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Full text of "Handbuch der biochemischen arbeitsmethoden"

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NORTH  CAROLINA  STATE  UNIVERSITY  LIBRARIES 


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HANDBUCH 


DEK 


BEAKBEITET   VON 

Prof.  Dr.  E.Abderhalden,  Halle  a.S.  —  Prof.  Dr.  W.Autenrleth,  Freibnrg  i.  Br  —  Prof.  Dr.  H.  Bech- 
hold,  Frankfurt  a.  M.  —  Dr.  M.T.  Burrows,  New- York  —  Prof.  Dr.  A.  Carrell,  New-York  —  Dr.  Max 
de  Crinis,  Graz  —  Dr.  phil.  Edelstein,  Berlin  —  Exz.  Geh.  Rat  Prof.  Di.  Emil  Fischer,  Berlin  —  Prof. 
Dr.  Otto  Polin,  Boston  —  Prof.  Dr.  Sigmund  Fränkel,  Wien  —  Prof.  Dr.  Fühner,  Freibnrg  i.  Br.  —  Priv.- 
Doz.  Dr.  Fuhrmann,  Graz  —  Geh.  Rat  Prof.  Dr.V.  Mensen,  Kiel  —  Prof.  Dr.  M.  Kumagawa,  Tokio  —  PriT.- 
Doz.  Dr.  E.  Letsche,  Tübingen  —  Dr.  phil.  P,  A.  Levene,  New-York —  Prof.  Dr.  Lockemann,  Berlin  — 
Dr.  H.  Lohrisch,  Chemnitz  —  Prof.  Dr.  E.  S.  London,  St.  Petersburg  —  Prof.  Dr.  Macallum,  Toronto  — 
Prof.  Dr.  Leonor  Michaelis,  Berlin  —  Prof.  Dr.  Morawitz,  Freibnrg  i.  B.  —  Prof.  Dr.  Franz  Müller, 
Berlin  —  Prof.  Dr.  Otto  Neubauer,  München  —  Dr.  M.  Nierenstein,  Bristol  —  Prof.  Dr.  Hermann 
Pfeiffer,  Graz  —  Dr.  L.  Pincussohn,  Berlin  —  Prof.  Dr.  Pohl,  Prag  —  Prof.  Dr.  Pregl,  Innsbruck  — 
Priv.-Doz.  Dr.  Ernst  G.  Pringsheim,  Halle  a.S.  —  Priv.-Doz.Dr.  H.Pringsheim,  Berlin  —  PriT.-Doz. 
Dr.  Rohde,  Heidelberg  —  Dr.  P.  Rona,  Berlin  —  Dr.  van  Slyke,  New-York  —  Hofrat  Prof.  Dr. 
J.  Stoklasa,    Prag  —  Prof.  Dr.  J.Traube,  Kerlin  —  Priv.-Doz.  Dr.  VÖItz,  Berlin. 


HERAUSGEGEBEN  VON 


PROF.  DR.  EMIL  ABDERHALDEN. 

DIREKTOR  DES  PHY-SIGLOGISCHEN  INSTITUTES  DER  UNIVERSITÄT  HALLE  A.  S. 


FÜNFTER  BAND. 


ZWEITER  TEIL. 


MIT  139  TEXTABBILDUNGEN  UND  1  FARBIGEN  TAFEL. 


URBAN    &    SCH^A^ARZENBERG 

BERLIN  WIEN 

N.,    FRIEDRICHSTRASSE  105b  I.,    M  AXIMILIANST  R  ASSE  4 

1912. 


ALLE  RECHTE  VORBEHALTEN 


Copyright,  1912,  by  Ürban  &  Schwarzenberg,  Berlin. 


IiilialtsYerzeichnis 

zum   1.  und  2.  Teile. 

Seite 
Nachweis  und  Bestimmung  von  Giften    auf  biologischem  Wege.    Bearbeitet    von 

Prof.  Dr.  Hermann  Fühner,  Freiburg-  i.  Br \ 

Nachweis  mit  Hilfe  von  Schimmelpilzen 3 

,,             V        „        •,     Protozoen • l^^ 

„       „     Blut 21 

1.  Häniolyse 24 

2.  Agglutination 28 

Nachweis  mit  Hilfe  von  Amphibien 30 

„  „         „         „     Säugetieren II3 

Übersicht  der  Gifte,  deren  Nachweis  und  Bestimmung  beschrieben  ist 123 

Methoden  zur  Bestimmung  des  Blutdrucks.   Bearbeitet  von  Privatdozent  Dr.  Erwin 
Eohde,  Heidelberg ' 125 

Methoden  zur  Aufarbeitung  des  Blutes  in  seine  einzelnen  Bestandteile.  Bearbeitet 
von  Privatdozent  Dr.  E.  Letsche,  Tübingen 139 

I.  Gewinnung  von  Plasma,  Serum  und  Formelementen 131) 

II.  Bestimmung  des  relativen  Volums    bzw.  Gewichts    von  Formelementen  und 
Plasma  oder  Serum 148 

III.  Bestimmung  des  Trockenrückstandes,  des  Ammoniaks,  der  Kohlensäure  und 
der  Aschenbestandteile 155 

IV.  Untersuchung  des  Plasmas  und  Serums  auf  einzelne  Bestandteile     ....  161 

1.  Eiweißstoffe 161 

2.  Fette  und  fettartige  Substanzen 161 

3.  Kohlehydrate 172 

4.  Extraktivstoffe 180 

5.  Anorganische  Salze 200 

V.  Untersuchung  der  Formelemeute  auf  einzelne  Bestandteile 202 

1.  Eiweißstoffe 202 

2.  Fett  und  fettartige  Bestandteile 204 

3.  Kohlehydrate 206 

4.  Extraktivsubstanzen 208 

5.  Anorganische  Bestandteile ....  208 

VI.  Verfahren  zur  Bestimmung  verschiedener  Blutbestandteile  in  einer  Blutportion  209 

...  a* 

1R40'; 


IV  Inhaltsverzeichnis. 

Seite 

VII.  Bestimmung  der  Verteilung    einzelner    Bestandteile    des    Blutes    auf  Serum 

(Plasma)  und  Fornielemente 213 

Untersuchung  der  Lymphe 215 

Methoden  zur  Aufarbeitung  der  Zerebrospinalilüssigkeit 215 

1.  Eiweißstofle 216 

2.  Kohlehydrate 216 

3.  Fett  und  fettähnliche  Substanzen 217 

4.  Extraktivstoöe 218 

5.  Anorganische  Bestandteile 220 

Die  Blutgerinnung.  Bearbeitet  von  Prof.  Dr.  P.  Morawitz,  Freiburg  i.  B 223 

I.  Einleitung 223 

A.  Neuere  Anschauungen  über  Blutgerinnung 223 

B.  Allgemeiner  Gang  einer  Untersuchung  der  Gerinnungsfähigkeit  d6s  Blutes    .  230 

II.  Methoden  zur  Bestimmung  der  Gerinnungszeit 231 

III.  „  „    Gewinnung  tibrinogenhaltiger  Flüssigkeiten 253 

IV.  Gerinnungsbefördernde  Substanzen 273 

Die   vollständige    Analyse    eines    24stündigen    Urins.    Von    Prof.  Dr.  Otto  Folin, 
Boston 281 

Aufsammeln  und  Aufbewahrung  des  24stündigen  Urins 281,  282 

Urinvolumen,  Spezifisches  Gewicht,  Gesamtaziditäi 282,  283 

Ammoniak 285 

Harnstofi' •     .  286 

Harnsäure 288 

Purinbasen 288 

Anorganische  Sulfate,  ätherische  Sulfate  und  ..neutraler"  Schwefel 288 

Gesamtschwefel 289 

Indikan 289 

Phosphate 290 

Chlor 291 

Natrium  und  Kalium 292 

Calcium  und  Magnesium 293 

Nachweis  und  Bestimmung    der  Eiweißabbauprodukte    im  Harn.    Bearbeitet    von 
Dr.  med.  et  phil.  Peter  Roua,  Berlin 295 

Bestimmung  des  Gesamtstick stotfs 295 

,,  „     Kohlenstoffs  organischer  Substanzen  auf  nassem  Wege  ....  301 

Ammoniak 304 

Schwefel 307 

Aminosäuren 309 

Harnstoff 310 

Kreatinin 311 

Phenole 313 

Hippursäure 315 

Urobilin 315 


luhaltsverzeichnis.  V 

Seite 

Inosit 315 

Indol 31Ü 

Bestimmung  der  Reaktion    mittelst   Indikatoren.    Bearbeitet   von    Dr.  med.  et  jjhil. 
Peter  Rtina,   Berlin 317 


Nachtrag  zur  Gefrierpunktsbestimmung.  Bearbeitet  von  Dr.  med.  et  phil.  l'eter  Rona, 
Berlin 328 


Methoden  zur  Untersuchung  der  menschlichen  Fäzes.   Bearbeitet  von  Dr.  med.  Hans 
Loh ri seh,  Chemnitz      .331 

A.  Vorbereitung  des  Untersuchungsmateriales 331 

Bestimmung  der  feuchten  Kotmenge 331 

Konservierung  des  Kotes 333 

Abgrenzung  des  Kotes 338 

Trocknung  und  Pulverisieren  des  Kotes 334 

Vorsichtsmaßregeln  beim  Eindampfen  und  Trocknen 335 

B.  Untersuchungsmethoden 336 

Messung  des  spezifischen  Gewichtes • 33<j 

Die  chemische  Reaktion  der  Fäzes .837 

Bestimmung  der  Kottrockensubstanz 337 

Makroskopischer ,   mikroskopischer  und  mikrochemischer  Nachweis  N-haltiger 

Substanzen  in  den  Fäzes 337 

Bakterienwägung  nach  Strasburger 359 

Makroskopischer,  mikroskopischer  and  mikrochemischer  Nachweis  von  Fett  in 

den  Fäzes 363 

Nachweis  der  Kohlehydrate 369 

Nachweis  von  Umsetzungsprodukten  der  Kohlehydrate  und  Zelluhise  ....  386 

Nachweis  von  Gallenbestandteüen 38H 

Der  Nachweis  von  Blut  in  den  Fäzes       394 

„  „     Fermenten  in  den  Fäzes 397 


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„  „         anorganischer  Bestandteile 40H 

Kalorimetrische  Fäzesuntersuchung 41U 

Getrennte  Bestimmung  von  Sekreten  und  Nahrungsresten    in  normalen  Fäzes 

nach  Ury 412 

Der    Gang   der   Fäzesuntersuchung    zum   Zwecke    der   Funktionsprüfong    des 

Darmes  nach  Ad.  Schmidt 413 

Gewinnung  und  Analyse  der  Darmgase 415 

Methodik  der  Milchuntersuchung.   Bearbeitet   von  Dr.  phil.  E.  F.  Edelstein,  Char- 
lottenburg       421 

Die  Methodik  der  Milchuntersuchung 421 

Bestimmung  des  spezifischen  Gewichtes 426 

„  der  Trockensubstanz 427 

Fettbestimmung 431 

Lezithinbestimmung 441 


yj  Inhaltsverzeichnis. 

