrat ähnliche Färbun.L'en flehen.
Statt Silbernitrat läßt sich nach Thomson'-) auch (Quecksilber-
chlorid benutzen; dieses gibt mit Arsenwasserstoff eine •.»■elbbraune
Verbindung. Ch. B. Sanier und 0. F. Bhick^) emi)fehlen Streifen von
M7w/»/a»schem Zeichenpapier mit ö^/oiger Lösung von (^)uecksilberchi()rid
zu sättigen und zu trocknen; mit diesen Streifen lassen sich auch (pianti-
tative Bestimmungen ausführen.
Der Arsennaclnveis nach Marsh-Liebig ist im Laufe der Jahre
von den verschiedensten Forschern modifiziert und in neuerer Zeit zu der
empfindlichsten und zuverlässigsten Methode ausgebildet worden. Sie ist in
all den Fällen nicht zu umgehen, wo es sich darum handelt, ganz geringe
Spuren Arsen mit Sicherheit nachzuweisen. Für diesen Zweck sind
aber auch die gewöhnlichen Zerstörungsverfahren für die organische Sub-
stanz und die Abscheidungsverfahren für das Arsen nicht zu gebrauchen,
da die dazu erforderlichen Reagenzien nicht vöUig arsenfrei zu erhalten
sind. Das gilt in erster Linie für die Salzsäure: denn bei genauer Prü-
fung findet sich auch in den reinsten Präparaten („für forensische
Zwecke" od. dgl.) der besten Firmen immer noch Arsen, soliald man nur
mehr als etwa 20 cm^ untersucht. Auch in größeren Mengen Schwefel-
säure und Salpetersäure, wie sie z. P. für das NtumannsiihQ Säuregemisch-
Veraschungsverfahren notwendig sind, ist soviel Arsen enthalten, daß
dieses bei ganz genauen Untersuchungen störend wirkt.
(Zu S. 393.) Für solche Fälle ist von G. Lockemann*) ein Verfahren
angegeben, welches darin besteht, daß man die organische Substanz nach
Vorbehandlung mit wenig Salpetersäure-Schwefelsäuregemisch der Sal-
peterschmelze (mit gereinigtem Natrium-Kaliumnitiat) unterwirft und in
der neutralisierten Lösung dieser Schmelze durch Adsorption mit Eisen-
hydroxyd das Arsen abscheidet: dieses wird dann im Marshsdmn Apparat
nachgewiesen.
') H. Bechnrts, Jahresber. d. Pliarm. 1883/84. 475.
-) Thomson, Royal Commissiou 011 Aisenical roisouini:. F'iiial Hi-port. 2 58.
(London 1903).
») Ch. R. San (/er und O. F. Black, Bestimmung von Arsen liuicli die f.«//c< »/sehe
Methode. Journ. Soc. Chem. Ind. 26(1907). 1115; Zoitsehr. f. anorgan. Chemie.»« (1908). 121.
■*) Dieses Verfahren, welches in der ursprünglichen Form [G. Lockemann, Über
den Arsennachweis mit dem J/orsÄschen Apparate. Zeitschrift für angewandte Chemie.
18 (190.-)). 416] in Band 1 dieses Werkes, S. 393— 39(j, beschrieben war. ist inzwischen
in mehrfacher Beziehung n'iodifiziert und soll deswegen hier in der neuesten Form
noch einmal geschildert werden.
j^Q'j'2 Georg Lockemann.
Die für dieses Salpeterschmelzverfahren erforderlichen Säuren
erweisen sich in den hier in Betracht kommenden geringen Mengen, wenn
man die reinsten Kahlbauvischeii Präparate verwendet, meistens als arsen-
frei. Die Alkalinitrate werden nötigenfalls in der weiter unten beschrie-
benen Weise gereinigt.
Prüfung und Peinigung der Chemikalien.
Die Schwefelsäure prüft man, indem man sie in etwa 20''/oiger
Lösung in den Marshschen Apparat bringt (s. unten ), und zwar mindestens
in solchen Mengen, wie sie für die einzelnen Untersuchungen zur Xer-
wendung kommen.
Die rauchende Salpetersäure ist natürhch ohne weiteres zur
Prüfung im Mars/iSichen Apparat nicht zu gebrauchen. Eine gemessene
Menge ( 10 — 20 cm^) wird mit etwa 10% konzentrierter Schwefelsäure
vermischt und in einer Porzellan schale auf dem Wasserbade (mit Por-
zellanringen) vorsichtig abgedampft. Die Erhitzung wird so lange fortge-
setzt, bis eine Tüpfelprobe des Rückstandes mit Diphenylamin-Schwefel-
säure (1 Teil Diphenylamin in 100 Teilen konzentrierter Schwefelsäure)
keine Blaufärbung mehr ergibt.
Der Abdampf uugsrückstand (Schwefelsäure) wird, mit W' asser ver-
dünnt, im Marshschen Apparat geprüft.
Die Nitrate von Natrium und Kalium enthalten meistens Spuren
von Arsen, die sich nach dem Eisenfällungsverfahren nachweisen lassen.
In neuerer Zeit liefert allerdings die Firma Kahlhaum auch Präparate,
die sich in den hier in Betracht kommenden Mengen als arsenfrei er-
weisen. Jedoch ist es immer ratsam, oder bei genauen Versuchen
notwendig, sich selbst von der Arseufreiheit zu überzeugen, da auf irgend
eine unkontrollierbare Weise geringe Verunreinigungen hineingeraten sein
könnten. Die Peinigung der Nitrate wie die anderer neutraler Salze
von Arsen geschieht auf Grund der von G. Lockemann und M. Paucke
ausgeführten Untersuchungen ^ ) durch Fällung von Eisenhydroxyd in
ihren abgekühlten Lösungen. Das Arsen wird auf diese Weise durch die
Adsorptionswirkung des Eisenhydroxyds aus der Lösung entfernt. Hierzu ist
eine Eisenlösung und eine Ammoniaklösung von bestimmtem Gehalt nötig.
Für die Eisenlösung verwendet man am besten den Eisenammoniak-
alaun, das krystahisierte Ferriammoniumsulfat (FeNHi (804)3, ISHgO).
Von diesem Salz Averden 226 (genau 225'6) g mit destilliertem Wasser zu
1 l gelöst ; 1 cm^ dieser Lösung entspricht 50 mg Fe (0H)3 oder 10 cm^
entsprechen O'ö g Fe(0H)3. Nimmt man das reinste Kahlbaumsche Prä-
parat, so ist in 20 cm^ einer derartigen Lösung kein Arsen nachzuweisen.
Natürlich könnte man auch Lösungen von behebig anderem, aber bekanntem
Eisengehalt verwenden.
*) G. Lockemann und M. Fauche, Über die Adsorption von Arsen durch Aluminium-
und Eisenhydroxyd. Zeitschr. f. Chemie u. Industrie d. Kolloide. Bd. 8 (1911). 273.
Ergänzungeu zur Aschenatuilyse. 1073
Der Ammoniaklüsunj>' «ilbt man eine derartige Konzentration, dai;
zur Fällung eines Volumens Eisenlösung das glciclic \'olnmen Ammoniak-
lösung erforderlich ist. Es hat sich bei den oben crwiihntcn systcmatischi-n
Versuchen über die Adsorption des Arsens durch Eiscnliydroxyd heraus-
gestellt, daß die Adsorption am besten verläuft, wenn genau die stöchio-
metrischen Mengen Ammoniak zur Anwendung kommen, dal'., mit anderen
Worten, ein größerer Überschuß des Fällungsmittels nachteilig wirkt. I>cr
Eisenlösung von dem angegebenen Gehalt würde eine Lösung iMpiivalcnt
sein von 2o-'J </ Ammoniak im Liter, d. i. 1-404 noi-mal. Da nun beim
längeren Aufbewahren und wiederholten Offnen der Flasche immer ein
gewisser Teil Ammoniak sich verflüchtigt und da andi-erseits ein ge-
ringer Überschuß für die Adsorptionswirkung nicht besondei-s nachteilig
ist, so wird man die Ammonialdösung in der Weise am einfachsten her-
stellen, daß man eine lü«/oige Lösung auf das 4fache verdünnt, sodaß
man eine Lösung von ca. 2"5''/o^H3= 1-47 n erhält. Man iniift durch
Titration mit Normalsäure (Lackmus oder Methylorange als Indikator):
wenn 10 ok^ Ammoniaklösung ca. I4"5 (zwischen 14 und lö) mi^ 1 n-Sänre
verbrauchen, dann ist die Lösung i'ichtig eingestellt.
Da nun die Ammoniaklösungen durchweg auch einen gewissen
Arsengehalt haben, so ist es ratsam, entweder die ursprüngliche Ammoniak-
lösung zunächst längere Zeit mit frisch gefälltem, ausgewaschenem Eisen-
hydroxyd zu schütteln oder die (iebrauchslösung dauernd über einer ge-
wissen Menge Eisenhydroxyd aufzubewahren, wobei die Flasche von Zeit
zu Zeit umzuschüttein und die jedesmal zu verwendende Menge Ammoniak-
lösung zunächst zu filtrieren ist. Zur Prüfung der Ammoniaklösung ver-
dampft man ein bestimmtes Volumen auf dem Wasserbade nicht ganz zur
Trockne; der Rückstand wird mit etwas verdünnter Schwefelsäure aufge-
nommen und in den Marshschen Apparat gebracht.
Diese Eisen- und Ammoniaklösungen werden auch für die Ab-
scheidung des Arsens zum Nachweis und zu seiner Bestimmung benutzt
(s. unten).
Die Reinigung des Natrium- und Kaliumnitrats führt mau
nun in der Weise aus. daß man diese Salze in Wasser löst. z. II. .')0(i y
NaNO;^ in 650 cm^. 500 -/ KNO3 in 3 / Wasser, zu den Lösungen je eine
bestimmte Menge Eisenlösung, z. B. 25 cm.^, hinzufügt und sie unter Um-
rühren in Eis abkühlt. In der Kälte wird daini durch Zusatz des gleichen
Volumens Ammoniaklösung das Eisenhydroxyd ausgefällt und nach kurzem
Stehen durch ein Faltenfilter filtriert. Das Filtrat wird in gleicher Weise,
aber nur mit 10 ciu^ Eisen- und Ammoniaklösung behandelt. Dieser zweite
Eisenhydroxydniederschlag dient zur Prüfung, ob die Salpeterlösungen
nunmehr arsenfrei sind. Er wird auf dem Filter mit kaltem Wasser aus-
gewaschen, bis das ablaufende Waschwasser mit Diphenylamin-Schwefel-
säure bei der Tüpfelprobe auf Porzellan keine P.laufärbung mehr gibt.
Das Eisenhydroxyd wird sodann in etwa 25 cw' heißer 20" ois-'t"i"
Schwefelsäure gelöst, und diese Lösung wird nach dem .Vbkühlen im
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 68
1074
Georff Lockemann.
■■o
3Iarshschen Apparat geprüft (s. unten). Sollte bei dieser Kontrolle noch
Arsen gefunden ^verden, so müßten die Salpeterlösungen noch einmal mit
einer größeren Menge Eisen- und Ammoniaklösung behandelt werden, bis
die letzte Kontrolle die Arsenfreiheit erweist.
Die Fällung des Eisenhydroxyds kann man auch bei gewöhnlicher
Temperatur ausführen, doch wird die AdsorptionsTNirkung durch die Eis-
kühlung noch gesteigert.
Die auf diese Weise gereinigten und geprüften Salpeterlösungen
werden nun teils als Lösungen aufbewahrt (etwa zur Hälfte), teils zur Ge-
winnung der festen Salze eingedampft. Durch Bestimmung des spezifischen
Gewichtes kann man leicht den Salzgehalt der durch die lieinigungs-
methode etwas verdünnten Lösungen erfahren. Ist man den hier ge-
machten Angaben gefolgt, so wird man durch Vermischen äquivalenter
Lösungsmengen (etwa der Hälften der beiden Lösungen) eine Lösung
von etwa 23o/o Natriumkaliumnitrat erhalten.
Die anderen Hälften der Lösungen engt man in Schalen auf dem
Wasserbade ein, bis der größte Teil der Salze ausgeschieden ist. Nach
dem Erkalten trocknet man die Salze an der Luft auf mehrfachen Lagen
Fheßpapier und mischt gleiche Teile miteinander. Dieses Salzgemisch wird
in einer Pulverflasche aufbewahrt, um für die Salpeterschmelze verwendet
zu werden.
Zerstörung der organischen Substanz nach dem Salpeter-
schmelzverfahren.
Der erste Teil des Zerstörungsverfalirens, die Säurebehandlung,
muß je nach Art des Untersuchungsobjektes etwas modifiziert werden,
wie das aus den weiter unten beschriebenen Beispielen hervorgeht.
Für die eigentliche Salpeterschmelze lassen sich Geräte aus
Kupfer, Nickel, Silber nicht verwenden, da sie durch den schmelzenden
Salpeter angegriffen werden. Auch die Quarzgefäße sind für diesen Zweck
unbrauchbar; sie zerspringen beim Abkühlen, selbst wenn man die Haupt-
menge der Schmelze heiß ausgießt.
Porzellantiegel haben sich dagegen noch besser bewährt. Zwar
zerspringen sie auch meistens, wenn man die ganze Schmelze darin er-
kalten läßt ; gießt man aber die Hauptmasse des Schmelzflusses aus (etwa
in eine Schale mit Wasser), so bleibt der Tiegel beim weiteren Abkühlen
unversehrt. Man kann auch so verfahren, daß man, statt den Schmelzfluß
auszugießen, in die eben erstarrende Schmelzmasse, während der Tiegel auf
einer Porzellanunterlage (umgekehrtem Tiegeldeckel oder Schale) steht,
vorsichtig zunächst wenig, allmählich mehr kaltes Wasser hineinspritzt,
so daß man auf diese Weise sogleich eine heißgesättigte Salzlösung
erhält, i)
*) Dieses Verfahren wurde von Dr. Hans Winkler ausprobiert.
Ergänzungen zur Aschenanalysc. 1075
Am geeignetsten iür die Salpetersclmicl/c sind jedoch die l'hitin-
geräte, da diese völlig widerstandsfiihig sind, voraus}.M'setzt. dali man niclit
zu stark erhitzt. Der Platintiegcl oder die I'iatinsclialc wird anf ein
sauberes Tondreieck (am besten mit riatinhlechen iimwiekdt) gesetzt und
mit einer niclit zu großen Flamme erhitzt, sodali die Salzschinelze eben noch
im Flui» bleibt; dann wird das Tlatin nicht angegriffen. Wegen des guten
Wärmeleituiigsvermügens ist bei Platin schon kein so starkes Ki-liitzeii not-
wendig wie bei Porzellan, um die Wärme auch auf die oberen Teile der Seiteii-
wandungen zu verteilen und das Schmelzen der Masse im (iange zu hallen.
An einigen Beispielen soll das Zerstörungsverfahren näher er-
läutert werden.
1. Harn.
a) Säurebehandlung. Der Harn (in einzelnen Proben od«'r die
ganze Tagesmeuge) wird zunächst gemessen und mit Salpeter ven^Jetzt.
indem man 10 — 15% seines Volumens von der oben beschriebenen Sal-
peterlösung (230/0 (NaKlNOg) oder 2-5— S-öo/o festes Natriunikaliumnitrat
hinzufügt; dann wird das Gemisch in einer nicht zu grolien Poizellanschale
unter wiederholtem Xachfüllen airf dem Wasserbade eingedami)ft. Bei
Flüssigkeiten ist das Vermischen mit Salpeter von vornherein deshalb vor-
teilhaft, weil dann der Trockenrückstand die organische Substanz gleich
möglichst innig mit dem Salpeter gemischt enthält.
Der Abdampfrückstand wird (auf einem Wasserbade mit Poizellan-
ringen und unter einem gut ziehenden Abzüge) nach und nach mit einem
Gemisch von 9 Teilen rauchender Salpetersäure und 1 Teil konzentrierter
Schwefelsäure (Säuregemischj behandelt. Sollte der Abdampfrückstand
schon ganz trocken sein, so muß er zunächst erst wieder etwas ange-
feuchtet werden, da sonst die Pieaktion mit dem Säuregemisch zu lebhaft
werden und zur Entzündung der Masse führen kann. \o\\ der Säure fügt
man tropfenweise (aus einem INIeßzyHnder) mit wiederholten Pausen unter
möglichst gleichmäßiger Verteilung auf den ganzen Schaleninhalt so viel
hinzu, daß im ganzen etwa P/^ der Harnmenge, jedoch niclit unter örm»
gebraucht werden. Man erhidt einen gelbbraunen Piückstand, der dann
"weiterhin mit Salpeter geschmolzen wird.
h) Die Salpeterschmelze führt man in der Weise aus, daß man
in einer Schale oder einem Tiegel aus Platin oder Porzellan (s. oben) zu-
nächst 5 — 10.^ gereinigtes Natriumkaliumnitrat nnt möglichst kleiner
Flamme zum Schmelzen bringt und dann den Abdanii)fiückstand von der
Säurebehandlung in kleinen Portionen mit einem Platinspaiel eintrugt,
wobei man jedesmal so lange wartet, bis nach dem Aufblähen der Schmelz-
masse völlige oder fast völlige Veraschung eingetreten ist. War der Ab-
dampfrückstand gar zu trocken, so kann bei zu schnellem Hintragen bi.s-
weilen Entzündung eintreten. Um dieses zu vermeiden, feuchtet man die
Masse etwas an; vielleicht ist es auch notwendig, noch etwas Salpeter
hinzuzufügen.
CS*
1076 Georg Lockemaun.
2. Blut.
a) Säurebehaiullung. Zur vollständigen Zerstörung- des Blutes ist.
wegen des hohen Gehaltes an Eiweiß, Hämoglobin und anderen orga-
nischen Stoffen entsprechend mehr Salpeter erforderlich. Eine Reihe von
Versuchen zeigte, daß für 50 an^ Blut 150 — 200 cm'" der 237oig(?n Salpeter-
lösung notwendig sind, also das 3 — 4fache Volumen an Lösung oder für
1 Teil Blut Vi — 1 Teil feste Salpetermischung.
Blutserum braucht etwas weniger; es genügt das 2 — ofache Volumen
an Salpeterlösung oder V2 — V* Teile feste Salpetermischung.
Das zu untersuchende Blut oder Serum wird mit der erforderlichen
Menge Salpeterlösung vermischt und in einer PorzeUanschale unter wieder-
holtem Umrühi'en (da sich immer wieder eine Decke von gerinnendem
Eiweiß abscheidet) auf dem Wasserbade eingedampft. Bevor das Gemisch
ganz trocken ist, wird es vorsichtig tropfenweise mit dem Säuregemisch
versetzt; man fügt im ganzen etwa 10 — 20% des ursprünghchen Blut-
oder Serumvolumens hinzu, unter möglichster Verteilung auf die ganze
Masse. Dabei tritt unter Aufblähen und A'erfärben der Masse ziemlich
starke Pieaktion ein. War der Abdami)frückstand schon völlig trocken, so
muß er vor der Säurebehandlung zunächst erst wieder etwas angefeuchtet
werden, da sich sonst die ganze Masse entzünden kann.
h) Die Salpeter schmelze wird in der gleichen Weise ausgeführt
v/ie beim Harn angegeben. Das Eisen des Hämoglobins scheidet sich in
dem unteren Teil der Schmelze als rotbraunes Oxyd ab.
3. Organteile (Fleisch).
a) Säurebehandlung. Feste (Jrganteile (Fleisch) werden zunächst
mit sauberen Messern oder Scheren möglichst zerkleinert und dann in
einer Porzellanschale auf dem Wasserbade allmählich mit dem Säuregemisch
versetzt; im ganzen wird auf 1 Teil Fleisch etwa Y2 Teil Säuregemisch
verwendet. Dabei verwandeln sich die Organteile unter Aufblähen in eine
dickflüssige gelbhche Masse. Durch zu schnelles Hinzufügen der Säure kann
unter Rauchentwicklung Verkohlung eintreten.
Der Rückstand der Säurebehandlung A^ird dann mit soviel Salpeter-
lösung verrührt, als der 5 — 6fachen Menge der ursprünghchen Substanz
entspricht, so daß die V|^ — iV^fache Menge festes Salpetergemisch zur
Anwendung kommt. Beim Eindampfen dieser Mischung bleibt zuletzt ein
gelber krystallinischer Rückstand.
h) Die Salpeterschmelze wird in der gleichen Weise wie unter
1 und 2 ausgeführt.
Abscheidung des Arsens durch Eisenhydroxyd.
Zur Abscheidung des Arsens aus der Zerstörungsmasse verfährt man
folgendermaßen : Die Salpeterschmelze wird mit AVasser in ein Becherglas
gebracht (hat man ein Platingefäß für die Schmelze verwendet, so setzt
man dieses am besten noch heiß in kaltes Wasser, die erstarrende Schmelze
Ergänzungen zur Aschenaaalysc. 1077
löst sich dann leicht von der Wandung ab) und unter Erwärmen «relöst.
Dabei fütit man unter Umrühren allmählich aus einem Meljzylimh'r ver-
dünnte (20"/o) Schwefelsäure hinzu, solange sich noch Kohlensäure und
Stickoxvde entwickeln: man prüft mit einem Tropfen auf Lackinuspapier und
setzt soviel Säure hinzu, daß die Reaktion schwach sauer bleibt. Sind dann
alle Gase unter Erhitzen ausgetrieben, so läßt man erkalten, fügt einige
Tropfen Methylorange hinzu und neutralisiert die Lösung mit Ammoniak.
Da die Adsorptionswirkung des Eisenhydroxyds mit sinkender Tem-
peratur zunimmt, so ist es ratsam, die Lösung durch Einsetzen in Eis
abzukühlen; jedoch ist das nicht unbedingt erforderlich. Man lädt dann
von der oben erwähnten Eisenlösung (am be^iuemsten aus einer Bürette)
eine bestimmte Anzalil Kubikzentimeter hinzulaufen, und nachdem diese
mit der Lösung gleichmäßig vermischt sind, fügt man dasselbe N'olumen
von der eingestellten Ammoniaklösung unter rmrühren hinzu.
Bei der Bearbeitung von Harn und Fleisch wird in der ersten Fäl-
lung der größte Teil des Eisens als helles Ferriphosphat abgeschieden. Da-
durch wird die Adsorptionskraft des Eisens für Arsen beeinträchtigt, iiiul
man wii'd in solchen Fällen — natürhch je nach Menge und Arsengehalt
des Untersuchungsobjekts und nach Menge der angewendeten Eisenlösung
— das Arsen größtenteils vielleicht erst in der zweiten Fälhmg finden.
Der Eisenniederschlag wird nach etwa halbstündigem Stehen abfiltriert
und zur Entfernung der anhaftenden Salpeterlösung mit kaltem Wasser
ausgewaschen, bis das Waschwasser mit Diphenylamin keine Salpeter-
reaktion mehr gibt. Dieses Auswaschen geht bei gewöhnlichen Eisen-
hydroxydfällungen ziemlich schnell, (hiuert jedoch bei den weniger durch-
lässigen Phosphatfällungen länger. Das Waschwasser fängt man gesondert
auf und engt es auf dem Wasserbade ein. um es dann der Hanptlösung
vor der zweiten oder (z. B. bei den phosphorhaltigen ()l)jekten, die mehrere
Fällungen erfordern) zusammen mit den eingeengten Waschwässern der fol-
genden Fällungen vor der letzten Fällung wieder zuzufügen. Man muß die
Eisenfällungen natürlich so lange wiederholen, bis sich der letzte Nieder-
schlag als ganz oder fast arsenfrei erweist.
Es würde sich z.B. empfehlen, bei der Verarbeitung von ' » Liter
Harn von der Eisen- und der Ammoniaklösung folgende Mengen für die
einzelnen Fällungen zu verwenden: 1. 20 c;;/». 2. Ibrm^, '^. W rni\ even-
tuell 4 5 cmA War weniger Substanz in Arbeit genommen und ist vor
allein kein starker Phosphatniederschlag zu erwarten, so wird man zuerst
20 oder 10 cm^ nehmen und die zweite (Kontroll-)Fällnng mit :)cm' aus-
führen. Für die Bemessung der Eisenmengen ist natürlich auch der Arsen-
gehalt maßgebend. Unter normalen Verhältnissen würden 10 cm» der Eisen-
lösung (entsprechend tiOO mg Fe(0H)3) genügen, um aus 100 cm ' Lösung
etwa 2b mg Arsen bei 25" oder etwa nömg ArsiMi bei 0" völlig zu ad-
sorbieren.
Die einzelnen Eisenfällungen werden nach Beendigung des Auswaschens
in heißer 20'Voi8'ei' Schwefelsäure gelöst und die Lösung mit derselben
1078
Georg Lockemanii.
Säure auf ein bestimmtes Volumen (z. B. 50 oder 100 cm^) aufgefüllt. Diese
schwefelsauren Lösungen werden dann zur Prüfunii im Marshschen Apparat
benutzt.
ArsennachAveis im Marshschen Apparat.
Der im Hauptkapitel dieses Buches (Bd. I, S. 394 — 396) beschriebene
und abgebildete Apparat von G. Lockemann zum Nachweis des Arsens
nach Marsh-Liehig enthält zum Trocknen der Gase weder Baumwolle
oder ähnhches Stopfmaterial noch gekörntes oder geschmolzenes Chlor-
calcium oder gar Ätzkali, da alle diese Stoffe auf Arsenwasserstoff zer-
Fig. 259.
Arsenappaiate nach G. Lorkemann.
setzend wirken. Zum Trocknen der Gase wird das krystallisierte Cal-
ciumchlorid (CaClg, 6H2O) benutzt. Durch diese und die übrigen Ver-
suchsbedingungen ist die Empfindlichkeit des Arsennachweises auf
O'OOOl mg = O'l iiimff (Milliogramm) As gesteigert.
Als Kühlgefäü benutzt mau statt der Porzellanschale m (Abb. Bd. I,
S. 395) vorteilhafter ein Becherglas: dieses wird, wie Fig. 259 zeigt,
auf ein etwa 10 cm breites und 18 cm langes Brett gestellt, welches auf
dem Stativring mit einigen von unten eingetriebenen Nägeln befestigt ist.
Das Becherglas faßt mehr Kühlflüssigkeit als eine Schale und ist auf dem
Tragbrett verschiebbar, so daß seine Stellung der jeweiligen Lage des Kiihl-
fadens angepaßt werden kann.
Ergänzungen zur Ascheuanalyse. 1079
Hat man eine größere Zalil von Arsenuntersuchungen auszu-
führen, so empfiehlt es sich, mehrere Apparate zu je zweien reclits und
links von einem Stativ (s. Fig. 259) aufzustellen und das Verdrängen der
Luft durch Einleiten von Wasserstoff, der in einem Kipp^vhm
Apparat entwickelt wird, zu beschleunigen. Der Kij)p><c\\v Ap|)aiat wiid
für diesen Zweck am besten mit einer Zinkkupferlegierung beschickt,
welche 90Vo Zn und lOVo Cu enthält i), und als Säure benutzt man die
^.Salzsäure für forensische Zwecke-. Das Zink mit dem hohen Kupfer-
gehalt hat nämlich die Eigenschaft, Arsen zurückzuhalten, so dali man auf
diese Weise trotz eines gewissen Arsengehalts der Salzsäure reinen Wasser-
stoff erhält. ^lan wäscht das Gas dann nur mit gewöhnlichem Wasser
oder mit verdünnter Sodalösung. Benutzt man dagegen zur W'asserstoff-
entwicklung im Kijjpschen Apparat das gewöhnliche Zink und die gewöhn-
liche ..reine" Salzsäure, so ist es notwendig, außerdem noch eine oder
zwei W' aschflaschen mit mögüchst konzentrierter Kaliumpermanganatlösung
vorzuschalten-), um den mitentwickelten Arsenwasserstoff vor dem Ein-
leiten in den Marshschen Apparat zu absorbieren. Die letzte Waschflasche
wird mit einem Gabelrohr verbunden, von welchem aus Gummischläuche
zu den schräg nach unten umgebogenen oberen Enden dei- Steigi-ohre
(siehe Fig. 259) zweier nebeneinander aufgestellter J/a/-.vÄscher Api)a-
rate führen. Zur gleichmäßigen Regulierung des doppelten Gasstromes kann
man die beiden Gummischläuche mit Schraubenquetschhähnen versehen.
Bei der Ausführung des Arsennachweises verfährt man nun
folgendermaßen : In die Entwicklungsgefäße der Marshschen Apparate l)ringt
man 5 — 6 Stückchen verkupferten Zinks, hergestellt aus garantiert
arsenfreiem Stangenzink ..Kahlbaum", welches zerkleinert in einer V2%i?^'n
Kupfersulfatlösung etwa 1 Minute hin und her gerüttelt und dann mit
Wasser mehrmals abgespült wurde. Die Apparate werilen geschlossen und
aus den Hahntrichtern läßt man 10 n«^ Wasser hineinlaufen, so daß die
unteren Öffnungen der Steigrohre ganz in Wasser eintauchen. Sodann
werden die Glühröhren mit Gummistopfen in die Ansätze der Trocken-
rohre eingesetzt und auf dem anderen Ende zwischen Klammern befestigt.
Nachdem die oberen Öffnungen der Steigrohre mit den vom Kipp^vheu
Apparat herführenden Gummischläuchen verbunden sind, öffnet man den
Hahn des Kippsdwn Apparates und überzeugt sich zunächst, ob die Mdrsh-
schen Apparate völlig dicht halten. Ist dieses der Fall, so bricht man die
Spitzen der Glühröhren ab und leitet etwa V2 Stunde lang den Wasser-
stoffstrom durch die Apparate. Alsdann läßt man aus den 1 lahntrichtern
lOcws 40Voi8'e Schwefelsäure in die Entwicklungsgefäße fließen, welche,
durch die darin vorhandene gleiche Wassermeuge auf die h.dbe Konzen-
tration verdünnt, mit den Zinkstückchen alsbald Wasserstoff entwickelt.
^) Die Firma Kahlbaum stellt diese Legierung für den genannten Zweck in Stan-
gen her.
-) II. Becklchen und G. Lockonauii, Cber die Roiniguni: des Wasserstoffgases von
seinem Arsengebalt. Zeitschr. f. angewandte Chemie. Bd. 21 (iVlUb). 433.
1080 Georg Lockemann.
Nach Entfernung der Gummischläuche von den Steigrohren sind die Appa-
rate gebrauchsfertig.
Die Gasflammen werden entzündet mid richtig eingestellt, die
Drahtnetzschutzhiillen aufgesetzt und die feuchten Kühlfäden um die ver-
engten Stellen der Glühröhren zwei- bis dreimal herumgeschlungen, während
das obere Becherglas ganz mit Eis und Wasser gefüllt wird. Bemerkt man
nach einiger Zeit im Innern der gekühlten Stelle weder Wassertropfen noch
Arsenspiegel (zur Prüfung des verwendeten Zinks und der Schwefelsäure
muß man natürlich zu Anfang einer Versuchsserie einige blinde Versuche
auf die Dauer von etwa 2 Stunden durchführen), so bringt man von den zu
prüfenden Lösungen abgemessene Mengen, etwa i/io oder 1/4, in die Hahn-
trichter und läiit sie unter Nachspülen mit 20°/oiger Schwefelsäure in die
Apparate laufen.
Benutzt man keinen Klppschen Apparat, so läßt man in die Ent-
wicklungsgefäße zu Anfang nicht Wasser, sondern gleich 20''/oige Schwefel-
säure laufen und wartet mindestens ^/^ Stunden, bis man die Flamme
entzündet. Die vorher geschilderte Methode hat außer der schnellen Ver-
drängung der Luft noch den ^^orzug, daß das Zink zu Anfang geschont
wird und dann für die Gasentwicklung nach Zusatz der zu prüfenden
Lösung frisch zur Verfügung steht.
Nach 2 Stunden, während welcher Zeit man die (Tasentwicklung
(nötigenfalls unter weiterem Zusatz von Säure) und die Kühlung (unter
Nachfüllen von Eisstücken und vielleicht auch Anfeuchten der Kühlfäden
mit Hilfe eines pipettenartigen Glasrohres, das man in das Kühlwasser ge-
taucht hat) kontrolliert, wird der Versuch abgebrochen.
Bei zuverlässigen Untersuchungen ist es natürlich erforderlich, Kon-
trollversuche mit sämtlichen Chemikalien in den gleichen Mengen anzu-
stellen, wie sie für die Verarbeitung der Untersuchungsobjekte erforderlich
waren. Denn erweisen sich die einzelnen Chemikalien bei ihrer Prüfung
vielleicht auch als arsenfrei , so ist es doch nicht ausgeschlossen , daß
durch die Häufung ganz geringer und im einzelnen nicht erkennbarer Arsen-
spuren in der Gesamtmischung schließhch nachweisbare Mengen vorzu-
finden sind, die dann bei der Beurteilung der Arsenspiegel mit zu berück-
sichtigen wären.
'ö"-
Quantitative Analyse.
Zu S. 40L
Zur Zerstörung der organischen Substanz für die Bestim-
mung von Halogenen. Schwefel, Phosphor. Arsen wird sich in \ielen
Fällen die Natrium superoxydmethode von H. Fringsheim ^) anwenden
lassen, die bereits in Band I, S. 368 — 371 näher beschrieben ist.
*) Neueste Beschreibung des Verfahrens : H. Pringsheini, Über den Gebrauch des
Katriumsuperoxyds zur quantitativen Analyse organischer Verbindungen. Bcr. d. Deutsch,
ehem. Gesellsch.' 41 (1908). 4267.
Ergiinzuugeu zur Asrhoiiaualyse. lOSl
Zu S. 417. Fürdio ("lilorl)estiminun^- ist zu honierkcn.dali man l)ei
Anwendung des Goochschen Tiegels das Halogcnsillier vorteilhafterweise
nicht glüht, sondern bei 100 HO" trocknet nnd so nach dorn Ahkiihlcn
im FAsikkator zur Wägnng bringt. Auf diese Weise kann man natürlich
eine ganze Reihe von Halogenbcstimmnngen hintereinander mit demselbeu
(^?ooc7?sc]ien Tiegel ausführen, ohne das Asbosttilter crncnern zu müssen,
und darin liegt gerade die Hauptanncdmdichkeit dieser Arbeitsmethode.
Zu S.422. Für dieSchwefelbestimmungim Harn mittelst Natrium-
superoxyd sind auch besondere Vorschriften gegeben. Nach G.Moc/rfd-oirsJci^)
bringt man in eine Nickelschale 1 — 2g Natriumsuperoxyd und labt
dO oii^ Harn langsam darauf tropfen; dabei findet mäbiges Scliiiumen,
aber kein Verspritzen statt. Das Gemisch wird bis zur Sirupdicke einge-
dampft und dann vorsichtig mit weiteren 2- -:■> g Nao 0., in kleinen .Mengen
unter Umrühren versetzt. Ist die Reaktion ruhiger geworden, so wird die
Schale vom Wasserbade entfernt und zunächst mit kleiner Spiritus-
flamme erwärmt, bis die Wasserdampfentwicklung aufhört, dann mit
stärkerer Spiritusflamme, nötigenfalls unter nochmaligem Zusatz von 1 bis
Sg Na2 O2. Wenn die Masse braun und dickflüssig wird, ist die Reaktion
beendigt. Nach dem Erkalten wird in heißem Wasser gelöst, filtriert, mit
Salzsäure schwach angesäuert und mit Baryumchlorid gefällt.
E. Abderhalden und C. Funk-) benutzen zu dem gleiclien Zweck die
Pringshei)ii?,cl[ie Methode, indem sie 10 o^?-' Harn mit wenig Soda und
0'4 r/ reinem Milchzucker in einem Nickel tiegeP) auf dem Wasser-
bade zur Trockne verdampfen, den Rückstand mit 6'4 ^ Natriumsuper-
oxyd mit einem Platinspatel gut vermischen, den Tiegel in Wasser stellen
und den Inhalt mit einem glühenden Eisennagel entzünden und im übrigen
wieder verfahren, wie angegeben.
C. G. L. Wolf und E. Östcrherg*) empfehlen dagegen für Srhwefel-
und Phospliorbestimmungen in organischen Sui)stanzen ein Zer-
störungsverfahren, bei dem sie die von S. B. Benedict^) urs])rünglich
für Harn vorgeschlagene Oxydationslösung von Kupfernitrat und Kalium-
chlorat benutzen. Dieses Reagens wird hergestellt, indem 200// krystal-
Usiertes Kupfernitrat und 50 g Kalium- oder Natriumchlorat in 1 / Wasser
gelöst werden. Um die Oxydation vollkommen zu machen, wird die Sub-
stanz zunächst in einem etwa 300 cm^ fassenden. l)irnenf(irmigen Kolben
mit langem Hals mit 20 cm^ rauchender Salpetersäure anfangs ge-
linde, dann stärker erhitzt, bis alles gelöst ist und keine Salpeterdämi)fe
') G. Modrakotvski , Über die Schwefclbcstimnimiir im Harn mittels Natrium-
superoxyd. Zeitschr. f. physioloir. Chemie 38 (1903). 5(52.
2) E. Abderhalden und C. Fioik, Die Sclnvefelbestimmunj,' im Irin. Zeitschr. f.
physiolog. Chemie. 58 (1908). 331 und 59 (1909). 121.
^) Von F. Köhler. Leipzig, Josepbinenstr. 3ö. zu bezielicii.
■») C. G. L. Wolf und F. Östcrhcrcf , Die (luantitative Bostimmumr von Schwefel
und Phosphor. Bioclicm. Zeitschr. 29 (1910). 429.
=) S. R. Benedict. Über die Bestimmunir des Oesamtschwefcls im Harn. .lourn. of
BioIo£T. Chem. 6 (1909). 363.
1082
Geor? Locke manu.
mehr entweichen. Nötigenfalls muß noch mehr Salpetersäure hinzugefügt
werden.
Der Rückstand wird mit Wasser in eine 150 cm^ fassende Porzellan-
schale (oder einen Tiegel) gespült, mit 20 cm^ der Benedi ersehen Lösung
versetzt und im Sandbade zur Trockne verdampft. Dann wird auf offener
Flamme erhitzt und. wenn der Gefäßboden rotglühend ist, noch 20 Minuten
laug das Glühen fortgesetzt. Nach dem Abkühlen fügt man 25 cm^ Salz-
säure (1:4) hinzu und erwärmt, bis der ganze schwarze Bodensatz auf-
gelöst ist. Die Lösung wrd in einen Erlen meyerkolben von 1/2 ^ Inhalt
übertragen, mit 150 cm^ Wasser verdünnt und 1/4 Stunde gekocht. Man
läßt über Nacht stehen, filtriert (Kieselsäure) und fällt dann mit Bar yum-
chlorid.
Zu S. 4 1 9. Für die P h 0 s p h 0 r b e s t i m m u n g wird das Filtrat vom Baryum-
sulfat auf 250 011^ eingeengt, mit 10 cm^ konzentrierter Schwefelsäure
versetzt und filtriert. Dieses vom überschüssigen Baryum befreite Filtrat wird
wie bei dem Verfahren von A. Xeumann^) mit 60 cm^ 5Voig'er Ammonium-
nitratlösung auf 60 — 70" erwärmt und mit Überschuß von Ammonium-
molybdatlösung versetzt. Nach dem Abkühlen wird durch ein mit 150/oiger
Ammoniumnitratlösung befeuchtetes Filter filtriert und mit eiskaltem Wasser
ausgewaschen, bis das Waschwasser neutral reagiert. Der Niederschlag
wird in einer gemessenen Menge - n-Natronlauge (etwa 2 cm^ Über-
schuß) gelöst, gekocht, bis alles Ammoniak vertrieben ist und dann mit
— n-Salzsäure titriert (Phenolphtaleiu als Indikator). 1 cm^ —n-Natron-
lauge entspricht 0-2536 (^ P2O5 oder 0-11075^ P.
Zu S. 425. Zur Bestimmung des Arsens verfährt man je nach den
Mengen verschieden. Handelt es sich um größere Arsenmengen (von min-
destens einigen Milligrammen), so zerstört man die organische Substanz
mit Salzsäure und Kaliumchlor at ^^ie oben beschrieben (S. 1066) und
fällt das Arsen nach Vertreiben des überschüssigen Chlors durch mehr-
maliges Einleiten von Schwefelwasserstoff in der Wärme; dieses Ein-
leiten von Schwefelwasserstoff muß so lange fortgesetzt werden, bis in der
vorher filtrierten Lösung kein Niederschlag mehr erscheint. Da nun bei
phosphorhaltigen organischen Substanzen (z. B. Harn) durch Schwefelwasser-
stoff auch Phosphor Verbindungen (die durch Chlor nicht völlig zer-
stört wurden) mit ausgefällt werden und diese bei der Arsenbestimmung
ein viel zu hohes Resultat verursachen würden, so ist es notwendig, den
ursprünghchen Schwefelwasserstoffniederschlag noch einmal besonders zu
behandeln, um das Arsen vom Phosphor zu trennen. Zu diesem Zweck
wird der auf einem Filter gesammelte Sulfidnieder schlag mit warmem
') A. Netimann, Einfache Veraschungsmethode (Säuregemischveraschung) und ver-
einfachte Bestimmung von Eisen, Phosphorsäure, Salzsäure und anderen Ascheubestand-
teilen unter Benutzung dieser Säuregemiscliveraschung. Zeitschr. f. physiolog. Chemie.
37 (iyu2). 115.
Eriräuziingcu zur Asclienanalysc. 108H
Ammoniak gelöst und in einer Por/ollunschale auf dcni Wasserbade zur
Trockne verdampft. Alsdann wird mehrmals rauchende Salpetersilure
hinzugefügt und damit abgedampft, um die organische Substanz zu zer-
stören. SchlieiUich wird der Rückstand mit etwas Ammoniak aufge-
nommen, in einen Erlenmoyerkolhen gespült, mit Salzsiiure augesäuert
und nun in der Wärme durch wiederholtes Einleiten von Schwefel-
wasserstoff das Arsen (dieses Mal ohne Thosphor) gefällt.
Das nach längerem Stehen abfiltrierte Scliwefelarsen wird in .\ni-
moniak gelöst, die Lösung in einer Schale zur Trockne verdampft und mit
Salpetersäure ebenso behandelt wie das erstemal, jetzt um alles Arsen zu
Arsensäure zu oxydieren. Der Rückstand wird mit Ammoni ak aufgenommen,
in ein Recherglas gespült, mit Magnesiamixtur und Alkohol (etwa der
Hälfte der wässerigen Lösung) versetzt und über Nacht stehen gelassen. Am
nächsten Tage gießt man die Lösung durch ein Filter, löst den Magiiesia-
niederschlag in möglichst wenig -warmer, verdünnter Salzsäure, indem man
das Becherglas wiederholt damit ausspült und die Lösung durch das Filter
gibt. Das Filtrat wird mit starkem Ammoniak alkalisch gemacht, mit
5 — 10 cm» Magnesiamixtur und mit Alkohol (etwa der Hälfte des
Volumens) versetzt. Am nächsten Tag wird der Magnesiumamnionium-
arseniat-Niederschlag in einem CroorÄschen Tiegel abfiltriert, mit ver-
dünntem alkoholischen Ammoniak ( l Teil l()"/oiges Ammoniak + 2 Teile
Alkohol + 3 Teile Wasser) ausgewaschen, getrocknet und unter Einsetzen
in einen größeren Porzellantiegel mit aufgelegtem Deckel antangs gelinde,
schließlich im Gebläse geglüht. Auf diese Weise kommt der Niederschlag
als Magnesiumpyroarseniat (Mg-^ASgOy) zur Wägung: 1 Gewichtsteil
dieses Niederschlages entspricht 0"6o75 Teilen AsA\ oder 0'4829 Teilen As.
Bei sehr kleinen Arsenmengen (1 mg und darunter) ist <lie
Fällung mit Schwefelwasserstoff und Bestimmung als Magnesiumsalz nicht
möglich. In solchen Fällen wendet man am besten das von (j. Lorhwttnn
angegebene Verfahren an (s. oben S. 1074 u. f.). Die organische Substanz wird
durch das Salpeterschmelzverfahren zerstört, und in der neutrali-
sierten, abgekühlten Lösung wird das Arsen durch Adsorption mit
Eisenhydroxyd gefällt. Die in SO^oiger Schwefelsäure zu einem bestimmten
Volumen gelösten Arsen-Eisenniederschläge werden portionsweise im Marsli-
schen Apparat geprüft, indem man Tnö ^^^^' Tu ^*^^^' T "■'^^^' ^^' Gesamt-
lösung untersucht. Die erhaltenen Arsenspiegel vergleicht man dann mit
Spiegeln einer mit abgemessenen Arsenmengen hergestellten Normal-
skala.M Am besten lassen sich die ganz kleinen Arsenmeugen, etwa bis zu
0-010— 0-0 15 mr/ = 10— 15mm//(Milliogramm)As, schätzen. Es ist daher rat-
sam, von den Eisenlösungen nur so viel für die Prüfung im .Vc</-.»V/schen .\i)parat
zu verwenden, daß die Arsenspiegel unteihalb dieser Grenze bleiben. Ndtigeii-
>) Abbildung einer solchen Normalskala bei G. Lockentann . über »Ion Arsen-
nachweis mit dem Marsh^chen Apparate. Zeitschr. f. aiitfcwandte Chemie. 18 iHH».")).
zwischen Seite 424—425.
X()i34 Georg Lockemaun.
falls ist ein Teil der Eisenlösung noch mit 20Voiger Schwefelsäure auf das
10- oder lOOfache zu verdünnen. Wenn man dann mehrere Proben mit ver-
schiedenen Mengen prüft und jeden so erhaltenen Arsenspiegel für sich
durch Vergleich mit den Normalspiegeln wertet, so erhält man durch entspre-
chende Umrechnung auf das Ganze Zahlen, deren Mittelwert dann den
wirklichen Arsengehalt der Lösung mit ziemlicher Genauigkeit angi1)t.
Zu S. 426. Für die Quecksilberbestimmung schlägt neuerdings
C. Sichert'') ein Verfahren vor, bei dem im Gegensatz zu den früher von
verschiedenen Seiten angegebenen, auf der Amalgamierung von Metallen
beruhenden Methoden das Quecksilber als Sulfid zur Wägung kommt. Die
Zerstörung der organischen Substanz mrd entweder mit Salzsäure und
Kaliumchlorat oder nach dem Ncumann?,Q\iQY{ Verfahren ausgeführt. Zur
Quecksilberbe Stimmung im Harn wird z. B. der Zerstörungsrückstand
vom iS^Mmawwschen Verfahren vorsichtig mit Wasser verdünnt und zum
Verjagen der Salpeterdämpfe gekocht. Unter Kühlung wird dann starkes
Ammoniak (triplex) bis zur stark alkalischen Reaktion hinzugefügt und
darauf mit Salzsäure angesäuert (Lackmuspapier). Nachdem nun die salz-
saure Lösung zur Abscheidung von Kieselsäure (aus den Gefäßen) 20 Minuten
gekocht hat. läßt man einen Tag stehen, filtriert und wäscht mit heißem
Wasser aus. Bei mäßiger Wärme wird dann 20 Minuten lang Schwefel-
wasserstoff eingeleitet; bei sehr wenig Quecksilber entsteht nur eine
gelbe, kolloidale Lösung des Sulfids, das sich dann aber beim weiteren
Erwärmen (bis zum Verjagen des Schwefelwasserstoffs) ausscheidet. Nach
Absitzen des Niederschlages wird durch einen (?oocÄschen Tiegel filtriert,
mit heißem Wasser und schließlich mit Alkohol nachgewaschen. Der über-
schüssige Schwefel wird mit Schwefelkohlenstoff herausgelöst, dieser mit
Alkohol und Äther ausgewaschen: der Niederschlag bei 100 — 110" getrocknet
und schließlich gewogen. 1 Teil des Quecksilbersulfidniederschlags
entspricht 0-8617 Teilen Quecksilber.
Die Quecksilberbestimmung in Fäces führt man in der Weise
aus, daß man eine gewogene Fäcesmenge mit Alkohol verreibt, auf dem
Wasserbade abdampft und dieses nochmals wiederholt bis ein trockenes
Pulver zurückbleibt, das dann beliebig lange haltbar ist. Eine gewogene
Menge dieses trockenen Fäcespulvers wird mit der doppelten Menge Wasser
verrührt und vorsichtig mit rauchender Salpetersäure versetzt, bis alles
gelöst ist. Diese Lösung wird dann mit Schwefelsäure-Salpetersäuremischung
nach Neumann behandelt und im übrigen weiter so verfahren wie beim
Harn. Die Fehler dieser Bestimmungsmethode bewegen sich in Zehntel-
milligrammen.
Zu S. 427. Für die Fluorbestimmung läßt sich das von G. Tammann^)
angegebene Verfahren benutzen. Die Substanz wird in der oben (s. S. 1065)
^j Conrad Siebert, tfber die Bestimmung des Quecksilbers im Haru uud Fäces.
Biochem. Zeitschr. 25 (1910). 328.
^) G. Tmmnann , Über das Vorkommen des Fluors in Organismen. Zeitschr. f.
pbysiolog. Chemie. 12 (1888). 322.
Ergänzungen zur Asclicnanulyse. lOHo
beschriebenen Weise i)elian(l('lt. Die in der Wjrhiuc b/w. in dem Ablcitunj;«-
rohr gebildete Kieselsäure wird durch Kalihiugc lierausgespült und luit
der alles Fluor enthaltenden Flüssigkeit zur Trockne verdampft. Der
Rückstand wird mit Salzsäure aufgenommeiu das gebildete Kaliuni-
silicofluorid wird mit Alkohol gefällt, nach einigem Stehen filtriert, ge-
wascheii und mit -^n-Kalilauge titriert.
Beim einfachen Einäschern der organischen Stoffe entweicht das
Fluor. Auch bei Zusatz der ßOfachen Menge Natriumkarbonat ist ein Ver-
lust von 10% F zu erwarten.
Daher dürfte in vielen Fällen die Methode von Lem-Denßen^)
empfehlenswert sein, bei der das Fluor nicht entweichen kann, sondera
durch überschüssigen Kalk in Calciumfluorid übergeführt und als solches
gewogen wird. In einem Platintiegel von der Gröt'ie eines Fingerhufs
wird die abgewogene Substanz mit reinem Calciumoxyd vermischt inid
der Tiegel wird mit Calciumoxyd bis oben angefüllt. p]in zweiter größerer
Platintiegel wird umgekehrt darüber gestülpt und das (ianze dann umge-
kehrt, so daß der Boden des kleineren Tiegels nach oben weist. Der
Zwischenraum wird ebenfalls mit Calciumoxyd bis fast an den liand des
äußeren Tiegels angefüllt. Mittelst eines Ringbrenners erhitzt man die
Tiegel allmähhch bis zur beginnenden Rotglut. Nach dem Erkalten bringt
man den TiegeUnhalt in ein Becherglas von etwa 1 Liter Inhalt, löscht
mit Wasser vorsichtig ab und gibt so lange verdünnte Essigsäure
hinzu, bis keine Gasentwicklung mehr stattfindet. Alsdann wird etwa ein
Zehntel des Volumens Alkohol zugesetzt, nach mehrstündigem Stehen das
Calciumfluorid abfiltriert und mit alkoholhaltiger verdünnter Essigsäure
so lange ausgewaschen, bis das Filtrat mit Ammoniumoxalat keinen sofort
auftretenden Niederschlag mehr gibt. Das Calciumfluorid wird auf dem
Filter getrocknet, in einem Platintiegel bei gelinder Rotglut geglüht und
dann zur Wägung gebracht. Zur Kontrolle führt man es in Calci ums ulfat
über und w\ägt noch einmal.
Zu S. 428. Für die kolorimetrische Bestimmung von Jod neben
Brom ist das Jod durch eines der im qualitativen Teil (s. S. 100.')) angege-
benen Reagenzien, welche die Bromide nicht angreifen, in Freiheit zu
setzen. Chlorwasser ist für diesen Zweck auf jeden Fall zu vermeiden.
0 E. Deußen, Eine neue quantitative Bestimmung des Fluors und über die Zu-
sammensetzung des Eisenfluorids. Wiener Monatshefte. 1907. S. 114"i.
Fig. 260.
Ultraiiltratiou.
Von H. Bechhold, Frankfurt a. M.
Ultrafiltration nennt man die P'iltration durch Gallertfilter. Sie dient
zur Trennung der Kolloidlösung-en von Wasser und Kristalloiden , sowie
zur Scheidung von Kolloidgemischen verschiedener Teilchengröße. Bei Kennt-
nis der Porengröße der Iltrafilter gibt die Ultrafiltration auch Auskunft
über die Teilchengröße der untersuchten Kolloide.
Ultrafilter. Zur Ultrafiltration kann man sackartige Membranen
benutzen, welche man sich aus Kollodium anfertigt. Dieselben müssen stets
feucht sein und feucht aufbewahrt werden. Man gießt z. B. über einen
Glaszylinder mit kugeligem Boden Kollodium in gleichmäßiger Schicht auf.
läßt unter ständiger Drehung abtropfen, bis
sich oberflächhch eine dimne feste (jberhaut
gebildet hat. Dann taucht man rasch in
Wasser, wodurch das Kollodium gelatiniert.
Nachdem der größte Teil des Lösungsmittels
(Alkohol-Äther) sich im Wasser gelöst hat
(je nach Dicke der Schicht Minuten bis
Stunden), kann man den Sack von der Glas-
unterlage lostrennen. Zu dem Zweck führt
man in der gewünschten Höhe einen scharfen
Schnitt rings um die Peripherie, stülpt den
Rand vorsichtig um. indem man wiederholt
mit Wasser benetzt und zieht gewissermaßen
„die Haut über die Ohren" ab. Für kleine
Ultrafilter lassen sich Reagenzröhren als
Glasunterlage verwenden; doch kann man
bei Benutzung größerer Glaszyhnder auch
Säcke von 6 cm Durchmesser und mehr her-
stellen. Statt das Kollodium auf die äußere
Fläche eines Glaszylinders zu gießen, kann
man auch einen Hohlkörper, z. B. ein Reagenzglas, einen Kolben etc., da-
mit ausschwenken. Die weitere Behandlung ist die gleiche. Zur Loslösung
der Haut von der Glasunterlage gehört in beiden Fällen eine gemsse
Geschicklichkeit.
Sackartiges Ultrafilter nach Schoep.
Ultrafiltration.
1087
Zur Anwendung dieser Säcke werden sie an ihrem oberen Ende innen
oder auüen über einen Ring gezogen (Glas. Holz oder dg!.), mit Hindladen
oder Seide vorsichtig daran festgebunden. Der King wird in einem Stativ
befestigt und der Sack ist nun gebraiidisfcrtig (vgl. Fig. 2(;<>). Srhoe//^)
hat durch Zusatz von (Jlyzerin und Rizinusöl zu dem Kollddinni die Durch-
lässigkeit der Membranen erhöht, was besonders für die l-ütration anor-
ganischer Kolloide von Bedeutung ist.
Die geschilderte Art von Utrafiltern wird besonders in Frankreich
angewandt (Malfita7io, Duclaux), doch ist ihre Leistung nur eine geringe.
Die Filtration erfolgt sehr langsam (wenige Kubikzentimeter in einer Stunde),
auch halten sie nur sehr
geringen Druck aus, so Kig. ^ei.
daß ihre Anwendbarkeit
äußerst beschränkt ist.
H. Bechhold 2) ver-
wendet als Ultrafilter
flache Scheiben aus Fil-
trierpapier, die mit einer
Gallerte imprägniert
sind. Durch diese Papier- -^
unterläge gewinnen die "^z^
Filter eine große Festig-
keit und können im
BechholdschQR Ultra-
filtrationsapparat
unter Umständen
Drucke von 20 Atmo-
sphären und mehr aus-
halten. DsiBechholdiand,
daß die Durchlässigkeit Olastrog zur Herstennn« von Ultrafiltem im Vaomini nach Bechhold.
bzw. Dichte der Ultra-
filter abhängig ist von der Konzentration der zur Herstellung benutzten
Gallerte, so ist nach Bechhold die Möglichkeit geboten. Filtei* von jeder
gewünschten Porenweite herzustellen. Die Filter können käuflich bezogen
werden. 3)
Da es jedoch in manchen Fällen erwünscht sein könnte , die Filter
selbst anzufertigen, so sei die Herstellung hier kurz beschrieben.*)
') Bull, de la Soc. chim. de ßelgiiiuo. 24 (19101. Nr. 10.
'-) H. Bechhold, Kolloidstudieii mit der Filtratioiismethode. Zeitschr. f. pliys. Chem.
60 (1907). 257—318; Die Gallertfiltration (Ultrafiltration). Kolloidzcitsclir 2. \\.\ u. 2:
Ultrafiltration. Biochem. Zeitschr. 6. H. 5 6.
") Schleiche}- ((■ Schiill in Düren (Rheinland) versenden Hcchhold^che L'itrafilter
in Packungen von 10 Stück (Durchmesser 9 cm) in Aluminiunidosen, die mit Wasser ge-
füllt und (hirch Gummiring verschlossen sind ; die Firma führt G Sorten von verschiedener
Dichte auf Lager.
■•) Ausführlich bei Bechhold, 1. c.
IQQQ H. Bechhold.
Als Filterpapier erwiesen sich am zweckmäßigsten die Sorten Nr. 566
und Nr. 575 von Schleicher & Schüll. Diese werden in Scheiben von 9 cm
Durchmesser geschnitten und nach Entfernung aller Luft im \'akuum unter
Atmosphärendruck mit der Gallerte imprägniert. Dies geschieht in einem
Giastrogi) (Fig. 261).
Auf dem rechteckigen Trog T ist der Deckel D luftdicht aufge-
schliffen. An der Querstange S sind eine Anzahl Filterscheiben F aufge-
hängt. Der Deckel D hat 2 Tuben. Durch Tubus I gehen 2 Röhren, die
eine führt nach der Luftpumpe L, die andere zum Vakuummeter V. Ist die
Luft aus dem Trog entfernt, so läßt man durch den mit Hahn versehenen
Trichter TV, dessen Rohr bis auf den Boden führt, die Gallertflüssigkeit
eintreten, bis sie die Filter bedeckt, schließt den Hahn zum Trichter und
öffnet den Hahn, durch den ursprünglich die Luft ausgepumpt wurde; so
wird die Gallertflüssigkeit unter Atmosphärendruck in die Filter gepreßt.
Nach einiger Zeit (bei niederen Konzentrationen 10 — 20 Minuten, bei hohen
Konzentrationen 1 — 2 Stunden) nimmt man den Deckel ab, hebt die Stange
mit den Filtern aus der Flüssigkeit und läßt unter ständig drehender Bewegung
jedes einzelnen Filters abtropfen. Schließlich gelatiniert man rasch das
ganze Filter, indem man es in eine geeignete Flüssigkeit taucht. Bei Eis-
essigkollodium genügt Wasser; arbeitet man mit Gelatine, so muß
der ganze Imprägniertrog in einem Bad mit lauem Wasser stehen. Die
Härtung der Gelatinefilter erfolgt derart, daß man die an der Luft ge-
latinierten, noch feuchten Filter in eine mit Eis gekühlte, 2 — 4Voi8e Form-
aldehvdlösung taucht und einige Zeit im Eisschrank stehen läßt.
Die Filter, auf welche Art sie immer gewonnen sein mögen, werden
dann mehrere Tage in fhei'endem Wasser gewaschen und in Wasser auf-
gehoben, dem man etwas Chloroform zusetzt, um Schimmelbildung zu unter-
drücken.
Bechhold verwendet meist Eisessigkollodium (Lösung von Kollodium-
wolle in Eisessig-). Die Lösungen können durch Verdünnen mit Eisessig
auf jede gewünschte Dichte gebracht werden.
Sollen nicht wässerige Lösungen (z. B. in Benzol, Alkohol etc.) ultra-
filtriert werden, so muß man das Wasser in den Filtern sukzessive durch
das Lösungsmittel verdrängen. (Man verdrängt z. B. erst das Wasser durch
Azeton, dieses dann durch Benzol usf.)
Der Ultrafiltrationsapparat.
Sehr poröse Filter sind bei geringem Druck durchlässig und
können dann in ähnhcher Weise wie jedes andere Filter benutzt werden.
Bei dichteren Filtern muß jedoch ein Druck von über einer bis
*) Zu beziehen von den Vereinigten Fabriken für Laboratoriiimsbedarf, Berlin.
^) Die Chemische Fabrik auf Aktien (vorm. Schering), Berlin, liefert auf
Bestellung Lösungen mit einem Gehalt von 10"/o Kollodiumwolle und 272^/0 Kalium-
carbonic, welche sich durch ihre geringe Kontraktion beim Gelatinieren auszeichnen.
Ultrafiltration.
10H9
Fig. 262.
ZU 20 Atmosphären ausgeübt werden, um üherhaiipt ein I'iltnit xii er-
langen. Zu diesem Zweck hat Bevhhold einen Apparat konstruiert, dn- in
Fig. 262, 263 und 2U wiederi^egeben i) ist; Fig. 262 und 26;', eignen sich
mehr für mittlere, Fig. 264 für sehr hohe Di-ucke. Apparat Fig. 262
besteht aus einem zylindrischen (icliUi IL in dem der eigentliche
Trichter Tr aufsitzt. Zwischen die unteren Ausbuchtungen von 7V und //
werden die runden Filter-
scheiben Fi gepreßt. Die Dich-
tung erfolgt durch zwei
Gummiringe GG. Zum Schutz
gegen das Reißen eines Fil-
ters hegt dasselbe auf einem
Nickeldrahtnetz oder einer
mit \äelen Löchern vei'sehenen
vernickelten Platte A' auf und
ist gegen zu starke Ausbuch-
tung bei Druck nochmals durch
die mit mehreren großen
Löchern durchsetzte Platte P
Sc?2r
P IJ" a F
Fig. 263.
Fig. 264 .
G.]>i^ a p ^^
geschützt. Der Trichter Tr ist oben konisch abgedreht und wird durch
denDekelZ> mit Konusverschluß und Gummidichtung abgeschlossen. Dm-ch
Andrehen des Schraubenversciüusses iichr wird sowohl der Deckel oben
als auch das Filter unten mit einer Handbewegunij- dicht verschlossen.
Durch den Deckel führt ein kleiner Ansatz mit .Schraubenwindung, an dem
das Rohr zum Druckgefäß befestigt wird. — Fig. 2()4, hauptsachlich für
Drucke über 10 Atmosphären, hat Flanschenverschluß; dies ist natürlich etwas
') Alle diese Apparate werdeu hergestellt von den \ ereiuigteu Fabriken für La-
boratoriumsbedarf, Berlin, Scharnhorststraße.
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. \'. (5<)
1090
H. Bechhold.
umständlicher. Da in Fig. 264 die entsprechenden Buchstabenbezeichnungen
wie in Fig. 262 gewählt sind, so erübrigt eine besondere Beschreibung. —
Fig. 26:> zeigt den Apparat mitPaihrer, der in den meisten Fällen dem
ohne liührer vorzuziehen ist, da die Filtration ungleich rascher vor
sich geht und auch das Filtrat eine gleichmäßigere Zusammensetzung er-
rig. 266.
Ultrafiltrationsapparat nach Bechhold.
hält. Bei Unterlassung einer Rührung können sich Gelschichten auf dem
Ultrafilter absetzen, die ihrerseits wieder als Filter wirken. Allerdings er-
fordern die Vorbereitungen, nämlich die Dichtung der Stopfbüchse gegen hohen
Druck, große Sorgfalt. In diesem Apparat erfolgt die Zuführung des Druckes
durch einen seitlichen Ansatz.
Ultrafiltratioii. lO'.tl
Der Druck.
Der Druck kann durch eine Handkiitpuiiipe /uiiclühit wcnlfii. Dies
Verfahren eiiznet sich iiesonders bei wissensciiuftlichen rntcrsuchiiniren
über die Filtorwirkung-, kurz, wo es sicii iini die Messung' sehr feiner Ab-
stufungen des Druckes handelt und wo keine hinge Druckwirkung gefor-
dert wird. Bei praktischen lltrafiltrationen wird man einen Stalil/\ linder
mit Preljluft, komi)rimiertom Stickstoff. Kohlensäure oder dgl. v(»r/.i('hen.
Zwischen Stahlzyliuder und Ultrafiltrationsapparat müssen ein Keduzicr-
ventil und zwei Manometer M geschaltet sein; das eine (für sehr hohe
Drucke) soll den Druck im Stahlzylinder anzeigen, das andere, hinter dem
Reduzierventil, den niederen Druck im Ultrafiltrationsapparat. Durch fin
weiteres Reduzierventil nebst entsprechendem Manometer Heben sicii übrigens
meines Erachtens so feine Druckdifferenzen einstellen, dab sich diese An-
ordnung auch statt der Handluftpumpe für wissenschaftliche Messungen
verwenden keße.
Fig. 265. welche den zusammengestellten Apparat zeigt, weist iio<h
einen Hahn H auf, der den Zweck hat, den Druck plötzlich al)zulassen
und so die Ultrafiltration zu unterbrechen.
Die Eichung des Ultrafilters.
In vielen Fällen ist es wertvoll, einen Mabstab für die Leistung des
Ultrafilters zu besitzen, da sich hieraus Rückschlüsse über TeilchengrölJe
des untersuchten Kolloids ergeben.
Hierzu eignen sich o Methoden:
1. Hämoglobinmethode. Man stellt sich eine 1 "/oige Hämoglobin-
lösung (Haemoglobin. in lamellis Merck) her und sieht zu, ob das in Frage
kommende Filter Hämoglobin durchläßt oder nicht. Hält es dieses zurück, so
ist es auch undurchlässig für die meisten anorganischen Kolloide (mit Aus-
nahme von frischer Kieselsäure). Den Grad der Durchlässigkeit für Hämo-
globin erkennt man aus der mehr oder minder starken Rotfärbung des Filtrats.
Für die DurchUissigkoit von Ultrafiltern hat Bechhold nachstehende 'l'ulielle auf-
gestellt, welche die abnehmende Teilchengröße von Kolloiden in Lösung darstellt und auf
Grund von Ultrafiltrationen mit Ultrafilteru von verschiedener Porenweite gewonnen ist.
Suspensionen. l7o'e<^ Hänioglnbinlösung (Mol.-(;ew.
Berlinerblau. ca. KJ.UOÜ).
Platinsol (nach Bredig). Serumalbumin (Mol.-(iew. ra. äOOO bis
Kolloides Eisenoxyd. l.'i.OOO).
Kasein (in Milch). Diplitherieto.xiii.
Kolloides Arsensulfid. Protalbumosen.
Goldlösung (Zsigmondy) Nr. 4 (ca. 40 u.ijl). Kolloide Kieselsäure.
Bismon (koll. Wismutoxyd nach T'aal). Iiysall)insäure.
Lysargin (koll. Silber nach l'aal). Deiiteroalbumosen .J.
Kollargol (koll. Silber von i/eyrfe«) (ca. Deuteroalbumosfii li (Mol. -(iew. zirka
■l{)[vx). ' 24(X)).
Goldlösung (Zsif/niondijj Nr. 0 (ca. 1 bis Deuteroalbunioseii ('.
4 aa). • Lackmus.
rVoige Gelatinelösung. Dextrin (Mol.-(;ew. ca. IHm).
Kristalloide.
69*
1092 H. Becbhold.
2. Luftdurchblasmetliode. 1) Diese Methode gestattet die Ermitt-
lung von angenäherten absohiten Werten für die größten Poren eines
Ultrafilters. Sie beruht auf folgendem Prinzip: Vm durch eine Kapillare,
die in Wasser taucht und vollkommen benetzt wird, Luft zu pressen, ist
ein gewisser Druck erforderlich, der abhängig ist von der Oberflächen-
spannung von Wasser gegen Luft, also einer Konstanten, und dem Ptadius
der Kapillare.
Wenn D der Durchmesser der Kapillare ist, p der Druck in Atmo-
sphären und ß die Kapillaritätskonstante, so gilt folgende Formel:
D = —Aß—.
p . 1-038.105
Setzt man ß = 7" 7 bei 18°, so erhält man
D = — ^_
p.POSIllO^
Auf Grund dieser Formel kann man aus dem Maximaldruck, der
erforderlich ist, um Luft durch die Poren der vollkommen nassen Filter zu
pressen, den kleinsten Durchmesser der betreffenden Poren ermitteln.
Die praktische Durchführung des Versuches gestaltet sich in
der Weise, daß man den Plltrierapparat umdreht, eine dünne Schicht
^. „,. Wasser auf das Filter bringt (einige
Flg. 26/. ovo
Millimeter hoch) und beobachtet, bei
welchem höchsten Druck Luftblasen zu
entweichen beginnen. Die schematische
Skizze Fig. 266 zeigt den Filtrierapparat
in normaler Lage (T = Trichter, F =
Ultrafilter, L = Lufteintritt). Fig. 267
zeigt ihn in der Lage zum Durchpressen von Luft; über dem Filter be-
findet sich eine dünne Wasserschicht.
Nach dieser Methode ermittelt, besaßen die größten Poren eines
Filters, das gerade Hämoglobin zurückhielt, 50 — 99 [v.a Durchmesser.
3. Methode der Durchflußgeschwindigkeit von Wasser.
Diese Methode gestattet die Ermittlung von angenäherten absoluten Werten
für den mittleren Porendurchmesser von Ultrafiltern. Die Methode be-
ruht auf dem etwas umgeformten PoiseuiUeschen Gesetz für den Durch-
fluß von Flüssigkeiten durch kapillare Röhren. 2)
D = Porendurchmesser, Q = Durchflußmenge von Wasser durch die
Oberfläche F, bei konstantem Druck S. — Pt ist das Verhältnis der leeren
(wasserhaltigen) Räume zu den festen; es ergibt sich aus dem Prozent-
gehalt der Gallerten an fester Substanz (ein ö^oiges Filter enthält auf
5 volle 95 leere Räume). L ist die Länge der Kapillaren (d.h. nicht kleiner
^) Bechhold, Durchlässigkeit von ültrafiltern. Zeitschr. f. phys. Chem. 64 (1908).
328 — 342. — Bei praktischen Versuchen nach Methode 2 und 3 ist jedenfalls diese
Arbeit vorher nachzusehen, da sich die Einzelheiten der Methodik nicht in aller Kürze
wiedergeben lassen.
2) Bechhold, I.e. f j
l
Ultrafiltration. 1093
als die Dicke des nassen Filters), k ist ein konstanter i-aktor, abiiau^ng
von Temperatur und Art der Flüssigkeit. Dann gilt die Formel:
Q(R+1)L
k . S . F . K •
Richtet man es ein, daß alle Versuche unter gleichen Bedinguni;en
vorgenommen werden, so vereinfacht sich die Formel, indem ,-— 5— p- eine
Konstante wird.
Zur praktischen Durchführung sind 2 Personen erforderlich: die
eine muß den Druck regeln, die andere in gleichen Zeiten (mit Stopuhr) das
filtrierte Wasser bestimmen. Unter den Apparat wird ein Trichter gesetzt,
dessen Abfluß durch Gummirohr und Quetschhahn vcrschliolibar ist.
Den Ultrafiltrationsapparat füllt man mit Wasser, läßt Druckluft zu
bis ein bestimmter Druck erreicht ist. In diesem Moment schließt man
den Quetschhahn unter dem Trichter so, dal) alles Wasser, welches bei
konstantem Druck filtriert, im Trichter aufgefangen wird. Sobald eine be-
stimmte Zeit (z. B. eine Minute) abgelaufen ist, mul» sofort der gesamte
Druck abgelassen werden. — Auf diese Weise mißt man, wieviel Wasser in
einer bestimmten Zeit durch ein bestimmtes Filter filtriert. Hat man vor-
her den gleichen Versuch mit einem Filterpapier gemacht, dessen Poren-
größe bekannt ist, das z. B. Blutkörperchen oder Bakterien, die mikrosko-
pisch meßbar sind, gerade teilweise zurückhält, so kann man auf Grund der
erwähnten Formel die mittlere Porenweite des ritrafiltei's berechnen.
Auf Grund dieser Methode zeigten Ultrafilter, welche Hämoglobin
gerade zurückhielten, einen mittleren Poi-endurchmesser von 30 — 36 [>.[>..
Adsorption des Filters.
Bei Ultrafiltrationsversuchen ist darauf zu achten, ob nicht das Ultra-
filter durch Adsorption zu Störungen \'eranlassung gibt. Es empfiehlt sich
deshalb in einem \'orversuch die zu prüfende Lösunj^- mit einem zer-
schnittenen Filter zu schütteln und sie dann zu untersucheu. Ist der Ge-
halt nach dem Schütteln der gleiche oder fast der gleiche, so tritt keine
Adsorption auf. Wird der Ultrafiltrationsversuch durch Adsorption gefälscht,
so empfiehlt es sich, eine andere Gallerte zur Ultrafiltration zu verwenden.
Während z. B. Arachnolysin durch Eisessigkollodium sehr stark ad-
sorbiert wird, wird es durch Formolgelatine sehr wenig adsorbiert.
Auf alle Fälle empfiehlt es sich, bei I'ltrafiltrationsversuchen (juan-
titativ zu arbeiten und sowohl am Filterrückstand wie am Filtrat die Ver-
änderungen zu prüfen, die durch den Versuch erzielt wurden.
Ultrafiltrationen bei höherer Temperatur.
Umgibt man den Trichter mit einem weiten P.lechmantel. der die
entsprechenden Durchlässe besitzt, so kann man auch bei höherer Tem-
peratur ultrafiltrieren. Den Blechmantel erhitze ich seitlich durch einen
Bunsenbrenner in der Art wie einen Heißwassertrichter.
]^()94 H. Bechhold. Ultrafiltration.
Anwendung der Ultrafiltration.
Die Ultrafiltnition dient, wie bereits eingangs erwähnt, zur Trennung
der Kolloide von Kristalloiden. Sie kann also in vielen Fällen die Dialyse
ersetzen. \'or dieser hat sie den Vorzug eines weit rascheren Arbeitens
und erlaubt die Trennung ohne die bei der Dialyse unvermeidUche starke
Verdiinnung des Dialysats.
In dieser Richtung wurde sie angewandt zur Trennung von Globulin
und den es in Lösung haltenden Elektrolyten, der Verdauungsprodukte
des Kasein durch Pankreatin ( Bechhold i).
Das wichtigste neue Anwendungsgebiet der Ultrafiltration besteht
darin, daß sie die Trennung von Kolloiden verschiedener Teilchengrölie
gestattet (fraktionierte Ultrafiltration) oder von solchen Stoffen, über
deren kristalloide bzw. kolloide Natur man noch im Unklaren ist. Es sei hier
verwiesen auf die Trennung der verschiedenen Albumosen durch Bechhold '),
die Studien über die Natur der Stärkelösungen durch Fonard -), die Versuche
zur Aufklärung des zellfreien Gärungsprozesses durch A. v. Lehedew. 3)
Unveröffentlicht sind noch die Untersuchungen von Grosser über Milch
sowie die Trennung des Diphtherietoxins vom Toxon durch Bechhold.
Grosser gelang durch Ultrafiltration ein einfacher Nachweis zur Unter-
scheidung von gekochter und ungekochter Milch.
Von besonderer Wichtigkeit ist die Ultrafiltration für das Studium
von Gleichgewichten in Lösungen, da bei dieser Methode keinerlei
Änderung im Gleichgewicht zwischen den kristalloiden und kolloiden Be-
standteilen durch Verdünnung der Lösung vor sich geht. Voraussetzung
ist natürlich , daß man nur kleine Mengen filtriert (gewissermaßen das
Differential bestimmt), so daß keine Konzentrationsänderungen auftreten.
Darauf beruhen die zahlreichen Untersuchungen über das Eisenoxydhydrosol
von Duclaux und Malfitano.
Für die Lösung rein biologischer Fragen wurde die Ultrafiltration
schon verschiedentlich herangezogen. So von Burian ^) zum Studium der
Funktion der NierenglomeruU von Bechhold^) für das Problem der „Inneren
Antisepsis" und der Pulsationen bei den Sekretionen. »5)
Schließlich sei noch erwähnt, dal) man durch Ultrafiltration keim-
freie Flüssigkeiten erhalten kann und ein optisch leeres Wasser, das
sich zu ultramikroskopischen Zwecken eignet (Bechhold).
Die Frage der Verwendung von L^ltrafiltern zum Studium des
„filtrier baren Virus" wurde auf der 5. Tagung d. fr. Verein, f. Mikro-
biologie^) (Dresden 1011) diskutiert (Doerr).
0 1. c.
2) Compt. reud. 146. 317. 318; 146. 978/981; 147. 813/816; 147. 931/933.
^) Biochem. Zeitschr. 20. H. 12.
*) Pfliifiers Archiv d. Physiol. 136. 741 — 760.
5) Zeitschr. f. phys. Chem. 52 (1907). 177—180.
*) Van Bemmelens Festschrift. 1910.
') Centralbl. f. Bakteriol. 1. Aht. Beilage Bd. 50 (1911).
Tabellen zur Herstellung von Lösiiii.i!;eii mit bestimmter
Hlonenkonzentration.
\()ii Peter Koiia, Berlin.
Wie in diesem Band. S. 817 auseinandergesetzt wurde, sind hei der külori-
metrischen Methode der Bestimmung derWasserstoffionenkou/cnfraticm einer
bestimmten Lösung Vergleichsflüssigkeiten mit genau bekannter Wasser-
stoffionenkonzeutration anzuwenden, deren Farbe nach Zusatz eines pas-
senden Indikators mit der Farbe der zu untersuchenden Lösung, mit dem-
selben Indikator versetzt, verglichen wird. Um solche Lösungen von be-
stimmter H-Konzentration leicht darzustellen, schlagt Sörenscn i) folgende
Standardlösungen vor:
1. Eine O'l n-Salzsäure (in den Tabellen mit ..HCl" bezeichnet).
2. Eine Ol n-Natriunihydroxydlösung (in den Tabellen mit „NaC)li-
bezeichnet).
3. Eine Lösung, die in einem Liter 7"505 Ghkokolljund ö'Hö (/ reines
NaCl enthält. (In den Tabellen mit „GlykokoU" bezeichnet.)
4. Eine Lösung, die 9"078 f/ KH, PO4 im Liter enthält , d. h. eine
Vi5 molare Lösung. (In den Tabellen mit ..prim. Phosphat" bezeichnet.)
5. Eine Lösung, die IVHlö g Na., HPO4 2H., () im Liter enthält,
d. h. eine Vis molare Lösung. (In den Tabellen mit ..sek. Phosphat"
bezeichnet. 2)
H. Eine Ol molare Lösung sekundären Natriumeitrats: diese wird
durch Lösen von 21"008(7 kristallisierter Zitronensäure in '200 cm ^ n-Na-
tronlösung und Verdünnen mit Wasser auf ein Liter hergestellt. Mii den
Tabellen als ..Citrat" bezeichnet.)
7. Eine alkalische Borsäurelösung, hergestellt durch Lösen von
0-2 mol. Borsäure (12-404 </) in 100 rw» n-Natronlösung und Ver-
dünnung mit Wasser auf ein Liter. (In den Tabellen als ..Borat" bezeichnet.}
Ausführliche Angaben über die genaue Herstellung dieser Lösungen
finden sich in der erwähnten Arbeit von Sörenscn. Hie von Ka/ilhaum i>e-
zogenen garantiert reinen Reagenzien entsprechen den gestellten Anfor-
derungen.
') S. P. L. Sörenscn. Euzymstiulien. II. Biochom. /eitsihr. 21. 131 (liK»9).
2) Die in diesem Band, S. 317 gegebene rhosphutreihe bezielit sich auf solchr
»/j5 molare Lösungen.
1096
Peter Rona.
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1098 Peter Rona. Tabellen zur Herstellimg von Lösungen etc.
Die den verschiedenen Mischungen der betreffenden Standardlösungen
entsprechenden Wasserstoffionenexponenteni) sind in den vorstehenden,
von Sörensen ausgearbeiteten Tabellen dargelegt.^)
Eine andere wichtige Anwendung von Lösungen von bekannter, stets
leicht reproduzierbarer Wasserstoffionenkonzentration ist, einem System,
z. B. einem Ferment-Substratgemisch, eine gewisse H'Konzentration zu er-
teilen, die während des ganzen Verlaufs der Ferment- (oder sonstigen)
Reaktion festgehalten wird. Dazu eignen sich mit Vorteil die Ammonium-,
Phosphat- und Acetatgemische, die natürlich auch als Vergleichslösungen
bei der kolorimetrischen Methode ausgezeichnete Dienste leisten. Ausführ-
liches hierüber ist im Band III, S. 1337 von L. Michaelis zu lesen und
wir verweisen hier nur auf den betreffenden Abschnitt.
1) Vgl. diesen Band, S. 320.
^) Graphisch sind die Befunde in einer Kurveutafel, an welcher die einer be-
stimmten Zusammensetzung der Lösungen entsprechenden Werte der Wasserstoffionen-
exponenten und die entsprechenden elektromotorischen Kräfte direkt abzulesen sind,
dargestellt. Sie ist im Verlage von J. Springer, Berlin, erschienen.
Die Methoden der biologischen Mikrochemie.
Von A. B. Macalhiin, Toronto.
I. Einleitung.
Biologische Untersuchungen mittelst mikrochemischer Methoden sind
mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, die bei der Bestimmung der
Zusammensetzung von anderen anorganischen und organischen Sul)staiizen.
Mischungen und Lösungen nicht auftreten. In dem h'tzten Falle ist auf
mikrochemischem Wege z. B. einfach festzustellen, ob ein gewisses Element
oder eine bestimmte Substanz in einem Tropfen von nicht weniger als 1 nun^
vorhanden ist. Auf Zusatz der betreffenden Reagenzlüsung kann durdi \'er-
dampfen konzentriert oder sogar zur Trockne gebracht werden, sei es auf
dem Objektträger oder im Uhrglas. Die Reaktion wird auf diese Weise
äußerst empfindlich gemacht. Ein solches Konzentrieren kann aber bei der
mikrochemischen Untersuchung von Zellen oder Geweben nicht angewandt
werden, denn die Verteilung der Salze oder überhaupt der Bestandteile der
Gefäß- oder Zellflüssigkeit, bzw. der Flüssigkeit, weiche mit dem kolloi-
dalen Material des Zellzytoplasmas verbunden ist, würde dabei \'er;inde-
rungen erleiden. Diffusion und Wiederverteilung sind bei einer gewühidichen
mikrochemischen Untersuchung ohne Einfluß, aber bei irgend einer mikro-
chemischen Untersuchungsmethode auf biologischem Gebiete würden diese
Erscheinungen die erhaltenen Resultate ziemlich wertlos gestalten. Es muß
daher die Aufgabe der biologischen Mikrochemie sein, Diffusion und
Wiederverteilung der betreffenden P^lemente und \'erbindnniren bis zu einem
Minimum so weit wie nur irgend möglich einzuschränken. Dies ist, wie
eine kurze Betrachtung zeigen wird, in verschiedener Hinsicht keine leichte
Aufgabe. Es gibt wenig Reaktionen, die, auch nur annähernd, sofort ein-
treten, und überhaupt keine, die augenblicklich vor sich gehen. Außerdem
iniden von denjenigen, welche sich sofort abspielen, mir sehr wenige
Niederschläge, und noch viel weniger sind überhaupt in der biologischen
Mikrochemie brauchbar. Durch diesen Umstand allein sind schon zahl-
reiche Einschränkungen gegeben.
Es ist allerdings nicht bei jeder mikrochemischen .Methode auf bio-
logischem Gebiete unbedingt Schnelligkeit der Reaktion erforderlich. Ein
IIQQ A. B. Macallum.
Beispiel bildet die Hämatoxylinreaktion auf Eisen. Die Verbindungen des
letzteren sind in den Zellen gewöhnlich von unlöslicher Art und so wird
bei alkoholgehärteten Prcäparaten solcher Zellen die Verteilung verhindert,
welche während des Lebens statthat. Solche Verbindungen werden durch
das Hämatoxyhn nicht verändert; sie verändern aber mehr oder weniger
langsam dieses Produkt, indem sie es in eine tief gefärbte unlösliche Sub-
stanz verwandeln, welche auch genau dort, wo sich jene Verbindungen be-
fanden, auftreten. Eine solche Reaktion steht indessen einzig da und daher
wird die allgemeine Forderung für die biologische Mikrochemie, daß die
betreffende Reaktion wenigstens annähernd augenbUcklich eintreten sollte,
nicht beschränkt.
Eine andere Schwierigkeit liegt in der Undurchlässigkeit der Zellen
und Gewebe, wodurch das schnelle Eindringen der Reagenzien, sei es im
ganzen oder nur des einen oder anderen Bestandteiles derselben erschwert
wird. Während des Lebens der Zellen schränkt diese mehr oder weniger
große Undurchlässigkeit die Austauschmöglichkeit zwischen dem Inneren
und der Außenwelt ein und die Reagenzien, die bei mikrochemischen
Methoden gebraucht werden, sind von diesem Einfluß nicht völlig ausge-
nommen. Ehe ein Reagens imstande ist, in das Innere einer Zelle in ge-
nügender Weise einzudringen, um überhaupt die erforderliche Reagenz-
wirkung hervorzubringen, können Diffusionsströmungen vor sich gehen, die
bewirken, daß die Reaktion, welche zuletzt stattfindet, nicht die ursprüng-
liche Verteilung der Bestandteile der Zelle veranschaulichen. Diesen stören-
den Einfluß gänzlich zu beheben ist unmöglich. Man kann nur darnach
streben, ihn so einzuschränken, daß das Resultat nicht weiter beeinflußt
wird. Zu diesem Zwecke muß man die Reagenzien in der Weise zu den
isoherten Zellen bringen, daß alle Teile jeder einzelnen ZeUe auf einmal
erreicht werden. Bei den isolierten Zellen kann ein Reagens unter ge-
wöhnlichen Umständen so rasch durchdringen , daß die Wiederverteilung
seiner Salze bis auf ein Minimum eingeschränkt bleibt.
Es ist indessen hin und wieder nötig, die Verteilung eines Elementes
oder einer Verbindung sowohl unmittelbar ohne Zelle, als auch in der
Zelle zu kennen. Natürlich ist die Isolierung der individuellen Zellen eines
Gewebes hier ohne Nutzen, denn diese ruft neue außerzellulare Bedingun-
gen hervor und verändert so die Zusammensetzung an der Oberfläche der
Zelle. Um dies so viel wie möglich zu vermeiden, müssen kleine Partikel-
chen frischen Gewebes von einem Durchmesser von nicht mehr als 20 y.
angewandt werden. Zu diesem Zwecke wird das Kältemikrotom gebraucht,
und die Teilchen werden, während noch flach und gefroren, sogleich mit
dem Reagenz zusammengebracht. Das letztere gelangt auf diese Weise
zu allen Teilen der Schnitte und auch fast ebenso schnell in das Innere
der Zellen und selbst zum Kern.
Gegen diese Methode kann allerdings eingewandt werden, daß das Ge-
frieren die Verteilung der Salze in den Geweben verändert. Das Gefrieren
beeinflußt nämlich etwas die Lokalisierung der Salze in den Zell dementen,
Die Methoden der biologischen Mikrochemie. llOl
wenn das AYasser in dem Zytoplasma reichlich vorhanden ist. Die Bildung,'
von Eiskristallen kann seine feine Struktur zerstören, und solche Ver-
änderungen m()gen beim Auftauen im lleatrens nicht verschwinden. Ferner
schlielien die gebildeten Kiskristalle nicht die in dem Wasser gelüsten
Substanzen ein, von dem die Kristalle herrührten, uii-l hierin liegt eine
Möghchkeit, daß, wenn der betreffende Schnitt im Reagens taut, diese ge-
lösten Stoffe wo anders als in ihrer ursprünglichen Lage beobachtet werden
können. Diese Schwierigkeiten sind indessen derart, dal'i sie die Resultate
mikrochemischer Untersuchungen frischer Zellen kaum oder nicht beeinflussen.
Schon nach wenig l'bung ist man fähig, zwischen einer so veränderten Ver-
teilung und dem normalen Zustande zu unterscheiden. Weitaus bei der grülUen
Mehrzahl der Fälle liegen Zellen vor, deren Wassergehalt im N'erhältnis zu
dem vorhandenen Kolloid nur gering ist, so daß bei dem Gefrierprozeb die
Rildung von Eiskristallen meßbarer Dimension nicht stattfindet.
Jedenfalls steht aber fest, daß man bei mikrochemischen For-
schungen auf biologischem Gebiete die größte Aufmerksamkeit verwenden
muß, sowohl in bezug auf die Auswahl der Methoden als auch in
betreff der aus den erhaltenen Resultaten zu ziehenden Schlüsse. Auf
Empirismus und nur auf allgemeine Erfahrungen gegründete Schlüsse
müssen vermieden werden und Folgerungen dürfen a priori nur nach
außerordentlich sorgfältiger Prüfung all der betreffenden in Betracht kom-
menden Bedingungen gezogen werden. Außerdem muß der Forscher der
biologischen Mikrochemie umfassende Kenntnisse auf dem Gebiete der
anorganischen, organischen und physikalischen Chemie besitzen. Wäre dies
immer der Fall gewesen, so würden manche Fehler, die man in der Literatur
findet, vermieden worden sein. Und endlich ist für solche Untersuchungen
viel Geduld erforderlich.
II. Die Methoden.
Die ^lethoden der biologischen Mikrochemie sind bisher nur so weit
ausgearbeitet worden, um organisch und anorganisch, gebundenes Eisen,
Kalium, Calcium in organischen Verbindungen, Kupfer, Chlor, Jod, Rhos-
phorsäure, organischen Phosphor in Kernverbindungen und Schwefelsäure
als Sulfat örthch bestimmen zu können.
Im Folgenden sollen die verschiedenen Methoden zur Bestimmung
der genannten Elemente in der Reihenfolge, wie letztere eben angeführt
wurden, besprochen werden.
A. Eisen, anorganisch und organisch.
Um das Eisen in Geweben zu lokalisieren, müssen die letzteren ge-
härtet werden, und zwar so, daß die Anordnung der Eisenverbinduiigen
nicht beeinflußt wird.
Für diesen Zweck ist Alkohol das beste Fi.\ierungsmittel. Er ändert
die Zusammensetzung der organischen und anorganischen Eisenverbindungen
-II Q9 A. B. Macall um.
in keiner Weise. Eine solche Beeinflussung wird dagegen durch Behandeln
der Gewebe nach der Halhchen Methode i) hervorgerufen , nach welcher
zwei verschieden konzentrierte Lösungen von Ammonium sulfid in Alkohol
zum Härten eisenhaltiger (jewebe verwendet werden. Hall benutzte das
Sulfid, da er glaubte, dali Alkohol allein Eisenverbindungen aus Geweben
zu extrahieren vermag, und daß daher die mit Alkohol fixierten Gewebe
fehlerhafte Präparate in bezug auf ihren Eisengehalt darstellen. Diese An-
nahme trifft jedoch nicht zu. Es ist wohl richtig, daß, wenn man ein
Eisensalz als härtendes Agens anwendet, gerade so wie man auch Kalium-
bichromat oder Chromsäure benutzt, durch nachfolgende Behandlung des
gehärteten Gewebes mit Alkohol ein großer Teil des derart angewandten
Eisensalzes extrahiert wird. Die Eisenverbindungen aber, die in den leben-
den Geweben vorkommen, werden, vielleicht nur mit Ausnahme des Hä-
matins, auf diese Weise nicht extrahiert, denn sie bestehen aus Phosphat,
Karbonat, Oxyd und vermutlich, wenigstens spurenweise, aus Sulfat — alle
Verbindungen, die in der Ferriform vorliegen und die selbst in verdünntem
Alkohol von 50Vo unlöslich sind. Außerdem wird das Eisensalz, das durch
die Darmepithelzellen eines Tieres absorbiert wird , das mit beträcht-
lichen Mengen eines löshchen Eisensalzes gefüttert wurde, mit 90°/oigeni
Alkohol nicht extrahiert, wie durch Kontrollpräparate bewiesen worden ist.
Dies beruht auf der Tatsache, daß der Charakter der absorbierten
Verbindungen durch das Zytoplasma der lebenden Zellen verändert wird,
und daß sie dadurch unlöslich oder vielmehr viel weniger lösUch in Wasser
und vollständig unlöslich in konzentriertem Alkohol werden. Die Verbin-
dungen, die nicht in erwähnter Weise zur Absorption gekommen sind,
können in die Epithelzellen diffundieren. Die Oberfläche der Schleimhaut
muß daher vor der Behandlung mit Alkohol schnell mit Wasser abgespült
oder zwischen Fheßpapier abgepreßt werden, um anhaftende Flüssigkeit
mit ihrem Eisengehalt zu entfernen.
Das Eisen des Hämatins wird bei fortgesetzter Behandlung mit
Ammonsulfid in Ferrosulfid übergeführt. Außerdem zersetzt das Ammonium-
sulfid selbst in Alkohol Hämoglobin und macht in geringen Mengen Hä-
matin frei, das, bevor es zersetzt wird, diffundiert. Hier hegt also eine
Fehler(iuelle vor. Der Hauptfehler beim Ammoniumsulfidverfahren liegt
jedoch darin, daß Ammoniumsulfid organische Eisenverbindungen angreift
und Eisen in Freiheit setzt. Das letztere findet sich dann mitunter in dem
Eisen der anorganischen Verbindungen.
Von Swirski^) und Tartakowsky ^) wurde für die Untersuchung auf
Eisen zum Härten von Gewebspräparaten eine 4Voige Formollösung als
^) Winf. S. Hall, Über das Verhalten des Eisens im tierischen Organismus. Arch.
f. Auat. und Physiol., Physiol. Abt. 1896. S. 49.
^) G. Stoirski, Über die Resorption uud Ausscheidung des Eisens im Darmkauale
des Meerschweinchens. Arch. für die ges. Physiol. 74. S. 466 (1899).
") S. Tartakowsky, Die Resorptionswege des Eisens beim Kaninchen. (Eine mikro-
chemische Studie.) Arch. für die ges. Physiol. 100. S. 586 (1903).
Die Methoden der biologischeu Mikrochemie. 1108
zuverlässig empfohlen. Indessen behauptet Falkenhcrg '), «laß Fonnollüsung
wegen Säuregehaltes die Eisensalze in den (iewehen zersetzt und folglich
eine Veränderung in der Verteilung des frei gemachten Eisens bedingt.
Nishimura-) dagegen, welcher lOVoige Formollösung für eisensalzrciche
Leberpräparate benutzte, fand, dal» selbst nach '24 Stunden die al>filtriorte,
härtende Flüssigkeit keine merkliche Eisenreaktion zeigte. Er empfahl des-
halb noch aus verschiedenen anderen Gründen den (iebrauch von Forniol-
lösung zur Härtung des erwähnten Materials.
Sowohl Nishimura als auch Falkenherg halten den Alkohol als ein
geeignetes Härtmigsmittel für eisenhaltige Gewebe. Ersterer gibt allerdings
an, daß es in gewissem Grade Schrumpfung hervorruft, eine Wirkung, die
durch Formol nicht erhalten wird. Was aber die Verteilung des Eisens in
den fraglichen Präparaten betrifft, so sollen die beiden Ilärtungsmethodeii
keine Unterschiede aufweisen. Nach Ahderhaldcn s) trifft dies jedoch nicht
zu. Er fand, daß durch die Härtung mit Alkohol die Eisenreaktion in den
Geweben so beeinflußt wird, daß es unmöghch ist. sich ein genaues Bild
über die Verteilung des Eisens zu machen.
Nach unseren eigenen Beobachtungen ist für eisenhaltige Organe
Alkohol das Härtungsagens, welches am einwandfreiesten erscheint. Formol
in 4 — lOVoiger Lösung steht in dieser Hinsicht dem Alkohol nach, denn,
wenn Eisensalze in Alkohol löslich sind, sind sie es ebenso und vielfach
noch reichlicher in Formollösung. Aus theoretischen Gründen erscheint der
Gebrauch von Alkohol oder Formol nicht geeignet bei der Härtung der
Darmschleimhaut von Tieren, die mit leicht löslichen Eisensalzen gefüttert
wurden, denn in solchen Fällen würden vermutlich die in Alkohol oder
Formol löslichen Eisensalze durch das eine oder das andere Mittel extra-
hiert werden. Wie schon erwähnt, werden die Eisensalze, die vom Zyto-
plasma der Epithelzellen der Darmzotten absorbiert werden, von dem Ei-
weiß des Zytoplasmas zurückgehalten, so daß Alkohol allein, direkt ange-
Avandt, sie nicht extrahiert. Wenn solche Zellen in fi'ischem Zustande bei
Anwendung schwachen Ammoniumsulfides aufgehen, so wird die Verteilung
des in dem Zytoplasma vorhandenen Eisens in keiner Weise verschieden
sein von der, die bei einem alkoholgehärteten Material eines gleichen Prä-
parates gefunden wird.
Jedenfalls ist es vorteilhafter, sich für die Härtung anderer Agenzien
zu bedienen, und zwar sind am geeignetsten Formol und .\tzsublimat.
Das erstere wird in einer Konzentration von 4 — 6"/o angewandt. Indem
man es auf kleine Stücke des Gewebes 2 Tage lang einwirken läßt, erhält
man brauchbare Präparate. Nachdem die Gewebe in Wasser getaucht
worden sind, um den Überschuß des Formalins zu entfernen, können sie
mit dem Kältemikrotom geschnitten werden. Die nachfolgende Behandlung
') Falkenherg, Zentralbl. für allgem. Path. 15. S. 662 (1904).
') Nishimura, Zentral-bl. für allgem. Path. 21. S. 10 (1910).
^) E. Ahderhaldcn, Die Resorption dos Eisens, sein Vorhalten im Organismus und
seino Ausscheidung. Zeitschrift für Biologie. 39. S. 113 (lUOO).
1104
A. B. Macallum.
zur Untersuchung auf den Eisengehalt ist dieselbe, wie sie bei dem mit
Alkohol behandelten Material angewendet wird. Sie ist weiter unten be-
schrieben.
Ätzsublimat in gesättigter Lösung kann zu gewöhnlichen Härtungs-
zwecken bei histologischen Untersuchungen und bei Schnitten angewandt
werden, die entweder mittelst der Paraffinmethode oder mit dem Ge-
friermikrotom hergestellt werden. Die auf diese Weise gehärteten Gewebe
sind nicht für die Behandlung mit Ammoniumsulfid geeignet. Das vorhan-
dene Mercurisalz gibt mit dem Sulfid das dunkle Mercurisulfid , welches
das entwickelte Ferrosulfid verdecken kann. Ferner reagieren die Eisen-
salze in solchen Präparaten nicht gut mit reinen, wässerigen Hämatoxy-
linlösungen.
Die einzige, zuverlässige Methode zur Demonstrierung des Eisens ist
diejenige mit der Säure-Ferrocyanidmischung , welche so, wie es bei den
Alkoholpräparaten beschrieben, gebraucht werden kann.
Ferner ist auch das Halhche Agens brauchbar. Es wird, wie schon
erwähnt, in zwei Konzentrationen angewandt. Die eine Lösung enthält
30 Yol.-Teile Ammoniumsulfid und 70 Vol.-Teile Alkohol und die andere
5 Vol.-Teile Sulfid, 25 Teile Wasser und 70 Vol.-Teile Alkohol. Die erste
wird für die Behandlung der Darmschleimhaut, die letztere für die Leber,
die Milz und die Niere benutzt. Man läßt sie 2 — 3 Tage auf kleine Stück-
chen der Organe einwirken, dann wird mit reinem Alkohol gewaschen,
und derselbe so oft erneuert, bis das freie Sulfid völlig entfernt worden
ist. Hierauf wird das Gewebe in Paraffin eingebettet und dann zerteilt,
oder es wird mit dem Gefriermikrotom in kleine Teilchen geschnitten.
Solche Stückchen kann man mit Ammoniumsulfid übergießen (1 Teil Sulfid,
2 Teile Wasser) und dann in Glyzerin einlegen oder auch 1/2 Stunde lang
mit Säure-Ferrocyanidlösung behandeln, darauf mit Wasser abspülen, mit
Alkohol entwässern, mit Xylol klären und in Balsam einbetten.
Die anderen Reagenzien, die zuweilen für diese Zwecke gebraucht
werden, z. B. Pikrinsäure, MüUersches Reagens, Chromsäure, bieten keine
besonderen Vorteile; entweder beeinträchtigen sie die Zusammensetzung
und die Verteilung der Eisenverbindungen oder die Deutlichkeit der Eisen-
reaktion, sei es die Berlinerblauprobe oder die Ferrosulfidreaktion. Sie sind
weniger einwandfrei als Ammoniumsulfid, da sie nicht nur organische
Eisenverbindungen zersetzen, sondern auch zur Verteilung des in Freiheit
gesetzten Eisens beitragen.
Von den verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachtet, ist Alkohol
jedenfalls das geeignetste Reagens zum Härten von eisenhaltigen Geweben.
Es ist zum Nachweis der Verteilung der Eisensalze, sowohl in tierischen
als in pflanzlichen und auch in pathologischen Geweben, gut geeignet.
Anwendung: Die Gewebe oder Organe werden in kleine Stücke
geschnitten, die nicht mehr als 5 mm im Durchmesser haben, und sofort,
nachdem sie dem Tiere oder der Pflanze entnommen sind, in absoluten
Alkohol gelegt. Nach Verlauf von 24 Stunden wird der Alkohol durch
I
Die Methoden der liinlon^isrlien Mikroclicmio. llOo
frischen ersetzt und dies wird am Ende des zweiten Tages wiederholt.
Die Behandhins mit Alkoliol soll auf keinen Fall weniger als 4H Stunden
dauern. Ein längeres Verweilen in Alkohol beeinträchtigt nicht den Wert
der Präparate. Die zur Behandlung erforderlichen (Jefäl'je müssen dui-ch-
aus sauber sein und die zu verwendenden Schneidinstrumente IVei von
liost oder von irgend einer Eisenverbindung.
Liegen Protozoen oder Protophyten zur Untersuchung vor, so muli
man zu der betreffenden Flüssigkeit soviel Alkohol zufügen, daC. eine
Konzentration von 907o resultiert. Nach 24 Stunden köimen die Orga-
nismen durch i] oder 4 Minuten langes Zentrifugieren mittelst einer ge-
wöhnlichen khnischen Zentrifuge abgetrennt werden: dann wird mit Alkohol
dekantiert und frischer Alkohol zugefügt. Wenn das T^ntei-snchungsmaterial
genügend gehärtet ist, wird es mit den geeigneten Peagenzien zur Dcuieii-
stration des organischen und anorganischen P]isens behandelt.
Handelt es sich um Gewebe, so müssen sie, nachdem sie genü^^cnd
gehärtet sind, so zerteilt Averden, wie es für histologische Studien gebi-äuch-
lich ist. Sind es pflanzliche Präparate (Blatt, Stengel), so muß die Zerteilung
mit freier Hand vorgenommen werden, und zwar mir einem Messei*, das
mit Alkohol l)efeuchtet ist. Solche Präparate müssen in Alkohol aufbewahrt
werden, bis man sie zur Demonstration des vorhandenen Eisens benutzt.
Zur Gewinnung von Schnitten tierischer Gewebe und Organe dienen die
beiden folgenden Methoden:
1. Die Paraffinmethode und 2. die Behandlung mit dein Kälte-
mikrotom.
1. Bei dem ersten Verfahren wird das Material aus absolutem
Alkohol in Chloroform übergeführt und darin für einen Tag belassen, dann
legt man es in eine gesättigte Lösung von Paraffin und Chloroform und
läßt es darin bei ob° wieder einen Tag, und endlich wird es ebensolange
in schmelzendem Paraffin bei öö" C belassen. (Das vei'wendete Paraffin
darf nicht höher als bei 53° C schmelzen.) Das Schneiden der Präparate
zu einer Stärke von 5—15 p. v>ird in der gewöhnlichen Weise vorire-
nommen. Das anhaftende Paraffin wird durch Xylol und das letztere durtdi
absoluten .Alkohol entfernt. Die Schnitte werden bis zur ('ntersuchung in
Alkohol aufbewahrt.
2. Werden die Präparate mittelst des Gefrierprozesses dargestellt, so
wird das Material eine halbe Stunde lang in völhg reines destilliertes
Wasser gelegt und dann werden mit einem Mikrotom Schnitte hergestellt;
hierzu bedient man sich als Gefriermittel vorteilhaft flüssiger Kohlen-
säure. Die Dicke der Schnitte sollte nicht mehr als 20 u- betragen, mög-
lichst aber noch weniger. Die so dargestellten Präparate werden bis zur
nachherigen Behandlung in absolutem Alkohol aufbewahrt.
a) Der Nachweis von auorj;aiiisclieii Eiseiiverbind untren.
Um das Vorhandensein und die Verteilung von anorganischem Eisen
in den nach einer der obigen Methoden dargestellten Präparaten nachzu-
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 70
IIOQ A. B. Macallum.
weisen, müssen die Schnitte 24 Stunden lang in eine frisch bereitete,
O'öVoigß wässerige Lösung reinen Hämatoxylins M aufbewahrt werden. Die
braungelbe Farbe, die sie darnach aufweisen, kann teilweise durch Aus-
waschen mit destiUiertem Wasser beseitigt werden, oder am sichersten,
indem die Präparate in absoluten Alkohol gebracht und dann mit dem
gleichen Aolumen Äther versetzt werden. Waren die Schnitte lange genug
in der Flüssigkeit — 1 — 2 Stunden lang — , so ist das von dem Gewebe
unangegriffen gebliebene Hämatoxylin vollständig extrahiert. Die blau-
schwarze Mischung dagegen widersteht der Extraktion energisch. Es ist
jedoch nicht nötig, die Extraktion weiter fortzusetzen, denn eine leicht
braungelbe Nuance des Schnittes führt zu keiner Verwechslung, da sie in
sehr bemerkbarem Kontrast mit der Färbung steht, welche durch die p]in-
wirkung des Hämatoxyüns auf anorganischem Eisen — wo es auch im
Präparate vorhanden sein mag — hervorgerufen wird. Auf diese Weise
behandelte Präparate können mit Eosin oder Safranin gefärbt werden.
Nachdem sie so oder so behandelt worden sind, werden sie durch absoluten
Alkohol dehydriert, mit Xylol behandelt und in Benzol eingebettet.
Oberall, wo anorganisches Eisen in den Schnitten vorkommt, sei es
als Oxyd, als Phosphat, als „Albuminat" oder in Form irgend einer anderen
unbekannten Verbindung, gibt es den blauen oder blauschwarzen Flecken
des EisenhämatoxA'lins nach Heidenhain. Die Färbung tritt genau an dem
Orte auf, an welchem die anorganischen Eisenverbindungen in den
Schnitten vorhanden sind; sie ist eine außerordentlich genaue mikro-
chemische Reaktion für anorganisches Eisen.
Eine weniger wirkungsvolle, aber doch noch recht genaue Probe auf
Eisen in den Präparaten ist die, welche auf der Bildung von Berlinerblau be-
ruht. Zur Ausführung dieser Reaktion werden die Schnitte unmittelbar
nach Entfernung aus dem Alkohol 30 Minuten lang in einer Mischung
gleicher Volumina O'öo/oiger Salzsäurelösung und FöVoiger Ferrocyankalium-
lösuug belassen. Dann werden sie mit destilliertem Wasser gewaschen,
um jede Spur Säure zu entfernen, hierauf mit absolutem Alkohol ent-
wässert, mit Xylol behandelt und nun in Balsam eingebettet. Überall,
wo anorganisches Eisen in den Schnitten vorkommt, tritt eine deutliche
*) Dieses Reagens, das vom Verfasser vor 14 Jahren für den mikrochemischen
Nachweis von anorganischem Eisen in Geweben eingeführt wurde, ist außerordentlich
empfindlich, fast, oder vielmehr ganz so scharf, wie es sonst bei der Reagenzglasprobe
Ammoniumsulfid und Säure-Ferrocyanidmischung für Eisen in Lösung sind. Es ist aber
wertlos bei Gegenwart von freier Säure, wie bei dialysiertem Eisen (Liquor ferri dialysati).
oder bei Überschuß von löslichen Eisensalzen, wie z. B. Eisenalaun. Dagegen ist es
außerordentlich wertvoll, wenn es sich um den Nachweis von äußerst kleinen Mengen
von Eiseusalz in den Geweben handelt. Außerdem hat es den besonderen Vorteil, daß
es gegen anorganische Eisenverbindungen vollständig indifferent ist. Nähere Mit-
teilimgen über die Eigenschaften dieses Eisenreagenzes vergleiche bei A. B. Macallum^
A new method of distinguishiug between organic and inorganic Compounds of iron.
Journal of Physiol. 22. p. 92 (1907).
Die Methoden der biologischen Mikrochemie. 1 1 u7
Berliiierblau-Reaktion auf, währoiid liiii^'-e^^en an den eiscnfroien Stollen
der Schnitte nicht die geringste Farbreaktion zu Ix-mcrkcn ist.
Wenn das ^laterial mit irgend einer H(ilhv\n-n KUissigkeit gehörtet
wurde, ist das vorhandene, anorganische Eisen als Ferrosnlfid fixiei-t. In
Schnitten derartiger Präparate verhlalit die anfänglich dunkelgrüne Färlmng
dieser Verbindung bald mehr oder weniger. Man niuli sie deshalb mit
verdünnter Ammoniumsulfidlüsung behandeln, wodurch die Iteaktion deut-
lich erkennbar gemacht wird (1 Teil Ammoniumsulfidlüsung und J Teile
Wasser). Dann wird mit destilliertem Wasser gewaschen und ;-iU Minuten
lang in einer Mischung gleicher Volumina 0-5%iger Salzsäurelüsung und
einer Tö^/oigen Ferrocyankaliumlüsung aufbewahrt. Hierauf wird gut mit
Wasser gewaschen, mit Xylol geklärt und dann in Kanadabalsam einge-
bettet. Das vorhandene Eisen wird als blaue \erbindung. die in jeder
Hinsicht dem Berlinerblau gleicht, nachgewiesen.
Gerade wie in den Hämatoxylinpräparaten kann man auch bei den
Berlinerblauproben eine Kontrastfärbung hervorrufen. Zu diesem Z\\ecke
werden die Schnitte unmittelbar, nachdem sie zur Entfernung der Säure-
Ferrocyanidmischung gewaschen w^orden sind, oO Minuten lang in eine
Lösung von Safranin (1% in H0% Alkohol) gelegt. Hierauf wird einige
Male mit Alkohol gewaschen, vollständig mit absolutem Alkohol entwäs.sert,
dann mit Xylol geklärt und in Balsam eingebettet. Die rote Färbung des
Safranins steht im augenfälligen Gegensatz zu der Berlinerblau- Eisen-
reaktion. Die Berlinerblaufärbung solcher Eisenpräparate neigt zum \'er-
blassen. Man kann diesen Vorgang bedeutend einschränken . indem man
die Schnitte im Dunkeln aufbewahrt. Helles Sonnenlicht vermau' die
Berlinerblauprobe in wenigen Wochen gänzhch zu bleichen.
Vorübergehend haltbare Präparate können gewonnen werden, indem
man die frisch aus dem Alkohol entnommenen Schnitte behandelt uml sie
auf den Objektträger in einer Mischung gleicher Teile Ammoniumsulfids
und Glyzerins einlegt. Das Eisen wird so als ein dunkelgrüner durcii die
Struktur des Schnittes hindurchschimmernder Fleck nachgewiesen.
Sowohl bei dieser Methode, als auch bei der, bei welcher das Eisen
mit der BerUnerblaureaktion nachgewiesen wird, läuft man Gefahr, die
leichter angreifbaren organischen Eisenverbindungen, welche spurenweise
in den Schnitten vorhanden sind, mit einzuschlieben. Ammoniumsulfid
macht das Eisen aus einer so beständigen organischen Verbindung wie
ViteUin des Eidotters schneller frei als Ferrosnlfid, und man muH daher
darauf bedacht sein, daß in solchen Präparaten, besonders in denjenigen
der Duodenalschleimhaut von Tieren (Meerschweinchen und Kaninchen), die
mit Eisensalzen gefüttert wurden, bei Anwendung dieses Reagenzes mehr
Eisen nachgewiesen wird, als wenn man die direkt aus dem Alkohol ent-
nommenen Schnitte nur mit reiner, wässeriger Hämatoxylinlösung be-
handelt. Bei solchen organischen Verbindungen setzt auch die Salzsäure
des Säure-Ferrocyanidreagenzes das Eisen in Freiheit und infolgedes.^^en
kann mittelst der Berlinerblaureaktion ebenfalls mehr Eisen angezeigt
70='
IIQQ A. B. Macallum.
werden, als dem Eisen der vorhandenen anorganischen Eisenverbindungen
entspricht.
Wenn daher Ammoniumsulfid oder das Säure-Ferrocyanidreagens
zum Nachweis von anorganischen Eisenverbindnngen in einem Gewebe ge-
braucht werden, müssen die erhaltenen Resultate immer durch Präparate
desselben Gewebes oder Organes, die mit wässeriger Hämatoxylinlösung
in der bereits beschriebenen Weise behandelt worden sind, kon-
trolhert werden.
b) Der Nachweis tou organischen oder „maskierten" Eisen-
verhindungen.
Der Nachweis des organischen oder „maskierten" Eisens ist im
ganzen ein viel schwierigerer Prozeß als der zur Bestimmung von anor-
ganischen Eisenverbindungen. Er besteht in der vorsichtigen Infreiheit-
setzung von festgebundenem Eisen aus seinen \'erbindungen durch ver-
längerte Einwirkung von frisch präpariertem saurem Ammoniumsulfid,
NH4HS, in Glyzerin auf die isolierten, bei einer Temperatur von umgefähr
60" C gehärteten Zehen. Da dieses Pieagens außerordentlich wirksam auf
Eisen ist^), müssen die bei dieser Methode verwendeten Gefäße, Objekt-
träger, Deckgläser und Flüssigkeiten unbedingt frei von Eisen sein. Dies
ist eine schwer zu erfüllende Anforderung! In Anbetracht der Wichtigkeit,
welche die zu lösenden Probleme auf dem Gebiete der Zytochemie haben,
muß ihr aber unbedingt in jeder Beziehung nachgekommen werden. Man
braucht eine Lösung von saurem Ammoniumsulfid und von Glycerin in
Wasser in einer Konzentration von öO^/o- iJas Sulfid wird dargestellt durch
Einleiten von Schwefelwasserstoff, der zuvor eine Waschflasche passiert
hat, in eine Ammoniaklösung von der Dichte 0-96. Die Flasche, die das
Ammoniak enthält, muß von jeder Spur Eisen befreit worden sein, und
^) Im Reagenzglas kann man mit Ammoniumsulfid noch 1 Teil Eisen in lOOOÜOO
Teilen "Wasser nachweisen. Diese Reaktion ist noch ganz deutlich, -nenn man sie mit
Kontrollpi-oben vergleicht, die mittelst Wassers und Ammoniumsulfids angestellt sind.
Das Säure-Ferrocyanidreagens ist von gleicher Empfindlichkeit. Durch das Mikroskop
wird der Nachweis der Empfindlichkeitsgrenze beider Reagenzien beträchtlich verstärkt.
Es ist sehr gut möglich, daß ein Schnitt, nach der einen oder andern Methode be-
handelt, dem bloßen Auge kein Eisen erkennen läßt, während er, unter dem Mikroskop
bei gutem Licht betrachtet, unendlich kleine Mengen Eisen anzeigt. Schorl (Zeitschr. für
analyt. Chemie. 46. S. 659) fand, daß mittelst dieser Reaktion, nach der gewöhnlichen
analytischen mikrochemischen Methode untersucht, bei Verwendung eines Mikroskops,
dessen lineare Vergrößerung 70 beträgt, noch die Gegenwart von 0000002 wr/ Eisen
nachgewiesen werden kann, während bei der Reagenzglasprobe mit dem bloßen Auge
nur 0"01 7)ig durch dieselbe Reaktion feststellbar sind. Bei biologisch-mikrochemischen
Untersuchungen steht die Empfindlichkeit allerdings nicht in Proportion zur mikro-
skopischen Vergrößerung, aber man kann doch als sicher annehmen, daß die Empfind-
lichkeit zehnmal vermehrt ist. Andererseits ist Amniouiumsulfocyanid viel weniger
empfindlich bei der Reagenzglasprobe als Ammoniumsulfid oder das Säure-Ferrocyanid-
gemisch, und für biologisch-mikrochemische Untersuchungen ist es überhaupt
unbrauchbar.
Die Methoden der biologischen Mikrochemie. 1100
zwar durch Auswaschen mit einer heillcn Lösiin;,'- von SchwetVlsiini-e und
Salzsäure. Das Einleiten des Gases in die AinnioniaklüsMU;; wird so lange
fortgesetzt, bis der Ammoniakgeruch versehwunden und der (leruch des
Schwefelwasserstoffes deutlich geworden ist. Das jleagens ist jetzt ge-
brauchsfertig. Zur Aufbewahnmii wird die Flasche mit einem (iIasstoi)f<'n
gut verschlossen.
Das Glyzerin soll absolut rein sein oder wenigstens frei von allen
anorganischen Verbindungeu. 10 cdi'^ davon sollten beim Ver(lami)f<'n in
einem Platintiegel über einer lUmsenflamme keinen Ilückstaiid hinter-
lassen. Für den Gebrauch wird es mit dem gleichen NOliimen reinen, de-
stillierten Wassers verdünnt.
Die Objektträger und Deckgiäschen müssen mit Alkohol gereinigt
werden. Dann werden sie einige Minuten lang in heiße Salzsäure — durch
Verdünnen der konzentrierten Säure mit 2 Volumen Wasser hergestellt —
gelegt. Hierauf wäscht man mit destilliertem Wasser und trocknet, worauf
sie gebrauchsfertig sind.
Durch dieses Verfahren wird, wie meine Erfahrungen beweisen, sicher
jede Spur Eisen von den Gläsern entfernt. Sollte man sich selbst da-
von überzeugen wollen, so kann man sich Kontrollpräparate be-
dienen, die unter Benutzung von Siliciumobjektträgeru und
Deckgläschen hergestellt sind. Diese Siliciumgiäser sind sehr teuer:
man wird infolgedessen nur wenige davon gebrauchen. Man wird über-
haupt bald zu der Überzeugung kommen, daü sie zu entbehren sind, und
daß an ihrer Stelle einwandfrei die. wie oben beschrieben, gereinigten
gewöhnlichen Glasobjektträger zu benutzen sind.
Die Methode zur Darstellung der Präparate ist eine einfache. Fin
Schnitt von dem in Alkohol aufbewahrten Präparate wird auf dem ( )bjekt-
träger mittelst einer Gänsekielspitze in einen Tropfen verdünnten <il\-
cerins übertragen, um den Gebrauch metallischer Nadeln zu vermeiden.
Man bedient sich nun eines kleinen Seziermikroskops. Das Zerzupfen muß
so vorgenommen werden, daß viele Zellen des Präparates is(»Jiert werden.
Nachdem dies erreicht ist, wird ein Tropfen der sauren AmmoniumsuU'id-
lösung zugefügt und, nachdem das Glyzerin und das Sulfidreagens mittelst
Piührens mit dem Gänsekiel durchgemischt sind, wird mit eint-m Deck-
gläschen, das groß genug ist, um das gesamte Präjjarat einzuschließen,
bedeckt. Die passendste Größe für die Deckgläser beträgt 20— '22 wm
im Quadrat. Es muß eben auf dem Objektträger liegen, das heißt, es muß
nicht auf der einen Seite höher als auf der andei-n sein, denn dann würden
Reagens und Glyzerin während des nachfolgenden Konzentrierens von der
geneigten Seite zurückgehen. Fnter solchen rmständen würde ein
unbrauchbares Präparat entstehen. Sollte irgend ein Teil des Präi)arates
eine schiefe Lage des Deckgläschens verursachen können, so entfernt man
es. ehe man zudeckt.
Jetzt wird das Präparat sorgfältig unter dem Mikroskop beobachtet,
um festzustellen, wie weit schon eine Eisenreaktion stattgefiniden hat.
XUO A. B. Macallum.
Eine solche Reaktion kann normalerweise in den Schnitten gewisser Or-
gane, wie z. B. der Milz und der Leber und Niere in pathologischen.
Zuständen auftreten. In andern und gesunden Organen, z. B. Pankreas,
Magenschleimhaut, Speicheldrüsen, Hoden und Ovarien, wird dabei ge-
wöhnlich keine lleaktion beobachtet. Solche Präparate geben nach dieser
Methode wertlose Resultate.
Die Präparate werden nun. mögen sie frei von unmittelbar demon-
strierbarem Eisen sein oder nicht, in einen Trockenkasten bei 60° für
einige Tage bis zwei Wochen belassen. Bei richtiger Behandlung beginnen
die Kerne der isolierten Zellen spätestens am Ende des zweiten Tages
eine schwache Grünfärbung aufzuweisen. Die Färbung nimmt von Tag zu
Tag an Intensität zu, bis sie dunkelgrün geworden ist. Eine intensivere
Färbung erscheint in der Regel nicht. Man bemerkt jetzt deutlich , daß
die Kernreaktion durch das Chromatin des Kerns begrenzt ist. In gewissen
Fällen, z. B. bei pankreatischen Zellen und den Hauptzellen der Magen-
drüsen, kann im Protoplasma, das sich in der Nähe des Kerns befindet
oder ihn direkt begrenzt, eine Reaktion erhalten werden. In den Nerven-
zellen zeigen die Nißhchen Granulationen die Gegenwart von Eisen an.
Um zu beweisen, daß die dunkelgrüne Färbung in diesen Präparaten
tatsächlich auf der Bildung von Ferrosulfid beruht, nehme man folgende
Operation vor: Man läßt unter das Deckgläschen etwas Wasser eindrin-
gen, um das Glyzerin und das Sulfid wegzuwaschen. Darnach läßt man
einen Tropfen einer Mischung von gleichen Teilen 0'5"/oiger Salzsäure-
lösung und l-o"/oiger Kaliumferricyanidlösung unter das Deckglas fließen.
Dieser Versuch läßt sich nicht immer erfolgreich durchftihren, denn die
Waschflüssigkeit kann die isolierten Zellen entfernen. Ist dies jedoch ver-
mieden worden, so tritt die tiefblaue Färbung ein, welche in seiner Deut-
lichkeit unverkennbar ist.
Um Präparate mit isolierten Zellen zu erhalten, kann man an Stelle
der beschriebenen Schnitte kleine Stücke des zu untersuchenden Materials
benutzen, indem man sie auf dem Objektträger in der Glyzerinsulfid-
mischung auszieht. Wenn das Auszupfen sorgfältig vorgenommen wird,
können die Präparate ebensogut sein, me die oben erwähnten Schnitte.
Die letzteren bieten aber den Vorzug, die Art der Verteilung des vor-
handenen anorganischen Eisens gut beobachten zu lassen. Ferner werden
Verwechslungen zwischen diesem Eisen und demjenigen, das erst durch
verlängerte Einwirkung des Sulfids auf die isolierten Zellen auftritt,
vermieden.
Bei der Untersuchung der Verteilung des organischen Eisens in
Protozoen und Protophyten brauchen diese nur in Alkohol gehärtet zu
werden. Die Härtung wird gewöhnlich durch mindestens 48stündiges Be-
lassen in Alkohol erreicht. Wenn der Vorrat dieser Organismen ein ge-
nügender ist, so wird die Flüssigkeit, in welcher sie sich befinden, mit
950/oigem Alkohol, und zwar mit der neunfachen Menge ihres Volumens
gemischt. Nach Verlauf von 24 Stunden wird die klare Flüssigkeit ab-
Die Methoden der Itiologisclien Mikrocliemie. 1111
gegossen, und es wird \vieder absoluter Alkoliol zugesetzt. Nach nochmals
24 Stunden wird der ülierstehendc Alkohol abgegossen und durch frischi-n
absoluten Alkohol ersetzt. Diesen lälit man imii zwei Tage lanL»^ einwirken.
Die geliiirteten Organismen werden jetzt mit einei- rij)ette, und zwar mit
einer möglichst geringen Menge Alkohol aufgenommen unil tropfenweise
auf den Objektträger gebracht. Nachdem der Alkohol zum {.'röl'.ten Teil
verdunstet ist, fügt man das Sulfidreagens und das (ilyzeiin hinzu, bedeckt
mit einem Deckgläschen und bringt nun das Präparat in einen auf ♦•()"
erwärmten Trockenkasten, damit die Reaktion mit dem organischen Kisen
eintreten kann. Hierzu sind Tage erforderlich, l'm das M;i\imMm der ili'-
aktion zu erreichen, können selbst zwei Wochen vergehen.
Bei größeren Organismen kann die Entwicklung der Keaktioii auf
organisches Eisen viel längere Zeit in Anspruch nehmen, als es bei kleineren
Organismen der Fall ist. Dies beruht auf dem geringeren KindriuLMinirsver-
mögen des Keagens. Bei homogenen Membranen wird die Diffusion in den
gehärteten Organismus verhindert und die Reaktion tritt üi)erliaupt nicht
ein. Dies letztere ist der Fall bei Vaucheriapräparaten und häufig bei
Cladophora- und Spirogyrapräparaten. Wenn jedoch die Kerne und
andere eisenhaltige Teile des Zytoplasmas in diesen Präparaten aus der
einschhelJenden Membran, durch Bruch derselben, in Freiheit gesetzt werden,
wird die Reaktion ohne Schwierigkeit oder ohne besonderen Aufschub
erhalten.
Zuweilen ist es vorteilhaft, das organische Eisen in Schnitten (von
5—10 i>^ Dicke) des alkoholgehärteten Gewebes im ganzen nachzuweisen.
Zu diesem Zwecke werden die Schnitte 1 — 4 Taye lant^- in schwefelsäure-
haltigem Alkohol, der aus 4 Vol. reiner konzentrierter Schwefelsäure (sjiez.
Gew. 1-84) und 100 Vol. absolutem Alkohol besteht, gelegt. Die mit (das-
stopfen verschließbare Flasche, in der Flüssigkeit und Schnitte aufbewahrt
werden, mul'. natürlich vorher zur Entfernung jeder Spur v(tn Eisen
sorgfältig gereinigt werden. Die Temperatur während des Härtungspro-
zesses soll andauernd 35—40» C betragen. Die Säure setzt das Eisen lanir-
sam aus den vorhandenen, organischen Verbindungen in Freiheit. Der
Säurealkohol extrahiert das Eisen aus den Schnitten allerdings lanirsamer,
als es in Freiheit gesetzt wird. Am Ende des zweiten Taires hat die Re-
aktion gewöhnlich ihr Maximum erreicht, und die Schnitte könni'u jetzt
nach der einen oder der anderen Weise zum Nachweis des in Freiheit
gesetzten Eisens behandelt werden. Nach dem einen \ eifahren werden die
Schnitte mit absolutem Alkohol gewaschen, um jede Spur Säure zu ent-
fernen, dann 24 Stunden lang in einer 0-5«/oigen Hämatoxylinlösung be-
lassen, hierauf mit Alkoliol entwässert, mit Xylol ireklärt und in Balsam
eingebettet. Nach dem anderen Brozeli bringt man die Schnitte sofort für
eine halbe Stunde lang in eine frisch bereitete Mischun;:: gleicher \'olumina
O-öVoigei" Salzsäure und l'öo/oiger Ferrocyankaliundösunir. wasciit sie
darauf sorgfältig mit destilliertem Wasser, färbt sie mit Eosin, entwässert
und bettet dann in beschriebener Weise ein. Die Kontrastfärbung mittelst
]^]^]^9 A. B. Macalluin.
Eosins erlaubt, die Verteilung des in Freiheit gesetzten Eisens mit der
Berlinerl)laureaktion deutlich nachzuweisen.
Je länger die Schnitte in dem Säurealkohol belassen werden, nachdem
bereits die maximale Wirkung eingetreten ist, je größer ist die Menge des
durch die Flüssigkeit extrahierten Eisens. Es ist möglich, daß am zehnten
Tag überhaupt kein Eisen mehr in den Schnitten vorhanden ist. Es
muß hervorgehoben werden, daß das für die in Freiheitsetzung des
organischen Eisens gebrauchte Reagens unter Umständen nicht ein-
deutige Resultate liefert. Allein die Tatsache, daß es das Eisen, das
es in Freiheit setzt, auch extrahiert, läßt andeuten, daß etwas von
dem extrahierten Eisen an Stellen der Präparate gebracht werden kann,
wo es ursprünghch in Form einer organischen Eisenverbindung nicht vor-
handen war. Es müssen daher derartige Präparate, in welchen das Eisen
entweder durch die Hämatoxylin- oder durch die Berlinerblaureaktion nach-
gewiesen wird, ein falsches Bild über die ursprüngliche ^>rteilung des or-
ganischen Eisens in den Schnitten geben können. In der Praxis indessen
dürfte man, wie die Versuche gezeigt haben, kaum Gefahr laufen, auf Grund
dieser Umstände bemerkenswerten Irrtümern zu begegnen. Aber immer-
hin müssen die Resultate der eben beschriebenen Methode durch
solche kontrolliert werden, die man durch verlängerte Einwir-
kung des Glyzerinreagenzes bei 60°, wie oben beschrieben wurde,
erhält. Diese letztere Methode ist die einzige zuverlässige. Es ist
notwendig, dies ganz besonders zu betonen, wie wir es übrigens schon
wiederholt getan habend), denn auf Grund einer vor einigen Jahren ver-
öffentUchten ungenügenden Zusammenfassung unserer Methoden wird das
Säurealkoholverfahren häufig in der Literatur als das einzige beschrieben,
das wir zum Nachweis der \'erteilung des organischen Eisens in Zellen
und Geweben gebraucht haben sollen.
Um sich selbst zu überzeugen, daß Eisen in organischer Bin-
dung in den einzelnen Zellen der tierischen und pflanzlichen Gewebe vor-
handen ist, und um sich zu vergewissern, daß das ganze Eisen mittelst der
Sulfidglyzerinmethode nachgewiesen wird, kann man folgendes ^'erfahren
anwenden: Die Zellen eines in Alkohol gehärteten Präparates werden auf
einen Objektträger aus Siliciumglas gebracht und in Alkohol zerzupft.
Dann läßt man den Alkohol verdunsten und erhitzt den Objektträger sorg-
fältig über einer Bunsenflamme, bis die organische Substanz verbrannt ist.
Den Objektträger läßt man nun abkühlen und bringt dann auf die Stelle,
an der die A'erbrennung stattgefunden hat, einen Tropfen einer frisch
bereiteten Säureferrocyanidmischung. AVenn man nun den Tropfen unter
dem Mikroskop beobachtet, so bemerkt man, daß an denjenigen Stellen,
wo sich die Zellen befanden, die Berlinerblaureaktion eintritt.
*] Vgl. Quart. Jouru. of Microsc. Sei. Vol. 38. p. 17.3 (1895). Ä. B. MacalJum, Die
Methoden und Ergebnisse der Mikrochemie in der biologischen Forschung. Ergebnisse
der Physiologie. Jahrg. 7. 589 (1907).
Die Methoden der biologischen Milcrochemie. lllii
Mittelst dieser Methode kann man aucii zei^^en . dali die Kerne or-
ganisches Eisen enthalten. Die Kerne der Ovarieneier der Anipliihien sind
so groi). daß man sie aus dem sie unischliellenden Zytoplasnia isolieren
kann. Man legt sie hierzu auf einen ()l)jekttriig(ir aus Siliciiiniglas. Es ge-
nügt bereits ein Kern, falls er vollstiindig vom Cytojjlasnia hclri'it ist. I'in
jede fremde Zuführung von Eisen zu verhindern, bedient man sich zu
dieser Bloßlegung dünner Gänsekiele oder Glasnadeln. Am Objckttriiger
bringt man vorher an der Unteiiläche ein kleines Kreuz ( + ) an. Diese
Marke soll anzeigen, an welcher Stelle die mikroskopisch kleine .Menge der
Asche, die bei der Veraschung des Kernes hinterbleibt, zu lagern kommt.
Man stößt nun den Kern sorgfältig mittelst einer Gänsekielspitze bis an
die Stelle der angebrachten Mai'ke und erhitzt dann den Objektträger,
sobald die Flüssigkeit verdunstet ist, über einer Bunsenflamme bis zur voll-
ständigen Verbrennung. Nachdem abgekühlt ist. fügt man eine frisch be-
reitete Säureferrocvauidmischung hinzu. Nach wenigen Minuten tritt an der
zu erwartenden Stelle die Berliuerblaureaktion auf.
Mau kann diese Probe bei Kernen verschiedener Herkunft anstellen.
Es erfordert nur eine gewisse (Gewandtheit (die sich übrigens bei einiger
Übung bald einstellt), um immer das beschriebene Besultat zu erhalten.
Es gelingt auf diese Weise, sogar ein langes Chromatinfä serchen von dem
Zellkern einer Speicheldrüse einer Chironomuslarve zu isolieren und, wie
wir uns oft überzeugen konnten, in der Asche die Berliuerblaureaktion
nachzuweisen.
B. Kalium.
Die organischen Kaliumverbindungeu, die für gewölmlich im Labora-
torium dai-gesteUt werden, besitzen das Metall nicht in ..maskierter" Form.
Das Kalium wird aus ihnen wie ein anorganischer Bestandteil leicht in
Freiheit gesetzt. Pyrrolkalium , C4H4NK, beispielsweise wird in Gegenwart
von Wasser sogleich in Pyrrol und Kaliumhydrat zerlegt und ganz analoge
Resultate werden bei Kaliumalkyl- und Arylverbindungen mit den .Mkylaten
und Arylaten erhalten. In dieser Beziehung bestellt zwischen Kalium un«!
Elementen, wie (^Hiecksilber, Magnesium und Eisen ein ausgesprochener (Jegeii-
satz. So wird das Quecksilber in Diiiiroflis Mercuri-Beuzoi'säureanhydrid
oder im Mercuri-Nitrophenol von Haiitzsch und Au/d\)
/Hg— U
C6H3< I
\() — N( )
durch Natriumhydrat, Kaliumjodid oder Ammoniumsulfid nicht in Frei-
heit gesetzt.
n A. Ilantzsch und -S'. .1/. Ai)ld, Ühev Meirnri-NitropluMitdc HiTicliti- d. Deutsch,
ehem. Gcsellsch. 39. I. 11U5 (19ÜÜJ.
]^]^J4 ■^- ß- Macallum.
Magnesium wird, nach WiUstätter^). im Chlorophyll (Rhodophyllin)
sehr energisch zurückgehalten. Jedes Atom Magnesium, welches in diesen
Verbindungen mit dem Stickstoff von jedem der zwei Pyrrolringe, wie fol-
gende Formel zeigt, verbunden ist:
-CxN-Mg-N<^Z
und das einen integrierenden Bestandteil des Chlorophyllmoleküls ausmacht,
ist fest gebunden. Die Bindung dieses Magnesiums wird von WUlstätter
ganz ähnlich derjenigen des Eisens im Hämatin formuliert :
OH
In J'errocyaniden und in Ferricyaniden ist das Eisen ebenfalls sehr
fest gebunden. Es liegt hier wahrscheinhch in folgender Form vor:
~^>Fe=Fe<^~ oder ~^^^-^<%'Z
Die Festigkeit der Bindung des Quecksilbers, Magnesiums und Eisens
in den erwähnten V^erbindungen und die mutmaßliche Art ihrer Bindung
deuten an, dali Di- und Polyvalenz Hauptfaktoren für das Zustandekommen
maskierter Verbindungen sind und daß diese Faktoren in der Weise wirken,
daß sie ..sterische Hinderung" hervorrufen, welche das Quecksilber-, Mag-
nesium- oder Eisenatom gegenüber den Angriffen der Reagenzien, die ge-
wöhnlich zu ihrem Nachweis benutzt werden, schützt. Wenn diese Er-
klärung ül)er die „maskierte" Bindung richtig ist, so ist daraus zu folgern,
daß unmöglich irgend ein monovalentes Element der Kationenreihe eine
organische Verbindung zu bilden vermag, in der es durch die gewöhnUch
gebrauchten Reagenzien nicht nachgewiesen werden könnte; demnach würde
auch die MögUchkeit der Existenz einer solchen Verbindung mit Kalium
ausgeschlossen sein. Diese Tatsache, daß wir keine derartigen Kalium-
verbindungen kennen, dürfte vielleicht schon genügen, die obige Schluß-
folgerung praktisch als richtig anzusehen.
Diese Annahme ist für die mikrochemischen Studien des KaUums in
tierischen und pflanzlichen Zellen von Bedeutung. Das Fehlen von Beweisen
über das Vorkommen von „maskierten" organischen Kaliumverbindungen,
ferner die Schwierigkeit, mit der man die Bildung solcher Verbindungen
erklären könnte, machen es jedenfalls sehr unwahrscheinlich, daß sie unter
den Produkten lebender Wesen vorkommen. Solange nicht irgend eine
Andeutung über die Existenz derartiger Verbindungen vorliegt, dürfte
als sicher anzunehmen sein, daß das Kalium in den Zellen und (jeweben
mittelst der mikrochemischen Methode unmittelbar nachweisbar ist. Dieser
Umstand gestattet den Nachweis des Kaliums in Zellen und Geweben ver-
^) WUlstätter, Über die BiiuUmg des Eisens im Blutfarbstoff. Berichte d. Deutsch,
ehem. Gesellsch. 42. III. 3985 (19uy).
Die Metliodeii der liiologischon Mikiucliemie. 11 lä
hältnismäßig leicht. Möge das Kalinm in ihnen in orfranischor od.T in an-
organischer Form vorhanden sein, so liil'it es sich doch jech-nfalls in iihli;-lier
Weise unmittelbar auffinden. Die einzige Schwierigkeit i)esteht darin, dal',
die Kaliumsalze sehr schnell diffundieren. M.m niui; daher alle l'rozesse,
die zum Nachweis niitig sind, .so ausführen, dai; die Diffusion auf ein
Minimum eingeschränkt wird.
Zum Nachweis des Kaliums gehrauchen wir das Kohaltnutrium-
hexanitrit, Co Na, (N02)6. Fügt man eine Lösung dieser \'eil)indung zu
einer Kaliumsalzlösung, so entsteht sofort eine orangefarbige Fidhuiir. Die
Zusammensetzung des erhaltenen Niederschlages kann entsprechend der
Konzentration der beiden Lösungen etwas verschieden sein: abei- er besteht
immer ans dem Hexanitrit des Kobalts, Natriums und Kaliums.
Diese Reaktion wurde zuerst im Jahre ISSI von dr KmhukU und
Ciirtni(m-) zum Nachweis des Kaliums vorgeschlagen. Der erstere. welcher
eine lOVoige Natriumnitritlösuug unter Zusatz von etwas Kobaltchhtrid und
Essigsäure benutzte, fand, daß diese Fällungsprobe auf Kalium emi)find-
licher ist als diejenige mit Platinchlorid. Er stellte ferner fest, dali auch
mit Ammoniumsalzen eine ähnliche, allerdings viel weniger empfindliche
Reaktion eintritt, daß dagegen die Salze des :Magnesiums, Calciums. Raryums,
Strontiums und Eisens nicht reagieren. Er gab auch an. daß man mittelst
Kaliumchlorids bei einer Verdünnung von 1 zu 2000 keinen Niederschlag
mehr erhält. Curiman beobachtete gleichfalls, daß das Kobaltnatriumhexa-
nitrit mit Lithium, Magnesium, Baryum, Strontium oder Calcium keinen
Niederschlag liefert, daß es dagegen mit Ammoniak, Rubidium. Cäsium und
besonders mit Kalium bei Gegenwart von Sulfaten, Phosphaten, Nitraten.
Acetaten und Chloriden Fällung erzeugt, und daß nur die (Jegenwart von
Jod und Jodiden für die P)ildung dieses Niederschlages hinderlich ist.
BiUmann^) hat im Jahre 1910 gefunden, daß man mittelst eines be-
sonders zweckmäßig präparierten Reagenzes das Kalium noch nieder-
schlagen kann, wenn das Chlorid, in einer zweifach normalen Natrium-
chloridlösung, in einer Verdünnung von 1 zu 27.öß8 vorhanden ist. während
man noch 1 Teil Kalium in Gegenwart von 4000 Teilen Natrium in einer
10"/oigen Lösung von Natriumchlorid nachzuweisen imstan<ie ist. Im ersteren
Falle würde das Reagens noch 1 Teil Kalium in 02.060 Teilen Lösung an-
zeigen. Adie und Wood*) untersuchten ebenfalls das Kobaltreagens auf
seine Empfindhchkeit gegenüber Kaliumlösuugen. Sie fanden, dal'i die Lös-
lichkeit des Niederschlages, dem siedie Zusammensetzung CoNaK,j(N()2'6n...O
gaben, in einer lOV^igen Essigsäurelösung geringer als 1 zu 20.(Kt(i ist.
M L. L. de Koninck, Neue Reaktion auf Kali, /i-itsolirift f. analytische Chemie.
20. 390 (1881).
'-) ('. Cnrfma» , Natriinnkobaltnitrit als Koageiis auf K'alimii. Ki'rii-hto d. Deutsch,
ehem. Gesellsch. 14. lOäl (1881).
') Billmann, Über die Darstellung des Xatriunikolialtnitrits und seine Anwenduuir
zum Nachweis von Kalium. Zeitschrift f. analytische Chemie. 39. 2S4 iISKX)).
*) Adie and Wood. Journal of Cliem. Soc. 77. lUTü ilUOüi.
1115 ^- ß- Macallum.
Ein Jahr später bediente sich van Leent 0 des erwähnten Reagenzes zur
Bestimmung' des Kaliums im Meerwasser. Nach ihm wird das Kalium aus
dem Wasser mittelst des Kobaltreagenzes als Hexanitrit des Kobalts,
Natriums und Kaliums niedergeschlagen. Das Kalium wird dabei in Per-
chloratform angenommen. Die erhaltenen Resultate stimmten sehr gut mit
denjenigen iiberein. welche die Bestimmungen mittelst Platinchlorids er-
geben hatten. Autenrieth und Bernheim-) studierten die Zuverlässigkeit
des Kobaltreagenzes durch Versuche mit Kaliumchloridlösungen von be-
kanntem Gehalt und erhielten dabei außerordentlich gut stimmende Werte.
Sie gebrauchten dann das Reagens zur Bestimmung des Kaliums im Urin
und gelangten dabei ebenfalls zu befriedigenden Resultaten. Nach Drushel^)
endhch leistet das Reagens ausgezeichnete Dienste zur Bestimmung des
Kaliums sowohl bei gewöhnlichen Analysen als auch bei der Untersuchung
tierischer Flüssigkeiten.
Für den Nachweis des Kahums in lebenden Geweben auf mikro-
chemischem Wege wurde die Kobaltnatriumnitritverbindung zuerst von
A. B. Macallum^) gebraucht. Er benutzte ein Präparat, das eine Modifi-
kation des von Erdniann'') empfohlenen Reagenzes darstellte. Zu seiner
Gewinnung werden 20 g Kobaltnitrit •■') und Hö </ reinen Natriumnitrits in
75 cm^ verdünnter Essigsäure gelöst (10 cm^ Essigsäure auf 75 cni^ ver-
dünnt). Es findet dabei eine lebhafte Entwicklung von Stickstoff peroxyd
statt. Enthält das verwendete Natriumnitrit Spuren von Kaliumsalz bei-
gemischt, so tritt nach Verlauf einiger Stunden Abscheidung von Kobalt-
Natrium-KaHumhexanitrit ein, das durch Filtration entfernt wird. Das
Filtrat wird dann auf 100 cm^ aufgefüllt und in einer mit gut schließenden
Glasstopfen versehenen Flasche aufbewahrt. Um das Reagens mögüchst
lange Zeit empfindlich zu erhalten, bewahrt man es im Eisschrank auf.
Macallum fand, daß dieses so dargestellte Präparat in einer P/oigen
Kochsalzlösung noch 1 Teil Kalium in 70.000 Teilen der Lösung augen-
blicklich niederschlägt, und daß unter dem Mikroskop sogar ein kristallinischer
Niederschlag bei einer Verdünnung von 1 zu 255.000 derselben Kochsalz-
lösung beobachtet Mird. Bei solchen Verdünnungen beträgt das Volumen
des erforderlichen Reagenzes neun Zehntel.
*) Van Leen f. Ül)er die Alischeiduug und Bestimmung von kleinen Mengen Kalium
in Salzgemischen. Zeitschrift f. analyt. Chemie. 40. 569 (1901).
^) W. Ätitenrieth und Bernheim, tj'ber eine einfache Methode der Bestimmung
des Kaliums im Harn. Zeitschrift f. physiol. Chemie. 37. 29 (1902).
^) W. Ä. Di-ushel, Die volumetrische Bestimmung von Kalium als Kohaltnitrit.
Zeitschrift f. anorg. Chemie. 56. 223. 1908. — Die Anwendung der Kobaltnitritmethode
zur Bestimmung des Kaliums in Böden. Ebenda. 59. 97. 1908 und 61. 137.
■*) A. B. Macalhim, On the distribution of potassium in animal and vegetable cells.
Journ. of Physiol. 32. 95 (1905).
^) H. Erdmann, Lehrbuch der anorganischen Chemie. 1898. S. 630.
^) Das von mir für die Bereitung des Reagenzes gebrauchte Kobaltnitrit stammte
von Baker und Adamson Chemical Co., Easton, Penn., U. S. A.
Die Methodeu der Itiologisclicu Mikrochemie. 1117
Wird eine geringe Menge dieses Reagenzes zn einer kaliunilösung
gefügt, so entsteht sogleich ein orangcgeihei- Xicdersehlag. der Kristalle
von dodekaedrischer Form in wechselnder mikroskopischer (iröC.fMind von
chromgelber Farbe bildet. Die Zusammensetzung dieses .\ied<'rschla;/es
wechselt etwas mit der Zusammensetzung der zu untersuchenden Kaliu'ln-
salzlösung. Gilbert^), der die Zusammensetzung des natriumhaltigen Nieder-
schlages genau untersuchte, fand, daß die Menge des Natriums von dn-
Konzentration der Lösung abhängig ist. Er brachte für die Fällun<: folgende
Formulierung in Vorschlag: Co(m)3,H(K/Na)N'0.,, nll.,0, wobei der Wert
für n entweder I7., oder 2'/^ beträgt.
Der Niederschlag ist nur sehr wenig löslich in kaltem Wasser: er
löst sich aber in Natriumnitritlösungen auch bei Gegenwart von Natrium-
acetat. Er löst sich nicht in verdünnten Lösungen des Niederschlags-
reagenzes und in SOVoigem Alkohol, mit welchem man den Niederschlag zur
Befreiung von Spuren des Kobaltdo|)pelsalzes waschen kann. Es wurde
ferner gefunden, daß der Niederschlag unlöslich ist in Lösungen von
Kahumnitrit. Das letztere kann jedoch zur Iieiniiiung der Fällunj.j- nur dann
gebraucht werden, nachdem bereits jede Spur der Natriumverbindung,
CoNa3(NO.,)6, entfernt ist, da natürlich das letztere zu weiterer Nieder-
schlagsbildung beitragen würde. Das Fällungsreagens ist selbst außerordent-
lich leicht löslich und infolgedessen Avird es aus dem Niederschlage sehr
schnell durch AVaschen mit Wasser entfernt. Wenn man eiskaltes Wasser
zum Auswaschen benutzt, so ist die Menge des in Lösung gehenden Nieder-
schlages nur äußerst gering. Man kann sich daher zur Entfernung von
Spuren des nicht mit Kalium verbundenen Kobaltsalzes sehr kalten Wassers
bedienen. Nach Drushel soll hingegen zum Auswaschen des Niederschlages
zwecks Entfernung des Reagenzes eine halbgesättigte Kochsalzlösung dem
kalten Wasser vorzuziehen sein, da, wie er behauptet, sich doch 1 Teil des
Niederschlages in 25.000 — 80.000 Teilen Wasser bei Zimmertemperatur löst.
Das Kobaltreagens fällt ebenfalls, aber weniger leicht. Ammoniak aus
seinen Lösungen. Die Kristalle der Ammoniumverbindung ähneln in Form
und Größe außerordentlich denjenigen des Kaliumsalzes, von dem sie sich
aber durch größere Löslichkeit auszeichnen. Auf (xinnd der bemerkenswerten
Löslichkeit des Ammoniumsalzes selbst in eiskaltem Wasser wird es auch
nur unvollständig aus seinen Lösungen niedergeschlagen. Aus einem Gemisch
des Kalium-Natrium-Kobaltsalzes und des Ammoniumdoj)pelsalzes kann man
das letztere einfach durch Behandeln mit eiskaltem Wasser entferni'n.
Die Tatsache, daß Ammoniumverbindungen mit dem Kobaltreagens
einen Niederschlag liefern, ließ es nicht unmöglich erscheinen, daß auch
Aminosäuren und Amide mit dem Reagens in ähnlicher Weise reagieren.
Man fand jedoch, daß weder (dykokoll, Taurin, Leucin, Tvmsin. Sarkosin.
Glukosamin, Asparaginsäure noch Glutaminsäure mit dem Kobaltdoppel-
*) G-ilbert, Die Bestimmung des Kaliums nach quantitativer Abscheidung desselben
als Kaliumnatriumkobaltnitrit. In.-Diss. Tübingen 1898.
1118
A. B. Macallum.
salz einen Niederschlag- geben. Außerdem bildet es weder mit Harnstoff,
Asparagin, AUoxan, AUantoin, Guanidin noch mit den Purinkörpern unlös-
liche Salze. Anders verhält sich dagegen das Kreatin. Es wird von dem
Kobaltsalz noch aus 0-4o/oiger Lösung sogleich niedergeschlagen und aus
0'20/oiger Lösung nach Verlauf weniger Minuten gefällt. Der Kreatinnieder-
schlag bildet orangegelb gefärbte Kristalle, die in jeder Hinsicht dem
Kaliumkobaltnatrium ähneln. Kreatinin und Cholin geben dagegen, selbst
in konzentrierten Lösungen, keine Fällung. Oxalsäure und (Jxalatlösungen
liefern auf Zusatz eines Kobaltsalzes fast augenblicklich einen Niederschlag.
Dieser Umstand ist bei Untersuchung von pflanzlichen Flüssigkeiten von
Bedeutung. Da die letzteren auch Oxalate enthalten, so ist es bei der
Analyse von Pflanzengeweben oft erforderlich, unterscheiden zu können, ob
die erhaltene Kobaltfällung ein Kaliumsalz oder Kobaltoxalat darstellt. Diese
Beurteilung ist sehr leicht, denn Form und Farbe der Kristalle der beiden
\'erbindungen sind ganz verschieden. Man kann außerdem eine Kontrolle
auch dadurch ausführen, daß man eine Probe des zu untersuchenden Pflanzen-
materials mit einer einfachen Lösung von Kobaltacetat behandelt. Wenn
auf diese Weise die Stelle, an der sich nur Oxalat befindet, nachgewiesen
ist, kann man dann durch Vergleich mit anderen Präparaten, die mit dem
Doppelsalz. CoNa3(N03)6, behandelt worden sind, bestimmen, wo in den be-
treffenden Präparaten Kalium salze und wo Oxalate auftreten. Jedenfalls
bietet in der Piegel die Anwesenheit von Oxalsäure und Oxalaten keine
Schwierigkeiten, denn sie sind in den Zellen nur in äußerst geringen Mengen
vorhanden, während das Kalium fast immer recht reichlich vertreten ist,
selbst auch im Gefäßfasergewebe. Man kann infolgedessen für gewöhnlich
die Oxalate unberücksichtigt lassen.
Als einzige organische Verbindung, die mit dem Kobaltreagens einen
Niederschlag liefert, der zur Verwechslung mit dem Kaliumsalz führen
könnte, ist (bisher) also nur das Kreatin zu betrachten. Was die Menge
des Kreatins in tierischen Präparaten betrifft, so sei hier angeführt, daß
die in den Muskeln von Vertebraten vorhandene Menge eine sehr ver-
schiedene sein kann. Im Froschmuskel sind 0'21 — 0'39'Vo^) und in Muskeln
des Kaninchens 0*4 "/o enthalten. Nach Vcdenciennes und Freniy ^) findet
sich in den Muskeln von Mollusken Kreatin nur in spärlichen Mengen vor.
Sie fanden es auch in den Muskeln der Crustaceen. Nach Krukenherg ^)
dagegen ist in den Muskeln der Avertebraten überhaupt kein Kreatin
vorhanden und Henze*) konnte davon auch keine Spur in den Muskeln
*) F. Nmvrocki, Über die quantitative Bestimmung des Kreatins in Muskeln.
Zeitschr. f. analyt. Chemie. 4. 330 (1865).
^) Valenciennes und Freniy, Recherches sur la composition des muscles dans la
Serie des animaux. Comptes Rendus. 41. 753 (1865).
^) Krukenherg, Vergleichende Physiologische Vorträge. Heidelberg 1866. S. 316.
— Derselbe, Untersuchungen aus dem Physiolog. Institut der Universität Heidelberg.
HI (1880) und IV (1881).
*) Martin Henze, Beiträge zur Muskelchemie des Octopoden. Zeitschrift f. physiol.
Chemie. 43. 477 (1905).
Die Methoden der biologischen Mikrochemie. 1119
von Octopus nachweisen. A. B. Marnllum konnte es elien.'^owonifi: in
den Musiveln dQs Ilunimer.s und der Krahhe auffiiideii.
Da der mit dem Koljaltdoppel.salz, CoNa. (N(),)n. erzeii^^te Kreatin-
niedersclila»- viel leiciiter löslieh ist als die Kalium verllindunjL,^ so kann man
aus Muskelfasern, in denen man eine Fällunf,^ vorj,n'nommen hat, das Kreatin-
salz, zum größten Teile wenigstens, durch häufiges Waschen mit eiskaltem
Wasser entfernen. Das letztere i.'^t jedoch hei Untersuchung von Muskel-
fasern der Vertebraten nicht unbedingt nötig, denn das Kreatin und Ka-
hum finden sich in diesen Geweben in ganz iihnlicher Weise verteilt.
Die Form der Kristalle und die orangegelhe l-'arbe des Kaliumsalzes
erleichtern seineu Nachweis außerordentlich , wenn es in den /ii unter-
suchenden Geweben in bemerkenswerten Mengen vorhanden ist. Wenn es
dagegen in sehr geringen Mengen oder nur in Spuren in einem (Jewehe
oder in einer Zelle auftritt, bleibt der kristallinische Niederschlag aus und
es ist auch mögUch, daß selbst keine gelbe Färbung zu beobachten ist.
Man muß daher dann eine etwas andere Methode anwenden, um die Gegen-
wart des Kobaltsalzes deutlich nachweisen zu können. Eine solche Methode
wurde von Macallum aufgefunden. Sie besteht in der Anwendung einer
sauren Ammoniumsulfidlösung (1 Teil Sulfidreagens und 1 Teil Wasser),
die mit dem Kobalt augenblicklich unter Bildung von schwarzem Koijalt-
sulfid reagiert. W^enn also nach solcher Behandlung in einem Gewebe die
schwarze Fällung auftritt, so ist dadurch bewiesen, daß KaliumsaLc vor-
handen war. Da der schwarze Niederschlag sehr leicht wahrzunehmen ist,
so ist es daher auch nicht schwer, sich über Vorkommen und Verteilung
selbst von Spuren von Kalium zu vergewissern.
Das Kobaltreagens muß bei der Untersuchung von Zellen und (ie-
weben in der Weise gebraucht werden, daß es auf einmal in alle Teile der
betreffenden Präparate eindringen kann. Bei einzelligen Organismen,
wie bei Infusorien oder Hefezcllen, ist dies leicht zu bewerkstelligen.
Die Flüssigkeit, in der sie sich befinden, wird mit ungefähr zwei
Volumina des Reagenzes gemischt und die Masse dann wenigstens
eine halbe Stunde, aber nicht länger als zwei Stunden, stehen ge-
lassen. Durch diese Behandlung wird die erwünschte Wirkung, die Zellen
zu fixieren, erreicht. Das Eindringen des Keagenzes und die FiUlung des
Kaüumsalzes sind bereits in weniger als Va Minute, in einigen Sekuntlen,
vollständig erfolgt. Die Mischung wird nun ungefähr fünf Minuti'u lang
zentrifugierti), dann wird die überstehende Flüssigkeit abgegossen, mit
eiskaltem Wasser versetzt, wieder drei Minuten lang zentrifugiert. worauf
die Flüssigkeit wieder abgegossen wird. Dieser Prozeß wird 4- oder önial
wiederholt. Wenn dann das Kobaltreagens auf diese Weise völlig entfernt
worden ist, wird der Niederschlag mit der ö- oder ♦'.fachen Menge seines
Volumens absoluten Alkohols Übergossen und zur vollständigen Härtung so
') Zu diesem Zwecke genügt eine kleine Zentrifuge, wie man sie zur Trennung
des Salzes und der Kristalle im Urin benutzt.
1120 A. B. Macall Lim.
1 Tag stellen gelassen. Man saugt dann mittelst einer Pipette einen kleinen
Teil des Niederschlages auf und bringt daA'on ein wenig auf einen Glas-
objektträger; hierauf wird mit einem Tropfen einer Mischung gleicher
Vol. unverdünnten Glyzerins und konzentrierten Ammoniumsulfids i) ver-
setzt, gut durcheinandergerührt und endlich mit dem Deckgläschen zuge-
deckt. Das Präparat kann jetzt auf die Verteilung des Kaliums geprüft
werden, das durch das Vorhandensein des Kobaltsulfides nachgewiesen
wird. Wenn das Präparat vor störenden äußeren Einflüssen (Staub) ge-
schützt ist, so kann es monatelang unverändert aufbewahrt werden.
Bei Untersuchung faserartiger Wgen verfährt man so, daß man sie
mit einer Zange aus ihrer Flüssigkeit entnimmt und sofort in das Pieagens
legt, wo man sie V2 Stunde lang beläßt. Dann wäscht man sie wiederholt
mit eiskaltem Wasser, bis sie vom Reagens vollständig befreit sind. Zum
Einlegen ins Wasser und zum Herausnehmen bedient man sich meder der
Zange. Die Fäserchen werden jetzt auf dem Objektträger in Wasser aus-
einandergezupft, worauf dieses schnell durch Abtupfen mit Filtrier-
papier entfernt wird. Nachdem man noch einen Tropfen der (ilyzerin-
mischung zugefügt hat. wird das Präparat mit dem Deckgläschen bedeckt.
In der eben beschriebenen Weise kann man die ziemüch häufig in
Kolonien solcher fadenartiger Algen vereinigt auftretenden Vorticellen
präparieren, um in ihnen die Verteilung des Kaliums nachzuweisen.
Liegen Spermatozoen von Vertebraten zur Untersuchung auf Ver-
teilung des Kaliums vor, so kann man die Präparation in der folgenden
besonderen Weise vornehmen. Man mischt den frischen Samen schnell und
vollständig mit dem Pieagens, und zwar mit der 3fachen Menge seines
Volumens und rührt die Menge V2 Stunde lang mit einem Glasstab
durcheinander. Das Pieagens wird nun mittelst einer Saugpumpe auf einem
gehärteten Filter und auf einem fein durchlöcherten Platinkonus abfiltriert.
Dann wäscht man das Präparat auf dem Filter wiederholt mit eiskaltem
Wasser aus, bis das Filtrat keine Kobaltreaktion mehr zeigt. Nachdem
man hierauf das Absaugen unterbrochen hat, wird eine Mischung gleicher
Teile Glyzerin und Ammoniumsulfid auf das Filter gegossen und dann
ein Teil der Masse sorgfältig auf einen Objektträger gebracht, in
einem Tropfen der Mischung ausgezupft und endhch mit dem Deckgläs-
chen bedeckt. Nach dieser Methode erhält man sehr interessante und ein-
zigartige Präparate.
Für die Untersuchung von Geweben und vielzelliger Präparate muß
man sich einer anderen Methode bedienen. Das Pieagens muß so bald wie
irgend möglich mit den einzelnen Zellen und Bestandteilen des betreffen-
den Gewebes in Berührung gebracht werden, um Diffusion und Verteilung
der Kahumsalze zu verhindern oder wenigstens auf ein Mindestmaß zu
beschränken. Für diesen Zweck bringt man gewöhnlich das zu untersuchende
Gewebe mit einer kleinen Menge des Reagenzes auf ein Uhrgias und zupft
*) Das Verfahren zur Darstellung dieser Lösung vgl. S. 1109.
Die Methoden der biologischen Mikruchoniie. 1 ll'l
es hier gut auseinander. Nachdem das Ilea'-ens 7, Stunde auf die isolierten
Fasern eingewirkt hat, gießt man den Cberschulj der Kohaltlüsung ah und
fügt eiskaltes Wasser hinzu. Nach 5 Minuten wird dies elienfalls abge-
gossen und durch frisches eiskaltes Wasser ersetzt. .Man wiederholt diese
Operation 4— ömal oder bis das Waschwasser endlich farblos erscheint,
d. h. bis es auf Zusatz einiger Tropfen Ammoniunisulfids keine Reaktion
auf Kobalt melir gibt. Das rückständige Zellenmaterial wird dann mit einer
ripette aufgesaugt und auf einen Objektträger gebracht: man versetzt
hierauf mit einem Tropfen der Glyzerin-Ammoniumsulfidmischung, bedeckt
mit einem Deckgläschen und untersucht.
Liegen einzellige Organismen vor, so verliert man durch das be-
schriebene Dekantieren mit Wasser einen groIJen Teil der kleineren (Je-
w^ebspartikelchen. Um dies zu verhüten, kann man sich mit \orteil einer
Zentrifuge bedienen. Durch wiederholtes Zentrifugieren mit eiskaltem
Wasser, das nach jeder Drehungsperiode, die 3 — 5 Minuten lang dauern
soll, erneuert wird, erhält man schlielihch ein Sediment, von dem man
mittelst der Pipette genügend charakteristische Gewebsproben zum Einlegen
in die Glyzerinsulfidmischung entnehmen kann.
Nach der beschriebenen Methode kann man in den isolierten Zellen
und Gewebsteilen ziemlich genau die Verteilung der Kalinmsalze itestimmen.
Aber wenn die Präparate als gänzUch typisch (natürlich) gelten sollen, so
kann man gegen die erw^ähnte Art der Präparierung einen ernsthaften
Einwand erheben : auf der Oberfläche der isolierten Zellen und Fasern hat
nämlich das Fluidum nicht dieselbe Zusammensetzung wie die normale
Lymphe, welche die Oberfläche der intakten Gewebe und (Jrgaiie während
des Lebens umgibt. Physikalische Bedingungen, vor allem Oberflächeu-
tensionen, verursachen Lösungsverdichtungen, auch solche der Kaliumsalz-
lösungen auf der äußersten Oberfläche des Zellgewebes. Eine derartige
Verdichtung kann nur selten in den ausgezupften Geweben nachgewiesen
werden. Dieser Einwand kann nicht gegen solche Schnitte frischen (iewebes
erhoben werden, die mit dem Gefriermikrotom geschnitten und noch im
gefrorenen Zustande in das Kobaltreagens gebracht worden sind. Hei
diesem Verfahren wird die Diffusion der Lösungen vor dem Ein-
dringen des Reagenzes sehr beträchtlich vermindert oder iiberhaui)t voll-
ständig verhindert, denn das Pieagens dringt aiigeni)licklicli in alle Teile
der Schnitte ein. Solche Präparate, welche die X'erteilung der Kaliumsalze
zeigen, können nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Zellen er-
halten werden, und zwar in einer Weise , daß auch die örtliche lümzen-
tration beobachtet werden kann, die nach dem Gihhs-Thonisonsvhvn Lehr-
satz, d.h. auf Grund der Adsorption oder Oberflächenkondensation von
Lösungen, dank der Oberflächenspannung, stattfindet.
Wie schon in der Einleitung dieser Arbeit (vgl. S. 11(10) gezeigt worden
ist, kann mittelst des Gefrierprozesses, nach theoretischen (iründen, eine
geringe Veränderung in der Verteilung der Salze in einem Zelli:efüge her-
vorgerufen werden: praktisch ist aber eine solche \erteilungsänderung nicht
Abderhalden, Handbuch der biocheraiBchon Arbeitsmethoden. V. 71
H22 ^- ß- Macallum.
oder höchstens in einem so geringen Maße nachgewiesen Avorden, daß der-
artige Präparate als einwandfrei angesehen werden können.
Auf Grund der Vorteile, welche die Gefriermethode für die Demon-
strierung der Kaliumsalze in Geweben und Organen bietet, ist sie jeden-
falls dem Verfahren, bei dem die Gewebselemente ausgezupft werden, ehe
sie der Wirkung des Kobaltreagenzes unterliegen, bei weitem vorzuziehen.
]\Iit derart präparierten Schnitten hat Macallum den Gibbs-
Thomsonschen Satz bei Vorgängen des Lebensphänomens untersucht.
Er stellte die bei seinen l'ntersuchungen gebrauchten gefrorenen
Schnitte in folgender Weise dar: Das Messer, das dabei benutzt wird,
kühlt man unter 0» C ab — je niedriger dabei die Temperatur ist.
um so besser. Zu diesem Zweck bespritzt man es mit flüssiger Kohlen-
säure oder mit etwas flüssiger Luft. Ein Stück des zu untersuchenden
gänzlich frischen Gewebes oder Organes wird jetzt auf die Platte des
Kohlensäure-Gefriermikrotoms ^) gebracht und mit Kohlensäure so lange
behandelt, bis das Gewebe ganz fest gefroren ist. Nun schneidet man und
bringt die Schnitte sogleich — während sie noch fest gefroren sind —
in das Reagens. Das Messer muß eine Temperatur unter 0" haben, damit
die Schnitte darauf flach liegen und flach bleiben können, bis sie in das
Reagens eingelegt werden. Sollte während des Schneidens die Temperatur
des Messers über O** C steigen, so müßte man sofort wieder abkühlen, ehe
man weitere Schnitte ausführt. Wenn ein Schnitt sich zusammenzieht (zu-
sammenrollt), ist er nahe am Schmelzpunkt : dann kann, noch ehe er mit
dem Reagens zusammenkommt, eine Veränderung in der Verteilung seiner
Salze vor sich gehen, besonders kann Diffusion der Kalisalze über die ge-
schnittene Oberfläche stattfinden. Derartige Schnitte müssen verworfen
werden. Man sollte nur solche benutzen, die, wie wir schon erwähnten, flach
und gefroren in das Reagens gebracht werden können.
Man läßt die Schnitte nun für mindestens 1/2 Stunde oder für einige
Stunden in dem Reagens liegen. Der größte Teil des Reagenzes wird dann
mittelst einer Pipette abgesaugt. Man fügt eiskaltes W^asser hinzu und
rührt nun die Schnitte herum. Man entfernt es dann in vorerwähnter
W^eise, setzt frisches eiskaltes Wasser hinzu und beseitigt dieses wieder
nach 3 — 5 Minuten. Dieser Prozeß wird 5- oder 6mal wiederholt. Das Aus-
waschen soll aber im ganzen nicht mehr als 20 Minuten in Anspruch
nehmen ; dies genügt vollständig, um selbst die geringsten Spuren des Re-
agenzes zu entfernen.
Die Schnitte werden jetzt sofort flach auf einen gläsernen Objekt-
träger gebracht und in einen Tropfen einer Mischung gleicher Teile Gly-
zerins und Ammoniumsulfids eingebettet. Nachdem man dann mit einem
Deckgläschen bedeckt hat, kann das Präparat untersucht werden. Die Prä-
parate können unbeschränkte Zeit lang aufbewahrt werden, wenn die Ränder
^) Das Kohlensäure-Gefriermikrotom, das vom Verfasser gebraucht wird, stammt
von der Firma Jung in Heidelberg.
Die Methoden der liiologisclicu Mikrochemie. 112;'»
der Deckgläschen mit dem Objektträger sor^^fältijj^ mittelst einer Lösimj?
von hartem Balsam in Pienzol verkittet worden sind. Nadi Xcnlnnstunf^
des Benzols bildet der Balsam an den lländern des Präparates einen festen,
luftdichten fberzug.
Die Gefriermethode wurde bisher angewandt zum Studium der Ver-
teilung des Kaliums in Muskeln (Herzmuskeln, gestreift und glatt) im
Nervengewebe (Rinde des Großhirns und Kleinhirns, Kückenmark. Schädel-
und Spinalganglien), in Leber, Pankreas. Niere, Milz. Schilddrüse. Ovarium,
Hoden und Nebennieren von "Wirbeltieren und in Gotyledonen , Stengeln
und Wurzeln von Pflanzen. Die dabei erhaltenen Resultate sind aul'ter-
ordenthch interessant.')
C. Calcium.
Calcium kann als zweiwertiges Element zweifellos sowohl in organischer
oder „maskierter" Verbindung als auch in anorganischer Form in (Jeweben
auftreten. Das Vorkommen in organischer oder maskierter Bindung ist im
\'itellin, dem Hämatogen von Bunge, der darin neben Calcium auch Eisen
fand, nachgewiesen worden — ein Befund, der \o\\ HugouneHq und Morel! '-)
bestätigt wurde. Miescher^) behauptet, daß die eigentümliche, eisenhaltige
Substanz Karvogen, die er aus den Köpfen der Spermatozoen des Salms
isoliert hat, das Calcium ebenfalls als fest gebundenen Bestandteil enthält.
Calcium ist ferner in zahlreichen Nucleoproteiden aufgefunden worden. Es
ist hier an die Nucleinoxydase der Leber zu erinnern, die von Spit:rr*)
extrahiert wurde, an das aus der Niere von Lümibenj-') isolierte Nudeo-
proteit und an das von Halliburton •^) ebenfalls aus der Niere erhaltene
Nucleoalbumin. In der Asche all dieser Substanzen ist Calcium aufgefunden
worden.
Bietet das Vorkommen von derartigen maskierten Bindungen schon
an und für sich eine Schwierigkeit für den Nachweis der \'erteilung des
Calciums in Tier- und Pflanzenzellen, so wird dieselbe hier noch ganz be-
deutend durch den Umstand erhöht, daß uns unter dem Mikroskop auch
für das anorganische Calcium keine sehr empfindliche Reaktion zu Gebote
steht. Die empfindlichsten und gleichzeitig die fast augenblicklich vor sich
') Diese Ergebnisse werden nilchsteus veröffentlicht.
-) Huf/oioienq und Morel, Recherches sur rümatosene. Comptes Rondus. 140.
1065 (1905).
^) F. Miescher, rhysioloffisch-chemische Untersuchungen iiherdie Laclisniilcli. IJcar-
beitet und herausgegeben von 0. Sclioiiedrhcnf. Arch. f. experinuMit. l'athol. u. IMianuak.
37. 100 (1906).
*) Spitzer, Die Bedeutung gewisser Nucleoproteide für die owibitive Leistung der
Zelle. Arch. f.d. ges. Physiol. 67. 615 (1896).
5) Inqolf Lönnherg, Beiträge zur Kenntnis der Eiweißkörper der Nieren luid iler
Harnblase, "skandin. Arch. f. Physiol. 3. 1 (1901).
'^) W. D. HaUihurton, The proteids of kidney and livcr cells. Journ. of l'hysiol.
13. 807 (1892).
]^]^24 ^- ^- Macalluni.
gehenden Keaktionen auf Calciumsalze im Reagenzglas sind die mittelst
der Fluoride, die noch 1 mg Calcium in 122.7001) Teilen Wasser bei 18°
niederschlagen. Als Karbonat wird 1 mg Calcium in 192.300 -) Teilen
Wasser bei der erwähnten Temperatur gefällt und das Oxalat ist nach den
Beobachtungen von HoUeman, Kohlrausch und Böse ^) über die elektrische
Leitfähigkeit so schwer löslich, daß nur 1 mg Calcium von 653.600 Teilen
Wasser bei 18" gelöst wird, während nach den Angaben von Herz und
Mühs^) bei 26—27" 107.300 Teile Wasser 1 mg Ca in Form des Oxalats
lösen. Alle diese Niederschläge sind weiß oder farblos und infolgedessen
leisten sie unter dem Mikroskop keine großen Dienste, wenn das Calcium-
salz nicht so reichlich vorhanden ist, daß es in Form eines deutlich
kristallinischen oder körnigen Niederschlages auftritt. Es ist außerdem
auch kein Calciumdoppelsalz bekannt, das unlöshch und gefärbt ist, oder
das durch nachfolgende Behandlung in ein geeignetes gefärbtes Produkt
übergeführt wird, wie es beim Kalium mittelst der Kobaltreaktion ge-
schehen kann.
Calciumsalze verändern wohl die Farbe einerfrisch bereiteten wässerigen
Lösung reinen Hämatoxylins. Die dabei entstehende rote \'erbindung ist
aber leicht löslich. Diese Reaktion ist als Reagenzglasprobe sehr empfind-
Hch und sie kann auch zum Nachweis von Calcium salzen in lebenden
Zellen benutzt werden ; da aber das Reagens in ähnlicher Weise von Al-
kalien und ihren Karbonaten beeinflußt wird, so kann diese Probe durch-
aus nicht als eine für Calcium eigentümliche Reaktion gelten. Außerdem
muß das Calciumsalz, um mit dem Hämatoxylin reagieren zu können, in
Lösung vorliegen und infolgedessen kann bereits vor der Einwirkung auf
Hämatoxylin Diffusion stattfinden, die übrigens durch den Zusatz des
Reagenzes noch erhöht wird. Die in lebenden Zellen und Geweben mit
Hämatoxylin erhaltene Farbreaktion bietet demnach durchaus keinen be-
stimmten Anhaltspunkt für die ursprüngliche Verteilung der Calciumsalze.
Wenn außerdem das Calcium in einer unlöslichen Form als Oxalat. Kar-
bonat, Fluorid oder Phosphat in den Zellen vorhanden ist, so reagiert es
mit der hinzugefügten Lösung des Hämatoxylins nur sehr langsam, und
das leicht lösliche rotgefärbte Reaktionsprodukt entfernt sich durch Diffu-
sion von seinem Entstehungsorte.
^) Berechnet aus der Leitfähigkeitsbestimmung von Kohlrausch und Rose, Lös-
lichkeit einiger schwerlöslicher Körper im Wasser, beurteilt aus der elektrischen Leitungs-
fähigkeit der Lösungen. Zeitschrift f. physikal. Chemie. 12. 231 (1893); F. Kohlrausch,
Die Löslichkeit einiger schwerlöslicher Salze im Wasser bei 18°. 50. 356 (1905).
^) Berechnet nach den Resultaten von Kohlrausch und Rose, Löslichkeit einiger
schwerlöslicher Körper im Wasser, beurteilt aus der elektrischen Leitungsfähigkeit der
Lösungen. Zeitschr. f. physik. Chemie. 12. 231; loc. cit.
*) Berechnet nach den Resultaten von HoUeman, Kohlrausch und Rose, Zeitschr.
f. physik. Chemie. 12. 129 und :^41; loc. cit.
*) Berechnet aus den Bestimmungen nach Herz und Mühs, Ber. d. deutsch, ehem.
Gesellsch. 36. 3715 (1903).
Die Methoden clor liiologischcn Mikroclieniie. 112")
Eine spezielle, charakteristische Farhreaktion tui- di-n v(»rlie«r('iid<'n
Zweck wurde von Grandis und Mainani^) einjieführt. Das von ihnen ge-
brauchte lieagens war Purpurin oder 1.2,4-Trihy(lroxvanthrachiiion:
CO OH
Eine in 95"/oigeni Alkohol gesättigte Lösung dieser Substanz gibt
mit Calciumsalzen. und zwar besonders mit Calciumchlorid einen in Alkohol
und in Wasser unlöslichen Niederschlag. Die Lösung zeigt keine Neigung,
andere Gewebsteile zu färben , als diejenigen, die Calcium enthalt«'!!, vo!--
ausgesetzt, daß man sie nicht zu lange einwirken labt.