Seite 

Bestimmung  der  Eiweißstofle  der  Milch 443 

„  des  Milchzuckers 452 

„  der  Mineralbestandteile  der  Milch ....  458 

„  „     übrigen  Bestandteile  der  Milch 464 

Physikalische  Methoden 469 

1.  Gefrierpunktserniedrigung 469 

2.  Elektrische  Leitfähigkeit 470 

3.  Brechungsvermögen 471 

Säuregehalt  der  Milch 472 

Fettbestimmung  nach  Kumagawa-Suto.  Bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Muneo  Kumagawa. 
Tokio 477 

1.  Begründung  des  Verseifungsverfahrens  als  Fettbcstimmungsmethode     ....  477 

2.  Beschreibung  der  Methuden 480 

Partielle   Hydrolyse    der    Nukleinsäuren.    Bearbeitet   von    Dr.  phil.  P.  A.  Levene, 
New-York 489 

Inosinsäure 489 

Guanylsäure 491 

Hefenukleinsäure 492 

Zytidin 495 

Uridin 496 

Zytidin-  und  Uridinphosphorsäure 496 

Tritikonukleinsäure 498 

Die  Bestimmung  der  Wasserstoffionenkonzentration  durch  Gasketten.  Bearbeitet 
von  Prof.  Dr.  Leonor  Michaelis,  Berlin 500 

Die  Arbeitsmethoden  bei  Versuchen  über  Anaphj'laxie.  Bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Her- 
mann Pfeiffer,  Graz 525 

Einleitende  Vorbemerkungen '  .    .    .  525 

1.  Kriterien  des  anaphylaktischen  Shocks 527 

2.  Der  Nachweis  einer  aktiven  Anaphylaxie 533 

3.  Nachweis  einer  passiven  Anaphylaxie 548 

4.  Der  Nachweis  einer  Antianaphylaxie 552 

5.  „  .,         organspezifischer  Reaktionen 554 

6.  „  „         von  Anaphylatoxin  (E.  Friedberger; 557 

7.  „  „         des  spezitischen  Abbauvermögens    von    Seren    anaphylaktischer 

Meerschweinchen 560 

Der  Nachweis  photodynamischer  Wirkungen  fluoreszierender  Stoffe  am  lebenden 
Warmblüter.  Bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Hermann  Pfeiffer,  Graz r-62 

1.  Die  Vorbehandlung  und  Belichtung  der  Versuchstiere 562 

2.  Die  Krankheitserscheinungen 567 

Über  Mikropolarisation.  Bearbeitet  von  Exzellenz  Geh.  Rat  Prof.  Dr.  Emil  Fischer, 
Berlin 572 


Inhaltsverzeichnis.  VII 

Seite 
Die  optische  Methode    und  ihre  Verwendunjr    bei  biologischen  Fragestellungen. 

Bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Emil  Abderhalden,   Halle  a.  S 57.0 

Die  wichtigsten  Methoden  beim  Arbeiten  mit  Pilzen  und  Bakterien.  Bearbeitet  von 
Prof.  Dr.  Franz  Fuhrmann,  Graz 584 

Anlage  von  Massenkulturen  auf  schräg  erstarrten  Nährsubstanzen 584 

Burris  Tasche  verfahren  zur  Reinkultur  aus  einer  Zelle 585 

Gewinnung  von  Sporen  der  Hefen  auf  dem  Gipsblocke 589 

Kultur  anaerober  Bakterien 592 

.,       unter  erhöhtem  Druck  in  Preßluft  oder  Preßsauerstoff 605 

Gewinnung  und  Zucht  der  Eisenbakterien üll 

Darstellung  von  Lipoiden  aus  Gehirn  und  anderen  Geweben.  Bearbeitet  von  Prof. 
Dr.  Sigmund  Fränkel,   Wien 613 

Entwässerung  und  Trocknung 614 

Methodik  der  Extraktion 620 

Alkohollösliche  Fraktion  der  ungesättigten  Phosphatide 626 

Die  gesättigte  Gruppe 627 

Phosphorsulfatidfraktion 634 

Aufarbeitung  der  Cerebroside  .    .    ■. 634 

Die  fraktionierte  Extraktion  der  Gewebe  mit  Ausschluß  von  Gehirn 636 

Die  Methodik  der  Plankton-Untersuchung.  Bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Viktor  Hensen, 
Kiel 637 

Die  Methodik 64U 

Das  Arbeiten  mit  Organeiweiß.  Bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Pohl,  Prag 659 

Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  Bearbeitet  von  Prof.  Dr.  \V.  Auten- 
rieth,  Freiburg  i.  B 673 

Allgemeines 673 

I.  Die  Untersuchung  auf  Phosphor  und  andere   GiftstoH'e,  die  aus  saurer  Lösung 
mit  Wasserdämpfen  lliichtig  sind 675 

Nachweis  des  Phosphors 676 

„         der   phosphorigen  Säure 682 

,,         von  Blausäure 683 

„  .,     Karbolsäure 687 

„  ,,    Chloroform 692 

„    Chloralhydrat 695 

„  „    Jodoform 696 

,,  .,    Nitrobenzol 698 

„    Anilin «■>99 

„  „    Schwefelkohlenstoff 7(11 

II.  Die  Untersuchung  auf  solche  organische  Stoffe,    die    aus  saurer  Liisung    mit 

Wasserdämpfen  nicht  flüchtig  sind 706 

Verfahren  von  Stas-Otto 707 


y\\l  Inhaltsverzeicbuis. 

Seite 

Nachweis  von  Pikrotoxiu 709 

..    Colchicin 711 

„  ,,    Cantharidin 712 

,.  ..    Pikrinsäure 713 

_  „    Acetanilid 715 

^  ,,    Phenacetin  717 

«    Salicylsäure      718 

..    Verona! 720 

,  „    Antipyrin 721 

„    Koffein 722 

„  ..    Ooniin 727 

„    Nikotin 728 

.,    Anilin 730 

,,  ,.    Veratrin 730 

„  .,    Strychnin 732 

„  ,.    Bruciu 736 

„  „    Atropin 737 

^  „    Homatropin 738 

„    Kokain 739 

.,  .,    Physostigmin 741 

>  „    Kodein 742 

„  „    Narkotin 743 

,,    Hj'drastin 745 

„  „    Pilocarpin 746 

.,    Chinin 747 

„    Koffein 749 

„    Antipyrin      749 

„  .,    Pyramiden 750 

.,  ,.    Apomoi'phin ,    .    .    .    .  751 

„  .,    Morphin 754 

_  .,    Narcein 758 

Verhalten  der  wichtigeren  Alkaloide  gegen  konzentrierte  Salpetersäure,    kon- 
zentrierte Schwefelsäure,   Fröhdes  Reagens,    Mandelins  Reagens,    Heckes 

Reagens  und  Marquis'  Reagens 759 

III.  Untersuchung  auf  metallische  Gifte 761 

Metallgifte    I:  Arsen,  Antimon,  Zinn,   Kupfer 766 

„  II:  Quecksilber,  Blei,  Kupfer,  Kadmium,   Wismut 772 

„        III :  Chrom,  Zink 773 

IV:  Baryum,  Blei,  Silber 775 

Systematischer  Gang  der  chemischen  Untersuchung  auf  Gifte 776 

1\.  Die  Untersuchung   auf  solche   Giftstoffe,    die    sich    nicht   in  die  drei  Haupt- 
gruppen von  Giften  einreihen  lassen 784 

Die  Mineralsäuren 784 

Salzsäure 785 

Salpetersäure 'o" 

Schwefelsäure ' 788 

Nachweis  von  Oxalsäure 789 

Der  Nachweis  der  freien  Alkalien 792 


Inhaltsverzeichnis.  IX 

Seitf 

Ammoniak 792 

Fixe  Alkalien 793 

Chlorsauies  Kalium 793 

Die  Untersuchung-  auf  Santoniu 795 

„  „  ,.    Sulfonal 798 

„    Trional 80(1 

Cytisin 800 

Die  Di^italisglukoside 801 

Über  Sajjonine 803 

Über  Solanin  und  Solanidin    . 80() 

Über  Ptomaine 80S 

Die  Bereitung  der  Reagenzien      80U 

A.  Die  allgemeinen  Reagenzien 80'.l 

B.  Sonstige  Reagenzien  und  Lösungen 812 

Die    Gefäßnaht   und    Massen-Transplantation.     Bearbeitet   von    Prof.  E.  S.  London. 
St.  Petersburg 81ö 

I.  Gefäßnaht 817 

II.  Transplantationen 828 

A.  Transplantation  von  Gefäßen 828 

B.  Massen-Transplantation  von  Organen      82U 

Die  Technik  der  Gewebskultur  in  vitro.  Bearbeitet  von  Prof.  Dr.  Alexis  Carrel  und 
Dr.  Montrose  T.  Burrows,  New-York 836 

I.  Bereitung  des  Nährbodens 837 

IL  Präparieren  der  Gewebe 83'l 

III.  Darstellung  der  Kultur 84() 

IV.  Aufbewahrung  und  Untersuchung  von  Kulturen 841 

Methoden    zur   biochemischen    Untersuchung    des    Bodens.    i5earbeitet  von  Hofrat 
Prof.  Dr.  Julius  Stoklasa.  Prag S43 

Der  Gang  der  Bodenuntersuchung 843 

I.  Bestimmung  des  hygroskopischen  und  mechanisch  absorbierten  Wassers  84ö 

II.  .,  der  Wasserkapazität  des  Bodens 840 

III.  „  des  Wasserdampfes  in  der  Bodenluft 851 

IV.  „  des  Sauerstoffes  in  der  Bodenluft 851 

V.  ..  der  Luftkapazität  des  Bodens 852 

VI.  A'ersuch  behufs  Eruierung,  ob  die  organischen  Substanzen  im  Boden 

den  Heterotropben  als  eine  gute  Kohlenstoffnährquelle  dienen    .    .    .  854 

VII.  Methoden  zur  Bestimmung  der  Atmungsintensität  der  Bodenbakterien 
und  der  Abbaufühigkeit  der  organischen  Substanzen  im  Bodeu  nach 
Julius  Stoklasa 866 

VIII.  Die  anaerobe  Atmung  der  Bakterien  im  Boden 867 

IX.    „     aerobe  „  „  ^  „         v       868 

X.  Stickstoffbedarf  der  Mikroorganismen  im  Boden 871 


X  luhaltsverzeichnis. 

Seite 
XI.  Die  Oxydationsvorgänge  der  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen 

im  Boden 872 

XII.  Fäulnis  von  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen  durch  Anaerobier  873 

XIII.  Eine  biochemische  Methode  zur  Bestimmung  des  Phosphorsäureanhy- 
drids und  Kaliumoxyds,    welch  beide  sich  in  aufnahmsfähiger  Form 

im  Boden  vorfinden 875 

XIV.  Bakterielle  Bodenuntersuchungen 880 

XV.  Zellulose  zersetzende  Fähigkeit  des  Erdbodens 890 

XVI.  Methoden  zum  Nachweis  der  Bakterien  im  Boden,  welche  Kohlehydrate 

abbauen,  nach  Julius  Stoklasa 895 

XVII.  Einige  Bemerkungen  über  Bakterien,  welche  auf  die  Pflanzen  schäd- 
liche Wirkungen  ausüben 897 

XVIII.  Die  biologische  Absorption 900 

Methodik    der    Stoffwechseluntersuchung    bei    Mikroorganismen.    Bearbeitet    von 
Privatdozent  Dr.  Hans  Pringsheim,  Berlin 911 

Einleitung 911 

Allgemeine  Methoden 916 

1.  Inkubieren 91  / 

2.  Impfen      921 

3.  Sterilisieren 922 

4.  Nährböden  im  allgemeinen 922 

5.  Eeinkulturmethüden 923 

6.  Züchtung  anaerober  Bakterien 923 

7.  Methodik  der  Durchlüftung  von  Kulturen 925 

8.  Abtrennen  von  Mikroorganismen  aus  Flüssigkeitskulturen 926 

Mineralstoffwechsel 926 

1.  Bedarf  an  Aschenbestandteilen 926 

2.  Mineralstoffe  als  Energiequelle 929 

Die  Eisenbakterien 930 

Kohlenhydratstoffwechsel 933 

Abbau  der  Zellulose     .    .        933 

Hydrolytischer  Abbau  der  Polysaccharide 936 

1.  Stärke 936 

2.  Dextrine 938 

3.  Tri-  und  Disaccharide 939 

Gärungen  der  Kohlenhydrate 941 

1.  Die  alkoholische  Gärung 941 

2.  Milchsäuregärung 948 

3.  Buttersäuregärung 949 

4.  Oxalsäure-  und  Zitronensäuregärung 950 

5.  Mannitgärung 950 

Eiweißstoffwechsel      951 

A.  Eiweißaufbau 951 

B.  Abbau  des  Eiweißes  und  der  Eiweißspaltungsprodukte 955 


Inhaltsverzeichnis.  XI 

Seite 

1.  Eiweißhydrolyse      5)56 

2.  Abbau  der  Aminosäuren 957 

a)  durch  Hefen  und  Schimmelpilze 957 

h)  durch  Fäulnisbakterien 903 

3.  Die  fermentative  Desamidierung  der  Aminosäuren 9(55 

Zersetzung  der  Fette,  Fettsäuren  und  Alkohole 9(5(3 

1.  Fettzersetzung 9(56 

2.  Zersetzung  der  Fettsäuren 968 

3.  ,  .,     Alkohole      969 

Gasstoffwechsel 9T2 

A.  Sauerstoff 972 

ß.  Kohlensäure      974 

C.  Wasserstoff 974 

D.  Methan 977 

E.  Stickstoff 978 

F.  Schwefelwasserstoff 990 

Die  gasometrische  Bestimmung  von  primärem  aliphatischem  Aminostickstoff 
und  ihre  Anwendung  auf  physiologisch-chemischem  Gebiete.  Bearbeitet  von 
Dr.  phil.  Donald  D.  van  Slyke,  New- York 995 

Einleitung 995 

Methode  zur  quantitativen  Bestimmung  von  Aminogruppen 996 

Die  Reaktionsfähigkeit  der  verschiedenen  Arten  von  Aminosubstanzen  unter  den 

Bedingungen  der  Bestimmung 1(X)2 

Messung  der  Schnelligkeit  und  des  Umfanges  der  Proteolyse  mittelst  der  Amino- 

stickstoffbestimmung 1(KJ4 

Quantitative    Bestimmung    des    Prolins,    das    nach    der  Estermethode    bei    der 

Proteinhj^drolyse  erhalten  wird 1006 

Untersuchung  von  Verdauungsgemischen 1006 

Bestimmung  des  Aminostickstoffes  im  Urin 1(X)7 

Die  Analyse  von  Eiweißkörpern  durch  Bestimmung  der  chemisch  charakteristi- 
schen Gruppen  der  verschiedenen  Aminosäuren.  Bearbeitet  von  Dr.  phil.  Donald 
D.  van  Slyke,  New-York 1011 

Die  Zuntzsche  Methode    der  Gasanalyse.    Bearbeitet  von  Prof.   Dr.  Franz  Müller, 

Berlin 1027 

Neue  Apparate  für  Stoffwechselversuche.   Bearbeitet  von  IVivatdozent  Dr.  Wilhelm 

Voltz,  Charlottenburg 1035 

A.  Stoffwechselapparate   für  Hunde 1035 

B.  Apparate  für  Stoffwechsel  versuche  an  Schafen 1Ü.S7 

C.  Stüffwechselkätig  für  Ratten 1043 

D.  Korsett  aus  Drahtnetz  für  Hunde 1045 

E.  Apparate  zur  quantitativen  Bestimmung  des  Alkohols  der  Atmung  an  Hunden 

bei   Ruhe  und  Muskelarbeit       1046 


XII  Inhaltsverzeichuis. 

Seite 
Ergänzungen    zur    Aschenanalyse.    Bearbeitet    von    Pmt'.   Dr.   Georg  Lockemann, 

Berlin 1049 

Herstellung   einer  Asche 1049 

I.  Qualitative  Analyse  einer  Asche 1050 

1.  Basische  Bestandteile   • 1050 

Analysengang  zum  Nachweis  der  basischen  Aschenbestandteile 1055 

2.  Saure  Bestandteile 1064 

Nachweis  von  Quecksilber 1066 

„  „     Arsen 1068 

Veraschung  von  Harn 1075 

„     Blut 1076 

,.     Fleisch 1076 

II.  Quantitative  Analyse 1080 

Ultrafiltration.  Bearbeitet  von  Prof.  Dr.  H.  Bechhold,  Frankfurt  a.  M 1086 

Tabellen  zur  Herstellung  von  Lösungen  mit  bestimmter  H-Ionenkonzentration. 

Bearbeitet  von  Dr.  med.  et  phil.  Peter  Bona,  Berlin 1095 

Die    Methoden    der    biologischen    Mikroanalyse.     Bearbeitet   von    Prof.  Dr.  A.   B. 

Macallnm,  Toronto 1099 

1.  Einleitung 1099 

2.  Die  Methoden 1101 

A.  Eisen,  anorganisch  und  organisch *  1101 

a)  Der  Nachweis  von  anorganischen  Eisenverbindungeu 1105 

Z/>     „  „  „     organischen  oder  „maskierten"  Eisenverbindungeu  .  1108 

B.  Kalium 1113 

C.  Calcium 1123 

D.  Kupfer 1129 

E.  Chlor 1131 

F.  Jod 1186 

G.  Phosphor  in  Phosphorsäure  und  Xuclein Verbindungen 1139 

H.  Schwefelsäure  als  Sulfate 1145 

J.  Salzsäure 1146 

Arbeitsmethoden  zum  Studium  des  intermediären  Stoffwechsels.  Bearbeitet  von 

Prof.  Dr.  Otto  Neubauer.   München 1148 

Einleitung .•    •  1148 

I.  Untersuchungen  am  normalen  Organismus 1151 

A.  Chemische  Untersuchung  frischer  normaler  Organe 1151 

B.  Untersuchung  normaler  K(3rperäüssigkeiten  (Blut,  Chylus) 1166 

C.  ,,  der  Exkrete  des  normalen  Organismus 1170 

1.  Untersuchungen  an  Harnbestandteilen,  die  als  Stoffwechselendprodukte 

anzusehen  sind 1171 


Inhaltsverzeichnis.  XIII 

Seite 

2.  Untersuchungen   an  Zwischenprodukten    des  Stott'wechsels,  die  im   nor- 
malen Harn  vorkommen 1174 

3.  Methoden,  welche  auf  der  Kontrolle  der  N-Bilanz  beruhen 117G 

4-  «  „„„.,„    C-IJilanz         „  1181 

D.  Methoden,  welche' den  Übertritt  von  Zwischenprodukten  des  normalen  Stoff- 
wechsels in  die  Exkrete  bewirken 1182 

E.  Untersuchung  der  Schicksale  in  den  Körper  eingeführter  Substanzen    .    .1190 

1.  Schicksale  intermodiärer  Stoffwechselprodukte 1]<)0 

2.  .,  kiirperi'renuler  Substanzen 115)3 

II.   Untersuchungen  am  kranken  Organismus 1197 

A.  Glykosurie  (Diabetes  melitus) 119'.) 

B.  Andere  Meliturien      1212 

C.  Acetonkörperausscheiduug 1213 

D.  Alkaptonurie 1222 

E.  Cystinurie 1225 

F.  Störungen  der  Stoffwechselfunktion   der  Leber 122(5 

G.  Schädigungen  des  Verdauungstraktus 1232 

H.  Fettige  Degeneration 1232 

J.   Störungen  der  Respiration 1237 

K.  Anoxybiose      1241 

L.  Andere  Stoffwechselstörungen 1244 

III.  Untersuchungen    an  isolierten  Organen 1245 

A.  Üurchströmungsmethoden 1245 

1.  Glykogenbildung  in  der  Schildkrötenleber 1250 

2.  Acetessigsäurebildung  in  der  Hundeleber 12Ö1 

3.  Bildung  von  Milchsäure  in  der  Hundeleber 1252 

Bestimmung  der  Milchsäure  in  Blut  und  Leber 1254 

„  „  „  im  Muskelpreßsaft 1258 

B.  Untersuchungen  an  isolierten  Organen  ohne  künstliche  Zirkulation  ( Autolyse)  1259 

Methodisches    aus    der    Biochemie    der   Pflanzen.     Bearbeitet    von    Privatdozenten 

Dr.  Ernst  G.  Iringsheim,  Halle  a.  S 12(i3 

A.  Sand-  und  Was.serkultur  höherer  Pflanzen 12(53 

Sandkultur 12(53 

AVasserkultur 126(5 

Regeln,  die  für  Wasser-  und  Sandkulturen  gelten 12(59 

B.  Methodenzum  Studium  der  Kohlensäureassimilation  chlorophyllhaltigerPHan/.en  1271 

(t)  Nachweis  des  entstehenden  Saiier.stoffs 1271 

bj  Verbrauch  der  Kohlensäure 12S1 

c)  Nachweis  der  Assimilationsprodukte 1282 

('.  Chemische  Reizbarkeit 1285 

Einleitung 1285 

I.  Chemotaxis .    .  ....  128(5 


XTV  Inhaltsverzeichnis. 