Die oben genannten Forscher bedienten sich zum Nachweis des Cal-
ciums in Geweben mittelst des erwähnten Chinon-Reagenzes folgender
Methode : Das Gewebe kann dabei im frischen oder gehärteten Zustande
untersucht werden. Im ersten Falle werden mit Hilfe der Gefriei'inethode
Schnitte des Gewebes bereitet. Im andei'n Falle werden die in .Mkohol ge-
härteten Gewebe mittelst der Einbettmethode zei'Iegt. Die so erhaltenen
Schnitte werden in eine gesättigte alkoholische Purpurinlösung gelegt und
darin belassen , bis sie stark rot gefärbt sind , was für gewöhnlich nach
5 — 10 Minuten der Fall ist. Die tiefe Fäi'bung ist nicht gleiclünälJig. Sie ist
auf die verkalkten Teile beschränkt. Die Schnitte werden nun in eine 0"7r)"/„ige
Natriumchloridlösung gebracht. Hier findet eine doppelte Fmsetzung
zwischen dem Calciumsalz und dem Chloi'id statt, wobei in sehr giMÜnger
Menge Calciumchlorid, Natriumphosphat und Karbonat entstehen. Da. wo
sich die Spuren Calciumchlorid bilden, wird Purpurin gefällt.
Es ist übrigens nicht unl>edingt nötig, die Schnitte mit Nafi-iinn-
chlorid zu behandeln, denn in den fraglichen Geweben ist genug Calciuin-
chlorid vorhanden, um die Purpurinfällung zu ermöglichen. Die Anwendung
der Natriumchloridlösung bietet jedoch den Vorteil, die Fäi-bung deut-
licher und schärfer erscheinen zu lassen. Wenige Mi!mten der Einwirkung
genügen bereits, um diese Wirkung hervorzurufen. Hieiaut werden die
Schnitte in TOVoigen Alkohol gelegt und der letztere wird so oft erneuert
bis er kein gefärbtes Produkt mehr extrahiert. Dann wird mit absoluten!
Alkohol entwässert und in Balsam eingebettet.
Die eben beschriebene Proi)e kann in gewissen Fällen zweifellos gute
Dienste leisten, nämlich falls das Calcium in einem Schnitte sehr i-eichlich
vorhanden ist, wie z. B. in einem verkalkten Fötusknochen. Sie ist aber
bei weitem nicht empfindlich genug, um das Calcium in ileui /ellpioto-
plasma anderer Gewebe nachzuweisen, denn das Purpuriii wird bereits
*) Grandis und Mainani, Sur une röactiou coloree, (lui permot de reveler les
sels de calcium döposes dans les tissus organi(iues. Arcliiv iinl. de Hioloi:. 34. 73 (l'.»00).
1126
A. B. Macallum.
nicht mehr gefällt, wenn das Calcium im Verhältnis von 1 Teil zu 800
Teilen Wasser zugegen ist. Außerdem, je mehr sich die Verdünnung der
Lösung dieser Konzentrationsgrenze nähert, je langsamer geht die Reak-
tion vor sich.
Es ist hier auch zu bemerken, daß das Natriumchlorid nur mit
einem sehr winzigen, ja vielleicht fast unendlich kleinen Teil des als Kar-
bonat und Phosphat vorhandenen Calciums reagiert, und daß folglich die
Menge des nach eben 10 Minuten gebildeten und vorhandenen Calcium -
Chlorides niedriger ist als diejenige, welche die Löslichkeit des Purpurins
beeinträchtigen könnte. Dieser ITmstand vermindert folglich den Wert des
Reagenzes sehr beträchtUch für allgemeine Zwecke.
Von Grandis und Mainani wurde ferner Pyrogallol als Calcium-
reagens empfohlen. Da es die Eigenschaften einer schwachen Säure be-
sitzt, wirkt es auf das Calcium in den kalkhaltigen Ablagerungen und
bildet Calciumpyrogallat. Dieses Salz ist ziemlich unlöslich, während die
entsprechenden Natrium- und Calcium salze löslich sind. Nach dem Pyro-
gallolverfahren werden die Gewebsschnitte mit einer Pyrogallollösung be-
handelt. Das gebildete Calciumpyrogallat wird dabei, indem es Sauerstoff
aus der Luft absorbiert, intensiv braun, so daß sich auf diese Weise die
Verteilung des Calciums in dem Schnitte bemerkbar macht. Die Schnitte
müssen nun sehr rasch mit W^asser gewaschen, ebenso schnell entwässert
und in Balsam eingebettet werden. Da Natrium-, Kalium- und Magnesium-
pyrogallat nur schwierig extrahierbar sind, so nehmen auch oft die Ge-
webe, die nicht stark mit Calcium imprägniert sind, eine leichte braune
Färbung an. Aus diesem Grunde kann nach eben beschriebener Methode
das Vorkommen der Calciumsalze nur da sicher nachgewiesen werden,
wo die braune Färbung sehr ausgesprochen auftritt, und in WirkUchkeit
könnte man, um sicher zu gehen, nur da das Auftreten von Calcium-
salzen annehmen, wo man sie auch unter Nichtberücksichtigung der
Farbreaktion bereits, nach dem Charakter der Gewebe zu schheßen, zu
erwarten hat.
V. Kossa'^) führte folgende Modifikation der Pyrogallolreaktion ein:
1 g Pyrogallussäure wird in 40 cm^ Wasser gelöst ; zu der Lösung fügt
man Q-q g festes Natriumhydrat, worauf die Lösung braun wird. Die
Schnitte werden fünf Minuten in dieser Flüssigkeit belassen, dann heraus-
gezogen und vollständig mit destilliertem Wasser gewaschen, um die ge-
färbte Flüssigkeit zu entfernen. Die intensiv braun gefärbten Calcium-
fällungen werden bei mehrtägigem Aufbewahren im Wasser bräun-
lich-schwarz.
V. Kossa führte auch noch eine andere und indirekte Methode für
den Nachweis des Calciums in pathologischen Geweben ein. Nach diesem
^'erfahren werden die Gewebsschnitte fünf ^Minuten lang in einer 5Voigen
*) V. Kossa, Über die im Organismus künstlich erzengten Verkalknngeu. ZiegJcrs
Beiträge. 29. 163 (1901).
Die Methodeu der biologischen Mikrocliomip. | ] -j
Silboriiitratlösung- belasson. dann mit (lestilliortem Wasser «gewaschen und
in der i>ewühnlichen Weise fixiert. Chorall. wo in derartigen Präparaten
kalkhaltii^e Ablagerungen vorkommen, tritt eine gelbe Fiirbung auf, die
auf Bildung von unlöslichem Silberi)hosphat beruht, das aus der Thosphor-
säure, mit welcher das Calcium in solchen I)ei)ots verbunden ist. und
dem Silber entsteht. Im Lichte geht die gelbe Fiirbung wegen der >ich
abspielenden Reduktion des Silbersalzes bald ins Orauf und schließlich ins
Tiefschwarze über. Der Reduktionsvorgang wird nach v. Kossn durch die
Anwesenheit gewisser organischer Verbindungen in den geringen Ai)lage-
rungsmengen erklärt. Bei dieser Reduktion spielt ülirigens auch die Luft
eine Rolle, denn unter Luftabschluß findet dieser Prozel'. nicht oder
höchstens nur in sehr geringfügigem Maße statt. Jedenfalls kann nach
diesem Silbernitratverfahren kalkhaltige Substanz überall, wo sie voi-kommt,
auch bemerkt werden, sei es durch die Färbung oder die reduzierte
Silberverbindung, die sich auf ihr oder in ihr bildet.
Schmorl^), Klotz-) und andere haben die Anwendung dieser Re-
aktion weiter verfolgt. Nach dem zuletzt genannten Forscher werden die
Schnitte o — 12 Stunden lang im Reagens belassen, worauf sie mit Wasser
gewaschen und in Balsam eingebettet werden. Er zeigte, daß in solchen
Schnitten auch die Kohlensäure mit dem Silber reagiert, wenn auch lani:-
samer, und daß infolgedessen die Calciumkarbonatkörnchen in den Ab-
lagerungen mit Silberkarbonat bedeckt werden, das im Sonnenlicht Kohlen-
dioxyd abgibt und dabei ,, reduziertes'' (schwarzes) Silberoxyd zurückläßt.
Bei diesem Verfahren werden sehr kleine, in gewöhnlichen Zellen vor-
handene Mengen Calcium nicht nachgewiesen, und außerdem findet dabei
auch mit Chloriden, Phosphaten, Sulfaten und Karbonaten anderer Basen,
die in den kalkhaltigen Ablagerungen vorhanden sein können . auf ( Jrund
von Absorption Reaktion statt. In kalkhaltigen Depots kommen außer
Kalkseifen auch Seifen anderer Basen vor. Die Fettsäuren dieser Seifen
vereinigen sich nun mit dem Silber des Reagenzes unter ]5ildung einer
„reduzierbaren" Silberverbindung. — Aus alledem geht hervor, daß die von
V. Kossa eingeführte Methode bei Untersuchung kalkiger Degeneration
zw'eifellos Nutzen gewährt, daß sie aber mit manchem Mangel liehaftet ist,
der zu Irrtümern führen kann, und daß daher bei ihrer .Vnwendung jeder
besondere Fall eine sorgfältige Berücksichtigung der etwaigen Fehleniuellen
erfordert.
Um die Verteilung des Calciums in Zellen und Ciewel>en l>ei anderen
Fällen als bei Verkalkungen oder bei kalkiger Degeneration nachzuweisen,
wurde von Ä. B. Macallum eine besondere Methode angewandt, bei der die
Gegenwart dieses Elementes indirekt bestimmt wird. Sie ist eine .Modifi-
') Schinorl, Pathologisch-anatomisclie riitersucliuntrsmotbode. 2. Auflage. Leip-
zig 1901. •
-) 0. Klotz, Studios niinn calcaiieous degeiieratinn. .loiirii. of Experitii. Medic. 7.
633 (l'.)Oö).
]^2^28 '■^- ^- Macallum.
kation des für den Nachweis der Lokalisation der Schwefelsäure, die als
Sulfat in der Niere vorhanden ist, weiter unten beschriebenen Verfahrens.
Die dabei zu gebrauchenden Reagenzien sind : 1. scliwefelsäurehaltiger
Alkohol, der aus 2 Vol. Schwefelsäure (spez. Gew. r84) und 100 Vol. ab-
soluten Alkohols besteht: 2. eine Bleiacetatlösung in :.^ -Verdünnung: ;-3. eine
Lösung von Glyzerin-Ammoniumsulfid, die durch Verdünnung von reinem
Glyzerin mit einem äquivalenten Volumen sauren Ammoniumsulfids be-
reitet ist.
Die Ausführung des Verfahrens gestaltet sich . wie folgt : Wenn es
sich um einzellige Gefüge handelt, werden sie noch ganz frisch in den
Säurealkohol gebracht und 20 Minuten darin belassen, hierauf wird etwa
5 — 6mal sorgfältig mit absolutem Alkohol gewaschen, um jede Spur freier
Säure zu entfernen, dann zur Abtrennung der Organismen zentrihigiert
und schließlich für eine halbe Stunde in die Bleiacetatlösung gebracht. Nun
wird sorgfältig mit destilliertem Wasser gewaschen, um das unveränderte
Reagens vollständig zu beseitigen, wozu man ^^ieder die Zentrifuge be-
nutzt. Dann bringt man wieder eine kleine Menge des Sediments auf einen
Objektträger, fügt einen Tropfen Glyzerinsulfid hinzu und bedeckt mit
einem Deckgläschen. Wenn ein anderes Gewebe auf seinen Calciumgehalt
zu untersuchen ist, werden die Schnitte nach der beim Nachweis der Ver-
teilung des Kaliums beschriebenen Methode dargestellt. Man läßt die Schnitte
gefrieren und bringt sie flach in den schwefelsäurehaltigen Alkohol , wo
sie 20 Minuten lang verbleiben. Dann werden sie sorgfältig mit absolutem
Alkohol gewaschen, um die freie Snure voUständig zu entfernen und nun
30 Minuten in die Bleiacetatlösung gelegt. Nachdem sie dann mit destil-
liertem Wasser so lange gewaschen worden sind, bis keine Spur unan-
gegriffenen Bleiacetats mehr vorhanden ist, werden sie auf Objektträger
in das Glyzeriusulfidreagens eingelegt.
Sowohl in diesen Schnitten, als auch in den Präparaten der einzelligen
Organismen wird die ursprüngliche Verteilung des Calciums durch das
Auftreten des Bleisulfidniederschlags nachgewiesen. Der säurehaltige Al-
kohol führt das anorganische Calcium in Calciumsulfat über, welches völlig
unlöslich in Alkohol ist. Das Calciumsulfat reagiert mit dem Bleiacetat
unter Bildung von Bleisulfat, das in Wasser unlöslich, aber farblos ist.
Das Bleisulfat gibt dann mit dem Ammoniumsulfid die schwarze Blei-
sulfidreaktion.
Bei diesem Verfahren liegt vielleicht eine Fehlerquelle darin, daß der
schwefelsäurehaltige Alkohol die Phosphorsäure aus den Phosphaten nicht
extrahiert. Die letzteren können sich nämlich mit dem Blei unter Bildung
von Bleiphosphat verbinden, das sich in Wasser noch weniger löst als Blei-
sulfat. Um diesen möglichen Fehler zu vermeiden, sollte man nach der
Behandlung mit Bleiacetat 2 oder o Minuten lang mit -^-Salpetersäure
waschen, wodurch das Bleiphosphat rasch extrahiert, das vorhandene Blei-
Die Methoden der ])iologiscl)en Mikrnrlicmie. 1129
snlfat aber nicht beeinträchti^ut wird. Nachdem die Schnitte zur l'.eseiti-
gunii- der Säure gewaschen sind, werden sie auf ciiicii ( )l)jekttr;itr('r ge-
braclit, mit der Glyzerinsulfidmischung beh.-nuh'lt und mit einem heck-
gläschen zugedeckt.
Die beschriebene Reaktion ist nicht so empfindiicli. wie sie es theo-
retisch sein sollte und die Methode schließt manche FehlermüLdichkeit ein.
Als erste ist der Diffusion zu gedenken, die vor sich geht, wenn die
Schnitte zunächst in den säurehaltigen Alkohol gelegt werden und ferner,
wenn sie aus dem Alkohol in die Bleiacetatlösung komiiien. I»;d)ei kann
eine geA\1sse Wiederverteilung der Caiciumsalze stattfinden. Kine der an-
deren Fehlerquellen könnte auf der Reaktion zwischen dem C'alciumsulfat
und dem Bleiacetat beruhen, falls dasselbe nicht an der Stelle, wo das
erstere wirklich lokalisiert ist. aufzutreten vermag. Andrerseits löst sich
aber Calciumsulfat nur in einem iMalie von weniger als 1 Teil in 2.».)U0.(X)(J
absoluten Alkohols, während sich Dleisulfat nur im Verhältnis von 413 Teilen
zu 1.000.000 Teilen Wasser löst, i) Auf Grund dieser Tatsache ist demnach
keine Fehlermöglichkeit anzunehmen.
Nach Ä. B. Macallum leistet die eben erörterte Methode zum Nach-
Aveis anorganischer Cakium Verbindungen in (ieweben ausgezeichnete
Dienste. Sie wird sich zweifellos auch anderen bei der Destimmunu- der
Verteilung des Calciums in Zellen und Geweben nützlich erweisen. .Man
muß aber bei ihrem Gebrauch immer darauf bedacht sein, daß sie Fehler-
möglichkeiten in sich einschließt.
D. Kupfer.
Das Auftreten von Kupfer als Bestandteil von Zellen und Geweben
ist heute für gewisse Avertebraten und Vertebraten sicher erwiesen. Kujjfer
findet sich im Blut von G-rustaceen und im Blut und Orgauen von Mollusken,
besonders von Cephalopoden. Bei Vertebraten kommt es im Pigment ge-
wisser Flügel- und Schwanzfedern des Turako (Turacus^) vor. Im Pflanzen-
reich wurde es bisher nur in sehr beschränktem Maße nachgewiesen. Es
ist gelegentlich nur in der Asche einiger Pflanzen, /.. V>. in '•V^w die llaujjt-
nahrung des Turako (Pisangfresser) bildenden Bananen und im Pisang
aufgefunden worden. Halliburton'^) fand ferner auch in iler .\sche der
Nucleoproteide der Leber außerordentlich geringe Mengen Kupfer. Sloutzoff*)
^) Berechnet aus der elektrischen Loitfahisikeit von PbSO^ durch Kohlrausch und
Hose. Zeitschr. f. physikal. Chemie. 12. 241 (1893): loc. cit.
■-) Ä.H.Church, Researches on Tnracin, an animal piginent containinij copper.
Trans. Roy. Soc. I,ö9. 627 (1809); vgl. auch Researches on Tiiraciu etc. Proc. Hoy. Soc.
51. 399 (1892).
^) W. D. HaUiburton, The proteids of kidney and liver cells. Joiirn.il of Physiol.
13. 806 (1892).
*) B. Slowtzof, Über die Biiulnnsr des Kupfers durch die Lchcr. llojmristcrs
Beiträge. 2. 307 (1902).
ll'^Q A. B. Macallum.
konnte Kupfer bei Kaninchen, die vier Tage lang täglicli mit je 0*200 g
Kupfersulfat gefüttert worden waren, in Leber, und zwar häufig in Ver- .
bindung mit ihren Nucleinen nachweisen. Es trat hier aber nicht in fest
gebundener Form auf, denn die Verbindung wurde leicht von O'SVoiger
Salzsäurelösung angegriffen und durch Pepsin und Salzsäure unschwer
zerlegt.
Das Auftreten von organischen oder „maskierten" Kupferverbindungen
ist für das Turacin, das Pigment des bereits erwähnten Turako, ferner
auf Grund entsprechender Pteaktionen für die kupferhaltige Verbindung
Hämocyanin aus dem Blute der Mollusken und Crustaceen erwiesen. In
Hämocyanin ist nach Henze'^) das Kupfer so fest gebunden, daß es erst
nach Behandlung mit verdünnter Salzsäure oder Essigsäure die charakteristi-
sche Kupferreaktion mit FerrocyankaUum, und dann auch nur nach und
nach, zu liefern vermag.
Wenn demnach also auch „maskierte" Kupferverbindungen vorkommen,
so sind bisher jedoch nur mikrochemische Pieaktionen zum Nachweis von
anorganischem Kupfer ausgearbeitet worden. Mit Ausnahme des Turacins
bietet aber keine „maskierte" Verbindung bei der Demonstrierung irgend
welche besondere Schwierigkeiten, denn das Freimachen des Kupfers wird
leicht sowohl mit Ammoniumsulfid bewerkstelligt als auch mit einer Mischung
von gleichen Volumina 0-5o/oiger Salzsäure und l-5°/oiger Ferrocyankalium-
lösung. Die Säure setzt das Kupfer in Freiheit und das Ferrocyanid schlägt
es da nieder, wo es freigemacht wurde.
Zum Nachweis der anorganischen Kupferverbindungen bedient man
sich der von Boyce und Herdman-) eingeführten Pteaktionen. Nach ihnen
werden die Gewebe (Gewebe der Auster) in absolutem Alkohol gehärtet und
in Paraffin eingebettet oder schnell durch destiUiertes Wasser gezogen und
in eine neutrale, frisch dargestellte Lösung von Gummi arabic. gebracht,
um sie dann mit dem Gefriermikrotom zu schneiden. Die so bereiteten
Schnitte werden nun nach einer der folgenden drei Methoden behandelt.
Nach der einen Methode werden sie in eine l'57oige Lösung von Ferro-
cyankaUum gebracht, die eine deutliche braunrote Ferrocyankupferreaktion
gibt. Zusatz von einem gleichen Volumen O'ö^/oiger Salzsäurelösung zu
dem Ferrocyanidreagens beschleunigt den Reaktionsvorgang, der sich in
einigen Fällen überhaupt erst nach Zufügen der Salzsäure abspielt. Die
Schnitte werden dann mit destiUiertem Wasser gewaschen, mit absolutem
Alkohol entwässert, in Zedernöl geklärt und in Balsam eingebettet. In der-
artigen Präparaten kann man unter dem Mikroskop die Verteilung des
Kupfers da. wo es reichlich vorhanden ist, durch die Anwesenheit von
rotbraunen Körnchen und dort, wo es nur in außerordentlich geringen Mengen
auftritt, durch eine schwache, gelbrote Farbe nachweisen.
^) M. Henze, Zur Kenntnis des Hämocyanins. Zeitschr. f. physiol. Chemie. 33. 370.
— Derselbe, Über den Kupfergehalt der Cephalopodenleher. 417 (1901).
-) Boijcc and llerdman , On a greeu leucocytosis in oysters associated with the
presence of copper in oysters. Proc. Roy. Soc. 62. 30 (1898).
Die Methodon dvv Inologischen Mikrochemie. 1 1 ;; 1
Die zweite ^lethode besteht darin, daß man zu dru ;iiis dem .Vlkolnd
entnommenen Schnitten etwas saures Ammoidumsiiifid fü^rt. das in dm
Schnitten mit dem kupferhaltiiien Material ein dunkles (idhliraun liefert.
Bei der dritten Methode werden die Schnitte in eine verdünnte lliima-
toxylinlösung, die auf einem Uhrglas durch Zusatz weniirer Kristalle zu
etwas \Yasser dargestellt wird, gebracht, wo sie bald eine deutlich dunkel-
blaue Färbung hervorrufen, die sich lediglich auf diejenigen (iefüge be-
schränkt, in denen die Kupferverbindung oder -Verbindungen vorkommen.
Die Schnitte werden dann mit Wasser gewaschen, entwässert und in
Balsam eingebettet. Unter dem Mikroskop werden die kupferhaltigen (Je-
websteilchon als duidcelblaues Produkt nachgewiesen. Die Verteilung dieser
Färbung in den Präparaten ist dieselbe, wie die bei der Ileaktifin mit dem
Ferrocyanidreagens.
Da das Kupfer auf das Hämatoxylin in derselben Weise einwirkt,
wie es die anorganischen Eisenverbindungen tun, so scheint hierin bei dieser
Pteaktion eine Verwechslungsmöglichkeit in betreff des Eisens und Kupfers
gegeben zu sein. Man kann aber die Resultate der Hämato.\ylinreaktion
leicht durch den Gebrauch des Säureferrocyanidreagenzes, mit dem das Eisen
eine Berlinerblaufärbung, das Kupfer dagegen eine rotbraune Farbe liefert,
nachkontrollieren.
Ä. B. MacaUuiu hat selbst die Methode von Boyc<' und Hträntan ge-
braucht, und er hat auch den Vorzug gehabt, die Präparate dieser Forscher
prüfen zu können. Nach seinen Erfahrungen kann er, also auf direkten
Kenntnissen fniiend, die Ferrocyanid- und die Hämato.xylinmethode emp-
fehlen. Beide sind nach ihm sehr empfindliche und leicht ausführbare
mikrochemische Pieaktionen auf Kupfer.
E. Chlor.
Chlor kann sowohl in ..maskierter'^ oder Halidverbindung als auch
in Haloidform auftreten, in der es leicht nachwei.sbar ist. In maskierter
Form kommt es gewöhnhch als Alkyl- oder Arylchlorid vor. .Us Beispiele
der ersteren sind Trichloressigsäure, Chlormethan und Chloi-oform zu nennen.
Das Chlor dieser Verbindungen reagiert nicht direkt mit Sjlbeniitrat unter
Bildung von Chlorsilber und das Chlor wird aus diesen \erliindungen auch
nur durch Erhitzen mit einer Lösung von kaustischem Alkali in Freiheit
gesetzt, das sich mit ihm zu Chlorid verbindet. Es gibt bekanntlich noch
andere organische Verbindungen wie die Chloramine. z. B. Methylchloramin,
in denen das Chlor mit dem Stickstoff direkt verbunden ist. In der Kegel
sind aber diese P)indungen so lose, dal'i das Chlor aus ihnen leicht frei-
gemacht werden kann.
Cber das Vorkommen von derartigen maskierten ( Idorverbindinigen
in tierischen und pflanzlichen Zellen liegt bis jetzt noch nicht viel direktes
Beweismaterial vor. Bis heute ist nur eine Verbindung') aus tierischen (>r-
') E. 7?oo.<.- (Zur Kenntnis des. Todntliyrius. Zeitsclir. f. physi.d. Chemie, 25. 1 [lSy8|)
fand in der Schilddrüse öpuren einer dem Jodothyrin analogen Chlorverliindunp.
W^2 "^- ^- Macallum.
ganen isoliert worden, in der, nach schwachen Anzeigen zu schließen, solch
gebundenes Chlor vorhanden ist. Die Tatsache aber, daß Jod mit Spongin
oder mit dem Protein der Schilddrüse eine ..maskierte" Verbindung bildet,
läßt annehmen, daß auch analoge Chlorverbindungen in Zellen und Ge-
weben auftreten können. Infolgedessen soUten die mikrochemischen Me-
thoden zum Nachweis der Lokahsation des Chlors in Zellen sowohl der
Demonstrierung von Halid- als auch von Haloidchlor angepaßt werden.
Es ist wahrscheinUch, daß die Halidverbindungen. wenn sie in Zellen
vorkommen, immer nur in außerordentlich geringer Menge auftreten: da-
her erscheint auch das Prol)lem ihrer Demonstrierung bis jetzt wenigstens
nur als ein untergeordnetes.
Der Nachweis des Haloidchlors bietet keine Schwierigkeit, denn die dabei
zu verwendende Reaktion ist eine der empfindUchsten und sich am raschesten
abspielenden, die wir auf dem Gebiete der biologischen Mikrochemie kennen.
Das gebrauchte Reagens, Silbernitrat, bildet mit dem Haloidchlor den
äußerst schwerlöslichen Niederschlag von Silberchlorid. Dieses Reagens ist,
der Geschichte nach, seit dem Jahre 1854 im Gebrauch M- und zwar haupt-
sächhch, um die Umrisse der Zelleu und Interzellularräume mittelst einer
Ablagerung von „reduziertem" Silber zu kennzeichnen, das sich entwickelt,
wenn die mit Silbernitrat behandelten Präparate dem Lichte ausgesetzt
werden. Das erhaltene Resultat wurde gewöhnlich auf Bildung einer un-
löshchen Verbindung aus Silber und einem Eiweißkörper, ..Albuminat'\ in
der interzellularen Zementsubstanz und den Grenzstrukturen der Inter-
zellularräume zurückgeführt. Einige Forscher wiesen aUerdings auch die
Annahme nicht von der Hand, daß in der betreffenden Ablagerung Silber-
chlorid auftrete, aber erst Sclvweigger-Seidcl führte den Niederschlag voll-
ständig auf Chlorsilber zurück.-) Man glaubte zunächst die Tatsache, daß
Albumine und Gelatine, in gewöhnlicher Weise dargestellt, mit Silbernitrat
einen im Sonnenlicht reduzierbaren Niederschlag liefern, als Rechtfertigung
der Annahme vorbringen zu können, daß die in den Geweben beobachtete
..reduzierte" Verbindung ein Albuminat sei. Im Jahre 1905 konnte nun
Ä. B. Macallum^) nachweisen, daß Gelatine oder die Eiweißkörper des
Eiereiweißes, sorgsam gereinigt und von jeder Spur Chlorid befreit
— durch Lösen in Wasser, Fällen aus diesen Lösungen durch Sättigen
mit Ammoniumsulfat und durch mehrmalige Wiederholung dieser Opera-
tionen — , nach Zusatz einer Silbernitratlösung in verdünnter Salpeter-
säure selbst im hellen Sonnenlichte keine Reduktion verursachen. Dies
*) Zur Geschichte der Anwendung dieses Keagenzes vgl. Macallum, Ou the nature
of the silver reaction iu animal and vegetable tissues. Proc. Roy. Soc. Vol. 76. 217 (1905);
Die Methoden und Ergebnisse der Mikrochemie in der biologischen Forschung. Ergeb-
nisse der Physiologie. 7. 552 (1908).
-) Yerliandlungen der Köaigl. Sächsisch. Gesellsch. d. Wissenschaft. Math.-Physikal.
Klasse. 20. 305 (1S68).
^) Ä. B. Macallum, ün the nature of the silver reaction in animal and vegetable
tissues. Proceediugs Roy. Soc. Vol. 76. 217 (1905).
Die Methodeu der biologischen Mikrochemie. 11H8
findet seine Erkiärun- darin, dal.l durch die Fiillun- mit Aniiiioiiiiini-
siilfat alle Chloride entfernt werden, und dall durrh die vorhandene Salpeter-
säure die r.ildunii- von Phosphatniedorschlä-icn oder einem anderen Silher-
salz oder endlich von einer solchen Nerhindun^- des .SiÜM'rs nnt den Ei-
weißkörpern oder ihren wesentlichen Konstituenten, die durch das Sonnen-
licht angegriffen werden, verhindert wird. Maadlum zeigte ferner auch,
daß das Sili)er in Form des Karhonats, Sulfats, Formats, Oxalats, Acetats,
Laktats, Tartrats, Citrats, Succinats, \alerats. ( )leats, Stearats, ralmitats,
Glyzerinphosphats und endlich als Aminosäuresalze von dem Sonnenlicht
in Gegenwart von Salpetersäure nicht angegriffen wird. Das gleiche Resul-
tat ergaben auch die Purine, Lecithine. Harnstoff, Leucin. Tvrosin. Indol,
Skatol und Derivate. Andrerseits reduzieren alierSulfocvauiirwasserstoffsäure.
Taurin und Kreatin, die saure Lösung des Silbersalzes im Sonnenlicht und
auch Cyanursäure wirkt ähnlich, aber weniger leicht, während Alloxan und
Alloxantin augenscheinheh unmittelbar Reduktion zu metallischem Silber
hervorrufen.
Da diese Verbindungen mit Ausnahme des Kreatins in den Geweben
nur in verschwindend geringen Mengen vorkommen, so ist es auch ein-
leuchtend, daß sie den Wert des Silbersalzes als Reagens für Chloride incht
beeinflussen können. Kreatin findet sich natürlich in dem gestreiften
Muskelgewebe und in der Niere von ^'ertebraten , es ist aber jedenfalls
nicht in den Geweben von Avertebraten vorhanden. Es kann daher auch
nur in dem gekennzeichneten Maße bei der Untersuchung auf Verteihmg
von Chloriden in Geweben zu Irrtümern führen.
Aus alledem geht genügsam hervor, daß das in verdünnter Salpeter-
säure gelöste Silbernitrat ein Reagens darstellt, das zum Nachweis der
Verteilung der Chloride und des Chlors organischer Verbindungen, welches
mittelst Salpetersäure leicht in Freiheit gesetzt wird, geeignet ist. Dieses
Reagens ist außerordentlich empfindlich. Nach A. B. MacaUum ist mittelst
der ReagenzglasproI)e noch 1 Teil Chlor als Chlorid in l.iiOO.OCK) Teilen
Wasser nachzuweisen. Nach Kohhausch und Bose^), die sich bei dieser l'.e-
stimmung der elektrolytischen Leitfähigkeit bedienten, lösen sich LT Teile
Silberchlorid in 1,000.000 Teilen Wasser bei 18" C, d. i. also 1 Teil Chlor
als Chlorsilber in 2,o80.000 Teilen Wasser. Das Silbersul)chlorid. das bei
der Einwirkung des Lichtes auf das Chlorid resultiert, ist noch viel schwerer
löslich als das letztere. Verfasser konnte unter dem Mikroskop bei einer
Restimmung noch Subchloridteilchen nachweisen, bei der das Chlor des
Chlorids sich wie 1 Teil zu 3,000.000 Teilen Lösung verhielt. Die Reakti(»n
wäre in der Tat noch viel empfindlicher, wenn auch wirklich alles erzeugte
Silberchlorid durch die Einwirkung des Sonnenlichts in Subchlorid über-
geführt würde. Carei/ Lea-) hat bereits bestimmt, (bili von dem L'e.'^amten
') KohJrausch und Rose, loc. cit. Zeitschr. f. physikal. Chemie. 12. 241 (IHlOl.
^) Über die Zusammensetzung der aus dem ("hlorsillier unter dem KinfhiU dos
Lichtes hervorgehenden \'erbiudung vgl. MacaUum, Ou the uature of tlie ^ilver reaction
iu animal aud vegetable tissues. Proc. Roy. Soc. B. 76. 217—223.
iy^4r ^- ^- Macallum.
Silberchlorid nicht mehr als 1°/q in Suhchlorid übergeführt wird und daß
sich dieses letztere mit nicht mehr als 8 Teilen unreduziertem Chlorid
vereinigt. Das vorhandene Chlor wird also in Form einer gefärbten Ver-
bindung nachgewiesen, die im besten Falle ein Neuntel des gebildeten ge-
samten Silberchlorids enthält.
Das bei den fraglichen Untersuchungen anzuwendende Reagens ist
eine :^ -Silbernitratlösung in destilliertem AVasser, frei von jeder Spur
Chlorid und Ammoniak, der 25 cm^ 60", oig^r Salpetersäure, auf den Liter
bezogen, zugesetzt sind. Handelt es sich um die Untersuchung von Zellen
und Geweben, so wird dieses Reagens immer in vollständig frischem Zu-
stande benutzt. Liegen einzellige Organismen vor. so werden diese für
V'o Stunde in das Reagens gebracht. Eine Portion der Mischung wird auf
einen Objektträger gelegt, eine gleiche Menge von konzentriertem, reinem
Glyzerin wird hinzugefügt, ein Deckglas aufgesetzt und das Präparat
1/2 Stunde lang dem hellen Sonnenlicht exponiert. Die Organismen und
das Reagens können auf dem Objektträger gemischt werden. Das Präparat
wird zugedeckt, damit es vor Staub und Verdunstung geschützt ist. Wenn
die Imprägnierung vollständig vor sich gegangen ist, wird es zum ..Redu-
zieren" für V2 Stunde in Sonnenlicht gebracht; während des Reduktions-
verlaufes soll sorgfältig irgendwelche Verdunstung vermieden werden. Jetzt
wird ein Tropfen konzentrierten Glyzerins zugesetzt, das Ganze sorgsam
mit einer Gänsekielspitze umgerührt und dann ein großes Deckglas dar-
über gelegt.
Die Färbung, die durch den Reduktionsprozeß hervorgerufen wird,
variiert beträchtüch. Sie kann violett, rötlich-violett und bei reichlichen
Mengen bläulich-violett sein. Sie kann aber auch rötlich-braune oder gelb-
braune Abstufungen zeigen, wenn dünne Schichten. Membranen oder Ab-
lagerungen vorhanden sind. Die Farbnuancen sind zweifellos davon abhängig,
ob die ..reduzierte" Silberverbindung in sehr feiner oder in anderer Form
vorhanden ist.
Handelt es sich um die L^ntersuchung von Geweben, so kann man,
wie folgt, verfahren : Stückchen der Gewebe werden im Reagens, und zwar
am besten auf dem Objektträgerglas zerzupft. Zu diesem Zwecke muß
man sich wieder einer Gänsekielspitze oder Glasnadel bedienen. Das Prä-
parat wird dann mit einer genügenden Menge Reagens für V2 Stunde bei-
seite gestellt, nachdem es vorher zum Schutze vor Staub und Vertrocknung
mit einem Glas bedeckt worden ist. Dann wird ein Tropfen Glyzerin zu-
gesetzt und wieder zugedeckt. Die besten Präparate werden unter Anwen-
dung von gefrorenen Schnitten frischen Gewebes erhalten, die man nach
dem zum Nachweis des Kaliums beschriebenen Schnittverfahren darstellt.
Die Schnitte werden dabei gefroren und flach in das Reagens gelegt, wo
man sie eine halbe Stunde liegen läßt, dann werden sie auf einen Glas-
objektträger gebracht und in Glyzerin eingebettet. Bei derartigen Präpa-
raten kann man das Vorkommen der Chloride nicht nur in den Zellen
Die Methoden <l(r l)i(ilogi8eheii Mikmclieiiiie. 113.')
drinnen, sondern auch auf ihrer AulJenseite demonstrieren. Dieser l'nistand
ist von hoher liedeutung-; setzt er uns doch in den Stand. r.c/.iehun<ren
der Zellen zu den Chloriden ihrer Um^chuiif^ zu erkennen.
Am hosten sind die Präparate, wenn das Kea^'ens .schnell einp-druniien
ist und wenn sie wenigstens 1/2 'Stunde lang dem vollen Sonnenlichte aus-
gesetzt worden sind. Bei Glyzerinpräparaten kann die Farbe hei Feridialten
des Lichtes bleiben; bei Gegenwart von Sonnenlidit kommt ab-i- die Fär-
bung bald wieder zum Vorschein. Bei der Darstellung der Präparate soll
man sorgfältig darauf achten, daß das Pveagens mit den einzelnen Zellen
der Gewebe so bald wie irgend möglich in I'.eriihrunu- kommt und auch
die inneren Teile einer jeden Zelle erreichen kann. In (;efrieri)r;i]iaraten werden
viele der Zellen radial geschnitten und auf diese Weise wird das Reagens
in Beridirung mit den Außenseiten der Zellen gebracht. Aus diesen) Grunde
sind häufig die gefrorenen Schnittpräparate außerordentlich wertvoll. Durch
augenblickliche Niederschlagsbildung weisen sie die Verteilung der Chloride
im Zytoplasma nach. Solche Präparate enthalten in der Kegel in reich-
licher Menge zerteilte Kerne, die das sofortige Eindringen des Reagenzes
in den Kerninhalt ermöglichen.
Manchmal verursacht die Gegenwart von für das Reagens undurch-
lässigen Hüllen (Scheiden) eine Verzögerung im Reaktionsverlauf. Dies ist
besonders der Fall bei Marknervenfasern, die mit einem Neurilemm ver-
sehen sind, bei denen das Reagens hauptsächlich nur durch die Rtinvicr-
schen Knoten zu der Achse gelangen kann. Infolgedessen erhält man dann
in den Achsen auf der Seite eines jeden Knotens eine Streifung — von den
Histologen als FromniannschQ Linien bezeichnet. Sie sind auf Veränderung
der metastabilen und labilen Bedingungen der Silberchloridlösung zurück-
zuführen. Bei dem metastabilen Stadium findet die Entwicklung der ("ber-
sättigung bis zum höchsten Grade statt; im labilen Zustande geht Diffu-
sion durch die Achse vor sich, wobei eine Zwischenzone (zwischen den Streifen)
entsteht. Wenn der entscheidende Konzentrationspunkt der vordringenden
Lösung erreicht ist, beginnt die Fällung. Sie hält an. bis die Lösung zu
dem metastabilen Zustand zurückgekehrt ist. Auf diese Weise wird ein
Streifen gebildet. Dieser Prozeß wiederholt sich häufig so lange . al>
Diffusion stattfindet. Da aber die Silbersalzlösung immer mehr und mehr
verdünnt wird, so wird dann auch der kritische Konzentrationspunkt lang-
samer erreicht und auf diese Weise werden die zuletzt gebildeten streifen
voneinander durch breiter und breiter werdende Zwischenstreifungen ge-
trennt. 1)
Die erwähnten Erscheinungen werden auch bei anderen Mrnktur-
arten als bei Nervenfasen beobachtet. Wenn ein Stückchen eines (ifwebes.
z. B. von der Leber, der Magenschleimhaut oder Muskel eine Woche lang
») Vollständige f^rkläning dieses betreffenden Phänomens vgl. bei .1. Ji. Macallum
and T. L. Menten, On tlie "distribution of cblorides in nerve cell« and filires. Troc.
Roy. Soc. Vol. 77. 181-185 (1906).
ll'^Q A. B. Macallum.
in dem Reagens gelegen hat, so wird man dann bei der mikroskopischen Unter-
suchung ebenfalls Streifungen obiger Art nachweisen können. Man kann so in.
den Gangliennervenzellen Streif ungen erhalten, die ganz so wie die der
Achsen gezeichnet sind. In derartigen Gewebsstückchen dringt das Reagens
nur langsam ein. Es findet Diffusion der Chloride in die Nervenzellen
statt und Zonen, die metastabile und labile Zustände der Silberchloridlösung
anzeigen, werden gebildet.
F. Jod.
Das Jod als Jodid findet sich in tierischen oder pflanzlichen Geweben
nur in außerordentlich geringer Menge vor ; daher ist bis jetzt auch noch
keine Reaktion zu seiner Demonstrierung entwickelt worden. Als organische
Verbindung kommt es dagegen im tierischen und pflanzUchen Organismus
in solchen Mengen vor^), daß seine Gegenwart makrochemisch nachge-
wiesen werden kann. Über seine Bindung kann man bis heute, nur einige
einzelne Fälle ausgenommen, noch nichts aussagen. In der Skelettkoralle
von Gorgonia Cavolinii kommt es als Dijodtyrosin 2) vor. In den Hy-
drolysenprodukten des Jodspongins ist Tyrosin aber nicht gefunden wor-
den. Kach der von Harnack'^) bestimmten, fest gebundenen Jodmenge
(8*20<'/o ) kann man schUeßen, daß es mit jeder der im Molekül vorhandenen
Aminosäuren, und möglicherweise in ihren Alkylgruppen. verbunden ist. In
dem Jodothyrin von Baumann kommt das Jod in sehr verschiedenen
Mengen vor. In einigen dieser Präparate finden sich mehr als 907o dieses
Halogens. Es ist darin so fest gebunden, daß es nur durch Schmelzen und Ver-
aschen mit Natriumhydrat und Natriumnitrat oder durch längeres Kochen
mit konzentrierter Salzsäure in Freiheit gesetzt werden kann. *)
Diese Beobachtungen machen es sehr wahrscheinUch, daß das Jod
in organischen Verbindungen lebender Materie so fest gebunden ist, wie das
Chlor in der Trichloressigsäure oder im Chloroform. Es muß also jeden-
falls jede für den Nachweis des Jods in jodhaltigen Verbindungen der
Tier- oder Pflanzenzellen anzuwendende Methode auf die Schwierigkeiten,
') Golenkin (Bull. Soc. d'Hist. naturelle de Moscou. 1894. p. 297) fand in Seealgen,
in Bonnemaisonia asparagoides, freies Jod in den Vakuolen von eigentümlichen,
kleinen Zellen, welche die sprießenden Keime und die Zystocarpen dieser Form be-
decken. Dies läßt darauf schließen, daß das Jod in den Zellen der Alge als ein Jodid
auftritt, das aus dem Seewasser absorbiert wird. Es ist auch noch zu bemerken, daß
freies Jod in den Sekreten gewisser Coleopteraarten zu finden ist. (Vgl. von Fürth,
Vergleich. -ehem. Physiol. 1903. 364.)
^) Wheeler and Jamieson, Synthesis of jodgorgoic acid. Am. Chem. Jouru. 33.
365 (190.Ö). — M. Henze, Zur Cliemie des Gorgonins und der Jodgorgosäure. Zeitschrift
f. physiol. Chem. 38. 60 (1903). — Derselbe, Zur Kenntnis der jodbindendeu Gruppe
der natürlich vorkommenden Jodeiweißkörper. 51. 64 (1907).
^) Erich Harnack, Über das Jodospongin, die jodhaltige eiweißartige Substanz
aus dem Badeschwamm. Zeitschr. f. physiol. Chem. 24. 412 (1898).
■*) F. Baumann, Über das normale Vorkommen von Jod im Tierkörper. 1. Mit-
teilung. Zeitschr. f. physiol. Chem. 21. 319 (1896).
Die Methoden der Iiiologischen Mikrochemie. 11. '.7
die derartige JJiiulnngsarten liietcn, bedacht sein. Nach Justus^) koiiimcn
solche Jodverbiudung-en übrigens viel liiiuti-^cr und in viel gröljcrcn Men-
gen in den Körperorganen vor, als vermutet wurde. Ks ist demnach
zweifellos von Interesse, zu ermitteln, auf welche Weise sie in den (ie-
weben mikrochemisch bestimmt werden können. Mit dieser Auf-abe hat
sich bereits Jastus^) beschäftigt. Er wandte dabei folgende .MetlK.de ;in :
Die zu prüfenden Organe werden zunächst in Alkohol jjehärtet und dann
in Celloidin eingebettet; darauf werden Schnitte von der Dicke einiger
Mikromillimeter gemacht, die man schlielilich sorgfältig zui- Beseitigung
aller Alkoholspuren mit Wasser wäscht. Nun werden die Schnitte j 2 Mi-
nuten lang in frisch bereitetem, grün gefärbtem Chlorwasser in einem ge-
schlossenen tiefäß belassen; dann mittelst Platin- oder (dasnadeln in eine
verdünnte Silbernitratlösung gebracht, die \ cm^ einer l'^/„igen Sillier-
nitratlösung in 500 cm^ Wasser enthält, un<l 2 — 3 Stunden darin liegen
gelassen, wobei sie eine gelbgrüne Farbe annehmen. Es bildet sich dabei
ein flockiger, weißer Niederschlag von Chlorsilber auf den Schnitten, die
deshalb vor dem Sonnenlicht geschützt werden müssen. Die Schnitte
werden nun mit W^asser gewaschen und für 2 — 8 Stunden in eine
warme gesättigte Lösung von Natriunichlorid gelegt, in der bekanntlich
das Chlorsilber, aber nicht das Jodsilber, löslich ist. Es wird jetzt
also das Silberchlorid extrahiert, wonach auf den Schnitten eine durch
das zurückbleibende Jodsilber verursachte Färbung, die zwischen llellg«'lb
und Kanariengelb variiert, bemerkbar ist. Man wäscht nun sorgfältig mit
destilliertem Wasser, um das vorhandene Kochsalz vollständig zu entfernen
und führt dann die Präparate in eine 4 — ö^/oige Quecksilberchloridlösung
(Mercuriclilorid) über, in der sich in wenigen Sekunden, indem das Jod-
silber, AgJ, in rotes Mercurijodid, IlgJo, umgesetzt wird, die gelbe Färbumr
über (ielbrot und Rosa in Zinnoberrot verwandelt.
Da das Chlor des oben benutzten Chlorwassers ein aktiveres Element
darstellt als das Jod, so wird infolgedessen das letztere aus seiner Stellunir ver-
trieben und in Freiheit gesetzt. Vermutlich bildet das Jod mit einem Kat-
ion in den Geweben oder in dem Chlorwasser ein Jodid. Wenn die Silber
nitratlösung, die zum Fi.xieren dieses Jods Itenutzt wird, stdir verdünnt ist,
wird sie fast ausschließlich das Jod niederschlagen, wiihrend nur eine ge-
ring-fügige Menge des Silbers zur Bildung von Chlorsilber verbraucht wird.
Dies steht mit der allgemeinen Kegel im Einklang, daß Silbernitrat aus
einer Mischung von gelösten Haloiden die Salze der schwereren llaloirene
zuerst niederschlägt. Dieser Umstand bietet insofern einen Vorteil, da ilas
Silberchlorid nur schwer aus den Schnitten entfernt werden kann. Da das
Chlorsilber im Licht reduziert wird, und ila das entstehende Produkt nur
') Justtis, t)ber den physiologisciien Jodgehalt der Zelle. 2. Mitteilung. Virchons
Archiv. 176. 1 (1905).
=) Justiis, Über den physiologiscbcMi Judgcbalt Avt ZoHo. Virchoirs Archiv. \~,{)
.001 (.1902).
Abderhalden . Handbiuh der biochemischon Arboitsmethodon. V. 72
W^Q A. B. Macallum.
schwer beseitigt werden kann, so ist es folglich um so besser, je weniger
am Anfang gebildet wird.
Die Schnitte werden nun in konzentriertes, chemisch reines Glyzerin
eingelegt. Zum Einbetten kann man nicht eins der gewöhnlichen anderen
jNIittel gebrauchen, denn die in diesen Fällen erforderlichen Klärungs-
flüssigkeiten, wie ätherische Öle, Zedernöl, Nelkenöl und selbst Balsam,
reduzieren die Quecksilberjodidverbindungen. Alkohol und Xylol sind eben-
falls nicht geeignet. Sogar in Glyzerin verändern die Präparate bereits
nach höchstens 24 Stunden ihre Farbe.
Die, wie beschrieben, eingebetteten Schnitte können nun unter
dem Mikroskop mit einem Ähbescheii Kondensator geprüft werden, indem
das Diaphragma weit aufgemacht wird. Das vorhandene Mercurijodid wird
auf diese Weise als rote Verbindung nachgewiesen.
Daß die für diese Präparate zu gebrauchenden Reagenzien absolut
frei von Jod sein müssen, dürfte hier wohl nicht erst hervorzuheben sein.
Verfasser besitzt auf dem Gebiete der beschriebenen Methode eine
nur sehr beschränkte Erfahrung, und er kann folglich auch nicht über den
Wert dieses Verfahrens ein entscheidendes Urteil fällen. Von theoretischem
Gesichtspunkte aus könnte es in zweifacher Hinsicht kritisiert werden. Zu-
nächst fragt es sich, ob es genügt, das Präparat nur 1 — 2 Minuten dem
Chlorwasser auszusetzen, um eine solche Menge Jod aus den maskierten
Verbindungen frei zu machen, daß es dann wirklich nachgewiesen werden
kann. Auf Grund dieses Bedenkens hat Macallum auch bei dem Gebrauch
dieser Methode die fragliche Zeit zur Einwirkung des Chlorwassers auf
10 Minuten ausgedehnt. Allerdings wird dadurch der zweite vorzubringende
Einwand nur noch verstärkt. Dieser beruht nämlich darauf, daß das frei
gemachte Jod, das in Form von Jodid vorhanden ist, von der Stelle, wo
es in Freiheit gesetzt wird , an einen anderen Ort des Präparates und
selbst in das Chlorwasser diffundieren muß. Es kann also demnach die
unter dem Mikroskop beobachtete Verteilung des roten Quecksilberjodids
in einem Gewebsschnitt nicht als sicheres Merkmal für die wirkliche ur-
sprüngliche Verteilung des Jods in derartigen Geweben gelten.
Trotz dieser Einwände muß man die Methode von Justus zum mikro-
chemischen Nachweis der Lokalisation des organischen Jods in Geweben
gebrauchen, denn es ist bis heute noch keine bessere zu diesem Zwecke
bekannt. Die damit erhaltenen Resultate dürfen aber jedenfalls nur mit
Vorbehalt unter Berücksichtigung der oben ausgeführten Einwendungen
verwertet werden.
G. Phosphor in Phosphorsäure und in Nucleinverbindungen.
Phosphor findet sich in Tier- und Pflanzenzellen in anorganischer Form
in Phosphaten und in „maskierter" oder organischer Form in den Phos-
phatiden, Phosphorproteinen, Nucleinsäuren (Nucleoproteiden). Über die Art,
in der Phosphor in Phosphorproteinen, im Vitellin, Kristallin und Caseino-
Die Methoden der biologischen Mikrochemie. 11H9
gen gebunden ist, können wir noch nichts aussa<ren. Wir wissen aber,
daß er im Lecithin, in der Xucleinsäure in l"(.nii der Kster der I'hos-
phorsäure vorkommt. Nach den Untersudiungen von Lerem mu\ Mumlel^).
Levene und Jacobs -) und anderen kann für die Zusammensetzung; <ler ein-
fachsten Xucleinsäuren, z. P». der Inosin- und (luanylsäure. folgendes Schema
angenommen werden :
HO.
0= \P — Zucker-rurin.
I
OH
In den komplizierteren Xucleinsäuren, z.B. in der Hefcnucleinsäure.
ist eine Verkettung mehrerer Moleküle des einfachen Esters, wie folgt, an-
zunehmen:
.OH
0=P<( — Zucker-Adenin
0=P<( — Zucker-Guanin
0=P< — Zucker-Cvtidin
0=P<^ — Zucker-Uridin.
\0H
Cytidin und Uridin sind Verbindungen von noch unbekannter Kon-
stitution. Wir wissen aber, daß sie bei der Hydrolyse mit Säuren Cytosin
und Uracil liefern (Levene und Jacohs).
Es ist noch nicht bestimmt, wie das Proteinniolekid im Nucleoproteid
mit dem Phosphorsäureestcr verl)unden ist. Man weil» nur. daLi es lose
gebunden ist, was schon aus der Leichtigkeit, mit der es bei der
peptischen und pankreatischen Verdauung gespalten wii-d, hervorgeht. Aus
diesem Grunde sollte das Proteinmolekül bei der rntersuchung auf Phos-
phorsäure in der Praxis keine Schwierigkeiten bieten.
Die betreffenden Bestimmungen sind aber doch mit gewissen Schwierig-
keiten verknüpft, die in der Konstitution des Esters bedingt sind. In
diesem sind die Eigenschaften der Phosphorsäure-Atomgruppe durch Kräfte
modifiziert, die gewöhnlich auf sogenannte „sterische Ilindi-rnisse" zurück-
geführt werden. Die erwähnte Atomgruppe gibt nicht die Ueaktionen der
Phosphorsäure. Sie ist in Säuren unlöslich und bildet mit löslichen .\lkalien
oder mit löslichen Baryum- und Calciumsalzen keine Phosi)hate. ausge-
nommen nur nach mehr oder wenigi'r lang(hiuernder P.ehandluugsweise.
Ferner gibt sie auch die Ammoniuinmolybdatreaktion nur schwer.
*) P. A. Levene und Mandel, Über die Konstitution der Tiiymo-Nucleinsäiiri'. licr.
d. Deutsch, chom. Gesellsch. 41. 190;') (1908).
'^) P. A. Levene und W. A. Jacohs, Ber. d. Deutsch, ehem. OsoUsch. 41. 2703
(190S): 42. 1198. 2102, 2469, 2474 und 2703 (1909); Über die Hefo-Nucloins:iure. III.
43. 3150 (1910).
72*
W^Q A. B. Macallum.
Die Phosphorsäure wird indessen aus dem Ester durch Erwärmen der
Nukleinsäure oder der Xukleoproteide mittelst Barytwassers oder mit Na-
triumhydrat- oder Kaliumhydratlösungen in Freiheit gesetzt. Die Säure ver-
bindet sich dabei mit der freimachenden Base zu Phosphat. Nach Oshome
und Harris^) wird aus der Triticonukleinsäure durch 2°/oig'e Schwefelsäure
in einer halben Stunde 22"8''/o ihrer gesamten Phosphormenge als Phos-
phorsäure frei gemacht. Schmiedeberg ^) fand, daß die aus den Köpfen der
Spermatozoen des Lachsen isolierte Nukleinsäure bei halbstündigem Erhitzen
mit 50/oiger Salzsäure ll-43"/o und möglicherweise 19'9Vo des Phosphors als
Phosphorsäure freigemacht wird. Scott ^) äußerte sich später dahin, daß diese
Angaben nicht zurecht beständen. Er meinte, daß ]\Iineralsäuren, z. B. Sal-
peter- und Salzsäure, den Phosphor auf die angegebene Weise nicht aus
den Nukleoproteiden frei machen. Seine Ausführungen haben sich aber nicht
als zutreffend erwiesen. Auch A. B. Macallum^) konnte zeigen, daß aus
Hefenukleinsäure oder aus Hammarstens Pankreasnukleoproteid durch die
Einwirkung von oO^oigei" Salpetersäure bei oö" bereits Phosphorsäure erhalten
wird, und daß die Menge der letzteren nach 2 Tagen noch bedeutend ver-
mehrt ist. Dasselbe Ergebnis wurde auch von Ncismifh und Fidlm^'") mit
den Nukleoproteiden der Hoden des Ochsen erhalten. Diese Resultate stehen
übrigens im Einklang mit der nach den Untersuchungen von Levene und
Jacob anzunehmenden Konstitution der Nukleinsäuren. Diese Autoren ließen
verdünnte Schwefelsäure in Konzentrationen von 2 — 5% auf verschiedene
Nukleinsäuren einwirken, um die Zuckerpurinverbindung aus dem Molekül
zu lösen. Dabei wurde die Phosphorsäure als solche frei gemacht. Die Tem-
peratur betrug dabei entweder 12b° C oder 150^' C während einer Ein-
wirkungsdauer von 4 — 8 Stunden oder auch nur 50° C, aber dann während
2 — 3 Tagen. Sie konnten dabei bestimmt feststellen, daß Mineralsäuren aus
der Hefenukleinsäure Purin- und Pyrimidinverbindungen, d-Piibose und
Phosphorsäure in Freiheit setzen, und daß selbst ganz verdünnte Lösungen
dieser Säuren praktisch zu demselben Resultat führen.«} Es ist daher an-
zunehmen, daß, wenn verdünnte Lösungen der Mineralsäuren bei 50" C und
darüber Phosphorsäure freimachen, dasselbe auch durch stärkere Lösungen
von Salpetersäure von 35" C bei mehrtägiger Einwirkung auf Nukleine und
Nukleinsäuren geschieht.
*) T. B. Oshome und ./. F. Harris, Die Nukleinsäure des ^^'eizenembryos. Zeit-
schrift f. physiol. Chem. 36. 85 (1902).
-) Schmiedeberg , Über die Nukleinsäure der Lachsmilch. Archiv f. exp. Pathol.
und Pharmakogn. 43. 57 (1899).
*) F. H. Scott, On methods supposed to localize phosphorus in cells. Jouru. of
Physiolog. 35. 119 (1907).
*) A. B. Macallum, The action of nitric acid on the phosphorus of uucleoproteids
and paranucleoproteids. Proc. Soc. Experim. Biolog. and Med. 4. 70 (1907).
'") G. Nasmith and E. Fidlar, A criticism of the nitro molybdate method for the
detectioü of phosphorus in tissues. Journ. of Physiolog. 37. 278 (1908).
^) P. Ä. Levene und W. A. Jacobs, Über die Hefe-Xukleinsäurc. III. Bericht d.
Deutsch, chem. Gesellschaft. 43. 3150 (1910).
Die Methoden tlcr biologiscliPii Mikrorliomio. 1141
Ganz anders als den erwähnten Substanzen j-o^^enüher verliält sich
nun die Salpetersäure zum Caseino^^en. A. B. M(frallum') fand, daß eine
Salpetersäure vom spez. Gew. 1-2 (HNO3 - 320/0) Ihm :',5o C selbst nach
zweiwöchentlicher Einwirkunii- nicht die geringste Menge Phosphor als Phos-
phorsäure freimacht, und daß nach 2 Monaten nur winzig kleine Spuren
der letzteren nachzuweisen sind. Daraus geht also zweifellos hervor, dal)
zwischen der Art der Phosphorliindung in Nukleinverhindungen und andrer-
seits derjenigen in den Phosphorproteiden ein wesentlicher l'nterschied
besteht.
Nach dem oben Gesagten ist es klar, dal» das Pieagens, das /um
raakrochemischen Nachweis der Phosphorsäure zu benutzen ist. .nicli unter
gewissen Bedingungen bei der mikrochemischen Untersuchung die Pho.s-
phorsäure aus den betreffenden Nukleinverhindungen frei macht und
demonstriert. Das Reagens, das für diesen Zweck gebraucht wird,
ist das Salpetersäuremolybdat von Fresenius. Es wird so dargestellt,
daß genau 1 Teil reiner Molybdänsäure (MqOj) in 4 Teilen starken Am-
moniaks (spez. Gew. 0'88) gelöst wird, und daß dann langsam lö Teile
Salpetersäure vom spez. Gew. 1-2 hhizugesetzt werden. Diese Lösung zeigt
eine hellgelbe Färbung und liefert bei eintägigem Stehen einen geiing-
fügigen Satz, von dem die klare Flüssigkeit abgegossen wird. Man be-
wahrt sie in einer mit Glasstopfen verschlossenen Flasche auf.
Das erwähnte Reagens soll, wenn es in reichlicher Menge zu einer
Zwanzigstelnonnallösung eines Phosphates gefügt wiixl, sofort einen Nieiler-
schlag von Ammoniumphosphormolybdat erzeugen. Wenn sich dagegen der
Niederschlag bei Zimmertemperatur erst nach einiger Zeit bildet, ist
das Reagens für unsere Zwecke nicht gebrauchsfähig, denn eine \'er-
zögerung in der Bildung der Fällung kann Diffusion und Wiederverteilung
der Phosphorsäure nach sich ziehen.
Der bei dieser Reaktion gebildete Niederschlag besteht aus Am-
moniumphosphormolybdat, welches, wenn das vorhandene Phosphat reich-
lich und frei von Proteinen vorhanden ist, in Form von oktaedrischen
Kristallen auftritt, das aber andrerseits, wenn eine Mi-schung von Pliosplior-
säure oder Phosphaten mit Eiweißlösungen vorliegt, einen mehr odei-
weniger amorphen Charakter, der durch die Gegenwart des Eiweißes be-
dingt wird, zeigt. In dem letzteren Falle kann nian nur nach mehrmaligem
Wiederlösen des amorphen Produktes in Ammoniak' und Fällen mit Sal-
petersäure die charakteristischen Kristalle erhalten.
Die gelbe Färbung des Niederschlages genügt bereits, um seine Gegen-
wart in dem Reagensglas odei- in einem Schnitte zu erkennen, falls die
Phosphorsäure in beträchtlicher Menge vorhanden ist. Wenn sie aber in
Lösungen oder in einem Gewebe oder Zellelement nur in sehr geringfügigen
Mengen auftritt, kann die gelbe Farbe allein nicht ausreichend sein, um
eine deutliche Unterscheidung zwischen der Phosphorsäiirereaktion und der
') Ä. B. Macallum, loc. cit.
1142 A. B. Mac all um.
gelben Xanthoproteinreaktion zu gestatten, die in Geweben durch Ein-
wirkung der Salpetersäure des Reagenzes stattfindet.
Im Reagensglas ist der Grad der Empfindlichkeit derart, daß man
noch einen erkennbaren Niederschlag in einer Lösung erhält, in der 1 Teil
P2O5 in 40.000 Teilen vorhanden ist. Der Empfindlichkeitsgrad kann
unter Zuhilfenahme einer additioneilen Reaktion bedeutend erhöht
werden. Das dabei zu gebrauchende Reagens ist das Phenylhydrazinhydro-
chlorid. Die Reaktion beruht auf der Eigenschaft dieser Substanz, die
Molybdänsäure in ^'erbindung mit der Phosphorsäure, der Phosphormolyb-
datsverbindung, in Gegenwart von Salpetersäure zu dem blauen Oxyd des
Molybdäns zu reduzieren. Wird eine 1 — 2"/oi8'e Lösung des Phcnylhydrazin-
hydrochlorids im Reagensglas zu einer Mischung des salpetersauren Molyb-
dänreagenzes und eines Phosphates gefügt, so findet augenblickUch Re-
duktion der Molybdänsäure zu dem blauen Oxyd statt, das, mit dem Gelb
des Niederschlages zunächst dunkelgrün erscheint, aber nach einigen Se-
kunden deutlich blau wird. Für diese Reaktion ist nicht erforderhch, daß das
Phosphormolybdat in Niederschlagsform vorliegt. Sind nur Spuren von
Phosphorsäure vorhanden, die nicht zu einer Niederschlagsbildung genügen,
so erhält man auf Zusatz weniger Tropfen der Phenylhydrazinlösung sofort
eine deutliche grüne Färbung. Diese Reaktion ist so empfindhch, daß sie
noch 1 TeilP.205 in i;-35.000 Teilen Wasser, das mit salpetersaurem Molyb-
datreagens, und zwar mit der vierfachen Menge seines Volumens gemischt
ist, anzeigt, daß sie also 1 Teil in über 675.000 Teilen der Mischung,
oder auf Phosphor bezogen, 1 Teil P in o,000.000 Teilen der Lösung nach-
weist. Unter dem Mikroskop ist die Reaktion auch bei weitem empfind-
licher. Diese große Empfindlichkeit ist hauptsächhch auf den Umstand
zurückzuführen, daß in der Ammoniumphosphormolybdänverbindung 18 bis
24 Moleküle M0O3 auf je ein Molekül P2O5 entfallen. So sind also bei
Vorhandensein von nur 1 Molekül P2O5 bereits 18 — 24 Moleküle M0O3
gegenwärtig, die der reduzierenden Wirkung des Phenylhydrazins aus-
gesetzt werden. Wie sich das Phosphorpentoxyd dabei verhält, kann noch
nicht erklärt werden.
Das Phenylhydrazin wirkt in der erwähnten Weise auf das salpeter-
saure Molybdat allein nicht ein, so lange es dem letzteren auch ausgesetzt
werden mag. Das Phenylhydrazin wird allerdings durch die Salpetersäure
unter Bildung von rötlichen oder violettgefärbten Verbindungen oxydiert,
diese sind aber keineswegs mit der Farbe, die durch Reduktion der Molyb-
dänsäure entsteht, zu verwechseln. Wird der Molybdänsäure Alkohol in ge-
wisser Konzentration zugefügt, so entsteht auf Zusatz des Phenylhydra-
zins eine grünlichblaue oder blaue Färbung. Zugabe von Kaliumhydrat-
und von Natriumhydratlösungen verursachen einen ähnlichen Effekt. Die
blaue Farbe der Alkoholmischung verblaßt für gewöhnlich innerhalb
24 Stunden. Sie scheint auf der Bildung einer aromatischen Verbindung
zu beruhen und nicht etwa direkt auf einer Veränderung der Molybdän-
säure.
Die Methoden der biologischen Mikrochemie. 11 -iü
Bei Vorhandensein von (Uohulinen und Alhinninen verursacht das
Phenylhydrazin, in Gegenwart von Pliosphorsäiire und Phosphaten, keine
Keduktion des Salpetersäuremolybdatreagenzes.
A. B. Macallum^) hat mit Lösungen von Eialbuniiu und Kiglohulin,
die mittelst wiederholten, mindestens achtmaligen Fidlungen dei- Lösungen
der Proteine des Weißes vom Ei durch Sättigen mit reinem Ammonium-
sulfat gewonnen worden waren, mit dem Salpetersäuremolyhdatreagens und
Phenylhydrazin keine Reaktion erhalten. Selbst nach einwöchentlicher Ein-
wirkung des Salpetersäuremolybdats bei 35" auf reines Eialbuniiu und Ei-
globuhn ruft das Phenylhydrazin keine Reduktion der Molybdiiusäurc hervor.
Es ist daher anzunehmen, daß reine Proteine die fragliche IJeaktion auf
Phosphorsäure nicht beeinflussen.
Gewebe und Zellen, die in Alkohol gehärtet wurden, halten selbst
nach tüchtigem Auswaschen mit Wasser, leicht noch Spuren von Alkohol
zurück, und zwar besonders nahe der Ränder der Präparate. Infolgedessen
liefern die Schnitte der letzteren häufig, nachdem sie mehrere Tage lang
mit dem Salpetersäuremolyhdatreagens behandelt worden sind und dann
mit einer Phenylhydrazinlösung versetzt werden, eine blaue Reaktion längs
der Ränder, wo naturgemäß der Alkohol zuerst in das Gewebe eingedrungen
ist. Durch dieses Zurückhalten von etwas Alkohol erwächst also der Eutcr-
suchung des mit Alkohol gehärteten Gewebes in bezug auf die fragliche
Reaktion zweifellos ein Nachteil.
Die besten Resultate, auf die man sich ohne weiteres verlassen kann,
werden an frischen Geweben und Zellen, und zwar in einer für das be-
treffende L^ntersuchungsobjekt jeweils angepaßten Weise erhalteu. Wenn es
sich nur darum handelt, den anorganischen Phosphor, das ist die Phos-
phorsäure der Phosphate, zu bestimmen, so gebraucht mau eine Methode,
die etwas verschieden ist von der, welche zum örtlichen Nachweis vom
Phosphor der Phosphorsäureester, wie in der Nukleinsäure und im Lecithin,
benutzt wird.
Im ersteren Falle wird das Material möge es unizellular oder in l'orm
gefrorener Schnitte frischen Gewebes vorliegen, in das Salpetersäurcmolyb-
datreagens, dem eben vorher etwas einer 'i^/oigen PhenylhydrazinhydrochJDrid-
lösung zugesetzt wurde, gelegt. Es genügt, wenn man 1 rm''' der Phenylhydra-
zinlösung zu je 5 cm^ des Reagenzes bringt. Auf diese Weise werden die
Phosphate bereits nach wenigen Sekunden erkenntlich gemacht. Das Phenyl-
hydrazin reduziert auf einmal alle Molybdänsäure im Keagens. das sich in
Kontakt mit der Phosphorsäure befindet und, da das blaue Molybdänoxyd
unlöslich ist, so kann sein Vorkommen in einem Schnitte über die Ver-
teilung der Phosphorsäure ohne weiteres unterrichten. Nach \'erlauf weniger
Minuten, nach denen sich bereits das Maximum der lleaktion entwickelt
hat, werden die Schnitte in Wasser gewaschen, dann auf einen Ubjekt-
*) über die Art und Weise, in der die wiederholte FälluiiiLr vorgeuoinraen werden
kann, vgl. Macallum, Proc. Roy. Soc. B. 76 (1. c). 224— 22r) (1905).
2;[44 ^- ^- Macallum.
träger gebracht und in Glyzerin eingebettet. Wenn es sich dagegen um
unizellulare Gebilde handelt, so benutzt man zu ihrer Abtrennung eine
einfache Zentrifuge. Durch wiederholtes Zentrifugieren einer Suspension in
destilliertem Wasser werden die Zellen dann von dem Salpetersäuremolybdat-
reagens befreit. Nun werden sie mittelst einer Pipette auf einen Objekt-
träger gebracht und hier in Glyzerin eingebettet. Derartige Präparate
sind nicht sehr lange haltbar, nicht länger als wenige Wochen. Sie sind
aber andrerseits sehr wertvoll, da sie in sehr empfindlicher Weise und
sehr deutlich die Verteilung der Phosphorsäure zeigen.
Für den Nachweis des Phosphors der Phosphorsäureester kann die
beschriebene Methode unter Berücksichtigung einer gewissen Modifikation
gebraucht werden. Dabei kommt es zunächst darauf an, daß alle Spuren
der Phosphate entfernt werden. Da Ammoniumphosphormolybdat in Am-
moniak sehr leicht löslich ist, so ist das zu prüfende und bereits einige
Minuten lang mit Salpetersäuremolybdat behandelte Material frei an an-
organischem Phosphor, nachdem es wiederholt mit einer lO^oigen Am-
moniaklösung extrahiert v^orden ist. Nun werden die Präparate, möge es
sich um einzellige Organismen oder um gefrorene Schnitte von frischen
Geweben oder Organen handeln, in eine neue Portion des Salpetersäure-
molybdatreagenzes in eine absolut reine Glasstopfenflasche gebracht, die
in einem Wärmeschrank bei 35" C für 1 — 4 oder 5 Tage aufbewahrt wird.
Darauf werden die Präparate in destilliertem Wasser gewaschen und,
nachdem sie 3 oder 4 Minuten lang mit einer 2Voigen Phenylhydrazin-
hydrochloridlösung behandelt worden sind, auf einen Objektträger gebracht
und in Glyzerin eingebettet. Die Schnitte der alkoholgehärteteu Gewebe
werden, nachdem sie mit Phenylhydrazin behandelt sind, gäuzUch in Wasser
gewaschen, mit Alkohol entwässert, in Zedernöl oder in Xylol geklärt und
schließhch in Balsam eingebettet.
Die Gegenwart von Lecithin in derartigen Gewebspräparaten verur-
sacht eine Komplikation. Obgleich das Lecithin auf Grund seiner Unlös-
Uchkeit und demnach seiner Impermeabilität für das Reagens nicht leicht
von der Salzsäure des Pieagens angegriffen wird, so gibt es doch nach einer
gewissen Zeit etwas von seinem Phosphor als Phosphorsäure ab, wodurch
zu Mißverständnissen in bezug auf Bestimmung der Phosphorsäure, die
auch aus Nukleinsäuren und Nukleoproteiden stammt, Veranlassung ge-
geben ist. Man darf jedenfalls solche Präparate allein nicht für stichhaltig
ansehen. Man muß sich vielmehr noch einer anderen, und zwar der fol-
genden Methode bedienen : Gefrorene Schnitte von fiischem Gewebe werden
vier oder fünf Stunden lang in absolutem Alkohol belassen, dann dieselbe
Zeitdauer in Äther, worauf sie zum allergrößten Teile, wenn nicht voll-
ständig, vom Lecithin befreit sind. Nun werden sie für 1 — 3 Tage lang
bei 35" C in das Salpetersäuremolybdatreagens gelegt, darnach mit der
2*'/oigen Phenylhydrazinlösung behandelt, in Wasser gewaschen, in Alkohol
entwässert, in Xylol oder in Zedernöl geklärt und endlich in Balsam ein-
gebettet.
Die Methoden der l)ioloLnscheii Mikrochemie. 1140
In solchen Präparaten wird die durch das Jloat^ons freigcniachti-
Phosphorsälire durch eine blaue oder hlauj^rüne Färhunt»- von reduziertem
M0O3 angedeutet. Es ist hierbei allerdings noch eine Jiemerkmig einzu-
fügen. Nicht selten geben nämlich die Fibrillen von Collagengewebe nach
erwähnter Behandlungsweise ebenfalls eine blaue Reaktion, während jedoch
die Collagenfasern nach Benshi/s^) Annahme keine Phosphate enthalten. 2)
Benslptj machte deshalb auch darauf aufmerksam, dal'i die Üehandlung mit
dem Salpetersäuremolybdatreagens und dai-auf folgende)- Einwirkung des
Phenylhvdrazinhydrochlorids durchaus nicht als zuverlässige Methode zum
Nachweis von „maskiertem" Phosphor in Geweben angesehen werden
könne. Wir geben wohl zu, daß die fragliche Methode nicht fehlerlos ist,
und daß sie mit gewisser Voi'sicht gebraucht werden muß : .andrerseits
sind wir aber nach unseren heutigen Kenntnissen über diesen Puidvt be-
rechtigt, die Annahme von Btnsleij, daß Zytoplasma und Collagengefüge
frei von anorganischen und organischen l*hosphorverbindungeu seien, kaum
als begründet ansprechen zu können. Es mag ferner bemerkt werden, daß
M0O3 durch die Gegenwart von Phosphorsäureester so beeinflulit werden
kann, daß Phenylhydrazinlösungen es reduzieren, und daß infolgedessen,
wenn eine kolloidale Lösung von M0O3 auf einen Gewebsschnitt einwirkt,
und wenn nach Reduktion mit dem Phenylhydrazin eine blaue Färbung im
Präparate auftritt, dadurch kein Beweis für die l/nzuverlässigkeit derSalpeter-
säuremolybdatmethode als Probe auf organischen Phosphor gegeben ist.
H. Schwefelsäure als Sulfate.
Der Nachweis von Schwefelsäure, die in Form von Sulfaten in (Je-
Aveben vorhanden ist, kann z. P. im Falle von Ausscheidungen von Sulfaten
in der Niere oder bei der Absorption von Sulfaten im Darm vorzunehmen
^) über Erwägungen und Kritik der Bensley^chün Ansichten vgl. ,-i. D. MaraUiini,
Ergebnisse der Physiologie. Die Methoden und Ergebnisse der Mikrochonn'e in der
biologischen Forschung. 7. 637—644 (1908).
2) Bensley versichert, daß durchaus kein Grund vorliegt, anzunehmen, daß Collagen-
fasern Phosphate enthalten. Daraufhin möchten wir jedoch fragen, ob auch nur irgend
ein stichhaltiger Grund diese Annahme zu stützen vermag. Im Gegenteil! ^/(\(7/r/(7/ (Ha-
bilitationsschrift, Leipzig 1892) nimmt an, daß die Retikularstruktur des drüsenartigen
Gewebes in Lymphdrüsen, Magenschleimhaut, Leber, Milz und Niere aus Collagen und
einer von ihm Retikulin benannten Substanz besteht, die O'-'M^/o Phosphor enthalt. Tehb
behauptet dagegen, daß das Retikulin von Siegfried in ^Virkllchk('it nur ein künstliches
Derivat des Collagens darstellt, und daß der gefundene Phosphor nur auf das ange-
wandte Darstellungsverfahren zurückzufüiiren ist. Siegfried (Journ. of Pliy^inl. 28. 319)
bleibt jedoch trotzdem bei seiner Annahme bestehen. Morochowet: (Vorhandlungen des
naturhistorisch-mediz. Vereins Heidelberg. Bd. 1) fand, daß das Cornealgewobe 20-4«/o
Leimsubstanz und 1 7(, Asche enthält. Gelatine, die bekanntlich eine leinuutige Substanz
ist, weist immer anorganische Salze und unter diesen auch Phosphate auf. Wenn auch
bisher noch keine sorgfältigen und eingehenden Untersuchungen iiher die Zusammen-
setzung von Bindegeweben ausgeführt worden sind, so kann man doch sicher annehmen, daß sie
— beständig von Flüssigkeit, die anorganisches Material gelöst enthält, umgeben — nicht
nur völlig rein organisch zusammengesetzt sind.
1146
A. B. Macallum.
sein. A. B. Macallum hat für diesen Z^Yeck folgende ^^irksame Methode
gefunden :
Das zu untersuchende Organ (Niere oder Darm) muß vollständig
frisch sein und mittelst eines Kohlensäure-Gefriermikrotoms geschnitten
werden. Jeder Schnitt wird, während er gefroren und noch flach ausge-
breitet ist, in eine ^ -Lösung von Bleiacetat gebracht und darin mindestens
10 Minuten lang liegen gelassen. Die Bleiverbindungen, welche dann im
Schnitte vorhanden sind, bestehen hauptsächüch, wenn nicht ausschUelilich,
aus dem Acetat, Chlorid, Phosphat und Sulfat. Sie werden alle, mit Ausnahme
des Sulfates, durch Auswaschen, zuerst mit Wasser, dann mit ^ -Salpeter-
säure in 2 — 5 Minuten entfernt. Die Säure wird schließhch auch in Wasser
ausgewaschen und nun der betreffende Schnitt auf einen Objektträger ge-
bracht, dann eingebettet, und zwar mit einem Tropfen Glyzerin und Am-
moniumsulfid, das durch Sättigen einer Ammoniumlösung vom spez. Gew.
0-96 mit Schwefelwasserstoffgas bereitet wurde. Nachdem man ein Deck-
gläschen aufgesetzt hat, ist das Präparat zur mikroskopischen Untersuchung
bereit. Die Verteilung des Bleisulfates im Schnitte wird durch die Blei-
sulfidreaktion nachgewiesen, die je nach der vorhandenen Konzentration
des Bleisulfates braun bis tiefschwarz ausfallen kann.
Das ßleisulfat weist nur eine sehr geringe Löslichkeit auf. 46 Teile
PbSO^ lösen sich in 1,000.000 Teilen Wasser bei 18« C. i) Diese Schwer-
löslichkeit wird praktisch durch die ^"J^ -Salpetersäure nicht beeinflußt,
während aber Salpetersäure irgend ein vorhandenes Bleiphosphat und Blei-
chlorid schnell löst. Auf diese Weise wird durch die Sulfidreaktion nur das
Bleisulfat nachgewiesen.
Die beschriebene Methode hat sehr gute Dienste geleistet beim Lokali-
sieren der Sulfate in der Niere, nach Injektion von Sulfaten in den Kreis-
lauf, ^lit ihrer Hilfe sind auch sehr interessante Resultate betreffs der
Ausscheidung von solchen Sulfaten durch die Darmschleimhaut bei Tieren,
in deren Kreislauf Sulfate gebracht worden waren, gezeitigt worden.
I, Salzsäure.
Die Salzsäure des Magensaftes wird von der ^Magenschleimhaut ab-
gesondert. Bis vor kurzem hatte man noch keinen direkten Beweis für die
Gegenwart von Salzsäure in der Schleimhaut unter der freien Oberfläche
der letzteren, obgleich man schon sehr lange darnach gefahndet hatte.
Bereits im Jahre 1849 hatte Claude Bernard dieses Problem zu lösen
versucht. Erst 1009 ist die Lösung dieser Frage Miss M. P. Fitz Gerald^-) ge-
*) Berechnet aus der elektrischen Leitfähigkeit von Kohlrausch und Böse, Zeit-
schrift f. physikal. Chem. 12. 241, loc. cit. (1893).
-) Miss Fitz Gerald führte diese Untersuchungen in meinem Laboratorium au
der Universität Toronto aus. Die Resultate finden sich in ihrer Veröffentlichung in Proc.
Roy. See. Bd. 83. 56 (1910).
Die Methoden der biologischen Mikruchcmic. 1147
luDgen. Der Untersuchungsgang, dem sie folgte, war in der Hauptsache der
bereits von Claude Bernard angewandte, nur mit dem Unterschiede, (hiß
sie anstatt Eisenlactats das Doppelsalz Ammonium-Eisencitrat benutzte.
Dieses Salz, das 25 — 26Vo Eisen enthält, ist in Lösuug ab.sohit neutral.
Diese Flüssigkeit kann mit einer Ferrozyankaliumhisuug gemischt wenh-n,
ohne daß dieselbe auch nach Verlauf einiger Tage, eine iieriinerbhiu-
reaktion liefert. Die Gegenwart von Phosphorsiiure oder KoIileusiUire in
der Lösung gibt ebenfalls nicht zur JJildung der blauen \'erbindung \ er-
anlassung. Sobald aber Salzsäure selbst in einer so niedrigen Konzentra-
tion wie 0"036Vo M vorhanden ist, tritt die blaue Reaktion sofort ein.
Die gebrauchten Lösungen bestanden aus einer Fö^/oigen Ferro-
zyankalium- und einer 2"25'*/oigen Eisen-, Ammouiumciti-atlösung. Von
diesen Lösungen wurden gleiche Volumina gemischt und von dieser Mischung
Kaninchen 10 — Ab cm^ und Meerschweinchen IH — 22 nn^ subkutan nach
verschiedenen Intervallen injiziert. Dann tötete man die Tiere nach
verschiedenen Zwischenräumen nach der Injektiou rasch , nahm den
Magen heraus, öffnete ihn, entfernte durch Waschen mit Wasser schnell
die Nahrungsreste und brachte ihn dann in eine reichliche Menge
absoluten Alkohols. Nach Verlauf von 24 Stunden wui'de tler Alkohol
gewechselt und nach 48 Stunden war das Organ zur Untersuchung bereit.
Man kann jetzt einen blauen Fleck von begrenzter Ausdehnung auf
der Oberfläche der Schleimhaut, in der Region der kleineren Curvatur,
beobachten. Nun macht man Schnitte von diesem Teil und von anderen
Cardiateilen , entweder mit freier Hand oder mit dem Gefriermikrotom,
entwässert, klärt mit Xylol und bettet in Xylolbalsam ein. Unter dem Mi-
kroskop betrachtet, laut sich allerdings bei den meisten der Schnitte unter
der (Jberfläche der Schleimhaut keine blaue Färbung erkennen, bei einigen
kann man aber doch die begrenzte Zone bemerken, in der eine blaue Ab-
lagerung im Lumen des oberen Drittels und in einem Teile des mittleren
Drittels der Drüsenröhrchen und in den Kanälchen, die sich vom Lumen
in die Parietalzellen erstrecken. Nicht selten erscheint bei manchen Tieren
eine deutliche blaue Reaktion nur in den Lymphgefäßen in dem driisen-
artigen Gewebe zwischen den Drüsenschläuchen.
») Nach der Veröffentlichung der Miss Fifz Ocraldschou Arbeit (1. c.) hat Verf. fest-
stellen können, daß, bei sorgfältiger Ausfübrung. noch bei Gegenwart von 0-014°/o Salz-
säure in einer Lösung von Ferrozyankalium und Eisen-, Ammoniumeitrat Berlinerblau
gebildet wird.
Arbeitsinetlioden zur Untersiiclumg des intermediären
Stoffwechsels.
\on Otto Neubauer, München.
Einleitung.
Die Untersuchung- des intermediären Stoffwechsels setzt sich als Auf-
gabe, den Aufbau der im Yerdauungskanal resorbierten Xahrungsstoffe zu
Körperstoffen (Oewebssubstanzen), den Umbau von Körperstoffen in andere
und endlich ihren Abbau zu den in den Exkreten erscheinenden Endpro-
dukten aufzuklären. Zur Erreichung dieses Zieles Avendet sie so ziem-
lich alle biochemischen und experimentellen Methoden an. die in den übrigen
Kapiteln dieses Werkes beschrieben sind. Aon einer besonderen Technik
kann hier nur in dem Sinne gesprochen werden, als die Art der Frage-
stellung, die zweckentsprechende Anordnung des Versuchsplanes und die
kritische Verwertung der A'ersuchsergebnisse mancherlei Besonderheiten
zeigen, die häufig in ähnlicher Weise wiederkehren. Andrerseits verlangt
jedes neue Problem eine besondere Anwendungsweise der Untersuchungs-
methoden; dementsprechend kann im folgenden nur ein Überblick über
die Wege geboten werden, die zu den bisher gewonnenen Ergebnissen ge-
führt haben, nicht eine auch für neue Forschungen immer ausreichende
Arbeitstechnik.
Leider haben die Resultate der einzelnen Versuche in diesem schwie-
rigen Gebiet selten absolute Beweiskraft, sondern meist nur den Wert von
Wahrscheinlichkeitsgründen. Dieser Mangel kann zum Teil dadurch aus-
geglichen werden, daß die Ergebnisse einer Methode durch die anderer
Methoden kontrolliert werden. Die Geschichte der Frage der Zuckerbildung
aus Eiweiß hat gezeigt, wie unter dem Drängen einer strengen, die höch-
sten Anforderungen stellenden Kritik vorläufige Ergebnisse durch fortge-
setzte Arbeit endgültig gesichert werden können.
In vielen Fällen müssen Erwägungen allgemeinerer, erkenntnis-
theoretischer Art herangezogen werden. So hat das Prinzip, daß die ein-
fachste Erklärung der bekannten Tatsachen auch als die wahrscheinlichste
zu gelten hat, wiederholt Anwendung gefunden, und sich besonders bei
der Verwertung pathologischer Prozesse für die Aufklärung intermediärer
Arbeitsmctlioilen zur Untersuchiiug des intermediären Stoffwechsels. 114<|
Stoffwo('lisolvor^an<>o als trm'litl)ar erwiesen ( Azotnnkiirperaiissrlieidmij,',
Alkaptüiuirie). Natürlich darf niemals vergossen werden, dal'. derartij,'(»
Schhißt'olgerungon auch irreführen können und (hiH ihnen nicht ih-r NVert
erwiesener Tatsachen heigemessen wenU'n darf, sondern inii- die licch'Utnng
von Arheitshvpothesen, die weiterer Prüfuni»- zn unterziehen >ind.
Die Grundlage für die Untersuchung (h's internuMharen Stoffwechsels
hildet die genaue Kenntnis dei' chemischen Kigenschaften der
Körpersubstauzen, respektive der mit ihnen im allgemeinen identi.schen
Nahrungsstoffe, mit Einschluß ihrer Derivate. Eine systematische Foiscliung
auf diesem Gebiete konnte infolgedessen erst mit der Zeit einsetzen, als
die Chemie der Kohlehydrate, Fette, Eiweitiköritcr und Nukleinsnbstaiizen
aufgeklärt war.
Der chemische Aufbau einei' Substanz läßt in manchen Fällen ohne
weiteres ihre Deziehungen zu anderen Köipersubstanzen erkennen; so ist
die Entstehung der Homogentisinsäure aus den aromatischen Kernen des
Eiweißes, der Diamine aus den Diaminosäureii. der (Jlykuronsänre aus
dem Zucker schon nach der chemischen Formel durchaus wahrscheiidich.
Jedoch kann eine solche Überlegung auch zu falschen Schlüssen führen;
so hat sich die \ermutung. daß die Zuckerbildung aus Eiweiß von dem
kohlehydratartigen Komplex der Eiweißkörper abhängt, als unrichtig er-
wiesen.
Mit der Kenntnis der chemischen Eigenschaften eines Körpers ist
ferner, da die (iesetzt' der Chemie in ihrem vollen Umfange auch für den
lebenden Körper gelten, von vornherein eine Orientieinng darüb«'r ge-
geben, welche Umsetzungen im Organismus zu erwarten sind. Man kann
im allgeiueinen annehmen, daß Reaktionen, die in vitro sehr h'icht ein-
treten, auch im Körper in idinlicher Weise ablaufen. BeLspieh' dafür geben:
die Oxydationen von Aldehyden zu Säui'en. von Harnsäure zu .\llantoin.
die Abspaltung von Kohlensäure aus Ketonsäuren und Diaminosänren. die
Abspaltung von Ammoniak aus Amiden. der Übergang von Cy>tiii in Cystein.
die Umlagerung von Fiuchtzucker in Traubenzucker, die llvdrolyse von
Eiweißkörpern, Fetten, Polysacchariden und Nukleinsäuren.
Besonders nahe liegt es. solche Reaktionen, die aul'ierhalb des Kör-
pers bei gewöhnlicher Temperatur ohne Einwirkuui; von Keagenzien sozu-
sagen automatisch stattfinden, auch im Organismus anzunelnneii. Das sind
vor allem eine Reihe von sogenannten (ileichgewichtsreakt inuen (um-
kehrbaren Iveaktionen). Wenn kohlensaures AmnH)niak. dessen Ilildimg im
Tierkörper aus dem al)gesi)altenen Amiuoniakrest iler Amim»säuren und
der allenthalben verfügbaren Kohlensäure wohl ohne weiteres vorausgesetzt
werden darf, sich aulierhalb des Köi'pers von selbst zniu Teil in karbamin-
saures .\mmoniak umlagert, so wiid mau mit Wahrscheinlichkeit annehmen
dürfen, daß auch im Organismus ein ähnlicher NOrgang eintritt. Zwingend
ist al)er eine solche Schlußfolgerung keineswegs; es ist \\(»hl möLdich. daß
\\p)() Otto Neubauer.
im Tiorkörper der Ablauf solcher Gleichgewicht sreaktionen irgend welche
Hemmungen erfährt. Durch die morphologische Struktur, durch welche in
den Geweben lauter kleinste, voneinander mehr weniger abgeschlossene Räume
geschaffen sind, deren Wände eine für verschiedene Stoffe verschiedene
Durchlässigkeit besitzen, muß der Ablauf solcher umkehrbarer Reaktionen
in hohem Maße beeinflußt w^erden.
Auch sonst muß man sich hüten, extra corpus gewonnene Erfahrun-
gen ohne weiteres auf den Organismus zu übertragen: so wird die leicht
oxydierbare Oxalsäure im Tierkörper nicht verbrannt, im gesunden Or-
ganismus kommt es nicht zum Zerfall von Azetessigsäure in Azeton und
Kohlensäure. Andrerseits vollbringt der Organismus oft mit großer Leich-
tigkeit Leistungen, die der Chemiker im Laboratorium nicht oder nur
sehr unvollkommen nachahmen kann: die Verbrennung von Bernsteinsäure,
die Oxydation von Purinbasen zu Harnsäure, die LTmwandlung von Eiweiß
in Zucker, von Zucker in Fett, den Abbau des Blutfarbstoffes zu Galleu-
farbstoff, die Synthese der Hippursäure aus Benzoesäure und Glykokoll.
Allerdings ist mit der Ausbildung der Laboratoriumstechnik die Zahl der-
jenigen biochemischen Vorgänge, die nicht nachgeahmt werden können,
immer kleiner geworden. So ist durch Einführung des Wasserstoffsuper-
oxyds als Oxydationsmittel auch die Überführung von Fettsäuren in
ß-Oxyfett säuren, die im Reagensglas lange Zeit als undurchführ-
bar galt, möglich geworden. Diese Erfahrung, daß hier die Oxydation
durch Wasserstoffsuperoxyd in analoger Weise verläuft wie die Oxydation
im Tierkörper, hat die Anregung dazu gegeben, durch genaues Studium der
Einwirkung dieses Oxydationsmittels auf verschiedene Substanzen des Tier-
körpers neue Anhaltspunkte für die w'eitere Erforschung des intermediären
Stoffwechsels zu gewinnen. Über die Technik solcher Oxydationen mit
Wasserstoffsuperoxyd siehe dieses Werk Bd. IV, S. 714. Etwas ähnüches
gilt von der Einwirkung des Sonnenlichtes auf organische Substanzen ^ )
und von dem elektrolytischen Al)bau.-)
Die Kenntnis der chemischen Struktur der Körpersubstanzen erlaubt
es ferner, bereits bekannte Prozesse in der Weise weiter aufzuklären, daß
man sie sich in verschiedene Phasen zerlegt denkt. Die Annahme, daß die Zer-
setzungen im Organismus in zeitlich zerlegbaren Stufen verlaufen, hat
sich als Arbeitshypothese bestens bewährt. Wenn z. B. als festgestellt gelten
kann, daß die Ketonsäuren im Körper in die um 1 C-Atom ärmeren Fett-
säuren übergehen, R — CO - COOH -(- 0 = R — COOH + CO,,, so ergibt sich
aus dieser Bruttoformel, daß hier eine Oxydation und eine Kohlensäure-
abspaltung vorliegt. Da nun Ketonsäuren ohne Spaltung einer weiteren
Oxydation nicht zugänglich sind, so muß angenommen werden, daß zu-
nächst die Kohlensäureabspaltung, dann erst die Oxydation eintritt ; mit an-
*) Neilberg, Chemische Umwandlungen durch Strahlenalten. Biochem. Zeitschr.
Bd. 13. S. 305 (1908); Bd. 27. S. 271 (1910); Bd. 29. S. 279 (1910).
'') Neuberg, Scott und Lachmann, Elektrolytischer Abbau von Mono- und Disac-
eharidsäuren sowie von Oxyaminosä:uren. Biochem. Zeitschr. Bd. 24. S. 152 (1910).
Arbeitsmethodou zur Untersuchung des intermediären StoffwccIiseU. 11;')!
deren Worten, daß als intermetliiiros Produkt der Alddivd aiittritt. der
dann die Oxydation zur Fettsäure erfährt.
Entscheidend für das Studium des intermediären Stoffwechsels sind
aber nur diejenigen Methoih-n. die am h'bcndcii ( )rganismus (am }z«'SundfMi
und am kranken) oder mit isolierten ()r{^anen arbeiten.
I. Untersuchungen am normalen Organismus.
A. Chemische Untersuchung frischer normaler Organe.
Alle Substanzen, die in normalen Organen nachweisbar sind. niii--en.
soweit sie nicht als solche im Darmkanal resorbieif worden sind, inid so-
weit sie sich nicht durch völlig unveränderten Übertritt in die Kxkrete
als Endprodukte des Stoffwechsels erweisen, als Zwischenpi'oflnkte betrachtet
werden.
Um zu sicheren Resultaten zu kommen, ist es nin-rlaHlich. dall die
Organe sofort nach dem Tode untersucht werden, da manche Stoffe sonst
sehr leicht weiter verändert werden, z.B. Glykogen, Cystein. Im alige-
meinen empfiehlt es sich, das frische Organ sofort auf Siedetemperatin-
zu erhitzen, um die vorhandenen Fermente unwirksam zu machen. Cber
die Methodik der chemischen Untersuchung der Organe siehe die entspre-
chenden Kapitel dieses Wei'kes. Als intermediäre Produkte sind auf diesem
Wege sichergestellt: Traubenzucker, Olykogen. Milchsäure. Fett. Fettsäuren,
Glyzerin, Inosit, Glykokoll, Arginin, Hypoxanthin. Kreatin. Adrenalin. Thy-
reojodin, ferner die spezifischen Eiweißstoffe der Gewebe, Diese sind, da
sie von den Eiweißkörpern der Nahrung in ihrer t[uantitativen Zusammen-
setzung größtenteils sehr bedeutend abweichen, ebenfalls als Produkte des
intermediären Stoffwechsels aufzufassen, die aus dem Nahrungseiweiß erst
durch eingreifende Umbauprozesse entstehen müssen.
*
Günstige Bedingungen für das weitere Studium solche)' l'mbanpro-
zesse bietet die Untersuchung von Organismen, bei wi'lciicn durch
längere Zeit keine Nahrungsaufnahme stattfindet. Fs kommt da we-
niger die Entziehung der Nahrung bei höheren Tieren in Betracht . weil
in diesen Fällen die Abbaupi'ozesse bei weitem übeiwiegen. Das klassische
Objekt für solche Untersuciiungen ist der Lachs'), der wiUirend seines
monatelangen Aufenthaltes in den Flüssen keine Nahrunu' aufnimmt und
doch während dieser Zeit seine mächtigen Geschlechtsorgane aufbaut: so
wachsen die Eierstöcke, die bei dem im Dezember gefangenen „Winter-
lachs" nur 0*4<'/o des Körpergewichtes ausmachen, bis Anfang .Vugust auf
3— 6Vo ^"id dann bis zur Laichzeit (erste Hälfte November) auf D)— 27Vo
des Körpergewichtes heran. Das Material wird von dem stark abmagern-
*) F. Miescher, Die histochomischeu und physiologisclien Arbeiten. Leipzig 18U7.
S. 116, 192, 304, 359.
2152 ^^^^ Neubauer.
den Seitenriimpfmuskel geliefert. Zum Studium dieser mächtigen Stoff-
wanderung sind vergieichende Organuntersuchungen an Basler Rheinlachsen
gleicher Körperlänge, die zu verschiedenen Zeiten (vor allem z^Yischeu
Anfang- August und erster Hälfte November) gefangen sind, geeignet.
Tierische Organismen, an welchen Umbauprozesse ohne störende
Nahrungsaufnahme untersucht werden können, sind ferner befruchtete, sich
entwickelnde Eier. A. Kossei ^) verglich den Purinbasengehalt im Dotter
frischer und 14 Tage lang bebrüteter Hühnereier und bewies auf diesem
Wege, daß bei der Entwicklung des Hühnerembryos eine Synthese von
Purinbasen stattfindet. Lafayette, B.Mendel und S. Leavenworth'^) de-
monstrierten in ähnlich angeordneten A>rsuchen an Hühner- und Enten-
eiern auch die Neuentstehung furfurolbildender Substanz (Pentosen).
B. A. Levene ^) verglich die Verteilung des Stickstoffes in unbebrüteten
1, 10, 19 Tage lang bebrüteten Hühnereiern; vor der Untersuchung wurde
das Eigelb mechanisch vom Eiweiß abgetrennt. Abderhalden \m& Kempe ^)
haben zur Prüfung der Frage, ob im tierischen (Organismus ein Umbau
von Aminosäuren stattfindet . den ( iehalt von Hühnereiern an Tyrosin.
Glutaminsäure und Glykokoll (nach totaler Hydrolyse) in verschiedenen
Stadien der Bebrütung verglichen, konnten aber keine ül)erzeugenden Unter-
schiede feststellen.
Bei solchen ^'ergleichen und Versuchen an Hühnereiern verschiedener
Stadien sollen Eier aus demselben Hühnerhofe von der nämlichen Hühner-
rasse und von möglichst gleichem Gewicht verwendet werden; am besten
Eier derselben Henne. 'M Die Schale und die Schalenhaut, die bei der Bil-
dung des Hühnchens nur in sehr geringem Maße \'erwendung finden ^),
wurden meist nicht mit untersucht. Der Eiinhah (Eiweiß, Eigelb und der
sich entwickelnde Embryo) werden entweder innig gemischt und zusammen
untersucht oder man untersucht den Embryo getrennt. Das reife Hühn-
chen wird sofort nach dem Auskriechen getötet , zerschnitten . auf einer
Glasplatte fein zerhackt und in einer Pieibschale zu einer gleichmäßigen
homogenen Masse zerrieben. Aliquote Teile dienen zu der quantitativen
Bestimmmig. '')
*) A. Kossei, Weitere Beiträge zur Chemie des Zellkerns. Zeitschr. f. phys. Chem.
Bd. 10. S. 248 (1886).
^) Lafaijette, B. Mendel und .S'. Leavenworth , Chauges in the Purine-, Pentose-
and Cholesterolcontent of the developing &gg. Americ. Journ. of Physiol. Bd. 21. S. 77 (1908).
^) B. A. Levene, Embryochemische Untersuchungen. Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 35.
S. 80 (1902.)
•*) Abderhalden und Kempe, Vergleichende Untersuchungen über den Gehalt von
befruchteten Hühnereiern in verschiedenen Entwicklungsperioden an Tyrosin, Glykokoll
und Glutaminsäure. Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 53. S. 398 (1907).
'") Tangl und Mitiich, Beiträge zur Energetik der Ontogenese. V. Mitt. Arch. f.
d. ges. Phys. Bd. 121. S. 437 (1908).
^) S. aber Tangl, Untersuchungen über die Beteiligung der Eischale am Stoff-
wechsel des Eiiuhaltes während der Bebriltung. Arch. f. d. ges. Phys. Bd. 121. S. 423 (1907).
') Liebermann , Embryochemische Untersuchungen. Arch. f. d. ges. Phys. Bd. 43.
S. 71 (1888).
Arbeitsmetbodeu zur Untersucluiiig des interiiiediaicii Stoffwechsels. lir)H
Tan(/l und Farkas ^) haben UntiTsiicliuii;.;!'!! an Kischcicni aiij;rstt'llt;
sie iaiiden im bebrüteteii Forelleiiei ein Objekt, in wclclicni eine NeubiMuiif^
von Fett stattfindet.
Auch Insekteneier sind zu solchen Untersuchunj^en Iieran<i-ez()^r<'n
worden. So die Eier des Seidenspinners. ISomlnx mori.-') Hie Eier (der
soj^cnannte Samen) des Tieres werden im linicni <U's Mutterleibes be-
fruchtet und zu 400 — 500 vom Weibchen im Summer ab!.icle^^t. Sie ent-
wickeln sich im Sommer nur bis zu einer f^ewissen Stufe und ruhen dann
in diesem Stadium den ganzen Winter. Sie können aus Seidenraiij)enzucht-
anstalten in größerer Menge und in gleichartiger Qualität bezogen wenlen.
Im Januar oder Februar kann man die Eier dann zur weiteren Knt Wick-
lung anregen, indem man sie in ein geheiztes Zimmer (22 — 25« C) bringt.
Die Räupchen schlüpfen in zwei Wochen aus. Tichoinirof konnte (hirch
Vergleichen der Zusammensetzung der Eier vor der liebrütung und nach
IStägiger Bebrütung die Xeuentstehung von Turiidiasen feststellen.
Die Insekten sind auch im Chrysaliden-iruppen-iStadium geeig-
nete Objekte zum Studium chemischer Umbauprozesse. Im Puppenstadium
erfahren die Insekten bekanntlich eine tiefgreifende Metamorphose, indem
fast alle Organe sehr bedeutende \'er;lnderuiigen durchmachen, deren Ei'gebnis
die geschlechtsreife Form ist; dabei \Yerden aus der Aulienwelt keine
Nährstoffe aufgenommen. Während dieser Zeit finden neben uewebs-
einschmelzenden Abbauprozessen auch gewebsbildende Aufbauprozi-sse in
großem Umfange statt. Eine solche Neubildung ist unter andei'em
die Entstehung- des Chitins. An den Puppen des Seidenspinners haben ge-
arbeitet: 0. Kellner , E. Bataillon und E. Couvreur, Kotakc und Sera
und K. Farkas. '^)
Ferner ist von Abderhalden und seinen Mitarbeitern*) auch an diesem
Objekt die Frage geprüft worden, ob eine Neul)ildung von Aminosäuren
im Organismus vorkommt; sie haben untersucht, ob l)ei der l'nxhiktion
der an Tyrosin, GlykokoU und Alanin reichen Seide diese .Vniinosjturen neu-
gebildet werden oder ob die sich einspinnende Ilaupe diese Hausteine aus
') Tangl und Farka», Beiträge zur Energetik der Ontogenese. W. Mitt. Arcli. f.
d. ges. Phys. Bd. 104. S. (524 (1904).
2) Tichomiroff, Chemische Studien über die Entwicklung der Insekteiieier. Zeit-
schrift f. phys. ehem. Bd. 9. S. 518 (1885).
ä) 0. Kellner, Chemische Untersuchung ülter die P-ntwicklung und Kriiühruiig des
Seidenspinners. Landwirtschaft!. Versuchsstationen. Bd. 30. S. .V.)(1883); Bd. 33. S. 381
(1887). — E. Bataillon und E. Couvreur, La fonction glycogi^iique chez le ver a soie
pendant la metamorphose. Compt. rend. de la soc. de biol. B<1. 44. 8.409 (1892). —
Couvreur, Sur la transformation de la graisse en glycogene diez if vor a soie pendant
la metamorphose. Ebenda. Bd. 47. S. 796 (1895). — Kotah und Svra , Findet eine
Umwandlung von Fett aus Glykogen bei der Seidenraupe wiihreinl der Metamorphose
stattV Zeitschr.f.phvs.Chem. Bd. 62. S. 115 (1900). — Farkas, Beiträge zur Energetik
der Ontogenese. Ilf. Mitt. Arch. f. d. ges. Phys. Bd. 98. S. 490 (1903).
*) Abderhalden und Dean, Studien üi)er die Bildung der Seide. Zeitschr. f. phys.
Chem. Bd. 59. S. 170 (1909). — Abderhalden und Weicbardt, Die Monoaminosäuren
des Körpers des Seidenspinners. Ebenda. Bd. 59. S. 174 (1909).
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 73
]^]^54 ^tto Neubauer.
ihrem Körporbestaiul hergibt, also l)ei der Verpuppuug an ihnen verarmt;
das letztere ist der Fall:
Hydrolysierte Seidenraupen enthielten, in Prozent des Gesamt-N:
' lO-20/o Glykokoll. 8-70/0 Alanin, 4-3 Vo Tyrosin.
Hydrolysierte Schmetterlinge :
3-50/0 Glykokoll, 3-2o/o Alanin, 1-GVo Tyrosin.
Weinland^) bevorzugt als Untersuchungsobjekt die Puppe der Heisch-
t'hege (Calliphora vomitoria). die sich im Gegensatz zum Seidenspinner
auch im rauheren Klima während des Sommers in beliebiger Menge züchten
läßt. P>ei der Züchtung verfährt er in der Weise, daß er Pferdefleisch,
das im Groben von Fett befreit ist, durch die Heischhackmaschine schickt.
Auf den Brei, dem zum Aufsaugen der oft reichlich sich abscheidenden
Flüssigkeit Filtrierpapier beigegeben wird, werden einige Exemplare der
Fleischfliege gesetzt. Nach einem bis spätestens zwei Tagen hat das Tier
seine Eier abgelegt. Wenn die Larven nach weiterem Ablauf von fünf oder
mehr Tagen die für die Verpupp ung nötige Größe erreicht haben, gibt man
ihnen Gelegenheit, den Behälter zu verlassen und sich an hchtgeschützten
Stellen, z. B. unter dunklem Papier, zu sammeln und zu verpuppen. Das
Puppenstadium dauert 13 — 14 Tage. Durch reichhche Wärmezufuhr kann
es eventuell abgekürzt werden. Zu Beginn der \ erpuppung und nach ver-
schiedenen Zeitintervallen werden Proben von 100 — 1000 Stück entnommen
und chemisch untersucht (Fettgehalt, Glykogen. Stickstoffgehalt usw^).
Weinland fand eine Zersetzung von Fett und N-haltiger Substanz sowie
Bildung von Kohlehydraten (Chitin). Das zersetzte N-haltige Material war
ausreichend, um die Neubildung von Kohlehydrat zu decken.
* *
*
Weitere Aufschlüsse für die Kenntnis intermediärer Stoffwechselvor-
gänge bringen ferner Untersuchungen an Organen von Tieren, die vorher
unter einseitige Ernährungsbedingungen gesetzt worden sind. Man
kann z. B. manche Körpersubstanzen, die bei gewöhnlicher Ernährung zuge-
führt werden, aus der Nahrung ausschalten. Bleibt trotzdem der Körperbestand
erhalten und das Tier dauernd gesund, so ist bewiesen, daß es imstande ist, die
betreffenden Substanzen aus anderen Nahrungsbestandteilen zu bilden. So
läßt sich zeigen, daß der Organismus bei vöUig oder fast völhg purinfreier
Nahrung (Milch, Eier) erhalten werden kann, trotzdem täglich Purinkörper
mit dem Harn ausgeschieden werden; er muß also imstande sein, die
für die Zellkerne wichtigen Purinsubstanzen synthetisch aufzubauen. Be-
sonders schlagend sind diese Versuche, wenn sie an wachsenden Tieren
ausgeführt werden und diese sich trotzdem in normaler Weise weiterent-
wickehi. Burian und Schur ^) haben von zwei Tieren (Kaninchen, Hunde)
') E. Weinland, Über die Stoff umsetzungeu wäbrend der Metamorphose der Fleisch -
fliege. Zeitschr. f. Biol. Bd. 47. S. 18ß (1906).
^) Burian und Schur, Über Xukleiubildung im Säugetierorganismus. Zeitschr. f.
phys. Chem. Bd. 23. S. 55 (1897).
Arbeitsmethoden zur Intersuchiiiip dos intermediären Stoffwechsels. Hoo
desselben Wurfes d;is eine sofort j-ctütct und den l'urinlia.s('nf:clialt des
Körpers bestimmt. Das andere, gleich j^n-oße Tier \vur<l<' erst nach lio-
endii>nng' der Stilluiiijsperiode fjretötet und zur Analyse verwendet. Ks er-
gab sieh, daß außer dem Körpergewicht auch <ler l'urinbasengehalf des
Organismus sehr bedeutend zugenommen hatte, tiotzdem die Tiere nur
Milch, also purinfreie Nahrung, aufgenomnieii hatten. Daraus schließen sie
mit Kecht. daß irgend eine (irui)pe im Kiweir,niolekid der ('mwaiidlunL''
in die Puringruppe des Nukleins fidiig ist.
In analoger Weise läßt sich die synthetische i;ildun;i d<-s lllutfarb-
stoffes im Organismus erschließen; ferner die Synthese von KiweiCi aus
zugeführten hydrolytischen Spaltungsprodukten, da der Körper auch mit
weit abgebautem Eiweiß erhalten werden kann. Durch gleichzeitige \ Cr-
folgung der Stickstoffl)ilanz gewinnen diese \ersuche noch bi-deuteml an
Keweiskraft (siehe weiter unten).
Dagegen ergaben analog angelegte \'ersuche. daß der Kör|»er incht
imstande ist, aus N-freiem Material und aus anorganischen N-\ Crbindungen
Aminosäuren und P^iweiß aufzubauen, wenigstens nicht in einer fiii- die
Erhaltung des Organismus nötigen Quantität und Qualität. Denn ziii- Ei-
haltung des Lebens erwäes sich in allen bis jetzt durchgeführten Experi-
menten die Zufuhr vollwertige]' Eiweißkörper odei* der Summe ihrer
hydrolytischen Spaltungsprodukte als unbedingt notwendiii-.
In gleicher Weise läßt sich zeigen, daß unter den Eiiioiden der
Nahrung lebenswichtige Stoffe vorhanden sind, die der Organismus aus
anderem Nahrungsmaterial nicht bilden kann. Stvpp *) füttei'te wcilie Mäuse
mit Brot, das getrocknet, zerschrotet und 12 Stunden laiiii im So.rhlH<v\\i'\\
Apparat mit O^o^/ßigem Alkohol und Äther extrahiert woniin \\;ii-. Zur
völligen Entfernung des Äthers wurde das Brot in Wasser eingeweicht und
der Äther mitsamt dem Wasser bei 40" im Luftstrom verjagt. Mit solchem
fett- und Hpoidfreiem Brot gefütterte Mäuse konnten nicht länger als
höchstens 29 Tage am Leben erhalten werden. Zulage von reinem Fett
änderte nichts an diesem Ergebnis, wohl aber Zusatz des .Mkuhnläther-
extraktes aus getrockneter Magermilch.
Eine erschöpfende Erkenntnis aller derjenigen lebenswichtigen Körper-
substanzen, die der Organismus nicht selbst aufbauen kann, sondern die
ihm unbedingt mit der Nahrung zugeführt werden müssen , wird erst dann
erreicht sein, wenn es gelingt, aus chemisch reinen Stoffen eine Nahrung
zusammenzusetzen, mit der Tiere dauernd am Leben erhalten werden kömien.
Das ist bisher noch nicht möglich gewesen.'^) Als \'eisuchstierc wurden
meistens Mäuse gewählt, weil bei ihrer Kleinheit die IJeschaltung des
nötigen Futterquantums keine Schwierigkeiten verursacht. Nach Hnnh^ues
*) Sfcpp, Versuche ül)er FiUtorung mit liiioidfroitM- Nalimn':. niocheni. Zeitschr.
Bd. 39. S. 452 (1909). — l<'iitteruugsversuche mit lipoidfroier Nahnin-:. Vcrliandl. d.
28. Kongresses f. innere Mediz-in. 1911. S. 234.
-) Lunin, Über die Bedeutung der anorganischen Salze filr die l-,rnalirunir deis
Tieres. Zcitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 5. S. 31 (1881).
73*
11 qQ Otto Neubauer.
lind Hansen^). Falfa und Noeggerath-) sind aber Ratten für solche Ver-
suche geeigneter. Die Versuche müssen eventuell monatelang fortgeführt
werden. Zur Zusammensetzung der künstlichen Nahrung stehen derzeit zur
\'erfügung:
als Salze: veraschte Milch oder künstlich zusammengesetzte Salz-
mischungen. z.B. Na CK KCl. Knochenasche je 50, Na carb. 10 Teile s),
als Kohlenhydrate: Stärke, Traubenzucker, Rohrzucker,
als Fett: gereinigtes Tierfett,
als Eiweißkörper: Albumin aus Rlut. Fibrin. Hämoglobin, Kasein,
Eiereiweiß (Merck), Edestin (Höchster Farbwerke),
ferner nukleinsaures Natron (Boehringer oder Merck), Cholesterin
(Merck), Lezithin.
Als besonders ergebnisreich haben sich die \'ersuche erwiesen, durch
Verabreichung einer einseitig zusammengesetzten Nahrung die Mutter-
substanzen der eigentlichen Reservestoffe des Tierkörpers (Fett und
Glykogen) festzustellen. »)
So gelingt es , einer geistreichen Idee von Kühne folgend , in über-
zeugender Weise die xlblagerung von Nahrungsfett in den Fettdepots
des Körpers nachzuweisen : wenn man ein Tier mit einem körperfremden
Fett mästet, so läßt sich dieses nachher im Fettgewebe wiederfinden. Um
die Bedingungen für einen solchen Versuch möglichst günstig zu gestalten,
ist es zweckmäßig, das Tier vorher von seinem eigenen Fett zu befreien.
Bei Hunden ist das durch länger dauernden Hunger bis zur Abnahme des
Körpergewichtes um gut ein Drittel zu erreichen. Dann erhält das Tier
möglichst viel von dem heterogenen Fett neben einer knapp ausreichen-
den Menge von Eiweiß (fettarmes Fleisch). EventueU muß das Fett mit
der Schlundsonde beigebracht werden. Zur \'ermeidung von Diarrhöen
wird Zugabe von Ca carb. empfohlen. Nach 2 — 4wöchentlicher Fütterung
wird das Tier getötet, das Fett der Fettdepots durch Auslassen ge-
wonnen und mit dem gewöhnlichen Hundefett verglichen. Dieses besteht
aus rund TOVo Olein, 30% Palmitin und Stearin. Jodzahl 41 — 83. Seine
Fettsäuren haben einen Schmelzpunkt von 39 — 41", einen Erstarrungs-
punkt von 35° C. eine Jodzahl von ca. 50. Über die Untersuchungsmethoden
des Fettes siehe dieses Werk Bd. II, S. 199 und Bd. V. S. 477.
Als körperfremde Fette eignen sich für diese Versuche:
Hammeltalg. Er kennzeichnet sich durch folgende Eigenschaften:
weiße Farbe, feste Konsistenz bei gewöhnhcher Temperatur, Schmelzpunkt
') Henriques und Hansen, tiber Eiweißsynthese im Tierkörper. Zeitschr. f. pliysiol.
Chemie. Bd. 43. S. 417 (1904).
^) Falta und Noeggerath, Fütterungsversuche mit künstlicher Nahrung. Beitr.
zur ehem. Physiol. u. Pathol. Bd. 7. S. 313 (1905).
') Lebedeff, Über Fettansatz im Tierkörper. Zeutralbl. f. d. med. Wissensch. Bd. 20.
S. 129 (1882). — J. Munk, Zur Lehre von der Resorption, Bildung und Ablagerung
des Fettes im Tierkörper. Virchows Archiv. Bd. 95. S. 407 (1884).
Arbeitsmethoden zur Untcrsncluing dos intermediären Stoffwecliscls. ll.")?
44 — 51. Jodzalil 82 86. ¥a- oiithült vorwiegend Stcaiin iicImii l'.ilniitiii
und wenig' Olein (IßVo)-')
lvül)ül i.st flüssiij-, enthält viel olein. daneiten ancli Krucin ((ilyzeritl
der Krukasäure). Munk-) hat tolüende Methoden cinvc^ehlaL'en . um es aus
dem flüssigen Anteil des Fettes zu isolieren: Ahkidilcn mmI' O (Irad. wohoi
sieh das Erucin abscheidet . \erseit'en mit alkoholischer Natronlaiigr. flter-
iuhriing der Seifen in Pflaster durch Kochen mit lllciznckerlösung. Extrak-
tion des erukasauren Bleis mit warmem Äther: ans dem Hleisalz wird die
Fettsäure durch Zersetzen mit verdünnter Schwefelsäure auf dem Wasser-
bad und Extraktion mit Äther in Freiheit gesetzt und aus kaltem .Mkolioj
umkristallisiert. Der Schmelzpunkt für die reine Erukasäure soll 88 — 84"
betragen. Doch gelang es Mioik nicht, die Säure völlig rein zu erhalten.
Ein anderes ^'erfahren zur Identifiziei'img der Erukasäure ist folgendes:
Die aus dem Fett gewonnenen Fettsäuren werden aus wenig kaltem, ab-
solutem Alkohol umkiistallisieit . in Alkohol gelöst, mit alkoholischer lllei-
zuckerlösung gefällt: der Niederschlag winl abfiltrieit . mit Alkohol ge-
waschen, bis im Filtrat kein lUei mehr nachweisbar ist. der Niederschlag,'
über Schwefelsäure getrocknet und sein Hleigehalt als l'bSO, bestimmt.
Erukasauros Blei verlangt 28-5"/o I>l^'i- oleinsaures Blei L'f'.s-J" „ . stearin-
saures Blei 26'78^o. palmitinsaures Blei 28-8T° o-
Palmöl^) enthält kein Stearin, besteht zur Il.dffe an- l'almitin
und Olein.
Kokosbutter*) (reich an Glyceriden niederer Fettsäuren, Jodzahl 8).
Sesamöl (s. dieses Werk, Bd. II. S. 220).
Leinöl'^) (s. dieses W^erk, Bd. II. S. 281).
Lebertran (hohe Jodzahl, 185- -176).
Jodfette") (jodiertes Schweinefett oder Jodipin). Die Bestimmunir des
Jodgehaltes im Körperfett erfolgt entweder nach \ei-aschiing gewichts-
analytisch als PdJ.2 oder zweckmäßiger iiach folgendem N'erfahren: Ol— 2y
des Fettes werden mit alkoholischer Kalilauge verseift, wobei das Jod ab-
gespalten wird. Nach dem Ansäuern dei- wässerigen Seifenlösung und Zu-
satz einiger Tropfen von schwefliger Säure (zui- Verhinderimg der Ab-
scheidung von freiem Jod) wii-d von den ai)geschie(lenen Fettsäuren
abfiltriert. Die Fettsäuren werden nochmals mit wässeriger Kalilauire ver-
seift; nach abermaliger Abscheidung mittels Schwefelsäure durch dasselbe
1) Radziejewski , Experimentelle Beiträ?«' zur Fcttre8orpti(»n. l'irrlioirs Archiv.
Bd. 43. S. 268 (186K): Bd. 56. S. 211 (1872). — J. Munk, a. a. O.
= ) J. Munk und Roscnsfcin, Zur Lehre von der Resorption im Karni. Virchoirs
Arehiv. Bd. 123. S. 330 (1881).
•') Suhhotin, Beitrage zur Physiologie des Fettgewehes. Zeitsrhr. f. Biologie. Bd. 6.
S. 73 (1870). — Munk, -a. a. 0.
*) Rosenfeld, Die Herkunft des Fettes. Verhaiidl. d IT l\oni.Mvs>cs f innrre
Medizin. 1895. S. 430.
») Lebedeff, a. a. 0. .
«) // winternitz, Üher .Tndfette und ihr Verhalten im ()nraiiisnui>. Zeitschr. f.
physiol. Chemie. Bd. 24. S. 42.5 (1898).
j]^58 ö^^o Neubauer.
Filter filtriert, mit Wasser gewaschen ; die vereinigten Filtrate werden auf
ein bestimmtes \'olumen gebracht , in einem alicjuoten Teil das Jod kolori-
metrisch bestimmt.
Walrat, das Subbothi verwendete, ist für diese Versuche nicht
geeignet. Es steht den echten Fetten offenbar schon zu ferne.
Mit derselben Methodik (Zufuhr eines leicht nachweisbaren körper-
fremden Fettes) laßt sich nach Joannovicz und Pick^) zeigen, daß die
Leber eine sehr wichtige Rolle bei der Fettresorption spielt : nach Zufuhr
von Lebertran (je 100 cni^ an drei aufeinanderfolgenden Tagen) enthalt
sie sehr große Mengen von Fett mit hoher Jodzahl; da das nach Aus-
schaltung der Leber aus dem Pfortaderkreislauf (EcMche Fistel) nicht
mehr der Fall ist, so kann man annehmen, daß der Leber Nahrungsfett
direkt mit dem Pfortaderblut zugeführt wird.
Ferner läßt sich auf diesem Weg der Nachweis erbringen, daß der
Organismus imstande ist, zugeführte Fettsäuren zum synthetischen
Aufbau von Lipoiden zu verwenden. Joannovicz und Pick^) haben in
ihren Versuchen auch die Jodzahl der in den Leberphosphatiden (Aceton-
fällung des Ätherextraktes) vorhandenen Fettsäuren untersucht und ge-
funden, daß sie nach Lebertranfütterung ebenfalls ansteigt (Hunger-
hund: 120, normal gefütterter Hund: 102, mit Lebertran gefütterter
Hund: 151). Ferner hat man in den Nieren amerikanischer Rinder ein
eigenartiges Phosphatid , das Karnaubon, gefunden ; die für dieses Phos-
phatid charakteristische Fettsäure, die Karnaubasäure, die sonst im Tier-
körper nicht vorkommt, ist nun auch in den Raumwollpreßkuchen, die als
Mastfutter dienen, reichUch enthalten, ^j
Diese Methode , die Ablagerung von Nahrungsstoffen im (Organismus
nachzuweisen, ist aber nur bei den fettartigen Stoffen anwendbar. Es ge-
lingt nicht etwa, körperfremde Kohlenhydrate oder gar Eiweißkörper in
unveränderter Form als Reservestoffe zum Ansatz zu bringen. Übrigens
zeigen die Hammeltalg- und Rübölversuche von Abderhalden und Brahm 3),
daß im wesentlichen nur das Fett der Fettdepots die charakteristischen
Eigenschaften des Nahrungsfettes zeigt, während das eigentliche ..Zellfett"
in seiner Zusammensetzung von der xVrt des aufgenommenen Nahrungs-
fettes unabhängig ist; das „Zellfett" wurde in der Weise gewonnen,
daß das getrocknete , mit Äther extrahierte Fleisch durch fünftägige A'er-
dauung mit Magensaft oder durch fünfstündiges Kochen mit der zehnfachen
Menge 2''/üigei' Salzsäure aufgeschlossen wurde. Dann wurde filtriert, das
') Joannovicz und E. P. Pick, Experimentelle Untersuchungen über die Bedeutung
der Leber bei der Fettresorption unter normalen und pathologischen Verhältnissen.
Wiener klin. Wochenschr. Jg. 23. S. 573 (1910).
^) Dunham und Jacobson, Über Carnaubon. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 64.
S. 302 (1910); s. auch »).
") Abderhalden und Brahm, Ist das am Aufbau der Körperzellen beteiligte Fett
in seiner Zusammensetzung von der Art des aufgenommenen Nahrungsfettes abhängig?
Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 62. S. 330 (1909).
Arbeitsmethode» zur Untersuehuug des intermediäroii Stoffwechsels. 1 !.'){>
P'iltrat und der gotrockiictc Filtc rnickstaiid mit Atlicr cxtraliiiTt. Das
extrahierte Fett wurde mit alkoiiolischcr Natididaii^c verseift; die Krtt-
saiireii wurden abgeschieden und ihr Schmclzpind^t und I-'-rstarruii'rspunkt
festgestellt.
Ein anderer Weg, um die Muttersubstanzen des Köriterfettes kennen zu
lernen, besteht darin, daß man ein Tier mögliehst fettarm macht: wcini
es dann gehngt. durch reichliche Zufuhr einer Substanz eine Anreicherung
des Körpers an Fett zu erzielen, so darf man schlielien. dali diese gebildete
Substanz als Muttersubstanz des Fettes einzusehen ist: Mast met hi)de.
F. Hof'mann'^) hat mit dieser Methode den Ansatz von Nahi iing.s-
fett im Körper bewiesen. Er hat gezeigt, daß eine einseitig fettreiche
Nahrung die im Körper voi-hancU'iie Fettmenge vermehrt.
Ein kräftiger, ausgewachsener (aber nicht alter), lungere /ejt mit
Fleisch gefütterter Hund machte eine SOtägige Hungerperiode durch, während
deren er von 26"5 auf 16 /v/. also um mehr als ein Drittel seines Körper-
gewichtes abnahm ; nach F^rfahrungen an Kontrolltieren kann angeuDnimen
werden, daß er nach dieser Vorbehandlung fast fettfrei ist. Dann wird er
durch 5 Tage mit wenig Fleisch und großen Mengen Speck gefüttert und
getötet. Die Fettbestimmung in der Nahrung, im Kot und im Darminhalt
ergil)t, daß während der Fütterungsperiode 1854// Fett inid H9-7</ Eiweiß-
stickstoff resorbiert worden ist.
Der Körper des Tieres enthält .... \?>h)\(j Fett
Davon könnte aus dem verfütterten Ei-
weiß stammen höchstens \'Mg-)
Von dem verabreichten Fett sind also zum
Ansatz gekommen annähernd .... i'l'l'l'j Fett.
Die Bestimmung des Fettes in der Nahrung uml in den (Geweben
erfordert besondere Genauigkeit. Methoden siehe dieses Werk Ild. U,
S. 199 und Ikl. V, S. 477.
In analoger Weise, wurde die Bildung von Fett aus Kohlen-
hydraten bewiesen. Man macht die Tiere mögUchst fettarm, mästet dann
mit einem kohlenhydratreichen, aber möglichst fettarmen und eiweii'.armen
Futter, tötet die Versuchstiere nach einei" angemessenen Zeit und bestimmt
die Zunahme des Körperfettes durch \'ergleich mit Kontrolltieren, die
schon am Ende der Unterernährungsperiode O'espektive Hungerperiode)
getötet worden sind. Ist die Zunahme an Fett grölier. als aus den gering«'n
Fettmengen der Nahrung und dem während der Mastperiode zers«'tzten
Eiweiß (dessen Meiiüe aus dem N-(iehalt i\v<. Harnes bererhnef wird-)
') Franz Hof manu , Der Übergang von Nuliniiigsfett in die Zellen des Tier-
körpers! Zeitschr. f. Biologie. Bd. 8. S. I.ö3 (1H72).
-') Unter Zugrundelegung der JJennehcrf/schQn Zalil : ans 100.*/ Kiweiß können.
rein rechnerisch, im Maximum 51-3U// Fett neben 33-4.") . 7 V und 27-4 .7 CO, entstehen.
(Neue Beitrage zur Begründiing einer rationellen Fütterung der Wiederkaner. I.and-
wirtschaftl. Versuchsstationen. 22. 393.)
\XQO Otto Neubauer.
erklärt werden kann, so ist die Bildung von Fett aus Kolilenhydrat er-
wiesen. Am geeignetsten für derartige Versuche sind Tiere, bei denen
eine Fettmast erfahrungsgemäß besonders leicht zu erzielen ist . also vor
allem Schweine und Gänse. Gänse haben vor größeren Tieren noch den
A'orteil. daß eine verläßliche Fettbostimmung im Gesamtorganismus sehr
viel leichter durchführbar ist.
Als Beispiel diene ein Versuch Chanieicskis ^) an zwei Gänsen vom
Gewicht 2381^ (Kontrolltier) und 3706^ (Versuchstier). Nach einer fünf-
tägigen Hungerperiode wurde das Kontrolltier getötet, der Eiweißgehalt
(456-47(/) und der Fettgehalt (92-41 ^ = 3-25Vo) bestimmt.
Das eigentüche Versuchstier wird dann durch 15 Tage mit einem
Gemisch von Gerste und Reis von bekanntem Eiweiß- und Fettgehalt ge-
mästet. In den gesammelten Exkrementen wird bestimmt: das nicht
resorbierte Fett (15-9^), der Gesamtstickstoff (40-8^), der als U vor-
handenene N (11-4.9) und der ätherlösliche (O'-ig). Der nicht als Ü-N oder
als ätherlöslicher N vorhandene Stickstoff (290<7) wird als nicht resor-
bierter Nahrungs-N betrachtet. Am Schluß der ]\Iastperiode wird das Tier
getötet, dann der Eiweiß- und Fettgehalt bestimmt. Es ergibt sich fol-
gende Bilanz:
Gehalt des Versuchstieres bei Beginn der ]\Iästung (berechnet aus den
Zahlen des Kontrolltieres, unter Berück-
sichtigung des Körpergewichtes) . . . 483-8^ Eiweiß 97-7^ Fett
Gehalt des Versuchstiers am Schlüsse der
Mästung (direkt bestimmt) .... . 489-2^ ,, 542-9.9^) ,.
Masteffekt 5-4y Eiweiß 445-2^ Fett
= 0-8^ N.
Von diesem Fett ist gedeckt :
Durch Fett aus der Nahrung: zugeführt mit der Nahrung 24*6. zurück-
gefunden im Kot 159 . also wirklich resorbiert 8-7^
Aus Eiweiß: zugeführter Nahrungs-N 45-8
nicht resorbiert 29'0
resorbierter N 16'8
als Eiweiß angesetzter N ^ 0^8
bleibt zur Fettbildung im günstigsten Fall zur
Verfügung Eiweiß entsprechend Iß'O^' N.
Diese bedeuten 100,7 Eiweiß; aus diesen können sich nach
Henneberg (s. oben) höchstens bilden . bV4:g
Durch Fett und Eiweiß gedeckter Teil des Mastfettes 60-1^
Masteffekt (s. oben) ■ • 445-2 </
Ungedeckt, also aus Kohlenhydrat entstandenes Fett 385-1 </
0 Chaniewshi, Ülter Fettlüldung aus Kohlenhydrat im Tierorganismus. Zeitschr.
f. Biologie. Bd. 20. S. 189 (1884).
^) Im Original ein Druckfehler.
Arbeitsmethoden zur rntersuchiing des iiitermi'diarou StoffwcchselB. HCl
Die r.ildung- von Fett aus Kiwcii; li.il sich da^n'^-ii aiil (licsciii
eiiifat'lion Füttci'iiiiuswog' iiodi iiiclit cinwaiKltrci hcwciscn lassen. Da <lir
.Mödichkoit eines Cbert>angs von EiweilJ in Fett hente nicht nnhr he-
zweifelt weiden kann (sind doch die hei(h-n Teil.stivckcn Fi\veii;-/in-ker.
Zückcr-Fett exakt festgelegt), so liegt das offenbar daiaii . dal'i «lir \'er-
suchsbedingungen zu ungünstig waren.
Franz Hof mann ^) glaubte in dvw wachsenden Fliej.M'ninaden ein Ob-
jekt gefunden zu hal)en . an dem sicii dir lliidung von Fett ans Kiweil»
analytisch denionsti-ieren ließe. Er setzte Fliegeiu'ier auf defibriniertos
lUut. dessen Fettgehalt bestimmt wai\ inul untersuchte dann den IVtt-
gehalt der erwachsenen Maden, (iegen diese \'ersuche eihob J'f/ii(/>r unter
anderem den prinzii)iellen Finwand. daCi hier die MitwirknuL;- von l'.akterien
nicht auszuschlielJen sei.
In ausgedehntester Weise wurde die Mästungsniethode benutzt, um die
Quellen des zweiten wichtigen Re.servestoffe.s. des (ilykogens. zu erforschen.
Auch hier geht man in analoger Weise vor. indem man das Tier zuerst mög-
lichst glykogenfrei macht und dann die zu pi-iifende Sid)stanz in großer Mengte
zuführt. Findet man dann eine Zunahme des (Mykoucnuchaltcs gegenüber
Kontrolltieren, so wird man annelunen. können . daU die verfütterte .Sub-
stanz in Glykogen übergegangen ist. Fs ist jedoch wichtiL!. zu beachten.
daß solche Schlußfolgerungen nicht durchaus zwingend sind. .Man kann ein-
wenden, daß die verfütterte Substanz vielleicht nicht selbst in (ilykogen über-
gegangen ist. sondern zu anderen Zwecken im Organismus verwendet worden
ist und dadurch andere, im Köij)ei' vorhandene Stoffe zur (dykogenbildung
disponibel gemacht hat (Er.sparnistheorie). Auch noch in amlerer Wei.se
kann eine solche ..indirekte" (dykogenbildung zustande kiminien : man
hat gefunden, daß auch Substanzen, die als Fuergietriiger gar nicht ernst-
hcli in IJetracht kommen (Harnstoff. Ammoniaksab:e. .\mide. Narkotika.
Antipyretika. Adrenalin), eiiu' (ilykogenvermehrung bewirken können. Man
hat also bei einem positiven Ausfall des (ilvkogenmästungsver.suches imnu-r
noch an die Möglichkeit zu denken, daß die verabreichte Substanz kein
echter (ilykoge]d)ildner ist, sondern ein ..Pseudoglykogenbildner" -» : In-i dei-
Deutung sind vor allem die (luantitativen \('rh;dtiüsse mal'igebend.
Es ist selbstverständlich, daß die Kontroiltiei-e den eigentlichen \er-
suchstieren möglichst ähnlich sein sollen an Hasse. (Jröße. Fruidirunirszu-
stand und daß eine große Anzahl von Kontrolltieren zu unter.-^uchen
ist. Der Ennittlung der günstigsten \('rsuchsbe(lingungen ist eine große
Anzahl von Arbeiten gewidmet worden : es liandelt sich voi- allem darum,
durch eine geeignete Vorbehandlung das (ilykogen nniglichst vollständig
und sicher aus dem Körpei- zu entfernen, so daß dei' (ilvkogengehalt der
') F. Jlof mann, Der Übergaiifr von Nulirunsrsfett in dii- Zollen de.* Tierkorpers
Zeitschr. f. Biol. Bd. 8. S. 153 (1872).
-) Crcnur, Physiologie des (ilykogens in Aslifr-S|.ijn. V.xx il l'h\-i..I IM I
Biochemie. S. 8U3 (19U2).
1162
Otto Neubauer.
Kontrolltiere auf ein Minimum reduziert ist. Die zur Verfügung stehenden
Methoden sind:
a) Im Hunger nimmt der Glykogengehalt rasch ab; doch hat schon
Claude Bernard gezeigt, daß man durch Hunger Tiere nicht sicher gly-
kogenfrei machen kann. Der Glykogengehalt hungernder Tiere ist auch bei
scheinbar gleichen Lebensbedingungen sehr großen individuellen Schwan-
kungen unterworfen und ganz unberechenbar. ^) Pffiiger-) fand bei einem
Hunde am 28. Hungertag noch 4-785Vo Glykogen in der Lel)er und
0'158 in den Muskeln, also im ganzen Körper von 33'6 % noch ö2-b g
Glykogen.
b) Kohlenhydratfreie Kost. Mit ihr ist noch weniger als durch
vollständiges Hungern wirkliche Glykogenfreiheit zu erzielen. Als A'orberei-
tung für den \'ersuch ist aber eine derartige Ernährung sehr wohl brauch-
bar. Eine möglichst kohlenhydratarme Kost ist die reine Fleischfettkost.
Doch ist zu berücksichtigen, daß das Fleisch immer geringe Mengen von
Glykogen enthält, besonders das Pferdefleisch, weniger das Ochsenfleisch ;
sehr arm an Kohlehydraten ist nach Pflüger ^) das Kabhaufleisch, das in
der Regel nur einige Hundertstel Prozent Glykogen enthält; in manchen
Fällen allerdings bis zu 0-3"/o- Her Kohlenhydratgehalt des Fleisches muß
also in jedem entscheidenden Versuch eigens bestimmt werden.
c) Durch anstrengende Muskelarbeit wird ebenfalls der Glykogen-
gehalt beträchtlich herabgesetzt; das Verfahren hat den Vorteil, relativ
wenig eingreifend zu sein, ist aber nicht im Stande, das Glykogen bis auf
die letzten Spuren zu entfernen. Die Methode wurde besonders bei Hunden
angewendet in Form der Tretbahnarbeit. ^)
d) Schwere Krämpfe wirken offenbar in analoger Weise. 7ii<^^^) hat
gezeigt, daß spezieU Strychnin ein Mittel ist, um Kaninchen glykogenfrei
zu machen. Methodik siehe weiter unten. Beim Frosch versagt die Me-
thode oder muß wenigstens durch längere Zeit angewendet werden.
e) Einwirkung von Kälte, z.B. Eintauchen in kaltes Wasser, so daß
die chemische Wärmeregulierung in Anspruch genommen wird, ß)
/; Phlorhizin. Mering hatte ursprünglich angegeben, daß es mit
Hilfe von Phlorhizin gelingt, Tiere rasch glykogenfrei zu machen; doch
1) E. KüJz, Beiträge zur Kenntnis des Glykogens. Festscbr. f. C. Ludwig, Mar-
burg 1890. — Äldcliojf, Über den Einfluß der Karenz auf den Glykogenbestand von
Muskel und Leber. Zeitscbr. f. Biol. Bd. 25. S. 137 (1889).
*) Pflüger, Über den Glykogengehalt der Tiere im Hungerzustand. Arch. f. d.
ges. Physiol. Bd. 91. S. 119 (1902).
') Pfliiger, Prof. Dr. Mohrfi neue Versucbe über die Entstehung von Glykogen aus
Eiweiß. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 126. S. .jlG (1909).
'') Bendix, Über phvsiol. Zuckerbildung nach Eiweißdarreichung. Zeitschrift für
physiol. Chem. Bd. 32. S. 479 (1901).
5) Külz, a. a. 0.
«) E. Külz, Über den Einfluß der Abkühlung auf den Glykogengehalt d. Leber.
Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 24. S. 46 (1881).
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des intermediären Stoffwechsels. 116H
stellte sich später heraus, daß man inanchmal docli ikk h icclit bctriicht-
liche Mengen von (Glykogen finden kann.')
g) Viele Gifte, wie Phosphor, Arsrn. vermögen den (Üykogengehalt der
Organe zu vermindern, setzen aber gleichzeitig so schwere anderweitige
Veränderungeu, daß einfache \'ersiichsbedingungen nicht gegeben sind.
Iii praxi ist es empfehlenswert, diese Verfahren miteinaiKh'i* zu kom-
binieren; besonders wichtig ist es. dal» man ti;inii im riditigen Zeitjjunkt
den eigentlichen \ersuch beginnt, respektive das Kontrolitier tötet, im
aUgemeinen möglichst bald nach dem letzten glykogenvermindernden Ein-
griff. Wartet man längere Zeit, so kann sich (Jlykogen wieder neu gel)il(h't
haben. Diese Tatsache, die der Aufmerksamkeit der Autoren lange ent-
gangen ist, dürfte viele \'erschiedenheiten in den \'ersu( lisresnitaten er-
klären. Narkotika sollen nicht verwendet werden, da untei' ihrem Kinflnl)
besonders leicht eine Neubildung von (ilykogen stattfindet.
Beispiele derartiger erprobter Kombinationen sind folgende \or-
schriften:
5ewf?ä' 2) : Hunde werden etwa 8 Tage lang mit sehr fettreiciier Nah-
rung (Schmalz), der nur sehr wenig Hackfleisch zugefügt ist, gefüttert,
wobei sie stark an Gewicht abnehmen. Es folgen 2 Tage vollständiger
Karenz; am darauffolgenden Tage laufen dii' Tiere auf der \'on Zuntz
konstruierten Tretbahn 4 Stunden in schnellem Tempo bergan (im Mini-
mum lOl-in mit einer Steigung von mehr als 2000 //o. In Leber und
Muskel finden sich dann nur noch Spuren von Kohlehydraten.
E. Pflüger, der an den Methoden der Glykogenverarmung sehr strenge
Kritik geübt hat, hat schließlich folgende Methode s) für geeignet erklärt:
Man läßt Hunde von b—lOhj 10 Tage lang hungern (Wasser wird
gegeben); an den ,') letzten Hungertagen erhält das Tier jeden Morgen
eine subkutane Einspritzung von 1 g I'hlorhizin ; 7 Stunden nach der letzten
Injektion wird das Tier getötet. Die Leber enthält nun weniger als O'l
(0-0567) Vo' die Muskulatur weniger als O'B (durchschnittlich 0-198)''/o < Glykogen.
Das Maximum von Kohlenhydrat, das in einem solchen 10 kg schweren
Hund noch vorhanden sein könnte, berechnet sich nach rjliigcr folgemler-
maßen:
In der Leber, Gewicht ;-U0 y, rrozentgehalt O-Oöfu Ol t»:-; g
In dem ülirigen Körper, wemi man den Gehalt
der Muskeln dafür einsetzt, was sicher viel zu
hoch ist l^'-' !f
Freier Zucker der Säfte • • lO'O //
2*J-493<7
') KiiJz uiul Wrifihf, Zur Kenntnis der Wirkun-x des riilnihidzins u. l'liloretins.
Zeitschr. f. Biol. Bd. 27. S. 181 (18Ü0).
^) Bendix, tjber die physiologische Znckerhildung nach EiweiÜdarrcichung. Zeit-
schrift f. physiol. Chemie. Bd. 32. S. 471) (U)01).
3) Pf/rn/cr und Juiikersdorf, ("her die Muttersubstnnz dos (ilykoL'ons. .\rrli, f.
d. ges. Physioi. Bd. 13L S. 201 (1910).
1\ß4: ö^^'^ Neubauer.
Bei Kaninchen ist die auf die Untersnchimgen von KüJz gegrün-
dete Methode, wie sie auch von FrenUtd und 0. Simon '^) benutzt ' wurde,
zu empfehlen : Die Kaninchen werden zunächst ?> Tage lang mit Milch ge-
füttert , um den Darm von dem voluminösen Pflanzenfutter zu befreien ;
dann läßt man sie 24 Stunden hungern; darauf wird in viertelstündigen
Pausen je 1 cni^ einer 0'01^/oigen Lösung von Strjxhnin. nitricum subkutan
injiziert, bis spontan Krämpfe auftreten. Nach dem Ablaufen der Krämpfe
werden neue Konvulsionen, z. B. durch leichtes Ziehen an der Pfote, aus-
gelöst. Wenn die Krämpfe schwächer werden, wird neuerdings injiziert.
Bisweilen ist die Einleitung künstlicher Atmung zur Erhaltung des Lebens
notwendig. Dieser Zustand wird durch mehrere (5 — 6) Stunden unterhalten.
Die Vergiftung muß sich in lebhaften Krämpfen äußern, wenn man sicher
sein will, daß das Glykogen vollständig zum Schwund gelangte. Die Emp-
findlichkeit gegen das (xift ist bei verschiedenen Tieren verschieden. In
der Regel braucht man für ein Kaninchen mittlerer Größe 6 — 10 Spritzen.
Zur richtigen Dosierung ist einige Erfahrung nötig; anfangs geht wohl
jedem Experimentator eine Reihe von Tieren zugrunde.
\'iele Autoren experimentierten an Hühnern, die mehrere Tage ge-
hungert hatten. Doch ist zu berücksichtigen, daß auch nach 6tägigem
Hunger der Glykogengehalt der Hühnerleber bis zu V/q betragen kann
und der Glykogengehalt der gesamten Muskulatur noch 1"7 g. ^-)
Schöndorff^) iiowic Blumetithal und Wohlgenmth arbeiteten an Fröschen,
welche mehrere Wochen lang ohne Nahrung gehalten worden waren. Der
Glykogengehalt der Tiere betrug dann etwa 0"2— 0"4"/o.
Trotzdem es für die meisten der angeführten \"orbereitungsmethoden
festgestellt ist, daß sie die Tiere fast glykogenfrei machen, so sind doch
bei jeder neuen Ilntersuchungsreihe neuerliche Kontrollversuche nötig, weil
auf diese Weise Zufälligkeiten in den äußeren Bedingungen am besten aus-
geschlossen werden.
Nach x\l)schluß der Vorperiode erhält das Tier die zu prüfende Sub-
stanz, und zwar in möglichst reiner Form. Während dieser eigentlichen
Versuchsperiode muß der N-Gehalt des Harns und des Kotes kontrolliert
werden, um ein Urteil über den Eiweißzerfall zu gewinnen. Diese Periode
darf nicht zu kurz sein, weil sonst eventuell keine genügende Glykogen-
menge sich bildet. Sie darf aber auch nicht zu lang ausgedehnt
werden, weil die Versuchsbedingungen sonst wieder ungünstig werden; denn
je länger diese Periode dauert, desto größer wird die Glykogenmenge, die
aus dem zerfallenden Körpereiweiß entstanden sein könnte; diese wird
*) Frentzel, Über Glykog-enbildung im Tierkörper nach Fütteruns; mit Holzzucker.
Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 56. S. 273 (1894). — 0. Simon, Zur Physiologie der
Glykogenbüdung. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 35. S. 315 (1902).
^) E. Külz, Beiträge zur Kenntnis des Glykogens. Festschrift für C Ludwig.
Marburg 1890.
^) Schöndorff, Über die Entstehung von Glykogen auf Eiweiß. Arch. f. d. ges.
Physiol. Bd. 82. s! 60 (1900).
Arbeitsmethoden zur rntersuclmug des iatermediären Stoffwechsels. 116ä
aus dem X-Gehalt dos Hanis berechnet unter Zii<i:run(lele^nnf.^ di-i- An-
nahme, daß einem Teil X nielit mehr als f) Teile Zucker entsprechen (lürt-
ten (siehe weiter unten). Auch aus dem (ilyzerin des wahrend dieser Zeit
zerfallenden Körperfettes könnte (Myko^i'U entstanden sein: doch ist diese
Menge hei dem relativ niedrij>-en (iehalt des Fettes an ( ;iy/eriii nicht jj-ntü.
Dali auch die Fettsauren des widirend dieser Zeit zerfallenden Körperfettes
als (ilykoi^enbildner in Betracht kommen, ist nicht anzuiH-hmen. Wollte man
auch diese Möglichkeit mit in Kechnung ziehen, so wäre der positive
Nachweis, daß ein Stoff ein Glykogenbildner ist. nur iu seltenen F.il-
len möglich.
Dann wird das Tier getötet und sein Glykogengehalt bestimmt. Hei
größeren Tieren erstreckt sich die Untersuchung auf Leber und Muskeln, bei
kleineren dient am besten der ganze oder der halbe Körper zur llotiuiniinig.
Ungemein wichtig ist natürlich die Verwendung einer einwandfieien
Methode der Glykogenbestimmung. Über die Methoden siehe dieses W eik.
Band II, S. 159 und 1070.
Negative Versuche an kachektischen Tieren beweisen nichts. Man
soll die vorausgehende Hungerperiode nicht so lange ausdehnen, daß die
prämortale N-Steigerung eintritt. Aus diesem Grunde vilt Crem/r ^). für die
Versuche von vornherein fette Tiere zu verweiRh'ii. Die Temperatur ist
regelmäßig zu messen. Narkotika sind zu vermeiden.
Unter Anwendung dieser „direkten Fütterungsniet hode" ist
von Külz und durch die Arbeiten der Foi^schen Schule gezeigt worden,
daß vor allem die gärfähigen Kohlenhydrate und ihre I'olysaccharide
außerordentlich starke Glykogenbildner sind. So konnte eine Kaninchen-
leber in einem 8V2Stündigen Versuch mit Traubenzucker bis auf Ur8ä"/o
Glvkoüen gebracht werden. Die meisten übriuen Kohlenhvdrate bewirken
ebenfalls eine Glykogenvermehrung. die aber viel geringer ist. so daß eine
indii-ekte Wirkung nicht ausgeschlossen ist. Auch eine Keihe von N-fi-eien
Stoffen, die chemisch den Zuckerarten nahestehen, bewirken eine \"er-
mehrung des Glykogens (Glyzerin, Milchsäure). Durch Fett (Fettsäuren)
konnte niemals eine GIvkogenvermehrung erzielt werden; auch nicht duich
Alkohol.
Vor allem ist aber mit Hilfe dieser Methode exakt bewiesen worden,
daß auch das Eiweiß ein Glykogenbildner ist, zidetzt tniter lleachtnng
aller nur erdenklichen Fehlerquellen von Pßliger und Junkcrsdorf.-) Sie
fütterten Hunde, die in der oben angegebenen Weise mit Hunger und
Phlorhizin vorbehandelt waren, mehrere Tage mit Kabliaufleisch. töteten
sie und fanden in der Leber durchschnittlich ü-46Vo- i" '•*'" Muskeln
durchschnittUch l'OOVo Glykogen. Von den tmtersuchten Kiweißspaltnngs-
produkten hat (ilykokoU unsichere, Leucin negative Kesultate ergeben.
*) Cremer, Physiologie des Glykogens in Asber-Spiro. Ergebnisse der Physiologie.
Bd. 1. Biochemie. S. 803 (1900).
-) Pßiif/cr und Junkersdorf, t)ber die Muttersubstanzen des (Uykogens. Arch. f.
d. ges. Physioi. Bd. 131. S. 218 (Tabelle) (1910).
l ißß Otto Neubauer.
Zur Untersuchung der Entstehung von Eiweiß im Körper ist diese
Mastmethode nicht anwendbar, da eine Eiweißmästung überhaupt nicht
oder nur in einem ganz geringen Grade mögUch ist. Ol) die geringen
Mengen von Stickstoff, die im Körper zurücl^behalten werden, wenn von
einer eiweißarmen zu einer eiweißreichen Kost übergegangen wird, und die
von Voit als ^'ermehrung des ..zirkulierenden Eiweißes" gedeutet worden
sind, wirklich als Eiweiß zurückbleiben, ist noch nicht erwiesen. Aber wenn
es sich auch wirklich um Eiweiß handelt, so ist seine Menge zu klein, als
daß eine quantitative Organuntersuchung sie nachweisen könnte. Sollte es
sich aber um andere X-haltige Substanzen handeln, so wäre von weiteren
chemischen Organuntersuchungen vielleicht eine Aufklärung zu erwarten.
B. Untersuchung normaler Körperflüssigkeiten (Blut, Chylus).
Im intakten Organismus ist eine chemische Untersuchung der Or-
gane im allgemeinen nicht möglich, wenn auch gelegenthch einzelne Organ-
stückchen dem lebenden Organismus entnommen und der Analyse unter-
worfen Avordeu sind. (Z. B. Untersuchung auf Glykogen in Leberstückcheu,
die mittelst eines Troikarts entnommen waren, i)
Ein einziges Organ ist ohne Gefährdung der Gesundheit auch beim
Menschen einer genauen chemischen Untersuchung zugänghch: das Blut.
Es kann ohne Schaden in Mengen bis zu etwa 300 cin^ durch Aderlaß oder
^t'^
besser durch A'enaepunktion gewonnen werden. Nach Desinfektion der Haut
der Ellbogenbeuge wird um den Oberarm eine Gummibiiide so angelegt,
daß die Venen sich stark füllen, der Badialpuls aber gut fühlbar bleibt.
Dann wird eine nicht zu dünne Punktionsnadel durch die Haut flach in
eine Cubitalvene eingestochen, das ausfließende Blut in einem Meßzylinder
aufgefangen. Schröpfkopfblut ist zu chemischen Untersuchungen weniger
geeignet.
Je nach der besonderen Art der Fragestellung wird das Gesamtblut
oder das Blutserum oder das Blutplasma zur Untersuchung herangezogen.
Das Blutserum scheidet sich beim einfachen Stehen des Blutes in einem
hohen Gefäße (Meßzylinder) in der Kälte ab und kann abgegossen werden.
Will man Plasma haben, so beschickt man den Meßzylinder, in dem das
Blut aufgefangen werden soll, mit einer gerinnungshemmenden Substanz:
entweder mit Hirudin (käuflich bei Sachsse & Cie. in Leipzig, teuer, min-
destens 1mg pro 100 cni^ Blut) oder mit gesättigter Mg SOi-Lösung (ca.
35Voige Lösung des wasserhaltigen Salzes, ein A'olumen auf 3 ^'ol. Blut)
oder mit einer Lösung von neutralem Ammoniumoxalat oder Natriura-
oxalat oder Natriumzitrat oder Fluornatrium (von diesen Salzen auf je
100 cm3 Blut 10 cm^ einer 2 — 4Voi8eu Lösung), Durch Rühren mit einem
Glasstab ist schon während des Eingießens des Blutes für möglichst rasche
Mischung zu sorgen. Beim Stehen, rascher beim Zentrifugieren, scheidet
sich das Plasma ab. Ein Kachteil dieser Methoden besteht darin, daß das
') Frerichs, Über den Diabetes. Berlin 1884. S. 272.
Arbeitsmethoden zur Untersucliung dos iiiterinediärfn Stoffwechsels. 1 HJT
IJlutplasiiia in iiiclit iiciiau /ii hcstiminciKlcr Weise vei-düiiiit wird. Will
man (inantitativ arbeiten, so müssen also die ab^^esetzti'n llliitküriicrcheii
durch wiederholtes Waschen mit einer ph.vsioloj^isclien Lösung' und Ab-
zcutrifui^ieren L>ewasclien . die Waschwässci- mit dnn ria>ma vi-reinipt
werden.
Zur Kenntnis intermediärer Stoft'wechs('lvori;;in.ü(' haben Hlutuntcr-
suchungen bisher verhältnismäßig \venij>- beij^etra^«')!. Das lic^-t «rnilltcnteils
daran, daß das lUut Zwischenprodukte des Abbaues niii- in relativ ^»-erin^'er
Menge enthält und daß es auch bei einseitiger EiMiährung seine Zusammen-
setzung kaum ändert, solange die Nieren intakt sind.
Nur der Fettgehalt ist leicht beeinflußbar. Cl)er die J!estinimung.s-
methoden siehe dieses Werk. IUI. \'. S. KH. Der (iehalt des Dlutserums
au Neutralfett ist nicht nur nach reichlicher Aufnahnu' von I'ett oder
Fettsäuren vermehrt, sondern auch bei manchen anderen Zuständen, in
denen dann ein gesteigerter Transport des Fettes aus den Fettdepots in
andere Organe anzunehmen ist. (Hunger, schwerer Diabetes. \ ergittungen.)
Der Zuckergehalt des Blutes schwaidvt innerhalb viel engerer (Jrenzen;
beim ^lenschen zwischen 0*08 — 0'12Vo i"i Gesamtblut: die IJestimmung
muß sofort nach der p]ntnahme des Blutes angesetzt werden, fbei' die
Methoden siehe Bd. W .S. ITIi. Nach reichlicher Zuckeraufnalune kann der
Blutzuckerwert auch beim Gesunden ansteigen; doch sind solche l'nter-
siu'hungen zur Feststellung der Muttersubstanzen der Kohlehydrate und
ihrer Wanderung im gesunden Organismus bisher kaum herangezogen
worden, um so mehi" allerdings zur Aufklärung- des Wesens der patholo-
gischen Glykosurien.
Der Nachweis resp. die Bestimmung- der anderen Blutbestandteile
(Milchsäure, Glykokoll. Harnsäure. Oxalsäure usw.) hat für die Lehre vom
intermediären Stoffwechsel bisher ebenfalls nur sehr wenig- geleistet. \"or
allem sind die Bestimmungsmethoden für diejenigen Stoffe noch un-
genügend, die als Zwischenprodukte des Eiweißstoffwechsels im Blute
vorkommen könnten. So ist es vielleicht zu erklären, dal» es noch nicht
gelungen ist, nach einer reichlichen EiAveißmahlzeit eine Veränderung: der
N-haltigen Bestandteile des Gesamtblutes nachzuweisen.
Abderhalden und seine Mitarbeiter i) haben die Untersuchung der
Eiweißkörper des Bhites dazu benutzt, um etwas über den ( )rt zu er-
fahren, an welchem das Nahrungseiweiß zu Körpert'iweitt umgebaut wird.
Sie fanden, daß bei Ernährung mit einseitig- zusammengesetztem, z. B.
sehr glutamiusäurereichem Eiweiß (Gliadin) der (Jehalt der Üluteiweiß-
körper an Glutaminsäure sich nicht wesentlich ändert; da dasselbe Be-
sultat auch an Hunden mit AVAscher Fistel erhalten wurde, so darf ge-
schlossen werden, daß der Aufbau des Körpereiweißes aus den resor-
*) Abderhalden und Samuehj, Beiträge ziir P'rairo nach der Assimilation dos
Nahrungseiweiß im tierischen Organismus. Zeitsclir. f. physiid. Chcin. Bd. -Wi. S. Vy^ (1905).
— Ähdrrhalden, C. Funk und London, AVeiterer Beitrag zur Krage nach der .\ssiniilation
des Nahrungseiweiß im tierischen Orgauismus. Ebenda. Bd. 51. S. 2G\) (1907).
11QQ Otto Neubauer.
bierten Aminosäuren Avahrscheinlich schon in der Darmschleimhfiut erfolgt.
Abderhalden hebt hervor, daß die Methodik noch weiterer Ausbildung- bedaif.
Man hat ferner versucht, die Stoffwechselfunktion eines bestimmten
Organes dadurch festzulegen, daß man die Zusammensetzung des
Blutes im zuführenden und im abführenden Gefäß miteinander
verglich; z. B. den Zuckergehalt des Pfortaderblutes und des Lebervenen-
blutes. \o\\ dem Vergleich des Blutes einer Extremitätenarterie mit dem einer
Extremitätenvene könnte man Aufschhisse über die chemischen Prozesse
in der Muskulatur erwarten. Jedoch sind auch die Ergebnisse dieser Me-
thodik weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die in der Zeiteinheit
durch die Organe strömende Blutmenge ist so groß, daß die Differenz in
der Zusammensetzung des zufließenden und des abfließenden Blutes so gering
wird, daß ihre Bestimmung in die Versuchsfehler der Methoden fällt. M
Nur der NHg-Gehalt des Blutes scheint nach den Untersuchungen
der Nencki-Pawlowsche^i Schule in verschiedenen Gefäßgebieten erhebliche
Verschiedenheiten darzubieten. 2) Die Bestimmung nach der Methode von
Nencki und Zaleski ergab bei normalen Hunden:
Im Hunger In der Verdauuugs-
periode
In 100 cm^ Blut
In der A. cruralis durchschnittlich . . . 0'42 0"41 mg
„ ,. Pfortader 1-29 1-85 „
„ „ V. iMac, comni 0'80 0"70 „
Diese Zahlen können so gedeutet werden, daß beim Abbau der Ei-
weißkörper resp. ihrer Spaltungsprodukte in der Darmschleimhaut NH3
frei wird, das der Leber zugeführt und dort entweder zum Wiederaufbau
von Eiweiß oder zur U-Bildung verwendet wird. Doch haben Biedl und
Winterberg ^) bei gleicher Versuchsanordnung sehr viel geringere Differenzen
gefunden, denen sie keine entscheidende Bedeutung beizumessen vermögen
(im Karotisblut 0-62, im Pfortaderblut 0*89 mg).
Über die Technik der Untersuchung ,.überlebenden Blutes" siehe
unten.
Aufschlüsse über die Funktion der Darm Schleimhaut, speziell über
die Fettsynthese in diesem Organ sind ferner durch Untersuchung des
Chylus zu gewinnen. J. Munk^) hat großen Hunden von 20 — 38 kg, die
^) Flügge, Über den Kachweiß des Stoffwechsels in der Leber. Zeitschr. f. Biol.
Bd. 13. S. 133 (1877).
^) Nencki und Zaleski, trber die Bestimmung des Ammoniaks in tierischen Flüssig-
keiten und Geweben. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 33. S. 193 (1901). — Horodijnski,
Salaskin und Zaleski, Über die Verteilung des Ammoniaks im Blut und den Organen
normaler und hungernder Hunde. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 35. S. 246 (1902).
^) Biedl und Winterherg , Beiträge zur Lehre von der Ammoniak entgiftenden
Funktion der Leber. Arch. f. d. ges. Phys. Bd. 88. S. 140 (1902).
*) J. Munk, Zur Kenntnis der Bedeutung des Fettes und seiner Komponenten für
den Stoffwechsel. Virchows Archiv. Bd. 80. S. 10 (1880).
Arbeitsmethoden zur Untersuclmiij; des iatLTiiit'di:ireu Stdff wechseis.
ur.'j
mindestens 36 Stunden lang- gehungert hatten. ;')()( ) // mageres Pferdetlcisch
und in der (hircli Abkochen dessclhcii mit 200 cm» Wasser hergestellten
Fleischbiühc die Fettsäuren von 100 r/ Fett verabreicht, f) Stunden s|>;ifer
in tiefer Morphiumnarkose den Ductus thoracicus am Hals freigelegt und
unmittelbar vor seiner Einmündung in den \'ereinigiuigswinkel der \'. sub-
clavia und V. jug. comm. sin. eine (ilaskanüle eingebunden. ..l)ie Operation
ist. wofern man zunächst dem inneren Kande der Jugularis folgt und sich
weiter unten an der hinteren Wand der \'ene hält, incht gei-ade schwer
auszuführen. Man sieht dann über dei- oberen l{rustapj>ertur an der
äußeren Seite der Karotis den JJrustgang schief und zuweilen in einem
Bogen nach vorne gegen den Vereinigungswinkel i\vv \. jug. und \ . sub-
clavia ziehen, kann ihn hier in einer Länge von mehreren Zentimetern
freilegen, unterbinden und eine Kanüle in ihn einführen. Wenn sich kurz
vor seiner Einmündungsstelle der linke groiJe HalsKmphstamm in ihn er-
gießt, so wird dieser abgeklemmt. Man kann so, wenn nicht (Jerinnungen
eintreten, Chylus in reichlicher Menge gewinnen. Kleinere (Jerinnsel in der
Kanüle kann man meist durch vorsichtige Sondierung mit einei- feinen
Federfahne oder einem Draht entfernen" (vielleicht empfiehlt sich auch
ein Betupfen der Kanüle mit etw'as Hirudin). Der in der 6. und 7. \'er-
dauungsstunde aufgefangene Chylus wui'de gemessen und auf Fett. Fett-
säuren und Seifen untersucht.
Ein aliquoter Teil der Menge wird mit ,\ther erschöpft.
Wässerige Lösung
hält die präformierten
Seifen, wird mit Schwe-
felsäure angesäuert, mit
Äther extrahiert . der
Ätherrückstaud im \'a-
kuum getrocknet und
als Fettsäure gewogen.
ent- ; Ätherextrakt wird abgedampft. Rückstand mit
starker Sodalösung gekocht und
extrahiert.
dann mit Äther
Wässerige Lösung mit
Schwefelsäure angesäu-
ert, Fettsäuren extra-
hiert und gewogen.
Ätherisches P>xtrakt
(Neutralfett und
Cholesterin) get rock-
net imd gewogen. l)urch
Verseif ung und Extrak-
tion di-r Seifenlösung
mit Äther kann das
Cholesterin vom Fett
getrennt werden.
Ein Versuch an einem
38 k(/ schweren Himd
ergab in der 6. \'er-
dauuuüsstunde:
Xeutralfett .... 2-94 y
Freie Fettsäuren . . O'-^lög
Fettsäure aus Seifen . O'lTöy
Ein Konti'ollver>uch bei einen»
34 /y/ schweren Hund, »ler nur
lUX) 'j mageres l'ferdefh'isch
erhalten hatte, in <ler 7. X'er-
daiumusstunde:
Oi47;')f7
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethodon. V.
74
WlQ Otto Neubauer.
Dieser Versuch beweist, daß die verfütterten Fettsäuren auf dem
Wege von der Darniliölile bis zum Brustgang einer Synthese mit Glyzerin
unterlegen sind.
Gelegentliche, allerdings recht seltene pathologische Vorkommnisse
ei'lauben es, analoge Versuche auch am Menschen aufzuführen.
J. Mank und Rosenstem^) haben einen solchen Versuch bei einem
Mädchen mit einer Chylusfistel am Unterschenkel angesteUt. Die Patientin
erhielt am vorhergehenden Tage fast fettfreie Nahrung (Brot und Bier),
am Versuchstage 17 ^ nach Reimer und Will (Berichte d. Deutsch, ehem.
Ges. Bd. 19. S. 3320 [1887]) dargestellte Erukasäure in Oblaten, dann wieder
bis zum nächsten Morgen fast fettfreie Nahrung. Die am ^'ortage klare
Lymphe nahm von der 4. Stunde an chylöse Beschaffenheit an und ent-
hielt nun Fett in einer Menge entsprechend 40"/^ der gegebenen Eruka-
säure. Durch Bestimmung der ilfemZschen Zahl erwies es sich als Neu-
tralfett mit geringer Beimengung freier Fettsäuren, ohne Beimengung von
Seifen. Der Nachweis der Erukasäure wurde in der oben S. 1157 ange-
gebenen Weise geführt.
Gelegenheit zu derartigen Untersuchungen bieten ferner die Fälle von
Chylurie. Der Umstand jedoch, daß der Chylus hier dem Urin beige-
mischt ist und die Menge des in den Harn übertretenden Chylus sehr
starken Schwankungen unterworfen zu sein pflegt, beeinträchtigt hier die
Einfachheit und Beweiskraft der Versuche. Die Menge des beigemischten
Chylus kann nach dem Eiweißgehalt des Harnes geschätzt werden. (Der
Eiweißgehalt des Chylus ist mit S^/sVo anzunehmen. 2)
Auch an Kranken mit chylösem Aszites lassen sich derartige Unter-
suchungen ausführen. 3)
C. Untersuchung der Exkrete des normalen Organismus.
Bei der Untersuchung des intermediären Stoffwechsels am lebenden
Organismus ist man im allgemeinen auf die Untersuchung der Ausschei-
dungen ange\^iesen. speziell auf die des Harns und der Ausatmungsluft.
Die Substanzen, die sich in den normalen Exkreten finden, sind
allerdings in der Regel nicht als Zwischenprodukte, sondern als Endpro-
dukte des Stoffwechsels anzusehen; doch gilt diese Regel keineswegs aus-
nahmslos. Bei allen in den Exkreten sich findenden Stoffen ist demnach
zunächst die Frage aufzuwerfen, ob sie intermediäre Produkte sind
oder Endprodukte. Die Entscheidung ergibt sich meist aus folgender
Regel: Stoffwechsel-Endprodukte erscheinen, in den lebenden Or-
ganismus eingeführt, quantitativ oder nahezu quantitativ in
*) J. Munk und Rosenstein, Zur Lehre von der Resorption im Darm, nacli Unter-
suchungen an einer Chylusfistel beim Menschen. Virchows Archiv. Bd. 123. S. 239 (1891).
^) Magnus-Leinj , tJber europäische Chylurie. Zeitschr. f. klin. Medizin. Bd. 66.
S. 482 (1908).
^) Minkowski, Über die Synthese des Fettes aus Fettsäuren im Organismus des
Menschen. Archiv f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 21. S. 373 (1886).
Arbeitsmotluiden zur rntcrsucliuiif,' dos iiitcrmediüron Stoffweclisfls ] l 7 |
den Exkretoii wieder; Zwisclicni.rodiiki c (Msclicin.-ii dii^n-f^rcn
nicht oder nur zu eiiimi gewissen llniclif eil im ll.uii wieder, sie
vermehren aber die xMenge eines oder inclii. icr aii<lcrcr Ilarn-
bestandteile.
1. ünter,suchuni;:eii an llarnbestandteiirn , die als Stollweehs»!-
endi»r(Mlnkte an/nsehen sind.
Endprodukte sind also dadincli chaiaktcrisicrf. dal) sie inivcrandcrt
in den Ilaiii ühergehen. die ^Nleiiuc anderer Bestandteile ahci' nieht be-
einflussen.
Kill Beispiel: Ve>yJoegh^) nahm während eines Sclbstversuclis bei
gleiehinäläiger Kost an einem Tage Q-b (j Kreatinin in ;; Portionen. Die
Kreatiiiinausscheiduug betrug 1-95 — 1-96 — 1-90— 2-iJö 2*0(>— IV6 1-91 </
Kreatinin. (Jegenüber dem Mittel aus der \oy- und Nacliperiode (1-93^)
ist die Kreatininausscheidung am Versuchstage und am tollenden Tage
um (y-i^ g vermehrt. Das aufgenommene Kreatinin ist also (luantitativ im
Harn wieder erschienen.'^)
Das Kreatinin ist hier innerlich genomineii worden. In manchen
Fällen empfiehlt es sich aber, bei solchen Versuchen die Substan/ subkutan
oder intravenös zu verabfolgen, da bei .\ufnalinie per os leicht ein Teil
unresorbiert bleibt oder im Darmkaiial durch Bakterien zerstört werden
kann. Zweifellos ist aber eine quantitative Ausscheidung nach stouiachaler
Darreichung, da diese mehr den natürlichen Verhältnissen entspricht, be-
weisender. Subkutane und intravenöse Injektion können unter l'mständen
wesentliche Störungen des Stoffwechsels verursachen.
Die quantitative Bestimmung solcher Endprodukte im Harn bei ver-
schiedenartiger Ernährung gestattet in vielen i^Vdlen einen Sclilnll darauf.
aus welchen Mutter Substanzen sie hervorgehen.
Man gibt in der Vor- und Nachperiode eine konstante Ko>t . der
man in der Hauptperiode das zu prüfende Nahrungsmittel in möglichst
reiner P^orm zulegt; die Ausscheidung der Endprodukte im Harn wird ver-
folgt. \'ermehrung eines Harnbestandteiles wird schließen lassen . dab er
aus der zugeführten Substanz hervorgegangen ist. Es kann übrigens auch
das umgekehrte \'erfahren eingeschlagen werden: Weglassung oder Ein-
schränkung eines Nahrungsstoffes in der Haiiptiieriode. In beiden Fällen
wird man die äußeren Bedingungen möglichst gleichmiißig gestalten (z. B.
Vermeidung von Muskelanstrengungen).
') Hooffenhui/ze und Verploeqh, Beolt:ichtiiM{,'eii ülier die Krcatiniuausscheidun^'en
beim Menschen. Zeitschr. f. phys. ("hemic. Bd. 57. 8. 201 (1UÜ8).
-) Ein weiteres Beispiel bieten Versuche über die Rolle des ,\ll;iiifnins iai Stoff-
wechsel des Hundes. Poduschka, Quantitative Versuche über Allaiitoinausscheidung.
Archiv f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 44. S. (;4 (l'.)OO), Wirrhowski. Die Bedeutung des
Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. Beitr. z. ehem. I'hysiid. 11. l'ath. Bd. 11. S lOU
(1907). Ein mit verläßlichen • Methoden durchgeführter Versuch, der die quantitativ
unveränderte Ausscheidung eingeführten Harnstoffs beweist, scheint in drr Literatur
nicht zu existieren.
74*
\l'i2 Otto Neubauer.
Diese Methode wird freilich nur in dem Pralle Aufschluß bringen
können, wenn die Zersetzung der Körpersubstanz keine feststehende Größe
ist, sondern von der mit der Nahrung zugeführten Menge abhängig ist. Das
trifft nicht für alle, aber doch für manche Nahrungsstoffe zu, speziell
für die N-haltigen.
Besonders die GnHie des Eiweißumsatzes wird in erster Linie von
der Quantität des zugeführten Eiweißes bestimmt (C. Volt)\ deswegen ist
es so einfach, den exakten Nachweis zu führen, daß der Harnstoff des
Harns aus den Eiweißkörpern entsteht . die Harnsäure dagegen andere
Muttersubstanzen haben muß.
Die Menge der vom Menschen ausgeschiedenen Harnsäure steigt
nach Zufuhr von zellkernreicher Nahrung, von Nukleinsäure und von reinen
Purinbasen bedeutend ani), sie nimmt bei Aufnahme einer zellkernarmen
Kost sehr beträchtlich ab. Diese Beobachtungen l^eweisen, daß die Stoffe
der Zellkerne als Muttersubstanzen der Harnsäure anzusehen sind, während
die Basen wahrscheinlich als Zwischenprodukte gelten dürfen. Beim Tier
(Hund, Kaninchen, Schwein) erweisen ähnlich angelegte Versuche das
AUantoin als Endprodukt des Nukleinstoffwechsels. Beispiel-): Ein gleich-
mäßig gefütterter Hund erhält an drei aufeinanderfolgenden Tagen je 8 </
thymoiuikleinsaures Natron mit einem Purin-N-Gehalt von 0*4 1 g per os.
Es ergibt sich:
Mittel aus ö Vortagen 0-0017 PBN, 00021 ÜN. 0-114 AU-N, 0-1178 (Summe)
Mittel aus 3 Versuchs-
tagen .... 0-0095 „ 0-0153 „ 0-512 „ 0-5368
Mittel aus 2 Nachtagen 0-0020 „ 00019 „ 0-115 „ 0-1189
Der Basen-N des nukleinsauren Natrons ist also quantitativ (rech-
nungsmäßig zu 102''/o) iii^ Harn wieder erschienen, und zwar:
zu 2''/o in Form von Basen,
zu 3Vo in Form von U,
zu 950/0 in Form von AUantoin.
Diese ^Methode, die Muttersubstanzen der Harnbestandteile festzu-
stellen, ist jedoch durchaus nicht immer anwendbar.
a) Die Grölie der Ausscheidung mancher Endprodukte ist im wesent-
lichen unabhängig von der Art der Nahrung. So wird vor allem die Ver-
brennung der Kohlenhydrate und noch mehr die der Fette nicht von der Zu-
fuhr dieser Substanzen bestimmt. Werden sie im Überschuß zugeführt, so
wird nicht wesentlich mehr zersetzt, sondern der Überschuß wird als
Pveservestoff abgelagert. Unabhängig von der Nahrungszufuhr ist ferner
die Ausscheidung des Kreatinins im Harn, vielleicht auch die Ausscheidung
des neutralen Schwefels.
') Weintraud, Über Harnsäurebildung l)eim Menschen. Archiv f. Anatomie und
Phys. Abt. f. Physiol. (1895). S. 382.
^) Schittenhelm, LTber die Umsetzung verfütterter Nukleinsäure beim Hund. Zeitschr.
f. physiol. Chemie. Bd. 62. S. 86 (1909).
Arheitsmetliodcii zur riitfisucliiiiii,' ilcs iiitormpfliäron Sfoffwuchsols. | 17;;
b) Auch die Aussdiciduiij^^sprodiikti' . deren Men^^c sich im ;dl;.M'-
meiiien als al)htingi<^- erweist von der Art und Men^«-«' der Nahrunir. hraiichm
nicht völlii«' aus dein Harn zu versch\vin(h'n . wenn ihre Mnitrisuhstanz
dem Körper nicht mehr zuyci'iihit wird. So wird auch hei eiweilifreier
Kost immer Ilaiiistoff ausiiescliie(h'ii. Ain-h die Ausscheithin^r (h-r Harn-
säure und der rurini)asen sini<t hei nukh'int'iciei- Kost nicht his ani U
herah. In heiden FiilU'ii wird das r.ihliin;:sin:iterial i»ttenhar (h-m IJestaiide
der Gewebe entnomnnMi.