Seite 

Kapillarmethode 1287 

Anderweitige  Methoden 1289 

Aerotaxis 1291 

II.  Chemotropismus 1293 

Reizwirkung  vun  Gasen 1294 

„  gelöster  Stoffe 1296 

III.  Chemonastie 1301 

IV.  Beeinflussung  der  Sekretionstätigkeit   durch  chemische  Reize 1302 

V.  Die  Beschaffung  geeigneter  Objekte 1803 

Die  quantitative  Mikroelementaranalyse  organischer  Substanzen.    A'on  Professor 

Dr.  Fritz  Pregl,  Innsbruck 1307 

1.  Die  mikroanalytische  Bestimmung  von  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  ....  1311 

2.  „  ,,  Stickstoffbestimmung  (Mikro-Dumas) 1332 

3.  Bestimmung  des  Stickstoffs  nach  Kjeldahl  in  kleinen  Substanzmengen  (Mikro- 
Kjeldahl) 1344 

4.  Die  Bestimmung  des  Schwefels  und  der  Halogene  in  kleinen  Substanzen.  Be- 
arbeitet von  Prof.  Dr.  Fritz  Pregl  und  Max  de  Crinis,  Innsbruck  ....  1350 

Kapillaranalyse.  Bearbeitet  von  Prof.  Dr.  J.  Traube,  Berlin 1357 

I.  Die  Methode  von  Goppelsroeder 1357 

II.  Kapillaranalytische  Methoden  von  J.  Traube 1358 

Das  Stalagmometer 1358 

Tropfenzählapparat 136U 

Das  Viskostagonometer ' 1361 

Das  Kapillarimeter 1362 

Konzentrationsbestimmnngen,  sowie  Bestimmungen  der  Löslichkeit,  Teilungs-  und 

Adsorptionskoeflizienteu  auf  kapillaranalytischem  Wege 1363 

Kapillaranalytische  Diagnose  von  Krankheiten 1364 

„                  Bestimmung  der  pharmakodynamischen  und  toxischen  Wirk- 
samkeit von  Arzneimitteln  und  Giften 1367 

Farbstoffmilieus  als  Aktivatoren  für  kapillaranalytische  Wirkungen   von  Salzen 

und  Ionen 1368 

Kapillaranalytische  Untersuchung  von  Arzneimitteln  und  Giften    mit  Hilfe    von 

Farbstoffmilieus 1369 

Biochemische  und  chemo-therapeutische  Arbeitsmethoden    mit   Trypanosomen. 

Bearbeitet  von  Privatdozent  Dr.  Nierenstein,  Bristol 1371 

I.  Versuchstiere 1371 

II.  Trypanosomen 1375 

III.  Arbeiten  in  vivo 1377 

IV.  ,.         in  vitro 1380 


Inhaltsverzeichnis.  XV 

Seite 
Reagentien   zum  Nachweis    der  biologisch    wichtigen  Verbindungen.    Bearbeitet 

von  Dr.  med.  et  pliil.  Ludwig  Pincussohn,   Berlin 1385 

1.  Reagentien  zur  Bestimmung  der  Kohlehydrate 138.5 

2.  Weitere  Zuckerreagentien 1408 

3.  Reagentien  zur  Bestimmung  der  Eiweißkörper  und  ihrer  Abbauprodukte  .    .  1419 

Anorganische  Reagentien 1441 

Verschiedene  Reagentien 144'J 

Indikatoren 14.52 


Register 1453 

Nachträge  und  Berichtigungen 14(58 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  cliemiscliem  Wege. 

Von  W.  Auteiirietli,  Freiburg'  i.  I!. 

Allgemeines. 

Nach  ihrem  chemisch-analytischen  Verhalten  lassen  sich  fast  alle 
bekannteren  (Tifte  und  stark  wirkenden  Arznei  Stoffe  in  eine  der  folgenden 
drei  (iruppen  einreihen: 

I.  Eine  Gruppe  umfaßt  solche  Stoffe,  die  sich  aus  angesäuerter, 
wässeriger  Flüssigkeit  mit  Wasserdämpfen  abdestillieren  lassen. 
Hierhin  gehören  gelber  Phosphor.  Blausäure.  Karl)olsäure,  Lysol,  Chloro- 
form, Jodoform,  Chloralhydrat ,  Anilin,  Nitrobenzol,  Schwefelkohlenstoff, 
Alkohol. 

IL  In  eine  zweite  Gruppe  gehören  diejenigen  organischen  Stoffe, 
die  aus  angesäuerter  wässeriger  Lösung  mit  Wasserdämpfen  nicht  flüchtig- 
sind, die  aber  einem  Untersuchungsmaterial  durch  Erhitzen  mit  weinsäure- 
haltigem Alkohol  entzogen  werden  können.  Diese  (iruppe  umfaßt  die 
sämtlichen  Alkaloide,  ferner  viele  Glukoside  und  Bitterstoffe,  sowie  ver- 
schiedene der  künstlichen  stark  wirkenden  organischen  Ai-zneimittel  wie 
Azetanilid,  Phenazetin,  Antipyrin,  Pyramidon,  Sulfonal.  Veronal. 

IIL  Eine  dritte  Gruppe  umfaßt  alle  metallischen  Gifte. 

Nach  dieser  Einteilung  der  (Jifte  zerfällt  auch  die  toxikologisch- 
chemische Analyse  in  drei  Hauptabschnitte,  von  welchen  ein  jeder  einen 
besonderen  chemischen  Untersuchungsgang  erfordert.  Einige  (üftstoffe.  wie 
die  Mineralsäuren,  die  Ätzalkalien,  das  chlorsaure  Kalium,  die  O.xalsäure 
lassen  sich  wegen  ihres  abweichenden  Löslichkeitsvei'lialtens  und  ihrer 
sonstigen  Eigenschaften  nicht  gut  in  eine  dieser  drei  Hauptgruppen  von 
Giften  einreihen.  Zur  Prüfung  auf  derartige  Gifte  müssen  gesonderte 
Proben  des  ursprünglichen  Untersuchungsmaterials  jeweils  nach  beson- 
deren Verfahren  für  sich  chemisch  untersucht  werden. 

Irgend  ein  Untersuchungsmaterial,  welches  auf  chemischem  Wege  auf 
einen  etwaigen  Giftgehalt  untersucht  werden  soll,  muß  demnach  in  min- 
destens vier  Teile  geteilt  werden,  falls  sich  eine  chemiscli-toxikologische 
Untersuchung  auf  den  Nachweis  von  allen  bekannteren  Giftstoffen  zu  ei- 
strecken hat.  Dieser  P'all  tritt  beispielsweise  ein,  wenn  Verdacht  auf  \er- 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  43 

N^  C  State  College 


674  W.  Auteiirieth. 

giftuiiii'  besteht,  aber  das  Sektionsprotokoll  und  die  Krankengeschichte 
der  verstorbenen  Person  dem  Chemiker  keinerlei  Anhaltspunkte  für  die 
chemische  Untersuchung  der  in  Frage  kommenden  Leichenteile  auf  einen 
etwaigen  Giftgehalt  liefern.  Ein  Teil  des  Untersuchungsmaterials  dient  dann 
für  die  Untersuchung  auf  solche  giftig  wirkende  Stoffe,  welche  aus  saurer 
Lösung  mit  Wasserdämpfen  flüchtig  sind  (I)  und  gleichzeitig  für  die 
Untersuchung  auf  Gifte  metallischen  Ursprungs  (III).  Hat  man  nändich 
die  flüchtigen  Stoffe  abdestilliert,  so  kann  der  Rückstand,  der  im  Destilla- 
tionsgefäße bleibt,  für  die  Untersuchung  auf  etwa  vorhandene  Metallgifte 
verwendet  werden.  Ein  zweiter  Teil  wird  auf  organische  Stoffe,  wie  auf 
Alkaloide,  Glukoside,  künstliche  Arzneimittel  untersucht  (II)  und  ein  dritter 
Teil  dient  für  die  Untersuchung  der  oben  erwähnten  Stoffe,  die  sich  nicht 
gut  in  eine  der  drei  Hauptgruppen  der  Gifte  einreihen  lassen.  Endlich  muß 
ein  weiterer  Teil  der  Untersuchungsobjekte  als  Reservematerial  für  eine 
Nachprüfung,  falls  eine  solche  nötig  werden  sollte,  unter  allen  Umständen 
reserviert  werden.  Eine  solche  Nachprüfung  oder  Kontrohuntersuchung  muß 
immer  dann  ausgeführt  werden,  wenn  die  Natur  eines  vermuteten  Gift- 
stoffes durch  die  erste  Untersuchung  nicht  mit  aller  Sicherheit  festgestellt 
wurde   oder  wenn  ein  erster  Versuch  verunglücken  soUte. 

Da  sich  die  verschiedenen  Gifte  im  tierischen  Organismus  ganz  ver- 
schiedenartig verhalten,  indem  manche  Gifte  in  bestimmten  Organen, 
wie  in  der  Leber  zurückgehalten  werden,  andere  aber  in  das  Blut  über- 
gehen oder  durch  den  Harn  rasch  zur  Ausscheidung  gelangen,  so  ergibt 
sich  aus  diesen  Tatsachen,  daß  es  in  vielen  Fällen  zwecklos  wäre,  wenn 
man  ein  bestimmtes  Organ  auf  alle  etwa  in  Frage  kommenden  Gifte 
untersuchen  wollte. 

Ebenso  wird  es  häufig  vorkommen,  daß  man  den  im  folgenden  ge- 
gebenen allgemeinen,  systematischen  Untersuchungsgang  auf 
Gifte  nicht  vollständig  durchzuarbeiten  hat,  wie  dies  z.  B.  der  Fall  ist. 
wenn  man  bei  einer  chemisch-toxikologischen  Untersuchung  von  vornherein 
nicht  auf  alle  bekannteren  Giftstoffe,  sondern  nur  auf  ein  ganz  bestimmtes 
Gift  Rücksicht  zu  nehmen  hat. 