Es ist unter Anderen von Foliu^) die Anschauung»- vertreten wor(h*n.
daß diese von der Kost nicht heeinfhiljharen Reste (h-r Ausscheidun^^spro-
(hikte ebenso wie die von der Ernährun,y- überhaupt unalihiin.LML'-en Stoffe
(Kreatinin, neutraler Scliwefel) als Ausdruck des Stoffwechsels der (ie-
webe (des „endogenen Metabolismus'') zu betrachten sind.
c) Unter Umständen können .\nderungen der Ernährung indirekt die
Menge gewisser Aus.scheidungsprodukte beeinflussen. Es sei hier nur an
die sparende Wirkung der Kohlenhydrate und Fette auf die Eiweiltzer-
setzung hingewiesen.
d) Täuschungen kömien auch durch die im Darm voi- sich gehen-
den Zersetzungsprozesse veranlaßt werden: einerseits in iler \Vei.<:o,
daß ein Teil des zugeführten Stoffes zerstört wird: andrerseits .><o. daß
die Produkte der Darmfäuluis zum Teil resorl)iert werden und dann
unverändert mehr weniger verändert in den Hain übertreten, haß
ein Harnbestandteil als l*rodukt der Darmfäuluis. nicht als Stoffwechsel-
produkt des Körpers selbst zu deuten ist. darf man amiehmeii. wenn seine
Menge mit dem Grade der Darmfäulnis wechselt , wenn sie ix-i notorisch
starker Darmfäulnis (wie sie z. B. pathologische Zustände darbieten) be-
deutend zunimmt, bei Abnahme der Darmfäulnis geringer wird oder ganz
verschwindet. Eine verminderte Darmfäuhiis findet man häufig bei Diarrhöen.
Man hat auch versucht, die Dai'mfäulnis experimentell, durch inm-rliche .\n-
wendung von desinfizierenden Mitteln herabzusetzen, jedoch mit sehr ge-
ringem Erfolg.-) Diese Mittel wirken in der Hegel nur dann, wenn sie
Diarrhöen herbeiführen. Baumann^) veiiuhr so. dall er ein«'ii Hmid am
2. und 4. Hungertag je 2^ Kalomel gab, so daß Diarrhöen eintraten. Der
Harn des o. und 6. Tages war frei von Indoxyl . Ätherschwefelsäuren und
Hippursäure; diese Stoffe entstammen demnach beim Fleischfresser aus-
schließUch der Darmfäidnis: die aromatischen (»xysäureii waren an
Menge vermindert ; sie dürften (h'innach nur zum Teil auf die Darmfäuhiis
zurückzuführen sein; die Kynurensäure wurde nicht beeinflußt, ist also
als echtes Stoffwechselprodukt anzu.sprechen. Die Heeinfhissung der Darm-
V) 0. Folin, A Theory of Protein Metabolism. American .loiiru. of Phvsiol. Bd. 13.
S. 117 (1905).
-) D. Gerhardt, Über Darmfäuluis. Kr?el)niiJse der rbysioloirio. .Tl'. 3. Al"t. Biooliomie.
S. 153 (1904).
^) Baumanii, Die aromatischen Nfrliindiintren im Harn und Uarnifiiuhiis. Zeit-
schrift f. physiol. Chemie. I5d. 10. S. 129 (1885).
1174
Otto Neubauer.
fäuluis durch Änderung' der Kost ist recht unsicher. Sehr gering ist die
Darmfäidnis bei Säuglingen. Man könnte erwarten , daß sich im Harn von
Neugeborenen Fäuhiisprodukte überhaupt nicht vorfinden; trotzdem hat
man solche gefunden; sie entstammen offenliar den bakteriellen Zersetzungen
im Verdauungskanal der Mutter.
Um die Darmfäulnis sicher auszuschalten, haben Nuttal und Thier-
f eider '^) Tiere von vornherein steril aufgezogen. Das Verfahren besteht
im wesentlichen darin, daß reife Meerschweinchenembryonen unter sterilen
Kautelen durch Kaiserschnitt gewoimen und unter einer Glocke mit steriler
Milch ernährt werden. Nach Beendigung des Versuches ist die Sterihtät
des Darmtraktes bakteriologisch zu kontrollieren. Die beiden Autoi'en
konnten so zeigen, daß der Harn frei von Phenol, Kresol, Indol, Skatol,
Drenzkatechin war, daß er aber aromatische (Jxysäuren enthielt.
2. Uiitersuclmiii;eii an Zwisclieiiprodukten des Stoffwechsels, die im
iiorinaleii Harn vorkommen.
Daß eine im Harn ausgeschiedene Substanz als intermediäres Stoff-
wechselprodukt anzusehen ist, muß dann angenommen werden, wenn sie,
in den Organismus eingeführt, nur zu einem beschränkten Teil oder gar
nicht im Harn wieder erscheint, dagegen die Menge eines anderen Harn-
bestandteiles vermehrt. Dieser vermehrte Harnbestandteil ist dann als
weiteres Abbauprodukt anzusehen.
Beispiel'^):
Eine Versuchsperson erhält bei gleichmäßiger purinfreier Kost an
zwei aufeinanderfolgenden Tagen je Vbg Hypoxanthin (entsprechend zwei-
mal 0-618^ N).
Im Harn wurcTe
bestimmt
der Basen-N .
der Ü-N ...
Vorperiode
0-01.38 0-0134 0-0162
0155 013.S 0160
Versiiehsperiode
00163 00184
0-327 0-541
Nachperiode
001.» 0-0131 0-0131 0-0150
0-317 0-198 0156 0146
Gegenüber dem Mittel der \ or- und den beiden letzten Tagen der
Nachperiode von
0-0141^ Basen-N 0-151^ Ü-N
betrug die Mehrausscheidung:
am 1. Versuchstag .... 0-0022 (/ Basen-N, 0-176y Ü-N
2. „ .... 0-0043,(7 „ 0-390^ „
1. Nachtag 0-0014^ „ 0-166^ „
2. n - . 0-047^ „
Summe der Mehrausscheidung
0-0079.^ Basen-N, O'lldg U-N
^) Nuttal und Thierfelder, Tierisches Lehen ohne Bakterien im Verdauungskaual.
Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 21. S. 109 (1895); Bd. 22. S. 62 (1896) (genaue Be-
schreihung der Versuchsauordnung).
-) Krüger und Schmidt, Die Entstehung der Harnsäure aus freien Purinbascn
Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 36. S. 558 (1902).
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des intermediunii Stoffwechsels. 117;")
also nehoii einer uiibodoutciKlcii NCnnchnm^ des riiriiilKiscii-N eine sehr
eihehliche \'ernieliniiii>- des U-N. Deiimacli ist llypoxaiitliiii kein Stol'f-
Aveeliselendprodukt.
Die P'rage nach (h-n M uttersnhstanzen (h-iariiyer im Haine vor-
kommender Zwisfhenpiochikte laßt sich in vielen Fällen in ;dinlicher W.-iM- ent-
scheiden, wie das für die im Urin vorhandenen Endprodukte oben anirc^'oben
worden ist. Doch gibt hier die \'erfutternng- der mutmalilichen Mnttersnbstanz
li.iufig keine so klar überzeugenden Resultate, da der grollte Teil bis zum
Endprodukt abgebaut wird. Siehe z. 1!. die geringe Steigerung der I'urin-
basen- und Hariisäureausscheidung nach Nerabreichung von Nukleinsiiure
an einen Hund (S. 1172). Die Hauptsteigerung betrilit das EndprcMbikf. das
Allantoin.
Bei solchen im normalon Harn erscheinenden, iutermediareu Protlukteii wird
mau sich ferner eiue Vorstellung darüber bilden müssen, warum der Altbau zu dem
Endprodukt nicht vollständig erfolgt, warum z.B. nicht der gesamte Hason-
stickstotf der gegebenen Nukleinsäure (in Versuch S. 1172) als .Mlantoin ausgeschieden
wird, sondern immer ein Teil der vollständigen ümwandliuig entgeht. Man wird dabei
au folgende Möglichkeiten zu denken haben :
a) Das unvollständig voränderte Produkt hat noch eine ln-soudere Funktion zu
erfüllen : z. B. das XH3 als Neutralisationsmittel für auszusclieidende Säuren. In diesem
Falle wurde diese Deutung so bewiesen, daß die Funktion durch .Mkalidarreichung
anderweitig versehen wird. Tatsächlich sinkt dann die NHg-Ausscheitlung im Harn bis
auf Spuren, z. B. 00086 f/ Nri.,-N iJannei/).
b) Daß die abbauenden Kräfte des Organismus nicht genügen, respektive daß die
Zeit zur völligen Veränderung nicht ausreicht. In diesem Falle wird man erwarten
dürfen . daß diese Insuffizienz bei Stellung gesteigerter Anforderuniren noch stärker her-
vortritt, daß dann also ein relativ größerer Anteil als intermediäres Produkt ausL'c-
schiedeu wird.
Für die Ausscheidung der Purinbasen im normalen Harn trifft das z.B. nicht
zu ; wenn man einer purinfreien Kost nukleiureiche Nahrungsmittel zulegt, so steigt
die Menge der Purinbasen im Harn in viel geringerem Grade als die der Hanisäure.
c) Daß ein intermediäres Produkt in verschiedenen Orgauen entsteht, aber nur
in einem bestimmten Orsan zu seinem Endprodukt abL'ebnut wird. .\uf dem Transport
von dem Entstehuugsorte zum Abitauorgan durch das zirkulierende Blut wird ein Teil
der unvollständig zersetzten Substanz in die Niere kommen uml kann ditrt als harn-
fähigcr Stoff in den Harn übertreten. ')
d) Die Stoffwechselprodukte der Niere selbst werden vielleicht, ohne daß sie (ie-
legenheit haben, in einem anderen Organe vollständig abgebaut zu werden, in den Harn
ausgeschiedeu.
e) Man kanu sich vorstellen, daß ein unvollständig verändertes l'rodukt neben
dem Endprodukt aus dem (irundc in Aim Sekieten erscheint, weil seine rmwandlung
in das Endprodukt eiue „umkehrbare Reaktion" ist. die einem bestimmten tileich-
gewichtszustaiid zustrebt.-') Ob diese Auffassung bei nornialcn Harubestandteilen tat-
sächlich zu Recht besteht, ist zweifelhaft. Für die pathologische .\zetoiikor|ieraiis-
') Maf/nics-Levi/, Physiologie des Stoffwechsels. /•. Xoonieii.s Handbuch der Patho-
logie des Stoffwechseis. Bd. 1. S. 11 (1907).
-) 0. Xcnhouer, Ein Beitrag zur Kenntnis tler diabetischen Azidose. Verhandl.
des 27. Kongresses f. innere Mediziu. S. 566 (1910). — LichtiiU:, Ül»er chemische
• ;i(>ichgewichte im St<tffwech.sel. Verhandl. d. 2-<. Kongresses f. innere Medizin. S. n.34
(1911). — 0. Neuhaucr,e\iQ\A-A. DiskussiuusltiMii.i k'in^r S. 4-^S und 03.». - Lichtirit:,
ebenda. Diskussionsbemerkung S. 487.
j^j^'jg Otto Neubauer.
Scheidung trifft sie wahrscheinlich zu. In speziellem Fall können folgende Beweisgründe
für sie beigebracht werden:
1. Der Nachweis, daß beide Substanzen für gewöhnlich in einem annähernd kon-
stanten , relativen Mengenverhältnis im Harn erscheinen ;
2. der Nachweis, daß nicht nur nach Einführung der intermediären Substanz das
Endprodukt an Menge zunimmt, sondern auch umgekehrt Darreichung des Endproduktes,
Vermehrung des intermediären Produktes zur Folge hat ;
3. der Nachweis dieser Umkehrbarkeit an isolierten Organen.
Für den Fall der Azetonkörper haben sich diese Beweisgründe beibringen lassen
(s. unten).
3. Methoden, welclie auf der Kontrolle der N-Bilauz beruhen.
Da neben den Eiweißkörpeni und ihren Abbauprodukten andere
^^-haltige Substanzen im Organismus quantitativ nur eine geringe Rolle
spielen, so erlaubt die \'erfolgung der X-Einnahme und -Ausgabe wichtige
Schlüsse auf den Eiweißstot'1'wechsel. Über die Technik solcher Eiweiß stot'f-
wechselversuche siehe dieses Werk Bd. III, S. 1005.
Bekanntlich setzt sich jedes normale, nicht wachsende Tier, das mit
einer gleichmäßigen ausreichenden, vor allem nicht zu eiweißarmen Nahrung
gefüttert wird . innerhalb einiger Tage ins N-Gleichgewicht . d. h. der N der
Sekrete (Urin und Kot) ist gleich dem N der eingeführten Nahrung.
Steigert man dann die Eiweißmenge in der Nahrung, so bleibt zunächst
die N-Ausfuhr hinter der Einfuhr zurück (positive N-Bilanz), bis nach
einigen Tagen wieder N-Gleichgewicht eintritt. Umgekehrt verhält es sich,
wenn man die Mengen des Nahrungseiweißes herabsetzt (negative N-Bilanz,
dann wiederum N-Gleichgewicht). Geht die Eiweißzufuhr aber unter ein
gewisses Minimum herunter, so vermag sich der Körper nicht mehr ins
N-Gleichgewicht einzustellen , sondern die N-Bilanz bleibt dauernd negativ.
Dieses Verhalten gibt ein Mittel an die Hand, um zu untersuchen, ob
dem gewöhnlichen Nahrungseiweiß nahestehende Substanzen aj_s
vollständiger Ersatz für dieses eintreten könnten.
0. Löwi^) hat auf (xrundlage dieses Verhaltens eine Versuchsanord-
nung geschaffen, die es ermöglicht, den synthetischen Aufbau von
Eiweiß aus seinen Bausteinen nachzuweisen. Es gelang ihm, mit ver-
dautem, keine Biuretreaktion mehr gebendem Pankreas Hunde nicht
nur im N-GleichgCAncht zu halten , sondern sogar zum N-Ansatz zu bringen.
Die Versuchstechnik ist seither besonders durch die Bemühungen Abder-
haldens bedeutend verbessert worden.
Als Versuchsobjekte dienen am besten Hunde. Sie erhalten nach
einer Hungerperiode zunächst ein gleichmäßiges . aus Fleisch . Fett und
Kohlehydraten bestehendes, zur Erhaltung des N-Gleichgewichtes eben aus-
reichendes Futter (statt dessen kann mau den ^'ersuch auch unmittelbar
nach einer Hungerperiode beginnen).
*) Otto Löivi, Über Eiweißsynthese im Tierkörper. Arch. f. exp. Patli. u. Pharm.
Bd. 48. S. 303 (1902).
Arbeitsmethoden zur üatersiichung des intcrniediüron Stoff weclisels. 1177
In (lor oi^ciitliclu'ü Versiichspcriodc wird das Fleisch durch niö^'-
lichst weit ant'.ucspaltciies Eiwcili ersetzt. Am besten «.Mht man dieses
in Form tVrmeiitativ anti>espalteiieii Fleisches. Mütriichst fett-
l'reios rterdelleisch wird 0 Wochen lan^^ mit lliindcnmaLM-nsalt ver-
daut, dann die Reaktion durch Zusatz von NallCO;, leicht alkalixh
gemacht und nunmehr Pankreassait. eventuell auch Pankreatin (Hhena-
nia). zugegeben. Nach 14 Tagen setzt man noch .in llxtrakt aus
Darmschleimhaut hinzu, bricht nach weiteren 4 Wochen die N'erdau-
ung ab und filtriert. M Frtahrungsgeniäl) genügt diese Dehandlung zur
beinahe völligen Aufspaltung, l'm alter zu sicheren Versuchsicsultaten zu
kommen, ist es nach Ahderhaldcn durchaus notwendig, in je(|em Falle
durch genaue Untersuchung des Verdauungsproduktes festzustellen, dal", es
wirklich vollständig oder doch nahezu vollständig aufgi-spalten ist. I'ehlen
der Kiuretreaktion allein beweist das noch nicht. Kompliziertere Produkt«"
(Polypeptide) dürfen nur in so geringer Menge vorhamlen sein, dali sie
zur Aufrechterhaltung des N-Gleichgewichtes keinesfalls ausreichen können.
Die Kontrolle des Verdauungsi)roduktes geschieht am einfachsten
durch die Formoltitrationsmethode von Sürnisni-): man initersucht.
ob die Menge der Aminosäuren in dem Verdauungsprodukt lieim Kochen
mit Salzsäure noch zunimmt.
bg des trockenen Präparates werden in 100 n;/» Wasser gelöst.
a) In h cm'^ diesi'r Lösung wird der X-( ichalt nach K/chhi/i/ be-
stimmt.
0) 25 cm^ derselben Lösung werden gegen Lackmuspapier nniglichst
genau neutralisiert und auf 200cv)r* verdünnt. In 40 rw^ dieser Lösung
wird NH3 nach Krüger-Reich- Schittcnhelni bestimmt, andere A^) ou^ zur
Formoltitrierung benutzt und so die Menge des Aminosäuii'U-N und MIj-N
bestimmt.
c) Weitere 25 em3 werden durch 6 Stunden langes Kochen mit25rw'
konzentrierter Salzsäure hvdrolysiert. die dunkelbraune Flüssigkeit auf dem
Wasserbade bis zur Trockene eingedampft: der Kückstand wird mit Wasser
in einen 100 cm^ Meßkolben gebracht, mit AgXOa entfärbt, auf litUc/«»
aufgefüllt und filtriert. \'om Filtrat werden 50 cw-' in einem loo r/// »-Kol-
ben genau gegen Lackmuspapiei- neutralisiert und bis zur Marke verdünnt.
Von dieser Lösung werden wieder 40 «w^ zur NTIs-llestimmimg. 40 c;«^
zur Formoltitrierung verwendet.
Die Menge des Aminosäuren-N nml» bei h) und o amiähernd gleiche
W^erte ergeben.
M Abderhalden und Olinijer, Weiterer Beitrag zur Fraire iiaoli dor Verwertung
von tief abjjebautem Eiweiß im tierisciien Or-ranismiis. 7. Mitteilung. Zeit-.-ln- f pliys.
Chem. Bd. 57. S. 74 (1908).
-} Jlenriques und Gjaldhäk, über ([uantitative Bestininiunir der im l'rotein oder
in dessen Abbaupro.bikteu vorliandencii pcjitisrhon Bindungen. Zeitsclir. f. pbysiol. Chom.
Bd. 67. S. 8 (1910). — Ahdcrhahh» und Unna, Weiterer Beitrag etc. l."i. Mitl. Zeit-
schrift für physiol. Chemie. Bd. 67. S. 405 (1910).
1178
Otto Neubauer.
Die komplizierten rrüfim£;smethoden , die Ahderhalden^) in seinen
älteren Versuchen zur Kontrolle verwendete, sind durch die Formoltitrations-
methode wohl entbehrUch geworden.
Zur ^>rfütterung wird das Verdauungsprodukt in feste Form über-
aeluhrt, indem man es unter vermindertem Druck bei 40'' bis zur Trockene
eindampft. (Bei höherer Temperatur würde das Tryptophan zersetzt werden !)
Gegenwärtig bringen die Höchster Farbwerke Meister, Lucius und Bri'ming
ein solches nach den Angaben von Abderhalden dargestelltes, leicht wasser-
löshches Produkt unter dem Namen „Erepton" in den Handel, das durch
sukzessive Einwirkung von Magensaft, Pankreassaft und Darmsaft auf
ganz mageres Rindfleisch gewonnen ist. Es ist vollständig gespalten und
enthält nur O'öVo Fett.
Die Hunde pflegen dieses abgebaute Fleisch, besonders w^enn es mit
Stärke und Fett gereicht wird, gut zu vertragen. (In einem Experiment,
in dem Kohlenhydrate und Fett weggelassen w^urde, hat Abderhalden r> g
Knochenasche pro Tag zugesetzt.) In der Regel bleiben die Tiere ganz
munter, A'erdauungsstörungen (Erbrechen, Diarrhöen) können vollständig
fehlen. Sie treten besonders dann ein. wenn der Abbau der Proteine ein
unvollständiger war, oder w^nn sich w^eitergehende Zersetzungsprodukte ge-
bildet haben. Tiere, die zum Erbrechen neigen, scheidet man natürlich
möglichst von den Versuchen aus.
Mit dem aufgespaltenen Eiweiß wird das Tier möglichst lange Zeit
(einige Wochen) gefüttert und die N-Bilanz beobachtet. Erhaltenbleiben
des N-Oleichgewichtes durch längere Zeit beweist, daß der Organismus
imstande ist, Eiweiß aus den Bausteinen aufzubauen. Noch beweisender
sind Versuche, in welchen N-Ansatz mit gleichzeitiger Zunahme des Körper-
gewichts erzielt wird, was am ausgiebigsten bei wachsenden Tieren gelingt.
Als Beispiel diene einer der zahlreichen Versuche Abderhaldens 2) : Ein Hund
von 7450^ erhält durch 7 Tage 21 g verdautes Fleisch (gleich 2-9 g N),
4:b g Fett, ?>0 g Stärke und 20^ Zucker; dann durch w'eitere 25 Tage
27 g verdautes Fleisch, 70 g Fett. Er retiniert während dieser 32 Tage
14*o8^ N, sein Körpergewicht steigt auf S'610 g.
Statt des verdauten Fleisches kann man auch autolysiertes Pan-
kreas 3) verwenden oder Kasein *), das durch kombinierte Verdauung mit
Pepsin-HCl, Pankreatin und Darmextrakt aufgespalten ist. Kasein hat
') Abderhalden und Olinger, "Weiterer Beitrag etc. 7. Mitt. Zcitschr. f. physiol.
Chemie. Bd. ä?. S. 74 (1908).
-) Abderhalden, Messner und Windrath, Über die Verwertung etc. 9. Mitt. Zeit-
schrift f. physiol. Chem. Bd. 59. S. 41 (19ü9).
■^ 0. Löiri, Über Eiweißsynthese im Tierkörper. Arch. f. exp. Path. u. Pharm.
Bd. 48. S. 303 (1902). — Henriqiies, Die Eiweißsynthese im tierischen Organismus. Zeit-
schrift für physiol. Chem. Bd. 54. S. 406 (1908). "
*) Abderhalden und Rona, Über die Verwertung' der Abbauprodukte des Kaseins
im tierischen Organismus. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 44. S. 198 (1905). — Abder-
halden und Olinger, Weiterer Beitrag etc. 7. Mitt. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 57.
S. 74 (1908).
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des intermediären Stoffwechsels. HT'J
goi-oniiber dem Fleisch den Xurtcil. ein niiier Kiwcil'.körpcr zu sein; (loch
ist in diesen N'ersnchcn ein wesentlicher N-Ansatz nicht zu erwarten, da
ein solcher ancli mit nnjicspaltenem Kasein kanin zn erreichen ist.
Auch durch Säure hy(lroly>ierte Kiweilikürper köiuM-n Nerwendinig
linden, z. K durch Säure hydrolysiertes Fleisch.') Fein zerhacktes l'tenh'-
fleisch wird eine Woche lang mit lOVoi^'Pi' ^Schwefelsäure und zum Scldul'.
2 Stunden lang mit 2ö«/oi?pr Schwefelsäure auf lÜO" (Wasserhadi erhitzt.
Die SchAvefelsäure wird durch Baryt entfernt, (ierinjje Meniien von l'.aryt
bleiben leicht in Lösung: um sie zu entfernen, bestimmt man dm nucji
vorhandenen Ba-Gehalt nach Veraschung einer Probe inid xfzt dann zn
dem Gemisch die entsprechende Menge Schwefelsäuic l)as Filtrat wird
unter vermindertem Druck zur Trockene verdampft. \ Or der N'erfütterung
wird, da das Tryptophan bei der Hydrolyse mit Säure verändert wird,
noch 0-5"/o Tryptophan zugesetzt.
Henriques und Hansen ''■■ ») gelang es in ähnlichen N'ersuchen. an
weißen Ratten N-Anlagerungen zu erzielen. Die Tiere wurden in einem
eigens konstruierten Stoffwechselkäfig 2) gehalten. Sie erhielten Pankreas,
das mit Trvpsin und P^repsin verdaut und dami noch 6 Stunden lamr mit
20%iger Schwefelsäure gekocht worden war. (Die Tryptoj)hanreaktion war
noch positiv.) Das pulverisierte und getrocknete Material wurde mit Zucker,
anorganischen Salzen (NaCl, KCl, kohk-nsaures Natron und Knochenasche)
und fein verteilter Zellulosemasse vermischt, die Mischung mit Schweine-
fett verrührt, bis das Ganze erstarrte und eine völlig gleichartige Masse
l)ildete. Platten als Versuchsobjekte bieten zwar den \orteil. daU man mit
geringen Nahrungsmengen auskommt, sind aber deswegen weniger ireeig-
net als Hunde, weil bei so geringen N-Ausscheidimticn <lie Fehler dt-r
Methoden besonders schwer ins Gewicht fallen (AJxhrJuiliUiu.
Auch am Menschen lassen sich solche Versuche anstellen. So lieirt
ein Versuch vor, in welchem es gelang, bei einer \'ersuchsperson widirend
15 Tagen zum größten Ted vom Rektum aus mit völlig abgebautem Fleisch
eine bedeutende N-Retention herbeizuführen und da< Köriierirewicht zu
heben. ^)
Durch diese \'ersuche läßt sich also die Fiweißsynthese au> »F-n
einfachen iiausteinen beweisen. Einzelne negative \'ersuche besairen
wenig. Sie können dadurch erklärt werden, daß die Aminosäuren durch
') Abderhalden, Weiterer Beitrag etc. 8. Mitt. Zeitschr. f. physiol. Cbeni. Bd. 57.
S. .S48 (1908). — Ähderhnlden und (hkar Frank, Weitcit-r Beitrat: etc. l'J. Mitt. Zeit-
schrift f. physiol. Chem. Bd. 64. S. Iö8 (li)Ü'.)).
'^) Henriques und Hansen, Über Eiweißsynthese im Tiorktirper. Zoitsclir. f. phys.
Chem. Bd. 43. S. 417 (1905).
') Henriques und Hansen, Weitere rntcrsudiungen iihi-r Kiweiüsynthese im Tier-
körpor. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 48. S. IIH (19U(;). Ilniriqms, Die Eiweiß-
synthese im tierischen Organismus. Zeitschr. f. physiol. Chem. IM. 54. S. 4ü(; (1908).
*) Abderhalden, Franz. Frank und Srhitlenhrhn, Ciier die Verwertung von tief
abgebautem Eiweiß im menschlichen Organismus. Zeitschr. f. pliysi(d. Chem. Bd. «»2.
S. 215 (1909).
XlgQ Otto Neubauer.
die ^'orbehanclhing weitergehend verändert woi'den sind. Es ist kaum daran
zu zweifeln, daß es schließlich auch gelingen wird, durch ein (xemisch rein
dargestellter Aminosäuren und Diaminosäuren N-Gleichgewicht und N-An-
satz zu erzielen.
Die Untersuchung der X-Bilanz erlaubt ferner die Beantwortung der
Frage, ob der Organismus imstande ist, einzelne Aminosäuren in ge-
nügender Menge synthetisch aufzubauen. Wenn sich zeigen ließe,
daß ein Eiweißkörper, dem einzelne Bausteine der gewöhnlichen Eiweiß-
körper fehlen, imstande ist, den Körper durch längere Zeit im X-Gleich-
gewicht zu erhalten, so müßte man schließen, daß der Organismus den
fehleiiden Baustein selbst produziert hat (durch Synthese); nur bei einigen
wenigen Aminosäuren: Glykokoll, Alanin, Serin, Asparaginsäure , Tyrosin,
Phenylalanin und Oxyprolin wäre eine einfache direkte Entstehung aus
anderen Aminosäuren denkbar. Als derartige „unvollkommene" Eiweiß-
körper stehen zur \'erfügung:
Leim (es fehlen Tyrosin, Tryptophan, Gystin).
Gliadin (es fehlt Lysin).
Zein (es fehlen Tryptophan, Lysin. Glykokoll. Oxyprolin).
Seide (sehr geringer Leuzingehalt).
In jedem einzelnen Fall ist der zu verfütternde Eiweißkörper vor dem
Versuch auf seine Eeinheit respektive auf das Fehlen des betreffenden
Bausteines zu prüfen. Bis jetzt sind alle Versuche, das Nahrungseiweiß
durch solche ..unvollkommene" Ei weiß kör per völlig zu ersetzen, ne-
gativ ausgefallen, so daß also eine ausgiebige Synthese von Aminosäuren
(mit Ausnahme des ("llykokolls und vielleicht desAlanins) unwahrscheinlich
erscheint. Der Einwand, daß die Ergebnisse dieser Versuche vielleicht
auf der großen Widerstandsfähigkeit dieser Eiweißkörper gegen die Fer-
mente des Verdauungstraktes beruhen könnten, kann dadurch ausgeschaltet
werden, daß man nach dem Vorschlage Abderhaldens an Stelle der Ei-
weißkörper die Summe ihrer Spaltungsprodukte verfüttert. A'öllig gesichert
würde das Versuchsergebnis weiter dadurch, daß Zulage der fehlenden
respektive in ungenügender ^lenge vorhandenen Bausteine den aufge-
spaltenen unvollkommenen Eiweißkörper dem Nahrungseiweiß gleichwertig
machen müßte. Doch ist dieser Beweis bisher noch in keinem Falle völlig
gelungen.!)
Statt zu solchen Versuchen natürliche „unvollkommene" Eiweißkörper zu
verwenden, kann man auch einen Eiweißkörper, der alle Bausteine enthält,
hydrolytisch aufspalten und einen einzelnen Baustein aus dem Gemisch
der Spaltungsprodukte entfernen. So kann man aus dem Verdauungsge-
misch des Kaseins die Hauptmenge des Tryptophans durch Fällung mit
') Bona und Müller, Über deu Ersatz von Eiweiß durch Leim. Zeitschr. f. phys.
Chein. Bd. 50. S. 263 (1907). — Ahderhalden und Manoliu, Weiterer Beitrag etc.
14. Mitt. Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 65. S. 336 (1910).
Arbeitsmethoden ziii rntersiiclimig des intermediären Stoffwcrhselg. llHl
Hii-Snlfat in schwdclsanri'r Lösung ausfüllen: ans dmi Kiltrat wird »li«-
Schwctclsiiure (|uantitativ mit Ilaryt. das H^^ mit I1.,S entfernt. H.S durch
einen i>uftstrom vertrieben. Die wirklich <|inintitative Knifernuii^r dieser
i^iftiii wirkenden Stoffo ist nni)e(lin<'t niitiji-. Als Kontrolle dient ein \er-
such mit dem vollständigen \'erdaiuni!.isprodnkt von Kasein und ein \ er-
.sucli mit Entfei'minii- und nachträglichem Wieder/.nsatz von Tryittophan.
Es ist bisher noch nicht goiihickt, diese ;> N'ersnche :in demselben Tier
auszuführen; doch i^eht auch aus den bisher v(n-lie;i^endeii \ Cr^uchen her-
vor, daß ohne Tivptophanzufuhr das N-(il(i(liiie\\iclif nicht erhalten wer-
den kann. M
Eine analoi^c \'ersuchs;iiior(hiuiiii' wird auch die l'JitMJieidunt: der
Frage ermöglichen, ol» der Körpei' imst;nide ist. die .\mino>;iuren i\cT
Eiweiljkörper aus nahestehenden N-fnicn Siotfcn. etwa aus den ent-
sprechenden Ketonsäuren oder Oxysäuren. in genügentler Menge aiif/.u-
bauen.
4. 31etliodeii, welche auf der Kontrolle der i'-liiliiii/ beruhen.
Ähnlich wie eine längere Zeit andauernde, mit Körperi:e\\icht>-
zunahme einhergehende Uetention von N als Zeichen eines Eiweili-
ansatzes gedeutet werden kann , wird man auch bei einer aus-
giebigen Retention von C (ohne entsprechende gleichzeiti;i-e lletention
von N) auf den Ansatz von Glykogen oder Fett schlielien dürfen, ha
nun Glykogen erfahrungsgemäß nur in beschränkter Menge aufgestapelt
werden kann, so köniu'u wiiklich bedeutende C-Hetentionen als Zeichen
eines Fettansatzes gelten. Diesen Gedanken^iang hat die Pcttaikn/rr-
Foi^sche Schule benutzt, um die Entstehung von Fett aus Eiweiß darzu-
tun. 2) Die älteren ^■ersuche sind an Hunden ansgefidirt. die sich bei Füt-
terung mit großen Mengen mageren Pferdefleisches im N-(;h'ichgewicht
befanden. Außer der Kontrolle des N-(ileichgewichtes durch Hestimmung der
N-Einnahmen (Analyse des Fleisches) und Ausgaben (Analyse von Harn
und Kot) ist zur Aufstellung der C-Bilanz festzustellen:
1. Die Menge des eingeführten C, und zwar nur die .Men^e de> in
der Form von Eiweiß eingeführten C. Von dem C-Gehalt des Fleisches i.st
also der C-Gehalt des im Fleisch noch vorhandenen Fettes und (ilykogens
abzuziehen. Diese C-Einfuhr wurde in den \'ersuchen nicht je.lesmal dii-ekt
bestimmt, sondern aus dem N-Gehalt durch Multiplikation mit dem Fak-
tor 3'68 berechnet.
PjUhjer'^) hat aber gezeigt, daß dieser Faktor niedriirer angesetzt
werden muß, mit 3-2. Der Vergh'ich der C-Einluhr mit der OAusfuhr
') Abderhalden, Weiterer Beitrag etc. H. Mitt. Zeitschr. f. pl.y«. n.em. Hd. «<.
S. 348 (1908); 10. Mitt. Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 61. S. 194 (1^)09).
-) Petfenkofer und Voit, Über die /orsetzuiiirsvortranpe im '1 lorkörpor bo. hiltt.-
rung mit Fleisch. Zeitschr. f. Biol. Bd. 7. S. 487 (1H71).
■') I'ßihicr, Über die P^utsteluiiig von Fett aus Eiweiß im Körper der licre. Aroh.
f. d. ges. Physiol. Bd. 51. S. 229 (1892).
■J]g2 Otto Neubauer.
gibt die C-Bilanz. Voit, der mit dem Faktor o"68 arbeitete, berechnete
eine so erhebliche C-Iletention, daß die Annahme eines Fettansatzes kaum,
zu umgehen Avar. Pßüger erhielt aber bei der Durchrechnung der Voit-
schen Versuche unter Zugrundelegung des Faktors ?/2 nur ganz unwesent-
liche C-Retentionen, die innerhalb der Fehlergrenzen der Methoden lagen.
Dagegen gelingt der Nachweis einer erhebhchen C-Retention bei
starker Überernährung mit Fleisch, wobei dann auf das Bestehen von
X-Gleichgewicht kein Wert gelegt wird. Besser als Hunde i) eignen sich
nach Cremer zu solchen Versuchen Katzen 2): besonders nach einer länge-
ren Hungerperiode kann man diesen Tieren sehr große Fleischmengen bei-
bringen; weibliche Katzen lassen sich auch katheterisieren.
Beispiel :
Ein Kater erhält nach einer Hungerperiode 8 Tage laug täglich 450 g Fleisch
und wird dann getötet. Schlußgewicht: S'l kg.
Die tägliche N-Ausscheidung beträgt 130 g.
Daraus berechnet sich der C des im Körper zer-
setzten Fleisches 1.30 X 320 416 C
Ausgeschiedener C in Harn, Kot, Ausatmungsluft
7-5+ 1-4 + 25 4 848 C
Täglich retinierte (angesetzte) C-Menge 13 g C;
in der ganzen Stägigen Periode also 584^ C entsprechend 67'1 // Fett oder 130^
Glykogen. Daß diese große Menge von C nicht in Form von Glykogen angesetzt wor-
den sein kann, ergibt die Untersuchung des getöteten Tieres ; es enthält höchstens
35 g. Da andere X-freie oder N-arme Substanzen, die sich in so großer Menge im Or-
ganismus anhäufen könnten, nicht bekannt sind, so darf man aus dem Versuch mit
größter Wahrscheinlichkeit auf die Entstehung von Fett aus Eiweiß schließen.
D. Methoden, welche den Übertritt von Zwischenprodukten des
normalen Stoffwechsels in die Exkrete bewirken.
1. Der Versuch, intermediäre Produkte durch Einleitung
einer kräftigen Diurese auszuschwemmen^), gelingt im allgemeinen
nicht. Durch Einleitung einer Diurese wird nur die Menge der normalen
Endprodukte des Harns vorübergehend etwas gesteigert. Auch bei den
extremsten Formen der Polyurie, wie sie sich z. B. beim Diabetes insipidus
findet, ist die relative Zusammensetzung des Harns im wesentlichen nor-
mal. Ein einziger Stoff macht, soweit bisher bekannt, eine Ausnahme: der
Inosit. Während er im normalen Harn nur in Spuren vorkommt, ist er
in polyurischen Harnen verschiedener Ätiologie häufig in reichlicheren
*) Erwin Yoit, Über die Fettbildung aus Eiweiß. Münchn. med. Wochenschr.
Bd. 39. S. 460 (1892).
-) Cremer, Über Fettbildung aus Eiweiß bei der Katze. Münchn. med. Wochen-
schrift. Bd. 44. S. 811 (1897); Zeitschr. f. Biol. Bd. 38. S. .309 (1899).
^) H. Lüthje (Zur Frage der Eiweißsynthese im tierischen Körper. Archiv f. d.
gesamte Physiologie. Bd. 113. S. 548 [1906]) hat zum Zweck der Ausschwemmung inter-
mediärer Produkte das Glyzerin vorgeschlagen ; bei einem 18 — 20 kg schweren Hunde
kann man so tägliche Urinmengen von 11 — 12 1 erzielen.
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des interracdiiiren Stoffwechsels. 1 | H;\
Moiigen ijofuiidoii worden: so Ixm Diahotcs iiisipidiis. Diabetes melitii-.
Schniiiipfiiiere und vor allem aueli hei Polyurie inlolirc von reieldiclier
Flüssiiikeitsaufnahnie. So hat F. SfraiaO) lici :; gesunden .Menschen diireh
Trinkenlassen von zirka 10/ Wasser innerhall) l'J L'4 Stunden eine er-
hebliche Inositausscheidung' im Harn eizielt. K. A'/V/cM machte ahnliche
Versuche am Kaninchen: er ließ durch f) Stunden aus einer lUirette l«/o
NaCl-Lösung in die \'. jugularis eiidauien (alle f) Mimiten 20- HO n»*). Aus
dem Harn {\01{) cm^) konnten '62 mg abgeschieden werden.
Ahihrhaldm^) hat die rberschwemmung des Körpeis mit grolieu
^^■ asser mengen dazu benützt, um Aufklärung daiüber zu eilialteii. in welcher
Form der bei eiweiltreicher Kost im Köri)er zurückbleibende (und bei
einer anschließenden Hungerperiode wieder im Harn erscheinende! Stick-
stoff im Körper retiniert wird (von C. Voit als ..ziikulierendes KiwciU"
gedeutet). Es gelang bei Hunden, die reichlich mit Kiweil'. gefüttert
worden waren und dabei N retiniert hatten, durch Kinführung von 1 /
AVasser (mit der Schlundsonde) während des letzten Futtertages eine be-
deutende Menge von N auszuschwemmen (Steigermig der N-.Vus.Ncheidung
von 41)6 auf (röo^): am ersten Hungertage blieb dann die sonst zu be-
obachtende vermehrte N-Ausscheidung aus. Da es wenig wahrscheinlich
ist. daß die reichliche Wasserzufuhr einen gesteigerten Kiweil'izerfall be-
wirkt, so ist zu schließen, daß der N nicht in Form von Kiweiß re-
tiniert war.
In dem Atophan (Phenylcinchoninsäure) scheinen Xicohür und
Dohrn ^) ein Mittel gefunden zu haben, das es gestattet, einen bestimmten
Stoff, die Harnsäure, aus dem Körper auszuschwemmen: in (ial)en von
3 — 4 y (per os) steigert es beim Menschen die U-Ausscheidung sehr be-
deutend: ebenso beim Huiule iO'ö g subkutan, mit Soda gelöst), unter
gleichzeitigem Sinken des Allantoins: beim Huhn setzt es eine Störung der
U-Synthese.*) Von dem näheren Studium sind noch Aufklärungen id)er den
intermediären Nukleinstoffwechsel zu erwarten.
2. Man hat Nahrungsstoffe (resp. Stoffe, die bei der \erdauung im
Darmkanal aus ihnen entstehen) in exzessiv großer Menge zugeführt,
in der Erwartung, daß so großen Anfordeinngen gegenüber die Abi)au-
vorrichtungen des Organismus nicht mehr völlig ausreichen würden, so daß
uuverbrannte Zwischenprodukte in den Harn übertreten.
') F. Strauß, Die einfache zuckerlose Harnruhr. Dissertation Tahin!:en. 187(».
— E. Kidz, trber das Auftreten vou Inosit im KaiiinchcnJiarn. /entraDdatt f. d. med.
Wissensch. Bd. 13. S. 932 (1875).
') Abderhalden, Studien über den Eiweißstoffwechscl. Zeitschr. f. physiol. (.hemie.
Bd. 59. S. 177 (1909).
^) Nicolaier und Dohrn, Über die Wirkung der t'liinolinkarbonsäuren tmd ihrer
Derivate auf die Ausscheidung der Harnsäure, l). Arch. f. klin. Med. Hd. 93. S. 331 (1908).
*) Frank und Baudi, Über den Angriffspunkt des Atophans l>tM seiner Kinwir-
kung auf die Harnsäureausscheidung. Bcrl. klin. W ocl\ensclir. lid. 48. Nr. 32 (1911). —
Starkenstein, Über die Boeinfhissung des ruriust.iffwechseis durch Thenjlcinchonin-
säure (Atophan). Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 65. S. 177 (19111.
1134 Otto Neubauer.
P. Mayer i) hat nach Verfütterimg großer IMengen von Traubenzucker
an Kaninchen (40^ innerhalb 6 Stunden) eine Steigerung der Glykuron-
süure- und der Oxalsäureausscheidung beobachtet und betrachtet deshalb
diese beiden Säuren als normale Oxydationsprodukte des Zuckers.
Nach Zufuhr großer Mengen^^ von Tyrosin hat BUndtrmann'^) bei
einem Kaninchen Oxyphenylmilchsäure im Harn gefunden.
Neuberg und Langstein ^) haben aus dem Harn hungernder Kaninchen
nach der Verfütterung von 20 — 30 g Alanin Milchsäure (2 g Zinksalz)
isolieren können.
Baumgarten und Popper*) haben gefunden, daß Hunde, bei ge-
mischter Kost, nach intraperitonealer Injektion von Buttersäure oder
Isovaleriausäure (als NHg-Salz 1—2 g pro kg) erhebhche Mengen von
Aceton ausscheiden.
Nach Blum^) kann man beim normalen Hund auch vom subkutanen
Gewebe aus durch Überschwemmung des Körpers mit Buttersäure, Iso-
valeriausäure oder Capronsäure Acetonkörperausscheidung erzielen; man
wählt junge, glykogenarme Tiere (5 — 5 kg Körpergewicht) und injiziert
10 — 22 g buttersaures Natrium.
Die Ergebnisse dieser Methodik sind jedoch nicht völlig überzeugend.
Wenn der zu untersuchende Stoff in so großen Mengen durch den Darm-
kanal eingeführt wird, so unterliegt er zunächst der Einwirkung der bak-
teriellen Darmzersetzung, wobei Stoffe entstehen können, die in den Harn
übergehen und dort als unvollkommen zersetzte intermediäre Produkte
imponieren. Aber auch in den Geweben selbst können, wenn bei außer-
ordentlichen Anforderungen die gewöhnlichen Abbaumechanismen nicht aus-
reichen, an ihrer Stelle abnorme Veränderungen der in abundanter Menge
gegebenen Substanz stattfinden.
3. Ein weiteres Verfahren, um intermediäre Produkte in den Harn
überzuleiten, beruht auf folgendem: Viele eingeführte, körperfremde Stoffe
erscheinen im Harn „gepaart'' mit Atomenkomplexen, die offenbar dem
Bestände des Organismus entstammen. ]\lit dieser Paarung wird in der
Regel eine Entgiftung der zugeführten Substanz erreicht. Es liegt die An-
nahme nahe, daß diese aus dem Körper herausgenommenen Komplexe
Produkte des intermediären Stoffwechsels sind; es gelänge also in dieser
') P. Mai/er, Über unvollkommene Zuckeroxydation im Organismus. Deutsche
mediz. Wochenschr. Bd. 27. S. 243 und 262 (1901). — Experimentelle Untersuchungen
über den Abbau des Zuckers im Tierkörper. Verhandlungen d. 19. Kongr. f. inn. Med.
S. 393 (1901).
2) Blendermann, Beiträge zur Kenntnis der Bildung und Zersetzung des Tyrosins
im Organismus. Zeitschr. f. phys. Chemie. Bd. 6. S. 234 (1882).
^) Neuherg und Längstem, Ein Fall von Desamidieruug im Tierkörper. Arch. f.
Anat. u. Physiol.Abt. f. Physiol. 1903. Suppl. S. 514.
^) Baumyarten und Popper, Experimentelle Untersuchungen über Acetonurie beim
Hund. Zentralblatt f. Physiol. Bd. 20. S. 377 (1906).
^) Blum, Über den Abbau der Fettsäuren im Organismus und über die gegen-
seitigen Beziehungen der Acetonkörper. Münch. med. Wochenschr. Bd. 57. S. 683 (1910).
Arbeitsmethoden zur Untersuchiiiig des iuterimnliureii Stoff« ocliscls. HHö
Weise. Zwisehenproilukte aus den Geweben mit der clieniisclu'n An^'<-I
gleichsam herauszufischen. Doch ist in jedem speziellen l":dl die i'.e-
rechtiüun^ dieser Auffassung' einer he.^^onderen l'riifun;^' zu unterwerfen;
denn es ist auch möglich, dali der vom ( >rL':inismus ;:elieferte ..l'aarlini^^
erst unter dem Einflul) der eingegebenen Substanz entstanden ist.
Auch die Muttersubstanzen dieser Taarlinge können festgestellt
werden, wenn es gelingt, die ([uantitativen Verhältnisse der Paarung durch
gleichzeitige Zufuhr von Nahrungssubstanzen oder bekannten intermediären
Produkten zu beeinflussen.
Abgesehen von der Synthese mit Schwefelsäure, welche sicher ein
Endprodukt des Stoffwechsels ist, kommen folgende Paarun«,'en in lletracht:
1. Die Paarung mit Glykuronsäure, welcher zahlreiche, in den
Organismus eingeführte Substanzen unterliegen; besonders Kaninchen
zeigen eine Neigung zu dieser Art der Entgiftung.
Schniicdehet^g und B. Mei/er^) haben die Auffassung vertreten, dal» die
Glykuronsäure im normalen Organismus als Zwischenprodukt bei der \ er-
brennung des Traubenzuckers auftritt und nun infolge der Paarun;: der
weiteren Zersetzung entgeht. Sundvlk und besonders Emil Fischer und
Pilotij haben dagegen die Vermutung ausgesprochen, dal» die eingeführte
Substanz sich wahrscheinlich zunächst mit Traubenzucker verbindet und
daß das so gebildete (ilukosid eine Oxydation zur gepaarten (ilykunui-
säure erfahre. Eür diese, vom Standpunkt des Chemikers eiideuchtende
Erklärung haben sich aber bisher noch keine entscheidenden 1 leweise bei-
bringen lassen. Man hat die Frage in der Weise zu studieren versucht,
dalj man untersuchte, ob zugeführte Glukoside im Körper in die ent-
sprechenden gepaarten (ilykuronsäuren übergehen. Man hat zum Teil po-
sitive Resultate erbalten.-) Diese lassen aber immer noch die Deutunt: zu,
daU zunächst eine Aufspaltung des (ilukosides und dann erst .sekundär
eine Synthese des freigewordenen Paarlings mit (ilykuronsäure stattge-
*funden habe. Bei diesen Versuchen sind vor allem auch die Isomeriever-
hältnisse der Glukoside und der gepaarten Glykuronsäuren (a- und ä-Eormi
zu berücksichtigen.
Man hat auch die Frage aufgeworfen, ob denn der Traubenziu-ker
überhaupt als Muttersubstanz der (ilykuronsäure angesehen werden kann.
') Schmiedebery uud IL Mci/er, Über Stoffwechselprodukte nach Kainpforfütteningr.
Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 3. S. 422 (1879).
2) Brahm, tJbcr Chinosol, sein Veiluilteii im TicrkorpiT und libcr lii«« Bildnng
gepaarter (ilvkuronsaure. Zeitschr. f. phys. (heni. Bd. 2«. S. 4;5i» (IS'.iUl. Miinrh, tWr
das Verhalten einiger künstlicher Hexosen im Tierkörper. Zeitschr. f. phys. Chemie. Bd 1*9.
S. 493 (1900). — Falck, t)ber das Verhalten einiger Clykosi.ie si.wi.- über die Knt-
stehuni,' gepaarter (ilykuronsiuiren im Tierkörper. Münchn. med. Wochcnschr. Bd. 49.
S 1489 (1902) — Jliidebrainlt, Über Svntiiesen im Tierkorper. Arch. f. cxp. Pathohtnie
U.Pharmakologie. Bd. 44. S. 308 (1900); Bd. 45. S. 110 (1901). - (M.er eine experi-
mentelle Stoffxvechselabnormitat. Zeitschr. f. phys. Chemie. Bd. 35. S, 150(1902). - Zur
Frage der glykosidischen Struktur gepaarter Glykunuisauren. Zeitsclir. f. physiüi. Chem
Bd. 7. S. 439 (1906).
Abderhalden, Handbuch dir biochemischen Arboitgmotb..dcn. V. 76
21 1^(3 Otto Neubauer.
Nach der chemischen Koüstitution muß das ja von vornherein als recht
wahi'scheinlich erscheinen. Die Frage läßt sich auf dem Wege untersuchen,
daß man feststellt, ob die Menge Glykuronsäure. die ein Tier zur Paarung
beistellen kann, abhängig ist von seinem (iehalt an Kohlenhydrat. i)ie Ver-
suche sind zweckmäßig so anzuordnen, daß man zunächst dem in nor-
maler Weise ernährten Tiere eine genügende Menge einer zur Glykuron-
säurepaarung befähigten Substanz zuführt und im Harn die Menge der
ausgeschiedenen gepaarten Säuren bestimmt (durch die Stärke der Links-
drehung). Die Autoren haben in der Regel Chloralhydrat oder Kampfer
gegeben; gegen die Wahl dieser Substanzen ist jedoch einzuwenden, daß
damit recht komplizierte \'ersuchsbedingungen geschaffen werden, weil
diese beiden Substanzen gar nicht direkt zur Glykuronsäurepaarung heran-
gezogen werden können, sondern zuerst im Organismus eine vorbereitende
Veränderung erfahren müssen. (Reduktion zu Trichloräthylalkohol. Oxy-
dation zu Kampferöl.) Das Chloralhydrat ist ferner aus dem Grunde un-
geeignet, weil es den Glykogenstoffwechsel beeinflußt (Nebelthau). Der
Kampfer scheint ebenfalls eine eigenartige Wirkung auf den Kohlenhydrat-
stoffwechsel zu haben, wenigstens kommt 0. Löiri zu der Annahme, daß
er die Zuckerausscheidung beim Phlorhizindiabetes direkt beeinflußt. Ge-
eigneter für derartige Versuche dürften Paarhnge sein, die unmittelbar, ohne
vorausgehende Veränderung, zur Synthese herangezogen werden und die eine
relativ geringe Giftwirkung haben, so daß größere Dosen verwendet werden
können: Menthol, Borneol, Thymol, Naphthol, eventuell auch tertiärer Butyl-
alkohol. Dann wird das Tier durch eine der oben beschriebenen Methoden mög-
lichst glykogenfrei gemacht (z. B. Kombination von Hunger und Phlorhizin,
Hunger und Arbeit). Darauf wird ihm die gleiche Dosis des Glykuronsäure-
paarlings verabreicht und der Harn untersucht. Nach P. Mat/er^) ergibt sich,
daß nun weniger gepaarte Glykuronsäure ausgeschieden wird als vom gefütterten
Tier. Dann erhält dasselbe Versuchstier ein drittes Mal dieselbe Dosis des Paar-
lings, gleichzeitig mit einer großen Menge Traubenzucker. P. Mayer fand, daß
dann wieder etwa dieselbe Menge gepaarter Säure ausgeschieden wird wie vom
gefütterten Tier, und schheßt daraus, daß Glykuronsäure aus Zucker entsteht.
In gleichem Sinne sprechen die Resultate von Hildebrandt. 2) Er
zeigte, daß Kaninchen bei gleichzeitiger Verabreichung von Zucker Thymo-
tinpiperidid in größerem Ausmaße an Glykuronsäure paaren und deswegen
auch besser entgiften. Auch für Thujon stellte er eine entgiftende Wirkung
gleichzeitiger Zuckergaben fest.
Eine etwas andere Methodik wählte 0. LoewiJ) Er unterhielt bei
Hunden, um sie glykogenfrei zu machen, einen maximalen Phlorhizin-
^) Paul Mayer, Experimentelle Untersuchungen über Kohlenhydratsäuren. Zeitschr.
f. klin. Med. Bd. 47. S. 68 (1902).
^) H. Hildebrandt, tlber einige Synthesen im Tierkörper. I. Mitt. Arch. f. exp.
Path. u. Pharm. Bd. 44. S. 278 (1900).
^) 0. Loewi, Einfluß des Kampfers auf die Zuckerausscheidung im Phlorizindia-
betes. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 47. S. 56 (1903).
Arbeitsmethoden zur riitcrsuchuii«,' des iiitcnnediiireii Stdffworhsols. llS?
diabetes, dann reichte er Kanipfci- (auch hier wiirc wohl die Wahl eines
anderen Paarlinos vorzuziehen), (h*r als Kaniijhoj^dykiinmsaure aiisfreschiedcn
wurde. Wenn nun die (Jlykuronsäure aus (h-ni Zucker staniintf. so nuidte
während der Kampferperiode die Men<,^e des aus^^escIiiiMh-ncn Zuckers ub-
nchmen. In den Loenii^chen Versuchen fand min tatsiiciihch ein Sinken der
Zuckei-ausscheidunu' statt: doch war diese durch yleich/ejiiire Kinschriin-
kung- des Eiweii'iumsatzes zu erkiiiren. Die N'ersuchshedin^^'unjien he;:en
hier also recht kompliziert. Loeivi g:laid)t. aus dem Versuch schlier.en zu
dürfen, dal» die (Uykuronsänic nicht aus Zucker (MJer zuckerhildenden
Komplexen entsteht.
IL Paarung mit (ilykokoll. 8ie tritt hrj rincr Anzahl von aroma-
tischen Säuren ein; sie ist zum Studium intermediärer Stoffwechselvor-
tiänse wiederholt herangezogen worden. Als Paarling wurde p-wölndich «lie
einfachste der hierher gehörigen Substanzen, die Penzoesäure. verwendet.
(Paarungsprodukt: Hippursäure.) Geeignete Versuchstiere sind: Kaninchen
und Schaf: bei Hunden und iMenschen findet die (ilykokollpaarung in
kleinerem Umfange statt.
Wiener^) hat als erster die quantitative X'erfolgung der (ilykokoll-
paarung in systematischer Weise dazu verwertet, um Aufschlüsse id»er die
Pedeutnng des Glykokolls im intermediären Stoffwechsel zu erhalten. Kr
hat in einer Pieihe von Versuchen, in welchen eine einmalige Ddse von
!■() — Po6 r/ Benzoesäure pro Kilogramm Kaninchen per os gej^^eben wurde.
im Harn der folgenden vier Tage regelmäßig rund O'S y Penzoesäure in
gepaarter Form als Hippursäure gefunden. Dieser Maximalwert tritt bei
einer Dosis von mindestens VO g Benzoesäure pro Kilogramm Tier in Er-
scheinung. Er entspricht einer Menge von 0"49 (nicht Oi^-i g) (ilyk(»k(tll.
Wiener betrachtete diese Menge als den ..( Jlykdkollvorrat" des Tieres.
Darunter verstand er die Menge, über welche das Tier im Zeitpunkte der
Darreichung verfügt, vermehrt um die Menge, welche es in den nächsten
Stunden (solange noch freie Benzoesäure im Blute kreist) bildet.-) l>amit
wäre eine Methode gegeben, um die Mnttersubstanzen des (Jlykokolls kennen
zu lernen: wenn nach Zufidir einer Substanz, z. B. Peucin. ti.i- Tiir mehr
als 0''S g Benzoesäure zu paaren vermag, so wäre das ein Zeichen, dali
sein (ilvkokollvorrat durch die einceuebene Sul)stanz vermehrt worden ist.
*) Wiener, Über das Glykokoll als intermediäres Stoffweelisclpnulukl. .\roh. f,
exp. Patli. u. rharm. Bd. 40. S. ;^13 (18117): Üi>er den (ilyl<okollviirrat dt-s tierischeu
Organismus. Pra^rer medizin. Wochenschr. Bd. 26. Nr. 50 (litOl); Hd. 27. Nr. 24 (liK.)2).
— Siehe ferner B. Colin, Üi)er den (JIyk(dvollvorrat im tierisclien (>rj.'anisnius. KcstM-lirift
zur P'eier des 6U. Geburtstages von Max Jajl)'. 1901. S. 321: Zur Kraire des ülvknktdl-
vorrats im tierischen Organismus. Prager med. Wochensciir. Bd. 27. 8.269 (1902);
Zur Frage der Glykok(»lll)ibliuig aus Leucin im tierisclii-n Organismus. Arcli. f. exp.
Path. u. Pharm. Bd. 48. 8. 177 (1902).
-) Mehr (ilykokoll erhält man. wenn die Beuzoosäure/ufuhr nicht auf einmal er-
folgt, sondern in mehreren Dosen üiter den Tag verteilt, l'nrhr und Lusk, «>n thc
maximuin production of hippuric acid in rabldts. .Vnierif. .lourn. of Physinl. Bd. 3.
S. 472 (1900).
75»
\]^^ Otto Neubauer.
Eine Bestätigung kann noch dadurch geliefert werden, daß nun das Tier
eine sonst letale Dosis von Benzoesäure (annähernd l'l g pro Kilogramm
Kaninchen) überlebt.
Es hat sich jedoch herausgestellt, daß diese im Prinzip richtige Me-
thodik doch gewisser Vorsichtsmaßregeln bedarf. Es hat sich ergeben, daß
der „Glykokollvorrat" verschiedener Kaninchen, auf 1 kg Körpergewicht
berechnet, nicht immer gleich groß ist. Wiener hat selbst einen Versuch
mitgeteilt, in welchem r0381 g Benzoesäure pro Kilogramm ausgeschieden
wurden. 1) Nach den eingehenden gründlichen Studien von Wiechowskl^)
ist dagegen der Umfang der Hippursäuresynthese pro Kilogramm Tier bei
demselben Individuum und bei gleichmäßiger Zufuhr von Benzoesäure
konstant. 2) Man wird also nach Wiechouskis Vorschlägen derartige Ver-
suche künftig in folgender Weise ausführen müssen:
Das Tier erhält zunächst eine Benzoesäuregabe, um das dauernde
kleine Glykokolldepot des Organismus zu erschöpfen.
24 Stunden später wird in einem Vorversuch das normale Ausmaß
der Hippursäuresynthese für das Tier bestimmt. Es wird Benzoesäure als
Na-Salz auf einmal subkutan oder intravenös injiziert. Zur subkutanen In-
jektion empfiehlt Wiechoicski eine 47oige Lösung; konzentriertere Lösun-
gen sind schmerzhaft und weniger genau zu dosieren. Man läßt die Lösung
den aufgespannten Tieren aus einer Bürette mit Injektionsnadeln langsam
unter Massage unter die Rückenhaut fließen. L^m Diarrhöen zu vermeiden
und um vergleichbare Werte zu erhalten verwendete Wiechoicski stets 0"8 g
Benzoesäure pro Kilogramm Tier. In dem quantitativ gesammelten Harn
wird der N, die Hippursäure und die nicht gepaarte Benzoesäure quanti-
tativ bestimmt (Methoden siehe dieses Werk, Band III. S. 829, ferner
Wiechowski. a. a. 0.). Ein Teil der verabreichten Benzoesäure mvd weder
in freiem Zustand, noch als Hippursäure wieder gefunden („Defizit").
Im Hauptversuch erhält nun das Tier wieder benzoesaures Natron
in gleicher Dose und gleicher Konzentration wie im Vorversuch, und
außerdem die auf ihr Glykokollbildungsvermögen zu untersuchende Substanz.
Eine Änderung der pro Kilogramm berechneten Hippursäurewerte
darf aber nach Wiechowski noch nicht ohne weiteres auf eine Änderung
des GlykokoUbestandes bezogen werden. Durch die Zufuhr der Sub-
stanz könnte auch die synthetische Energie des Tierkörpers beeinflußt
worden sein. Wiechowski schlägt vor, die Entscheidung in der Weise zu
treffen, daß man an demselben oder an einem anderen Tiere ^'orversuch
und Hauptversuch unter gleichzeitiger Darreichung von GlykokoU wiederholt.
Als Grundlage für derartige Experimente wäre übrigens eine längere Reihe
von Versuchen mit gleichzeitigex Darreichung von Benzoesäure und GlykokoU
(zum Studium der svnthetischen Energie des Kaninchens) erwtüischt.
') H. Wiener, t)ber den Glykokollvorrat des tierischen Organismus. Prager mediz.
Wochenschr. Bd. 26. Nr. 50 (190i). Im Original ein Druckfehler (1-3381).
^) Wiechowski, Die Gesetze der Hippursäuresynthese. Beiträge z. ehem. Phys. u.
Path. Bd. 7. S. 204 (1905).
Arbeitsmothodeii zur l utersucluiiij.' des interniodiaren Stoffwcrhscls. 11H9
Versucht' mit Eiiilialtuii^ aller dieser Kaiiteleii lie<reii noch iii<ht vor.
Trotzdem erlauben auch die hisherlj^en Experimente eini^rc SdiUlsse
auf die Quellen des (ilykokolls. Aus den \ ersuchen von Wirrlmuski und
von MaiinuH-Ucy eri>ii)t .sich, dal) ein sehr grolier Teil des (Jesanit-N als
(ilykokoU (llippuisäure) im Flani vorhanden sein kann, bis zu ()4''/o.
Kaninchen, 22.')0 /y, erhält sul)kut;iii 173// Ik'nzoesäiire i:leioh ((«// pro Kiln al«
Na-Salz.
Gesamt-N in 24 Stunden 0-828 //, in 8 Stunih'ii also 0 27(i //.
Ausj^escliiedenc. ^eljundene Hen/.ncsäiire \h{\ fi , gleich OlTM'.ty tii) k.ik<dl-N,
gleich 64'3'"o des auf 8 Stunden entfalhiiden (iesanit-N.
Der Berechnung darf die N-Ausscheidung von 8 Stunden ziignindp gelobt »er-
den, weil in anderen Versuchen gezeigt worden ist. daÜ liei der angewendeten Dose die
Ilippursäureausscheidiuig in der G. bis '.). Stunde vollendet ist.
Daß ein .so i>TOlier Anteil dos N-(iehaltes des HaruN aU dlvkokoll
erscheinen kann, i.st nur unter der Annahme verständlich, dal', ilas Kiweil'.
die Quelle (wenigstens die Haupt(|uelle) des (ilvkokolls ist. Da auch das
hungernde Kaninchen reichlich Glykokoll bildet, so sind jedenfalls dicEiwcili-
körpor der Gewebe als Muttersubstanzen des (ilykokolls anzusehen.') Hei
der hydrolytischen Spaltung liefern die Eiweiljkörjx'r der (iewebe aber
durchschnittlich nicht mehr als o. höchstens 4" o Glykokoll. Das führt zu
dem Schlüsse, dal') entweder (U»r Abbau dei' Eiweibkörpei- in dm ( ieweben
nicht mit einer hydrolytischen Aufspaltung beginnt oder, was viel wahr-
scheinlicher ist. daß die beim hydrolytischen .\bbau der Gewebe entstehen-
den Aminosäuren zum Teil in <ilykokoll übergehen. Es könnte das durch
einfachen Abbau oder aber durch Synthese des abgespaltenrn Ammoniaks
mit stickstofffreien Ijausteiuen entstehen.
Es ist auch an die Möglichkeit zu denken, dali der Eiweiliabbau unter dem
Einfluß der Benzoesäurezufuhr anders verlauft als im normalen Ori^anismus.
Magnus-Levi/^) hat die Frage diskutiei't . ob die nenzoesänre sich
vielleicht an verschiedene Aminosäuren bindet, diese dadurch v(m- dem nor-
malen Abbau schützt und einem abnormen, zui' llip|)ursäurebiliiunL' fidin-n-
den Abbau aussetzt: dann müßten injizierte Üenzoylaminosäuren auch zu
Hippursäure abgebaut wei'deii: das ist jedoch nicht der Fall: sie werden
unzersetzt ausgeschieden.
III. :\Iethylierung. Diese Synthese hat deshalb ein besonderes In-
teresse, weil sie vielleicht im normalen Stoffwechsel eine Rolle >\nr\\. Jajft^
und sein Schüler Dornor-^) haben gezeigt, daß man durch sftunachale In-
jektion von (iuanidinessigsäure ((ilykocyamiin beim Kaninchen eine \'er-
mehrung der Kreatinausscheidung erzielen kann: das entspricht einer Me-
thylierung dei' eingegebenen Substanz: darnach i-t es nicht unwahr.schein-
M Parker und Lvsk, a. a. 0.
2) Magnus Leri/, über das Verhalten l.enzo\ liertir Aminosäuren im Oriranismus.
Biochem. Zeitschr. Bd.«. S. 541 (1907).
•') Jaf^'e, Untersuchungen über die Entstehung des Kreatu» im (»rganismus. /.eit-
schrift f. ph\P. Chem. Bd. 48. S. 430 (tyO(3). - Dorner, /iir Hildun:: von Kreatin und
Kreatinin im Organismus, besonders des Kaninchens. Ebenda. Bd. 52. S. 22.i (rJ07).
j^jqQ Otto Neubauer.
lieh, daß Guauidinessigsäure ein Zwischenprodukt bei der normalen Krea-
tiubildung- ist.
IV. Das Studium einer anderen im normalen Organismus stattfinden-
den S}iithese, der Bildung der Tauroch Ölsäure der Galle, hat wertvolle
Aufschlüsse über den Cystinstoff Wechsel gebracht, v. Berguumn^) arbeitete
an Hunden mit vollständigen Gallenfisteln (siehe dieses Werk, Bd. o I,
S. HO); die Galle wurde in einem am Hals aufgehängten Gummibeutel 2)
(juantitativ aufgefangen ; die 24stttndige Menge wurde gemessen, mit einem
Vielfachen des Volumens OßVoigen Alkohols auf ein rundes Volumen (z. B.
500 em^) aufgefüllt, unter Vermeidung einer Volumänderung durch ^'er-
dunsten filtriert, und dann in einem aliciuoten Teil des Filtrates (z. B. in
bO cm^) der S-Gehalt bestimmt (siehe dieses Werk, Bd. 1, S. 870); der
gefundene Wert kann als Maß des Taurocholsäuregehaltes betrachtet
werden. Zufuhr von Cystin allein bewirkt keine Steigerung der Taurochol-
säureproduktion; dagegen wird diese durch Eingabe von Cholsäure (als
Na-Salz) beträchtlich vermehrt, so daß geschlossen werden muß, daß dem
Organismus ein gewisser Vorrat von Taurin resp. seiner Muttersubstanz
zur Verfügung steht; es läßt sich nun weiter zeigen, daß dieser Vorrat
durch fortgesetzte Cholsäuredarreichung erschöpft und dann durch Cystin-
zul'uhr wieder ersetzt werden kann.
Z. B. 8'6 ÄJß' schwerer Hund, ernährt rait 200.(7 Fleisch, 150 r/ Reis und bO g
Kasein. S in der Galle in 24stimdigen Perioden: o'o92-0-107 -0230 -0192— 0157
0-113-0-237*-0-215-0139-0-139— 0-074— 0-099. Die fettgedruckten Zahlen betreifen
Tage, an -welchen 2-0 g cholsaures Na gegeben wurde ; an dem mit * bezeichneten Tage
erhielt das Tier außerdem 1*2 g Cystin.
Damit ist erwiesen, daß Cystin die Muttersubstanz der Taurinkom-
ponente der Taurocholsäure ist.
Kaninchen sind zur Anlegung von Gallenfisteln nicht geeignet; die
Bestimmung des prozentischen Taurocholsäuregehaltes in der Galle des
getöteten Tieres s) ist aber nur ein sehr unvollkommener Ersatz für fort-
laufende ((uantitative Bestimmungen in der 24:Stündigen Menge.
Andere Synthesen im Organismus, wie die Paarungen mit Essigsäure,
Karbaminsäure, Ornithin, Merkaptursäure, sind bisher für die Erforschung
des intermediären Stoffwechsels noch nicht verwertet worden.
E. Untersuchung der Schicksale in den Tierkörper eingeführter
Substanzen.
1. Schicksale intermediärer Stoffwechselprodukte.
Die Untersuchung der Veränderungen eingeführter Substanzen im Tier-
körper liefert wichtige Anhaltspunkte zur Beantwortung der Frage, ob eine
*) G. V. Bergmann, Die Überführung von Cystin in Taurin im tierischen Organis-
mus. Beitr. z. ehem. Physiol. u. Path. Bd. 4. S. 192 (1904).
^) Dastre , Operation de la fistule biJiaire. Archive de Physiologie. Vol. 22.
p. 714 (1890).
*) Wohlgemuth, Über die Herkunft der schwefellialtigen Stoff Wechselprodukte im
tierischen Organismus. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 40. S. 81 (1908).
Arbeitsmethoden zur rntcrsuchiing des interniodiiinn Stoff Wechsels ll'.'l
Substanz ein Produkt (h'yi iiitcmicdiiiron Stoffwechsels ist. Als Zwisdicn-
produkte des Stoff weehsels können nur solche Stoff«' ^'elten. die,
in den Organismus eingeführt, zu normalen Kndprodukten des
Stoffwechsels abgebaut werden (soweit sie nicht etwa als Kesen-o-
stoffe abgelagert werden). Substanzen, welche diese I{e<iiiignngen nicht er-
füllen, besonders solche, die größtenteils oder vollständig unveri'mdert in
die Exkrete übergehen, können nicht als wesentliche Produkte des inter-
mediären Tnisatzes der Körperstoffe gedeutet werden: .so z.H. Methyl-
alkohol, Azeton. Ameisensäure. Oxalsäure.^
Gewisse Einschränkungen dieses allgemeinen Satzes wird man aller-
dings zugeben müssen. Es ist wohl möghch, dali Substanzen, wenn sie im
intermediären Stoffwechsel allmählich entstehen. ..in statu nascendi" h'ich-
ter weiter zersetzt werden, als wenn sie von aulien auf einmal in gröderer
Menge dem Körper zugeführt werden. Es ist zu berücksichtigen, dali die
von außen zugeführten Substanzen zu einem gewis.sen Teile vielleicht gar
nicht in die eigentlichen Stätten des Stoffwechsels, in denen der .Mibau
stattfindet, hineingelangeu, besonders dann, wenn der Abbau der betreffen-
den Substanz nur in ganz bestimmten Organen stattfindet.
So ist die Tatsache beachtenswert, daß Hämoglobin nach intravenöser
Injektion schon ganz kleiner Dosen (0-Ö2 g pro Kilogramm Kaninchen ■)
unverändert in die Galle und eventuell auch in den Harn übertritt (eben-
so wie Hämoglobin, das z. B. infolge Einwirkung eines Ulutgiftes aus den
Ervthrocyten in das Plasma ausgetreten ist): es wäre natürlich falsch,
daraus schließen zu wollen, daß Hämoglobin kein /wischenprodukt des
normalen Stoffwechsels ist: das in gehöriger Weise in den roten lilut-
körperchen gebundene Hämoglobin geht eben nicht in die Sekrete über.
Die Umkehrung des Satzes, daß eine Substanz, die im < »rganismus
zu Endprodukten des normalen Stoffwechsels abgebaut wird, als Produkt
des intermediären Stoffwechsels zu gelten hat, ist selbstverständlich unzuhissig.
Ob eine eingeftihrte Substanz im Körper vollständig verbrannt wor-
den ist, ist schwer mit Sicherheit festzustellen: abgesehen von di-r Inter-
suchnng des Harns auf die unveränderte Substanz und auf die zu ver-
mutenden Abbauprodukte bietet die Bestimmung des N- und C-Gehaltes
des Harns eine gute Kontrolle: das Erscheinen einer fi-emden Substanz
im Urin wird in der Regel den sonst ziemlich ktuistanten Faktor f:N
verändern. ^)
1) .7. Pohl, über die Oxydation des Methyl- und Äthylalkohols im Tierk..rper.
Arch. f. exp. Path. n. Pharm. Bdisi. S. 281 (1891); Über den oxydativen Abbau der
Fettkörper im tierischen Organismus. Arch. f. exp. Patli. u. Pbarm. M:\r N^ 413 (\m>);
P^xperimenteilor Beitrag zum Oxalsaurestoffwechsel. Zeitscbr f. »xp I'ath. u. 1 barm.
Bd. 8. S. 3U8 U-»l*in)- , .,,,., . ,■
=>) Stern, Über das Auftreten von Oxyhämofflobin in drr Callo. \ nchoug Archiv.
Bd. 123. S. :^3 (1891). .... , „, • 1 I
') Spiro, Zur Lehre vom Kohlenhydratstoffwechsel. Beitr. x. ehem. Physiol. und
Path. Bd. 10. S. 277 (1907). - Friedman >i. Zur Kenntnis »les Abbaues der Karbonsäuron
Ebenda. Bd. 11. S. 153 (1908).
1192 Otto Neubauer.
Neben dem Harn dürfen die übrigen Sekrete und Exkrete des Kör-
pers nicht vergessen werden: Exspirationsluft Speichel. Magensaft, Darm-
saft, Pankreassaft. Galle, Schweiß. Die Derivate des Blutfarbstoffs werden
z. B. in erster Linie durch die Galle ausgeschieden; so konnte 0. Neu-
bauer'^) schon nach Injektion von 0'003 g Hämatoporphyrin pro Kilogramm
Hund diesen Farbstoff mit Leichtigkeit in der Galle nachweisen, dagegen
nicht im LTrin.
Bei Substanzen, die nicht (luantitativ im Harn wieder erscheinen, muli
ferner an die Möglichkeit gedacht werden, dal) sie zum Teil in den Geweben
retiniert worden sind und später allmählich zur Ausscheidung gelangen.
Die zu prüfende Substanz muß dem Körper von außen zugeführt
werden. Es stehen dazu mehrere Wege zur A'erfügung.
Der Weg per os (mit dem Futter, in Gelatinekapseln, Stärkekapseln,
durch die Schlundsonde) hat unleugbare Vorzüge. Die Beibringung auch
größerer Mengen ist meist verhältnismäßig einfach; die Aufnahme in die
Körpersäfte erfolgt ziemlich allmählich, so daß also keine plötzliche Über-
schwemmung des Körpers stattfindet: sie führt von vornherein in das für
den Stoffwechsel wichtigste Grgan: in die Leber; auch wasserunlösliche
Stoffe werden meist vom Darm recht gut resorbiert. Nachteile des Fütte-
rungsweges sind: bei Hunden das häufig auftretende Erbrechen. Dieses
läßt sich manchmal vermeiden, wenn man sich nach der Fütterung mit
dem Tier beschäftigt, es nach der Fütterung eine Zeitlang auf den Hinter-
beinen stehen läßt. Zu dem Verfahren der Unterbindung des Ösophagus
am Halse wird man nur in Ausnahmsfällen schreiten. Ein weiterer Nach-
teil ist. daß manche Substanzen vom Darmkanal schlecht resorbiert wer-
den, besonders wenn Diarrhöen eintreten. Man wird eventuell die Fäzes
auf unresorbiertes Material untersuchen. Es kann aber auch die gegebene
Substanz im Magen und Darm verändert werden, einmal unter dem Einfluß
der Verdauungssäfte, vor allem aber durch die Tätigkeit der Darrabakte-
rien. So ist es zu erklären, daß z. B. per os gegebene Oxalsäure nur zu
einem geringen Bruchteile im Harn wieder erscheint.
Die subkutane Injektion vermeidet vor allem den letztgenannten
Einwand gegen die stomachale Zufuhr. Sie erfolgt meist in wässeriger
Lösung; ölige Lösungen werden oft nur sehr langsam resorbiert. Säuren
werden in der Regel in der Form ihrer Na-Salze injiziert; die Na-Salze
schwacher Säuren sind häufig so stark hydrolytisch dissoziiert, daß sie in-
tensiv alkalisch reagieren und infolgedessen starke Schmerzen und Nekro-
sen an der Injektionsstelle verursachen. In manchen Fällen verdient dann
die Lösung der Säuren in organischen Basen, wie Piperazin oder Lysidin.
den Vorzug. So können Harnsäure, Xanthin, Hypoxanthin. Allantoin, Tyro-
sin, Leucin als Piperazinsalze gelöst werden. 2) Zum Beispiel: Harnsäure 0"5,
^) 0. Neubauer, Hämatoporphyrin und Sulfonalvergiftung. Arch. f. exp. Path. u.
Pharm. Bd. 43. S. 456 (1900).
-) Salkoicski, Kleinere Mitteilungen physiologisch-chemischen Inhalts. Arch. f. d.
ges. Physiol. Bd. 56. S. 349 (1894).
Arbeitsmethoden zur riitersuclumg des iiitermodiären Stoffwechsels 119;-;
Piperazin lU A(\\\'.\ 30-0, eventuell vorwondet man Liclitliisliclir Ix.pin'lsalze
(z. li. bei Koffein. Theohroniin etc.). Hei der sulikutanen Injektion wird der
( )i-iianismus oft mit dem injizierten Stoffe rasch üIxTscIiwemnit . und es
kiiiiuen dann aueh relativ Icielit verhrennliehc Kilijx-i- «Tranhcnzurkm zu
einem liewissen Teil in den Harn übersehen; durch Injektion in mehn-n'n
Dosen kann man diesem Obelstand einigermal'.en ablieHVn. Auf jeden Kall
wird man aus dem Auftreten einer miiCigen Men^^e unveränderter Sub-
stanz im Harn nicht schlier.eii dürfen, dali die Substanz kein intennediiires
Produkt ist.
Für die intravenöse Injektion gilt das in noch hühereni MaHe. Sie
hat aber den Vorteil, dal) auf diesem Weizc auch manche Substanzen bei-
iiebiacht werden können, die wegen ihrer stark reizenden Kigeuschaften
auf anderem Wege nicht gut einführbar sind (z. li. Harnsriurelösungeni.
\ or allem werden stark alkalische Lösungen intravenös besser ertragen als
subkutan. Technik der intravenösen Injektion siehe die.s«'s Werk. i'.d. :-5,
I. S. 120.
Die übrigen zur Verfügung stehenden Wege, die rektale Ajjplikation.
die intraperitoneale und die intraai-terielle Einspritzung, sowie das Fin-
atmenlas.sen kommen nur in besonderen Fällen in Iletracht.
Außer auf die Verbrennlichkeit ist auf eine etwaige (nftw irkuiig
der Substanz zu achten. .Man darf den Satz aufstellen, daü intermediäre
Stoffwechselprodukte im allgemeinen nicht giftig sind: aus
diesem Grunde können Oxalsäure, CO. HCN keine in größi'rer Menge auf-
tretenden Stoff Wechselprodukte sein. Auch dieses (Jesetz hat seine Auf-
nahmen: Adrenalin. Thvreojodin sind starke Oifte. und doch sind >ie sicher
intermediäre Produkte. Aber es sind intermediäre Produkte, die doch
nur in sehr geringer Menge auftreten. Andere, weniger giftige Sub-
stanzen könnten sogar auch in größerer Quantität im Stoffwechsel
eine Rolle spielen . so vielleicht der Äthylalkohol. Es kommt hier die
Möglichkeit in Petracht . dali eine Substanz zwar bei subkutaner In-
jektion oder bei Darreichung per os sich als giftig erweist, daß sie abt-r
ihre giftigen Eigenschaften nicht zur Oeltung bringen kann, wenn sie im
Stoffwechsel in einem bestimmten Organe entsieht, weil >ie vielleicht
rasch weiter verändert wird oder weil sie ihre (üftwirkung nur in einem
anderen entfernten Organ, etwa im Zentralnervensystem, entfalten köinite.
2. Schicksale körperfVenider Substanzen.
Auch die rntersuchung des Schicksales von Substanzen, die nicht zu
Endprodukten verln'annt werden, die also nicht als Zwischenprodukte ge-
deutet werden können, ist für die Frforschinig des Stoffwechsels v(mi Wert.
Das Studium der Veränderungen, wt-lche solche körperfremde Stoffe im
Organismus erfahren, hat wichtige Aufklärungen auch für das S«'hicksal
der Körpersubstanzen gebracht. Das chemische Hüstzeug, mit welchem der
1194
Otto Neubauer.
Org-anismus körperfremde und körpereigene Substanzen angreift, ist ja
schlielJlich dasselbe. Daß die körperfremden Substanzen in vielen Fällen
nicht vollständig verbrannt werden, ist für das Studium geradezu ein
großer Vorteil. Denn gerade diese Endprodukte der körperfremden Sub-
stanzen dürften vielfach den Zwischenprodukten beim Abbau der Körper-
substanzen entsprechen. Andererseits muß man immer die Möglichkeit im
Auge behalten, daß fremde Substanzen vom Organismus mitunter auch
prinzipiell ganz anders behandelt werden als die körpereigenen. Die Über-
tragung der an den ersteren gewonnenen Erfahrungen auf letztere bleibt
also immer nur ein Analogieschluß, der zu seiner Sicherstellung weiterer
Stützen bedarf. Je ähnlicher die untersuchte Substanz einer Substanz des
Körpers ist, desto berechtigter wird ein solcher Analogieschluß sein. Doch
ist zu beachten, daß mitunter schon ganz geringfügige Unterschiede, z. B.
Unterschiede in der optischen Aktivität, in der geraden oder ungeraden
Anzahl der C-Atome, in der verschiedenen Stellung einer OH-Gruppe im
Benzolring usw. prinzipielle Unterschiede des Verhaltens im Organismus
bedingen.
Im Folgenden seien einige Beispiele für die Verwertung solcher Unter-
suchungen angeführt :
Untersuchungen von Knoop^) an der Reihe der einbasischen vom
Benzol sich ableitenden Fettsäuren mit verschieden langer saurer
Seitenkette
CßH,
CeH,
CßH,
Phenylvaleriansäure
Phenylbuttersäure
Phenylpropionsäure
Phenylessigsäure
ClI, . CH2 . CH2 . CH, . COOH
GH., . GH, . GH., . G(,)bH
GHo . GHo . GOGH
GHo . GOOH
GOGH Benzoesäure
haben folgendes ergeben :
Die Säuren mit einer ungeraden Anzahl von G-Atomen in der Seiten-
kette (Phenylvaleriansäure, Phenylpropionsäure, Benzoesäure) werden als
Benzoesäure, gebunden an Glykokoll, ausgeschieden.
Die Säuren mit einer geraden Anzahl von G (Phenylbuttersäure,
Phenylessigsäure) dagegen als Phenylessigsäure, ebenfalls mit Glykokoll
gepaart. Daraus geht hervor, dali der Abbau der Phenylvaleriansäure und
der Phenylpropionsäure zu Benzoesäure jedenfalls nicht über Phenylbutter-
säure und Phenylessigsäure erfolgt, andrerseits der Abbau der Phenyl-
buttersäure nicht über Phenylpropionsäure. Es werden also beim Abbau
der Seitenkette die G-Atome offenbar immer paarweise abgespalten.
Untersuchungen von DaJän-) haben ferner ergeben, daß die am ß-G
oxydierten Säuren das Schicksal der nichtoxydierten Säuren teilen, also
z. B. die Phenyl-ß-Milchsäure und die Benzoylessigsäure das der Phenyl-
') Knoop, Der Abbau aromatischer Fettsäuren im Tierkörper. Freiburg 1904.
^) Dakin, The mode of Oxydation in the animal organism of pheuyl derivatives
of fatty acids. Journ. of biol. ehem. Yol. 6. p. 203 (1908); Vol. 6. p. 221 (1909).
Arbeitsmethüdeu zur Untersuchung des intermediären Stoffwechsels. 1 19;'»
Propionsäure. Ferner hat er gezeigt, daß nach Ziifiihr großer Mengen von
Phenvlvaleriansäure und Phenvlpropionsäurc rh('nyl-;s-.Mih"hs;iinc im liani
auftritt. Daraus kann geschlossen werden, daß der paarweisen Ahspaltuiijz
der C-Atome regehniißig eine Oxydation am [i-C vorausgeht.
Diese aromatischen Fettsäuren spielen als intermediäre Trodiikte
zwar keine Rolle. Analoge Untersuchungen an den für den Stoffwechsel
wichtigen aliphatischen Fettsäuren sind aber aus dem (iruiule nicht durch-
führbar, weil sie, wenigstens beim Gesunden, bis zu den Kndprodukten
CO2 und H., O verbrennen. Man ist aber berechtigt, zunächst mit einer
gewissen Reserve, die an den aromatischen Fettsäuren gewonnenen Kr-
fahrungen auf aliphatische zu übertragen. Die rntersuchungen über das
Schicksal der aliphatischen Fettsäuren bei pathologischen Zust inden (Aceton-
körperausscheidung) und an der isolierten Leber ergeben mm tatsächlich
die Bestätigung der so gefundenen Gesetze.
Auch für die Erkenntnis des Abbaues der Amiuosäuren des Ei-
weißes können Untersuchungen an körijerfremden aromatischen Substanzen
als Grundlage dienen.') Die im Körper nicht vorkommende riienylamino-
essigsäure geht im Organismus in die entsprechende Ketonsäure (I'henyl-
glyoxylsäurc) über : C, H, . CHNH., . COOH — y Cß H, . Co . C( )( )H.
ÄhnUche Erfahrungen lassen sich an anderen körperfremden .Vmino-
säuren gewinnen. 2)
Die Isolierung der a-Ketonsäuren aus dem Harn und aus (ie-
websextrakten beruht auf ihrer LösUchkeit in Äther, ihrer Fähigkeit, mit
NaHSOj Verbindungen einzugehen, die in Äther nicht mehr lö>lich sind,
aber durch Miueralsäuren sehr leicht wieder zersetzt werden können, ferner
auf ihrer Eigenschaft, mit Phenylhydrazin kristaUisierte Verbindungen zu
geben. So läßt sich die Phenylglyoxylsäure im Harn in der Weise nach-
weisen, daß der (eventuell vorher eingeengte oder mit .Vmmonsulfat ver-
setzte) mit Mineralsäuren angesäuerte Urin mit Äther extrahieit wird. Der
Ätherextrakt wird filtriert: sein Rückstand mit etwas llisnlfitlange auf-
uenommen und mit Äther extrahiert. Während die Keton>äure in der
IJisulfitlauge zurückbleibt, gehen die nicht oxydierten Fettsäuren und
eventuell vorhandene Alkoholsäuren in den Äther über und köinien aus
diesem gew^onnen werden: die Gegenwart von Alkoholsäuren verrät sich
in der Regel durch optische Aktivität: die Üxysäuren sind ferner in Wasser
meist bedeutend leichter löslich als die Fettsäuren. Die P.isulfitlösung winl
*) 0. NeubaKer, Über den Abbau der Aminosäuren im {.'esnndon und kranken
Organismus. Deutsches Archiv f. klin. Medizin. Bd. 95. S. 211 (1909l.
-) Blum, tFber den Abbau aromatischer Säuren im menscliliclifu OrL'anisnuis. Arch.
f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 59. S. 290 (1908). — F/atoir, Über den Abbau von Amino-
sänreu in) Organismus. Zeitschr. f. physiol. ("liemie. Bd. 64. S. 3(u (1910). — ElUnger
und Kotake, Synthese der p-Oxymandelsäure und ihr angebliches Vorkommen im Harn
bei akuter gellier Leberatrophie. Zeitschr. f. physi(d. Chemie. Bd (>.'). S. 402 (19ini. —
Fromhcrz, Über das \eriialtcn ik-r p-( ).\yplienyhimin..essisrsäure im Tierkorper. Zeitschrift
f. physiol. Chemie. Bd. 70. S. 351 (1911).
j^96 ^^^^ Neubauer.
mit überschüssiger Salzsäure auf dem Wasserbad erwärmt und daun die
freige^vordene Ketonsäure mit Äther extrahiert. Der Ätherrückstand wird
mit Wasser aufgenommen und mit einer heißen Lösung von salzsaurem
Phenylhydrazin in verdünnter Salzsäure versetzt. Man erhält einen kristal-
linischen Niederschlag des Hydrazons der Phenylglyoxylsäure.
Ein analoges Verfahren führt bei den anderen Ketonsäuren zum Ziel; bei
den gut kristallisierenden ist eine Überführung in das Hydrazon nicht nötig.
Eine vorläufige Orientierung über die Gegenwart von a-Ketonsäuren
wird ferner durch eine Reihe von Farbenreaktionen ermöglicht:
1. mit Thiophen; versetzt man z. B. eine Lösung von Phenyl-
glyoxylsäure in thiophenhaltigem Benzol mit konzentrierter Schwefelsäure
und verdünnt mit destilliertem Wasser, so erhält man eine schön violett-
rote Färbung fClaisen);
2. Färbung mit FeClg: Phenylbrenztraubensäure grim, p-Oxyphenyl-
brenztrauliensäure vorübergehend grün;
o. mit Nitroprussidnatrium: eine wässerige Lösung von p-Oxyphenyl-
brenztraubensäure färbt sich bei Zusatz einer Nitroprussidnatriumlösung
und Natronlauge rubinrot; beim Ansäuern mit Essigsäure grün. i)
Auch hier hat die Folgerung, daß die Aminosäuren des natürhchen
Eiweißes in analoger Weise zu den Ketonsäuren abgebaut werden . zunächst
nur den Wert eines Analogieschlusses. Aber auch hier ergibt sich eine
weitere Stütze für diese Anschauung, und zwar aus dem Studium des
Verhaltens der Tyrosinabkömmlinge bei der Alkaptonurie.^)
Durch Tierversuche mit körperfremden Substanzen ist es ferner
Knoop^) zum erstenmal gelungen, die prinzipiell wichtige Frage, ob der
Körper imstande ist, Aminosäuren synthetisch aufzubauen, in positivem
Sinne zu entscheiden.
Ein Hund erhält im Laufe von 2 Tagen ca. 20 p' Benzylbrenztraubensäure
Cg Hj . CH, . CHg . CO . COOH als Na-Salz subkutan. Aus dem Ätherextrakt des ange-
säuerten Harns kristallisiert neben Hippursäure und rechtsdrehender a-Oxysäure
C, Hj . CH, . CHj. CHOH . COOH
Acetyl-phenylaminobuttersäure
Cß H5 . CH^. CH2 . CHNH (OC . CH3) . COOH
in kleiner Menge (0'44.9) aus.
Auch die Gesetze , nach denen im Körper Substanzen mit verzweigter
C-Kette und solche mit ..doppelten Bindungen" abgebaut werden, sind in
erster Linie an körperfremden Substanzen ermittelt worden.
^) Jajfe, siehe bei Kotake, Über das Verhalten der p-Oxyphenylmilchsäure und
p-Oxyphenylbrenztraubensäure im Tierkörper. Zeitscbr. f. physiol. Chemie. Bd. 69.
S. 41G (1910).
^) 0. Neubauer, Über den Abbau der Aminosäuren im gesunden und kranken Or-
ganismus. Deutsches Archiv f. klin. Medizin. Bd. 95. S. 211 (1909).
^) Knoop , Über den physiologischen Abbau der Säuren und die Synthese einer
Aminosäure im Tierkörper. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 67. S. 489 (1910). — Knoop
und Kerteß , Das Verhalten der a-Aminosäuren und a-Ketonsäuren im Tierkörper.
Ebenda. Bd. 71. S. 252 (1911).
Arbeitsmethoden zur rntersuchung des intermediären Stoffwechsels. ll'.lT
Paul Ehrlich^) hat die sultkutaiie oder intravonöso Injektion v(in
verküpbaren FarhstoftVii dazu IxMiiitzt. um auf/ukliin-n . in welchen (ie-
wehen (his stärkste Sa uerstol'fhcdürf ii i s herrsclit, also die aus!ziebi},'Sten
( )xydatiünspn)zesse stattinuh-n.
Als geeignet erwies sich das AlizarinltJau S (kiluiliches I'riiparatj.
Durch Verreiben mit Wasser und Filtrieren wird eine konzentrierte (IT^'o)
Lösung hergestellt; von dieser werden erwachsenen Kaninchen etwa Trm'
(mittlere letale Dosis) subkutan injiziert: nach IT) — 20 Minuten wird «las
Tier getötet, seine Organe auf den Fari)stoftgelialt untersucht. i)urch Ver-
wendung entbluteter Tiere und durch kurzes Finlegen in siedendes Wasser
wird die IJeurteilung der Farbe erleichtert. Das farblose Heduktiduspnidukf
des Farbstoffes kann sichtbar gemacht werden, indem man kleine Stückchen
der Organe in Lösung von Borax und etwas Chromat einlegt, wodurch
das lleduktionsprodukt zum Farbstoff oxydiert wird. Als Statten des ener-
gischesten Reduktionsvermögens, die schon innerhalb des Lebens Alizarin-
blau reduzieren, erweisen sich: Leber, Nierenrinde, Lunge, Hanl'rsdw
Drüse und ein Teil der glatten Muskulatur (obere Darmpartien).
Ein zweiter \on Ehrlich verwendeter Farbstoff ist das Indophenol,
das leichter reduzierbar ist. Es wird als Judophenolweili verwendet, indem
lOcni^ der käuflichen Paste (eine in 40 Teilen wasserlö.sliche Sn-Veriiindnng
des Leukoindophenols , Fabrik Cassela t*c Co.) in 140 cm' Wasser und
3 — 4cw3 Essigsäure unter Erwärmen gelöst, Kaninchen subkutan injiziert
werden. Es ist empfehlenswert, der (schmerzhaften) Injektion eine leichte
Ätherisierung voranzuschicken. In den Organen des getöteten Tieres ist
das Indophenol an der Farbe zu erkennen. Das Leukoindophenul wird
sichtbar gemacht durch Einlegen der (frischen oder gekochten) Organe in
eine konzentrierte Lösung von neutralem chromsauren Kalium: man findet
es in Lungen, Nierenrinde. Magen- und Darmschleimhaut und in »ler
Muskulatur, nur wenig in der Leber.
II. Untersuchungen am kranken Organismus.
Die Untersuchungen am pathologischen Objekt halten sich für die
Erkenntnis intermediärer Stoffwechselvorgänge als besonders wichtig er-
wiesen. Die Beobachtungen am kranken Menschen haben eine große Beihe
von Fragestellungen ergeben, deren weitere Verfolgung zu wichtigen .\nf-
klärungen geführt hat.
Bei krankhaften Zuständen treten in den Exkreten, speziell im Harn,
häufig Substanzen auf, die normalerweise hier gar nicht oder doch nur
in Spuren vorhanden sind. Jede solche Beobachtung gibt Veraidassung,
folgende drei Fragen aufzuwerfen.
1. Aus welcher Muttersubstanz geht der Stoff hervor? Die
Beantwortung dieser Frage ist, da die pathologischen l'rodukte in letzter
») Paul Ehrlich, Das Sauerstoffhedürfnis des Organismus. Berlin 1885.
1198 Otto Neubauer.
Linie doch aus Substanzen der Nahrung entstehen, in der Regel verhält-
nismäßig einfach und sicher durch quantitative Verfolgung der Ausschei-
dungsverhältnisse bei Änderung der Nahrungszufuhr zu lösen. Vermehrte
Zufuhr der Muttersubstanz wird die Menge des pathologischen Produktes
in den Exkreten im allgemeinen steigern (Steigerung der Zuckeraus-
scheidung bei Diabetes durch Kohlenhydrat und Eiweiß, der x\cetonaus-
scheidung durch Fettzufuhr, der Homogentisinsäureausscheidung durch
Eiweißzufuhr). Auch die Zufuhr der intermediären Produkte wird im all-
gemeinen die gleiche Wirkung haben (Aminosäuren bei Diabetes. Butter-
säure bei Acetonurie. p-Oxyphenylbrenztraubensäure bei Alkaptonurie).
Einen al)Solut zwingenden Beweis für die Auffassung eines Stoffes
als Muttersubstanz vermag diese Versuchsanordnung allerdings nicht zu
erbringen. Es besteht immer die Möglichkeit, daß die zugeführte Substanz
eine Vermehrung in der Ausscheidung des pathologischen Produktes auf
indirektem Wege verursacht. So steigert Zufuhr von Schilddrüsensubstanz
durch Erhöhung des Eiweißzerl'alls die Ausscheidung der Homogentisin-
säure (nicht veröffentlichte Versuche des Referenten). Es ist auch der Fall
denkbar, daß ein eingeführter Stoff einen anderen Bestandteil des Körpers
vor der normalen vollständigen Zersetzung schützt, so daß eine größere
Menge des unvollständig zersetzten pathologischen Körpers im Harn er-
scheint. So hat Pflüger '^) versucht, die Zuckerausscheidung, die KüJz bei
einem mit Kasein ernährten Diabetiker beobachtete, auf eine derartige
zuckersparende Wirkung des Eiweißes zurückzuführen. Doch hat sich bis
jetzt noch in keinem Falle diese Erklärung als wahrscheinhch erweisen
lassen.
Die x\nnahrae eines direkten Überganges einer zugeführten Substanz
in das pathologische Endprodukt erscheint dann besonders gestützt, wenn
einfache quantitative Beziehungen zwischen der Menge der zugeführten
und der ausgeschiedenen Substanz bestehen. Unter Umständen, wie bei
der Alkaptonurie und beim maximalen Diabetes, ist die Stoffwechselstörung
eine absolute: die Menge des ausgeschiedenen pathologischen Produktes
entspricht der Menge der eingeführten Sulistanz.
Bei einzelnen Stoffen versagt diese Methode, indem die Menge des
ausgeschiedenen Produktes sich als unabhängig von der Ernährung erweist
(Pentosurie, Bence- Jonesscher Eiweißkörper). Das erscheint verständlich,
denn eine eingeführte Substanz muß ja nicht sofort der Zersetzung an-
heimfallen, sondern kann — unverändert oder verändert — zur Ablagerung
kommen. Ferner kann es sein, daß ein pathologisches Produkt nur aus
der Zersetzung von Gewebssubstanz hervorgeht, also nur ein Produkt des
endogenen Stoffwechsels ist.
Als 2. Frage ist zu beantworten, ob der betreffende Stoff auch nor-
malerweise aus dieser Muttersubstanz entsteht, ob er also ein physio-
logisches Zwischenprodukt ist, das nur infolge einer Hemmung nor-
') I'flüger, Glykogen. Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 96. S. 373 (1903).
Arbeitsmethoden zur Untersiichtiiijr des iiitermediilren Stoff wcclisels. ] 199
inaler Stoffwcchsolprozesse nicht zur weitorcii Vcrarlieitini'^' kommt, oder
üb sclion seine ISildnnp: AusdnK^k einer patholo^nsdH-n \'('i-;iii(lernnfr, einer
„rerversitiit- des Stoffwechsels ist. Znr LösnriL! dics.-r l'ia<;e sind Cntcr-
suchungen am normalen Organismns nötii:.
3. Ist das Produkt als intermediäres l'rodnkt di-.s normalen Stoff-
wechsels erkannt, so ergibt sich die weitere PYage. wie es beim (Jesun-
I den weiter zu den Endprodukten verarbeitet wird. Auch diese
Frage muß am gesunden Organismus oder bei pathohtgischen /u<t;inden
anderer Art studiert werden. Ist dagegen das ausgeschiedene l'rodnkt als
ein schon seiner Entstehung nacdi pathologisches l'rodnkt erkannt, so mul)
entschieden werden, an welchem Tunkte die pathologische Verän-
derung des Stoffwechsels eingesetzt hat.
Nicht selten erscheinen gleichzeitig mehrere pathologische Produkte
im Harn. z. B. Acetonkörper. Dann ist außer den besprochenen Frauken die
genetische Beziehung dieser Substanzen untereinander anfzukläri'U.
A. Glykosurie (Diabetes melitus).
Die dauernde Traubenzuckerausscheidung des Menschen, der natür-
liche Diabetes melitus. ist diejenige Krankheit, die zuerst zum Stu-
dium des intermediären Stoffwechsels in ausgedehntem Maße herangezogen
worden ist. Er hat die Anregung gegeben zum Studium der Frage nach
den Muttersubstanzen des Traubenzuckers im Organismus. Es wurde dabei
an zwei alte ärztliche Erfahrungstatsachen angeknüpft: daß die (Jlnkose-
ausscheidung der Diabetiker in erster Linie al)hängig ist von der Zufuhr
zuckerhaltiger oder stärkehaltiger Nahrungsmittel, daß ferner manche Dia-
betiker (..schwere Form" Seecjem) auch bei kohlenhydratfn-iei- Fleisch-
fettkost noch beträchtliche Mengen von Zucker ausscheiden: davon spricht
schon Claude Bernard als von einer altbekannten Tatsache. Die erstge-
nannte Beobachtung hat Veranlassung gegeben, den Fbergang verschiede-
ner Kohlenhydrate in Traubenzucker exakt nachzuweisen. Die zweite hat
immer Avieder zu der Überzeugung gedrängt, dali Zucker im Körper auch
aus nicht zuckerartigen Substanzen entstehen kann.
Nicht alle Fälle von menschlichem Diabetes sind für derartige l'nter-
suchungen geeignet. Wenig geeignet sind ganz leichte Fälle, bei denen nur
geringe Ausschläge zu erwarten sind, andrerseits aber auch ganz schwere
Fälle, bei welchen eine für die Zwecke des Versuches berechnete K«tst dem
Patienten nachteilig sein könnte; vor allem Fälle mit bedeutenderen K(»m-
plikationen. wie Fieber, schwerer Tuberkulo.se. Verdauungsstörnng(>n. Ne-
phritis, ferner alle psychisch sehr erregbaren Menschen. Ferner sind die-
jenigen Menschen auszu.schalten. bei welchen sich die Zuckerausscheidung
als relativ unabhängig von der Art der Ernährung erweist: ferner alle F;ille.
bei welchen sie häufige, scheinbar unmotivierte Schwankungen aufweist.
Wie bei anderen Stöffwechselversuchen ist auch hier eine Vorperiode.
eine Ilauptperiode und eine Nachperiode zu untersuchen. \V;ihrend der
]200 Öt*o Neubauer.
ganzen Zeit bekommt der Patient eine möglichst gleichmäßige Diät. Um
möglichst starke Ausschläge zu erhalten, ist es zweckmäßig, eine Diät zu
reichen, bei welcher die Zuckerausscheidung der Vorperiode und Nach-
periode niedrig ist, also eine kohlenhydratarme, abgewogene Fleischfett-
kost. Da nur wenige Menschen eine absolut gleichartige Fleischfettkost
durch längere Zeit ohne Appetitstörungen ertragen, so wird man meist
einen gewissen Wechsel z. B. in der Art des Fleisches, des Käses, des
Salates gestatten müssen; geringe Mengen kohlenhydratarmen Gemüses
wird man dem Patienten schon wegen der sonst drohenden Obstipation
meist zubilligen müssen, in manchen Fällen auch eine geringe Menge von
Weißbrot oder von Milch. Der Kalorienwert soll dem Bedürfnis des Patien-
ten entsprechend gewählt werden, lieber etwas knapp als zu reichlich. Der
Kaloriengehalt der Nahrung wird meist aus Tabellen berechnet: N-Gehalt
und Kohlenhydratgehalt w^erden bestimmt. Um dem Patienten die Lockungen
der Diätsünde zu ersparen, um eine genügende Kontrolle ausüben zu
können und zur besseren Fernhaltung psychischer Insulte ist eine Iso-
lierung in Einzelzimmern dringend zu raten. Muskelanstrengungen sind
zu vermeiden, Bettruhe nicht unzweckmäßig. Differente Medikamente sollen
womöglich nicht gegeben werden; Natron, wenn nötig, in täglich genau
gleicher Menge. In prinzipiell wichtigen Versuchen ist eine Überwachung
der Diät durch den Arzt selbst geboten, wenn auch das Mißtrauen, das
Pßüger und Cremer den zuckerkranken Menschen entgegenbringen, wohl
etwas zu weit geht. Tägliche Wägungen und Temperaturmessungen sind
selbstverständlich. Das Wohlbefinden des Patienten ist dauernd zu kon-
troUieren; besondere Aufmerksamkeit ist dem Stuhlgang zuzuwenden, der
bei solch gleichmäßiger Kost häufig Neigung zur Verstopfung, zuweilen
auch zu Diarrhöen zeigt.
Die Vorperiode hat so lange anzudauern, bis die Zuckeraus-
scheidung (polarimetrisch und titrimetrisch bestimmt) sich auf ein gewisses
Niveau eingestellt hat. Der Urin wird in 24stündigen Perioden, die am
Morgen beginnen, gesammelt. Außer der Zuckerausscheidung und dem spe-
zifischen Gewicht ist in jedem Falle auch der N zu bestimmen, dessen
Ausscheidung ebenfalls konstant werden muß. Am besten ist es, wenn sich
N-Gleichgewicht erzielen läßt.
Wichtig ist es, besonders dann, wenn die Versuche mit N-haltigem
Material gemacht werden sollen, auch den N-Gehalt des Kotes zu kon-
trollieren (siehe dieses Werk, Bd. 5, I. Teil, S. 341). Ferner ist es zweck-
mäßig, möghchst viele andere Urinbestandteile zu bestimmen; so bei gleich-
zeitiger Azidose Aceton und Oxybuttersäure; ferner NH3, die Chloride,
Phosphate usw. (siehe dieses Werk, Bd. 5, I. Teil, S. 281). Je mehr Harn-
bestandteile bestimmt werden, und je gleichmäßiger ihre Ausscheidung ver-
läuft, desto sicherer sind die Resultate des Versuches verwertbar.
Während der Hauptperiode wird dem Patienten zu seiner Standard-
kost die auf Übergang in Zucker zu prüfende Substanz zugelegt (super-
poniert); oder sie wird, speziell wenn es sich um Untersuchung ver-
Arbeitsmethoilen zur Untersucliiiiitj: ilcs intcriiiodiürcn Stnffwccliscls. l^Ol
schiedener Eiweißarten handelt, an Stelle eines in der Standardkost ent-
haltenen Nahruniisteiles ^ej^ehen (substituiert). Diese Versuchsanordnunj,'
hat den Vorteil, daß dabei eine Änderunti- der Kalorit-nzufnlir, die an und
für sich eine Ändenin«^- in der Ausscheidun.ü: des Zuckers herbeiführen
könnte, vermieden wird; die Suporpositionsmethode er^nbt daf^'c^^en liilufi^r
stärkere Ausschläge. Die Dauptperiode dauert einen oder, was bei weitem
vorzuziehen ist, zwei oder mehrere Ta^e; bei eintäüi<>:er Dauer spricht die
Nachwirkung- des vorheri^ehenden Taftes zu sehr mit.
Die Nachperiode gleicht der Vorpeiiode und soll auch dieselben Werte
für die Ausscheidungsprodukte liefern. Auch sie soll niüglichst lang .sein,
ein Tag ist auf jeden Fall ungenügend.
In der Literatur findet sich nur eine verschwindend kleine Anzahl
von Versuchen an menschhchen Dial)etikern. die nach diesen strengen An-
forderungen angestellt und völlig glatt verlaufen sind, so daß es kaum
möghch ist, einen Versuch anzuführen, der als Musterbeispiel dienen kann.
Das liegt in der Regel nicht an den Untersuchern, sondern an der
Schwierigkeit des zu untersuchenden Objektes. Die Perioden gleichmäßiger
Kost können mit Rücksicht auf die Patienten oft nicht so hinire ausge-
dehnt werden, wie es wünschenswert wäre. Appetitlosigkeit. MaL'-en- und
Darmstörungen, mangelnde Geduld des Patienten sind häufige l'rsachen,
daß die Versuche vorzeitig abgebrochen werden müssen. In anderen Fällen
treten ganz unmotivierte Schwankungen der Zuckerausscheidung ein, .so
daß eine Konstanz nicht zu erzielen ist. Ungemein häufig ändert sich im
\'erlaufe eines Versuches — häufig wohl sogar als Folge des Versuches —
die Toleranz des Patienten für Kohlenhydrate, so daß die Xachperiode
nicht mehr dieselben Werte liefert wie die ^'orperiode. In vielen Fällen
treten in einzelnen Versuchsperioden sehr erhebliche Iletentionen oder auch
Ausschwemmungen von N ein. die ihrer Natur nach noch völlig rätselhaft
sind. Es ist klar, daß bei der Deutung derartiger Versuche, besonders bei
der Berechnung des Quotienten-;^ (s. unten), große Vorsicht nötig ist. Dazu
kommt, daß der Diabetes des Menschen offenbar keine einheitliche Krankheit
vorstellt, so daß derselbe Eingriff in verschiedenen Fällen häufig verschieden
wirkt. Ferner kommen individuelle Verschiedenheiten in Betracht. Anspruch
auf allgemeine Gültigkeit können also nur Versuchsresultate haben, welche
an einer Reihe verschiedener Fälle in einwandfreier Weise gewonnen sind.
So kommt es, daß nur wenige an menschlichen Dial)etikern ange-
stellte \ersuche wirkhch beweiskräftig sind, liesonders in iiuantitativer
Hinsicht. Deswegen sind sie aber keineswegs wertlos. Sie liefern zum min-
desten wichtige Anregungen, die dann durch exakt auszuführende Unter-
suchungen am experimentellen I)ial)etes des Tieres gesichert werden können.
Man muß sich nur hüten, aus unvollkommenen Versuchen bindende (Jeset/.e
ableiten zu wollen. Andrerseits kann angemerkt werden, daß die beim
menschlichen Diabetes gewonnenen Erfahrungen durch die \ersuche am
Tier so gut wie immer Bestätigung erfahren haben.
Abderhalden, Handbuch der biochemiBohen Arbeitsmethoden. V. 76
;[202 ^^^^ Neubauer.
Derartige Versuche beim schweren menschlichen Dialietes zeigen
immer wieder, daß auch bei nahezu völligem Ausschluß der Kohleidiydrate
aus der Kost erhebliche Mengen von Zucker im Harn ausgeschieden wer-
den können. Dieser Zucker muß, da große Kohlenhydratdepots im Körper
nicht zur Verfügung stehen, aus nicht kohlenhydratartigem Material stam-
men. Da als solche Zuckerquelle offenbar in erster Linie das Eiweiß in
Betracht kommt, so pflegt man nach Minkowski diesen nicht aus zuge-
führtem Kohlenhydrat stammenden Zucker (D) zu dem gleichzeitig im Harn
erscheinenden N, der als Maß für die gleichzeitig zersetzte Eiweißmenge
angenommen wird, in Beziehung zu setzen. Die Berechnung dieses wichtigen
Quotienten -^r^- geschieht bei Hungernden oder vollständig kohlenhydratfrei
Ernährten einfach durch Einsetzung der im Harn gefundenen Werte für
Zucker und Stickstoff. Wenn dagegen mit der Nahrung Kohlenhydrate auf-
genommen worden sind, so wird deren Menge von der im Harn gefundenen
abgezogen. Man macht also bei der Berechnung dieses Faktors drei
Annahmen:
1. daß die Kohlenhydrate der Nahrung quantitativ im Harn wieder
erscheinen: das wird in der Regel nicht zutreffen, da ein absoluter Dia-
betes beim Menschen jedenfalls zu den Seltenheiten gehört. Infolgedessen
wird der berechnete Quotient meist etwas zu niedrig ausfallen. Der Fehler
wird natürhch um so geringer sein, je geringer die Menge der zugeführten
Kohlenhydrate ist, er kommt bei Fleischfettkost kaum in Betracht. Daraus
ergibt sich, daß die Berechnung um so richtiger ist, je weniger Kohlen-
hydrate die Standardkost enthält.
2. daß keine Kohlenhydrate ausgeschieden werden, die aus den auf-
gespeicherten Kohlenhydratvorräten des Körpers stammen. Der Einwand,
daß diese Annahme nicht zulässig ist, ist namentlich von Pflüger immer
wieder betont worden. Er trifft besonders kurzdauernde Versuche. Gewisse
Glykogen Vorräte sind auch beim schweren Diabetes immer vorhanden i);
doch dürften sie nicht ausreichen, um durch längere Perioden Harnzucker
zu liefern. Wegen dieser Fehlerquelle ist es zweckmäßig, schon längere
Zeit vor dem Versuch den Patienten mit mögUchst kohlenhydratarmer Kost
zu ernähren.
3. daß die N-Menge des Harns wirklich der Menge des zersetzten
Eiweißes entspricht. Diese Annahme, deren Richtigkeit für den Gesunden
nicht bezweifelt werden kann, trifft beim Zuckerkranken wahrscheinhch
nicht immer zu. Häufig wird die Beobachtung gemacht, daß bei Dialieti-
kern w^ährend langer Perioden N retiniert wird, und zwar augenscheinlich
nicht in Form von Eiweiß, bis zu 25 g pro Tag. ^) Perioden solcher N-Re-
*) Naunyn, Der Diabetes melitus in Nothnagels Spezielle Pathologie und Thera-
pie. 1898. S. 1.58.
^) Lüthje, Kasuistisches zur Klinik und zum Stoffwechsel des Diabetes melitus.
Zeitschr. f. klin. Medizin. Bd. 43. S. 229 (1901).
Arbeitsniothodoii zur riitcrsiicIimiL: dos intpriiifdiarfn Stoffwechsels. 120.-5
tentionen werden für den (Jnoticntcn ., fälschlich cim-ii m hohen \V<rf <t-
^
geben. Deswegen hat die.ser «^»noticiit bei liestchcn v(mi .\-( il.-ichifcwicht eine
größere Sicherheit. Auch rerio(h'n von N-Ausschwcniniuiig koiiiiiicii vor.
Ferner ist es bekannt, dall der N der Nahrung l:iiit,'siuner aiisgischiedcn
wird als der aus der Nahrung stamniondc /nckcr. Man wiid deshalb den
Quotienten — niemals fiii- kurze Perioden berechnen dürfen.
Unter der Annahme, dali der gesamte (" des im Kür|MT zer>etzteii
Eiweißes als Traubenzucker im Harn erscheint, kann man tiir den <,>M(>tientrn
den Maximalwert 8'27 berechnen. Ivs könnten also bei kohlen-
hydratfreier Kost für je 1 (/ ausgeschiedenen N H-H // Ihirnzncker auf
Eiweiß zurückgeführt werden. Die Autoren rechnen aber mit Mi, in;/
von dem Eiweiß-C denjenigen Teil ab, der zur liildung von Harnstoff
nötig ist, also auf 2 N 1 C. Dann erniedrigt sich der durch die Eiweill-
zersetzung erklärbare Wert auf 1-2 ; jedoch mul) darauf hingewiesen wer-
den, daß der zm- Harnstoffbildung nötige. C ja sehr wohl der /er>etziing
der Fette entstammen könnte.
Andrerseits ist es sehr wenig wahrscheinlich. dalJ der gesamte ('
des Eiweißes zu Kohlenhydrat umgebildet werden kann. So mul'i hervor-
gehoben werden, daß in diesen schweren Fällen von menschlichem Diabetes
ganz regelmäßig auch erhebliche Mengen von Acetonkörpern aus dem Ei-
weiß hervorgehen. Ferner dürfte ein Teil des abgebauten Eiweißes im
Körper noch andere, für den P'ortbestand des Lebens unerläßliche Funk-
tionen zu erfüllen haben. ^) Mau ist ziemlich allgemein zu der Annahme
gekommen, daß ein Wert für ^ , der größer ist als 5, darauf hinwt'isen
würde, daß Zucker auch aus anderweitigem Material als aus Eiweiß her-
vorgegangen sein muß (Fett!). 2) Solche höhere Werte sind zwar von ver-
schiedenen Autoren beobachtet, aber in der Kegel nicht in längeren l'erio-
den und unter Verhältnissen, unter denen eine vollständige Aus.scheidung
des aus dem Eiweiß stammenden N nicht garantiert ist. »j
*) Landergren, Untersuchungen über den Eiweißumsatz des Meuschen. Skandinuv.
Aich. f. Physiol. Bd. 14. S. 112 (1903).
'-') S. auch Hühner, Die Gesetze des Energieverhraudis hei licr Krnalnunii. Leip-
zig und Wien. li)Ü2. S. 3S3. — Falla, tjber die (lesetze der Ziickerau-ischeiilung !)piiii
Diabetes melitus. VI. Mitt. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 65. S. 4(3:5 (l'.WH). - Koinesfalls
ist es gestattet, den von Minkowski für den hungernden oder mit Fleiscli gefattirten
D
pankreas-diabetischen Huud gefundenen Quotienten- ^ = 28 zur Deutung von Sutff-
■wechselversuchen an menschlichen Diabetikern heranzuziehen.
') F.Miillir, Beiträge zur Kenntnis (b'S Mucins und einiger damit verlMuidener
Eiweißstoffe. Zeitschr. f. Biol. Bd. 42. S. 538 (lülU;.
7C*
;[204 ^^^^ Neubauer.
Die Verwertung des Quotienten -:j^ ist also nur verläßlich bei einer
nahezu oder völlig- kohlenhydratfreien Kost, bei Berechnung- aus genügend
langen Versuchsperioden und bei bestehendem Stickstoffgleichgewicht.
Werden nun in der Hauptperiode des Versuches verschiedene Sub-
stanzen zur Standardkost zugelegt, so wird sich ein Übergang in Zucker
in einer Steigerung der Zuckerwerte und eventuell auch in einer Verän-
derung des Verhältnisses ^ geltend machen.
Zufuhr von Kohlenhydraten führt in der Regel zu einer erheb-
lichen Steigerung der Traubenzuckerausscheidung. Der Quotient -— steigt
dabei, wenn von der ausgeschiedenen Traubenzuckermenge nun auch das
neu zugeführte Kohlenhydrat abgezogen wird, nicht, ja er wird sogar, wenn
der Diabetes kein absoluter ist, sinken müssen.
Bei Zufuhr von nicht kohlenhydratartigen X-freien Substanzen wird,
wenn ein Übergang in Traubenzucker im Organismus stattfindet, eine
Steigerung nicht nur der Zuckerausscheidung, sondern auch des Quotienten
^j^ eintreten (Milchsäure, Glyzerin). Fett hat in solchen Fällen fast
immer negative Resultate ergeben, i) Ein strikter Beweis dafür, daß Fett
nicht in Zucker übergeht, kann daraus aber nicht abgeleitet werden;
denn die Größe des Fettabbaues ist im allgemeinen von der Größe der
Fettzufuhr unabhängig. Die Erfahrungen bei der Untersuchung der Aceton-
körperausscheidung scheinen allerdings zu zeigen, daß diese Unabhängig-
keit keine absolute ist.
Zufuhr von Eiweißkörpern ergibt bei schweren Fällen von Diabetes
regelmäßig eine Steigerung der Zuckerausscheidung; verschiedene Eiweiß-
arten wirken verschieden stark. 2) Da auch die N-Ausscheidung steigt,
so kann der Quotient -^ unverändert bleiben. Er kann aber auch geringe
Änderungen nach der einen oder nach der anderen Seite darbieten. Man
hat auch versucht, einen Ausdruck für die aus dem zugeführten Eiweiß
stammende Zuckermenge zu gewinnen, indem man den Quotienten Mehr
ausgeschiedener Traubenzucker: Mehr ausgeschiedener N als ^ berechnet
hat. Es ist aber klar, daß bei nicht völlig idealer Gleichmäßigkeit der
ausgeschiedenen Mengen eine derartige Berechnung so zahlreiche Fehler-
quellen hat, da(i ihr kein besonderer Wert beigemessen werden kann.
') Lüthje, Stoffwechselversuch an einem Diabetiker mit besonderer Berücksichti-
gung der Frage der Zuckerbildung aus Eiweiß und Fett. Zeitschr. f. klin. Medizin.
Bd. 39. S. 425 (1900).
-) Falta, Über die Gesetze der Zuckerausscheiduug beim Diabetes melitus.
I. Mitt. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 61. S. 297 (1907).
Arbeitsmethoden zur Uutersuchuiig des iiitcniiediärcii Stoffwechsels. 1200
Eine Steij^erung- der Zuckerausscheidung und .nicli eine Kiliiiliung
des Quotienten -- beweist noch nicht absolut einen rbci^rang der <rebild('tcn
Substanz in /ucker. Die zugefiihrte Substanz kann auch indirrkt ge-
wirkt haben, z. P>. durch Beeinflussung der diabetischen Stoffwrchselstörung.
Bei den KiweitUersuchen spricht der oft beinahe vülhge raranehsniiis der
Menge des zersetzten Kiweilles und der ausgeschiedenen I)-Meni:e ent-
schieden für einen direkten Cbergang.
D
Manche Autoren berechnen den Quotienten y i" anderer Weise. Auf Grundlage
der Untersuchungen von Kuwagawa und Miura und von Lander gren^)\\ä.\i frigon*) die
Annahme für berechtigt, daß ein gewisser Teil des zersetzten Pawoißes im OrL'anismus
eine zur Erhaltung des Lebens unbedingt notwendige Funktion zu erfiilleu hat und in-
folgedessen für die Zuckerbildung nicht disponibel ist. Die diesem Teil des Eiweißes
entsprechende X-Menge bezeichnet er mit q; nur der Rest, Gosamt-N minus q. kommt
für die Zuckerbilduug in Betracht. Der Zuckerbildung aus diesem Eiweißanteil ent-
spricht also nicht der Quotient-— -, sondern der beträchtlich größere Quotient ^^^ . Unter
JN A — q
der Annahme, daß für denselben Dial)ctiker dieser Quotient und das zum Leben not-
wendige Eiweißmiuimum q konstante Werte sind,, glaubt Gigon diesen (^luotienten da-
durch ermitteln zu können, daß er in mindestens zwei Perioden mit verschieden starker
Eiweißzersetzung die Werte für Stickstoff und Zucker bestimmt.
_D__ D,
N — q~N7^*
Aus dieser Gleichung läßt sich sowohl q als auch der als Ausdruck für die Zucker-
bildung aus Eiweiß anzusehende Faktor ^^ berechnen; q = — ,- — ,— ^.
X — q D — D,
Im allgemeinen dürfte diese Art der Berechnung nicht liesoudors zu empfehlen
sein ; denn abgesehen von der Unsicherheit der theoretischen Grundlagen ist die Annahme
des Koustantbleibens von q und von ^-^ unter verschiedeneu Versuchsbedingungen und
N — (|
während einer längeren Versuchsperiode doch sehr hypothetisch und bringt jedenfalls
in die Berechnung ein neues Element zur Unsicherheit.
Da manche Substanzen sehr rasch eine Steigerung der Zuckeraus-
scheidung bewirken, so ist es in bestimmten Fällen möglich und zweckmäßig,
in kürzeren als 24stündigen Perioden zu untersuchen, z. I'.. in 4- und
6stündigen Perioden. Wenn die Substanz morgens gegeben wird, genügt
es häufig, nur tag.süber in kürzeren Perioden zu untersuchen, und die Nacht-
periode auf 10 oder 12 Stunden auszudehnen. Die ein/einen Perioden sind,
da die Zuckerausscheidung beim Diabetiker im Laute eines Tages erheb-
liche Schwankungen zeigt, nicht untereinander, sondern mit den ent-
sprechenden Perioden der Normaltage (Vortag. Nachtag) zu vergleiehen.
') Landergren, Untersuchungen über den Eiweißumsatz des Menschen. Skandi-
navisches Archiv für die Physiologie. Bd. 14. S. 112 (HK)3).
*) Gigon, Die Menge des aus Eiweiß entstehemlen Zuckers beim Dialietcs.
Deutsches Archiv für klinische Medizin. Bd 1)6. S. 31{\ (190Ü). (Auf S. 381 hat sich ein
Druckfehler eingeschlichen; statt q =3*4 muß es heißen: q = 124. Die oben gegebene
Darstellung des Gedankenganges ist gegenüber Gigons Darstellung etwas vereinfacht.)
1206 ^^^^ Neubauer.
Diese Versuchsanoi'dnnng' liefert Iiäiifig- größere Ausschläge und verlangt
im allgemeinen eine kürzere Versuchsdauer. Andrerseits besteht der Nach-
teil, daß die Analysen sich an den Versuchstagen häufen. Als Beispiel
sei auf eine Versuchsreihe Gigons mit verschiedenen Kohlenhydraten und
mit Kasein hingewiesen, i) Eine Berechnung des Faktors — - ist für so
kurze Perioden natürlich nicht statthaft.
Die experimentell beim Tier erzeugten Diabetesformen ver-
meiden den größten Teil der Fehlerquellen, welche den Versuchen beim
spontanen menschlichen Diabetes anhaften. Der Experimentator ist im-
stande, eine ihrer Art und ihrem Grade nach immer gleichmäßige Krank-
heit zu erzeugen, welche — wenigstens beim Phlorhizindiabetes und beim
Pankreasdiabetes 2) — einer maximalen Störung zum mindesten nahe-
kommt. Spontane Schwankungen der Toleranz wie beim menschlichen
Diabetes finden in der Regel nicht statt. Die Überwachung' ist einfacher;
doch soll auch hier die Kontrolle womöglich durch Männer der Wissen-
schaft ausgeübt, nicht unverläßlichen Wärtern anvertraut werden. Die In-
dividualität des A'ersuchsobjektes spielt eine geringere Bolle: die psvchische
Beeinflussung und die Rücksicht auf das Wohlbefinden des kranken Menschen
kommen in Wegfall. Die Ernährung kann eine sehr viel gleichmäßigere
und einfachere sein; es gehngt, die verschiedenen Nährstoffe in fast reiner
Form zuzuführen. Die einzelnen Perioden können länger gewählt werden,
Vor- und Nachperiode können als Hungerperiode eingerichtet werden,
wobei der Einfluß einer in der Hauptperiode gegebenen Substanz natür-
lich viel augenfälliger hervortritt. Man kann ferner dem Versuch eine Be-
handlungvorausschicken, bei welcher der vorhandene Glykogenvorrat fast völhg
zum Schwinden gebracht wird (Hunger, Arbeit usw., s. oben S. 1162). Nach
Abschluß des ^^ersuches kann das Tier getötet werden, und man kann sich
durch Untersuchung der Organe Aufklärung über die vorhandenen Kohlen-
hydratdepots verschaffen. Die quantitative Abgrenzung des Urins ist ge-
nauer durchzuführen (Katheterismus mit anschließender Ausspülung der
Blase mit Trikresollösung).
Es soll nicht verschwiegen w^erden, daß Untersuchungen beim ex-
perimentellen Diabetes des Tieres gegenüber den Untersuchungen am
Diabetes des Menschen auch manche Nachteile haben. Sowohl beim Pan-
kreas-wie beim Phlorhizindiabetes besteht (im Gegensatz zum schweren Diabe-
tes des Menschen) nicht bloß eine Störung des Kohlenhydratstoffwechsels,
sondern auch eine beträchtliche Steigerung des Eiweißzerfalles. Ferner sind
am Tier gewonnene Resultate nicht ohne weiteres auf den menschlichen
Organismus, dessen Stoffwechselgesetze doch am meisten interessieren.
') Falta und Gigon, Über die Gesetze der Zuckerausscheidung beim Diabetes
melitus. II. Mitteüung. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 61. S. 338 (1907).
^) Die anderen Arten des experimentellen Diabetes kommen für experimentelle
Zwecke kaum in Betracht. (CO-Diabetes s. weiter unten.)
Arbeitsmethoden zur Uutersucluuig des iiitormcdiäreii Stoffwi-chsels. 12(>T
iil)ertra.i>l)ar. Man darf fonicr iiiclit ver;icsscii. dall auch dir Foiincii dos
experüncntdlcii Diabetes iliieni Wesen nach iioeli iin^rekliirt sind.
Die eine Hauptt'oim des experimentellen Dialietes. die zur Lösun«;
von Stoffwechselfraj^en vielfach N'erweudunj^- <::elunden hat, ist der von
MeiitKj und Minkowski entdeckte rankreasdiahetesj) Fast alle \er-
suche wurden am Hund ausL>eführt. Die Methode dci- l'ankreasexstirpation
beim Hund ist wiederholt jj^enau beschrieben worden.-) Ks ist notwendii.',
nach dem Tode dui'ch Sektion des Versuchstieres die NdllstilndiL'^keit der
Exstirpation zu kontrollieren. Einige Tajie nach der ( »|».'ration kann, wenn
die l'ankreasexstirpation eine totale ist, der \ frsuch b(';.;oiiii(n werden.
Im übrigen ist die Anlage des Versuches so wie beim Diabetes des
Menschen. Temperaturmessung darf nicht vergessen werden. Die \ ersuche
können bei völligem Hunger durchgeführt werden: will man die Tiere aber
einige Zeit am Leben erhalten, so müssen sie gefüttert werden, und zwar
ist es für die Versuchszwecke im allgemeinen geboten, sie mit möglichst
reinem Eiweiß zu füttern. Als kohlenhydratarme Nahrung empfiehlt sich
Kindfleisch oder uRch Fjiüger besonders Kabliaufleisch (s. oben S.U •'••_>):
der Kohlenhydratgehalt ist jedesmal besonders zu bestimmen. Das EiweiLi
wird infolge Mangels des Pankreassekretes nur schlecht ausgenützt. Sand-
mei/er^) hat gezeigt, daß man die Verwertung des Fleisches durch gleich-
zeitige \'erfütterung von rohem Pankreas bedeutend verbessern kann.
Pankreas ist gewöhnlich glykogenfrei. Will man das im Pankreas meist
reichlich vorhandene Fett vermeiden, so gibt man dem Tiere einen kalt
hergestellten Pankreasaufguß. Auch Kaseinpräparate, z. B. Nutrose, kann
man zur Ernährung verwenden.*) Auch diese Präparate sind auf die Ab-
wesenheit von Kohlenhydraten zu prüfen. Beigemengtes Fett kann durch
Äthere.xtraktion entfernt werden. Durch Zusatz von Fleischextrakt oder
Fett kann die Xutrose schmackhafter gemacht werden. Eventuell kann die
*) Mering und Minkowski, Diabetes melitus nach Pankrease.xstirpatiou. Arch.
f. exp. Piith. 11. Pharm. Bd. 26. S. 371 (1889).
-) Minkowski, Untcrsuchungeu ül)i'r den Diabetes luelitus iiacli K.\stirpation des Pan-
kreas. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 31. S. 85 (1893). — Witz,!, Die Technik tler
Pankreasexstirpatioü beim Hund. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. KKi. S.173 (190n). Die voll-
ständigo Exstirpation des Pankreas bietet für die Versuche den Vorteil, daü die
Störung des Zuckerstoffwechsels den höchsten (irad erreicht. Doch ilberleben die Tiere
diese Operation meist nur 2-4 Wochen, während welcher die Tiere auch noch unter
dem Einflüsse der Wunde stehen. (Eiterungen.) Länger dauernde Vrrsuche kaiui man
an Tieren ausführen, welchen man nach Samimeißr [Über die Eidgcn der partiellen
Pankreasexstirpatioü beim Hund. Zeitschr. f. Biol. Bd.Sl. S. 12 (189.'))] nur den gmUten Teil
des Pankreas exstirpiert hat. Der Dialietes tritt hier erst später infolge au'^rhließcnder
.Vtrophie des Restes ein, zu einer Zeit, zu der sich die Tiere von der Operatinn bereits
völlig erholt haben. Sic können oft mehrere Monate am Leiten gehalten werden.
*) Sandmei/rr, Über die Folgen der partiellen l'ankreasexstirpation beim Hund.
Zeitschr. f. Biol. Bd. 31. S. 12 (1S9.Ö).
*) Über die Herstellung einer kalten Nutrosesuppe siehe I'ßiUnr, l'rsprung des
im Pankreasdiabetes ausgesc'hiedenen Zuckers. Arch. f. d. ges. Physiologie. Hd. 108-
S. 123 (19Ü5).
1208 Otto Neubauer.
Nahrung mit der Schlundsonde beigebracht Averden: das Erbrechen, das
sich nachher leicht einstellt, kann man häufig durch Beschäftigung mit
dem Tiere, Fütterung beim Stehen auf den Hinterfüßen usw., verhindern.
Der N-Gehalt der Nahrung soll bestimmt werden.
Durch längerdauernde Fütterung mit möglichst reiner Eiweißnahrung
gelingt es festzustellen, daß Zucker im Körper aus nicht zuckerartigem
Material entsteht. Dieser Beweis ist dann erbracht, wenn die ausgeschiedene
Zuckermenge größer ist, als die zugeführten Kohlenhydrate und die Zucker-
vorräte des Körpers ausmachen können; nsich Schöndorß'^) kann der Gly-
kogengehalt des Körpers höchstens 40 g Glykogen pro Kilogramm Körper-
ge\Nicht betragen, was 44 g Traubenzucker entspricht. In den Versuchen
von Lüthje^) und Pfliiger^) ist es gelungen, diesen Beweis zu erbringen:
auf die Tabellen dieser Versuche sei als auf klassische Beispiele für eine
richtige Versuchsanordnung verwiesen.
Daß dieser aus Kohlenhydraten nicht ableitbare Zucker höchstwahr-
scheinlich aus Eiweiß stammt, ist schon deswegen sehr wahrscheinlich,
weil die Zuckerausscheidung wie beim menschlichen Diabetes auch beim
Pankreasdiabetes mit der X-Ausscheidung parallel geht. Dementsprechend
ist der Quotient ^ beim totalen Pankreasdiabetes von Minkowski an-
nähernd konstant gefunden worden: etwa 2'8. Pßüger hat allerdings immer
wieder betont, daß auch in einem Parallelgehen der Zuckerausscheidung
mit der N-Ausscheidung kein sicherer Beweis für die Entstehung aus Ei-
weiß gefunden werden kann: das Eiweiß könne vielleicht nur anregend
auf die Zuckerl )ildung wirken oder den aus anderen Quellen (Fett)
stammenden Zucker sparen. Absolut sicher wäre der Beweis nur zu führen,
wenn in einem Falle die ausgeschiedene Zuckermenge so groß wäre, daß
die gesamte Kohlenhydrat- und Fettvorräte des Körpers und die mit der
Nahrung zugeführten Fette zur Erklärung nicht ausreichen. (Aus 100 g
Fett können theoretisch 192 g Traubenzucker entstehen.) Eine so hohe
Zuckerausscheidung ist bisher aber noch nicht erzielt worden. (Die defini-
tive, auch von Pßüger anerkannte Entscheidung über die Frage der Zucker-
bildung aus Eiweiß wurde mit der Methodik der Glykogenmästuag ge-
troffen. )
Als weitere Beispiele für den Übergang von verabreichten Sub-
stanzen in Zucker beim Pankreastier seien angeführt : Die Versuche von
Embden und Salonion ^} mit Aminosäuren: die Untersuchungen von Min-
*) Schöndorff, Über den Maximalwert des Gesamtglykogens von Hunden. Arch.
f. d. gesamte Physiol. Bd. 99. S. 191 (1903).
^) Lüthje, Die Zuckerbildung aus Eiweiß. Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 79.
S. 498 (1904); Zur Frage der Zuckerbilduug aus Eiweiß. Arch. f. d. ges. Phvs. Bd. 106.
S. 160 (1904).
^) Pflüger, Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung des im Pankreasdiabetes
ausgeschiedenen Zuckers. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 108. S. 115 (1905).
*) Embden und Salomon, Über Alaninfütteruugsversuche am pankreaslosen Hund.
Beiträge zur ehem. Physiol. u. Pathol. Bd. 5. S. 507 (1904); Fütterungsversuche am pan-
Arbeitsmethodcu zur üntersuchuug des intenucdiären Stoffwechsels. 12U9
kowski^) und Sandmeyer"^) mit verschiodeneii Kolili-nlivdrateii: die rntcr-
suchimgen Lüthjes ^ mit Glyzerin: der musterf-iilti^^e . in T.il.rll,. HI
wiedergegebene Versuch zeigt sein- schön (his enornn' Ansteigen von -^
auch für eine längere Periode. (Durchschnitt ;uis eim-r sechstiigigen
Periode: 13-0.)*)
Bezüglich der negativen Ergebnisse der Fettzufuhr gilt das beim
Menschendiabetes Gesagte.
Andere Tiere sind für die I'aukreasexstirpation weniger geeignet. Minkowski
hat auch bei einer Katze und bei einem Schwein durcli I';inkreasexstirpation Dialietos
erzielt. Beim Kaninchen sind die anatomischen Verhältnisse sehr ungCinstig. Man miili
gleichzeitig ein großes Stück des Darmes resezieren; trotzdem stellt sich nnr eine vor-
übergehende Glykosurie ein.
He'don hat einen dauernden leichten Diabetes bei Kaninchen sich ciitwickoln
sehen, wenn er durch Injektion von Öl in den Ductus \Virsunj:iauus eine allmähliche
Atrophie des Panki-eas bewirkte.^)
Bei Vögeln ist der Eintritt eines richtigen Pankreasdiabetes nicht mit Sicherheit
zu erzielen.^)
Auch bei Kaltblütern tritt nach Pankreasexstirpation Diabetes ein. z. B. bei
Fröschen: die 24stündige ürinmenge der Frösche wird in der Weise gewonnen, daß
die Haut um den Anus mit einer Pinzette hochgehoben und dann mit eim-m dicken,
weichen Faden abgebunden wird; nach 24 Stunden wird die Lijratur entfi-mt. Kur
physiologische Versuche ist der Pankreasdiabetes der Frösche wenig geeignet. Auch
Schildkröten können pankreasdiabetisch gemacht werden.
Die zM'eite, für experimentelle l'ntersuchung wichtige Art des Diabetes
ist der von Mering entdeckte Phlorhizindiabetes.') Dali phlorhizin-
diabetische Tiere geeignete Versuchsobjekte sind, um den fbergang ver-
fütterter Stoffe in Traubenzucker zu prüfen, haben zuerst Cnnifr und
Ritter^) gefunden.
kreaslosen Hund. Ebenda. Bd. 6. S. 63 (1905). — Älmagia und Embden, Über die Zuckeraus-
scheidung pankreasloser Hunde nach Alanindarreichung. Ebenda. Bd. 7. S. 21(8 (lOOG).
') Minkowski, Untersuchungen über den Diabetes nielitus nach Exstirpation des
Pankreas. Arcb. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 31. S. 85 (1S<)3).
^) Sandmei/er, tlber die Folgen der partiellen Pankreasexstirpation beim Hund.
Zeitschr. f. Biol. Bd. 31. S. 12 (1S95).
^) Lüthje, Die Zuckerbildung aus Glyzerin. Deutsch. Arcli. f. kliu. .Med. Bd. 60.
S. 98 (1904).
*) Weitere Literatur siehe bei Cremer, Physiologie des Glykogens. Ergebnisse
der Physiologie. Bd. 1. Biochemie. S. 803 (1902).
^) Hedon , Production du diabete Sucre chez le lapin par la destniction du pau-
creas. La semaine med. Vol. 13. p. 144 n. 394 (1893).
") Weinfraud , Über den Pankreasdiabetes der Vcigd. Arch. f. exp. Path. u. Pharm.
Bd. 34. S. 303 (1894); Kanner, über den Diabetes nielitus der V(igel nach Pankreas-
exstirpation. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 37. 8.275(1896); Der Zuckerverbrauch
im Diabetes melitus des Vogels nach Pankreasexstirpation. Ebenda. Bd. 39. S. 219 (1H<»7).
') Mering, Über experimentellen Diabetes. VeriiaiKlluntrcn des h. Kongesses für
innere Medizin. 1886. S. 185.
*) Cremer und Ritter, Phlorhizinversuche am Karenzkaninchen. Zeitschr. f. Biol.
Bd. 20. S. 256 (1892).
1210 Otto Neubauer.
Gegenüber dem Pankreasdiabetes bietet der Phlorhizindiabetes eine
Reihe von Vorteilen: die Einfachheit der Technik, die MögUchkeit, Tiere
zum \'ersuch zu verwenden, die nicht eine eingreifende und zu allen mög-
lichen Störungen (Abszeßbildung) führende Operation durchgemacht haben,
sondern bis zum Beginn des Versuches völlig normal gewesen sind; die
Möglichkeit, die Versuche beliebig lange auszudehnen und an demselben
Tiere zu wiederholen. Ferner scheint der Phlorhizindiabetes einen höheren
Grad von Störung darzubieten als der Pankreasdiabetes (der Quotient ^^
ist in der Piegel höher). Die Nachteile bestehen in folgendem: der Phlorhi-
zindiabetes weicht in seinem Wesen von dem menschlichen Diabetes offen-
bar recht weit ab; das Phlorhizin bedingt in größeren Dosen auch noch
andere Störungen, Steigerung des Eiweißstoffwechsels, Fettdegeneration
der Leber, Durchfälle, Erbrechen, Krämpfe, Nierenerkrankung, Pupillen-
veränderung, plötzlichen Tod: an den Injektionsstellen treten häufig
Abszesse auf, die zu Störungen im Wohlbefinden des Tieres führen.
Das Phlorhizin wurde von den meisten Autoren aus der Chemischen
Fabrik Merck bezogen; die einzelnen Präparate scheinen in ihrer Wirk-
samkeit voneinander abzuweichen. Manche erzeugen bei den Hunden
Tetanus und Tod. Deshalb dürfte es sich empfehlen, jedesmal die Rein-
heit des Präparates zu prüfen, durch IJestimmung des Schmelzpunktes
(108**; erstarrt wieder bei 130** und schmilzt zum zweiten Male bei
170 — 171») und der spezifischen Drehung in 97Voi8'eni Alkohol. [7.]'^"^" =
— (49^40 -f- 2-41 p)o.
Eventuell ist das Präparat durch Lösen in Essigäther oder Aceton
und Ausfällen mit Chloroform zu reinigen. 1)
Die Phlorhizin versuche werden am besten an Hunden ausgeführt.
Das Mittel wird subkutan injiziert, in sodaalkaUscher oder in alkoholischer
Lösung. Cremer machte darauf aufmerksam, daß Phlorhizin sich in
w ässeriger Piperazin- oder Lysidinlösung leicht löst 2) ; bei Stoffwechsel-
versuchen wäre in diesem Falle der N-Gehalt des Lösungsmittels zu be-
rücksichtigen. Da nach den Phlorhizininjektionen leicht Abszesse auftreten,
so ist vorherige Reinigung der rasierten Haut mit Äther und Verwendung
einer ausgekochten Spritze geboten.
Es ist zweckmäßig, die Versuche an Tieren mit ..totalem" Phlorhizin-
diabetes anzustellen. ^lan muß zu diesem Zwecke die Injektionen in relativ
kurzen Zeitintervallen wiederholen. ^) Lusk hat auf Grund dieser Erkenntnis
eine für experimentelle Zwecke geeignete Methode ausgearbeitet: der
Hund erhält alle 8 Stunden subkutan 2g Phlorhizin, gelöst in 2b cm'^ einer
M Cremer, Studien ül)ei- das Phlorhizin und verwandte Körper. Zeitschr. f. Biol.
Bd. 36. S. 123 (1898).
-) Cremer, a. a. 0.
■^) Cremer und Bitter, Phlorhizinversuche am Karenzkaninchen. Zeitschr. f. Biol.
Bd. 29. S. 256 (1892).
Arbeitsmethoden zur rntersuchung des iiiterniediärcn Stoffwechsels. 1 iM 1
PAii^on Lösung von kohlensaurem Natron von 40".') In il<r Nacht kann
der /wischenraum zwischen LMnjcktioiien 10 Stunden Itctrajren. Hohmcr-)
gab einem ;'.2/.// schweren Ihnid zweimal tiiglicii ()'.) v l'ldorhizin in
17"/oiger alkoholischer Lösung.
Am ersten Tag der Behandlung mit l'hlorhizin erfolgt immer ein«'
Aussehwemmung von Zucker aus dem Körper, \iele Autoren finden es
zweckmäßig, vor der ersten Injektion oder nach derselben <len (dykoj^'en-
gehalt des Körpers möglichst herabzusetzen: zur Verwendum.' gelangen
dabei die oben (S. 1162) bei den Glykogenm:istungsversu<'hen lieschriebenen
Methoden. Lusk empfiehlt, dem Tier am zweiten Tage ein kaltes l'.ail zu
geben und es dann in einem groiJen kalten Zimmer bei ü" durch ♦> Stunden
zu lassen, so daß Kälteschauer eintreten; am folgenden Tag kann die \'er-
suchsreihe beginnen. FjiiupT und Junk-crsdorf geben an, daß man einen
5 — 101'^ schweren Hund durch zehntägiges Hungern . wenn gleichzeitig an
den drei letzten Hungertagen je !</ Phlorhizin subkutan gegeben wiril,
vollständig giykogenfrei machen kann, ^i Btndix füttert die \'ersuchstiere
8 Tage lang mit P^ett, läßt sie dann 2 Tage lang hungei-n, in der Tret-
mühle Arbeit leisten und injiziert dann alle 6 Stunden l'hlorhiziu.*) Crtuier
macht darauf aufmerksam, daß eine vorausgehende llungerperiode den
Nachteil hat, daß nachher leicht X-Retentionen stattfinden. ^I
Der ganze Versuch wird entweder bei vollständigem Hunger durch-
geführt oder das Tier erhält eine kohlenhydratfreie Nahrung (s. oben S. 1162).
Als Dauer der einzelnen Versuchsperioden wurde von den Autoren
vielfach eine Zeit von 8 oder 12 Stunden gewählt. Für eine verläßliche
Berechnung des Quotienten ^,- sind jedoch solche Perioden entschieden
zu kurz.
Am Ende jeder \'ersuchsperiode wird die Blase mit dem Katheter
entleert und mit 0-2Voiger Trikresollösung ausgespült. Bei der Zuckerbe-
stimmung im Harn ist zu beachten, daß die nach der ^■ergärung zurück-
bleibende Linksdrehung zur l)eobachteten Rechtsdrehung addiei-t werden
muß; sie ist bedingt durch die Gegenwart von unverändertem rhlorhi/in.
Phlorhizin-Glykuronsäure«), eventuell auch Oxyl'uttersänre. Konirollunter-
suchungen mittels einer Beduktionsmethode sind unbedingt zu empfehlen.
') liiiu/cr und Lusk, Über die Entstehung von Dextrose aus Aminosäuren bei
der Phlorhi/inglykosurie. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. G6. S. lOlj (1910).
') liohnur, Über Zuckerbildung aus verschiedenartigem EiweiÜ. Zeitsclir. f. Hiol.
Bd. 54. S. 455 (1910).
^) Pfliigcr und Junkersdorf, Über die Muttersubstanzeu des Cilykogeiis. Archiv
f. d. ges. Piiysiol. Bd. 118. S. 203" (1910).
*) Bendix, Ül)er die pliysiologisdie Ziickerliildunir n;icli Eiweilldarreichung. Zeit-
schrift f. physiol. Chemie. Bd. 32. S. 479 (1901).
^) Cremer, Physiologie des (Jlykogens. Ergebnisse der I'hysiologie. Jg. 1. Biochemie.
S. 803 (1902). " ' . '
") SchüUcr, Über Phlorhizin- und i'hloretin-Glykuronsäure. Zeitschr. f. Biol.
Bd. 56. S. 274 (1911) (Versuche au Kaninchen).
1212
Otto Neubauer.
Aus den D- und N-Werten wird der Quotient ^ berechnet. Die
Kautelen sind dabei dieselben wie beim menschlichen Diabetes und l>eim
Pankreasdiabetes (keine zu kurzen Perioden, keine X-Reteution i. In der
Regel beträgt der Quotient bei Hungernden oder mit Fleisch ernähi-ten
Phlorhizintieren etwa o'öö: mit manchen Phlorhizinpräparaten soll sich nur
ein Quotient von 2"7 — 3"2 erzielen lassen. D Ob der im Phlorhizinmolekül
enthaltene Zucker als eingeführtes Kohlenhydrat in Abzug gebracht werden
soll, ist strittig.
Andere Versuchstiere: F. Kraus-) hat Versuche au Katzen angestellt, die
täglich \'2 g Phloretin pro Kilogramm Köi-pergewicht mit der Schlundsoude erhielten.
Auch bei Kaninchen kann man durch Phlorhiziuinjektion Diabetes erzielen.*) Doch
ist nach Lusk und nach Cremer dieser Phlorhizindiabetes der Kaninchen nicht so voll-
ständig vrie der des Hundes und daher für Vei"suchsz wecke weniger geeignet. Auch
gehen Kaninchen häufig an Phlorhizinvergiftimg zugrunde. Phloretin ist zur Erzeugung
von Glykosurie bei Kaninchen nicht brauchbar.
Hühner bekommen nach Phlorhiziuinjektion ebenfalls Diabetes.
Cremer schnitt die Rückeuhaut vou Fröschen mit der Schere ein. brachte
Phlorhizin in Substanz in die aufgehobene Tasche und vernähte sie wieder. Der Harn
enthielt Zucker. Die wirksame Dosis beträgt * , mg : größere Mengeu als 50 mg führen
in wenig Stimden den Tod herbei.*!
Auch beim Menschen kann man. vrie es scheint, durch Phlorhizininjektion ohne
Schaden (?) einen längere Zeit dauernden Diabetes unterhalten. Doch ist der menschliche
Phlorhizindiabetes zur Untersuchung von Stoffwechselfragen bisher nicht herangezogen
worden.
Die Zahl der Versuche . in welchen die Phlorhizinmethode angewendet
worden ist , um den Übergang von Substanzen in Zucker darziitun . ist
sehr groß. Doch sind durchaus nicht alle Versuche unter Einhaltung der
nötigen Kautelen ansestellt. Literatur siehe bei Crenipr, Phvsiologie des
Glykogens. Ergebnisse der Physiologie. Jg. I. Biochemie S. 803 1^1902) und bei
Einher und Lusk, Über die Entstehimg von Dextrose aus Aminosäuren
bei Phlorhizin glykosurie. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. tJG. S. 106 il910i.
In Verbindung mit anderen Eingriffen iz. B. Phosphorvergiftung)
kann der Phlorhizindiabetes vielleicht zur Aufklärung des Zucker abb aus
herangezogen werden (siehe unten).
B. Andere Meliturien.
Die menschliche Pathologie kennt eine Reihe von Zuständen, bei welchen ver-
schiedene Zuckerarten im Harn abffeschieden werden : Fruktose . Galaktose , Saccharose.
\) Ringer und Lusk, Über die Entstehung von Dextrose aus Aminosäui-en bei
der Phlorhizinglykosurie. Zeitschr. f. phvsiol. Chemie. Bd. 66. S. 106 (1910).
") F. Kraus, Über die Frage der Zuckerbildun? aus Eiweiß im diabetischen
Organismus. Berliner kliu. Wochenschr. Jg. 41. S. 4 (1904).
^) Cremer und Bitter, Phlorhizinversuche am Karenzkaninchen. Zeitschr. f. Biol.
Bd. 29. S. 256 (1893).
*) Cremer, Phlorhizindiabetes beim Frosch. Zeitschr. f. Biol. Bd. 29. S. 175 1 1892).
— Leschke, Der Phlorhizindiabetes der Frösche. Archiv f. Anat. u. Physiol. Abteilimg
f. Physiol. Jg. 1911. S. 437.
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des intennediären Stoffwechsels. 1213
Laktose, l'eutose usw. Bei Versuchen an solchen Kranken sind etwa dieselben Kautelen
zu beobachten wie bei Diabetikern. Doch haben die Untersuchuniren an diesen Zu-
ständen zur Aufklärung intermediärer Stoffwechselprozesse bisher kaum etwas beige-
tragen. Experimentell sind diese Zustände nicht zu erzeugen.
Die interessanteste von diesen Anomalien ist wohl die Tentosurie. Die Menge
der ausgeschiedenen i-Arabinose ist von der Nahrung unabhängig ; sie entstammt dem-
nach offenbar vollständig dem endogenen Stoffwechsel. ')
C. Acetonkörperausscheidung.
Unter der Bezeichnung Acetonkörper faiit man nach (icchnuydm
drei Substanzen zusammen, die "anz rer-ehnäl'jig- gleichzeitiji- unter patho-
logischen Verhältnissen in den Exkreten auftreten : O.wbuttersiiure, Acetessig-
säure, Aceton.
Der größte Teil der Untersuchungen ist an kranken Menschen,
speziell an schwer Diabetischen ausgeführt. J!ei solchen Patienten treten
oft große Mengen dieser Stoffe auf und das ist für die Genauigkeit der
(juantitativen Bestimmungen von Vorteil. Dem gegenüber stehen allerdings
gewisse Schwierigkeiten bei der Heranziehung solcher Kranken zur Lösung
von Stoffwechselproblemen (s. oben S. 1201). Die kohlenhydratfreie Diiit,
welche die günstigsten Versuchsbedingungen herstellen würde, ist bei solchen
Kranken häufig undurchführbar: es muß eine gewisse Menge von Kohlen-
hydraten zugebilligt werden. Sehr häufig ist auch die Darreichung größerer
Mengen von Na bicarbonicum während des Versuches im Interesse des
Kranken geboten.
Die Acetonkörperausscheidung bei vollständigem Hunger kann
beim Mensehen aus naheliegenden Gründen nur ausnahmsweise zu Ver-
suchen über den intermediären Stoffwechsel herangezogen werden (Hunger-
künstler 2), Geisteskranke, üsophagusverschluß).
Zu Untersuchungen geeignet ist ferner die Acetonkörperausscheidung
des Gesunden bei kohlenhydratfreier Kost. Diese Form der Acetonurie
ist in der Regel nicht so hochgradig wie die der schwer Diabetischen, aber
doch manchmal recht beträchtlich. Sie bietet den großen Vorteil . dali die
Versuche an — von der einseitigen Ernährung abgesehen — normalen
Individuen angestellt werden können, daß infolgedessen Selbstversuchc in
ausgedehntem Maßstabe anwendbar sind. Die Acetonausscheidung ist hier,
da sie von Schwankungen der Kohlenhydratausnutzung unabhängig ist, sehr
viel gleichmäßiger als bei Diabetikern. Eine indirekte Wirkung auf die
Acetonkörperausscheidung infolge Beeinflussung des Zuckerstoff Wechsels durch
eingeführte Stoffe kommt in Wegfall. Es bestehen bedeutende individuelle
Unterschiede: Kinder und jugendliche Individuen, angeblich auch Fett-
leibige, neigen zu einem höheren Grade von Acetonkörperproduktion.
') Bial und G. Hlumenthal , Beobachtungen und Versuche bei der chronischen
reutosurie. Deutsche med. Wocheuschr. Jg. 27. S. 349 (19U1 ).
-) Boenniger und Mohr,' Untersuchungen über einige Fragen des Hiiugerstoff-
wechsels. Zeitschr. f. exp. Pathol. u. Therap. Bd. 3. S. 675 (190()).
]^214 ö^t^ Neubauer.
Die Kost soll praktisch frei sein von verwertbaren Kohlenhydraten.
Auch die Eiweißzufuhr soll nicht zu groß gewählt werden , weil Eiweiß Ver-
brennung die Acetonkörperausscheidung einschränkt. Wieviel Fett mit der
Kost zugeführt wird , hängt von dem Zweck des Versuches ab. Handelt es
sich um das Studium von Körpern, die die Acetonproduktion voraussichtlich
einschränken werden , so ist eine reichliche Fettdarreichung zur Erzielung
hoher Werte in der Vor- und Nachperiode zweckmäßig. Wenn umgekehrt
eine Steigerung der Acetonproduktion durch einen eingegelienen Stoff nach-
gewiesen werden soll, so wird man in der Vor- und Nachperiode nicht zu
viel Fett nehmen lassen. Für ^^ele Versuche wurde eine dem Energie-
gehalt nach ungenügende Nahrung gewählt: dann können aber länger-
dauernde Versuche ohne Störung des Wohlbefindens nicht gut durchgeführt
werden; man wird also besser das Kalorienbedürfnis voll decken.
Ein gutes Beispiel für eine reichhche kohlenhydratfreie Kost ist
folgendes ij: Frühstück (9 Uhr 15 Min): mageres Kalbfleisch 150^, Butter
(30^, Wasser. Mittag (5 Uhr): mageres Kalbfleisch 150^. Schweizerkäse 60,
Butter 60, Schinkenspeck 60, Salat 15. Bordeaux 200. Abend (9 Uhr):
magerer Schinken 125, Schweizerkäse 60, Butter 60, Schinkenspeck 60,
Bordeaux 100. Das sind in Summa 163 ^Eiweiß. 306// Fett und ?>00 cm^
Wein, entsprechend 8650 Kalorien. Für deutsche Verhältnisse wird man die
Zeiten der Nahrungsaufnahme entsprechend verschieben.
Ein Beispiel für eine kohlenhydratfreie Kost mit ungenügender
Kalorienzufuhr findet sich bei Hirschfeld-): 200g Schabefleisch. 6 Eier.
40.(/ Butter, 11 schwarzer Kaffee. Das sind 11g Eiweiß und 12 c/ Fett,
entsprechend 987 Kalorien.
Bei einer solchen kohlenhydratfreien Kost stellt sich eine Ausscheidung
von Acetonkörpern ein , die im Laufe der nächsten Tage ansteigt. Die
Schnelligkeit und Dauer des Anstieges dürfte außer von individuellen Ver-
hältnissen hauptsächlich von dem Kohlenhydratvorrat im Körper abhängen.
Forssner empfiehlt daher, schon vor der Einführung der konstanten Kost
kohlenhydratarme Nahrung zu nehmen, um am Beginn des Versuches
durch ausgiebige Muskeltätigkeit die Kohlenhydratvorräte möglichst zu ver-
kleinern. Andrerseits liegt eine Angabe von v. Xoorden vor, daß gerade
brüske Entziehung der Kohlenhydrate eine starke Azidose zur Folge hat.
Das Maximum der Acetonausscheidung ist in der Regel am 7. bis 8. Tage
erreicht, sie kann aber auch noch bis zum 15. Tage etwas ansteigen. Später
pflegt die Stoffwechselstörung, wohl infolge von Angewöhnung, an Inten-
sität wieder abzunehmen. Auf diesen typischen Ablauf der Kurve ist bei
der Deutung von Versuchsresultaten Rücksicht zu nehmen: jedenfalls sind
die ersten Tage mit ihren rasch sich ändernden Werten zur Anstellung
von Versuchen nicht geeignet. Die Lebensweise soll im übrigen möglichst
*) G. Forssner, Über die Einwirkuug des Nahrungsfettes auf die Acetonkörper-
ausscheidung. Skandinav. Arch. f. Physiol. Bd. 22. S. 349 (1909).
-) Hirschfeld , Beobachtungen über die Acetonurie und das Coma diabeticum.
Zeitschr. f. klin. Medizin. Bd. 31. S. 212. (1897).
Arbeitsmetliodoii zur Untersiidiuiig des intermediären Stoffwechsels. 1215
re^elmäßis" sein. Bettriilic ist nicht nötiii. doch sind stiirkcrc Miiskchm-
strengiiniien zu nioidoii.
Die Untersuclmnu- des in •i4stün(lij4cn l'eriuden ^esaninielten llurns
hat die Menge der Oxyiiuttersäure und des Acetons zu ermitteln. Cber
die Bestimmungsniethoden siehe dieses Werk, III. Band . S. <)(H).
Der nach den gebräuchlichen Methoden für ,. Aceton" ermittelte Wert
entspricht der Summe des freien Acetons und der Acetessigsäure. Eine
getrennte Bestimmung heider ist meist überflüssig. Vm einen Wert für
die Gesamtmenge der drei pathologischen Produkte im Harn zu erhalten,
rechnet man zweckmäßig die ,.Aeeton"-Zahl auf ().\\ buttersäure um (ein
Teil Aceton entspricht MO Teilen Oxybuttersäure) und addiert sie zu
dt'ui für Oxybuttersäui-e gefundenen Wert : ..Gesamtacetonkörper berechnet
als Oxybuttersäure". Da Acetonwerte und Oxybuttersäurewerte miteinander
ziemlich parallel verlaufen i), so kontrollieren sie sich gegenseitig. Wenn
die Oxybuttersäure durch Polarisation des Ätherextraktes l)estimmt wird, so
kann man damit — durch Titrieren eines aliiiuoten Teiles des ätherischen
pAtraktes — eine Bestimmung der ätherlöslichen Säuren des Urins ver-
binden: der gefundene Wert wird im allgemeinen mit dem Oxybuttersäure-
gehalt parallel gehen und gibt eventuell Aufschluß über das Schicksal ein-
geführter fremder Substanzen.
Eine Bestimmung des Acetons in der Ausatmungsluft wäre wünschens-
wert, ist aber schwer durchführbar. ■Man hat vorgeschlagen, im Laufe jeden
Tages einige quantitative Stichproben auszuführen-) und aus dem Mittel
die in 24 Stunden ausgeatmete Menge zu berechnen. Doch sind die
Schwankungen so groß, daß der Wert solcher Durchschnittszahlen sehr
zweifelhaft ist. Jedenfalls dürfen aus derartigen Bestimmungen in der At-
mungsluft allein niemals sichere Schlußfolgerungen gezogen werden.
Bestimmungen des N, womöglich auch des NH3 und der Azidität im
Harn sollten nicht unterlassen werden; unter Umständen sind auch X-Be-
stimmungcn im Kot notwendig.
Die Zufuhr der auf ihre Wirkung zu untei'suchenden Substanz wird
in der Regel per os erfolgen; womöglich soll die Zufuhr am nächsten und am
ül)ernächsten Tag wiederholt werden, bis wieder Konstanz der Aceton-
körperausscheidung eingetreten ist. Bei der Prüfung schwierig herzustellen-
der oder teurer Sul)stanzen ist eine derartige Ausdehnung der Haupt-
periode auf eine längere Zeit leider meist nicht möglich. Sehr häufig
müssen Säuren auf ihre Wirksamkeit geprüft werden : sie werden in Form
ihrer Na-Salze gegeben: wenn es sich um verbrennbare Säuren handelt, so
wird dann im Körper Alkali frei, das an und füi- sich steigernd auf die
') O.Neubauer, Ein Beitra<r zur Kenntnis der dirilietisclion Azidose. \Crli;indl.
d. 27. Konirresses f. innere Medizin. 1910. S. öliO.
-) Mittels des von Johannes Miillcr beschriebenen und abfrel)ihleten Apparates.
iJber die Ausscheidung^ des Acetons uiul die Bestinimuni: desselben in der .VtiMubift
und den Ilautansdüustuugen des Menschen. Arch. f. exp. rathohn/if und riiarni. Hd. 40.
S. 351 (1898).
1216 ^^^^ Neubauer.
Acetonkörperaiisscheiduni;' ^^^^keD würde. Es ist daher geboten, bei der-
artigen Versuchen in der Vor- und Nachperiode äquivalente Mengen von
Na bicarbouicum zu geben. Die Verfolgung der NHg -Ausscheidung gibt
dann indirekt auch Aufschluß darüber, ob die gereichte Säure im Organis-
mus verbrannt worden ist.
Für manche Untersuchungen hat es sich als zweckmäßig erwiesen,
kürzere als 24stündige Perioden zu verwenden. Forssner i) wählt für seine
Acetonbestimmungen am Tage 2stündige Perioden, in der Nacht Sstündige.
Zur Bestimmung der Oxybuttersäure, für welche die so gewonnenen geringen
Harnportionen natürlich nicht ausreichen, werden entweder die entspre-
chenden Perioden verschiedener Tage vereinigt, oder sie wird in 24stündi-
gen Perioden bestimmt. (Mischung ahquoter Teile der einzelnen Harn-
portionen.) Der Urin von 6stündigen Perioden ist übrigens meist auch für
Oxybuttersäurebestimmungen ausreichend. Bei der Untersuchung so kurzer
Perioden läßt sich nach Forssner und nach eigenen Erfahrungen des Pief.
der Einfluß der Fettzufuhr in viel schlagenderer Weise nachweisen, als
das bei 24stündigen Perioden möglich ist.
Untersuchungen an anderen Arten der pathologischen Ace-
tonurie (Infektionskrankheiten, Darmkrankheiten. Phosphorvergiftung,
periodische i\.cetonurie der Kinder) können , da die Versuchsbedingungen
sich nicht genügend gleichmäßig gestalten lassen, höchstens einen orien-
tierenden Wert beanspruchen.
Sehr häufig sind die Ergebnisse der Untersuchungen an Menschen
nicht überzeugend, weil die Ausschläge an den Versuchstagen zu gering
sind, oder weil bedeutende Schwankungen auch in der Vor- und Nach-
periode stattfinden. Besonders gilt das für Versuche an Diabetikern.
Viele in der Literatur mitgeteilte Versuche leiden an diesem Übelstande.
Die experimentelle Acetonkörperausscheidung beim Tier
ist erst im Laufe der letzten Jahre häufiger verwendet worden. Im allge-
meinen kann man beim A'ersuchstier keine so hohe „Azidose" erzielen wie
beim Menschen.
Einfach kohlenhydratfreie Kost ist außer beim Menschen nur noch
beim Affen wirksam. -) Doch sind Affen — w^ohl wegen ihres hohen Preises
— zu planmäßigen Untersuchungsreihen noch nicht verwendet worden.
Das Schwein reagiert erst auf vollständige Nahrungsentziehung mit
Acetonkörperausscheidung.
Bei den übrigen \'ersuchstieren (Hunde, Kaninchen, Ziegen) ist Hun-
ger allein in der liegel nicht imstande, eine beträchtUche Acetonurie her-
vorzurufen. (Nach eigenen Erfahrungen des Referenten bestehen, wenigstens
bei Hunden, auch hier bedeutende individuelle Verschiedenheiten.) Hier ge-
*) Forssner, a. a. 0. — Allard, Über den zeitlichen Ablauf der Azidosekörperaus-
scheidung beim Diabetes. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 57. S. 1 (1907).
^) Baer, Verhalten verschiedener Säugetierklasseu bei der Kohlenhydratentziehung.
Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 54. S. 153 (1906).
Arbeitsmethoden zur Untersucbuug des iuterinediäreu Stoffwechsels. 1217
liiiiit das erst durch KombiiKition mit IMilorhiziniiijt'ktiou ') oder durch
Heranziehen des Pankreasdialtetes. Jun^e Hunde neigen nach Blum mehr
zur Acetouausscheiduni»' als iiltere.
Baer und Blum-) i>eben folgendes \erfahreu an: Hunde erhalten
nach Htägigeni Hungern bei beliebiger Wasserzufuhr subkutan Phlorhiziu. Die
Menge wechselt nach der Größe des Tieres und der Stärke der Azidose,
die erzielt werden soll. Sie beträgt meist l'O — Vhy bei Hunden von ö bis
10 kg Körpergewicht. Das Phlorhiziu wird in 2*5 cm^ Alkohol gelöst und
nach Verdünnung mit dem gleichen Volumen Wasser eingespritzt. \'or der
Phlorhizineinspritzung wird der Urin durch Katheterisieren entleert. Am
ersten Tag ist die Azidose meist noch sehr schwach. .Vm dritten \'ersuch.s-
tag werden meist 0*2 — 0'5 g Aceton und ()•;->— 4"3 g Oxybuttersäure ausge-
schieden. Vielleicht wird es sich in Zukunft auch hier als zweckmäßiger
erweisen, die Injektion zwei- bis dreimal im Tage zu wiederholen, um eine
maximale Phlorhizinwirkung zu erhalten. (Siehe oben S. 1210.)
Auch Kaninchen und Ziegen zeigen bei gleichzeitiger Einwirkung
von Xahrungsentziehung und Phlorhizininjektion Acetonausscheidung. 3)
Doch gehen die Kaninchen an der Phlorhizinwirkung leicht zugrunde.
Beim Pankreasdiabetes der Hunde kann eine schwere Azidose auf-
treten: die Tiere können sogar unter dem Bilde eines typischen Coma
diabeticum zugrunde gehen.*) In anderen Fällen wieder kommt es gar
nicht zur Ausscheidung von Acetonkörpein. Die maßgebenden Bedingun-
gen sind noch unaufgeklärt. Zur Untersuchung intermediärer Stoffwechsel-
vorgänge ist diese Form der Acetonkörperausscheidung noch nicht heran-
gezogen worden.
In \ersuchen an (nicht zu großen) Tieren kann auch das Aceton der
Ausatmungsluft mitbestimmt werden, indem man die Tiere in einen nach
Art eines Bespiratiousapparates gebauten Raum setzt. &) Die durchgesaugte
Luft wird durch destilliertes Wasser geleitet, in welchem nach Abschluß des Ver-
suches die Acetonmenge direkt nach Messinger- Huppert titriert werden kann.
Die Geschichte der Acetouurieforschunff bietet eine Reihe von lehrreichen Bei-
spielon dafür, wie die Technik der Fragestcll nng einzurichten ist. um das Vorkommen
pathoh)gischer Produkte in den Exkreten zur Aufklärung intermediärer Stoffwechsel-
prozesse zu verwerten.
Die erste Frage ist die nach der Muttersubstanz der Aceton kör per. Die
Grundlage für ihre Beantwortung liefern 2 Beobachtimgen, die von vornherein die Möglich-
keit ausschließen lassen, daß die Kohlenhydrate als Quellen dieser Substanzen anzusehen
sind; nämlich:
') Geelmui/den, Über Acetonurie bei Phlorhizinvergiftunir. Zoitschr. f. phys. Chem.
Bd. 26. S. 381 (1898).
') Baer und Blum, Über die Einwirkung chemischer Substanzen auf die Zucker-
ausscheidung und die Azidose. Beitr. zur. chem. Physiol. u. Path. Bd. 10. S. 80 (1907).
^) Baer, a. a. 0.
*) Allard, Die Azidose beim Pankreasdiabetes. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 59.
S. 388 (1908).
^) Leo Schwarz, über die Oxydation des Acetons und homologer Ketnne der Fett
säurereihe. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 40. S. 172 (1898).
Abderh aldeu , Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 77
1218 ^**^ Neubauer.
1. Die Tatsache, daß alle Zustände, die mit Acetonausscbeiduug einbergehen, das
Gemeinsame baben, daß Kohlenhydrate in geringerer Menge zur Verbrennung kommen
als beim Gesunden (für den Diabetes allerdings nicht allgemein anerkannt): vor allem
die Beobachtung, daß schon einfache Entziehung der Kohlenhydrate in der Nahrung zur
Azidose führt.
2. Die Beobachtung, daß Zufuhr von Kohlenhj-draten die Acetonkörperausscheidung*)
regelmäßig herabsetzt (wenigstens beim Nichtdiabetiker). Auch nicht kohlenhydratartige
Stoffe, die im Körper in Zucker übergehen, bewirken eine solche Herabsetzung (z. B.
Glyzerin, Alanin). Mau könnte daran denken, diese Wirkung mit zur Entscheidung der
Frage heranzuziehen, ob eine Substanz ein Zuckerbildner ist. In der Tat liefert sie
manchmal eine erwünschte Kontrolle bei der Beantwortung dieser Frage ; eine ent-
scheidende Bedeutung kann aber die Feststellung einer Acetonkörpervcrminderung
schon deshalb nicht haben, weil es sich herausgestellt hat, daß sie auch durch Substanzen,
die offenbar nicht in Zucker übergehen (Alkohol, Glutarsäure), verursacht werden kann.
Anknüpfend an die Tatsache, daß die Prozesse, die mit Acetonkörperausscheidung
einhergehen, häufig Zeichen eines gesteigerten Eiweißzerfalles darbieten, bat man lange
Zeit die Eiweißkörper als Muttersubstanz der Acetonsubstanzen angesehen. Doch er-
gaben sich bald Tatsachen, die mit dieser Auffassung nicht übereinstimmten.
1. Die Ausscheidung der Acetonkörper geht mit dem Eiweißzerfall (N-Ausschei-
dung) nicht parallel. Auch ohne N- Verlust, ja bei N-Ausatz, können Acetonkörper aus-
geschieden werden.
2. Die quantitative Durchrechnung durch Magnus-Levy") ergab, daß wenigstens
in einzelnen E'ällen die zersetzte Eiweißmenge nicht ausreicht, um die Gesamtmenge der
ausgeschiedenen Acetonkörper zu erklären. Nach seiner Berechnung können 100 ^^ Ei-
weiß höchstens 100 g Oxybuttersäure liefern (100 g Eiweiß enthalten 53 g C, davon sind
ca. 7 g, als zur Bildung des U nötig, abzuziehen^); bleiben 46 g\ Oxybuttersäiu'e enthält
46"27o C). In einem Falle von Coma diabeticum (VI) fand er innerhalb dreier Tage im
Harn 43'3 5' N, entsprechend 271 g zersetztem Eiweiß; die Menge der Acetonkörper, be-
rechnet als Oxybuttersäure, betrug 342 g. Das zersetzte Eiweiß reichte somit zu ihrer
Erklärung nicht aus.
3. Zufuhr von Fett und Fettsäuren steigert die Acetonkörperausscheidung. *• ^) Bei
diesen Versuchen ergab sich zunächst, daß Buttersäure besonders leicht in Acetonkörper
übergeht. Das war der erste Anhaltspunkt für die Annahme einer damals in vitro noch
nicht ausführbaren Oxydation einer Fettsäure in ß-Stellung. ^) Die bei weiteren Ver-
suchen ermittelte Tatsache, daß nur Fettsäuren mit einer geraden Anzahl von C- Atomen,
die in einer geraden Kette angeordnet sind, Acetonbildner sind, also z. B. die normale
Buttersäure, normale Capronsäure, Isovaleriansäure, nicht aber die normale Valeri ansäure,
geben ferner eine wichtige Bestätigung der auf einem ganz anderen Wege (siehe oben
S. 1194) gewonnenen Erkenntnis, daß die Fettsäuren im Körper durch paarweise
^) Rosenfeld, Grundgesetze der Acetonurie und ihre Behandlung. Zentralbl. für
innere Medizin. Bd. 16. S. 1233 (1895). — Hirschfeld, Beobachtungen über die Acetonurie
und über das Coma diabeticum. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 28. S. 176 (1895).
^) Magnus-Levy, Die Oxybuttersäure und ihre Beziehung zum Coma diabeticum.
Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 42. S. 221 (1899).
") Ebenso wie bei der Berechnung der Zuckerbilduug aus Eiweiß (siehe oben
S. 1203) kann auch hier die Frage aufgeworfen werden, ob dieser Abzug berechtigt ist;
er ist übrigens für das wesentliche Ergebnis der Rechnung in dem nachstehend zitierten
Falle nicht ausschlaggebend.
*) Geelmwjden , Über Aceton als Stoffwechselprodukt. Zeitschr. f. physiol. Chem.
Bd. 23. S. 431 (1897); Über die Acetonurie bei Phlorhizinvergiftung. Ebenda. Bd. 26.
S. 381 (1898).
^) Leo Schivarz, Über Acetonausscheidung. Verhandlungen des 18. Kongresses
für iunere Medizin. 1900. S. 480; Untersuchungen über Diabetes. Deutsches Arch. f. klin.
Med. Bd. 76. S. 233 (1903).
Arbeitsmethoden zur Uutersuchuug des intermediären Stoffwechsels. 1 2 1 i(
Abspultiiug von C-Atomen abgebaut \Yerden. Damit ist ferner vorständlich geworden, warum
im Organismus nur die Fettsäuren mit einer geraden /alil von C weit vcrliroitot sind.
War damit das Fett, und zwar der Fettsäureanteil ilessclheu (da das Glyzerin
acetoniierabsetzend wirkt) als Quelle der Acetonkörper festgestellt, so war doch die
Mogliclikcit, daß auch Kiweiß als Muttersubstanz in Betracht kimnnt. nicht widerlegt.
Bereclinungeu von Maf/nus-Lcn/^) haben freilich ergeben, daß die Menge des zersetz-
ten Fettes unter gewissen Voraussetzungen zur Deckung der gefundenen .Vcetonkörper
ausreichen würde. Einen neuen Anstoß erhielt die Frage, als Untersuchungen an der
künstlich durchbluteten Leber ergaben, daß auch einzelne Aminosäuren Aceton bilden
können ; Untersuchungen am lebenden Organismus haben tlann bestätigt, daß unter den
Spaltprodukten des Eiweißes sich solche finden, die Acetonkörper bilden (Lcucin, wahr-
scheinlicli auch Phenylalanin und Tyrosin) und solche, welche die entiretreugesetzte
Wirkung haben, zum Teil wohl deshalb, weil sie Zuckerbildner sind (Alanin). Solche
Untersuchungen mit Aminosäuren haben gezeigt, daß gerade die Aminosäuren mit einer
ungeraden Anzahl in gerader Kette angeordneter C-Atome Acetonbildner sind, z. B. Leu-
ziu.^) Diese Beobachtung lieferte auch die Basis für die Vorstellung, daß die Aminosäuren
über die Stufe der nächstfolgenden P'cttsäuren abgebaut werden. Diese Beobachtungen er-
klären ferner, daß Eiweißzulagen zwar im allgemeinen die Acetonausscheidung ein-
schränken, daß diese Wirkung aber bei verschiedenen Eiweißkörpern verschieden stark
ausgesprochen ist.*)
Die Prüfung des Einflusses verschiedener anderer, besonders körperfremder Sub-
stanzen auf ihre Fähiirkeit, in Acetonkörper überzugehen, hat ferner Aufklärung über
das Schicksal von Substanzen mit verzweigter C-Kette im Organisnuis gebracht.^)
Die zweite Hauptfrage war die, ob die Acetonkörper Substanzen sind, die auch
im normalen Stoffwechsel als Zwischenprodukte auftreten. Diese Frage war
für joden der drei Körper besonders zu beantworten, wobei in erster Linie die Erfahrungen
über die Verbreuulichkeit dieser Substanzen im gesunden und im kranken Organismus
zu berücksichtigen waren.
Da das Aceton im normalen Organismus schwer verbrennlich ist. in den Ex-
kreten des Gesunden sieh aber nur in Spuren findet, so kann es nicht als normales inter-
mediäres Produkt betrachtet werden. 5) (S. oben S. 119L) Bei der leichten Zersetzlichkeit
der Acetessigsäure zu Aceton und C0._. kann es kaum zweifelhaft erscheinen, ilaß das
Aceton einer im kranken Körper eintretenden sekundären Zersetzung der Acetessig-
säure seinen Ursprung verdankt.
Die beiden anderen Substanzen, Acetessigsäure und Oxy buttersäure, sind im
normalen Organismus verbrennbar; im Organismus des Patienten mit Acetonkörperaus-
scheidung ist ihre Verbreuulichkeit bedeutend herabgesetzt. Das führte zu folgender
Überlegung: Da die im pathologischen Organismus nachgewiesene Störung der Ver-
breuulichkeit dieser Substanzen als zureichender Grund erscheint, warum sie ausge-
*) Magnus-Levy, L'ntersuchungen über die Acidosis im Diabetes melitus. Arch. f.
exp. Path. u. Pharm. Bd. 45. S. 484 (1901).
-) Baer und Blum, Über den Abbau von Fettsäuren beim Diabetes melitus.
Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 55. S. 89 (190(i); Bd. 56. S. 92 (1907): Bd. 59. S. 321
(1908); Bd. 62. S. 129 (1910).
^) Borchardt, Eiweißstoffwechsel und Acetonkörperausscheidung. Arch. f. exp.
Path. u. Pharm. Bil. 53. S. 388 (1905).
*) Baer und Blum, Über den Abbau von Fettsäuren beim Diabetes melitus. Arch.
f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 55. S. 89 (190(5); Bd. 56. S. 92 (190(i): Bd. 59. S. 321 (1908);
Bd. 62. S. 129 (1910). — E. Friedman», Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren
im Tierkörper. IIL Mitteilung. Beitr. z. ehem. Phys. u. Path. Bd. 11. S. 177 (1908).
5) Geelmui/den, Über Aceton als Stoffwechselprodukt. Zeitschr. f. physiol. ("hem.
Bd. 23. S. 431 (1897). — Leo Scliirar:, Über die Oxydation des Acetons und homologer
Ketoue der Fettreihe. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 40. S. 1G8 (1898).
]^220 Otto Neubauer.
schieden werden, so ist die Annahme, daß schon ihre Bildung ein krankhafter, „per-
verser" Prozeß ist, überflüssig geworden und würde dem Prinzip, daß eine Erklärung
möglichst einfach sein soll, nicht entsprechen. Die einfachste Erklärung bleibt also, hier
eine Hemmung normaler Stoffwechselvorgänge, ein Stehenbleiben auf einer intermediären
Stufe anzunehmen. Natürlich ist eine solche Überlegung nicht zwingend. Die gegebene
Erklärung wird verlassen werden müssen, wenn sich Tatsachen ergeben, die mit ihr nicht
in Einklang zu bringen sind.
Im vorliegendeil Falle ist es ein Punkt, der durch die Annahme einer einfachen
Hemmung zunächst nicht erklärt werden kann: Die Tatsache, daß gleich zwei Sub-
stanzen, die als Zwischenprodukte des normalen Stoffwechsels gedeutet werden können,
im Harn erscheinen. Es müssen also Hemmungen auf zwei verschiedenen Stufen des
Abbaues angenommen werden. Die Annahme zweier, voneinander unabhängiger Hem-
mungen ist aber zu kompliziert, um wahrscheinlich zu sein. Die Idee, daß diese beiden
Hemmungen zueinander in einer gewissen Beziehung stehen könnten, führte zur Prüfung
der Frage, ob hier vielleicht Gleichgewichtszustände eine Rolle spielen.') Mau konnte
sich vorstellen, daß der normale Abbau etwa den Weg ßuttersäure-Oxybuttersäure-
Acetessigsäure — COg + H^O einschlägt und daß nun eine Hemmung des normalen
Acetessigsäureabbaues dazu führt, daß sekundär auch die Bildung der Acetessigsäure aus
der Oxybuttersäure gehemmt sei. Für diese Auffassung der Beziehung Oxybuttersäure-
Acetessigsäure als einer Gleichgewichtsreaktion lassen sich folgende Gründe beibringen :
1. daß tatsächlich ein Gleichgewichtszustand zwischen beiden Substanzen be-
obachtet werden kann, insofern als die Menge der Acetessigsäure und der Oxybutter-
säure im Harn in einem annähernd konstanten Verhältnis zueinander stehen');
2 die Beobachtung, daß nicht nur Zufuhr von Oxybuttersäure eine Vermehrung
der Acetessigsäureausscheidung bedingt, sondern auch umgekehrt Acetessigsäuredar-
reichung eine Oxybattersäurevermehruug^- ^);
3. auch an isolierten Organen hat sich nicht nur die Oxydation der Oxybutter-
säure zu Acetessigsäure, sondern auch der umgekehrte Prozeß feststellen lassen. ^)
Die Lösung der dritten Hauptfrage: Auf welchem Wege die Acetonkörper
im gesunden Organismus weiter zu COg und H2O verbrannt werden, ist noch
nicht gefunden. Sicher scheint nur, daß zum Ablauf dieses Prozesses eine gleichzeitige
Verbrennung von Kohlenhydraten nötig ist. Man kann sich vorstellen, daß der Zucker
oder eines der Abbauprodukte des Zuckers eine Verbindung, etwa eine Kondensation
mit den Acetonkörpern eingehen müssen, um sie für den Körper angreifbar zu machen.'*)
Wenn diese Idee richtig ist, so könnte ihre Verfolgung weitere Aufklärung nicht nur
über den Abbau der Acetonkörper, sondern auch der Kohlenhydrate bringen. Jeden-
falls wird jede Hypothese über die Verbrennung der Acetonkörper auf die Mitwirkung
der Kohlenhydrate Rücksicht nehmen müssen, und umgekehrt wird eine Theorie über
den Abbau des Zuckers nur dann befriedigend sein, wenn sie gleichzeitig die rätselhafte
Rolle des Zackers bei der Acetonkörperverbrennung zu erklären vermag. Geclnmyden*)
denkt au die Glykurousäure als an das nächste Abbauprodukt des Zuckers, und ver-
*) 0. Neubauer^ Ein Beitrag zur Kenntnis der diabetischen Azidose. Verhandlun-
gen des 27. Kongresses f. inn. Med. 1910. S. 566.
^) L. Blum, Über den Abbau von Fettsäuren im Organismus und über die gegen-
seitigen Bezielmngen der Acetonkörper. Münchener med. Wocheuschr. Jg. 57. S. 682 u.
1796 (1910) ; Über den Abbau von Fettsäuren im Organismus. Verhandlungen des
27. Kongr. f. inn. Med. 1910. S. 575. — Dakin, Die Bildung von Beta-Oxybuttersäure
im tierischen Organismus. Münchener med. Wochenschr. Jg. 57. S. 1450 (1910).
^) Friedmann und Mause, Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im
Tierkörper. XII. Mitteil. Biochem. Zeitschr. Bd. 27. S. 474 (1910).
■*) Geelmuijden, Über den Acetongehalt der Organe an Coma diabeticum Ver-
storbener nebst Beiträgen zur Theorie des Acetonstoffwechsels. Zeitschr. f. physiol.
Chemie. Bd. 41. S. 128 (1904).
Arbeitsmethoden zur Untersuchunfr des intermediiiri'ii Stoffwechsels. 1:^21
weist auf ihre acetonheralisotzenile \\ irkuuir. riiveröffeiitlichte Versuche d(!S Referenten
mit Breuztrauheui-uure, die aucii als Ahhauprodukt des /uckers in Betradit kommt,
hallen keine acetonherabsetzende Wirkung erkenneu lassen.
MI)ikoirfiki u. A. haben den (iedanken geäul3ert, die Acetonkorper könnten als inter-
mediäre Produkte bei der Bildung viin /ucker aus Fett aufzufassen sein ; zur Prufunir
dieser Frage hat man untersucht, ob Darreichung von Acetessigsiiure die/uckerausscheidung
diabetischer Tiere steigert; nach Versuchen von Porr/es und Salomon^) un pankreas-
diabotiselien Hunden, von (icclnniiidm-) au piilorliizindialictisidicn Kaninchen scheint das
in der Tat zuzutreffen; docli sind die bisher vorliegenden Kesultate noch nicht zwingend.
Barr und Bhim^) haben eine Methode anfiiP/^^i.fft , die es ?estattet,
die diiiTh Phlorhizin erzeui>ten Stofhvechsel.^törunL:''n in indirekter Wei.se
zur Aufklärung des Schicksales von Dikarbonsäuren im Körper heranzu-
ziehen. Sie haben die Beobachtung gemacht, dali die Dikarbonsäuren mit
ö und 6 C-Atomen, Glutarsäure und Adipinsäure, als Na-Salze subkutan in-
jiziert, bei Hunden mit schwerem Phlorhizindiabetes ein starkes Herab-
gehen oder \'erschwinden der Glykosurie und der Azidose und gleichzeitig
starkes Sinken der X-Ausscheidung bewirken. In weiteren rntersuchnngen
haben sie festgestellt, daß diese Wirkung auch den vollständig hvdro-
xylierten Dikarbonsäuren mit 5 und 6 C-Atomen zukommt (Zuckersäure,
Trioxyglutarsäuren). ja auch der vollständig hydroxyliertcn Dikarbonsäure
mit 4 C , der Weinsäure , trotzdem die entsprechende nicht hydroxylierte
Dikarbonsäure, die Bernsteinsäure, wirkungslos ist. Sie glauben annt'hmen
zu dürfen, daß Glutarsäure und Adipinsäure deshalb wirksam sind, weil
sie im Körper in die vollständig hydroxyliertcn Säuren übergehen, während
Bernsteinsäure unwirksam ist, weil sie nicht zu Weinsäure oxydiert wird.
Baer und Bhim setzten sich nun das Ziel, den Weg zu finden, der
von den unoxydierten Bikarbonsäuren zu den höchst hydroxyliertcn Dikar-
bonsäuren führt. Sie untersuchten deshalb verschiedene teilweise hydro-
xylierte Dikarbonsäuren; die Zwischenprodukte mußten elienfalls wirksam
sein. Bei den Säuren mit 5 C-Atomen ergaben sich folgende Resultate:
Glutarsäure . . . COOH - GH., - CH, -GH., -C(H)H wirksam
a-Oxyglutarsäure . . COOH - GH()H - GH., - CH3 - COOH unwirksam
[i-Oxyglutarsäure . . COOH - GH, - CHOH - GH, - GOOll wirksam
a-v-Dioxvglutarsäure COOH - CHOH - GH, - CHOH - GOOll
Trioxyglutarsäure . COOH - CH( )H - GH( )H - CIK )H - G( >( )H
Danach erfolgt also die Oxvdation der Glutarsäure zu Ti-ioxvulutar-
säure jedenfalls nicht über die (unwirksame) z-Oxyglutarsäure , sondern
entweder über die ß-Oxyglutarsäure oder (weniger wahrscheinlich) über die
x-v-Dioxyglutarsäure.
^) Porges, Über den Abbau der Fettsäuren im Organismus. Ergebnisse d. Physiol.
Jg. 10. S. 46 "(1910).
-') GcclniKi/doi, Über das Verhalten der Acetonkcirper im intermediären Stoff-
Avechsel. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 73. S. 17G (l'.Hll.
') ßaer und Plnm , Über die Einwirkung chemischer Substanzen auf die Zucker-
ausschüidung und ilic Azidose. I. Mitteilung. Beitr. zur chem. Physiol. u. Pathul. Bd. 10.
S. 80 (1S)U7). — II. Mitteilung Ebenda.' Bd. 11. S. 102 (H)()8). — III. Mitteilung.
Archiv f. d. exp. Pathol. u. Pharm. B.l. 65. S. 1 (lUll).
1222
Otto Neubauer.
Als Beispiel sei ein Versuch mit ß-(Jxyglutarsäure ang-eführt :
Hund, 7800^, 3 Tage Hunger, dann am Vortag und an den drei
Versuchstagen 1-2 g Phlorhizin subkutan. Am o. Versuchstag subkutan
l'4g Oxvglutarsäure mit NaHCOg neutralisiert.
Versuchstag
Zucker
9
9
Aceton
9
/i-Uxybutter-
säiire
9
I.
II.
III.
17-0
140
< 1-0
7-23
7-34
1-34
0-440
0-570
0-044
1-95
4-06
0-14
D. Alkaptonurie.
Diese seltene Stoff Wechselanomalie, die sich in der Ausscheidung von
Homogen tisinsäure (H) durch den Harn äußert, bietet Gelegenheit zu
Studien über den Abbau des Eiweißes, insbesondere seiner aromatischen
Bausteine. Die H entstammt dem rhenvlalanin und Tyrosin des zersetzten
Eiweißes, und die Annahme, daß sie auch beim Gesunden als intermediäres
Produkt auftritt, ist zwar nicht erwiesen, aber doch recht wahrscheinlich. ^)
Die Größe der H-Ausscheidung scheint bei gleicher Ernährung in
allen Fällen fast gleich zu sein; wahrscheinlich deshalb, weil die Stoff-
wechselstörung in der Regel eine maximale ist. Trotzdem ist anzuraten,
in jedem neuen Falle erst den Grad der Störung festzustehen. Man kann
so vorgehen, daß man zunächst die H-Menge bestimmt^ die dem „endo-
genen Stoffwechsel" entstammt. Man gibt zu diesem Zwecke am besten
zunächst eine fast N-freie Kost von ausreichendem Kalorienwert, z. B.:
Schwarzer Kaffee oder Tee 400 cm^. Reissuppe ?>00 cm^, Kartoffeln (in
irgendwelcher Zubereitung unter Verwendung von Butter) 300 y, Weißbrot
150 (/, Gemüse (Spinat) 150^, geräucherter Speck 60g, süßes Obst (Kompott)
250^, Zucker 60g, Butter (zur Zubereitung der Speisen, auf Brot) 100,^, Wein
350^. Diese Kost liefert ca. 3000 Kalorien und enthält nur ca. 3'8^N.
Im Harn werden N und H, eventuell auch andere Bestandteile bestimmt.
(Methoden siehe dieses Werk, Bd. H, S. 834.) Die Werte für N und H werden
ähnhch wie N und D bei den (ilykosurien, zueinander in Beziehung gesetzt,
indem man den Quotient H:N berechnet, wobei X gewöhnlich gleich 100
gesetzt wird. 2) Man erhält für H meist Werte zwischen 40 und 60.
Sobald die Zahl konstant geworden ist, geht man zu einer anderen
Kost über, indem man z. B. täglich 300^ Fleisch (gleich 100^ Eiweiß)
zulegt, bis wieder Konstanz erzielt ist. Da auch das Nahrungseiweiß H
liefert, so steigt nicht nur N, sondern auch H au (exogene H). Der
*) Eine kurze Übersicht über den gegenwärtigen Stand der Frage nach der
Stellung der H im intermediären Stoffwechsel siehe in Abderhaldens Biochemischem
Handlexikon. Bd. IV. 2. S. 373.
*) Langstein und Erich Meyer, Beiträge zur Kenntnis der Alkaptonurie. Deutsches
Archiv f. klin! Medizin. Bd. 78. S. 101 (1903).
Arbeitsmethoden zur Untersucluing des intcrmediärpu Stoffwechsels. ] 003
Quotient H: N ändert sicli uiclit wcMMitlicli, aiilJer wenn Kiwcil'tkürfxT lic-
geben werden , die besonders reicli oder besonders arm an ai'oniatischeii
Aminosäuren sind (Kasein, Leim). Auch der Berechnung des Quotienten H :N
dürfen keine zu kurzen Perioden zugrunde gelegt wcnim, jcdeiilalls nicht
solche unter 24 Stunden; bei brüsker Koständerung noch längere.
Die Anordnung von Versuchen zur Aufklärung der Miittersubstanzen
der H geschieht analog wie bei der gleichen Fragestellung beim Znckfr und
bei den Acetonkörpern. Als Standardkost empfiehlt sich eine ziemlich
eiweißarme Diät. Empfehlenswert ist z. V>. eine Znsammensetzung, die
längere Zeit auch bei einem der am meisten untersuchten Fälle von .\lkap-
tonurie (Körpergewicht 11 Jcfj) Anwendung gefunden hat und die sich des-
halb auch zum Vergleich anderer Fälle mit diesem Patienten eignen dürfte'):
1/2^ Kaffee mit Milch, 90g Weißbrot, 500/y Zucker. 100// Kindfleisch,
160(7 Kartoffelgemüse , 120^7 grüner Salat, 110_^ Pfannkuchen, l^)Og
Kompott, 100g Wurst, 10g Preilielbeeren , 800^ Rotwein, '/j / Bier.
Stickstoffgehalt 12-37^, Kalorienwort ca. 2300 Kalorien.-)
*) 0. Neubauer, Über den Alibau der Aminosäuren im fresuuden und kranken
Organismus. Deutsches Archiv f. klin. Medizin. Bd. 95. S. 223. (190Ü).
^) Es dürfte überhaupt zweckmäßig sein,, wenn mau sich allgemein auf mehrere
bestimmte, überall leicht zusammenstcUbare Kostformen einigen würde, um einen quan-
titativen Vergleich verschiedener Fälle von Stoffwechselstörungeu zu ermöglichen. Als
eine solche Diät würde sich z. B. diejenige eignen, die O. FoJi» (Analyse of thirty
,,uormal"' urines. Americ. Journ. of Physiol. Vol. 1.3. p. 45 [1905]) der Analyse der l'rine
von 5 gesunden Personen zugrunde gelegt hat: Vollmilch 500 cin^. Rahm (Fettgehalt
18— 227„) 300 em^, Eier 450 r/, Horlicks Malzmilch (ein amerikanisches, leicht ir.sliches
Nährpräparat; Generalvertretung von Horlicks Malzmilch Co. für Deutschland in
Halle a. S.) 200 g, ferner Zucker 200 r/-, Kochsalz 6.17 und Wasser, um das Ganze auf
2 I zu bringen ; außerdem noch Wasser zum Trinken i)00 cm*.
In flüssiger Mischung enthielt diese Kost: X 1895 .9, entsprechend Eiweiß 119«/,
Fett zirka 148 r/, Kohlenhydrate 225//, Cl G14 .(7, SO,, 3-75 f/, P,0^ö-78.9.
Die Untersuchung der Urine ergab folgende "Werte:
Durchschnitt
Maximum
Minimum
Harnmenge in cm^
Acidität in cm^ ' Säure
Gesamt-N in 9
U-N
NH,-N
Kreatinin-N
Ü-N
Rest-N
Gesamt-S als SO3 berechnet, in 17 .
Sulfatschwefelsäure SO, berechnet in
Äthcrschwefelsäure
„neutraler Schwefel" ., „ n » •
Phnsphoisäure, als P.. O5 berechnet. \n g
Chlor in r/
Das Körpergewicht der Versuchspersonen (Durchschnitt t)31 Ma.\imum
nimum 565 ä-.^) zeigte bei dieser Ernährung nur unwesentliche Änderungen.
1430
617
160
139
0-70
0-58
0\2
01)0
331
2 92
022
017
3-87
61
1812
669
18-2
16-2
0-85
0-66
015
0-85
3-7H
325
0-25
019
4-50
6-9
1196
554
14
12'
U
0
0
0
3
0
0
3
8
8
55
50 I
OS ;
41
11
67
19
13
44
•6 i
70 5 Mi-
1224 Otto Neubauer.
In der Hauptperiode wird die zu prüfende Substanz zugelegt. Im
allgemeinen hat die Einverleibung einer in H übergehenden Substanz eine
beträchthche Vermehrung von H und gleichzeitige Steigerung des Quotienten
H : N zur Folge. Die Beachtung dieses Quotienten schützt vor einer Täuschung
infolge einer durch die gegebene Sub .stanz bewirkten Steigerung des Ei-
weißzerfalls. Die Ergebnisse solcher Versuche und die Schluljfolgerungen
über den Abbau des Tvrosins, des Phenvlalanins und der übrigen Amino-
Säuren, die sich an sie geknüpft haben, können hier übergangen werden.
Der Gedankengang war vielfach ein ähnlicher wie bei den Untersuchungen
über die Acetonkörper. ')
Auch zur Aufklärung verschiedener anderer Punkte des Eiweißstoff-
wechsels kann die Alkaptonurie herangezogen werden. Beim Gesunden ver-
fügen wir zur Kontrolle des Eiweißstoffwechsels eigentlich nur über
die Bestimmung des Harn-N (daneben höchstens noch über die des Harn-S).
Der N des Harns entstammt aber nicht nur dem Eiweiß, sondern auch
anderen Quellen, und verschiedene Beobachtungen sprechen dafür, daß die
N-Ausscheidung durchaus nicht immer ein quantitativer Ausdruck für den
Eiweißzerfall ist 2) (Retention von N-haltigen „Schlacken"). Beim Alkapto-
nuriker bietet mm die Verfolgung der H-Ausscheidung eine erwünschte,
einfach auszuführende Kontrolle.
Es hat sich ergeben , daß beim Übergang von eiweißreicher zu eiweiß-
armer Nahrung und umgekehrt die H-Ausscheidung viel rascher der Verände-
rung des Eiweißgehaltes der Kost folgt als die N-Ausscheidung. ^') Daraus er-
geben sich Folgerungen über die Natur des „zirkulierenden Eiweißes".
Wenn es sich bei diesem überhaupt um echtes Eiweiß handelt, so muß es zum
mindesten ärmer an aromatischen Gruppen sein als das gewöhnliche Eiweiß. In
gleichem Sinne spricht, daß der durch vermehrte Flüssigkeitszufuhr aus-
schwemmbare N nicht von einer gleichzeitigen H-Vermehrung begleitet ist. *)
Auch zur Entscheidung der Frage, ob bei einer bestimmten Kost im
wesentlichen das zugeführte Nahrungseiweiß oder das Körpereiweiß zerfällt,
wurde ein bei der Alkaptonurie durchführbarer Versuchsplan entworfen.
Die Alkaptonurie ist zu Untersuchungen über den Stoffwechsel des-
wegen besonders geeignet, weil die Versuchsindividuen im wesentlichen
als gesund zu betrachten sind, weil die Störung eine relativ einfache,
gleichmäßige, wahrscheinlich maximale ist. und weil eine Pieihe von anderen
Methoden zur Verfügung stehen, um die gewonnenen Ergebnisse zu kon-
trollieren (Untersuchungen am Gesunden, Übergang von H und ihren
Muttersubstanzen in Acetonkörper).
^) S. Biochemisches Handlexikon. Bd. IV. 2. S. 373.
-) Abderhalden, Lehrbuch der physiologischen Chemie. Berlin und Wien 1906.
S. 682 ff.
'') Langstein und Erich Meyer, a. a. 0.
*) Abderhalden und Bloch, Untersuchungen über den Eiweißstoffwechsel, aus-
geführt an einem .Ä.lkaptonuriker. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 53. S. 464 (1907).
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des intermediären Stoffwechsels. 122Ö
E. Cystinurie.
Die Cystinurie ist eine chronische Stoff\veclis('lan()ni:ilie. hei der
Cystin in erheblicher j\Ienge mit dem Harn ausi?eschie(len wird. Neben dem
Cystin können sich dabei im Harn auch andere Aminosäuren (Tyrosin.
Leuzin, eine tryptophanälinliche Substanz), noch öfter aber Diamine (Pu-
treszin, Kadaverin) finden. Die letzteren sind zweifellos aus Diaminosäuren
entstanden: für das Histidin ist eine analoge .Störung noch nicht festge-
stellt. 1)
Die Cystinurie hat sich bisher nicht in so ausgedehntem Mal'.e zum
Studium des intermediären Eiweibstoffwechsels heranziehen lassen wie etwa
die Alkaptonurie. Die Störung ist in einzelnen Fällen verschieden hoch-
gradig (tägHche Cystinmenge von Spuren bis 1*5 ,y). Auch zeigen die ein-
zelnen Fälle in ihrem Verlaufe häufig Intensitätsschwankungen, können so-
gar vollständig ausheilen. Die Größe der Cystinausscheidung scheint von
der Art der Nahrung meist unai)hängig zu sein 2), so daß es sich im
wesentlichen um eine Störung des ..endogenen" Eiweißstoffwechsels handeln
dürfte. Auch sonst haben sich gerade die Störungen des endogenen Stoff-
wechsels den Bestrebungen, sie zur Erforschung des intermediären Stoff-
wechsels zu verwerten, bisher als schwer zugänglich erwiesen (z. D. die
Pentosurie). Selbst verabreichtes Cystin ist manchmal auf die Menge des
ausgeschiedenen Cystin s ohne Einfluß. 3)
Loeiry und Neuherg^) haben die interessante Entdeckung gemacht
daß in manchen Fällen von Cystinurie zugeführte Aminosäuren (Leuzin.
Tyrosin. Asparaginsäure und auch C'ystin selbst) nicht wie beim (Jesunden
verbrannt werden, sondern annähernd ([uantitativ im Harn wieder er-
scheinen. In analoger Weise können Diaminosäuren (Lysin. Arginin) als
Diamine (Kadavarin. Putreszin) ausgeschieden werden. In dem Falle von
Loewy und Neuberg konnte auch nach Eingabe von \0h g durch lang-
dauernde Pankreasverdauung vollständig aufgespaltenem Fibrin eine Aus-
scheidung von Tyrosin, Tryptophan und Clykokoll und vermutlich auch
Histidin nachgewiesen werden. Zufuhr von Eiweiü oder von Polypeptiilen
führte dagegen nicht zur Ausscheidung von Aminosäuren. Diese Erfahrung
steht in einem gewissen Gegensatz zu der modernen Anschauung von der
vollständigen Aufspaltung der Eiweil.^körper der Nahrung im Nerdauungs-
kanal. Da zudem das Verhalten in verschiedenen Fällen von Cystinurie
nicht das gleiche ist, so wird man weitere rntersuchungen abwarten
') Groß, Über Cystinurie. Sitzungsberichte der Gesellschaft für Morpholoiric und
Physiologie in München. Bd. 24. «. i)7 (li)().S).
'■') Mester, Beiträge zur Kenntnis der Cystinurie. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 14.
S. 109 (1889). — H. Leo, Über Cystinurie. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. Ifl. S. :VJ:> (1889).
*) Aisberg und Folin, Proteinmetal)olism in (.'ystinuria. Auieric. Journ. of the med.
Sciences. 1906. Februar. — T'Ä/e^e, Concerning cystinuria and diamines. Journ. of Physiol.
\'o\. 30. p. 68 (1907-1908). '
■*) Löiri/ und Xeuherf/, I'bcr Cystinurie. Zeitschr. f. pliysiol. Chem. Bd. 43. S. 338
(1904); Biochem. Zeitschr. Bd. 2. S. 488 (1907).
1226 Otto Neubauer.
müssen, ehe man diesen Tatsachen einen entscheidenden Wert für die
Beurteihmg des normalen intermediären Stoffwechsels beimißt.
In jedem Falle von Cystiniirie, der zu Stoffwechselversnchen heran-
gezogen werden soll, wird man also bei einer konstanten Kost die Cystin-
mengen im Harne und ihre Abhängigkeit respektive Unabhängigkeit von
der Ernährung zu kontrollieren haben. Weiter wird festzustellen sein, ob
Amine oder Diamine zugegen sind oder ob sie nach Einführung von Amino-
säuren respektive Diaminosäuren auftreten. Über die Methoden des Nach-
weises siehe dieses Werk, Bd. III, S. 810.
Wegen der nahen Beziehung des Cystins zum Taurin der Galle ist
eventuell auch zu untersuchen, ob durch Beeinflussung der Taurocholsäure-
synthese, z. B. durch Cholsäurezufuhr, eine Änderung der Cystinausscheidung
zu erzielen ist. ^)
F. Störungen der Stoffw^echselfunktion der Leber.
Krankheiten des Menschen, bei welchen die Annahme einer schweren
Störung der Stoffwechselfunktion der Leber gerechtfertigt ist, sind selten.
Es kommen hauptsächlich in Betracht: die akute gelbe Leberatrophie, die
Phosphorvergiftung und wohl auch die Eklampsie. Bei diesen Krankheiten
findet man im Harn eine Reihe von pathologischen Produkten, deren
genaueres Studium Aufschlüsse über den intermediären Stoffwechsel ver-
spricht: Albumosen, Aminosäuren (Leuzin, Tyrosin, Alanin, Glykokoll);
ferner eine aromatische Säure, die früher als p-()xymandelsäure aufgefaßt,
neuerdings als 1-p-Oxyphenylmilchsäure erkannt wurde, und die nach ihrer
Formel zweifellos als Abbauprodukt des Tyrosins anzusehen ist -) ; ferner
Milchsäure und eine vermehrte Menge von flüchtigen Fettsäuren. Weiter
hat man bei diesen schweren Lebererkrankungen eine bedeutende Steige-
rung des NHj-Gehaltes im Harn gefunden und zunächst daran gedacht,
daß darin ein Ausdruck der Störung der harnstoffbildenden Funktion der
Leber zu erblicken sei. Nach den Untersuchungen Münzers ») dürfte sie jedoch
im wesentlichen aus der gleichzeitigen Säuerung zu erklären sein.
Es ist noch unbekannt, wie weit die beobachteten Stoffwechselstörun-
gen bei diesen schweren Leberkrankheiten als Folge eines einfachen Aus-
falls der physiologischen Leberfunktion aufzufassen sind , und wie weit pa-
thologische Prozesse in der erkrankten Leber (autolytische Vorgänge) für
sie verantwortlich gemacht werden müssen.
Eine eingehende experimentelle Prüfung der durch diese Befunde an-
geregten Fragen ist am kranken Menschen kaum möglich wegen der Selten-
heit, des unregelmäßigen Verlaufes und der kurzen Dauer dieser Krankheiten,
') Simon und Campbell, Über Fütterungsversucbe mit Cholalsäure bei Cystinurie.
Beitr. z. ehem. Physiol. u. Path. Bd. 5. S. 401 (1904).
^) S. ßiochem. Handlexikon. Bd. IV. S. 380 (1911).
^) Münzer, Die harnstoffbildende Funktion der Leber. Arcb. f. exp. Path. u. Pharm.
Bd. 33. S. 164 (1894) ; Die Bedeutung der Ammoniaksalze für die Pathologie. Prager
med. Wochenschr. Jg. 22. S. 171 (1897).
Arbeitsmethoden zur rntcrsuchuniu: des iuterinediüreii Stoffwechsels. l'J'Jl
sowie woiion der Rücksiehtnalimc. die der schwere Zustand der Patienten
erfordert. Zum eingehenden Studium ist das Tierexperiment heranzuziehen.
Hei denjenigen Lebererkrankungen, hei weh-hen das Leberparenchym
vollständig oder zu einem großen Teil erhalten hleilit (i.cherzirrhose. Kar-
zinom, Icterus catarrhalis etc.), treten Störungen des Stoffwechsels infolge
Insuffizienz der Leber nicht in den Vordergrund. In einigen Füllen wurde
allerdings Milchsäure im Harn gefunden, auch eine Vermehrung des NHj als
Folge der Säuerung festgestellt (Münzer). Hei der Leberzirrhose beherr-
schen vielmehr die Störungen infolge Einengung des Pfortaderkreislaufs das
Krankheitshild. Es liegen viele Angaben vor. daß zugefidu-te Lävulose,
Galaktose, Aminosäuren bei verschiedenen Leberkrankheiten schlechter
verwertet werden. Es ist noch nicht entschieden, ob das als Ausdruck einer
eigentlichen Herabsetzung der Leberfunktion aufgefaßt werden muß oder
ob nicht vielmehr die Erklärung zutrifft, daß in diesen l-'ällen ein Teil des
resorbierten Materiales die Leber gar nicht passiert, sondern durch die
Anastomosen direkt ins Hohlvenenblut kommt.
Die experimentelle Phosphorvergiftung des Tieres erzeugt im
Prinzip dieselben Störungen wie die Phosphorvergiftung des Menschen.
Sie ist schon häufig zum Studium von Stoffwechselfragen herangezogen
worden. Über die Technik der Phosphorvergiftung siehe unten S. 128:J.
Abderhalden und h'ergeU •) haben Kaninchen an mehreren aufeinan-
derfolgenden Tagen je 1—5 mg P als Ol. phosphoratum sultkutan injiziert
und nachher mit Hilfe der Naphthalinsulfochloridmethode Aminosäuren,
speziell Glykokoll. aus dem Harn gewonnen.
Kotake-) vergiftete zwei Hunde von 7 — 8 ä-^ Körpergewicht mit je
\0g P in Pillenform; am nächsten Tage bekamen sie die doppelte Dosis.
Am folgenden Tage gingen sie zugrunde. Aus dem Harn ließ sich l-( )xy-
pheuylmilchsäure gewinnen.
Takeda ^) gelang es, P-vergiftete Hunde relativ lange Zeit am Leben
zu erhalten und aus ihrem Harn Basen zu isolieren; vor allem das Butyro-
betain, das offenbar aus Glutaminsäure entstanden ist. Er erreichte dieses
Resultat, indem er seinen Tieren etwa jeden 3. bis 4. Tag P. in ( )livenöl
gelöst, subkutan injizierte. Nur zwischen der L und 2. Injektion ließ er eine
längere Pause, 5—6 Tage. Die Einzeldose war für Hunde von 12—15%
Ic^, für einen Hund von 24 Ay/ 2 — ?j cg. Lebensdauer bis zu 42 Tagen.
Jastrowitz*) vergiftete einen \?>-2kg schweren Hund, indem er ihm
jeden 4. Tag 50 mg P per os einführte und fand, daß dieser Hund eiuL'e-
führtes Glykokoll viel schlechter verbrannte als ein normales Tier.
') Abderhalden und Bcrgcll, über das Auftreten von Monoaniiuosiuiron im Harn
von Kaninchen nach Phosphorvergiftuu<r. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 39. S. 464 (1903).
^) Kotake, über 1-Oxyphenylmilchsaure und ihr \'ork(inimen im Harn bei Phos-
phorveririftung. Zeitschr, f. physiol. (hcm. Bd. 65 S, 397 (1910).
') Takeda, Untersuchungen über einige nach Phosphorvergiftungon im Harn auf-
tretende Basen. Arch. f. d. ges: Physiol. Bd. 133. S. 3(55 (1910).
*) Jafttroirifz, Versuche über Glykokollabbau bei Lel)crsch;idigungon. Arcli. f. exp.
Path. u. Pharm. Bd. 59. S. 463 (19^8). "
]^228 ^^^^ Neubauer.
Ernst Neubauer^) hat untersucht, ob sich nicht an P-vergifteten
Kaninchen die Quelle der im Harn ausgeschiedenen Milchsäure feststellen
läßt. Die Tiere bekamen eine einmalige Dose von 10 — 15 mg P subkutan.
Es zeigte sich, daß zugeführte Milchsäure den Milchsäuregehalt des Harns
nicht beträchtlich steigerte, daß somit das Phosphortier die Fähigkeit,
Milchsäure zu verbrennen, nicht verloren hat. Dementsprechend vermochten
Fütterungsversuche mit anderen Substanzen (Zucker, Alanin) keinen siche-
ren Aufschluß über die Muttersubstanz der Harnmilchsäure zu geben. Da-
nach wäre diese also als pathologisches Produkt nur des endogenen Stoff-
wechsels anzusehen.
Maiulel und Lmk -) kombinierten bei Hunden P-Vergiftung mit Phlo-
rhizin-Diabetes, indem sie entweder omal täglich Phlorhizin gaben und vom
3. Tage ab Phosphoröl in P/oig^r öliger Lösung (1—5 cm s), oder indem
sie umgekehrt ein phosphorvergiftetes Tier nachträghch mit Phlorhizin be-
handelten. Sie fanden, daß die Phlorhizinvergiftung die Milchsäureausschei-
dung verhindert; das spricht wohl in dem Sinne, daß die Milchsäure im
Harn P-vergifteter Tiere aus Zucker hervorgeht oder wenigstens aus einem
Komplex, der bei der Phlorhizinvergiftung Zucker liefert.
Die schwerste Schädigung der Leberfunktion wird natürlich durch die
vollständige Exstirpation des Organs gesetzt.
Relativ einfach ist diese Operation bei Kaltblütlern auszuführen.
Johannes Müller'^) unterband bei Fröschen durch eine gemeinsame Liga-
tur alle zur Leber führenden und von ihr abgehenden Blutgefäße sowie
den Gallengang, schnitt dann die Leber heraus und vernähte die Bauch-
Avunde. Die Tiere bheben 4 Tage lang am Leben. Moleschotts*) Frösche
lebten sogar bis zu 20 Tagen. Nehelthau^) exstirpierte 265 Fröschen die
Lebern, sammelte während 4 Tagen ihren Harn und erhielt aus diesem
0-1279.^ eines Zinksalzes, das wahrscheinUch milchsaures Zink war.
Schröder^') hat an der zoologischen Station in Neapel Leberexstir-
pationen beim Katzeuhai (Scyllium catulus) ausgeführt. Das Tier wird
in Rückenlage auf einem Tisch fixiert. Dann wird in der linea alba ent-
sprechend dem vordersten Teile der Bauchhöhle ein 3 — 4 cm langer Schnitt
gemacht. Man zieht die Eingeweide heraus, legt um alle Gefäße starke
Ligaturen und exstirpiert die Leber. Nach sorgfältigem Verschluß der
*) Ernst Neubauer, Über das Schicksal der Milchsäure l)ei uormalen und phos-
phorvergifteten Tieren. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 61. S. 387 (1909).
^) Mandel and Lusk, Lactic acid in intermediary metabolism. American. Joiirn.
of Physiol. Vol. 16. p. 129 (1906).
**) Johannes Müller, Handbuch der Physiologie des Menschen. 4. Aufl. Koblenz
1844. Bd. 1. S. 131.
*) Moleschott, Untersuchungen über die Bildungsstätte der Galle. Arch. f. physiol.
Heilkunde. B. 11. S. 479 (1852).
^) E. Nebelthau, Tritt beim Kaltblütler nach Ausschaltung der Leber im Harn
Fleischmilchsäure auf? Zeitschr. f. Biol. Bd. 25. S. 123 (1889).
") Schröder, Über die Harustoffbildung der Haifische. Zeitschr. f. physiol. Chem.
Bd. 14. S. 576 (1890).
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des intermediären Stoffwechsels. 1229
Wunde wird das Tier in ein Bassin gesetzt und ist nach kurzer Ztdt in
nichts von einem normalen Exemplar zu unterscheiden. Es lebt noch etwa
4 Tage.
Ueim Vogel gelingt eine vollständige Ausschaltiuig der Leber durch
Unterbindung aller lUutgefäße und des Gallengangs, wie sie z. B. von Stern
an der Taul)e ausgeführt worden ist. ^) Doch hörte dann die Harnsekre-
tion auf.
Viel günstigere Resultate liefert das Verfahren, das Minkowski in
seinen berühmten Experimenten eingeschlagen hat -): die Exstirpatiun der
Leber bei Gänsen. Bezüglich der Technik siehe die Originalpublikation. Das
Pfortaderblut gelangt durch die Vena Jacobsonii in die llohivrnc: die Tiere
überleben die Operation viele Stunden lang und sezernieren noch reiclilich
dünnflüssigen Harn. Die von Minkoirski und anderen Autoren 3) mit Hilfe
dieser Methodik gefundenen Tatsachen (Abnahme der Harnsäure, Auftreten
von NHa und Fleischmilchsäure. Zunahme der Fleischmilchsäure nach Ein-
gabe von Glykokoll und Asparagin säure etc.) sind für die Kenntnis des
intermediären Stoffwechsels des Vogels grundlegend geworden.
Beim Säugetier stößt der Versuch, die Leber auszuschalten, auf
außerordentlich große Schwierigkeiten, weil zwischen Pfortadergei)iet und
unterer Hohlvene keine Gefäßanastomose besteht. Nach einfacher Ai)bindung
der Pfortader respektive des ganzen Hilus hepatis gehen Hunde in läng-
stens 100 Minuten zugrunde; wie man annimmt, infolge einer Art ..^'er-
blutung" in das Pfortadergebiet.
Pavi/ und Siau*) gehen deshalb in der Weise vor, daß sie gleich-
zeitig mit der Leber alle Organe des Pfortadergebietes entfernen.
Das Abdomen des Tieres (Hunde, Katzen) wird geöffnet, das Piektum
zwischen zwei Ligaturen abgeschnitten. A. mesenterica sup.. int', und coeliaca
werden unterbunden und durchtrennt und ebenso alle \'erl)indungen mit
der Leberpl'orte : sodann wird die Kardia abgebunden und durchtrennt,
Magen, Darm, Pankreas und Milz entfernt. Darauf wird ein Leberlappen
nach dem anderen hervorgezogen, an seiner Basis abgebunden und möglichst
nahe an der Ligatur abgeschnitten. Man muß darauf achten, daß die \"ena
Cava nicht mitgefaßt wird. Die Beste der Leber, die in der Nähe der \'ena
') Stern, Beiträf.'C zur Pathologie der Leber und des Ikterus. 1. Mitt. Arch. f. d.
exp. Path. u. Pharm. Bd. 19. S. 39 (1885). S. auch Scafjidi, Über Vcrauderungou des Gas-
stot'f wechseis nach Ausschaltung des Leberkreislaufs. Biochem. Zcitschr. Bd. 14. S. I."i6
(1908). (Versuche an Enten.)
-) Minkowski, Über den Einfbiß der Leberexstirpation auf den Stoffwechsel. Arch.
f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 21. S. 41 (188(5).
') Katisch, Der Zuckerverbrauch im Diabetes melitus des Vogels nach Pankreas-
oxstirpation. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 39. S. 21'.) (1897). — S. Ldiu/, Über die
Schwefelausscheidunir nacli Leberexstirpation. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 29. S. 305
(1900). — Über die Stickstoffausscheiduug nach Leberexstirpation. Ebenda. Bd. 32.
8.320(1901).
*) rai-ji and Siuu , The infhiences of ablation of tbc liver on thc sugar contents
of the blood. Journ. of Pbysiol. Vol. 29. p. 375 (19U3).
]^ 230 ^**^ Neubauer.
Cava zurückbleiben, sind bei sauberem x\rbeiten außerordentlich gering. Die
Hunde bleiben etwa 4 Stunden am Leben. Länger dauernde ^'er suche
sind hier also nicht durchführbar (wohl aber z. B. Blutzuckerbestimmun-
gen). Ferner darf man nicht vergessen, daß diesen Tieren nicht nur die
Leber, sondern auch andere wichtige Organe fehlen.
Slosse'^) hat bei kleinen Hunden die Organe des Pfortadergebietes
durch Unterbindung der ?* Darmarterien (A. coeliaca. A. mesenterica
sup. und inf.) ausgeschaltet. Das Tier liegt mit der rechten Seite auf einer
gepolsterten Unterlage; auf seiner Unken Seite wird ein Längsschnitt ge-
führt, der unter der letzten Rippe beginnt und sich bis nahe zum Darm-
bein erstreckt. Die Wunde durchsetzt die Cutis, die Scheide des Sacrolum-
bahs an ihrem von der Wirbelsäule abgewendeten Rande und gelangt
damit hinter das parietale Blatt des Peritoneums auf die vor den Lenden-
wirbeln gelegenen Weichteile. Sorgfältige Blutstillung ist nötig, um die
Arterien auffinden, umschlingen und unterbinden zu können. Die Technik
muß vorher an der Leiche eingeübt werden. Nach dem Schließen der Bauch-
wunde erholt sich das Tier zunächst, nach etwa 2 Stunden treten aber
schwere Krankheitserscheinungen ein und nach meist 5 — 6 Stunden geht
das Tier zugrunde.
0. Porges-) hat bei großen Kaninchen mit der Leber gleichzeitig
das ganze Gebiet der Aorta abdominalis ausgeschaltet. Nach 24-
bis 48stündigem Hungern erhielten die Tiere große Dosen von Urethan
per os; V2 Stunde später wurden sie aufgebunden; dann wurde die Trachea
herauspräpariert, die Bauchhöhle durch einen Kreuzschnitt geöffnet, die
Aorta und die V. cava inferior samt den Lebervenen unmittelbar am Durch-
tritt durch das Zwerchfell unterbunden, schließüch die Pfortader ligiert,
die Bauchhöhle geschlossen. Dann wurde die Trachea geöffnet und eine
Trachealkanüle eingeführt.
In der Exspirationsluft wurde der respiratorische Quotient bestimmt;
er war gegenüber den Kontrolltieren erhöht (ca 0'9); daraus wurde ge-
schlossen, daß in den so verstümmelten Tieren fast nur Kohlenhydrate
zur Verbrennung kommen.
0. Borges und Salomon'^) wendeten dann eine ähnliche Versuchs-
technik auch bei hungernden pankreasdiabetischen Hunden an.
Eine weitgehende Ausschaltung der Leberfunktion, welche die Tiere
längere Zeit überleben, gehngt dadurch, daß man durch Anlegen einer
künstüchen Kommunikation zwischen Vena portae und Vena cava ähn-
üche Verhältnisse schafft, wie sie bei den Vögeln gegeben sind (Eck-
*) Blosse, Der Harn nach Unterbindung der drei Darmarterien. Arch. f. (Auat. u.)
Physiol 1890. S. 482.
^) 0. Porges, Über den respiratorischen Quotienten nach Ausschaltung der Ab-
dominalorgane. Biochem. Zeitschr. Bd. 27. S. 131 (1910). — 0. Porges und H. Salomon,
Über den respiratorischen Quotienten pankreasdiabetischer Hunde nach Ausschaltung
der Abdominalorgane. Biochem. Zeitschr. Bd. 27. S. 143 (1910).
Arbeitsmethodcu zur Untersuchung des intermediären Stoffwechsels. 1231
sehe Fistel). Technik siehe Rd. III, 8. 114.') Die Ausschaltunii' der
Leber aus dem Stoffwechsel ist dabei allerdings keine vollständige, da ja die
A. hepatica noch Blut einstninien lälit: aber gerade deshalb bleuten die Tiere
länü'ere Zeit am Leben und können zu Stoff Wechsel versuchen verwendet
werden. Namentlich die russischen Autoren haben an solchen Tieren die
harnstoffbildende Funktion der Leber untersucht.-) Aus der Beobachtunf.«-.
daß solche Hunde nach reichlicher Fleischfütterung in ihrem Harn Carba-
minsäure ausscheiden und Vergiftungssymptome darbieten , welche denen
nach Kinfiihrung von Carbamaten in die Blntbahn iihnlich sind, haben diese
Autoren die Ansicht gewonnen, daß die Carbaminsi'iure die Vorstufe des
Harnstoffes ist, deren Umwandlung in Harnstoff der Leber obliege.
Die Ausschaltung der Leber durch die i-VA-sche Operation liefert eine
allgemein anwendbare Methode, um zu beurteilen, ob ein Stoffwechselvor-
gang ausschließlich an die Leber gebunden ist. So haben Abderhalden und
London ») die Rolle der Leber bei der Synthese der Eiweißkörper aus den
Aminosäuren untersucht. Es gelang ihnen, bei einem nach Eck operierten
Hunde mit vollständig abgebautem Eiweiß N-Eetention zu erzielen. Die
Funktion der Leber ist also bei der Eiweißsynthese jedenfalls nicht un-
ersetzbar.
"Will man die Leber völlig ausschalten, so muß man die £'cÄsche
Operation mit Unterbindung der Leberarterie kombinieren. Dann tritt der
Tod aber innerhalb weniger Stunden ein, so daß die Tiere zu Stoffwechsel-
versuchen kaum benutzt werden können.
Einen einfachen AVeg, um die Funktion der Leber auszuschalten, ohne
sie zu exstirpieren, bietet die Methode der Säure Verödung nach /•;. J'ich-*):
Man legt den Ductus choledochus unter antiseptischen Kautelen frei, bindet
eine Glaskaniile ein und läßt aus einer langen, mit einem Quetschhahn
versehenen Bürette unter einem Druck, der einer 40^100'»/ hohen
Wassersäule entspricht, ^ -Schwefelsäure einlaufen, etwa 6—7 cm» pro Kilo-
gramm Tier. Fr. Pick zieht -JJ, -Schwefelsäure vor, Ib— 20 cni^ pro Kilo-
^ 40
gramm. ^) Dann wird der Duct. choledochus abgebunden und die Bauchhöhle
geschlossen.
1) Eine Modifikation der Methode wurde neuerdings von Fischlir und Schröder
angegeben: Eine einfachere Ausführung der ^cfcscheu Fistel. Arch. f. exp. Path. u. Pharm.
Bd. 61. S. 428 (1909).
-) M. Hahn, 0. Mri.9sen, M. Ncneki und J. PaiHoir, Die Ecki^chc Fistel zwischen
der unteren Hohlvene und der Pfortader und ihre Folgen für den Organismus. Arch. f.
exp. Path. u. Pharm. Bd. 32. S. 161 (18921
») Abderhalden und London, AVeitere Versuche zur Frage nach der Verwertung
von tief abgebautem Eiweiß im tierischen Organismus, ausgeführt an einem Hunde mit
einer Eckschm Fistel. Zeitschr. f. pliysiol. Chem. Bd. 54. S. 80 (1907).
*) E. Pick, Versuche über funktionelle Ausschaltung der Leber bei Säugetieren.
Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 3d. 32. S. 382 (1893).
') Friedel Pick, Über die Beziehungen der Leber zum Kohlenhydratstoffwechsel.
Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 33. S. 305 (1894).
1232 Otto Neubauer.
Hunde, die in dieser Weise behandelt sind, befinden sich durch etwa
15^27 Stunden relativ wohl und gehen dann unter charakteristischen Er-
scheinungen zugrunde. Der Grad der Leberverödung ist jedesmal durch die
Sektion zu kontrollieren. x\.uch an Katzen kann der Eingriff ausgeführt
werden. Kaninchen pflegen die Operation nur ganz kurze Zeit zu über-
leben.
Ein Nachteil der Methode ist es, daß infolge der Notwendigkeit, alle
Gallengänge zu unterbinden, Gallenretention und schwerer Ikterus eintritt.
Ferner ist die Leberzerstörung keine vollständige; die resorbierte Säure
kann ihrerseits Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Die Methode ist zum
Studium des Kohlenhydratstoffwechsels und zur Untersuchung der harnstoff-
bildenden Funktion der Leber herangezogen worden, i' '-)
G. Schädigungen des Verdauungstraktes.
Die Untersuchungen bei krankhaften Störungen des Verdauungs-
apparates kommen, soweit lediglich die resorptiven Funktionen gestört
sind, für das Studium des intermediären Stoffwechsels nicht in Be-
tracht. Die Darmschleimhaut ist aber höchstwahrscheinüch auch der Sitz
der ersten Veränderungen des resorbierten Materiales, die also bereits dem
intermediären Stoffwechsel zuzurechnen sind. Manche Beobachtungen spre-
chen dafür, daß auch diese P'unktionen bei Krankheiten beeinträchtigt sein
können (Albumosurie bei Darmkrankheiten, stark ausgesprochene Aceton-
urie bei manchen Darmaffektionen, Übertritt verschiedener Kohlenhydrate
in den Harn bei magendarmkranken Säuglingen usw.j. Für das Studium
des intermediären Stoffwechsels sind diese Zustände aber noch nicht me-
thodisch herangezogen worden.
Bei Tieren dürfte eine vollständige Ausschaltung des Darmes auf
operativem Wege gelingen.
H. Fettige Degeneration,
Das Studium der fettigen Degeneration hat bei der Diskussion der
Frage, ob Eiweiß im Organismus in Fett übergehen kann, eine große Rolle
gespielt. Neben gelegentlichen Untersuchungen an menschlichen, fettig de-
generierten Organen ist hier besonders das Tierexperiment herangezogen
worden. Fettige Degeneration kann bei Tieren durch verschiedene Gifte
erzeugt werden: P, As, Sb, Phlorhizin, Ol. Pulegii, Terpentinöl, Safrol, Apiol,
Rosmarinöl, Chloroform, Alkohol, Benzol, Thymol, Nitrobenzol, Jodoform,
Bakterientoxine (z. B. Diphtherietoxiu); ferner durch Pankreasexstirpation
und durch Inanition.
*) Fnedel Pick, Über die Beziehungen der Leber zum Kohlenhydratstoffwechsel.
Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 33. S. 305 (1894).
") V. Lieblein, Die Stickstoffausscheidung nach Leberverödung beim Säugetier.
Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 33. S. 318 (1894).
Arbeitsmethodeu zur Untersuchung des intermodiäreu Stoffwechsels. 1233
Die Vergiftunfj- mit Phosphor hat weitaus am häufigsten An-
wendung gefunden. Die Hauptsehwierigkeit Hegt in der Art der Applikation
untl in der Dosierung des Giftes.
Zur Darreichung per os wird der V in riHenforni gebracht oder
er wird als Emulsion gegeben; jedoch bekommen die Tiere (Ilnndei da-
nach leicht Erbrechen, besonders wenn sie gefüttert worden sind.
H. Leo'^) hat die Darreichung per anum empfohlen: ein kleines
Reagensgläschen, in dem sich ein Stück P befindet, wird zur Hälfte mit
kochendem Wasser gefüllt, hierauf mit einem Korkstöpsel verschlossen nnd
bis zur Abkühlung des AYassers energisch geschüttelt. Dadurch wird der
durch das heiße Wasser verflüssigte Phosphor auf das feinste verteilt und
setzt sich nach dem Abkühlen als Pulver ab. Dieses wird dann mittels eines
Katheters in das Rectum des Tieres eingeführt.
Die subkutane Darreichung hat mit der Schwerlüslichkeit des P in
Wasser zu rechnen. Die meisten Autoren haben zur Injektion 1 Voigt' oder
2Voige Lösungen in Mandelöl oder in Olivenöl oder auch Emulsionen mit
Gummilösung verwendet. Zu beachten ist, daß bei Untersuchungen über
den Fettgehalt der ( )rgane Injektionen von öligen Lösungen \'ersuchsfehler
verursachen können. Da die Lösungen und Emulsionen von P regelmäßig
stark sauer reagieren, so soll durch Sodazusatz neutrale oder schwach al-
kalische Reaktion hergestellt werden. Die Resoi'ption öliger Lösungen aus
dem Unterhautfettgewebe ist von allen möglichen unl)erechenbaren Zufällig-
keiten abhängig, so daß die Intensität der Wirkung nicht genau voraus-
zubestimmen ist.
Auch intravenöse Apphkation wurde in Anwendung gezogen 2), führt
aber leicht zu Ölembolien in den Lungen. H. Met/er^) zog daher die Ein-
spritzung in eine Arterie vor: das P-Öl wird mit kohlensaurem Natron
möglichst fein emulgiert und in peripherer Richtung in die Arteria femo-
ralis injiziert, so daß es durch die Kapillaren dei' P'xtremität gleichsam
hindurchfiltriert.
Das Abwägen des Phosphors (gelber Phosphor) muß unter Wasser
erfolgen. Der Gehalt der Lösungen und Emulsionen an P bleibt nicht kon-
stant. Auch der P-Gehalt des Ol. phosphorat. der Apotheken ist nicht ver-
läßlich. H. Meyer hat den Gehalt der Emulsionen regelmäßig durch ( )\y-
dation mit Salpetersäure und Fällen mit Mg-Mixtur bestimmt.
Die zu wählende Dose ist natürlich verschieden nach Art und Größe
des Tieres, nach der Apphkationsweise und nach dem Grade der Vergiftung,
die erzeugt werden soll.
') //. Leo, Fettltihlung und Fetttransport bei Phosphoriutoxikatiou. Zeitsclir. für
physiol. Chem. Bd. 9. S. 4G9 (1885).
-) L. Hermann und Brnnner, Ein \'ersuch zur Lehre von der akuten IMiosplior-
vergiftuug. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 3. S. 1 (1870).
^) H. Mei/er, Über die AVirkuiig des Phosphors auf den tiiTischcu ürgauismus.
Arch. f. exp. Path. u. Pbarui. Bd. 14. S. 313 (18'.)1 ).
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. 78
]^234 ö***^ Neubauer.
Bei Hunden wurden sowohl bei stomachaler wie bei subkutaner Appli-
kation in der Regel 10 — 40 mg verwendet (bei Tieren von etwa 10% Kör-,
pergewicht). Der Tod tritt dann meist etwa in 4 — 6 Tagen ein. Wakemann^)
ist es bei wiederholten (6 — 1:3) Injektionen kleinerer Dosen von P-Öl (meist
jeden dritten Tag 0'5 — 0*8 cm^ IVooigen Phosphoröls) gelungen, die Tiere
ziemlich lange am Leben zu erhalten (s. auch Ta/^ec^as Versuche oben S. 1227).
Bei Mäusen erzeugten Kraus und Sommer-) P-Vergiftungen durch
tägliche Darreichung von 3 mg P in Pillenform. Tod nach 5 — 7 Tagen.
Bei Kaninchen kommen ähnliche Dosen zur Anw-endung: 5 bis 10
bis 40 mg in öliger Lösung subkutan. Tod gew^öhnlich am 5. bis 7. Tage.
Bei Hühnern wurde neben der subkutanen Injektion (10 mg) auch
die orale Applikation gewählt. Fraenkel und Eoehmann ^) verfuhren in der
Weise, daß sie täghch ein Stückchen Phosphor (8 — 10 — 20 mg) unter Wasser
abschnitten, in dem mit Wasser gefüllten Pyknometer wogen und dann dem
Tiere mit einer Brotpille in den Hals schoben. Die Tiere gingen nach
4 — 8 Tagen zugrunde.
Bei Fröschen kann man den Phosphor entweder unter die Haut
oder in den liückenlymphsack einspritzen, oder man injiziert die warme
P-Emulsion mittelst einer Fravaz&chen Spritze und eines Gummischlauches
in den Magen. *) Erbrechen tritt nicht ein. Leo hat auch bei Fröschen die
Applikation per anum bevorzugt. Nach einer Dosis von 1 — 4 mg bleiben
die Tiere noch 1 — 8 Tage am Leben. Bei vergleichenden Untersuchungen
über Fettdegeneration bei Fröschen hat man vor allem auf die sehr ver-
schiedene Ausbildung der Fettkörper Rücksicht zu nehmen. Man soll aus
diesem Grunde nur gleich große Tiere gleichen (reschlechtes, am besten
Männchen, zu diesen Versuchen heranziehen. Polimanti ^) empfiehlt vor
Anstellung des Versuches die Fettkörper zu exstirpieren : man öffnet die
Bauchhöhle, bindet mit einer FadenschUnge das Organ erst auf der
einen, dann auf der anderen Seite ab. schneidet ab und schheßt die
W^unde.
P-vergiftete Tiere verweigern im allgemeinen die Nahrungsaufnahme;
schon aus diesem Grunde ist es meist zweckmäßig, die Versuche von vorn-
herein im vollständigen Hungerzustande auszuführen, eventuell schon eine
längerdauernde Karenzperiode vorausgehen zu lassen. Übrigens wird bei
der P- Vergiftung die fettige Degeneration durch Darreichung von Kohlen-
hydraten nicht hintangehalten. Bei extrem fettarm gemachten Tieren
1) Wakemann, Über die chemische Veränderung der Leber bei der Phosphorver-
giftung. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 44. S. 335 (1905).
^) Kraus und Sommer, Über Fettbilduug bei Phosphorintoxikation. Beiträge zur
chem. Physiol. u. Path. Bd. 2. S. 86 (1902).
^) Fraenkel und Roehmann, Phosphorvergiftung bei Hühnern. Zeitschr. f. physiol.
Chem. Bd. 4. S. 439 (1880).
*) Athanasiu, Die Erzeugung von Fett im tierischen Körper unter dem Einfluß
von Phosphor. Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 74. S. 511 (1899).
^) Polimanti, Über die Bildung von Fett im Organismus nach Phosphorvergiftung.
Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 70. S. 349 (1898).
Arbeitsmethoden zur Untersucliiing des iuteimediüren Stoffwechsels. l!^85
erzeugt Phosphor (wie auch andere ähnlit-he Gifte) keine Verfettung mehr:
ein Beweis, daU es sich bei der Verfettung nicht um eine Bihiung von Fett
aus Eiweiß handelt.') Das Ansteigen des Fettgehaltes des Blutes hei der
Phosphorvergiftung spricht ebenfalls dafür, daß das Fett durch 'I'ransport
ans den Depots in die inneren Organe gelangt.
Zu berücksichtigen ist, daß die Störung bt i dei' i'hosphorveruiftunti
sich nicht allein auf die fettige Degeneration beschränkt, somk'i ii daß auch
schwere Störungen des Kohlenhydrat- und des Eiweißstoffwechsels vorhan-
den sind. ÄhnUchcs gilt wohl auch von den meisten andeiTU Giften, mit
denen man fettige Degeneration hervorrufen kann.
Daß man mit Phlorhizin eine hochgradige Verfettung der Leber er-
zeugen kann, hat Bosenfeld'^) beschrieben. Plr gab Hunden von 3 — b kg
Körpergewicht, die ö Tage gehungert hatten, am 6. und T.Tage 10 g
Phlorhizin pro Kilogramm Körpergewicht in AVasser und tötete die Tiere
I am 8. Tage. Er fand dann regelmäßig eine Fettleber mit einem Fettgehalt
von 25 — 75 Vo- ^vii Trockensubstanz berechnet. Werden die Tiere am Leben
gelassen, so heilt die Fettleber wieder. Darreichung von Glykogenbildnem
beschleunigt diese Heilung, wie sie auch von vornherein die Entstehung
der Fettleber zu verhindern vermag. Nach Roseufeld^) ist damit sogar
eine Methode gegeben, um festzustellen, ob eine Substanz ein (Tl\kogen-
bildner ist.
Um mit Alkohol Leberverfettung mit Sicherheit zu erzeugen, hat
Rosenfeld folgende Methode angegeben: Man läßt Hunde 5 Tage lang hun-
gern und gibt ihnen dann täglich 3V2 — 4 cm^ Alkohol pro Kilogramm ohne
sonstige Nahrung. P'.rtragen sie mehr als 4 solche Dosen, so haben sie
eine Fettleber von durchschnittlich 227o- -■'^uch diese \'erfettung heilt aus.
Auch die von Falk*) beschriebene Verfettung der inneren ( h'gane
durch Ol. pulegii ist zu Versuchen herangezogen worden. Das Mittel wirkt
analog wie Phosphor.
Andere Gifte, durch die ebenfalls Verfettung erzielt werden kann,
wurden oben genannt, sind aber zu Stoffwechselversuchen kaum herange-
zogen worden.
Auch durch reichliche Blutentziehungen gehngt es. \erfettung zu
erzeugen.
Liften &) hat hungernde Meerschweinchen mehrere Tage lang einer
Überhitzung (36 — 37") ausgesetzt und so fettige Degeneration erzielt.
») G. Rosenfeld, Fetthildung II. Eigohiiisso d. Physiol. Jg. II. Biochoiu. S. hO (15K)3).
*) G. Eosenfeld, Die Fettlelier beim rhbirhizindiabetes. Zoitschr. f. klin. Medizin.
Bd. 28. S. 256 (1895).
=*) G. Rosen fei ci, Beiträge zur Pathologie des. Alkohols. ZeutnilM. f. innere Med.
Bd. 21. S. 1049 (19Ü0).
*) Falk, Über Oleum pirlegii. Therapeutische Monatshefte. Bd. 4. S. 448 (1890).
'^) Liften, Über die Einwirkung erhöhter Temperatur auf den Organismus. I'/V-
d,ows Archiv. Bd. 70. S. 10 (1877).
78*
1936 Otto Neubauer.
Nach Mottram ^) bewirkt bei Meerscliweinchen und bei Kaninchen schon
kurzdauernder Hunger (24 — 48 Stunden) eine beträchtliche Fettzuuahme
in der Leber.
Um die Wanderungen des Fettes im Organismus, besonders bei der
pathologischen Verfettung, verfolgen zu können, hat Lebedef-) zuerst ver-
sucht, den Versuchstieren mit der Nahrung ein Fett beizubringen, das sich
von dem Körperfett unterscheidet und deshalb in den Organen leicht er-
kannt und bestimmt werden kann.
Er fütterte einen 11-6% schweren Hund l^'a Wochen lang mit
Fleisch und Leinöl (2680 (jr Fleisch, 2015 (/ Leinöl). Dann ließ er ihn, um
den Darmkanal von Nahrungsfett zu befreien, 24 Stunden hungern, gab
80 mg P in Lösung und nach 2 Tagen nochmals dieselbe Dosis ; 35 Stunden
später ging das Tier zugrunde. Das Fett aus dem UnterhautzeUgewebe,
den Muskeln und den inneren Organen wurde durch Extraktion mit Alko-
hol und Äther gewonnen, durch Lösen in einer kleinen Menge Äther ge-
reinigt und in folgender Weise untersucht:
Eine gewogene Menge wird durch alkoholische Natronlauge verseift;
die Natronseifen werden in die Bleiseifen übergeführt; aus diesen wird
durch Äther das Ölsäure und leinölsaure Blei extrahiert ; aus der ätherischen
Lösung werden die freien Ölsäuren durch HCl abgeschieden, der Äther
durch Destillation entfernt und das Wasser vorsichtig von den Ölsäuren
getrennt ; durch das Gemisch beider Ölsäuren wird salpetrige Säure durch-
geleitet; dabei wird die Ölsäure in feste Elaidinsäure umgewandelt, während
die Leinölsäure flüssig bleibt (auch die Unlöslichkeit des leinölsauren Ba
in Äther kann zur Trennung der Leinölsäure von der Ölsäure verwendet
werden). Auf diese Weise wurde im Leberfett 54 Vo Leinölsäure gefunden:
damit war bewiesen, daß das Fett der fettig degenerierten Organe wenig-
stens zu einem großen Teil aus dem Nahrungsfett stammt, also nicht
aus dem Körpereiweiß entstanden ist.
Lehedeffs Methode zum Nachweis der P'ettwanderung ist dann be-
sonders von Rosenfeld weiter ausgebildet und zu zahlreichen Experimenten
herangezogen worden. L^m die Versuche recht beweisend zu gestalten,
sollen die Fettdepots des Tieres vom Körperfett möglichst befreit und dann
durch das körperfremde Fett angefüllt werden. Darauf wird die Leber durch
längeres Hungern wieder mögüchst fettfrei gemacht und erst dann die
Vergiftung eingeleitet. Als Kontrolltiere dienen Hunde, die ebenso vorbe-
handelt , aber nicht vergiftet worden sind. Als körperfremde Fette können
die oben S. 1157 erwähnten Fette Verwendung finden. Beispiele für solche
Versuche bei Rosenfeld, Fettbildung H. Ergebnisse der Physiologie H,
Biochemie S. 64 ff. (1903).
^) Mottram, Fettiufiltratioii der Leber, durch Hunger verursacht. Zeitschr. f.
Biol Bd. 52. S. 280 (1909).
-) Lebedef, Woraus bildet sich das Fett in Fallen der akuten Fettbildung V Arch.
f. d. ges. Physiol". Bd. 31. S. 11 (1883).
Arbeitsmethoden zur Untcrsucluuig des intermediären Stuffweclisels. 12H7
Leick und Winckkr i) IuiIjou mit dersclhon .Mi'tliode auch für die Hcrz-
vorfcttunf'' bei l'-\'eriiiftuni>- die Kntstcliun^- auf dem Wciie der Fcttein-
Avandcrung- aus don Depots siclierj^estellt. Zur l'utersucliuug des verfetteten
Herzmuskels sind nur die mittleren Scliiehten des Herzmuskels heranzuziehen.'-)
Über die Fettbestimmunt;- in den fettig degenerierten ( )rganen und
über die Methoden der Charakteiisierung des Organfettes siehe dieses
Werk. Bd. II, S. 199 und Bd. V, S. 477. /u beachten ist, da(i nach Rosrn-
fdd speziell in der Niere des Menschen die makroskopische und mikro-
skopische Schätzung des Fettgehaltes vollständig versagt: der ..\'erfettung"
im morphologischen Sinn entspricht nicht immer eine wirkliche Vermehrung
des Fettgehaltes.
J. Störungen der Respiration.
Die menschliche Pathologie bietet häufig Gelegenheit, den Stoffwechsel
bei Sauerstoffmangel zu untersuchen. Eine Erschwerung der \'ersorgung
der Gewebe mit 0 kann durch verschiedene Momente verursacht sein :
Durch Atmung in verdünnter Luft , durch Störung der äußeren Respiration
(Lähmungen und Krämpfe der Atmungsmuskel, Stenose der Atmungswege,
Erkrankungen der Lunge, des Herzens): durch Erkrankung des ()-Trägers
im Blut (CO- Vergiftung, schwere Anämien) und endlich durch Störung
der Kespiration der Gewebe (Blausäurevergiftung). Bei all diesen Prozessen
hat man öfters Stoffe im LTrin gefunden, welche als intermediäre Stoffe,
als Produkte einer unvollständigen Oxydation gedeutet worden sind.
So besonders die Milchsäure bei schweren Herzfehlern ( Voges,
Zueher), bei hochgradiger Anämie (Hoppe- Sei/ler), in der Agone firisaua),
bei der CO-Vergiftung (Münzer und Palma); vielleicht gehört auch die
Milchsäureausscheidung nach dem epileptischen Anfall (Araki, liohde)
hierher. Über den Nachweis der Milchsäure im Urin und im Blut siehe
dieses Werk. Bd. II, S. 28 und Bd. V, S. 1254.
Ferner Traubenzucker; sehr häufig wurde dieser bei der CO-\"er-
giftung gefunden; bei schwerer Dyspnoe dagegen in der Kegel nicht. Samujn
erwähnt zwei Fälle, in welchen nach lang bestehender Dyspnoe der Zucker-
gehalt des Blutes vermehrt war. Faul Mayer hat angegeben, daß bei
dyspnoischen Zuständen verhältnismäßig oft Glykurousäure als unvoll-
ständiges Oxydationsprodukt des Zuckers im Harn gefunden wird.
Frerichs und Wühler l)etrachten die Oxalsäure als Produkt einer
unvollständigen Oxydation der Harnsäure.
van Hoogenhuyze und Verploegh^) haben ihre Kreatinin- und Ivn>atin-
ausscheidung in Utrecht, auf dem Col d"ol"u (2000///) und auf der
') Leick und Wincklcr, Die Herkunft des fettes hol F'ettmetaniorphnse des Herz-
leisches. Archiv f. exp. Patliol. u. IMiarm. Bd. 48. 8.163 (l')02|.
'-) Krehl, Über fettige Degeneration des Herzens. Deutsches Archiv f. kliu.
ledizin. Bd. 51. S.416 (1893).
^) lati Jloor/enhui/zc und \'erplo('(ih , t)bi'r den Einfluß von Sauerstoffarniiit .nif
ie Kreatininausschcidung. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 59. S. IUI (1909).
2^238 ^^^'^ Neubauer.
Margheritahütte (4560/«) bei gleicher Kost verglichen. In der Höhe war
die Kreatininausscheidimg gesteigert. Sie sehen dies als eine Folge des
Sauerstoffmangels an, da auf dem Col d'Olen bei Einatmung von reinem
Sauerstoff die Kreatininmenge wieder sank.
Eingehende Untersuchungen ermögUchen erst Tierexperimente.
Um Fl espirations Störungen bei Tieren künstlich hervorzurufen,
bediente sich Senator ^) der Einschnürung des Thorax durch eine elastische
Binde, die nach Bedürfnis mehr weniger fest angezogen werden konnte.
Das Verfahren hat vor anderen (z. B. dem früher geübten der Einspritzung
von Öl in die Luftröhre) den Vorteil, daß es jede Körperverletzung ver-
meidet. Senator beobachtete bei seinen Tieren wiederholt Glukosurie ; auch
fiel auf, daß der Harn stärker sauer wurde.
Simanowsky und Schoumoff^) behinderten die Atmung der Tiere
durch Umschnürung der Trachea; sie fanden, daß solche Tiere eine Störung
des Oxydationsvermögens darbieten, indem sie von eingegebenem Benzol
einen viel kleineren Teil zu Phenol oxydieren als normale.
Reale und Boeri^) hinderten die Atmung von Hunden durch ein
Sayresches Gipskorsett: sie fanden eine Steigerung der Oxalsäureaus-
scheidung.
F. Hoppe-Seyler und seine Schüler Stroganow und Äraki erzeugten
Dyspnoe durch ungenügende 0-Zufuhr. Sie brachten die Versuchstiere in
einen ziemlich luftdichten Holzkasten oder unter eine Glasglocke. Sie sorgten
dafür, daß die ausgeatmete CO2 durch Kalilauge absorbiert und immer
wieder durch atmosphärische Luft ersetzt wurde; der 0-Gehalt nahm infolge-
dessen langsam ab und die Dyspnoe entwickelte sich ganz allmählich. Bei
einem Gehalt der Atmungsluft von ungefähr 3"5Vo 0 tritt der Tod ein.
Abbildung des Apparates siehe bei Stroganow und bei Hoppe-Segler. *)
Man kann zu derartigen Versuchen auch N und 0 (oder atmosphärische
Luft) aus Bomben in beliebiger Weise mischen und durch die Glasglocke
durchleiten.
Äraki ^) fand mit der Hoppe-Seglerschen Versuchsanordnung bei
Hunden und Hühnern fast immer Zucker und Milchsäure im Harn.
') Senator, Experimentelle Untersuchungen über den Einfluß der Respirations-
störungen auf den Stoffwechsel. Virchows Archiv. Bd. 42. S. 1 (1868).
-) SimanoivsTcij und Schoxitnojf, tlber den Einfluß der Alkalien und des Morphiums
auf die physiologische Oxydation. Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 34. S. 251 (1884).
^) Reale und Boeri, t)ber die Bildung der Oxalsäure im Organismus bei Sauer-
stoffmangel. Wiener med. Wochenschr. 1893. S. 1545.
■*) Stroganow, Beiträge zur Kenntnis der Oxydationsprozesse im normalen und Er-
stickungsblute. Arch. f. d. ges. Phys. Bd. 12. S. 18 (1862). — Hoppe-Setßer , Bemerkungen
zu der Mitteilung von Herrn D. Äraki. Zeitschr. f. phys. Chemie. Bd. 19. S. 476 (1894).
') Äraki, Über die Bildung von Milchsäure und Glykose im Organismus bei
Sauerstoffmangel. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 15. S. 335 (1891). — tfber die chemi-
schen Änderungen der Lebensprozesse infolge von Sauerstoffmangel. Ebenda. Bd. 19.
S. 422 (1893).
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des intermediären Stoffwechsels. 1239
P. Mai/cr^) erzeugte hei einem Kaiiiiichcii Hyspuoe. iiuieiii ei' in
die Trachea ein Cilasrohr mit (iummisclilaiah und (^)uet.scliliuhn eiiiband.
Im Harn der nächsten 12 Stunden koimte er nicht nur Zucker, sondern
auch erhebliche Mengen von gepaarter (ilykuronsäure nachweisen. Er
faßt die Glykuronsüure als Prochikt einer unvollkommenen Zuckerver-
brennung auf.
Störungen des O-Austausches der Gewebe dui'ch experimentell gesetzte
Anämie suchte Araki-) durch ausgiebige Aderlässe zu erreichen (bei
Kaninchen 60 — 100 cw/'', bei mittelgrolien Hunden bis zu ca. 800 cm^;. Er
konnte aber keine abnormen Substanzen im Harn finden.
Ferner gibt es eine Reihe von Giften, deren Wirkung als Folge
gestörter 0-Atmung aufgefaßt wird.
In erster Linie steht hier das Kohlenoxyd, das bekanntlich mit
dem Hb des Blutes eine feste Verbindung eingeht, so daß dieses seiner
Funktion als 0-Überträger nicht mehr nachkommen kann. Im Harn
der vergifteten Tiere hat man fast regelmäßig Zucker {likhardson^)
und Milchsäure (Araki'^) gefunden. Zuntz deutete die Befunde bei CO-
Vergiftung als Folgen einer Beeinträchtigung der Oxydationsvorgänge;
doch ist diese Auffassung nicht sicher bewiesen (es ist auch die Hippur-
säuresynthese gehemmt).
Zur experimentellen CO-\'ergiftung hat man Hunde, Kaninchen und
Hühner verwendet. Die Verwendung von Leuchtgas ist, da dieses auch noch
andere giftige Stoffe enthält, zu verwerfen. Besser ist schon die Verwendung
von Kohlendunst, z. B. das Aufstellen eines mit Steinkohlen gefüllten AVind-
ofens. *) Am richtigsten ist es, reines CO-Gas herzustellen, entweder durch
Erhitzen von konzentrierter Ameisensäure oder von gelbem Blutlaugensalz
mit konzentrierter Schwefelsäure. Das gebildete Gas wird mit konzen-
trierter Schwefelsäure und Kalilauge gewaschen und in einem Gasometer
aufbewahrt.
Die Vergiftung erfolgt entweder in der Weise, daß man das Tier
in einen abgeschlossenen, mit Cü-haltiger Luft gefüllten I\aum bringt (Glas-
glocke. Kasten), oder indem man das in einem Gasometer vorrätig ge-
haltene CO durch eine aus Tierblase bestehende Maske inhalieren läßt: die
Einatmung erfolgt nicht direkt aus dem Gasometer, sondern aus einer je
nach P)edarf gefüllten Tierblase, die mit der Maske durch ein T-I{(»hr ver-
') P. Mayer, Über unvollkonimcno Zuckcroxydatiou im Organismus. Deutsche
med. Wocheuschr. Jg. 27. S. 243 u. 2(52 (15)01).
-) Araki, Über die chemischen Andcrunireu der Lebensprozesse infolge von
O-Mangel. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 19. S. 422 (1893).
^) Hichanlson, Lccturo on diabetes delivered at the Grosvenorplace. Medic. Times
and Gazette. Vol. 1. p. 233 (1862).
*) Eiefel und Polcck, Über Kohlendunst und Leuchtgasvergiftung. Zeitschr. f.
Biol. Bd. 16." S. 277 (1880).
1240 Otto Neubauer.
blinden ist {Straub'^). Die Dosierung ist ziemlich schwierig. Sie muß nach
den eintretenden Vergiftungserscheinungen geregelt werden. Die ^'ergiftung
•darf nicht zu schwach sein, wenn es zu den charakteristischen Erscheinungen
der Stoffwechselstörung kommen soll. Hunde läßt man so lange CO einatmen,
bis Krämpfe eintreten; dann muß man aussetzen, weil sonst die Tiere zu-
grunde gehen. Wenn Herzstillstand droht, so muß künstliche Atmung einge-
leitet werden. In der Regel erholen sich die Tiere sehr rasch wieder von
der Vergiftung. Es empfiehlt sich, die Vergiftung im Laufe von 1 — 1 1/2 Stunden
4 — 5mal zu wiederholen. Nach der 3. und 4. Vergiftung muß man eine etwas
längere Pause eintreten lassen. Das Tier kann jeden Tag zu neuen Versuchen
verw^endet werden, da weder chronische Vergiftung, noch Angewöhnung
eintritt. 1)
Will man mit Sicherheit (Hvkosurie erzeugen, so verwendet man
reichlich, speziell mit Eiweiß, gefütterte Tiere.
Hungertiere (3 — Stägiges Hungern) bekommen durch CO keine Gly-
kosurie. Sie sind daher geeignet zur Entscheidung der Frage nach der
Quelle des bei der Vergiftung ausgeschiedenen Zuckers. Man kontrolliert
zunächst, daß das Tier bei CO-Vergiftung im Huugerzustande keinen
Zucker ausscheidet und gibt dann erst die zu prüfende Substanz. So wurde
gefunden, daß beim CO-Diabetes in Zucker übergehen: Fleisch, Eier-
eiweiß, Leim, Asparaginsäure, Glutaminsäure, die alkohollöslichen Pro-
dukte aus Pankreas verdautem Fibrin; dagegen nicht: Traubenzucker (!),
Milchzucker, Stärke (!), alkohoUösUches „Pepton'", die basischen Substanzen
der Eiweißverdauung, Leuzin.
Milchsäure findet sich im Harn der CO-vergifteten Tiere dagegen
auch im Hungerzustande. 2) Es ist festgestellt, daß CO-vergiftete Tiere im
Gegensatz zu normalen zugeführte Milchsäure nur sehr schlecht verbrennen,
daß also wohl eine Hemmung der Abbauprozesse vorliegt. Die CO-Vergif-
tung dürfte sich deshalb zu Studien über die Quellen dieses wichtigen
intermediären Stoffwechselprozesses eignen.
Auch bei vielen anderen Stoffwechselgiften hat man angenommen, daß sie durch
Beeinträchtigung der 0-Atniung wirken. ^)
So sollen die Blutgifte (Nitrite, Amylnitrit, Nitrobenzol, Anilin, Toluylendiamin.
Pyrogallol, Galleusäuren, Arsenwasserstoff usw.) durch Zerstörung der roten Blutkörper-
chen dazu führen, daß die Gewebe nicht mehr genügend mit 0 versorgt werden.
*) Straub, Über die Bedingungen des Auftretens der Glykosurie nach der CO-Ver-
giftung. Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 38. S. 139 (1897). — Bosenstein, Über den Ein-
fluß der Nahrung auf die Zuckerausscheidung beim CO-Diabetes. Arch. f. exp. Pathol. u.
Pharm. Bd. 40. S. 363 (1898). — Yamossy, Beitrag zur Kenntnis des Kohlenoxyddiabetes.
Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 41. S. 273 (1898). — S. Weber, Über die Beeinflussung
des Stoffwechsels durch einige pharmakologisch wichtige Stoffe. Ergebnisse der Physio-
logie. Jg. III. Biochemie. S. 233 (1904).
^) Araki, Über die Bildung von Milchsäure und Glykose im Organismus bei Sauer-
stoffmangel. Zeitschr. f. physiol. äiem. Bd. 15. S. 335 (1891).
^) S. 0. Loewi, Arzneimittel und Gifte in ihrem Einfluß auf den Stoffwechsel in
V. Noordens Handbuch der Pathologie des Stoffwechsels. Bd. 2. S. 692 (1907).
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des intermediären Stoffwechsels. 1241
Andere Gifte dürften die O-Atmung dadurch stören, daß sie die Atmung und
Zirkulation beeinträchtigen : Narkotika in großen Dosen (Athor, Aceton. Chloroform,
Morphium), Curare; die Krampfgifte (Strychnin) außerdem auch noch dadurch, daß
sie gleichzeitig durch die Ausliisung der Kriinipfo eine Steigerung des ()- Bedürfnisses
verursaclien.
Von der Blausäure wird angenommen, daß sie direkt die Oxydationsenergie
der Zellen beeinträchtigt.')
Auch die Stoffwechsclgifte, welciie (wie der Piiosphor) eine Verfettung der Organe
bedingen (s. oben S. 1232), setzen die Oxydationsprozesse herab.
Es ist bemerkenswert, dal» man bei all dicken verschiedenen Ver-
giftungen geradeso wie bei Dyspnoe so häufig Zucker und Milch-
säure im Harn gefunden hat: danach ist es in der Tat wahrscheinlich, da!)
bei diesen Vergiftungen Störungen der ( )xydationsprozesse vorliegen : doch
sind die Verhältnisse sicher viel komplizierter als bei der einfachen Be-
hinderung der äulieren Atmung. Das ist wohl der Orund . warum diese
Vergiftungen zur Erforschung des intermediären Stoffwechsels so wenig
herangezogen worden sind, mit Ausnahme der T-Vergiftung, bei der aber
die besondere Schädigung der Leber einen sehr wesentlichen Anteil an
dem Krankheitsbilde hat.
Die meisten Autoren haben das Auftreten der genannten patholo-
gischen Produkte (Zucker. Milchsäure, ^'ernlehrung der Oxalsäure, des
Kreatinins, der Glykuronsäure) im Harn bei P)ehinderung der Atmung so
aufgefaßt, daß diese Stoffe Zwischenprodukte des normalen intermediären
Stoffwechsels seien, die aber infolge des gesetzten ( )-Mangels der weiteren
Oxydation entgehen. Demgegenüber muß aber betont werden, daß mög-
licherweise unter dem Einfuß des O-Mangels die Stoffwechselprozesse von
vornherein ganz anders verlaufen als unter den gewöhnlichen Lebensbedin-
gungen.
K. Anoxybiose.
Die gleiche F'rage ergibt sich, wenn man die Erfahrungen, die beim
Leben unter vollständigem Ausschluß des O gewonnen worden sind, zur
Aufklärung intermediärer Vorgänge verwerten will. Nur dann, wenn die
Besonderheiten des anoxybiotischen Stoffwechsels so zu erklären sind, daß
infolge Sauerstoffmangels die Abbauprozesse vorzeitig ahgebrochen werden,
darf man seine Endprodukte mit den Zwischenprodukten des oxybiotischen
Stoffwechsels identifizieren.
Warmblüter sind zu Versuchen unter vollständig ano.xybiotischen
Bedingungen nicht geeignet, weil sie bei vollständigem Sauerstoffmangel
sofort zugrunde gehen. Eine Ausnahme machen nur die ..heterothermen"
Tiere während des Winterschlafes, währenddessen sie sich wie Kaltblüter
verhalten. 2) In diesem Zustande bleiben sie im sauerstoffreien Baum o'mo
^) Zillessen, Über die Bildung von Milchsäure und Glykose in den Orgauen bei
gestörter Zirkulation und liei der Blausäurevergiftung. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 15.
S. 387 (1891).
^) Siehe Merzbacher, Allgemeine Physiologie des Winterschlafs. Ergebnisse der
Physiologie. Jg. 3. Biophysik. S. 214 (1904).'
]^942 ö**o Neubauer.
Zeitlang am Leben. So hSitKoeninck^) Fledermäuse in einem abgesperr-
ten Raum von 140 cw^ entsprechend etwa 2^ cm^ Sauerstoff bis zu zwei.
Tagen am Leben erhalten. Ähnliche Erfahrungen haben RekjnauU und
Reiset an winterschlafenden Murmeltieren gemacht.
Anoxybiotisch verlaufen ferner die Prozesse bei der Autolyse von
Warmblüterorganen (siehe unten).
Darauf, daß Kaltblüter in ()-freier Luft zu leben vermögen, hat
Pflügev^) die allgemeine Aufmerksamkeit gelenkt. Er brachte Frösche,
nachdem er ihre Lungen unter Hg gut ausgedrückt hatte, in reinen N
unter eine mit schmelzendem Eis gekühlte, durch Hg abgeschlossene Glas-
glocke. Die Tiere blieben mindestens IIV2 Stunden am Leben, bei vöUiger
Integrität ihrer wesentlichen Funktionen; dann traten Lähmungen auf,
doch erholten sich die Tiere wieder, wenn sie an die Luft gebracht wurden.
E. Lesscr 3) hält die Frösche (Winterfrösche) in Rezipienten von
IV2 1 Lihalt, die unter Wasser oder Hg versenkt sind ; es wird reiner
N hindurchgeleitet. Zur Verwendung kommt N aus Bomben; er muß von
beigemengtem () gereinigt werden, indem er durch ein Pettenkofersche&
Rohr mit Cu-Spiralen und NH3 und CO3 (NH4)2 geleitet wird; zur völligen
Entfernung des Sauerstoffes passiert er dann noch zwei Gaswaschflaschen,
die mit alkahscher Pyrogallollösung (KOH 75 Vo mit 10 Vo Pyrogallussäure)
gefüllt und in heiße Wasserbäder (70 und 90") versenkt sind; weitergeht
der Gasstrom durch eine mit öVoig^i' ^^^^ gefüllte und durch kaltes
Wasser gekühlte Gaswaschflasche. Lesser hat unter diesen Bedingungen
den Gaswechsel und die Wärmeabgabe untersucht und eine Abnahme von
Glykogen festgestellt. Eine Untersuchung des Harns auf abnorme Produkte
liegt noch nicht vor.
Daoeo-en sind an niederen Tieren eine Reihe von solchen Stoff-
Wechseluntersuchungen ausgeführt worden.
Bunge *) hat in den Eingeweidewürmern Tiere gefunden, die normaler
Weise ohne 0 leben. Er verwendete den im Dünndarm der Katze lebenden
Spulwurm, Ascaris mystax, der relativ widerstandsfähig ist und sich lebhaft
bewegt. Ein 10 cm^ langes, 12 cm^ fassendes Reagensglas wird etwa zu
einem Drittel mit Hg gefüllt: das Hg wird gekocht. Sobald es sich ein wenig
abgekühlt hat. wird der übrige Raum mit iVoiger NaCl-Lösung gefüllt.
Auch diese Lösung wird durch Kochen von Luft befreit. Sobald die Lösung
auf Körpertemperatur abgekühlt ist, werden Spulwürmer, die dem Darm
einer soeben getöteten Katze entnommen sind, in das Reagensglas gebracht;
1) Koeninck, Versuche und Beobachtungen au Fledermäusen. Arch. f. Anatomie u.
Physiol. Abt. f. Physiol. 1899. S. 389.
2) Pßih/er, Physiologische Verbrennung im lebenden Organismus. Arch. f. d. ges.
Physiol. Bd. 10. S. 251 (1875).
ä) E. Lesser, Das Verhalten des Glykogens der Frösche bei Anoxybiose und Resti-
tution. Zeitschr. f. Biol. Bd. 56. S. 467 (1911).
■») Bunge, Das Sauerstoffbedürfnis der Darmparasiten. Zeitschr. f. physiol. Chem.
Bd. 8. S. 48 (1883). — Weitere Untersuchungen über die Atmung der Würmer. Ebenda.
Bd. 14. S. 318 (1889).
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des intermodiaron Stoffwechsels. 124;'>
dieses wird dann mit dem Djuinicn verschlossen. imi^M'kehrt. in eine Hl»--
Wanne ^etancht und. in senkrechter SteHnn^' fixiert, hei ;-i5— 89° gehahen.
Die Tiere bleiben 4—6 Taj^^e am Lehen. \'eisn(Iie. die Tiere durch
Halten in Nährlösungen länuer am Loben /n erhalten, scheiterten daran,
dali die Lösungen sich bakteriell zersetzten.
Die gröüte der bekannten Ascarisarten. A. niegaloceithala des Pferdes,
erwies sich leider als sehr wenig resistent.
Als sehr bequemes Versuchsobjekt bezeichnet Bunt/r die im Darm
des Hechtes lebende Ascaris acus, weil sie bei Zimmertemperatur am Leben
erhalten werden kann (4 — 6 Tage).
Die wichtigsten Untersuchungen sind an Ascaris lumbricoides
aus dem Darm des »Schweines angestellt. Schon liuuf/r fand, dal» bei diesem
Tier als Zersetzungsprodukt neben CO., eine flüchtige Fettsäure auftritt.
Wc/)iland^) konnte die Tiere aus dem Schlachthofe meist ziemlich reich-
lich erhalten. \'or Beginn des Versuches wurden sie in erwärmter NaCl-
Lösung gewaschen und auf Filtrierpapier getrocknet. Dann wurden die
Würmer in ein verschließbares Gefäü gebracht, das fast vollständig mit
ausgekochter P/oig^r NaCl-Lösung gefüllt war (gewöhnlich '60 — 90// Asca-
ris in 700 — 900 cm^ Wasser) In dem fest verschlossenen Oefäße wurden
sie bei Körpertemperatur, meist auch vor Licht geschützt gehalten, lebten
so 4 — 6 Tage; durch Durchleiten von CO., kann man ihre Lebensdauer
etwas verlängern. Soll der Gaswechsel untersucht werden, so bringt man
die Tiere in einen fest ver.schlossenen, bis auf einen geringen Kaum mit
NaCl-Lösung gefüllten Kolben, in den zwei Glasriihren führen: die eine, i)is
auf den Boden reichende, dient zur Gaszufuhr; sie wird durch ein kleines
Holzstückchen so weit verengt, daü die Tiere nicht hineinkriechen können;
die andere Glasröhre reicht nur in den über der Flüssigkeit stehenden (Ja.s-
raum und dient zur Abfuhr des Gases. Im übrigen ist die \'ersuchsanord-
nung so wie bei anderen Bespirationsversuchen.
Auch außerhalb des K(»rpers lebende Würmer können unter anow-
bioti.schen Bedingungen gehalten werden, z. l». Anguillula aceti. Gordius
aijuaticus. Zu Versuchen geeignet ist auch der Blutegel.-)
Lesser ^) verwendete zu vergleichenden \'ersuchen ül)er oxybiotischen
und anoxybiotischen Stoffwechsel Regenwürmer. Lumbricus herculius Savign.
(= L. terrestris L.) und Allolobophora foetida Savign, Die Tiere wurden
^) Weinland, Über den Glykogeiigehalt einiger parasitärer Würmer. Zeitschr. f.
Biol. Bd. 41. S. C'J (1901). — Über Ivohlenhydratzersetzung ohne Sauerstoffaufnalinien
bei Ascaris, einem tierischen Gärungsprozeß. El)cnda. I5d. 42 S. 5.'i 1 11)01). — Über
die von Ascaris lumbricoides ausgeschiedene Fettsäure. Kbenda. Bd. 45. S. 113 (liK>4).
— Über die Zersetzung stickstoffhaltiger Substanzen bei Ascaris. Kbenda. Bd. 4ö.
S. 517 (1904).
*) I'iitter, Der Stoffwechsel des Blutegels (Ilirudo medicinali^-). Zeitschr. f. allg.
Physiol. Bd. 6. S. 217 (19(J7).
^) E. Lesser, (Chemische Prozesse bei Regenwürmeni. I. -Mitt. Zeitschr. f. Biol.
Bd. 50. S. 421 (1908). — II. Mitt. Ebenda. Bd. 52. S. 2S2 (1909). - HI. Mitt. Kbenda.
Bd. 53. S. 533 {l\nO). — IV. Mitt. Ebenda. Bd. 54. S. 1 (1910).
1244 Otto Neubauer.
von Fischern gesammelt. Um sie erdfrei zu machen, hält man sie in einem
verdunkelten Raum in hohen, offenen Präparatengläsern, ohne Wasser und
ohne Nahrung. Täglich werden sie einzeln mit destilliertem Wasser ge-
waschen, dann auf Fließpapier getrocknet und in ein reines Gefäß ge-
setzt. Nach 8 — 10 Hungertagen ist die Hauptmenge der Erde aus dem
Darm ausgeschieden. Die Versuche werden im Hungerzustande durchgeführt.
Zur Untersuchung des anoxybiotischen Stoffwechsels kommen die Tiere
für 5 — 6 Stunden in den oben (S. 1242) zur Untersuchung von Fröschen
bestimmten Rezipienten. Reiner N wird durchgeleitet, das austretende Gas
analysiert. (Abbildung des verwendeten Respirationsapparates siehe Mittei-
lung IV, S. 4. ) Außer der anoxybiotischen Periode wird auch die darauffolgende
„Restitutionsperiode" untersucht. Durch Analyse der Tiere vor und nach
dem anoxybiotischen Versuch läßt sich eine starke Abnahme des Glykogens
nachweisen: gleichzeitig häuft sich in den Tieren eine flüchtige Fettsäure,
wahrscheinlich Valeriansäure an, die als Abbauprodukt des Glykogens an-
zusehen ist. Wichtig ist, daß in der Restitutionsperiode der respiratorische
Quotient erhöht ist: das macht es unwahrscheinlich, daß die während des
Lebens ohne Sauerstoff abgelagerte Fettsäure nachher vollständig oxydiert
wird. Das spricht gegen die Annahme, daß der anoxybiotische Stoffwechsel
als ein wegen des 0-Mangels vorzeitig abgebrochener normaler Stoffwechsel-
vorgang zu deuten ist.
Sehr zahlreiche Untersuchungen über den Stoffwechsel unter anoxy-
biotischen Verhältnissen sind an der Hefe und an höheren Pflanzen aus-
geführt. 1)
L. Andere Stoffwechselstörungen.
Es gibt uoch eine große Reibe von Stoffwechselstörungen, die bisher zum Studium
des intermediären Stoffwechsels noch nicht herangezogen werden konnten. Zum Teil
liegt das daran, daß die chemische Natur des betreffenden pathologischen Produktes
noch nicht aufgeklärt ist (Körper der Ehrlichschen Diazoreaktion, Substanz der Char-
cof-Let/den^cheii Kristalle), zum Teil daran, daß es sich mehr um quantitative als um
qualitative Änderungen des Stoffwechsels handelt. Dies dürfte z. B. in der Hauptsache
für diejenigen Krankheiten gelten, welche mit einem pathologisch gesteigerten Eiweiß-
zerfall einhergehen (Fieber, Karzinose, Basedowsche Krankheit, verschiedene Vergiftun-
gen). Die Erwartung, daß man in diesen Fällen im Harn unvollständig zersetzte Pro-
dukte des intermediären Stoffwechsels auffinden würde, hat sich im allgemeinen nicht
erfüllt, wenn auch gewisse Befunde [wie das veränderte Verhältnis von C:N im Harn ^)
und die erhöhte Oxyproteinsäureausscheidnng bei Karzinose^)] daraufhinweisen, daß solche,
derzeit aber noch nicht genügend bekannte Produkte vorkommen können. In manchen mit
gesteigertem Eiweißzerfall einhergehenden pathologischen Prozessen (Oxalsäurevergiftung,
Phlorhizinvergiftung, Krebskrankheiten usw.) hat man eine Vermehrung der Phenole und
des Indoxyls des Harns gefunden und diese Substanzen als Produkte eines abnormen
*) Literatur siehe bei Lesser, „Das Leben ohne Sauerstoff". Erg. d. Physiol. Jg. 8.
S. 742 (1909).
-) Mac/mis- Ahleben, i)ber die Ausscheidung des Kohlenstoffs im Harn. Hab. -Schrift.
Berlin. 1909!
') Salomon und Saxl, Über einen Harnbefund bei Karzinomatösen. Beitr. z. Kar-
zinomforschung. Heft 2. 1910.
Arbeitsmetiioiloii zur Untorsucluuig iks iiitermcdiäroii Stnffworlisols. 1 :i4ö
Eiwoißzeifalls gedeutet. Doch ist diese Deutung sehr anfechtliar und kann zur Auf-
klärung des intci'mediiiren Stoffwechsels nicht verwertet werden.
Auch hei der Steigerung des Purin^t(lffwochsels, wie sie z. H. licj der Leukämie
beobachtet wird, und wie sie auch künstlich durch Köntgeuhestrahluug erzeugt werden
kann, sind nur <iuantitative Veränderungen des Stoffwechsels bekannt gi-worden.
Etwas Ähnliches gilt von den Stoffwechselstörungen, die bei den Erkrankungen
der „Drüsen mit innerer Sekretion" eintreten, wenn man von der Zuckerausscheidung
absieht.
Auch die urämische Stoffwechselstörung hat sich bisher zur EntscheiduuL' vnn
Fragen des intermediären Stoffwechsels nicht heranzielR'u lassen.
III. Untersuchungen an isolierten Organen.
Vorsuche an isolierten Oraanen können die Untersnchnn.ucn am in-
takten Organismus ergänzen und kontrollieren. Sie bieten den \orteiK
daß zur völligen Zersetzung' der Körpersubstanzen wohl hiiufig die .Mit-
wirkung' mehrerer Organe nötig ist, und daß infolgedessen in isolierten Or-
ganen leichter intermediäre Produkte gefaßt werden können: so geht die
Zersetzung der Buttersäure, des Leuzins in der isolierten Leber nicht bis
zu CO2 und H2O, sondt'rn nur bis zur Stufe der Acetessigsäiire ; bei der
Zersetzung von Zuckei- und Alanin durch die überlebende Leber entsteht
Milchsäure, die wohl auch im intakten Organismus entstehen düiite, hier
aber weiter verbrannt wird. Ferner geben die Untersuchungen an ein-
zelnen Organen gleichzeitig Aufschluß über die Lokalisation der ge-
fundenen Stoffw^^chselvorgänge. Ein Nachteil dieser Methoden ist es, daß
ein aus dem Zusammenhang mit den übi-igen Körperteilen gerissenes Organ
nicht mehr als völlig normal betrachtet werden kann . und dab sich auch
bei den besten Verfahren sehr bald Absterbeerscheinungen geltend machen.
Man wird also immer darauf gefaßt sein müssen, dali die hier beobachteten
Vorgänge von den normalen Lebenserscheinungen abweichen.
Wenn man von der bereits oben besprochenen sofortigen chemischen
Untersuchung frischer Organe absieht, kommen am frischen Organe zwei
prinzipiell verschiedene Methoden in Betracht : die Untersuchung des durch
künstliche Zirkulation und Respiration überlebend gehaltenen Organes
(Durchströmungsmethode) und die Untersuchung des völlig isolierten,
sich selbst überlasseuen Organs (Autolyse). Dazu kommt noch die l'nter-
suchung der fermentativen Eigenschaften von Organpulvern und Organ-
extrakten.
A. Durchströmungsmethoden.
Diese Methoden streben an , das isolierte ( )rgan möglichst voll-
kommen „überlebend" zu erhalten. Das Organ soll in gleicher Weise
arbeiten wie im intakten Organismus, abgesehen von den Wechselbezie-
hungen zu anderen Organen, mit Ausnahme des lllutes. Die gebräuch-
lichen Durchströmungsapparate sind in diesem Werke, üd. 111, S. i\'2] be-
schrieben.
1246
Otto Neubauer.
Eine neue Form des Brodiesdien Apparates , welche das Arbeiten
mit kleinen Blutmengen gestattet, und deshalb besonders dann von Vorteil.
ist, wenn man Organe kleinerer Tiere mit arteigenem Blut speisen will,
ist von Friedmann ^) angegeben worden.
Der Hauptunterschied gegenüber dem ursprünglichen Brodieschen
Apparat besteht in der Ausführung- des Blutreservoirs. Dieses (s. Fig. 268 Ä)
besteht aus zwei aneinander ge-
^'■g- -öS- schmolzenen und durch ein eng-
maschiges Silbernetz voneinander
getrennten Glaskugeln. Es be-
findet sich in einem mit Wasser
gefüllten Wärmekasten, der zwei
mit Gummistopfen versehene Öff-
nungen zum Eintritt der Zu-
leitungs- und Aldeitungsröhren
l)esitzt. Das Blut strömt in die
untere größere Kugel des Blut-
reservoirs ein und fließt durch
ein an dem tiefsten Punkt ange-
schmolzenes, rechtwinkelig ge-
bogenes iVnsatzstück wieder aus.
Es passiert dann den Blasen-
fänger B (eine kleine Kugel in
die zwei gebogene, kapillar aus-
gezogene Röhren münden, das
zuführende an der höchsten, das
abführende an der tiefsten Stelle
der Kugel: Luftblasen können
durch einen angeschmolzenen
Glashahn aus dem Blasenfänger
entfernt werden); darauf gelangt
es in eine kleine Ausbuchtung mit
einem Thermometer und dann in
das Organ. Das aus dem Organ abfließende Blut strömt durch einen
Gummischlauch und ein Glasrohr (a) in einen rechtwinkelig gebogenen
Vorstoß (s. Fig. 269). In diesen führen noch zwei andere Röhren; die eine
von ihnen (b) dient dazu , das aus dem Blasenfänger abgelassene und
das von dem Organ äußerlich abtropfende, in einem Zylinder gesammelte Blut
anzusaugen : die andere, mit Gummischlauch und Quetschhahn armierte (c)
vermittelt die Kommunikation mit der äußeren Luft. Der Vorstoß enthält
ein leicht auswechselbares, mit Gummi an eine kurze weite Glasröhre (^)
befestigtes Gazesieb (s) , das dazu bestimmt ist, feine Gerinnsel zurück-
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^) E. Friedmann, Zur Technik der Durchströmung überlebender Organe. Biochem.
Zeitschr. Bd. 27. S. 87 (1910).
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des inteniiediilren Stoffwechsels. 1247
Fig. 269.
zuhalten. In den uii teren Teil des Vor.stolJes i.st eine KapillarerAv eint^escliniolzen,
(liircli die der 0 während der Durchhlutnn^ cin^eleilct wird. Da.s verjiinj;te
Hilde des Vorstoßes führt das Uliit zur
Pumpe zurück. Die obere kleinere Ku-
izel des Blutreservoirs A (s. Fig. 268)
dient zum Abfangen des ersten Schaums.
In ihrem Hals befindet sich ein doppelt
durchbohrter Gummistopfen . durch
dessen eine Bohruii«^' ein rechtwinkelifi'
iieboiienes, kai)illar aus»-ezogenes Rohr
auf die tiefste Stelle der unteren Kuiiel
führt. Es dient als Ansatzstück beim
Kinleiten des Sauerstoffes zu Ik'iiinu
der Durchl)lutun<T , bis der gewünschte
Druck hergestellt ist. Durch die zweite
Bohrung geht ein kuzes, mit einem
(iiimniistopfen versehenes Rohr, das in
den Hals des Schaumreservoirs S mün-
det. Dieses ist eine Glaskugel, die noch
zwei Ansatzstücke trägt : eines an ihrem
tiefsten Punkte zum Ablassen des aus
dem Sehaura sich absetzenden Blutes und ein zweites an ihrem höchsten
Punkte, das in den Hals der Saugflasche mündet, in der gegebenen Falles
noch übersteigender Schaum aufgefangen wird, und die mit einem Über-
druckventil und einem Manometer verbunden ist.
Ein weiterer Vorteil des Frkdnianuschen Apparates besteht darin,
dal^ die Durchblutungs pumpe (Konstruktion derselben siehe das Original)
nicht, wie das beim ^roc^ieschen Apparat der Fall ist, mit den übrigen
Teilen in fester Verbindung steht.
Eines relativ einfachen , bei Vorhandensein eines Elektromotors leicht
zu improvisierenden Apparates bedienten sich 0. Xcufxiucr und Gro/J.^)
Als ..Herz" verwenden sie ein einfaches Klvsopomp H, das durch
einen Elektromotor vermittelst eines Exzenters K rhythmisch komprimiert
wird. Zwischen „Herz" und Organ ist ein Manometer M niid (in Luft-
fänger L eingeschaltet, der gleichzeitig zur Messung der Bluttemperatur
dient. Das abfließende Blut wiid durch Einleitung von 0 aus einer Bombe
arterialisiert und in einer If oM///scheii Flasche mit :'. Tiibiissen aufge-
fangen. Aufsätze wirken als Schaumfänger (s. Fig. 270).
Die Menge des durchströmenden Blutes soll den Verhidtnissen
im lebenden Organismus möglichst entsprechen. Zur Richtschnur seien
die durch ]00 r/ Organ pro Minute strömenden Blutmengen zusammen-
gestellt.
*) Otto Neubauer und Walther <h-oß, Über den Tyrosinabbiiu in d(M- künstlich
durchbluteten Leber. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 67. S. 21«) (1910).
1248
Otto Neubauer.
Für das Gesamttier, also für Aorta respektive A. pulmoiialis , hat
Zujitz^) beim Pferde berechnet:
in der Ruhe 8'3cm3
bei mittlerer Arbeit 15'2 „
bei maximaler Arbeit 70
Für das Herz des Hundes geben Bohr und Henriques^) an:
im Mittel 30
cnf
Fig. 270.
Elektromotor
Thermometer
Für den .Skelettmuskel (nach Chauveau und Kaufmann ^) :
in der Ruhe 16 cm^
bei der Arbeit 76 ,,
Für die Niere des Hundes fanden Landergren und Tigerstedt ») :
nach 24stündigem Hungern bOcm^
nach Einführen harntreibender Mittel . . . . 96 „
Für die Leber (Pfortader) berechnet Ref. aus den
Zahlen von Bech^) 70 „
1) Zuntz, Der Stoffwechsel des Pferdes. Berlin 1898.
-) Bohr und Henriques, Über die Blutmeuge , welche den Herzmuskel durch-
strömt. Skandiuav. Archiv f. Physiol. Bd. 5. S. 232 (1895).
') Landergren und Tigerstedt, Studien über die Blutverteilung im Körper. IL Ab-
handlung. Skandinav. Archiv f. Physiol. Bd. 4. S. 241 (1893).
*) Salaskin, t)ber das NHg in physiologischer und pathologischer Hinsicht und
die Rolle der Leber im Stoffwechsel N-haltiger Substanzen. Zeitschr. f. physiol. Chemie.
Bd. 5. S. 2448 (1898).
Arbeitsmethoden zur Untersuchung des intermediären Stoffwechsels. 1240
Untersuchungen an solchen künstlich (lurchslrünitcn Organen können
in mannigfacher Weise zur Aufklilrung interinediärei- Stoft'wechseljirozesse
dienen. Diirchströmnngsversnche ohne weiteren Zn.^atz .*^in(l imstande, die
rein analytischen rntersuchungeii frischer Organe zu ergiinzen. In künst-
lich durchbluteten Organen häufen sich mitunter /wischenprodiikte, die sonst
weiter verbrannt werden, in größerer Menge an inid werden so leichter
nachweisbar: z. B. Acetessigsäure *), Milchsäure'^), Harnsäure, /ncker-^)
Weitere Aufklärungen können Versuche bringen, in welchen dem
durchströmenden l>lute Substanzen zugesetzt werden, z. l\. solche, welche
als intermediäre Produkte bereits bekannt sind und deren Tbergang
in andere Substanzen man prüfen will, z. B. Übergang in (ihkogen *),
Milchsäure, Acetessigsäure^), Oxybuttersäure "), Harnstoff -j. Aminosäuren"),
Harnsäure. '■•) Durch vergleichende quantitative Untersuchung des Blutes
vor und nach der Durchströmung wird festgestellt, ob die zugesetzte
Substanz angegriffen worden ist, und ob das vermutete Kndiirodukt an
Menge zugenommen hat. Als Kontrollversuche müssen Durchströmungen
ohne Zusatz in genügender Zahl angestellt werden. Ferner muß auch das
durchströmte Organ selbst untersucht werden, zur Kontrolle auch gleich-
artige nicht durchströmte Organe.
Durchblutungen mit körperfremden Substanzen können
— ähnlich wie die Einführung körperfremder Substanzen in den (iesamt-
organismus — dazu dienen, um die chemischen Methoden kennen zu lernen,
welche dem Organisnms zur Verfügung stehen, i")
') Emhden und Lattes, ffber die Acetessigsäurebildung in der Leiter des dia-
betischen Hundes. Beitr. z. ehem. Physiol. u. Pathol. Bd. 11. b. 337 (1908).
'^^ Wyssokowitsch, Archiv f. (Anat. n.) Physiol. 1887. Suppl. S. 91.
*) G. Embden , Über Zuckerbilduag bei künstlicher Durchldutung der glykogeu-
freien Leber. Beitr. z. ehem. Physiol. u. Pathol. Bd. 6. S. 44 (1904).
*) E. Ki'dz, t)bcr Glykogenbildung im künstlich durchblutotcu Muskel. Zeitschr.
f. Physiol. Bd. 27. S. 237 (1890). — Weitere Literatur s. unten.
^) Literatur s. unten !
^) Friedmann und Mause, Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tier-
körper. XIL Mitt. Biochom. Zeitschr. Bd. 27. S. 474 (1910).
'') r. Schröder, Über die Bildungsstätte des Harnstoffs. Archiv f. cxp. Pathol. u.
Pharm. Bd. 15. S. 364 (1882). — Die Bildung des Harnstoffes in der Leber. Ebenda.
Bd, 19. S. 373 (188;")). — Salomon, über die Verteilung der Amni<uii;iksäurc im tieri-
schen (Organismus und über den Ort der Harnstoff bildung. Virchoirs Archiv. Bd. 97.
S. 149 (1884). — Schoetidorfl', In welcher Weise beeinflußt die Eiweilinahrung den Eiweiß-
stoffwechsel? Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 54. S. 420 (1893).
*) Emhden und Schmitz. Über synthetische Bildung von Aminnsäuren in der
Leber. Biochem. Zeitschr. Bd. 29. S. 423 "(1910).
^) Kowalewski/ und Salaskin, Ül»er die Bildung von Harnsäure in der Leber
der \öge\. Zeitschr. f. physiol. (Jhomi(>. Bd. 33. S. 210(1901). — Siehe auch Eri>dinann und
Mandel, Über die Bildung der Harnsäure in der \r)gellelier. Archiv f. exp. I':ith<>l. u.
Pharm. Supplementband. 1908. Festschrift f. Schmiedchen/. S. 199.
") Friedmann, Zur Kenntnis des Al)baues der Karbonsäuren im Ticrkurper
5. Mitt. Beitr. z. ehem. Physiol. u. Pathol. Bd. 11. S. \b\ (1902): 7. Mitt. el)enda. Bd. 11
S. 3G5 (1908); 8. Mitt. ebenda. Bd. 11. S. 371 (1908).
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitetnethodi>n. V. 79
1250
Otto Neubauer.
Vor den Experimenten am intakten Organismus haben diese Versuche den
Vorteil, daß sie gleiehzeitig auch über den 0 r t der beobachteten chemischen Pro-
zesse Aufklärung bringen. So wurde mittelst der Durchblutungsmethode für die
Leber allein festgestellt: U-Synthese i) , U-Bildungi), oxydative Desami-
nierung2), Pveduktion von a-Ketonsäuren 2) , Abspaltung von CO.,'''), Ace-
tvherung ^) , Atherschwefelsäurepaarung *) . Hippursäuresynthese &), Syn-
these von Oxybuttersäure aus Acetaldehyd. ^)
Einige wichtige Versuchsanordnungen mit Anwendung der Durch-
blutungsmethoden seien im folgenden beschrieben:
1. Glykogenbildung in der Schildkrötenleber.')
Unter den Kaltblütern ist die europäische Landschildkröte, Testudo
europaea, zur Ausführung von Leberdurchblutungen brauchbar, speziell zu
Untersuchungen über Glykogenbildung wurde dieses Objekt empfohlen. Das
1 — 11/4 kg schwere Tier wird in Rückenlage fixiert; die Verbindung zwischen
Haut und Brustschild wird mit der Säge durchtrennt; nachdem dann alle
Verbindungen mit der Haut vorn und hinten mit einem scharfen ^lesser
durchschnitten, und ebenso alle Muskeln an der Lmenfläche des Brust-
schildes gelöst sind (das Messer muii dabei, um stärkere Blutung zu
vermeiden, dicht dem Knochen entlang geführt werden), wird das Brust-
stück entfernt. Man sieht nun das unversehrt gebliebene Peritoneum mit
den beiden, das Blut in die Leber führenden Venae umbihcales. ^lan unter-
bindet sie an der Stelle, vvo sie zur Leber aufsteigen und bindet in die
linke eine Glaskanüle ein, durch welche später die Durchströmungsflüssig-
keit einfließen kann. Dann wird der Herzbeutel eröffnet und in das mittlere
der drei Gefäße des Bulbus arteriosus eine Kanüle so weit eingeführt, daß
ihre Spitze im Ventrikel selbst liegt. Aus ihr fließt bei der Durchströmung
das Blut aus. Hierauf wird der rechte Leberlappen vorsichtig von seinen
Verbindungen gelöst, eine Partie desselben mit einem schmalen Band ab-
gebunden, abgeschnitten (mit Schonung des ziemhch weit nach rechts
reichenden Sinus venosus), gewogen, sein Glykogengehalt bestimmt. Als
*) Literatur s. oben.
^) 0. Neubauer und H. Fischer, Beiträge zur Kenntnis der Leberfunktionen.
Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 67. S. 230 (1910).
^) 0. Neuhauer und 0. Warhurg, Über eine Synthese mit Essigsäiu-e in der
künstlich durchbluteten Leber. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. 70. S. 1 (1910).
*) Emhden und Glaessner, Über den Ort der Ätherschwefelsäurebüdung im Tier-
körper. Beitr. z. ehem. Physiol. u. Pathol. Bd. 1. S. 310 (1902).
^) E. Friedjnamt. und H. Tachan, Über die Bildung des Glykokolls im Tierkörper.
I. Biochem. Zeitschr. Bd. 35. S. 88 (1911).
«) E. Friedmann, Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper.
5. Mitt. Beitr. z. ehem. Physiol. u. Path. Bd. 11. S. 202 (1908).
'') K. Grube, Untersuchungen über die Bildung des Glykogens in der Leber.
Archiv f. d. ges. Physiol. Bd. 118. S. 1 (1907). — i)ber die kleinsten Moleküle, welche die
Leber zur Synthese des Glykogens verwerten kann. Ebenda. Bd. 121. S. 636 (1908).
Arbeitsmethodeu zur Untersuchung des intormcdiän>n Stoffwechsels. 12Ö1
I)urchleituiigsfliissi<ikeit diont L'imjersdw Lösung (1/ enthiilt 6y NaCl.
ü-2 KCl, 0-2 CaClo, Ol XaHCOa), der die zu priilondeii Stoffo /ui-esotzt
worden. Die DuR'liströmuniisflüssiijk'eit hefiiidot sich in oiiior Flascln', die
uiiton mit einem Tubus versehen ist und auf einem verstellharen Stativ
steht: die Durchleitung- geschieht hei einem Druck von löO- 200i»>;/ Wasser.
Die Schnelligkeit der Durchströmung wird durch die Herztätigkeit seihst
reguliert. Nach 2 — 3 Stunden wird die Durchleitung beendet, der durch-
strömte Leberlappen aus seinen Verbindungen gelöst, gewogen und zur
Glykogenbestimmung angesetzt. Bei der Deutung der Versuche ist zu be-
rücksichtigen, daß der Unterschied in dem Glykogen^ehalt beider Leber-
lappen von vornherein ziemlich groß sein kann (bis zu H2Vo ^)-
2. Acetessigsäurebildung in der Hundelelier (nach Knibdcn-).
Ein etwa 6 — 9 /.;(/ schwerer Hund (letzte Fütterung vor 24 Stunden)
wird in leichter Äthernarkose durch Verblutung aus beiden Femoralarterien
getötet; die Leber wird herausgenommen und in den Durchsti-ömuntrsapparat
eingeschaltet. 8 — 10 Minuten nach dem Tode ist die Durchblutung im
Gang. Als Durchblutungsflüssigkeit dienen 16U0 ein^ defibriniertes Kinder-
l)lut. Die zu untersuchende Substanz beginnt man zuzusetzen, sobald die
Temperatur des durchströmenden Blutes 400 erreicht hat, was meist in etwa
5 — 7 Minuten der Fall ist; der Zusatz erfolgt portionenweise, inner-
halb 20 Minuten. In genau gemessenen Teilen des Blutes vor und nach
der Durchströmung werden Bestimmungen des Acetons ausgefülu-t: das
Blut wird nach der von Schenck (dieses Werk, Band II. S. 1S4) für die
Blutzuckerbestimmung angegebenen Methode mit HCl und Sublimat ge-
fällt und in einem verschlossenen Gefäß aufbewahrt: 400- i)0() rm'^ des
Filtrates. die etwa 66 ^y'., cm^ Blut entsprechen, werden bis annähernd auf
die Hälfte ihres Volumens abdestilliert, und das Destillat nach M('sshi</er-
Huppert (siehe dieses Werk, Band 111, S. 906) mit —-J- Lösung titriert.
Eine getrennte Bestimmung von Aceton und Acetessigsäure ist möglich,
aber im allgemeinen nicht nötig. Aus den gewonnenen Zahlen wii-d die
Menge des während der Durchströmung gebildeten Acetons in .Millit:rammen
berechnet. In Versuchen, in welchen kein Zusatz gemacht wurde, schwankt diese
Menge zwischen 16 und 27 w?//; eine wesenthch stärkere Steigerung bedeutet,
daß die zugesetzte Substanz in Aceton (Acetessigsäure) übergegangen ist. Als
solche Acetessigsäurebildner haben sich erwiesen =^): Oxybuttersäure, Leuzin,
') Schöndorf und Grehc, Zur Frage der Entstehung von tilvkogcn aus P'orui-
aldehyd. Archiv f.d. ges. Physiol. Bd. 138. S. 525 (1911).
-) Embdeu und Eiif/el, Über die Acetessigsäure in der l-ohor. Beitr. z. ehem.
Physiol. u. Path. Bd. 11. H. 7 (lUOcS).
*) Almayia und Emhden, Über das .\uftreten einer flüchtigen, jodofornilnldenden
Substanz bei der Durchblutung der Leber. Beitr. z. ehem. Physiol. u. Pathol. Bd. 6. S. 59
(1905). — Emhden und Kalherioh, Über Acetonbildungen der Leber. Kbonda. Bd. S. S. 121
11906). — Emhden, Salamoii und Schmidt, Über Acettuibiidung in der Leiter. II. Mit-
teilung. Ebenda. Bd. 8. S. 129 (1906). — Emhden und Mars, Über Acctoubildung in der
79*
1252 Otto Neubauer.
Leuzinsäiire. Lsovaleriansäure, Isoamylamin, Isoamylalkohol, Isovaleraldehyd,
Isoleuziu, Methyläthylessigsäure, Tyrosin, rhenylalaiiin, Phenylmilchsäure,
p-Oxyphenylbreuztraiibeiisäure und Homogentisinsäure; eine große Reihe
von anderen Stoffen vermehrte die Menge des Acetons nicht. Aus diesen
Befunden ergeben sich wichtige Schlüsse auf die Wege des Abbaues von
Fettsäuren und Aminosäuren im Organismus, Schlüsse, welche die am
lebenden Objekt gewonnenen Resultate in glücklicher Weise bestätigen.
JS'eiibauer und Groß i) ziehen es vor, statt Rinderblutes das Blut des
Versuchstieres zu verwenden. Die Tiere werden durch subkutane Morphiumin-
jektion betäubt, eine erhebliche Blutmenge aus der Arteria femoralis ent-
nommen, defibriniert und im Verhältnis 1 : 2 mit Bingerscher Lösung und
der Lösung der zu prüfenden Substanz verdünnt. Von dieser Flüssigkeit wird
etwas mehr als das Dreifache des zu erwartenden Lebergewichtes (= 2'5 bis
4"OVo des Körpergewichtes) abgemessen und in den Apparat gefüllt. Dann
wird die Leber rasch herausgenommen, gewogen und in die Zirkulation ein-
geschaltet. Nach einigen Minuten wird der über das Dreifache des Leber-
gewichtes hinausgehende Überschuß an Strömungsflüssigkeit weggenommen;
er dient zur Bestimmung des Acetongehaltes vor der Durchströmung. Für
1/3 kg Leber, entsprechend 1 1 Durch Strömungsflüssigkeit, wurde z. B. in zwei
Kontrollversuchen ohne Zusatz gefunden: vor der Durchströmung 16"9
respektive 10"4 mg Aceton; nach 90 Minuten dauernder Durchströmung 'dij6
respektive 25-9 mg.
3. Bildung von Milchsäure in der Hundeleber (nach Embden^)
An künstlich durchbluteten Lebern läßt sich feststellen, daß Milch-
säure aus Kohlenhydraten (Glykogen, Traubenzucker. Lävulose), ferner
aber auch aus dem Eiweißspaltungsprodukt Alanin, sowie aus Glycerin
entstehen kann.
Zunächst läßt sich zeigen, daß bei der Durchblutung der stark gly-
kogenhaltigen Leber mit defibriniertem Rinderblut während 1 bis 2 Stunden
der Gehalt des Blutes an Milchsäure sehr erheblich zunimmt. Bei der
Durchblutung der glykogenfreien oder der sehr glykogenarmen Leber mit
Blut ohne besonderen Zusatz kommt es nicht zu einer Milchsäurevermeh-
Leber. III. Mitt. Ebenda. Bd. 11. S.318 (1908). — Embden unä Engel, Über Acetsäure-
büdung der Leber. Ebenda. Bd. 11. 8.323 (1908). — Embden, Über das Verhalten der
optisch isomeren Leuzine in der Leber. Ebenda. Bd. 11. S. 348 (1908). — Wirth, Über
den Abbau des Isoleuzins in der Leber. Biochem. Zeitschr. Bd. 27. S. 20 (1910). — Sachs,
Über den Chemismus des Leiizinabbaues in der Leber. Ebenda. Bd. 27. S. 27 (1910). —
Schmitz, Über das Verhalten der p-Oxyphenylmilchsäure und der p-Oxyphenylbrenztraubeu-
säure in der überlebenden Leber. Ebenda. Bd. 28. S. 117 (1910).
*) Neuhauer und Groß, Zur Kenntuis des Tyrosiuabbaues in der künstlich durch-
bluteten Leber. Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 67. S. 219 (1910).
^) Die Technik dieser wichtigen Methode ist bisher noch nicht veröffentlicht
worden; Herr Prof. G. A'möc^e« war so liebenswürdig, die nachfolgende Beschreibung für
dieses Werk zur Verfügung zu stellen.
Arl)eitsmetbodeii zur Uiiter8ucliuii<r des intermediären Stoffweehsels. 125."i
run<'-, im Gegenteil öfters zu einer <r;inz wesentlichen Verminderung
der von vornherein im IHnte vorhandenen Miiehsänre.
Vorbereitunfj;- der Versurhstiere.
Für die Versuche werden Hunde im (iewiehte von etwa 7 10 A-^
angewendet. Ihre Vorbereitung;' zum \ersuch ist verschieden, je nachdem
der Versuch an der glykogenieichen oder an der givkogenfreien Leher
angestellt werden soll.
Zur Erzielung einer glykogenreicheu Lelx'r weiilen die Tiere
zunächst mit einer reichlichen, gemischten Kost ernährt. 2— 2V2 Tage
vor dem Versuch wird mit der \'erabreichung grolier Rohrzuckermengen
in konzentrierter wässeriger Lösung mittelst Schlundsonde begonnen. Pro
Tag erhalten die Tiere etwa 300- 400 .y Rohrzucker. Während der letzten
24 Stunden wird außer Rohrzucker keine Nahrung verabreicht. Die letzte
Rohrzuckergabe erfolgt etwa H— 5 Stunden vor dem Versuch. Der ( ;i\ koiren-
gehalt der Leber ist alsdann ein sehr hoher (bis 20" n des feuchten Leber-
gewichts). Es gibt Hunde, die auf die RohrzuckereingieUung mit starken
Durchfällen reagieren. Diese sind zum Versuche ungeeignet.
Die Durchströmung der abnorm glykogenhaltigen Leber bietet keine
besonderen Schwierigkeiten. Nur mul,) man bei der \'orbereituiig der Durch-
blutung die Leber besonders schonend behandeln, da dei- hohe (ilykogen-
gehalt das Organ sehr zerreiiihch macht.
Die Vorbereitungen eines Versuchs an der glykogenfreien
Leber sind nicht ganz so einfach. Um giykogenfreie Hundeiebern zu erhalten,
wurde die Methodik befolgt, die G. Enibden schon früher beim Studium
der Zuckerbildung in der überlebenden Leber verwendet hat.') Der Hund
erhält 3 Tage vor dem Versuch keine Nahrung (dagegen Wasser). Un-
mittelbar vor dem Versuch wird das Tier mit Strychnin vergiftet. Es erhält
zunächst etwa img Strychnin. nitricum subkutan. Die Krämi)fe sollen nur
ganz allmählich einsetzen. Sobald sie stärker werden, wird an dem vorher
in Äthernarkose tracheotomierten Tier künstliche Atmung eingeleitet.
Sind 40 Minutennach der ersten Strychnininjektion (hMitliche Krämpfe
(oder wenigstens eine sehr starke Steigerung dei- Reflexerregbarkeit)
noch nicht eingetreten, so wird nochmals 1 iii(/ oder Ob mg gegeben,
(irößere Dosen führen leicht zum Tode während *\q':>^ ersten stärkeren
Krampfanfalles.
Hat das Tier 1 — 11/2 Stunden Krämpfe gehabt, so wird es. falls
nicht während dieser Zeit der Tod spontan eingetreten ist, durch Ent-
bluten aus den FemoralgefälJen getötet.
Vor der Durchblutung wird ein kleines Läi)pchen der Leber mit
einem nassen, starken P)indfaden abgebunden und mit dei- Schere abge-
treiuit. Mit dem Läppchen (dessen Gewicht iniiuh'stens 10 — \bg betragen
') G. Emhden, Über Znckerliildnnsr bei kimstlicber I)iirchltliitiiiig der glykofrenfreieu
Leber. Beiträge z. ehem. Pbys. u. l'ath. Bd. 6. S. 44 (UH)4).
X2Ö4i ö**° Neubauer.
soll) wird sofort eine Glykogeubestimmung nach Pfliiger angesetzt. War
die Vorbereitung des Tieres richtig, so läßt sich Glykogen in dem Läppchen ■
nicht oder nur in Spuren nachweisen.
In neuerer Zeit hat sich herausgestellt, daß die Milchsäurebildung bei der Durch-
blutung der Leber nicht nur dann ausbleibt, wenn das Organ glykogeufrei, sondern
auch, wenn es recht gh-kogenarm ist. Es scheint, daß im allgemeinen einfacher vier-
tägiger Hunger ohne Strychninisierung einen ausreichenden Grad von Glykogenarmut
hervorruft. Doch möchten wir dieses Verfahren vor Anstellung weiterer zahlreicher Ver-
suche nicht als sicher bezeichnen.
Bekanntlich kann man durch Phlorhizinverabreichung an Hungerhunde die Leber
ziemlich leicht von Glykogen befreien. Es ist aber nicht zweckmäßig, sich dieses Ver-
fahrens zu bedienen, weil die bei der Durchströmuug der phlorhiziudiabetischen Leber
auftretenden erheblichen Mengen von ß-Oxybuttersäure eine exakte Milchsäurebestimmung
unmöglich machen.
Bestimmung der Milchsäure in Blut und Leber.
Blut und Leber werden in gleicher Weise verarbeitet. Die Ent-
eiweißung des Blutes resp. der möglichst fein zerkleinerten Leber erfolgt
nach Schencfc (dieses Werk, Bd. II, S. 184) mit Salzsäure und Sublimat.
Die gewonnenen Flüssigkeiten bleiben über Nacht im Eisschrank. Am
nächsten Morgen wird abgenutscht (ohne Nachwaschen).
Die Filtrate werden mit Schwefelwasserstoff a'ou Quecksilber, dann
sofort durch einen kräftigen Luftstrom von Schwefelwasserstoff befreit.
Aliquote, gemessene Teüe werden weiter verarbeitet. Die Milch säurebe-
stimmungen im Blute werden stets doppelt vorgenommen, und zwar ge-
wöhnüch an je 1200 cm^ Blutfiltrat, entsprechend 200 cin^ Blut. Bei der
Leber reicht das Material für Doppelbestimmungen im allgemeinen nicht
aus. Die für die Einzelbestimmung abgemessene Filtratmenge wird mit
starker Natronlauge genau neutralisiert und dann mit verdünnter Salz-
säure ganz schwach angesäuert. Das ist nötig, weil sonst bei dem nun
folgenden Einengen die Reaktion leicht alkahsch wird, wobei der stets im
Filtrat vorhandene Zucker unter Bildung ätherlösücher Säuren (speziell
auch Milchsäure) zersetzt werden könnte.
Die Einengung des Filtrats erfolgt im Vakuum bei einer 50" nicht
übersteigenden Temperatur des Heizwassers bis auf etwa 100 cm^. Die
eingeengte Flüssigkeit muß vöUig klar und nahezu farblos sein. (Trübung
ist meist dadurch bedingt, daß die Lösung alkahsch geworden ist und
infolgedessen die Phosphate ausgefallen sind.) Nachdem man sich nach
der Einengung davon überzeugt hat, daß die Flüssigkeit neutral oder ganz
schwach sauer reagiert (ist alkahsche Reaktion eingetreten, so wird die
Bestimmung verworfen), wird sie in einen Extraktionsapparat nach Lind
(dieses \yerk, Bd. 3, II, S. 931) übergespült, mit Ib cm^ einer kouzen-
trierten Phosphorsäurelösung (Gehalt an P., O5 ca. GO^/o) angesäuert, mit
Ammonsulfat in Substanz gesättigt und mit Äther extrahiert.
Die Extraktion wird nach HO Stunden unterbrochen und die äthe-
rische Lösung im Kolben weiterverarbeitet.
Arbeitsmethoden zur üntersuchuug des iiiterniediaren Stoffwechsels. 1255
Zur Kontrolle dor Vollstiiiidi^kcif der Kxtraktioii wird ein neues
Extraktionskölhchen mit dem Apparat verbunden und nochmals 10 Stunden
extiahiert. In diesem zweiten Atiierextrakt läl'it sich oft jrar keinem
Milchsäure mehr naehweisen , manchmal sind noch minimale Spuren
vorhanden.
Das erst gewonnene Extrakt bleibt kurze Zeit stehen und wird dann
unter Nachwaschen mit Äther in cinni Kilenmeverkolben l'illriert. Etwa
am f5odcn und den Wänden des Extraktionskülbehens haftenden Tröpfchen
-wässeriger Flüssigkeit werden die ätherlöslichen Substanzen und das Wasser
durch öfters wiederholtes Sehütteln mit nicht zu kleinen Athcrmeiigen
entzogen. Der filtrierte Ätherextrakt wii'd unter Zusatz von -JOo«^ Wasser
auf dem Wasserbade zur Verjagung des Äthers destilliert. i)ie gewonnene
Flüssigkeit wird nach Zusatz von 200— HüO cm^ Wasser mit reinem lilei-
karbonatM im Überschuß versetzt und etwa eine Stunde auf dem lebhaft
siedenden Wasserbade erwärmt. Die Flüssigkeit bleibt über Nacht im Eis-
schrank stehen und wird dann unter Dekantieren vom llleiniedei-schlay
und gründlichem Waschen mit kaltem Wasser filtriert. Durch die l'.leibe-
handlung wird die stets bei der Ätherextraktion in incht unerheblicher
Menge mitgerissene Phosphorsäure quantitativ entfernt.
Das Filtrat wird mit Schwefelwasserstoff entbleit, vom Sulfidideder-
schhig unter Nachwaschen mit heißem Wasser abfiltiiert, durch einen
Luftstrom vom Schwefelwasserstoff befreit und nun während einer Stinide
mit reinem Zinkkarboiuit^) erwärmt. \om überschüssigen Zinkkarbenat
wird unter Nachwaschen mit heiliem Wasser abfiltriert, das Filtrat zunächst
in einer Porzellanschale auf etwa 20 cm^ eingeengt, dami von einem sich
stets ausscheidenden Niederschlag — wiederum unter Nachwaschen mit
heiliem Wasser — nochmals abfiltriert und nunnudir in gewoLtcneii Wä^e-
schälchen auf ein kleines Volumen eingeengt. Die KristaUisation des Zink-
laktats erfolgt im nicht evakuierten Exsikkator.
Bei manchen Versuchen (z. B. bei der Gewimiung von Zinklaktat aus
Muskelpreßsaft oder aus Blut nach Durchströmung der glykogenreichen
Leber) ist die Kristallisation des Zinklaktats sehr vollständig und eine
Bestimmung des Kristallwassers und des Zinkgehaltes liefert völlig oder
luihezu richtige Ergebnisse.
In anderen Fähen ist aber das Zinklaktat sehr stark verunreinigt
und die Kristallisation eine sehr unvollkommene.
') Auch die reinsten, im Handel vorkommenden Präparate von Hleikarhonät ent-
halten fast immer merkliche Mengen von wasserlöslichen, alkalisdi reagierenden Ver-
uiirciiiii.nintren. Ks ist unbedingt notwendig, die letzteren durch selir oft wiederholte
BehandiuuiJ des Präparats mit heißem Wasser zu entfernen, bis destilliertes Wasser
mit einer Probe des Präparats geschüttelt, nach dem Filtrieren gegen empfindliches
Lackmuspapier nicht miOir alkalisch reagiert.
-) \on den käuflichen Zinkkurbonatpräparaten gilt ganz das in Fußnote 1 für das
Bleikarbonat Gesagte.
1256 ^**^ Neubauer.
Es A^^rd daher die Wäguiig des schließlich gewonnenen Zinksalzes
stets nach Trocknung bei 107— 108" bis zur Gewichtskonstanz vorge-
nommen, und außerdem an dem wieder aufgelösten Zinksalz eine Milch-
säurebestimmung nach V. Fürth und Charnass'^) ausgeführt.
Dieses Verfahren, das v. Fürth und Charnass ausarbeiteten, nachdem Embden
die Unzulänglichkeit der aus dem Laboratorium r. Fürths veröffentlichten Methode
Jerusalems dargetan hatte, beruht bekanntlich darauf, daß die Milchsäure bei schwefel-
saurer Reaktion durch Kaliumpermanganat zu Acetaldehyd oxydiert wird. Der Acetal-
dehyd wird möglichst im Augenblick seiner Entstehung abdestilliert und in einer ge-
kühlten \Yasservorlage aufgefangen.
Die Titration des aus der Milchsäure gebildeten Aldehyds geschieht nach dem
Verfahren von Ripper.
Hierbei wird eine gemessene, überschüssige Menge einer Kaliumbisulfitlösuug ^)
von bekanntem Titer der Aldehydlösung zugefügt und nach genügend langem Stehen
die nicht an Aldehyd gebundene Bisulfitmenge mit —-Jodlösung zurücktitriert.
Die Berechnung der Milchsäuremenge geschieht auf Grund folgender Überlegungen.
Aus einem Molekül Milchsäure entsteht ein Molekül Aldehyd, das zu seiner Bindung
ein Molekül Bisulfit erfordert. Ein Molekül Bisulfit verbraucht bei der Oxydation zu
Schwefelsäure zwei Atome Jod.
Demzufolge entspricht ein Molekül Milchsäure 2 Atonien Jod, jeder Kubik-
zentimeter einer Normal-Jodlösung also einem halben Kubikzentimeter einer Normal-
Milchsäurelösung. 1 cw^ einer —-Jodlösung entspricht danach 4'5 mg Milchsäure.
V. Fürth und Charnass erhielten bei der Anwendung ihrer Methode auf reines
milchsaures Lithium Aldehydwerte, die 86l7o ^i^ 93'^ Vo 'Ißs angewendeten Laktats
entsprachen; der mittlere, aus einer größeren Anzahl von Analysen ermittelte Fehler
betrug annähernd 117o-
Durch einige Abänderungen gelingt es leicht, diese Methode ganz wesentlich
exakter zu gestalten, so daß die Werte nur 7'^ (, bis 27o zii niedrig werden. Bei Milch-
säuremengen von mindestens 0'08 g lassen sich Vei'luste, die 47o überschreiten,
anscheinend mit Sicherheit vermeiden.
Auf die in Frage kommenden methodischen Versuche, welche von Herrn Apotheker
Schmidt und Herrn Dr. Max Oppenhcimer ausgeführt wurden, soll an dieser Stelle
nicht eingegangen werden. Es soll vielmehr nur das Verfahren, wie es jetzt bei allen
Milchsäurebestimmungen nach v. Fürth und Charnass in unserem Laboratorium zur
Anwendung kommt, kurz geschildert werden:
Das in der oben angegebenen Weise gewonnene, bis zur Gewichts-
konstanz bei 107 — lOS** getrocknete und gewogene, mehr oder weniger
stark verunreinigte milchsaure Zink wird in heißem Wasser gelöst und
in einen Kjeldahldestillationskolben von etwa 800 cm^ übergespült. Auf etwa
ungelöst bleibende \'erunreinigungen wird keine Rücksicht genommen. Die
Lösung, deren Volumen nicht mehr als etwa bOcm^ betragen soll, und
^) V. FürthxmA Charnass, t)ber die quantitative Bestimmung der Milchsäure durch
Ermittlung der daraus abspaltbaren Aldehydmenge. Biochem. Zeitschr. Bd. 96. S. 199
(1910).
^) Nicht einer Kaliumhydrosulfitlösung, wie v. Fürth und Charnass an ver-
schiedenen Stellen fälschlich angeben.
Arbeitsmethoden zur Untersucluuig des iiitorniediärcii Stnffwr^chscls 120?
deren Milchsäuregehalt zweekinäljig nicht grölJer sein soll al> 0.2//. wird
mit oOOcmä Schwet'elsäure von Ooo/o sowie etwas Talkmii vci>ct/,t. l)ei-
Destillationskolben ist durch ein Stutzerücht's Aufsatzrohr mit einem
Schlani>enkühler verbunden, dessen unteres Ansatzrohr in eine eis!_n-knhlte
Vorlage von H Fassungsvermögen taucht. Die \'orlage eiithidt etwa \:A}r>n^
Wasser und außerdem eine genu'ssene Menge titrierte)-, annidiernd '5 nor-
maler Disullitlösung. die zur IJindung des bei der O.xvdation mit rerman-
ganat entstehenden Aldehyds mehr als ausreichen niiili.
Die Kaliumpermanganatlösung tropft, wie v. Fürth und c/iunmss
es angegeben haben, nachdem lebhaftes .Sieden eingetreten ist und keine
Luft mehr aus der Vorlage entweicht, aus einem Tropftrichter in die zu
oxydierende Lösung.
Sehr wesentlich ist es. daß hierbei sehr stark verdünnte,
N_
100
und zwar 77^-Permanganatlösung angewandt wiid. l^ei Anwendung
von " -Permauganatlösung gelangt man nur zu Aldehydausbeuten, wie
sie auch v. Fürth und Charnass gew'onnen haben.
Die Zahl der pro Minute zufließenden Tropfen -j— -rermanganatlösung
soll etwa 90 bis 120 betragen. Die Flüssigkeit muß so lebhaft sieden, daß
während der Oxydation keine erhebhche Volumänderung eintritt.
Durch den Talkumzusatz wird jeder Siedeverzug verhindert, was
ebenfalls nicht mnvesenthch sein dürfte.
Sobald sich — gegen Ende der Oxydation — die Flüssigkeit bräunlich
zu färben beginnt, wird das Tempo des Zutropt'ens der Permanganat-
lösung mögUchst verlangsamt und etwa 10 Minuten unter langsam
zunehmender Färbung der Flüssigkeit — weiterdestilliert. Dann winl tue
Destillation unter den üblichen (juantitativen Kautelen unteibrochen und
die nicht an Aldehyd gebundene Pisulfitmenge nach Stärkezusatz mit ^-
Jodlösuug titriert.
Der Titer der Bisullitlösung wird bei jeder P)estimmung neu fest-
gestellt. M Die Differenz der bei dieser Titerstellung inid der bei der
eigenthchen Titration verbrauchten Anzahl Kubikzentimeter J"^-Jodlösung ent-
spricht der vorhandenen Milchsäuremenge; jeder Kiihikzentimeter ^- Jod-
lösung entspricht, wie bereits oben erwähnt, 4*5 m(j .Milchsäure.
Wir haben im allgemeinen, wie ans dem Obenstehenden hervorgeht,
vor Anwendung der Permanganatmethode die Milchsäure in Form ihres
') Durch einfaches, mehrstündiges Stehen einer stark verdiinntcn Hisidfitl(>sun!i:
N
0 cm^ — -Bisulfitlösi
5
Titeränderung nicht statt.
(z. B. 20 ctn^ — -Bisulfitlösung auf löO cm'-^ Wasser) in eisgekühlter Vorhigo findet eine
1258 Ott<^ Neubauer.
Zinksalzes — so gut wie möglich — isoliert und zur Wägung gebracht.
Das ist überall da notwendig, wo man mit der Möglichkeit rechnen muß,
daß die zu untersuchende Flüssigkeit neben Milchsäure noch andere äther-
löshche Substanzen enthält, die bei der Anwendung des Permanganat-
verfahrens in ähnhcher Weise wie Milchsäure flüchtige bisulfitbindende
Substanzen bilden. Hat man sich bei einer bestimmten Versuchsanordnung
davon überzeugt, daß solche Substanzen (z. B. ß-Oxybuttersäure oder
Brenztraubensäure) nicht auftreten, so kann man das Permanganat-
verfahren sehr wohl direkt auf das Ätherextrakt nach Entfernung des
Äthers durch Destillation unter Wasserzusatz, Neutralisation der Flüssig-
keit mit Natronlauge und starker Einengung (zur Entfernung von aus dem
Äther stammenden Alkoholspuren) anwenden.
Sehr nützlich erweist sich die eben geschilderte Anwendung des
Permanganatverfahrens auch bei der zur Kontrolle der Vollständigkeit der
ersten Extraktion der Milchsäure mit Äther stets ausgeführten zweiten
Extraktion.
ANHAiSG. Bestimmung der Milchsäure im Muskelpreßsaft.
Einfacher als Blut und Leber läßt sich — wegen seines größeren Milchsäiire-
reichtums und seines geringeren Eiweißgehaltes — Muskelpreßsaft zur Milchsäure-
hestiuimung vorbereiten. Er wird mit dem gleichen Volumen Salzsäure von 2% i'ud
Sublimat von 57o versetzt, wodurch stets völlige Enteiweißung eintritt. Das Filtrat
kann nach der Befreiung von Quecksilber und Schwefelwasserstoff ohne vorhergehende
Einengung — zweckmäßig nach Sättigung mit Ammonsulfat — im Lindschen Apparat
bei phosphorsaurer Reaktion extrahiert werden. Die weitere Behandlung des Ather-
extrakts bietet keine Besonderheiten.
Methoden zur Untersuchung des Gaswechsels von künstlich durch-
bluteten (Jrganen siehe dieses Werk, Band III, S. 444.
Durchblutungen an pathologisch veränderten Organen könnten wich-
tige Aufklärungen über den krankhaft veränderten Stoffwechsel bringen,
sind aber bisher nur in geringer Zahl ausgeführt worden. ^)
Auf ein sehr günstiges (Jbjekt, bei welchem ohne künstliche Zirku-
lation der Stoffwechsel isoHerter überlebender Warmblüterzellen untersucht
werden kann, hat Otto Warhurg^-) aufmerksam gemacht: die Blutkörper-
*) Emhden und Lutfes, Über die Acetessigsäurebildung in der Leber des diabeti-
schen Hundes. Beitr. z. ehem. Phys. u. Path. Bd. 11. S. 327 (1908). — Grieshach, Über Acet-
essigsäurebildung in der Leber des diabetischen Hundes. Biochem. Zeitschr. Bd. 27. S. 34
(1910). — Zuelzer, Experimentelle Untersuchungen über den Diabetes. Berliner klin.
Wochenschr. Bd. 44. S. 474 (1907). — Lattes, Über die Zuckerbildung in der künstlich
durchbluteten Leber Diabetischer. Biochem. Zeitschr. Bd. 20. S. 215 (1900).
^) Otto Warburg, Zur Biologie der roten Blutzellen. Zeitschr. f. physiol. Chem.
Bd. 59. S.112 (1909). — Über Beeinflussung der Sauerstoffatmung. Bd. 70. S. 313 (1911).
— Ferner briefliche Mitteilung vom 19. Oktober 1911.
Arbeitsmethoden zur l'ntersuchiini? des intermediären Stoffwechsels. 12n9
chen von Vögeln. ^lan kann Gänsen erhobliclie Mengen von nintkörpcrclH'n
mittelst Kanüle aus der Flügelvene entnehmen, ohne sie zn töten (z. IJ. in
24 Tagen 660 cm^ Hlut bei 10 Entnahmen). Um das Blut steril zu ge-
winnen, macht man am besten einen kleinen Hautsehnitt, sticht dann die
Kanüle einer 30 cni^ fassenden Glasspritze in die Vene und fidlt nun die
Spritze 2- oder 3mal, ohne dabei die Kanüle aus der Vene herauszuziehen;
der Hautsclinitt wird mit zwei Stichen verniiht. Wenn man mit einem starken
Aderlaß beginnt (lOOcmS), so treten sehr bald junge Zellen in die IJlut-
bahii über; die Stoff Wechselprozesse verlaufen gerade in solchen jungen
Zellen intensiver.
Die Gerinnung kann durch Hirudin verhindert werden. Man kann
auch das Fibrin durch Schütteln abscheiden. Durch Zentrifugieren mit
0-9 Voiger Kochsalzlösung oder EingersdiQT oder Friet/en^Acz/scher Lösung»)
kann man die Blutkörperchen rein erhalten. Über die Untersuchung der
Sauerstoffatmung au diesem Objekt siehe das Original.
Über Untersuchungen an Seetieren siehe dieses Werk. Band 111,
S. 1064.
B. Untersuchungen an isolierten Organen ohne künstliche
Zirkulation (Autolyse).
Sie sind technisch erhebhch einfacher, erlauben Ausschluß der Bak-
terienwirkung durch aseptisches oder antiseptisches Arbeiten und kömien
infolgedessen viel länger ausgedehnt werden als die Durchströmungsver-
suche. Auf der anderen Seite sterben die Organe der Warmbüter beim
Weglassen der Zirkulation sehr rasch ab. Man glaubt jedoch zu der Annahme
berechtigt zu sein, daß eine Reihe von Stoffwechselvorgängen, die während
des Lebens eine Rolle spielen, auch noch nach dem Tode der Zelle eine Zeit-
lang weiter ablaufen ; ja für manche fermentative Prozesse darf man vor-
aussetzen, daß sie nach dem Absterben der Zellen und besonders nach der
Vernichtung des morphologischen Aufbaues (durch Zerkleinerung, \'errei-
bung mit Kieselgur usw.) sogar ausgiebiger verlaufen und — da andere
Lebensprozesse in Wegfall kommen — zur Anhäufung intermediärer Pro-
') Äü« (/ersehe Lösung s. dieses Werk. Bd. 3. I. S. 325 ff. Die Friccienthahche
Lösung enthält im Liter 6.9 NaCl, 4.9 NaHCO,, 03 g KCl, OS ff Ca(H,POJ, und 2 g
Glukose; A= — O'äß"; bei Verwendung von Gänseblut muß sie. dessen iiiedrigerom os-
motischen Druck entsprechend, verdünnt werden. Sie darf gegen riienulphthaloin
nicht alkalisch reagieren. Beim Kochen in offenen Gefäßen nimmt sie alkalische Beak-
tiou an und ist dann unbrauchbar. Tabletten zur Herstellung der Fricdenfhalschen Lö-
sung können aus der Victoria- Apotheke. Berlin SW., Friedrichstraße 19 bezogen werden
(r. Szili/ und Friedcnfhal, Über Reaktionsl)estimnunigen im natürlichen Serum und über
Herstellung einer zum Ersatz des natürlichen Serums geeigneten Salzlösung. Arch. für
[Anat. u.] Physiol. Jg. 1903. S. 550).
1^260 ^^^^ Neubauer.
dukte führen. Man hat daher von solchen der Autolyse überlassenen Or-
ganen und Organbreien wichtige Aufschlüsse über den intermediären Stoff-
wechsel erwartet. Doch spricht manches dagegen, daß die am autolysierten
Organ gefundenen Tatsachen ohne weiteres auf den lebenden Organismus
übertragen werden dürfen; z. B. die Erfahrung, daß der Hauptprozeß bei
der Autolyse, die Eiweißspaltung, erst einige Stunden nach dem Tode,
gleichzeitig mit dem Eintritt der dem lebenden Gewebe fremden, sauren
Reaktion einsetzt, i)
Die Prozesse bei der Autolyse verlaufen zum weitaus überwiegenden
Teil anoxybiotisch. Man hat auch versucht, durch Durchleiten von Luft
oder 0, mit oder ohne Blutzusatz, die Bedingungen denen des lebenden Or-
ganismus ähnlicher zu machen.
Über die Methodik der Autolyse siehe dieses Werk, Band III, S. 432.
Bei der einfachen Autolyse, also beim Stehenlassen des Organs ohne
jeden Zusatz (abgesehen von einem Antiseptikum), beobachtet man haupt-
sächhch hydrolytische Prozesse (Spaltung von Eiweiß, Kohlenhydraten, Fett,
Nukleinsäuren), daneben aber auch oxydative (Purinsubstanzen zu U und
AUantoin) und reduktive (H-Entwicklung) , sogar Synthesen (Buttersäure-
bildung?).
Weit zahlreicher sind noch die Prozesse, die man beim Zusatz ver-
schiedener Substanzen (Körpersubstanzen und körperfremde Substan-
zen) zum Organbrei beobachten kann.
Eine sehr große Anzahl von derartigen Versuchsergebnissen, und zwar
gerade von solchen, die für den intermediären Stoffwechsel von Bedeutung
schienen, hat sich aber als irrtümlich (offenbar infolge von Analysenfehlern)
herausgestellt. Weder der Nachweis der Bildung von Fett aus Zucker, noch
der der Entstehung von Zucker aus Fett, ja nicht einmal die Sicherstellung
einer Synthese von Fett aus Fettsäuren und (ilyzerin in der Darmschleim
haut ist im Brei von Säugetierorganen bisher gelungen. ^)
Dagegen hat Weinland ^) die Bildung von Fett aus eiweißartiger
Substanz im Brei von Fliegenmaden festgestellt.
Die auf Pferdefleisch gezüchteten, in wenigen Tagen zu geeigneter Größe
herangewachsenen Larven (s. S. 1154) werden zunächst gründlich gewaschen,
in der Reibschale sorgfältig verrieben, etwa 15 Minuten lang, bis der Brei
*) J. Pohl, Über AUantoinausscheidung bei Intoxikationen. Arch. f. exp. Path. u.
Pharm. Bd. 48. S. 367 (1902). — H. Wiener, Über den Einfluß der Reaktion auf auto-
lytische Vorgänge. Zentralblatt f. Pbysiol. Bd. 19. Nr. 11 (1905).
^) Abderhalden und Rona, Bildung von Zucker aus Fett. Zeitschr. f. physiol.
Chem. Bd. 41. S. 303 (1904). — Frank und Ritter, Einwirkung der überlebenden Dünn-
darmschleimhaut auf Seifen, Fettsäuren und Fett. Zeitschr. f. Biol. Bd. 47. S. 249 (1906).
^) Weinland, Fett aus eiweißartiger Substanz im Brei von Calliphora-Larven.
Zeitschr. f. Biol. Bd. 51. S. 197 (1910).
Arbeitsmethoden zur LntcrBuchiing des iutcrmediären Stoffwechsels. 12H1
homogen erscheint. Dann wiid Wittc-l'cpton (prewöhnlich nnpciiihr die
Hälfte) portionenweise nnter Znsatz von etwas Wasser (frewöhnlich etwas
mehr als Witte-Pepton) mit dem Larvenhrei so lange znsaniim'ngcriehcn,
bis ein homogener, ziemlich (liinncr Ihci von alkalischer Kcaktion ent-
standen ist. Dieser wird auf Wagegliischen (zur rntcrsncliung der (ias-
entwicklung in Rezipienten) verteilt, gewogen und bei Zimmertemperatur
oder im Brutschrank stehen gelassen. Zur Fettbestimmung werden die
Proben bei lOO^ getrocknet und in der Mühle fein pulverisiert. Üakterien-
wirkung als Ursache von Fettzunahme erscheint dadurch ausgeschaltet,
daC) Kontrollversuche mit dem Inhalt von Sangmagen und Darm negativ
ausgefallen sind.
Sehr erfolgreich waren rntersuchungen an autolysierendeii ( »rganen
über den Abbau der Nukleinsäure, respektive der Purinl»asen. .'^iehe
dieses Werk, Band III, S. 420.
Von besonderem Interesse ist die Oxydation von Bernstein-
säure zu Äpfelsäure') durch überlebende Gewebe (BatteUi und Stern).
Muskelgewebe vom Hund oder Pferd, 3 — 4 Stunden nach dem Tode
des Tieres entnommen, wird in einer Fleischhackmaschine fein zeriieben
und 5- oder 6mal mit Wasser gut ausgewaschen, indem man die doppelte
Menge Wasser zusetzt, 5 Minuten lang kräftig durchschüttelt und L'Ut
durch ein Leinwandtuch preßt. Zu 100 y dieses Muskelrückstandes fügt
man 500 cm^ Wasser und 3 y Bernsteinsäure als Na-Salz. Die Gewebssus-
pension wird in eine große Flasche gebracht, diese mit Hilfe einer Wasser-
strahlpumpe schnell evakuiert und dann mit 0 gefüllt, indem man sie mit
einem 0-Behälter in Verbindung setzt. Die Flasche wird dann bei 38 40"
geschüttelt, bis die 0-Auf nähme völlig aufhört, was oft schon in weniger
als einer Stunde der Fall ist. Dann wird sie in siedendes Wa.sser getaucht,
bis die Temperatur 90" erreicht hat. Man filtriert, fällt das Filtrat voll-
ständig mit essigsaurem Blei aus, zentrif ugiert , wäscht den Niederschlag
in der Zentrifuge mehrmals mit öOVoigero Alkohol, rührt den Niederschlag
mit Wasser an, zersetzt ihn mit HoS und verjagt den überschüssigen ILS
aus dem Wasserbad. Durch Zusatz von P.a(()H)., bringt man das Schwefel-
blei zur Abscheidung, filtriert dann und engt das Filtnit auf ein kleines
\'olumen ein; das äpfelsaure Ba setzt sich allmählich in Form von weiiien
Plättchen ab. — Die entstehende Äpfelsäure wird zum Teil weiter o.xydiert.
Auch Fumarsäure und Zitronensäure werden durch Organbrei oxydiert.*)
Diese Verbrennungen sind nach BatteUi und Stern deshalb besonders
interessant, weil es scheint, daß sie durch denselben Prozeß bewirkt werden,
welcher auch der „Hauptatmung" der Gewebe zugrunde liegt. (S. dieses
Werk, Bd. III, S.444.)
') BatteUi und Stern, Oxydation der Bernsteinsäuro durch Tierpcwebc. Biochora.
Zeitschr. Bd. 30. S. 172 (1910).
-) BattclU und Stern, Oxydation der Zitronen-, .\pfi'l- und Fumarsäure durch
tierische Gewebe. Biochem. Zeitschr. Bd. 31. 8.479 (1911).
1262 Otto Neubauer. Arbeitsmethoden zur Untersuchung etc.
Die Untersuchungen an intakten und zerkleinerten Organen werden
oft zweckmäßig durch Versuche mit Preßsäi ten, Urganpulvern, Organ-
extrakten und mehr weniger rein dargestellten Organfermenten ersetzt.
Die Voraussetzung, daß Fermente, die sich in den Organen finden, auch
im Stoffwechsel eine Funktion haben, ist vermutlich richtig, aber nicht be-
wiesen. Bedeutungsvoll, w^enn auch nicht unmittelbar den normalen inter-
mediären Stoffwechsel betreffend, ist die Erfahrimg, daß nach parenteraler
Zufuhr von Eiweißkörpern und zusammengesetzten Zuckerarten spezifische,
den Abbau einleitende Fermente auftreten ( Weinland, Abderhalden und Mit-
arbeiter). Die Technik der Fermentuntersuchungen ist ausführhch in Bd. III
und V, S. 575 dargestellt.
Methodisches aus der Biochemie der Pllaiizcii.
Von Erust ü. I*riiii;:sli('ini, Halle a. S.
A. Sand- und Wasserkultur höherer Pflanzen.
a) Allgemeine Betrachtungen.
Die oTüne Landpflaiizo nimmt aus der Luft nur die Koldeiisänre auf.
Alle anderen Stoffe stammen normalerweise aus dem KidlKMicn. Wasser-
stoff und Sauerstoff zum grolien Teil aus dem Wasser, der Stickstoff und
die Aschenbestandteile aus den Bodensalzen. Beide werden durcli die Wurzeln
aufgenommen.
Um zu prüfen, welche von den stets oder unter Umsti^nden vorge-
fundenen Elementen zum normalen Gedeihen unbedingt erforderlich sind,
müssen Methoden ange^Yendet werden, die es gestatten, nur ganz be-
stimmte Stoffe zuzuführen, andere aber fortzulassen. Das natürliche Kultur-
substrat, die Erde, ist ein aus verwitterten Gesteinen und zersetzten
Pflanzen- und Tierstoffen zusammengesetztes Gemenge höchst komjilizierter
chemischer und physikahscher Struktur. An dieses ist die Pflanzenwurzel
ihrer ganzen Lebensweise nach angepaßt. P'ür einigermalien exakte Stoff-
wechselversuche ist natürhche Erde nicht brauchbar, weil es nicht gelingen kann,
ihre Zusammensetzung den oben gestellten Forderungen entsprechend zu
variieren. Man ist also stets auf Surrogate angewiesen, die alle von den
normalen weit abw^eichende Verhältnisse bieten. Wollte man es selbst ver-
suchen, aus den Bestandteilen des Kultur- oder ..Humus "bodeus. .soweit
sie bekannt sind, eine möglichst natürliche Erde zusammenzumischen, so
würde man nur sehr schwer den, wie wir sehen werden, in cliemisclier
Beziehung sehr strengen Forderungen des Versuches nachkommen können,
und zudem doch nur unvollkommen die r)edingungen erreichen, wie sie
die Natur bietet.
Man ist deshalb darauf angewiesen, entweder ein aus festen Teilchen
zusammengesetztes lockeres Substrat zu benutzen, in dessen I'oren die
Lösung der entsprechenden Stoffe kapillar festgehalten wird, odei- die
Wurzeln in Wasser mit den nötigen Substanzen zu versorgen.
b) Sandkultur.
Einen festen Körper zu finden, der den zu stellenchMi Forderungen
völlig entspricht, ist kaum möglich. Der betreffende Stoff soll niindidi
2^2(34 Ernst G. Pringsbeim.
feinkörnig sein, um Wasser festhalten zu können und eine mögliehst
große Adsorptionsfläche zu bieten, und er muß chemisch absolut indifferent
sein, damit er die Versuchsresultate nicht trübe. Auch soll er im ange-
feuchteten Zustande noch Luft enthalten.
Salm-Horstmar^) benutzte Koble aus reinstem Kandiszucker, künstlicbe Kiesel-
säure, gepulverten Bergkrystall und geglübten Bacbsand, andere Forseber Bimsstein,
Scbwefel, Gips und dergleichen. Von allen diesen Stoffen ist nur der Sand in genügender
Menge zu beschaffen, um umfangreichere Versuche damit anzustellen. Außerdem haben
die anderen Substrate alle den oder jenen Fehler.
Die Sandkultur dagegen ist besonders durch Hellriegel zu hoher YoU-
kommenheit ausgebildet worden. In seinen ,. Beiträgen zu den naturwissen-
schaftlichen Grundlagen des Ackerbaues" 2) findet sich eine genaue Be-
schreibung seiner Methode, die hier kurz wiedergegeben werden soll. Die
ausführliche Begründung der Vorschriften muß im Original nachgelesen
werden.
Das Haupterfordernis ist ein möglichst reiner, feinkörniger Quarz-
sand. Er wird geglüht, geschlämmt, mit Säuren behandelt und ausgewaschen.
Doch verlasse man sich auch dann nicht auf seine Reinheit, sondern
analysiere ihn, besonders auf Alkalien und Eisen, falls es auf Ausschluß
dieser Elemente ankommt. 3)
Auch die Kulturgefäße dürfen keine Nährstoffe abgeben. Salm-Horstmar
benutzte deshalb Zinngefäße, die mit Wachs überzogen waren (a. a. 0. S. 5).
Man wird aber vorziehen, Glas zu verwenden, schon seiner Durchsichtig-
keit wegen. Heute verfügt man über chemisch sehr indifferente Glassorten.
Noch sicherer und dabei billiger sind aber gewöhnhche gläserne Blumentöpfe
oder Akkumulatorengefäße, die innen mit einem indifferenten Überzug,
wie Harz, Paraffin, vielleicht auch einem Lack zu überziehen sind (Hell-
riegel a. a. 0. S. 767). Alle diese Überzüge müssen in fließendem Wasser
lange ausgewaschen werden, wenn sie nicht die Wurzeln schädigen sollen.
Die Gefäße sollen nicht zu klein sein, also etwa 1 — 2 / fassen, je
nach der Zahl und Größe der Pflanzen. Die für die Wurzeln sehr wichtige
Durchlüftung findet dadurch statt, daß auf den Boden der Kulturgefäße eine
Schicht weißer Quarzkieseln kommt, deren Zwischenräume durch ein
Bodenloch oder eine senkrecht nach oben führende Glasröhre mit der
Atmosphäre in Verbindung stehen. Auf die Steinchen kommt eine Lage
gereinigte Watte und darüber der Sand.
Würde man den trockenen Sand im Kulturgefäße mit Wasser be-
gießen, so würde dieses nur einzelne Regionen bis zur Sättigung durch-
nässen, andere aber trocken lassen. Man mischt also vorher die zu ver-
wendende Nährsalzlösung zu dem Sande, und zwar soviel, daß er bröckehg
') Salm-Horstmar , Versuche und Resultate über die Nahrung der Pflanzen.
Braunschweig 1856. S. 762 ff.
") Hellriegel, Beiträge zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen des Acker-
baues. Braunschweig 1883.
^) Der Sand kann von Hugershojf, Leipzig, Karolinenstraße 13, bezogen werden.
Methodisches aus der Biochemie der Pfhuizon. 1 2()f)
zusammenhält ohne zu khunpen oder zu zerfallen. P.eim Kinfüllen sucht
man das lockere Gefüge des Erdhodens niö<rlichst iiuclizuahmen. indem man
den feuchten Sand in kleinen Portionen mit den lliiiidcn ciiihrockt.
Die Keimuni^ der Samen läßt man auf Flii-lipapier vor sich ^zehcn, das mit
destilliertem Wasser getränkt ist. Am besten ist es. eine oder zwei Pagen
Fließpapier auf eine umgelegte Glasschale zu legen und diese in einen
Teller mit Wasser zu stellen, so daß das Papier ins Wasser taucht. P.ei
größeren Samen kommt noch eine Lage Papier darüber, so daß sie von
beiden Seiten feucht gehalten werden. Cber das (ianze wird eine Glasglocke
gestülpt. Auch empfiehlt es sich, grobe Samen vor dem Auslegen zum
Keimen in einer flachen Schicht wiederholt gewechselten destillieiten Wassers
24 Stunden quellen zu lassen. Noch becjuemer ist es vielleicht . als Keim-
bett feuchten Sand zu benutzen, in den die Samen halb eingedrückt werden.
Zur Aussaat in die Kulturgefäße benutze man möglichst gleich ge-
keimte Samen, deren Wurzeln eben hervortreten. Sie kommen in gleichem
Abstände auf die geebnete Oberfläche des Sandes und werden dann mit einer
Schicht Saud (die für diesen Zweck zurückblieb) bedeckt, und zwar wenige
MiUimeter bis 5 cm hoch, je nach ihrer Größe. Stets säe man mehr Samen
aus als Pflanzen stehen bleiben sollen und treffe nach einiger Zeit eine
neue Auswahl. Die im Wachstum zurückgebliebenen Exemplare werden dicht
unterm Boden abgeschnitten. Will man später Analysen machen, so darf der
Oberschuß, besonders bei großen Samen, nicht zu bedeutend sein.
Das Gießen kann mit reinem destillierten Wasser geschehen. Dieses
darf keine schädlichen Stoffe, wie etwa Kupferspuren aus Destillierblasen
enthalten. Falls bestimmte N-Gaben vorgesehen sind, bedenke man auch
die NHg-Aufnahme aus der Luft. Besser wird es meist sein, nicht alle
zuzuführenden Salze dem Sande von Anfang an zuzusetzen, sondern min-
destens einen Teil zurückzuhalten und ganz allmählich mit dem Gieß-
wasser zu geben. Gäbe man nämlich die ganze, für den vollen Entwicklungs-
zyklus notwendige Salzmenge auf einmal, so könnte leicht eine sch;idliche
Konzentration erreicht werden. Das natürliche Bodenwasser ist eine sehr
verdünnte Lösung. Im Erdboden werden die lokal entnommenen Stoffe
durch Diffusion aus der Nachbarschaft sowie durch Lösung schwerlöslicher
oder an Colloiden adsorbierter Bestandteile ergänzt. In Saiidkulturen aber
soll die Konzentration VV/o^ bezogen auf die Gesamtsalze, nicht wesentlich
übersteigen, da der Sand nur geringe Adsorptionskraft hat. Schließlich ist
noch zu beachten, daß man die tägliche W\asserration voisichtig in feinem
Strahle etwa aus der Spritzflasche zufließen lasse, damit keine Zerstörung
der Porosität und ungleiche Benetzung und Fortspülnng des leicht schwemm-
baren Sandes stattfinde. Bei sehr exakten \'ersnchen wird man die zu
ergänzende Wassermenge mit der Wage feststellen, indem man so lange
gießt, bis das Anfangsgewicht (oder — wegen der hinzugekommenen
Pflanzenmasse — etwas mehr) erreicht ist.
Da es unmöglich ist; in bezug auf Licht und Wärmt« völlig gleich-
mäßige Bedingungen herzustellen, muß man dafür sorgen, ilaß wenigstens
Abderhalden, Handbach der biochemischen ArbeitBiiiethodrn. V. 80
1266 Ernst G. Pringsheim.
alle Kulturgefäße einer Yergleichsserie gleiche Bedingungen erhalten.
(Siehe weiter unten!)
c) Wasserkultur.
Die Bedingungen, die die Wurzel in Wasser vorfindet, weichen noch
mehr von den natürlichen ab. als bei Sandkulturen. Zunächst ist die
Durchlüftung schwieriger, dann ist die Wurzel im Wasser noch empfind-
licher gegen allerlei schädliche Einflüsse, wie zu hohe Konzentration,
Spuren giftiger Verunreinigungen u. dgl. Dafür kann man aber solche
Schädigungen an der geringen Längenzunahme, knotigen Verdickungen
oder Pilz- und Bakterienvegetation an den Wurzeln in dem durchsichtigen
Medium ohne weiteres sehen. Dazu kommt noch die größere Exaktheit, die
in chemischer Beziehung erreicht werden kann und die größere Bequem-
lichkeit. Denn die umständliche Bearbeitung des Sandes, die doch nie zur
völligen Reinheit führt, fällt hier fort. Deshalb wird man immer dann, wenn
die Versuchspflanze in einer Vorprobe ihre Eignung zur Wasserkultur ge-
zeigt hat. diese vorziehen. Merkwürdigerweise scheint diese Fähigkeit mit
den biologischen Eigentümlichkeiten der Pflanzen nichts zu tun zu haben.
So geben z. B. Mais und Buchweizen besonders gute Resultate. Es ist aber
doch die Frage, ob nicht Gewächse, die normalerweise in sehr feuchtem
Boden oder selbst im Wasser wachsen, die Ausführung der Versuche noch er-
leichtern würden. Bei der nötigen Vorsicht vertragen aber zahlreiche Pflanzen
das Wachsen in flüssigem Medium sehr gut.
Handelt es sich z.B. darum, die Kieselsäure auszuschließen, so ist
überhaupt die Sandkultur ausgeschlossen.
Die Wasserkulturmethode verdankt ihre Ausbildung hauptsächlich
J. Sachs und W\ Knop. i) Für das Material der Kulturgefäße und die
Reinheit des Wassers gilt das oben Gesagte, nur in noch höherem Maße.
Die Keimpflänzchen müssen älter als bei Sandkulturen sein. l)evor
sie in die Kulturgefäße gebracht werden. Denn da Megen der Gefahr des
Verfaulens nur ihre Wurzeln eintauchen dürfen, so müssen diese lang genug
sein, um das Pflänzchen mit Wasser versehen zu können. Man läßt die
Samen wiederum anquellen und dann entweder in Sägespänen oder in
feuchter Luft keimen.
Die Sägespäne, die meist benutzt werden, geben immer Spuren von
Stoffen ab und bedingen dadurch kleine Fehler. Sie sollen von weichem,
harzfreiem Holze stammen und zur Verwendung als Keimbett mit soviel
destilliertem Wasser versetzt und zwischen den Händen so verrieben werden,
daß sie ganz locker in Blumentöpfe oder Holzkisten eingefüllt werden
können.
*) W. Knop, über die Ernährung der Pflanzen durch wässerige Lösungen unter
Ausschluß des Bodens. Die landwirtschaftlichen Versuchsstationen. Bd. 2. 1860. S. 615,
sowie Jahresbericht für Agrikulturchemie. 1861 ff. Vgl. auch Nohbe, Entwicklungs-
fähigkeit und Tragweite der Wasserkulturniethode. Die landwirtschaftlichen \'ersuchs-
stationen. 1868. Bd. 10. S. 1.
Methodisches aus der üidchoniio der rflanzcn. I'-Ji]
) I
Die Samen briiiüit man in die Sjl^^ospiine; sie werden locker zujzedcekt
oder in ein vorgebohrtes Loch ^eniü; eingedrückt. Für die KciinniiL!- in
feuchter Luft, bei der eine Stoffaufnahme von Anfang an ganz vermieden
wird, benutzt man etwa ausgespannten Tüll, auf den die ang('(|uollenen
Samen kommen. Sie werden mit einer (Hocke Ix-deckt und von /eit zu
Zeit gelüftet und nach Bedarf bespritzt.
Sind die Wurzeln 3 — 10 cw lang, so kommen die Keindinge in die
Kulturgefäße. Hier muli nun für eine besondere Befestigung gesorgt werden,
die insofern Schwierigkeiten macht, als das eigentliche Befestiyungsorgan.
die Wurzel dazu nicht benutzt wTrden kann. Aus den (Jetreidekörnern
treten nach unten nur Wurzelorgane aus. Sie können daher dicht über
der Wasseroberfläche befestigt werden. Bei den dikotylen Keimlingen miil'
darauf geachtet werden, ob natüiiicherweise die KotyledoniMi im Boden
bleiben (Erbsen, Feuerbohnen, Pferdebohnen) oder durch Streckung des
zwischen ihnen und der Wurzel befindlichen Stengelstückes (des Hypo-
kotyls) sich erheben (Kürbis, Buchweizen, Buschhohne. Sonnenrose).
Danach hat die Befestigung zu geschehen. Denn niemals darf ein Stengel-
organ ins Wasser tauchen, sonst würde es faulen. Da das hypokotyle ( llied
sich noch längere Zeit streckt, muß man wiederholt nachsehen und die
Befestigung entsprechend korrigieren.') Die obersten Teile der Wurzeln
brauchen nicht ganz ins Wasser zu tauchen.
Die Kulturgefäße sind entweder weithalsige Flaschen oder besser oben
offene Zyhnder. Im ersteren Falle verwendet man einen Kork, der eine
weite Durchbohrung zur Aufnahme der Pflanze erhält. Außerdem wird
radial von dem Loche aus ein Streifen Kork herausgeschnitten, der das
seitliche fjnführen des Stengels erlaubt und nachher wieder eingefügt
wird. Der Kork wird mit geschmolzenem Paraffin getränkt, um das Wachs-
tum von Schimmelpilzen zu verhindern. Zylinder erhalten einen Deckel.