Im  allgemeinen  gilt  als  Regel,  daß  alle  dem  Gerichtschemiker  ge- 
sondert eingelieferten  Organe  und  tierischen  Flüssigkeiten,  wie  Teile  von 
Magen,  Darm  samt  Inhalt,  Stücke  von  Leber,  Niere,  Milz,  ferner  Blut  und 
Harn,  auch  gesondert,  also  jeder  Teil  für  sich,  untersucht  werden,  und 
zwar  auch  dann,  wenn  die  sämtlichen  Leichenteile  zu  einer  und  derselben 
Untersuchungssache  gehören.  Von  dieser  Regel  weicht  man  aber  ab,  wenn 
man  in  möglichst  kurzer  Zeit  in  Erfahrung  bringen  will,  ob  die  fraglichen 
Teile  einer  Leiche  überhaupt  ein  Gift  enthalten  oder  nicht.  Um  diese 
Frage  möglichst  rasch  beantworten  zu  können,  entnimmt  der  Verfasser 
von  den  sämtlichen  Leichenteilen,  sowohl  von  den  Organen  wie  von  den 
Körperflüssigkeiten,  je  eine  gute  Durchschnittsprobe,  mischt  diese  Proben 
und  untersucht  dieses  Gemisch  nach  dem  allgemeinen  systematischen 
Untersuchungsgange  auf  einen  etwaigen  Giftgehalt.  Erst  wenn  durch  diese 


Üer  Nachweis  der  Gifte  auf  chemiscliom  Wege.  (375 

orientierende  Untersuchung-  ein  bestimmter  Giftstoff  in  den  untcisuchten 
Leichenteilen  nachg■e^^^esen  ist.  interessieit  manchmal,  aber  nicht  immer, 
auch  die  Frage,  in  welchen  Organen  oder  Körperflüssigkeiten  sich  das  nach- 
gewiesene Gift  vorfindet. 

I.  Die  Untersuchung   auf  Phosphor  und  andere  Giftstoffe,   die 
aus  saurer  Lösung  mit  Wasserdänipfen  flüchtig  sind. 

lU'i  toxikologisch-chemischen  Untersuchungen  ist  ein  Destillat, 
welches  aus  einem  mit  Weinsäure  angesäuerten  Gemisch  erhalten  wii'd. 
besonders  auf  die  folgenden  Stoffe  zu  untersuchen: 

Phosphor,  Jodoform. 

Blausäure.  '  Nitrobenzol. 

Karbolsäure,  Anilin. 

Chloroform,  Alkohol. 

Chloralhydrat.  Schwefelkohlenstoff. 

Die  Scherersche  Vorprobe  auf  Phosphor. i)  \or  der  Destillation 
eines  Untersuchungsobjektes  führt  man  die  von  Scherer  aufgefundene  Vor- 
probe auf  Phosphor  aus,  die  auf  der  Wirkung  des  feuchten  Phosphordampfes 
auf  Silbernitrat  beruht.  Hierbei  entsteht  schwarzes  Phosphorsilber  neben 
metallischem  Silber  und  Phosphorsäure,  unter  Umständen  auch  neben  phos- 
phoriger Säure. 

Man  bringt  zu  dem  Zweck  eine  Probe  des  zerkleinertt'ii  L'iiter- 
suchungsobjektes  in  ein  Kölbchen,  in  dessen  Mündung  mit  Hilfe  eines  nur 
lose  aufsitzenden  Stopfens  zwei  Streifen  Filtrierpapier,  von  welchen  der 
eine  mit  Silbernitratlösung,  der  andere  mit  Bleiazetatlösung 2)  be- 
feuchtet ist,  so  befestigt  sind,  daß  sie  in  den  Kolbenhals  frei  hineinhängen. 
Nun  erwärmt  man  das  Kölbchen  einige  Minuten  auf  dem  Wasserbade  auf 
etwa  40 — 50°;  färbt  sich  hierbei  das  Silber-,  nicht  al)er  das  BU'ipapier 
schwarz,  so  kann  gelber  Phosphor  vorhanden  sein.  Werden  aber  beide 
Papierstreifen  geschwärzt,  so  ist  sicher  Schwefelwasserstoff  zugegen;  selbst- 
verständlich kann  in  diesem  Falle  neben  Schwefelwasserstoff  auch  Phosphor 
vorhanden  sein.  Auch  bei  Abwesenheit  von  Schwefelwas.serstoff  braucht 
die  Schwärzung  des  Silbernitratpapiers  nicht  unbedingt  von  Phosphordampf 
herrühren;  sie  kann  auch  durch  irgendwelche  andere  reduzierend  wirkende, 
flüchtige,  organische  Substanzen,  wie  Formaldehyd  oder  Ameisensäure,  hervor- 
g:erufen  sein. 

Die  Schercr?,che  Probe  auf  Phosphor  hat  also  mehr  den  Wert  einer 
empfindlichen  Vorprobe  auf  Abwesenheit  als  auf  Anwesenheit  von  freiem 
Phosphor;  sie  ist  eine  ausgezeichnete  Orientieruugsprobe.  denn  bleibt  das 


')  Schcrer,  Über  die  P'rkenmiiiif  uud  Bestimimiiiir  di'S  Pliosphors  und  der  phos- 
phorigou  Siiure  bei  Yergiftuiiircn.  Ann.  d.  Ciicnüe.  112.  214  (lNr)ü). 

'')  Statt  der  Bleiazetatlösung  kann  zur  Herstellung  eines  empfindlichen  .Blei- 
papiers" auch  eine  alkalische  Bleioxydlösung  verwendet  werden,  wie  sie  durch 
Mischen  einer  Bleisalzlösung  mit  überschüssiger  ^'atronluugc  erhalten  wird. 

43* 


(576  ^^-  Autenrieth. 

,  Silbernitratpapier  bei  dem  Versuche  unverändert,  so  ist  gelber  Phosphor 
in  einem  Untersuchunssmaterial  höchstwahrscheinlich  nicht  vorhanden. 


^e' 


Destillation. 

Ein  Teil  des  ursprünglichen,  vorher  hinreichend  zerkleinerten  und 
gut  gemischten  Untersuchnngsmaterials  wird  in  einem  geräumigen  Glas- 
kolben mit  Wasser  zu  einem  dünnen  Brei  angerührt,  dann  tropfenweise 
mit  so^^eI  wässeriger  AVeinsäurelösung  versetzt,  daß  die  ganze  Mischung 
nach  dem  Umschütteln  stark  sauer  reagiert.  Liegen  Leichenteile,  wie 
Stücke  von  Magen  und  Darm  samt  deren  Inhalt,  oder  Teile  von  Leber, 
Milz.  Niere  oder  (iehirn  für  die  Untersuchung  auf  f Richtige  Gifte  vor,  so 
ist  ein  erheblicherer  Zusatz  von  Wasser  meist  nicht  notwendig,  weil  diese 
Organteile  schon  an  und  für  sich  ziemlich  viel  wässerige  Flüssigkeit  ent- 
halten. Die  betreffenden  Leichenteile  werden  ebenfalls  so  gut  als  möghch 
zerkleinert,  mit  nur  wenig  Wasser  angeschüttelt,  dann  mit  wässeriger  W'ein- 
säurelösung  oder  verdünnter  Schwefelsäure  angesäuert  und  aus  einem  ge- 
räumigen Glaskolben  der  Destillation  unterworfen. 

Kann  nach  dem  positiven  Ausfall  der  Scherersdien  Probe  in  einem 
Objekte  Phosphor  vorhanden  sein,  so  wird  die  DestiUation  nach  dem  Mit- 
scherlichscheiL  Verfahren  des  Phosphornachweises  ausgeführt.  Hat  aber  die 
Scherersche  Probe  zu  einem  negativen  Resultate  geführt,  so  destilliert  man 
in  der  sonst  üblichen  Weise  unter  Anwendung  eines  schief  liegenden 
Liebigi^chon  Kühlers. 

Die  Destillation  im  Mitscherlichsi^hen  Apparate  und  der  Nachweis  des 

Phosphors  nach  Mitscherlich.^) 

Das  Verfahren  des  Phosphornachweises  nach  Mitscherlich  beruht  auf 
der  Flüchtigkeit  des  gelben  Phosphors,  mit  Wasserdämpfen  und  auf  der 
Eigenschaft  der  phosphorhaltigen  Wasserdämpfe  in  Berührung  mit  Luft  in 
höchst  charakteristischer  Weise  zu  leuchten.  Dieses  Phosphorleuchten  kann 
selbstverständlich  nur  in  einem  vöUig  verdunkelten  Piaume  gut  wahrgenommen 
werden. 

Ausführung.  Man  befestigt  in  der  Öffnung  des  DestiUiergefäßes 
mit  Hilfe  eines  durchbohrten  Stopfens  ein  zweimal  knieförmig  gebogenes, 
ziemlich  langes  und  nicht  zu  enges  Glasrohr,  das  an  seinem  anderen  Ende 
mit  einem  senkrecht  stehenden  Liehig^Qh^w  Kühler  in  Verbindung  steht. 
(Vgl.  Fig.  169.) 

Das  Destillationsgefäli  soll  höchstens  zu  einem  Drittel  seines  Inhaltes 
mit  der  zu  destillierenden  Flüssigkeit  gefüllt  sein,  weil  sehr  \dele,  zumal  Ei- 
weiß und  Stärkemehl  enthaltende  Substanzen  beim  Destillieren  in  wässe- 
riger Lösung  stark  schäumen  und  dadurch  ein  Übersteigen  der  destilheren- 
den  Masse  in  die  Vorlage  veranlassen  können.  Als  Vorlage  dient  ein  Kölb- 


*)  E.  Mitscherlich ,   Methode    zur  Entdeckung    des    Phosphors    bei   Vergiftungen. 
Journ.  f.  prakt.  Chemie.  66.  238  (1855). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege. 


i; 


i  i 


Kig.  169. 


chon,  (las  inii-  womii;  Wassor,  nämlich  3 — 5  cni\  entliiilt.  und  in  welches 
das  Kühlrolir  gerade  eintaucht.  Auf  diese  Weise  vermeidet  mau  jeden  \'er- 
lust  an  den  sehr  leicht  flüchtigen  (iiftstoffen  Bhinsaure,  Chlorufoiin  und 
Alkohol.  Der  (daskolben  wird  auf  einem  dünnmaschigen  Drahtnetze  0(h'r 
besser  einer  Asbestplatte  unter  ganz  allmählichem  Steigern  (h-i-  Temperatur 
bis  zum  Sieden  seines  Inhaltes  erhitzt:  eiu  zu  rasches  und  zu  starkes  Er- 
hitzen ist  zu  vermeiden,  weil  sonst  die  organische  Substanz  aiu  lioden  des 
Destillationsgefäßes  leicht  anbrennen  und  verkolden  könnte.  Sobald  die 
Flüssigkeit  ins  Sieden  kommt,  verdunkelt  man  das  Zimiuei-  und  sieht  zu. 
ob  in  der  zweimal  knieförmig  gebogenen  Glasröhre  oder  dem  Kiddrohr 
des  MitscherUchschQn  Apparates  ein  Phosphoideuchten  wahrzunehmeu 
ist.  Tritt  dasselbe  deutlich  auf.  so  ist  im  Untersuchungsobjekt  bestimmt 
giftiger,  gelber  Phosphor  vorhanden.  Das  Leuchten  wäln-end  der 
Destillation  mit  Wasserdämpfen 
ist  für  die  giftig-e  Modifikation 
des  Phosphors  äußerst  charakte- 
ristisch und  auch  oftmals  das 
einzig'  sichere,  unanfechtbare  Er- 
kennungsmittel von  Phosphor! 