Er kann aus Glas sein und bekommt dann in der Mitte ein gröiieres Loch
zur Aufnahme des Korkes und daneben ein kleineres, durch das ein Holz-
stab zur späteren Befestigung der Pflanze gesteckt wird. Auch kann man
lackierte Zinkblechdeckel verwenden, die mit übergreifendem Band oder
drei heruntergebogenen Zungen versehen sind, um seitliches Kutschen zu
verhüten. Besser sind die von Pfeffer'^) empfohlenen Porzellandeckel mit
einem kurzen Tubus in der Mitte zur Aufnahme des durchbohrten paraffi-
nierten Korkes, einem Schlitz zum F^inführeu der Pllanze und einem
kleineren Loche für den Stab, respektive ein Glasrohr, das zur Durch-
lüftung dienen kann. Der seitliche Schlitz wird mit einem paraffinierten
Korkstreifen geschlossen. Solche Wasserkulturgefäl'.e liefern Greiticr und
Friedrichs, Stützerbach, Thüringen (Fig. 271). llol/deckel sind nicht zu
empfehlen, weil sie sich ziehen.
M J. Sachs, Bericht ültfer die physioUigische Tütiirkeit an der Versuchsstation iu
Tharaudt. Die Luid\virtsclial'tlicli(Mi Vcrsuclisstatidiifii. Ud. 2. ISCiü. S. 23.
-) FfeJ/'rr. rflaiizeupliysioldirio. 2. Aufl. Hd. 1. I.cipziir ISitT. S. 413.
80*
1268
Ernst G. Pringsheim.
Fig. 271.
Die jungen Keimlinge werden in der Durchbohrung des Korkes in
Einzahl mit Watte befestigt, und zwar so, daß die sich nicht erhebenden
Reservestoffbehälter, wie z. B. das Endosperm beim Mais oder die Kotyle-
donen der Bohne, sich in feuchter Luft befinden ohne ins Wasser zu
tauchen. Bei Pflanzen
mit sich streckendem
Hypokotyl wird dieses
mit Watte in der Öffnung
befestigt.
Die Kulturgefäße
müssen verdunkelt wer-
den, damit ein Wachs-
tum von Algen verhin-
dert werde. Dazu eignen
sich am besten Zink-
blechstiicke, die zu einem
Zylinder gebogen sind
oder heller Flanell.
Dunkle Stoffe oder
schwarzes Papier sollen
nicht verwendet werden,
weil sonst eine zu große
Erwärmung des Wassers
eintreten könnte , die
überhaupt zu vermeiden
ist. Doch ist schwarzes
Glanzpapier , mit der
weißen Seite nach aus-
wärts genommen, recht
günstig.
Das verdunstete
Wasser ist durch destil-
liertes zu ersetzen. Die
Nährlösung ist manch-
mal aufzurühren. Das
geschieht am besten
unter gleichzeitiger
Durchlüftung. Ein bis
auf den Boden reichen-
des Glasrohr wird mit einer Wasserstrahldruckpumpe oder einer Druck-
flasche verbunden und täglich einmal ein paar Minuten ein Luftstrom
durch die Nährlösung geschickt.
Auch hier soll, wie bei der Sandkultur, nicht die ganze Nährsalz-
menge auf einmal gegeben werden. Man erneuert vielmehr die ganze
Lösung wiederholt. Das geschieht am besten so, daß man ein frisches Gefäß
Wasserkultxir von Buchweizen, A obne Kalium, B in vollstän-
diger Nährlösung. C ohne Eisen. (Aus Pfeffer, Pfianzenphysio-
logie, 2. Aufl., Bd. T.)
Methoilisches aus der Bioclieinie der Pflanzen. 12(10
bereit stellt und die Pflanze mit dem Deckel hinüber hebt. Bei kleineren
und mittleren Pflanzen kommt man mit 2 — ö / P'liissif^keit aus. Besser sind
große Gefäße von 10 — 20nnhalt.M Man kann dann mit sehr verdünnten
Lösungen von etwa 0"1— U'2<'/o Gesamtgehalt an Salzen arbeiten. Höhere
Konzentrationen als etwa 0*3 bis höchstens 0'5°/o werden in Wasserkultur
nicht vertragen.
d) Regeln, die für Wasser- und Sandkulturen gelten.
Die Einzelheiten in der Zusammensetzung der Nährsalz-
mischungen bleiben dem jeweiligen Experimentator vorbehalten, der mit
ihrer Hilfe durch mannigfache Variation gewisse Eragen zu lösen unter-
nimmt. Einige allgemeine Regeln, die man nicht außer Acht lassen darf,
können aber doch aus den bisherigen Erfahrungen gezogen werden.
Die Reaktion der Lösung soll schwach sauer sein, was z. B. durch
Verwendung von Monophosphaten erreicht wird. Sonst dürfen auch einige
Tropfen verdünnter Phosphorsäure zugesetzt werden. Es ist zu bedenken,
daß ein an sich neutrales Salz durch Verbrauch der Säure oder der Base
..physiologisch alkalisch oder sauer" wirken kann. Stärkei-e H- oder OH-
lonenkonzentration ist aber durchaus zu vermeiden. Durch gegenseitige
Kompensation der einzelnen Nährsalze, also solcher, deren Base, und
solcher, deren Säure vorzugsweise aufgebraucht wird, können stärkere Ab-
weichungen von der günstigen Reaktion vermieden werden.
Sehr schwer lösliche Ausfällungen sollen in der kombinierten Lösung
nicht entstehen. Einigermaßen in kohlensäurehaltigem Wasser lösliche
Niederschläge werden besonders bei häufigem Aufrühren von der Pflanze
allmählich ausgenutzt. In Sandkulturen schaden sie erst recht nichts. Zu
solchen Niederschlägen wird das gleichzeitige Zugegensein von Ca-. Mg-
und Fe-Salzen mit Phosphaten führen. Sie lassen sich schwer ganz ver-
meiden. Durch \'erwendung geringer Mengen von Mg-Salz und sauerer
Phosphate sind sie aber auf ein ^linimum zu beschränken. Auch kann man
nach Sachs-) die miteinander ausfallenden Stoffe in getrennten Lösungen geben
und die Pflanzen periodisch in der einen und der anderen kultivieren.
Knop^) hat sogar jedes Salz für sich gelöst und die Pflanzen aus einem
Kulturgefäß der Reihe nach in die anderen übertragen. Doch wird man
meist vorziehen, gemischte Lösungen zu verwenden, was bei Sandkulluren
unvermeidlich ist.
Da in den Salzen immer zwei Nährelemente im Anion und Kation
enthalten sind, muß beim Fortlassen des einen ein entsprechendes anderes
Salz gegeben werden. Dabei ist aber zu bedenken, daß die einzelnen Kom-
*) J. Worfr)iann, Notiz iil)er Wassorknlturen. Bntan. Ztg. 1892. S. 643.
■') Sachs, Bericht ül)er die physiologische Tätigkeit an der Versuchsstation iu
Tharandt. Die landwirtschaftlichen Versuchsstationen. 1800. Bd. 2. S. 22 u. 224.
') Knop, Über die P>nährnng der Pflanze durcli wässerige Lösungen bei Aus-
schluß des Bodens. Ebenda. S. 273.
\210 Ernst G. Pringsheim.
ponenten eines unschädlichen Gemisches einzeln giftig wirken können, so
z. B. Kalziiimsalze ohne Magnesiumsalze u. dgl. Man sieht, daß nur bei Be- •
nutzung aller Erfahrungen ein günstiges Resultat zu erzielen ist.
Viel Sorgfalt ist bei allen vergleichenden Kulturversucheu auf die
Qualität und vor allem die Gleichmäßigkeit des .Samenmateriales
zu legen. Denn es ist kaum möglich, so viele Einzelkulturen anzulegen,
daß alle individuellen Differenzen sich ausgleichen. Deshalb tut man gut, nach
vorsichtiger Auswahl mit Hilfe des Augenscheines und der Wage noch die
Keimung außerhalb der Kulturgefäße so weit vor sich gehen zu lassen,
daß man ein gewisses Urteil über die individuellen Differenzen gewinnt.
Hellriegel berechnet (a. a. 0.. S. 773), daß man hundertmal so viel Samen
zur Auswahl haben müsse als nachher für die eigentlichen Versuche Verwen-
dung finden sohen.
Schließlich sei noch dai'auf hingewiesen, daß die im Samen vorhan-
denen Reservestoffe stets Fehler bedingen, die um so kleiner sind, je mehr
das Erntegewicht das Samengewicht übertrifft. Man bevorzuge also kleine
Samen von Pflanzen mit reichlicher Stoffproduktion.
Will man ein mciglichst üppiges Wachstum bekommen und die
Pflanzen bis zur Samenreife kultivieren, so ist auf geeignete Wärme-
und Lichtverhältnisse zu achten. Die Jahreszeit spielt eine große Rolle.
Man wähle sie möglichst den natürlichen Verhältnissen entsprechend. Für
Kulturpflanzen halte man sich mit der Zeit der Aussaat an die landwirt-
schaftliche oder gärtnerische Praxis. Im Winter w4rd auch bei Verwendung
eines geheizten Gewächshauses die Produktion organischer Substanz aus
Mangel an Licht stets sehr gering sein.
Ist es irgend angängig, so stelle man die Kulturgefäße ins Freie,
wo sie von allen Seiten gleichmäßiges und ungeschwächtes Licht haben.
Bei Regen müssen sie aber unter Dach gebracht werden. Für Versuche
im großen kommen die Kulturen auf Wagen, die auf Schienen in ein
Schutzgewächshaus geschoben werden können. Hellricgel hat eine solche
Anlage mit verschiedenen Nebeneinrichtungen ausführlich beschrieben, i)
Gewöhnlich wird man sich damit begnügen müssen, die Gefäße auf ein
Brett vor einem Südfenster zu stehen. Das ist immer noch besser als ein
geschlossenes Gewächshaus.
Da das Licht, selbst im Freien, niemals alle Pflanzen ganz gleich-
mäßig treffen wird, so verhüte man gegenseitige, ungleiche Beschattung
von Vergleichskulturen durch wiederholtes Umstellen der Gefäße.
Im Freien ist für Bestäubung zur Erzielung reichlichen Fruchtan-
satzes nicht besonders zu sorgen, da Wind oder Insekten freien Zutritt
haben. Doch überzeuge man sich zur Blütezeit jedenfalls sorgfaltig, ob
auch Befruchtung stattfindet, und helfe eventuell nach.
Will man die Gesamternte analysieren, so breche man den Versuch ab,
bevor größere Teile der Pflanzen abgestorben sind. Der Zeitpunkt muß freilich
') Hellriegel, Grundlagen des Ackerbaues. Braunschweig 1883. S. 483 ff.
Methodisches aus der Biochemie der Pflanzen. lliTl
stets iiulividuellcm P^rmcsseu üborlMsscii bloil)eii. Die Früchte resp. Samen
Avird man im allgemeinen gesondert ernten. Falls Analysen nicht ausge-
führt Averden können, so begnüge man sich doch nicht mit dem hlolicn
Augenschein, sondern bestimme mindestens das Ti'ockengewicht. Manchmal
ist scheinbar ganz gutes Wachstum zu verzeichnen, das aber allein durch
\Yasseraufnahme zustande gekommen ist. Das Trockengewicht betrügt dann
bei der Ernte nicht mehr oder selbst Nveniger als das der ausgelegten
Samen, ^'ergleichskulturen in Erde sollten immei' angesetzt und unter den
gleichen Bedinaunüen gehalten werden.
fe
B. Methoden zum Studium der Kohlensäureassi-
milation chlorophyllhaltiger Pflanzen.
Bei der Assimilation chlorophyllhaltiger Pflanzenteile am Lichte wird
Kohlensäure gespalten, wobei Sauerstoff frei wird und organische Stoffe
gebildet werden. Demgemäli kann man drei (Jruppen von .Metlmtlen unter-
scheiden, die dazu dienen, eine Kohlensäureassimilation nachzuweisen.
Man prüft:
a) die Entstehung von Sauerstoff:
b) das Verschwinden der Kohlensäure;
c) die Bildung organischer Stoffe.
a) Nachweis des entstehenden Sauerstoffes.
Der Nachweis des entstehenden Sauerstoffes stellt die am häufigsten
benutzte Methode zur Orientierung über stattgehabte Kohlensäureassimi-
lation dar. Natürlich muß hierbei, wie bei allen anzuführenden Methoden
berücksichtigt werden, daü stets gleichzeitig durch die Atmung umgekehrt
Kohlehydrate verschwinden, Sauerstoff verbraucht und Kohlensäure frei
gemacht wird. Wirklich trennen lassen sich die beiden entgegengesetzten
Prozesse bisher nicht. l\Ian kann jedoch durch Parallelversuche im Dunkeln
die Größe der Atmung angenähert bestimmen und unter der Voraussetzung,
daß sie am Lichte in derselben Stärke weiter geht, die (iröße des Fehlers
berechnen. Auch läßt sich durch Wahl einer zweckmäßig nicht zu hohen
Temperatur das Verhältnis der Atmung zur Assimilation verkleinern : denn
mit der Temperatur steigt die erstere in viel höherem Maße als die letztere.')
Zum (|ualitativen Nachweis von Sauerstoff sind sehr viele chemische
Methoden möglich, von denen einige, bisher hauptsächlich angewandt.« be-
sprochen werden sollen:
BoussDKjaidt') führte hierfür den weißen Phosphor ein. Als Er-
kennungszeichen für das Vorhandensein von Sauerstoff dient :
•) Pfeifer, rtlanzenphysiolo?ie. -^ .ViiU. Hd. l. LeipziL' 18i»7. S. 321.
■') Boussinyault, Sur les f«)iictioiis (hs fciiilks. Ami. d. sciences natur. 1861). \. sir.
T. 10. p. 331.
1272 Ernst G. Pringsheim.
1. das Leuchten im Dunkeln.
2. das Auftreten von Nebeln,
3. die Verminderung des Gasvolumens.
Der Phosphor kann mit der Pflanze in einem Gefäße eingeschlossen
werden, da die entstehende unterphosphorige und phosphorige' Säure nach
Boussingault diese nicht schädigt. Das kann allerdings wohl nur für kurze
Zeit gelten, da diese Säuren sich im Zellsaft lösen und stark reduzierend
wirken müssen. Bequem für den Gebrauch ist die Möglichkeit, durch den
Phosphor selbst im Dunkeln den Sauerstoff im Versuchsgefäß fortnehmen
zu lassen und dann nach einer assimilatorisch wirksamen Belichtung schon
geringe Mengen von 0 an der Entstehung von Nebeln oder am Leuchten
nachweisen zu können.
Im allgemeinen wird man jedoch vorziehen, ungiftige, leicht oxydable
und womöglich Farbenumschläge gebende Stoffe zu verw^enden.
Beijerinck^) benutzt im Anschluß an Regnard Indigweiß. Dieses
wird hergestellt durch Reduktion von neutralem, indigschwefelsaurem Na-
trium mit saurem Sulfit in geringem Überschuß. Wird nur gerade bis
zur Entfärbung reduziert, so findet am Lichte eine Blaufärbung auch ohne
hinzugekommenen Sauerstoff statt.
Nach L. und K. Linsbauer ^) soll man eine konzentrierte Lösung von
saurem, schwefligsaurem Natrium 5 Minuten mit Zinkstaub schütteln,
mit Kalkmilch neutralisieren, absetzen lassen und mit der klaren Flüssig-
keit eine tiefblaue Lösung von Indigokarmin durch tropfenweises Zusetzen
entfärben. In der gelblichen Flüssigkeit, die eine Stopfenflasche ganz füllt,
bewirkt eine Wasserpflanze (auch Moos oder Fadenalgen) am Lichte das
Auftreten blauer Schlieren, die .unmittelbar die Sauerstoffproduktion demon-
strieren. Der Kalkmilchzusatz wird jedenfalls sehr vorsichtig zu geschehen
haben, weil sonst keine freie Kohlensäure in der Lösung verbleibt. In
alkalischen Flüssigkeiten findet keine Kohlensäureassimilation statt.
Andere Rezepte für Sauerstoffindikatoren mit Hilfe von Indigo findet
man im III. Bande bei den Methoden zur Kultur anaerober Bakterien (Seite
1241 ff.).
Neben der Indigomethode verwendet Beijerinck (a. a. 0.) in seinen
Versuchen mit mikroskopischen Algen deren Wachstum selbst als Re-
agens auf x\ssimilation. Hierfür sind die in Bd. III. 1, S. 120411 beschrie-
benen Methoden der Bakteriologie maßgebend. Eine Gelatine- oder Agar-
gallerte mit den nötigen Nährsalzen enthält fein verteilte x\lgen. Diese ver-
mehren sich nur in assimilatorisch wirksamem Lichte, und zwar mit scharfen
Grenzen. Die beUchteten Stehen werden allmähhch tief grün oder braun,
je nachdem grüne Algen oder Diatomeen verwendet werden.
Das Resultat, daß das Wachstum auf die belichteten Stellen be-
schränkt bleibt, hat seine Ursache einmal in der mangelhaften Ernährung
M Beijerinck, Kulturversuclie mit Zooclilorellen, Licheuengonidieu uud anderen
niederen Algen. Botanische Zeitung. 48. Jahrg. 189Ü. 8.741 ff.
-) L. und K. Linsbauer, Vorschule der Pflanzenphysiologie. Wien 1906.
Methodisches aus der ßiocheuiie der I'flanzm. \9
(.)
im Dunkeln und dann in dem Felden des 8auerstut'tes. Gute Resultate
sind aber nur mit solchen Algen zu erzielen, die im Dunkeln ^^ir nicht
zu wachsen vermögen. Manchen genügen die ()rfj:auischen Stoffe des Agars
oder der Gelatine, um eine Vermehrung auch (»line Licht /u ermöglichen.
Immer wird es sich empfehlen, die algenhaltige Galleite in dünner Schicht
zwischen Glasplatten einzuschließen, um Sauerstoffzufuhr von aul'.en zu
vermeiden und gleichmäliige Delichtung zu ermöglichen.
In geeigneter Ausführung können solche Versuche sogar (|uantitative
Resultate ergeben, i) Durch Zählung der von einer Zelle ausgegangenen
Kolonien bekommt man niimlich ein relatives Maß für die Stiirke der
Assimilation bei der gegebenen Helligkeit oder Lichtfarbe.
Ferner hat Beijerinck noch eine Methode des Sauerstoffnachweises
in die Pflanzenphysiologie eingeführt (a. a. (). S. 744), die wegen ihrer
groben Empfindlichkeit ganz besonders brauchbar ist. Er weist niimlich
().2 mit Hilfe von Leuchtbakterien nach, die bei Sauerstoffinany:el ihre
Lichtproduktion einstellen, bei Sauerstoffzutritt aber momentan aufleuchten.
Am besten werden für den Zweck dicht gesähte Plattenkulturen von Leucht-
bakterien in Meerwasseragar verwendet. Reinkulturen solcher sind von
Kral'-) oder Hugershoff^) zu beziehen. Geeignet ist besonders Micrococcus
phosphoreus Cohn. Die zu prüfenden (Objekte können, falls sie aus dem
Meere stammen (Tange, Rotalgen), zusammen mit den Leuchtl»akterien
in den Agar eingeschmolzen werden, der sich in einem parallel wand igen
engen Gefäße befindet. Sonst müssen Pflanzen und Bakterienkidturen in
einem möglichst kleinen Luftvolumen zusammen eingeschlos.seu werden.
Durch die Atmungstätigkeit der Organismen verschwindet im Dunkeln der
Sauerstoff, die Leuchtbakterien werden lichtlos. Nach kurzer Relenchtung
aber senden sie im Dunkeln wieder Licht aus. Mo/isih*) ])rüfte das .\ssi-
milationsvermögen zerriebener grüner Pflanzenteile, indem er den Drei mit
einer leuchtbakterienhaltigen Bouillon vermischte. Diese enthielt auf 1 /
verdünnten Rindfleischsaftes 10 (/ Pepton. 10,^ Glyzerin und ;i<) 7 Kochsalz.
Die Flüssigkeit wurde in schmale Zylinder mit eingeriebenem Stopfen ge-
füllt und unter Vermeidung von Luftblasen eingeschlossen.
Ähnlieh wie mit reduziertem Indigo läßt sich auch mit Hlutiarb-
stoff arbeiten. Diese Methode hat Hoppr-Sei/Icr'') erdacht. Nach ihm schließt
man etwa Elodeazweige mit verdünntem faulenden Blut in einer (dasröhre
ein. Es zeigt sich zunächst, spektroskopisch betrachtet, der Absorptions-
streifen des Hämoglobins. Am Lichte wird das Hämoglobin durch den
*) Meinhold, Beiträge zur Physinloirie der Diatomeen. Cohn.s IJeitr. zur K'"l. «..'!•'
d. Pflanzen. 1911.
■'I Krals Bakter. Museum. Prof. Kraus und Doz. I'rihram, Wien. IX . /imraer-
manngasse 3.
^) Huf/ershoß', Leipzig, Karolinenstr. 13.
*) t)ber Kohleusäure-Assimilationsversuche mittelst der Leuchthakterienmethodo.
Botan. Zeitung. 1904. Bd. 62. S. 4.
") Hoppe-Sri/lcr, Einfacher Versucli zur Demonstration der Suuei-stoffausscheiduug
durcli Pflanzen im Sonnenlichte. Zcitschr. für pliysiolog. Cheuiic. 1879. Bd. 2. S. 325.
]^274 Ernst G. Priiigsheim.
bei der Atmung entstehenden Sauerstoff oxydiert, und es ersclieinen die
beiden Absorptionsstreifen des Oxyhämoglobins, während der Absorptions-
streifen des Hämoglobins verschwindet. Im Dunkeln wirkt die Atmung der
Pflanze mit den reduzierenden Fäulnisprozessen zusammen, den alten Zu-
stand wieder herzustellen. Der Wechsel kann während mehrerer Tage
beliebig oft bewirkt werden.
Dasselbe Reagens hat später Engelmann auch für mikroskopische
Beobachtung verwendet.^) Er schheßt einen Faden von Spirogyra oder
dergleichen unter dem Deckglase mit einem Tropfen wenig oder gar nicht
verdünnten defibrinierten Rinderblutes ein. Das Blut wird vorher durch
einen Wasserstoff- oder Kohlensäure-Strom reduziert, so daß es venöse Farbe
annimmt. Bald wird das Blut in der Nähe des beleuchteten Fadens bis auf
1/2 — 2 mm hell arteriell rot. Die Grenze zum venösen Blute ist ganz scharf. Im
Dunkeln kehrt die alte Farbe schnell zurück, und zv^ar zuerst wieder in der
Nähe des Fadens. Wird ein Spektralokular zu Hilfe genommen, so beobachtet
man schon nach 10 — 20 Sekunden das Auftreten der Oxyhämoglobinlinien
im Lichte. Wird der grüne Faden mit einem Mikrospektrum beleuchtet,
so treten Erscheinungen auf, ähnlich den unten bei der Bakterienmethode
beschriebenen. So viel wie diese leistet die Hämoglobinmethode jedoch nicht.
Ferner eignet sich das Pyrogallol zum Nachweis von Sauerstoff.
Man kann die Braunfärbung oder die Volumverminderung nach Einführung
geeigneter Lösungen von Kalilauge und Pyrogalliissäure als Zeichen stattge-
habter Assimilation benutzen. Wird z. B. aus einem bis zum Halse gefüllten
Kolben mit Wasser durch Kochen der Sauerstoff vertrieben, dann Öl aufge-
gossen und erkalten gelassen, so kann man nachher ein paar Kohlensäure-
blasen oder etwas KHCO3 und ein Stück einer Wasserpflanze einführen. Am
Lichte bildet sich sehr rasch Sauerstoff, der durch Zugießen von Kalilauge und
Pyrogallussäurelösung an der Dunkelbraunfärbung zu erkennen ist. Ein im
Dunkeln aufbewahrter gleich behandelter Kolben färbt sich nur gelblich. 2)
Durch dasselbe Reagens läßt sich in einem durch Quecksilber ab-
gesperrten Luftvolumen der Sauerstoff quantitativ absorbieren und so
eudiometrisch bestimmen.
Die hierfür in Betracht kommenden Methoden sind dieselben, die in
Bd. HI, S. 490 ff. bei der Atmung besprochen worden sind. Auch wären
die auf S. 622 ff. desselben Bandes beschriebenen gasanalytischen
Methoden größtenteils für unsere Zwecke brauchbar. Besondere Anpassungen
an die Zwecke des Studiums der Assimilation sind kaum zu erwähnen.
Eine besonders große Rolle haben aber bei den Untersuchungen über
Kohlensäureassimilation zwei weitere Methoden gespielt, nämlich die ..Blasen-
zählmethode- und die Evgehvannsche ..Bakterienmethode", von denen
M Engelmann, t)ber Blutfarbstoff als Mittel zur Untersuchung des Gaswechsels
chromophylliialtiger Pflanzen im Lieht und im Dunkeln. Biologisches Zentralhlatt. 1888.
Bd. 8, S. 33.
-) Nach Versuchen von Ängelstein im Halleschen Boian. Institut.
Methotliselies aus der Biür!"".!- .1-i I'flaiizi-ii. 127.')
die erstere sich durch hetiueiiK' Amvondltarkcit und die zwcito durch iiire
Feinheit auszeichnet.
Die Rlasenziihlmelhode beruht daruut, dai; ahj;('schnittene Blätter
oder Zweige von Wasserpflanzen in kohlcnsäurchaltigeni Wasser am Lichte aus
der Schnittflache IJlasen ausscheiden. Danändich hei der Assiniilatiim aus der
gelösten Kohlensäure der schwerer lösliche Sauerstoff ent.sttdit, niuU dieser
in Gasform auftreten, falls das Wasser nicht ganz sauerstofifrei ist.
Sachs ^} zeigte, dali die Zahl der in der Zeiteinheit abgeschiedenen
Gasblasen ein Maß für die relative Assimilationsstärke unter verschieilenen
Umständen abgeben kann. Bei einer bestimmten Konfiguration der Schnitt-
fläche entweicht das Gas aus den Interzellularen geeigneter l'flanzen. wie
Elodea, l'otamogeton, Ceratophyllum, Hydrilla etc. in Form {ili-ichmäliig
grolJer Blasen, die langsam genug aufeinanderfolgen, um gezählt werden
zu können. Falls die Blasen zunächst zu klein und deshalb zu häufig sind,
so muß durch Erneuerung der Schnittfläche eine Verbesserung solange ver-
sucht werden, bis die Pflanze den Anforderungen entspricht.
\'ergleichsversuche sind mit einer und dersell)en Pflanze anzustellen,
da zwei ganz gleiche Stücke nicht zu bekommen sind. Auch darf der \er-
suchszweig bei Änderung der Bedingungen seine Lage zum Lichte nicht
wechseln, weil sonst die Menge des aufgefangenen Lichtes sich ändern
würde. Man befestigt am besten die Pflanzenstücke mit dem Schnittende
nach oben an einem Glasstabe. Die Schnittfläche darf nicht zu tief ver-
senkt sein und muß einen konstanten Abstand vom Wassersjjiegel haben,
da der Druck des Wassers der Blasenabscheidung entgegenwirkt. Bei Be-
rücksichtigung dieser Fehlerquellen wird man an einem und demselben
Pflanzenstengel nahezu konstante Blasenabscheidung durch Stun«Ien be-
obachten können, vorausgesetzt, daß die Temperatur, die Beleuchtung und
die Kohlensäuretension im Wasser gleichmäßig bleiben.
Sachs (a. a. 0., S. 363/04) hat schon die der Methode eigentündichen
Vorzüge klar erkannt. Gegenüber einer Volumbestimmung des ausge-
schiedenen Gases z. B. ist die geringere Versuchsdauer der Blasenzidd-
methode von Vorteil Denn so geringe Volumina, wie sie sich au der Zahl
der Blasen erkennen lassen, sind volumetrisch kaum zu iiestimmen.
Die kurze Versuchsdauer ermöglicht: 1. die Anstellung zahlreicher
Versuche: 2. die Verwendung <\es natürlichen Tageslichtes, das für kurze
Zeit konstant gesetzt werden kann: H. die schnelle Erledigung <lcr \er-
suche. ohne daß in der Zeit eine Veränderung der Pflanze zu l)efürchten
wäre und damit 4. einen häufigen Wechsel von zu \ ergleichenden und
sich gegenseitig kontrollierenden Versuchsbedingungen.
Wo es die Fragestellung erlaubt, wird man freilich nicht das wech-
selnde Sonnenlicht, sondern das konstantere künstliche verwenden, (ie-
eignet ist z. B. eine Auerlampe. Vm hellere Beleuchtung zu erzielen, kann
') Sacha, l'ber dio AufMsuiii: und Wicderbildiiiii: des Aiii>lmns in den ( liloru-
pliyllkoniorn bei wecliseliidcr lieleiiclitimg. Botaii. Ztg. hStU. IM. 22. S. ;163 ff.
J976 Ernst G. Priugsheim.
man einen wassergefüllten großen Glaszylinder als ..Zylinderlinse" benutzen
und in den Brennstreifen die Pflanzen bringen. Man erreicht so gleichr
zeitig, daß die ultraroten Stralilen absorbiert werden, die eine der Assi-
milation verderbliche und die Resultate fälschende Erwärmung hervorrufen
könnten.
Die Zählung der Blasen geschieht am bequemsten mit Hilfe einer
Sekundenarretieruhr oder der akustischen Signale eines Metronoms. Doch
kann man auch mit der gewijhnlichen Taschenuhr arbeiten, die man neben
der Pflanze aufhängt, so daß beide mit einem Blicke zu übersehen sind.
Um Konstanz der Kohlensäuretension zu erreichen, hat Sachs (a. a. 0.
S. 364) Kohlensäure eingeleitet. Dasselbe haben die meisten späteren Experi-
mentatoren getan. Eine Übersättigung mit Gasen ist aber, wie wir jetzt wissen,
zu vermeiden, weil sie eine von der Assimilation unabhängige Blasenab-
scheidung bewirken kann, i) Man läßt daher besser das zu verwendende
Wasser mindestens einen Tag im Versuchsraume stehen und sorgt dafür,
daß es sich während des Versuches nicht wesentlich erwärme. Der Er-
schöpfung an Kohlensäure, die gar nicht so schnell vor sich geht, beugt
man besser durch größere Wassermenge und eventuell durch Wechsel
des Wassers vor. Jedenfalls prüfe man, ob unter den gewählten Bedingungen
die Blasenabscheidung im Dunkeln bald aufhört. Ist das nicht der Fall,
so können die Versuche nicht als korrekt gelten.
Destilliertes Wasser gibt sehr geringe Blasenzahlen , selbst wenn es
an Kohlensäure angereichert ist. Besser ist Leitungs- oder Brunnenwasser,
deren Gehalt an Bikarbonaten einen größeren Vorrat an verarbeitbarer
Kohlensäure gewährleistet. -)
Pfeffer 3) weist darauf hin, daß das abgeschiedene Gas niemals reiner
Sauerstoff sei. Ihm ist durch Diffusion stets Stickstoff und Kohlensäure bei-
gemischt, und zwar um so mehr, je geringer die Assimilationstätigkeit ist.
Dieser Umstand beeinträchtigt nach Pfeffer die Genauigkeit der Resultate,
indem die Differenzen in der Assimilation, die unter günstigen und ungünstigen
Bedingungen beobachtet sind , geringer erscheinen , als sie wirklich sind
(a.a.O., S.Öl. 52). Die Beimengung von Stickstoff und Kohlensäure kann selbst
so weit gehen, daß der Sauerstoff nur den vierten Teil des Gasvolumens aus-
macht, wie das Angelstein ^) im Winter fand. Nach Reinke°) ist dagegen die
Blasenzahl allein von dem Überdrucke in den Interzellularen abhängig, so daß
*) H. Devaux, Du mecanisme des echanges gazeux chez les plantes aquatiques
submerg^es. Ann. d. sciences nat. Bot. Ser. VII. T. 9. 1889. p. 35 und Kniep u. Minder,
Über den Einfluß verschiedenfarbigen Lichtes auf die Kohlensäureassimilation. Zeitschrift
f. Botanik. Bd. 1. 1909. S. 636.
^) Angelstein, Untersuchungen über die Assimilation submerser Wasserpflanzen.
Cohns Beiträge zur Biologie d. Pflanzen. 1910.
^) Pf^ff^^t Diß Wirkung farbigen Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensäure in
Pflanzen. Arbeiten aus dem botan. Inst, in Würzburg. Bd. 1. 1871. S. 1.
*) Angelstein, a. a. 0. S. 116.
^) Beinke, Untersuchungen über die Einwirkung des Lichtes auf die Sauerstoff-
ausscheidung der Pflanzen. Botan. Ztg. 1884. Bd. 42. S. 25 und 26.
Methodisches aus der Hiochemie der Pflanzen. ] •)
< (
die Diffusion keinesfalls die Gasahsrheidiinii: venm-hrt. Bei fjeriu^rer Assinii-
lution wäre danach im Gegenteil die Blasen/ahl ^^erin^ren weil durch Diffusicni
Sauerstoff verloren geht. KxpcriinentcU scheint die Fra-«- nicht hcarhcit.-t
zu sein.
Wenn aber auch die P.lasi'nzählmethode in ihrem Wcrfi- ilurcli diese
Fehleniuellen etwas beeinträchtigt ist, so sind doch die Kesidtatc bei He-
rücksichtiü-ung- des Gesagten durchaus brauchbar, jedenfalls mindestens
ebensogut wie die durch (lasanalyse gewonnenen, die teilweise deui^elben
F'ehlern unterliegen.
Die Methode ist besonders zu verwenden, wenn es sich um <lie Wirk-
samkeit verschiedenfarbigen Lichtes, um die IJiauchbarkeit irgendwelclx-r
Lösungen, um den Einfluli von Temperatur und Helligkeit u. dgl. handelt.
Hierbei ist zu berücksichtigen, daß man nach dem Wechsel der \'ersuchs-
bedingungen einige Zeit warten muß, bis Konstanz der Hlasenzahl einge-
treten ist. Wird z.B. die Helligkeit herabgesetzt, so wird erst noch ein
paar Minuten mehr (ias abgeschieden, als es den neuen Bedingungen
entspricht. Sollen die Lösungen gewechselt werden, so muß die I'flanze be-
sonders gut befestigt sein, etwa mit Bast an einem Glasstab, der unver-
rückl)ar an einem Stativ angeklammert ist. Das Wassergefäß steht auf
einem Holzklotz. Beim Wechseln wird dieser fortgezogen, so daß das Gefäß»
mit einem anderen vertauscht werden kann, ohne daß die Stellung der
i'flanze verändert wird. Das Gleichgewicht stellt sich auch hier erst nach
einigen Minuten ein, wenn die in der Pflanze enthaltene Flüssigkeit sich
mit der Außeulösung ausgeglichen hat.
Schließlich sei noch betont, daß nur in den Frühlings- und Sommer-
monaten das Material in brauchbarem Zustande ist. Außerhalb dieser Zeit
Hefern auch gesund aussehende Pflanzen bei günstigem liichte keine guten
Resultate.
Um den Fehlern zu entgehen, die durch wechselnde Blasengröße ent-
stehen könnten, hat Kohl^) eine Methode ersonnen, die es gestattet, das
Volumen des in Blasenform abgeschiedenen Gases mikrometriseh zu be-
stimmen. Er benutzt ein Präparat, das aus einem Elodeablatte und einem
kleinen, mit dem Rasiermesser herausgeschnittenen Stengelfragmente be-
steht. Das Objekt wird auf den Boden eines kleinen flachen Schülchens
durch Auflegen eines Glasplättchens unter Wasser festgehalten. Die am
Lichte aus den Interzellularen hervortretende Gasmasse nimmt annähernd
Kugelgestalt an, so daß aus dem mikrometrisch festgestellten Durehmesser
das Volumen leicht zu berechnen ist Durch diese Methode die sich zu-
dem sehr zweckmäßig eines in der Hauptsache flachen, dünnen Assimilations-
organes bedient — sind gewiß manche Vorteile gegelu'u , die aber, wie es
scheint, noch nicht zu irgendwelcher Anwendung, außer dui-ch den Autor,
geführt haben.
') Kohl, Die assirailatwische Knergie der hlaueii und vi.dotton Strahlen .los
Spcktniiiis. Berichte d. deutsch, botan. (iesellsch. Hd. 15. 18^t7. S. 120 ff.
1278
Ernst G. Prinffsheim.
Fip.'i72.
Die En(/elmami?,che Bakterienraethode ') dient dem Studium ver-
schiedener Faktoren bei der Kohlensäurespaltunsr im Lichte, die auf andere
Weise schwer anzugreifen sind. Besonders groß ist die Feinheit der j\Ie-
thode. Sie beruht auf der Beobachtung der physiologischen Pteaktionen von
Mikroorganismen und besonders Bakterien als Reagens auf Sauerstoff.
(Vgl. S.I291.)
Die Methode erfordert die Anwendung eines guten Mikroskopes und
verschiedener Xebenapparate. Auch setzt sie einige Übung im mikroskopi-
schen Arbeiten voraus.
Es wird die Sauerstoffproduktion eines kleinen Pflanzenteiles im
Lichte aus den Bewegungserscheinungen von Bakterien erschlossen, die
dem mikroskopischen Präparate beigegeben werden. Das Deckglas, das das
Präparat einschließt, v.ird mit Vaseline oder Wachs luftdicht aufgekittet.
Im Dunkeln verzehren die Bakterien im Verein
mit dem eingeschlossenen zu prüfenden Pflanzen-
teile den Sauerstoff. Sie werden dadurch unbe-
weglich. Am Lichte wird Sauerstoff produziert,
und die Bewegung beginnt sofort wieder. Außer-
dem sammeln sich die Bakterien um die Sauer-
stoffi|uelle auf Grund ihrer chemotaktischen
Reizbarkeit (Fig. 272).
Die Methode gestattet:
1. festzustellen, ob irgend ein Organismus
übej-haupt Sauerstoff produziert;
2. mikroskopische Objekte auf ihre Assi-
milationsfäliigkeit zu untersuchen, auch wenn
diese so gering ist, daß sie auf andere Weise
nicht nachgewiesen werden kann:
3. den Ort der Sauerstoff abscheidung selbst
innerhalb der Zelle zu lokaUsieren;
4. die Prüfung verschiedenfarbigen Lichtes, dessen Wellenlänge, Ab-
sorption und assimilatorische Wirksamkeit gemessen werden kann.
Als Reagens auf Sauerstoff sind die verschiedensten mikroskopischen,
beweglichen Organismen verwendbar, z. B. auch Infusorien {Engelmann,
1881, S. 441). Besser aber sind Bakterien, und von diesen wieder besonders
die gewöhnlichen Fäulnisbakterien, die unter dem Namen Bacterium termo
') Th. W. Engelmann, Neue Methode zur Untersuchung der Sauerstoffausschei-
dung pflanzlicher und tierischer Organismen. Bot. Ztg. 39. Jahrgang 1881. S. 441; Pflügers
Archiv. Bd. 25. 1881. S. 258; Über Sauerstoffausscheidung von Pflanzenteileu im Mikro-
spektrum. Bot. Ztg. 40. Jahrg. 1882. S. 419 ; Farbe und Assimilation. Bot. Ztg. 41. Jahrg.
1883. S. 1; Untersuchungen über die quantitativen Beziehungen zwischen Absorption des
Lichtes und Assimilation in Pflanzenteileu. Bot. Ztg. 42. Jahrg. 1884. S. 84 u. 97 ; Zur
Technik und Kritik der Bakterienmethode. Bot. Ztg. 44. Jahrg. 1886. S. 43u. 64; Die
Farben bunter Laubblätter und ihre Bedeutung für die Zerlegung der Kohlensäure im
Lichte. Bot. Ztg. 45. Jahrg. 1887. S. 481 ; Die Erscheinung der Sauerstoffausscheidung
chlorophvllhaltiirer Zellen im Licht bei Anwendung der Bakterieumethode. Pflüg ers AviihiY
Bd. 94. 1894. S. 375.
JEngelmnnniche Bakterienrnnthode.
Die Bakterien sammeln sich um
eine in der Mitte des Präparates
eingeschlossene Algenzelle.
(Ans Pfeffer, Pliaazeuphvsiologie.
2. Anfl.. Bd. I.r
Methodisches aus der Biochemie der Pfiauzeii. ll^T'.)
Cohn zusammennofaßt werden, und die •/.. R. hei der Filnliiis einer Erbse in
Wasser auftreten. Audi andere sind hrauchhar, doeji sollen sie für d'-ii
vorliegenden Zweck ein hohes Sauerstoffhedürfnis haben und weder zu
groß noeh zu klein sein {FAujelwmin, 1S8(;. S. 4".M. Ivs soll nur "ine Art
von Bakterien im Präparate voihanden sein. Daher ist das zu prüfende
Objekt vorher abzuwaschen. Auch ist es eni|)fehlenswert, i;eiiikulturen zu
verwenden und anstatt Wasser eine verdünnte neiKralisierte Lösung' von
Fleischextrakt zu benutzen, da in dieser die Bakterien beweglich<'r sind.')
Es ist geboten, so viel Bakterien zuzusetzen, daß der Tropfen l)ei
Betrachtung mit bloßem Auge schwach getrübt aussieht (/vV^r/m^/»//, lRs6,
S. 50). Handelt es sich darum, besonders kleine Spuren von Sauerstoff
nachzuweisen, so kann man zweckmäßig Bakterien nehmen, die ein geringeres
l'^edürfnis an diesem Gase haben, also etwa Spirillen, auf die dn> meist
zutrifft. Leicht kultivierbar ist das Spirillum rubrum Esmarch. 2)
Besonders wichtig ist die Möglichkeit, die assimilatorische Wirksam-
keit der einzelnen Spektralbezirke festzustellen. Zu diesem Zwecke entwirft
Kngehnann mit Hilfe eines besonderen unter dem Mikroskoptische an-
gebrachten Apparates ein mikroskopisches Spektrum in der Ebene des Ob-
jektes. Der Zm.ssche Mikrospektralapparat findet sich beschrieben bei I'hvjvl-
mann, 1882, S. 419/20. Er besteht aus einem Spiegel, einem verstellb.-iren
Spalt, einer Kollimatorlinse, einem geradsichtigen Prisma und einem auswech-
selbaren Objektivsystem zum p]ntwerfen des Spektralbildes des Spaltes.
Alles nicht von unten kommende Licht muß vom Präparate abge-
halten werden. Man arbeitet daher im Dunkelzimmer und benutzt entweder
das durch einen Heliostateu reflektierte und durch Mattscheiben abge-
schwächte Soimenlicht oder eine geeignete künstliche Licht(iuelle. Auch soll
das Mikroskop noch von einem Kasten umgeben sein, der Seiteidicht ab-
hält (Engelmann, 1886, S. 52). Man kann aber bequemer an Stelle dessen
eine kleine Schachtel (etwa photographische Plattenschachtel 6x9| ver-
wenden, die oben und unten eine runde Offnunj^ besitzt und so auf dem
Objekttisch gesetzt wird, daß das darin befindliche Präparat von unten
beleuchtet und von olien beobachtet werden kann.
Die relative assimilatorische Wirksamkeit der eiii/.«'hieii Sp(>ktral-
bezirke kann nach Kngdmann auf zwei Wegen geprüft werden. Der erste,
leichter zu verfolgende, gibt ein anschauliches I'-ü'' 'hkI wertvollen Vidi.dt
für den exakteren zweiten.
1. Die Methode der simultanen Beobachtung. Ein möglichst
dünnes, zylindrisches, gleichmäßig gefärbtes Objekt wird senkrecht zur
Richtung der Fraunhofersdien Linien eingestellt, so daß es mit sämtlichen
Spektralfarben belichtet ist. Geeignete Objekte sind l'adenalgen. (»scillarien.
') W. Pfeffer, über chemotaktische Bewegiini^on von ßaktfiipii, Fhtiircnatoii und
Volvociueen. Untersuch, aus dem botan. lust. zu Tübingen. Bd. 2. 1888. S. 589 und Tflan-
zeuphysiologie. 2. Aufl. Bd. 1. 1897. S. 293.
-) If. Pfeffer, Pfhinzenphvsiologic, a. a. 0. — Reinkulturen sind zu beziehen von
Krcils Bakteriol. Museum. Prof. Kraus und Doz. Piibram, Wien. IX.. Zimmcnnaunijasse 3.
1280
Erust G. Pringsheim.
Fig. 273.
Ji c
Wi;-
E i
lange Diatomeen oder Diatomeenketten u. dgl. Die im Präparat anwesenden,
vorher im Dunkeln zur Ruhe gekommenen Bakterien beginnen bei der all-
mähhchen Öffnung des Spaltes zuerst da beweglich zu werden, wo am
meisten Sauerstoff produziert wird. Bei einer gewissen Spaltweite geben
die Bakterien durch ihre Anordnung gewissermaßen eine graphische Dar-
stellung der Assimilationsenergie in den einzelnen Bezirken, indem sie da
am meisten sich anhäufen und auf die größte Entfernung hin beweglich
werden, wo am meisten Sauerstoff produziert wird (Fig. 273). Die Methode
beruht also auf dem Beweglichwerden (Chemokinesis) und auf der Anlockung
(Chemotaxis) der Bakterien durch Sauerstoff. Die Gründe, warum die
Methode der simultanen Beobachtung nicht quantitativ auszuwerten ist,
gibt Engelmann, 1886, S. 44.
2. Die Methode der sukzessiven Beobachtung. Ein ähn-
liches Objekt wird genau in die Richtung der Fraunkofer&chm Linien
eingestellt , so daß es
monochromatisch beleuch-
tet ist.
Es wird für jede
Wellenlänge die Spalt-
breite gesucht, bei der die
Bewegung gerade beginnt
oder aufhört. Die Licht-
quelle muß konstant sein.
Es ist zu beachten, daß
bei roter Beleuchtung die
Beobachtung erschwert
ist. Damit dadurch keine
Fehler entstehen, ist die
Helligkeit der fürs Auge -wirksameren Strahlen entsprechend abzudämpfen,
also bei Messung im Gelb und Grün zweckmäßig ein gefärbtes Glas vors
Auge zu halten (1886, S. 64).
Da die Helligkeit der Spaltbreite proportional gesetzt werden kann,
ergibt sich aus dieser ein Anhalt für die relative assimilatorische Wirkung
der Strahlen verschiedener Wellenlänge. Diese ist umgekehrt proportional
derjenigen Spaltbreite, bei der die Bewegung eben beginnt.
Die assimilatorische Wirksamkeit vergleicht Engelmann (1884) mit
der Absorption der betreffenden Strahlen durch den Pflanzenteil, die ein
von ihm angegebenes Mikrospektralphotometer von Zeiss zu messen
erlaubt.
Der Nachweis, daß nur die Chloroplasten Sauerstoff frei machen,
gelsing Engelmann ^) 3i\ii folgende Weise. Er projizierte mit Hilfe eines an
Ansammlung von Bakterien um eine sameni-toffliefernde Zell-
reihe von Oedogonium im Spektrum. Die hauptsächlichste An-
sammlung der Bakterien betindet sich zwischen B — C. Das
Absorptionsband an dieser Stelle wurde im Faden angedeutet.
(Nach Pfeffer, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Bd. I.)
*) Engelmann, Neue Methode zur Untersuchung der Sauerstoff ausscheidung pflanz-
licher und tierischer Organismen. Botan. Zeitung. 1881. Bd. 39. S. 446. — Die Erschei-
nung der Sauerstoffausscheidung chlorophyllhaltiger Zellen im Lichte bei Anwendung
der Bakterienmethode. Pflügers Archiv. 1894. Bd. 57. S. 375.
Metbodiscbos aus tlor Bioclipmie der I'flui/.'n
ll^^l
Kig. 274.
""^^
Kig. 276.
Stelle des Ueleuchtunf^sapparates an<?ebrachten Mikroskojiolijcktives das
riil(i eines hell beleuchteten, kleinen Loches in fin.Mn nn(lurrlisichti<ren
Schirm in die Ebene des mikroskopischen (Jbjektes. Im dabei die durch
den liewöhnlichen Spiegel erzeugten doppelten Bilder /.u vt-rmeiden, kann
man ein total reflektierendes Prisma') oder einen an der obcrfliirhr ver-
silberten Spiegel verwenden. Wird nun ein Objekt benutzt, an dem sich
chlorophyllt'reie Stellen finden und
werden nur diese beleuchtet, so tritt
die Wirkung nicht ein. P.eridirt der
helle Kreis aber CJhloroplasten. so wer-
den an dieser Stelle die Bakterien be-
weglich und sammehi sich an(Fig.-_>74).
Der F.influit äuberer Faktoren,
wie Temperatur, Zusammensetzung der
Flüssigkeit u. dgl. läßt sich mit der
Pakterienmethode kaum prüfen. Auch
können mit ihrer Hilfe nur sehr kleine
( )l)jekte auf Sauerstoff produktion unter-
sucht werden. Darin liegen die Grenzen
dieser eleganten Methode. Aber für
die genannten Zwecke stehen die oben
erwähnten Hilfsmittel zur Verfügung,
so daß wohl für jeden F'all das Ge-
eignete zu finden sein dürfte.
..1
mit
Spirogyrazplle
Bakterien im Priiija-
rat eingeschlossen.
Zwei Lichtflecko. von
denen nnr der eine
das Chlorophj-llband
trifft. J)ort allein sam-
meln sicli die Bak-
terien. (Nach Entjel-
mann ans Jost, Vor-
lesungen über Pflan-
zenphysiologie,
2. Aufl.)
b) Verbrauch der Kohlensäure.
.\p|iarat .,;iir J^«^;lrn
ninng der von eiopin
assimilierenden Blatt»
vt-rliraiichten Ki'li' n
Miurc. (.\u» / ■•
Ptlaii7.enpliviiioln);ic.
ü. Aufl.. "Bd. I.)
Durch die Assimilation wird die
Umgebung an Kohlensäure ärmer.
Man kann einen Strom von Luft mit
bekanntem Kohlensäuregehalte über die I'flanze leiten und die verschwun-
dene Kohleiisäuremenge messen.
Die Methoden sind die allgemeinen der Gasanalyse (vgl. Bd. HI).
Pfeffer ^) ließ Blätter von Landpflanzen, die in ein oben kolbig er-
weitertes und im zylindrigen Teile kalibriertes Glasrohr eingeschlossen waren,
in kohlensäurereicher Luft assimilieren und bestimmte durch Absorption mit
Kalilauge volumetrisch die Menge der verbrauchten Kohlensäure (Fig. 'JTä).
Die Einführung des Blattes geschah mit Hilfe eines Holzstiibchens, wobei
die Blattfläche vorsichtig gerollt wurde, um das Gjasrohr passieren /u
können. Am Blattstiele war ein Draht befestigt, der es erlaubte, das Blatt
^\^eder herauszuziehen. Der ausgebauchte Teil des Apparates hatte ein inneres
') Engelmann, Die Purpurbakterieii iiud ihre Beziohmigcii zum Licht. Butanische
ZeituujL'. 1888. Bd. 46. S. (WS. .
-) Pfeffer, Die W irkiing farbigi'H Lichtes auf die Zersetzung der Kohlensaure in
Pfhmzen. Arbeiten des botau. Instituts in Wiirzburg. Bd. 1. 1874. S. 14 ff.
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitmnethnden. V.
81
1282 Ernst G. Pringsheim.
Volumen von 45 cm^, das Rohr war 26 cm lang und faßte 40 cm.^. Unten
war es durch Quecksilber abgeschlossen, über dem sich eine kleine Menge
Wasser befand, um die schädlichen Quecksilberdämpfe zu vermeiden. Zum
Versuche wurde das Quecksilber durch Saugen an einem oben an der Er-
weiterung des Rohres angebrachten Rohransatz gehoben und dann von
unten her ein bestimmtes Volumen Kohlensäure eingefüllt. Nach der Be-
lichtung wurde das Blatt dm'ch das Quecksilber hindurch herausgezogen
und mit Hilfe einer gebogenen Pipette eine sehr kleine Menge starker Kali-
lauge von unten eingeführt. Dadurch wurde die Absorption der noch übrigen
Kohlensäure bewirkt, die am nächsten Morgen als beendet betrachtet wurde.
Durch Berechnung wurde aus dem Gasvolumen vor der Exposition
am Lichte und nach der Absorption unter Berücksichtigung des Blattvo-
lumens die zersetzte Kohlensäuremenge gefunden.
c) Nachweis der Assimilationsprodukte.
Das erste, mikroskopisch unmittelber sichtbare Assimilationsprodukt
ist bei den höheren Pflanzen die Stärke, die bei den meisten unter ihnen
gebildet wird. Sie läßt sich zwar in geeigneten Präparaten vielfach ohne-
weiters mikroskopisch erkennen; sehr viel bequemer Avird aber ihr Nach-
weis durch mikrochemische Färbung mit Jod. Zu dem Zwecke läßt
Sachs '^) feine Schnitte einige Tage in Kalilauge liegen, wäscht sie gut
aus, neutralisiert mit Essigsäure und legt sie nach abermahgera Waschen
in verdünnte Jodlösung resp. Jod-Glyzerin (starke alkoholische J-Lösung
bis zur Gelbfärbung zu Wasser oder Glyzerin gesetzt). Nach Schhnper^) fügt
man etwas Jodjodkahumlösung (O'Oö^' J und 0'2 KJ in Ibg Wasser) zu Chlo-
ralhydratlüsung (8 Teile Chloralhydrat auf ö Teile Wasser) hinzu und legt da
hinein die in Alkohol extrahierten Schnitte. Die Präparate werden so
durchsichtiger und klarer, das Chlorophyll wird gelöst, die Stärke quillt
und färbt sich schön blau. Bequemer als mit Querschnitten größerer
Blätter arbeitet man mit dünnen Blättern, z. B. von Impatiens, den
Blättchen von Elodea und von Moosen oder mit Algenfäden, z. B. Clado-
phora oder Spirogyra. Diese können ohne Zerkleinerung mikroskopisch
untersucht werden.
Bei vielen Blättern kann der mikroskopische Stärkenachweis durch ein
Verfahren ersetzt werden, das den Stärkegehalt mit bloßem Auge zu
prüfen erlaubt, die Sachs sehe Jodprobe. 3) Sachs brüht die Blätter in
^) Sachs, Über den Einfluß des Lichtes auf die Bildung des Amylums in den
Chlorophyllkörnern. Botan. Zeitung. Bd. 20. 1862. S. 868 und Über die Auflösung und
Wiederbildung des Amylums in den Chlorophyllkörnern bei wechselnder Beleuchtung.
Bd. 22. 1864. S. 291.
-) Schimpcr, Über Bildung und Wanderung der Kohlehydrate in den Laubblättern.
Botan. Zeitung. 1885. S. 735.
^) Sachs, Ein Beitrag zur Kenntnis der Ernährungstätigkeit der Blätter. Arbeiten
des botan. Instituts in Würzburg. Bd. 3. 1884. S. 2 oder Gesammelte Abhaudl. Bd. 1.
Leipzig 1892. S. 355.
Methodisches aus der Biochemie der Pflanzen. 12^!)
viel kochendoin Wasser und legt sie dann in Gßo/oik'en wainiiM» Alkohol.
Dadurch werden die meisten liliitter j,Mnz iarhlos, hei f,n-öllerem Gerh-
stoffgehalte freilich bleiben sie braun und sind deshalli \vcniu'<*r «zeeiirnet.
Nun werden sie in eine starke Jodlösung gelegt, die dadurch rrhalfcn wird,
daß eine konzentrierte alkoholische Lösung mit so viel destilliertem Was.ser
versetzt wird, bis sie die Färbung dunklen Hieros erhalt. Auch kann man
durch Auflösen von 1 (iewichtsteil Jod und 4 Teilen Jodkalium in :5<)0 Teilen
Wasser eine konzentrierte Lösung herstellen, die in ib-nselben Weise mit
Wasser zu verdünnen ist. Nach einer halben bis zu einigen Stunden, wenn
die Farbe sich nicht mehr ändert, ist die Reaktion beendet. St.irkehaltige
Blätter erscheinen nun tief schwarz, stärkefreie hell ledergelb. Man legt sie
in Wasser auf einen weißen Teller, wobei sie allmählich eine blaue Farbe
annehmen.^) Bei Blättern und anderen Objekten, die nicht iliinhsichtig
oder farblos genug werden, empfiehlt es sich, dem Alkohol, der zur E.xtrak-
tion benutzt wird, Chloralhydrat zuzusetzen, /u grolle Mengen davon
können aber die Stärke lösen.
€ber das Verhalten verschiedener Blätter findet man bei Surha
(a. a. 0.) zahlreiche Angaben. Will man die makroskopische oder
die weit sicherere-) mikroskopische Jodprobe zum Nachweis stattgehabter
Assimilation verwenden, so muß man von grünem, aber stärkefreiem Ma-
teriale ausgehen. Die Entstärkung findet vielfach in warmen Nächten
vollständig statt, indem durch Ableitung und Veratmung das am Tage
angesammelte Assimilationsprodukt verschwindet. Durch längere \erdunklung
läßt sie sich in fast allen Objekten erzielen, besonders wenn man Topf-
pflanzen oder jedenfalls größere Zweige verwendet und sie dunkel und warm
hält. Nur die Schließzellen der Spaltöffnungen und die Zellen der l'.latt-
nerven halten die Stärke oft hartnäckiger fest. P^lodeapflaiizen oder Spiro-
gyra sind durch A'erdunklung in einem größeren Wasser(|uantum gleichfalls
stärkefreizubekommen, bei günstiger Temperatur schon in einem Tage.»)
Außer durch Verdunklung kann man die Stärke auch durch Fber-
führen des Objekts in einen kohlensäurefreien Raum entfernen.*} Die
Wirkung der Dunkelheit, die eventuell störende Nebenerfolge haben kann,
wird dadurch vermieden.
\'on geformten Assimilationsproduktcn kommt noch bri Kotalgeu die
..Florideenstärke" in Betracht. Gelöste Stoffe sind im allgemeinen zu um-
ständlich nachzuweisen, als daß sie als Zeichen stattgefundener Assimilation
in Betracht kämen.
Über die relative Menge der gebildeten Stärke kann man sich
am mikroskopischen Bilde orientieren oder bei der Jodprobe an iler Farl>e,
*) Detmer, Das kleine pflaiizenphys. Prakt. Jena IDOö. 2. Aufl. S. 25.
^) //. WinkJcr, Untersucluiiigt'ii iibor die Starkeliilduufr in ilen verschiedenartigen
(.'hromatophoren. Jahrbücher für wisseusch. Botan. Bd. 32. 181)8. S. 3.
') Dctmer, a. a. 0. S. 2R.
*) Moll, Über die Herkunft dc^ Kohlenstoffs d-T rfl.ui/in Aibi'iiin des lniiaii.
Instituts zu Würzburg. Bd. 2. S. 110.
Öl*
1284 Ernst G.Pringsheim.
die die Objekte bei gleicher Behandlung annehmen. Sach.^^} unterscheidet
folgende Färbungen an den mit Jod gesättigten Blättern:
1. Hellgelb oder ledergelb (keine Stärke).
2. Schwärzlich (sehr wenig Stärke).
3. Mattschwarz (reichlich Stärke).
4. Kollischwarz (sehr reichlich Stärke).
5. Metallischglänzend schwarz (Maximum des Stärkegehaltes).
Durch Aufbewahren in Jodalkohol lassen sich Vergleichsobjekte bei
konstanter Färbung erhalten. In flacher Wasserschicht geht die Tiefe des
Tones durch Verflüchtigung des Jodes sehr bald zurück. Sachs'-) hat auch
durch Bestimmung des Trockengewichtes möglichst analoger Blattstücke
vor und nach der Assimilation eine Vorstellung von der Stärke der Stoff-
speicherung zu bekommen gesucht.
Ein genaueres Maß für die Menge der in einem Pflanzenteile ent-
haltenen Stärke bekommt man durch quantitativ-chemische IJestimmung.
Das Material wird getrocknet und gepulvert, mit Wasser, Alkohol und
Äther ausgelaugt. Dann wird entweder die Stärke durch Alkalien ver-
kleistert, mit Alkohol gefällt und nach nochmaligem Auswaschen mit Alkohol
und Äther als solche gewogen 3) oder, nach ^'erkleisterung, durch Diastase
verzuckert und mit Fehlingscher Lösung titriert.*) Weitere Angaben und
Literatur über den chemischen Teil der quantitativen Stärkebestimmung
geben z. B. Beilstein'"), Czapek^) und König''). Daselbst auch Vorschriften
über die Verzuckerung mit Säure, die vorsichtig gehandhabt werden muß,
um nicht Glukose zu zerstören. Angaben über Darstellung von Diastase
(ebenda) sind jetzt überflüssig, weil dieses Ferment in guter Beschaffenheit
käuflich zu haben ist.
Die Menge der gebildeten Stärke oder anderer Polysaccharide gibt nun
innerhalb gewisser Grenzen einMaß für dieintensität derKohlensäure-
Assimilation unter den betreffenden Bedingungen. Doch darf man
nicht beides proportional setzen, da noch andere Stoffe als Stärke ent-
stehen und mit der Anhäufung der Beaktionsprodukte der Assimila-
tionsvorgang zurückgeht, und zwar in abgeschnittenen Blättern oder
kleineren Zweigen schneller als in großen Pflanzen, bei denen eine Ableitung
der Assimilate stattfinden kann. ^) Es muß auch berücksichtigt werden, daß in
*) Sachs, Ein Beitrag zur Kenntnis der Ernähruugstätigkeit der Blätter. Arb. d.
bot. Inst, zu Würzburg. Bd. 3. 1884. S. 4.
■') A. a. 0. S. 19.
ä) Baumert und Bode, Zur Bestimmung des wahren Stärkegehaltes der Kartoffel.
Zeitschr. f. angew. Chemie. 1900. Bd. 13. S. 1074 und 1111.
*) Brown und Morris, A contribution to the chemistry and physiology of foliage
leaves. Journal ehem. soc. 1893. S. 603.
5) Beilstein, Handbuch der organ. Chemie. 3. Aufl. Bd. 1. S. 1084/85.
^) Czapek, Biochemie der Pflanzen. Jena 1905.
') König, Untersuchung landwirtschaftlich und gewerblich wichtiger Stoffe. Zweite
Aufl. 1898.
*) Saposchnikoff, Bildung und Wanderung der Kohlehydrate in den Laubblättern.
Berichte d. deutsch, botan. Ges. 1890. Bd. 8. S. 233. — L'ber die Grenzen der Anhäufung
Methodisches aus der Biochemie der Pflanzen. 128Ö
wurzellosen Pflanzenstücken durch Man^rel an Xährsalzen ein Wachstum un-
möglich gemacht wird, durch das Kohlehydrate verarbeitet werden könnten.
Die Proportionalität zwi.^chen Assimilation und Stiirkepn.duktion wird ferner
durch die Atmung gestört, und zwar wird ein relativ (h-sto gröiterer Teil
der Assimilationsprodukte veratmet, je schwächei- das Lieht nnd je; höher
die Temperatur ist. Unter günstigen Bedingungen, also bei mittlerer Tem-
peratur und günstigem Lichte wird der 10. — 40. Teil von (k'in zerstört,
was das Blatt produziert. ' )
Alle diese Gründe lassen die Methode der Stiirkebestimmung als >Li(j
der Assimilation nur bei Berücksichtigung aller Fehler brauchbar erscheinen.
Die Bestimmung des Gaswechsels dürfte, wo sie nicht aus anderen (iründen
zu verwerfen ist, stets genauere Resultate geben. '^)
C. Chemische Reizbarkeit.
Einleitung.
Da die I)iochemie alle im Organismus sich abspielenden chemischen
Vorgänge umfaßt, so hat man ein Recht, auch die Reizung durch chemi-
sche Stoffe zu ihrem Gebiete zu rechnen. Aus theoretischen (iründen darf
man nämlich annehmen, daß ein Eindringen des Reizstoffes und chemische
Veränderungen im Innern der Zellen für das Zustandekommen der Per-
zeption erforderlich sind, obgleich sie noch in keinem Falle nachgewiesen
worden sind.
Eine Schilderung der Methoden wird an dieser Stelle auch deshalb
von Wert sein, weil das bezeichnete Gebiet eine Fülle von Problemen
bietet, die nur einer hoch ausgebildeten chemischen Forschungsweise zu-
gänglich sind und die gleichzeitig gewisse biologische Erfahrungen voraus-
setzen.
Es werden nur die an Pflanzen und Protozoen zu studierenden
chemischen Reizwirkungen Berücksichtigung finden.
Unter ihnen sind allein diejenigen eingehender bekannt, in denen eine
leicht sichtbare Veränderung, vor allem eine Bewegungserscheinung, Kunde
von der stattgehabten Reizung gibt. Die erkenid)are \'eränderung nennt
man den Reizerfolg oder die Reizreaktion, den chemischen Stoff das
Reizmittel Bemerkbar wird die Reizwirkung eines physikalischen oder
chemischen Agens erst dui'ch seine zeitlich oder örtlich verschiedene \'er-
der Kohlehydrate in den Blättern der Weinrehe und anderer Pflanzen. Ber. d. deutsch,
botau. Ges. 1897. Bd. 9. S. '293. — Beiträge zur Kenntnis der Grenzen der Anhäufung
von Kohlehydraten in den Blättern. Ber. d. deutsch. i)otan. Ges. 1893. Bd. 11. S. 391.
') Krensler, über eine Methode zur Beobachtung der Assimilation und Atmung
der Pflanzen und iilier einige diese Vorgänge l)eeinflussende Mmnente. Lamlwirtschaftl.
Jahrb. 1885. Bd. 14. S. 952.
2) Pfeffer, Pflanzeaphysiologie. 2. Aufl. Bd. 1. 1897. S. 306.
5^286 Ernst G. Pringsheim.
teilung, also z. B. durch einen Wechsel oder eine Ungleichheit der Inten-
sität oder Konzentration. Diese Umstände nennt man Reizanlaß. i)
Oft ist der wirkliche Reizanlaß nicht ohne weiteres zu erkennen. So
kann die örtliche Konzentrationsdifferenz an einem Stoffe in einem flüssigen
Medium durch die Bewegung des Organismus selbst für diesen zu einer
zeithchen werden. Diese Unterscheidung kommt freilich methodisch heute
noch wenig in Betracht. In allen den Fällen, wo durch chemische Einflüsse
eine bestimmt gerichtete Bewegung veranlaßt wird, gilt es, eine örtliche
Verschiedenheit der Konzentration des Reizstoffes zu schaffen und auf-
recht zu erhalten. Bei allen anderen chemischen Reizwirkungen kommt es
nur darauf an, den zu prüfenden Stoff überhaupt in geeigneter Weise
zuzuführen.
Bei den Richtungsbewegungen durch chemische Stoffe müssen wir
unterscheiden zwischen den durch Wachstumskrümmungen und den durch
freie Ortsbewegung, also Schwimmen und Kriechen, zustande kommenden
Reaktionen auf chemische Reize. Die ersteren faßt man als Chemotro-
pismus, die letzteren als Chemotaxis zusammen. Der durch den ver-
schiedenen Bewegungsmodus hervorgerufenen Differenz in der Geschwindig-
keit der Reaktion (oder vielmehr in dem Verhältnis zwischen der Größe
des bewegten Teiles und der Schnelligkeit der Bewegung) muß durch eine
verschiedene Methodik Rechnung getragen werden.
I. Chemotaxis.
Bei der Chemotaxis durch Schwimmbewegung ist die örthche Kon-
zentrationsdifferenz in dem als Medium dienenden Wasser nicht allzu schwer
aufrecht zu erhalten. Denn die relativ große Geschwindigkeit der Bewegung
bedingt auch eine schnelle Reaktion, die daher ausgeführt wird, bevor
durch Strömung und Diffusion der Reizanlaß unwirksam geworden ist. Die
kriechenden Organismen schließen sich dagegen in der Beziehung mehr
den chemotropischen an.
Chemotaktische Reaktionen sind bei der Mehrzahl der freibeweg-
lichen Protozoen, Flagellaten, Volvocineen. sowie den schwimmfähigen Stadien
der Pilze und Algen und den Spermatozoen der Tiere, Moose und Farne
bekannt oder doch zu erwarten. Sie stehen entweder im Dienste der
Ernährung, indem sie den Organismus nach geeigneten Xahrungsquellen
hinführen oder der Fortpflanzung, indem sie das ..Samentierchen" zum
Ei geleiten. Auch wird vielfach ein geeigneter Sauerstoffgehalt des Wassers
aufgesucht, wodurch die Atmung in entsprechender Weise aufrecht er-
halten wird. Ferner werden schädliche Stoffe gemieden, auch solche, die
nur durch osmotische Wasserentziehung gefährlich werden könnten, also
nicht eigentlich durch chemische Einflüsse.
*) Bothert, Beobachtungen und Betrachtungen über taktische Reizerscheinungen.
Flora. Bd. 88. 1901. S. 371, 392.
Methodisches aus der Hiuchcniio der l'fl;in/.en. 1'2H7
Kapillarmethode.
Das Studium der choniotaktischcn Ueizcrschcimiiifi:«'?! j,'('f:eii (.'döste
Stoffe wurde zum ersten Male von ly'cj/'er^) in Aii^Miff iiniommeii. «Irr die
noch heute allgemein benutzte Methodik geschaffen hat. Die Konzeu-
trationsdifferenz des Reizstoffes wird nach ihm dadurch hergestellt, daß
zu dem mikroskopischen Präparate eine feine (ilasröhre. ^a'füllt mit einer
Lösung der Substanz, geschoben wird. .Vus der offnuiiu iler (ilasröhre oder
„Kapillare'" dringt der Reizstoff heraus und verbreitet sich allmiihlich in
dem Wasser, das die Organismen enthalt. Der Keizerfolir niaclif sich in
der Anlockung und Ansammlung vor oder in der Kapillare geltend, resj).
darin, daß gerade diese Stelle gemieden wird. In «lern ersten Falle spricht
man von positiver, im zweiten von negativer Chemotaxis.
Die Herstellung der Kapillaren erfolgt durch Au.sziehen eines
vorher ni)er der Flamme weich gemachten Hlasrohres. Dieses muH auf das
Sorgfältigste gereinigt werden, da viele chemotaktische Oriranismen äidierst
empfindlich gegen Spuren der verschiedensten Stolfe sind. .Man kann bei
einiger Geschickhchkeit aus jedem Rohre genügend feine Kapillaren ziehen.
Doch wird man zur Erzielung der feinsten Kaliber zweckmid'.ii: dünnere
Riihren anw^enden. Die Dicke der Kapillaren richtet sich nacii der (irüLie
und Geschwindigkeit der einzufangenden Organismen. Ist die Bewegung
langsam, so wird eine größere Menge des Reizstoffes erfordert, damit nicht
die Konzentrationsdifferenz sich zu früh ausgleiche. Also wird man dickere
Kapillaren wählen. Das gleiche gilt für gröllere Organismen, wie l'iira-
mäcien, Euglenen u. dgl., schon wegen deren Körperumfang, aber auch
wegen der durch ihre Bewegungen verursachten Durchmischung der Flüssig-
keit. Für Bakterien sind Kapillaren von etwa 005— 0-1 mm, für Samen-
fäden von Farnen etc. solche von Ol— O'lb mm, für größere Organismen
solche von 0-2— 0-4 w?m hchter Weite geeignet. Die Länge möge 10— 2(> mm
betragen. Doch kommt es darauf weniger an. Vn\ einigermal'en glatte
Ränder an der gewünschten Stelle zu bekommen, breche man die Kai)illaren
über die Kante eines Objektträgers.
F/f:fer schmilzt die Kapillaren an einem Ende zu und füllt sie unter
der Luftpumpe mit der zu prüfenden Lösung, indem er sie in .•ineni l'hr-
schälchen unter die Glocke setzt und mäßig evakuiert. Durch die nur ge-
ringe Luftverdünnung wird erreicht, daß sowohl in der Flüssigkeit wie
auch in der Kapillare hinter dem eingesogenen Tröpfchen Luft zurück-
bleibt. Würde man zu stark auspumpen, so würde ein >L'ingel an Sauer-
stoff eintreten, der die Dewegiiclikeit vermindern und zudem falsche Re-
aktionen vortäuschen könnte. (Vgl. unten S. V2\n .Verotaxis.i
Bei sehr sauerstoffbedürftigen Organismen muß aus dem.^elben Grunde
im offenen Tropfen und nicht unterm Deckglase lieobachtet werden. Doch
wird man das nur tun. wenn man sich durch besondere \ersuche über-
') Pfeffer, Lokomotorische RichtiiiiL'shcwopunpen iluroli clieniis.-ho Uoizo. rntor-
snchiin£reii aus dem Botaii. Institut zu 'riiliiinron. Bd. 1. IHHl -Hb. S. 3«')H.
]^288 Ernst G. Priugsheim.
zeugt hat, daß es nötig ist. Denn das Eindunsten des Tropfens kann
Täuschungen bewirken. Auch zerläuft der Tropfen gern auf dem Objekt-
träger. In den organismenhaltigen Tropfen wird die in Wasser äußerlich
gut abgespülte Kapillare hineingeschoben. Dann wird sogleich mit ent-
sprechender, nicht zu starker Vergrößerung beobachtet. Vielfach ist der Er-
folg selbst mit bloßem Auge zu erkennen. In schwierigen Fällen leistet Dunkel-
feldbeleuchtung vortreffhche Dienste, i)
Bei hchtempfindlichen Organismen, z. B. Purpurbakterien oder grünen
Flagellaten, muß man die Ansammlung im Dunkeln vor sich gehen lassen
oder bei einer Beleuchtung arbeiten, die wohl auf das Auge, nicht aber
auf die Versuchsobjekte einwirkt. In beiden Fällen arbeitet man im Dunkel-
zimmer oder stellt das Mikroskop in einen lichtdichten Kasten, der nur
eine Öffnung zur Beleuchtung des Spiegels und eine zur Beobachtung ent-
hält. Bei den meisten Pflanzen hat rotes Licht keine Reizwirkung. Man
kann daher ohne Störung bei dem Lichte einer photographischen Dunkel-
kammerlampe mikroskopieren. In jedem Falle muß man .sich aber von der
Unwirksamkeit der gewählten Beleuchtung überzeugen, um nicht durch
phototaktische Ansammlungen gestört zu werden. Purpurbakterien reagieren
z. B. auf ultrarotes Licht. 2)
Von Bedeutung für die Beurteilung der Resultate ist die Art, wie
die beiden Flüssigkeiten, die in der KapiUare und die außerhalb, sich zu-
einander verhalten. Im allgemeinen wird die zu prüfende Lösung in der
Kapillare ein höheres spezifisches Gewicht haben als die Außenlösung. Bei
horizontal gestellten Kapillaren wird daher ein Ausfließen stattfinden und
dafür etwas von der Außenflüssigkeit eingesaugt werden. ^) Zu vermeiden
wäre diese Fehlerquelle durch Senkrechtstellung der Kapillare und Be-
obachtung mit dem horizontalen Mikroskope.*)
Ob die tatsächlich immer zustande kommende allmähhche Ver-
mischung der beiden Flüssigkeiten hauptsächlich kleinen Strömungen oder
mehr der Diffusion zuzuschreiben ist, bleibt noch genauer zu untersuchen.
Ein Mittel bietet die Beobachtung gefärbter Flüssigkeiten. ^) Für das Wesen
der chemotaktischen Reaktion ist die Beantwortung dieser Frage von Be-
deutung, weil durch Diffusion ein regelmäßiges Konzentrationsgefälle von
der Kapillare her unterhalten werden würde, bei Verteilung durch Kon-
vektion aber kaum. Diese Unterscheidung wird besonders wichtig, wenn es
sich darum handelt, die untere Grenzkonzentration zu finden, die gerade
noch wirksam ist, die sogen. Ileizschwelle. Derartige Bestimmungen geben
1) Pfeffer, a. a. 0. S. 423 u. 431.
^) Engelmann, Die Purpurbakterien und ihre Beziehungen zum Licht. Bot. Ztg.
46. Jahrg. 1888. S. 661.
*) Pfeffer, Über chemotaktische Bewegungen von Bakterien, Flagellaten und Vol-
vocineen. Untersuch, aus dem botan. Institut zu Tübingen. Bd. 2. 1886—88. S. 582.
*) Ebenda. S. 587.
^) Pfeffer, Lokomotorische Richtungsbewegungen durch chemische Reize. Unter-
suchungen aus dem botan. Institut zu Tübingen. Bd. 1. 1881 — 85. S. 363.
Methodisches aus der Biochemie der Pflanzen. 1289
am besten ein Maß für die Keizstärke einer .Snhstanz oder vidnichr für
die Empfindlichkeit des Or<>anismiis ^'Cj^eu sie.
Pfeffer erklärt die Ansanimlnn^' vor oder in der Kaitillan- in der
Weise, daß er annimmt, die Einzelindividuen stellen sich senkrecht zu den
Diffusionszonen, die Orte gleicher Konzentration verhinden. Hiernach müi;ie
also auch bei Schwellenbestimm unt>en schon eine merkliche Diffusion zu-
stande gekommen sein. Ich halte es aber für wahrscheinlicher, dai; man
bei sofortiger Deobachtung noch beide Flüssigkeiten als fast uuL'emischt
nebeneinanderliegend betrachten kann, und daß die Heizwirktnig nur die
zufällig in die ausgeflossene Lösung geratenen Individuen daran verhin-
dert fortzuschwimmen (Pringsheim^).
Um die Schwellenbestimmungen zuverlässiger zu gestalten, kehrt
Kusano-) (S. 73) die Pfejf'ersche Methode um. Kr fidlt die organismen-
haltige Flüssigkeit, der gleichzeitig der Reizstoff in verschiedenen Kon-
zentrationen beigegeben ist, in nicht zu enge Kapillaren und schiebt diese
in einen Tropfen Wasser. Bei den zufällig der Öffnung zustreliendeii In-
dividuen findet nun nach einiger Zeit eine Umkehr der Beweirunir statt, und
zwar bei den höheren Konzentrationen erst außerhalb der Kapillare, bei der
Grenzkonzentration aber an der Öffnung selbst. Der Vorteil der Methode be-
steht darin, daß man einzelne Individuen in ihrem \'erhalten beobachten kann.
vor allem aber darin, daß der Reizstoff nicht schon zu weit verdünnt sein
kann, bevor die Organismen in sein Gebiet gelangen. Denu'ntsprechend zeichnen
sieh die Kusanosdion Resultate durch ihre gute Übereinstimmung aus.
Derselbe Forscher bedient sich noch einer anderen .Mudifikation der
Pfeff'erschen Methodik. Er füllt die Glasröhrchen durch Kapillarität und
verschließt sie mit einem Tröpfchen Wachs (a. a. O. S. ;')). Ilieri)ei wird das
Auspumpen entbehrlich, und es findet eine äußerliche Renetzung der Ka-
pillaren nur an der Mündung statt. Ähnlich hat es Botherf^) (S. 380) ge-
macht, um mit Lösungen flüchtiger Stoffe, wie Äther, zu arbeiten, die bei
der Füllung unter der Luftpumpe verloren gehen würden.
ßarrat*) beurteilt die Stärke der Anlockunu nach der Zahl der nach
bestimmter Zeit eingewanderten Individuen und Itenutzt zum N'ergleich
Kapillaren ohne Reizstoff.
Anderweitige Methoden.
Masmrf^) setzt an Stelle der Kai)illar- die Troi)fenmethode. Er
bringt einen Tropfen mit der organismenhaltigeu Flüssigkeit und einen
') E. G. rrini/sheiDi, Die Reizhewegiingen der rflaiizon. Berlin 1912.
2) Kusano, Htudies ou tlie chcmotactic and other related reactions of the swarm-
spores of Myxomycetes Journal of the College of Agriculturc. Iinp. Univ. of Tokyo. 1909.
Vol. 2. p. 1.
^) Rothcrt, Heobachtuu^ren und Bctraclitunircn über t.-iktische UeizerscheinunL'.Mi
Flora. Bd. 88. 1901. S. 371.
*) Barrat, Der Einfluß der Konzentration auf die Chemota.\is. Zoitschr. f. allge-
meine Physiol. Bd. 5. 1905. S.73.
5) Massart, La sensibilitö ;i la concentration chez les i'tres unicellnlaires uiarins.
Bull, de l'Acad. roy. de Belgique. Bme s6rie. T. 22. 1891. p. 158.
]^290 Ernst G. Pringsheim.
mit dem Reizstoffe auf eine Glasplatte nebeneinander ; dann verbindet er
beide vorsichtig durch eine Wasserbrücke und beobachtet die Verteilung
der Organismen. Auch verwendet er Splitterchen fester Substanzen, die er
dem Tropfen an der Peripherie einverleibt.
Jennings'^) stellt seine Versuche so an, daß er eine ziemlich dicke
Flüssigkeitsschicht zwischen dem Objekttniger und einem groben Deck-
glase erzielt, indem er das letztere durch Glasfäden unterstützt. Dann
bringt er mit einer feinen Kapillarpipette einen Tropfen der den Reizstoff
enthaltenden Flüssigkeit unter das Deckglas in die Mitte der organismen-
haltigen Flüssigkeit. Die dadurch geschaffene Stelle höherer oder niederer Kon-
zentration bleibt lange genug erhalten, um eine Reaktion bewirken zu können.
Garrey"-) bringt die Organismen in eine flache Kammer und labt den
Reizstoff durch eine feine Öffnung in der Wand hinzufließen.
Zu den Methoden, die dem Studium der Chemotaxis dienen, kann
man auch die der Bakterienniveaux nach Beijerinck^) rechnen. Auf dem
Boden eines Reagensglases kommt eine Substanz, die Nahrungsstoffe für
Organismen abgibt, also etwa eine Bohne, etwas Nährgelatine oder der-
gleichen. Darüber wird Wasser geschichtet. Die sich entwickelnden Bak-
terien und Infusorien halten sich anfangs ganz in der Nähe der Nahrungs-
quelle. Mit fortschreitender Diffusion aber entfernen sie sich von ihr und
bilden in einer gewissen Entfernung vom Wasserspiegel und dem Diffu-
sionszentrum plattenförmige, oft scharf umgrenzte Anhäufungen, die an der
weißlichen Trübung leicht zu unterscheiden sind, die „Niveaux". Die Er-
scheinung beruht darauf, daß die Organismen auf eine gewisse Konzen-
tration der Nahrungsstoffe als die optimale abgestimmt sind und diese
aufsuchen. Je mehr Stoffe ins Wasser diffundieren, desto mehr entfernt
sich die Zone einer gewissen Konzentration vom Boden des Gefäßes.
Außerdem kommt auch das Sauerstoffbedürfnis in der Stellung der Niveaux
zum Ausdrucke. Sauerstoffbedürftigere Organismen werden sich dem Me-
niskus möglichst zu nähern suchen, andere werden mit einer geringeren
Tension dieses, in der Tiefe von den Bakterien und Infusorien selbst auf-
gezehrten Gases zufrieden sein.
So ist jedes Niveau der Ausdruck für das an der betreffenden
Stelle herrschende Gleichgewicht anziehender und abstoßender Reizwirkun-
gen. Es kann daher brauchbare Anhaltspunkte für die Bedürfnisse der
fraglichen Organismen geben. Eine Methode für exaktere Forschungen läßt
sich wegen der Mehrheit der wirkenden Kräfte daraus aber kaum gestalten.
*) Jennings, Reactions in chemical, osmotic and mechanical Stimuli in the ciliate
infusoria. Journal of Physiology. Vol. 21. 1897. p. 258 und „Das Verhalten der niederen
Organismen", Übers, v. E. Mangold. Leipzig und Berlin. 1910. S. 76.
-) Garrey , Tbe effect of ions upon the aggregation of flagellated infusoria.
Americ. Journal of Physiol. Vol. 3. 1900. p. 291.
^) ßeijerinck, Über Atmungsfiguren beweglicher Bakterien. Zentralbl. f. Bakt.
Bd. 14. 1893. S. 827 und Notiz über den Nachweis von Protozoen und Spirillen im Trink-
wasser. Ebenda. Bd. 15. 1894. S. 799, auch Stockhausen, Ökologie, „Anhäufungen" nach
Beijerinck. Berlin 1897.
Methodisches aus der Biochemie der Pflanzen. l'JiW
Aerotaxis.
Was die choniotaktischo IUmzuui; durch don zum Atmen iiöti^'cii
Sauerstoff anhelan^n, so sind allenlinf,^s die /u seinem Studium l>islier ver-
wendeten Methoden alle nicht sehr exakt. Die Schwieri^^keit iiej^t in dem
o^asförmigen Zustande des lieizniittels und kehrt liei allen (iasen wieder.
Diese müssen natürlich in gelöstem Zustande •^'eiioten werden, um eine
Reizwirkung auf schwimmende Organismen auszuüben. Kino bestimmte
Tension innezuhalten ist dabei recht schwierig.
Die meisten Methoden beruhen auf folgendem: Ist eine organismen-
haltige Flüssigkeit luftdicht abgeschlossen, so wird durch die Atniung.s-
tätigkeit bald der Sauerstoff verzehrt und dafür Knhlonsilure anuehiluft.
Wird nun an einer begrenzten Stelle der Luft der Zutritt gestattet, so
sieht man vielfach die schon bewegungslos gewordenen Organismen wieder
aufleben und sich in der Nähe der freien Oberfläche zusammendrängen.
Ob sie aber durch Sauerstoff angelockt oder durch Kohlensäure abge-
stoßen werden, läßt sich nicht ohne weiteres beurteilen und ist meistens
nicht genauer geprüft.
Solange die Entscheidung nicht getroffen ist. kann man zweckmäßig
den von Engdmann'^) (S. 541) geschaffenen Ausdruck Aerotaxis für diese
besondere chemotaktische Reizerscheinung beibehalten, die freilich wohl
meist durch ungleiche Verteilung des Sauerstoffes hervorgerufen wird.
Engelmann hat die Aerotaxis bei Bakterien entdeckt und als erste
von allen chemischen Reizwirkungen genau studiert. Sie läßt sich am ein-
fachsten so demonstrieren, daß man geeignete Bakterien in einem Tropfen
Nährlösung unter ein großes Deckglas bringt. Nach einiger Zeit ist durch
die Atnuingstätigkeit der Sauerstoffdruck im Träparate soweit gesunken,
daß die einseitige Zufuhr dieses Gases von den Riindern oder einge-
schlossenen Luftblasen her die Bewegungen zu l)eeinflussen beginnt. Ks
findet an diesen Stellen eine dichte Ansammlung der durcheinander wim-
melnden Bakterien statt, während in den entfernteren l'artien
Ruhe eintritt.
In der geschilderten Weise wirkt jede Sauerstoff(|uelle. also zum
Beispiel auch miteingeschlossene grüne Pflanzenteile. die am Lichte die
Kohlensäure zerlegen und Sauerstoff frei machen. r)iese Erscheinung hat
Engdmann-) sich zur Schaffung seiner ..Bakterienmethode-' zunutze g«*-
macht. Irgendwelche Pflanzenteile, deren Fähigkeit zur Kohlensäurereduk-
tion geprüft werden soll, werden mit geeigneten Bakteiien zusammen
unter einem Deckglase eingeschlossen. Wird der Rand desselben mit Vase-
line oder besser einer Mischung von Wachs und Vaseline abgedichtet, .so
kommen die Bakterien im Dunkeln nach einiger Zeit zur Kühe. Bringt
man nun das Präparat ans Licht und unters Mikroskop, so sieht man
1) Engelmann, Neue Methode ztir Uiitersiichung der Sauerstoffansspheidun»: pflanz-
licher und tierischer Organismen. Botanische Zeitung. 1881. 3y. Jahrg. S. 541.
■'') Ebenda.
;[292 Ernst G. Pringsheim.
bald die Bakterien in der Nachbarschaft der Pflanzenzellen wieder be-
weglich werden und sich nahe an ihnen zusammendrängen, falls Sauerstoff
gebildet wird. Diese Methode ist äußerst empfindlich. (Vgl. S. 1278.)
Innerhalb der weiten Grenzen, die zwischen völliger Abwesenheit des
Sauerstoffes und den hohen Tensionen liegen, die man durch beliebig ge-
steigerten Druck einer reinen Sauerstoffatmosphäre erzielen kann, dürfte
jedem beweglichen (3rganismus ein spezifisches „Optimum- 1) zukommen, das
je nachdem durch positive oder negative chemotaktische Reaktionen aufge-
sucht wird. Um dieses Optimum festzustellen, werden besondere Methoden
ausgebildet werden müssen, deren Grundlagen Engelmann^) gehefert hat.
Dieser Forscher beobachtete (a. a. 0. S. )^37), daß Spirillen unter
dem Deckglase nicht die äußerste Randzone aufsuchen, wie das z. B. Bac-
terium termo Cohn tut, sondern sich in Form eines zarten Streifens in
einiger Entfernung von der Luftgrenze anhäufen. Die Lage des Anhäufungs-
streifens ist durch die dort herrschende Sauerstofftension bedingt. Denn leitet
man Wasserstoff oder Sauerstoff über das in einer feuchten Kammer
liegende Präparat, so nähern sich die Spirillen dem Rande oder entfernen
sich von ihm. Würde man die Sauerstoffmenge in einem darüber ge-
leiteten Gasgemenge bestimmen, bei der die Bakterien gerade den Rand
erreichen, so wäre damit ihr Optimum bestimmt. Der Sauerstoff müßte
dabei in bestimmten Verhältnissen mit den indifferenten Gasen Stickstoff
oder Wasserstoff verdünnt werden. Bei Sauerstoff bedürftigeren Organismen,
die gegen atmosphärische Luft stets positiv reagieren, müßte man reinen
Sauerstoff nehmen, der eventuell unter Druck zu bringen wäre. Im Präparat
wird durch die Atmung stets Sauerstoff verbraucht und dadurch das
KonzentrationsgefäUe aufrecht erhalten.
An Stelle von Deckglaspräparaten kann man auch Kapillaren oder
weitere Röhren verwenden, die mit der organismenhaltigen Flüssigkeit ge-
füllt werden. Hierbei wird die Entfernung der aerotaktisch reagierenden
Organismen vom Meniskus beobachtet. ^)
In ähnlicher Weise läßt sich auch die chemotaktische Wirkung an-
derer Gase beobachten. Nur wird bei diesen allmähUch das Konzentrations-
gefälle sich ausgleichen, weil sie nicht wie Sauerstoff von den Organismen
verbraucht werden. Ein solches könnte höchstens für die Kohlensäure bei
grünen Organismen am Lichte gelten und für den Schwefelwasserstoff bei
den Schwefelbakterien, falls Sauerstoff zugegen ist. *) Sonst muß man dafür
sorgen, daß das zu prüfende Gas wieder aus der Flüssigkeit entfernt wird,
was bei beiderseits offenen Versuchsröhren durch Vorüberleiten eines in-
^) Dieses Optimum brauclit keineswegs dem für dauerndes Gedeihen günstigsten
Sauerstoffdrucke zu entsprechen.
-) Engelmann, Über Sauerstoffausscheidung von Pflanzenteilen im Mikrospektrum.
Botan. Ztg. 40. Jahrg. 1882. S. 321 u. 337.
") Engelmann, Die Purpurbakterien und ihre Beziehungen zum Licht. Botanische
Zeitung. 46. Jahrg. 1888. S. 697—699.
) Winogradsky, Über Schwefelbakterien. Botan. Ztg. 45. Jahrg. 1887. S.515 u. 572.
4
Methodisches ans der Hiochemic der Pflanzen. ]-J'X',
differenten Gases an dem einen und des t-liemotaktisrh wirksamen am an-
deren Ende gelingen dürfte. Solche Versuche sind aber meines Wissens
bisher nicht angestellt worden.
Das von verschiedenen Organismen jeweilig ;iiifgesiiclite Sauerstoff-
optimum drückt sich, wie wir gesehen haben, in der Entfernung vom
Rande des Deckglases aus, in der die An.samndung geschieht. Jirijeriud-' t
hat darauf die Methode seiner „Atmungsfiguren-' gegründet, die makro-
skopisch sichtbar sind. Zwischen ein rundes Deckglas und einen Objekt-
träger schiebt man einen U-förmig gebogenen l'latiiidralit. In den so ge-
bildeten keilförmigen Raum bringt man einen Trojjfen Wasser von solcher
Größe, daß dadurch ungefähr die Hälfte des Raumes (soll heißen der
Fläche) angefüllt, die andere Hälfte, als Luftraum, leer bleibt, wobei ein
Meniskus von der Länge der MittelUnie des Deckglases entsteht. .Man ver-
teilt in dem Tropfen eine nicht zu geringe Menge der zu beobachtenden
Mikroben, möglichst von Kulturen auf festem Substrat. Rei den meisten
Bakterien entsteht ein durch bewegungslose Individuen getrübtes P>ld. Rei
auffallendem Licht und schwarzem Untergrund heben sich jedoch die
Atmungsfiguren mit großer Schärfe hervor." {Stockhausen, a.a.O. S. 2ß.)
Der Vorteil, der durch die einseitige Hebung des Deckglases erreicht wird,
Hegt offenbar in der grölieren verwendbaren Flüssigkeitsmenge und in dem
reichlicheren Sauerstoffzutritt an der freien Oberfläche. Dadurch werden die
Figuren kräftiger als im gewöhnlichen Deckglaspräparate. Die Methode
ließe sich natürlich gleichfalls zu Messungen umbilden.
II. Chemotropismus.
Bei den Organismen, die an ein festes Substrat gebunden sind, er-
folgen die Richtungsl)ewegungen durch AVachstumskrümnumgen -i oder
durch Kriechen auf dem LTutergrunde. Beides geht relativ langsam vor
sich, so daß der Reizanlaß, also z. B. die Konzentrationsdifferenz eines ge-
lösten Stoffes, länger erhalten bleiben muß, damit eine Reaktion erfolgt,
als bei der Chemotaxis. Das ist der Grund, warum die bisher vorliegenden
Versuche aus Mangel an einer guten Methode vielfach noch nicht zu be-
friedigenden Resultaten geführt halten.
Die in Betracht kommenden Ol)jekte mit Waclistuinskiüniniuni:en
kann man in zwei Klassen einteilen :
1. mit bloßem Auge sichtbare Pflanzenteile, wie Wurzeln und Stengel
(eventuell auch Blätter, Wurzelstöcke etc.);
2. mikroskopische Objekte, wie Pollenschläuche, Pilzfäden (und even-
tuell Wurzelhaare, Algenfäden).
Die beiden Gruppen verlangen eine verschiedene Behandlung.
^) Beijerinck, Über Atmungsfiiruren beweglicher Bakterien, /entnillthitt für Bak-
teriologie. Bd. 14. 1893 und 'Stockhansen , Ökologie, „Aabäufimgen" nach Beijerinck.
Berlin 1907. S. 25ff.
-) Die Turgorbeweguugeu in (udcnkeu kommen hi?r nicht in Ik-traclit.
1294: Ernst G. Pringsheim.
Wurzeln.
Die Pflanze besitzt zweierlei Mittel, diejenigen Regionen des Bodens,
die ihr durch chemische und physikalische Beschaffenheit am meisten zu-
sagen, vorzugsweise auszunutzen. Die Wurzeln können entweder mit Hilfe
ihrer Reizbarkeit gewisse Stellen durch aktive Krümmungen erreichen
oder sich an günstigen Orten durch Anregung ihres Wachstums und ihrer
Verzweigung stärker ausbreiten.
Lokale Förderung des Wachstums.
Die Verstärkung der Wurzelbildung durch gewisse Stoffe wurde wohl zuerst von
Du Hamel de Monceau festgestellt.') Er pflanzte einen Baum so, daß seine Wurzeln
die Wahl hatten zwischen guter Humuserde und gewöhnlichem Boden. Die Wurzeln
breiteten sich fast nur in ersterem aus. Ähnlich Kniglit.-) Spreiif/eP) prüfte chemisch
bestimmte Stoffe auf ihre Fähigkeit, das Wurzel Wachstum anzuregen. Er benutzte einen
Kübel, dessen untere Hälfte durch Scheidewände in Kammern geteilt war. In jede kam
mit je einem Stoffe gedüngte Erde, darüber gewöhnlicher Boden. Der in letzterem ge-
pflanzte Klee breitete seine Wurzeln unregelmäßig aus und bevorzugte gewisse Kammern.
Aus dem Versuche ist wegen der unklaren Bedingungen nicht viel zu schließen. Der
Grundgedanke der Methode ist aber nicht übel. Wiegmann und Folstorf*) sahen die
Wurzeln und Ausläufer kalkliebender Pflanzen sich vorzugsweise in der Richtung auf einen
Kalkhaufen hin ausbreiten. Damit w äre für diesen Fall der wirksame Stoff gekennzeichnet.
Eingehendere Versuche in der Richtung scheinen nicht angestellt worden zu sein.
Doch finden sich auch in der neueren Literatur entsprechende Belege. Nohbe^) schich-
tete gedüngte und ungedüngte Erde verschiedenartig ül)ereinander und fand die Wurzel-
entwickluug vorzugsweise in der ersteren lokalisiert. Höveler^) stellte ähnliche Versuche
an, und zwar hinter Glaswänden, so daß das Resultat leicht sichtbar war und photo-
graphiert werden konnte (a. a. 0., Tafel V). 3/(7/?er-Thurgau und Frank"') verwendeten
Gefäße mit einer Scheidewand. In die beiden so geschaffenen Abteilungen kam steriler
Sand, der auf einer Seite gedüngt wurde. So konnte gezeigt werden, welche Stoffe
speziell die Wurzelbildung fördern. Auch Wasserkulturen wurden in entsprechender
Weise verwendet. Dies dürfte die beste Methode für solche Versuche sein.
Hieran würde sich die Beeinflussung des Wachstums der Wurzeln bei
gleichmäßiger Einwirkung schließen. Über spezielle Methodik ist aber
nichts zu sagen.
Reizwirkung von Gasen.
Wurzeln in Luft.
Richtungsbewegmigen der Wurzeln durch chemische Reize wurden
zuerst von Molisch ^) beobachtet. Er befestigte Keim wurzeln vor dem Spalt
') Du Hamel de Monceau, 1785. Zitiert nach Th. Ä. Knight. Sechs pflanzen-
physiologische Abb. OsfivaJds Klassiker d. exakten Wissensch. Leipzig 1895. S. 12 u. 13.
2) Knight, 1811, a. a. 0.
') Sprengel, 1834. Zitiert nach Wiegmann und Polstorf, Über die anorgan. Be-
standteile d. Pflanzen. Braunschweig 1842.
*) Wiegmann und Polstorff, a. a. 0.
') Noble, Vegetations versuche in Böden mit lokalisierten Nährstoffen. Die land-
wirtschaftl. Versuchsstationen. Bd. 10. 1868. S. 100.
^) Höveler, Über die Verwertung des Humus bei der Ernährung der chlorophyll-
führeuden Pflanzen. Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik. Bd. 24. 1892. S. 294.
') Frank, Die Assimilation des freien Stickstoffs durch die Pflanzenwelt. Botani-
sche Zeitung. Bd. 51. 1893. S. 153.
^) Molisch, Ül)er die Ablenkung der Wurzeln von ihrer normalen Wachstums-
richtung durch Gase (Aerotropismusj. Sitzungsber. d. Wiener Akad. Math.-naturw. Kl. 1884.
Methodisches aus der Biocliemie der rflanzeii. 129'>
einer vertikal stehenden Hartguinniiplattc die ein uroües (ilas^refäli alw
schlol'i. In dem Glasgefäli befand sich das zu untersuchende (las oder ein
leicht flüchtiner Stoff. Das iianze wurde mit einer ^m-oImmi (Jlas<rlocke liedeckt.
deren Innenraum durch eine Wasserscliiclit alt^n'sperrt und feucht ^'ehalten
^vurde. Die Methode hat den Mauiiel. (hill der Spalt ;rröltere ljifti)e\ve<runv:en
erlaubt, durch die ein schnelles Zuriickj>ehen der unj^leieiien \erteihint,'
des Reizstoffes möglich \vird. Auch müßte dafür gesor;,'t werden, dal', keine
Feuchtigkeitsdiffereuzen entstehen, weil diese selbst eine Krümmum: /n
bewirken vermögen (Hydrotropismus).
In ähnUcher Weise arbeitete Sammct. ' ) Kr lieL) die Wurzeln in Luft.
Wasser oder Erde wachsen. Bei der ersten Methode wurde die Ver.sucli.s-
austellung von Molisch insofern verl)essert. als er den Diffusionsscblitz
durch Bedecken mit feinem Seidenstoff gegen gröbere Luftliewe^rungen
schützte ; daß er ferner durch ständige Zufuhr des Gases in den Zylinder
und durch seine Wegschaffung aus der Glocke für längere Erhaltung der Diffe-
renzen sorgte. 2) In den Versuchen mit fhichtigen Stoffen . wie Atlier, Al-
kohol. Aceton etc., ließ er diese von FUeßpapier, das eine (ilasscheii)e über-
zog, aufsaugen und brachte in deren Nähe die Wurzeln, die nun einseitig
von den Dämpfen getroffen wurden. ^) Weitere \'arianten finden sicii in
der erwähnten Arbeit auf S. 19 ff.
Ähnlich ist ferner ein Teil der Versuche von Bennett *) angestellt.
Die Wurzeln befanden sich dabei in einem weiten Glasrohr, das auf i>eiden
Seiten durch engere Röhren mit Behältern in \'erbindung stand, die die
Versuchsgase, also z. B. Luft und Chlor, enthielten.
Wurzeln in Erde.
Dieselbe Verfasserin hat auch Versuche angestellt, in denen die
Wurzeln in Erde wachsen.*) Dadurch ist ein natürlicheres Medium pCL^eben.
Die untere Hälfte eines zylindrischen Gefäßes war durch eine senkrechte
Scheidewand geteilt. In die beiden Kammern wurden Tonscherben getan,
darüber I]rde. Am Boden befand sich Wasser. In jede von den beiden
Kammern konnte ein Gas geleitet werden, das in die Erde eintrat. Die
Wurzeln wurden an der Grenze zwischen den beiden (Jasarten, also genau
über der Scheidewand eingesenkt. Oder es wurde ein rt'chteckiger Dralit-
korb mit Erde in ein zylindrisches Glasgefäß so eingedichtet, dal', seitlich
zwei leere Räume blieben. Diese waren nach oben geschlossen und konnten
mit Gas gefüllt werden. Die Wurzeln wuchsen in «iei- Frde.
Trotz dieser offenbar recht geschickten Methodik konnte linnott
keine Krümmungen erhalten. Die positiven Ergebnisse von Molisrh und
Sammct bedürfen also der Nachprüfung.
M Summet, Untersuchuiifien über Chomotropismiis und vcrwaiidti- Krschoimineeu
bei Wurzeln, Sprossen und l'ilzfäden. Jahrb. f. Botanik. Bd. 41. l».).").
2) a. a. 0. S. 16.
3) a. a. 0. S. 18.
*) Bennett, Are roots aerotropicV Botanical Gazette. Vol. 37. \\h)i.
1296 Ernst G. Pringsheim.
Letzterer hat gleichfalls Versuche in Erde, ferner auch solche in
Sägespänen angestellt. Die Methode ist die von Molisch, nur daß der das
Gas enthaltende Zylinder in eine große Kiste mit dem lockeren Medium
eingegraben und die Wurzeln in dieses gepflanzt wurden.
Reizwirkung gelöster Stoffe.
Wurzeln in Wasser.
Die Versuche, in denen die W^urzeln im Wasser kultiviert wurden,
bieten methodisch keine großen Differenzen zwischen der Verwendung
gasförmiger und fester Stoffe in Lösung. Sie sollen daher gemeinsam be-
handelt werden. Auch hier sind eine Menge verschiedener Methoden ange-
wendet worden, ohne daß einheitliche Resultate vorlägen.
Molisch'^) findet, daß in Wasser eingetauchte Wurzeln sich in einer
gewissen Tiefe bogenförmig nach oben krümmen, bis sie mit der Spitze
an die Wasseroberfläche gelaugen. Er schreibt diese Erscheinung dem Aero-
tropismus zu.
Durch reichliche Durchlüftung konnte Ewart^) diese Krümmungen
ausschheßen.
Bennett 3) dagegen konnte geradeaus wachsende Wurzeln selbst im Wasser
nicht bekommen, das mit Sauerstoff gesättigt war (S. 243). Auch traten
keine gleichmäßigen aerotropischen Reaktionen auf, wenn den Wurzeln eine
Membran genähert wurde, durch die Sauerstoff, Kohlensäure u. dgl. diffun-
dieren konnte (S. 244). In weiteren Versuchen wuchsen die Wurzeln in
Wasser an der Wand eines umgekehrten lufterfüllten Glasbehälters entlang,
ohne an der Grenze nach dem Luftraum zu abzubiegen, auch wenn das
Wasser sauerstoffarm war (S. 247).
Andere gelöste Stoffe haben Kewcomhe und Rhodes^) versucht. Sie
näherten den in einer Nährlösung mit Ausschluß von Nitrat wachsenden
Wurzeln nach Art der Kapillarmethode Glasröhrchen, die mit NaNOg-
Lösung gefüllt waren, in anderen Versuchen Fläschchen mit derselben
Flüssigkeit, deren Öffnung mit Watte verstopft war, ohne Krümmungen
zu erzielen (S. 24). Sie haben aber versäumt, eine größere Anzahl von
Pflanzenarten und vor allem verschiedene Reizstoffe zu verwenden. Ver-
suche mit Membranen, durch die eine Lösung diffundierte, lieferten bei
längerer Dauer (3 Wochen!) bei Raphanus sativus, aber nur bei diesem,
einigermaßen positive Resultate (S. 25), die aber hauptsächlich in einer
Förderung des Wachstums bestanden. Sehr brauchbar erscheint die folgende
Methode (S. 26), die allerdings auch kein Ergebnis hatte, aber vielleicht
nur aus den schon erörterten Gründen. Es wurden au zwei entgegenge-
^) Molisch, a. a. 0.
2) Eivart, Trans, of the Liverpool. Biol. Soc. Vol. 8. 1893—94. Zitiert nach
Polowzow, Untersuchungen über Eeizerscheinungen bei den Pflanzen. Jena 1911.
^) Bennett, a. a. 0.
*) Newcombe and Rhodes, Chemotropism of roots. Botanical Gazette. Vol. 37. 1904.
Methodisches aus der Biochemie der I'fhinzen. 121t7
setzte Flanken der in Luft wachsenden Wurzeln feuchte Fließpapierstreifen
von 2 mm Breite durch Adhäsion befestigt. Durch die Meiden Stn-ifcn. die
nicht miteinander in Beriihruni^ kamen, flössen verschiedene Lösungen.
Da die Wurzeln fortwuchsen, niullte von Zeit zu Zeit für Kontakt iresorgt
werden.
Im Prinzip ähnlich ist die Methode von Cholod/u/i ^), der den Wur-
zeln Pergamentpapierstückchen anklebte, die mit einer Suspension von
MgCOg oder Caa (P04)2 befeuchtet waren. Die von der Wurzel ausgeschiedene
Kohlensäure löst etwas von den Salzen.
Summet (a. a. 0. S. 5) ließ eine poröse Tonzelle, die mit der Lösung
des Reizstoffes gefüllt war, ins Wasser tauchen. Die Wurzeln wurden rings
herum gruppiert. p]r hat auch durch Entnahme von FHissigkeit in ver-
schiedenen Entfernungen und Titration die Schnelligkeit der Ausbreitung
geprüft (S. 6/7). Schwer lösliche Stoffe, ^^•ie Gips, konnten ohne weiteres
ins Wasser eingehängt werden.
W^urzeln in festen Medien.
Um gröbere Strömungen so weit als möglich zu verhindern, hißt
man die Wurzeln anstatt in W^asser in feuchten Substraten wachsen. Als
solche sind Gelatine und Agar, Sand und Erde verwendet worden. Die
Gelatinemethode wurde von Neivcomhe und lUiodes (a. a. O. S. 27) zuerst
angewendet, später von LiUenfeld^) verbessert. Es wurden je zwei aus
der Gallerte hergestellte Blöcke verwendet, von denen einer den Reizstoff
enthielt. Die beiden Stücke wurden aneinandergeschoben. nachdem die Wur-
zeln dazwischen gebracht worden waren. Oder es wurde in die Gelatine
eine Vertiefung gemacht, in die eine Lösung gegossen wurde, während
die Wurzeln darum herum in Löcher gepflanzt wurden.
An Stelle von Gelatine hat dann Porodko^) Agar-Agar verwendet.
Dieser hat den Vorzug, von Bakterien nicht verflüssigt zu werden und
ihnen überhaupt nur beschränkte Vermehrung zu gestatten. Ein an-
haltender Diffusionsstrom wurde dadurch erzielt, ilaß der Agar als dicke
Scheidewand in einem länglichen Gefäß untergebracht wurde, was sich
durch nachträgliche Entfernung der seitlichen Massen bewirken ließ, und
daß dann auf einer Seite Wasser, auf der anderen eine Lösung dauernd
vorbeiströmte (Fig. 276). Um dem schlecht haftenden Agar mehr Halt zugeben,
wurden gebogene Glasstäbe verwendet, wie die Figur zeigt. Die Wurzeln
ließen sich leicht in vorgebohrte Löcher einschieben. Obgleich sie in der
verwendeten Agarmasse von 1"25% ohne chemotropische Reize besser ge-
rade wuchsen als in Wasser, waren die Resultate nicht sehr einheitlich,
immerhin aber gleichförmiger als bei der Mehrzahl der anderen Autoren.
') Cholodnyi, zitiert nach I'orodko, ttber den Cheniotropismus der Pfhinzenwurzeln.
Jahrb. für wissenschaftl. Botanik. 1911. Bd. 49. S. 321.
*) Lilienfeld, Über den .Chemotropismus der Wurzel, lioiliofti- zum botan. Zen-
tralblatt. Bd. 19. I.Abt. 1906.
») I'orodko, a.a.O., S. 324 ff.
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. f<2
1298
Ernst G. Pringsheim.
gut
ge-
In den Versuchen mit Sand hat Lüienfeld (a. a. 0.) diesen neben
Gelatine angeordnet und die Diffusion zwischen beiden Medien vor sich
gehen lassen. Diese Methode
Fig-276. ist aber für einigermaßen
exakte Versuche kaum zu
brauchen.
Pflanzenstengel und
Pilzfruchtträger.
Mit Pflanzensten-
geln und Pilzfruchtträgern
hat W. Polowzow i) einge-
hende Versuche angestellt.
Sie hat dafür eine Me-
thodik ausgearbeitet, die
auch für andere in Luft
wachsende Objekte
brauchbar wäre. Die
prüften gasförmigen Stoffe
läßt sie durch ein poröses
Tonröhrchen diffundieren,
das dem Pflanzenteile an
einer bestimmten Stelle ge-
nähert wird. Das Röhrchen
ist mit Hilfe von Gummi-
schläuchen an eine Leitung
angeschlossen , durch die
dauernd ein schwacher Strom
des Gases streicht. Pflanze und Diffusionsröhrchen befinden sich unter
einer großen Glasglocke, deren Atmosphäre zur Entfernung des Reizgases
unten mit der Außenluft in Verbindung steht.
Die kleine Menge des diffundierenden Gases hat die Verf. mit einem
besonderen Apparate gemessen (S. 48 ff.). Sie war um so größer, je schneller
der Gasstrom war.
Eine intermittierende Pteizung wurde dadurch bewirkt, daß regel-
mäßig fallende Quecksilbertropfen kleine Mengen Gas in einem Kapillar-
rohr zwischen sich einschlössen. Die entstehende Jammsche Kette von
Gasblasen und Quecksilbersäulchen wurde durch ein Tonrohr geleitet, durch
dessen Poren das Gas ohne Rest austrat und auf die daneben befindliche
Pflanze periodisch einwirkte (a. a. 0. S. 175).
Pilzfäden.
Für den Chemotropismus der Pilzfäden gilt dasselbe wie für den
der Wurzeln: viele Methoden und wenig gesicherte Resultate. Bei Sapro-
^) W. Polowzoiv, Untersuchungen über Reizerscheinungen hei den Pflanzen. Jena
1911. S. 44 ff.
Apparat zum Studium des Wurzelchemotropismns. Die
Keimlirigswurzeln befinden sich in der Agarscheidewand,
die durch gebogene Glasröhrchen gestützt wird. (Nach
Porodkü, Jahrb. f. wissensch. Botanik, 1911, Bd. 49.)
Methodisches aus ih r Biochemie der Pflanzen. 1290
leiinieii konnte z.B. Stange') wie hei Wurzeln eine vermehrte lokale Ver-
zweigung in der Zone eines Reizstoffe.s konstatieren, aber keine i;i(htun^',<-
beeinflussung. Miyoshi 2) dagegen gibt eine Kcilu' fi-jn au.'<g«-arlieiteter \er-
sufh-sanstellungen an, mit deren Hilfe es ihm gelang, gute Resultate zu
erzielen. Neben weniger günstigen Experimenten mit der /^/^y/erschen
Kapillarmethode hat er sich hauptsäehlich (liirchlochter MemlM-anen be-
dient, durch deren Offnungen die Reizstoffe diffundiei-ten. Ks dienten
diesem Zwecke mit Spaltöffnungen versehene Kpidermen verschiedener
Pflanzenteile oder künstlich mit Hilfe einer sehr feinen Nadelspitze durch-
bohrte CoUodiumhäutchen und (ilimmerblattchen.
Um die Epidermen nutzbar zu machen, wurden ]{l;ittt-r. hauptsäch-
lich von Tradescantia discolor, mit der zu untersuchenden Lösung unter
der Luftpumpenglocke injiziert, bis sie durch Erfüllung i\rv Interzellular-
räume durchscheinend aussahen. Dann wurden sie mit Wasser abgespült,
mit Fließpapier getrocknet und nach Aufstäuben der l'ilzsporen im danipf-
gesättigten Räume aufbewahrt. r)leibt nach der Keimung die Reizwirkung
aus. so kann durch erneutes Abspülen wieder ein KonzentrationsLrefälle
geschaffen werden.
Die Epidermen der oberen (inneren) Seite von Zwiebelblättern, die sich
leicht abziehen lassen, die Glimmerblättchen und Collodiumhäute wurden ent-
weder auf Gelatinegallerte gelegt, die mit dem Reizstoffe angemacht war,
oder einseitig auf eine Lösung gelegt, wobei durch Unterstützung dafür
gesorgt war, daß nur die untere Seite benetzt wurde. Die CoUodium-
häutchen wurden durch spurenweisen Zusatz von Mandelöl geschmeidig
erhalten. Bei (TÜmmerblättchen mulite wegen mangelr.der Saugf;diigkeit
auf der Oberfläche etwas Wasser adhärieren. Durch sehr verdünnfe /ucker-
lösung wird Keimung und Wachstum gefördert.
Die zerstreute Aussaat geschah mit Hilfe eines Pinsels, die Unter-
suchung unter dem Mikroskop.
Für Versuche, bei denen es auf genau bekannte Konzentration des
Reizstoffes auf beiden Seiten des pflanzlichen ()i)jektes ankam, wurde
ein durchlochtes CoUodiumhäutchen mit Sporen besät. Dann wurde es
zwischen zwei sich kreuzende Fließpapierstreifeu gelegt, durch die ein be-
ständiger, langsamer Strom verschiedener Lösungen floß. Erreicht wurde
das durch heberartige Anordnung der Papierstreifen.
Spätere Untersucher, von denen manche ihre Erfahrungen nicht
veröffentlicht haben, konnten Miyoshis Befunde nicht wieder erhalten.
Obgleich an ihrer Richtigkeit wohl nicht zu zweifeln ist. harren sie noch
der Bestätigung. Die erfolglos gebliebenen Methoden zu beschreiben hat
wenig Wert.^' *)
') Stange, tlber chemotaktische Reizbewegungen. Bntaii. Ztfi. IS'K). Ud. 48. S. 140
und 141.
*) Mii/oshi, Über Chemotropisnius der Pilze. Botan. Ztg. 1894. Bd. 52.
*) \g\. Ftilfon, Chemotropism of Fungi. Botanical (iazotte. V(d.41. l'.KM).
*) Clark, On tho toxic properties of somo coppcr Compounds witli -pecial ro-
fcrence to Bordeaux mixture. Botauical Gazette. Vol. 33. r.>02.
82'
1300 Ernst G. Pringsheim.
Pollenschläuche.
Für die Pollen schlau che liegen die Verhältnisse günstiger.
Molisch 1) und Correns 2) fanden , daß auskeimende Pollenkörner ihre
Schläuche vorzugSAveise nach einem gleichzeitig im Präparat befindlichen
Narbenfragment hinschicken. Miijoshi^) hat die geschilderten, für Pilz-
hvphen ausgearbeiteten ^Methoden auch diesem Zweck dienstbar gemacht.
Es ist dabei nur zu berücksichtigen, daß viele Arten von Blütenstaub in
bloßem Wasser nicht keimen. Der die Keimung ermöglichende Zucker
stellt gleichzeitig das Pteizmittel dar.
Lidforss*) konnte mit Miyoshis Methoden nichts erreichen. Als er
aber gallertige Substrate verwendete, hatte er mehr Erfolg. Er ließ die
Pollenkörner in einem Agar- oder Gelatinetropfen keimen, in dessen Mitte
eine Glasperle eingesenkt war. Nach einiger Zeit wurde die Glasperle
entfernt und der dadurch entstandene Hohlraum mit der Lösung des
Pieizstoffes gefüllt. Handelte es sich um schwer lösliche und langsam
diffundierende Substanzen, wie Eiweißkörper, so konnte einfach ein Par-
tikelchen davon auf das gallertige Substrat gebracht werden. Am besten
eignete sich als solches Rohrzuckeragar von einer, der jeweiligen Pflanzen-
art angepaßten Zuckerkonzentration. Angaben über geeignete Objekte und
die jeweils günstige Zuckerkonzentration finden sich zahlreich in der Lid-
/orssschen Arbeit.
Diese Methoden sind wohl einer Ausdehnung auf andere, auf Agar
wachsende oder übertragbare Organismen fähig. Ihr Vorzug besteht darin,
daß in den Gallerten die Diffusion ungestört durch Strömungen zur
Geltung kommt.
Myxomycetenplasmodien.
Um Myxomycetenplasmodien auf ihre chemische Reizbarkeit zu
prüfen, brachte sie Stahl ^) auf feuchtem Fließpapier an die senkrechte Innen-
seite von Glasgefäßen. In diese wurde dann die zu prüfende Lösung gegossen,
so daß sie den Rand des Papieres berührte. Oder er legte auf nassem Fließ-
papier ausgebreitete Plasmodien auf Glasplatten und brachte Kriställchen
der Reizstoffe in die Nähe des Randes, der sich im Fortschreiten be-
fand. In beiden Fällen wurden die Objekte dunkel und feucht gehalten.
Stange'^) brachte kleine Mengen des Schleimpilzes auf Objektträger in
dünne Wasserschichten oder auf nasses Papier und näherte ihnen mit der
*) Molisch, Über die Ursachen der Wachstumsrichtungen von Pollenschläuchen.
Österreich, botan. Zeitschrift. Bd. 39. 1889. S. 120.
^) Correns, Kulturversuche mit den Pollen von Primula acaulis. Ber. d. deutschen
bot. Ges. Bd. 7. 1889. S. 265.
8) Miyoshy, a. a. 0. S. 24 und Flora. Bd. 78. 1894. S. 76.
*) Lidforss, Untersuchungen über die Reizbewegungen der Pollenschläuche. Zeit-
schrift f. Botanik. Bd. 1. 1909. S. 446.
5) Stahl, Zur Biologie der Myxomyceten. Botan. Zeitung. Bd. 42. 1884. S. 156.
*) Stange, Über chemotaktische Reizbewegungen. Botan. Ztg. 1890. Bd. 48. S. 161.
Methodisches aus der Biocliemie der rtlauzeii. 1 ;',()!
Reizlüsung- gefüllte Kapillaren. In aiulci-cn Versuchen') lehrte er Flid'.papier-
streifen so über den Rand zweier Hecherglaser, daß sie auf heiden Seiten
in eine gleich hohe Flüssigkeitsschicht eintauchten. Waren etwaige Strö-
mungen au.sgeglichen, so wurden die I'lasinodi.-n auf den l'apierstreifen
aufgesetzt, und zwar oben, am llande der l'.echergläser. Die \'er<nclie
wurden unter eine Glocke ins Dunkel gestellt.
Diese Methode dürfte sehr brauchbar .sein und Kehleniuellen nach
^Möglichkeit ausschliefen. Auch gestattet sie eine regebnaliige. unge-
störte Diffusion.
III. Chemonastie.
Neben den Riehtungsbewegungen auf chemi.sche Keize kennen wir
auch sogenannte chemonastische Bewegungen an IMlanzeu. l'.ei ihnen ist
die Richtung der Reaktion durch den physiologischen Rau festgele^rt. Sie
finden sich an allerlei Objekten, besonders an solchen, die ausgeprägte
mechanische Reizbarkeit besitzen, spielen aber eine grölJere Rolle offen-
bar nur bei den Insektivoren, die Bewegungen beim Tierfang ausführen.
Diese Pflanzen, nämlich Drosera. Dionaea und Pinguicula. sind alle
auch mechanisch reizbar. Der Reizstoff muß deshalb in einer Form gi«-
boten werden, die Erschütterung resp. Reibung ausschließt.
Drosera wird durch die leiseste Reibung fester Körjx'r gereizt, nicht
aber durch flüssige, auch bei stärkstem Anprall.'-) Man muß daher, um
chemische Einflüsse von mechanischen zu unterscheiden, die Reizstoffe in
flüssiger oder gelöster Form als kleine Tröpfchen auf die Blätter bringen.
Destilliertes Wasser reizt nicht. 3) Für Pinguicula gilt ähnliches. Bei
Dionaea sind auf der Blattfläche besonders emi)fin(lliche Borsten vor-
handen, die bei dem Aufbringen der Versuchsflüssigkeit nicht berührt
werden dürfen, da jede Erschütterung ein Schließen des Blattes bewirkt.
Auch ist die durch bloße chemische Reizung hervorgerufene Reaktion sehr
viel langsamer, wenn auch andauernder als die durch mechanische Ein-
flüsse bewirkte. Bei der im Wasser wachsenden Aldrovanda ist eine
chemische Reizbarkeit meines Wissens bisher nicht konstatiert.
Bei den übrigen bekannten Fällen von Chemonastie handelt es sich
meist um die F]inwirkung gasförmiger Stoffe, für die eine besondere Tech-
nik nicht ausgebildet wurde. Höchstens bei den flüchtigen Xarkoticis könnte
man von einer solchen sprechen, indem meist in einer abgeschlos.senen
Atmosphäre durch Einbringen größerer Mengen einer wässerigen Lösung
von Chloroform oder Äther ein (ileichgewicht zwischen der Tension des
Narkotikums in W'asser und Luft geschaffen wird. Die Stärke der Ein-
wirkung hängt bei nicht zu großem Verhiütnis von Luftvolumen und
Flüssigkeitsmenge allein von der Konzentration der Lösung ab. Nicht
») a. a. 0. S. 164.
2) Ch. Darwin, Insektenfressende Pflanzen. tJbers. von ./. V.Carus. 2. Aufl. Stutt-
gart 1899. S.31.
^) a. a. 0. S. 08.
i\
1302 Ernst G. Pringsheim.
leicht ist es, äther- und chloroformdichte Verschlüsse zu bewirken, denn weder
Kautschuk, noch Fett, Vaseline etc. sind unlösUch in, und demnach undurch-
lässig für die genannten Stoffe. Falls diese Verschlußmittel nicht zu umgehen
sind, muß ihre absorbierende Oberfläche möglichst klein gewählt werden.
Auch ist die Absorption des Narkotikums durch etwa gebotenes Wasser,
besonders aber durch Erde und dergleichen, sowie auch durch den Zellsaft
der Pflanze zu bedenken, wenn eine bestimmte Tension erzielt werden soll.
IV. Beeinflussung der Sekretionstätigkeit durch chemische Reize.
Viel weniger als über die Bewegungserscheinungen wissen wir über
die sonstigen Veränderungen, die in der Pflanze durch äußere Anlässe,
wie z. B. chemische Pteize stattfinden. Sie sind hauptsächUch chemischer
Natur. Unter ihnen sind am leichtesten diejenigen Vorgänge kenntlich, die
sich ohne weiters äußerlich beobachten lassen, Avie z. B. die Sekretions-
tätigkeit der Drüsen. Bei den hoch speziaüsierten Insektivoren vor allem
findet vielfach erst dann eine Absonderung der Verdauungsenzyme statt,
wenn Bedarf daran ist, d. h. wenn ein Insekt gefangen worden ist. So ver-
hält es sich bei Pinguicula, wo ein Sekret zwar auch durch stickstofffreie
Substanzen, wie Rohrzucker, hervorgerufen werden kann, aber erst auf
Reizung mit Fleisch und dergleichen die sauren und peptonisierenden
Eigenschaften erhält. i) Ähnlich verhält sich Drosera rotundifolia, während
andere Arten auch ohne Reizung saures wirksames Sekret absondern. 2)
Dionaea beginnt überhaupt erst auf einen chemischen Reiz hin zu sezer-
nieren, also eine Pepsin und Säure enthaltende Flüssigkeit auszuscheiden.
Bei Nepenthes findet sich das Enzym in der Kannenflüssigkeit stets vor.
Sauer wird die Lösung aber erst durch chemische Reize. 3) Bei Sarrazenia,
Darhngtonia und Cephalotus konnte Goebel^) kein Enzym finden. Die
Auflösung der gefangenen Tiere soll durch Bakterien vor sich gehen. Bei
Utrikularia ist in den Bläschen während der Verdauung ein Enzym nach-
zuweisen, das bei alkalischer Reaktion arbeitet. 'S) In allen Fällen, wo Enzyme
ausgeschieden werden, ist auch durch Absonderung bakterizider Stoffe für
ein Fernhalten von Fäulniserregern gesorgt. Die Bedingungen für die Sekre-
tion der verschiedenen Stoffe, deren Natur und die Aufsaugung der gelösten
Substanzen in Abhängigkeit von ihrer Zusammensetzung und sonstigen Ein-
flüssen wären eines weiteren Studiums auf chemischer Grundlage sehr würdig.
Die Technik dazu wird teilweise erst noch geschaffen werden müssen.
Es wird sich hauptsächhch darum handeln, chemisch bestimmt charak-
terisierte Reizstoffe zu verwenden und sie auf ihre Wirksamkeit zu unter-
') Goebel, Pflanzenbiologische Schilderungen. Marburg 1889. S. 185.
2) Ebenda. S. 197.
») Goebel, a. a. 0. S. 189.
") Goebel, a. a. 0. S. 87 u. 170.
^) V. Liietzelburg , Beiträge zur Kenntnis der Utrikularien. Flora. 1910. Bd. 100.
S. 146ff.
Methodisches aus der Biochemie der Pflanzen. 130H
siu'hoii, auch zuzusehen, ob ein dem Nahrunpsstoff ([ci- Ait nach an<:e-
paUtes Sekret abgeschieden wird. iMc hicrtiir liraiK hbarcn allircnu-incn Me-
thoden der Enzymforschung- findet man im dritten Hand.- dieses Handbuches.
V. Die Beschaffung geeigneter Objekte.
Bakterien werden nach den liekannten Methoden') reinfrezürhtet
und kultiviert. Viele Arten, die gut beweglich und chemotaktisch reizbar
sind, lassen sich schwer isoheren oder weiden in der Kultur schlecht be-
weglich und verlieren ihre Reizbarkeit. Alte Laboratoriumsstiimme, die oft
von einem festen Nährboden auf den anderen geinjpft worden sind, ver-
lieren manchmal die für chemotaktische \ersuche günstigen Eigenschaften.»)
Man wird daher vielfach gut tun, frisch isolierte Kulturen zu verwenden
und sie abwechselnd auf festen und flüssigen Substraten zu kultivieren.
Ersteres um die Reinheit zu prüfen, letzteres um die Reweirlicjikeit zu er-
halten. Für die Versuche empfiehlt es sich, von Agarkulturen Material zu ent-
nehmen und dieses in Wasser zu übertragen, um nicht zu viel gelöste
Stoffe in der Flüssigkeit zu haben, die die Empfiiidliclikeit zu vermindern
vermögen. Andrerseits leidet in reinem Wasser wieder die Beweglichkeit.
Manche Hakterienarten scheinen auch nach langer Kultur nichts von ihrer
Eignung für Versuche einzubüßen.
Als gut chemotaktisch erweisen sich besonders die eigentlichen
Fäulnisbakterien, so z. B. „Bacterium termo" und Spirillen. I)ie ersteren
erhält man durch ein- bis zweitägiges Fauleidassen von gekochten Erbsen
in Wasser und isoliert sie durch Plattenguli.. Spirillen treten besonders
in späteren Stadien der Zersetzung auf, und zwar vorzugsweise in tieferen
Schichten der Lösung. Sie sind meist schwer rein zu züchten. Eine Aus-
nahme macht das schon S. 1279 erwähnte Spirillum rubrum Esmarch. Auch
wenn man Stückchen von Fleisch, Schnecken etc. in Teich-, Fluli-. Snmpf-
wasser bringt, kann man auf eine üppige Flora geeigni'ter ( )bjekte rechnen.
Weniger reizbar sind meist die pathogenen Formen. 3)
Von den Schwierigkeiten, die durch Einsteilung der Beweglichkeit
und Veränderungen in der Reizbarkeit auftreten, findet sich eine Zu-
sammenstellung bei H. Fringsheim, Die \'arial)ilität niederer Organismen.
Berlin 1910. S. 41 ff. u. 51 ff.
Saprolegnien entwickeln sich leicht auf Insektenleichen in Sumpf-
wasser. Die mit schleimigen Flöckchen bedeckten Fliegen etc. bringt man
mit der Pinzette auf schräg liegende Objektträger, über die man einen
Strom Wasser leitet, um die Hauptmasse der fremden Oigani.<!nen zu ent-
») Vgl. Bd. 3. S. 1204 ff.
-) Kniep, Untersuchungen über die Chemotaxis von Bakterien. Jahrb. f. wisseu-
schaftliche Bot. Bd. 43. 1906. S. 220.
=*) I'/eß'er, Über chemotaktische Hewegungen von Bakterien, Fhigellaten und Vol-
vocineen. Untersuch, aus dem botan. Institut zu Tübingen. Bd. 2. 181SÜ— 88. S. 5iK)ff.
und S. 615.
1304 Ernst G. Pringsheim.
fernen, wobei mit einem weichen Pinsel nachgeliolfen wird. Dann über-
trägt man sie in sterilisiertes Sumpfwasser, dem einige sterilisierte Fliegen-
beine zugesetzt sind. Auf diesen entwickeln sich die Pilze und entlassen
ihre Zoosporen. ') Zu beachten ist noch, daß bei den Arten von Saprolegnia
zwei Schwärmstadien auftreten, von denen nur das zweite chemotaktisch ist.
Die Spermatozoen von Lebermoosen 2) und Laubmoosen 2) werden
aus den reifen Antheridien entleert, wenn diese in einen Tropfen Wasser ge-
bracht werden. Ebenso entlassen die an den kleinen Vorkeimen der Pteri-
dophyten entwickelten Antheridien ihre Samenfäden. In allen diesen Fällen
hält man die Pflänzchen zweckmäßig vorher etwas trocken. Die Prothallien
der Farne, Schachtelhalme etc. sind meist auf Sand oder Torf unschwer
aus der Spore zu kultivieren. Man entnimmt zum Versuche ein ganzes,
möglichst unverletztes Prothallium und spült es gut ab, um etwa heraus-
diffundierende Stoffe zu entfernen. Dann bringt man es in einen Tropfen
Wasser auf den Objektträger, wo die Spermatozoen alsbald auszuschwärmen
beginnen. Die Kapillaren werden dann hinzugeschoben. Kleine Prothallien
sind vorzuziehen, weil größere schwer unterzubringen sind und beim Zer-
schneiden zu viele Inhaltsstoffe entlassen würden. 3)
Schwärmsporen von Myxomyceten erhält man durch Aussäen der
Sporen in Wasser*), eventuell unter Zusatz von Säure, z. B. 1/1,00 Mol.
H2SO4.5) Plasmodien gewinnt man aus Gerberlohe oder man sammelt die
nach einem Ptegen an die Oberfläche kommenden Schleimpilze im Walde.
Über die Gewinnung von Flagellaten, Volvocineen etc. vgl. die
zitierten Arbeiten von Pfeffer. Jakobsen<^) konnte aus Erde mit Fibrin in
Wasser allerlei Volvocineen herauszüchten. Nach eigenen Erfahrungen haben
diese Organismen das beste Bewegungs- und Reaktionsvermögen, wenn sie
auf feuchten Substraten, wie Agar, Sand, Gips, Torf in unbeweglicher oder
„Palm eilen "-Form kultiviert und dann durch Übertragen in Wasser in das
schwärmfähige Stadium gebracht werden.
') Stange, Über chemotaktische Reizbewegungen. Bot. Ztg, Bd. 48. 1890. S. 109.
^) Pfeffer, Lokomotorische Richtungsbeweguiigen durch chemische Reize. Unter-
suchungen aus dem botan. Institut zu Tübingen. Bd. 1. 1881 — 85, S. 430 u. 434.
^) Über die Behandlung des Materials vgl. ferner : für Farne Pfefer, Loko-
motorische Richtuugsbewegungen durch chemische Reize. Untersuch, aus dem botani-
schen Institut zu Tübingen. Bd. 1. 1881—85. S. 368, für Salvinia Shibata, Studien über
die Chemotaxis der Salviniaspermatozoen. Bot. Magaz. Tokyo. Vol. 19. 1905. p. 39 , für
Equisetum Shibata, Über die Chemotaxis der Spermatozoen von Equisetum. Ebenda.
S. 79 und Lidforss, Über die Chemotaxis der Equisetum-Spermatozoiden. Berichte der
deutsch, bot. Ges. Bd. 23. 1905. S. 314, für Lycopodium Bruchmann, Von der Chemotaxis
der Lycopodium-Spermatozoiden. Flora. Bd. 99. 1909. S. 193, für Isoetes Shibata, Studien
über die Chemotaxis der Isoetes-Spermatozoiden. Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. 41. 1905. S. 561.
*) Kusano, Studies on the chemotactic and other related reactions of the swarm-
spores of Myxomycetes. Journal of the College of Agriculture. Imp. Univ. of Tokyo.
Vol. 2. 1909. S. 4.
') a. a. 0. S. 8.
®) Jakobsen, Kulturversuche mit einigen niederen Volvocaceen. Zeitschr. f. Botanik.
Bd. 2. 1910. S. 145.
Methodisches aus der Biochemie der Pflanzen. IHOf)
Zur Kultur von Infusorien ist eine Kntwickluni,' von IJakterien not-
wendig-. Man verwendet für Paraniaecien Wasser, in das etwas Heu und
WeilJhrot getan wird, sonst auch getrocknete Salatl.iiitter und andere
Tflanzenteile. In anderen Fällen Jauche, .Mistalikochung u. dgl.')
Allerlei Pilze fängt man z. R aus der Luft auf Agar mit I'flaumcn-
saft oder man gewinnt sie von Pferdemist, der unter einer (ilocke feucht
gestellt wird. 2)
Pollenschläuche wachsen aus früschem P.liitenstaul) nach wenigen
Minuten bis einigen Stunden in Wasser oder Zuckerlösung geeigneter Kon-
zentration aus. Der richtige osmotische Druck der Lösung mul'. ausge-
probt werden, wobei man bis zu 40Vo Rohrzucker gehen möge. ^)
Um Keizversuche an Wurzeln anzustellen, ist es nötig, tadellos ge-
rade gewachsenes Material zu verwenden. Die Vorbehandlung der Samen
ist ähnlich wie oben für Wasserkulturen angegeben (vgl S. 12G()). Meist tut
man die angequollenen Samen in ein Keimbett von lockeren, sparsam, aber
gleichmäßig befeuchteten Sägespänen von Fichten- oder Pappelholz. Solche
von Kiefern oder Eichen sind unbrauchbar. In dieses Substrat bohrt man
mit einem Hölzchen oder dgl. senkrechte Löcher, in die die Wurzeln ohne
mechanischen Widerstand gerade hinunterwachsen können.
Giltaij^) verwendet an Stelle der Sägespäne feuchten Sand. Dieser
wird in rechteckige Tongefäße bis zum Pvande eingefidlt. Die ge(iuollenen
Samen werden in die Oberfläche des Sandes halb eingedrückt, und zwar
so, daß das Würzelchen beim Aufrechtstellen der Kästen der nun schwach
gegen die Vertikale geneigten Sandfläche außen entlang wächst. Um Aus-
trocknung zu verhindern, ist Bedeckung der offenen Seite notwendig.
Außerdem kann die untere Kante des Tongefäßes in Was.ser stehen. Die
Methode gestattet eine leichte IJeaufsichtigung der Keimung und Ent-
nahme der geeigneten Pflänzchen ohne Störung der übrigen.
Zu den Versuchen werden die Keimlinge vorsichtig aus dem Keini-
bett genommen, wenn sie 1 — 3 cm lang sind. Dann werden sie in Wasser
getan und dabei etwas abgespült, sowie gleichzeitig reichlich mit Wasser
getränkt. Für Versuche in Luft umhüllt man die Samen resp. Kotyledonen
mit feuchter Watte, Leinwand oder Papier. Auch die oberen Teile der
Wurzeln werden zweckmäßig mit feuchtem Seidenpapier umwickelt, um der
Wurzel Gelegenheit zur Wasseraufnahme zu bieten, die zum Wachstum
nötig ist. (Vgl. z.B. Sammct, a.a.O. S. 14.) Die Befestigung kann au den
Kotyledonen oder dem Endosperm mit Hilfe durchgesteckter Nadeln ge-
schehen oder die Wurzeln werden in Löcher von Korkplatten gesteckt.
*) Vgl. auch Pütter, Methoden zur Erforschung des Lebens der Protisten. Hand-
buch (1. physiol. Methodik, herausgegeben von li. TitjcrsIciU. Hd. 1. S. 1. Leipzig l'.l(»8.
'-) Vgl. auch Küster, Kultur der Mikroorfrauisuien. Leipzig-Berlin 11KJ7.
') Lidforss, Untersuchungen tiber die Reizbewegungen der PoUenschlauche. Zeit-
schrift f. Botanik. Bd. 1. 1909. S. 448.
*) Giltay, Einige Betrachtungen und \ersuclu' iilit-r (irinulf ragen beim Cieotropis-
mus der Wurzel. Zeitschr. f. Botanik. Bd. 2. 1910. S. 318.
1306 Ernst G. Pringsheim. Methodisches aus der Biochemie der Pflanzen.
Stets ist darauf zu achten, daß die Versuchsobjekte einige Zeit (1 bis
2 Stunden) im Apparat sind, bevor der eigentliche Versuch beginnt. Dadurch
haben sie die Möglichkeit, etwa bei der Vorbehandlung induzierte geo-
tropische Krümmungen auszugleichen. Ferner hat man Wtährend dieser
Zeit Gelegenheit, sich davon zu überzeugen, ob Wachstum stattfindet.
Besonders behebt sind die schnell keimenden und großen Samen der
Leguminosen, wie Vicia Faba, Phaseolus multiflorus, Lupinus albus und
Pisum sativum. Von kleineren Vicia sativa und Ervum Lens. Doch ist zu
berücksichtigen, daß Bohnen und Lupinen leicht faulen. Sie dürfen deshalb
nicht eingeweicht und überhaupt nicht zu naß gehalten werden. Ferner
sind geeignete Objekte die Keimwurzeln von Zea Mays, Helianthus annuus,
Ipomoeaarten, Fagopyrum esculentum, Brassicaarten, Sinapis alba u. a.
Gewöhnlich sind die bei der Keimung zunächst auftretenden Haupt-
wurzeln allein geprüft worden, doch ist gerade bei den Nebenwurzeln erster
und zweiter Ordnung vieUeicht ein besseres Resultat zu erwarten, da bei
diesen der Geotropismus als Orientierungsfaktor zurücktritt. Freilich ist das
Arbeiten mit ihnen schwieriger.
Über die Beschaffung geeigneter Pflanzen für die sonstigen Pieizver-
suche können hier keine genügenden Angaben gemacht werden. Die Mehr-
zahl der Insektivoren wird nur in einem geregelten gärtnerischen Betriebe
mit Gewächshaus zweckmäßig zu ziehen sein. Doch stehen Drosera und
Pinguicula in Torfmooren wild zur Verfügung und halten sich, in Torferde
mit Regenwasser begossen und hell gehalten, recht gut. Kalk ist ihnen
schädhch.
Die quantitative Mikroelementaraiialyse (iru^aiiisclirr
Snbstanzon.'»
Von Fritz Prci,'!, liinsbnick.
Eigene Erfahrung an einem nnr in anlierordcntlieh ^^erinfzer Aiis-
bentung- erhältliehen Körper lidj es mieli besonders sclinierzlich empfinden,
dal'i jede zum Zwecke der organischen Elementaranalvse angewandte Siib-
stanzmenge für weitere \'ersuche unwiederbringlich verloren ist und
machte in mir den Wunsch rege, nach Methoden zu fahnden, welche bei
sonst gleicher Genauigkeit mit geringen Sui)stanzmengen ihr Auslangen
finden und womöglich mit den allereinfachsten Mitteln auszuführen sind.
Ermutigend wirkten von vornherein in dieser Richtung die glänzench-n \'er-
suchsergebnisse Emkhs-) und seiner Schüler auf dem (iebiete der Mikrrv
aiuUyse mit Hilfe der Mikrowage von Xernst.
\'on der Anwendung letzterer habe ich von allem Anfange an aus
dem Grunde absehen müssen, weil ihr Wägungsbereich und ihre Tragkraft
im Vergleiche zum (iewichte noch so kleiner Absorptionsapparate etc. mir
zu gering erschienen. Alle im Nachstehenden mitzuteilenden .Methoden sind
mit einer aus der Präzisionswerkstätte von WUli. H. l. Kuhlmann in
Hamlnirg-Barmbeck (Steilshoperstraße Nr. 103) hervorgegangenen Waire
(Eig. 277) ausgeführt und ich möchte von diesem ausgezeichneten Instru-
ment (Nr, 19b des Kataloges. Preis samt (Gewichtssatz zirka 270 Mark)
an dieser Stelle nur hervorheben, dal) es bis zu einer Maximalbelastung
von 20 5^ gleichbleibende Empfindlichkeit hat, infolge einer Ilalkenliinge von
nur 10 mm außerordentlich rasch schwingt, daß der Heiter infolge der
maschinell hergestellten hundert Einkerbungen an jeder Stelle des Keiter-
lineals stets den gleichen Sitz einnehmen muß. da(\ eine mit der Heiter-
verschiebung mitfahrende Lupe eine beciueme Ablesung trotz Kleinheit des
Balkens gestattet und daß die Schwingungen der Zunge durch einen ver-
größernden Hohlspiegel beobachtet werden. Die EmiMiiidiichkeit dieser Wage
ist so eingestellt, daß Vio ^>^9 ^in^ Ausschlagsvergrößerung von 1»> Teil-
^^ OriiEriiialuntersiichunfren.
'-) Statt weitläufiger Aiifiihrungeii der ()ripiiiaIlitoratnr sei ps mir hier eestattot.
nur auf das jiingst erschienene" „Lehrbuch der Mikrochemie" von Frirdrich Ktnieh, Wies-
liaden 1911, Verlair von J. F. Bergmann, zu verweisen, in welchem tlie Kesamto his»-
hcrige Literatur dieses Gebietes berürksirhtii:t ist.
1308
Fritz Pregl.
strichen nach der entgegengesetzten Seite bedingt und daß demnach ein
Ausschlagsunterschied von einem Teilstrich ^/loo mg entspricht. Durch
Fifr. 277.
Mikrochemische Wage von Kuhlmann (Hamburg).
(3/5 der nat. Größe.)
Schätzung von Bruchteilen bei Beobachtung einer lieihe von Umkehrpunkten
wird es mit diesem Instrument sogar möglich. Wägungen mit einer (tC-
nauigkeit von + Vioon ^wj auszuführen.
Die quantitative Mikroolementaraualyse organischer Substanzen. 1 ;»(>*)
Zum Zwecke des bequomercii iiiid sicheren Arhcitens ist es iiot-
weiuliii', diese Wape auf einer Marmorphitte aiifzustelieii. die auf in eine
(irundinauer eiiii^elasseueu Kiseiiträf^cru fest aiiflie^^t. I»ie (lewiclite sowie
die dazu gehürii'e Elfenheiupiiizette bewahre man am besten im Waj/en-
gehiiuse in der Nähe der rechten Waj^^eschale offen auf, w;thren<l hinter
der linken Wageschale die Aufhängevorrichtung für die Absorptionsapparate
sowie die Bäukchen aus Magnesiumdraht (siehe beide in Fig. 277) für die
Substanzwägung bei der Stickstoff-, llalom-n- und Schwefelbestimmung
Platz finden können. Zur weiteren Ausgestaltung des Wagetisches gehören
zwei (Jazeläppchen, sorgfältig gewaschen und getrocknet, mindestens 4fach
zusammengelegt, ein Stück Kehleder, ein llaari)insel sowie \V;igegl;is<lien
zur Unterbringung des Schiffchens bei Wägung hygroskopischer Substanzen
nach der Trocknung (Fig. 285), Wägegläschen für die Stickstoffbestimnnnigen,
Schmelzpunktkapillaren für die Halogen- und Schwefelbestimmungen, alles
unter entsprechenden Glasglocken oder zwischen l'hrgläsern verwahrt,
ferner Handexsikkatoren, Kupferblöcke (Fig. 287, 292, 297) usw.
Absolute Reinlichkeit des Wagetisches, insbesondere der Wage selbst,
ist die erste ^'oraussetzung erfolgreicher Analysen. Man gewöhne sich
daran, vor jeder Serie von Wägungen den Nullpunkt der Wage zu prüfen
imd im Bedarfsfalle neu einzustellen. Man wird es selbst bei der ge-
schilderten Aufstellung auf einer Marmorkonsole von Zeit zu Zeit nötig
haben und mag daraus ermessen, wie oft sich der Nullpunkt bei .Vuf-
stellung auf einer hölzernen Konsole oder etwa auf einem Tisch verschieben
möchte ! Mindestens einmal im Monat wird es auch bei der gröliteii Sorg-
falt und Reinlichkeit zu empfehlen sein, die Wage einer völligen lleini-
aunu- zu unterziehen. Man öffne die Türen, entfeint beide Schieber, de-
montiert die Wage durch Abnehmen der Schalen, (iehänge und des
P>alkens, die man zweckmäßigerweise auf einen der beiden horizontal hin-
gelegten Schieber in richtiger Reihenfolge hineinlegt, reinigt zuerst die
Grundplatte durch Reiben mit feuchter Gaze, reibt Schalen und Gehänge
mit fett- und säurefrei gewaschenem und scharf getrocknetem IJeh-
leder ab, pinselt insbesondere das gezähnte Reiterliueal am llalken
sorgfältig aus, reibt sämtliche 12 Arretierungskontakte, die sich sowohl
am Balken, an den Gehängen als auch an der Arretierungsvorrichtung
der Säule befinden, mit trockenem Rehleder energisch ab und reinigt zum
Schluß ebenfalls mit Rehleder die Schneiden und die ihnen entsprechenden
Auflagen. Nun wird die Wage wieder zusammengesetzt und der Nullpunkt
mittelst der Fahne annähernd eingestellt. Es muß bemerkt werden, daß
diese Wage nach einer derartig erfolgten Reinigung durch einig«' Stunden
„krank ist", das heißt keine konstante Nullpunktlagt' besitzt. Erst nach
einigen Stunden kann die definitive Einstellung erfolgen. Bei größerer Ab-
weichung bedient man sich wieder der Fahne, hüte sich j«'doch. sie mit
den warmen Fingern zu berühren, somleru besorge dit' Bewegung der
Schraube mit der Elfenbeiupinzette. Die letzte Feineinstellung » ',oo - V,oo '"^
erfolgt bei schwingender Wage mit den beiden Stellschrauben des Gehäuses.
X310 ^"*2 Pregl.
Die kleinen Drahtgewichte werden durch Abpinseln auf reiner Gaze
als Unterlage, die Grammgewichte durch sanftes Abwischen mit Rehleder
gereinigt. Schließlich wird noch der dazu gehörige Holzblock ausgeblasen,
ausgepinselt und abgewischt.
Aus den mehrere Tausend betragenden Wägungen, die im Laufe
dieses Jahres mit dieser Wage zur Ausführung kamen, hal)en sich einige
Erfahrungssätze ergeben, die hier angeführt zu werden verdienen.
1. Ein und dasselbe Objekt zeigt nach gleicher Behandlung und
unter sonst gleichen Bedingungen stets dasselbe Gewicht selbst in der
5. Dezimale. Mein Platinschiffchen zeigte z. B. heute dasselbe Gewicht wie
vor einem Jahr.
2. Das menschliche Auge ist bei halbwecs nicht ungünstigen Be-
dingungen (Ausnahmen sind z. B. feinste Quecksilbertröpfchen und Fett-
flecke) noch weit empfindlicher als diese Wage.
3. Eine für unser Auge und unser Tastgefühl tadellos erscheinende
Reinigung, wie Abwischen. Abwaschen, Auskochen usw., gewährleistet bei
demselben Objekt stets dasselbe Gewicht bei sonst gleichen Bedingungen
selbst in der 5. Dezimale, falls damit nicht tiefergreifende stoffüche Ver-
änderungen an dem Objekte hervorgerufen werden.
Diese Erfahrungssätze sind durch Wägungen gewonnen, bei denen
das Gewicht den Wert von 6 Grammen nicht überstiegen hat : damit ist
aber die Richtigkeit der grundsätzlichen ^'oraussetzungen für die Aus-
führbarkeit der mitzuteilenden Methoden bewiesen, denn in keinem Falle
werden dabei schwerere Objekte zur Wägung kommen.
4. Viele Einflüsse, denen man bei dem älteren Verfahren eine beson-
dere Beachtung stets schenken mußte, wie z. B. der Einfluß der Temperatur,
die Aufnahme von Feuchtigkeit etc., haben sich gegen meine ursprüng-
lichen Befürchtungen als von untergeordneter Bedeutung erwiesen, denn
kleine Massen mit kleinen Oberflächen deichen sich in bezug auf ihre
Temperatur rasch mit ihrer Umgebung aus und folgen ihr auch rascher,
wenn jene sich ändert.
Indem ich nun die Endergebnisse der im Kachfolgenden zu be-
schreibenden Untersuchungen zusammenfasse, muß ich erklären, daß das
angestrebte Ziel nicht nur in bezug auf die Genauigkeit der Resul-
tate, sowie die Einfachheit der erforderlichen Mittel und des
Verfahrens wirklich vollkommen erreicht worden ist, sondern daß
sich bei allen infolge der Kleinheit der anzuwendenden Substanzmengen
eine so wesentliche Ersparnis an Zeit ergeben hat, daß der von mir
eingeschlagene W^eg für das Gesamtgebiet der analytischen Chemie
lohnend und vorteilhaft sein wird, denn wie wir sehen werden, ist die
Methodik für die wichtigsten Operationen und Bestimmungsarten schon
ausgearbeitet, wie Filtration und Waschen von Niederschlägen, Destillation.
Titration, Absorption und gasometrische Bestimmung von Dämpfen oder
Gasen und endlich, wovon an anderem Orte die Rede sein soU, die mikro-
elektrolytische Bestimmung von Metallen.
Die quantitative Mikroelementaranalyse organischer Sul)stanzen. 1311
Diese Methoden eignen sieli auch sciir gut /u Norlesungscxpcrinientcn.')
Die vorliegendon Untersuchungen ^YUl•d(.'n vor last genau einem .lahre
im Grazer Institute für medizinische Chemie (Vorstand I lotrat A'. Ji. llof-
mann) l)egonnen und im Institute gh'ichen Faches zu Innshnick fortgesetzt
und beendet. Dabei unterstützte mich mein Assistent Herr Max de Crinis
auf das wirksamste; ich kann es dalier nicht unterlassen, aucii an diesem
Orte seine unbedingte Verläßlichkeit anzuerkennen und ihm für seinen
Eifer meinen Dank zu sagen.
1. Die mikroanalytische Bestininuing von Kohlenstoff und
Wasserstoff.
Dem ersten Versuch in dieser Uichtinig ging die mathematische ("ber-
legung voraus, daß, wenn wir statt mit einer Genauigkeit von ' ,o wy mit
einer solchen von Vioo *"// wägen, wir die Substanzmenge auch auf min-
destens Vio der bisher üblichen Quantität herabsetzen dürfen, um dieselbe
Genauigkeit zu erreichen wie zuvor.
Wenn wir bisher rund 200 mg organische Substanz einer Klementar-
analyse unterwerfen und wir begehen bei der Wägung des Kohlendioxyds
einen Fehler von 1 mg, so bedingt dies im Resultat einen Fehler von
0*1 — 0'2''/o Kohlenstoff, je nach dem Kohlenstoff gehalt des untersuchten
Körpers; und ein Fehler von 1 mg in der Wägung des Wassers wird eine
noch geringere Beeinträchtigung des Kesultates für den Wasserstoff be-
dingen. Hingegen wird ein Fehler von 1 mg in der Wägung der 8ui)stanz
einen Fehler von 0'2 — 0-4'Vo Kohlenstoff zur Folge haben. Es ergibt sich
daraus, daß wir vor allem die Wägung der Substanz mit der größten Ge-
nauigkeit vorzunehmen haben und diese ist bei kleinen Mengen um so
leichter zu erreichen.
Ebensowenig wie man bei dem bisherigen ^'erfahren mit einer der
gebräuchlichen guten analytischen Wagen bei der Substanzwägung einen
P^ehler von 1 mg begeht, sondern im Gegenteil eine Genauigkeit von l^^tng
erzielt werden Jvann, ebensowenig wird man mit der vorher besprochenen
Kuhlmannwage einem Fehler von Vio ^^5' ausgesetzt sein, sondern die
Substanzwägung jederzeit auf \/ioo "ig genau zur Ausfiüiruug bringen
können.
Eine weitere mathematische Überlegung hat nun ergei>en, daß bei
Anwendung von rund ^mg organischer Substanz O:". wy C'Oj l°o Kohlen-
stoff entsprechen, daß also O'Oa »ig OP o im Kohlenstoff ausmachen und
daß der übliche zulässige Fehler von 0-2Vo füi' den Kohlenstoff bei iler
Substanzmenge von rund S mg erst durch einen Fehler im Kohlendioxyd-
gewicht von 006, also mehr als einem halben Zehntel Milligramm er-
reicht ist.
*) Experimentalvorträge des Verfassers: am 27. Fel)rnar llUl in der Sitzung der
deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin und am 21. Juli 1911 iu der Sitzung der
physiologischen Gesellschaft zu Berlin,
1?,12 Fritz Pregl.
Diese letztere Überlegung wirkte außerordentlich ermutigend, die Be-
dingungen aufzusuchen und festzulegen, unter denen exakte C-H-Bestim-
mungen an kleinen Substanzmengen ausgeführt werden können und be-
stimmten mich von allem Anfang an, für diese Bestimmungen die Menge
von rund 10 mg stets in Anwendung zu bringen.
Indem ich darauf verzichte, die umständlichen Wege, die ich zuerst
beschritten, und die lehrreichen anfänglichen Mißerfolge ausführlich anzu-
führen, will ich nun die Beschreibung der notwendigen Hilfsmittel und die
zur sicheren Erreichung des angestrebten Zieles als richtig erkannten Vor-
schriften für die Ausführung folgen lassen.
Ein neuer Weg.
Wohl jeder, auch der kundigste Analytiker, ^\ird auf dem Gebiete der
organischen Elementaranalyse Mißerfolge zu verzeichnen haben und sofern
diese nicht auf grobe W^ägungs- oder andere Fehler zurückzuführen sind,
sind sie meistens die Folge unvollständiger Absorption oder unvollständiger
Verbrennung infolge zu raschen Ganges des Gasstromes. Daß das unvoll-
ständig Verbrannte aus den Absorptionsapparaten in solchen Fällen ent-
weicht, ist immer behauptet worden; meines Wissens sind aber die Gase,
welche die Absorptionsapparate verlassen, niemals einer besonderen Beach-
tung unterzogen worden. Nur 2 Beobachtungen möchte ich hier anführen.
1. Die Angabe Dennstedts, welcher aus der Schwärzung der an die Ab-
sorptionsapparate angeschlossenen Palladiumchlorürlösung Kohlenoxydgas
bei rascher und unzweckmäßig geleiteter Verbrennung nachweist und 2. meine
eigene Beobachtung, welche zeigt, daß bei rasch geleiteter Verbrennung
von Gallensäuren die aus den Absorptionsapparaten austretenden Gase
in konzentrierter Schwefelsäure gelben Farbenton mit grüner Fluoreszenz
hervorrufen. Um die durch unvollständige Absorption oder unvollständige
Verbrennung bedingten Fehlerresultate zu vermeiden, hat man bisher nur
zu raten gewußt, daß man die Verbrennung langsam und gleichmäßig vor-
zunehmen habe. Ich schlage zur Vermeidung dieser Fehler einen, wie es
mir scheint, vollkommen neuen Weg ein, der darin besteht, daß man erst
die, aus den Absorptionsapparaten austretenden Gase (vorwiegend Sauer-
stoff, dem geringe Mengen von Unabsorbiertem oder unvollständig Ver-
branntem beigemengt sein können) in einem, eigens dazu angefertigten
kleinen Quecksilbergasometer auffängt und nach vollendeter erster Ver-
brennung diese Gase noch einmal durch das glühende Verbrennungsrohr
hindurchschickt. Es ist klar, daß auch für einen an sich schwer verbrenn-
lichen Kohlenwasserstoff bei diesem zweiten Passieren durch das glühende
Verbrennungsrohr die Verbrennungsbedingungen günstiger sind, als wie
bei der V^erbrennung der ursprünghchen Substanz ; ist ja vor dem zweiten
Passieren des Verbrennungsrohres das große Volumen des beigemengten
indifferenten, das Gasgemenge verdünnenden Kohlendioxyds mittlerweile
durch das erste Passieren des Kahrohres entfernt und dadurch die Ent-
zündungstemperatur des übrig gebliebenen Gasrestes herabgesetzt worden.
Die quantitative Mikroelemeutaranalyse orgauischer Substanzen.
;',13
Dieser Quecksilberj^asometer (Fi-j-. 278) stellt einen zylindrischen llolil-
köi-per von etwa 4 cm Durchmesser und 7 cm Länge vor. Er verjüngt sich nach
olien, wo sich ein einfacher Hahn h^ befindet von dem aus ein rechtwinkelig.
also horizontal abgebogenes, 4 mm im iiulk'ren Durchmes.ser messendes (Jlas-
röhrchen iigl ansetzt. An der entgegengesetzten unteren Seite dieses (iaso-
metergefäßes, welches etwa 75 cm» Fassungsraum besitzt, ist der I'.oden
rund abgeschmolzen und
zu beiden Seiten des- Kif?. 278.
selben, in dem auf der
Richtung des oberen
Eöhrchens senkreclit
stehenden 1 )urchmesser,
befinden sich zwei An-
sätze, von denen der
eine einen Glashahn h.j
trägt, der zum Auslassen
des Quecksilbers dient
und der andere in ein
7 nun im äußeren Durch-
messer betragendes und
18 CM hohes, mit einem
offenen Trichter ver-
sehenes Steigrohr St
übergeht. Dieser Gaso-
meter ruht auf einem
gedrehten Holzgestell,
welches auf einer Grund-
platte aus Holz ruhend,
so hoch ist, daß das
früher erwähnte seitlich
gebogene Röhrchen ge-
nau mit der Höhe der Ab-
sorptionsapparatc und
der Mitte der Verbren-
nungsröhre während der
Verbrennung überein-
stimmt. Auf der er-
wähnten Grundplatte
aus Holz findet auch eine 100 cm ^ fas.sende Kristallisierschale (Kr) aus(ilas
mit ebenem Roden, zyhndrischen Wänden und einem Schnabel ihren l'latz.
in welche der früher erwähnte Auslaufhahn des Gasometers hineinragt und
die Restimmung hat, das abgelassene Quecksilber aufzunehmen.
Zu diesem (lasometor gehört noch ein Trichter mit feiner Öffnung:
er ist aus einer 2 cm im Durchmesser starkwandigen und !• rm langen
Glasröhre gefertigt, die sich au ihrem unteren ]%nde plötzlich stark ver-
Abderhalden, Handbuch der biochemischen Arbeitsmethoden. V. ,S3
Qaecksilbergasometer (Vi nat. GröOe).
Äi oberer H.ihii. h-^ unterer lliihu. Injl horiKnntalo» Anaatzr>>hrrlien.
Sl Steigrohr. Kr KristallisiiTScIialc mit Ubrh'lni« darauf. Tr Kapillar-
trichter.
1314
Fritz Pregl.
jungt und in eine Kapillare übergeht, welche dem aufgegossenen Queck-
silber den Durchtritt nur in einem Tempo gestattet, wie es der Gasstrom,
während einer gut geleiteten ^'erbrennullg haben soll, d. d. die Füllung des
Ganzen Gasometers durch diesen Trichter soll mindestens 15 Minuten in
Anspruch nehmen.
Außer der Erfüllung des schon genannten Zwecks, die aus-
getretenen Gase einer nochmaligen Verbrennung zuzuführen,
stellt dieser Apparat eine Vorrichtung dar, mit welcher es wie
mit keinem anderen Mittel möglich ist, die Gleichmäßigkeit der
vor sich gehenden Verbrennung zu beurteilen, denn wenn zuviel
Substanz auf einmal verbrennt, so gibt sich dies sofort in einem
starken Sinken des Quecksilbers im Steigrohr kund, weil sowohl
durch die Absorption der reichlich gebildeten Kohlensäure, so-
wie durch die Bindung von Sauerstoff an etwa reduziertes
Kupfer eine starke Verminderung des Innendrucks entsteht.
Der Apparat zum Trocknen des Sauerstoffs und der Luft.
Schon seit Jahren habe ich für diesen Zweck liei Verbrennungen nach
dem älteren \'erfahren einen Apparat nach meinen Angaben verwendet,.
Fig. 279.
•U-Rohr mit Blasenzähler zum Trocknen und Eeinigen des Sauerstoffs und der Luft.
B Blasenzähler. /Glaswollflocken, mit 50% Kalilauge befeuchtet. 3/ Glaswollbäuschchen, c/( Chlor-
kalzinm, schaumig, pfeiferkorngroß. »r W'attebänschchen.
der sich zu diesem Zweck seiner Einfachheit halber und seiner großen
Sicherheit wegen mit bestem Erfolg bewährte. Für das hier zu beschrei-
bende Verfahren benutzte ich im Prinzip denselben Apparat, nur ist er den
geänderten Größenverhältnisseu entsprechend kleiner. Er besteht im wesent-
lichen aus einer U-Röhre (Fig. 279), deren Schenkel 7—8 cm hoch und aus
einer Röhre von 12 mm Durchmesser hergestellt sind. Die beiden Schenkel
besitzen, wie sonst die U-Röhren, seitliche Ansätze. Der eine dieser beiden
Ansätze ist jedoch bei diesem Apparat in unmittelbarer Verbindung mit
Die fiuantitative Mikroelementaranalyse oiganisclier Siilistan/ou. \'^\^
einem Blasenziihler von ehv;i 17 ]>< mm Diiichinosser und ■> ,„> Lin{re,
der sich in seinem oberen Kndc cheiif.-dls auf den Dinrlimesser von li'mm
verjüniit. In diesen lilasenzäliler hinein führt (his zweite seitliche Aiisatz-
rohr. durch welclies der bei der \("rlirennun<,' bcnöti^'te Sauerstoff eintritt.
Es setzt sich in das Innere des l'.lasenzidders nach unten in I'orni eines
erweiterten Rohres fort. Dieser F.lasenzidih'i- liat die llrstiuimun«:. mit so-
viel öOVoigei" Kalilauge gefüllt zu werden, dal', das konisch verjün-tc Knde
des inneren sich erweiternden Kndteiles 1—2 mw unter (his Niveau der
Kahlauge eintaucht. Unter diesen rmständcn ist auch im Falle der lUick-
stanung des Gases ein Austreten von Kalilauge nicht zu Ix-fürchteu. weil
sie in der erwähnten Erweiterung einen i'latz finden würde. Der dem
Rlasenzähler benachbarte Schenkel des E-Kohres wird mit (iiaswollcfldckeii
gefüllt, die zuvor in einer Schale mit wenig r)Oo „igcr Kalilauge bi-leuchtet
wurden. Im zweiten Schenkel des I'-Kohres befindet sich zwischeu Glas-
wolle schaumiges Chlorcalcium.
Das Verbrennungsgestell.
Ein eigentlicher Verbrennungsofen ist für die Durchführung solcher
Miniaturverbrennungen durchaus nicht erforderlich. Es genügt dazu ein
einfaches, aus Schwarzblech gefertigtes Gestell, welches gestattet, dal', (his
Verbrennungsrohr in horizontaler Lage in einer Höhe von etwa 22 mi be-
([uem Platz findet. Die zwei seitlichen Teile (Fig. 287, .Sj .Sj), welche oben je
einen rechtwinkeligen Einschnitt tragen, in welchem das Verbrennungsrohr
Platz finden soll und die nach unten verlängert die Fülie des ganzen (Je-
stelles vorstellen, sind durch drei leicht abnehmbare P.andeisen (Fig. 2S7, yw)
in der gegenseitigen Entfernung von \6 cm gehalten. Das eine der drei
Bandeisen verbindet die, dem Experimentator abgekehrten hinteren Fuß-
paare, die beiden andern verlaufen zu beiden Seiten der Verbrenmnigsn.hre
und verbinden die korrespondierenden Flanken der beiden rechtwinküiren
oberen Einschnitte. Auf diese beiden Bandeisen läßt sich ein rechtwinklig
M-förmig gebogener Eisendraht als Auflage für ein rechtwinklig gebogenes
Drahtnetz anbringen.
Der Diffusionsstöpsel (Fig. 280. />i.
Er hat eine Länge von 4 cm und besteht aus einer Jenaer Martgias-
röhre von 5 — ßmm äußerem Durchmesser, die einerseits abgeschmolzen,
andrerseits stark verjüngt und ausgezogen ist. Das ausgezogene Ende wird,
ohne daß es dabei zur Verschließuug des Lumens käme, in der Flamme
zu einem Häkchen gebogen, an welchem sich dieser Diffusionsstüpsel aus
der Verbrennungsröhre mittelst eines Drahtes leicht herausziehen Ifllit. Der
zylindrische Teil dieses Diffusionsstöpsels ist mit einer einfachen Lage
dünnen Platinblechs umwickelt. Durch .scharfes Erhitzen in der (iebläse-
flamme wird dieses Platinblech zum dauernden Haften am (üase gebracht.
An das geschlossene Ende schmilzt man eine aus etwa rt feinen, 1 ctn
langen Platindrähten gebildete Quaste an. (Siehe Fig. 2S(). />.)
83*
1316 ^"tz Pregl.
Das Verbrennungsrohr.
Es besteht aus einer Jenaer Hartglasröhre von 9 — 10 mm äußerem
Durchmesser und 25 cm Länge. Das eine Ende verjüngt man durch anfäng-
hches Ausziehen und späteres Zusammenfallenlassen in der Flamme derart,
daß dadurch ein 10 ?>«m langes, dickwandiges Röhrchen von 4wwi äußerem und
entsprechend geringerem inneren Durchmesser entsteht. Dieser ,. Schnabel'' (s)
wird erst auf Carborundumpapier so abgeschliffen und später auf feinem
Schmirgelpapier nachpoliert, daß seine Mündung auf der Achse des ganzen
Rohres normal steht. Diese Einrichtung, welche, so viel mir bekannt, zuerst
Kopf er in Anwendung gezogen hat, war für das Gelingen des Verfahrens von
entscheidender Wichtigkeit, da ja doch der Kautschuk für den Zweck der
Verbrennungsanalyse an und für sich sehr wenig Eignung besitzt; ist er
ja doch hygroskopisch und gestattet er dem Kohlendioxyd willig den Durch-
tritt. Die VerSchließung des Verbrennungsrohres mit einem Kautschuk-
pfropfen bei einem Verfahren, welches auf die Wägung der Kohlensäure
und des Wassers in seiner Gesamtheit angewiesen ist, mußte das Resultat
stets nachteilig beeinflussen und daher wurde überall darauf gesehen, daß
der Gasstrom an keiner Stelle mit der Kautschukoberfläche in Berührung
kommt und insbesondere wurde der Anschluß der Verbrennungsröhre an
das Chlorcalciumrohr durch eine Kautschukschlauchverbindung hergestellt,
welche sich zur Hälfte auf dem Schnabel des Verbrennungsrohres, zur Hälfte
über das Rohr des Chlorcalciumröhrchens erstreckt. Es hat sich ferner als
wichtig erwiesen, daß diese Schlauchverbindung so angelegt wird, daß
nicht nur innerhalb dieser Glas an Glas zur Berührung kommt, sondern
daß der übergestülpte Kautschukschlauch überdies der Länge nach über
dem Röhrchen gestreckt erscheint, wodurch für die Dauer der Analyse
die innigste Berührung der aneinander gefügten Glasteile gewährleistet
ist. Eine Außerachtlassung dieser Vorschriften war stets von Mißerfolgen
begleitet.
Die Füllung und Herrichtung des Verbrennungsrohres.
A. Für die Verbrennung von Körpern, welche nur C, H
und 0 enthalten.
Man schiebt bis zum Schnabel des Rohres einen 1 cm langen Pfropfen
Glaswolle (gl), auf diesen eine 4: cm lange Schichte von Kupferoxydasbest
(Cu 0) (nach den Angaben des Verf. bereitet ihn die Firma E. Merck),
dem man zweckmäßigerweise etwas drahtförmiges Kupferoxyd (Kahlbaum)
beimengt, um der sonst leicht zusammendrückbaren Masse festeren Halt
zu geben, darauf ein kleines Bäuschchen Seidenasbest (As), auf dieses
locker gefüllten Pt-Asbest (Ptj. den man wieder durch ein kleines Bäuschchen
Seidenasbest (As) vor der nun folgenden 4: cm langen Schichte Kupfer-
oxydasbest (Cu 0) schützt , auf diese wieder ein Bäuschchen Seidenasbest
(As) und dann ein zusammengefaltetes Stück Platinblech oder Platinasbest
Die quantitative Mikroclementaranalyso organischer Substanzen. Dil 7
(Pt) von 1 cm Länge.^) Die zwoiinalij^o \'er\v(*n-
duiig von Platin als Kontaktsuhstanz hat seinen
Grund in der l-ljorlo^unii-.daß erstens Platin schon
bei niedrigerer Temperatur als das Kupferoxyd
die Verbrennung einzuleiten vei-mag. und dal',
zweitens auch in dem Falle, als an der ersten
Stelle schon Sauerstoffmaugel aufgetreten sein
sollte, an der zweiten Platinfiillung wahrschein-
lich noch elementarer Sauerstoff aus einem
fi-üheren Stadium der Verbrennung vorhanden
sein dürfte.
B. Für die Verbrennung von Kör-
pern, welche außer C, H und 0 auch N,
Halogene oder S enthalten. (Fig. 2S0.)
Auf den im verjüngten Teil des Rohres
l)efindlichen Glaswollstöpsel bringt man in diesem
Falle eine Schichte von 2*5 — 8 cm gekörntes
P>leisuperoxyd (Bl) von Hanfkorngi-öße (E. Merck),
darauf ein Piiuschchen Seidenashest , und auf
dieses die Füllung von derselben Art und Aus-
dehnung, wie sie in A. geschildert ist.
Um das Bleisuperoxyd dauernd auf der
erforderlichen Temperatur von 180 — 200" zu
erhalten, wickelt man um das Rohr einen 5 cm
breiten Streifen von ausgeglühtem Kupferdraht-
netz (Sp) in 4 straffen Lagen, legt auf die
4. Lage ein I-förmig gestaltetes Stück
Kupferdraht (Kd), den .sogenannten ..Heizdraht",
und wickelt darübei* wieder 3 — 4 Lagen Kupfer-
drahtnetz. Der verwendete Kupferdraht sei ca.
Vb mm dick, die Länge der beiden Schenkel
betrug 7 cm, und die Länge des Zwischenstückes
14 mm. Nach Limschnürung der Kupferrolle mit
feinem Kupferdraht an beiden Enden , schiebt
man sie so zurecht, daß das ein(> Ende mit dem
Beginn der Verjüngung der Röhre zusammen-
fällt, und zieht den dai'in befindlichen l)raht-
bügel soweit vor- oder rückwärts, daß sein ge-
bogenes Zwischenstück nach dem Herunterbiegen
die Stelle des Rohres fest b<'rührt. wo sein
konischer Teil in den engen Schnabel übei-geht.
Bei dieser Anordnung werden die freien
Enden der Schenkel ca. 1 cm weit über die
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k>fc.
^) Siehe darüber aucli Höhlt rnKdui und Scholl, Her. 4;5. .>. .{42—343. welche darin
über eine von Ji. Wcitzcnböck ausgearbeitete Methode berirhton.
1318 Fritz Pregl.
Kupferrolle hinausragen und dadurch beim Gebrauch in das Bereich der
Flamme kommen, während das durch Leitung erwärmte Zwischenstück-
die Kondensation von Wasser im Schnabel dauernd verhindern wird.
Den hinter diesem einfachsten Luftbad befindUchen Anteil des ge-
füllten Rohres umwickelt man zur Schonung und der gleichmäßigeren Er-
hitzung wegen mit einer einfachen Lage feuchten Asbestpapieres , und
nach völliger Trocknung dieses mit einer einfachen Lage ausgeglühten
Eisendrahtnetzes.
Das weite, hintere Ende des Verbrennungsrohres verschließt man,
nachdem man die Ränder in der Flamme hat ablaufen lassen, mit einer
5 cm langen, -imm im äußeren Durchmesser betragenden Thermometerröhre
(Th), die zu einer Spitze ausgezogen ist, indem man bis etwa in die
Mitte dieses Röhrchens ein ringförmiges Stückchen eines passenden Kaut-
schukschlauches (R) darüberschiebt. Wie aUe Kautschukdichtungen und
-Verbindungen, soll auch diese mit einer unwägbaren Spur Glyzerin be-
feuchtet werden.
Für die Ausführung von C-H-Bestimmungen und auch für die N-Be-
stimmungen genügt ein gewöhnlicher Tisch (an dem zwei Gashähne für
die beiden Brenner zur Verfügung stehen) , auf dessen Platte man zum
Schutz gegen die strahlende Wärme , aber auch aus Rücksichten der Rein-
lichkeit ein Stück glattes Packpapier auf breitet. Hingegen dürfte die Wahl
des Raumes, in welchem die Verbrennungen gemacht werden sollen, nicht
gleichgültig sein, wenigstens vermeide ich es, solche Bestimmungen im
Laboratorium zu einer Zeit zu machen , wo die Luft massenhaft mit Gasen
und Dämpfen geschwängert ist.
Die Reinlichkeit sämtlicher Operationen erlaubt es, die C-H-Bestim-
mungen im Wagezimmer auszuführen. Übrigens sind sämtliche schwingende
Teile der Wage platiniert, also kaum angreifbar.
Die so vorbereitete Verbrennungröhre legt man derart in das Ver-
brennungsgestell, daß die KupferroUe darüber hervorragt und gleichzeitig
die eine Seitenwand desselben berührt. Die beiden freien Enden des Draht-
bügels befinden sich oben, zu beiden Seiten der Röhre, und werden ins
Bereich des unter ihrer Füllung befindUchen Flachbrenners hineinragen.
Den gefüllten Teil des Rohres innerhalb des Gestelles bedeckt man mit
einer Asbest- oder Eternitplatte von 7 cm Länge und 5 cm Breite. Das das
hintere Rohrende verschließende Thermometerröhrchen verbindet man mit
Hilfe eines mit Glyzerin etwas befeuchteten Gummischlauchstückes mit
dem an einem kleinen Eisenstativ hängenden Apparate zum Reinigen und
Trocknen des Sauerstoffes und der Luft, indem auch hier Glas an Glas
in Berührung kommen, und verl)indet diesen Apparat mittelst eines längeren
Gummischlauches mit dem Sauerstoffgasometer. Mit einem guten Schrauben-
quetschhahn reguUert man den Sauerstoffstrora so, daß etwa 2 — 3 Blasen
(höchstens 4!) in der Sekunde den Blasenzähler passieren. Zum Zwecke
des Ausglühens bringt man den Flachbrenner zuerst auf 2 Minuten unter
den leeren Teil, dann unter den gefüllten Teil des Rohres.
Die quantitative Mikroclcnieiitaranalysc orgaiiisclier Siilistan/.oii. I;il9
Sehr wichtig für das Krg('l)iiis der Analyse ist die Teinpfratur der
Kupferrolk'. Zu deren Messung bediene ich mich zweier Sul>stan/en von
bekanntem Schmclzpunivt , die auf die einzelnen Ab.srhnitte diT HoUe mit
einem zNvischen den Lippen befeuchteten l'latindraht aufgestäubt werden.
An dem Ende der Rolle, das dem Rohrschnabel niiher liegt, soll wohl
Cholesterin (F==146<'), nicht aber C'holalsäure (F=197") schmelzen: am
anderen Ende sowie auf der daran angrenzenden Hälfte der Rolle sollen beide
schmelzen. Die Einstellung der Temperatur eiiolgt durch \'erschiebuiig der
Flamme, nötigenfalls durch Kürzung der beiden ins Flammenbereich hinein-
ragenden Drahtenden. Bei Wiedereiuhaltung derselben r.edjngungen wird
man bei demselben Rohr immer wieder dieseliten Temperatinncrhältnisse
erzielen. Sollte einmal versehentlich die Temperaturgrenze überschritten
worden sein oder das IJleisuperoxvd stark hellere NCrfärbungen zeigen, so
wechsle man es oder verdampfe zum mindesten wähn nd iU's .Vusghihens
einen Tropfen konzentrierter Salpetersäure, den man im Schiffchen in das
Verbrennungsrohr eingeführt hat.
Ist der Sauerstoff Strom in der geschilderten Weise während des
Ausglühens durch 10 Minuten durch das Rohr geschickt worden . so kann
man mit der Verbrennung beginnen.
Die Absorptionsapparate.
Für den Bau dieser war von allem Anfange an die Vermeidung
komplizierter Oberflächen, einspringender Winkel und vorspringender Kanten
geboten. AnfängUch verwendete ich solche aus gewöhnlichem Epiouvetten-
glas mit einem äußeren Durchmesser von 14;///^/ und einem, die Absorp-
tionsmittel aufnehmenden Raum in einer Länge von 14 cw. Bei diesem
immerhin großen Raum war der Einfluß der Temperatur bei der fiewichts-
bestimmung so groß, daß es stets mühsamer Wiederholungen iler Wägungen
erforderte, bis die richtige endgültige Zahl ermittelt werden konnte. Im vor-
letzten Sommer war diese große Abhängigkeit von der Temperatur wegen
der hohen Sommertemperatur in Graz nicht sehr auffällig störend. Anders
hingegen gestaltete sich die Sache während der kühlen Herbsttage in Inns-
bruck^ wo immer lange Zeit erforderlich war, um das endgültige (iewicht
der Absorptionsapparate zu ermitteln. Daher habe ich bald darauf den
Apparaten eine Form gegeben, welche sie im höchsten (Jrade unabhängig
macht von den störenden Temperatureinflüssen. Für die Ab.sorption des
Wassers sowie des Kohlendioxyds werden röhrchenförmige Apparate ver-
wendet, welche aus einer äußerst dünnwandigen. 8 mw im äuluMen Durch-
messer messenden Glasröhre angefertigt sind (sogenanntes ..Spindelglas",
weil daraus Aräometerspindeln gemacht werden).
A. Beim Chlorcalciumrolir ist der Xnim im äußeren Durch-
messer mes.sende Rohiabschnitt 7 n» lang. An beiden Enden verjüngt
er sich und geht in 4 mm im äußeren Durchmesser betragende, starke
Röhrchen fr) über. Vor dem Ansetzen des zweiten llöhrchens füllt man in
den konisch verjüngten Teil ein Bäuschchen festgestoi)fter (ilaswolle (gl).
1320
Fritz Pregl.
Fig. 281.
hierauf eine 6 cm lange Schicht feinschaumigen Chlorcalciums von Hirse-
korngröße und darauf fest angepreßt neuerlich ein Bäuschchen Glaswolle
(gl). Wenn nun das zweite Röhrchen an das noch offene Ende angesetzt
wird, so bleibt ein 1 — V/^cm langer Teil (l) des Rohrinnern leer und
dient bei der Verbrennung zur Aufnahme des sich kondensierenden
Wassers (Fig. 281).
B. Das Kalirohr (Fig. 282) besitzt in seinem mittleren Teil eine Länge
von 12 cm. Auch hier mn\ die Füllung während der Anfertigung vor der
Glasbläserlarape vorge-
nommen und zwar, nach-
dem an der einen Seite
ebenfalls ein etwa 4 mw
im äußeren Durchmesser
messendes starkes Röhr-
chen (r) in der Länge
von 4 — bcm angesetzt
worden ist. Man bringt
dann in die Verjüngung ein Bäuschchen Glaswolle (gl), hierauf eine 'dem
lange Schichte von Chlorcalcium und auf diese fest gepreßt ein Bäuschchen
Glaswolle (gl). Nun schiebt man mit einer engen Glasröhre eine Flocke
(ß) von Glaswolle bis in die Nähe des Glaswollbäuschchens , so zwar, daß
zwischen beiden ein Raum von etwa 1 cm vollkommen leer (I) bleibt. Nun
füllt man eine Strecke von 6 — Sem des Rohres mit lockerer Glaswolle,
indem man Flocke an Flocke (ß) anreiht , verjüngt es am Ende mid setzt,
Fig. 282.
i 9-1
Ca^
eu
grl w
Chlorkalziumrohr (2/3 nat. Gr.).
r Ansatzröhrchen. w Wattepfröpfchen. gl Glaswolle, gestopft.
l leerer Eaum. CaCU Chlorkalzium, schaumig, pfeffeikorngi-oß.
fl
s\
eaCi,
ß-l K7 r
Kalirohr (2/3 nat. Gr.).
»• Ansatzröhrchen. w Wattepfröpfchen. j Verjüngungen des Lumens, p? Glaswolle, gestopft.
fl Glaswollflocken. / leerer Kaum. CnC'l^ Chiorkalzium, schaumig, pfefi'erkorngroß.
so wie an dem gegenüberliegenden Ende, das 4■»^w^ im äußeren Durch-
te^-f!-
messer betragende Verbindungsröhrchen vor der Bläserlampe an.
Durch Hineinhalten des mit Glaswolle gefüllten Anteils in die Bunsen-
flamme gelingt es , die Flocken stellenweise zum Ansintern zu bringen und
ein nachträgliches Verschieben der F'locken beim Füllen mit Lauge zu ver-
hüten. Durch Verdickung der Wandstärke der beiden Verbindungsröhrchen
erzeugt man auf einer Strecke von 2 mm eine Verjüngung (j) des Lumens
bis auf einen i/oww. Zur Schonung des Chlorcalciums schmilzt man die
beiden Verbindungsröhrchen etwa 4: cm von den Ansatzstellen entfernt ab
Die quantitative Mikroclementaranalyse (ir(:anischer Substanzen. 1;'>21
und kann solche KaliröhrchiMi iinbofrronzt hin^-e vorrilti^r Imltcii. \(>r dem
Gehrauch werden die abiicschmol/cncn Kndeii mit dem (dasmesser ^^erade
ahoeschuitten und die beiden Schnitt tliichen ebenso wie bei dem Chlor-
calciumrohr zuerst auf Carhorundumpapier eben ^cschHt'lcn und auf feinstem
Schmirgelpapier glatt poliert. Ins Ansatziölirchen nelieii dem CaCl, >cbiebt
man eine Flocke Watte halb hinein, schneidet den herausragen<U'n Teil
knapp mit der Schere ab und schiebt das darin befindhche Ende bis an die
kapillare Verjüngung. Dieser kleine Wattepfiopfen ist eine Sicherung gegen
Gewichtsverluste, die durch Verstäuben von CaCl Itedingt .sein kiinnten.
Zum Zwecke der Fiülung setzt man an das mit CaClj gefidite Knde
des Kahröhrchens mittelst eines Schlauchstückes ein altes C'hlorcalciumrohr,
an dieses einen Kautschukscldauch und zieht nun öC'/oige Kalilauge .so
weit vorsichtig auf, als die locker gestopfte Glaswolle reicht, also bis zum
leeren Raum von 1 cm Länge und bläst sie nachher aus. Nach vor-
sichtiger Reinigung des gesamten Kalirohres mit einem feuchten und mit
einem trockenen Lappen und nach wiederholtem .\uswischen dei!. nas.sen
Ansatzröhrchens mit einem auf einen Draht aufgewickelten Wattebäusch-
chen verschließt man beide Enden mit den üblichen Kaufschukversciiliissen.
Dazu verwende man 15 )nm lange Stücke eines neuen, streng passenden
Schlauches, die mit Hilfe einer Feder mit Seife und Wasser gut au.sge-
putzt und nach dem Trocknen mit einem auf einem Zündholz straff auf-
gewickelten Wattebausch, der mit Glyzerin befeuchtet ist und danach mit
einem zweiten, trockenen Wattebausch ausgorieben werden. Dieselbe
Rehandlung haben auch alle später zu erwähnenden Schlauch-
verbindungen, die bei xVusführung der Verbrennung zur Be-
nutzung kommen, zu erfahren, denn die unwägbare Glyzerin-
menge, die dabei im Schlauch zurückbleibt, ermöglicht nicht
nur ein leichtes Gleiten über den Glasoberflächen und sicherere
Anschlüsse von Glas an Glas, sondern setzt vielleicht sogai- der
Diffusion von Gasen größeren Widerstand entgegen als reine
Kautschukoberflächen. Daher ist auch nach einiger Zeit, wenn
die Schläuche „schwer gehen", diese einfacln' Trozedui- zu
wiederholen.
F]in so beschicktes Kalirohr kann für zwei \"eil>i-ennungen X'erwen-
dung finden. Bei neuerlicher Beschickung mit Kalilauge hat man tlurch
mehrmaliges Ausziehen und Ausblasen a^ou Kalilauge das im Röhrchen ge-
bildete Kaliumkarbonat zu entfernen. Nach etwa 10 — lömahgem (^'brauch
des Röhrchens ist das Ca GL schon so feucht gewoiden. dal'i dadurch Fehler
bedingt werden. Um es zu trocknen, jagt man durchs Rohr einen raschen
Strom von trockenem Sauerstoff und erwärmt den zuvor mit etwas Kujifer-
drahtnetz umwickelten Teil des Bohres, welcher das Ca Gl., enthält, vor-
sichtig über einer ruiienden Gasflamme.
Auch das Ca CL-Rohr muli man nach etwa 10 — lömaligem Gebrauch
in der beschriebenen Weise entwässern. Je später man diese Begeneration
vornimmt, desto leichter kann es zum Schmelzen und Verst(H)fen des Bohr-
1322 Fritz Pregl.
chens kommen. Nach jeder solchen Regeneration des Ca CL-Kohres ist es
natürhch notwendig, die bekannte Sättigung mit CO, vorzunehmen und
dieses mit Luft zu vertreiben.
Die so gereinigten und verschlossenen Absorptionsapparate legt man
neben die Wage, am besten auf ein in jeder Papierhandlung um wenig
Geld erhältliches, meist aus Draht angefertigtes Gestelle für Federn und
Bleisteifte, wo jeder Absorptionsapparat nur auf 2 Punkten aufliegt. Dort
erfolgt in 15 — 20 Minuten der vöUige Temperaturausgleich, die wichtigste
Voraussetzung für die Bestimmung des wahren Gewichtes.
Zu diesem Zwecke faßt man den Absorptionsapparat bei dem einen
Kautschukverschluß und entfernt den zweiten, wischt das zutage getretene
Röhrchen mit dem mehrfach zusammengelegten Gazelappen ab, entfernt
hierauf die erste Verschlußkappe und reinigt mit dem zweiten Lappen
dieses Röhrchen. Dieser Vorgang hat, ohne den Absorptionsapparat mit der
bloßen Hand zu berühren, rasch und leicht zu geschehen, worauf man
diesen an einem Ende mit dem Lappen haltend auf den an die Wage
gehängten Doppelhaken aus Aluminiumdraht (Fig. 1) auflegt. Das Gewicht
des Chlorcalciumrohres kann sofort bestimmt werden ; es wiegt etwas über
3g! Für das Kalirohr hingegen, welches rund 5^ (!) wiegt, ist bei der
Wägung sowohl vor als nach der Verbrennung folgendes zu beachten:
1. Wägt man ein tadellos verschlossen gewesenes Kalirohr nach
etwa 12 Stunden weder, so wird sich nur eine Gewichtszunahme von we-
nigen Vi 00 w'/7, bei hoher Temperatur und Feuchtigkeitssättigung der Luft
vielleicht Vio ^^^9 nachweisen lassen.
2. Läßt man an der Wage ein offenes, gewogenes Kalirohr 2 bis
3 Stunden hängen, so beobachtet man bei niedriger Temperatur (16°) und
geringem Feuchtigkeitsgrad Zunahmen, welche für je 5 Minuten höchstens
001 mg betragen, während das Kalirohr bei hoher Lufttemperatur (25'')
und damit verbundener großer absoluter Feuchtigkeit bis zu 0*03 m// in je
5 Minuten zunehmen kann.
Diese Gewichtsänderung des offenen Kalirohres, die ich seinen ..Ab-
sorptionsgang" nenne, ist also im Sommer und im Winter verschieden
groß und bedingt es, daß man im Winter zwei Wägungen, die zeitlich
um 5 Minuten auseinanderhegen und um etwa O'Ol mg differieren, als
Beweis der erreichten Gewichtskonstanz ansehen muß, während an heißen
Sommertagen jenes Gewicht als das richtige genommen werden muß, von
dem ab das Kalirohr den regelmäßigen Absorptionsgang zeigt. Wie die Er-
fahrung lehrte, ist dieses Gewicht sowohl im Sommer als auch im Winter
sofort oder nach 5 Minuten an der Wage meist erreicht, wenn das Kali-
rohr, wie vorher geschildert, nach 20 Minuten währendem Liegen neben
der Wage beim Anfassen und Auflegen auf diese keine Erwärmung durch
die Finger erfahren hat.
In allerjüngster Zeit ist es mir gelungen, durch eine kleine Ab-
änderung an den beiden Absorptionsapparaten die geschilderte Erscheinung
des Absorptionsganges vollständig zu beseitigen, das heißt, die Apparate
Die quautitative Mikroelementaranalyse organischer Sultstaiizcn. 1S2H
zeigten im Vorlaufe einer halben Stunde, auf der Waj^^e offen hänf,'en(L
auch nicht die geringste Gewichtszunahme inm-rhall» der ö. DeziniaU*.
während die früher beschriebenen zu gleicher Zeit einen Absorptionsgang
von 002 my in je 5 Minuten darboten. Daher ist bei den neuen Ai.paraten
das höchste Gewicht, welches sie nach einigem N'erweilen auf der Wage
zeigen, auch das wahre Gewicht, und es cntfüllt somit bei ihnen die Not-
wendigkeit, das wahre Gewicht durch Extrapolation auf Grund der Kenntnis
des Absorptionsganges zu ermitteln. Diese neuen Absorptionsapparate
(Fig. 283) unterscheiden sich von der früheren Form dadurch, dali sie bei
sonst gleichgearteter Füllung etwas dünner sind und an den beiden Knden
eine oliveuförmige Erweiterung von zirka lö cm^ Inhalt tiagen. Jede
dieser Oliven kommuniziert durch je eine kapillare Verengerung einerseits
mit dem Innenraum, andrerseits mit dem Endröhrchen und hat den Zweck,
der diffundierenden Feuchtigkeit ein breites Strombett darzubieten, bevor
sie auf das sie bindende Absorptionsmittel gelangt. Die Füllung des Kali-
Fig. 283.
Nene Form der Absorptionsapparate (^,3 nat. Größe).
röhrchens geschieht mit Lauge, wie schon früher beschrieben, nur wird in
diesem Falle am Schluß die mit Kalilauge benetzte Olive wiederholt mit
destilliertem Wasser ausgespült. Die kleineren Dimensionen dieses Kali-
rohres bedingen es, daß vor jeder \'erbrennung eine neue Füllung mit
Kalilauge notwendig ist. Während man den früher beschrielienen .Vbsorp-
tionsapparaten etwa 60 my Kohlendioxvd zumuten dürfte, kann man bei
diesen nur auf die Absorption von etwa 40 — '^O nuj G( )o mit Sicherheit
rechnen. Ein weiterer Vorteil dieser neuen Absorptionsapparate ist daraus
zu ersehen , daß wir bei Verbrennung verläßlich reiner Substanzen oft
Unterschiede gefunden haben, die nur in der zweiten Dezimale des l'rozent-
gehaltes zum Ausdruck kommen.
Mit diesen Apparaten sind auch die unter (h) auf S. 1841» angeführten
Beleganalysen durch meinen jetzigen Assistenten Herrn />/•. N. Kd/Ixirher
gewonnen worden, nachdem er von mir in den hier beschriebenen Methoden
unterwiesen worden war. Ich bin dadurch erst zu dem Erteil gekommen,
daß sämtliche hier l)eschriebenen Bestimmungsarten von einem geschickten,
ausgebildeten Chemiker in 8 — 10 Tagen erlernt und beherrscht werden
können.
1324 ^^^*2 Pregl.
Vorbereitung der Substanz zur Analyse.
Die Wägung der Substanz und deren Verbrennung erfolgt in einem
kleinen Platinschif f eben i ) (Fig. 284). Dieses habe ich mir durch Zusammen-
biegen eines Stückes Platinblech auf einer entsprechend zugeschnittenen
Form aus Holz zusammengebogen. Die beiden Schmalwände stellen Qua-
drate von 4 mm Seite dar, die Länge des Troges beträgt 15 mm, die des
Griffes 6 mm. In der Mitte des Griffes ist ein rundes Loch von 2 mm
Durchmesser ausgestanzt. Vor jeder Verbrennung wird
'^' ' ■ das Schiffchen in verdünnter Salpetersäure ausgekocht,
I o s — -K an einem Platinhäkchen bis zum Verschwinden der Na-
\. \1 Flamme ausgeglüht und auf einen Kupferblock gestellt.
In wenigen Sekunden erreicht es auf diesem die Tempe-
^^(nTrarSr i'atur des Wagenzimmers. Nach der Verbrennung mancher
Körper erwies sich sein Gewicht auch nach dem Aus-
kochen mit Salpetersäure größer als zuvor; Ausschmelzen mit saurem
Kaliumsulfat oder Erhitzen mit Flußspat und Schwefelsäure stellten dann
stets wieder sein ursprüngliches Gewicht her. Man fasse und übertrage
das Schiffchen z. B. vom Kupferblock auf die Wage oder ins Verbrennungs-
rohr stets nur mit einer rein gewaschenen und geglühten, mit Platinspitzen
versehenen Pinzette.
Ist der zu analysierende Körper lufttrocken zu verwenden, so wird er
mit Hilfe der rein abgewischten Spitze eines Federmessers in das zuvor offen
gewogene Schiffchen in einer Menge von rund \^mg eingebracht und gewogen.
Ich habe niemals weniger als 7 mg und nie mehr als 13 mg angewendet.
Vor dem Auflegen auf die Wage faßt man das Schiffchen mit der
Unken Hand mittelst der Platinpinzette, klopft zum Zwecke der Verteilung
der Substanz am Boden des Schiffchens einige Male mit dem Zeigefinger
der Piechten auf die Linke und pinselt das Schiffchen von allen Seiten
sorgfältig mit einem feinen ^larderhaarpinsel ab.
I)ei hygroskopischen Körpern verbietet sich die Wägung im offenen
Schiffchen, und man ist daher genötigt, sowohl das leere Schiffchen, als
auch dieses samt
Fig. 285.
der Substanz m
einem Wägegläs-
chen (Fig. 285)
unterzubringen.
Um den Einfluß
der Erwärmung
infolge Anfassens
des Wägegläs-
chens beim Einführen des mit der Platinspitzenpinzette gefaßten Schiff-
chens möglichst auszuschalten, habe ich beistehende Form gewählt; die
langen und dünnen Griffe nehmen, da ihre Masse klein ist, trotz der
Wägegläschen für das Schiffchen (nat. Größe).
') Zu beziehen von der Platinsclmielze Heraeus in Hanau a. M.
I
Die quantitative Mikroelementaraiialyse organischer Substanzea.
1325
cc>
großen Wärmekapazität des Glases nur sehr wonig Wärme auf. und man
erreicht in längstens einer Minute die gewünschte (iewichtskonstau/.
Es soll ausdrücklich hervorgehoben werden . dall das Wägegläscht-n
weder im Kxsikkator noch hei höherer Temperatur getrocknet werden
darf; mau hebe es stets unter einer (Hocke im Wagezimmer aui, damit
seine Oberfläche seine konstante Sättigung mit Wasser beibehält.
Ist es notwendig, den Körper zu trocknen, so wird man ihn samt
Schiffchen entweder in den Kxsikkator auf ein Uhrglas stellen oder, wenn
höhere Temperaturen er-
forderlich sind, sich am fsr. 28«.
besten des kleinen Apparat-
chens (Kig. 286) bedienen,
das durch die nebenste-
hende Zeichnung darge-
stellt wird. Durch Wahl des
in das 50 cm* fassende
Erlenmeyerkölbchen (E)
eingefüllten Lösungsmittels
(Alkohol, Wasser, Kisessig.
Xylol etc.) bestimmt man
die Temperatur, bei welcher
getrocknet werden soll. Die
im gewogenen Schiffchen
abgewogene Substanz
schiebt man in die kleine
Eprouvette bis an deren
Ende, indem man das
Schiffchen (s) zum Schutz
vor Beschmutzung auf ein
kleines Stück Messingblech
stellt und dieses vorschiebt.
Nahe der Öffnung dieses
Röhrchens stellt man, eben-
falls auf einem IJlechstück-
chen, ein etwa doppelt so großes Platinschiffchen (S), das mit dem entspre-
chenden Trockenmittel gefüllt ist. Meist lege ich lange Asbestfasern hinein
und befeuchte sie mit 5 — 8 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure. Durch
ein unter dem herausragenden Teil der Kprouvette angebrachtes Stück
Asbestpappe schützt man das Trockenmittel vor Erwärmung. Die Mün-
dung des Röhrchens wird mit einem mit Glashahn (H) versehenen (Jummi-
stopfen {"G) verschlossen und mit der Wasserstrahlpumpe evakuiert. Dieses
Auspumpen ist zu wiederholen, sobald die Flüssigkeit im Kölbchen ins
Sieden geraten und der Rückflußkühler (B) in lebhafte Tätigkeit gekom-
men ist. In der Regel genügt ö — 10 Minuten währende Trocknung, um
bei zirka 10 tng Substanz Gewichtskonstanz zu erreichen.
Apparat zum Trockueu im Vakunra bt-i konstant hoher
Temperatur.
E Krlenmpyerkölbchen mit SiedettUssiRkeit und 3 Sii'depfrlen
aus Torzfllan. Fi Kückflullkiihler. }J Glaehiibn. '/ (iummi-
stopt'en (die übrigen sind Korke). » Schiffchen mit der ge-
wogenen Substanz. S groUes Schiffchen mit Ahsorptionsmittel.
1326 Fritz Pregl. .
Die Ausführung einer Verbrennung (Fig. 287).
Während des Ausglühens des Verbrennungsrohres benutzt man die
Zeit zur Wägung der Substanz und der beiden Absorptionsapparate. Die
Übertragung der verschlossenen Apparate zur Stelle, ^Yo verbrannt wird,
erfolgt auf dem schon er^Yähnten Drahtgestelle; die der Substanz im Schiff-
chen auf dem Kupfer])lock (K) im Handexsikkator. Nun fügt man das mit
dem Wattepfröpfchen versehene Röhrchen des Chlorcalciumrohres (ch) mit
dem leeren Ansatzröhrchen des Kalirohres (k) mit Hilfe eines 15 mm
langen Stückes dickwandigen, nahtlosen Kautschukschlauches so an-
einander, daß beide Absorptionsapparate infolge der Längsdehnung des
Schlauchstückes über den Glasteilen aneinandergepreßt werden und ein
starres Ganzes bilden. Hierauf schiebt man über das freie Ansatzröhrchen
des Chlorcalciumrohres zur Hälfte ein nur 12 mm langes Schlauchstück,
legt das Ende des Kalirohres auf ein entsprechend hoch gestelltes Stativ-
chen (st) und setzt nun bei festgehaltenem Verbrennungsrohr die Absorp-
tionsapparate an dieses wieder derart an, daß dabei das Schlauchstück die
erforderliche Längsdehnung erfährt. Dann schUeßt man den Quetschhahn
der Sauerstoffzuleitung vollständig.
Das offene Ende des Kalirohrs wird genau in die gleiche Höhe
gebracht, welche die Mündung des rechtwinklig umgebogenen oberen Röhr-
chens des Quecksilbergasometers (G) besitzt, über das man zuvor schon
einen Kautschukschlauch geschoben hat. Nun öffnet man durch Ent-
fernung des Thermometerröhrchens mit dem Kautschukring das hintere
Ende des Verbrennungsrohres und bringt das Schiffchen mit der Substanz
mit Hilfe der Pinzette ins Rohr, schiebt es mit einem Glasstabe (g) nur
so weit vor, daß die Substanz dort weder schmilzt noch sonst eine Ver-
änderung erfahren kann, faßt mit der Pinzette den früher beschriebenen
Diffusionsstöpsel, glüht ihn in allen seinen Teilen in der rauschenden
Bunsenflamme kurz aus und führt ihn so bis an das Schiffchen heran, daß
die Platincjuaste es umfaßt. Hierauf verschließt man wieder sofort das Ver-
brennungsrohr und indem man das Endröhrchen des Kalirohres mit zwei
Fingern der linken Hand, die sich dabei auf den Gasometer stützt, faßt und
mit der rechten Hand das über dem rechtwinkebg umgebogenen Röhrchen des
Gasometers befindliche Schlauchstück in schraubenförmigen Touren zur Hälfte
darüberschiebt, bewirkt man die Verbindung des Kalirohres (k) mit dem Iimen-
raum des Gasometers. Hierauf nimmt man die unerläßliche Prüfung auf
Dichtigkeit des ganzen Systemes vor. Zu diesem Zweck öffnet man zuerst
den oberen Hahn des Gasometers vollkommen und hierauf den unteren so weit,
daß eine Niveaudifferenz von zirka 5 ci)i entsteht, worauf man den unteren
Hahn wieder schließt. Diese Druckdifferenz muß nun mindestens eine Minute
lang vollkommen ungeändert bestehen bleiben, widrigenfalls die Llndichtig-
keit behoben werden muß. In der Regel ist es das kurze Schlauchstück
zwischen Schnabel und CaClg-Rohr, seltener der hintere Verschluß des
Verbrennungsrohres; oft können diese Mängel lediglich durch neuerliches
Die quantitative iMikiuclcmentaraualyse organischer Substanzen.
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Auswischen der Schliuiche mit Glyzerin vollkonuncn lieliohen werden. Nun
kann man mit der \'erbrennunj^ beginnen, und zwar in dej- Weise, dall
1328 Fritz Pregl.
man die zweite, eben nicht leuchtende Bunsenflamme (Bh) unter den
Diffusionsstöpsel bringt. Infolge der Ausdehnung der Gase im Innern des
Rohres durch die Erwärmung verringert sich die früher beobachtete Niveau-
differenz sehr rasch. Nun läßt man vorsichtig Quecksilber aus dem Gaso-
meter austropfen und gestattet dem Sauerstoff wieder Zutritt in einer
Geschwindigkeit von 2 Blasen in der Sekunde. Das Austropfen des Queck-
silbers wird nun derart geregelt, daß bei der genannten Geschwindigkeit
des Sauerstoffstromes dauernd im Innern des ganzen Systemes ein ver-
minderter Druck bestehen bleibt, dessen Größe durch eine Niveaudifferenz
von 1 — 2 cm Quecksilber angezeigt wird. Bei flüchtigen Substanzen
wird es nicht notwendig sein, die Flamme von dieser Stelle wegzubewe-
gen; Naphtalin z. B. kann von dieser Stelle aus vöUig zur Verbren-
nung gebracht werden, ja, würde man sich dem Schiffchen nähern, so hätte
man sicher darauf zu rechnen, daß es nicht nur zu einer Explosion, son-
dern sicherlich auch zum Hineindestillieren unverbrannten Naphtalins in
die Absorptionsapparate käme, v.ie ich mich durch Erfahrung überzeugen
konnte. Sind die ersten Anzeichen einer Veränderung der zu verbrennen-
den Substanz im Schiffchen für das Auge deuthch sichtbar eingetreten,
wie z. B. Schmelzen, SubUmation oder Bräunung, oder hat die trockene De-
stillation begonnen, so wird auch sofort für das Auffangen der das Kalirohr
verlassenden Gase in der Weise gesorgt, daß durch Handhabung des
unteren Hahnes dauernd im Innern des Quecksilbergasometers der Druck
um mindestens 1 — 2cm niedriger ist als der Barometerstand, was sich
an der Niveaudifferenz zwischen dem Quecksilber im Gasometer und
dem sich daran befindlichen Steigrohr kundgibt. Die Aufrechterhaltung
dieser Druckdifferenz gewährleistet Sicherung gegen Undichtigkeiten sämt-
hcher Kautschukverbindungen und behebt die Mängel , welche ihre Ur-
sache in zu dichten und zu starken Füllungen der Verbrennungsröhre
sowie der Absorptionsapparate haben könnten. Je nach Bedürfnis wird
man nun entweder die Bunsenflamme vorzuschieben genötigt sein und stets
sein Augenmerk auf die Niveaudifferenz im Quecksilbergasometer haben.
So bald Kohlendioxyd in größeren Giengen zur Absorption kommt, ver-
größert sich die besagte Niveaudifferenz oft um mehrere Zentimeter.
Durch Zurückführen des beweglichen Brenners und Schheßen des unteren
Gasometerhahnes verhindert man auch bei reichlicher Kohlendioxydabsorp-
tion, das heißt nach zu rascher Verbrennung eine allzu große Niveau-
diflerenz und die dadurch bedingte schädliche Geschwindigkeit des Gas-
stromes.
Durch Übung wird man es lernen, und dies ist unbedingt anzu-
strei)en, die Verbrennung der Substanz in solchen Schranken zu halten,
daß die Niveaudifferenz keine größeren Schwankungen zeigt, d. h. daß in
gleichen Zeiten ungefähr gleichviel Sauerstoff verbraucht und Kohlendioxyd
absorbiert wird. Auf jeden Fall ist aber ein Steigen des Druckes
im Gasometer über den atmosphärischen zu vermeiden, denn
dies würde unbedingt Kohlensäureverluste nach sich ziehen.
Die quantitative Mikroelemcntaranalysc oi-fraiiischcr Siibstaii/on. 1321*
Schon jetzt wendet man sein Au^rcnmcrk doni Aiisatznihn'hen des
Chlorcalcinmrohrcs (eh) zu, uiu zu sehen, oli dort der erste Anfhij? von
kondensiertem Wasser ert'ol-t ist. \on diesem Moment an hU zur end-
lieiien Abnahme der Ahsorptionsajjpaiate nach zu VamW ^'^et'üliiter Verbren-
nung- bedient man sich nun eines kleinen Hilfsmittels, dem ich. wie ich
ruhig sagen kann, die Bestimmbarkeit i\v>^ Was.serstoffes überhaupt ver-
danke. Es besteht aus einem 8 mm breiten Eisendralitnetzstreifen, welcher
einmal der Länge nach zusammengelegt und überdies noch reiterfönnig
umgebogen ist. Durch Hineiidialten dieses P^isenreiters in die eine Flamme
und Aufsetzen des erhitzten lleiters auf das Ansatzi-ölinlien des Chlor-
calcinmrohres, oime an den Schlauch anzukommen, vermeidet man das
/unickhleiben von kondensiertem Wasser. Nanu'ntlicii l)ei der letzten noch
zu beschreibenden Durchleitung von Luft durch das Köhren.system ist das
Aufsetzen des heißen Reiters mindestens 3 — ömal zu wiederholen. Ist mau
durch ^'orrücken des beweglichen Brenners endlich unter das Schiffchen
und noch über dieses hinaus bis in die Nähe der Füllung gekommen und
sind dabei sämtliche kohhge Anteile der zu verbrennenden Substanz im
Sauerstoffstrom verbrannt, so hat man, je nach dem Kohlenstoffgehalt
und der Natur des verbrannten Körpers, ö— 8 höchstens. Ki Minuten
gebraucht. Nun schließt man zuerst den unteren (iasometerhalin. dann,
wenn sich die Niveaudifferenz bis auf etwa 1 cm ausgeglichen hat.
nimmt man den Schlauch für die Sauerstoffzuleitung vom lllasenzähler
(IJ) ab und schließt endlich den oberen Quecksilberga.someterhahn. Nun
trennt man die Verbindung zwischen Kaliröhrchen und Gasometer sowie
jene zwischen dem Trockenapparat mit Blasenzähler (V) und dem Ther-
mometerröhrchen. Durch Umstellen wird imn der Quecksilbergasometer
mit demselben Handgriff, wie wir ihn schon früher für das Kalirohr l)e-
schrieben haben, an das Thermometerröhrchen angeschlossen, wobei wieder
durch Festhalten desselben eine Verdrehung oder Verschiebung des Verbren-
nungsrohres und der daran angeschlossenen Absorptionsapparate sorarfältig
vermieden wird. Nun Avird der kapillare Trichter auf das Steigrohr des
Quecksilbergasometers aufgesetzt, dessen oberer Hahn geöffnet und durch
portionsweises Hineingießen des abgelaufenen Quecksilbers der (iasinhalt des
Quecksili)ergasometers durch das vorhandene llöhrensvstem restlos durch-
gedrückt, wozu die Zeit von '^ bis höchstens s Minuten erforderlich i•^t.
Nun stellt man neuerdings den Quecksilbergasometer an das Kalirohr und
verbindet ihn mit letzterem, während das Thermometerröhrchen neuerlich
mit dem Trockenapparat und Blasenzähler verbunden wird. Durch völliges
Offnen des oberen und teilweises Offnen des unteren (iasometerhahnes
wird trockene und kohlensäurefreie Luft durch das ganze System ge-
saugt, wobei man die (Geschwindigkeit dieses Luftstromes durch Hand-
habung des unteren Gasometerhahnes so reguliert, daß durch den Blasen-
zähler 2 — 3 Luftblasen in der Sekunde durchstreichen. Wenn etwas
mehr als die Hälfte des im Mikrogasonu'ter enthaltenen (^)uecksilbers in
(lieser Weise ausueflossen ist, wozu ebenfalls eine Zeit von .'> Minuten voll-
Abdtrhalden , Handluich der biochemischen Arbcitsroothodon. V. 84
1330 F"tz Pregl.
kommen hinreicht, so kann man sicher sein, daß aller Sauerstoff aus den
Absorptionsapparaten entfernt ist. Sie können dann abgenommen und mit
den Kautschukverschliissen versehen zur Wage gebracht werden. Mitunter
kommt es vor, daß infolge zu hoher Erhitzung des Kautschuks etwas da-
von am Ansatzröhrchen des Chlorcalciumrohres haften bleibt. Durch feuchtes
Abwischen ist diese Verunreinigung leicht zu entfernen, solange die Stelle
noch warm ist. An der Wage werden die Apparate auf einer Glasplatte
in frisch befeuchtete Flanellstücke eingerollt und 3 Minuten darin liegen
gelassen, wobei man dafür Sorge trägt, daß die Kautschukverschlüsse mit
feuchtem Flanell nicht in Berührung kommen.
Nach dieser Zeit werden beide trocken abgewischt und auf das Draht-
gestelle neben der Wage gebracht, wo wenigstens das Kalirohr 15 bis
20 Minuten liegen bleibt, während das Chlorcalciumrohr bald nach dem
Abwischen gewogen werden kann. Für die Wägung des Kalirohres beachte
man das auf S. 1322 Gesagte. Es wird übrigens von der Umsicht und Übung
des Experimentators abhängen, für jede Jahreszeit die einfachsten und
günstigsten Bedingungen rasch ausfindig zu machen und anzuwenden, um
das gesuchte Gewicht des Kalirohres und damit den richtigen Kohlenstoff-
wert in kürzester Zeit zu gewinnen. Der sicherste, wenn auch nicht der
kürzeste Weg wird aber immer der sein, das tadellos verschlossene Kali-
rohr entsprechend lang bei der Wage liegen zu lassen und, ohne es zu
erwärmen, auf die Wage zu legen und einige Minuten später zu wägen.
Nach dem geschilderten Verfahren braucht man zur Verbrennung von
zirka 10 mg Substanz 8 — 10, höchstens 15 Minuten, und wenn wir je nach
der zugeleiteten Sauerstoff menge für die zweite Verbrennung und die dar-
auf folgende Durchleitung von Luft 10 — 15 Minuten veranschlagen, so be-
nötigt man vom Hinstellen des Brenners unter den Diffusionsstöpsel bis
zur Abnahme der Absorptionsapparate 20, höchstens 25 Minuten, so daß
wir im ganzen von Beginn an bis zur schließlichen Berechnung der Ana-
lyse 50 Minuten zu veranschlagen hätten. Wenn wir bedenken, daß davon
rund 20 Minuten auf den Temperaturausgleich der Absorptionsapparate
entfallen, so ist es leicht einzusehen, daß man bei Verwendung einer ein-
zigen Verbrennungsstelle und zweier Paare von Absorptionsapparaten eine
erkleckliche Anzahl von Analysen in einigen Stunden zu bewältigen im-
stande ist.
Aus den Erfahrungen, die bei vielen Hunderten solcher C-H-Bestim-
mungen gemacht wurden, ließen sich nachstehende Gesetzmäßigkeiten ab-
leiten :
a) Der Einfluß der Substanzmenge auf den Erfolg der Analyse ist
unmerkhch, d. h. es ist ziemlich gleichgültig, ob wir 7, 10 oder Vi^mg ver-
wenden; wohl aber hängt dieser Erfolg von dem Zusammentreffen einer
größeren Anzahl von Bedingungen ab, die alle gleichzeitig erfüllt sein müssen,
wenn die Analyse stimmen soll.
h) Trifft eine einzige dieser erforderlichen Bedingungen nicht zu, so
muß sich dieses sofort in einem fehlerhaften Piesultat kundgeben ; man fin-
Die quantitative Mikroelemeiitaranalyse organischer Substanzen. l'.y^l
<]et daher, wenn man von AVä^^ungsfehlern, W-rlnstcn oder nachträglichen
Nerunreinigungen der gewogenen Substanz absieht:
Zu wen ig Wasserstoff:
1. wenn nicht alles Wasser mit dem erhitzten Heiter in das Innere
des Chlorcalciumrohres hineindestillicrt worden ist;
2. wenn die Kautschiikverbindung mit dem Schnabel des Verbren-
nungsrohres rissig geworden ist; es zieht sich dann durch die Kapillarrisse
wohl Wasser nach aulU'U, ohne daß gleichzeitig Kohlcnsäiircvcrliiste infolge
des verminderten Druckes im Innern auftreten.
Zuviel Wasserstoff:
1. nach unzureichendem Glühen des Rohres;
2. wenn das Chlorcalcium im Kalirohr nicht mehr volle Absorption.s-
fähigkeit besitzt; man erhält dann, infolge Wasservcrlustes des Kalinduvs,
weil das Wasser bei der zweiten Verbrennung dem Chlorcalciumrohr zu-
geführt wird, neben zu niedrigem Kohlenstoffwerte einen höheren Wasser-
stoff wert;
3. bei nicht genügend festgestopften Glaswollpfropfen vor dem Schnabel
der Verbrennungsröhre kann Bleisuperoxyd in das Iköhrchen gelangen;
4. infolge unreiner Verbindungsschläuche oder Kautschukverschlüsse;
5. infolge mangelhafter Wasserabsorption im T-Kohr mit r.lasen-
zähler.
Zu wenig Kohlenstoff:
1. durch Verunreinigung des Kalirohrs vor der Verbrennung, nament-
lich durch feinste Quecksilbertröpfchen.;
2. durch Unbrauchbarwerden des Chlorcalciums im Kalirohr, wodurch
gleichzeitig der Wasserstoffwert erhöht wird:
3. infolge zu hohen Krhitzens des Uleisuperoxyds bei der voraus-
gehenden Verbrennung und liindung von Kohlensäure durch das entstan-
dene Bleioxyd;
4. infolge mangelhafter Aneinanderfügung der ApjKirate, so daÜ freie
Kautschukoberflächen dem Gasstrom dargeboten werden.
Zuviel Kohlenstoff:
1. wenn das Kalirohr unterkühlt auf die Wage gelangt — ein äulierst
seltener Fall, der aber vorgekommen ist:
2. eine zur vollständigen Absorption saurer Oxyde de> Stickstoffs nicht
hinreichende Temperatur des Bleisupero.xyds:
8. wenn das Kalirohr nach der Verbrennung in verunreinigtem Zu-
iitand, z. B. durch feinste Quecksill)ertröpfchen, gewogen wird.
84*
-lP/^2 Fritz Pregl.
c) So erklärt sich die beobachtete Tatsache, daß, wenn man alles
auf das soi'gfältigste zusammengestellt hat und bei der Ausführung der.
Analyse richtig vorgeht, ganze Serien von hintereinander ausgeführten Ver-
brennungen vorzügliche Resultate liefern, d. h. noch kleinere Abweichungen
als 0*2 Vo zeigten, während ein andermal reihenweise Mißerfolge zu ver-
zeichnen waren, bis der ursächhche Fehler aufgefunden und behoben wurde.
Bei der alten Methode war es ja auch nicht anders.
Daraus ergibt sich aber die unter allen Umständen zu beobachtende
Regel, daß man vor Beginn einer jeden Serie von Verbrennungen mit der
Analyse einer absolut reinen Substanz zu beginnen hat, um zu prüfen, ob
sämtliche erforderhchen Bedingungen getroffen und ob der schädliche Ein-
fluß der wichtigsten Quelle von Versuchsfehlern, das ist der Experimen-
tator selbst, durch entsprechende Übung und Umsicht auf das notwendige
Minimum herabgedrückt ist. Zu diesem Zwecke verwende ich je nach der
Substanz, die verbrannt werden soll, entweder Naphtalin (bei nur C, H und
0 enthaltenden) oder Leuzin (bei N-, S- und halogenhaltigen) und pflege
die Reihe der durchgeführten \'erbrennungen unbekannter Körper wieder
mit einer Probeanalyse zu beschließen. Diese ..Blockierung" erteilt den ge-
fundeneu Zahlen vollste Verläßlichkeit.
Daher ist auch dem Anfänger, der sich dieses Verfahren zu eigen
machen will, zu raten, sich zuerst mit der Wage, der Wägung der Sub-
stanz und der Absorptionsapparate und der Bestimmung des Absorptions-
ganges des Kalirohres gründlich vertraut zu machen und schließlich, ohne
vor den anfängUchen Schwierigkeiten zurückzuschrecken, ein und dieselbe
Substanz, Naphtalin oder Leuzin, so lange zu verbrennen, bis nicht etwa
nur eine, sondern eine Reihe von mindestens vier oder fünf aufeinander-
folgenden Analysen innerhalb der erlaubten Fehlergrenzen stimmen. Der
Aufwand an Sorgfalt, Geduld, Ausdauer und Umsicht, der dabei notwendig
war, wird reichlich durch die späteren Erfolge an anderen reinen Sub-
stanzen entschädigt.
2. Die mikrogasometrische Stickstoff bestimmung (Mikro-Dumas).
Den ersten Versuchen in dieser Richtung lag das ursprüngUche
Dumas^che Prinzip zugrunde, wobei in einer einerseits geschlossenen \'er-
brennungsröhre durch Erhitzen von Magnesit Kohlendioxyd erzeugt wird.
Ohne das Verfahren näher beschreiben zu wollen, sei hier bemerkt, daß
mit demselben bei einer überaus großen Anzahl von Körpern höchst be-
friedigende Resultate erreicht wurden. Nur beim Glycyl-alanin ergab diese
Methode um zirka l*5Vo zu niedrige Stickstoff werte. Die sorgfältigen
Bemühungen, die Ursache dieses Defizits zu ermitteln, ergal)en, daß bei
fortwährender Entwicklung von Kohlendioxyd durch dauerndes Erhitzen
des Magnesits mit einem in diesem besonderen Falle notwendigen dritten
Brenner erst die richtigen Zahlen erhalten werden konnten. Da aber die
Anwendung eines dritten Brenners nicht meinen Voraussetzungen für die
Die quantitative Mikroelenientaranalyso ortraiiischor Substanzen. 13;iJ
.iö
Ausbildun^^ einer einfachen Methode entsprach, entschloß ich midi, statt
dieser Kohlondioxyd(|nello einen Kippsvhvw A])parat zn verwenden, mit dem
es möglich war, von allen bisher imtersnchten Snhstanzcn richtige Sfick-
stoffwerte zu ermitteln.
Der Kippsche Apparat zur Entwicklung des Kohlendioxyds.
Diesem ist sowohl hei der Füllung wie später hei der Hcnützung
eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken, denn von ihm hängt haupt-
sächlich das GeUngen der Analyse ab. Im Laufe d-v /eit haben sich fol-
gende Gesichtspunkte als wichtig herausgestellt :
1. Fülle man die Mittelkugel des Apparates ganz voll mit klein ge-
schlagenen Marmorstücken, die vorher sorgfältig unter der Wasserleitung
gewaschen und zum Zwecke ihrer Reinigung mit etwas Salzsäure angeätzt
worden sind. Man begnüge sich nicht, die Kugel des Apparates etwa nur
halbvoll mit Marmorstücken anzufüllen, denn je wenigei* man davon hinein-
bringt, desto größer ist der übrig bleibende Luftraum und um so gröber
die zu befürchtende Fehlen |uelle.
2. Darauf fülle man den Apparat mit einem Gemisch von gleichen
Teilen reiner (nicht roher) rauchender Salzsäure und Leitungswasser .so
■weit, daß die unterste Kugel davon ganz, und die oberste etwa bis zu einem
Drittel oder bis zur Hälfte erfüllt wird. Läßt man iiiiii die Säure in der
Mittelkugel nach Öffnen des Hahnes steigen und setzt dadurch die Entwick-
lung des Kohlendioxyds in Gang, so wird man finden, daß bei noch so oft-
maligem Lüften des Apparates stets meßbare Mengen von durch Kalilauge
nicht absorbierbaren Gasen im Apparat enthalten sind. Diese anhaftenden
Anteile von Luft sind nicht etwa im Marmor zu suchen, sondern in der
verdünnten Salzsäure, welche die Bestandteile der Luft gelöst enthält. Da-
her muß man die Salzsäure sorgfältig nach Zusammenstellung des .\ppa-
rates dadurch entlüften, daß man von der oberen Kugel aus ein hasel-
nußgroßes Marmorstück hineinfallen läßt, welches dalx'i reichlich Kohlen-
dioxyd entwickelt und dadurch die letzten Anteile von Luft aus der Salz-
säure entfernt. Wenn man später durch wiederholtes, ö- lOmaliges (")ffnen
und Schließen des Hahnes die Kohlensäureentwicklung stürmisch vor sich
gehen läßt, so hat der Apparat jene Eigenschaften erhalten, welche für
das Gelingen der Analyse erforderlich sind. Läßt man nämlich aus eim-m
so vorbereiteten Apparat in das mit öC/oigi'r Kalilauge gefüllte Mi-
kroazotometer Blase für Blase eintreten, so verschwinden dii'Se in der Lauge
bis auf einen eben kaum noch sichtbaren Rest: wenn man ihren Durch-
messer schätzungsweise auf '/jo tum veranschlagt, so ergibt eine einfache
Rechnung, daß viele Tausende solcher Blasen erforderlich sind, um das
Volumen von 001 cm^ — H) inm\ also die letzte am Mikmazotomeler über-
haupt ablesbare (iröße zu geben.
Größere Schwierigkeiten und Mißerfolge bereitete die Zuleitung dieses
Gases zu dem \'erbrennungsrohr. Anfänglich verwendete ich dazu t'inen
1334
Fritz Pregl.
Kautschukschlauch, der mit einem Quetschhahn zum Zwecke der feineren
Reguherung versehen war. Es stellte sich dabei heraus, daß, wenn dieser
Schlauch tagelang unter Kohlensäuredruck gestanden hat, man damit ganz
richtige Werte bei der Stickstoffbestimmung zu erhalten vermochte, wäh-
rend neue SchLäuche im Anfang ihres Gebrauches unerwartet große Gas-
mengen abgaben und daher ständig ein Zuviel an Stickstoff bei den Ana-
lysen ergaben. Aus diesem Grunde verwende ich den Kautschuk dazu, um
die fest aneinander gebrachten Glasteile luftdicht zu verbinden. Zwischen
dem Hahn (H) des /vi/j^:)schen Apparates und dem Verbrennungsrohr verwende
ich ein gläsernes Verbindungsstück (Fig. 288), welches einerseits aus dem
Glasrohr (a) besteht von der gleichen Dimension wie der Hahn des Äl/^joschen
Apparates und andrerseits aus einem entsprechend bajonettförmig geboge-
nen Glasrohr (h) von dem Durchmesser des hinteren Endes der Verbren-
nungsröhre (V). Der zwischen beiden befindhche Anteil (B) ist birnförmig
Fig. 28
Verbindung zwischen ÄYppschem Apparat und dem Verbrennungsrohr.
H Hahn des 7i7^)^schen Apparates, a Ansatzstück gleiclier Dimension. B birnförmige Erweiterung,
gefüllt mit Glaswolle und Natritimbikarbonat. b Bajonettröhrchen. K Kapillares Ende des Ver-
brennungsrohres. OS Seidenasbest gestopft, o oxydierte Kupferspirale.
aufgeblasen, wie aus der Abbildung ersichtlich ist, und hernach mit Glas-
wolle gefüllt. Auf diese Glaswolle wird von dem weiteren Röhrenende aus
eine Suspension von Natriumbikarbonat abfiltriert und die letzten flüssi-
gen Anteile durch scharfes Ansaugen mit der Pumpe entfernt. Man erhält
dadurch im birnförmigen Zwischenstück einen feuchten Niederschlag von
Natriumkarbonat auf der Glaswolle, welcher das Hinüberdringen von Salz-
säurenebeln aus dem Zi^^:>schen Apparat verhindert. Dieses Glasstück wird
nun an den Glashahn des Z^^j9/9schen Apparates mit einem entsprechend
dimensionierten stärkeren, zuvor innen mit Glyzerin befeuchteten Kaut-
schukschlauch angesteckt, so daß Glas an Glas in unmittelbarer Berührung
sich befinden und zweckraäßigerweise mit mehreren Lagen eines stärkeren
Papierstreifens umwickelt und fest gebunden. Durch diese Maßnahme sichert
man die horizontale Richtung des bajonettförmigen Endes und durch Drehen
dieses Stückes gegenüber dem Hahn kann man diesem Ende eine ver-
Die quantitative Mikroelcmentaranaiyse orgauischer Substanzen. 1335
schiodone Höhe oberhalb der Tischplatte erti'ileii. was bei den oft im Lauf»'
der Zeit sich krümmenden Verbrennun<rsrühren sehr erwünscht ist.
Die fünfzigprozentige Kalilauge.
Für das Gelini^en einer gasomotrischen AbK-simg über öOr'oigor Kah-
lauge ist es unbedingtes Erfordernis, daü das Niveau ders«'Iben ab.«<olut
schaumfrei ist. Auch aus den besten Handelssorten bereitete Laugen ent-
sprechen dieser Anforderung nicht. Endlich isf es mir geinntren. •in \'er-
fahren zu finden, nach Avolchem eine öU Voigt' Kalilauge mit ch-n erforder-
hchen Eigenschaften gewonnen werden kann :
200^ Kaliumhydroxvd in .Stangen (von Merck) werden in IWmt^
Wasser zur Lösung gebracht und hierauf 2cw» einer heißen konzentrierten
Baryumhydroxvdlösung zugesetzt. Nach dem Umschütteln his.se man '/^ Stunde
stehen, um die Hauptmenge des ausgeschiedenen IJaryumkarbonats sieh
absetzen zu lassen und filtriert hierauf durch einen Trichter, in dessen
Schaft man ein Bäuschchen Seidenasbest gebracht hat, indem man die zu-
erst abgelaufenen Portionen so lange wieder aufgiellt , bis man ein voll-
kommen wasserklares Filtrat erhält. Die so erhaltene Kalilauge wird in mit
Gummistopfen verschlossenen Flaschen aufbewahrt.
Das Mikroazotometer (Fig. 289).
Seine Konstruktion geht ohne weiters aus der Aitbildinit: hervor. Der
mit Teilung versehene Anteil, der sich unter dem Hahn itefindef. besitzt
eine Länge von 10 — Hein und ist vom angeschlossenen Hahn angefantren
mit Quecksilber aufs genaueste von halbem zu halbem bis zu 'Jönn^ kali-
briert. Die Unterabteilungen sind auf der Teilmaschine hergestellt und je
ein Teilstrich wertet ^20^^^^ = O'Oöcw^ d^ es für den Geübten leicht
ist, Zehntel zu schätzen, so ist es hier selbst für den Ungeübten mit
der größten Sicherheit möglich, durch Schätzung noch (»Olrms <renau
abzulesen.
Es sei an dieser Stelle bemerkt, daß es sich schon l»ei den anfäng-
lichen Versuchen herausgestellt hat, daß sämtliche Stickstoffbestinunungen
bei den verschiedensten Substanzen und den verschiedi'iisten Mengen der-
selben um 1/10 des gesamten Betrages zu hoch waren. Die Erkliirung er-
gab sich zum Teil aus dem Umstände, daß die öO^/oig»' Kalilauge als
viskose Flüssigkeit die innere Oberfläche der kalibrierten Röhre mit einer
Schichte von gewisser Dicke benetzt, zum anderen Teil aus gewissen unver-
meidlichen Einflüssen, auf welche hier nicht näher eingeganu^en werden
soll, als dali sie bei sonst gleichen l'.edingnniren . insbesondere gleichem
Tempo der X-pjitwicklung, der N-Menge. bei allen untersuchten Substanzen
und den verschiedensten Mengen dersell)en streng proportional sind. N-freie
Körper entbinden unter denselben Bedingungen ein (Jasvolumen . welches
mit dem Mikroazotometer nicht mehr gemessen werden kann.
1836
Flitz Pregl.
Fig. 2S0.
3!
5
Um daher das wahre N-Vo-
lumen aus dem abgelesenen zu finden,
subtrahiert man davon den 10. Teil,
z. B :
abgelesen . . .
der zehnte Teil .
wahres N-Volumen
0-76 cm3
0-076 ,.
0-684 fm3
und entsprechend der mathematischen
Gepflogenheit bei Zahlenangaben nur
die letzte Stelle unsicher zu lassen,
wird das wahre X-Yolumen mit drei
Dezimalen angegeben und in Rechnung
gesetzt.
Die besprochene Korrektur, wel-
che auch durch die Adhäsion der
50%igen Kalilause an der Glasober-
Mn- Mikroazometer. B Kalibirne.
fläche begründet ist, ist demnach bei dem Apparat eine Funktion der
Mantelfläche jenes Zylinders, den das Gas in der Röhre einnimmt. Man
sollte demnach meinen, daß bei Apparaten mit etwas anderem Kaliber auch
Die quantitative Mikroelemeiitaraualysc organischer Sulistauzen. iJiviT
diese Korrektur eine andere sein müsse. Die nKitheinatiscIie Ik'ri'cliniiny
hat aber erj^ehen, dali die Mantelflächen zweier /vlinder mit je 1 rmi
Inhalt und einer Liin«ie von eininal ;'>7 umi und d;is andere Mal von 4;) mtu
nahezu die lileiche Korrektui' hedinticn. ' ) Ich halte auch ( ielcLM-idieit '^v-
habt, mehrere Mikroazotoiueter verschiedenen Kalibers auf das genaueste,
durch Ausführuni«' einer größeren Anzahl von Leuzinanalysen zu prüfen,
und konnte überall bestätigt finden, daß die Subtraktion des 10. Teils
vom ab<^elesencn Volumen das wahre N-\olumen ergeben hat.
Für den (iebrauch richte man sich das vollkommen rein gewaschene
und mit Chromsäure-Schwefelsäuregemisch sorgfältig gereinigte, mit Was.-^er
und Alkohol ausgespülte und an der Pumpe getrocknete Mikroazotometer
folgendermaßen her: An die horizontalgerichtete, etwas hillier gelegene
kurze Tubulatur wird ein langer, gut ausgewaschener und nachher durch
Ausschwenken getrockneter langer Kautschukschlauch angesteckt, an des.sen
freiem P^nde die Glasbirne für die Kalilauge befestigt wird. Diese besitzt
außer einer seitlichen Tubulatur noch zwei Auftreibungen, wodurch sie
jederzeit auf den Tisch gelegt werden kann, ohne zu rollen. I)er Hahn des
Mikroazotometers wird mit einer Spur \aselin gefettet. Sogenanntes l'umpeii-
fett ist unbrauchbar, denn es erteilt nach kurzer Verwendung der Kali-
lauge wieder die Fähigkeit, Schaum zu bilden. Nun füllt man von der iJirne
aus so viel Quecksilber ein und lasse es durch zweckentspi-echendes Heben
in das Mikroazotometer hineingleiten, daß es bei \ertikalstellung des
Apparates bis knapp unter die horizontale Tubulatni- mit !<einem
Niveau reicht. Nun füllt man die öO^oige Kalilauge ebenfalls von der
Birne aus portionenweise ein, bis man so viel davon eingebracht hat. dal»
das Niveau der Kalilauge bei offenem Hahn des Apparates nnd hoch-
gehaltener Birne einerseits bis in den Ti'ichter des Apparates und audrer-
') Die Berechnung ergibt folgende Werte :
h in mm 37 40 43
r „ ,, 2-933 2S21 2 721
2r „ „ 5-866 :v642 .') 442
M = 2r-hinw//«= 681-87 70i)-U) 73rvl6
Korrektur K 0-U%]7 (l 1(»0(» (rl{)3G'.t
Faktor f = (l—K) 0-i)O383 0-9(X)U ÜS%3I
Dem abgelesenen Gasvolumen von roüfwr'
cntspriclit demnach ein wahres X-Vo-
lumen von 0-90383 a;/' 0 9000 r/«^ U-8%31 rw^"
Ein Körper mit dem wahren Gehalte von
9007o ^" ^^'ii'd in den drei Apparaten fol-
gende Werte ergeben 9-04«/o 9-00'';o «96»o.
Man sieht also, daß die Differenz dieser ^^■erte für den praktischen ('hcniiker t'leich
Null gesetzt werden muß. t)berdies ist es gegenwärtig der Firma Eifir in (iniz ge-
lungen, die Apparate so zu konstruieren, daß alle Instrumente das Volumen von 1 r»i'
in einer Länge der Meßröhre von nahezu genau 40 »im fassen, wodurch der vorher er-
wähnte günstigste Fall praktisch erreicht ist.
1338
Fritz Pregl.
Fig. 290.
o
/
V
M
seits bis in den verjüngten Teil der Glasbirne hineinreicht. Das so be-
schickte Mikroazotometer kann in diesem Zustande wochenlang bereit
stehen bleiben; die Füllung mit Kalilauge genügt für 12 Bestimmungen.
Vorbereitung und Ausführung der Stickstoffbestimmung.
Die zu untersuchende Substanz füllt man in kleine Wägegläschen ein, die
eine (Fig. 290) Länge von 4 cm und eine am abgeschmolzenen Ende etwa
3 mm und an ihrem schräg abgesprengten offenen Ende 5 mm
betragende Weite haben und bringt das Ganze, nachdem man
das gefüllte Wägegläschen außen sorgiältig mit Gaze abgewischt
hat, mit Hilfe eines aus Aluminiumdraht gefertigten kleinen
llänkchens auf die Wage (s. Fig. 277), wartet ^'^—l Minute,
bis das durch Abwischen erwärmte Wägegläschen die gewünschte
Gewichtskonstanz erreicht hat und bestimmt endhch das Ge-
wicht. Nun ergreift man das Wägegläschen mit Zeigefinger und
Daumen der linken Hand an seinem offenen Ende, nimmt es
von der Wage und faßt es mit Hilfe eines mehrfach zusammen-
gelegten Gazelappens mit den ersten drei Fingern der rechten
Hand, um daraus die für die Analyse notwendige Substanz-
menge in das Mischröhrchen durch entsprechendes Ausklopfen
bei gleichzeitigem Drehen abzufüllen. Man wird durch Übung
lernen, eine Menge von 4 — 8 mg Substanz durch Ausklopfen zu
entfernen; sowohl kleinere als größere Mengen sind aus ver-
schiedenen Gründen nicht empfehlenswert. Hierauf bringt man
das Röhrchen wieder in seine ursprüngliche Lage auf die Wage
und bestimmt sein Gewicht wie zuvor.
Die Mischröhrchen sind Reagenzgläschen von (Fig. 292,3/)
9 mm Durchmesser und 8 cm. Länge , die mit einem tadellos all-
seits schheßenden glatt geschnittenen Kork verschlossen sind.
Nun schreitet man an die Füllung des Verbrennungsrohres.
Dieses besteht aus einer Jenaer Hartglasröhre (Fig. 292, V)
Wä-'egläschen \ u > y
zum Abwiegen vou 25 cm Läugc bcl ciucm äußeren Durchmesser von 8 www,
mHVe'J^schiuß- wclchc ciuerseits offen und in der Flamme abgelaufen, und am
^*°Größe)!^*' anderen Ende zu einer 3cm langen und 4 — 5ww im äußeren
Durchmesser messenden Kapillare ausgezogen ist (Fig. 288, k).
Die gesamte Länge des Verbrennungsrohres beträgt demnach 28 — 30 cm.
Vor der ersten Verwendung schiebt man durch das Rohr bis zur Kapillare
ein Bäuschchen Seidenasbest und auf dieses eine in das Rohr streng hinein-
passende, 2V2 C'»i lange Spirale von Kupferdrahtnetz (0) bis zum Asbest-
pfropfen. Beide verbleiben dauernd in dem so hergerichteten Rohre.
Für die Beschickung des Rohres sind zwei Qualitäten von Kupfer-
oxyd erforderlich. Als grobes Kupferoxyd verwende ich das feine draht-
förmige Kupferoxyd von Kahlbaum, dessen etwas zu lange Stücke für die
beschriebene Röhrendimension durch Zerdrücken in einer Reibschale ein
für allemal gekürzt worden sind. Als feines Kupferoxyd, mit dem die Sub-
ü
Die quautitativo Mikroclemeiitara iialyse nriraiiisclier Substanzen.
iaH9
ii«. ':'.ii.
Stanz ffemischt werden soll, verwende ich ein feinlililttri^^es, durch Aus-
sieben von KupferliamnieischlM^- <,nnvoim(Mies I'räjjarat. Dieses hat unbe-
dingt grolle \'or/,iigc gcgciiiibcr (h-ui tciupulveritrcn Kupferoxyd des Hand«'ls.
erstens weil es den Durchtritt der (iase auch (thiir Kinne stets ^M-stattet
und zweitens, weil es eine geringere Menge von Lult an seiner Oberfläche
absorbiert erhält wie jenes.
\'or jeder Analyse bringt man in das Verbrennungsrohr, nachdem es
zuvor nur mit einem an einem Eisendraht aufgewickelten Wattebäuschchen
ausgewischt worden, auf die darin befindliche KuplVrdrahtuet/rolle eine
Schicht von 2 cm groben Kupferoxyds, hierauf eine Schicht feinen Kupfer-
oxyds von V2 — 1 ^'" I^ünge, das durch Schüpteii mit dem offeiini Knde
des Itohres aus den großen Eprouvetten, in welchen man sich die heidrii
Sorten des geglühten Kupferoxyds bereit hält, eingebracht wird.
Nun setzt man den Fülltrichter (Fig. 291) aufs IJohr. der
durch Ausziehen einer gewöhnlichen Eprouvette bis auf einen
Durchmesser von b mm hergestellt wird, und bringt in das
Mischi'öhrchen durch Schöpfen soviel von feinem Knjiferoxyd
ein. dalj es eine Höhe von etwa ö 8 mm darin einnimmt.
Nach dem Aufsetzen des Korkes wird sorgfältig bis zur gleich-
mäßigen Verteilung geschüttelt und unter Drehen und fort-
währendem Klopfen der Kork entfernt. Den Inhalt des Misch-
röhrchens lasse man nun durch di'U Fülltrichter in die \'er-
brennungsröhre hineiugleiten , schöpfe mit dem offenen Misch-
röhrchen etwa die Hälfte der früher genommeneu Menge Kujtfer-
oxyd , verschließe es neuerlich mit dem Kork und bringe alle
im Innern des Röhrchens etwa noch anhaftenden Substanzteilchen
durch Schütteln in innige Mischung mit dem Kupferoxyd, welches
ebenso durch den Fülltrichter neuerUch in das Verbrennungsrohr eingeiiracht
wird. Diesen Vorgang wiederholt man noch ein drittes Mal. worauf man sicher
sein kann, daß alle bei der Differenzwägung bestimmte Substanz in das
Verbrennungsrohr hineingelangt ist. Bei der beschriebenen Art der Füllung
wird die nun im Verbrennungsrohr befindliche Schicht von feinem Kui»fer-
oxyd eine Länge von etwa o 4 cm haben. Durch Schöpfen von gr(»l)em
Kupferoxyd mit der Verbrennungsröhre füllt man eine Schicht von etwa
7 cm ein und bringt daiauf eine 2—2'/., cm lange, ins Rohr leicht passende
reduzierte KupferdrahtnetzroUe ein. Das mit einer Tigelzange (Z) gehaltene
Kupferdrahtnetzröllchen (r) wird in einem Bunsenbrenner zum gleiciimäßigen
Glühen erhitzt und in ein Reagenzgläschen fallen gelassen, in dem sich
3 Tropfen Methylalkohol oder Äthylalkohol befinden. Ein m) behandeltes
Röllchen kann für mindestens 10 BestimmuuLn'U Verwendung finden, bevor
es wieder reduziert werden muß. Vor völligem .\uskidden des Röllchens
entfernt man es aus dem Reagenzgläschen, um die letzte Spur von an-
haftendem Alkohol, die beim Versuch die Tension der Kalilauge zu ändern
fähig wäre, abdunsten zu lassen und bringt es hierauf auf das grobi- Kupfer-
oxvd im Verbrennunu'srohr. Nun verschließt man dieses mit dem zum Mikro-
l'untricbter.
1340 Fritz Prcgl.
azotometer passenden , winklig gebogenen Tliermometerrohr (Th) mittelst
eines mit Glyzerin oder Wasser befeuchteten Kautschukschlauches und
steckt das kapillar ausgezogene Ende des Verbrennungsrohres so an das
bajonettförmige Ende (h) des Zwischenstückes am Kipp^oh^w Apparat, daß
innerhalb dieser Schlauchverbindung Glas an Glas fest sitzen, i) Das Ver-
brennungsrolir (V) lagert man derart auf das Verbrennungsgestell, daß
die eine, dem eintretenden Gasstrom näher gelegene Seitenwand desselben
mit dem an das grobe Kupferoxyd anschheßenden Ende der oxydierten
Spirale (0) , die andere Seitenwand ungefähr mit dem freien Ende der
reduzierten Kupferspirale (z) zusammenfällt. Nun öffnet man den Hahn
des Kipp^ch^w Apparates und läßt erst einen energischen Strom von
Kohlensäure durchstreichen. Nach fünf Minuten verbindet man das im
Verbrennungsrohr stehende, winklig gebogene Termometerrohr mit Hilfe
eines mit Glyzerin innen ausgewischten, 3cm langen Kautschukschlauch-
stückes mit dem ebenfalls winklig aufgebogenen Gaseinleitungsrohr des
Mikroazotometers (Mas), nachdem man zuvor durch Öffnen des Hahnes
an demselben die Kalilauge sich hat in die Birne völlig entleeren lassen.
In dieser Zeit hat man auch die letzten in dem ganzen System
befindhchen Gasreste mit Kohlensäure ausgespült. Nach Drosselung 2) des
Hahnes am Kij^p&dien Apparat und Heben der Kalibirne füllt man diese
in gewöhnlicher Weise wieder mit Kalilauge und läßt nach dem Senken
der Birne (B) Blase für Blase langsam eintreten. Wie schon früher aus-
einandergesetzt, soll nun jede Blase bis auf einen eben kaum noch sicht-
baren Rest in der Lauge verschwinden. Hierauf kaim mit der Verbrennung
begonnen werden. Ist dies jedoch innerhalb dieser Zeit nicht zu er-
zielen, so fährt man mit der Durchleitung von Kohlendioxyd weiter fort
bis der erwähnte Zustand erreicht ist, oder bemüht sich, die anderweitigen
Gründe dieses Mißerfolges festzustellen und zu beseitigen. Hat man es er-
reicht , daß die eintretenden Kohlendioxydblasen bis auf einen kaum sicht-
baren Rest in der öO^/oigen Lauge verschwinden, so drosselt man. um
mit der Verbrennung beginnen zu können, den Hahn des Kippschen Appa-
rates fast vollständig und steht die Flamme des Flachbrenners (Bf) unter
die reduzierte Kupferspirale und das angrenzende grobe Kupferoxyd,
welchen Teil der Röhre man zweckmäßigerweise durch ein am Verbrennungs-
gestell angebrachtes Drahtnetz vor zu starker Erhitzung schützt. Überdies
bedeckt man diese Teile der Röhre von oben her mit einer 1cm langen
und 5 cm breiten Platte aus Asbestpappe oder Eternit. Beginnt man mit
der Erwärmung des Rohres noch bei geöffnetem Mikroazotometer, wie wir
anfänghch verfuhren, so kann man bei neuen Röhren allerdings richtige
Resultate erhalten. Da aber in öfter gebrauchte Röhren leicht Anteile der
zu verbrennenden Substanz auch im vorderen Abschnitt des rauh gewor-
^) Auf die Verweiidiuig der in der Abbildung ersichtlichen Quetschhähne verzichte
ich in letzter Zeit vollkommen.
Ist der Durchmesser der Verbrennungsröhre größer als 8 mm, so schließe man
den Hahn vollständig.
Die quantitative Mikroclpinentaiaiialyso oriu'ani.sclier Sultstauzcii.
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denen Ilohres haften bleiben, tallcii «laiin die llfstininiuniriMi oft zu niedrig'
aus, und es ist daher not\vendil,^ die Krhit/.un^' dieses Kiihrcnabx-hniftcs in
1342
Fritz Pregl.
ö'
die Austreibimgsperiode des Stickstofles einzubeziehen, wie es hier angegeben
ist. Die etwa noch am Kupferoxyd absorbierte Luft fällt dann praktisch nicht
mehr ins Gewicht. Ist der vordere Rohrabschnitt nach etwa einer Minute
ins Glühen gekommen, so stellt man den zweiten mit Schornstein versehenen
gewöhnlichen Bunsenbrenner (Bb) , dessen Flamme eben nicht leuchtend ein-
gestellt ist, an das äußerste Ende des Verbrennungsgestelles unter das grobe
Kupferoxyd vor der oxydierten Kupferdrahtnetzspirale. Sobald die Gasent-
wicklung abzunehmen beginnt, rückt man um einige Millimeter vor und
je näher man der Mischung der Substanz kommt, um so geringere
Stellungsänderungen des Brenners darf man vornehmen, wenn man nicht
Gefahr laufen will, eine zu stürmische Entbindung von Gasen zu be-
wirken. Es hat sich als Erfahrungstatsache herausgestellt, daß eine Ver-
brennung dann richtig geleitet ist, wenn sich im weiten Teil des Mikroazo-
tometers während des Entweichens von Stickstoff jeweils 3, höchstens
5 Gasblasen gleichzeitig unterwegs befinden. Ist man in dieser Weise das
ganze Rohr entlang mit diesem Brenner (Bb) bis an den Flachbreimer
(Bf) herangekommen und hat die Gasentwicklung einen fast völligen
Stillstand erreicht, so bringt man den ersteren Brenner in seine ursprüng-
liche Lage unter das an das oxydierte Kupferröllchen angrenzende grobe
Kupferoxyd und schiebt nun den Flachbrenner so gegen diesen, daß nun
auch die ganze Länge des feinen Kupferoxyds gleichmäßig und gleich-
zeitig von dieser Flamme ins Glühen gebracht wird. Es handelt sich jetzt
eben darum, die letzten, etwa noch nicht völlig verbrannten Reste der
endgültigen Oxydation zuzuführen. Nun erst öffnet man den Hahn des
Kippschen Apparates, so zwar, daß etwa höchstens 5 — 8 Blasen sich
gleichzeitig im Mikroazotometer unterwegs befinden und setzt die Aus-
spülung des Verbrennungsrohres mit Kohlendioxyd so lange fort, bis
die aufsteigenden Gasblasen plötzUch klein werden und die Kleinheit
wie vor Beginn des Versuches erreichen. Nun entfernt man die Bren-
ner durch Vorziehen und löst die Schlauchverbindung zwischen Mikro-
azotometer und dem winkUg gebogenen Thermometerrohr, wobei der
Schlauch am Mikroazotometer zu bleiben hat. Wenn die bei der Her-
richtung dieses Meßapparates eingefüllte Quecksilbermenge richtig ge-
wählt ist, so hat man nicht zu befürchten, daß auch bei tiefgestellter
Kalikugel äußere Luft in den x\pparat eintritt, daher ist die Anbringung
eines Quetschhahnes an diesem Schlauchstück völlig überflüssig. Das ab-
genommene Mikroazotometer stellt man neben ein Thermometer und
liest nach einer halben, längstens einer Minute bei hochgehobener Kali-
kugel und Gleichheit der Niveaus bei vertikaler Stellung der Meßröhre
und unter Vermeidung der Parallaxe sowohl im durchfallenden, vielleicht
sogar noch besser im auffallenden Licht den Stand des tiefsten Punktes
des Laugenmeniskus mit einer Genauigkeit von O'Ol cm^ ab.
Die Zeitdauer einer derartigen Stickstoffbestimmung betreffend, ist
zu bemerken, daß, wie aus dem früher Gesagten hervorgeht, für die Ent-
lüftung des Verbrennungsrohres ungefähr 4 — 5 Minuten, für die Verbren-
Die quantitative Mikioclementaranahse organischer Suitstanzen. l'Mii
nung dor Substanz cinsclilicrilich der iiachfolLrcnden Ausspülung des Koliivs
mit Kolilendioxvd öS Minuten orfordcilicii sind, so daC. man für die
iieitdauer einer Stickstoffbestimmunjr samt licreilinuiif,' des Kcsultates rund
V4 Stunde veranschlagen kann.
Aus den vielhuudertfaclien Krfahrunj,n'n, die ich im Laufe des ver-
flossenen Jahres gemacht habe, möchte ich hier üiier einii^e Fehlen|uellen,
welche das Resultat in schädlicher Weise zu beeinflu>>en imstande sind,
besonders hingewiesen haben.
Man findet zu hohe Stickstoff werte:
1. wenn der KipjmchQ Apparat nicht völli^^ entlüftet ist:
2. wenn aus dem Verbindungsstück zwischen /u;v/ASchem Apparat und
Verbrennungsröhre sowie auch aus letzterer die Luft nicht hinreichend
durch Kohlendioxyd verdrängt worden ist; dabei sei besonders darauf hin-
gewiesen, daß das feine Kupferoxyd des Handels eine viel groüere Absorp-
tion für Gase zeigt, als das von mir verwendete feinblätterige Kupferoxvd
aus gesiebtem Kupferhammerschlag;
.'). wenn der LIahn des Mikroazotometers nicht sorgfältig mit einer
dünnen gleichmäßigen Schichte von Vaselin überzogen und so in seine
Hülse eingedrückt ist, daß er glänzt, kann es vorkommen, dal) Kalilauge
aus dem Trichter des Apparates in die kalibrierte Rühre eindringt und im
verjüngten Teil derselben knapp unter dem Hahn haften bleibt und (ias
verdrängt. Der dadurch bedingte Fehler kann je nach der Form dieses
Teiles bis zu 0"04 cm^ betragen. Durch Heben der Birne und vorsichtiges
Öffnen des Hahnes läßt sich die eingedrungene Kalilauge daraus wieder
verdrängen und die Analyse vollends retten:
4. bei zu rasch geleiteter Verbrennung, wo in seltenen P'ällen bei
manchen Körpern Kohlenoxydgas oder andere, durch Kalilauge nicht ab-
sorbierbare gasförmige Verbrennungsprodukte über das glühende Ku|)fer-
oxyd hinweg in das Mikroazotometer hineingelangen und so einen zu hohen
Stickstoffgehalt vortäuschen können.
Der gefundene Stickstoffwert kann fälschhch zu niedrig ausfallen:
1. wenn der <Iurch die \'erbrennung vollständig entbundene Stick-
stoff am p]nde der Verbrennung durch die nachgeschickte Kuhlensaure
nicht vollständig ausgetrieben wird:
2. bei unvollständiger ^'erbrennung der Substanz infolge nicht hin-
reichenden und gleichmäßigen Glühens des Rohres;
3. in ganz seltenen Fällen, wenn es zur Bildung schwerst verbrenn-
licher Stickstoffkohle kommt. In solchen Fällen kann folgender Kunstgriff
Abhilfe schaffen: bei der Füllung i]Q^ Rohres lasse man auf die oxydierte
Kupferspirale zuerst einen Kristall Kaliumchlorat fallen '1 und füllt es darauf
in der früher angegebenen Weise. Nach vollzogener \'erbrennung und bevor
man mit Kohlendioxyd die Stickstoffreste aus dem Rohr entfernt, entwickelt
man mit Hilfe eines dritten Brenners aus dem Kaliinnchloraf Sauerstoff.
') Siehe darüber Holdcmiann und Scholl. Ber. 43. S. .343.
1344
Fritz Pregl.
Avodurch alles während der Verbrennung" reduzierte Kupfer sowie die abge-
schiedene Kohle völlig oxydiert werden. Bei vorsichtiger Ausführung be-
steht keinerlei Gefahr, daß elementarer Sauerstoff in das Mikroazotometer
gelangt, weil die glühende reduzierte Kupferspirale, an der man ein quer-
schnittweises Fortschreiten der Oxydation mit freiem Auge wahrnehmen
kann, diesen Übertritt völlig sicher verhindert.
3. Bestimmung des Stickstoffs nach Kjeldahl in kleinen Sub-
stanzmengen (Mikro-Kjeldahl).O
Die für die Bestimmung zu verwendende Substanz wird ebenso, wie
schon bei Mihro-Dumas beschrieben, in Wägegläschen (Fig. 290) gewogen
und in Verbrennungskölbchen (Fig. 293, Vk) eingebracht, welche aus
Resistenzglas - Eprouvetten
gewöhnlicher Dimension
durch Anblasen einer klei-
nen kugeligen Erweiterung
an ihren Enden hergestellt
worden sind. Nach Zufügen
von etwa V2— 1 ^"'^ kon-
zentrierter Schwefelsäure
und nach Einbringen von
entsprechenden Zusatzmit-
teln je nach Bedarf (ich gebe
gewöhnhch eine Messer-
spitze Kaliumsulfat und
ebensoviel Kupfersulfat hin-
zu) wird über einer kleinen
Flamme der kugelige An-
teil des Kolbens zur Er-
hitzung gebracht. Dazu
bedient man sich mit größtem Vorteil des \'erbrennungsgestelles, wie
wir es bei der Kohlenstoffbestimmung und bei Mikro-Dumas verwendet
haben, indem man darauf ein entsprechend gebogenes Drahtnetz legt und
einen Drahtbügel unter die eine obere Schiene einklemmt, durch welchen
die Verbrennungskölbchen in entsprechender Schief läge erhalten werden.
Als Heiz(iuelle bedient man sich der beiden äußersten Flammenspitzen eines
Flachbrenners, so daß mau mit größter Bequemlichkeit auf einem Ver-
brennungsgestell mit Hilfe von zwei Flachbrennern gleichzeitig 4 Proben
erhitzen kann. In der Regel geht die Zersetzung in überraschend kurzer
Zeit vonstatten. Wie bekannt ist es auch oft geradezu notwendig, um den
') Der Erste, der meines Wissens quantitative Stickstoff bestimmungeu nach dem
Prinzipe von Kjeldahl ausgeführt hat, war Fritz Filch: Monatshefte f. Chemie. 32 (1911).
S. 26. Sein Verfahren und die dabei verwendeten Hilfsmittel unterscheiden sich so viel-
fach von den hier zu beschreibenden, daß ich mich mit der Anführung begnügen darf.
Dn Ansatz zur Destillationsröhre.
izebrachte
stoffineiige
l'"iK- ^94.
Die (juaiititative Mikroclcmentaraiialyse organischer Substanzcu. 1340
richtigen Wert zu bekommen, lungere P^rhitzuiigsdauer anzuwenden und
insbesondere dafür zu soruen. dall i'leinciitarcr Kohlenstoff in der Schwefel-
säure vorhanden ist, welcher durch Zersetzung der letzteren eine bestiindige
Neubildung- von Wasser zu veranlassen hat. Zu diesem Kndc .setzt man,
nachdem der Kölbcheninhalt zum erstenmal klar geworden ist, 2—.". Tropfen
Alkohol aus einer Spritzflasche zu und setzt die Krhitzung fort. l)ic mit
diesem Alkohol ein-
Kohlen-
geniigt,
um die notwendige
Erhitzungsdauer um
5 — 10 Minuten zu
verliingern. Ist nun
der Kolbeninhalt völ-
lig klar geworden,
so kann man ohne-
weiters sofort zum
Abdestillieren des ge-
bildeten Ammoniaks
schreiten. Die De-
stillation erfolgt aus
dem \'erbrennung.s-
kölbchen .selbst. Man
erspart sich dadurch
jedes Cberfiillen und
Nachspülen. Zu die-
sem Zwecke steckt
man das Kölbchen,
nachdem man 1/2 cw^^
Wasser eingebracht
hat, an den kleinen
( dasapparat , der
duich die nebenste-
henden Abbildungen
(Fig. 29:3 u. Fig. 294)
dargestellt ist.
Dieser Apparat
besteht aus einem
völlig aus ( das gefer-
tigten Destillationsaufsatz, der mittelst eines weitgebohrten Kautschuk-
pfropfens auf das Zersetzungskölbchen r FA-^ aufgesetzt wird und einer mit
Hilfe eines Kaut.schukschlauchs daran angeschlossenen Destiliationsröhre(7>;v,
die bis nahe an die ebene Tischplatte heranreicht. Der Destillationsaufsatz M)
besitzt ein Dampfleitungsi'ohr (De), dessen gebogenes Ende, wie aus der
schematischen Zeichnung hervorgeht, in der kugelförmigen Erweiterung des
Abderhalden. Handbuch der biochemischen ArbeitRmetlioden. V. gjj
Destillation iMikro-Aj>/i/n/i/i in Ansführiiii^; ('',, nu». f?r<"«Oe).
Vk VerbrennungskiMbchen. A Destillationsnufsntz. /V Dantpri-inleituaffo-
rohr. /)r DestillationBrohro. K Krlenmevörkollicn zur KntwioklunK von
Wassordampf.
1346 Fritz Pregl.
Zersetzuiigskölbchens (Vk) schwach nach abwärts gebogen ist und dessen
freies Ende mit Hilfe eines Kautschukschlauches mit einem Eiienmeyer-
kolben (E) rasch verbunden werden kann, in welchem ein kontinuierender
Dampf Strom aus kochendem Wasser, dem etwas Zinkstaub zugesetzt ist,
entwickelt wird. Die früher erwähnte Destillationsröhre (Dr) besteht aus
einer Jenaer Hartglasröhre von 45 cm. Länge und einem äußern Durchmesser
von 8 mm, dessen oberstes Ende unter einem etwas kleineren als rechten
"Winkel abgebogen ist. Dieses winklig abgebogene Ende dient zum An-
schluß an den Destillationsaufsatz mittelst einer kurzen Schlauchverbindung.
Es muß hervorgehoben werden, daß gerade dieses Destillationsrohr (Dr)
die größte Aufmerksamkeit des Experimentators erfordert, denn es scliließt
eine beständige Fehlerquelle, das sind die Alkalien des Glases, in sich. Es
ist daher notwendig, ein neues Rohr stundenlang der Wirkung von strö-
mendem Wasserdampf auszusetzen, worauf es tadellos gebrauchsfähig wird.
Hat man ein derartiges Rohr längere Zeit nicht verwendet, so ist es vor
neuerlichem Gebrauch unbedingt erforderlich, das Ausdämpfen zu wieder-
holen und das Rohr auf seine Reinheit in der Weise zu prüfen, daß man
in einem blinden Versuch nach einer 10 Minuten währenden Destillation
das Destillat durch Titration untersucht, ob noch Alkalien übergehen.
Erwähnen möchte ich, daÜ sich Röhren aus Zinn. Blei sowie auch
aus Silber als Destillationsröhren noch weniger taughch erwiesen haben,
wie die erwähnten Jenaer Hartglasröhren; in jüngster Zeit konnte ich
mich überzeugen, daß eine Röhre aus Quarzgut, vollkommen fehlerfrei,
überdies gar nicht kostspielig ist.
Für die Titration hat es sich als das Zweckmäßigste erwiesen, ^/yo-
Normallösungen und als Indikator Methylrot (p-Dimethylaminoazobenzol-
orthokarbonsäure) Kahlbaum zu verwenden. Folgender Weg hat sich als
der beste bewährt: Nach einer mit Hilfe dieses Indikators genau herge-
stellten Yio-^ormalsalzsäure wird eine \/,o-Normalnatronlauge gestellt. Nun
mißt man in ein 200 cm^ fassendes Meßkölbchen 28'6 cm^ dieser Vio-^or-
malsalzsäure, fügt dazu 1 — 2 Tropfen Indikatorlösung, die man sich durch
Lösen eines Überschusses an festem Indikator in 1 cm^ i/io-Normalnatron-
lauge hergestellt hat und füllt bis zur Marke das Kölbchen voll. Ebenso
geht man bei der Bereitung der Vvo-Normalnatronlauge vor. Es hat dem-
nach die V7o-Normalsalzsäure eine rosenrote, die Vvo-Normalnatronlauge
eine kanariengelbe Farbe. Zum Titrieren verwende ich enge, 10 cm^ im ganzen
fassende Büretten mit oder ohne Schellbachstreifen mit Quetschhahnein-
richtung. Die Ausläufe bestehen aus engen Glasröhrchen, die auf eine Länge
von 5 — 8 cm zu Kapillaren von einem äußeren Durchmesser von 1 mm aus-
gezogen sind. Infolge dieser Einrichtung kann man, da die Büretten in
V20 c'w^ geteilt sind, mit größter Leichtigkeit denselben sowohl Flüssigkeits-
mengen von O'Ol cm^ entnehmen, als auch durch Schätzung des Niveau-
standes bestimmen. Da 1 cm'^ einer 1/70-^ormallösung Ol mg Stickstoff
entspricht, so wäre die letzte durch diese Titration meßbare Stickstoffmenge
gleich 0'002 mcj Stickstoff.
I
Die quantitative Mikroolomeutaranaiyse organischer Substanzen. 1347
Zur Bestiinniuii<^' des Stickstoffs fii^^t man. wie schon erwiihnt. das
Zersetzun<^skölbcheii an den in einem Stativ ('in^,n'kI('nunt(Mi Dc^tiilationsaiif-
satz, Mt die Destillationsrölire in ein kleines, ebenfalls durch Wasserdanijjf
vorbehandeltes Erlenineyerkülbclicn . in dem sich eine ;,n'n)es.sene Men«;e
V7o-^^oi'i»alsalz.säure (je nach lledarf 'A—bcm^) befindet, eintauchten und
setzt in den Kautschukschlauch, welcher die Verbindun^zuni l)anii)fentwickler
besorgt, ein kleines Trichterchen, durch welches man .soviel :'.;'." oige Na-
tronlauge einfließen läßt, bis es zur Ausscheidung von Kupferhydroxyd im
Zersetzungskölbchen kommt. Nach Entfernung des Trichters i>ringt man
den Schlauch an den Dampfentwickler und beginnt mit der Destillation,
welche etwa 8 — 9 Minuten so geleitet werden soll, daß das untere Knde
des Destillationsrohres in die vorgelegte Säure taucht. Während der ganzen
Zeit ist es zw^ckmälMg, unter die kugelförmige Erweiterung des Kölbchen<
ein kleines Flämmchen zu bringen, wodurch die Destillation wesentlich er-
leichtert und beschleunigt wird. Nach dieser Zeit drehe man den ganzen
Apparat derartig in der Klemme, daß das Ende des Destillatorrohres nicht
mehr in die vorgelegte Säure eintaucht und überlasse während einer wei-
teren Minute das Rohr der Ausspülung durch die entweichenden Dämpfe.
Die Unterbrechung der Destillation erfolgt durch Lösung der Schlauchver-
bindung mit dem Dampfentwickler. Hierauf spült man das Knde des
Destillationsrohres von außen mit der Spritzflasche al). entfernt es aus dem
Verbindungsschlauch des Destillationsaufsatzes, faßt die heiße Köhre an einem
Kork, den man aus diesem Grunde daran angebracht hat, bringt es in
horizontale Lage und spült es von seinem winklig gebogenen Ende an 2- bis
3mal mit destilliertem Wasser aus. Nun schreitet man zum Titrieren der
unverbraucht gebliebenen Säure. Es ist dabei zu bemerken, daß als End-
punkt der Reaktion der Farbenton rein kanariengell) sein nmß. wie ihn
die i/To-^ormaJflatronlauge .schon liesitzt. Der Farben vergleich des Köll>-
cheninhaltes mit dem Rüretteninhalt ist daher eine wesentliche Tnter-
stützung beim Titrieren, welche.? bei Tageshcht ebenso genau wie beim
küustlicheu Licht auszuführen ist. Die .Multii)likation der bei der Destilla-
tion verbrauchten, mit einer Genauigkeit von 2 Dezimalen angegebenen Menge
Vvo-Normalsalzsäure mit dem Faktor 0-2 ergibt das Gewicht der gesuchten
Stickstoffmenge.
Es ist zweifellos, daß gerade diese Methode von großem Werte bei
Stoffwechseluntersuchungen an kleinen Tieren .sein wird. Es erschi'int mir
daher nicht übeiilüssig. hier anzuführen, wie genaueste NOlummessungen
an flüssigen Stoffwechselprodukten, z. B. Harn ausgeführt werden können. Da/u
bediene ich mich einer durch die nachstehende Abi)il<lung (Fig. 2lir>) illustrierte
Präzisionsauswaschpipette. Der erweiterte Teil faßt von der fein auslaufen-
den Spitze bis zu einer darüber befindlichen Marke (M) ein Volumen von
Oi— 0-Lömi3, welches durch sorgfältige Auswägung mit (,»u(M-k<ilber unter
Beobachtung und in Kechnung/.iehung der Temperatur und iteduktion der
Gewichte auf den leereii Raum festgestellt worden ist. Der seitliche
Schenkel (Sj dieser kleineu Pipette ist während des Aufsaugens und Ab-
85*
1348
Fritz Pregl.
Fig. 295.
.ff
n
Präzisions- Aus wasch -
pjpette (^3 nat. Größe).
M Ringmarke.
S Seitenschenkel.
Pf Pfröpfchen.
messens der betreffenden Flüssigkeit mit einem kleinen
Pfropfen (Ff) verschlossen. Indem man den Inhalt der
Pipette in das Zersetzungsröhrchen teilweise ausfließen
läßt, entfernt man den Pfropfen und bringt, mit Hilfe
eines lang ausgezogenen Glasröhrchens, konzentrierte
Schwefelsäure auf den Grund der Biegmig des seitlichen
Schenkels und läßt sie ebenfalls durch die kapillare Spitze
dieser Pipette in das Kölbchen auslaufen. Dadurch w^erden
sämtUche bei der Abmessung in dem Apparat befindlich
gewesenen Flüssigkeitsanteile in das Kölbchen entleert.
Man macht sich dadurch unabhängig von den Messungs-
fehlern, welche durch wechselnde Dicke der am (ilas ad-
härierenden Schichte bei verschiedener Viskosität der
Objekte bedingt werden.
Auch bei den beiden Arten der Stickstoffbestimmung
empfiehlt es sich für den Anfänger, sich zuerst mit einer
reinen Substanz so lange zu beschäftigen, bis eine große
Serie von hintereinander ausgeführten Bestimmungen gute
Resultate gegelien hat. Ich empfehle dazu wieder reines
Leuzin, bei dem man mit Leichtigkeit, selbst bei Ver-
wendung von nur 4 oder 5 mg, mit der Theorie ( lO'ÖOo/o N)
bis auf wenige Hundertstelprozente übereinstimmende
Werte erhalten wird. Und im Ernstfalle greife man immer
wieder darauf zurück, um damit die Apparate, Reagenzien
und die eigene Übung zu prüfen.
Anmerkung. Obwohl ich über keinen hierauf be-
züglichen Versuch verfüge, möchte ich hier der Meinung
Raum geben, daß auf Grund der im früheren erwiesenen
genauen Bestimmbarkeit kleiner Ammoniakmengen durch
Destillation und Titration die Möglichkeit gegeben ist,
den Phosphor in kleinen Mengen organischer Substanzen
zu bestimmen. Der Weg wäre
folgender :
Nach Verbrennung einiger Milligramm gewogener
Substanz auf ..nassem Wege" fällt man die stark salpeter-
säurehaltige Flüssigkeit mit Ammoniummolybdat, wäscht
den Niederschlag an der Handzentrifuge, spült ihn in ein Zersetzungskölbchen
und bestimmt darin das Ammoniak im Sinne der vorstehenden Vorschrift.
Einige Beleganalysen.
aj älteren Datums und mit der älteren Form der Absorptionsapparate
ausgeführt.
ü-66 H, 0 , 40-10 CO, = e-SSO/o H, 93-557o C gef.
4-73 "., 27-83 ., = 6o3«'o „ 93-59°/o „ „
6-297o „ 93-7l7o „ ber.
13-22 , 37-32 ., = 12-187« „ 83-887« „ gef.
Xaphtalin 11-69 ing
8-11 .,
Cholesterin 12- 14
11-94
13-0()
36-61
12-247o „ 83-63% „
Die quantitative Mikroelemcntaranalyse ort'anisclicr Sultstanzen. 1H49
Cholesterin lOHT m;/ -. 11S7 ll..(), :i3 32LU, - 12-J2\ 11, 83r»0'/o t' i?ef.
13-30 „ : 14-53 '„ 4()-98 „' = 12 23Vo - 84l»40o . \
12(K)»„ „ 83H»;'^„ _ l.cr.
Leuziü 1Ü-2G „ : üOö „ 2004 ^ =IUll% . :>AHV,\ _ u'of.
iVOü „ (745; 14"): O-HJHrm' N = l()-72»'o N gpf- lOd'r/o N l.or
6-72 „ (720; 15»): 0 G39 „ ^ = l()-75»/o r - 1< »«;'.»" „
8-79 ,. (725; 15"): 0 832 „ ^ = 10-67''/, „ „ lOOy»/, , ,
10-91 ,. : Ö-H7 r;»^ ." HCl = 0174 rtu, N - l(l7(5\ (?pf-
()-44 ,. : 3-47 ,. ^" HCl = 0-(;94 , . =10 77»/, „
p-iiiti-o-T?oiizylclilori(l 6-20 .. (715; 18"): 0-450 o«' N = HOr'/o ^'ff., H-17"„ bor.
Pynuitliren .... 10-20 „ : 437 II., O. 3:yM CO.. = 479" „ H, '.K'vKJ",^ C gef.
4-80" 0 - 95-20"/o . her.
PiTvlcMi 11-90 „ : 5-44 „ 41 G2 .. =^ 5 12"/„ „ 95-38»/o - xef.
4807o „ 95-20"/o - bcr.
Indanthren .... 1035 „ : 287 ,. 2886 ,. = 310" o n 76-05" , r gef-
3 197o . 7600"/o „ ber.
1-Ö9 „ (700; 17"): 0-120 o//' N = 6-54»/„ N gef.. 6-34% N bor
Dibenzoyl-1 -5 . dia-
mino-antbrachinon 1238 „ 4157 H, 0, 3419 CO., = 413"'o H, 75-3270 C gef.
4-06"/o „ 75-31 "/o . l>or.
2-86 „ (705: 17") : 0170 c«r' N = 6-49"/o N gef.. 6 28" „ C '"T-
Anthrazin 1340 . 513 H„ 0. 4329 CO, = 428" „ H. 8811 "/, C gef.
4-24«/o , 88-39"o . ''Pr-
9-71 .. (715; 17"l: 0621 cw^ N = 708" o gef- ^'-'i? ••ci".
Flavanthren . . . . lOSi : 410 ;«// H., O, 35-Oß CO, = 4-23"/« H, 8821 tref.
4 24"/o „ 88-39 ber.
4-24 w.r/ (715; 18"); 0288 c/»" N = 7-50"/o N gef., 7-37", bor.
Pr-ln-methvl-2-methyl-
3-isopropvlindol . 1097 ,. : 910 H..0, 3360 CO, = 9-29"o H, 8353" » C iref.
9 15"/o „ 8336«', „ bor.
5-70 «««N (710:18"): 0-387 „ = 7-44"/, N gef., 749» „ N b.-r.
700 «H^N (713: 17"): 0 468 .. = 7-39«o „ r '■i-'" o - -
a-Bromisocapronyl-
phenvlalanin .' . . 938 . : 491 H..0, 1812 CO, ^ 586" 'o H .52-68"/„ C g.-f.
5-89" „ ^ 52-62"/o - ber.
12-53 : 2-65 nn' -"- HCl = 053 mg N = 423" „ N Rof., 410", ber.
706:1-48 „ ", HCl = 0296 „ _ = 4-19"/, „ , 410"/, .
' 70
a-Brombutvr\i-
phoiivlaiauin . . . 918 n«^ : 455 11,0. IGTO CO = 5-55".,„ II. 4961" , C gef.
5-16»;o .. 49-67"/, „ ber.
7-27 ; 1-60 cwi'' ," HCl = 0320 wr/ N = 4 40"^ N gef.. 4-46" , ber.
b) mit der neuen Form der Absorptionsapparate ausgeführt von
Dr. .S. Edlbacher.
Choleinsäure 8-02;«*/: 7-38 11,0. 21 -.58 CO, = 10-3(»" , M. 73 39" „ ( i:ef.
10-28", „ 73 41", . bor.
Xaphtalin 1050 .. : 6-2(t .. 36-04 .. = 6 60", „ 93-61", > gef.
1121 .. : 6-35 .. 38 46. „ = 6 39", . 93-56", , >
(>-»)"„ . 93-70" „ „ ber.
Cholesterin 8-69 "„ : 959 ,. 2674 .. U'.M.V,, _ 8392"., « gef.
12-00'^ ,, .. S3S6"„ . bor.
1350 Fritz Pregl.
Dibenzoyl-l-5-diamino-
anthrachinoD . . . 8-97 »»r/: 3-14 H^O, 24-80 CO^ = 3-927o H, 75-407o C gef.
4-06% „ 75-3 l«/o „ ber.
Pyranthren 8-11 .. : 3-41 ., 28-25 ., = 4-717o „ 95-007o „ gef.
4-807o " 95-207o „ l.er.
Pervleu 9-12 „ : 417 „ 3187 , = 5127o „ 95-317o „ gef.
4-807o r 95-200/0 „ ber.
Indolinon 8-85 „ : 5-41 „ 24-19 „ = 6-847o „ 74-557o „ gef.
6-88o/o ., 74-497„ „ ber.
4-06 „ (714; 11'): 0-315««=^ = 8-587oNgef.; 8-707o N ber.
Anthrazin 7-77 „ : 3-05 H, 0, 2526 CO^ == 4-39'"o H, 88-627o C gef.
4-247o . 88-397o „ ber.
5-34 „ (712; 15"): 0351 c»;» = 7-307oNgef.; 7-377o N ber.
Trional 5-20 ., : 1005 BaSO^ = 26-557o S gef.; 26-48o « ber.
3-44 „ : 6-66 „ = 26-607o . « 26-487o »
Indautlireii 2-91 „ (718; 17"): 0-162cw^ = 6-197oNgef.; 6-347o N ber.
Sämtliche, für die C-, H- und die beiden N-Bestimmungen erforderlichen Appa-
rate sind von der Firma Gustav Eger, Graz. Zinzendorfgasse, genau nach meinen An-
gaben in der geschilderten Ausführung zu beziehen.
4. Die Bestimmung des Schwefels und der Halogene in kleinen
Substanzmengen.O
Von Fritz Preg-l und Max de Crinis.
Für die Abwägung der Substanz hat sich als das Zweckmäßigste er-
wiesen, diese in 3 cm langen und 1 — IV2 ^'>^^ weiten, beiderseits offenen
Kapillaren vorzunehmen. Zu diesem Ende wird die Kapillare, indem man
sie mit dem schon erwähnten Aluminiumdrahtbänkchen auf die Wage
bringt, gewogen; die auf einem ührglas mit einem kleinen Glaspistill,
wenn nötig, zerriebene Substanz wird, indem man die Kapillare senkrecht
in sie drückt, in einer Länge von 2 — 4 mm hineingepreßt. Dies macht
ungefähr 4 — 8 mg Sul)stanz aus. Die Kapillare wird nun abgeklopft und
abgewischt, insbesondere dort, wo der freie Querschnitt der Substanz
an dem einen Ende zutage tritt. Bei Körpern, welche sich nicht in der
beschriebenen Weise auf den kleinen Kaum gut zusammenpressen lassen,
hilft man sich durch Nachschieben mit einem in das Lumen der Kapillare
streng hineinpassenden Glasfaden. Die so beschickte Kapillare bringt man
wieder mit dem Aluminiumdrahtbänkchen auf die linke Wageschale, und zwar
so, daß das mit Substanz beschickte Ende während der Wägung über den
Schalenrand (siehe Fig. 277) hinausragt und etwa davon abfallende Teile
auch nicht mitgewogen werden können. Nun nimmt man die Kapillare, so
wie beim Auflegen mit der Platinspitzenpinzette (F) von ihrer Unterlage ab
und läßt sie ziemlich senkrecht in die vorher schon vorbereitete Bomben-
röhre hineinfallen. Diese bläst man sich aus Thüringer Weichglas von 1 cm
1
I
*) Die ersten, welche Halogen- und Schwefelbestimmuugen in kleinen Mengen g
organischer Substanzen zur Ausführung brachten, waren Emich und Donau, Monatshefte
f. Chemie. 30. 745. Die Hilfsmittel, deren sie sich dabei bedienten, sowie auch das Ver-
fahren unterscheiden sich vielfach von dem unserigen. 1
Die quantitative Mikroclementaranalyse organischer Substanzen. liJol
äiiüorom Diirclimesser, l mm Waiidstärkc und IT)— 20 cm Länge, nach-
dem man dieses IJolir zuvor mit Salzsäure und Wasser, mit Seife und
Watte gereinisit und durch Abspülen mit \Vasser, Alkohol und Erhitzen
getrocknet hat. Derartig vorbereitete Köhren bereitet man sich im IJedarfs-
t'alle durch Abziehen und Abschmelzen von Iiöhrenstückeii in der erforder-
hchen Länge her, wobei auf das Zustandekommen einer Ku|)i)<' von
gleichmäßiger Wandstärke und Ivundung das grölite (Jewicht zu legen ist.
In diese Bomben hat man vor dem Hineinfallenlassen der Kapillare mit
der gewogenen Substanz bei ILTlogenbestimmungen ein haiifkorngrories
Stück Silbernitrat, bei Schwefelbestimmungen ein ebenso grolies Stück
Barvumchloridi) einzubringen. Nun fügt man etwa '/« — 1 cw^ konzentrierte
Salpetersäure zu, indem man sie unter Schiefhaltung der Itombe und
Drehen derselben die Wände herunterlaufen läßt, so daß eventuell höher
haften gebliebene Substanzteile mit heruntergeschwemmt werden können.
Nun wird die Bombe sofort in kunstgerechter Weise unter Bildung einer
gleichmäßig gestalteten dickwandigen langen Kapillare vor der Oebläse-
flamme, an ihrem offenen Ende geschlossen und in der russenden Flamme
diese Stelle gekühlt. Je nach Bedarf wird nun die Bombe in einem kleinen
Schießofen auf 200" oder auf eine höhere Temperatur zwei Stunden lang oder
noch länger erhitzt. Wegen des engen Querschnittes sind diese Bondx'u außer-
ordentlich widerstandsfähig und vertragen anstandslos eine p]rhitzung bis zu
800«, ohne daß Gefahr des Springens vorhanden ist, es sei denn, daß derB.oden
der Bombe oder die Kapillare nicht kunstgerecht ausgeführt worden sind, oder
daß man auf die Kühlung in der mssenden Flamme vergessen hat. Nach
erfolgter Erhitzung und Auskühlung des Schießofens kann man die Bond)e
getrost herausnehmen und öffnet sie, indem man mit dem Glasmesser
die Kuppe der KapiUare abschneidet und abbricht. Das (Hfnen der Kapillare
in der Flamme ist insofern wenig empfehlenswert, als sich bei der Er-
hitzung oft durch das Auskristallisieren von Baiyumchlorid oder Silber-
nitrat die Kapillare verstopft, uiul man dann erst noch zum Abschneiden
derselben schreiten muß. Nun wird die Bombe äußerlich gereinigt ; in
2/3 ihrer Länge schneidet man sie mit dem Glasmosser an, entfernt aus
diesem Schnitt durch Al)wischen alle Glassplitter und berührt die Stelle
bei schräg gehaltener Bombe mit einem glühenden (ilasfropfeu. Man ver-
hindert dadurch das Hineinfallen von Splittern. Das abgesprengte ver-
jüngte Ende der Bombe setzt man verkehrt auf den übrigen Teil der
Biombe, den man zweckmäßigerweise in ein Eprouvettengestell stellt,
und füllt ihn mit siedendem, destilliertem Wasser aus einer kleinen
Spritzflasche, deren Spitze eiiu'U haarfeinen Strahl liefert und die mittelst
eines Kautschukschlauches leicht beweglich an das Steigrohr aui:etügt
ist. Nun bringt mau an den Band des Tisches eine reine , mit Schnabel
und ebenem Boden versehene Abdampfschale (Seh) aus (ilas mit einem
') Die Notwendigkeit dieser Maßnalune hat sich schon nach den ersten Versuclien
im vertlussenca Winter herausgestellt, weil sonst die Werte für den Schwefel stets zu
niedrig ausfielen.
1352 Fritz Pregl.
Inhalt von 50 — 70 cm^, entfernt den oberen Teil der Bombe und ent-
leert ihren unteren Teil in diese Schale, indem man den heißen feinen
Wasserstrahl schräg nach aufwärts in das Innere derselben richtet. Dabei
fällt insbesondere, wenn man die Röhre dreht und durch etwas Aufklopfen
auf den Tisch nachhilft, sow^ohl die Kapillare in die Schale, als auch der
entstandene Niederschlag von Halogensilber, eventuell Baryumsulfat. Das
Nachwaschen des Bombeninnern in der geschilderten Weise wiederholt man
noch mehrmals und falls gewisse Anteile des Niederschlages in seltenen
Fällen nicht durch den Wasserstrahl allein zu entfernen wären, bedient
man sich eines kleinen Federchens (Fig. 296). Dieses schneidet man sich
aus einer feinen Hühnerfeder zurecht und kittet das 1 — l'^/.,cm lange
Endstück derselben in eine dickwandige Kapillare mit Harzkitt ein, wie
die nebenstehende Zeichnung es darstellt. Nun ergreift man mit der sorg-
fältig zuvor gewaschenen und ausgeglühten Platinspitzenpinzette die am
Boden der Glasschale liegende Kapillare in der Mitte , hält sie vertikal über
der Schale und spült sie auf das sorgfältigste sowohl außen als innen ab;
auch hier wird man in manchen Fällen genötigt sein, mit der kleinen
Federfahne 1^ — 2mal durch die KapiUare durchzufahren.
Fiff. 296.
1
i
^^^^^k
Federchen (nat. Größe).
Eine kleine Bemerkung soll hier über das ausgeschiedene Baryum-
sulfat Platz finden. Entgegen der sonstigen Erfahrung ist das in der Hitze des
Schießofens gebildete Baryumsulfat grob kristallisiert und die glitzernden
Kristalle bilden in der Regel ein Aggregat, welches die (Jberfläche des ur-
sprünglichen Chlorbaryumkristalles nachahmt. Bei Schwefelbestimmungen
ist es nun erforderlich, die das Baryumsulfat enthaltende Flüssigkeit nach
Zusatz einiger Tropfen Salzsäure völlig zur Trockne abzudampfen i) und nach
neuerlicher Befeuchtung mit verdünnter Salzsäure dies zu wiederholen, um
auch die letzten Spuren von Salpetersäure zu entfernen. Die Flüssigkeit
mit dem darin suspendierten Halogensilberniederschlag kann hingegen
ohneweiters der Filtration unterzogen werden.
Zu diesem Zwecke bedienten wir uns eines Mikro-Goochtiegels (siehe
Fig. 297) (g), den uns die Firma Heraeus in Hanau aus Platin'-) angefertigt hat.
Er hat eine Höhe von 14, einen oberen Durchmesser von 12 mm, besitzt einen
durchlochten Boden ohne ein zweites Sieb und außerdem eine Kappe (Je) samt
I
^) Eine wesentliche Zeitersparnis lassen wir beim Abdampfen dadurch eintreten,
daß wir auf das Flüssigkeitsniveau einen durch Watte filtrierten Luftstrom richten.
') Dieselbe Firma stellte mir gegenwärtig einen Mikro-Tiegel mit Filtrierschicht
aus Platinschwamm nach dem Prinzipo des „Xeubauertiegels" in den Dimensionen des
oben beschriebenen Mikro-Goochtiegels her, der den Vorteil hat, daß er stets gebrauchs-
fertig ist, und bei großer Filtrationsgeschwindigkeit die feinsten Niederschläge zurückhält.
Die quantitative Mikroelementaranalyse organischer Substanzen. 1353
Deckel (d). Sein Fcassun<israum macht uiiLrcfiihr P/o r»»3 ans und sein Ge-
\vicht beträtit rund 'd'bg. Für die Beschickung des Tief^^els riciitet man
sich ein für allemal das im Handel als (ioochlief^el-Ashest kilufliche l'rii-
parat zum Zwecke seiner feineren \'erteilun<j^ in der Weise her. dal'i man
eine Portion desselben in einer I'latinschale mit konzentrierter Schwefel-
säure, der einige Kubikzentimeter Salpetersäure beiL^efü^^t sind, zu einem
dünnen F)rei anrührt
und über der Flamme ^'r- -^'■
bis zum Sieden der
Schwefelsäure erhitzt.
In diesem Moment faßt
man die Schale mit
einer Tiegelzanj^e, die
mit Platinspitzen aus-
gestattet ist , und
taucht alles zusammen
in ein bereitstehendes
Becherglas, das min-
destens l'/, Liter de-
stillierten Wassers ent-
hält. Durch die leichte
Explosion findet eine
noch feinere Auffase-
rung des Asbestes statt
und man trennt nun
durch Abgießen der
aufgerührten Hüssig-
keit das Feinverteilte
vom etwa noch Grob-
gebliebenen. Nach eini-
ger Zeit senkt sich in
der Flüssigkeit die
Hauptmenge der Fa-
sern allmählich zu Bo-
den, während feinste
Teilchen noch in Utensilien zur Halogen- und QaecksilborbcgtiminuDir (*/,o oat. GrüOe).
^ , , A Absaiigkolben mit Gurarairing I{ und Scblauch mit (jui-t^cbhahn Qyi.
Schwebe bleiben. Diese Sch Olasschale. PtD i>latind."ckel als Intirlajro boim l.lubin. /' l'inzptt«.
,<> , , , /Federchen. Ä'Kui)ferl)lock. darauf: i; Mikrnli»ochtu<gel. A «eiui- Kanni-
entfernt man durch und d ».in u.ok.i.
wiederholtes Dekan-
tieren. Die Hauptmenge der Fasern saugt man nun auf einer Nutsehe ab
und wäscht sie, bis das ablaufende Was.ser keine Schwefelsäurereaktinn
mehr gii)t. Die abgesaugten Asbestfasern las.sen sich vom Papierfilter als
zusammenhängende verfilzte Masse abtrennen. Si«' werden in eine Flasche
geschoben und durch Cbergiellen von destilliertem Wasser in Suspension
gebracht.
1354 Fritz Pregl.
Man gewöhne sich, vor jeder Serie gleichartiger Analysen den Mikro-
Goochtiegel (g) sowie seine Kappe und Deckel in einer Eprouvette mit
verdünnter Salpetersäure auszukochen und innen mit einem an einem Zünd-
holz aufgewickelten Wattebäuschchen gut auszureiben. Nach sorgfältigem
Ausspülen wird der Tiegel, indem man ihn mit der reinen Platinspitzen-
pinzette faßt, bis zum Verschwinden der Natriumflamme im Bunsenbrenner
geglüht und hernach zum Zwecke des Abkühlens auf den schon mehrmals
erwähnten Kupferblock (K) gestellt. Man bringt den Tiegel nun zum
Zwecke der Beschickung mit der erforderlichen Asbestschichte auf die Fil-
triervorrichtung, die nur aus einem Saugkoll)en (Äj besteht, dessen Mün-
dung ein Gummistopfen verschließt, in dessen Bohrung ein nach oben bis
auf den Durchmesser des Mikro-Tiegels sich erweiterndes Röhrchen (R)
steckt. Über dieses Ende ist ein passendes ringförmiges Stück gewasche-
nen Kautschukschlauches (R) gestülpt, in welches der Tiegel bis über seine
Mitte luftdicht eingesetzt werden kann. Über das Ansatzrohr des Absaug-
kolbens ist ein 1 m langes Schlauchstück, an seinem Ende mit Quetsch-
hahn (Qu) versehen, gesteckt. Nun gießt man den Mikro-Goochtiegel mit
der aufgeschüttelten Asbestsuspension voll und erzeugt im Innern des Kol-
bens durch Ansaugen mit dem ^lunde am langen Schlauchstück ein ge-
lindes Vakuum und schließt den Quetschhahn. Steht eine Pumpe zur Ver-
fügung, so würde sich deren Anwendung beim Erzeugen des Asbestfilters
vielleicht empfehlen, weil das Durchreißen kleiner Asbestteilchen dabei nur
vom Vorteil wäre. Hingegen möchte ich von dem Gebrauch einer Pumpe
beim Absaugen der Niederschläge entschieden widerraten. Das Asbestfilter
wird mit etwas verdünnter Salzsäure gewaschen und dann durch minde-
stens sechsmalige Füllung mit siedendem Wasser gewaschen. Um die Proze-
dur abzukürzen, kann man schließlich auch das Wasser mit etwas Alkohol
verdrängen. Nach dem letzten Ablaufen alles Flüssigen nimmt man mit
den reinen Fingern den Tiegel aus dem Kautschukring, ^^ischt seinen Boden
und seine Seitenwände mit einem Gazelappen ab, setzt die Kappe auf und
bedeckt ihn mit seinem Deckel, welche beide mittlerweile auf dem Kupfer-
block in einem Exsikkator verwahrt waren.
Die Trocknung des Tiegels haben wir stets in der Weise vorgenom-
men , daß wir ihn auf einen größeren Platiudeckel (Pt) von etwa 4 cm
Durchmesser, der auf einem Dreieck ruhte,' gestellt und diesen Deckel mit
einer kleinen Flamme bis zur* mäßigen Piotglut erhitzten. Nach 5 Minuten
bringt man den Tiegel auf den Kupferblock und ohne ihn vorher gewogen
zu haben, setzten wir ihn nochmals auf die Absaugvorrichtung, um ihn
dort in der schon einmal geschilderten Weise zuerst mit Salzsäure und
dann mit siedendem Wasser zu waschen. Er wird nun nochmals getrock-
net und auf den Kupferblock gestellt. Es ist zweckmäßig, weil zeitsparend,
nach einigen Minuten diesen Tiegel auf einen zweiten Kupferblock zu setzen
oder wenigstens seine Stellung auf dem ersten zu ändern. Nach längstens
5 Minuten wird er gewogen, indem man ihn mit Hilfe der Platinspitzen-
pinzette auf die Wage stellt. Man wiederholt die Bestimmung der 5. De-
Die quautitative Mikroelcmcutaranalyse organischer Siibstuiizcn. 1350
zimale nach woitoroii 2 oder ;» Minuten und wird in der Hej^n-l finden, daCi
die (lewichtskonstanz sehon erreiciit wai-. Man wird sich auch iilicr/cu^M-n
können, daß nach ^Yiederhült(•nl Waschen und Trocknen, wenn es icldci'frei
aus<;etuhrt worden ist, immer (hissclhc Gewicht bis auf '/loo ^"</ f'"* ^^'^
Tie;^el samt Zubehör ^a^fundcn wird. l)en j^ewo^^enen Tic^M«! hrin^M man
nun wieder auf die Absaufivorrichtun*!,- und lietVuchtct zu diesem Knde iWu
Kautschukrini^- mit eini«:;en Tropfen Wasser, um eimn luftdichten \('r-
schluß zu erzeuj2;en. In den Tiegel bringt man vorsiciiti^ vom Kande her
einiue Tropfen Wasser, um die Filterschichte zu befeuchten und für Luft
undurchlässig zu machen. Nun erzeugt man durch .Vnsau^'cn mit dem
Munde im Innern des Apparate ein Vakuum , so hoch man es erreichen
kann, schUeßt den Quetschhahn und dekantiert unter Verwendun^^ einer
beiderseits zugeschmolzenen, etw a 2 nun weiten Glaskapillare als ( ilasstab
den flüssigen Anteil des Schaleninhaltes in den Tiegel. Schlielllich s|)ritzt
man mit einem feinen, heißen Wasserstrahl den Niederschlag in den Tiegel,
spritzt die Glaskapillare ab und wäscht unter Zuhilfenahme des früher
erwähnten Federchens die Schale sorgfältig etwa sechsmal mit geringen
Flüssigkeitsraengen aus, indem man sie jedesmal, das Federchen entlang,
in das Tiegelinnere fallen läßt. Zur Cberfidirnng des Schaleninhaltes ein-
schließlich des Niederschlages in den Tiegel bedienen wir uns in neuester
Zeit mit größtem Vorteil eines in jeder Apotheke käuflichen ..Augentropfers",
wodurch sich diese Operation überraschend bequem gestaltet. Man hüte
sich, die Innenwand des Tiegels oder das Flüssigkeitsniveau in demselben
jemals mit der Glaskapillare, dem Federchen oder mit dem ..Augentropfer"
zu berühren, weil das Emporkriechen der feinsten Anteile des Nieder-
schlages unbedingt zu Verlusten führen würde. Auch jetzt kann man die
letzten Anteile des anhaftenden Wassers vorsichtig durch einige Tropfen
Alkohol verdrängen und nach Abnehmen des Tiegels, Aufsetzen seiner
Kappe und seines Deckels, an die Trocknung schreiten. Diese wird bei
Halogenbestimmungen ebenfalls auf dem Platindeckel als Unterlage vor-
genommen, jedoch hoch oben über einer kleinen Flamme bei einer Tem-
peratur von ungefähr 120 — D)0° durch ."> Minuten. Soll Barvum<ulfat
getrocknet werden, so darf der Tiegel nach unseren wiederholten Heobach-
tungeu niemals mit der freien Flamme in Berührung kommen, denn die
dünnen Tiegelwände gestatten reduzierenden Gasen den Durchtritt, sie
führen das Baryumsulfat allmählich in Baryumsulfid über und eine Ge-
wichtskonstanz ist dabei nie zu erreichen. P^rst nach \'erwen(iung des
stärkeren Platintiegeldeckels als Unterlage beim (dühen des Mikro-Tiegels
ist es uns gelungen, diese stets zu erzielen. Der so getrocknete Tiegel
kommt wie früher nach Entfernung der Flamme zuerst auf t'iniire Minuten
auf den ersten und dann auf weitere ö Minuten auf den zweiten Kupfer-
l)lock in den Exsikkator und endlich auf die Wage Es wird sich empfehlen,
das Waschen und Trocknen beziehungsweise das (ilühen nochmals zu wieder-
holen; und man wird sich, im exakt durchgefidirlen Versuch, davon über-
zeugen können, daß diese fast ohne Einfluß bleiben, d. h. daß sie kaum
die Abnahme von Vioo bis Vioo »'9 bedingen.
1356 Fritz Pregl. Die quantitative Mikroelementaranalyse organ. Substanzen.
Einige Beleganalysen.
Chloralhvtlrat 8-82 mq : 22-85 mq Ag Cl = 64-097o t'l gef.
64-31«/o „ ber.
p-nitro-benzylchlorid 6 05 „ : 5-07 ,. ,. = 20-737o „ Sef.
20-67«/o „ ber.
Tribromphenol 660 „ : 11-25 ,. AgBr = 72-547o Br gef.
612 „ : 10-45 ,. „ = 72-667o . „
72-487o „ ber.
o-Brombutyryl-pheuylalanin . . 4-91 „ : 294 „ „ = 25-487o ,, gef.
25-45'' 0 r ber.
a-Bromisocapronvl-pbenylalanin . 8-18 „ : 448 „ ,, = 23-3l7o « gef-
23-367o V ber.
Sulfonal 10-10 „ : 20-60 „ Ba SO, = 28-02°, „ S gef.
28-107o ,. ber.
Trional 6-56 „ : 1268 „ „ ==26-55%, „ gef.
26-487o ,- ber.
Benzohlisulfosaures Kalium . . 7-30 „ : 1002 „ „ = 18-86% ,. gef.
18-797o .. ber.
Kapillaraiitilyse.
Von J. Traube, C'hailottonhiir^-.
I. Die Methode von Goppelsroeder.
Der Name Kapillaranalyse ist zuerst von Goppelsroeder gebraucht
worden.
Goppelsroeder hat in einer Reihe umfassender Arbeiten') die IJe-
deutung- einer höchst einfachen von Schönbein angeregten Methode dar-
getan, welche für die verschiedensten Zwecke der (lualitativeu Analyse ver-
wertet werden kann.
Die Methode ist am einfachsten in der Weise ausführbar, dal) man
an einer horizontalen Aufhängevorrichtung, etwa einem Olasstabe mit
Klammervorrichtungen, eine Ileihe von Papierstreifen aus schwedischem Kil-
trierpapier (1 cm breit) aufhängt und dieselben 8 4 rm tief in die zu
analysierenden Lösungen eintaucht. l)ie ganze \'orrichtung niuli durch eine
Glasglocke, /ylindervorrichtung oder dergleichen nach aulien hin abge-
schlossen sein.
Die Analyse der Lösungen etc. wird alsdann dadurch ermöglicht, dali
im allgemeinen für das Lösungsmittel und jeden der gelösten Stoffe ver-
schiedene Aufstieghöhen charakteristisch sind, .so dal» beispielsweise in
einer gemischten wässerigen Farbstofflösung die verschiedenen gelösten
Farbstoffe in verschiedenen Zonen des rapierstreifens getrennt sichti)ar
werden und alsdann spektroskopisch oder chemisch identifiziert weiden
können, während das reine Wasser am höchsten steigt.
Maßgebend für die Höhe, bis zu welcher die verschied, n.u Stoffe
emporsteigen, sind einerseits deren kapillare Eigenschaften, andrerseits
ihre Adsorptionsfähigkeit auf der betreffenden Faser. Es hat sich die
allgemeine (iesetzmäßigkeit ergeben, daß je größer die Adsorptions-
fähigkeit der betreffenden Stoffe (Farbstoffe etc.) ist. um so ge-
ringer ist die Aufstieghöhe und umgekehrt.
*) ^'gl. iianientlich die zusammeiifasseiidp Darstellung,' iilier Kapillaraiialjsc, er-
schienen bei Steinkopff. Dresden li)10, daselbst Literaturanpabc S. o, oder Kolloidzcit-
schrift. Bd. 4, 5 und 6. (iojipclsroei/i'rs Arbeiten, aiicli I'rlrt-Jolin f, Die Theorie des
P'ärbcprozesses. Steinkopff, Dresden lUlU. S. 120. Da.sclbst weitere Literatur.
1358 J- Traube.
Außer von der Natur des betreffenden Stoffes und der Faser (Pa-
pier, Leinen, Wolle, Seidenzeug etc.) hängt die i\.ufstieghöhe noch von ver-
schiedenen Umständen ab:
a) Die Eintauchzone des Papierstreifens in die Flüssigkeit darf nicht
zu gering sein, wenn Konstanz der Aufstieghöhe erzielt werden soll. Sie
muß mindestens 2 cm betragen.
h) Die Aufstieghöhe wächst mit der Zeitdauer des Eintauchens. Nach
Wo. Ostwald '^) gilt die Gleichung SrrKt", wo S die Aufstieghöhe und
t die Zeit darstellt, während K und m Konstanten sind.
c) Die Aufstieghöhe wächst im allgemeinen mit Zunahme der Kon-
zentration der Lösung.
d) Mit Erhöhung der Temperatur findet meist eine Erniedrigung der
Aufstieghöhe statt.
Es ist auch nicht gleichgültig, ob der Papierstreifen vorher feucht
oder trocken war, und ob der äußere Luftzug durch Anwendung einer
Deckglocke ferngehalten wird oder nicht. Aus alledem folgt, daß man, um
vergleichbare Ergebnisse zu erlangen, stets unter denselben äußeren Um-
ständen arbeitet.
Über die Ergebnisse, welche nach dieser zwar rohen, aber biologisch
in verschiedener Hinsicht wichtigen Methode gewonnen sind, bei Unter-
suchungen von Farbstofflösungen, Harnen, Milch, Butter, Pflanzensäften etc.,
vgl. Goppelsroeder, Pelet-Jolivet, 1. c. und die übrige, daselbst angegebene
Literatur.
II. Kapillaranalytische Methoden von J. Traube.
Während Goppelsroeders wesentlich quaütative Methode auf Erschei-
nungen der Kapillarität und Adsorption beruht, fußen die kapillaranaly-
tischen Arbeiten des Verfassers dieses Kapitels lediglich auf Messungen
der Oberflächenspannung.
Im Prinzip sind daher alle diejenigen Methoden zur Messung der
Oberflächenspannung verwendbar, welche in den physikalischen Lehrbüchern
abgehandelt werden. Es hat sich indessen gezeigt, daß die vom Verfasser
ausgebildete und in die biologische Praxis eingeführte Tropfmethode für
biologische Zwecke allen anderen Methoden weitaus überlegen ist, und
soUen daher die für diesen Zweck hergestellten Apparate: das Stalagmo-
meter und das Viskostagonometer, in erster Linie beschrieben werden
und im Anschluß daran das Kapillarimeter, lediglich nur deshalb, weil
dieses die alte klassische Apparatur der Oberflächeuspanimngsmessungen
darstellt und eine Kontrolle der Genauigkeit stalagmometrischer Messun-
gen ermöglicht.
Das Stalagmometer.
Wenn man an einer sehr sauber gehaltenen kreisförmigen Fläche
von 6 — 8 mm Durchmesser bei langsamem Ausflusse Tropfen sich bilden
1) Wo. Ostwald, Koll. Zeitschr. II. Suppl. S. 20. 1908.
KupillaraiKilyst'. 1 ;-if)<)
läßt, SO werden dieselben anßerordentlich ^deichniiUiij,'. und d;i der Tropfen
einer Flüssigkeit ein Maß ihrer OberfliicJK'nspannnng ist, so kann man mit
Hilfe eines geeigneten Tropf apparates diese Konstante mit großer (icnauig-
keit bestimmen (vgl. auch Kohlmusch, Prakt. Pliys,).
Die Tropfenvolnmina zweier Flüssigkeiten verhalten >icli din-kt wie
die Steighöhen im kapillaren Kohre. AVälilt man als Xoiniainiivsiirkeit das
Wasser, so kann man. da dessen Konstanten der Oberfliicheiispaiinmig ge-
nau bekannt sind, leicht aus dem Tropfenvolumen die Oberflärhenspannung
auch im absoluten Maße bestimmen.
Bei dem als Stalagmometer bezeichneten einfaclieii Tropfapparate
bestimmt man nun nicht das Tropfenvolumen, sondern die re/i|)roke (iröße.
d. i. die Anzahl der in einem bestimmten Volunn'ii enthaltenen Tntpfen,
1. für die betreffende Flüssigkeit, 2. für Wasser. l)as Verhidtni^ dieser
Tropfenzahlen steht demgemäß im umgekehrten \erhältnis zu den
relativen Steighöhen im kapillaren Rohre. Fig. 298.
Der Apparat besteht im wesentlichen aus einer durch zwei
Marken a und b abgegrenzten Kugel, einer Kapillarröhre c, welche
das Abtropfen verlangsamt, sowie einer sorgfältig abgeschliffenen
Abtropffläche d. Oberhalb und unterhalb der beiden Hauptmarken a
und b befindet sich noch eine kleine Skala, welche Kruchteile eines
Tropfens abzulesen gestattet.
Bei Benutzung des Apparates sorgt man vor allem für völlige
Reinheit der Abtropffläche. Dieselbe wird nie mit dem Finger be- (^^
rührt und von Zeit zu Zeit mit einem heißen Gemisch von Kalium-
bichroraat und konzentrierter Schwefelsäure oder auch bei l'nter-
suchung eiweißhaltiger Flüssigkeiten mittelst Kahlauge und nach-
her Säure gereinigt.
Die Flüssigkeit wird alsdann am l)esten mit Hilfe der Üa
Wasserstrahlpumpe oder auch mit Hilfe eines (iummiballs ange-
sogen, und man zählt nun nach Feststellung der Temperatur die Zahl der
Tropfen für die betreffende Flüssigkeit, nachdem znnäch>t der .\pparat bei
derselben Temperatur für Wasser geeicht worden ist.
Man achtet darauf, daß sich allerhöchstens 20 Tropfen in der Minute
loslösen: ist der Abfluß schneller, so kann man allenfalls durch Auflegen
des Fingers eine Verlangsamung des Abtropfens herbeifühivn. Richtiger
ist es aber in diesem Falle, ein anderes Stalagmometer zu verwenden, und
werden aus diesem Grunde verschieden schnell tropfende Stalagmonu'ter
in einem Satze zu o Stück von der Firma C. Gerhardt in Bonn geliefert.
Die grade Form HI läßt ein schnelleres Abtropfen zu wie die beiden an-
deren Formen I und H und dient zur Untersuchung zäher Flüssigkeiten.
J)ie Formen I und II unterscheiden sich nur durch die verschiedene (Jröüe
des kugelförmigen \'olumens.
Erschütterungen iin Zimmer, welche ein zu schnelles Poslösen des
Tropfens hervorrufen können, sind zu vcrmeitlen. ebenso achte man stets
darauf, daß die Abtropffläche völlig vom Tropfen benetzt wird, und dal'i
l;}60 J- Traube.
keine Luftblase in demselben enthalten ist. Werden diese leicht zu befol-
genden Vorsichtsmaßregeln beachtet, so kann, wenn man mit Hilfe der
kleinen Skala noch Zehnteltropfen abschätzt, bei zwei wiederholten Versuchen
mit derselben Flüssigkeit leicht eine Genauigkeit bis auf 005 Tropfen erzielt
werden. Da ein Tropfen nur ausnahmsweise in dem Augenblick abtropfen
wird, wo die Flüssigkeit bei der oberen Marke a angelangt ist, so liest
man die Anzahl Teilstriche ab oberhalb und unterhalb von Marke a und
ebenso am Schlüsse des Versuches oberhalb und unterhalb von h, welche
dem ersten beziehungsweise letzten Tropfen entsprechen. Angenommen
20 Teilstriche entsprächen 1 Tropfen, davon hätten sich 8 oberhalb und
12 unterhalb von Marke a befunden, so würde der gefundenen Tropfen-
zahl 12/.,^ m 0*6 Tropfen hinzuzuaddieren sein.
Die Temperatur hat keinen großen Einfluß auf die Tropfenzahl. Eine
Steigerung der Zimmertemperatur um 5" vermehrt die Tropfenzahl von
100 Wassertropfen nur um etwa 1, 2 Tropfen. Danach ist die Temperatur-
korrektion leicht zu berechnen. Für eine bestimmte Temperatur (meist für
20°) ist die Tropfenzahl für Wasser bestimmt worden und auf dem Appa-
rate eingraviert.
Ist Z die Tropfenzahl für die zu untersuchende Flüssigkeit und Zw
die Tropfenzahl für Wasser, so ist der Quotient 100. Z:Z"^, die Tropfen-
zahl für die Flüssigkeit bezogen auf ein Normalstalagmometer, welches
100 Normalwassertropfen bei 15° ergibt. Diese Größe, d. h. die Anzahl
Normaltropfen, ist es, welche für biologische und medizinische Zwecke zu
berechnen ist. Will man, was aber nicht erforderlich ist, die eigentliche
Konstante der Oberflächenspannung y berechnen (vgl. J. Trauhes Grund-
riß der physikalischen Chemie bei Encke, Stuttgart 1904, S. 146), so ist 1
Zw
zu .setzen bei 15" y = 71ö8'4s. -^ Ergs., wenn s das spezifische Gewicht
der betreffenden Flüssigkeit bei 15° bedeutet. Für biologische und medi-
zinische Zwecke genügt indessen fast immer die Angabe der relativen
Tropfenzahlen von Wasser und der betreffenden Flüssigkeit.
Tropfenzählapparat. ^
Da, wenn man zahlreiche Bestimmungen vorzunehmen hat, das Tropfen-
zählen eine etwas langweilige Beschäftigung ist, und man sich auch hin
und wieder beim Zählen irren kann, so wurde von der Firma C. Gerhardt
ein automatischer Zählapparat hergestellt, welcher zuverlässig arbeitet.
Man läßt den Tropfen auf die Mitte einer Zelluloidplatte fallen. Hier-
durch wird mit Hilfe eines Quecksilberkontaktes ein durch zwei hinter-
einander geschaltete Trockenelemente gespeister Stromkreis geschlossen
und mit Hilfe eines P^lektromagneten der Zahn eines Zeigerwerkes derart
in Bewegung gesetzt, daß bei jedem auffallenden Tropfen der Zeiger um
einen Zahn weiterrückt. Mit Hilfe eines Stiftes, welcher in entsprechende
Öffnungen der Zeigerskala eingesetzt werden kann, sorgt man dafür, daß
Kapillaraiialyse.
i:;e;i
Fig. 29g.
durch den vomickeiiden Zeiger im ncwiiiischten Auj^^Mihlickc ein Stroin-
schlul.'. lierbeifieführt wird, wcIcIkt ein Kliii-ielwcik in Tiitifrkeit setzt, da-
mit der Beobachter vor .Sciiliii; des Versuches um Ap|):irate erscheint.
Ein Ilnterhrechei- an (h'r AiiCiciiseitc des Verscliliir)kastens des Appa-
rates ermöglicht es. den Strom im fiej-ehciicn >[om<-iit. nachdem man di<'
Bruchteile des ersten Tropfens ahf^c-
lesen hat. einzuschalten und vor dem
letzten Tropfen wieder auszuschalten.
Der .\pparat führt zu liuten
Ergebnissen, wenn man Sor^e trägt,
daß der auffallende Tropfen aus der
richtiiien Höhe möiilichst auf die
Mitte der Zelluloidplatte herabfällt,
und wenn man ferner die C^)uecksilber-
menge, welche den Kontakt herbei-
führt, so abmilit, oder den Kontakt-
stift so einschraubt, daß jeder fallen-
der Tropfen nur einmal und nicht
etwa zweimal den Kontakt herbei-
führt. Bei geringer Cbung- wird man in bezug auf die ?:iii^tellung leicht
die nötige Sicherheit erlangen.
Das Viskostagonometer.
Das Viskostagonometer (C. Gerhardt in Bonn) dient zur P>estimmung
der Konstante der Oberflächenspannung und derjenigen der inneren
Reibung.
In bezug auf die Konstante der Oberflächenspannung ist
dieser Apparat dem Stalagmometer namentUch dann vorzuziehen,
wenn nur sehr kleine Hüssigkeitsmengen zur Verfügung stehen:
denn man kann mit Hilfe des Viskostagonometers die olierflächeii-
Fig. 800.
Spannung und auch die innere Reibung noch sehr genau lie-
stimmen, wenn man auch nur zwei bis drei Tropfen etwa eines
Serums zur Verfügung hat. Die Genauigkeit der Bestimmung ist
ebenso groß wie diejenige mit Hilfe des Stalagmometers und eine
Bestimmung jeder der beiden Konstanten dauert nur H 4 Mi-
nuten.
Das Viskostagonometer besteht im wesentlichen aus einer
geteilten Skalenröhre «, welche unten in eine engere Kapillar-
röhre h ausläuft, die wiederum in der Abtropffläche <■ endigt.
Mit Hilfe der Pumpe wird der Apparat gefülli und mau
bestimmt hier direkt die Zahl
mehreren Tropfen, 1. der Flu
Dieses Veihältnis ist direkt proportmnal dem Nerliältnis der ^* — 0
kapillaren Steighöhen. Damit man beim Herabfallen des ersten Tropfens
gleichzeitig den fallenden Tropfen beobachten und den entsprechenden
Abderhalden, Handbuch der biochemisrhon Arboitsmetbodcu. V. g(J
-Ä
S
SO
tlllVt «IVI J.\.IJ tmi IKK ^\ IMIH IIIIM lllllU
1 der Skalenstriche, welche einem oder L
issigkeit, -J. des Wassers entsprechen, j
proportional dem Verhältnis der **
1362
J. Traube.
Fig. 301.
Teilstrich am oberen Teile der Skalenröhre ablesen kann, wird ein Stativ
beigegeben mit zwei rechtwinklig zueinander stehenden Spiegeln, welche
das Bild des fallenden Tropfens im oberen Spiegel widerspiegeln. Man
sieht hierbei scharf auf die Skala und erkennt, indem man ein wenig nach
dem Spiegel hinschielt, leicht die Reflexe des fallenden Tropfens.
Soll die Reibungskonstante festgestellt werden, so bestimmt man für
die betreffende Flüssigkeit mme für Wasser bei der gleichen Temperatur
die Ausflußzeit vom Teilstrich 0 — 400 oder 500. Das Verhältnis der Aus-
flußzeiten ist dann gleich der spezifischen Zähigkeit. Da die Reibung von
der Temperatur mehr beeinflußt wird als die Oberflächenspannung, so
empfiehlt es sich, für sehr genaue Messungen die Skalenröhre mit einem
Mantel nach Art des Liebig/schen Kühlers nebst Thermometer zu versehen.
Indessen im allgemeinen wird man von der Beschaffung dieses Mantels
absehen können.
Das Kapillarimeter.
Das Kapillarimeter (C. Gerhardt) besteht aus einem kapillaren Rohre
und einer Skala aus Milchglas, sowie einem Stativ, welches mit einer Fein-
stellschraube versehen ist, die die genaue Einstellung der unteren Spitzen
der Skala auf die Flüssigkeitsoberfläche gestattet. Diese Spitzen entsprechen
dem Nullpunkt der in halbe Millimeter ge-
teilten Skala. Bei den ^'ersuchen wird so
verfahren, daß man zunächst die Röhre stets
absolut rein erhält. Das geschieht in der
Weise, daß die Röhre von Zeit zu Zeit mit
konzentrierter Salpetersäure gereinigt wird,
sowie nach jeder l^)eobachtung durch Auf-
saugen von Wasser und Alkohol (nicht
Äther). Man verfährt hierbei so, daß man
nach Füllung mit der Flüssigkeit beim
Trocknen der Röhre dieselbe mit der Pumpe
verbindet und gleichzeitig das andere
Röhrenende mit einer mit Schwefelsäure
gefüllten Flasche. Damit hierbei kein Staub
in die Röhre gelangt, lüftet man nach er-
folgtem Trocknen zunächst stets das an der
Pumpe befindhche Röhrenende. Es wird
auch dafür gesorgt . daß bei der Füllung
mit Alkohol oder Salpetersäure die Flüssig-
keit nicht etwa in den mit der Röhre verbundenen schwarzen Kautschuk-
schlauch eintritt und durch gelöste oder zersetzte Kautschuksubstanz die
Röhre verunreinigt wird. Sorgt man in dieser Weise für die Reinhaltung der
Röhre, so kann dieselbe jahrelang benutzt werden. Die gereinigte und ge-
trocknete Röhre wird nun nebst ihrer Skala möglichst vertikal in das Stativ
eingespannt und nun die Stativschraube so gedreht, daß die unteren Spitzen
Kapillaranalyse. 1 363
möglichst gleichzeitig die Flüssigkeitsoherflächo berühren. Alsdann saugt man
zwei- bis dreimal die Flüssigkeit unter \'ermeidiin.u von Speicheleiiifliiij etwas
über den definitiven Stand des Flüssigkeitsnieniskus empor und beobachtet
nun mit Hilfe einer Lupe die Stellung des Flüssigkeitsmeniskus: doch
darf man beim Ablesen nicht länger als eine hali)e bis eine Minute warten,
da sonst eine Inkonstanz der Steighöhe infolge mangelnder l'.enetzung der
Ptöhrenwand eintreten könnte. Man wiederholt die Beobachtung, indem man
stets vorher die Röhre in der oben geschilderten Weise trocknet, und darf
der Unterschied zweier Ablesungen nicht mehr als höchstens 0*2 mm be-
tragen. Für \aele Zwecke wird es genügen, wenn man die Steighöhe der
betreffenden Flüssigkeit auf Wasser bezieht, und sind die Apparate bei
einer bestimmten Temperatur für Wasser geeicht. Will man die Kai)illari-
tätskonstanten in absolutem Maße berechnen, so sei auf die verschiedenen
Lehrbücher, welche sich mit physikalisch-chemischen Methoden beschäftigen,
beispielsweise physikalisch-chemische Methoden von J. Traube, Leopold Voss,
Hamburg hingewiesen.
Es sei indessen nochmals ausdrücklich bemerkt, dali das Kapillari-
meter für eiweißhaltige Flüssigkeiten und sonstige Kolloidlösungen, durch
welche die liöhre leicht verunreinigt wird, ebenfalls für sehr zähe Flüssig-
keiten nicht zu empfehlen ist. Für die meisten biologischen Zwecke sind
daher die Tropfmethoden ganz wesentlich vorzuziehen, dahingegen wird in
vielen anderen Fällen das Kapillarimeter, dessen Handhabung bei l!eob-
achtung der kleinen Vorsichtsmaßregeln auch sehr einfach ist, vortreffliche
Dienste leisten können. Die Bestimmung der Oberflächenspannung mit
diesem Apparat läßt sich in wenigen ^Minuten herl)eiführen.
Konzentrationsbestimmungen sowie Bestimmungen der Löslich -
keit, Teilungs- und Adsorptionskoeffizienten auf kapillaranalyti-
schem Wege.
Während Salze, starke Mineralsäureii und Basen, sowie mehrere
Hydroxyl- und Amidogruppen enthaltende organi.sche Stoffe die Oberflächen-
spannung des Wassers nur wenig beeinflussen (kapillarinaktive Stoffe,
Stoffe mit großem Haftdrucke), bewirken Stoffe, wie Äther, Ester, Aldehyde.
Ketone, Fettsäuren, die gewöhnlichen Alkohole etc. (kapillaraktive Stoffe,
Stoffe mit geringem Haftdrucke) bei ihrer Lösung in Wasser eine sehr
erhebliche Verminderung der Oberflächenspannung.')
Dieser Umstand ermöglicht e.s. mit Hilfe des Stalagmunieters oder
Kapillarimeters oft sehr genaue Konzentrationsbestimmungen von
selbst geringen Mengen solcher kapillaraktiver Stoffe nicht nur in reinen
wässerigen Lösungen, sondern auch bei Gegenwart größerer Mengen
kapillarinaktiver Stoffe auszuführen-), eine Feststellung, die auch für
') J. Traube, Ber. d. Deutsch, ehem. Ges. 17. 2204. 1884 iiiul Uehit/s .Viwi.
265. 27.
2) J. Traube, Ber. d. Doutscli. iliom. Ges. l'J. 85»2. 1880; 20. 2041. 2825. 2829 ii.
2831. 1887.
86*
2364 ^" Traube.
biologische und medizinische Zwecke (siehe w. u. Harn, Mageninhalt etc.)
von Bedeutung ist.
In einem Stalagmometer, welches 100 Wassertropfen gibt, wird bei-
spielsweise durch Zusatz von l^/o Natrium chlorid die Tropfenzahl nur um
einen kleinen Bruchteil eines Tropfens vergrößert, während der Zusatz
von l7o Amylalkohol die Zahl der Tropfen von 100 auf etwa 182 an-
Avachsen läßt.
Unter diesen Umständen kann man auch für kapillaraktive Stoffe
feststellen, ob und eventuell welche Mengen in Wasser löslich sind.^)
Besonders sei hingewiesen auf die vortreffliche Anwendbarkeit der
Methode zur Bestimmung von Teilungs- und Adsorptionskoeffi-
zienten.2)
Bei der Bestimmung der \ erteilung eines organischen Stoffes zwischen
einer wässerigen und einer festen Phase oder einem organischen Lösungs-
mittel hat man sich bisher fast immer darauf beschränkt, gelöste Säuren oder
Basen zu untersuchen, da diese Stoffe sich leicht titrieren lassen, während
die Konzentrationsbestimmungen bei anderen gelösten, namentlich verdampf-
baren Stoffen oft Schwierigkeiten machen. Nach der kapillaranalytischen
Methode ist es aber sehr leicht, für einen gelösten kapillaraktiven Stoff
(Ester, Äther, x\lkohol etc.) die Konzentration der wässerigen Phase vor
und nach dem Schütteln mit der zweiten Phase aus der Tropfenzahl oder
Steighöhe zu bestimmen, wenn man für eine Anzahl wässeriger Lösungen
von bestimmtem Gehalte die Oberflächenspannungen vorher festgestellt hat.
Ist die zweite Phase in Wasser ein wenig löslich (wie Benzol etc.), so ist
eine entsprechende kleine Korrektion anzubringen.
Kapillaranalytische Diagnose von Krankheiten.
Auf Grund theoretischer Erörterungen ») gelangte der Verfasser dieses
Kapitels zu der Auffassung, daß bei manchen Erkrankungen des Magens
und der Nieren ()l)erflächenspannungsdifferenzen der verschiedenen Magen-
säfte und Urine eintreten dürften, auch machte er zuerst auf die ver-
schiedene Kapillaraktivität von Toxinen und Antitoxinen aufmerksam.
Hiermit im Einklänge zeigten sodann Traube und Blumenthal ^), daß
die Tropfenzahl des gesunden Mageninhalts sowie auch diejenige bei
leichteren Verdauungsstörungen um einen Mittelwert von 118 — 126 Nor-
maltropfen herum schwankt. Bei schweren Erkrankungen, wie Karzinom,
Pylorusstenose etc., wurden dagegen fast immer wesentlich größere Tropfen-
^) Motylen-ski, Zeitschr. anal. C'heni. 38. 417. 1904.
-) Trmihe, Fflitgers Arch. ges. Phys. 105. 552. 1904 u. \evh. d. deutsch, physik.
Ges. 10. 900. 1908.
3) Pflügers Arch. ges. Phys. 105. 541 u. 559. 1904; 123. 419. 1908; 132. 551.
1910 u. 140. 109. 1911.
*) Trauhe und Blumenthal, Arch. f. exp. Path. u. Therap. 2. 117. 1905, ferner
Kunoff, In.-Diss. Berlin 1905. — Bickel, Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 28 und
Frl. Rascher, In.-Diss. Berlin 1905.
Kapillaraualyse. 1360
zahlen der frisch zu untersuchcMulcii .Ma^n-niiihalto = 120 hei löO Nornial-
tropfen festgestellt. Mine größere 'rroptcnzahl t'iilirt liahcr — bei Abwesen-
heit von Galle — zu dem NCrd.iclit. d.iH eine schwere Erkrankinig
vorliegt.
Zahlreiche rriiiunteisiichiinijcii ' ) liilnten zu den iMj.-^ehnissen. dal',
normale Urine und alle diejenigen pathologischen l'rine, die von gut ar-
beitenden Nieren abgesondert werden, Troi)fenzahlen ergeben, die etwa
zwischen den Grenzen 102 bis 115 Xormaltroj)t'en sich bewe^rrn. Sobald
aber die Nieren schlecht arbeiten (Nephritis mit Pepton-ichalt, Lebercirrhose,
Ovarialkrebs, schwere Pneumonie, Karzinom der (ialleiiblase etc.), wurden
Normaltropfen von 115^140 Tropfen beobachtet. Die Arbeitsfiihi^keit der
Nieren und die Oberfliichenspannuiig der Urine gehen dei- Tln-oi-ie u-emiilt
(siehe 1. c.) einandei" parallel. Die täglich festzustellenden 'i lopfenzahlen
der Urine eines Kranken ergeben häufig ein getreues l'.ild de< Krankheits-
verlaufes.
Auch für die direkte Untersuchung des Blutes scheinen die kapillar-
analytischen Methoden von Wert zu sein: demi. während normale, mensch-
liche 8era etwa 109 — 112 Normaltropfeu ergaben, wurden für urämische
Sera 11(5 — 118 Normaltropfen gefunden.-)
Methoden von M. As coli und I^a?-.
Von besonderer Bedeutung in diagnostischer Beziehung dürfte die
vielbeachtete kapillaranalytische Methode zur Diagnose von Krebs, sowie
auch Lues. Tul)erkulose. Typhus etc. sein, welche wir .1/. Jsfo// und /cor ')
verdanken.
Die itaUenischen Autoren 3) fanden, dali in geeigneter Weise herge-
stellte Extrakte aus Rattensarkomen und menschlichen Tumoren mit passt'ud
verdünnten Blutseris Karzinomatösei- vermischt nach Krliitzen im Brut-
schranke eine nach der Tropfmethode leicht mel.W)are \'erminderung (h-r
Oberflächenspannung (Erhöhung der Tropfenzahl) ergaben, wie sie in dem
Maße bei Verwendung des Blutserums Cesunder oder an anderen Krank-
heiten Erkrankter nicht eintrat. In ähnlicher Weise reagieiten geeignete
Typhusbazillenextrakte auf Typhusserum, luetische Milzextrakte auf Lue.'^-
serum und ebenso trat bei Tuberkulose sowie der Echinokokkenerkrankuni;
eine derartige spezifische Reaktion ein („Meiostagminreaktiou").
*) Traube, Blumenthal und Kunoß', 1. c, ferner Dillanl uml Dieulafe, {'. r. Soc.
Biol. 1904—1907.
^) Vgl. Bickcl, Koscher, Kunoß', 1. c.
') M. Äscoli, Müuchener med. Wocheuschr. 1910. Nr. 2. — -t.vro/i und /ror, ibid.
1910. Nr. 4, 8, 18. 22 u. 41, — Izar, Biochcm. Zoitsclir. Hd. 29 und H.'rlincr klinische
Wochenschr. 1911. Nr. 39. — Michrli und Vatoretti, WiiMier klin. Wochonsolir. 1910.
Nr. 44. — Tedesco, ibid. 1910. Nr. 2Ü. — Verson, iltid. 1910. Nr. 30. — de Agostini,
Med. Klin. 1910. Nr. 29. — d'Este, Berliner klin. Wochenschr. 1910. Nr. 19. — Stahiltm,
ibid. 1910. Nr. 32. — Stammler, Müncbener med. Wdchcnsclir. 1911. Nr. 30 und Krllin;;.
Wiener klin. Wochenschr. 1911. Nr. 3.
1366 J- Traube.
Größte Sorgfalt ist zu verwenden auf die Herstellung der Extrakte
— der sogenannten Antigene, und es sei hier in bezug auf manche kleine
Einzelheiten auf die angegebene Literatur hingewiesen.
Bei bösartigen Geschwülsten wurde zunächst so verfahren , daß der
verriebene Tumorbrei 24 Stunden bei 37^ mittelst 95o/oigen Alkohols
wiederholt extrahiert wurde. Der Tumorrückstand wurde alsdann bei 50<>
auf dem Wasserbade getrocknet, alsdann nach dem Verreiben mehrere
Male 24 Stunden lang mit warmem Äther ausgezogen, und nach nochmaligem
Trocknen abermals mit Alkohol so lange extrahiert, bis letzterer farblos
war. Die filtrierten alkoholischen und ätherischen Extrakte wurden zum
Trocknen verdunstet und diese Trockenextrakte mit wenig Äther aufge-
nommen. Man erhielt so das Stammantigen , von welchem beim Gebrauche
verschiedene Verdünnungen durch vorsichtiges Vermengen mit physio-
logischen Kochsalzlösungen hergestellt wurden.
In späterer Zeit verfuhren ÄscoH und Izar so^), daß sie den zer-
kleinerten Tumor zunächst bei 37^ in dimnster Schicht auf Glasplatten aus-
breiteten und mittelst eines warmen Luftstromes rasch trockneten; darauf
wurde der getrocknete Tumorbrei im pulverisierten Zustande 24 Stunden
lang bei 37" über Chlorkalzium weiter getrocknet und alsdann zermahlen.
Die trockene Tumormasse wurde bei 50<> in geschlossenen Gefäßen extra-
hiert, indem je b g Tumorbrei mit 25 cm^ Methylalkohol versetzt wurden.
Nach genügendem Auskochen wird mittelst eines geeigneten Filtrierpapiers
(Schleicher & Schüll Nr. 598) zunächst heiß und nach dem Erkalten noch-
mals filtriert.
Von den Antigenemulsionen wurden nun Verdünnungen hergestellt von
Vio. V20. V'ioo. Viooo etc. und je Icm^ dieser Verdünnungen mit Gcm^des
mittelst physiologischer Kochsalzlösung auf '/oo verdünnten Blutserums
versetzt. Es wurde in einem Stalagmometer (Tropfenzahl für Wasser
50 — 60 Tropfen) die Tropfenzahl bestimmt einmal vor dem Erwärmen im
Brutschrank, das andere Mal nach etwa 2stündigem Erwärmen in dem-
selben. Rührte das Serum von einem tumorkranken Menschen her, so
wurde bei Anwendung passender Verdünnungen der Antigene nach dem Er-
wärmen eine Erhöhung der Tropfenzahl von meist 4 — 8 Tropfen beobachtet,
während bei Normalseris etc. die Tropfenzahl sich nur um 1 oder aller-
höchstens 2 Tropfen erhöhte. Dringend erforderlich erwies es sich aber,
die parallelen Versuchsreihen mit dem Normalserum und dem zu prüfenden
Serum bei verschiedensten Antigenverdünnungen (bis zu 1 : 10.000) durchzu-
führen, da namentlich bei den nach der älteren Methode hergestellten Extrakten
die optimalen Abweichungen erst bei größeren Verdünnungen eintraten. 2)
Micheli und Catoretti haben übrigens 1. c. festgestellt, daß die Re-
aktion bei karzinomatösen Erkrankungen auch gelingt, wenn man anstatt
der Tumorextrakte normale Pankreasextrakte verwendet.
0 Vergl. u. a. Izar, Münchener med. Wochenschr. 1911. Nr. 39.
^) Über den Grad der Zuverlässigkeit der Methode vergl. auch Izar, 1. c.
Kapillaranalysc. \ 3f;7
Über die Herstellung der Antigene bei Syphilis. Typhus etc. siehe
die angegebene Literatur, vgl. auch die Zusaninicnstelliing der Arbeiten
und ihrer Ergebnisse bei Th. Hirsch fdd , Dcutsclic med. Wochoiischr.
1911. Nr. 27 bis 29.
Der Umstand, daß viele Autoren bei der Ausfülinnig der ka|)illar-
analytischen Methode von AscoU und har keine Krfolgc er/idt haben, ist
zweifellos auf die große Labilität der sogenannten Antigene zurückzuführen.
Durch Schütteln werden dieselben bereits zerstört, auch Temitcratur-
differenzen , ferner die Art der Verdünnungen können von üblem Einflüsse
sein, und es ist daher sorgfältig auf verschiedenste kleinste Einzelheiten zu
achten, welche — nach den bisherigen Erfahrungen — besser als durch ein
Lehrbuch und die angegebene Literatur durch persönliche Unterweisung
in der Ausübung der Methoden erfahrener Forscher erlangt werden
kann. ^)
Kapillaranalytische Bestimmung der pharmakodynamischen und
toxischen Wirksamkeit von Arzneimitteln und Giften.
In theoretischen Arbeiten (siehe Pflügers Archiv 1. c.) hat der \'er-
fasser dieses Kapitels dargetan, daß das gesamte osmotische Verhalten ge-
löster Stoffe in erster Linie durch die Oberflächenspannung bestimmt ist.
Je mehr ein Stoff die Oberflächenspannung des Wassers vermindert, um
so leichter diosmiert derselbe meist durch Membranen. Von der Fähigkeit
der Osmose hängt aber in erster Linie seine Wirksamkeit im Körper ab;
denn beispielsweise damit ein Stoff gut und schnell narkotisierende
Eigenschaften habe, muß er vor allem schnell die Zellen durchwanderu
können.
Danach wird es verständlich, daß die anästhesierende Kraft verschieden-
ster Anästhetika meist einfach den Oberflächenspannungen dei- wässerigen
Lösungen parallel geht-) und daß beispielsweise in der Kokaiureihe ') (Ek-
gonin, Novokain, Eukain, Kokain etc.) die anästhesierende Wirkung der
Alkaloide zunimmt, je mehr das betreffende Alkaloid die (Jberflächensi)an-
nung des Wassers vermindert, je kapillaraktiver das betreffende .Mkaloid
ist. Man kann nun ferner die Kapillaraktivität gelöster Stoffe viefach
steigern durch Zusatz anderer Stoffe, so beispielsweise zahlreicher Alkaloid-
salze (Chinin, Kokain, Atropin etc.) durch Zusatz minimaler Mengen
Alkalien*) (Natriumkarbonat etc.), und in diesen Fidlen zeigt sich, daß
*) Vergl. hierüber Izar, 1. c.
*) Traube, Pflücjers Archiv. 10.'). 555. 1U04.
^) E. Pribram, Wiener kliu. Wocheuschr. 21. Nr. 30 und (ioh/schniiclt iiinl I'ribram,
Archiv f. exp. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 6. 1. 1909.
*) Vgl. eine von J. Traube demnächst in der Bioclicni. Zoitschr. zu vomffont-
lichende Arbeit; ferner Pribrain, Pjl ii (/ers Ardnw 137. S50. 191 1. — (/Vo.--. Mündiener
med. Wocheuschr. 1910. 2042 und Lacuen, ibid. 1910. 2044.
1368 J. Traube.
Stets die Steigerung der pharmakologischen und toxischen Wirksamkeit
parallel geht der Verminderung der Oberflächenspannung beispielsweise der
Alkaloidlösung durch den Alkalizusatz, so daß eine einfache stalagmometrische
Untersuchung ausreicht, um festzustellen, ob und in welchem Maße die
Wirksamkeit eines Alkaloids etc. durch derartige Zusätze gesteigert wird.
Die kapillaranalytische Methode ist hier kaum weniger sicher als das Tier-
experiment.
Farbstoffmilieus als Aktivatoren für kapillaranalytische Wirkungen
von Salzen und Ionen.
Während unter gewöhnlichen Umständen (siehe weiter oben) Salze und
starke Elektrolyte kapillarinaktiv sind, man demnach die Konzentration
einer einfach wässerigen Salzlösung kapillaranalytisch ebensowenig be-
stimmen kann wie die Verteilung eines Salzes zwischen 2 Phasen oder
seine Adsorption durch eine feste Phase, sind diese Aufgaben für zahl-
reiche Ionen und Salze gut lösbar, wenn man die Salzlösungen tropfen-
weise (mit T. K.-Tropfglas) oder mit Hilfe feiner Pipetten in kleinen
Mengen gewissen kolloidalen Milieus zusetzt, deren Oberflächenspannung
durch den Zusatz erhebliche Änderungen erfährt. Bewährt haben sich nach
dieser Richtung besonders 2 Farbstoffmilieus: eine O^^/oige Lösung des
basischen Farbstoffes: Nachtblau und des saueren Farbstoffes: Woll-
violctt (beide Farbstoffe von der Firma E. Merck zu beziehen). Setzt man
zu 10 cin^ dieser Farbstofflösungen tropfenweise bestimmte Salzlösungen etc.
hinzu, so zeigt sich, daß vorwiegend die Anionen die Oberflächenspan-
nung und andere Eigenschaften des basischen Xachtblaus ändern, vor-
'\\iegend die Kationen dagegen die Oberflächenspannung des sauren
W^ollvioletts. ^) Namentlich giftige Ionen (Blutgifte) Avirken auch „ver-
giftend" auf diese Farbstoff milieus, so namentlich J, CNS, CIO4 etc. auf
Nachtblau, giftige Schwermetalle, xVlkaloide etc. auf Wollviolett. Quecksilber-
chlorid wirkt indessen (vielleicht anionisch) auch stark vergiftend auf Nacht-
blau , so daß man noch 1 : 3,000.000 T. Hg CI2 mit Hilfe dieses Farb-
stoffes vermöge des Stalagmometers nachweisen kann. So verminderte bei-
spielsweise der Zusatz von 1 Tropfen Y* aeq. Hg CI.2 zu 10 cm^ 0"2°/oigen
Nachtblaus die Tropfenzahl von 58"2 auf 45'5. KJ und KONS geben noch
in Verdünnungen von 1 : 300.000 Teilen der Nachtblaulösungen einen
meßbaren Tropfenausschlag, ebenso kann man mit Hilfe des Systems
Wollviolett noch 1 : 3,000.000 T. Kokain, Akonitin, Atropin etc. bestimmen.
Die Methode ist also äußerst empfindlich und kann man mittelst derselben
Mengen von Quecksilber, Jod, Alkaloiden etc. auch bei Gegenwart
.[
*) Vgl. Berliner klin. Wochenschr. 1911. Nr. 10. Deutsche med. Wochenschr. 1911.
Nr. 7. Ber. d. Deutschen ehem. Gesellsch. 1911. 44. 556 und namentlich die ausführliche
demnächstiffe Abhaudluntr in den Kolloid-chemischen Beiheften.
Kapillaraiialysc. 1;J60
zahlreicher anderer Stoffe ([Uantitativ hcstininien , wie solches nach
keinei- anderen Methode nKi^lich ist. Das Jodion verhält sich hierbei f^an/
anders wie etwa das nicht als Ion vorhandene Jod und wirkt auf das
Nachtblau in so viel höherem Malie als etwa V,v und (1. dai; die Oe^'cn-
wart derartiger Ionen die quantitative P)estininibarkeit von .lodioncn auf
diesem Wege nur wenig einschränken.
Man kann auch Jod, Quecksilber etc. auf diesem Wege kapillar-
titimetrisch bestimmen, denn wenn man beispielsweise eine bestimmte
Nachtblaulösung durch eine bestimmte kleine Menge HgCl.^ vergiftet, so
kann man die durch den Trojjfenausschlag mellbare Vergiftung' des Farb-
stoffmilieus wieder rückgängig machen, wenn man mittelst einer feinen
Pipette oder des T. K.-Tropfglases soviel KJ zu-etzt, daß das HgCl.. >ieli
völlig in mikroskopisch oder ultramikroskopisch fein verteiltes HgJ.^ umge-
setzt hat. In derselben Weise kann man durch Alkaloidsalze in l)ezug auf
die Oberflächenspannung veränderte Wollviolettlösungen mit Hilfe ver-
dünnter Tanninlösungen kapillaranalytisch titrieren. Siehe näheres hierüber
Ber. d. Deutschen ehem. Gesellsch. 44. 559. 1911.
Besonders ist diese Aktivierungsmethode mittelst eini'S Farbstoffes
auch geeignet, um die Adsorptionskoeffizienten der verschieilensten üiftiücn
Stoffe (KJ, Hg CL, Alkaloidsalze) gegen verschiedenste Adsoibentien zu be-
stimmen; so beispielsweise gegen Kaolin, indem man voi- und nach der
Verteilung die Konzentration der wässerigen Phase mit Hilfe von Nacht-
blau oder Wollviolett feststellt.
Kapillaranalytische Untersuchung von Arzneimitteln und Giften
mit Hilfe von Farbstoffmilieus.
Wie erwähnt wurde, aktivieren die Anionen (in freiem wie gebundenem
Zustande) gewisse basische P'arbstoffmilieus wie das Nachtblau, während
die Kationen saure Farbstoffmilieus wie das Wollviolett in bezug auf die
Oberflächenspannung und andere physikaUsche Eigenschaften verändern.
Da indifferente Stoffe auf jene Milieus gar nicht einwiiken. so ergibt
sich zunächst, daß man mit Hilfe des Stalagmometers in iruend einem
beliebig gefärbten Arzneimittel, einem (Jifte. einem Farbstoffgemische etc.
auch bei Gegenwart beliebiger indifferenter Stoffe leicht erkennen kann,
ob Kationen oder Anionen zugegen sind: vielfach kann man auch an dem
Grade der kapillarakti\1erenden Wirkung auf die Farbstoffmilieus erkennen,
welcher Art die Kationen bzw. Anionen sind, besonders auch wie giftig die-
selben sind, denn es hat sich herausgestellt — vgl. die zitierten Arbeiten
— daß im großen und ganzen die durch die Änderung der physikalischen
Eigenschaften, wie Oberflächenspannung, gemessene Giftigkeit von Stoffen
gegenüber den Farbstoffmilieus parallel geht deren Giftigkeit gegenüix'r
anderen kolloidalen Milieus, insbesondere dem Blute und anderen Körper-
säften.
I'^'JO J. Traube. Kapillaranalyse.
Findet man also beispielsweise beim Hinzufügen eines Tropfens eines
flüssigen oder gelösten Arzneimittels zu 10 cm^ 0'2°loiger Nachtblau- und
Wollviolettlösung, daß die stalagmometriseh gemessene Oberflächenspannung
der Nachtblaulösung sich nur sehr wenig, dabei gegen die Wollviolett-
lösung sehr stark ändert, so wird man meist richtig schließen, wenn man
annimmt, daß der die Arzneiwirkung bedingende Bestandteil im wesent-
lichen ein — giftigeres — Kation ist. Die kapillaranalytische Methode führt
hier auch zu einem Wege, Arzneibestandteile zu erkennen, zu sondern
und dementsprechend Arzneimittel zu verbessern, i)
') Siehe namentlich die obengenannte ausführliche Zusammenfassung der Gift-
arbeiten des Verfassers in den Kolloid-chemischen Beiheften.
Biocliemisclie und cliemo-tlioraiKMitiscliu Arbcits-
metliodeii mit Trypaiiüsomeii.')
Von M. Nierenstein, Üiistol.
Beim Arbeiten mit pathogenen Protozoen handelt es sich nicht nur
um die Wahl eines geeigneten Wirtes für die Paiasitcn. sondern auch um
eine gute Verpflegung der Versuchstiere, und um sanitäre liaiisung der-
selben: viele Experimente gehen öfters durch \eriiachlässigung der Ver-
suchstiere zugrunde. Dieser Hinweis, ^^^e unbedeutend er auch erscheinen
mag, ist beim Arbeiten mit Versuchstieren immer angebracht.
Die gebräuchlichsten Laboratoriumstiere sind Mäuse, Kattcii, Meer-
schweinchen, Kaninchen, Hunde und Affen. Als größere W'rsuchsticre eig-
nen sich auch Esel, Pferde und Kühe. Ziegen, Schweine und Katzen sind
für Trypanosomen unbrauchbar, da die Tiere der Infektion gegenüber sich
refraktorisch verhalten.
I. Versuchstiere.
Mäuse. Das Arbeiten mit Mäusen ist ein sehr beciuemes, die Tiere
lassen sich leicht in Glasgefäßen aufi)ewahren — breithalsige Flaschen, die
mit einem Drahtnetz, das mit Blei beschwert ist, verschlossen sind - das
Futter, gewöhnlich Reis, dient auch zur Bettung, indem man das (ilasgefät^
einige Zentimeter hoch füllt. Infektionserreger, wie /.. \\. Trvpano.^ionien,
Spirochäten etc., lassen sich gut in Mäusen erhalten. Ob Mäu.se für chemo-
therapeutische Experimente zu empfehlen sind, mub dahingestellt bleiben.
Ihre Toleranz für eine Reihe von Präparaten ist eine zu grobe, was aus
untenstehender Tabelle zu entnehmen ist^):
*) Lareran et Mc^nil, Trypanosnincs et Tryp;ui(»si)ini:isos. Paris il'.KU); aiirli in
englischer Sprache. — Döfleiu, Die Trypatiosouieu, ihre Hodciitunj: für /.ooloL'ie. Modi-
zin und Kolonialwirtschaft. Jena (19U9).
-) Brcinl and Nierenstein, Bio-chcmical and therapeutical Studios on trypanoso-
miasis. Ann. trop. med. Anal, parasit. 3. 420 (lUUiU.
^372 ^- Nierenstein.
Maximale Dosis pro Kilogramm Körpergewicht:
Atoxyl Arsenophenylglyciu
Maus 0-17 </ 0-6 (/
Ratte O-U g 0-4^
Meerschweinchen . . . 0'08 g 0-12 g
Kaninchen O'Ol g 0-22 g
Hund 0-01^ 0-2 g
Außerdem läßt sich der Mäuseorganismus allem x\nschein nach sehr
leicht von den Parasiten mittelst sonst in anderen Tieren nicht effektiven
Drogen befreien. Manche Präparate haben einen eigentümlichen Einfluß
auf Mäuse, es macht z. P). azetyliertes Atoxyl normale Mäuse zu ,.Tanz-
Fig. 303. Fig. 304.
Fig. 302.
mausen", i) In ihren physiologischen Pieaktionen sind Mäuse von den
Platten verschieden, so verhalten sie sich auch manchen pathogenen Pro-
tozoen gegenüber verschieden, wie z. B. Trvpanosoma lewisi, das von Ratten
normal beherbergt wird, dagegen nicht in der Maus leben kann. Da öfters
beim Arbeiten mit Trypanosomen in Ratten Mischinfektionen mit T. lewisi
vorkommen, so empfiehlt es sich, die Stämme durch Mäuse pathogen zu
„filtrieren", indem man das Infektionsmaterial von Zeit zu Zeit den Ratten
entnimmt und auf Mäuse überträgt.
Die verschiedenen Präparate werden gewöhnhch durch Injektion dar-
gereicht, was aber bei den kleinen Dosen, die von den Mäusen vertragen
werden, seine Schwierigkeiten hat.
') Ehrlich, Chemo-therapeutische Trypanosomenstudien. Berliner klin. Wochen-
schrift. 44. 312 (1907).
Biochemische u. chcmo-thcrapeutischo Arlioitsmcthüdeu mit Inpaiiosomeii. l.'^.'l
Piff. 306.
Ehrlich^) empfiehlt die von ihm einu-cfiihrtc „Kakcsvcrtiittcriinfj:",
wo das Kakespiüvcr vor dem NCrhackcii mit einer wässerij^cii oder alko-
holischen Lösunu' des Präparates imprii^iiiert wird. l)a die Miius«' diese
Nahnmsi' (z. B. bei der Darreicliunu von l'araiiichsinj verweij.reni und durch
\erhiiiiiiern zuürunde lichen, so hat i'Julich tolucnde Hereitunu^sweise vor-
j^eschlaiien: 1 y Parafuehsin — um den ohen iienannten Fall zu wählen —
wird in 90// Alkohol und 10 y (Heinsäure I Kahlhaum heil'i f.relüst. Die
Oleinsäure führt das Parafuehsin in das nnlüsliche Ölsäure Salz über, wo-
durch der (ieschmack wenif>er belästigt wird, autierdem wird hieidureh
auch die Resorption beijünstigt. Mit ol)i^er Lösuiilt werden .\lbert-Kakes
(i>epulvert) getränkt — es kommen hierbei ?)cm^ der Lösinig ( 1 cm^ — (»(»! y
Parafuehsin) auf 8 y des Pulvers — diese sodann
getrocknet, zerrieben und mit Hilfe von Wasser
oder Milch nach Zusatz von 0'6y (llidin pro Kakes
zu möglich consistentem Teig angerührt, der auf
Glasplatten ausgerollt und nach Zerschneiden in
kleine Plättchen getrocknet wird. Diese Nahrung
wird nach kurzer Angewöhnung von den Mäusen
sehr gut aufgenommen. Es empfiehlt sich aber,
das (lewicht der Nahrungsaufnahme zu kontrol-
lieren und bei Sinken des Körpergewichtes eine
Pause normaler Ernidirung eintreten zu lassen.
L. H. Marks -) w iederum hat eine be(|ueme
Methode beschrieben, die es ermöglicht, mittelst
einer kleinen Sonde ^Mäusen beliebige Heilstoffe mit
Leichtigkeit in genauer Dosierung intrastomachal
zuzuführen. Umstehende Abbildungen stellen die
Sonde und die Manipulation dar. Die Figuren sind
der ()riginalarl)eit des Herrn Marks entnommen.
Nachdem das Maul mäßig weit geöffnet ist
(Fig. 304), wird die mit Wasser angefeuchteti'
Magensonde in der Mitte gefabt und seitlich neben
der Zunge mit ganz leichtem Druck nach hinten eingeführt : siegleitet ge-
wöhnlich sofort in die Speiseröhre. Weim die Sonde genügend tief einge-
führt ist, wird die Spritze gefüllt, angesetzt, entleert, mit etwas Kochsalz-
lösung nachgefüllt, wieder angesetzt und wieder entleert. Man kann leicht
1 — 2 cm^ Flüssigkeit einspritzen.
') P. Ehrlich, Chenio-thcrapeutisclic Tnpanosoinoiistiulioii. Dcrlinor kliii. Wofhoii-
sflirift. 1907. Nr. 9— 12. N'trl. aiicli C IL Ih-ninntui, V\\v\\u\-\\\o\i\\n in rnpaiiosDiuo iii-
t'cctioiis. .loiirn. of pathol. aiul hacteriol. 12. p. lC>r> (19USi.
'-) /.. //. Marks, Über intrastomachale Hphaiiilliiiiir trypanosoineriinfiziertor Mause.
Zi'itschr. f. Inimmiitiitsforschuii!.' mul oxpcM-iiiiciitplle ThiTapic. 2. ^.'ih^^ (190«.»). Vgl.
aucli DiMsolbe, Füttcniiij.' von .Maiison mittelst MaL'<'M-;iiu(if. .\rl»oitcn a. tl. kgl. Inst,
f. exp. Therapie zu Frankfurt a. M. 190«. Heft 4.
^374 ^' Nierenstein.
An\Yendung bei einigen Stoffen nach Marks.
Letale Dosis Maximale Dosis
Calomel (in Suspension) . 0*005 y 0*002 g
Salzsäure 0*5 cm^ 0*5 an^
6Voiger Lösung öVoiger Lösung
Chin. hydrochlor O'l ^ 0*08 g
Jodkalium 0*03 <7 O'Ol ^
Natr. salicyl 0-035 g 0*02 g
Antipyrin 0*04 g 001 g
Magnesiumsulfat .... 0*4(7 0*2^
Sublimat 00007^ 0*0004 .</
Strychnin 0*0005 </ 0*0003(7
Morphin, hydrochl. . . . 0*02 (/ 0*006(7
Arsenigsaures Na ... 0*0005 «7 0*00025 y
usw.