Zeigt  sich  die  Phosphoreszenz- 
erscheinung, die  auf  nichts  anderes  als 
auf  einen  Oxydationsvorgang  zurück- 
zuführen ist  und  auf  der  Bildung  von 
phosphoriger  Säure  aus  dem  Phosphor- 
dampf beruht,  bei  der  Destillation 
nicht  sofort,  so  unterbreche  mau  die 
Destillation  nicht  allzufrühe,  da  ver- 
schiedene etwa  vorhandene  Substanzen, 
wie  Alkohol,  Äther,  Terpentinöl  il 
und  verschiedene    andere   ätherische 

Öle      das      Phosphorleuchten       entweder         Apparat  zu,n  Nachweis  des  Phosphors  nach 

vollständig  verhindern  oder  wenigstens  Musciu-ruch. 

stark    beeinträchtigen    können.     Auch 

bei  Anwesenheit  von  viel  Karbolsäure.  Kreosot,  Chloroform.  Chloi- 
alhydrat  oder  Schw'efelwasserstoff  kann  das  Phosphorleuchten  völlig: 
ausbleiben.  Auch  Quecksilberchlorid  und  andere  Quecksilberverbindungeu 
können  das  Phosphorleuchten  verhindern. i)  Höchstwahrscheinlich  wird  das  von 
den  Wasserdämpfen  fortgeführte  Quecksilberchlorid  durch  die  Phosphor- 
dämpfe zu  Quecksilber  reduziert,  das  sich  in  einem  solchen  Falle  auch 
im  aufgesammelten  Destillate  voiiindet.  Für  die  Annahme  einer  Wechsel- 
wirkung zwischen  den  Dämpfen  des  Phosphors  und  des  Quecksilberchlorids 
spricht  auch  die  Tatsache,  dal»    im  Destillate   neben  metallischem   Queck- 

*)  K.  PoIsforß'wuA  J.  Mc/ischinf/,  Über  die  Priifun<r  auf  riuisphor  nacli  Mifscho-lirlis: 
Verfahren  bei  Anwesenheit  v(in  Quecksilberoliloriden.  Her.  d.  Deutschen  ehem.  Ges.  li). 
1763  (1886). 


678  W.  Aiitenrieth. 

Silber  auch  Phosphorsäure  nachweisbar  ist.  Sind  derartige  Stoffe,  welche  auf 
die  Phosphoreszenzerscheinuugen  einen  störenden  Einfluß  ausüben  können, 
zugegen,  so  tritt  in  manchen,  aber  nicht  allen  Fällen  noch  nachträglich 
das  Phosphorleuchten  ein.  wenn  man  längere  Zeit  destilliert.  In  allen  Fällen 
ATrdarapfe  man,  auch  wenn  ein  Phosphorleuchten  nicht  aufgetreten  ist, 
einen  Teil  des  aufgesammelten  Destillats,  das  bei  Anwesenheit  von  Phosphor 
stark  nach  diesem  riecht  und  das  neben  phosphoriger  Säure  auch  Phosphor- 
kügelchen  enthalten  kann,  mit  viel  gesättigtem  Chlorwasser  oder  mit 
wenig  rauchender  Salpetersäure  in  einer  Porzellanschale  auf  dem  Wasser- 
bade, löse  den  Piückstand  in  wenig  Wasser  und  prüfe  die  Lösung  mit 
Molybdatreagens  und  mit  Magnesiamischung  auf  Phosphorsäure. 

Bemerkungen:  Alle  die  Stoffe,  -welche  den  Nachweis  des  freien  Phosphors  nach 
Mitscherlich  mehr  oder  weniger  stören,  machen  ihn  nach  ^.  ^/.«jf/ifr')  meist  nicht  ganz 
unmöglich,  wenn  man  nach  der  Hilger-Nattermannschen  Modifikation^)  des  Mifscher- 
lichschen  Verfahrens  arbeitet.  Diese  Modifikation  besteht  darin,  daß  man  die  phosphor- 
haltigen  Wasserdämpfe  in  die  Luft  austreten  respektive  Luft  in  den  Apparat  treten  läßt. 

Der  Nachweis  des  Phosphors    und   der   phosphorigen  Säure  nach 

Blondlot  3)  und  Dusart.  4) 

Hat  man  nach  Mitscherlichs  Verfahren  Phosphor  nicht  nachweisen 
können,  so  ist  es  in  vielen  Fällen  angezeigt,  ein  Untersuchungsmaterial 
auf  das  erste  Oxydationsprodukt  des  Phosphors,  die  phosphorige  Säure, 
zu  welcher  ja  der  gelbe  Phosphor  leicht  oxydiert  wird,  zu  untersuchen. 
Die  geringsten  Mengen  von  phosphoriger,  wie  auch  von  unterphosphoriger 
Säure  werden  nach  dem  Verfahren  von  BlondJot  und  Dusart  aufgefunden. 
Diese  Methode  beruht  auf  der  Bildung  von  Phosphorwasserstoff  (PH3) 
bei  der  Einwirkung  von  naszierendem  Wasserstoff  auf  gelben  Phosphor; 
auch  die  phosphorige  und  unterphosphorige  Säure,  nicht  aber  die  ge- 
wöhnUche  Phosphorsäure,  werden  unter  den  gleichen  Bedingungen,  nämhch 
beim  Erwärmen  mit  Zink  und  verdünnter  Schwefelsäure,  zu  Phosphorwasser- 
stoff reduziert. 

Phosphorwasserstoff  sowie  Phosphor  enthaltender  Wasserstoff  ver- 
brennen beim  Entzünden  an  der  Luft  mit  höchst  charakteristischer  grüner 
Flamme:  Dusartsche  Phosphorreaktion.  Die  grüne  Färbung  der  Flamme 
ist  besonders  dann  gut  zu  erkennen,  wenn  man  eine  kalte  Porzellan- 
schale in  die  Flamme  hält  und  den  Versuch  in  einem  verdunkelten  Räume 
vornimmt. 

Da  es  sich  bei  toxikologischen  Untersuchungen  meist  um  den  Nach- 
weis von  sehr  geringen  Mengen  von  giftigem  Phosphor  handelt,  unter- 
sucht man  den  aus  einem  L^ntersuchungsmaterial  kommenden  Wasserstoff 


*)  A.  Fischer,  Beiträge  zum  Phosphornachweis.  Pßügers  Archiv.  Bd.  97.  578  (1903). 

^)  Forscbungsbericht  über  Lebensmittel  und  ihre  Beziehungen  zur  Hygiene  etc. 
4.  241  (1897). 

^)  Blondlot,  Snr  la  recherche  toxicologique  du  phosphore  par  la  coloration  de  la 
flamme.  Compt.  rend.  52.  1197  (1861). 

*)  Dusart,  Note  sur  la  recherche  du  phosphore.  Comptes  rend.  T.43.  1126  (1856). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  (379 

nicht  direkt  auf  einen  etwaip^en  Phosphorjrohalt,  sondern  leitet  ihn  zu- 
nächst in  eine  verdünnte  Silhernitratlüsuni^,  aus  welcher  i'hosphor- 
wasserstoff    wie    auch    gelber   Phosphor    schwarzes   riiosphorsilber    t'alleu: 

PH3  +  )^  NO3  Ag  =  Ag3  P  +  3  HNO3. 
Auf  diese  Weise  lassen  sich  noch  Spuren  von  gelbem  Phosphor, 
die  etwa  in  Leichenteilen  enthalten  sind,  in  dem  mit  Silbernitrat  entste- 
henden Niederschlage  konzentrieren.  Xaszierender  Wasserstoff,  also  Zink 
in  Verbindung  mit  verdünnter  Schwefelsäure,  machen  (bniii  .ms  dem 
schwarzen  Phosphorsilberniederschlag  wieder  Phosphorwasserstoff  frei : 
Ag3  P  +  8  H  =  PH3  -f  -i  Ag. 

Der  Nachweis  des  giftigen  Phosphors  nach  dem  Verfahren  von  Dusart- 
Blondlot  zeriäWt  also  in  zwei,  getrennt  voneinander  auszuführende  Operationen: 

1.  In  die  Herstellung  des  Phosphorsilberniederschlages. 

2.  In  die  Prüfung  des  fraglichen  Silberniederschlages  im 
Apparate  von  Dusart. 

Bemerkungen.  Ein  schwarzer  oder  brauner  Niederschlag,  der  sich  heim  Ein- 
leiten des  fraglichen  Wasserstoffgases  in  die  Silbernitratlösung  bildet,  ist  selbstver- 
ständlich noch  kein  Beweis  für  die  Anwesenheit  von  Pliosphor,  da  auch  andere  Sub- 
stanzen, wie  Schwefelwasserstoff,  Arsenwasserstoff,  Antinionwasserstoff,  sowie  reduzie- 
rend wirkende  organische  Stoffe  mit  verdünnter  Silberuitratlösung  ebenfalls  schwarze 
Fällungen  geben.  Ein  erhaltener  schwarzer  Silljerniodersr-hlag  muß  daher  unter  allen 
Umständen  mit  Hilfe  der  i*».s«r/schen  Reaktion  auf  einen  etwaigen  Gehalt  an  Phosidior 
untersucht  werden. 

Ausführung. 

1.  Die  Herstellung   des  Phosphorsilberniederschlages. 
(Überführung  des  Phosphors  in  Phosphorsillier.) 

Man  bringt  das  möglichst  zerkleinerte,  mit  Wasser  zu  einem  dünnen 
Brei  angerührte  Untersuchungsobjekt  oder,  falls  nur  auf  phosphorige 
Säure  (siehe  weiter  unten)  geprüft  werden  soll,  den  wässerigen,  filtrierten 
Auszug  des  Untersuchungsobjektes  oder  aber  das  Filtrat  vom  Kück- 
stande  der  Destillation  nach  dem  A'erfahren  von  Mifsrhcrlirli  in  eine 
geräumige  Gasentwicldungsflasche ,  in  der  man  aus  phosphorfreiem 
Zink  und  reiner  verdünnter  Schwefelsäure  (1:5)  Wasserstoff  entwickelt. 
Man  läßt  den  naszierenden  Wasserstoff  längere  Zeit,  l'/-2 — 3  Stunden  und 
länger,  auf  das  Untersuchungsmaterial  einwirken  und  leitet  den  entwei- 
chenden Wasserstoff  in  eine  neutrale  Silbernitratlösung,  die  sich  in  einer 
Vorlage  befindet.  Enthält  das  Uutersuchungsmaterial  giftigen  Phosphor, 
so  entweicht  ein  phosphor-  und  phosphorwasserstoffhaltiger  Wasserstoff, 
der  in  der  vorgelegten  Sili)ernitratlösung  einen  schwarzen  Niederschlag 
von  Phosphorsilber  erzeugt.  Dieser  wii-d  dann  auf  einem  aschefreien  Filter- 
chen gesammelt,  mit  wenig  kaltem  Wasser  ausgewaschen  und  nach  den 
unten  gemachten  Angaben  im  i)?/sar^schen  Apparate  untersucht. 

Besteht  der  erhaltene  Silberniederschlag  zum  Teil  oder  ganz  aus 
Phosphorsilber,     so    enthält    die    von     ihm    abfiltrierte    klare    Flüssigkeit 


680 


W.  Autenrieth. 


Phosphorsäure  oder  phosphorige  Säure.  Um  diese  Säuren  nachzu- 
Aveisen,  fällt  man  aus  der  abfiltrierten  Lösung  erst  mit  Salzsäure  das 
überschüssige  Silber  vollständig  aus,  filtriert  das  gefällte  Clilorsilber  durch 
ein  vorher  mit  Säure  und  Wasser  gut  ausgewaschenes  Filter,  verjagt  aus 
dem  Filtrate  die  Salzsäure  vollständig  durch  Abdampfen  mit  starker 
Salpetersäure  auf  dem  Wasserbade  und  prüft  schlielUich  den  in  wenig 
warmem  Wasser  aufgelösten  Verdampfungsrückstand  mit  Molybdatreagens 
oder  mit  Magnesiamischung  auf  Phosphorsäure. 

2.  Die  Prüfung  des  fraglichen  Silberniederschlages  auf  einen 
Gehalt   an   Phosphorsilber   in   dem  Apparate  von  Ä.  Hilger  und 

H.  Nattermann. ^)  (Fig.  170.) 

Eine  Kocliflasche  von  ca.  100  cm^  Inhalt  wird  mit  einem  dreifach 
durchbohrten  Gummistopfen  verschlossen.  Durch  zwei  dieser  Öffnungen 
gehen  rechtwinklig  gebogene  Glasröhren,  welche   beide   unmittelbar  unter 

Fig.  170. 


Apparat  von  Diifirirt-Hilger-Nattermann  zum  Nachweis  von  Phosphor. 

dem  Stopfen  endigen.  Durch  die  eine  Röhre  wird  Wasserstoff,  der  in 
einem  Kipp^ch^w  Apparate  aus  Zink  und  verdünnter  Schwefelsäure,  nicht 
Salzsäure,  bereitet  wird,  eingeleitet  und  der  durch  die  andere  Glasröhre 
das  Kölbchen  wieder  verläßt.  An  dieses  schließt  sich  ein  U-Rohr  an,  wel- 
ches mit  konzentrierter  Kalilauge  getränkte  Bimssteinstückchen  enthält, 
die  etwa  vorhandenen  Schwefelwasserstoff  absorbieren  sollen;  andrerseits 
steht  das  U-Rohr  in  Verbindung  mit  einem  Glasrohr  aus  Kaliglas,  das 
mit  einer  Platinspitze  versehen  ist. 2)  Durch  die  dritte  Öffnung  des  Stopfens 

*)  Forschungsbericht  über  Lebensmittel  und  ihre  Beziehungen  zur  Hygiene  etc. 
4.  241—258  (1897). 

^)  Hilger  und  Xaffennaiin  nehmen  an  Stelle  der  Glasröhre  mit  Platinspitze  ein 
von  einer  Gabel  getragenes  Lötrohr,  das  ebenfalls  mit  einer  Platinspitze  versehen  ist; 
unterhalb  der  letzteren  wird  das  Lötrohr  mit  Watte  umwickelt,  die  naß  gehalten  wird 
und  so  als  Kühler  wirkt. 


I 
I 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  (381 

führt  eine  Trichterröhrc  bis  auf  don  Boden  des  Tiefäßes.  Das  Filtfi-.  auf 
dem  sich  der  auf  Phosphor  zu  prüfende  Silherniedcrsclilai;-  i)efindet,  wird 
zerschnitten  und  in  die  Kochflasche  gebracht.  Diese  enthält  einige  Stück- 
chen phosphorfreies  Zink  und  so  viel  Wasser,  daß  der  Zutritt  der 
äußeren  Luft  durch  das  Trichterrohr  abgeschnitten  ist.  Nun  leitet  man 
durch  den  Apparat  Wasserstoff,  entzündet  den  letzteren  mit  dei-  nötigen 
Vorsicht  und  überzeugt  sich  in  der  oben  angegebenen  Weise  davon,  ob  die 
Flamme  vollkommen  farblos  ist,  ob  sie  nändich  bei  der  Beobachtung  im 
verdunkelten  Räume  ohne  grünen  Flammenkegel  und  ohne  grünes 
Leuchten  brennt. i)  Nach  Hilger  und  Nattermann  überzeugt  man  sich 
von  der  Brauchbarkeit  des  Zinks  am  besten  in  der  Weise,  daß  man  die 
Wasserstoffflamme  im  Spektralapparate  untersucht.  Ganz  reines  Zink 
liefert  mit  reiner  Schwefelsäure  einen  Wasserstoff,  dessen  Spektrum  nur 
eine  orangerote  Linie  an  Stelle  der  gelben  Natriumliiiie  zeigt;  diese  Linie 
ist  freiUch  nicht  immer  sichtbar.  Die  geringsten  Spuren  Phosphor  geben 
sich  durch  drei  grüne  Linien  zu  erkennen,  die  rechts  von  der  Linie  D 
liegen;  zw'ei  dieser  drei  Linien  sind  stärker  gefärbt  als  die  dritte.  Hat 
man  sich  auf  diese  Weise  von  der  Reinheit  des  Zinks  und  der  Schwefel- 
säure überzeugt,  so  gießt  man  durch  das  Trichterrohi-  einige  Kubikzenti- 
meter verdünnte  Schwefelsäure  (1:5)  in  die  Kochflasche  zum  Zink  und 
dem  fragUchen  Silberniederschlag.  Ist  der  Niederschlag  phosphorhaltig, 
so  tritt,  manchmal  erst  nach  geraumer  Zeit,  eine  Grünfärbung  der 
Flamme  auf,  deren  Spektrum  zweckmäßigerweise  untersucht  wird. 

Für  die  Untersuchung  auf  Phosphor  nach  dem  X'erfahren  von 
Blondlot- Dusart  eignet  sich  auch  das  nach  dem  Mitscherliehi^c\K'n  Ver- 
fahren erhaltene  Destillat.  Erhält  man  mit  demselben  eine  (irünfärliung 
der  Wasserstoffflamme,  so  enthält  das  Untersuchungsobjekt  Phosphor. 

Bemerkungen.  Trotz  der  außerordentlich  großen  Empfindlichkeit 
des  zuletzt  beschriebenen  Pbosphornachweises  neigen  viele  Gerichtschemiker  dahin,  daß 
das  Blondlof-Ditsarfsche  Verfahren  nicht  als  Ersatz  des  M itsclierl ichschcn 
Verfahrens  antreseheu  werden  könne.  Nach  Selim'  sollen  nämlich  solche  faulende,  in 
Verwesung  begriffene  Leichenteile,  die  wie  das  Gehirn  phosphorhaltige  organische  Ver- 
bindungen enthalten,  ein  Destillat  liefern  können,  das  mit  Sillieriiitrat  einen  schwarzen 
Niederschlag  bildet,  der  die  />»s«ri!sche  Reaktion  gibt.  Z.  Huhisz-)  ist  freilich  bei 
seinen  Unternehmungen  zu  anderen  Resultaten  gekommen  wie  Sclmi.  Derselbe  bat 
menschliche  Gehirne,  Kalbs-  und  Schweinsgehirne,  schließlich  Gehirne  und  andere  Or- 
gane von  Kaninchen,  welche  durch  Phosphor  auf  verschiedene  Weise,  per  os  oder  sub- 
kutan, vergiftet  worden  waren,  erst  frisch,  dann  von  Woche  zu  Woche  nach  mehr  oder 
weniger  intensivem  Faulen  unter  verschiedenen  Umständen  nach  Blondlot-Dusart  unter- 
sucht. Im  Gegensatz  zu  den  Beobachtungen  von  Svhni  war  Phosphor  bei  diesen  Unter- 
suchungen in  den  Gehirnen  in  keinem  Falle  nachweisbar.  Diese  Ergebnisse 
der  Experimente  von  Haldsz  widerlegen  somit  die  frühere  Annahme,  daß  während  des 
Verlaufes  der  Fäulnis  der  normale  Phosphorgehalt  des  Gehirnes  eine  derartige  Um- 
wandlung   erfahren  könne,  daß  er  durch  die  Blondlof-Piisarti^cho  Reaktion  nachzuweisen 

')  Es  ist  nicht  leicht,  ein  metallisches  Zink  zu  beziehen,  das  diese  Probe  aus- 
hält, das  also  absolut  phosphorfrei  ist! 

M  Z.  Haldsz,  Ist  das  Bloudlof-Diisart^che  Verfahren  in  gerichtlich-chemischen 
Fällen  verläßlich?  Zeitschr.  f.  anorgan.  Chemie.  26.  438  (1900). 