Als Maximaldosis ist diejenige Menge anzusehen, die bei einer An-
zahl von Mäusen (17 — 2b g) noch gegeben werden kann, ohne daß der
Tod nach einiger Zeit eintritt.
Für das Trypanorosan, das Marks gegen experimentelle Trypanoso-
miasis verwendet, gibt er folgende Vorschrift an: das Trypanorosan wir
mit der 5fachen Menge Methylalkohol gelöst und mit einer SVoigen liohr-
zuckerlösung entsprechend verdünnt. Die Lösung erfolgt am besten in der
Weise, daß man die Substanz in kochendem Alkohol löst, mit heißer Rohr-
zuckerlösung zu der gewollten Menge auffüllt, das Gemisch noch einmal
kurz aufkocht, dann auf 60 — 65" abkühlt und so injiziert.
Ratten. Für chemo-therapeutische Zwecke sind Ratten sehr zu emp-
fehlen, sie vertragen verhältnismäßig hohe Dosen und sind ziemhch leicht
am Leben zu erhalten. In Käfigen, die 3 — 6 Ratten fassen, sind sie gut
aufbewahrt, doch muß man darauf achten, daß die Tiere miteinander nicht
kämpfen und daß das kampfsüchtige Tier schleimigst isoliert wird.
Auch Meerschweinchen sind von Bedeutung für chemo-therapeu-
tische Studien. Sie sind ziemUch leicht zu handhaben und haben den großen
Vorteil kleineren Versuchstieren gegenüber, daß man an ihnen leicht das
Steigen und Fallen der Temperatur während der Infektion und der Be-
handlung verfolgen kann. Erw^ähnt sei, daß Meerschweinchen öfters Lungen-
krankheiten erliegen, so daß man auf besonders gute und warme Hausung
achten muß. Beim Arbeiten mit Trypanosomeninfektionen haben Meer-
schweinchen auch den Übelstand, daß sie öfters negativ, d. h. ohne Para-
siten im Blute sterben. Die Sektion ergibt aber auch dann ein normales
Bild der Infektion.
Kaninchen, die im großen und ganzen zu den besten Laboratoriums-
tieren zu rechnen sind, haben bei manchen Protozoeninfektionen den großen
Nachteil, daß die Krankheit ein chronisches Bild nimmt. Besonders erfährt
man diesen Übelstand bei Trypanosomeninfektionen, die Tiere siechen lang-
Biochemische u. chcmo-thorapcutische Arbeitsmothoilcn mit Trypanosomen. l;\1i^
sam dahin, entwickeln zwar die symptoniatischcii Knf/iiii(liiii^M-ii der .\iil.'«-ii.
Geschwülste an den Ohren und Genitalien, doch findet man einen ncj.'a-
tiven Ausfall bei der mikroskopischen rntersuchunp: des Hlutes. Dieses hat
seinen auf^enscheinlichen Nachteil bei chenio-therapeutischen rntersnchun-
gen. Außerdem reagieren die. mit Trypanosomen infizierten Kaninchen
leicht auf trypanozoiden Substanzen, wie z.B. Atoxyl, ArsenopheiiyJLdycin usw..
was öfters auf vielversprechende, aber, leider, oft versagende jieihini.'-sver-
suche schließen läßt.
Von großem therapeutischen Werte sind besonders Ileilversuche an
Affen und heißt es gerade bei diesen Versuchstieren für eine reinliche
Hausung, gute A'erpflegung und regelmäßige Fütterung sorgen 1 Affen unter-
liegen einer Reihe von Krankheiten, besonders dem Lungenleiden, und muß
man daher Sorge tragen, daß die Tiere vor ErkältunL!"en geschützt werden.
A. Breinl hat die P)Oobachtung gemacht, daß afrikanische .Vffen. wie /.. V>.
Cercopithecus collitrichus. einige Immunität Trypanosomeninfektionen ge;.'en-
über zu zeigen scheinen und muß man daher auf die Wahl der Versuchstiere
achtgeben. Es eignet sich für diese Zwecke Macacus rhesus am besten.')
II. Trypanosomen.
Von den verschiedenen Trypanosomenstämmen eignet sich T. brucei
für experimentelle Zwecke am besten. Die Infektionsdauer ist eine kurze,
das Krankheitsbild ist mit Ausnahme von Kaninchen ein normales, die
Parasiten erscheinen in 1 — 2 Tagen im peripheren Blute, sie reagi«'ren
prompt auf trypanozoide Stoffe und haben den großen X'orteil, daß, falls
eine vollständige Sterilisation des Körpers nicht gelungen ist.
die Parasiten schon in 16 — 25 Tagen wieder erscheinen.-) Die
Rekurrenz bei T. gambiense dauert 50 — 60 Tage. ») Die Parasiten zeigen
oft Mrulenzzunahme, entweder bei verschiedenen Passagen *) oder bei der
Behandlung mit Arsenikalien ^i; bei Farbstoffbehandlung scheint dairegcn
die Virulenz abzunehmen. <">) Die Trypano.somen bekommen bei der Behand-
lung mit trypanozoiden Agenzien gegen iliesell)en ..fest" und gelingt es.
„atoxylfeste", „trypanrotfeste" usw. Stämme zu züchten. ") Diese Festigkeit
*) tJbcr unsoro Erfahruiiirou hei Trypanosomen vgl. A. Unitil und M. Sirrcustrin,
Bio-chemical aud therapeutical stiidies on Trypanosomiasis. Annais «f Trupioal .Medi-
cine and Parasitology. 3. 395—420 (1908).
-) Breinl und Nierenstein, Bio-chemical and therapeutical studies en Trypanoso-
miasis. Ann. of. Trop. Med. and Parasit. 3. 417 (1909).
') Dieselben, 1. c.
*) Dieselben, 1. c, auch W. Yorke, On the pathogenicity of a Trjpanosome
(T. rhodesiense) from a case of Sleeping Stickness contractod in Rhodosia. llud. 4.
351 (1910) (Literatur).
5) Moore, Nierenstein und Todd, Notes on the effects of thorapentic agents on
Trypanosomes. Ibid. 2. 221 (1908).
*) Dieselben, 1. c.
') Ehrlich, Chemo-therapcutischc Trypanosomenstudien. Berliner klin. Wochenschr.
1907. Nr. 9— 12. — Mesnil et Brimont, Sur les propri«5tös de raccs de trxpanosomes rt'-
sistants ä l'atoxyl et aux Serums. Comptes rend. des si-ances de la Soci6te de Biologie.
1376 ^- Nierenstein.
soll, wie Ehrlich^) nach Versuchen von WerbitsH und Gonder vor kurzem
mitgeteilt hat, bei der Passage durch die Rattlaus (Haematopinus
spinulosus) bei arsenophenylglycinfesten T. lewisi verschwinden. Die
Festigkeit scheint nur für die betreffende Tierspezies, in welcher sie er-
Avorben wurde, gut zu halten. '-)
Fast alle Säugetiertrvpanosomen reagieren auf trvpanozoide Agenzien,
die einzige Ausnahme bildet T. lewisi, das nur von Arsenophenylglycin
_ As = As
NH NH
I I
CHo CH2
I " 1
COOH COOK
angegriffen wird. 3) Kaltblütertrypanosomen *) werden durch trypanozoide
Agenzien nicht beeinflußt, dagegen scheinen Vögeltrypanosomen 5) sich in
einigen Fällen positiv zu verhalten. Die Parasiten rufen anatomische Ver-
änderungen hervor, doch muß hier auf die Fachliteratur der Fußnote der
ersten Seite dieser Abhandlung verwiesen sein. Die Trypanosoraeninfektion
ist von Autoagglutination der roten P)lutzellen ^) und von einer Zunahme
der Azidität des Blutserums begleitet.') Sehr eingehend hat W. Yorkc die
Autoaggiutinationserscheinungen bei verschiedenen Trypanosomeninfektionen
(auch bei der Schlafkrankheit des Menschen) untersucht und neben Auto-
agglutininen auch Isoagglutinine und Heteroagglutinine nachweisen können.
Es sei hier auf diese Arbeit verwiesen. Trypanosoma brucei ruft einen
64. 637 (1908). — Breinl und Nierenstein, "Weitere Beobachtung über die Atoxyl-
festigkeit der Trypanosomen. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 27 (1908). — Dieselben,
Bio-chemical and therapeutical studies on trypanosomiasis. Ann. of trop. med. and parasit.
3. 413(1908).
*) Ehrlich, triier Chemotherapie. Zentralbl. f. Bakteriol. Bericht über die 5. Tagung
der freien Vereinigung für Mikrobiologie usw. in Dresden. Beilage zu Abteilung 1.
L. Referate. S. 94—108 (September 1911).
^) Breinl und Nierenstein, Weitere Beobachtung über die Atoxylfestigkeit der
Trypanosomen. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 27 (1908). Vgl. dagegen Roehl, Über den
"Wirkungsmechanismus des Atoxyls. Berliner klin. Wochenschr. Nr. 11 (1909).
^) Schilling, Chemotherapeutische Versuche bei Trypanosomeninfektionen. Archiv
für Schiffs- und Tropenhygiene. 13. 1 (1909).
*) E. Brumpt , ROle pathogene et mode de transmission du Trypanosoma
inopinatum Sergent. Comptes Rendus de la Society de Biologie. 61. 167 (1906).
^) F. G. Nocij and li. E. Knapp, On the Trypanosomes of birds. Journ. of Iiifec-
tious Diseases 2. 256 (1905).
*) W. Yorke, Auto-agglutination of red blood cells in Trypanosomiasis. Proc.
Roy. Soc. 83. 238 (1910) und Ann. Trop. Med. and Parasit. 4. 529 (1910). (Literatur!)
') Nierenstein, Observations on the acidity and alkalinity of the blood in Try-
panosome infections. Ibid. 2. 227 (1908).
Biochemische n. chemo-thciapcutisclie Arltoithincthodon mit 'rnpiiiKwumoii. 1:^7
starken Alihau der Zclleiweilie und des Lecithins hei (h-n Versuchstieren
hervor. ')
\erschiedene Sul)stanzen verursachen das X'erschwinden des lih'pharo-
blastes bei Trvpanosomeii. 2) /n diesen Substanzen ^ichün-n in erster Linie
diejenigen mit orthochinonoider Konstitution wie (be i'vrouine. Ahn-
Hch verhalten sich die Acridiue und auch Oxji/.iue. Abweichend davon
verhalten sich das aus m-Toluylendianiiu und Fonnaldehyd gewonnene
Acridingelb. Atoxyl, Antimon. Acetato.xyl, Arsenophenylglycin, Trypanrot,
Trypanblau u. a. ni. liefern negative Resultate. Eine etwas besondere Stellung
nehmen die Substanzen aus der Gruppe des Triphenylniethans: Para-
fuchsin, Tryparosan ein. In groüen Dosen (Viooo~V'75.)Pr<> ^U^/Tryparosan.
\4ooo- V1600 ^ei Parafuchsin) injiziert, bewirken sie neben zieudich inten-
siven Veränderungen im Protoplasma der Zelle ^cwiihidich auch das Ver-
schwinden des Blepharoblasten, jedoch ist der Kinflub der genannten Ver-
bindungen in dieser Beziehung im Vergleiche zum Einfluli der Verl)indungen
mit cbinoider Konstitution relativ schwach.
Überimpfungen von T. brucei auf Kaltblüter (Nattern, Schildkröten)
rufen Veränderungen in den Parasiten hervor.-') Die Trypanosomen werden
kleiner, das Protoplasma körnig. Bei Pückimpfung auf Patten entwickeln
sich sehr große, auffallend gut färbbare Trypanosomen. Dieselben zeigen
Virulenzsteigerung, die sich auf 20 Passagen erhalten sollen, ("berimpfung
auf Schildkröten verursacht Zystenbildung und auch Kleiuwerdeii der Trypa-
nosomen. Atoxylbehandlung ruft auch Zystenbildung heiTor. M
III. Arbeiten in vivo.
Beim Arbeiten mit Trypanosomen in vivo empfiehlt es sich, das in-
fizierte Blut mit Xatriumcitrat zu verdünnen. Für Ratten Gewicht
140 — llög - verwendet man O'Acm^ der Lösung, hierauf dürfen nicht
mehr als 6 -8 Trypanosomen pro Gesichtsfehl (Zeiss 4. D. D.) bei T. brucei
(bei anderen Gattungen, verwendet man stärkeres lufektionsmateriali
kommen. Man erhält so bei einem normalen T. brucei-Stamni folgende
ResuRate : die Parasiten erscheinen im Blute nach 24 Stunden . am nächsten
Tage findet man 12—15 Parasiten pro (Gesichtsfeld (Zei>s 4, D. D.i, am
nächsten Tage '2d 40 Parasiten, am dritten Tage 100 LöO Parasiten,
am vierten Tage stirbt die Ratte. Die Injektion der t ry panozoiden
Substanz erfolgt am besten spät am zweiten oder früh am
dritten Tage.
1) T. Fellmer, Stoffwechsekiiitcrsuohuiigcn hei mit Nagaiia- Trypanosonien infizier-
ten Kaninchen. Zeitschr. f. Immunitätsforsohung u. exp. Therap. 3. 474 (1909).
'') F. W. Werbitzki, ül)or blopharolilastlose Trypanosomen. Zontrall»!. f. Haktt>r.
n. l'arasitenk. 1. Abt. 53. 303 (UM)'.)).
••') WcmJelstadt und Fdlmer, Kinwirlvung von Kalthliitcrpa.<8apcn auf Nagana-
und Lewisitrvpanosomcn. Zeitschr. f. Imniunitätsforsclinng. .">. 337 [VM^)\.
*) J. R S. Moore and A.Hreinl, The ( ytoh)gy of the Trypanosomos. .\nn. of
trop. med. and parasit. 1. 441 (19(J7).
Abderhalden, Handbuch der biochemiacben Arbcitumeihodon. V. 87
1378
M. Nierenstein.
f/
Die Parasiten werden am besten unter dem Deckgläschen untersucht,
sie sind leicht durch ihre schnelle Bewegungen aufzufinden. T. brucei,
nansi und auch lewisi sind sehr lebhaft in ihren Bewegungen, T. gambiense
dagegen viel lang-
Fig. 306. samer.
Nach der In-
jektion von trypa-
nozoiden Substan-
zen nimmt die
Beweglichkeit der
Parasiten ab. Sie
zeigen Autoagglu-
tination und er-
starren langsam.
ZumAusfor-
CJ^ ^^ sehen 1) von Try-
panosomen eignet
sich Romanovs-
ky (Methylblau
und Eosin). Man
verwendet hierfür
..Schmieren", in-
dem man den Blut-
tropfen mit einer
Nadel ausstreicht,
oder den feuchten Bluttropfen. Das Blut entnimmt man dem Schwanz
(Ratten, Mäuse) oder dem Ohr (Meerschweinchen. Kaninchen, Hunde usw.).
,<?%'
'7^^
*) Vgl. hierzu Billet , Modification ä la methode de coloration Romanoivski/-
Giemsa, Compt. rend Soc. Biol. 61.753 (1906). — C. Franko, Coloration vitale des
Trypauosomes. Bull, de la Societe Portiigaise des Sciences Naturelles. 1. 9 (1907). —
Giemsa, Färbemethoden für Malariaparasiten. Zentralbl. f. Bakteriol. Orig. 32. 307 (1902).
— Derselbe, Eine Vereinfachung und Vervollkommnung meiner Methylenazur-Metbylen-
blau-Eosin-Färbemethode usw. Ibid. 37. 308 (1904). — M. Goffeiiherc/, Methode zur
Darstellung von Spirochäten und Trypanosomen in Organschnitten. Arch. f. Hygiene.
64. 243 (1908). — L. Halberstaedter , Untersuchungen bei experimentellen Trypano-
somenerkrankungen. Zentralbl. f. Bakteriol. Orig. 38. 525 (1905). — Laveran, Sur une
methode de coloration des noyaux applicable en particulier ä l'etude des hematozoaires
eudoglobulaires. Compt. rend. Soc. Biol. 52. 549 (1900). — W. B. Leishman, A method
produciug chromatin staining in sections. Journal of Hygieny. 4. 434 (1904). — Le-
■vaditi, Methode sur la coloration des spirilles et des trypanosomes dans le sang.
Compt. rend. Soc. Biol. 55. 1505 (1903). Vgl. hierzu J. J. van Logham, Sorae notes
on the Morphology of Spirochaeta duttoni in the organs of rats. Ann. trop. med. et
parasit. 1. 342 (1907). — Loeff'Ur , Neue A'erfahren zur Schnellfärbung von Mikro-
organismen, insbesondere Blutparasiten usw. Deutsche med. Wochenschr. 33. 169 (1907).
— F. Marino, Coloration des Protozoaires et observatious sur la neutrophili de leur noyau.
Annales de l'Institut Pasteur. 19. 7()1 (1905). — Derselbe, Au sujet de la coloration
des protozoaires. Ibid. 19. 351 (1905). — S. E. Moore and Breinl, The Cytology of the
trypanosomes. Ann. trop. med. et parasitology. 1. 441 (1907). — Dieselben, The life
Biochemische u. chemo-thorapeutische Arbeitsniethodou mit Trypanosoinon. i;i7H
Neben den organischen Arsen- und Antimoiiverhindnnf^M'ii 'i hahen die
I^enzedinfarhstoffe^) eine ausp:esprochene trypanozoide W irkuii^,'. In den
Farbstoffen scheint die Aniinonnii)pc als Tr.\ panophidM'-CnipjH' ^1 zu
fungieren.
Von den verschiedenen trypaiiozoidcn Substanzen seien hier die
folgenden erwähnt. Wir geben liier auch die wirksann- Dusi- für eim- aus-
gewachsene zahme Ratte (140 175^) an. Des weiteren sei auf die Literatur
verwiesen.
Atoxyh) (p-aiüinophen\ larsensaures Nafriunn; Mi.. (, II,
— ONa
AsO +- nHs 0.0-5 cm» einer öVuigen Lijsnng. Die Parasiten ver-
()H
schwinden in 6 — 19 Stunden.
Acetyliertes Atoxvl (acetvi-p-aniinophenviarsinsaures Natrium):
— ÖNa
CH3 . CO . NH . C, H4 . AsO . II., ( ) . 0-8 cm^ einer öVoigen Lösung, ^i
OH
Arsenophenylglycin:HOOC. CH, . NIl.CV, ll,.As = .\s.('nll, .('IL .
COOH.lcw» einer ö^/oigen Lösung. Die Parasiten verschwinden in~l~hi^
3 Stunden.
Natriumantimonyltartrat: O'öc»/» einer l",nigen Lösung. Die
Parasiten verschwinden in 1-5 Stunden.
Trypanrot:
NaOgSl A /NaSOs OsSNm /. , SU, Na
Icni^ einer 5"/oigen Lösung. Die Parasiten verschwiihlen in iM Stunden
für kurze Zeit.
history of Trypanosoma equipedrum. Pioc. Royal Soc. Vol. 80. 288 (liXtS). — ./. M ir.
Stephens and S. R. Christojyhers , The practicle study of Malaria and othor Bl(M>d
Parasites. 3rd Edition (Liverpool 11)08). — Zinnnnti, Eine Motliode der Diippidfärlniiitr
bei Flai,'ellateii , Pilzen. Spirillen nm! Ralcti'rifMi sowie hei einieen Ainülien, Zeniralld
f. Bakteriol. Orig. 24. 945 (1898).
') Breinl and Nierenstein, The aetion uf ar\l-stiliinic aeids in e.\piTinK-ntal
tiypanosomiasis. Annal. tryp. med. and parasit. 3. SCö (19ll9i.
'-) Mesnil et NicoUi' , Traitement des trypanosomiases avoc los ronleures de
Bonzidiue. Annales de ITnstitut Pasteur. 20. öl3— 588 (19U7).
•') Moore. Nierenstein , um] Todrl , Concorninir the treatmont ni cxpriiuieiual
tiypauosoraiases. Ann. trop. med. and paras. 2. 271 (r.K)S).
*) Bezüglicli Kristallwasser des Atoxyls vgl. Biochem. Handlexikon. L22r)(iyil),
87*
1380
M. Nierenstein.
IV. Arbeiten in vitro.
Beim Arbeiten in vitro verfährt man am besten nach der von
Neven^) beschriebenen Technik der lleagenzgiasversuche von Ehrlich. Für
diese Versuche eignet sich nicht das Blut stark infizierter und dem
Tode naher Tiere. Die Parasiten solcher Versuchstiere werden den Er-
fahrungen von Neven'^), MesniV^) und auch Friedherger ^) gemäß schon
leicht durch Kochsalzlösung abgetötet. Es ist daher zweckmäßiger, Blut
zu verwenden, das noch nicht zu große Mengen von Trypanosomen ent-
hält. Zur Blutentnahme wird die Maus durch Halsschnitt mit einer sterilen
Schere getötet und das Blut in physiologischer Kochsalzlösung aufgefangen.
Diese Trypanosomenaufschwemmung wird im Reagensglas mit dem eben-
falls in Kochsalzlösung gelösten Arzneistoff zu gleichen Teilen gemischt
und von Zeit zu Zeit eine Probe unter dem Mikroskop beobachtet. Die
in den Tabellen angegebene Verdünnung ist immer die Endverdünnung,
welche sich nach der Mischung der Arzneilösung mit der Trypanosomen-
aufschwemmung ergibt. Als Kontrolle dienen Trypanosomen in physiologischer
Kochsalzlösung, und der Unterschied in der Bewegung der Parasiten in
der Kontrolle gegenüber derjenigen in der Mischung mit dem Chemikale
dient als Maßstab für die Wirkung derselben. Folgende zwei Tabellen aus
der Dissertation des Herrn Dr. Neven mögen als Illustration der Technik
dienen.
Tal)elle 1.
Natrousalz tler Paraoxyphenylarsinsäure mit T. brucei.
Verdünnungen :
Zeit
sofort
3 Minuten
5 „
8 „
10
15
20
25
30
40
50
60
1:10
1:20
1:40
1:50
schwach bewegl.
alle unbeweglich
schwach bewegl.
mäßig gut bewegl. I gut beweglich
sehr schwach
bewegl.
alle unbeweglich
schwächer bewegl.
*) Ofto Neven, Über die Wirkuugsweise der Arzneimittel bei Trypanosomiasis.
Diss. Bern 1907. S. 13.
^) D erselbe, 1. c.
^) Mesnil et Brimout , Sur les proprietes de races des trypauosomes resistant
ä l'atoxyl et aux Serums. Comptes Rendus de la Societe de Biol. 64. 637 (1908).
*) Friedberger , Über die Behandlung der experimentelleu Nagana mit Mischungen
von Atoxyl und fhioglykolsäure. Berliner klin. AVochenschr. 45. 1714—1717 (1908).
Biochemische u. chciiio-thorapiMitisch.> ArlM-itsiiiethoden mit Trypaiio»onien. l;igl
Tabelle 2.
Paraoxypheiiylarseno.wd mit 1'. I.riicei.
Voi(lnrimiii(.'-('ii :
Zeit
1 : 100.000
1:1,000.000
1 .2,000.000
1 l.üOn.Oiii)
1 . lü.oou.uuo
sofort
3 Minuten
5
8
10
12
15
20
20
30
85
40
45
50
55
n
alle nnl)e\ve?l. gut hewefrlich, gut l.i'w.'alich i^ut hewe^lich 1 >,Mit hewpfflich
. schwach bew.
alle unbewegl.
seil wach bew.
n n
alle unbewegl.
n n I
schwäch, bwgl.
einige unbwgl.
alle unbewegl.
schwäch, bwgl.
schwach bwgl,
einige Mnl>wgl.
viele unbwgl.
d. meist, unbw.
alle unbewegl.
Diese Versuche in vitro haben bekanntlich zu den cpocheniarhcnden
Arbeiten Ehrlichs geführt, die ergeben haben, daß im ( »i-L-arii^niu«- das
Atoxyl (p-aminophenylarsinsaures Natrium j
- ONa
AsoO
— OH
reduziert wird, wobei das stark ti-vpanozoide p-Amino|)lienylarsenox_\d ')
AsO
NH.,
entsteht, das erst auf die Parasiten abtötend wirkt. .Vtoxvl hat in vitro
') Ehrlich, Chemotherapeutische Trvpandsomonstudieii. Merliner kliii. \N ochenschr.
44. 233—236, 280-283, 310-314 und 341 344 (1Ü07). Derselbe. Tber die Be-
handlung der Trypanosomcnkrankheiten. Therapie der Gegenwart. 47. 218 (1907). —
Derselbe, Über den jetzigen Stand der Cliomotherapie. Bor. d. l)eut.«cheu ehem. Gesell-
schaft. 42. 17—47 (1909). — Derselbe, Ülter moderne Chemotherapie Verhandl. d.
Deutschen dermatologisclien Gcsellsch. X. KonirreÜ. S. 52— 7n ( UMWi. — Derselbe,
Über die Partialfunktion der Zelle. Münchener med. Wociienschr. 56. 217—222 (1909).
— Ehrlich und Ilata, Die experimentelle Chemotherapie der Spirillosen. S. IM 161.
Springer, Berlin 1010.
1382
M. Nierenstein.
keinen Einfluß auf die Trvpanosomen. Von diesem Gedanken dann aus-
gehend . hat Ehrlich das Arsenophenylglycin i)
— As = As —
HOOC.H,C.NH
und das Dioxydiamidoarsenobenzol ^j
— As = As —
H,N
NH.CH^.COOH
XH,
OH OH
der Medizin geschenkt.
Die Reduktion der p-Amiiiophenylarsinsäure haben Levaditi und Ya-
manouchi^) durch LeberemulsioD ausgeführt, es entsteht hierl)ei die von
ihnen .,Tryponotoxyl" genannte trypanozoide Substanz. Das ..Trypanoto-
xyl" ist thermolabil {Levaditi und Mitarbeiter). Nach Röhl^) handelt es
sich hierbei um die Bildung von p-Aminophenyloxyd, nach Breinl und
Nierenstein'") wiederum um freies Arsen, das infolge der Oxydation des
Atoxyls entsteht. Levaditi und Yamanoucki vermischten für ihre Versuche
eine 4-. 2- respektive 0"2''/oige Atoxyllösung mit Leberemulsion in physiolo-
gischer Kochsalzlösung und fanden, daß diese Mischung nach einem zwei-
stündigen Aufenthalt bei 38" C sich außerordentlich toxisch für Trypano-
somen erwies, indem dieselben die Parasiten sofort bewegungslos machte
und nach einiger Zeit vollkommen zerstörte. Eine ähnliche Eigenschaft be-
saßen nach ihren Versuchen ebenfalls Lunge und Muskel, während sich
Leukozyten, Niere. Knochenmark, Milz und Rückenmark in dieser Hinsicht
negativ verhalten.
1) Ehrlich, 1. c.
-) Ehrlich und Rata, 1. c.
") Levaditi et Yamanouchi, Mecanisme d'action de TAtoxyl dans les Trypanoso-
miases. Comptes Kendus de la Societe de Biologie. 65. 23 (1908). — Levaditi, Brimond
et Yamanouchi, Action du Tiypanotoxyl sur les races resistaut ä TAtoxyl. Ibid. 65.
25 (1908). — Levaditi, Mecanisme d'action des composes arsenicaux dans les Trypano-
somiases. Ibib. 66. 33 (1909). — Derselbe, Mecanisme d'action des composes arseni-
caux dans les Trypanosomiases. Bull, dela Societe de Pathologie Exotique. 2. 45 (1909).
— Vgl. dagegen Yamanouchi, Über die Wirkung der Atoxyls auf Trypanosoma im Or-
ganismus. Paris (1910). — Levaditi et Mc Intosh, Le mecanisme de la trausforma-
tion de l'atoxyl en trypanotoxyl. Comptes rend. de la Soc. Biol. 67. 444. 569 (1910).
'') Röhl, Über den Wirkungsmechanismus des Atoxyls. Berliner klin. Wochenschr.
46. 494 (1909). — Derselbe, Paraminophenylarsenoxyd contra Trypanotoxyl. Zeitschr.
f. Immunitätsforschung u. exp. Therapie. 2. 496 (1909).
*) Breinl und Nierenstein, Zum Mechanismus der Atoxylwirkung. Ibid. 1. 620
(1909). — Nierenstein, Über die Ausscheidung des Atoxvls im Pferdeharn. Ibid. 2.
453 (1909).
Biochemische u. chemo-therapeutischo Arl)pif>;infih«»(loii mit Tnpamisomen. 1385
Breinl und Nierenstein wiesen nacli. dal» nur in jenen Füllen, in
denen anorganisches Arsen in der filtrierten respektive dial.vsierten Leber-
AtoxylniisclHing nachi-ewiesen werden k(»nnte, dieselbe auch einen deut-
lichen trvpanozoiden Kinflull im l)eck^laspr;ij)arate ansülite. willirend bei
Abwesenheit dieses die Mischuni-' Trvpanosomen y^iw nicht beeinfluUte.
Die Aktivierung des Atoxyls gelingt auch nacli Frix/hcnjcr^) mittelst
Thioglykolsäure.
Nau!>s und Yorke-) haben vor kurzem gefunden. daC die Trypano-
somen Hämoglobin reduzieren. Die Reduktion hängt von (U-v Tryjjanoso-
menzahl und \'italität derselben ab. Für ihre \ersu(he verwenden sie
gleiche Mengen trvpanosomenhaltigen Plasmas und Hämoglobins.
Sorgfältig gewaschene Kaninchenerythrozyten ^) werden mit destillier-
tem Wasser hämolysiert und mit Kochsalz isotonisch gemacht. Hierbei ent-
steht ein schwacher Niederschlag, der abzentrifugiert wird. Die Trypano-
somensuspension bereiten sie durch Verdünnen von trypanosomenhaltigeni
l)hit mit einer Lösung, die aus 1% Natriumzitrat und ()-9°o Natrium-
chlorid besteht. Das Verdünnungsverhalten ist 1 : 4. Hieiauf wird zentri-
fugiert, das trypanosomcnhaltige Plasma abgehoben und der Try))anosomen-
gehalt mittelst einem Thoma-Zeiss-Hämozytometer M bestimmt. Der Ke-
duktionsverlauf wird im Vcrgleichnngsspekti-oskop (Zeiss) bestimmt. ^) Ks
findet zuerst eine Verdunkelung zwischen den Linien D und E statt, wo-
bei D eine Verschiebung ins Rote erleidet. Mit der Zeit verschwinden die
beiden Oxyhämogiobinlinieii. wobei dann die charakteristische Methänn)-
glol)inhnie auftritt. Auch Methylenblau wird durch die Tiypanosomen i'c-
duziert {Nauss und Yorkr).
Nauss und Yorkc haben auch die Blutgase, die duicli Einwirken der
Trypanosomen auf Hämoglobin entstehen, (juantitativ bestimmt und hier-
bei festgestellt, daß der freie Sauerstoffgehalt abnimmt, ohne dal» hierbei
der Kohlensäuregehalt zunimmt. Je Hc/»^ defibrinierten Rlutes. des.sen
Hämoglobingehalt ([uantitativ bestimmt worden ist. werden liei U>- 12''
24 Stunden stehen gelassen. Hierauf wird eine Portion in den nebenstehen-
den Apparat eingefiüirt, auf 37'' C eine Stunde lang erwärmt, die (läse
ausgepumpt und quantitativ untersucht. Ziiin zweiten Teil wird eine ge-
') Friedhcrqcr, Über die IJchamlliinfr iler oxporimoiitpHcii .Niejaiia mit Miscliun-
gcn vou Atoxyl und Thioglykolsäure. Berliner klin. Woolieiischr. 45. 1714 il'.>l>8).
-) R. W. Nauss- and W. Yorkc, Reducing action of Trypanosomos on Haemoplo-
bin. Ann. trop. med. and parasit. 5. 199 (1911). — A. lUiij.shawe (Bulletin Sleoping Sick-
ness Bureau. 3. 412 [1911]) weist darauf hin, daß die Tatsaclie. daß die Trvpaiiosonu'ii
Hämoglobin uiul Methylenblau reduzieren {Nauss und Yorke), gegen die KlirücJischc
Reduktionstheorie spricht. Die Trypanosomen würden solchen Falles das Atoxyl in vitro
reduziiM-en und so aktivieren, dieses ist aber bekanntlicli nicht der Fall. Haifsliairr sieht hieriu
einen Beweis zu Gunsten der Oxydationstheorie von JfrcinI und yicnnstfiu (vgl. oben). -
Vgl. auch Nierenstein, Zum Chemismus der Atoxyl-(p-Aminopbenyl-arsiiisiuirc-)NVirkuMg.
Ber. d. Deutsch, ehem. Gesellsch., 44. 35H8 |1911|.
■') Vgl. hierzu dieses llandlmcii. Bd. 5. S. 22— 22 (1911).
*) Vgl. hierzu dieses Ilandbucli. Bd. 3. P. 707-741 (1910).
1384 ^^- Nierenstein. Biochem. u. chemo-therapeutische Arbeitsmethoden etc.
messene jMenge trypanosomeuhaltiges Plasma hinzugefügt und hierauf wie
oben verfahren. Der dritte Teil wird mit derselben Menge normalen Plas-
mas versetzt und die hierbei entstandenen Gase bestimmt. Die Apparatur ist
aus der umstehenden Zeichnung leicht zu ersehen (Fig-. 307). Der Teil zwischen
den Hähnen 1 und 2 wird mit Hg gefüllt und die beiden Hähne abge-
schlossen. Hierauf führt man mittelst des Zweiwegehahns 0'5 cw^ l%ige
Phosphorsäure ein, pumpt mittelst Quecksilberpumpe die Luft aus und
Fig. 307.
FuUtnrhter C
HaJw.j Vakuum KLgehß ^-
0
0/ec/isä/>er ^-p^
Wanne u. Rohr T.
Zwem^egeFaTm 2
Dreiwege ffahn 7
Wasserbad
schließt die beiden Hähne 2 und 3. Mittelst des Fülltrichters C wird das
Blutplasma eingeführt und mit Hg abgeschlossen. Hierauf erwärmt man
die Kugel, die das Plasma enthält, öffnet vorsichtig und pumpt die ent-
weichenden Gase ins Sammelrohr T. Für die Analyse der Gase dient
der zweite Apparat der Zeichnung.
Eeagentien zum Nachweis der biulogiscli wichtigen
Verbindungen.
Von L. Fiiicussohii, Üerlin.
1. Reagentien zur Bestimmung der Kohlenhydrate.
Hydrazine.
Die Hydrazine spielen hei der Analyse der /inkci- eint' widitii:«'
KoUe. Sowohl dem Phenylhydrazin wie seinen Suhstitutionsproduktcn kommt
für die (luantitative I^estimmung der Zuckerarten erhehliclu' IJcdeutiiD'.'
zu. Näheres s. unten. \'gl. ferner die Ausführuniien von T»l/cns in diesem
Handbuch. Bd. 2. S. 57.
H
C
HC^ >CH
Pheii.vUiydraziii H\x ., '..„
C,iH,.NH.Mi, H.,N ■ ^" "^^
C
H
stellt eine farblose, ölige Hüssigkeit dar. die sich an der Luft durch Oxy-
dation leicht briiunt. AVird beim Aiikühlcn fest, um bei l!)f)" wieder zu
schmelzen. Siedepunkt unter gewöhnlichem Druck 241". wobei es sich in
geringem Mäße zersetzt. Es zeigt wie alle Hydrazine starke Iiedukti<ms-
fähigkeit, reduziert Fchlmgsche Lösung schon in der Kälte. Durch ener-
gische Oxydation wird es in Anilin und Ammoniak gespalti'ii. dunh gelinde
<Jxydation des Sulfalts mittelst Quecksilberoxyd wird es in Di;i/t>l)enzoLsulfat
übergeführt.
Phenylhydrazin entsteht durch Üeduktion von Diazoniumsalzeii. Durch
Reduktion von Diazobenzolchlorid mit der berechneten Menge Zinnchlorür
und Salzsäure entsteht salzsaures Pheuylhydrazin. in Salzsäure schwer lös-
liche P.lättchen von der Formel C« H5 . N : N . Cl -I- 4H = C, H, . M I . MI, . HCl.
Nach einem anderen Verfahren wird das Diazoniumsalz mit .schwefligsaurem
Natrium in diazobenzolsulfosaures Natrium überfidirt. dieses rt'duziert und
1386 I^- Piiicussohn.
endlich durch Kochen mit Salzsäure die Sulfogruppe abgespalten. Diese
Reaktion geht nach folgenden Formeln vor sich:
a) Cß H5 . N2 Cl + Na, SO3 = Cg H5 N : N SO 3 Na + Na Cl.
h) Cß H5 N : N SO3 Na + 2 H = Cg H, NH . NH . SO3 Na.
c) Ce H5 NH . NH SO3 Na + H.O = C^ H^ . NH . NH., + Na H SO,.
Nach der Vorschrift von E. Fischer wird Phenylhydrazin im Labora-
torium dargestellt, indem 50// Anilin in 2V2 ^iol. konzentrierter Salzsäm^e
und 300*7 Wasser gelöst ^Yerden: nach gutem Abkühlen '«ird mit der be-
rechneten Menge Natriumnitrit diazotiert, und die erhaltene Flüssigkeit in
eine kalte, möglichst gesättigte Lösung von 2V2 Mol. Natriumsulfit (herge-
stellt aus der käuflichen, etwa 407o Natriumbisulfit haltigen Lösung durch
Neutrahsation mit Natronlauge) eingegossen. Die erhaltene Lösung wird
im Abzug in einem großen Rundkolben auf einem Baboblech erwärmt, wol)ei
keine Trübung eintreten darf, sodann wird Zinkstaub und etwas Essigsäure
zugefügt, bis die Lösung farblos geworden ist, heib filtriert und das Fil-
trat sofort in der Hitze mit 1/3 Vol. rauchender Salzsäure vorsichtig ver-
setzt. Der erhaltene Kristallbrei von salzsaurem Phenylhydrazin wird auf
der Nutsche abgesaugt, das möglichst von der ^Mutterlauge befreite Salz
mit überschüssiger Natronlauge durchgeschüttelt und im Scheidetrichter
mit Äther versetzt, der die Base aufnimmt. Die ätherische Lösung wird
12 Stunden mit Kaliumkarbonat getrocknet, abfiltriert, und der beim Ab-
dampfen des Filtrats bleibende Rückstand ohne Kapillare — da die Luft
oxydierend wirkt — im Vakuum im Öll)ad bei einer Temperatur von
120 — 140" und höchstens 12 mm Druck destiUiert.
Das im Handel käufliche Produkt ist nicht ganz rein. Für gewöhn-
liche präparative Zwecke genügt es, die Base 1 — 2mal aus ungefähr dem
gleichen Volumen reinen Äthers umzukristallisieren, zur ^Ausscheidung gut
zu kühlen, da Phenylhydrazin schon bei 19" schmilzt, und auf der Nutsche
scharf abzupressen. Es wird sodann unter einem Druck von 10 — 20 mm
destilliert. Das so gewonnene Präparat muß farblos sein und muß sich in
der lOfachen Menge eines Gemisches von 1 Teil öO^/oig^r Essigsäure und
9 Teilen Wasser völlig klar lösen.
Zur Bereitung der reinen Base wird nach Fischer das käufliche Pro-
dukt zuerst bei 15 — 20^;«« Druck destiUiert, dann 4mal durch Abkühlung
zu etwa 9070 kristaUisiert und jedesmal der flüssig gebliebene Teil abgegossen.
Der Rückstand wird in 3/. Teilen seines A'ol. reinen, über Natrium ge-
trockneten Äthers gelöst, in Kältemischung abgekühlt, die ausgeschiedenen
Kristalle bei niederer Temperatur scharf abgenutscht und mit sehr wenig
stark gekühltem Äther gewaschen. Endhch wird unter 05 mm Druck aus
dem Ölbad destiUiert: die erste Fraktion, die kleine Mengen von Wasser
und Äther enthalten könnte, wird verworfen. Das so gereinigte Phenyl-
hydrazin hat nur eine schwache Gelbfärbung, so daß einzelne Tropfen farb-
los erscheinen.
Phenylhydrazin ist gegen Luft sehr empfindlich; es ist daher ratsam,
die Base in zugeschmolzenen Glasgefäßen aufzuheben.
Keageuticii zum N'acliwi'is diT liinlocrisch wiclitiiron \'i'rliiiHliin(^oii. lüöT
Phenvlliydraziii el)ens() wio scim' Sultstitutionsprodiikte bildet mit
einer ,i>Tor>en Anzahl von Kohlonhvdruten irnt kristallisierend«' Verbindunj.'-en.
und zwar zwei Reihen, je nachdem ein oder zwei Molckidt- l'liciiylliydrazin
mit einem Molekül des Kohlenhydrates in Verbindung treten. Ks bilden
sich so die Hydrazone bzw. Osazone nach fol<,M'ndem Schemii ((llukosei:
CH2(()H)lCII(()H)|,Cll(()H)('Il() + (', Il,Nn.NlL=:
CH, (UH) (Cll (Oilila eil (( )1I) . CII : N . MI . C, H, + llJ >
Wirkt auf das so gebildete IMienvlhydrazon ein zweites .Molekül
riienylhydi'azin ein, so wird die eine .Mkoliolgi-Miipe vorübei-i^eln-iid in Car-
bonyl verwandelt, welches nun das zweite Molekül l'lieiivlh\dra/iii bindet,
so daß das Phenylosazon
CH2(OH)[CH(()I-I)J3.C . CH
CePIö.HX.N N.NH.CoIlti entsteht.
Zum Nachweis der Aldehyde. Ketone und /uckerarten euipiielilt
Emil Fischer eine Mischung, die aus gleichen Vol. Plienylliydrazin und
öO^/oigcr Essigsäure, verdünnt mit etwa der dreit'aclieii Menge Wasser be-
steht. Die Mischung oxydiert sich l)eim Aufbewahren in schlecht ver-
schlossenen Gefäben, so dal» es zweckmäßig ist. sie vor jedem \ersuch frisch
zu bereiten. Bei kleineren Proben, auch zum Nachweis des Traulienzuckers
im Harn, fügt mau zu der zu prüfenden Flüssigkeit einfach die gleiche
Anzahl von Tropfen Phenylhydrazin und öO'Voif^'^i' Kssigsäure.
Eine ganze Anzahl Zucker geben mit Phenylhydrazin charakteristische
Derivate (s. unten). Besonders charakteristische Deiivate siehe Ihm den
einzelnen Zuckern.
Durch die Phenylhydrazoiie kann mau Mauuose und hextrose leicht
trennen; das Mannosephenylhydrazon ist in Wasser sehr schwer, das Dex-
trosephenylhydrazon leicht löslich.
l'ber Darstellung der Hydrazone und Osazone vgl. Tollms. dieses
Handbuch, Bd. 2, S. 57. .
Verbindungen des Phenylhydrazins mit Kohlenhydraten.
a) Phenylhydrazone.
Terbindunj^en mit Pentosen. 1 - Arabinose- phenylhydrazon.
CnHißNoOi. Scheidet sich bei 20 Minuten langem Krwärmen einer Pösuult
von einem Teil Arabinose in einem Teil Was>er mit zwei Teilen Phenyl-
hydrazin auf 100" in weilieu Kristalleu vom Schmelzpunkt i:)(> 1 :).•'." ab.
LösUch bei 15" in 85 Teilen Was.ser und in 75 Teilen absolutem .Mkcdiol,
in ?)0 Teilen Alkohol von 90«/o- East unlüslich in Uher und Benzol.
ao = + 2-5'' in SOVoigem Alkohol.
1-Xylose-phenylhydrazon, gelbliche, änderst lösliche Kristalle.
d-T.yxose-phenylhydrazon, sehr leicht lö.slich in \Vas<er mid .M-
kohol.
1-Uibose-phenylhydrazou. Kristalle vom Schmelziumkf 154 ir>5".
sehr leicht löslich in Wasser.
1388 L- Pincussohu.
Rhamnose-phenylhydrazon, CioHigO^No. Bei Vermischen alko-
holischer Lösungen der Komponenten oder beim mehrstündigen Stehen
einer Mischung von einem Teil Khamnose, einem Teil Wasser und einem
Teil Phenylhydrazin. Farblose, feine Blättchen vom Schmelzpunkt 159",
mäßig löslich in Wasser und Alkohol, nicht löslich in Äther : y.ß— -\- ö4"2*',
ohne Multirotation. Nach Tanret ist die Drehung in Alkohol von SO'^/o
(wahrscheinlich eine isomere Form)+ 27".
YerMiidungen mit Hexoseii. Glukose-phenylhydrazon, Ci-^His j
Ng Og. Entsteht durch Einwirkung von einem Volumen Phenylhydrazin, •
einem Vol. öOVoigei' Essigsäure und drei Vol. Wasser oder einer Mischung
von kristaUisiertem Natriumacetat und salzsaurem Phenylhydrazin auf Trauben-
zucker. Zur Reinigung wird in ein w^enig heißem Alkohol gelöst und vor-
sichtig mit Äther gefällt. Farblose, feine Nadeln oder mikroskopische Tafeln
vom Schmelzpunkt i 144 — 146". Drehung an = — 66"57" nach 25 Minuten;
— 52" nach 36 Stunden. Sehr leicht löslich in Wasser und heißem Al-
kohol, weshalb es zur Identifizierung des Traubenzuckers nicht be-
nutzt wird; leicht löslich in kalter starker Salzsäure, fast unlöslich
in Äther, Benzol und Chloroform. Durch Erhitzen im Wasserbade
während kurzer Zeit mit überschüssigem Phenylhydrazin entsteht das Osa-
zon. Glukose-Phenylhydrazon existiert nach Skraup, Shiion und Benard
in zwei insomeren Formen; die andere hat den Schmelzpunkt 115 — 116"
und auch anderes Drehungsvermögen; nach dem Lösen aD20 = — 15'3",
nach 12 — 15 Stunden = — 46'9". Beide Hydrazone liefern das gleiche Phe-
nylosazon.
d-Mannose-phenylhydrazon, C12H18N2 <),., scheidet sich auf Zu-
satz von Phenylhydrazin schon in der Kälte ab. Rhombische Tafeln, welche
beim raschen Erhitzen bei 195 — 200", bei langsamem Erhitzen bei 186 — 188"
schmelzen. Löst sich leicht in heißem Wasser, Alkohol, verdünnter Salz-
säure, unlöslich in Alkohol, Äther, Aceton und Benzol. Dreht in salzsaurer
Lösung nach links, in 6"/oigem Pyridin nach rechts: aj3 = -f 26"66". Kon-
zentrierte Säuren spalten es schon in der Kälte; beim Kochen mit Form-
aldehyd oder Benzaldehyd tritt sehr glatt Zerlegung ein, wobei reine und
sehr gut kristallisierende Lösungen von Mannose erhalten werden. Das 1
Hydrazon reduziert kräftig heiße FehUngsche Lösung.
1-Mannose-phenylhydrazon. Cj., HigN., Og, entsteht ebenfalls schon jk
in der Kälte aus den Komponenten. Farblose Kristalle, bei raschem Er- "
hitzen bei 195" schmelzend, in salzsaurer Lösung rechts drehend. Gut lös-
lich in heißem Wasser. ^'
d, 1-Mannose-phenylhydrazon, CiaHigN.jOö. Ebenfalls schon in
der Kälte entstehend. Schmelzpunkt 195".
1-Gulose-phenylhydrazon, CigHigOöNg. Weiße Nadeln, die sich
schon in der Kälte abscheiden, vom Schmelzpunkt 143", löslich in Alkohol
und heißem Wasser.
d, 1-Gulose-phenylhydrazon, C12H18O6N2, in Wasser und Alkohol
wenig lösliche Nadeln vom Schmelzpunkt 157 — 159".
Reagentieii zum Xacliwois der lnolo-^'isch widiti-jcii Vorbiii(luiii.'<'ii. 1 ."iSO
d-Galaktose-pheiiylhydrazon. C,, 11, „ Oj \... schoidot sich aus einer
Misthuu«i von :^ cj Galaktose. H rrm Wasser und :> ^ I'heiiylliydrazin narh
kurzer Zeit als dicker Brei aus. Aus Alkohol feine Nadt-ln vom Schmelz-
punkt 1580 hzxv. 1()() -l(;2o. Leicht liislich in heiliem Alkohol und Wasser,
mällig löslich in kaltem Wasser und Pyridin, unlüslicli in Äther und
Chloroform. Linksdrehend: z„.,„ ::: 21-4": Drcluin;.^ in Tyridin zuerst
+ 20-540, abnehmend bis + 0;)4". Wird durch rauchende Salzsaure in die
Komponenten zerlegt.
1-Galaktose-phenylhydrazon, C,« H,h O,-. X., in kaltem Wasser
schwer lösliche Kristalle vom Schmelzpunkt 15,s ico". -/„ = + 21-»')''.
d-Fruktose-phenylhydrazon. C,., lligO., N,, weil'.c Nadeln, löslich
in Wasser und heitiem Alkohol. Dreht nach links.
d-Sorbose-phenylhydrazon. Linksdrehende Kristalle.
x-Rhamnohexose-phenylhydrazon. in Wasser leicht lösliche
Kristallmasse.
Yerbinduugeii mit HejjtoNen. x-Glukoheptose-phenylhydrazon.
CiaHsoOßXg, weilte Nadeln, vom Schmelzpunkt ITü". löslich in Was.'^er,
wenig- in Alkohol, schwer in .\ther.
,'i-Glukoheptose-phenylhydrazön. C,3ll.,„ (),j X.,, Nadeln vom
Schmelzpunkt 190 — 19o", löslich in Wasser, schwer in Alkohol.
d-Mannoheptose-phenylhydrazon.C,;, lI,,o o^ .\\,.in Wasser schwer
lösliche Nadeln vom Schmelzpunkt 197 — 200".
1-Maunoheptose-phenylhydrazon, C,3 H,« *>,-, Xo, farblo.se X adeln,
in heil'iem Wasser löslich, bei lltO« unter Zer.setzung schmelzend.
d. 1 - Mannohep tose - phenylhydrazon. Cj ILq Ui N,, Schmelz-
punkt 175".
a-Galaheptose-phenylhydrazon. C,3 H.jn <>o X.,. weide Xadeln. in
Wasser und Alkohol löslich, mit geriuLier riechtsdrehunir. Schmelz-
punkt 200«. (2050 Kon-.)
Methylheptose-phenylhydrazon. ('u llj. < >f. X,, kristallisiert aus
heiliem Wasser in Nadeln, die bei 20o unter Zersetzung schmelzen.
VerbiiiduHi^en mit Oktosen. -/-(ilukooktose-phenylhydrazou,
C14H2.2O7N2, in Alkohol und Was.ser schwer lösliche Nadeln und Prismen
vom Schmelzi)unkt 190".
d-Mannook tose-phenylhydrazon. r,^ H.^., O; X... in Wasser schwer
lösliche Nadeln vom Schmelzpunkt 212".
d-Galaoktose-phen Whydrazon. 1',^ 110.^)7X0. in Wasser wenig
lösliche P.lättchen. Schmelzpunkt 200—2050.
Verbindniii?en mit Xoiioseii. z-dlukononose- phenylhydrazon.
^isHsiOgNa. in Wasser und Alk(diol .schwer lösliche Nadeln, unter /.»«r-
setzung bei 195 200" schmelzend.
d-.Mannononose-phenylhydiazou; C,r, Hj, < >t,N.. weibe Xa«leln. in
warmem Wasser und Alkohol löslich, bei 22:>o schmelzend.
Verbindungen mit roi.vsacchariden. Cel lose- phenylhydrazon,
(\2H.,oO,o(N2lICr.H5). Hygroskopisches Pulver, das sich bei 90" zersetzt.
j^390 L. Pincussobii.
Maltose-phenylhydrazon, CigHagOioNo. hygroskopische Nadehi,
vom Schmelzpunkt 180" unter Zersetzung, rechtsdrehend, löst sich in
Alkohol, schwer löslich in Essigäther.
Laktose-phenylhydrazon, CigHagOioNa. entsteht, wenn man zu
einer erkalteten Lösung von einem Teil Milchzucker in einem Teil Wasser
1/2 Teil Phenylhydrazin und zwei Vol. absoluten Alkohols zufügt und dann mit
viel Äther fällt. Nach wiederholtem Umfallen gelblicher, linksdrehender Sirup,
leicht löslich in Wasser und Alkohol, schwer löslich in trockenem Essigäther,
unlöslich in Äther. Wird durch starke Salzsäure schon in der Kälte gespalten.
Melibiose-phenylhydrazon. C18H.28OJ0N21 hellgelbe Nadeln, löslich
in Wasser, wenig löslich in Alkohol, unlöslich in Äther, Benzol und Chloro-
form. Schmelzpunkt 145".
Mannat risaccharid-phenylhydrazon, amorpher, gelber Körper,
löshch in Wasser und Alkohol, wenig löslich in Essigester, aj) = + 21".
(ilukuron-phenylhydrazon, C12H11O5N2, beim Kochen eines Ge-
misches von alkoholischer Phenylhydrazinlösung und heißer Glukuronlösung.
Aus absolutem Alkohol gelbe Nadeln vom Schmelzpunkt 160", unlöslich
in Wasser, fast unlösHch in kaltem Alkohol und Äther, ziemlich löslich
in 50"/oigem Alkohol. In der Wärme reduzierend.
h) Phenylosazone.
Yerbiii(hmg:eii mit Dioseu. (ilykolaldehyd - phenylosazon,
Ci^HjiN^. Schmelzpunkt 169". rein aus Pyridin 179". Leicht löslich in heißem
Alkohol. Äther, Benzol, sehr schwer löslich in Wasser, Alkalien und ver-
dünnten Säuren.
Terbindungeii mit Triosen. Olycerinaldehy d-phenylosazon.
CigHjßON^. gelbe prismatische Blättchen, stark reduzierend. Schmelz-
punkt 132". Sehr leicht löslich in Alkohol, Äther, Essigäther. Eisessig, Aceton,
leicht löslich in heißem Benzol.
Dioxyaceton-phenylosazon entspricht dem eben beschriebenen
Körper.
A^erlbiiidungen mit Tetrosen, d- Erythrose - phenylosazon,
CißHigN^O.,, goldgelbe, optisch inaktive Nadeln, leicht zersetzlich. in Äther
und Benzol löslich. Schmelzpunkt 166 — 168".
1-Erythrose- phenylosazon entspricht genau der eben beschriebenen
Verbindung.
1-Thyreose-phenylosazon, CieHisNiOo, gleichfalls identisch.
d-Erythrulose-phenylosazon, ebenfalls identisch.
Methyltetrose-phenylosazon. CjtHoqN^O.v Nadeln löshch in
Alkohol, Benzol. IVridin, wenig löslich in Wasser und Äther. Schmelz-
punkt 173— 174 ^
Apiose-phenylosazon, C17 R^o O3 N^. in Wasser und Alkohol lösUche
gelbe Nadeln. Schmelzpunkt 156".
Terbinduiii^eii mit Pentosen. 1 -Arabinose -phenylosazon,
CiyHaoN^Oj, entsteht beim Kochen der Arabinose oder ihres Hydrazons
Reagentien zum Nachweis der l)ioIof,Msoli wichtigen N'crhindungen. 1H91
mit riieiiylhydrazin. Ein Teil Arahinose wini mit /wci Trilcii >al/saiin'iii
Phenyliiydrazin, drei Teilen Xatriiiinacetat und 20 Teilen WasxT im Wasser-
bad eine Stunde lang erhitzt, die voluminöse {,'ell)e Masse wird mit kaltem
Wasser gewaschen und aus heiüem Wasser oder A(et(m umkristallisiert.
Sdimelzpunkt KiO" bei raschem Krhitzen. rnliislich in kaltem \Va>ser.
Äther, Benzol und Ligroin. löslich in heilW'iii Wa^M-r. Alkohol. Aceton tind
Pyridin.
Pyridinzusatz erhöht die Löshchkeit in anderen Lösinigsmitteln. l>reht
rechts; in Pyridin-Alkohol y,, — + 1"10'. Konzentrierte Salz>äure spaltet
in Phenylhydrazin und das schwach rechtsdrehende Arabinoson. Sehr
wichtige Reaktionen zum Nachwei.s der .Vrabinose.
d-Arabinose-phenylosazon, C,7 H.^o^'4'>3• Nadeln vom Schmelz-
punkt 162— 16o" (151) -100").
d,l-Arabinose-phenylosazon. Cj^ Hoq N4 <);,. irelbe Nadeln oder
Prismen vom Schmolzpunkt 16() 168".
1-Xy lose-phenylosazon, Ci^HgoN^Oj, entsteht beim Kochen von
Xyloselösung mit Phenylhydrazin. Hellgelbe, seidenglänzende Tafeln oder
Nadeln. Schmelzpunkt nach .Vngaben verschiedener Autoren von 152 — 170°.
Schwer löslich in Wasser, leicht löslich in Äther und Aceton. Zeigt bestiindige
Linksdrehung: an = — 43"o6°.
d, 1-Xylose-phenylosazon CiyH.^oX+Oa, in heil'jem Alkohol -cliwer
lösUche gelbe Nadeln, bei 210 — 2150 unter Zersetzung schmelzend.
d-Lyxose-phenylosazon ist identisch mit l-Xylo,se-phenylosazon.
1-Ribose-phenylosazon ist identisch mit 1-Arabinose-phenylosazon.
d-Araboketose-i)henylosazon ist identisch mit d-.\rabinose-
phenylosazon.
d,l-Xyloketose-pheiiylosazon ist identisch mit ill- Xyldvo-pln--
nylosazon.
Fucose-phenylosazon. Cjs H.,., Oa X^. gelbe Kristalle vom Schmelz-
punkt 177".
Rhamnose-phenylosazon, C18H.22O3X4, scheidet sich beim Kr-
w'ärmen von Rhamno.se mit Phenylhydrazin in kiir/i r Z^it in reichlicher
Menge aus. Oelbe Nadeln, bei 180" unter Zersetzung und (ia>ent\vicklung
schmelzend; unlöslich in Wasser, wenig löslich in .Uher und P.enzol. miibig
löslich in heißem Alkohol und Eisessig, leicht löslich in Aceton. Reduziert
beim Kochen FchIhKjsdu' Lösung. Dreht in Pyridinalkohol -1-1-240. Wird
durch starke Säuren in Phenylhydrazin und Rhanino.><on gespalten.
Isorhamnose-phenylosazon ist mit dem vorstehenden identisch.
Chinovose-phenylosazon. CisHosN^Uj, gelbe Xadeln, Schmelz-
punkt 193-194". Mit rauchender Salzsäure entsteht das in heiliem Eisessig
lösliche, in Alkohol wenig lösliche Oson.
Rhodeose-phenylosazon. C,« II.... N, Oj, geliu- Kristalle, in Aceton,
weniger in Alkohol löslich. Schmelzpunkt 17t)'ö".
Isorhodeose-phenylosazon. C'igHojNjOa. in Alkohol lösliche gell>e
Prismen vom Schmelzpunkt 190".
2392 L. Pincussohn.
Glukose-phenylosazon. Cig H22 N^ O4. Bildung vgl. S. 1388. Zur
Darstellung werden ein Teil Glukose mit 20 Teilen Wasser mit einem
Überschuß von Phenylhydrazin oder mit drei Teilen kristallisiertem Natrium-
acetat und zwei Teilen salzsaurem Phenylhydrazin im Wasserbad erwärmt;
nach IV2 Stunden ist die größte Menge des Osazons ausgefallen. Kugelige
Aggregate oder in Büscheln gruppierte gelbe Nadeln, deren Schmelzpunkt
nach den Angaben der verschiedenen Autoren zwischen 205" und 217"
schwankt. Im Gegensatz zu dem in heißem Wasser gut löslichen unreinen
Osazon ist das reine Osazon fast unlöslich in Wasser, ziemUch lösUch in
heißem Alkohol, siedendem Aceton, Pyridin und anderen zyklischen Aminen,
wie P3Trol, Piperidin, Chinolin, in Ammoniak und substituierten Ammoniaken,
Harnstoff. Nitrilen. Amiden, Aminosäuren, Anisol. Wenig löslich oder un-
löslich in Wasser, Alkali, kaltem Aceton und absolutem Alkohol. In heißem
Wasser suspendiert wirkt das Glukosazon stark reduzierend. Drehung
7.1) = — 0-50" in Alkohol, — OSb^ in Eisessig, — 1'50" in Pyridinalkohol.
Bei der Spaltung durch starke Salzsäure ^^^rd das Glukoson, CgHioOe,
abgespalten. In der Kälte erstarrender, schwach linksdrehender Sirup,
löslich in heißem Alkohol, unlöslich in Äther.
1-Glukose-phenylosazon, C18H.22N4O4. In kaltem Wasser, Alkohol
und in Äther schwer lösliche gelbe Nadeln, vom Schmelzpunkt 208". Dreht
in Eisessig gelöst stark nach rechts. Durch Spaltung mit konzentrierter
Salzsäure entsteht das l-(ilukoson, aus dem durch Reduktion Fruktose
entsteht.
d,l-Glukose-phenylosazon. Ct8H22N4 04, scheidet sich bei mehr-
stündigem Kochen aus. lleingelbe feine Nadeln oder mikroskopische Prismen,
die bei 210" sintern und bei 217" unter Zersetzung schmelzen. Ziemlich
löslich in Eisessig, wenig löshch in P'.ssigester und heißem Alkohol, fast
unlöslich in Wasser, Äther und Benzol. Durch Spaltung mit 20 Teilen kon-
zentrierter Salzsäure entsteht d, 1-Gukoson, CßHioOg. farbloser Sirup, in
der Kälte amorph, das durch lieduktion mit Zink und Essigsäure d. 1-Fruk-
tose, mit Natriumamalgam d. 1-Mannit liefert.
d-Mannose-phenylosazon, C18H22N4O4 ist identisch mit Glukose-
phenylosazon.
1-Mannose-phenylosazon. identisch mit l-( ilukose-phenylosazon.
d,l-Mannose-phenylosazon ist identisch mit dl-( ilukose-phe-
nylosazon.
d-(ialaktose-phenylosazon. C\8H22N4 04, derbe gelbe Nadeln, bei
völliger Reinheit bei 180 — 182" sinternd, bei langsamem Erhitzen bei
188—191". bei raschem Erhitzen bei 198-194—197" schmelzend. Nach
neuesten Angaben (Fischer) Schmelzpunkt 188" korr. In Pyridinalkohol ist
die Drehung a^ = -t-0"48". Durch Salzsäurespaltung entsteht (ialaktose.
l-Galaktose-phenylosazon gleicht dem d-Galaktose-phenylosazon.
dl-Galaktose-phenylosazon, gelbliche Nadeln vom Schmelzpunkt
206" bei raschem Erhitzen.
d-Talose-phenylosazon ist identisch mit d-(ialaktose-phenylosazon.
Reagentien zum Nachweis der liiolufrisrii wichti^rcn N'prliindimtjen. 1393
Lävulose-phenylosa/.oii ist identisch mit Gliikos('-[»hcnyl()s;i/oii.
1-Fruktose-phenylosazon ist identisch mit l-dhikosc phcnyhisazon.
d-Sorbose-phenylosazon, CjgHor^N, O^. i^clhe Nadeln vom Schmelz-
punkt 164^ löslich in warmem Alkohol und Aceton, wenip: löshcli in Wasser,
unlöslich in Äther. Uenzol und Chlorofonn. In Tyridinalkohol ist 7.,, — O'^;')",
in Methylalkohol — 6«.
l-8orbose-phenylosazon. CigHäaNit),. Schniclzpiinkt 1. ')(',". Leicht
löshch in Wasser und Alkohol.
d-Tagatose-phenylosa/.on ist identisch mit d-iialaktose-phe-
nylosazon.
1-Tagatose-phenylosazon ist identisch mit l-dalakto.se-phenylosazoii.
Galtose-phenylosazon, CigHjä N4 Ol- in Wasser weni),' lösliche
Kristalle vom Schmelzpunkt 182". xd = +19".
d-Gulose-phenylosazon ist identisch mit d-Sorhose-phenvIosa/on.
l-rrulose-phenylosaz on ist identi.sch mit l-Sorhose-phenvlos.i/on.
dl-(Julose-phenylosazon, Cjs H.22N4 O^. Kristalle vom Schmelzpunkt
157 — 109". im Gegensatz zu den Osazonen der aktiven Komjjonenten in
Wasser wenig löslich.
d'Idose-phenylosazon ist identisch mit d-Sorltose-pheuylosazon.
1-Idose-phenylosazon ist identisch mit l-Sorhose-phenylosazon.
Rhamnohexose-phenylosazon (x oder (i). (Jelbe Nadeln. I)ei •_'()()»
schmelzend, löslich in Alkohol, nicht löslich in Wasser.
YerbiiKluiigen mit Heptosen. (iliikoheptose- phenylosa/nn
(x oder [i). CigH-iiOsNi. goldgelbe Nadeiu. sehr schwer löslich in Alkohitl.
fast unlöslich in Äther und Wasser. Schmelzpunkt 195°. xp = -1-050".
d-Mannoheptose-phenylosazon. CigH-^i CK, N4. in Alkohol wenig,
in Wasser und Äther fast nicht löslich, Schmelzpunkt 2(K>".
1-Mannoheptose-phenylosazoii, C',., H.j4 Oß N4, Schmelzpunkt 203".
d 1 - M a u u 0 h e p 1 0 s e - p h e n y 1 0 s az 0 u. Schmelzpunkt 2 1 U".
x-Galaheptose-phenylosazon. gelbe Nadeln bei 21S" schmelzend.
Rhamnoheptose-phenylosazon. C.,» li..« ();, N«. Schmelzpunkt
gegen 200".
Yerbinduiigen mit Oktosen. x-dliikooktose-phenylosazou,
C20 H26 Oß N4. In Wasser und Alkohol schwer löslich. Schmelzpunkt 210 212".
d-Maunooktose-phenylosazon. C'.,o K^e O« N4- wenig lösliche Nadeln.
Schmelzpunkt 223".
(ialaoktose-phenylosazon, ConH-j,, 0„N\. Schmelzpunkt 22f. 2:'.l".
R h a m u o 0 k 1 0 s e- p h e n y 1 0 s a z 0 n. Schmelzpunkt 2 1 ♦".".
A'erbindunfi^en mit Nouosen. 7.-(ilukononose-phenylosazon,
C2^H28()7N4. Schmelzpunkt 230 2;'.3".
d-Mannononose-pheny losazon. C,, Hj8()7N.. Schmelzpunkt
gegen 217".
Die Phenylosazone. der Heptosen. Oktosenund Nonosen sind samtlich
in Wasser schwer oder gar nicht löslich, lösen sich auch mehr oder weniger
schwer in Alkohol und Äther.
Abderhalden. Handbuch der biochemischt-n Arbuit»iinetl).>.li.T. V KS
2394 ^- Pincussohn.
Yerbiii düngen mit Polysacchariden. Turanose-pheiiylosazon.
Lange gelbe Nadeln, bei 215 — 220" unter Zersetzung schmelzend. Leicht
löslich in heißem Wasser, Alkohol, Essigsäure und Aceton, unlöslich in
Äther.
Cellose-phenylosazon. Nadeln vom Schmelzpunkt 198°, löslich in
absolutem Alkohol, weniger in verdünntem Alkohol, noch weniger in Äther.
Maltose-phenylosazon. C24H30N4O9, entsteht bei anhaltendem
Kochen von Maltose mit Phenylhydrazin in quantitativer Ausbeute. Beim
Erkalten sich abscheidende hellgelbe Nadeln, die bei 190 — 1930 sintern,
bei rascher Erhitzung bei 202", 206". 208" schmelzen. Fast unlöslich in
kaltem Wasser, wenig löslich in heißem Wasser und in heißem Alkohol,
unlöslich in Äther, löslich in 66"/oigem heißen Alkohol und in kaltem
50"/oigen Aceton. Bei Kristallisieren aus Wasser enthalten die Kristalle
5 — 8"/o Kristallwasser, das beim Stehen über Schwefelsäure entweicht.
Drehung in Pyridin- Alkohol an = + 1-50"; in Eisessig (Fischer) Links-
drehung. Löst man einen Teil in 90 — 100 Teilen siedenden Wassers und
kocht mit 0'8 Teilen Benzaldehyd eine halbe Stunde unter starkem Um-
rühren, behandelt das erkaltete Filtrat nach völligem Ausäthern des Benzal-
dehyds mit Tierkolile und dampft im Vakuum ein, so erhält man das
Oson, durchscheinende farblose Masse, mit schwacher Eechtsdrehung,
die durch Hefen-^laltoglykase in Traubenzucker und d-Glukoson auf-
gespalten wird.
Isomaltose-phenylosazon, C24H32N4O9, gelbe Nadeln bei 142"
sinternd, bei 153" schmelzend (Fischer); bei höchstens 145" schmelzend ;
(Ost). In Wasser leichter löslich als die Maltoseverbindung. Unlöslich in 1
Äther, Aceton und wasserfreiem Essigester. a-D = — 20".
Laktose-phenylosazon, C24H32N4O9, Aggregate kurzer gelber |
Prismen. Schmelzpunkt 200", vollständig bei 212". Ziemlich gut löslich in
heißem Wasser und heißem Alkohol, leicht löslich in heißem Eisessig, un-
löslich in Äther, Benzol und Chloroform. In essigsaurer Lösung links- ^
drehend, in Pyridin-Alkohol inaktiv. Durch Einwirkung eiskalter rauchen-
der Salzsäure wird ein Oson erhalten, das bei der Hydrolyse d-Glukoson
und d-Galaktose gibt.
Isolaktose-phenylosazon, gelbe Nadeln vom Schmelzpunkt 190 bis
193". Durch Behandlung mit Benzaldehyd entsteht das Oson.
Melibiose-phenylosazon, C24H32N4O9, aus heißem Wasser oder
heißem Toluol umkristallisierte Warzen aus gelben feinen Nadeln, die bei
178 — 179" schmelzen und sich bei 181 — 183" unter Gasentwicklung zer-
setzen. Zersetzt sich bei 100" in 10 Stunden. Mäßig löslich in heißem
Wasser, leicht löslich in heißem Alkohol, Aceton, Pyridin und konzentrierter
Essigsäure, wenig löslich in Äther, Chloroform, Benzol, fast unlöslich in
Ligroin. Durch Behandlung mit Benzaldehyd entsteht das schwach rechts-
drehende Melibioson.
Glukosido-galaktose-pheny los azon, hellgelbe Nadeln vom Schmelz-
punkt 172 — 174". in Wasser, Benzol, Toluol wenig löslich.
Reageiitieu zum Nachweis der liiolofpsch wichtigen Nerbindunpen. 1H9<")
Oalaktosido-galaktoso-phenylosazon. C.^^ Hj, Og N,, gellte Nadeln
vom Schmel/piinkt IT.')- IT;")'', wonii! löslich in Wasser, Hnizoi. Lijrroiii.
Chloroform, löslich in Alkohol. Kssiiicstcr. Acdoii imd Pyridin.
Mannatrisaccharid-phen vlosazon. mikroskopische Nadeln, in
Wasser ziemlich löslich, vom Schmelzpunkt 122".
Glukuronsäure-phen vlosazon, CisH.o<>5^4- hildet sich heim
Stehenlassen von einem Mol. Cilukuron, drei Mol. riicnylhvdrazin und Kssi«,'-
säure während einiger Tage bei 40". (leihe Nadeln vom Schmelzpunkt
200 — 205", ^venig• löslich in Wasser und hciliem IJenzol, leicht löslich in
Aceton, sehr leicht in Tyridin: in letzterem linksdrehend. Ks ist dem
Glukosazon sehr ähnlich. .Vus dem Osazon bildet sich durch Krhitzen mit
1'2 Mol. Phenylliydrazin und der 20fachen Menge .\lkoliol das
Glukuronsäure-phenylhydrazid, schwer lösliche gelbe Nadeln,
in Pyridinalkoliol linksdrehend, bei 212" sdimelzend. Es ist ebenfalls dem
(ilukosazon sehr älnilich und eignet sich deshalb ebensowenig wie das
Olukuronsäurephenylhydrazon zum Nachweis der ( ilukuronsiiure.
p-Bromphenylhydrazin, Br. L\ 11^. Nil . NHo.
Nach der Darstellungsmethode von Michaelis feste kristallinische
Flocken, die mit Äther extrahiert und aus heißem Wasser umkristallisiert
werden. Schmelzpunkt des reinen Präparates 107— lOS". (Jut kristallisierte
trockene Präparate halten sich, vor Luft und Licht geschützt, jahrelang
unverändert. Yerfiirbte Präparate werden leicht durch rmkristallisieren
aus AVasser gereinigt, wo])ei der erkaltenden Flüssigkeit zweckmäßig einige
Tropfen Sodalösung zugefügt werden. Das p-Promphenylhydni/in wird
meist in essigsaurer Lösung angewandt.
Das Bromphenylhydrazin eignet sich zur Frkennung einiger Zucker
besser als das Phenylhydrazin. Besonders wertvoll ist die p-Pii'oinphenyl-
hydrazinverbindung der 1-Arabinose. Mit dieser kann man auch Arabinose
und Kibose trennen. Zum (|nalitativen Nachweis der .Vrabinose dient eine
frisch herzustellende Lösung von 1 Teil Bromphenylhydrazin. ;'.;') Teilen
50"/„iger Essigsäure und 12 Teilen Was.ser. In einer 1" oip:^»» Arabino.selösung
tritt schon nach 72 Stunde bei Zimmertemperatur Kristallisation auf, bei
V2 7oigen Lösungen nach etwas längerer Zeit.
Zur Darstellung der Sorbose eignet sich am besten das p-Bromphenyl-
sorbosazon.
Verbindungen des p-Brompheuy Ihydiazins mit Kohlen-
hydraten.
a) p-Broinphenylhydrazone.
Yerbiiidungen mit Pentoseii. l-.\ rabinose-p-bromphenylh\-
'drazon, d, H,, Br . N^ O4 = C.,!!,« < >4 • N. H • <-'« "^ l'-'-- Aggregate feiner
Nadeln, die beim Zusammenbringen von Arabinose mit dem Hydrazin
und Essigsäure entstehen. Die Verbindung ist für die .\rabinose charak-
S8*
]^ijgg L. Pincussohn.
teristisch und dient zur Identifizierung. Ziemlich leicht in öO^/oig^ni
Alkohol löslich; schmilzt bei 162o unter Zersetzung.
d-Arabinose-hromphenylhydrazon. Cij H^ß BrOiNg. Gut in Al-
kohol, wenig in Wasser lösliche Nadeln vom Schmelzpunkt 162".
dl-Arabinose-bromphenylhydrazon, Cu HigBr O4N2. Nadeln, lös-
lich in Pyridin, wenig löslich in Wasser, Alkohol und Äther. Schmelzpunkt löO«.
1-Xylose-bromphenylhydrazon, Cn HigBr N2O4, in Wasser lösliche
Kristalle vom Schmelzpunkt 128o. v-b — — 20" 49'.
Fucose-bromphenylhydrazon, Cn HjgBr N2O4 , Schuppen vom
Schmelzpunkt 181—183", die sich in 50"/oigem Alkohol lösen.
Rhamnose-bromphenylhydrazon, CisHjt OiNaBr. In heißem
W^asser löslich, schmilzt bei 160 167".
Pihodeose-bromphenylhydrazon, Ci-, H,; 04 NaBr, seidenglänzende
Nadeln, in Alkohol löslich. Schmelzpunkt 180".
Verbindungen mit Hexoseu. Glukose-bromphenylhydrazon
C12 Hi7 O5 N2 Br. Schmelzpunkt 147": 164—166". Drehung in 2" «iger
wässeriger Lösung — 44"27°, bei längerem Stehen zur liechtsdrehung über-
gehend. In Wasser wenig, in Pyridin leicht löslich.
d-Mannose-bromphenylhydrazon.CpjHiyNoOöBr, seidenglänzende
Tafeln, wenig löslich in heißem Wasser und Alkohol, Äther, Benzol, leicht
löslich in heißem Eisessig. Schmelzpunkt 208 210".
d-Galaktose-bromphenylhydrazon, C^oHi^Na (\ Br. Unlöslich
in Äther und kaltem Wasser. Schmelzpunkt 168".
Terbindungen mit Heptosen. a-(;iukoheptose-bromphenyl-
hydrazon. C13 H^g N.^ OgBr. In Wasser und Alkohol nicht löshch. Schmelz-
punkt 158".
Glukuron-p-broniphenylhydrazon, C,., Hu Br O5 No. Aus Alkohol
stark lichtbrechende quadratische Tafeln, die l)ei 142" unter Zersetzung
schmelzen. Unlöslich in kaltem Wasser, wenig in Äther, besser in Alkohol.
h) B r 0 m p h e n y 1 0 s a z 0 n e.
YerMndungen mit Trioseu. Glycerinaldehyd-bromphenyl-
osazon, ds Hj^ N4 Br2 Ü. Schmelzpunkt 168". Sehr leicht löshch in Äther,
Aceton, Benzol, p]isessig, Pyridin, ziemlich löshch in heißem Alkohol.
Reduziert stark.
Verbindungen mit Tetrosen. d-Erythrose-bromphenylosazon,
CieHißNiÖaBr,, goldgelbe Nadeln vom Schmelzpunkt 195".
Verbindungen mit Peutosen. 1-Arabinose-bromphenylosazon,
Ci-HjgOgN+Brg. Aus Alkohol gelbe Nadeln, aus verdünntem Pyridin
sechseckige Platten, die bei 185" sintern und bei 196—208" schmelzen.
Leicht löslich in heißem Wasser. Alkohol, Aceton, Benzol. Äther, Pyridin,
schwer löslich in kaltem Wasser, unlösUch in Ligroin. Drehung in Pyridin-
Alkohol -F 0" 28'.
dl-Arabinose-bromphenylosazou, C,^ H18N4 Og Brg, hellgelbe
Nadeln bei 200—202" schmelzend.
Reagentien zum Nachweis der liiologisch wiclitiircii VprltiiiJunKeii. 1397
l-Xyloso-broiiiplicuylosa/oii. (',; 11,« N^ < »;. l'.r.,. j^m-IIic Naildii vom
Schmolzpunkt 208«; gleicht mit Aiisiialiiiic drs tchlrndcii I »n'liiin^'svei-
möiJens der entspreclu'iidi'ii l-Aral)illose-Verhilldllll^^
Rhainnose-bromplu'nylosazou. C'igHooOj NJiu, in vcrdiiniitcm
Alkohol und I'.enzoi lösliche j^elbe Nadeln vom Schmel/punkt •Jir)^
lsorhodeose-bromi)hen\ losazoii. Kristalle vom Scjmirl/piinkt
183—184«.
Verbiiuliiiiy:eii mit Hexosen. (ilnkosc-lirum plioii \ lo>azon.
C,8 H20 N4 O^ Br.,. Sieht ahnlieh ijcni l'heiiylosazoii ; iii-IIm- Nadeln vom
Schmelzpunkt 222", xd in Pyridinalkohol r= — 0-31".
d-Sorbose-hromphenylosaz(»n. C',8 H^n N4 < *4 Ih'.... ^'eibe Nadeln
vom Schmelzpunkt 181«. Scliwci liislicli in kaltem. IciiJit l<i>lic|i in
heißem Wasser und den oryanischen Lösunjismittcln. Dreht nach rechts.
d-Gulose-bromphenylosazo n mit dem voriLMMi identisch.
dl-Gulose-bromphenylosazon. Schmelzpnid<t ISO- 18."»«.
yerbiudungen mit Polysacchariden. Maltose-brom phenyl-
osazon, C24 H30 ( )<) N4 Br.,. Bildet sich beim Stehenlassen einer alkoholischen
Lösung von Maltose und p-Bromphenylhydraziu wiilirend mehrerer Tage
bei 30 — 50«. Nadeln vom Schmelzpunkt 198«. Löslich in lieiiiem Alkohol
und Aceton, weniger in P^ssigester, l»enzol. Chloroform, iinüislich in Äther
und Ligroin.
Melibiose-bromphenylosazon. C.,4 H30 ( ),, N4 Br.j. wurde aus dem
Melibioson als kristallisierte Masse gewonnen. Schmelzpunkt 181— 1S2".
(ilukuronsäure-p-bromphenylhydrazid, C,« Hw <>: Nj Br. durch
Kochen siedender Lösungen reinsten salzsauren Phenylhydrazins mit Natrium-
acetat und (Tlukuronsäure. Aus 00" oig'^ni Alkohol hellgelbe Kri-talle vom
Schmelzpunkt 2oO«.zi, in l'yridinalkohol = — HdO". ziendichlö>lichinr.(j" „i^^'m
Alkohol und heil.iem Eisessig, sonst sehr schwer löslich, besonders, ab-
weichend von den Hydrazinverbindungen der Zuckerarteu, fast unlöslich in
absolutem Alkohol. Sehr charakteristisches Derivat, besonders geeignet zur
Trennung der Glukuronsäure von Traubenzucker, l'entosen u>\\. bei Harn-
analysen u. dgl.
Nitrophenylhydrazine, N().^ . C„ 11, .Ml Nil...
L m-Nitrophenylhydrazin. aus Alkohol feine, kanarieuirelbe. fase-
rige Nüdelchen vom Schmelzpunkte !t3«. Zur DarstelluuL'^ der Bhenvl-
hydrazone wird einige Zeit in alkoholischer Lösung erwiirmt. Das Salz-
säure m-Nitrophenylhydrazin bildet kurze, durchsichtiu-e. gelbe Tafeln,
schwer löslich in kaltem Wasser und .\lkohol.
IL p-Nitrophenylhydrazin. Ans Alkohol orangerote BliUtchen
und Nadeln; aus Ligroin Bliittchen. .Shmelzpunkt 157« unter Zersetzung.
Das Chlorhydrat bildet briiunliche, orangerote Bliittchen.
Die p-Nitrophenyl hydrazi nderivate zeichnen sich <iurch grolie
Beständigkeit, gutes Ki-istallisationsvermöi^n'U und be«jin'me Löslichkeit.s-
]^398 L. Pinenssohn.
Verhältnisse aus. Zur Reiniguug der Derivate dient Umkristallisieren
aus Alkohol oder Lösen in Pyridin und Ausfällen mit Äther, Wasser oder
Toluol. Eignet sich auch gut als mikrochemisches Reagens.
III. o-Nitrophenylhydrazin. Aus Benzol seidenglänzende, ziegelrote
Nadeln. Schmelzpunkt 90". Leicht löslich in heißem Wasser, schwer in
kaltem Alkohol, Äther, Ligroin, Benzol. Ist ebenfalls zur Darstellung von
Zuckerderivaten empfohlen worden, hat aber weniger Anwendung gefunden.
a) Nitrophenylhydrazone.
Terbinduiigen mit Pentosen. 1-Arabinose-p-nitrophenyl-
hydrazon, CuHjeOßNg. Schmelzpunkt 168". In Alkohol wenig löslich.
Drehung in einer Mischung gleicher Teile Methylalkohol und Pyridin aß =
+ 48-S''.
1-Arabinose-m-nitrophenylhydrazon. Schmelzpunkt 179 — 180".
Löslichkeit wie oben.
1-Arabinose-o-nitrophenylhydrazon, Cj^ Hjg OßNj. Schmelz-
punkt 180".
1-Xylose-p-nitrophenylhydrazon, CuHigOeNs, gleicht völlig der
Arabinoseverbindung. In Alkohol leicht lösüche gelbe Kristalle vom
Schmelzpunkt 156".
1-Xylose-m-nitrophenylhydrazon, CnHigOeNa, gelbe Kristalle.
in Alkohol löslich, die unbestimmt gegen 130" schmelzen.
Rhamnose-p-nitrophenylhydrazon, C-ioHj^OeNa, gelbe Nadeln
vom Schmelzpunkt 186". ao = + 21-4".
Rhamnose-m-nitrophenylhydrazon. Schmelzpunkt 104 — 105".
Rotgelb.
Rhamnose-o-nitrophenylhydrazon. Schmelzpunkt 151".
Verbindungen mit Hexosen. Glukose -p-nitrophenylhydrazon,
CigHjjOyNg. existiert in zwei Modifikationen. Die a -Form entsteht, wenn
man eine Lösung von je 2 g Traubenzucker und (ilukose in 30 cm^
96"/oigem Alkohol 10 Minuten lang erwärmt, den Alkohol kalt verdunsten
läßt und den Rückstand aus Alkohol umkristallisiert. Gelbe Nadeln, in
Alkohol wenig löshch. Schmelzpunkt 185". xd in Pyridin-Methylalkohol =
+ 21-5". Die ß-Form erhält man aus der eisessigsauren Lösung der Kom-
ponenten bei gewöhnlicher Temperatur. Aus Alkohol lange gelbe Nadeln.
Schmelzpunkt 195". ao = — 128'7". Beide Hydrazone geben das gleiche
Osazon.
Glukose-m-nitrophenylhydrazon, gelbe Kristalle vom Schmelz-
punkt 115—116".
Glukose-o-nitrophenylhydrazon. Schmelzpunkt 148".
d-Mannose-p-nitrophenylhydrazon. Cj, H,7 O7 Ng. bildet ebenfalls
zwei Formen. a-Form hat gelbe Kilstalle, Schmelzpunkt 190": fast un-
löslich in Wasser; ß-Form gelbe Nadeln. Schmelzpunkt 202".
d-Mannose-m-nitrophenylhydrazon. Schmelzpunkt 162^163".
d-Mannose-o-nitrophenylhydrazon. Schmelzpunkt-173".
(
Reageiitien zum Nachweis der liiologisch wichtigen ViTltindiingeu. i;)99
Glnkuronsäure-p-nitropho.nylhy(lr:i/.()ii. ^dhc Niulelii vom
Schiiiolzpuiikt 22Ö". in Iicilicin Wasser K'iclit löslicli. y.i, — — Pl^'i" in
Pyridinalkoliol.
d-Galaktose-in-iiiti'ophenvlhvdrazüii.C,..II,7 < >; N,.S(:hinclzpiiiikt
181—182«.
d-Galaktose-o-nitrophenylliydiazoii. voliiiiiiiiösc Kristallo vom
Schmelzpunkt 172».
Lävulose-p-nitroplienylhydrazon. 1',.^ ü,; <>7 N3. aus der er-
wärmten alkoliolischen Lüsunü,- der Komponenten f,'ell)c Kristalle vom
Schmelzpunkt 176". aj, in l'yridin-Methylalkohol = -f- l'»"-
Lävulose-o-nitrophenylhydrazon. in Methylalkohol lösliches ziegel-
rotes Pulver, Schmelzpunkt 150 — 156".
bj Nitrophenylosazone.
TerMndungeu yom TMosen. filykolaldehyd-p-nitroplienylosa-
zon, C14H1., Nu 04, aus Pyridin duich Fiillun^ mit Toluol hellrote Nadeln
vom Schmelzpunkt T) 11". Löslich nur in heiiJem Xitrohenzol. .Viiihn. l'\ridin,
Chinohn und Benzonitril. Gibt mit alkoholischem Kali BandjciycT^dn^ Re-
aktion: tiefblaue Färbung.
TerMiidiiiiiieii mit Pentoseii. Khamnose-p-nitrophenylosazon,
C18H.20O7N6, entsteht durch kurzes Erwärmen von einem Teil Khamnose
mit vier Teilen Hydrazin und verdünnter Salzsäure. Aus Alkohol mikro-
skopische, zinnoberrote Xadeln, die bei 208" unter Zersetzung schmelzen.
LösHch in Natronlauge mit tiefblauer Färbung, die bei schwachem Frwärinen
dunkelviolett wird.
Verbiudiuii^en mit Jlexosen. d-(ialaktose-p-nitrophenylosa-
zoD, C18H.20O8N6, entsteht aus den Komponenten in alkalischer oder saurer
Lösung in einer Modifikation, gelbe Nadeln vom Schmelzi)unkt 192". Dre-
hung in einem (remisch von gleichen Teilen Methylalkohol und Pyridin
au =r + 45-6".
d-Glukose-p-nitroi)henylosazon. (',s Hjo G« N„, rote Nadehi \oni
Schmelzpunkt 257", in Natronlauge mit dunkelblauer Farbe löslich. 7.,, in
Pyridin-Methylalkohol =3 - 21-4".
Glukose-m-nitrophenylosazon. rotbraunes l'ulver vom Schmelz-
punkt 228", in Alkohol sehr schwer löslich.
Glukose-o-nitrophenylosazon. in Alkohol fast unlö.slich. Schmelz-
punkt 215—217".
Lävulose-p-nitrophenylosazon, C'iJlaoüaN,,. ist identisch mit
Glukose-p-nitrophenylosazon.
Terbindungeii mit Polysacchariden. .Maliose-p-nit roplaiix 1-
osazon, C,* H.oN, G,3. entsteht wie die analoge Verbindniii: «h-s Trauben-
zuckers, der es völlig gleicht. PoteNadeln. Schmelzi)nnkt 261 "unter Zersetzung.
Laktose-p-nitrophenylosazon, G-JIsoNbO,,, entsteht wie die
analoge Traubenzuckerverbindung. Schmelzpunkt •Ji^X'^ unter Zersetzung.
Löst sich in verdünnter Natronlauge mit konddumenblauer Farl)e.
1400 L. Pincussohn.
Methylphenylhydrazin :
Siedepunkt 227° bei 745 mm unter schwacher Ammoniakentwicklunj>-,
bei Sbmm lol" (korr.). Es reduziert Fehlingsche Lösung erst in der Wärme.
Nach Neuberg eignet es sich besonders zur Erkennung und Isolierung
der Ketosen. die sonst mit Schwierigkeiten verknüpft ist. Es geben damit
nur die Ketozucker ein Methylosazon. während die Aldoseu und Aniino-
zucker vom Typus des Chitosamins nur farblose Hydrazone geben. Von
den Hydrazonen sind besonders charakteristisch die der Glukose und der
Galaktose.
a) Hydrazone.
Verbiiiduugen mit Trioseu. Glycerinyldehyd-methylphenyl-
hydrazon. CioHj^OsNs^ farblose Nadeln oder Platten, bei 120" schmelzend.
Leicht löslich in Alkohol, Wasser. Benzol + Ligroin. Benzol, Toluol, sehr
leicht löslich in warmem Pyridin.
Yerbiii düngen mit Pentosen. 1-Arabinose-methylphenylhydra-
zon. C12H18O4N2, gelbe Kristalle vom Schmelzpunkt 164" oder lßl°.
leicht löslich in Alkohol und Pyridin, wenig löslich in Wasser, unlöslich in
Äther. y-D in Alkohol = +4-30": in Eisessig y.B = — 21'8"; in Pyridin kein
merkliches Drehungsvermögen.
d, l-Arabinose-methylphenylhydrazon, C12H1S O4N.. aus Alkohol
glänzende Blätter vom Schmelzpunkt 173", leicht löslich in Wasser, Pyridin
und heißem Alkohol, ziemlich leicht in Essigester, wenig löshch in kaltem
Alkohol, Aceton und Chloroform, kaum löshch in Benzol und Schwefel-
kohlenstoff, f
1-Xylose-niethylphenyIhydrazon, C12H1SO4N2. gelbliche Kristalle
vom Schmelzpunkt 108—110". löshch in Wasser. Alkohol Aceton. Essig-
ester, Chloroform und Pyridin.
Fucose-methylphenylhydrazon. C13H20O1N2, weiße Nadeln vom
Schmelzpunkt 177—179". a^ in Pyridin = + 3-6".
Iihamnose-'/-methylphenylhydrazon, CJ3H20O4N2. weiße Kri-
stalle vom Schmelzpunkt 124". Avenig löslich in Wasser und Alkohol, löslich
in reinem Methylalkohol. Etwas linksdrehend.
Pthodeose-methylphenylhydrazon, CigHooO^Na, farblose Nadeln,
Schmelzpunkt 181", in heißem Wasser und Alkohol löslich.
Verbindungen mit Hexosen. Glukose-methylphenylhydrazon,
CiaHjoN^Os, weiße langgestreckte Tafeln vom Schmelzpunkt 130". Zur
Darstellung wird die Lösung der Komponenten konzentriert, der einge-
dickte Sirup mit Alkohol angerührt und der Ptückstand aus Alkohol um-
kristallisiert. Geht beim Kochen mit mehr Hydrazin nicht in das Osazon über.
d-Mannose-methylphenylhydrazon, C13 H20 N2 O5, weiße Kristalle,
wenig löslich in W' asser und absolutem xVlkohol, lösUcher in Methylalkohol.
Schmelzpunkt 178". an in Methylalkohole 4- 8-6".
Reagentieu zum Nachweis der liioldgiscli wiclititroii \ crliiiithiiii.'('h 1401
d-(ial;iktüso-iiietli\ Iplicnylhvdrazoii, (\J\,o Nj <>:,. weiße Nadeln
vom Schiuelzpunkt 1^!8— 19U". WCni-' lüslicli in Wasser, äl.snlnf<'in Alkohol,
leicht löslich in absolutem Methylalkohol. Sehr ^nit /nr Krkcnnnii}^' und
Abscheidnng- der d-Galaktose geei^Miet.
l-Galaktose-methylphenylhydra/on. schim kristallisierend.
dl-rialaktose-methylpheny Ihydra/.on, weiüe Kristalle vom
Schmelzpunkt is;;«. leicht Ifislieh in heiliein Wasser, srhwcr lüslirh in
kaltem Wasser und anderen Lösun^'smitteln.
d-Talose-methylphenylhydrazon.(',;, ll.,„.\.M);,.Selini('l/pMnkf 154".
Lävulose-methylphenylhydrazun. ( u •l'.;oN2'>.%- iiiJ> Alkoiiol l'ris-
men. welche bei 116 — 120" unter Zersetzung schmelzen.
Yerl)indnni;en mit Heptosen. 7.-(;iukn|ifpto>r mct li\ Ipht-in I-
hydrazou, C',^ H22 OgNj, feine Nadeln vom Schmel/pinikf Ino'J.
b) Osazone.
Verbindungen mit Triosen. Dioxyaceton-mctliN Iphenylosazon.
CjyH.inX^O, gelbe Nadeln vom Schmelzpunkt 127 liio". sehr leicht löslich
in Pyridin, leicht löslich in Alkohol, Aceton. Kssigester, l'.enzol. unlöslich
in Wasser und Ligroin.
yerbin(luns;en mit Tetrosen. dl-Erythrnlosc-mct hylphen\ I-
osazon, CigHooN^Oa, rotgelbe Nadeln vom Schmelzpunkt l.')S l.')'.!'.
die sich beim Aufbewahren zersetzen, leicht löslich in organi.schen Lösungs-
mitteln.
Terbindungen mit Hexosen. (Jlukose - niet hylpln-ns lu^azon.
^20^26X404. entsteht aus Glukose und Ilydrazin in .Mkoholir.sung unter
Essigsäurezusatz nach 48stündigem Stehen und darautfolgendem Er-
wärmen nach Zusatz von .Vlkohol und Äther. Es entsteht leicht aus
Lävulose (d-Fruktose) und ist deswegen besser als Fruktose-methyl-
phenylosazon anzusehen. Schmelzpunkt 142 — ir)8".
F r u k 1 0 s e - m e t h y 1 p h e ny lo s a z 0 n (Lävulose-methylphenylo>azon 1,
C2oH.,6N4 04. Eine Lösung von LS// Frukto.se in 10 r)»^ Wasser wird mit
4 g Methylphenylhydrazin und Alkohol zur klaren Lösung ver.>^etzt und
4 cm^ 50Voiger Essigsäure zugefügt. Es wird 5 10 Minuten höchstens auf
dem Wasserbad erwärmt. Nach längstens 2 Stunden scheiden >icli in reich-
licher Ausbeute rötliche Kristalle aus, Nadeln vom Schmelzpunkt l.'»s UiO".
löshch in Pyridin, etwas löslich in heilieni .\lkohol, Aceton, lleiizol. Chloro-
form, sehr wenig Hislich in Wasser, kaltem .\lkohol, Üenzol und Äther,
unlöslich in Ligroin. Drehung in Pyridinalkohol : 7,, =: + ItW»" t l-40"i.
Dieses Osazon ist für die Fruktose höchst charakteristisch.
dl-Fruktose-methy Iphenylosazon. Coo 'Uo ^'* '^- «'otixelbe Nadeln
vom Schmelzpunkt 158".
d-Sorbose-methylphenylosazon, C.o ILo N, ( >«. in Alkohol lösliches;
gelbrotes öl.
dl-Tagatose-methylphenylosazon. G«o H,, N, (>«. Schnielzi)unkt
148—150". In organischen Lösungsmitteln löslich.
1402 L. Piucussohn.
Äthylphenylhydrazin :
C!S:>N-NH.
Unzersetzt flüchtiges Öl vom Siedepunkt 237. Spezif. Gew. 1-018,
Es reduziert Fehlinysche Lösung erst in der Wärme.
a) Hydrazone.
1-Arabinose-äthylphenylhydrazon. CisH^oO^Xg, in Wasser und
Alkohol wenig löslicheNadeln vom Schmelzpunkt 153". v.d inEisessig- =: — 24-6*'.
Pihamnose-7.-äthylphenylhydrazon. C14H22O4X2. in absolutem
Methylalkohol lösliche Nadeln vonrSchmelzpunkt 123". an in Methylalkohol
= — 11-6«.
Rhodeose-äthylphenylhydrazon. 0,4112204X2. farblose Xadelnvom
Schmelzpunkt 11)3". in 96"/oigem Alkohol löshch.
d-M anno se-äthylphenylhydrazonCiiHaaOsX,, Schmelzpunkt 159".
y-D in Methylalkohol = + 14-6".
d-Galaktose-z-äthylphenylhydrazon. C14H22 O5X2. in Wasser und
Alkohol wenig lösliche Xadeln vom Schmelzpunkt 169". In Methylalkohol
optisch inaktiv.
Amylphenylhy dr azin :
n u /^> .1MI2.
'-'s ^11
Hydrazone.
1-Arabinose-amylphenylhydrazon Cir H«« ^K^2- gelbe Xadeln vom
Schmelzpunkt 120". in Methylalkohol löslich. In Methylalkohol gelöst inaktiv;
in Eisessig -/d = + 2-8". '<
d-Arabinose-amylphenylhydrazon, in Wasser und Alkohol löslich.
Schmelzpunkt 115". '
Pihamnose-y.-amylphenylhydrazon, C17H28O4X2, hellbraune Kri- ]
stalle vom Schmelzpunkt 99". y-B = — 6-4" in Methylalkohol. i
Glukose-a-amylphenylhydrazon. G17H28O5X2. hellbraune Xadeln f
vom Schmelzpunkt 128", wenig löslich in Wasser und Alkohol. Drehung in
Methylalkohol ai>=: — 6-4". " .';
d-Mannose-x-amylphenylhydrazon, CiyHagOgXa. hellgelbe Xadeln
vom Schmelzpunkt 134", in Wasser schwer löslich, aj, in Methylalkohol = + 9-2". j
d-Galaktose-a-amylphenylhydrazon. Ci-H28 0gX2, hellgelbe i'
Nadeln vom Schmelzpunkt 116" (127 — 128"), wenig löslich in Wasser und ^
absolutem Alkohol; leichter in Methylalkohol; darin aj, = + 4-4".
Laktose-a-amylphenylhydrazon. hellbraune Xadeln vom Schmelz-
punkt 123". 3Cd = — 8-6" in Methylalkohol.
Allylphenylhydrazin :
Es bildet ein Öl, das unzersetzt bei 177" unter 109*5 mm Druck
siedet. Es reduziert Fehlingsche Lösung langsam in der Kälte, rasch in
Reageiitien ziim Nachweis der biologisdi wicliti),'en ViTltiiidunt'cii 14UH
der Wärme. Wiisseri^es Kaliiiiiicliroiiuit iiirht es nicht lot. has C'lilor-
hydrat bildet in Wasser leicht lösliche Nadeln vom Sclimel/pnnkt II'.T".
l-Arabinose-allylphenylhydrazin CuHs„N,(),. hell},'ell.e Nadeln
vom Schmelzpunkt 14.')"'. In Eisessiji: aj, — 2-4".
lihamnose-'/-allyli)henylhydrazoii. Schmelz[)Mnkt l.;;')". optisch
inaktiv.
(ilukose-7.-allylplienylliy (i razon (',r, 11.. (K N„. Schmelzpunkt löö".
y.\) ■= — 5-3" in Methylalkohol.
d-(ialaktose-7.-Allylphenylhydraz()n. Schmelzpnnkt löT". /^ •»
Methylalkohol = — S-ö".
Laktose-a-allylphenylhydrazon. Schmelzimnkt \:\-J". x,, in .Methvl-
alkohol —14-6«.
Melibiose-allyli)henylliydrazon. Hellgelbe Nadeln vom Schmelz-
punkt 197". Wenig löslich in Wasser, besser in absolutem .\lkoliol. leicht
in Methyhilkohol. xu in Methylalkohol = + 21-2»; in Eisessig: 7.i,— +H".
Benzylphenylhydrazin :
Schweres, schwach bräuidich gefärbtes (')1. bei VtHniin Druck zwi.schen
216 und 218" unzersetzt destillierend. Ist in verdünnter Salzsäure unvoll-
kommen löshch. Darstellung erfolgt aus Phenylhydrazin und Heiizvlchliu'id.
IJeiizylphenylhydrazin-Chlorhydrat, Schmelzpunkt KJO — ItiT". Heim Stehen
geht das Benzylphenylhydrazin partiell in IJenzalbenzylphenylhydrazin
(Schmelzpuidvt IIP) über. Benzylphenylhydrazin bildet mit Zucker sehr
schwer löshche Hydrazone. Diese werden mit Formaldehyd ^M'spalten. /um
Nachweis besonders geeignet ist das Mydrazou der l-.\rabinose.
a) Hydrazone.
Verbindungen mit Tetrosen, d- Er\ t li i use- ltenz\ lijhenylhy-
drazon. CiyHooNoOg. Nadeln vom Schmelzpuid<t l():)rv'. leicht lösli.h in
Alkohol und heißem Benzol, z,, 20 = - 32" in Alkohol.
1-Erythrose-benzylphenylhydrazon, in heiüem llenzol lösliche
Nadehi vom Schmelzpunkt lOö". a„ 20 == + ;52-8" in Alkohol.
1 - Threose-benzyli)henylhvd razon. Nadeln vom Schmelz-
punkt 1940".
Methyltetrose-benzylphen.N Ihyd razon. C",. II,, N. <► . Schmelz-
punkt 96—97".
Verbindungen mit Peiitosen. I- A rabin ose- benzylphenv Ihy-
drazon, CigHo.iN, O4. weiüe Nadeln. Schmelziiunkt 170". 7.,, in Methyl-
alkohol = — 12-1", in Eisessig = -- 14-6".
d-Arabinose-benzylphenylhydrazon. fast unlöslich in Wasser,
wenig löslich in Alkohol. Schmelzpuid<t 179". xi,— + 1 l»'" in Meth\lalk(thol.
X404 L. Pincussohn.
dl-Arabinose-beiizylphenylhydrazon. hellgelbe Nadeln bei 185"
schmelzend, leicht löslich in Pyridin, löslich in heißem Wasser, Alkohol und
Chloroform, wenig löslich in Äther. Benzol, Ligroin.
1-Xylose-benzylphenylhydrazon, Nadeln vom Schmelzpunkt 93",
sehr schwer löslich in Wasser, leicht in Äther, sehr leicht in Alkohol,
an = —33« in Alkohol.
d-Lyxose-benzylphenylhydrazon. Schmelzpunkt 116" aus IJenzol;
128" aujs Alkohol.
Fucose -benzylphenylhydrazon, Cig H24 O4 Ng. Schmelzpunkt
173«; 179".
R h a m n 0 s e - a - b e n z y 1 p h e n y 1 h y d r a z 0 n. hellgelbe Kristalle vom
Schmelzpunkt 121«. Löshch in absolutem Alkohol, leichter in Methylalkohol.
y-D in Alkohol = — 6*4«, in Eisessig: a^ = — 2"1«.
Khodeose-benzylphenylhydrazon, C19H24O4 N2, weiße Nadeln, bei
179« schmelzend.
VerMuduugeii mit Hexoseii. Glukose-a-benzylphenylhydrazon,
CVjHaiOgNa, hellgelbe Nadeln vom Schmelzpunkt 165«, wenig löslich in
Alkohol und Methylalkohol, löslich in Pyridin , unlösUch in Wasser, aß in
Methylalkohol = —33«, in Eisessig — 20-2« , in Pyridin — 46-33« , beim
Stehen steigend auf 48'16«.
d-Mannose-benzylphenylhydrazon, weiße Nadehi vom Schmelz-
punkt 165«, schwer löshch in Wasser, Alkohol, Methylalkohol, leicht löshch
in Eisessig; in letzterem y.^ = 10-6«; in Methylalkohol = + 29*8«.
d-Galaktose-a-benzylphenylhydrazon, hellgelbe Nadeln vom
Schmelzpunkt 154 — 158«, wenig löshch in Wasser und Alkohol, etwas löslich
in Methylalkohol. a-D in Methylalkohol = — 17-2«, in Pyridin = — 14-639. =1
Yerbindiiugen mit Polysacchariden.
Laktose-a-benzylphenylhydrazon, C25H34N2O10. hellgelbe Nadeln,
bei 128« schmelzend, in Alkohol wenig löshch. In Methylalkohol 7.^ =
— 25-7«.
Glukuron-benzylphenylhydrazon, C19H00O6N2, fäUt beim Er-
wärmen der Komponenten auf 80« aus. Aus heißem 90«/oigen Alkohol
lange seidenglänzende Aveiße Nadeln, bei 141« unter Zersetzung schmelzend.
Sehr schwer löslich in Wasser, wenig in kaltem, besser in heißem Alkohol.
Kaliumsalz: farblose Nadeln. Schmelzpunkt 176—178«. 7.d = — 20-29«. k
h) Osazone. ^
YerMiidungen mit Dioseu. Glykolaldehyd-benzylphenylosazon, '.
CasHsfiNi, gelbe Nadeln vom Schmelzpunkt 197-5«.
Verbindungen mit Hexosen. Fruktose-benzylphenylosazon,
C32H34N4O4, unrein gelatinöse Masse, in reinem Zustande heUgelbe Nadeln
vom Schmelzpunkt 190«. Löshch in heißem Alkohol, Aceton, Benzol und
Pyridin, wenig löslich in Wasser und kaltem Alkohol. In Pyridinalkohol ist
a-D^ — 1«32'.
Reagentien zum Nachweis der liiolojjisch wiclitijron Wrlnndiinppii. 140^)
Diphenylhydrazin :
^'8 I K V V 1 1
Darstellung- aus I)ii)henylamiii ühcr das Nitrosamiii duivli KcliaiMlIiiup:
des letzteren mit /inkstaul» und Kiscssif?. Das so cilialtcuf Diplicnvl-
hvdrazinchlorhvdrat bildet «j^anz farblose feine Nadeln . aus denen mit
Natronlauge die Base ahneschieden wird. Farblose Tafeln vom Schmelz-
punkt :U — 350. Siede|)unkt 2-20" l)ei 40 .")(»//////. Sehr schwer löslich in
Wasser, leicht löslich in Alkohol und Äther. Wirkt infolj,'e .seiner schweren
Lösiichkeit selbst bei Siedetemperatur kaum auf /VZ/Z/y/ysche l,ösnn<:.
Es verbindet .sich im (ie^ensatz zum riienvlhvdrazin in der Killt«*
erst nach längerem Stehen, in der Wiirme ras<her mit den gewöhidiihen
Zuckerarten und liefert gut kristallisierende, beständi^M' nnd in Wasser
schwer lösliche Hydrazone. Die IJase ist in Wasser imd Kssigsäure schwer
löslich, es werden daher alkoholische Lösungen für die Keaktionen benutzt.
Charakteristisch sind die Diphenylhydrazone der I-Arabinose, auch zur
Trennung von anderen Zuckern geeignet, ferner der <dukose.
Besonders vorteilhaft ist die Verbindung zur Erkennung de^ Trauben-
zuckers, hauptsächlich zur Trennung von (llukose und i.ävnlose: ans <lem
(iemisch der Phenylhydrazone kann man das (Jlukosediiiheiivlhydrazon
durch Zusatz von Äther abscheiden. Zur Trennung der (ihikose von
Mannose und (ialaktose ist es nicht brauchbar.
a) Hydrazone.
Iihamnose-diphenylhydrazon. C,8 H«., N., 04. aus einem Teil IMiam-
nose und V/o Teilen Diphenylhydrazin. Kleine Prismen vom Schmelzpunkt
l.'U", in Wasser und Alkohol löslich.
Iihodeose-dipheny Ihydrazoii. in Alkohol schwer lösliche wcii;p
Nadeln vom Schmelzpunkt 199".
l-Arabinose-di|)henylhydrazon. IitH^o'^^j- ''•'•'*'' "•' '' -""^ '•*'•»
Komponenten schnell in der Wärme, langsam in der Kälte. WeiCe Nadeln
vom Schmelz[)unkt2l6 218" i)eim schnellen Krhit/cn. Ks i.^t das schwerst-
lösHche Derivat der Arabinose und daher /wv Identifizierung und Trennung
besonders geeignet.
dl-Arabinose-diphenylhydrazon.C ,7ll..o<»4 No, bildet wcil.e Nadeln
vom Schmelzpunkt 2Üß", die ei)enfalls wegen der Schwerlöslichkeit in
Wasser sich zur Al)scheidung gut eii:nen. Wenii! lö-lich auch in ( bloroform
und Alkohol, löslich in Eisessig nnd Pyridin.
d-(;iukose-diphenylhydrazon,(',HHao(>^No, farblose, kleine, .schiefe
Prismen oder seidengiänzende Kristalle vom Schmelzpunkt If.l". leicht Iti.slich
in Was.ser und heil'.em .\lkohol. unlöslich in Äther nnd Chloroform und Benzol.
Wirkt beim Kochen stark reduzierend. Ermöglicht einen sehr sicheren
Nachweis des Traubenzuckers, insitesondere bei (iegenwart von anderen
Zuckerarten, z. I». dei- Fruktose.
1406 ^- PiJicussohn.
l-Glukose-diphenylliydrazon, C1SH22O5N2, feine Nadeln vom
Schmelzpunkt 162". wenig löslich in kaltem Wasser, leicht löslich in heißem
Wasser.
dl-Glukose-diphenylhydrazon, farblose Kristalle, bei 132 — 133"
schmelzend.
d-Mannose-diphenylhydrazon, schwer lösliche Kristalle vom
Schmelzpunkt 155", die für Mannose sehr charakteristisch sind.
z-Glukoheptose-diphenylhydrazon, C19H24N2O6, in Alkohol und
Äther unlösliche weiße Kristalle vom Schmelzpunkt 140".
Glukosamin-diphenylhydrazon.CisHosNaU^, entsteht beim Stehen-
lassen äquivalenter Mengen von Glukosaminchlorhydrat, alkohoUscher Kali-
lauge, nach Einleiten trockener Kohlensäure und Versetzen der abgegossenen
Lösung mit Diphenylhydrazin. Lange farblose Nadeln, die sich bei 140"
bräunen und bei 102" unter Zersetzung schmelzen. Unlöslich in Alkohol,
Äther und Chloroform, in warmem Wasser unter Zersetzung löslich.
Glukuron-diphenylhydrazon. CigHjsOäNa, weiße Nadeln vom
Schmelzpunkt 150". leicht löslich in heißem Alkohol, sonst fast unlöslich.
ß-Naphthylhydrazin :
P tP>N.NH,.
Die Darstellung erfolgt aus Naphthylamin. Aus der heißen Lösung
des Chlorhydrats wird die Base mit Natriumkarbonat oder Natriumbikarbonat
gefällt. Farblose, glänzende Blättchen vom Schmelzpunkt 124 — 125",
ziemlich schwer lösUch in Äther, leicht lösUch in heißem Alkohol. Benzol.
Chloroform. Es ist ebenso wie seine Derivate, besonders in feuchtem Zu-
stande, lichtempfindlich. An der Luft oxydiert es langsam unter Rotfärbung.
Das Chlorhydrat ist beständiger. Die ß -Naphthylhydrazone der Zuckerarten
zeichnen sich durch große KristaUisationsfähigkeit und Schwerlöslichkeit
aus. Es entstehen jedoch wahrscheinlich zwei Formen, und zwar stereiisomere
Produkte nach den Formeln
C,H„0, . CH C^H^Os . CH
II und II
N.NHCioH, C10H7HN — N
In schwach saurer Lösung bilden sich die Naphthylhydrazone der
labileren Form mit größerer Löslichkeit, niedrigerem Schmelzpunkt und
leichterer Zersetzlichkeit. Die Naphthylhydrazone werden durch Formal-
dehyd oder Benzaldehyd gespalten.
Hydrazone.
1-Arabinose-naphthylhydrazon C15H18O4N0, braune Nadeln vom
Schmelzpunkt 141", wenig löshch in Wasser und 96"/oigem Alkohol, löslich
Reagentien zum Nachweis der hiologisch wichtigen Verliiiiduiigeu. 14n7
in absolutem Metin lalkohol. in diesem jjelöst xj, — + 2L'-r) : in Kisessifr
ÄD = + T«. Die sclnver löslichere Furm sclimil/t hei 1 7»". 1 TT": wcilif Nadeln.
l-Xylose-naphthylhvdrazon. Khciiialls zwei Verliindiiii;:<'n be-
schrieben. I. liraiiiic Nadeln vom Srhmclzpimkt T(»". 7,, in Kisessi;.^
= 4-10-8«: in absolutem Methylalkohol = + 180". II. \V('iL;e Kristalle
vom Schmelzpunkt 12o— 124», kaum löslich in .\ther. Chloroform un<l
Ücuzol, ^venif? in Essigester, ziemlich löslich in .Mkohul. erheblich mehr
als die analogen Verbindungen der Arabinose, (ilukose und (ialaktose.
Rhamnose-naphthylh\ drazon. braune Nadeln vom Schmelz-
punkt 170". schwer löslich in Wasser und 9(j"/„igem .\lkohol, leicht löslich
in absolutem Methylalkohol, ai.in absolutem Alkohol := -|- K-4°, in Ki.sessig
= — 11-8".
(ilukose-naphthylhydrazon, C,flH.,oOnN, , braune Nadeln vom
Schmelzpunkt 95", in Wasser und 96"/oi^em Alkohol wenig, in reinem
Methylalkohol leicht lö.slich. Darin aj, = -f 402". in Eisessig inaktiv. Ferner
ist eine zweite Verbindung beschrieben, die bei 1T9" schmilzt, leichtlöslich
in heißem Alkohol, unlöslich in Äther ist.
d-Mannose-naphthylhydrazon. C,o H.,oOf, N,. braune Kristalle
vom Schmelzpunkt 157", wenig löslich in Wasser und absolutem Alkohol.
besser iu Eisessig und Methylalkohol. In Methylalkohol a,, = -|- 16s' in
Eisessig inaktiv.
Andere ^lodifikation : mikroskopische Nadeln vom Schnirlzpnnkt \>i\'\
in kaltem ^Vlkohol etwas löslich.
d-Galaktose-naphthylhydrazon. braune Nadeln vom .Schmelz-
punkt 167", etwas löslich in Wasser und 9()"/oigem Alkohol, leicht in
Methylalkohol: in diesem 7.^= + 24"8". in Eisessig y.i^— + 2". Kin anderes
Produkt stellt weil'.e. in feuchtem Zustand lichtemitfindliche Warzen dar.
die bei 190" schmelzen. Sehr schwer löslich in kaltem 96"'oigen .\lkohol.
leicht löslich in heißem Alkohol, unlö.^lich in .\ther. 7.,, in Methylalkohol
= + 10".
Fruktose-naphthylhydrazon, ebenfalN zwei Formen erhalt<'n.
1. gelbliche, in Alkohol leicht lösliche Masse, die zweite schwieriger löblich
mit höherem Schmelzpunkt. Nach anderen Angaben nur ein»- Form.
gelbliche Nadeln. Schmelzpunkt 102". .<ehr leicht löslich in Alkohol. Meth\l-
alkohol und Aceton.
Maltose-naphth\ Ihydrazon. helliiraum' Kri>talhnass,. vom Schmelz-
punkt 176". wenig löslich in Walser, leicht löslich in Meth\ lalkohol. In
diesem xd=: + IOC)",
Melibiose-naphthylhydrazon. bräunliche Nadeln, bei l.;:>" schmel-
zend, fast unlöshch in Wasser, wenig löslich in Alkohol, löslich in Methyl-
alkohol. In diesem 7.0= + 159".
2_j.Qg L. Pinciissohn.
2. Andere Zuckerreagentien.
Phenol, Oxybenzol, Carbolsäure, CeHgOH:
CH
HC^ Jc.OH
CH
Findet sich unter anderem im Steinkohlenteer, aus dem es auch
(]argestellt wird. Farblose Kristallmasse, aus langen Nadeln bestehend,
Schmelzpunkt 40—42«, Siedepunkt 181 ^ Spezifisches Gewicht 1-084. Sehr
leicht löslich in Alkohol. Äther, Chloroform, (ilycerin und Schwefelkohlen-
stoff. Bei 16" in 15 Teilen Wasser löslich. Die Lösung gibt auf Zusatz
von Eisenchloridlösung eine blaue Färbung. Bromwasser erzeugt noch in
einer Lösung von 1 Teil Phenol auf 50.000 Teile Wasser einen weißen,
flockigen Niederschlag. Ein mit Salzsäure befeuchteter Fichtenspan wird
durch Phenol grünblau gefärbt. Millons Reagens gibt beim Kochen mit
Phenol einen gelben Niederschlag, der sich in Salpetersäure mit tiefroter
Farbe löst. Phenol soll in dunkelgefärbten Flaschen aufbewahrt werden.
Phenol gibt mit verschiedenen Zuckern Färbungen, besonders mit
(Glukose. Diese gibt mit Phenol und Salzsäure eine violette Färbung, die
mit Salpetersäure blutrot, mit Kalilauge weingelb ^^ird.
jjffelmanns lleagens, eine amethystblaue Lösung, die durch Zusatz
weniger Tropfen verdünnter Eisenchloridlösung zu einer 2 — 50/oigen Carbol-
säurelösung hergestellt wird, wird durch Milchsäure, nicht aber durch
Salzsäure oder flüchtige fette Säuren zeisiggelb gefärbt.
Brenzkatechin, o-dioxybenzol, Cr H4(OH)2:
C.OH
HC^^C.OH
HC. JCH
CH
Es entsteht aus einer Anzahl von Harzen durch Kalischmelze. Dar-
stellung aus dem Guajakol, dem Monomethyläther, durch Erhitzen mit Jod-
wasserstoff. Weiße rhombische Prismen, in Wasser, Alkohol und Äther
leicht löslich. Schmelzpunkt 104". Es ist unzersetzt sublimierbar. Brenz-
katechin besitzt stark reduzierende Eigenschaften. In alkalischer Lösung ist
es sehr unbeständig; diese färbt sich an der Luft erst grün und dann schwarz.
Die wässerige Lösung wird auf Zusatz von Kisenchlorid smaragdgrün,
bei Zugabe von Natriumbikarbonat violettrot.
Brenzkatechin gilit mit einigen Kohlenhydraten charakteristische
Färbungen. Traubenzucker: mit konzentrierter Salzsäure und Brenzkatechin
zinnoberrote Färbuny. Die gleiche Reaktion tritt auf, wenn man statt des
Reagentioii zum Nachweis ilci- liinlofri.sch wicliticmi VfrlmM n.g.n. 1409
T. , , • O.CIid,
Bronzkatechuis (lujjikol ( Jl, verwoiidft. (ilcirlic Ücaktion auch
(»II (L'j
mit Kresol. C6H4 (CHs)Oll.
Resorcin, m-dioxybenzol, C ,, ll,i( )11).:
coli
H.("< ,( .11
H.C^ ^COII
C'.H
Entsteht aus manchen Harzen durcji -i|mie|/.on(l('> Kali; tecJiniM-Ji
wird es durch Kalisciimelze von m-1'henvleiidisultosäiire. („ H, '"^J *- !!* V daiw-
stellt. Farblose oder schwach gefärbte Kristiillc von sehr scinvarhcni, (•i;:oii-
artigem Geruch und sül'ilich kratzendem (ieschmack. Ks ist in \\a»er. Alko-
hol. Äther und (ilycerin leicht, in Chloroform und Sch\vefelk(lhlen^tnff >ch\v<T
löshch. Beim Erwärmen verflüchtigt es sich v(lIlständiL^ Schmelzpunkt
110 HP, des Masserfreien Produktes llH". Am Licht und an (b-r l.uft
bräunen sich die Kristalle ^vie auch die Lösungen leicht: es ist daher
vor Licht geschützt aufzubewahren. Eisenchloiid gibt mit IJesonin eine
dunkelviolette Färbung. Die wässerige Lösung (1:2(>) wird durch Uleiessig
weiß gefällt. Bei vorsichtigem Erwärmen von (h).") // Kcsorcin mit o-l 5/
Weinsäure und 10 Tropfen Schwefelsäure erhält man eine dnnkelkarminntte
Flüssigkeit.
llesoj'ciu soll möglichst geruchlos sein. Ein tieii-rer .•Schmelzpunkt als
110" deutet auf Verunreinigung. Beim Eihitzen müssen sich einige «iramm
Resorcin völlig verflüchtigen. I)ie wässerige Lösung des ile>orciiis soll unge-
färbt sein, sie soll Lackmuspapier nicht verändern inid darf beim F.rwärmen
keinen Phenolgeruch verbreiten. Fällung mit Bleiacetaf spricht für Bren/-
katechin, Auftreten von Chinongeruch beim Erwärmen mit Eisenchlorid für
Hydrochinon. Zur quantitativen Bestimmung des Koorcins versetzt man
eineXösung von bekanntem (Jehalt mit titriertem Bromwasser und bestimmt
das über.^chüssige Bj'om zurück.
Besorcin ist ein Aldehvdreagens. Kochl man i-inige Tropfen der zu
untersuchenden Sul>stanz mit einer Besorcinlösung der /usammen.setzung
1 Teil Resorcin, 2 Teile absoluter .Mkoliol. 2 Tioph-n konzentrierter Salz-
säure eine Minute lang und giellt das Produkt in W a.sser, so beweist ein
entstehender Niederschlag die ( Gegenwart der Aldeh\dgrup|ie. Die Heaktion
tritt oft .schon bei Stehen in der Kidte ein. Wichtig ist die von SiUuannf
gefundene Reaktion, nach der Ketosen niid /uckerarten. weh-he Keto.sen
abzuspalten vermögen, beim Erwärmen mit der hali>en (;e\\icht>mengt»
Resorcin, etwas Wasser und konzentrierter Salzsäinc eine tiefrote Färbung
und weiter Fäliuno- eines braunroten, in Alkohol lo.>lichen Farbstoffes geben.
Abderhalden, Handbticli dnr biorhoinigchcn ArboiUtnKthodon. V. S*,»
1410 L. Piucu ssohn.
Die Keaktion ist besonders wertvoll zum Nachweis der Fruktose
(s. d. Handbuch, Bd. 2, S. 109). Resorcin eignet sich ferner zum Nachweis
des Dioxyacetons und damit des Glycerins, welches leicht in Dioxy-
aceton übergeführt wird. 0"1 cm.'^ einer O'ö^/oigen Resorcinlösung mit
0"4 cin^ der zu untersuchenden Flüssigkeit und 2 cm^ konzentrierter
Schwefelsäure gibt nach Erhitzen im siedenden Wasserbad eine rotgelbe
oder gelbe Färbung mit je einem x\bsorptionsband im Blau und im (lelb
(Deniges, C. r. d. TAcad. d. sc, 148. p. 570, 1909). Fucose gibt Gelbfärbung.
Methylfurol, das bei der Destillation mit verdünnten Säuren aus Methyl-
pentosen entsteht, gibt karmoisinrote Färbung. Ferner gibt Glukose die
Seliwanoffsche Beaktion. Die Reaktion ist ferner brauchbar für den Nach-
weis des Rohrzuckers (feuerrote Färbung).
Es dient ferner als Reagens auf verholzte Zellmembrane, auf Chloral
und Chloroform, zum Nachweis der freien Salzsäure im Magensaft. Eine
Lösung von 1 g Resorcin in 100 g Wasser und 10 Tropfen Schwefelsäure ist
ein scharfes Reagens auf salpetrige Säure.
Pyrogallol, 1, 2, 3-TrioxybenzoL Cg H3 (OH), :
COH
H.c/^COll
H.Cl XM)H
C.H
Es wird durch Erhitzen von Gallussäure gewonnen, wobei Kohlen-
säure abgespalten wird. Sehr leichte, weil'ie, glänzende Blättchen, leicht
löslich in Wasser, Alkohol und Äther. Schmelzpunkt 132". Pyrogallol su-
blimiert bei vorsichtigem Erhitzen ohne Rückstand. Die Lösung gibt mit
Eisenchlorid braune Färbung, die auf Sodazusatz rotviolett wird. Mit Blei-
acetat entstehen schwer lösliche kristallinische Fällungen. Auf Zusatz einer
Spur Jod zu einer Pyrogallollösung wird diese purpurrot gefärbt. Pyrogallol
ist ein sehr starkes Reduktionsmittel, daher seine Verwendung als ..Ent-
wickler" in der Photographie, ferner bei Gasanalysen. Eine wässerige alka-
lische Pyrogallollösung unter Braunfärbung absorbiert sehr lebhaft Sauerstoff .
Pyrogallol muß vor Licht geschützt in gut verschlossenen, dunklen Gefäßen
aufbewahrt werden.
Die Lösung des Pyrogallols in 2 Teilen Wasser muß klar, neutral
und farblos sein. Der Körper gibt auch mit Äther und Alkohol klare Lösungen.
lg muß bei vorsichtigem Erhitzen ohne Rückstand sublimieren.
Mit einer Reihe von Kohlenhydraten entstehen Färbungen. Arabinose:
mit Pyrogallol und Zusatz von Salz- oder Schwefelsäure tritt bei vorsich-
tigem Erwärmen gelbrote Färbung auf. Traubenzucker: mit Pyrogallol und
starker Salzsäure hochrote bis braunrote Färbung. Formose : rote, harzige
Flocken, ohne daß diese Reaktion für Formose charakteristisch wäre. Rohr-
zucker: weinrote Färbung.
Reagentien zum Nachweis der l.iologisch wichtigen \erl.iii(liingen 1411
Phloroglucin, 1. :'.. .VliiuMheiizul t , II3 ((»llij:
n
C
HO.C/^\c.n|l
H.d Jen
C.OH
Es entsteht aus verschiedenen llur/cn sowie ;ius Kesoiciii diiivli Kali-
schmelze, ferner durch Spaltung aus dem Thloretin. das wiederum ein
Spaltprodukt des Glukosids Phlorizin darstellt. Große verwitternde Prismen,
die nnzersetzt suhlimieren. Schmelzpunkt 21 S". Ks wird durch Eiscnchlorid
dunkelviolett gefiirht.
Phloroglucin ist l)isweilen mit Diresorcin verunreinigt. Zur i'rüfuiig
darauf werden einige Milligiamm mit zirka 1 cm-^ konzentrierter Schwefel,
säure übergössen, 1 — 2 ci«'^ Essigsiiureanhydrid zugefügt und '> -lu .Minuten
im Wasserbad erwärmt. Ist das Phloroglucin rein, so tritt gelbe bis gelb-
braune Färbung auf; bei auch nur sehr geringem Diresorcingehalt färbt
sich die Flüssigkeit violett.
Diese Färbung ist schon bei 0-4Vo Diresorcin sehr deutlich. Kin ge-
ringer Diresorcingehalt im Phloroglucin ist nicht zu beanstanden, da es
die üblichen Peaktionen nicht stört.
Durch Lösen von 2 c/ Phloroglucin und 1 v N.inillin in .".0 7 .\lkohol
erhält man Phloroglucinvanillin, das unter dem Namen (iinKf'ioy-c\\c<.
Reagens zum Nachweis der freien Salzsäure im Magensaft dient. Phloro-
glucin ist ferner Reagens auf Lignin: Potfäi-bung mit Phloroglucin und
Salzsäure im (iegensatz zur Zellulose.
Phloroglucin dient besonders als Ileagens für IVntosen und (ilukuron-
säure (vgl. dieses Handbuch, Pd. 2, S. 9;") ff.), t'ber Anstellung der Keaktion.
die unter Zugabe von Salzsäure erfolgt, die E\traktionsinetho(ie mit AmvI-
alkohol, die Absatzmetliode von Tolloia und die spektro>kopische l'nter-
suchung vgl. TuUriis. dieses Handbuch. 11(1.2, S. Oä ff.
Bei Ausschütteln des bei der Probe mit (Jlycerose erhaltenen Farb-
stoffes zeigt das Spektrum einen im \'erhältni> zu den anderen Zucker-
arten bedeutend schwächeren und undeutlicheren Absorptionsstreifen zwi.schen
D und E. Ähnlich reagiert Dioxyaceton; zur Krkennnnir von (ilycerose von
Dioxyaceton vgl. die .Methode von Wolil und Xrulxr;/. Per. d. deutsch, ehem.
<ie.s., Bd. 33. S. Hü9r). Arabinose gibt mit Phloroglucin eine Cochenille- bis
kirschrote Färbung, l^ber die besondere Kignniig der .\bsat/niefli<>de s. bei
Tollens. Das gleiche gilt für den Nachweis der Xylose. (Übt kirschrote
Färi)ung, die erst iK'im Frhitzen deutlich wird, hie Henktion eignet sich
ebenfalls für den Nachweis der Ly.xo.se. Phloroglucin und Salz.sflure gibt
mit Fruktose eine eigenartige gelbbräunliche Lösung. Es reagiert ferner
mit Rhamnose. Fucose gibt ( Gelbfärbung, aber mehr ilas Ab.sorptionsspek-
truni der Pentosen.
H9*
1412
L. Pincussohn.
Orcin, 1, :'.. 5-Dioxytoluol. Cr,H3(CH3)(OH)<,:
H
C
HO . C
C.OH
HCx^ /CH
C
CHg .
Findet sich in vielen Flecliten, in Roccella peruensis, Koceella Montagnei
und R. tinctoria. Es entsteht aus Orsellinsäure durch Kohlensäureabspaltung,
durch Schmelzen von Aloeextrakt mit Kali, synthetisch herstellbar ist es
unter anderem aus Toluol. Farblose, sich leicht rötende Prismen von süß-
lichem Geschmack. Schmelzpunkt 100 — 101 •*.
Die wässerige Lösung wird durch Eisenchlorid blauviolett gefärbt.
Das Orcin dient vor allem zum Nachweis der Pentosen und der Glukuron-
säure. Über die Reaktion, besonders mit der Absatzmethode, und das
Orcinreagens nach Bial vgl. Tollens (1. c. S. 97).
Glycerinaldehyd gibt mit Orcin und Salzsäure erst rote, dann violette
und blaugrüne Färbung, sodann blaugrüne Flocken. Diese geben in Amyl-
alkohol gelöst im Spektrum einen Streifen zwischen I) und C. Dioxyaceton
gibt dieselbe Reaktion. Arabinose : spektroskopisch Streifen zwischen C und D.
Durch Zusatz von F.isenchlorid wird die Reaktion gesteigert; die Lösung
zeigt dann nach Erhitzen zwei Spektralstreifen, einen im Rot und einen
auf der Natriumlinie. Xylose: Reaktion entspricht genau der Arabinose.
Lyxose: desgleichen. Rhamnose: desgleichen, (dukose: mit Salzsäure und
0'l''/o Orcin gelbe bis gelbrote Farbe, die in Alkohol mit grüner Fluo-
reszenz löslich ist. Glukoheptose : gibt mit Orcin eine ähnliche Farben-
und Spektralreaktion wie die Pentosen. (Tlukuronsäure: beim Kochen mit
in Salzsäure gelöstem ()rcin Grünfärbung ähnlich den Pentosen. 1 Tropfen
Eisenchlorid verstärkt die Reaktion. Spektroskopisch ein dunkles Band im
Rot zwischen B und C und eines auf der Natriumlinie.
Menthol, CmHooG:
CH3
OH
H2C
H,cl
CH2
CHOH
CH
CH
/\
CH3 CH3
kommt im Pfeffern liuzöl vor und wird aus diesem dargestellt. Spitze, spröde,
farblose Kristalle, bei 43» schmelzend, bei 212" siedend. Leicht löshch in
Reagentien zum Nachweis (I.t liioloj^iscli \viclitij,'eii Verl>iinlun?eii \.\\:;
Äther. Alkohol und Chlorot'oiiii. sehr schwer liislifh in Wasser. Ks i;'iUt
mit 40 Teilen Schwefelsäure eine hraiinrotc triilic sirli spiltcr klarciid«'
Flüssigkeit. Menthol ist <"in sekumlilrer Alkohol: durch O.wdafidu mit
Chromsäure-emisch j-eht er in einen ketoniilmlichen Kiirper. das Menthon.
über. Beim Krhitzen mit Kupfersulf.it enfvtrht Cvmoj.
Menthol gibt mit verschiedenen Kojijcnliv diäten Kilrliun-ren. Trauhen-
zucker: mit Menthol und konzentrierter Schwetelsiuire L'esätti^'t kirschrot
violette Färbung: Rohrzucker: rosenrote F.-irbe.
Thymol, C',„ H^, o = Cli, . C, H, . Ol 1 ( 1 1 ( CII, u.
Findet sich im Thvmianöl. i-'arblose. dnrcli>ichii.i:(' Kristalle von
aromatischem Geruch, bei 50-51« schmelzend, bei 2l'8— 2:10" siedend.
Leicht löslich in Alkohol. Äther und Chloroform, sehr schwer löslich in
Wasser. Mit Wasserdämpfen leicht flüchtig.
In 4 Teilen Schwefelsäure löst es sich in der Kälte mit trelblicher.
bei gelindem Erwärmen mit rosenroter Farbe. Die Lösung vom Thvmol
in Essigsäure wird auf Zusatz von 6 Tropfen Schwefelsäure und I Tropfen
Salpetersäure schön blaugrün gefärbt. IHe Lösung des 'J'hvniols in Was.ser
darf mit Eisenchloridlösung nicht violett gefärbt werden, l'.ei /u<at/. von
Bromwasser tritt milchige Trübung auf.
Thvmol gibt mit verschiedenen Zuckern Farbenreaktionen. l)io\vace-
ton (zugleich Nachweis des in Dioxyaceton übeigeführfen (ihcerinsc Ol rm»
einer 0-5"/oigPn alkohohschen Thvmollösung + 0-4cw'' der zu untersuchen-
den Flüssigkeit und 2 cw» konzentrierter Schwefelsäure geben nach Erhitzen
im Wasserbad weinrote bis rosarote Färbung. Uhamnose gibt mit Schwefel-
säure und Thvmol carmoisinrote Färbung: (Jlukose: zinnobeiTote Färbung:
Rohrzucker: gleiche Reaktion.
. '/-Naphthol, C,oH;(Hl:
H 11
H.c/\/\c.Il
(' coli
11
Findet sich im Steinkohlenteer. Es wird dargestellt durch Kalischmelze
aus den XaphthaUnsulfosäuren. ferner durch Diazotierung des Na|ththvlamins.
Die gleiche Darstellungsweise gilt für das ,'s]-Na|)hthol. Beide Naphthole
zeigen große Analogie mit dem Thenol. Phenolartig liechende. glänzende
Blättchen, schwer löshch in heiliem Wasser, leicht löslich in Alkohol und
Äther. Schmelzpunkt 95«, Siedepunkt 2S«». Die Naphthole zeigiMi jedoch
;]^4:14 ^- Piucussohu.
ziemlich erliebliche Älinlichkeit mit den Alkoholen, ihre Hydroxylgruppe
ist ziemlich reaktionsfähig und läßt sich zum Beispiel gegen die Amino-
gruppe austauschen. (Übt mit Eisenchlorid violette Flocken, die sich in
Äther mit blauer Farbe lösen.
Es wird benutzt zu der Reaktion von Molisch zum Zuckernachweis
in 15 — 20Voigei' alkoholischer Lösung, und zwar für die Schichtreaktion
(s. d. Handbuch, Bd. 2, S. 93) ; durch Versetzen von ^Aj — Icm^ der Zucker-.
Kohlenhydrat- oder Glykosidlösung mit 2 Tropfen der XaphthoUösung und
Zufügen konzentrierter Schwefelsäure im Überschuß entsteht sofort bei
Monosen und Diosen, nach kurzem Erwärmen bei Polyosen eine tief violette
Färbung, nach Zufügen von Wasser ein blauvioletter Niederschlag, der
sich in Alkalien. Alkohol und Äther mit gelber Farbe auflöst. Manche
Substanzen geben mit Schwefelsäure allein eine ähnliche Färbung, z. B.
Eugenol und Anethol.
Zur Prüfung auf Verunreinigungen erhitzt man 1 g Naphthol: es
darf kein Ptückstand hinterbleiben. Die Kristalle des reinen Xaphthols sind
farblos. Außer dem reinen Produkt, dem Naphthol recryst. albiss.. kommt
noch ein technisches Produkt in den Handel, das aus geschmolzenen,
kristalhnischen Massen besteht und stets ß-Xaphthol enthält, und das als
Reagens nicht geeignet ist.
Mit a -Naphthol reagiert ( jlykolose, ( dycerose, Dioxyaceton, dl - Ery-
throse mit blauvioletter Farbe. Arabinose reagiert mit roter beim Ver-
dünnen mit Wasser beständiger Farbe. Ferner findet Reaktion statt mit
d-Lyxose; Rhamnose gibt violettblaue Färbung. Glukose gibt violette
Färbung, die auf Wasserzusatz blauviolett wird ; das Spektrum hat ein
Absorptionsband im (irün. Glycerinaldehyd gibt bei der Schichtprobe einen
violetten Ring. Methylfurol gibt karmoisinrote Färbung. (Nachweis von
Methylpentosen, die beim Destillieren mit verdünnten Säuren Methylfurol
geben.) Die Reaktionen der Mannose. der Sorbiuose und der Fruktose
stimmen mit denen des Traubenzuckers überein. Rohrzucker gibt mit
x-Naphthol und Schwefelsäure eine rotviolette bis stark violettblaue Färbung ;
Milchzucker gibt violette Farbe.
Die Reaktion ist auch mikrochemisch brauchbar. Bei Aufbringen eines
Tropfens der NaphthoUösung und 2 — o Tropfen konzentrierter Schwefelsäure
auf das zu untersuchende Präparat tritt die Reaktion nur bei Vorhanden-
sein fertig gebildeter Zucker sofort ein, während sie sich bei x4nwesenheit
höherer Komplexe nur langsam vollzieht.
ß-Naphthol, CioH.OH.
Vorkommen und Bildung wie bei z-Naphthol. Nach Phenol riechende
glänzende Blättchen, bei 122° schmelzend und bei 288^ siedend. Gibt mit
Eisenchlorid gelbgrüne Färbung. Gibt ebenfalls mit verschiedenen Zuckern
charakteristische Farbenreaktionen. Ol cm^ einer 2o/oigen alkohohschen
ß-NaphthoUösung mit 0'4 cm^ einer dioxyacetonhaltigen Flüssigkeit und
Reagentien zum Nachweis der liiolo-risch wichtigen Vt-rbiiidiiiigcii. 141.-,
2 m» konzentrierter SchweiVlsiiiire ^nht nach Krliit/cn im siodondrn Wiisser-
bad smaraiidj^riineFiirhun^^ mit ^Mciclier Fliiores/.cn/ und einem Ahsorptions-
band in (irün und Hot. ((Hycerinnachwcis: dieses mui; zuniiehst durch
Erhitzen mit der lOUfachen Men^^e 0-;;"/oi[reii Hntmwassers in DioxNaceton
übergeführt werden.) Weitere Reaktionen: Arabinoso ^\h\ licht-eUM' Farbe.
Glukose + alkoholisches [i-Naphthol gibt gelbgrüne Filrbuntr mit grüner
Fluoreszenz. Rohrzucker gibt lielbgrüu fluoreszierende Färbung. .Milchzu«'ker
eine rein gelbe Fari)e.
Naphthoresorcin (1:;; Dioxvuaphthaliii). ( ,„ II, (( »11 ).,:
H T
C ^ C
c c
H H
Über die Reaktion mit Naphthoresorcin und >alzsäure vgl. bei
Tollens, d. Handbuch, Bd. 2, S. 93ff. Fs entsteht bei \(>rhauden>ein von
Arabinose grüne Fluoreszenz und schwache P.äncU'r im (iriiu des Sju-ktrums.
mit Xylose genau gleiclie Reaktion. Fucose : violettblaue Lösung mit ;rrüuer
Fluoreszenz und je einem Band auf der D-Linie und im (Jrün. Rhamnose
ähnliche Reaktion, (ihikose und .Mannose: schwache Rotfärbunjj. schwac-h
grüne Fluoreszenz, Bänder im (irün. (ialaktose und diese enthaltmde
Zuckerarten: je ein Band im (Irün und auf der D-Linie. Fruktttse hindert
die Reaktion und mub daher durcii Koclien mit Salzsüure z»'r>iört werden.
Fruktose: tiefpurjjuirote Färbung mit schwach Ln'üner Fhiores/enz: die
Färbung wird mit Alkohol gelbl)raun. Sori)inose : purpurrote Färbung, die
mit Alkohol gell)braun wird, (ilukuronsäure: bläulich rötliche Färbung, die
alkohohsche Lösung des Absatzes ist schön blau, schwach rötlich fluores-
zierend mit einem Bande nahe der D-I.iuie gegen (iriiu zu. l'ber Nach-
weis der (Jlukuronsäui'e mit dieser Reaktion, liesonders bei (Jegenwart von
Pentosen, vgl. Tollcns (1. c. S. 9S. <)!•). Die Üeaktion ist für (dukuron-
säure wertvoll.
Anilin, l JI5.MI..:
C.NU,
Hcl ^CH
("II
Es wird hergestellt durch Reduktion von Nitrobenzol. Farblose FKissig-
keit. die. wahrscheinlich- durch geringe Mengen schwefelhaltiger Stoffe, sich
an der Luft bräunt. Reines Anilin bleibt farblos. Siedepunkt IS'J«. sj)ezi-
J416 !-'• Pinciissohii.
fisches Gewicht bei 16^ = 1-024. In Wasser wenii>' löslich. Die wässerige
Lösung' von freiem Anilin wird durch eine Chlorkalklösung intensiv violett
gefärbt. Durch Kaliumbichromat wird die saure Lösung eines Anilinsalzes
dunkelgrün oder schwarz.
Zur Prüfung auf Kohlenwasserstoffe und Nitrobenzol löst man 5 cm^ ^^
Anihn in 10 cm^ Salzsäure vom spezifischen Gewicht 1'123 auf. Es entsteht -^^
eine klare Flüssigkeit, die sich nach dem Verdünnen mit der gleichen
Menge Wasser und nach dem Erkalten nicht trüben darf.
Anilin und Eisessig gibt mit Furol, das durch Destillation der Pen-
tosen mit Salzsäure gewonnen wird, eine charakteristische Pvotfärbuiig. die
besonders zum Nachweis der Arabinose und von Xylose und (ilukuronsäure
angewandt wird. Khamnose bildet mit AniUn und Eisessig gefärbte Methyl-
furfurolamine.
Diphenylamin, Cg H5 . NH . Cg Hg :
i
— N —
H
weiße Blätter von brennendem, aromatischem Geschmack, Schmelzpunkt 54 '\
Siedepunkt olO**. Sehr wenig löshch in Wasser, leicht löslich in Alkohol,
Äther und Ligroin.
0'2^ reinen Diphenylamins geben mit 2cm^ Wasser und 20 cm^
konzentrierter reiner Schwefelsäure eine farblose Lösung.
Zur Prüfung auf Anilin wird lg Diphenvlamin in 20 cm 3 Chlorkalk-
lösung geschüttet: die Flüssigkeit darf keine violette Farbe annehmen.
Diphenvlamin wird als sehr empfindliches Reagens auf Salpetersäure
verwendet. Bringt man den zu untersuchenden Stoff mit einer Lösung von
Diphenylamin in konzentrierter Schwefelsäure zusammen, so tritt bei An-
wesenheit von Salpetersäure oder salpetriger Säure intensive Blaufärbung
auf. Auch andere oxydierende Körper geben die gleiche lleaktion, auch die
organischen Superoxyde. Die Blaufärbung wird meist bald miüfarbig.
Diphenylamin gibt mit einigen Kohlenhydraten Färbungen. Formose:
braunviolette bis braunrote Färbung. Fruktose (für Bestimmungen im Harn
geeignet): 1 ciii^ des auf das lOfache verdünnten Harns mit 8 — 10 Tropfen
einer 20''/oigen alkoholischen Diphenylaminlösung und 1 cm^ konzentrierter
Salzsäure aufgekocht gibt nach weniger als 1 Minute Blaufärbung. Rohr-
zucker: mit alkoholischem Diphenylamin gelbgrüne, dann rote, violette,
blaue Färbung.
Diazobenzolsulfosäure, Cß H4 N.2 . SO3
n u /^ = ^\
Sie wird gewonnen durch Eingießen eines Gemisches von sulfanil-
saurem Natrium und Natriumnitrit in verdünnte Schwefelsäure.
Weiße in Wasser schwer lösliche Nadeln, die alle Reaktionen der Diazo-
verbindungen zeigen. Sie gibt als AlkaUsalz mit Aldehyden rotviolette
1
Reagenticil zum Xacliweis der Itiologisch wicIitiKcii Vorliiiuliiiigeii 1117
Färhunii-. iihnlich dor des Fuclisiiis. lHoe tritt Ix-i allfn AldcliNdcn ein. die
in alkiilischon Lösunuen Itostinidiu- sind. Dcinciitspii'clHMid i-fa^^icrt si<* mit
einer Keihe von Kolilenliydrat«'!!. \'>:\. hierzu Ta/lrNs. d. Haiidlnicli. IUI. 2.
S. 107. Methyi-Tetrose: violette I-Ynhun^. Traiihcn/iicker: ^:ilit die li.-aktion
besonders schiin. während er f,^e<;en t'iich-iiischwefliLM' SiUin- indiftor.'iit
ist. Fornioso: hraunviolette bis hi-annrote Färlmnir.
Kampfer, C,„ Il,„ ( ):
CH
/^
H,c r-cir,
HoC CO
c
Findet sich als Ausscheidnnusprodnkt des Kanij>t('rl)aiims \\\r auch
in einer Anzahl anderer pflanzlicher Stotfe. DarstcHung aus dem Kanii»t«'r-
baum, ferner synthetisch besonders aus dem Pinen über das isobonieol.
Farblose, durchscheinende, leicht suldiniierende. jjlänzende I'rismen vom
Schmelzpunkt 177 — 178", Siedepunkt 204'». spezifisches (iewicht 0-9h53.
Ist optisch aktiv {Xu = + zirka 4ö") in dampfförmiiren». i^eschmolzenom
oder gelöstem Zustande, optisch inaktiv iu kristallisierter Form. In Wa^.sor
sehr wenig löslich.
Kampfer gibt mit einer Reihe von Kohlenhydraten und ktui/eiitrierter
Schwefelsäure Farbenreaktionen. Er soll gegenüber z-Naphthnl den Vorteil
haben, gegen kleine Xitritmengen unempfindlicii zu sein. Traubenzucker:
rosenrote Färbung. Rohrzucker: gleiche Reaktion.
Fuchsin
C H ^"^
Il().Cv^C«H,NH., ' HCl
ist das salzsaure Salz der Rosanilinbase mit einem .\quivalent Säure:
Grüne, metallglänzende Kristalle, die sieh in Wasser mit intensiv
roter Farbe auflösen.
Eine durch schweflige Säure entfärbte Lösung von reinem Ho>aniIin
wird durch Aldehyde intensiv rot bis rotviolett gefärbt (NcA/7/sche lleaktion).
Das Reagens wird beigestellt durch Einleiten von Schwefligsäureanhydnd
in eine 0-ü2öVo'i^''' Lösung eines Rosanilinsalzes, bis die FliisMirkeit nm-
noch schwach gelb gefärbt ist. Das Reagens ist um so empfindlicher !••
geringer der Überschuß" an schwefliger Säure ist. Es IftlU sich in ver-
schlossenen Flaschen lange unverändert auflunvaliren.
J418 L. Pincussohn.
Verwendbar z. B. zum Nachweis von Glycerinaldehyd. Traubenzucker
gibt die Reaktion nur unter gewissen Kautelen.
Alkaloide:
Kodein, CigHo, NOj. kommt im Opium vor, aus dem es auch ge-
wonnen wird. Es ist der Methyläther des Methylmorphins. Kleine wasser-
freie Kristalle oder 1 Molekül Wasser enthaltend, bei 155° bzw. 153"
schmelzend. Linksdrehend. Leicht löslich in Wasser, Alkohol und Äther.
Mit Eisenchlorid entsteht im (iegensatz zum Morphin keine Blaufärbung.
Geeignet zum Nachweis von Dioxyaceton und dem in dieses durch
Erhitzen mit Bromwasser übergeführten Glycerin. 0"1 cm^ einer 0'5''/oigen
Kodeinlösung mit 0'4 cni''^ der zu untersuchenden Flüssigkeit und 2 cm^
konzentrierter Schwefelsäure geben nach Erhitzen im siedenden Wasserbad
eine grünlich-blaue Färbung, mit kräftigem Absorptionsband im Bot. Bohr-
zucker: 6 — 8 Teile + 1 Teil Kodein -f einige Tropfen Schwefelsäure gibt
purpurrote Färbung, die über Violett braun wird.
Veratrin, C32H49NO9, aus den Sabadillsamen hergestelltes, nicht
genau definiertes Alkaloid, das in reinem Zustand aus x\lkohol in rhom-
bischen Prismen kristallisiert, die man durch vorsichtiges Trocknen alkohol-
frei bekommt. Die Verbindung schmilzt bei 205". Unlöslich in Wasser,
leicht löshch in Äther und heißem Alkohol. Beagens auf Fruktose: beim
Versetzen von 6 Teilen Fruktose mit 1 Teil Veratrin und einigen Tropfen
konzentrierter Schwefelsäure färbt sich die Flüssigkeit gelb; die Farbe wird
allmählich über Grün violett. Die gleiche Beaktion gilt für den Bohrzucker.
Morphin, Ci^HigNOg. Wird aus dem Opium dargestellt. Aus Alkohol
seidenglänzende Nadeln oder rhombische Prismen, die ihr Molekül Kristall-
wasser bei 128" verlieren und unter Zersetzung gegen 230" schmelzen.
Morphin ist linksdrehend. Sehr schwer löslich in kaltem, leichter in heißem
Wasser. Anwendung finden meist die Salze, hauptsächlich das Hydrochlorid, |
Ci7 H]9 NO3 .HCl 4- 3H2 O, seidenartige Fasern vom Schmelzpunkt 200", f
löslich in Wasser, sehr wenig in Alkohol, unlöslich in Äther. Eisenchlorid
erzeugt in einer Lösung von Morphin eine blaue Färbung, die beim
Erwärmen oder Zusatz von Säuren verschwindet. Es gibt mit Kohlen-
hydraten Farbenreaktionen, die wahrscheiidich auf Furolbildung beruhen.
Bohrzucker : 6 — 8 Teile -f 1 Teil Morphin -f- einige Tropfen konzentrierte
Schwefelsäure gibt purpurrote, weinrote oder violettrote Färbung, die all-
mählich in Violett, Blaugrün und Gelb übergeht. |-
Narkotin, C.22H23NO7, wird aus Opium gewonnen. Kristallisiertaus
Alkohol in langen platten Nadeln, die bei 176" schmelzen. Unlöslich in
Wasser, ziemlich schwer löslich in Äther, leichter in Benzol (Gegensatz
zum Morphin), leicht löslich in Chloroform, Aceton, Schwefelkohlenstoff.
Es dreht in neutraler Lösung nach hnks, in saurer Lösung nach rechts.
Gibt Farbenreaktionen mit Kohlenhydraten, die auf Furolbildung
zurückzuführen sind. Bohrzucker : 6 — 8 Teile + 1 Teil Narkotin + einige
Reagentien zum Nachweis der biologisch wichtigen VprI.in.lunL'.-n. 141.»
Tropfen konzentrierter Schwefelsäure -rlM-n ein. -riinli.h;:ell.r Karlmn^'
wek'he braungelh, braunviolett und Mauviüh-tt wird.
Aconit in, C34 H^^ XO,,. Alkaloid. das aus dem Sturinliut f<e\vonn«'n
wird. Rhombische I>rismen od.-r Tatein aus Alk.diol. Drusen aus Chloro-
form, die beim raschen Erhitzen hei 1V>7- l^.is^ s.-hm.-lzen. Dreht nach
rechts. Die Salze drehen in wässericror Liisun^^ nach links. Fast unh.slich
m Wasser, schwer löslich in absolutem Alk(d.ol und Hcnzol, lehht.M- löslich
in Äther. Aulierst -iftii-- (Geg:emnittel : Atn.piu). (übt auf Furolbihlunj;
/uruckzufiihrende Reaktion mit Kohlenhydraten. Rohrzucker: (i— 8 Teile
mit einem Teil Aconitin und einigen Tropfen konzmtri.Tter Schwefelsäure
geben orangegelbe, nach anderen Angaben msainte Färbung, die über
Violett braun wird.
3. Reagentien zur Bestimmung der Eiweißkörper und ihrer
Abbauprodukte.
.ä-Naphthalinsulfochlorid, ( ,„11; (So.. (1):
H H
C. (',
c
Hc/"^/\c.S().,Cl
r ^ c
11 II
Es wird dargestellt aus einem Molekül naphtlialinsulfosaurem Natrium
mit V/o Molekül l'hosphorpentachlorid. Das im Handel erh.ilf liehe ist zum
Teil nicht ganz rein: es wird zweckmäßig durch Destillation bei (>:'i >»m
gereinigt und stellt dann, nach rmkristalli.sieren aus Benzol, Kristall«- dar.
die bei 78" (korr. 79») schmelzen, 2" höher als sonst in der Literatur an-
gegeben.
ß-Naphthalinsulfochloii(l dient zur Identifizierung von Amino-
säuren und Polypeptiden, fber die Anstellung der Keaktion vgl. Mnivrhnhlru,
d. IIandl)uch. Bd. 2. S. 495 und .'):'. 1. Na|ilithaliiisulfochlorid gibt im
(iegensatz zu Benzolsulfochhu-id auch mit den (»xyaminosäuren und Poly-
peptiden gut charakterisierte Derivate. {I'isrlnr und iienidL Ber. d. deutsch,
ehem. Ges., Bd. 30, S. :1779.)
ß-Naphthalinsulfoglycin, C',o "t ••'""j Ml • ^ "j ■^"""- -lus der
alkalischen Lösung beim Ansäuern in der Kälte sofort als kristallini.'^rher
Niederschlag ausfallend. Aus heiltem Wasser langgestreckte, meist büschel-
förmig verwachsene Blätter ohne Kristallwasser, die bei l;')!" sintern und
bei 156" (korr. I59"j srhmelzen. Sehr schwer löslich in kaltem, mäliig
löslich in kochendem Wasser, leicht löslich in Alkohol.
2420 L- Pi Ileus söhn.
ß-Naplithalinsulfo-d,l-alanin, C10H7 SO2.NH. CHfCHa) .COOH,
farbloses, bald kristallinisch erstarrendes Öl. Feine zu Aggregaten ver-
wachsene Nadeln. Schmelzpunkt 150 — 151 « (korr. 152 — -1530). Schwer
löslich in kaltem, leichter in siedendem Wasser.
ß-Xaphthalinsulfo-d -alanin, feine, meist büschelförmig ver-
wachsene Nädelchen, die bei 62" sintern und bei 78 — 80" (79 — 81° korr.)
schmelzen. Beim Trocknen verliert die Sul)stanz Kristallwasser; sie sintert
dann von 117« ab und schmilzt bei 122 — 123".
ß-Naphthalinsulfo-dl-leucin, CioH, .SO2 .NH.CH(C4H9).COüH.
aus heißem verdünnten Alkohol farblose, glänzende Blättchen, die bei
145 — 1460 (^korr.) schmelzen. Schwer löslich in heißem Wasser, sehr leicht
löshch in Alkohol und Äther.
ß-Naphthalinsulfo-1-leucin, aus 20"/nigem Alkohol lange, dünne,
spießartige Prismen, die bei 60° sintern und bei 67° (korr. 68") zu einem
farblosen Öl schmelzen. Sehr schwer löslich in Wasser, leicht löslich in
Alkohol und Äther.
ß - N a p h t h a 1 i n s u 1 f 0 - p h e n y 1 a 1 a n i n , Cjo H7 . S O.^ . NH . CH
(COOH). CH.2 .Cß Hg. Kristallisiert erst nach längerem Stehen. Aus heißem,
sehr verdünntem Alkohol weiße, asbestartige, aus feinen Nadeln bestehende
Masse, aus Wasser feine Nädelchen. die sich zu kugelförmigen Aggregaten
zusammenlagern. Kristallwasserfrei. Schmelzpunkt 141 — 142" (143 — 144"
korr.). Es ist auch in kochendem Wasser schwer löslich, leicht löslich da-
gegen in Alkohol und Äther.
Aktive ß-Naphthalinsulfo-y.-pyrrolidinkarbonsäure, Cio H7 .
/CH2 CH2
S02.N<^ I . Fällt aus der alkalischen Lösung als schnell
\CH(C00H).CH2
festwerdendes Öl aus. KristaUisiert aus heißem, verdünntem Alkohol und
aus Wasser in dünnen, oft zentimeterlangen Blättchen mit 1 Molekül
Kristallwasser. Sie sintert bei 80" und schmilzt bei 133"7" (korr.); wird
die Substanz vorher bei 90" getrocknet, so schmilzt sie scharf bei 138*
(korr.). Schwer löslich in kaltem Wasser, löslich in 130 Teilen kochenden
Wassers, leicht löslich in Alkohol.
ß-Naphtlialinsulfooxy-7.-pyrrolidinkarbonsäure. C15H15 O5N.
S -f H, 0. Aus Wasser dünne, manchmal langgestreckte Blättchen, die bei
86" sintern und bei 91 — 92" (korr.) zu einem hellbraunen öl schmelzen. Schwer
löslich in kaltem , leicht löslich in kochendem Wasser, ziemlich leicht lös-
lich in Äther , leicht löshch in Alkohol. Die Verbindung enthält 1 Molekül
Kristallwasser.
ß-Naphthalinsulf o-serin. C,, H^ . SO2 .NH. CH (CH2 . OH). COOH,
wird zunächst amorph erhalten, nach wiederholtem Umkristallisieren wird
es kristaUisiert gewonnen, und zwar hauptsächlich kristallwasserfrei beim
raschen Abkühlen einer konzentrierten Lösung, am besten aus heißem
Alkohol. Schmelzpunkt 214" (korr.). Löslich in ungefähr 70—80 Teilen
kochenden Wassers, leicht löslich in Alkohol, ziemlich schwer löslich in
r
Keaffcnticn zum Naclis\cis der hiulotrisdi wii-htip'ii Vorbiiuliii.;;.i. l l^i
Äther. Ferner existiert eine liristallwasserlialti^^e \ crldiKlnii^' mit walir-
scheiiilidi ;; Molekülen Kristallwasser.
I)i-,ä->;ai)htlialinsnlfotyr()sin. (',„ H^ . S()„ . ( ) . (", H, . CII, . ('II
(C'()()H).NH.S().,.(\oH,. Kntstclit als weilier flnrki-er Nied.T.scJiJa-'lM-ini
Scliüttelii einer alkalischen Lüsinii; von T.vnoiii und i-inrr atJuTisrhen
Lösung von [i-Naphthalinsiihochlorid im riH'rsclnil. in weiüm Florken als
Natrinmsalz. Dieses kristallisiert in Nadeln, die l.ci ^fiO" sinf«Mii nnd l»ci
252—254" nnter Sehäunien schnici/cn. Ziendieli leicht löslich in heiCcni
Wasser inid heil.lein Methylalkohol, schwer l(.s|i,ji i,, denselhrn in der
Kälte, sehr schwer löslich in Ail<oliol. iinlii-licli in .\tliei und llen/.ol. i>ie
\'erl)indnn<' uiht die Millonsrhv Iveaktion nicht, hie dnicli .^iialfnn;: mit
Salzsäure gewonnene tVeie Siinre bildet Nadeln oder l'.lnttchen, die hei
100 — 102" zu einem z;tlien Ol sclnnelzen. welches er>t üImt Il'O" fjüssi-.'
wird. IJariumsalz: auch in heiiieni Wasser schwer löslich.
(i-Naph;thalinsulfo-d-arginin, Cß H,, N^ (), .SO, . II, (',„. Bildet ein
weißes, leichtes Pulver, das bei 87 — 89° farblos schmilzt.
.3-Naphthalinsuifo-d-ornithin, Cg H,nN., (>., (SO, 11. c,„j,. wird als
körniger, weißer Niederschlag erhalten, der bei 189" schmilzt.
ß-Xaphthylinsulfo-l-tryptophannatriuin. (',, II,; N... o^ . .^Na.
Mikroskopi.sche Nadeln vom Schmel/piinkt ;;()4".
fi-Naphthalinsulio-galaheptosaminsäure, C,„ll; .>o, .Nil .(II
(C0()H).(CH.()li)4.CH.,.OH. Schmelz|)unkt gegen 2(U«(konM unter Zer-
setzung, leicht löslich in heiiiem. .schwer löslich in kaltem Wasser: .schwer
löslich in Alkohol und .\tlier.
[i-Naphthalinsulfo-glycyl-glyein, (.',„ H; . SO.. . NU .(•||,.('o. Nil .
CHa.COOH. ölige Fälhing, die beim .Vbkühlen auf ()" in einen Kristallbrei
verwandelt wird, der ans heiHem Wasser oder .Mkolml umkristallisiert wird.
Die Sul)stanz enthält 1 Molekül Was.ser, das bei Kto" entweicht. l)as ge-
trocknete Produkt schmilzt bei 180 ls2" (korr.). Löslich in 15.045 Teilen
Wasser von 20", in 45 Teilen Wasser von 1 (»(>«. leidit löslich in
kochendem .Vlkohol. Leim Kochen der wässerigen Lösung mit Knpferoxyd
gibt der Körper leicht ein Kiipfersalz. das schwei' löslich ist und sich
beim Erkalten als hellblaue, mikrokristallini.sche Masse — sehr kleine
Nadeln oder Prismen — abscheidet : sehr dünne rhombische Tafeln und
lilättchen. Silbersalz: schwerlöslich in kaltem W as.-er. Lariumsalz: Nadeln,
die in heißem Wasser schwer löslich sind. Magne>iinnsalz: .sehr feine,
sternförmig zu.sammenliegende Nadeln, leichtei- löslich. I'.leisal/: dünne.
ghtzernde lUättcheii. in kaltem und auch in heißem Wasser sehr .schwer
löslich. Cah'iumsalz: sehr dünne zngespitzte P.lätter, in heißem Wasser
etwas leichter lö.slich als das llariinnsalz.
;i-Naphthalinsulfoglycyl-d-alanin.i , Jl.. .M». . Nll.l IL .C ( ». NIL
CH(CH3).('00ll. Fällt zunächst bei der. lieaktion als ()\ ans. das schnell
kristallini.sch erstaii't : bei wiederlndtem Inikristallisieren werden grolK',
glänzende Plättchen erhalten, die bei 154 155" (korr.l schmelzen. Tutor
Umständen wird i-ine kristallwasserhaltige Verbindung erhalten, die bei
J422 L- Piiicussohn.
derselben Temperatur schmilzt, jedoch etwas unter 100° sintert. Die
Säure dreht in alkalischer Lösung -f 7*1 1" nach rechts. Sehr schwer löslich
in Äther und kaltem Wasser, ziemlich löslich in kochendem Wasser, leicht
löshch in Alkohol. Die amorphe Silber- und Bleiverbindung ist schwer
löshch, nicht dagegen das Calcium- oder Bariumsalz im Gegensatz zu den
Salzen des isomeren ß-Naphthalinsulfo-d-Alanylglycins.
ß-Naphthalinsulfo-d-alanyl-glycin. Cj, H,. SO2.NH (CH3) CO.
NH.CHg. COOH. Nach wiederholtem Umkristallisieren Blättchen von
seidigem Glanz, ohne Kristallwasser, die ganz rein scharf bei 180"5 — ISl'ö«
(korr.) schmelzen. Die Säure zeigt in alkalischer Lösung eine spezifische
Drehung von — 63'71". Schwer löslich in kaltem Wasser, ziemlich löslich
in kochendem Wasser, leicht löslich in Alkohol, schwer löslich in Äther. —
Äthylester: lange, büschelförmig aneinander hegende Nadeln, die bei 104"
(korr.) schmelzen. Das Silber- und Blei salz ist in kaltem Wasser schwer löshch,
das Calcium- und Bariumsalz etwas leichter, jedoch besser kristaUisierend.
Ein Trennungsverfahren für ß-Naphthalinsulfoglycyl-d-alanin und
ß-Naphtlialinsulfo-d-alanylglycin beruht auf der geringen Löslichkeit der
Calcium- und Bariumsalze der letzteren Verbindung.
ß-Naphthalinsulfoglycyl-tyrosin, CioH7.SO.,.NH.CHo.CO.NH.
CH (COOH) . CH.2 . Cß H, . OH. Winzige, verfilzte Nädelchen. die bei 158"
sintern, bei 16P (korr.) schmelzen. Beim UmkristaUisieren aus sehr ver- |
dünntem Alkohol beiderseitig zugespitzte Nadeln ohne Kristallwasser, die
bei 157 158" sintern und bei 166 — 166-5o (korr.) schmelzen.
Sehr schwer löshch auch in heißem Wasser, schwer löshch in Äther
und Chloroform, leicht löshch in Aceton und in Alkohol, besonders in der
Wärme. Löslich in Ammoniak und verdünnten Alkalien; in diesen Lösungen
dreht es etwas nach rechts. Durch Ansäuren wird die Verbindung gefäht.
Sie wird durch Pankreatin leicht gespalten.
ß-Naphthalinsulfoglycyl-dl-leucin, Cjo H, .SO« .NH.CH2 .CO.
NH.CH(COOH).CH2.CH(CH3),. Fällt bei der Reaktion zunächst ölig aus,
um bei längerem Stehen bei 0" zu kristallisieren. Aus heiliem 20"/oigen
Alkohol ziemlich lange, zu Sternen gruppierte Nadeln oder Blätter ohne
KristaUwasser. Sintert bei 120" und schmilzt ziemlich scharf bei 124*3" bis
125". Die Verbindung ist auch in heißem Wasser ziemhch schwer löslich,
ebenlahs ziemlich schwer löslich in Äther, leicht löshch in Alkohol und
Essigäther. Bildet ein schwer löshches Bariumsalz.
Di-ß-Naphthalinsullotyrosyl-dl-leucin, C,o H^ . SO^ .0. C^H^ .
CH2 . CH (NH . SO., . Co H7) CO . NH . CH . (C( )0H) . CH2 . CH (CH3).,. Kleine,
zu Sternen gruppierte Nädelchen ohne scharfen Schmelzpunkt, die bei
90" sintern und unscharf von 100 — 105" schmelzen. Auch in heißem Wasser
ist die Verbindung schwer löshch, ebenso in Äther, dagegen leicht löslich
in kaltem Alkohol, Essigäther, Aceton und Chloroform. Pankreatin in
alkahscher Lösung zersetzt die Verbindung nicht.
ß-Naphthalinsulfo-d,l-leucylglycin, Schmelzpunkt 104 — 105";
es liefert ein leicht löshches Bariumsalz.
i
CH
Taf
Reageutieu zum Nacliweis der biologisch \\ioliti(,'eu \ Crliiiidungcii. 1 }•';;
ß-Naphthalinsulfü^lycyl-l-liMitiii, C'.o H; •><»••• Ml • ^ li,.( <). Ml .
:(C(H)H).CH.,.CH(CH,),. Aus 6()'Vüi^'('in Alkohol" lan^r... rVcht.-rki^'»*
[■("In. die hei 144— Uä« schmelzen. Spcziiiscju' hn-huii},' uiit,'efiUir -»- i;i".
Phenylisocyanat, i\ Hj, . N : (' : ( ):
CH
HC
CH
wird gewonnen aus Phenylurethan (linrh Ih'stillatidu mit l'ho-iihorp.'iita-
chlorid. Farhlose, die Augenhindchaiit stark ivi/cndf Miissiirki-it vom
Siedepunkt 166". Es bildet mit primären und sekundün-n Aminen wie mit
Aminosäuren, auch mit Aminozuckern und Peptonen charakferisti.sche N'cr-
hinduniien. Über die Methode des Nachweises von .Vminosäuron mit
Phenylisocyanat vgl. Abderhalden, dieses Handhuch, l'.d. 2. S. .p.i6. Sehr
charakteristisch ist u. a. die Leucinveri)indung.
Glukosamin-iihcnylisocyanat Verbindung:
™=""'^'"""'»<'"vnh"c...nii.c'.i.,..
Es entsteht, wenn man eine gut gekidilte Lösung von '2-Ji>fj (iIuko>amin-
chlorhydrat in HO cm^ Wasser und 10 crn^ n-Kalilange tropfenweise unter
stetem Schütteln mit 1-19 g Phenylisocyanat versetzt, als amorphes Pro<lukt.
Bei Istündigem Erwärmen mit 20'' oifi^'^' Essigsäure im Wasserhad i:<'lit
es fast (quantitativ in sein Anhydrid, x-Tetrao.\yl)Utyl-v-l'henvl-/ - H\dro-
xvimidazol:
C = CH
/
CH2()H.(CHOH)^N:C.X.C II,.
(»11
weiße rhombische Kristalle, die sich bei 200" bräunen und bei L'IO" schmelzen.
wenig löslich in Wasser und .Vlkohol. 7.,, = -f T(")-9". Inlolge seiner l'n-
löshchkeit in alkalischen Flüssigkeiten ist ein«' Tn-nrnniL' von L'leichzeitig
anwesenden Aminosäuren ermöglicht.
Phenylisocyanat-7.-aminoisovaleriansäure.(C!lj 1, C'H ClliNH .
CO.NH.CeHB^.COOH. Durch I.ö.sen der .\minosäure mit einem
Mol.-Gewicht Kalilauge in i'.o Teilen Wasser und Zufügen von », Mol.
Phenylisocyanat unter heftigem Kühren bei 0". iJeim Ansäuern des Kiltrates
als zähe harzige Masse ausfallend, die später kristallini.sch erstarrt. Aus
heißem Wasser umkristalUsiert, farblose Plättchen, die ix-i 1 »;:;•:-)« (korr.)
unter Zersetzung schmelzen. Leicht ir-slich in Alkalien umi .Mkalikarhonaten,
ziemlich leicht löslich in heilleni .Mkolml. schwer l.lslich in .\ther.
1424 L. Pincussohn.
Plienylisocyanat-a-amino-n-valeriansäure, CH3 . (CHols • t^H.
(NH.CO.NH.CeHß).COOH. Wird erst über das Hydantoin kristaninisch
gewonnen. Aus heißem Wasser farblose Blättchen, die bei IIQ« (korr.)
unter Zersetzung schmelzen. Fast unlöslich in Ligroin, schwer löslich in
heißem Wasser, leicht löslich in Äther, Aceton, Chloroform.
Phenylisocyanat - a - aminomethyläthyles sig säure. Schmelz-
punkt 179—1800 (korr.).
Phenylisocyanat- ß-aminoisovalerian säure, (0113)2 C (NH. CO.
NH . Cß H5) . CH2 . COOH. Aus Wasser Nadeln vom Schmelzpunkt 137« (korr.).
Sehr schwer löslich in kaltem, ziemlich leicht in kochendem Wasser, leicht
löslich in Alkohol und starker Salzsäure, sehr schwer löslich in Äther.
Durch Kochen mit Salzsäure entsteht das Anhydrid, das l-Phenvl-4-Dimethyl-
/N(C3H,)-C0\
hydrouracil, OC CH„ aus heißem Alkohol lange farblose Nadeln,
\NH— CiCHa)^/
leicht löslich in heißem Alkohol, sehr schwer löslich in Wasser und Äther.
Schmelzpunkt 237°.
Phenylisocyanat-d-phenylalanin, Cß H5 . CH, . CH . COOH
I
NH.CO.NH.CgHs,
aus Wasser farblose Nadeln, die bei 180 — 181" (korr.j schmelzen, fast
unlöshch in kaltem ^^'asser, Äther und Ligroin, leicht löslich in heitrem
Alkohol. In alkaUscher Lösung y.j)20= + 61-21'^.
Phenylisocyanat- 1 -Phenylalanin, Cg H5 . CHo . CH . COOH NH .
CO . NH . Ce H5, aus heißem Wasser farblose Nadeln, die gegen 200"
schmelzen. Fast unlöslich in kaltem Wasser und Äther, leicht löslich in
heißem Alkohol. aj,20 in alkahscher Lösung = — 61-25".
Phenylisocyanat-dl-leurin. (CHj), CH.CJL .CH.COOH
NH . CO . NH . Ce H5,
fällt aus warmem Alkohol durch Zusatz von heißem Wasser bis zur Trübung
in farblosen Nadeln, die bei 1(35" (korr.) unter Gasentwicklung schmelzen.
Aus Alkohol flache Prismen oder glänzende Blättehen. Ziemhch schwer
löshch in kochendem Wasser, sehr leicht in siedendem Alkohol, Aceton und
Essigester, schwerer in Äther, Chloroform und Benzol. Sehr geeignet zur
Erkennung des Leucins.
Phenylisocyanat-d-isoleucin, Cj, Hjg N., O3, weiße, glänzende
Blättchen, die bei 119 — 120" schmelzen. Uidöslich in kaltem, leicht löshch
in heißem W^asser, Chloroform, Alkohol. Äther. Aceton, Essigester. (Jptische
Drehung: in alkalischer Lösung ist 7.^20= + 14-92".
Phenylisocy anat-oxyprolin, C12 Hj^ O^Ng. Feine, meist zu Büscheln
verwachsene Blättchen, die sich gegen 175" zersetzen.
Phenylisocyanat-serin, CH^ (OH) .CH.COOH NH.CO.NH.CgH.,,
aus Wasser feine, meist sternförmig vereinigte Nadeln, die bei 168 — 1(30"
(korr.) schmelzen. Leicht löshch auch in kaltem Wasser, noch leichter in Alkohol.
i
Reagentien zum Nacliweis der bioloirisrli snchtigcii Vi'rliimliiiiL'en Ml'.')
rheiiylisocvaiiat-iso.soriii. ('„Il.-'^H •'•'M'^ l'-^ ll(<»ll,.( ooli
Lange Tafeln, die hei IH;;— 1^4« (korr.) uiittT (iascntwickluii^' xlinicl/eii.
Leicht löslich in Alkohol, fast unlöslich in Athci. Leicht lü.slich in heillein.
schwerer in kaltem Wasser. l)ie \erhin(lnii^' wini im (ievrcnsatz /u «len
Phenylisocyanatderivaten der gewöhnlichen -/-AminosannMi dinch Kochen
nnd Abdampfen mit ^f^Voiger Salzsiinre nicht in (la> .\nh\drid iil»'rgefillirt.
Phen ylisocyanat-l-])yrrolidinkarl)oiisiiure. /n ihrer l)ar>»telliiM!.'
werden l'S g l-Pyrrolidinkarhonsänre in 1") «■///■' Noniiahi:itniiilaii;.'e j/eji»!
und nach guter Ahkiihhinii' 2 g Phenyhsocyanat in kleinen Portionen unter
kräftigem Schütteln zugefügt. Nach Knt feinen nnd Filtrieren de-^ lleaktions-
produktes wird angesäuert, wobei die Isoc\anatverltindun;r als harzige Masse
ausfällt. Durch /ufüuen von soviel Salzsäuic. dal', die LÜNuni: etwa 4*» „ «lavon
enthält, und Kinengen auf dem Wasserbade bilden <ich die Kristalle des
.\nhydrids. die aus kochendem Wasser innkristallisiert werden.
Hieraus flache Nadeln, die bei 144" (korr.) schmelzen, leicht hKlich in
Alkohol und Aceton, mäliiü leicht löslich in Wasser, schwer löslich in Äther.
Die Verbindung (Strukturformel s. bei der \erbindung de>« llaceiiikorper««)
ist zur Erkennung der aktiven Pyrrolidinkai'bonsäure gut i:eeii:net.
Phenvlcvanat-dl-pvr rolidinkarbonsäure. CIl , (11
Cn', ('II "(•<•• •!!
"^VCO.NIl ( Jl„
ziemhch schwer löslich in heißem Wasser, leicht löslich in Aceton und
Alkohol. Schmelzpunkt gegen 170" unter Aufschäunu'n. Sie j.'eht heim Kr-
hitzen mit starker Salzsäure in das Anhydrid:
CHo- — CH.,
I
CH., CH.LO
^^M'o.N.CJL,
über, aus heißem Alkohol feine farblose l'rismen. die i»ei 11>" (korr.)
schmelzen. Ziemlich leicht löslich in heißem Was.ser. w.irniem .\lkohol.
schwerer löshch in Äther.
Phenylisocyauat-dl-lysin. tarblo>e Nadeln, tlie bei I^^l'« ikorr.i
sintern und bei ISrv (korr.) schmelzen. Fast unlöslich in Was.ser. ebenso
in starker heißer Schwefelsäure.
Phenylisocyanat-d-lysin. Schmelzpunkt is.". 1 s4Mkorr.i (//rrcoy.
Zeitschr. f. phys. Chem.. P.d. 34. S. 020).
Phenyiisocyanat-7.-a m i n o-y-oxy -va 1 e ria n -au re (Laktoin.
Schmelzpunkt 1()5 1 )*)('." (korr.i.
Phenylisocyanat-glycylirlvcin. CJl. . Ml . ( n . MHIL -^ « '■ Ml
CH, .(.'OOH. Aus (Tlvcylglycinester in Normallauge mit Phenylisocyanat ««nt-
steht dasNatiiumsalz, aus dem dmch .\nsäuern mit verdünnter KssigsiUire das
Phenylcyanatglycylgiycin gewonnen wird. Feine seidentrlrmzemle Nadeh». boi
1 ";■)"( korr.) unter Zer.setzting .schmelzend. Ziendich leicht löslich in heilltMu Alko-
hol, sehr schwer löslich in .\ther. Die alkali.sche Lösung gibt nicht l?inretreaktion.
Abderhalden. Handbuch dor binchcmigchen Arbeitgmrth.Klm. V. iJO
\ 426 ^- P i 11 e II s s 0 h n .
Pheiiylisocyanat-a-leucylphen}iaI;iniii. CgHs .NH.CO.NH.CH
(C4H9)CO.NH.CH _ Durch Umlösen in Essigester und Zuoabe
XCH^ . L,; H5.
des doppelten Volumens Petroläther werden sechsseitige, anscheinend rhom-
bische Tafeln gewonnen, welche bei 193 195" (korr.) unter Zersetzung-
Schmelzen. Sehr schwer löslich in Wasser, fast unlöslich in Petroläther.
mäßig löslich in Benzol und Chloroform, leicht löslich in Alkohol. Äther.
Essigester und Aceton.
Phenylisocyanat-'i-leucylphenylalanin. Wird auf gleiche Weise
wie die isomere Form analysenrein erhalten. Mikroskopisch kleine Nadeln,
die konstant bei 18;-^ — 184" (korr.) schmelzen. Die Lösungsverhältnisse sind
die gleichen wie bei der a-Verbindung.
Phenylisocyanat-alanyl-leucin A. Cg H5 .NH.CO.NH.CH (CH3).
C0.NH.CH.(C,H9)C00H. Wird gewonnen durch Lösen des Dipeptids
in etwas mehr als der für 1 Molekül berechneten Menge n-Natronlauge
mid tropfenweisen Zusatz der berechneten Menge Phenylisocyanat zu der
auf 0" abgekühlten und kräftig geschüttelten Flüssigkeit. Die alkahsche ab-
filtrierte Flüssigkeit wird mit verdünnter Salzsäure übersättigt: die anfangs
klebrige Verbindung erstarrt bald kristallinisch und wird aus heißem Äthyl-
acetat umkristaUisert. Aus heißem Wasser mikroskopische vierseitige Plätt-
chen, die unter Zersetzung bei 214 — 218" (korr.) schmelzen, leicht löshch
in Alkohol, schwer löshch in Wasser, sehr schwer in Äther und Benzol.
Phenylisocyanat-alanyl-leucin B wird auf die gleiche Weise wie
das Isomere dargestellt. Aus heißem Wasser mikroskopische, zu Büscheln
vereinigte Nadeln, die bei 185—189" (korr.) schmelzen.
P'henylisocyanat-leucyl-isoserin A. C, H^ . CH.CO.NH.CH2 . CH
(OH) . COOH .NH . CO . NH . C, E-,. Die in üblicher Weise gewonnene Substanz
wird in Essigäther gelöst und mit Petroläther gefäUt oder aus heißem
Wasser umkristallisiert. Bei langsamem Kristallisieren bilden sich gewöhn-
hch kleine Prismen, die bei 176 — 177" (korr.) schmelzen. Die Verbindung
ist in Alkohol, Aceton, Essigäther leicht löslich, in Petroläther dagegen fast
gar nicht löslich.
Phenylisocyanat-leucyl-isoserin B, auf die gleiche Weise her-
gestellt wie das Isomere, fällt aus heißem Wasser in vierseitigen Prismen
aus. die an einem Ende abgestumpft sind. Schmelzpunkt 192 — 193" (korr.).
a-Naphthylisocyanat, Cj,, H^ X = CO
H H
C.N = C = 0
Roagentien zum Nacliweis dor liioloi^iscli wichtigen Vcrliiiulun^en 1427
Durstelluiif» aus a-Naijlithyliiicthan mit ciiiciii crlifliliclicii riH-rsclitili
von rhüSj)horsäun'anIiy(lri(l.
Es bildet eine Flüssigkeit vom Schmelzpiiiikl i'To"; im < n-Ken>al/ /um
rhenylisocvaiiat entwickelt es keine steclicndcn. j^Mftitxcn hilmpfc Ks ist
gegen Wasser ziemlieli beständig und kann olnif Kiddun^' mit der
alkalischen Lösung der Annnosäure zusannnengebraclit werden. hcrCbtTseliuli
verwandelt sieh in den ganz unlöslichen Dinapiitiiyllianistorf: von diesem
wird abfilti'iert und das Filtrat angesäuert, hurcli Krhit/.cn mit Ibryt-
wasser können die Aminosiiuicn aus der Isocyanatvcrbindung regeneriert
werden.
a-Naphthylisocyanat-glyein. (JOOII.C li., . Ml .((». Mi.(',oH-.
Feine farblose Nüdelchen ohne Kristallwasser, die Itci l'.tof) lyrö"
schmelzen. Die Verbindung ist anl'ier in Alkalien auch in .VmnKuiiak Üb-
lich. Durch Zusatz von Bariunichlorid oder liarytwasser zu der amnio-
niakalischen Lösung fällt das sehr schwer lösliche llarium.salz aus. das
zur Trennung des Glykokolls von den anderen Aminosäuren benutzt
werden kann.
oc-Naphthylisocyanat-dl-alanin, COOll .CII (rH,).NH .CO. IIN .
C10H7. Kleine Nädelchen vom Schmelzj)unkt 1*>S^ Das liariumsalz ist
ziemlich leicht lö.slich.
a-Naphthylisocyanat-n-dl-aminobuttersäure, COOH.CII.K'H,^.
CHsI.NH.CO.MI.C^oHt. Scheidet sich aus verdünntem Alkohol in langen,
spießigen Kristallen vom Schmelzpunkt im U';')" ab.
a-Naphthylisocyanat-leucin, COOlI.Cll (t , 11,). .Ml . C ( » . Ml .
C10H7. Sehr schwer lösliche, lange, spießige Kristalle vom Schmclzjjnnkt
16:)ö". Besonders gut zum Nachweis des Leucins geeignet.
a-Naphthylisocyanat-1-tyrosin. COOH .CHlCIl, .C, HJOll|i.
NH . CO . NH . Cio H-. Feine, sternförmig gruppierte Nadeln, dir bei -Joö l»« Ki«
schmelzen.
X - N a p h t h y 1 i s 0 c y a n a t - g 1 u t a ni i u s ä u 1- (■ . C< »< ijl . ( C'H, 1, . CH
(COOH).NH.CO.NH.C,oH7. Aus 9U"/oigem Alkohol lange verfil/te Nädel-
chen vom Schmelzpunkt 2.'>(; l>:')7".
a-Naphthylisocy;inat-cystin:
COUH.CII.MI.CIL.S \
CO. Ml. C, oll./.
Voluminöse, über l'liosplior.säureanhydhdzusammen.M-luiiniptend.'Ma--;.'.
y.-Naphthylisocyanat-glycylglycin. COOH .CIL, MI .Co i IL.
Nll.CO.NlI.CioH;- Durch Lösen in verdünntem .Vmnmniak und Ausfallen
durch Schwefelsäure unter starkem Hühren gereinii.^t. bildet die Verbindung
feine Nädelchen vom Schmelzpunkt 217". Sie liefert ein Hariumsalz. djw
erheblich leichter löslich als das des (dykokolls ist. wodurch eine Trennunt^
des Glykokolls und des Cdycylglycin^ ermöglicht ist.
5^428 L. Pincussohu.
Benzoylchlorid, C, H, . CO CI:
H
C
Hc/^\|C.co.a
HCl JCH
CH
Entstellt durch Einwirkung von Pliosphorpentachlorid oder Phosphor-
oxychlorid auf Benzoesäure oder durch Chlorierung aus Benzaldehyd. Un-
angenehm riechende Flüssigkeit vom Siedepunkt 194". die gegen Wasser
ziemlich beständig ist. Benzoylchlorid dient vor allem zur Einführung der
Benzoylgruppe in eine Verbindung mit Hilfe der von Schotten und Bau-
mann angegebenen Reaktion. Hierzu wird die zu benzoylierende Substanz
mit AlkaU, bei Bestimmung von Aminosäuren mit Natriumbikarbonat ge-
schüttelt. Über die Methode vgl. Abderhalden^ dieses Handbuch. Bd. 2, S. 496. >
1-Benzoylalanin, aus Wasser schöne glänzende Platten, die bei
150 — 1510 (korr.) schmelzen. Es ist in Wasser mäßig löslich. Die spezi-
fische Drehung der Verbindung in wässerig-alkalischer Lösung ist [a|^<^''z= "i
— 37-40. •
d-Benzoyl alanin, Schmelzpunkt 150 — 15 1« (korr.). In wässerig-
alkahscher Lösung ist die spezifische Drehung |a]^" = -H 37'lo0.
dl-Benzoylasparagiusäure. glänzende, farblose Platten aus Wasser,
die in lufttrockenem Zustand 1 Molekül Kristallwasser enthalten. Dieses
entweicht bei "Jstündigem Erhitzen auf 1 10°, das trockene Produkt schmilzt
bei 164 — 165" (korr.) ohne Zersetzung. In kaltem Wasser ist die trockene
Säure erheblich leichter löslich als die kristallwasserhaltige.
dl-Benzoylglutaminsäure. Aus Wasser farblose lange Blättchen,
die nach Trocknen an der Luft 1 ^Molekül Kristallwasser enthalten, das
bei 80° im Vakuum in '2 Stunden entweicht. Die getrocknete Säure
schmilzt bei 155—1570 (korr.). Die Alkali- und ErdalkaUsalze sind auch
in kaltem Wasser leicht, das Silbersalz dagegen schwer lösUch.
Benzoyl-1-glutaniinsäure. Aus Wasser meist dreieckig geformte
Blättchen oder kompakte Aggregate ohne scharfe Umgrenzung, die bei
130 — 1320 (korr.) schmelzen. Die Verbindung ist im Gegensatz zu der des
Bacemkörpers in Wasser leicht löslich. Drehung: in wässeriger Lösung
[a]^oo_ ^ j^o.go^ in alkaUscher Lösung \7.\"f = — 18-7".
Benzoyl-d-glutaminsäure. Wurde ganz rein nicht dargestellt: die
gewonnenen Präparate enthielten stets Bacemkörper. 1
Benzoyl-dl-ty rosin. Aus Wasser weiße, zu Kugeln vereinigte f
Nädelchen, die bei 195 — 197" (korr.) schmelzen.
Benzoyl-1-tyrosin. Schmelzpunkt 165 — 166o (korr.). Die Verbindung
ist in heißem Wasser erheblich leichter löslich als der Racemkörper. |
Optisches Verhalten: in So/giger alkalischer Lösung [y.]^"" — _|_ 19-250, in
50/oiger alkalischer Lösung [a]^o"= -f- 18*290. j
Reageiitien zum X;irh\vr>is dor liiolu<ri^,ii ,M«lniL'fii \'orl)iiiiliiiit;cii. 14;^*.«
Benzoyl-d-tyrosiii. Schincl/pimkt ir.fvf)« (korr.i. (»pti>rh«'s Ver-
halten: in alkalischer Lösuni,' |alj;'"=: r.f."t'.i .
dl-Benzo\ INiicin wird cilialtcn diin-Ji iSciizoyliciiiii},' mit (mikmii
großen Überschuß von Henzoylchlorid in (Icirenwart von Natnumltikarlmnal.
Schmelzpunkt i;'.7 — 141" (korr.i. Sehr .schwer lö.sli<li in kaltem, miiliijf
löslich in kochendem Wasser, ans dem es sich heim Abkühlen zunächst
in Form von Oltröpt'chen ausscheidet, die nach eiui'jer /eit zn feinen
Nadeln oder lUättchen erstarren. Leicht lö>licli schon in kaltem Alkohol,
auch in Äther, Aceton und Chloroform, aus denen es in 1 '.lattchen kristal-
lisiert. Das Kupfer- und Bleisalz ist in Wasser sehr schwer löslich.
Benzoyl-d-leucin. Aus siedendem Wasser beim Krkalten als Ol
ausfallend, das bald zn kurzen, dicken Prismen erstarrt. Schmelzpunkt
105 — 107" (korr.i. In alkalischer Lösuni» wurde ( xf^f = — iVAl" gefunden.
Benzoyl-1-leucin, schmilzt uetrocknet bei 105 — 107« (korr.i. l)ie
spezifische Drehunti' in alkalischer Lösunii' war |y.|j|'"=: -|- Crö^.
Benzoyl-d-isoleucin. C^ Ilj; NO.;, farblose. Ian^:e Nildelrhen. >ehr
schwer in kaltem, bedeutend leichter in heil'iem Wasser löslich, löslich in
Alkohol, Äther und Aceton, in warmem Benzol und Toluol. Schmelzpunkt
llG_117o. [o(]2oo j,j alkalischer Lösung = + 'iü-.'iß».
Benzoyl-dl-phenylalanin. Schmelzpunkt isT iss^ ikorr.).
Benzoyl-d-phenylalanin. Aus Wasser farblose Naileln. die l»ei
145 — 146" (korr.) schmelzen. In alkalischer Lösung ist |7.|j|'" = 171".
dl-Benzoyl-7--aminobuttersäure:
('n,.CH.,.CH.(0(>Jl
NH.COCeH,.
wird in üblicher Weise erhalten: bildet, aus heil'iem Wasser iimkristallisiert,
Kristalle, die bei 140" sintern und bei 145—146" (korr.) schmelzen. Ziemlich
gut löslich in heißem Wasser, sehr leicht löslich in Alkohol. Aceton, Kis-
essig und Chloroform, sehr schwer lö.slich in Äther. Mit Kupferacetat
bildet sie in wässeriger Lösung ein gut krisfallisien'nde». -rünes Salz.
d-Benzovl-'/-aminobuttersäure:
C„Il5.C().NH
CHs.CIL.CH C(M)U.
Schmelzpunkt 120-121" (korr.). Die Verbindun- isi .sowohl in Was>er
als auch in anderen Lösuni^^smitteln h'ichter litslich als der Kacemki.rper.
Sie dreht nach rechts; in alkalischer Lö>ung ist \x\f = + ;i(V75".
l-Benzoyl-y.-aminobuttersäure: Aus Wasser umkristallisiert,
schmilzt die Verbindung bei 120 121» (korr.). also irenau wie der
optische Antipode. Ebenso ist das \ erhalten -egenüber Lö>unL'smitteIn
das gleiche wie bei der d-Verbindung. Die Substanz dreht in alkalischer
Lösung nach links: [y.]^"" = — .'U-S».
dl-Benzovl-7. -amino- n -capron säure, Cll, . C II. . CH, . C IL .
CH(NH C()C6H5).C()<>H. Schmelzpunkt i;'.4" (k<nT.). Aus Äther und Li^rroin
i
1430 L. Pincussohn.
oder aus heißem Wasser umkristallisiert kleine, längliche Blättchen, die in
Alkalien und Ammoniak leicht löslich sind. Bariumsalz: in kaltem Wasser
ziemlich leicht löslich; Silbersalz: in kaltem Wasser schwer, in heißem
ziemhch leicht löslich; Kupfer- und Bleisalz: in Wasser sehr schwer löslich.
l-Benzoyl-a-amino-n-capron säure: |
C^Hs.CO.NH '
!
CH3 . GH., . CH2 . CHo . CH . C()( )H.
Aus heißem W'asser umkristallisiert, werden schöne lan^e farblose Nadeln «
mit Ys Molekül Kristallwasser erhalten, das zum Teil im Vakuumexsikkator .*
über Schwefelsäure, zum anderen Teil erst beim Trocknen bei 100" ent-
weicht. Die kristallwasserhaltige Substanz schmilzt bei 53*' (korr.). Die Ver-
bindung ist in iVlkohol zerfließlich. ziemlich leicht löshch in Äther, schwer
lösUch in Ligroin, ziemlich gut löslich in heißem Wasser. Die kristall-
wasserhaltige Verbindung dreht in alkalischer Lösung nach links :
[oiff = — 21-9«.
d-Benzovl-7.-am in o-n-capron säure :
CßHs.CO.NH
CH3 . CH2 . CH2 . GH., . GH . GOOH.
Die Kristalle schmelzen ebenso wie das optisch Isomere bei 58" (korr.)
und enthalten Kristallwasser, das bei 100" völlig entweicht. Optisches Ver-
halten: in alkalischer Lösung [y.fj^' = -\- 21-4''.
Benzoyl-y.-aminoisovaleriansäure, (GH3)2 CH . GH . (NH . GO.
C6H5).GOOH. wird aus Benzoylchlorid und Natriumkarbonat mit der
Aminosäure erhalten. Zur Trennung von der Benzoesäure wird die ätherische
Lösung mit Petroläther gefällt. Schmelzpunkt 1H2'5" (korr.). Die Verbindung
ist in Äther und Alkohol ziemlich leicht löslich, sehr schwer löshch in
Wasser auch in der Hitze, so gut wie unlösHch in Ligroin.
Sie kristallisiert aus Äther auf Zusatz von Ligroin in schönen Blättchen.
Benzoyl-a-amino-n-valeriansäure, GH3 . (GH2)2 . GH . (NH . GO .
GßHj.GOOH. wird dargestellt mit Benzoylchlorid und Bikarbonat oder
noch leichter aus dem Ester, den man in der 6fachen Menge Wasser löst,
mit 0/4 Molekül Bikarbonat und ^/^ Molekül Benzoylchlorid. Der sich als
Öl ausscheidende benzoyherte Ester wird durch Kochen mit Kalilauge ver-
seift; beim Ansäuren fäht die Benzoylaminovaleriansäure aus. die durch
Lösen in Äther und Fällen mit Ligroin von den kleinen anhaftenden
Mengen Benzoesäure befreit wird. Die Löslichkeit ist ungefähr die gleiche
wie bei der Verbindung der Isosäure; Schmelzpunkt 152*5" (korr.).
Benzoyl-a-aminomethyläthylessigsäure. Die Ausbeute ist bei
Anwendung des Esters (wie bei der n-Valeriansäure beschrieben) bedeutend
besser als bei der direkten Benzoyherung. Aus heißem Wasser umkristal-
hsiert, schmilzt der Körper bei 189-199° (korr.); er ist in ungefähr
300 Teilen kochenden Wassers löslich, ziemlich leicht in heißem Alkohol,
schwer in Äther.
I
Reagentieii zum Nachweis iltT l)ii)l(ii;is(li v\iclitii;eii VcrMmlui.u'« ii 1 i;.l
Benzoyl-[i-aminoisoval('ri;insäin<'. Aii^ Wasser iiiiikrislallisicrt
werden schiefe, bei 141ö" scliinclzeiKle l'.liittclirn fihaltrii. Löslich in un-
gefähr 70 Teilen kocheuilou Wassers. /.icniHch leicht löslich in Atlior, sehr
schwer löslich in Liiii-oin.
Dibenzoyl-a-ar.-inin, C,.li,,(eoil6 (.(>)..%,<).. ian-e Nadeln oder
Tafeln, unter Zersetzung- bei 217-0 -JIS" <chnielz(Mid. In Wa---- -'tv.r
löslieh.
Mon obenzoyl-d-o mit hin, CßH,, (CO CflH...)Nj(>.. wird dun-h Kochen
der Ornithursüure mit Salzsäure erhalten. Farblose, in \Va>ser leicht, in
Alkohol sehr schwer lösliche Nadeln, die bei 2-Jö 2HU» schmelzen.
I)ibenzoyl-d-ornithin=:: Ornithursäure. ('^ HioN« Oj.tC'eHt.CO),.
Kleine Nadeln, leicht löslich in heiliem .Mkohol. xliwer löslich in lieiUem
Wasser, unlöslich in Äther. 8(-hmelzpunkt 184".
Dibenzoyl-cystin. C« H,o N» S •>4 (C- Hr, O),. aus Alkohol leine, ver-
wachsene Nadeln, die in Wasser unlöslich, in Athor schwer löslich, in
alkoholhaltigem Äther und .Vlkoliol mäl.iiir h'ii-ht löslich >iiid. vom Schmelz-
punkt 180^181«.
Dibenzoyl-1-tyrosin. CvjHignjN. In Wasser unlö>liche. in .\lk«diol
leicht lösUche mikroskopische Kristalle vom Schmelzpunkt 211 — 212".
Benzoyl-triglycyl-silyciu. erhalten durch Lösen von \ (/ Triglycyl-
glycin mit 2-6 r/ Natriund)ikarl)onat in 40 cw* Wasser und ZuL'abo von
17 (j Benzoylchlorid tropfenweise unter Schütteln. Die durch Ansäuren
erhaltene Benzoylverbindung wird aus der 40fachen Menge Wasser um-
gelöst. Sie schmilzt dann bei 2H5". Durch Erwänneii mit alk<»holischer
Salzsäure wird der Ester erhalten, der bei 217" (korr.i unter Ihaun-
färbung schmilzt.
Benzoyl-glyc-ylglycin. Dun-li Hen/.oyliereu von (dyc-yLdycin nnt
Benzoyh'hlorid und Natronlauge. Die au> Wa^^er umkri>tallisierf'' \'r-
bindung schmilzt bei 208" (korr.).
Durch Behandeln von Benzoylglycylglyein mit Acetylclilorid und l'hos-
phorpentachlorid. Lösen des eingedampften und gewaschenen Keakti«ins-
prodnktes in kaltem Chloroform und Kintropfen unter Schütteln in eine
verdünnte und gekühlte ätherische Lösung von über^i-hüssigem «ilykokoll-
ester wird der
Benzoyl-diglycylglyi-iuester erhalten, nach Lmkristallisieren aus
Wasser feine farblose Nadeln, wt-lche bei 17;'>« (korr.) M-hmelzen.
Benzovl-leucyl-alanyl-g-lycin .\ wird «lurch Behandeln des Tri-
peptids mit Natriumbikarbonat und Benzoylchlorid gewonnen. Aus sie.ien-
dem Wasser umkristallisiert Tafeln uml BJättchen. die 1 Molekül Kri>tall-
wasser enthalten, das sie beim Krhitzen auf 110" im \akuum verlieren.
Schmelzpunkt liegt scharf bei 194-Ö— 10r>-ö° (korr.i. Die Substanz ist sehr
leicht löslich in Alkohol, schwerer in Wasser und Kssigäther. M-hr -hu..,-
in Äther und Tetroläther.
Benzovl-leucyl-alanyl-gly<in i: wird genau wie die v..rher-
gehende Veriundung dargestellt. Aus «1er l(K)fachen Menge kochenden
24;')2 ^- Piucussohn.
Wassers uiiigelöst kristallisiert sie in feinen, langen, meist zu Büscheln
verwachsenen Nadeln ohne Kristallwasser, die l)ei 209 210° (korr.)
schmelzen. Leicht löshch in Alkohol, schwerer in Wasser, fast unlöslich
in Äther, Chloroform und Petroläther.
Benzo\i-leucyl-glycin,C,H9.CH.NH(COC.iH5)CO.NH.CH2.COOH.
Aus Leucylglycin mit Natriumbikarbonat und Benzoylchlorid. Der Körper
fällt, wenn er aus heißem Wasser umkristalhsiert wird, in zentimeterlangen
zu Büscheln vereinigten Nadeln aus. die bei 167" (korr.) schmelzen. Die
Verbindung ist fast unlösUch in Äther und Petroläther, schwer löshch in
Chloroform und Benzol, leicht löslich in Alkohol.
Benzoyl-alanyl-alanin . C^ H^ . CO . HN . CH (CH3) . CO . NH . CH
(CH,).COOH. Wird durch Benzoyherung des Dipeptids und Natronlauge
gewonnen. Die direkt erhaltene Verbindung schmilzt gegen 190"; wieder-
holt aus heißem Wasser umkristallisiert, steigt der Schmelzpunkt auf
203 — 204". Aus Wasser farblose, feine Nadeln: die kalte wässerige Lösung
zeigt deutlich saure Reaktion. Durch Kochen der in heißem Wasser ge-
lösten Verbindung mit gefälltem Kupferoxyd und Einengen der Lösung
auf dem Wasserbad wird ein grünes Kupfersalz erhalten: mikroskopische
verwachsene Nadeln. Es ist in Wasser sehr schwer löshch: durch Znsatz
von Natronlauge entsteht eine kornblumenblaue Färbung.
Benzoyl-alanyl-alaninester wird aus der Benzoyl Verbindung durch
Verestern mit absolutem Alkohol und gasförmiger Salzsäm'e erhalten.
Farblose, rosettenartig verwachsene Nadeln, die bei 114 — 116" (korr.)
schmelzen.
Ameisensäure, H.COOH.
Findet sich im Körper der Ameise, besonders Formica rufa L., ferner
in den Haaren vieler Raupen , in den Drüsenharen der Brennessel . ist
auch sonst im Tier- und Pflanzenreich ziemlich verbreitet. Sie vnrd
technisch aus O.xalsäure mit Glycerin gewonnen, wobei ein Ameisensäure-
giycerinester. das Monoformin, entsteht, das in Glycerin und Ameisen- ^
säure verseift wird. Ameisensäure bildet eine klare, farblose Flüssigkeit -^
von stechendem, nicht brenzlichem Geruch und stark saurem Geschmack. t
Sie erstarrt bei 0" kristallinisch, um bei 8"5" wieder zu schmelzen. Siede- ^
punkt 99"; die Dämpfe der Ameisensäure sind brennbar. Ameisensäure ',
muß völlig flüchtig sein: sie ist in zugeschmolzenen oder mit Glasstopfen *
fest verschlossenen Flaschen aufzubewahren.
Über die Darstellung von Verbindungen der Ameisensäure mit Amino-
säuren, der Formylverbindungen , vgl. Abderhalden, dieses Handbuch, '
Bd. 2. S. 496.
Form ylgly ein. CHO.NH.CH.3. COOH. Aus Essigester umkristal-
lisiert, schmilzt es bei 153 — 154" (korr.) unter Gasentwicklung. Leicht
löslich in Wasser und Alkohol in der Hitze, ziemlich schwer löslich in
Aceton und Essigester, sehr schwer löslich in Äther und Benzol. Es schmeckt
stark sauer.
Reageutien zum Nachweis der l.iol..Kisch widitijf.'ii \>il.iii.luu;foii. 14;^;^
Fonnyl-dl-Iciiciii. Ks wini Ix-i \\-j" weich iukI M-lniiil/t l-.-i
114-115» (koiT.). Es ist sehr kM.ht löslifli in absolutrni Alkohol tiii.l
heißem Wasser, ziemlich h-iclit liislich in hcilicm Essi^n-ster. /iciiilich schwer
in Äthor, Benzol und Chloroform, fast unlöslich in I'efroIiUher. Es kristal-
lisiert I)ci langsamem Ahkiihlcn in wasscri^^cr Liisiin-; in oktac»Icrilhnlich»Mi
mikroskopischen Kristallen. Es reaj^Mert sauer.
Formvl-il-leucin. entspricht in seiner Darst.-ilunir und den Löslich-
keitsverliältnissen dem inaktiven l'rodukt. .\iis diesem kann es über das
Brucinsalz erhalten werden. Ans wainieiii Wasser Krisfalle, die unter <lom
Mikroskop als schmale Prismen erscheinen. Der Schniel/pnnkt lie^'f hei
141—144" (korr.): l)ei l.-.TMiitt Hrweichuni; ein. Nach wiederholtem l'm-
kristallisieren aus Wasser winde für «lie alkohoHsclic Liismifr tfofumlen-
\y.\f= + 1S-8".
Formyl-1-leucin entspricht in Kri-tallform . Schniel/jmnkt und
LösunLisverhältnisse der d-Verhindung-. In absolutem .Mkoln.l ist die
Drehung-: l'/IJ = — 18-4". Die aktiven Formylleucine ^'eben in alkalischer
Lösung- eine bedeutend höhere Di-ehnng. die jedoch nicht ^enau festzu-
stellen ist da unter diesen \eih:dtnissen schon bei niederer Temperatur
eine langsame Al)si)altun»- der Formylurupi)e stattfindet.
P'ormyl-d-valin. Aus heiliem Wasser beim Abkühlen kleine
Prismen, aus verdünnter wässeriger Lösung nach Iäni!en'ni Stehen ziendich
große Prismen, die gegen 150" sintern nutl bei 156" geschmolzen »ind.
[x]^'"= 4- i;-)-2T" in alkoholischer Lösung.
Formyl-d-isoleucin, CH3 . ClKCo n5).CH (NU .('()H) .("( »oll. Aus
Wasser feine Nadeln, aus Alkohol dui-chscheinende Kristalle, die bei 154°sintern,
bei 156° schmelzen. In absolut alkoholischer Lösung ist \7.\-^f z=z 4- l'5-41'».
Formyl-1-phenylalanin. C,oMii Nn^. Aus warnu'm Wasser »chiefe.
vierseitige Täfelchen mit Seidenglanz, die l)ei 108" sintmi -j-egen Dm«
schmelzen. In alkoholischer Lösung ist (x|"^""= + Tn-'i".
Formyl-leucylg'lycin entsteht als anfangs sirupöses. später kristal-
lisierendes Produkt, das sich von «lern Dipeptid durch die irroUe Löslich-
keit in Wasser unterscheidet. Die Formylgruppe wird sidir h-icht ab-
gespalten.
Triketohydrindenhydrat, („II. ((^'o)<-' ( < >H Jj.
Die Darstellung erfolgt über das durch Einwirkung von p-Nitroso-
dimethylanilin auf a-IIydrinden gewomu-ne i':;'.-bis (p-Dimethvlaminoanilo)
a-hydrindenhydrat. Cj^H.,« O« N^. durch Behandlung mit veniünnter Schwefpj-
säure [Ruhnnann, Journ. of the Chem. See. *M. 1445 (1*H())|. Dieses Pro-
dukt ist von Ruhcmauti zum Nachweis von Eiweir.stoffen. Peptonen und
Aminosäuren angewendet worden. Nach Aluh riKthli» i/eit-chr. I. ph\siol.
ehem.. Bd. 72. S. 37) wird eine Lösung von Ol y des Hea^jeus in ;ii»— 4(» o«'
Wasser benutzt, zu der zu prüfenden Flüssigkeit (1 c»;i») 1 — 1' Tropfen der
2434 ^- Piiicussuhn.
Lösung- hinzugegeben und kurze Zeit zum Sieden erhitzt. Bei positivem Ausfall
der Reaktion zeigt sich nach dem Abkühlen eine mehr oder weniger intensive
Blaufärbung. Damit die Reaktion gelingt, ist es nötig, daß die Lösung neutral
ist. Bei saurer Reaktion tritt ein rötlicher Stich, eventuell Rotviolett- bis Rot-
färbung ein. Bei alkalischer Reaktion wird das Auftreten einer Färbung ver-
hindert. Die Reaktion fällt positiv aus mit Eiweißstoffen. Peptonen. Polypepti-
den, den a-Aminosäuron mit Ausnahme des Prolin. Oxvprolin und der Pyrro-
üdonkarbonsäure, die keine xAmino-, sondern eine Iminogruppe besitzen. Die
Reaktion fällt positiv aus bei Körpern, die mindestens eine Aminogruppe
und eine Carboxylgruppe besitzen. Neutralsalze stören nicht. Grenzen der
Empfindlichkeit: GlykokoU 1:10.000, Alanin 1:10.000. 1-Tyrosin 1:5000.
Purinbasen, Harnsäure, Uracil geben keine Blaufärbung, ebensowenig
Glukosamin, während die Reaktion bei Glukosaminsäure positiv ausfällt.
Die Reaktion ist auch anwendbar bei Harn und Blut.
Eine Kontrolle unter Zusatz der eben noch gerade nachweisbaren
Menge einer Aminosäure wird empfohlen.
Dinitrochlorbenzol, CV, Hg Cl (N02).2 :
H
C
t
HCy 'c.ci
NO2.C. /C.NO,
c
H
Bei Einwirkung von Dinitrochlorbenzol auf Aminosäuren entstehen nach
Abderhalden und Blmnherr/ (Zeitschr. f. physiol. Chem., Bd. 65, S. 0I8)
charakteristische Derivate. Man bringt 1 Mol. der Aminosäure in fein-
gepulvertem Zustand zusammen mit 2 Mol. Natrium- oder KaHumkarbonat
und etwas Wasser in einen Rundkolben, erwärmt bis zur Lösung, fügt
1 Mol. Dinitrochlorbenzol in der löfachen ^lenge Alkohol warm gelöst zu
und kocht zwei Stunden am Rückflußkühler. Von einem eventuell bleibenden
Rückstand wird abfiltriert, das Filtrat auf dem Wasserbad verdampft, nach
Erkalten in kaltem Wasser gelöst, filtriert, und das Filtrat kochend mit ^
einem kleinen Überschuß von verdünnter Salzsäure versetzt. Die gewonnene
Substanz wird durch Lösen in Eisessig und Fällen mit Wasser gereinigt.
2.4-Dinitrophenyl-glycin, goldgefärl)te Kristalle vom Schmelz-
punkt 205", wenig löslich in kaltem, leicht löslich in heißem W^asser, sehr
leicht in Aceton, Methylalkohol, Äthylalkohol und Eisessig.
2,4-Dinitrophenyl-glycinester. aus Alkohol grünlichgelbe Nadeln
vom Schmelzpunkt 144".
2,4-I)initrophenyl-dl-alanin, goldgelbe Blättchen von gleichen
Lösungsverhältnissen wie das GlykokoUderivat; Schmelzpunkt ITS**.
2.4-Dinitrophenyl-dl-valin, goldgelbe Blättchen vom Schmelz-
punkt 185«.
Rcugeiitien zmu Nachweis der l)ioI..gisch wichtifjeii Verl.iinliiiifron. 14:5;,
2,4-DinitroplieiiylMll-U'U(i 11. -(•Ihc'.-niiilicIisrhiiniii.riHl»' Kristall.',
die l)ei 20:i« schmelzen. Schwer Kislich in Wasser, in.iC.i^: löslich in kaln-ni.
sehr leicht in warmem Methyl- und Äthylalkohol sowie Kiscssi-. l.-icht
löslich in Aceton nnd Methylüthylkcton.
2.4-I)initrophenyl-aspara;,nn. ^vWm'. Kristalh- vom SchmH/-
pnnkt 191—192".
Bei Einwirknnii' von Dinitrochlorhcnzul aiit liisiKlm t-nistrhrn /.\\r'\
Produkte, ein Mono- und ein iJidcrivat . i^riinliiliLM'llM- Kristalle vom
Schmelzi)nnkt 250«, aus 2 Mol. Dinitrochlorhcnzol und 1 M<.1 üi^Tidin lau-.-
prachtvoll rote Nadeln, die in Wasser unlüslich sind.
Pikrinsäure, 'IVinitrophenol. L\ IL ( N( ),, ij ( )H :
NO,
N()., ♦ lun
NOo
Sie bildet sich beim Kochen der verschiedensten or<ranischen Substanzen
(Seide, Leder. AVolle, Harze. Anilin) mit konzentrierter .Salpetersäure. Zur Dar-
stellung wird Phenol in starker Schwefelsäure gelöst, und diese Lösung' in kleinen
Mengen in Salpetersäure 14 eingetragen. Die Lösung wird auf dem Was.^erbad
erhitzt: beim Erkalten scheidet sich Pikrinsäure in gelben Illätichen aus.
In festem Zustaml nur wenig, in Lösungen stark gelb gefArbt.
Schwer lö.sHch in kaltem Wasser, löslich in Alkohol. leicht löslich in Kssi^r.
ester. Schmelzpunkt 122". Pei ra.schem Erhitzen verpufft sie. sie ist
unzersetzt sublimierbar ; mit Wasserdämpfen ist sie nicht flüchti;:. Nach
Krauch-Merck muß Pikrinsäure folgenden Proben entsprechen: I 7 soll sich
in 100 c«? 3 Wasser klar lösen; bei Versetzen mit 1 2 Tiopfen verdünnter
Schwefelsäure darf nach 12stündigem Stehen keine .Vu-sscheidung erfolt^'en.
Tu '20 c)))^ Peiizol mul) sich 1 y Pikrinsäure klar lösen. Die Lösun;: von
1 f/ Pikrinsäure in \i)0 rm'-^ Was^ei- darf mit CalciumchloridlösunL' nach
2stündigem Stehen keinen ( )\alatiiiederschlag geben. Zur Prüfung auf
freie und gebundene Schwefelsäure werden 2 7 Pikrin.säure mit 10 rw»
Salpetersäure vom spezifischen (iewicht 1-1 versetzt und auf dem Wasserba«!
zur Trockne eingedampft, her Pückstand wiid in 100 rwi» siedendem
Wasser gelöst unter Zusatz von 5 cni^ Salpetersäure vom spe/ifi>chen
Gewicht liöH, nach dem Erkalten filtriert, und das Filtrat mit Pariumnitrat-
lösung versetzt. Es darf keine sotortige Trübimg eintreten. Zin- PesfimmunL'
etwaiger anorganischer \ennireinigungeu verbrennt man 1 7 Pikrin.sjiun'
vorsichtig in einer offenen Platinschale: es <larf nicht nn-hr als OIKU y
Pückstand bleiben.
Anwendung als Eiweiljfällun;:sinittel nach An.säuening nnt »«inor
organischen Säure. Zur annähernden tpiantitativeii Eiwj'ir.bestimmuuL' im Harn
dient das Pieagens von Kshuch (Lösung von I Teil Pikrinsäure. 2 Teilen
Zitronensäure auf 100 Teile Was.seri. Pikrinsäure fäll' '"Hi-r Ha.sei» iU. I.
1436
L. Pinc US solin.
riienok', Kohlenwasserstoffe etc. Besonders ani^ewendet zur Isolierung'
]3hysiologiseh wichtiger — besonders Fäulnisbasen (s. unten). Zur quali-
tativen Prüfung auf Ki'eatinin wird etwas gesättigte Pikrinsäurelösung
dem zu untersuchenden Harn zugefügt und mit Natronlauge alkalisch
gemacht. Dunkelorange Färbung, die beim Erhitzen schneller auftritt.
^I e t h y 1 a m i n p i k r a t. CHg NH, . Cg Ho ( NO., )., OH, Schmelzpunkt 207 ».
Dimethylaminpikrat, (CHgK^NH.Cr.HsNg 0^, Schmelzpunkt 156".
Ist im Gegensatz zum Pikrat des Methylamins in Wasser ziemUch gut löslich.
Trimeth ylaminpikrat, (CHg^ N . Cg Hg Ng 0^, Schmelzpunkt 216«.
In Wasser mäßig löslich.
Tetramethylendiaminpikrat. C4 H1.2 Ng . [Cg Hg (N0o)3 • OHJg, zer-
setzt sich bei 250". Schwer lösüch in Wasser.
P e n t a m e t h y 1 e n d i a m i n p i k r a t , Cr, H,^ N.2 . [Cg Hg (NOo la . OHJg,
Schmelzpunkt 221". Aus Wasser dünne Nadeln oder langgestreckte Tafeln.
Neuridinpikrat, CjHi^N« .[Cg H2 (NOgls . OH].,, beginnt sich bei
2?>0" zu bräunen, ist bei 250" verkohlt. In Wasser sehr schwer löslich und
daher zur Trennung vom Cholin, dessen Pikrat leicht löslich ist, geeignet.
Trimethylaminoxydpikrat, C3 H9NO.C6H.2(NOo)3 .OH, Schmelz-
punkt 197", schwer löslich in Alkohol und kaltem Wasser.
Kreatininpikrat, C^ H, N3 0 . Cg H3 N3 0^, Schmelzpunkt 212—2130.
in Wasser schwer löslich.
Pikrylglykokoll. (NOoJa . CgH^ — NH . GH., . COOH, gelbe Nadeln,
Schmelzpunkt 161".
Pikryl-a-aminoisovaleriansäure. (NOa),, . Cß H, — NH — C4 Hg .
COOH, rötliches Öl, zu gelben Nadeln vom Schmelzpunkt 171" erstarrend.
Leicht löshch in Alkohol und Äther, schwer in Wasser.
d-Argininpikrat, CeHj^N^ 0, . Cg H2(N02)3 .OH, Schmelzpunkt
205—206".
Dipikrylarginin . [(N02)3 . Cg H, . NH]« . C« Hjg N, Oo , undeutlich
kristallisierende Masse, wenig löslich in Alkohol, Äther. Wasser.
Lysinpikrat. Cg H14N2 O2 .Cg H9 (NOo):^ -OH. zur Identifizierung gut
geeignet, gelbe Nadehi. ziemlich schwer in Wasser löshch, leichter im Über-
schulo von Pikrinsäure. Verpufft bei 252"
dl-Ornithinpikrat, C5H12N2 O2 . Cß H, (N02)3 OH, Schmelzpunkt 195".
Guanidinpikrat, CN3 H5 . Cg H., (N02)3 . OH, Schmelzpunkt 315".
Dipikryl-1-histidin, [(NOoJs.Cg Hol^-Ce H7 N3O2. später kristallinisch
werdende ölige Masse.
Brenzschleimsäurechlorid :
HC = CH
C, H3 0 . CO . Cl = ^0
HC = C\(.Q f^y
Anwendung zur Furoylieruug der Aminosäuren bzw. Amine unter Be-
nutzung der Schotten-Bmimannschi^n Methode. In manchen Fällen anderen
Methoden sehr überlegen.
Reagenticii zum Nacliweis ilor liidlogiscli wichtigen Vcrbimliiu||{cii. 14;i7
Fuioyl-Asparafj;!!!, aus Wasser farblose, jriit au>^'el>iIdote. vicrkaiitit.M'
rrismon. niilöslidi in Alkohol. Aflicr. F.ifrroiii. Srlinu-l/piinkt 172 17;;».
Ausbeute 96% fli^r theoretischen Menge.
Pikrolonsäure, l-ii-Nitrophen\l-;>-niethyl-4-i>onifro-.'.-pvra/<.loni:
NO«
N
Nrr^CO ^^
i! X
CH3 — C C==N — (Hl
Darstellung durcli Kintra^en von wiederholt au> Alktdioi niMkri>talli-
siertem Phenyhnethylpyrazolon in 90" o'^'^' Salpetersäure, wobei der Sal|M'ter-
säureester entstellt, dei' mit ;)3Voi?i<'i' Kssi<i:säiire auf dem \Vasserl>ad ver-
seift Avird. Die Säure wird über das Natriumsalz lii-reini«:! : feine L'elb««
Nüdelchen, die durch Krwärnien mit ^O'Voiyer Salzsäure zerle<rt werden.
Die Pikrolonsäure scheidet sich dabei als irelbes. niehlige> l'ulver ab. 7yx-
setzt sich bei raschem Erhitzen bei zirka lLM^
Gut löslich in Äthylalkohol, etwas schwcrei- in Wasser. Methylalktdioi,
am schwersten in Äther il^OO Teile). Leicht löslich in sii-dendem Methyl-
und Äthylalkohol. Pikrolonsäure dient zur C'harakterisierunii von iJaseii
und Alkaloiden. Hierzu werden die nn'ist alkolioliNchcn i,<i>iniL'en der Kom-
ponenten zusammeniie{i:ossen: t-s bilden sich schwer lusliche. i:ut kri>talli-
sierende. uelbe bis rote Salze, die beim Erhitzen sich stürmisch zersetzen.
Methylguanidinpikrolonat wird au> der wässeriir«*n Lösung' der
Komponenten erhalten. C'oHjNj .C,oHö N4<>^, mikroskoiü-^che Nadeln, dni.^en-
förmig anu'eordnet, Schmelzpunkt zirk.i J70". sehr schwer löslich in Wasser,
leichter in absolutem .Mkohol.
Dimethyliiuanidinpikrolonat. ('., 11,, N;;. L ,„ 11« N, < ' . ;inf «rleiche
AVeise fi;ewonnen. dem ucnannteii sehr idmlich.
Methylaminpikrolonat, CII3 . Nil . i' C",„ 11. N\ < ' /.r^'t/nn-s-
punkt 244".
I ) i m e t hy la m i n p i k r 0 1 0 n a t , (CHj v. N . 1.1 . ( ',„ 1 1« N, ( >,,. /erset/nn;;s-
punkt 2220.
Trimethylamiiipikrolon.it. (('lijla N . (',,. H. N. * * • /'T>etznngs-
])unkt 250—202".
Tetraniet hylendiaminpikrolonai. Pu t rescinpik rolona l , NU,
(CH.,)^NlL.2(('uJ's Nj>,.li /ersetzun^^^punkt i'f.:'.' S.initüch M-hw. r l..s|irh
in Wasser und Alkohol.
Pentamethylendia minpikroliMiat. Kadaverinpikrolonai. NU,
(CHojgNH., .2(CioHj,N4(K,). orani-egelbe Täfelchen. efwa.< leichter in Alkohol
und Wasser lö.slich als die vorhergehen<len.
1438
L. Pincussohn.
d-Argininpikrolonat,CioH8N4 05.C6Hi^.N4 02 + H., O.Gelbe Nadeln,
deren Kristallwasser bei HO" entweicht. Schwer löslich in Wasser, noch
schwerer in Alkohol. Zersetzimgspunkt 232". Dient zur Identilizierung ebenso
wie das
1-Histidinpikrolonat CjoHgNi Oj-, .Cr, Hg N^ ()2. In Wasser schwer
lösliche gelbe Nadeln. Schmelzpunkt 225".
d. 1-Ornithinpikrolonat. CsH.aNs O, • CioH^ N^ Og + IV2H2O.
Schmelzpunkt 220—221«.
Acetylchlorid, CH3 . CO . Cl.
leicht beweghche. farblose, stechend riechende Flüssigkeit. Spezifisches
Ge^^icht bei 0" l'lo ; Siedepunkt 55". Es ist ohne Zersetzung destillierbar.
Wichtiges Reagens zum Nachweis von Hydroxylgruppen in organischen
^'erbindungen ; t"^berführung von Alkoholen und primären und sekundären
Aminen in die p]ssigsäurederivate (Acetyherung). Durch Wasser geht es
unter heftiger Reaktion in Essigsäure und Salzsäure über.
Essigsäureanhydrid, Ajj^ rrv/^^
CH3 CO/'
beweghche, stechend riechende Flüssigkeit vom spezifischen Gewicht 1073
bei 20". Siedepunkt 137". Bei gewöhnlicher Temperatur in ungefähr der
lOfachen Menge Wasser löshch: es setzt sich in dieser Lösung unter W^asser-
aufnahme langsam in Essigsäure um. Es dient ebenso wie Acetylchlorid als
Reagens auf die Hydroxylgruppe.
10 r;w^ Essigsäureanhydrid sollen keinen wägbaren Abdampf rückstand
hinterlassen. Zur Prüfung auf Salzsäure verdünnt man 1 cm^ mit 50 cm^
Wasser, versetzt mit 5 cm^ konzentrierter Salpetersäure und prüft mit
Silbernitratlösung. Zur quantitativen Bestimmung verdünnt man 10 cm^
mit Wasser auf 100 cm^ und titriert 10 cm- dieser Mischung mit
Normallaugo mit Phenolphthalein als Indikator. Zur Neutrahsierung sollen
mindestens 19"3 cm^ Normallauge verbraucht werden.
Essigsäure, CH3 COOH.
Vorkommen im rohen Weinessig, in Pflanzensäften, im Schweiß, in
tierischen Organen etc. DarsteUung aus Alkohol durch Vermittlung gewisser
Bakterien unter Luftzutritt, durch trockene Destillation des Holzes etc.
Stark saure Flüssigkeit. Die reine Essigsäure erstarrt in der Kälte zu Kri-
staUblättern, die bei 17" schmelzen. Spezifisches Gewicht bei 15" 1*055, Siede-
punkt 118". Der Dampf brennt mit blauer Flamme. Die reine Essigsäure wird
auch ..Eisessig" genannt. Beim Verdünnen mit Wasser steigt das spezifische
Gewicht bis zu einem Gehalt der Lösung von 77"/o Säure (spezifisches (ie-
wicht= 1-075 bei 15'5") ; es nimmt dann wieder ab. Sehr hygroskopisch.
Besonders unverdünnt außerordentlich ätzend. Cave Finger! Als Eisessig
zur Hvdroxvlierung verwandt, sonst zu mannigfachen Reaktionen.
Rcagentieii /iiin Nacliwcis der liifdofjisch wiclitigon Verliiudiiiigtn 14:'.«»
Prüfung auf Reinlitit. 10 ^•w» Kiscssi^' .solh'ii keiiiPii wii^liareii
Al)(l;nn])friickstaii(l hinterlassen. Zur l'riifuuiz auf Salzsilun- stellt umii eiiu»
loVoi^e Lösung her und iiriift nach Salpeteisiiure/u-at/ mit Silheniitrat :
zur Prüfung auf SehwefelsiiMre kochend mit P.aiiumehloridJdSiMig. Schwi-rmetall
und Krdon werden nachgewiesen, indem man in ^o", „ige Kssigsiinre
Scinvefehvasserstoff einleitet oder eine 10" „'Pt' Lösung mit Ammoniak-
lösung übersättigt. In ersterem Falle niul'> die Lösung klar Meiben. im
letzteren darf wx'der durcli Sehwefelammonium (Irünfrirbun!.'. noch auf
Zusatz von Ammoniunioxalatlösung eine Aus.^cheidimg eintreten.
10 c»»3 einer lO'Voifi'en Essigsäure brauchen (Indikator Ph«'n()||)hil»ai4-in(
mindestens U> cnf^ Xorinallauge zur Neuti-ali<ieiimg.
Phenylsulfochlorid, C „ II4 . l >ii . St ), . (Jl.
Es reagiert bei (Jegenwart von Alkali nicht auf tertiäro Amine.
dagegen auf sekundäre Amine, wobei in .\lkali und Säuren unlösliche
Phenylsulfonamide entstehen. Es reagiert mit |)rimären. aliphatiscln-n
oder aromatischen Aminen unter lüldung von im l^berschuri von Kali-
lauge leicht löslichen Sulfonamiden. Anwendimg zur llestimmung der K«»n-
stitutiüu sowie zur Trennung eines Gemenges primärer, .sekundärer und
tertiärer Basen.
-Anthrachinonsulfochlorid
^^ ro -M»a'l.
C,H,.(C())o.C„H,.S(J,.Cl =
Darstellung aus durch wiederholtes Inikristaili-ierrn gereini'^i'-iu
anthrachinonsulfosauren Natrium mit Phosphorpentachhuid. Es bililet. aus
siedendem Toluol kristallisiert, schwach -clbe P.Iättchcii vom .Schmclz-
])unkt 103".
p]s reagieren mit |i-Anthrachinonsulfochlorid nur primäre und .M-kundflre
Amine, erstere unter gelber bis gelbroter Färbung, so dali die Heaktion
eine Unterscheidung erlaubt. Tertiäre IJasen icagieren nicht. Ebensow.-nig
können damit nachgewiesen werden Aminosäuren und s«-hwach l»asiM"ho
Substanzen.
Sulfanilsäure, ( '„ H* s( > '
wird durch Erhitzen von Anilin mit raiudimder Schwefelsäure her"'-»'"'
Ki-istallwasserhaltig. P.ildet in Wasser zieinlich .schwer lösliche, rhoi
verwitternde Kristalle. P.ei der Kalischmelze entsteht Arnim. Purrh Oxy-
dation mit Chromsäure geht sie in ( hinon über. Auf Zusatz von sali)etrigfr
Säure entsteht Sulfodiazobenzol, das sich mit einer ffrolieii Heihe anunati-
2440 ^^- Piucussohn.
scher Amine und Phenole zu Fai-bstoffen vereiniiit. Anwendung für Ehrlkhs
„Diazoreaktion" :
Reagentien : I. 8ulfanilsäure oO IL Natriumnitrit 0"5
Salzsäure 119 : 500 Dost. Wasser ad lOO'O.
Dest. Wasser ad 10000.
Vorschrift: 50 cw^ Lösung I + 1 an^ Lösung II werden gemischt,
und gleiche A'olumina dieser Lösung und von Harn zusammengegossen.
dazu VsTeil 25"/o Ammoniak gefügt und gut durchgeschüttelt. Ist die
Reaktion „positiv-', so färbt sich der Schüttelschaum tief rot.
Statt SuHanilsäure ^^^rd empfohlen Paraamidoacetophenon in
O'öVooig'^i' Lösung.
Benzoesäureanhydrid, , \^ r^ ro/^'
bildet in Wasser unlösliche Prismen vom Schmelzpunkt ioQ": es siedet
unzersetzt. Beim Kochen mit Wasser wird es hydrolysiert. Anwendung zur
Benzoylierung: die hydroxylhaltige Substanz wird in offenen Kölbchen
1 — 2 Stunden auf 150". in anderen Fällen im Schießrohr auf 190 — 200^ erhitzt.
Nitroprussidnatrium, FeCyB(N0)Na2 + 2 H^ 0.
Natriumsalz der Nitroprussidwasserstoff säure, die durch Oxydation
von Ferrocyankahum mittelst Salpetersäure entsteht. Es bildet rote wasser-
löshche Prismen.
Nitroprussidnatrium ist bisweilen durch Sulfat verunreinigt. Zum Nach-
weis säuert man eine 2*'/oige wässerige Lösung mit Salzsäure an und prüft
mit Bariumchlorid lösung.
Reagens auf Schwefelwasserstoff : In alkalischer Lösung purpurblaue
Färbung, die mit der Zeit meist verschwindet.
Aceton und primäre Amine geben rotviolette Färbung. Reagens auf
Kreatinin. Bei starkem Ansäuren mit Essigsäure verschwindet die Färbung:
beim Erhitzen Grünfärbung, nach Stehen blauer Satz. Sekundäre und
tertiäre Amine geben zum Teil oraugerote Färbung. Aliphatische Amine
geben mit einer Lösung von Nitroprussidnatrium nach Zusatz von Brenz-
traubensäure veilchenblaue, auf Zusatz von Essigsäure blau werdende
Färbung, die rasch verschwindet.
Ferrocyankalium, K^ Fe Cye + o H., ( ).
gelbes Blutlaugensalz, entsteht durch Versetzen von Eisenvitriollösung mit
überschüssigem Cyankalium : in der Technik wird es gewonnen durch
Schmeken stickstoffhaltiger organischer Kör])er mit Pottasche unter Zu-
satz von Eisen. Zitronengelbe, tetragonale Tafeln, die sich bei gewöhnlicher
Temperatur in 4 Teilen Wasser, in heißem Wasser noch bedeutend leichter,
lösen. Beim Trocknen bei 100 — 110" verliert es sein Kristallwasser und
verwandelt sich dal)ei in eine weiße Masse. Die wässerige Lösung ver-
ändert sich beim Stehen.
Reafrentieii zum Nachweis der liiiilii|,'iscli Hidititre» N orbiiuiuin.'eii 1441
FeiTOCyankaliuui kann V('ninn'iiii;.'t sein (liinli l'iittaschi- : lu-iiii l l>er-
«iiolien mit verdünnter Schwefelsiiure tritt in «licseni Kall«- (;asent>vjckluny
(Kohlensäure) uuf: dnicli Sulfat: man prüft ciin- ö'/oip'. niif Salzsilun-
aiii>esäuerte Lösunti- mit Chlorharium : (lurcli Chlorid: zürn Narhwris winl
eiu Gemisch von Oö ij ^(.pnlveitcni r.lntlau}.M'nsal/. mit 1 y chiorfnMem
Sali)eter in einem /.um (ilülicn frliit/ten l'orzcilantic^M'l vrr|iiifft. wohei
immer nur kleine Meuiicn ein^etrai^cn werden. Her lüickvtand wird mit
20 cm'^ Wasser auftienommen. und das Kiltrat nach /usat/ vnn :',,,„' <;d-
petersäure mit Silbernitratliisuni.;- i,n'i)rüft.
Anwendung als KiweilJfällun^smittel : analyti.scji : Kssiffsimre-Kerro-
cyankaliumprobe.
Keagens auf tertiäre P.asen der Fett- und Hen/.ol-Keihe.
4. Anorganische Reagentien.
Platinchlorid il'latinehlorwasserstoffsäure). ll.M't 1 1„( -r li 1! ••
wird erhalten durch Lösung von I'latin in Königswasser inn! F.indampleu
bis zur Sirupkonsistenz untei- wiederholtem Zn.satz von HCl. (iroUc. rot-
braune, sehr hygroskopische Prismen, leicht löslicli in Wasser, .Mkohol
und Äther. Platinchlorid mul.) in Wasser mit reingelber Farbe löslich ^cin:
es soll sich in der lOfachen Menge Alkohol klar lösen. Der Clllhrückstand
ist unter Umständen auf die Gegenwart von Sulfat und llariumsalzen nai-h
den üblichen Methoden zu untersuchen. Zur PiiifiniL'^ auf Nitrat werden
2 cm^ der lO^/oigen Lösung mit 2 cm^ konzentrierter Schwefelsaure ge-
mischt, und diese Mischung mit 2 nn'^ Ferrosulfatlösnng überschichtet.
Auch nach längerem Stehen darf an der l)eiührnng>fläche der beiden
Flüssigkeiten keine braunrote Zone entstehen. Leim (Üühen von 2 y Platin-
chlorid soUen 0TÖ2 (j lUickstand bleiben. Die Schwerlöslichkeit d«'s Kalimii-
salzes (und Ammonium-. Pubidium- und Caesiumsalzesi im Gegensatz zu den
Salzen des Natriums (kleine goldgelbe Oktaeder) dient zur Trenninig von
Kalium und Natrium. Das Kalium- und Ammoniumsalz ist auch. im«iegen-
satz zum Natriumsalz, in Alkohol unlöslich.
Platinchlorid dient u. a. zur P.estininiunL'^ imd l.'rmii.ii-i.nuii;^
organischer Basen.
Methylami nchlorplat inat. (Cll, N 1, . i'lK 1 . l't Cl« , hexagoiial««
Tafeln, Schmelzpunkt 224". schwer löslich in kaltem Wasser, unlöslirli in
Alkohol.
Di m e t h y 1 a m i n c h 1 o r p I a t i n a t. (C» IL N I, . 2IIC1 . Pt CI,. isdiniel/-
punkt 206°. Llättcheu, mäbig löslicli in kaltem, leicht Ittslirii in heiU<»ni
Wasser. In Alkohol etwas löslicher als die \Crbindnni: des Meth>lannns.
Trimethvlaminchlorplatinat. KCll,), N| . 2HCL Pt Cl. . Schmelz-
punkt 190". (Nach anderen Angaben Zersetzung l>ei 24t>".) (M'lhe Kri-t.ille.
in Alkohol etwas löslicher al> die Platinat.' .''- Dimethylaniin^ nu.! \\,^^u^.
methylamins.
Abderh a 1 d.'!. K.n.U.n.li <I.r hinclioini-ohi-ii Arl»oit»ni«>thndon V. '.IJ
j^j.4.2 L. Pincussobn.
Tetramethylendianiiuchlorplatinat, C4 H12N2 .2HCl.Pt CI4. feine
Prismen oder hexagonale Blättchen, schwer löshch in Wasser.
Pe n t a m e t h \ 1 e n d i a m i n c h 1 0 r p 1 a t i n a t, C5 Hj^ Ng . 2HC1 . Pt CI4,
Schmelzpunkt 215". Prismen oder Nadeln aus Wasser, in diesem wenig-
löslich.
Neuridinchlorplatinat, C5 H^^ N2 . 2HC1 . Pt Cl^. Nadeln, leicht lös-
lich in Wasser, schwer löshch in Alkohol.
(t e r 0 n t i n c h 1 0 r p 1 a t i n a t, Cr, Hl 4 N, . 2HC1 . Pt CI4, nadeiförmige Kristalle.
M y d a 1 0 X i n c h 1 0 r p 1 a t i n a t , Cg H,3 NOg . 2HC1 . Pt CI4 , Schmelz-
punkt 193", in Wasser ziemlich leicht löshch.
Gadininchlorplatinat, C7 Hi7N02.2HCl.PtCl4, Schmelzpunkt 2l4o,
in Wasser schwer löshch.
Viridininchlorplatinat, (C« H^^ N2Ü3)., .2HCl.Pt CI4. Gelbe feine
Nädelchen. die sich bei 212 — 216" schwärzen.
T e t a n i n c h 1 0 r p 1 a t i n a t, C, 3 H30 ( N02)2 • 2HC1 . Pt CI4. in Wasser ziem-
lich schwer löslich.
ß-Alaninchlorplatinat. (CH2NH2 .CH2 .GOGH)., . 2HC1 . PtCl4, zer-
setzt sich bei 188", kristallisiert aus Alkohol, Wasser und Salzsäure, in
denen es leicht löslich ist, im (TCgensatz zur Sarkosinverbindung in dunkel-
gelben Nädelchen.
Trimethylaminoxydchlorplatinat,(C3H9NO)2.2HCl.PtGl4. rhom-
bische Blättchen. Schmelzpunkt 214".
Kreatininchlorplatinat, (C4 H^ Ng G)., . 2HC1 . Pt GI4, orangerote
Prismen und Nadeln, Schmelzpunkt 220—225", leicht löslich in Wasser,
schwer löshch in Alkohol.
Betainchlorplatinat, (G5 Hl, NG2)2 . 2HC1 . Pt CI4, Schmelzpunkt 246",
leicht löslich in Wasser, schwer in Alkohol.
Carninchlorplatinat, C7 H8N4G3 .HCl.Pt CI4.
Carnitinchlorplatinat, (C; H^eNGa), .2HCl.PtCl4, Schmelzpunkt
unter Zersetzung 214—218".
Gblitinchlorplatinat, ds HggN. G5 .2HCl.PtCl4, zersetzt sich bei
230", schwer löslich in kaltem, leicht in heiliem Wasser, unlöslich in
absolutem Alkohol.
Methylguanidinchlorplatinat, [G2H7N3 .HCl], .PtCli, monokhne
Prismen, ziemhch leicht löslich in W^asser und Alkohol.
Dimethylguanidinchlorplatinat. (C3H9 N3 .HC1)2 .PtCli, leicht
löshch in Wasser und Alkohol.
Methylpyridylammoniumhydroxy dchlorplatinat, (€5 H^ N.
CHjClloPtCli, orangerote Tafeln oder lachsfarbene Blätter, Schmelzpunkt
205 — 207". Unlöslich in Alkohol, schwer löslich in kaltem, leicht in heißem
Wasser.
y-Methylpyridinchlorplatinat, (Cg H7 N . HCl)« Pt CI4 , Schmelz-
punkt 240"; schwer löshch in kaltem Wasser.
Akt. Lysinchlorplatinat, C6H14N2G2 . 2HC1 . PtCl4 + C, H5 GH,
gelbrote Prismen, bei 219 — 220" unter Zersetzung schmelzend.
Reagentioii zum Nacliweis der liiolo^isch wiehtijfon VerliindimgeH. 144H
Goldchlorid, An(\ HCl + 4Hj() (Aiiri.hlohd).
entsteht bei der Kinwirkunu: von Chlor^^as auf (ioldpnlv«-!- hn •JIM»« oder
dnrch Auflösen von (iold in Künijrswasser. Ks liildrt eine kristjUlinische.
zerflieliliche, rotl)ranne Masse, dir sich anWvv in Wassrr auch in Alkfthol
und Äther leicht mit ^cllirotcr Farhc löst: di«' Lösnn^'cn verändern sich
jedoch bald. Löslich ferner in fliis.si^M'u ojen. Die w;isseri;:e Lösun<^' rittet
Lackniuspapier. Ueini Kiiidampfen der Lösnnt: findet bereits teilweise
/ersetzunii: statt, unter llildun^'- von AuCl und i\. liei höherer Temperatur
zerfällt auch das feste Salz in seine Komponenten.
Im Handel finden sich anlier dem reinen i,M'lben (ioldchloiid mit (tbitrer
Formel noch verschiedene NatriumffoldchhM-id-i'rä parate.
Zur Prüfung' auf Verunreiniiiungcn ;_diiht man das (ioldchhmd.
behandelt das rih-kständiiie metallische (iold mit .'Salpetersäure um! prüft
in der Lösuiiii' auf \'erunreiniüunLi-en. (ioldchlorid ist in gut verschlossenen
(iläsern, am besten eingeschmolzen. aiifzid)e\vahren.
Goldchlorid fiUlt als Schwermetallsalz EiweiLi: es wirkt in niilliiizer
Lösung auch antiseptisch. Wichtig sind die I)op|)elsalze. die es mit orfja-
nischen Basen bildet, und die vielfach .sehr charakteristi.sch sind.
Methylguanidinchloraurat, Cg H- Nj.HC'l. AuC'l,. rlnnnbi.sche Kri-
stalle vom Schme!zi)nnkt 108". schwer löslich in Wasser. Alkohol, leicht in Äther.
Dimethylguanidinchloraurat. ('3 Hg N3 .HCl. AnClj. Tafeln oder
Blättchen vom Schmelzpunkt 144".
Methylpyridylammoniumhydroxydchloraurat, C"- 11., N.CH, CL
AUCI3, Nadeln vom Schmelzpunkt 252 253«, sehr schwer löslich in kaltem,
ziemlich schwer löslich in heiliem Wasser.
Y-Methylpyridinchloraurat, C5 H^N.CIlj . HCl. AuCI,. Trismen
vom Schmelzpunkt 201 203". sehr schwer löslich in Was-er.
Keduktonovainchloraurat. C; H,6 N< K'l. AUCI3. liliittchen und
Nadeln, die bei 80" zu sintern anfangen, bei löö— ir.O" sdunelzen: die
Schmelze wird erst bei 175—180" klar.
Vitiatinchloraurat. C,H,, N„.2HC1.2AnCL. pelbrote, glänzende
Blätter, bei unuefähr 167" schmelzend, in Wasser ziemlich schwer löslich.
Gynesinchloraurat, C,9H,.3N3 Oj . 211C1.2Au CI3. vier>eitii;e rotHbe
Säulen, Schmelzpunkt ISO": wird erst bei 205" klar.
Minginchloraurat. C,3 H„ N, <>., . 2llCI.2AnCl,, g.-lbrote. vierseitige
Säulen vom Schmelzpunkt 11»4".
Cholinchloraurat. C, 11,,N(>C1 . AuCl,. gelbe Nadehi. schwer h.slich
in kaltem Wasser, ziemlich leicht löslich in heiliem Wasser und heiUem
Alkohol. Schmelzpunkt 2;;9 -249".
Novainchloraurat, C; H,hNO,CI. AuCI,, Schmelzpunkt i:i5\ l.sl
dimorph: kleiiu'. hellgelbe. mikroskoi)i.sche Blättcln-n und krilftiL'e vierseitip^
Säulen. , , , , „ „
Oblitinchloraurat, C„ila»N.l>5-2llC1.2AnCl3. glAnzende.hollgelbo
Blätter vom Schmelzpunkt 107"; löslich in ab,s,.lutem Alkoh.)l, schwer in
Wasser. ^^^
1444 L. Pincussohn.
Dirne thyla min eil loraurat, C2 H^- N.HCl. AuCla, große, monokline
Tafeln. Sehmelzpunkt 202«.
Triniethylaminchloraurat, (€113)3 X . HCl . Au CI3, Kristalle vom
Schmelzpunkt 220", wenig- löslich in Wasser, leicht löslich in warmem Alkohol.
Tetramethylendiamin chlor au rat, C4Hi2N2.2HC1.2AuCl3 4-2H2 0,
Nadeln oder Blättehen, die unter Zersetzung bei 210" schmelzen. Schwer
löslich in Wasser, schwerer als das entsprechende Salz des Pentamethylen-
diamins.
Pentaniethylendiaminehloraurat, C6Hi^N.2.2HC1.2AuC'l3, Nadeln
oder Prismen vom Schmelzpunkt 186 — 1)^8". In Wasser ziemlieh leicht löslich.
Neuridinchloraurat, C5H14N2 . 2HCI.2AUCI3 . in Wasser schwer
löslich.
Typhotoxinchloraurat, (C- H^^ N02)2 . 2 HCl . 2 An CI3 . Prismen vom
Schmelzpunkt 176", in Wasser schwer löslich.
^-Amino-n-valeriansäurechloraurat, C5 H,i NO2 • HCl . Au CI3 +
H2O, orangegefärbte monokline Kristalle vom Schmelzpunkt 86 — 87", ziem-
lich leicht löshch in Wasser, schwer in Alkohol.
Viridininchloraurat. C« Hjo N2 Osl HCl . Au CI3, schwarzbraune, feine
Kristallnadeln vom Schmelzpunkt 176", leicht löslich in heißem, schwer in
kaltem Wasser.
Marcitincliloraurat, CgH^g N3 . 2 HC1.2 AuClj, Schmelzpunkt 175
bis 178".
Putrinchloraurat, CiiHaßNoOg . 2HC1.2 AuClg, harte, dunkelorange-
gefärbte Kristallkrusten vom Schmelzpunkt 109 — 1 10".
K r e a t i n i n c h 1 0 r a u r a t , C'4 H^ N, 0 . HCl . Au CI3 , Schmelzpunkt 1 70
bis 174", leicht löslich in Wasser und Alkohol unlöslich in Äther.
Betainchloraurat, C5HiiN(32.HCl. AUCI3, Schmelzpunkt 224—285";
in kaltem Wasser schwer löslich. Es sind (Jolddoppelsalze mit anderem
Schmelzpunkt bekannt.
Neosinchloraurat, CgHie^O Gl. AuClj, Schmelzpunkt 202—205",
leicht löslich in absolutem Alkohol, ziemlich leicht in heißem, sehr schwer
in kaltem Wasser.
Carnitinchloraurat, C; H15 NO3 . HCl . Au Cig , Schmelzpunkt lb'6
bis 154".
Crangoninchloraurat, CiaHgeNo O3 .2HC1.2 AuClg, Schmelzpunkt
130—140".
Quecksilberchlorid, (Sublimat), HgCl2.
Darstellung durch Lösen von (^)uecksilber in Königswasser (HCH HNO3)
oder von Quecksilberoxyd in Salzsäure.
Es bildet farblose, rhombische Kristalle von scharf metallischem Ge-
schmack. Löslich in 18 Teilen Wasser von 14", leichter in wärmerem Wasser;
100 Teile siedendes Wasser lösen ungefähr 54 Teile Sublimat. Lösungen
in destilliertem Wasser halten sich lange. Löslich in o Teilen Alkohol.
Sublimat ist außerordentlich giftig. Vorsichtig aufbewahren!
Reagenticil zum Nachwois «1er Itiolojjisch wirlititfon Verl>iii(liiiig«>ii. \ii'^
Man prüft auf durch Scliwcfclwassorstoff iiiclit fiilll.arc V«M-unn'iiii-
guiiii-en, indoin nuin in die Lösung' von ä 7 QuccksillxMchlorid in HKJrw-
AV asser und f) rm^ Salzsäure fvordiinnto Ms zur viilÜLrcn Ausf.dluii}.' dp>
Schwefeil |Ut*cksill)(n-s ScliwcfclwassiTstuff einleitet: (ia> tarl)li)>e Kiltrat darf
keinen Abdampfriickstand hinterlassen. Schüttelt man das so ^M•\vonMene
Schwefelquecksilber mit einer Mischmiir von :> o»» 2(>"'„i)^er Ammoniak-
lösuno und 45 (w3 Wasser, so darf das Filtrat nach Ansiiuern mit Sal/saiirt«
weder eine iielhe Farbe noch einen solchen Niederschla}: zeifion, der auf
Gegenwart von Arsen deuten würde. 1 // j;epulvertes (^iiecksilherchlorid
soll sich in 2.') nn-^ Äther klar liisen.
Sublimat dient hauptsächlich als Kiweil'.fälhinu'smittel. zur Knteiweinnnir
von Blutserum etc., Gewinnung bestimmter Kiweir.konjpiinenten. /. 1'. Hi-fidin
Zinkchlorid. Zu Gl.^.
darstellbar durch N'erbrennen von Zink in Ghlorga.s durch Erhitzen von
Zinkfeile mit Sublimat und andere Methoden.
Es bildet eine weirigraue, halbdurchsichtige, wachsweiche, stark hygro-
skopische blasse von brennendem, ekelerregendem (ieschmack. Bei Glüh-
hitze sublimiert es in weißen Nadeln. Ks wirkt stark beizend. .\n (h-r
Luft zieht es sehr leicht Wasser an und bildet dann zunächst ein Hydrat
Zn CU + HoO. Die wässerige Lösung reagiert gegen Lackmnspapier >anpr.
Die wässerige Lösung von 1 y Zinkchlorid in 1 011^ Wasser soll klar oder
höchstens schwach getrübt sein. Hei Zusatz von H rm^ Alkohol entsteht
ein flockiger Niederschlag, der auf Zusatz von 1 Tnipfen verdünnter Salz-
säure verschwinden soll. (Prüfung auf l)asisches Salz.)
Wichtig zum Nachweis des Kreatinins: Krealininchlor/ink.
Kreatininchlorzink. (C^ H^ NJ M.,.Zn Gl,., ist leicht löslich in Salz-
säure und wird aus dieser Lösung durch Xatriuniacetat wieder 'jof.iWt
Cadmiumchlorid, Gd Gl., -f- 2 11,( ).
wird erhalten durch Behandeln von Gd, GdO, GdS. GdGtr nut Salz.sjlure
und Eindampfen der Lösung. Durchsichtige, rechtwinklige Säulen, ilie in
der Wärme leicht verwittern. Ungefähr gleich löslich in kaltem und \Nanneiii
Wasser (140 bzw. löO Teile in 100 Teilen): lö.^lich in Alkohol
Beim Schmelzen wird das wasserfreie Salz erhalten: duniiMi img«*
Masse mit Perlenglanz, die bei der Sublimation glinimerartii:e Blättchen
ergibt, welche an der Luft zu einem weisen Pulver zertallen.
Anwendung zur Darstellung und \iinlv>e der Lipoide (Lecithin).
Eisenchlorid, Fe, Gl«.
wird als Hvdrat mit H Molekülen 11. 0 dm eh I'.inleiten von Ghlor in eine
Lösung des Ghlorürs als gelbe kristallinische Mas>e erhalten. Sehr hygro-
skopisch: sehr leicht löslich ferner in Alkohol und Äther. Siedepunkt 2so—2t<6°.
Die Lösungen reagieren sauer gegcMj Lackniuspapier.
]^446 L. Pincussohii.
10 ^ Eisenchlorid sollen sich in 10 cm^ Wasser vollständig und klar
lösen. Zur Prüfung auf Salzsäure bringt man etwas öO^/oige Eisenchlorid-
lösung in ein Uhrglas und hält darüber einen mit Ammoniak befeuchteten
(ilasstab. Die Bildung von Salmiaknebeln zeigt Verunreinigung mit Salz-
säure an. Ein über die Öffnung einer Flasche mit Eisenchloridlösung ge-
haltenes, mit Jodzinkstärkelösung befeuchtetes Papier darf sich während
einiger Minuten nicht bläuen (Prüfung auf Chlor). Behufs Prüfung auf
Ferrosalz versetzt man eine ö^/oige wässerige Lösung mit 1 cm^ verdünnter
Salzsäure und einigen Tropfen Ferricyankaliumlösung: es darf keine Blau-
färbung (Turnbull-Blau) auftreten.
Anwendung als Reagens auf Phenole und von diesen ableitbare Verbin-
dungen, die auf Zusatz von wässeriger Eisenchloridlösung charakteristische
Farbenreaktionen geben.
Derivate des Brenzkatechins geben grünliche Färbung; wichtig unter
anderem für den Nachweis des Adrenalins. Die Derivate der Salizylsäure
geben violette bis blaue, die Nitrosalizylsäuren rote Färbung. Weniger aus-
geprägt sind die Farbbildungen in der m- und p-Pteihe, darunter m- und
p-Kresol. Hydrochinon blaue Färbung: Resorcin dunkelviolett, Phloroglucin
veilchenblau, Tyrosinsulfosäure violett, p-()xybenzaldehyd violett, m-()xy-
benzaldehyd keine Färbung, desgleichen Vanillinsäure. Eisenchloridreaktion
geben die meisten Derivate der Pyridinreihe.
Eisenchlorid gibt mit Milchsäure zeisiggelbe Färbung: Anwendung
zur Uffehnannschen Reaktion. Lösungen aliphatischer Aminosäuren färben
sich mit wenig Eisenchloridlösung blutrot. Mit salzsauren Alkaloiden bildet
Eisenchlorid gut kristallisierende, gelbe bis dunkelbraunrote Doppelsalze,
in denen 1 Molekül Fq.^ Clg einem Molekül des salzsauren Alkaloids ent-
spricht.
Anwendung als Reagens auf Acetessigsäure {Gerhard f sehe Reaktion).
Mit Alkaptonurikerharn gibt Eisenchloridlösung schnell vorübergehende Grün-
färbung.
Kupfersulfat, (Kupfervitriol), CuSOt + öHaO,
wird dargestellt durch Erhitzen von Cu mit Ha SO4, wobei außerdem Kupfer-
sulf ür und schweflige Säure entstehen; bei der Darstellung im großen wird
Kupfer der gleichzeitigen Einwirkung von verdünnter Schwefelsäure und
Luft überlassen.
Es kristallisiert aus Wasser in lasurblauen, durchsichtigen, triklinen
Kristallen, die unter Umständen sehr bedeutende Dimensionen erreichen.
Das Salz ist leicht löslich in Wasser. Durch Erhitzen verliert es Kristall-
wasser: den größten Teil bei ISO", den Rest erst über 200^ das auf diesem
Wege gewonnene wasserfreie Salz bildet eine weiße, undurchsichtige,
leicht zerreibhche Masse, sonst farblose Kristalle, schöne weiße I'rismen.
Es nimmt begierig Wasser auf und wird daher vielfach zum Trocknen,
z. B. von Äther, benutzt; sobald die Kristalle sich blau färben, sind sie zum
Trocknen nicht mehr brauchbar.
Rcagcntien zum Nachweis der biologisch wichtigen Verliinduiigeii. 1447
Zur rrüfuiiji auf Eisen (Mhitzt iiiaii L-inr mit 2 o« ' Salpctcrsilurr
versetzte Lösung von 5 y KuptVrsulfat in -Jö rw' Wasser zum Sieden. U\\:\
20 cm* einer Annnoniaklüsung vom spezilischen (iewiclit (»•«♦»*» zu. filtriert
durch ein aschefreies Filter und \v;is(ht dieses mit aninioniakhaiti^MMn
Wasser bis zum vülhgen Verschwinch-n des Kupfer^ aus. her (ihilirUck-
.stand des Filteis mit Inhalt soll höchstens ()(K)1 y lietra^ren. /u prüfen
ist ferner auf eventuell vorhandene Kationen, nach Ausfidlunj; des Kupfer*
mit iSchwefehvasserstoff.
Kupfersulfat findet in dci" physioldirisch-chemixhen Analyse vielfach
Anwendunii'. Wie alle Schwermetallsalze füllt es Kiweii;: es bilden sich
Kupferalbuminate. Ks dient feiner zu Keduktionsproben. bes<ind«-rs zum
Nachweis von Zucker (^Vo^^w^rsche, /V/j/zm/scIie l'iobei. (lenuiiie Kiweili-
körper, sowie Peptone, ferner manche IS»lyi)eptide geben >nit konzentrierter
Natronlauge und sehr wenig verdünnter Kupfersulfatlösung eine violette
bis rote Färbung: Uiuretreaktion.
Die lUuretreaktion tritt auf, wenn die betreffende Snb-taiiz zwei
CO . NH,-* iruppeu, an einem C- oder N-Atom oder direkt TuiteiiKiiider ver-
einigt, besitzt, also bei den Typen:
/CONH, XONH^ CO ML
H2C<^ H.N< I
^CONH, \CONH, CO. NU, (nach M>yer).
(Malonamid) (Biuret) (Oxainiii)
Kupferoxydlösung, erhalten dnicli Fällen von Kui»fersulfatlösnng mit
Natronlauge, bildet mit Aminosäuren und l'olypeptiden schön blaue Knpfer-
salze, indem das schwarze Kupferoxyd in Lösung L'eht. Sehr wertvolle.»:
Reagens, besonders auch zur Unterscheidung, ob freie ("< »(iH-Cruppen odt-r
anhydridartige Bindungen vorliegen.
Lösungen von Aminosäuren färben sich auf Zusatz einiger Tropfen
einer Lösung von Kupfersulfat (oder Kupferchlorid) intensiv blau.
. Phosphorwolframsäure.
Die Wolframsäuren vereinigen sich mit l'hosphorsäure zu h(M-hm(»le-
kularen Verbindungen. Zur Darstellung solcher Verbindungen, in denen
Fhosphorsäure und Wolframsäure in wechselnden MeUL-en. abhängig vor
allem von der Art der Herstellung, v(uhanden sein können, wird z. \\. narh
Drechsel 500 y möglichst reines Natriumparawolframat und l'(M)7 sekun-
däres Natriumphosphat in öOO cw^ Wa>ser gelo>t; man kocht und fügt
700— 800 cm 3 Salzsäure vom s|»ezifischen (iewicht 114 zu. «ianjpft ein.
bis sich eine Kristallhaut bildet und schüttelt mit Äther. Die nntero
schwere Lösung gibt nach Verjagen des Äthers imd Kinengen die SAure.
Diese Säure entspricht hauptsächlich der Zn.sammen.setzunir l', O:. •-•♦ WO,.
H, (). Das Verhältnis F.,()., :W() ist für die.se Verbindung 1 :L'4. Kerner
bestehen eine groHe Anzahl Verbindungen anderer ZiisammenM'tzung. in
denen das Verhältnis L.,0, :WO, zwischen 1 : lM und 1:7 schwankt. Die
J448 L. Piucussohn.
riiospliorwolf'ramsäure Merck entspricht der Formel (Po O5 20 WO3 .
. H2 ( )) + J 6 Ho O.
Nach Merck prüft man Phosphorwolframsäure auf Nitrat, indem man
die Lösung' von 1 g des Körpers in 10 cm^ Wasser mit einem Körnchen
Chlornatrium, einem Tropfen einer Indigolösung von 1 : 1000 und sodann
mit 10 cni^ konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Die blaue Farbe der
Mischung darf innerhalb 10 Minuten nicht verschwinden. Zur Prüfung
auf Ammoniumsalze wird die Lösung von 1 g Phosphorwolframsäure in
10 crn^ Wasser mit 5 cm^ oS^/oiger Natronlauge erwärmt. Es darf dabei
Ammoniak nicht entweichen.
Die Phosphorwolframsäuren sind in saurer Lösung beständig. Mit
Quecksilbernitrat entsteht ein gelber, in W^asser fast unlöshcher Nieder-
schlag. Der Geschmack der Phosphorwolf rarasäuren ist meist bitter. Beim
Kochen mit Alkali werden sie in ihre Komponenten gespalten. Versetzt
man eine Wolframatlösung mit Zinnchlorür (Sn CI2), so entsteht ein gelber
Niederschlag von Wolframtrioxyd (WO3) [Wolfram säure]. Nach Zugabe von
Salzsäure erhält man beim Erwärmen eine prächtig blaue Lösung von Wg O5,
Pteduktionswirkung durch den naszierenden Wasserstoff. Weitere Reaktionen
auf WO3 (sehr empfindlich): Piotfärbung durch Phenol, Violettfärbung
durch Hydrochinon.
Phosphorwolframsäure gilit kopiöse, schwer löshche Fällungen mit
Alkaloiden, Eiweißstoffen und deren höheren Spaltprodukten. Sie bildet
besonders ein wertvolles Mittel zur Trennung niederer Eiweiijspaltstücke
(Aminosäuren. Polypeptide) von höheren Abbauprodukten bzw. genuinen
Fiiweißkörpern. (xefäilt werden durch Phosphorwolframsäure Lysin, Arginin,
Histidin, in etwas geringerer A'erdünnung auch die Diaminotrioxydo-
dekansäure.
Phosphormolybdänsäure, Präparat Merck : 1 2 Mo O3 . H3 PO^ -1- x H, 0.
Kommt wie Phosphorwolframsäure in einer Peihe verschiedener
Modifikationen vor. in denen das Verhältnis PaOsiMOä zwischen 1:24
und 1 : 5 schwankt. Sie dient ebenso wie die Phosphorwolframsäure als
FäUungsmittel hochkomplexer Verbindungen.
1 g Phosphormolybdänsäure soU sich nach Merck in 10 cm » Wasser voll-
ständig lösen. Nach Zusatz von 2 — 3 Tropfen Ammoniaklösung scheidet
die Lösung einen gelben Niederschlag ab, der im Überschuß von Ammoniak
voUständig gelöst wird. Fügt man hierzu Schwefelammonium oder Ammonium-
oxalatlösung. so darf keine Veränderung eintreten.
Über-Osmiumsäure, ( )s O4 (Osmiumtetroxyd).
weiße kristaUinische Masse, die bei 100« zu einer öligen Flüssigkeit
schmilzt. Es schmeckt ätzend und riecht sehr unangenehm, ähnhch wie
Chlor. Die Dämpfe sind sehr giftig (Gegengift Einatmung von Schwefel-
wasserstoff). In Wasser ist es langsam löslich, bei Erhitzen schmilzt es in
Reagentien zum Nachwois dfv liinli.tri^rli wii-litiei-n Vi'l'iinluny;c'ii. 144^(
Wasser. Die alkoliolischc und iitliciisclic Lösung- wird licim Sfclicn. I..-
sonders am Soniienliclit . nuluzieit. IXircli Metalle wird inei>t (»siniuiu
ausfiescliioden. Durch (ierhsäuic wiid Illaiifäilmiifr erzcu^rt. diirrli Schwefel-
wasserstoff und Schwcfelaiiiiiioiiimii ein itiaimscliwarzer |(j> srhwar/er. in
letzterem uidüsliclier Niedeischia.L; aii>;ici;illl.
Die Lösuno- von Osmiumtetroxyd in Wasser maelit an^ .IK .1 frei, sie
entfärbt Iiidiiiolösung. Durch eiue Ifeihe or^MniscJicr KörjH-r wird sie
reduziert, wobei sich schwarzes Osmium (Osmiundiydroxvd .") abscheidet.
Alkohol wird durch OsO^ zu Aldehyd und Kssigsilure oxydiert. Kohlen-
hydrate, auch (iiyceriu zu Oxalsäure und Kssif^^säure: oxydiert werch-ii ferner
Harnsäure. Terpentinöl. Salicin. Fette. Von dieser Ileaktion Schwarz-
färbunu entsprechender Stellen - wird in der Mikio<koj)ie be^o'iders zum
Fettnachweis Gebrauch gemacht.
Nach Meyer lieben nur Substanzen mit doppelter oiler dreifacher
Bindung Schwarzfärbung, während gesättigte unverändert l)leiben. Mehr-
wertige Phenole verhalten sich wie ungesättigte Lösungen.
5. Verschiedene Reagentien.
Alkalische Bariumchlori<lIösung. Desteht aus '1 NOIuinen Baryt-
wasser und 1 Volumen Bariumchloridlösung.
Almen^Q,h.Q Lösung, -ig Tannin. 8 crn^ Essigsäure. 190 ci/;' .VIkohul
öOVoig-
Ammoniak verdünnt. Eine Lösung mit 10° o Ammoniakirehalt imd
vom spezifischen Gewicht O'OG.
Ammoniumchloridlösung. 1 Teil Salmiak auf lu Teile Was.^^er.
Ammoniumkarbonatlösung. 1 Teil Ammoniumkarbonat. 1 Teil
Ammoniak. 4 Ti'ile Wasser.
Ammoniumoxalatlösung. 1 Teil Animoniumoxalat auf L'ä Teih-
Wasser.
xVmmouium Sulfatlösung, gesättigt. 780 y Ammoniunisulfat in
Wasser gelöst und auf 1 / aufgefüllt.
Bariumchloridlösung. 1 Teil : 10 Teile Wasser.
Barium nitratlösung. 1 Teil Salz auf 12 Teile \\as.<er.
Barytwasser. 1 Teil kristallisiertes Bariumhydroxyd wird in !."• Teilen
Wasser kochend gelöst und die Lösung noch heil") filtrii'rt. I5eim Erkalten
scheiden sich Kristalle von llariumhydrat aus. während die darüberstehende
Lösung gesättigt ist.
.^r/oerfs Reagens (auf Zucker). 66// Kupferacetat und 10. 7 Eis-
essig werden in Wasser gelöst und auf 1 / aufijetullt.
Bleiacetatlösung. 1 Teil Salz auf 10 Teile Wasser.
P)rom Wasser. Destilliertes Was.ser wird mit einem riier.schuH von
Brom geschüttelt und. die Lösung stehen gelassen.
Brüi'kcs Keagens (auf Eiweili). .öO »j .lodkalium in fxX) '*;»» W assor
werden mit Quecksilberjodid (120 </) gesättigt uuil auf 1 / aufgefüllt.
5^450 L. Pinea SS oh n. |l
Curcumapapier. Gepulverte Curcumawurzeln werden mit Alkohol |
extrahiert, in das Extrakt wird Fließpapier eingetaucht und dann trocknen
gelassen. ^
Diazoreagens. Lösung I: hg Sulfanilsäure, 50 crn^ Salzsäure 1
1-14, 1000 cni^ destilUertes Wasser. Lösung 11: 0'5 g Natriumnitrit, 100 cm^ *
destilliertes Wasser.
Eisenchloridlösung. Enthält 1 Teil Eisenchlorid auf 10 Teile
Wasser.
Eshachs Reagens. 10 g Pikrinsäure und 10 g Zitronensäure werden
in Wasser gelöst und auf 1 / aufgefüllt.
Essigsäure. Acidum aceticum dilutum der Pharmakopoe mit einem
Gehalt von SOVoigei" wasserfreier Essigsäure.
Fehlingsche Lösung, a) 69"2 g Kupfersulfat werden in Wasser
gelöst und auf 1 l aufgefüllt, h) 346 g Seignettesalz und 120 g Natrium-
hydrat werden in Wasser gelöst und auf 1 l aufgefüllt. Zur Reaktion
werden gleiche Teile der beiden Lösungen vermischt.
Folins Reagens auf Harnsäure. 500 g Ammonium sulfat, 5 g Uran-
acetat und 6 g Eisessig werden in 650 cm^ Wasser gelöst.
Ferrocyankaliumlösung. Enthält 1 Teil in 10 Teilen Wasser.
Glyoxylsäurelösung. 10 g Magnesivmipulver werden mit Wasser
überschichtet und unter Kühlung vorsichtig 250 cm'^ einer gesättigten
Oxalsäurelösung zugefügt. Das Magnesiumoxalat wird abfiltriert, das Filtrat
mit Essigsäure angesäuert und auf 1 l aufgefüllt.
Guajaktinktur. 1 Teil Guajak wird in 100 cm^ Alkohol aufgelöst.
Günzhurgs Reagens. 2 ^ Phloroglucin und 1 (/ Vanillin werden in
30 cm^ Alkohol absolutus gelöst.
Jodjodkalilösung. 20,^ Jodkalium werden in 1000 crn^ Wasser
gelöst, und darin 10 g Jod aufgelöst.
Kaliumchromatlösung. Enthält 1 Teil in 20 Teilen Wasser.
Kalilauge, SS^/oig. 1 Teil Kalihydrat in 2 Teilen W^asser.
Kupfersulfatlösung. 1 Teil in 10 Teilen Wasser. Für die An-
stellung der Biuretreaktion muß diese Lösung noch bedeutend (ungefähr
auf das 5fache) verdünnt werden.
Natriumchloridlösung, kalt gesättigt. Enthält in 100 Teilen
ol-84 g Kochsalz.
Natriumchloridlösung, physiologische ist für Kaltblüter 0"6Voig,
für Warmblüter 0-85— 0-9 Voiii'-
Natronlauge, 3o"/oig- 1 Teil Natronhydrat und 2 Teile Wasser.
Natronlauge, verdünnte. Enthält in 100 cm^ log Natronhydrat.
Natriumphosphatlösung. 1 Teil sekundäres Natriumphosphat auf
100 Teile Wasser.
Natriumkobaltnitritlösung, bg Kobaltnitrat werden in 90 cm^
Wasser gelöst, 10 g Natriumnitrit und 10 cm^ Essigsäure zugefügt, und
die Lösung filtriert. Wenn spontan Rotfärbung auftritt, muß etwas Nitrit
und Essigsäure zugefügt werden.
Reagentien zum Nachweis der biidogiscli uirlitigen Verbinduugeu. 14Ö1
iVe^/ers Reagens. 50 y .lodkaliiiin werden in öO rm* heißem destil-
lierten AVasser gelöst und koiizentiierte lieilie (^»iiecksilherchloridlösiiu}»; so
lanize hinznuefüfrt, liis der sich hildcnde ntte Niederschlag' nicht mehr ver-
schwindet. Es wird filtriert, das Filtrat mit einer Lioiinir von l;"»*» y Kali-
hydrat in HOO cni^ destilliertem Wasser und eini^^Mi Kuhik/entimetern der
Quecksilherchioridlüsun«'- versetzt und nach dem Krkalten auf 1 / aufiiefüllt.
In f^ut schließender Flasche aufbewahren. Der sich bildende Niederschlag
schheßt die Verwendbarkeit nicht aus, es muß nur sori^'-fjiltig von ihm
abpipettiert werden.
Nylanders Reaiiens. 2 g basisch salpetersaures Wismut und t y
Seignettesalz werden in \00 cm ^ einer Ho/uir-'''" N;»tn>idaut>:c irelöst.
Maiinesiamischunii'. ix) g Maunesiumchlorid, TU y Salmiak und
I2b ct)i^ Ammoniak vom spezifischen (iewicht 0"f<>< werden in Wasser {gelöst
und auf 1 / aufuefiillt.
Magnesium sulfatlösunf?, gesättigt. 60Üy kristallisiertes Magnesium-
sulfat wird in Wasser gelöst und auf 1 / aufgefüllt.
Millons Reagens. 1 Teil metallisches (^Kiecksilber wird in 2 Teilen
Salpetersäure vom spezifischen (Jewicht VA unter Krwärmen L'elö<t und
1 Volumen der erhaltenen Lösung mit 2 \'olumen Wasser verdünnt.
Ohermaijtrs Reagens. 4y Eisenchlorid werden in 1 / Salzsäure 11'.»
gelöst.
Oxalsäurelösung, gesättigt. lUOy Oxalsäure gelöst in 1(H)() cm'
AA'asser.
Prtt-ysche Eösung. 120 cw?» Fe// //«y scher Lösung und IHK.» r/;<^
Ammoniak vom spezifischen Oewicjif OSS werden mit Walser auf 1 /
verdünnt.
Quecksilbernitratlösuug. lOy Salz werden in Wasser gelöst und
auf 1 / aufgefüllt.
Pikrinsäurelösung. 12 y Pikrinsäure werden in Wasser gelöst und
auf 1 / aufgefüllt.
Salpetersäure,, konzentriert. Spezifisches (iewicht P40, ungefähr
65 Vo Säure enthaltend, 14-ömal normal.
Salpetersäure, verdünnt. 1/ der konzentrierten Salpetersäure wird
mit 2/ Wasser verdünnt. Spezifisches (Jewicht PI 7. ungefähr .")mal muMnal.
Salzsäure, konzentiiert. Spezifisches (Iewicht \\\y ungefähr 12mal
normal.
Salzsäure, veidünnt. aus 1 / konzentrierter Säure -f Pö / Wasser,
spezifisches (Iewicht POS. ungefähr 17" o IK-'I t'Uthaltend. ungefähr Mach
normal.
Schwefelsäure, konzentriert. Spezifisches (iewicht psl. fast reine
Säure, ungefähr H(ifach normal.
Schwefelsäure, verdünnt. Spezifisches (iewicht PK') mit 21" o H,S(I^;
aus 1 l konzentiierter Säure -j- 6-4 / Wasser: im^^-fähr r>fach normal.
Salpetermischung. Enthält 2— H Teile Kaliumnitrat und 1 Teil
Natriumkarbonat.
1452 L. Pincussohn. Reagentieii zum Nachweis der biologisch wicht. Verbind.
üffelmanns Eeagens. Zu einer 2 — öVoigf" Karbolsäurelösung
Averden wenige Topfen Eisenchloridlösung- zugefügt, bis die Lösung blau wird.
Zinkchloridlösung, alkohohsche. Eine sirupöse wässerige Lösung
von Chlorzink wird mit Alkohol bis zur Erreichung eines spezifischen Ge-
wichtes von 1-2 verdünnt.
Indikatoren.
Alizarinlösung. Angewandt eine P/oige Lösung. Mit Säuren grün-
gelb, mit Laugen violett.
Cochenilletinktur wird hergestellt durch Übergießen von 3 ,9^ Farb-
stoff der gepulverten Läuse mit 250 Teilen 20 — 25''/oigem Alkohol.
Kongorot wird in verdünntem Alkohol gelöst. Es ist in alkalischer
Lösung feuerrot, in saurer Lösung tiefblau.
Lackmoid. Der Farbstoff wird zur Sättigung in 987oigeni Alkohol
gelöst. Zu 100 cm^ der filtrierten Lösung werden \0 cm^ einer 2*'/oigen
alkoholischen Lösung von Malachitgrün zugesetzt. Besonders gut für Ar-
beiten bei Gasglühlicht. Für Kjeldahl zu empfehlen.
Lackmustinktur. Lackmuskörner werden mit siedendem Wasser
ausgekocht, vom ungelösten heilj dekantiert, mit verdünnter Schwefelsäure
angesäuert und wieder aufgekocht. Man läßt die Lösung 1 — 2 Tage kalt
stehen und dialysiert dann gegen stets zu wechselndes, destilliertes AVasser,
bis die Farl)lösung schwefelsäurefrei ist. Zur Erhöhung der Empfindlichkeit
kann etwas Smaragdgrün zugesetzt werden.
Methylorange. Angewandt wird eine 0"2"/oig<? Lösung in destil-
liertem Wasser. Eignet sich nur für starke Mineralsäm^en, dagegen für
starke und schwache Basen. Färbt sich mit Säuren rotorange, mit Alka-
lien gelb.
Phenolp htalein. Angewandt wird eine P/oige alkoholische Lösung,
die sich mit Alkalien rot färbt, mit Säuren farblos bleibt.
Rosolsäure. Benutzt wird eine alkoholische Lösung, von der nur
wenig zuzusetzen ist. Mit Säuren bleibt die Farbe gelb, mit Laugen tritt
Rosa- bis liotfärbung auf. Gut geeignet für Kjeldahl.
I
Register.
Die beigedruokten ZilTern budentun die Scitenzahli'ii.
Abbau der Aminosäuren durch
Mikroorganismen 957.
— des Eiweißes durch Mikro-
organismen 95'i.
— der Tri- und Disaccharide
durch Mikroorganismen
939.
Abblendungsvorrichtung nach
O. Frank 40.
Abriu, Nachweis im Blut 3U.
Absaugvorrichtung (Sato)
362.
— (Strasburger) 361, 362.
Absorption, biologische 899.
— — des Nitrat- und Am-
moniumions
906.
Absorptionspijiette 418, 419.
Abtrennen von Mikroorganis-
men 92<).
Acetanilid 715.
Acetanilidharn, Untersuchung
716.
Acetessigsäurcbildung in
Hundeleber 1251.
— , Bestimmung im Blut IVIS.
Aceton, Nachweis und Be-
stimmung im Blut 197.
Acetonkiirperausscheidung
1213.
Acetylchlorid 1438.
Acetyl -p - aminophen\ larsin-
saures Natrium 1379.
Aconitin 1419.
— Nachweis am ganzen
Frosch 75.
— — am isolierten Frosch-
herzen 99.
— — an der menschlichen
Zunge 122.
.Vdenin 351.
Adenosin 494.
Adrenalin, Wertbe.stimmung
der Lösungen am Frosch-
auge 112.
— — der Lösungen am Ge-
t'aßapparat 106.
Adsorption v<in Filtern 1093.
Adsorptionskoet'fizienten, ka-
pillaranalytische Bestim-
mung von l,3(i3.
Aerotaxis 1291.
.\gar-Ag:ir 378.
Agglutination von Blutkör-
pereben zum Nachweis
von Giften 28.
.\kkumulator 508.
Albumin 44(5.
— im Kot 344.
— und Albumosen. i)irt'eren-
tialdiagnose im Fiizes-
tiltrat 346.
Albuininbestimmung 452.
Albumosen im Kot 344.
— Trennung durch ['Itratil-
tration 1094.
Albumosennaehweis im Kot
.348. 349.
Algcnwachstuiii als Zeichen
der Kolilensäureassiniila-
tion 1272.
-Mkalien. Bestimmung der, in
Milch 460.
— — der in Zerebrospinal-
Hü.ssigkeit 221.
— freie, Nachweis 792.
— spektroskctpischer Nach-
weis 1051.
Alkahiido, Verhalten gegen
Fröhdes Reagens 7(iO.
— — — Maudelius Beagt IIS
760.
— — — ;\Ianiuis' Reagens
761.
Mecke's Iteagens 760.
.Vlkaloide, Verhalten gegen
konzentrierte Salpeter-
säure 759.
konzentrierte iSchwe-
felsäure 759.
Alkaloidreagentieii, .illgomei-
ne, Bereitung St)".!.
Aikaptonurie 1212.
.Mioxurkörper im K"t 351.
352.
Alloxyprnteinsiiure, Isolie-
rung aus Blut 194.
Allylphenylhydrazin 1402.
Allyli)henyihydrazone 1402.
Alunnsehe Losung 1449.
Ameisensäure 1432.
— im Kot 38t;. 387.
p-.\niiniiphenylarsensaures
Natrium 1379.
Aminosaureabbau durch Hefe
und Schimmelpilze 957.
Aniinosiiuren 357.
— Bestimmung na«h der
Kormolmethode 3Ui>.
— Nacliweis im Blut
190.
.Vminostickstoll, Ite.^tiiniuung
nach van Slyke 995.
— freier, im Urin 1008.
.\mmoniak 415, 417.
-- im Kot .335. .357. :^58.
.359.
Bestimmung im Blut nach
l'olin 156.
— nacii Krüger -Kfich-
Schittenhelm 157
im Harn 3(M
im Kot. ijualitativor Nach-
weis 357.
— quantitative Be-
stimmung 357. 3Ö8. 359.
— im Harn 285.
— Nachweis 7il2.
1454
Register.
Ammoniakabspaltung aus As-
paragin durch Fermente
966.
Amylphenylhydrazin 1402.
Amylphenylhydrazone 1402.
Anaerobe Bakterien , Kultur
592.
Analyse einer Asche 1050.
— vollständige des 24stiin-
digen Urins 281.
— von Proteinen nach van
Slyke 1011.
Analvsen der Sandkulturen
1265.
Analvsenapparat nach Zuntz
1Ö27.
Anaphylaktischer Shock 527.
Anaphylatoxin, Darstellung
557.
Anaphylaxie, .^bbnuvermögen
der Seren 560.
— aktive, Ditferentialdia-
gnose 545
— — Nachweis 533.
— organspezifische 554.
— passive, Nachweis 548.
— Terminologie 525.
Anilin 699, 730, 1415.
— Nachweis 700, 730.
Anorganische Sulfate im Harn
288.
Anoxybiose 1241.
ß-Anthrachiuonsulfochlorid
1439.
Antianaphylaxie, Nachweis
552.
Antimon, qualitativer Nach-
weis 1059.
Antipyrin 721, 749.
— Nachweis im Harn 722.
Antisepsis, innere 1094.
Antitrypsin 398.
Antüxyproteinsäure . Isolie-
rung aus Blut 193.
Apomorphin 751.
Araban 377.
— im Kot 378.
Arabinose im Kot 377,
378.
Aromatische Fettsäure, Ab-
bau im Organismus 1194.
— Substanzen im Kot 335.
Arsen, Abscheidung durch
Eisenhydroxyd 1076.
— Nachweis nach Marsh 767.
— qualitativer Nachweis
1058, 1068.
— quantitative Bestimmung
1082.
— und Antimonspiegel, Un-
terschiede 769.
Arsenfreie Chemikalien 1072.
Arsenik, Nachweis durch Pe-
nicillium brevicaule 3.
Arsenophenylglyzin 1379.
Arzneimittel, kapillaranaly-
tische Untersuchung der
1389.
Ascariden , Stolfvvechselver-
suche an 1242.
Asche, Bestimmung der —
der Zerebrospinalflüssig-
keit 220.
— Herstellung einer 1049.
Aschebestandteile der Fäzes
408, 409, 410.
— Nachweis und Bestim-
mung im Blut 159.
Aschebestimmung 458.
Aschenanalvse, Ergänzungen
1049.
Aschenbedarf bei Mikroorga-
nismen 926.
Assimilationsprodukte, Nach-
weis 1282.
Äther als Narkotikum für
die Blutdruckbestimmung
126.
Ätherische Sulfate im Harn
288.
Äthylalkohol 704.
— Nachweis 704.
— — im Blut nach Food
195.
Blut nach Jolly 195.
Äthvlalkohol, Oxydation von
971.
Äthylphenylhydrazin 1402.
Atmung, aerobe, der Bak-
terien im Boden 868.
— anaerobe der Bakterien
im Boden 867.
Atmungsintensität der Boden-
bakterien, Bestimmung
der 866.
Atophan. Ausscheidung von
Harnsäure mit 1183.
Atoxyl 1379.
Atropin 737.
— Nachweis am isolierten
Froschherzen 105.
— — am Frosch äuge 112.
— — am Menschenauge 122.
Aufbewahren von Kulturen
916.
Aufbewahrung des Urins 282.
Aufsammeln des 24stündigen
Urins 281
Autolyse 1259.
Azetessigsäure, Bestimmung
im Blut, siehe Gesamt-
aceton 198, in Hunde-
leber 1251.
Azidimeter, Schafi'ersches949.
Azolithminpapier 337.
Azotobacter, Isolierung von
979.
B.
Bacterium coli -Extrakt 404.
Bakterien, die auf die Pflan-
zen schädliche Wirkungen
ausüben 897.
— für Cheraotaxisversuche
1303.
— — die Engelmannsche
Bakterienmethode 1279.
— im Kot 359, 360, 361,
362, 363, 379.
— — — Berechnung der
Menge 361.
— — — Mikroskopische
Präparate 363.
— Wertbeslimmung von Des-
infektionsmitteln an — 8.
— Isolierung aus Fettstühlen
362, 363.
Bakterienkultur unter er-
höhtem Druck 605.
Bakterienmethode nach En-
gelmann 1278.
Bakterien Präparate, Färbung
derselben 363.
nach Weigert-Escherich
363.
Bakterienreinkultur aus einer
Zelle 585.
Bakterienwägung 359 , 360,
361, 362, 363.
Bakteriensporen , Züchtung
591.
Barfoeds Eeagens 1449.
Baryum, Nachweis 776.
— qualitativer Nachweis
1063.
— spektroskopischer Nach-
weis 1054.
Benzidin 395, 396, 397.
Benzoesäureanhydrid 1440.
Benzoylchlorid 1428.
Benzoylverbindung 1428.
Benzylphenylhydrazin 1403.
Benzylphenylhydrazone 1403.
Benzylphenylosazone 1404.
Berussungsflasche 35.
Bestandteile, anorganische,
der Blutkörperchen 208.
— — der Zerebrospinaltiüs-
sigkeit 220.
Bestimmung von salpetriger
Säure 982.
Bilirubin im Kot 393, 394.
Nachweis 393, 394.
— — — quantitative Be-
stimmung 394.
Bilirubinkristalle 340.
Bindegewebe im Kdt 338,
414.
— — — ■ chemische Keak-
tioncn desselben 338.
BiolosischtT Kiweißnachweis
im Ivot 350, 351.
Biondis DreifarbenKt-misch
zum Schleimnachweis im
Kot 340.
Binretreaktion des Bindege-
webes 338.
— zum Nachweis gelüsten
Eiweißes im Kot 34(5, 347.
Blasenzählmethode bei der
Kohlensäureassimilation
1275.
Blausiiuro G83.
— neben Blutlangensalz,
Nachweis 686.
— quantitative Bestimmung
686.
Blei, Nachweis 773, 776.
— qualitativer Nachweis
1057.
Blut im Kot 337. 341, 394,
395, 396, 397, 398, 399,
414.
— — — Methoden zum
Nachweis desselben 394,
395, 396, 397.
— — zur Aufarbeitung des
139.
— Untersuchung auf Arsen
1076.
— Untersuchung auf einzelne
Bestandteile des Zellstoff-
wechsels 1166.
— zum Nachweis von Giften
21.
Blutdruck, Methoden zur Be-
stimmung des 125.
Bluteiitnalinie am Kaninchen
22.
— am Meerschweinchen 23.
Blutfarbstoff zum .Sauerstoff-
nachweis 1273.
Blutgerinnungfi'irdernde Sub-
stanzen 273.
Blutgerinnung . Theorie der
223 ff.
Blutgerinnung.szeit, Methoden
zurBestimmungder231 11".
Blutkörperchen, rote. Ge-
winnung 143.
Blutkor|i('rc'henvolum , Be-
stimmung nach Warburg
212.
Blutpliittchen , Gewinnung
nach Mosen 144.
— — — Morawitz 145.
Blutungen, okkulte 395.
Register.
Bodenuntersuchung , bioche-
niisrhe H43.
Bodenunl4>rsuchungt<n. Iiaktr
ri.dle 880
Borax|.frli' 1055.
Borsäure, qualitulivii Virh
weis KifiO.
BrennwiMtlMwtimmuiig im Kot
411, 412.
Brennwerte der Fäzes, Ver-
gleich zwischen di-n .Vna-
lysen werten und 412.
BriMizkatcchin 14UH.
Brenzsihleirasaurechlorid
1436.
Bromide, Nachweis neben .To-
diden und Chloriiien 1(K)5.
p-Bronipheiiylliydrazin 1395.
p- Brom phfii\llivdra Zone
1395.
p-Bromplienylosazone \',VM\.
Bromura! als Narkotikum fiir
die Blutdrackbestimmung
126.
Brucin 736.
Brückes Reagens 1449.
Brutschrankprobe im Kot 348.
370. 371. 372. 415.
Brutzininier nach Pfeffer 917.
Burris Tusche 40(J.
Butter-säure im Kot 379. 386.
387.
Bnttersäuregärung 949.
n-Butylalkohol. Darstellung
von 970.
c.
Cadniium, qualitativer Nach-
weis 1058.
Cadmiumchlorid 1445.
Calcium. Bestimmung des —
im Harn 293.
— in Mihh V'.l.
mikrociiemischer Nach-
weis 1123.
Cidliphora vomituria. .*<tofl'-
weehsel 1154
Cantharidin 712.
— Nachweis an der mensch-
lichen Haut 122
Capsnlae geloduratae 40 1
Cerebrin ()33.
Cerebr.m 629. 631, 632. f.: W,
635.
Cerebroiisäure 6,30, 634.
Cerebroside r.28, f.2'.l. r..32.
634, 635.
Chemcmastie I.JOl.
Chemotaxis 128f).
Chenio-thenipeuti-« he Cnter-
suchunu 137o
14:..^)
('hem<*-th(rni|i«ati»cho I*ni-r
^uchuDK in vivo i
Chinin 747
N-.. 1
Wirkuii»; dul Fruioiora
21
I Wirkung auf PannAxirn
' 21.
CblnmydothriY orhrirf*n Ml»
- «ider
Chlor. 1, ,g .,. . —
in Sl
I' 'i^r Nach-
— im Mam 2*J1.
— quantiLitivr iieKtimmanjc
10H1
Chh
I!
n Blat und
Tirrkuriirr
417
B< '•timn'.
— .\
— \.
ülHi.
Chlor^ ' n.
Z
221.
Chlor- ' ,.
ti
Chlut
);.
Chloroform 692.
— N.i ' '"'1
— i|i. iimamt
695.
— Vert/'ün-" ■• der Leiell«>
Ü93. •
Chlor Jmm. Ü
II:
1
.N
- l;
Cholrstonn i ■ '.«I.
61«. f " -H
im K ■ 7.
IIJ
•1» 307.
y . , •■ i»#-
•timn
{',• > Blat-
k :. -
1456
Register.
Cholesterin, Isolierung aus
Serum 167.
— Nachweis und Isolierung
aus Zerebrospinalflüssig-
keit 217.
— quantitative Bestimmung
im Serum (Blut) 169.
— — — nach Lewliowitsch
170.
— — — nach Obermüller
170.
— — — nach Windaus
171.
Cholesterinester 615, 619,
623.
— Isolierung aus Serum 167.
— quantitative Isolierung
aus Serum 169.
Cholin, Nachweis in Zerebro-
spinalfiüssigkeit 219.
Chrom, Nachweis 775.
— qualitativer Nachweis
1055, 1060, 1061.
ChyJus, Untersuchung auf
Stoffe des intermediären
Stoffwechsels 1168.
Cicutoxin, Nachweis am gan-
zen Frosch 48.
Clostridien, Isolierung von
979.
Cocain, Nachweis an der
menschlichen Zunge 122.
Coffein, AVirkung auf Para-
mäzien 20.
Colchicin 711.
— Nachweis am ganzen
Frosch 50.
— — an der Maus 114.
Coniin 727.
— Nachweis am ganzen
Frosch 61.
Crotin, Nachweis am Blut 30.
Curarin, Nachweis am ganzen
Frosch 57.
— — am Nervenmuskelprä-
parat 87.
Cystin als Material zur Taurin-
bildung 1190.
C\stiuurie 1225.
Cytisin 800.
— Nachweis 801.
D.
Darmgäi'ung 415.
Darmgase 415, 416, 417, 418,
419, 420.
— Analvse 415, 417, 418,
419, 420.
— Gewinnung415, 416, 417.
Darstellung des Kuhkaseins
nach Hammarsten 443.
Darstellung von Frauenmilch-
kasein 444.
Degeneration, fettige 1232.
Denitrifikation 982.
Denitrilizierende Bakterien,
Anhäufung von 984.
Desamidierung der Amino-
säuren 965.
Desinfektionsmittel , Wertbe-
stimmung an Bakterien 8.
Dextrine, krystallisierte 938.
Diabetes mellitus 1199.
Diagnose, kapillaranalytische
— in Krankheiten 1364.
Dialyse, Ersatz durch Ultra-
tlltration 1094.
Diaminomonophosphatid 626.
Diastase im Kot 404, 405,
406, 407.
Nachweis 405, 406,
407.
Diastasenachweis bei Mikro-
organismen 937.
Diazobenzolsulfosäure 1416.
Diazoreagens 1440, 1450.
Dickdarmgase 415, 416, 417.
— Gewinnung derselben 416,
417.
Diffusionspotential 503.
Digitalinum verum 802.
Digitalinwirkung , Produkte
mit solcher, Nachweis am
ganzen Frosch 63.
— — — am Froschherzen
98.
Digitalisblätter und -präpa-
rate, Wertbestimmung am
ganzen Frosch 68.
Digitalisglukoside 801.
Digitonin 802.
Digitoxin 802.
Dimethvlamidobenzaldehvd
(Ehrlich) 354, 355. '
Dinitrochlorbenzol 1434.
Dinitrophenylverbindung
1434.
Dioxj'aceton, Darstellung von
— 971.
Dioxvdiamidoarsenobenzol
1382.
Di])henylamin 1416.
Diphenylhydrazin 1405.
I>iphenylhydrazone 1405.
Distearyllecithin 368.
Diurese als Mittel zur
AusschwemmuDg von
Stoff'wechselzwischenpro-
dukten 1182.
Dragendorffs Reagens. Berei-
tung 811.
Druckraum für Bakterien-
kulturen 606.
Durchlüftung von Kulturen
925.
Durchströmungsmethoden
1245.
E.
Eichung der Ultrafilter 1091.
Eigenschaften der Milch 421.
Eisen, qualitativer Nachweis
1050, 1051, 1055, 1060.
— in Milch, Bestimmung des
463.
Eisenbakterien 930.
— Gewinnung 611.
— Zucht 611.
Eisenbestimmung, mikroche-
mische 1101.
— anorganische, mikroche-
mische 1105.
— organische , mikroche-
mische 1108.
Eisencblorid 1445.
Eiter im Kot 337, 341, 414.
Eiweiß, Gesamtbestimmung
in Zerebrospinalflüssigkeit
216.
— und Albumosen im Kot,
gemeinsamer Nachweis
344. 345, 346, 347, 348.
415.
Eiweißaufbau bei Mikro-
organismen 951.
Eiweißhydrolyse durch Mikro-
organismen 956.
Eiweißkörper, lösliche und
koagulable im Kot 343,
344, 345, 346, 347, 348,
349, 415.
Eiweißproben im Fäzesfiltrat
345. 346. 415.
Eiweißreagens von Esbach
345.
Tsuchiya 345, 346.
Eiweißreste, pflanzliche, im
Kot 341.
Eiweißstoffe der Milch 443.
— in der Zerebrospinalflüssig-
keit 216.
— in den Erythrocyten 202.
— Nachweis und Bestim-
mung im Plasma und Se-
rum 161.
Eiweißstoffwechsel bei Miki'o-
organismen 951.
Eiweißsynthese im tierischen
Organismus 1176.
Elastische Fasern im Kot
338, 339.
— Manometer 134—138.
Elektrische Leitfähigkeit der
Milch 470.
lifgliliT
Elektrometer 51(J.
Pvlektroniotorische Khiltf.
Messun» öOG.
Enteiwoilien des Hliites zur
Zuckerbestimniun;; nach
Bang 174, nach Dastre
175, naeh Paw und Siau
176, nach Micliaolis und
Rona 173. nach l{«n:i
undUpi)lerl73.nachW;iy-
inonth lleid 175.
Entnahme der Milch zur Un-
tersuchung; 42.'i.
Epithelien des Darmes 340,
41^.
Erdalkalien , spektroskopi-
scher Nachweis 1U51 bis
1054.
Erdmanns Reapjens, Bereitung:
812.
Erepsin im Kot 4():i. 404.
Erntebestimmung; bei Mikro-
orj^anismeu 953.
ErythrocyteneiweiU, Bestim-
mung neben Fii)rin in
einer Blutportion 210.
Erythrodextrin 407.
Esbachs Reagens 1450.
Eserin 741.
Essigsäure 1438.
— im Kot 379.
Essigsäureanliydrid 1438.
Essigsäurebakterien, Anhäu-
fung von 1172.
Explosionspipette 418.
Exsikkator 335.
Extrakte, Untersuchung aut
Produkte des Zellstott-
wechsels 1 1 70 tt'.
Extraktivstotte im Mlul 180.
— und ZerebrospinalHüssig-
keit 218.
Extraktivsubstanzen in den
Blutki>rperchen 208.
Fäuliüsai)bau der Amino-
säuren 9G3.
Fäulnis von stickstofThaltip-n j
organischen .Substiinzi'n '
durch Anaerobier 873.
Fäulnisprobf im Kot 348.
Fäzes, Urinbeimengung /u
den 331.
Fäzesasche, .Analvse derselben
409.
— i|nantitative Bestimmuntr
408.
Fäzesextrakt. Befreiung von •
Kohlehvdratcn und Ki
weiß 37(5, 377.
A bdcrbaldvn , llundbocb d«r
Fii,
Fai
xtrukte aiH 5M4 .i
•> !e Kot VA
toriMi I
tische .. ,
."^alzen und
K..!
•y I .
Fehiingsche IxWun;; I4.V».
— — Bcreituii ■ ' ■'
Ferment dor i..
»iäruu!,' 94*').
Fermeniative oxydiition 97l
Ferment«« im Kot IVM I".
Ferriicvankalium 1440.
Fett 431.
Nachweis in Z«n<bn>Hpi
nalllüssigkeit 217.
— im Kot, cheiiiisclipr Nach
weis 365. 3tW..
— — Extrakttun mit
Äther 3()."i, 36f..
mii
t;.
365. 3t;6, 412.
— — — (lesamtmcngf .'{65
366.
— — — Nachweis 363 bis
36Ü.
— — — makroskopi.>irbrr
Nachwei- " ' " '" " ■
Nachweis 'Mi'6, IVA. •
414.
— ^ — mikmskdpiiicber
Nacliwi'is i{64. .'{6;'>.
Feltabla;;crung, korpirfnü.
des Fett 1156.
Fett
denen 3«JJ<. 369
Fottbestimniir -
sehn n:>i '
it.tK tti^tir bälvL
\ _ . :-,l.
— nach Adttms
— I i ' ■ ■ '
477.
— r '■■' • ■
w>luiii<-lriM:h uhcU itt»;.
VW
Fette im ."«ennii 1 1
161.
Fcitl.irl.unK
bi»«b*nitavb»n Art»-
ru t*1
!VX
'«
U58
Register.
Form vi Verbindungen 1432.
Fröhdes Eeagens, Bereitung
812.
Frösche, subkutane Injektion
43.
Froscharten 30.
Froschauge, Isolierung 111.
Frosclibrett 33.
Froschgefäßpräparat 106.
Froschherz, Isolierung 92.
— Nervmuskelpräparat 87.
— Skelettmnskel, Isolierung
78.
Fruktose , Nachweis im Blut
179.
Fuchsin 1417.
Furfurol 377. 378, 388.
Furoj-lverbindung 1437.
G.
Galaktau im Kot 377, 378.
Galaktose im Kot 377, 378.
Gallen bestandteile im Kot
388, 389, 390, 391, 392,
393, 394.
Gallenfarbstoffe im Kot 339.
340, 389, 390, 391, 392,
393 394. 412.
Gallensäuren 388"^ 389, 412.
— im Kot. Nachweis 388,
389.
Gäranfsätze 944.
Gärung, alkoholische 941.
— zellfreie 1094.
Gärungen der Kohlenhvdrate
941.
Gärungsnachweis 942.
Gärungsröhrchen 348. 370,
371. 372.
— nach Amann 371, 372.
— nach Münzer 371, 416.
— nach Strasburger 370,
371, 416.
Gärverlauf, Verfolgung des
— 945.
Gasanalyse 417, 418, 419,
420.
— Apparate dazu 417, 418,
419.
— Apparat nach Zuntz 1027.
— zum Nachweis der Kohleu-
säureassimilation 1274.
Gase, Reizwirkung auf Wur-
zeln 1294.
Gasentnahmebürette 41 7, 418.
Gasometer zur Sammlung der
Darmgase 416, 417.
Gasometrische Bestimmung
des Aminostickstofis 995.
Gasstoffwechsel bei Mikro-
organismen 972.
Gefäßnaht 817. |
Gefrierpunktsbestimmung j
von kleinen Flüssigkeits- l
mengen 328.
Gefrierpunktserniedrigung
469.
Gehirn, Phosphatide im 613,
614, 615, 616. 617, 618,
619. 620, 628, 635.
Gelatineplatten zum Tryp.sin-
nachweis 400.
Gelbe Körner im Kot (Noth-
nagel) 338. 339.
Gepaarte Substanzen 1184.
Gerbstofflösung, Eeagens 81 2.
Gerhardsche Reaktion 1446.
Gerinnung, Verhinderung der
— des Blutes 140.
Gerinnungshemmende Flüs-
sigkeiten für Blutdruck-
vei'suche 127.
Geruchsdiagnose von Giften
121.
Gesamtaceton ( Aceton + Acet-
essigsäure), Bestimmung
im Blut 198.
Gesamtaminostickstoff im
Urin 1007.
Gesamtazidität des Urins 283.
Gesamtblutanalj'se 209.
Gesamteiweiß , Bestimmung
in den Blutkörperchen
204.
— Bestimmung des — in
der Milch 447.
— — — nach Liebermann
448.
— — — nach Ritthausen
447.
Gesamtschwefel im Harn 289.
Gesclimacksdiagnose von Gif-
ten 122.
Gewebskultur in vitro 836.
Gießen der Sandkulturen
1265.
Gifte, kapülaranalytische Un-
tersuchung von 1369.
— Nachweis auf chemischem
Wege 673.
Gipsblock-Hefekultur 589.
Gleichgewichte in Lösungen
1094.
Globulin 446.
— Bestimmung im Serum 211.
Glukose, Bestimmung im Blut
173.
— — in Erj^throcyten 206.
— Nachweis und Bestim-
mung in Zerebrospinal-
Üüssigkeit 216.
Glukosurie 1199.
Glukuronsäure 1185.
Glukuronsäure, Nachweis im
Blut 177.
Glutaminsäurefäulnis 964.
Glycerin , Bestimmung im
Blut nach Tangl und
Weiser 196.
— Oxydation von 970.
Glycoproteide 344.
Glvkocholsäure im Kot 388,
'389.
Glykogen, Nachweis in Leu-
" kocyten 207.
Glykogen bildung 1162 ff.
• — in Schildkrötenleber 1250.
GlvkokoU als Kuppelungs-
" Produkt 1187.
— Nachweis und Isolierung
aus Blut 190.
Goldchlorid 1443.
— Reagens, Bereitung 810.
Goldsalze 1443.
Gooch-Tiegel 372, 373, 377,
381, 385.
Granulosehaltige Pilze 363.
Guanin 351.
Guanidin. Nachweis am ganzen
Frosch 52.
— — am Froschmuskel 80.
Guanosin 492.
Guanylsäure 491.
Gummi, tierisches, Isolierung
aus Blut 180.
Günzburgs Reagens 1450, Be-
reitung 813.
Gutzeitscher Arsennachweis
1070.
H.
Halogenbestimmung, mikro-
analytische 1350.
Haltfädenmethode 819.
Hämatoporphyrin, Nachweis
im Harn bei Sulfonalin-
toxikation 799.
Häminjjrobe 394.
Hämoglobingewinnung 203.
Hämolyse zum Nachweis von
Giften 24.
Hammelserum 398.
Harn, Analyse 281.
— Bestimmung des N 295.
C 301.
NH.. 304.
S 307.
— — — Harnstoffs 310.
— — — Kreatinins 311.
— — der Phenole 313.
— — — Hippursäure 315.
— Fahndung auf Zwischen-
produkten des Stoffwech-
sels 1174.
1».
Register.
HiV.»
Harn, Gcsaintazididät 283.
— Nachweis von UrobilinSlö.
— Spezifisches Gewicht 283.
— IInter.suchiiDg auf Arsen
1068— 1Ü70. 1075.
— \'()iuiuen 282.
— (Quecksilber 10(57,
1068.
— — — Stoö'wechselpro-
dukte 1171.
HariLsäure im Kot 351, 352.
— Bestimmung im Harn 288.
— — und Nachweis im
Blut 188.
Harnstoir, Bestimmunj^ des
286.
— im Blut nach Barcroft 183.
— — — nach Hojtpe-Sevler
180.
nachSalkowski 181.
nachSchönd()riri82.
— — nach Henri(|ues und
Gammeitoft 310.
— in den Blutkörperchen,
Nachweis und Bestim-
mung 208.
— Nachweis iu Zerebro-
spinaifliissigkeit 218.
— Isolierung aus Blut etc.
180.
Harntrichter für männliche
Hunde 1035.
— — weibliche Hunde 1036.
männliche Schafe 1039.
weibliche Schafe 1040.
Hefe im Kot 41.5.
HefenukJeinsäure, partielle
Hydrolyse der 492.
Hefesaft durch Mazeration
947.
Hefe-Sporen, Gewinnung von
589.
Hefczählapparat 593.
Hemizelluloscn im Kot 375,
377, 378.
— — — Ausnutzung der-
selben 378.
Herzkammer für Froschherz
97.
Herzkaniile für Proschherz
96.
Hexosane im Kot 375, 377,
378.
— — — Nachweis 378.
Hexosen im Kot 375.
Hippursänre, Darstellung aus
dem Urin 315.
Hirnsäure 634.
Uirudin für Blutdruck ver-
suche 128.
Hirudini)lasma 141.
Homatropin 738.
Hühnereier, bi-fruchtete -
Untersniliung auf Stotl-
wechsel 1152.
Hünefeldsche Lösung, Be-
reitung 813.
Hydrastin 745.
Hydrazine 1:585 tf.
Hvdrobilirubin im Kot 356,
■ 389, 390, 391, 392.
393.
Nachweis 390, 391,
392.
— — — quantitative Be-
stimmung 391, 392, 393.
— Fluoreszenz des 390.
— Spektrum des 390, 393.
Hydrobilirubinogen 356.
Hypoxanthin 351.
— Nachweis im Blut 189.
Impfen 921.
Indigweiß zum Sauerstoff-
nachweis 1272.
ludikan im Harn 289.
Indikatoren 1452.
Indol im Kot 200, 353, 354.
355, 356, 357.
— quantitativer Nach-
weis 354, 355, 356, 357.
— Nachweis 316.
— Spektrum 355.
Tndoxyl im Blut 200.
Induktorium .39.
Infusorien. Kultur 1305.
Injektion, subkutane, an Frö-
schen 43.
— — am Kaninchen 119.
Injektionss])ritze Rekord 23.
— Liebberg 119
Inkubieren 917.
Inosiii aus Adenosin 494.
Inosinsäure 489.
Inosit, Nachweis 315.
Jusekteneier, Stoli'wechselun-
tersuchung 1153.
Insektivoren, Chemonastie
1301.
Isolierung fettzersetzender
Mikntorganismen 967.
Invaginationsmethode 817.
J.
.lecorin, Gewinnung aus Blut
nach Baldi 164.
— — — nach .ALiyer 165.
— — aus dem Blutlroekcn-
rückstand 165.
.lod, kolorimetrische Be.stim-
muug 1085.
Jod, mikntchemischer Nach-
weis 1136.
— Nachweis und Bestim-
mung im Bhit 160.
Jod-Jodkaiiuniiösuiig, Il.r-i-
tung 810.
Jodchlorzink 379.
Jodide, Nachweis neben Bro-
midenundnhloriiien lü65.
.Todlosung. Beagens. Bereitung
810.
Jodoform 697.
— Nachweis 697.
Jodpilze im Kot 363, ll.'i
Jodprohe nach Sachs zum
Stärkenachweis 1282.
Jodsäurelösung, Bereitung
813.
K.
Kadmium, Nachweis 773.
Kadmium-Kaliumjodid , Re-
agens 810.
Kalilauge, Nachweis 793.
Kalium, Bestimmung in Zere-
brospinalrtüssigkeit 222.
— im Harn 292.
— mikrochemische Bestim-
mung 1113.
— qualitativer Nachweis
1064.
— spektroskopi.scher Nach-
weis 1054.
Kaliumoxvd, Bestimmung des
878.
Kalksalze, gelbe 364. 412.4 1 1.
— ihre Rolle bei der I'.lnt-
gerinnung 224.
Kalkseifen im Kot 3iH. U_'.
414.
Kiüorienl'aktor 411, 412.
Kalorimeter 410. 411. 412.
— (Wolli) 356.
Kalorimetrische Fäzesunter-
suchung 410. 411, 412.
Kalziumphosphatim Kot 412.
Kampfer 1417.
Kaninchen, zum biologischen
Giftnachweis 117.
Kaninchenkiitig 118.
Kaninchenknebel 12(1.
Kaninclienthermnmeter 119.
Kapillaranalyse 1357.
Kapillaranalytische .Mothotlen
von .1. Traube 1358.
Kapillarelektnimeter 51 1 .
Kapiliarimelor 1362.
Kapillarmethode bei der (he-
umtaxis 1287 ff.
92'
1460
Register.
Karbaminsäure, Bestimmung
im Blut nach Mac Leod-
Haskins 185.
Karbaminsäure, Nachweis
185.
Karbolsäure 687.
— Nachweis 689.
— quantitative Bestimmung
690.
— Verteilung im mensch-
lichen Körper nach Ver-
giftung 688.
Karmin zur Abgrenzung des
Kotes 233. 234, 414.
Kartoifelreste im Kot 414.
Kasein 401, 402, 404.
— Bestimmung des — in der
Frauenmilch 449.
— im Kot 344.
— Nachweis 350.
Kaseinbestimmung nach Hop-
pe-Seyler 448.
— nach Lehmann 451.
— nach Matbaiopulus 450.
— nach Scbloßmanu 449.
— nach Sebelieu 449.
Kasein- und Diastasemethode,
gleichzeitige Ausführung
der 407.
Kaseingerinnsel im Kot 338,
339.
Katalase im Boden 906.
Kaulquappen 32.
Keimfreie Flüssigkeiten durch
Ultratiltration 1094.
Keimung der Samen für
Sandkultur 1265.
— für Wasserkultur 1266.
Kephalin 614, 616, 623. 625,
626, 1468.
Kerasin 629, 630. 635.
Kernverdauung 402, 403.
Ketonsäuren, a-, Isolierung
119.V
Kieseiguhrfilter 345.
Kieselsäure, qualitat. Nach-
weis 1055, 1056, 1065.
Kleberzellen 341.
Knallgasverbrennung durch
Mikroorganismen 975.
Knöllchenbakterien, Isolie-
rung von 979.
Koaguloviskosimeter (Kott-
mann) 249.
Kobalt, qualitativer Nach weis
1055, 1062, 1063.
Kochsalzlösung, konzentrierte
416.
Kodein 742, 1418.
Koliein 722, 749.
— Schicksal im menschlichen
Stoffwechsel 723.
Kohlehydrate, Umsetzungs-
produkte derselben 386,
387
— im Kot 369-378.
— in den Blutkörperchen 206.
— in Zerebrospinalflüssig-
keit 216.
— Ncahweis und Bestim-
mung im Blut 172.
Kohlehvdratstoffwechsel
1162.
— bei Mikroorganismen 933.
Kohlensäure 415, 419, 420.
— Bestimmung im Blut 157.
— Analyse na<jh Zuntz 1027.
Kohlensäurebildung und Ver-
brauch durch Mikroorga-
nismen 974.
Kohlensäureverbrauch beider
Assimilation 1281.
Kohlenstoff, Bestimmung auf
nassem Wege 301.
Kohlenstoffbilanz als Grund-
lage von Stoffwechselver-
suchen 1181.
Kokain 739.
Kolostrum 425.
Konservierungsmittel 426.
Konzentrationskette 501.
Konzentrationsbestimmung,
kapillaranalytische 1363.
Koprosterin 367.
Körperfremde Substanzen,
Verhalten im Organismus
1193.
Korsett für operierte Hunde
1045.
Kot, abgekürztes Eindampfen
des feuchten (Poda) 335.
— Abgrenzung desselben 333,
334, 414.
— Aufbewahrung des luft-
trockenen 335.
— Eindampfen des feuchten
334, 335, 336.
— — — — Vorsichtsmaß-
regeln dabei 335, 336.
— Herstellung des lufttrok-
kenen 334, 335, 336.
— Konservierung des feuch-
ten 333.
feuchten durch Chlo-
roformwasser 333.
feuchten durch Kar-
bolsäure 333.
durch Schwefelkohlen-
stoff 333.
— Pulverisierung des 334,
335.
— Sammeln des frischen 331 .
— Trocknung des 334, 335,
337.
Kot, Vorbereitung desselben
zur Untersuchung 331,
332, 333, 334, 335, 336.
Kotfänger für männliche
Schafe 1039.
— für weibliche Schafe 1040.
Kotmenge, Bestimmung der
feuchten 331, 332, 333.
— volumetrische Messung
der feuchten 332, 333.
— Wägung der feuchten 331 ,
332.
Krankheitserscheinungen,
photodynamische (Maus)
567.
(Meerschweinchen) 569.
Kreatin, Bestimmung und
Nachweis im Blut 187.
Kreatinin, Darstellung und
Bestimmung im Harn 311.
Kresol, getrennte Bestimmung
von Phenol und Parakre-
sol nach Siegfried und
Zimmermann 313.
Krustazeenplasma 267.
Kultur anaerober Bakterien
592.
Kulturenbeschaffung 913.
Kulturflasche nach Lindner
584.
Kulturgefäße für Sandkultur
1264.
— für "Wasserkultur 1267.
Kulturmanometer 595.
Kulturvakuum für Bakterien
594.
Kupfer, mikrochemischer
Nachweis 1129.
— Nachweis 773.
— qualitativer Nachweis
1055, 1058.
Kupferoxydammoniak 380.
Kupfersulfat 1446.
Kupfersulfatagar 347.
Kurare für Blutdruckver-
suche 127.
Kurvenlack 35.
Kutin im Kot 378, 379, 380.
Kymographion 33.
— in Blutdruck versuchen 128,
129.
Lackieren von Kurven -35.
Lackmuspapier 337.
Lappennaht 825.
Leber, Störungen ihrer Funk-
tion 1226.
Leptothrix ochracea 611.
Leuchtbakterien zum Sauer-
stoffnachweis 1273.
Register.
1401
Leuki)hydr<>t)ilinil)in 391.
Leukopoliin {i2i. 6:^7.
Leukozyten, (iewinniiii}: 144.
Leukozyten f'ernieiit. piolcoly-
tisches 398.
Lenzin Hfi?.
-- Nachweis im IJlut 192.
Lezithin G()8.
— im Kot 3()3, 307. 368,
412.
— Isolierung aus roten IJIut-
küi-peichen 204.
— Isolierung aas Serum KiG.
— Phosphorbestinimun-,^ 3(58.
Lezithinbestim mun^- 441.
Lichtbrecbunfisvermögen des
Milciiserunis 471.
Lichtverhältni.sse bei Kultur-
versuchen 1270.
Lignin im Kot 378, 379, 380.
Lipoide 013, 615, 619.
— Bildung 1158.
— Darstellung (513.
— im Kote 303, 3Gö, 300,
367. 308.
Lipoideiwcißsubstanzeu 619.
Löfifler-Serumplatte 398, 399,
400.
Lokalanästhetica . Wertbe-
stininiung an der mensch-
lichen Haut 122.
Lüslichkeitsbestimmung , ka-
l>illaranalytische 1 303.
Lösungen. Reizwirkung auf
Wurzeln 1296 ff.
Luftanalyse 1027 ff.
Luftkapazitiit, Bestimmung
der — des Bodens 852.
Lugolsche Lösung 363. 309.
starke 369, 414.
Lvkopodium 403.
Lymphe, Untersuchung 215.
Lysinfäulnis 965.
M.
Magensaft, künstlicher 350.
Magnesiamischung, Bereitung
813.
Magnesium, Bestimmung in
der Milch 461.
— im Harn 293.
— (inalitativer Nachweis
1064.
Magnesiumsulfatplasma 2()0.
Makroskopierteller 338, 379,
414.
Mandelins Reagens, Bereitung
813.
Mangan, (pialitativer Nach-
weis 1055, 1001, 1062.
Mannitgärung 950.
Manometer für Blutdruckver-
suche ]30-13><.
Märkersehe Mühle zum Pul-
verisieren des Ktites 334.
Markiermagnet 38.
Marmes Reagens, Bereitung
810.
Manpiis' Reagens, Bereitung
813.
Marsh-Liebigsclier .Arsennach-
weis 1071. 1078 lOSd.
Marshscher Appaiat nach
Lockemann (Abb.) 1078.
Jlaske zur Bestimmung: dt-s
exhalierten Alkohols bei
Hunden: aus Glas 1040,
aus Metall 1047, 104S.
Massenkuitkiren von Bakte-
rien 584.
Mastmethode 1 1 59.
Maus, weiße, zum biologischen
Giftnachweis 113.
Meckesches Reagens , Berei-
tung 814.
Meliturien 1212.
Menthol 1412.
Meßbrücke ölO.
Metallgifte I 700.
— II 772.
— III 773.
— IV 775.
Metallische Gifte, Untersu-
chung 701.
Metathrombin 274.
Methan 379, 415, 420.
Methangärung aus Kohlen-
säure und AVasserstuff 977.
SIethanvergärung durch Bak-
terien 977.
Methylguanidin 52, 80.
Methylieruns im tierischen
ttrganismus 1189.
Methylmercaptan 415.
Methyl Phenylhydrazin 140tl.
Methyl phenylhydrazone 1400.
Methylphenylosazone 1401 .
.Alettsches Röhrchen 398.
MikroanalytischeBestimmung
von Kohlen- und Wasser-
stoff 1311.
Mikroazotometer 1335.
Mikrochemie 1099.
Mikroelementaranalyse 1307.
Mikro-Dumas 1332."
Mikro-Kjeldahl 1344.
Mikrogasometrische Stick-
stolfbestimuiuug 11^32
Mikroorganismen i-einknlturen
912.
Mikropolarisaii'in .j(2.
Milch, Ultratiltration von
1094.
.Mileiisäure, Bestimmung in
Blut und Leber 12.')2.
und Isidierung au.- Blut
194
— - im .Muskolprelis.-ift
1258.
— Nachweis in Zerebrcspi-
nalHü.ssigkeit 22) i
— im Kot 387.
— - Nachweis 387.
— - — ijuantitative Be-
stimmung 387.
Milchsäurebazillen im Kot
415.
Milchsäurebildung in Hunde-
leber 12.')2.
Milohsäuregarung 948.
Milchzucker 452.
Milchzuckerbestimmung , ge-
wiclitsanalytischc nach
Soxhlet 452.
— maßanal vtisehe nach fjoxh-
let 455."
— polarimetrische nach Jr'chei-
be 457.
— refraktonietrische nach
Wollny 450.
Millons Beagens .354, 1451.
— — Bereitung 813.
Mineralbestantlteilf der Slilch.
Bestimmung der 458.
Mineralstoffe als Knergie-
•luellen 929.
MineralstoH'weclisel 926.
Mineralsäuren. Nachweis
784.
Monaminomonuphospbatid
010.
Morphin 754, 1418.
— als Narkotikum für die
Blutdruckbestiuunung
120.
— Verhalten im tierischen
Organismus 757.
Muskarin. Nachweis .im gan-
zen Frosch 77.
— — und Bestimmung an»
isolierten Herzen 103.
Muskelbruchstücke im Kot
341.
Muskelreste im Kot 414.
Muttersubstanzen der Aceton-
ktüper 1277.
Muzin im Kot 344. 348.
375.
Myelin 010.
Mvkoderma, .Vnhauluiig von
" 972.
Mvxomvceten. chemische
Reizbarkeit 13(X).
- Beschaffung von Material
I 1.304.
1462
Register.
N.
Nachgärung 415.
Nacbgärungsgase 415, 416.
— Gewinnung derselben 41 5.
416.
Nachverdauung im Kot 370.
Nachweis der Kohlenln-drate
abbauenden Bakterien im
Boden 895.
— von Aconilin am Frosch
75, 99.
— von Atropin am Frosch-
herzen 105.
— am Frosch äuge 112.
— am Menschenauge 122.
— von Cantharidin an der
menschlichen Haut 122.
— von Cicutoxin am Frosch
46.
— von Cotiein am Frosch
62, 85.
— von Colchicin am Frosch
50.
— — — an der Maus 114.
— von Coniin 57.
— von Curarin am Frosch
57, 87.
— von Giften mit JJigitalin-
wirkung am Frosch 63,
98.
— von Guauidin am Frosch
52, 80.
— von Muscarin am Frosch
77, 103.
— von Nicotin am Frosch
48.
— von Pikrotoxin am Frosch
46.
— von Pilocarpin am Frosch-
auge 112.
— von Rizin am Blut 29.
am Kaninchen 117.
— von Strophanthin am
Frosch 63, 98.
— von Strvchnin am Frosch
44.
— — — an der Maus 115.
— von Theobromin am Frosch
85.
— von Yeratrin am Frosch
54. 82.
Nahrung, künstliche 1156.
Nahrungseiweiß im Kot, ver-
dauliches 349.
Nachweis 349, 350.
Nahrungsreste in den Fäzes;
getrennte Bestimmung
derselben 412, 413.
Nährbodenbereitung zur Ge-
webskultnr in vitro 837.
Nährböden 922.
Nährsalzgemische für Sand-
und Wasserkultur 1269.
Nährsubstrat für Eisenbak-
terien 611.
Narcein 758.
Narkotin 743, 1418.
ß-Naphthalinsulfochlorid
1419.
ß-Naphthalinsulfoverbindun-
gen 1419 tf.
a-Naphthol 1413.
ß-Naphthol 1414.
Naphthoresurcin 1415.
ß-Naphthylhydrazin 1406.
ß-Naphthylh.vdrazone 1406.
a-Naphthylisocyanat 1426.
a-Naphthylisocyanatverbin-
dungen 1427.
Narkose zur Vorbereitung für
die Blutdruckbestimmung
126.
Natrium im Harn 292.
Natrium antimontartrat
1379.
Natrinmhydrosulfit zur Sauer-
stoff-Analyse , 1030 Aum.
Natronlauge, Nachweis 793.
Nesslers Reagens 1451.
— — Bereitung 814.
Neuronal als Narkotikum für
die Blutdruckbestimmung
126.
Neutraler Schwefel im Harn
288.
Neutralfett im Kot 363, 364,
365.
Nickel , qualitativer Nach-
weis 1055, 1062, 1063.
Nierenglomeruli , Funktion
der 1094.
Nierentransyjantation 831.
Nikotin 728.
— Nachweis am ganzen
Frosch 48.
Nitratbildner. Reinkultur von
989.
Nitrirtkation 986.
Nitritbildner. Reinkultur von
987.
Nitrobenzol 698.
— Nachweis 699.
Nitrophenylhydraziue 1397.
Nitropheuylhydrazone 1398.
Nitrophenylosazone 1399.
Nitroprussidnatrium 1440.
Normalelement 512.
Nukleinbasen 344, 351, 352,
353.
Nukleine der Fäzes 343.
Nukleinphosphor 353.
Nukleinsäuren, partielle Hy-
drolvse von 489.
Nukleoproteid der Fäzes 343,
348.
— — — Entfernung des-
selben 344. 345.
Nylanders Reagens 1451.
Nylauders Probe 376.
Obermaj'ers Reagens 1451.
Ölsäurecholesterinester . Dar-
stellung aus Serum 167.
Optische Methode 575.
Orcin 1412.
Organe, frische, normale,
Untersuchung von 1151.
— isolierte Untersuchung an
1245.
Organeiweiß 659.
— Aderlall , Immunisierung
672.
— Darstellung 661.
— Eigenschaften 662.
— bei Phosphor-, Arsenver-
giftung 672.
— quantitative Verhältnisse,
normal 667.
Orotsäure 464.
Osmiumteti-oxvd 1448.
Ovolezithiu 627.
Oxalatplasma 141, 258.
Oxalsäure 789.
— Giftwirkung 790.
— Nachweis 791.
— Verteilung im Organismus
bei Vergiftungen 790.
Oxalsäuregärung 950.
Oxj'buttersäure, Nachweis und
Bestimmung im Blut 199.
Oxvcholesterine, Nachweis im
"Blut 171.
Oxydasen 467.
Oxydationsvorgänge der stick-
stoffhaltigen organischen
Substanzen im Boden 872.
d-p-Oxyphenyl-milchsäure
aus 1-Tyrosin 962.
Oxyproteinsäure , Isolierung
'aus Blut 194.
Oxysäuren aus Aminosäuren
durch Schimmelpilze 960.
— im Kot 353, 354.
Palladiumschwamra 420.
Palmitinsäurecholesterinester,
Darstellung aus Serum
168
Pankreasdiabetes 1207.
Pankreasdiastase 377.
Pankreassaft 403.
Hejfister.
146H
l'urumyelin (Jl6.
Paranuklein 350.
Parasiteiieier im Kot 414.
Partielle Hydrolyse der Nu-
kleinsäuren 489.
Pavysche l.i'>sun;; 14öl.
Pt'lif;-otn')hre B-iS.
Penicillium brevicaule zum
Arsennachweis 4.
Penttisaneini Kot, Berechnung
nach der Fröherschen Ta-
belle 378.
— — — Nachweis 375.
377.
— — — «luantitative He-
stimmuns 377, 378.
Pentosen im Kot 375, 377,
378.
Pepsin-Salzsiiure 340, 350.
Pejitonplasma 2G8.
Perhydrol 395.
Pettenkofersche Probe 388,
389.
Ptlanzenreste im Kot 375.
Ptlanzenstcn;j:el, Chemotropis-
uius 1298.
Pharniaküdynaniische Wirk-
samkeit, kapillaranalyti-
sche Bestimmung der
1307.
Phasin, Nachweis am Blut 80.
Phenacetin 717.
Phenol 1408.
— im Kot 353, 354.
Phenole, Bestimmung im Harn
313.
Phenolphthalein 337.
Phcnolphthalin 397.
Phenylcinchoninsäure , Aus-
schwemm ung von Harn-
säure mit 1 183.
Phenylhydrazin 1385.
Phenylhydrazone 1387.
Phenyli.socyanat 1423.
Phenvlisocvanat Verbindungen
1423 tr.'
Phenyiosazone 1390.
Phenylsulfochlorid 1439.
Phloroglucin 1411.
Phosphate im Harn 290.
Pho.sphatide 614, 616. 619,
620, 623. 624, 625, 627,
633, 636.
Phospho-d-ribonsäure 490.
Phosphor, Nachweis 348.
— — im Nukleoproteid der
Fäzes 348.
— — nach Blondlot und
Dusart 678.
nach Mitscherlieh 676.
— mikrocliemisclier Nach-
weis 1138.
l'liiis|ihor, (|uantitativf Be-
stimmung 1081, 1082.
— 711 m .'-iauerstoünacliweis
1271.
Phosphorbestimiiiung im Kot
348.
Phosphorige .Säure, Nacliwois
nach Bhmdlot und i'usart
678.
Phosphormol xbdänsaure. Re-
agens 811, 144S.
Phosphorsalz pf-rle 1055.
Phosphorsäure, Bestimmung
der — in Milch 461.
in Zerebrospin.allliissiü:-
keit 221.
Phosphorsiiureanliydrid . Ui-
stimmung des 875.
— und Kalinmiixyd, l'^ine
biochemi^eiie ^lethode zur
Bestimmung des 875.
Phos]>hoi-suli"atid Ci.'K).
Pliospiiorvergittung 1217.
Phosphorwollramsäure 1447.
— Reagens 812.
Photodynamische Wirkungen
auf Warmblütler 566.
Phrenosin 629. 6.30, 631,
635.
Physikalische Untei-sucbungs-
methoden 469.
Phvsostigmin 741.
— Nachweis am Frosch-
auge 112.
— — am .Menschenange
122.
Pikrate 1436.
Pikrinsäure 713, 1435.
— Reagens 812.
Pikrolonate 1437.
Pikrolonsäure 1437.
— Reagens 812.
Pikrotoxin 709.
— Nachweis am ganzen
Frosch 46.
Pilokarpin 74(').
— Nachweis am Frosch-
l'lalinrhlorid 1441.
K.ag.-iK KIO.
; Platin.salze 1441.
. Polarisationskreuz nach Brevv-
8tcr ;i8«;
' Pnllenschiaurhe , Chemotro-
pismus ]:MH).
— für<'hcn)otropirimus \'M)-l.
Probediat (Ad. ."-Jchmidt) »13.
414.
Bn-nnwert 414.
d.taiUierte 413. 414.
— einfache 413. 414.
— Roh: ■ • '! 414
Tro. 414.
— ZeUulosegehalt 414.
i'riibeitiätsttihl, makroskopi-
sche I'ntersuehung 412.
«hemisehe Untersuchung
desselben 415.
mikroskopi.sclies natives
Präparat 414
mikri)skopisehe l'iiter-
.suchung 414. 415.
1 Pmün , Bestimmung nach
! van .Slyke KXlCi.
Propionsäure im Kot .3.S6.
387.
j Protagon 616, 628, 629, (Uia.
' Pniteinsäuren . Bestimmung
im Blut 194.
— Isolierung 192.
Prothesenmethode 818.
l*rotozoen, Prüfung von (iiften
an 18.
Pseudocercbrin (509.
Ptimiaine 808.
Pulsati.men 1094.
I'ulverisierung des Kotes,
Miirkersche Mühle dazu
334.
Purinbasen 351. 352. 3.53.
— Nachweis 351. 352. 3.53.
— im Harn 288.
I Pyknometer 336.
Pyramidon 75(1.
pVn.:r:ilIol 1 11(1
auge 112.
Pilzfrucht träger und Pilz-
fäden, ("hemntropismus
1298.
Plankton-Untersuchung 637.
Plasma, Bestimmum:: des re-
lativen A'iilums von Fnrm-
elementen nach Bleibtreu
153, nach Bunge 148.
nach Hoppe-Sevler 148,
151.
— Gewinnuni: 139.
— stabiles 2(52.
— Untersuchung ties — auf
einzelne Bestandteile 161.
ijuarzsand für £«andkultnr
12()4.
(^uei'ksilt»ei-. Nachweis 772.
— c|ualitativer Nachweis
KMU» l(Jt;8.
i|uanlitative Bestimmung
1084.
(Quecksilberchlorid 1444.
liufcksilbercvanid. Nachweis
686.
— neben Blutlaugonsalz,
Nachweis 686.
1464
Register.
yuecksilber-Kaliumjodid, Re-
agens 811.
Quecksilber-Manometer 131.
— fürBakttrienkulturen 596.
Eeagentien zum Nachweis
von Kohlehydraten 1385.
— — — von Eiweißstoffen
und Aminosäuren 1419.
Reagenzlösungen 1449.
Reaktion der Fäzes 337,
415.
— (jualitative Prüfung
337.
— — — quantitative Prü-
fung 337.
— physiologischer Flüssig-
keiten, Bestimmung 317.
Reduktasen 468.
Reinkulturmethoden 923.
Reizbarkeit, chemische
1286 ff.
Reservestoffe, Bildung 1156.
Resorcin 1409.
Respiration, Störungen der
1237.
Respirationsgas -Analyse
1027 ff.
d-Ribosephosphors;iure 489.
Ringerlösung, froschisotonisch
79.
Rizin, Nachweis am Blut 29.
— — am Kaninchen 117.
Rohfaser im Kot 378, 379,
380, 381, 382, 385.
— — — chemischer Nach-
weis 379.
— — — makroskopischer
Nachweis 379.
— — — mikroskopischer
Nachweis 379.
— — — quantitative Be-
stimmungsmethoden 380,
381, 382.
Rosolsäure 358. 359.
.^accharomj'zeten, Sporen 589.
Sägespäne zur Keimung von
Samen 1266.
Sahidin 627.
Salizylsäure 718.
— Bestimmung 719.
— Nachweis im Harn 719.
Salpetersäure, Nachweis 786.
Salpeterschmelz verfahren
1072.
Salze, anorganische im Blut
200.
Salzsäure, Nachweis 785.
— mikrochemischer Nach-
weis 1146.
Samenfäden von Moos- und
Farnpflanzen für Chemo-
taxis 1304.
Samenmaterial für Kultur-
versuche 1270.
Sandkultur 1263 ff".
Santonin, Nachweis 797.
— Untersuchung 795.
— Verhalten im Tierkorper
796.
Saponine 803.
— Nachweis 806.
— — am Blut 26.
Saprolegniaceen für Ohemo-
tropismus und Chemo-
taxis 1303.
Sargdeckelkrystalle im Kot
331.
Sarzine im Kot 415.
Sauerstuff 415, 416, 419.
— Bestimmung des — in der
Bodenluft 851.
Sauerstoffanalyse nach Zuntz
1027.
Sauerstoflgemische, hochpro-
zentige Analyse der 1031.
Sauerstotfnachweis bei der
Kohlensäureassimilation
1271 ft-.
Sauerstoö'verbrauch durch Mi-
kroorganismen 972.
Säuregehalt der Milch 472.
Säuregrad der Milch 473.
Scheiblers Reagens, Berei-
tung 812.
Schicksal intermediärer Stoff-
wechselprodukte 1190.
Schilddrüsenpräparate, Wert-
bestimmung an der Maus
117.
Schimmelpilze zum Nach-
weis von Arsenik 3.
Schleim aus dem Dickdarm
340.
— aus dem Dünndarm 340.
— im Kot 337, 339, 375,
414.
— Differentialdiagnose
gegen Bindegewebe 339,
340.
makroskopische Fär-
bung 340.
mikroskopische Fär-
bung 340.
Schleiminseln, hvaline 340,
341.
Schleimsäure 378.
Schreibhebel zum bioK)gischen
Giftnachweis 36.
Schwefel, Bestimmung im
Harn 307.
— neutraler, im Harn 288.
— quantitative Bestimmung
1081.
Schwefelbestimmung , mikro-
analytische 1350.
Schwefelkohlenstoff 701.
— Bestimmung in der Luft
702.
— Nachweis 702.
Schwefelsäure , Bestimmung
der — in Milch 463.
— mikrochemischer Nach-
weis 1145.
— Nachweis 788.
Schwefelwasserstoff 415, 417.
Schwefel Wasserstoff bildner,
Erkennung von 991.
Seh wellen bestimmung bei der
Chemotaxis 1289.
Scopolamin, Nachweis am
Froschauge 112.
— — am Menscheuauge 122.
Sehnenstückchen im Kot 414.
Seidenpeptou 402 .
— Darstellung 578.
Seidenraupe , Stoffwechsel
1153.
Sekrete in normalen Fäzes,
getrennte Bestimmung
derselben 412. 413.
— im normalen Kot, Fehler
bei deren getrennter Be-
stimmung 412.
Sekretionstätigkeit bei Pflan-
zen 1302.
Selenigsäure-Schwefelsäare-
Reagens, Bereitung 814.
Serum, Bestimmung des rela-
tiven Volums von Form-
elementen, nach Bleibtreu
153, nach Bunge 148,
nach Hoppe-Seyler 148,
151, nach Stewart 149.
— Untersuchung des — auf
einzelne Bestandteile 161.
Serumalbumin 344.
Serumgewinnung 142.
Seramglobulin, Bestimmung
in Zerebrospinalflüssigkeit
216.
Siderocapsa Treubii 611.
Silber, Nachweis 776.
— qualitativer Nachweis
1057.
Skatol im Blut 200.
— im Kot 353, 354.
— Spektrum 355.
Solanidin 806.
Solanin 806.
— Nachweis am Blut 26.
Repister.
1 iH')
Sonnenscheins Reagens, Be-
reitunj; 811.
Sorbit, Oxydation v.in '.)7U.
Sorbose, Darstdlnn}; vim '.171.
Spektralanalyse l(l.')l.
Spektral laiiipcii, {{(.'ckmann-
schf 1051.
Spektrophotometer 3'.)2, 3i>3.
Spektroskop H)'V.].
Spezifisches Gewicht, Bestim-
mung des — in Milch
426.
— — des Kotes 336.
Messung desselben 33G.
Sphingdgalaktoside ()2.'\ ti2'.).
Sphingomyelin (130, 635.
SphingDiiivelincadmiuni-
chloriti 634.
Sphiugosin 635.
Spirophvllum ferrugincum
931.'
Sporen. Saccharomvzeten
591.
— Bakterien 591.
Stalagnionieter 1.S58.
Stärke im Kdt 3H9— 376.
— — — chemischer Nach-
weis .'569—376.
— — — Fehler bei der
quantitativen Bestimmung
375. 376, 412.
Inversion 372, 375.
— — — mikrochemischer
Nachweis 369.
— — — Nachweis durch
die G;inin<:<probe (Ad.
Schmidt) 370, 371, 872,
376.
— — — Nachweis durch
Inversion 369.
— — — Nachweis durch
die Phenvlhvdraziniirol)e
369, 370".
— — — quantitative Be-
stimmung 372. 373, 374,
375, 376.
— — — (piantitative Be-
stimmung durch die ge-
wichtsanalytischen Kup-
ferniethoden 375.
— — — quantitative Be-
stimmung flureli die Kup-
ler-Rliodanürmethode372,
373. 374, 375. 412.
— — — Reversion 375.
Stärkeabbau durch Mikroor-
ganismen 93r).
Stärk'^'lösungcn, ritraliltra-
tiou von 1094.
Stative zum biologischen (Üft-
nachweis 36.
Steine im Kot 414.
Stichproben bei l'ianktun-
untersuchuug 642.
Stickoxydulbildung und Ver-
brauch 9H5.
Stickstnir415, 416. 417, 420
— Bestimmung des — in
Milch 44C).
— Bestimmung nach Kjeldahl
295.
— — — Kjeldahl im Kot
341. 342. 343.
Stickslollliedarf der Mikm-
organismen im Buden
871.
Stickstollbilanz als Grund-
lage von Stiillwr-ehse!
Untersuchungen 1176
StickstoÜbindung durch .Mi-
kroorganismen 97S.
Stickstoirhaltige Bestandteile
der Fäzes 337-363.
— Fäzesbestiindteile , ma-
kroskopischer Nachweis
337, .338. 3.39. 340. 341.
mikroskopischer Nach-
weis 337. 338. 339, 340.
341.
— — mikrochemischer Nach-
weis 337, 338, 339, 340,
341.
— Nahrungsreste in den
Fäzes 337. 338. 339.
341, .342. 343. 344. .349.
— l'rodukti,' der Darm wand
337. 339. 340. 341, 342.
34.3. 344. 345. 34»'), 347.
348, 349.
Stoffwechsel, intermediärer
1148.
Stoffwechsclkätig lür Katten
1043.
.Schafe 1037.
Stofl'wechselstorungen 1 244.
Stoffwechselunter>uchung bi-i
Mikronigani.smen 911.
Stroma. Isolierung nach Pas-
cucci 147.
Piettre-Vila 147
— — — Woiildridge 146.
Strontium, qualitativer Nach-
weis 10C>4.
— spektro^kopisclur N:ich-
weis 1054.
Strophanthin vgl. Pmdukte
mit Digitalinwirkung 63
Strychnin 732.
Nachweis am g:inzen
Froscii 44.
— — an der Maus 11.")
— neben Brucin. Nachwei!.
735.
Sublimat 1444.
Sublimatproli* (Ad. Schmidt)
3'.K», 393. 415.
Sudan III 3<>4.
n.39.
liarn 288.
— Bmluktion von — zu
-•' ■ • 't^U.
Sull
Sullit«. 1 1 • und
.Schwefel. ;. . .„liun Von
993.
Sulfonal, Nr. T9H
— — im li -^
— Untersuchung 795.
-' : rarenin llM'.. WJ.
•Ii.-v:.. im Ti<Tk"r|K»r 1155.
.-y-- der I'n-
i «;ift«,
("bersicht 776.
Taurin 38S.
T.iurocliols.iiiro ]]'M).
-- im Kot : I
Teilungskoe!.,, , ,,,. ... kapil-
laranalytische Bestiro-
niung Von 1363.
Theobromin ver^l Coffein 20.
Thiosulfate, Oxydation von
993.
Thrombin (Thmmbase, Fibrin-
terment) 224.
— Methoden zur Dar^telluDK
vou 275.
— ((uantitative Bcstimmuni;
des 279.
Thromb Igen 225. 277.
Thromii ikinase 226. 277.
Thymol 1413.
Thymuskeme 4(^3.
Tierische Gifte. Nachweis am
Blut 26.
'ron^initer 134.
Tortwa.s.-«er ftir Kisonbakterien
612.
T..r. • ••• ■■■-■'
T.i h 475.
Toxi.-che \S i; ;, kapil-
lar:inalyli-. n. i^'^tini-
muiii: der 13(57.
'rr;tiisplanlatioH von Gvfaflen
828
— von Organen 8lJ9.
T ■ •■ n 399.
Iril.
1 :. ..
Tri..
— l . .
TritJkon..
re 498
133
Abderhal df n . )tandhnrh dor biorhuiniichi'n ArbciMtnrthoden. V.
93
1466
Register.
Trockenröhre 592.
Trockenrückstand im Blut
155.
— des Serums, Gewinnung
bei größeren Blutmengen
212.
Trockensubstanz, Bestimmung
der — in der Milch 427.
in Zerebrospinalflüssig-
keit 221.
— des Kotes 337.
— — — Bestimmung der-
selben 337.
TrommerscheProbe 369, 1447.
Tropfenzählapparat 1360.
Trvpanosomen 1371, 1379.
Trvpsin im Kot 397, 398,
^399, 400, 401, 402, 403.
— — — Methoden zum
Nachweis 398, 399, 400.
401, 402, 403.
Trypsinnachweis, Kapselme-
^ thoden 401.
— Kaseinmethode 401. 402.
— Kernprobe 402, 403.
— Plattenverfahren 398, 399,
400,
— Seidenpeptonmethode
402.
Tuberkelbazillen im Kot
363.
Tuscheverfahren zur Rein-
kultur 585.
Tyrosin 357, 402.
— Nachweis im Blut 192.
u.
Überempiindlichkeit, vgl.
Anaphylaxie 5600'.
Überimpfung bei Sauerstoff-
abschlnß 924.
Überosmiumsäure 364, 1448.
Überschwemmung des Kör-
pers mit bestimmten Sub-
stanzen zum Studium von
Stofiwechselzwischenpro-
dukten 1183.
Übersicht der Gruppe I der
Gifte 776.
II der Gifte 778.
III der Gifte 783.
Ufifelmanns Reagens 387,
1452.
— Reaktion 1446.
ültrafilter 1086, 1087.
Ultrafiltration 1086—1094.
— fraktionierte 1094.
Ultrafiltrationsapparat 1088.
Umwandlung mehrwertiger
Alkohole durch Mikro-
organismen 969.
Untersuchung auf organische,
mit Wasserdämpfen nicht
flüchtige Gifte 706.
■ — — Phosphor und andere
mit Wasserdämpfen fluch'
tige Gifte 675.
Urethan als Narkotikum für
die Blutdruckbestimmung
126.
Uridin 496.
Uridinphosphorsäure 496.
Urin. Analyse 281.
Urinbeimengung zu den Fä-
zes 331.
— — — Nachweis 331.
Urinvolumen 282.
Urobilin 356, 390.
— Nachweis im Harn
315.
Urobilinogen 356.
Urochrom im Blut 193.
V.
Valeriansäare im Kot 387.
Yanadin-Schwefelsäure-Re-
agens. Bereitung 813.
Veraschnng des Kotes, feuchte
409. 410.
Veratrin 730, 1418.
— Nachweis am ganzen
Frosch 54.
— — am isolierten Skelett-
muskel 82.
— — an der menschlichen
Zunge 122.
Verdauungsgemische, Unter-
suchung nach van Slvke
1006.
Yerdauungstrakt, Schädigun-
gen des 1232.
Verfahren von Stas-Otto
707.
— zur Bestimmung verschie-
dener Blutbestandteile in
einer Blutportion 209.
Vergärung der Ameisensäure
968.
— der Buttersäure 969.
— der Essigsäure 969.
— der Glutamin säui'e durch
Hefe 960.
— des Leuzins durch Hefe
958.
— des Tyrosins durch Hefe
959.
Vernin 493.
Veronal 720.
— Nachweis im Harn 721.
Verpuflüng 417, 420.
Verreibung des frischen Kotes
338, 414.
Verseifungsverfahren als Fett-
bestimmungsmethode
477.
Versuchsanordnung zur elek-
trischen Reizung 39.
Verteilung einzelner Bestand-
teile des Blutes auf Serum
und Formelemente 213.
Virus, filtrierbarer 1094.
Viskostagonometer 1361.
Vogelplasraa 264.
Volumeter zur Messung größe-
rer Kotmengen (Stras-
burger) 332, 336, 359.
— — — kleiner Kotmengen
(Sato) 332, 333, 349.
— (Strasburger) 332,
349.
Volvocaceen-Kultur 1304.
Vorproben in der Aschen-
analyse 1055.
Wachstumsförderang durch
chemische Stolfe 1294.
Wanderungsgeschwindigkei-
ten (Tabelle) 504.
Wärmeverhältnisse bei Kul-
turversuchen 1270.
Wasser, optisch leeres 1094.
Wasserbestimmung im Boden,
hygroskopisch und mecha-
nisch absorbiertes Wasser
845.
Wassei'dampf in der Boden-
luft 851.
Wasserkapazität des Bodens
845.
Wasserkultur 1266 ff.
AVasserstoff 379, 415. 420.
Wasserstoff bildung und Ver-
brauch bei Mikroorganis-
men 974.
Wasserstoffoxydierende Bak-
terien 975.
Weber-van Deensche Blut-
probe 394. 395.
Weendes Verfahren 380, 381.
Wertbestimmung von Adre-
nalinlösungen lOß, 112.
— von Digitalisblättern 68.
— von Fiebermitteln 118.
— von Lokaianästheticis
123.
— von Nebennierenpräpara-
ten 106, 112.
— von Schilddrüsenpräpara-
ten 117.
Weston-Element 512.
Wippe zum biologischen Gift-
nachweis 41.
Register.
14G"
Wismut, Nachweis 773.
— qualitativer Nachweis
1058.
■Wismut-Kaliumjodid, Re-
agens (Sil.
Würmer im Kot 414.
Wurzeln, Kultur für Rciz-
versucho 1304.
Wurzelchemotropismus
1294a.
Xanthin 351.
Xanthoproteinreaktion 338,
339.
Xanthüsin 493.
Xylan im Kot 377, 378.
Xylose im Kot 377, 378.
Zeitmarkieruhr 37.
Zellulose, Ausnützungs ver-
suche 385. 386.
— im Kot 378, 379. 380,
381,382, 383. 384, 385,
386, 412, 414.
— — — makroskopischer
Nachweis 379.
— — — Methoden zum
quantitativen Nachweis
382, 383, 384, 385, 386,
387.
Zellulose, Ausnützungsver- '
such , mikrochemischer
Nachweis 379. 380.
— _ — mikroskopischer
Nachweis 379.
— — — verdauliche 379,
380.
— Umsetzunp:8|)rodukte der-
selben 379. 3S6, 387.
— zersetzende Fähigkeit dfs
Erdbodens 890.
Zelluloseallbau 93:?.
Zellulosegehalt der Probediiit
414.
Zelluiosemethoden, Vorsiclits-
maßrei^eln dab.-i 3S2, 3S4,
385, 38G.
Zellulosezersetzung, aerobe
892.
Zerebrospinalfliissigkeit . Me-
thoden zur .Aufarbeitung
der 215.
Zersetzung der Alkohole durch
Mikroorganismen 969.
— — Fettsäuren 968.
Zerstörung der organischen
Substanz mit Chlorsäure
764.
— Substanz nach Fre-
senius und V. Babo. 761,
1066, nach Loekemann
1074- 1076, nach l'rings-
heim 1080, nach Wolf
und Üsterberg 1081.
Zerstörung der organischen
Substanz nach C Mai
IVA.
Zink, Narliwi'i'. 774.
Zinkehlori«! 1445.
Zink-Kaliumjodid , RiMigeOK
811.
Zinn, qualitativer Nachweis
1().')9.
Ziniichlorürlösunt; , Kragens
auf .Arsen, Hen-itung 814.
Zitroni-nsaure. Bestimmung in
Milch 4(i5.
Zitronensäuregärung U5(J.
Züchtung anaerober Bakterien
923.
Zucker, virtueller im Blut
I7r,.
— im Kot 37(i.
— — - Narliwfis 37<>.
— — — (iuantitati\ ■• H.-
stimmung 376.
Zuckerbestimmung, laüclie
zur 374.
Zu.saromensetzungdfr Frauen-
milch 423.
— der Milch 422.
— — — anderer Tiere 424.
Zwischenprodukt»- des Stoff-
wechsels in Kxkr.'ten.
Nachweis von 1182.
Zytase 379.
Zytidin 495.
Zytidinphosphor^äure 49(i.
ntfEHTT LltRASr
N.CStaU C*Utit
93'
Nacliträge und Bericlitigimgen.
Auf Seite 904. Im Kapitel, welches die biologische Absorption behandelt, soll es
wie folgt heißen:
Die Lösung wird hernach sterilisiert und fürdie sterilisierten Röhren mit Chloro-
form versetzt.
Ebenso soll es auf der gleichen Seite bei den Versuchen über die Absorption
des Phosphat-Ions folgendermaßen lauten:
Zur Bestimmung des biologischen Absorptionsvermögens des Phosphat-Ions wird
die Lösung so zubereitet, daß mau 25"2 g CaH^ (P04)2 . H^O (chemisch rein) in 2000 cm^
Wasser löst, diese Lösung sterilisiert und für die sterilisierten Röhren mit einer ge-
nügenden Menge von Chloroform versetzt.
Seite 614. Schluß des ersten Abschnittes. Ferner S. 624, S. 615. Herr Dr. Parnas
verwahrt sich in einem Briefe an den Herausgeber gegen die Angabe , als hätte er das
betreffende Verfahren von S. Fraenkel übernommen. Seine Arbeit 1. über Kephalin
trägt das redaktionelle Einlaufsdatum vom 4. Oktober 1909, diejenige Fraenkels 2. ist
am 9. Oktober 1909 erschienen: vgl. 1. Bloch. Zeitschr. 22. S. 411 (1909); 2. Bioch.
Zeitschr. 21. S. 321. Was in beiden Arbeiten in gleicher Weise angewandt wird, das
sind ältere Arbeiten anderer Forscher oder entnommene Metlioden. So die Acetonhärtung ;
3. Biochem. Zeitschr. 19. S. 254, erschienen in der ersten Augustwoche 1909; 4. Rosen-
heim, Jouru. of Phys. 34 (1906); 5. Zeitschr. für physiol. Chem. 49. S. 286 (1906);
6. Handbuch. V. S. 631 und Biochem. Zeitschr. 19. S. 254; Über die Extraktion und
Fällung: 7. Zeitschr. für physiol. Chem. 36. 134 (1902); 8. Thudichum, Chemische Kon-
stitution des Gehirns. 1901 passim; Über Petroläther: 9. Glikin. Pflügers Arch. 95.
I. Bang, Erg. d. Phys. 6. 147, 148; 10. 1. c. S. 129; 11. Journ. de Pharm, et de Chim.
24. S.lOl (1906).
Hingegen hält Fraenkel seine Behauptungen vollinhaltlich aufrecht, da seine
Methodik in ihren Grundzügen vor der Publikation von Parnas dreimal veröffentlicht
wurde, wm\ zviar in Asher-Spiro: 1. Ergebnisse der Physiologie. VIII. Jahrg. S. 212 — 253
(1909). 2. Biochem. Zeitschr. 19. S. 2.54 (1909). 3. Biochem. Zeitschr. 21. 321 (1909).
Emil Abderhalden.
Druck von fiottlieb Gistel & Cic, Wien, 111., Jlünzgasse 6.