682 


W.  Auteurieth. 


wäre.  Aber  auch  nach  erfolgter  Yergiftuug  der  Kaniuchen  durch  Phosphor  konnte  im 
Gehirn  dieser  Tiere  Phosphor  nicht  nachgewiesen  werden,  hingegen  in  anderen  Organen 
der  vergifteten  Tiere,  wie  im  Magen  und  in  den  Einge weiden,  außerdem  in  der 
Leber,  der  Lunge  und  in  den  Nieren,  also  in  blutreichen  Organen;  überall  da, 
wohin  der  Phosphor  direkt  gelangt  oder  indirekt  aufgesaugt  wird,  konnte  Phosphor  in 
geringeren  oder  größeren  Mengen  immer  aufgefunden  werden.  Haldsz  zieht  aus  seinen 
Yersuchsergebnissen  den  Schluß ,  daß ,  falls  in  der  Gehirnmasse  bei  der  Fäulnis  über- 
haupt eine  phosphorhaltige  Verbindung  entsteht,  diese  dann  mit  Wasserdämpfen  nicht 
destillierbar  ist  und  auch  die  BIondlot-Dusarf sehe  Reaktion  nicht  gibt.  Haldsz  ist 
auf  Grund  seiner  Versuchsergebuisse  zu  dem  Schlüsse  gekommen,  daß  das  Blondlot- 
Dttsarfsche  Verfahren  des  Phosphornachweises  für  gerichtlich-chemische  Fälle  geradeso 
verläßlich  ist  wie  das  Verfahren  von  Mitschcrlich. 

Nachweis  der  phosphorigen  Säure  in  Leichenteilen. 

Die  Reduktion  der  phosphorigen  Säure  durch  Zink  und  verdünnte  Schwefel- 
säure zu  Phosphorwasserstoff  geht  außerordentlich  langsam  vor  sich.  Selbst  die 
Gegenwart  von  nur  wenigen  Milligrammen  phosplioriger  Säure  erfordert  nach 
Hilger  und  Nattermann  (1.  c.)  eine  zehn-  bis  vier  zehntägige  Einwirkung!  Ferner 
muß  berücksichtigt  werden,  daß  Phosphorsilber  Agj  P  sehr  wenig  beständig  ist,  indem 
es  in  Berührung  mit  ^\'asser  innerhalb  kurzer  Zeit  in  Silber  und  phosphorige  Säure 
zerfällt,  die  dann  durch  die  vorhandene  Salpetersäure  zu  Phosphorsäure  oxydiert 
wird.  Hat  man  bei  einer  toxikologischen  Untersuchung  speziell  auf  phosphorige  Säure 
Rücksicht  zu  nehmen,  so  empfehlen  Hilger  und  Nattermann  die  Untersuchung  des 
entstandenen  Silberniederschlages  (eventuell  AgjP)  auf  einen  etwaigen  Phosphorgehalt 
nach  Dusart  sowie  diejenige  der  ab  filtrierten  Lösung  auf  Phosphorsäure  (siehe  oben), 
schon  nach  zwei,  spätestens  nach  drei  Tagen  vorzunehmend 


Die  übliche  Destillation  mit  schief  liegendem  Kühler. 

Hat  man  das  Phosphoiieuchten  bei  der  Destillation  im  Mitscherlich- 
schen  Apparate  deuthch  wahrgenommen,  so  kann  man  entweder  in  diesem 

Apparate  weiter  destillieren, 
Fig.  171.  oder  aber  man  unterbricht 

die  Destillation  und  führt 
sie  in  der  üblichen  Weise 
mit  schief  gestelltem  Liehig- 
schen  Kühler  (Fig.  171)  zu 
Ende.  Ebenso  destilliert 
man  stets  in  dieser  ein- 
fachen Weise,  wenn  die 
Scherersche  A'orprobe  zu 
einem  negativen  Resultate 
geführt  hat  oder  die  Prü- 
fung eines  Untersuchungs- 
objektes auf  Phosphor  aus 
bestimmten  Gründen  un- 
nötig ist. 
Da  die  verschiedenen  in  Betracht  kommenden  Giftstoffe  nicht  in 
gleichem  Grade  mit  Wasserdämpfen  flüchtig  sind,  sammelt  man  das  De- 
stillat zweckmäßig  in  zwei  oder  drei  Fraktionen  auf.  Die  erste  Fraktion 


Einfacher  Uestillationsapparat. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  6g3 

enthält  dann  bei  weitem  den  gröftten  Teil  der  leicht  flüchtip-en  Tiiftstoffe, 
also  fast  alle,  ursprünglich  in  einem  riitersuchungsohjekte  vorhanden  ge- 
wesene Blausäure,  ferner  Chloroform,  Alkohol,  Jodoform  und 
Nitrobenzol.  Die  weiteren  Fraktionen  können  noch  beträchtliche  Mengen 
von  denjenigen  Stoffen  enthalten,  welche  wie  Karbolsäure,  Anilin, 
Chloralhydrat  und  Schwefelkohlenstoff  mit  Wasserdämpfen  weniger 
leicht  flüchtig  sind  und  die  daher  nur  langsam  abdestillieren.  Es  soll  selbst- 
verständlicli  damit  nicht  gesagt  sein,  daß  das  zuerst  aufgesammelte  Destillat 
von  den  zuletzt  aufgeführten,  nicht  so  leicht  flüchtigen  Stoffen  überhaui)t 
nichts  enthalten  kann.  Umgekehrt  können  sich  auch  in  den  weiteren 
Fraktionen  noch  gelinge  Mengen  der  mit  Wasserdämpfen  leicht  über- 
gehenden Stoffe  vorfinden. 

Man  arbeitet  daher  zweckmäßig  in  der  Weise,  daß  man  zunächst 
nur  5 — 10  cni^  Flüssigkeit  abdestilliert  und  dieses  erste  Destillat  in  ein- 
zelnen Proben  auf  Blausäure,  Chloroform  und  Alkohol,  eventuell  auch 
auf  Jodoform  und  Nitrobenzol  untersucht.  Alsdann  destillicit  man  weitere 
10 — 20  «H 3  ab  und  verwendet  dieses  Destillat  für  <iie  Cntersuchung  auf 
Karbolsäure.  Lysol.  Anilin,  Chloralhydrat  und  Schwefelkohlenstoff. 

Verschiedene  der  mit  Wasserdämpfen  flüchtigen  Giftstoffe  lassen 
sich,  sowohl  im  ursprünglichen  Untersuchungsobjekte,  als  auch  besonders 
im  Destillate  an  ihrem  charakteristischen  Gerüche  mit  großer  Sicher- 
heit erkennen,  wie  Karbolsäure,  Mtrobenzol,  Alkohol  Chloroform.  Jodoform 
und  auch  Blausäure,  falls  mehr  als  Spuren  derselben  vorhanden  sind. 
Die  erhaltenen  Destillate  untersucht  man  zunächst  mit  je  einer,  und 
zwar  der  empfindlichsten  Probe  auf  ein  jedes  der  in  Betracht  kom- 
menden Gifte.  Mit  Hilfe  der  Berlinerblau-  oder  Rhodanreaktion  prüft  man 
das  Destillat  auf  Blausäure,  mit  dem  Millonschen  Reagens  auf  Karbol- 
säure und  Anilin,  mit  Jod  und  Kalilauge  auf  Alkohol,  Azeton,  Azetaldehyd. 
mit  Anihn  und  Kalilauge,  also  mittelst  der  Isonitrilprobe,  auf  Chloroform, 
Jodoform  sowie  auf  Chloralhydrat  und  schließhch  mit  Bleiazetat  und  Kali- 
lauge auf  Schwefelkohlenstoff.  Glaubt  man  ein  flüchtiges  (Jift  gefun- 
den zu  haben,  so  sucht  man  die  Piichtigkeit  des  erst  erhaltenen  Resultates 
durch  eine  zweite  und  dritte  Identitätsreaktion  weiterhin  zu  bestätigen. 
Man  führe  aber  nur  solche  Reaktionen  aus,  welche  für  das  vermutete  (Jift 
charakteristisch  sind. 

In  sehr  vielen  Fällen  wii-d  man  von  vornherein  nicht  auf  alle  (rjft- 
stoffe,  die  sich  in  einem  Destillate  vorfinden  können,  zu  prüfen  haben. 

Blausäure. 

Für  die  chemische  Untersuchung  auf  Blausäure  und  einfache  Cyan- 
metalle  wie  Cyankalium  müssen  der  Leiche  in  erster  Linie  .Magen-  und 
Darm  Inhalt,  ferner  blutreiche  Organe,  wie  Leber,  Gehirn  und  Herz 
sowie  Blut  und  unter  Umständen  auch  Harn  entnommen  werden.  Die  in 
Frage  kommenden  Leichenteile  müssen  ohne  Verzug  auf  einen 
etwaigen   Blausäuregehalt    untersucht    werden.   Falls  die  Leichen- 


684  ^^  ■  Autenrietb. 

teile  nicht  schon  stark  in  Yerwesuno-  übergegangen  sind,  wird  sich  vor- 
handene Bhuisäure  schon  an  ihrem  charakteristischen  Gerüche  zu  er- 
kennen geben. 

Vorprobe  auf  Blausäure  nach  Schönbein-Pagenstecher.  Vor 
der  Destillation  führe  man  die  folgende  A'orprobe  auf  Blausäure  aus.  Man 
bringt  eine  Probe  des  Untersuchungsmaterials  in  ein  Kölbchen,  fügt  Wein- 
säurelösung bis  zur  sauren  Reaktion  hinzu  und  befestigt  mit  Hilfe  eines 
Stopfens  einen  ,,Guajakharz-Kupfersulfat-Papierstreifen"  i)  so,  daß 
er  im  Kölbchen  frei  aufgehängt  ist.  Nun  erhitzt  man  das  Kölbchen  auf 
dem  Wasserbade  gelinde.  Färbt  sich  der  Papierstreifen  nicht  blau  oder 
blaugrün,  so  ist  Blausäure  oder  Cyankahum  auch  nicht  vorhanden.  Tritt 
aber  andrerseits  eine  Blaufärbung  des  Streifens  ein,  so  kann  Blausäure 
oder  ein  leicht  zersetzhches  Cyanid  zugegen  sein.  Weitere  Schlüsse  können 
aus  dem  positiven  Ausfall  der  Reaktion  nicht  gezogen  werden,  da  außer 
Blausäure  auch  andere  Stoffe,  wie  Ammoniak,  flüchtige  Ammoniakverbin- 
dungen, Salzsäure  und  besonders  Oxydationsmittel,  wie  Ozon,  Salpetersäure 
und  Chlordämpfe,  den  Guajakharz-Kupfersulfat-Papierstreifen  unter  Um- 
ständen ebenfalls  blau  färben.  Die  sehr  empfindliche  Schönbein-Pagenstecher- 
sche  Reaktion  kann  also  für  sich  allein  niemals  beweisend  sein  für  die 
Gegenwart  von  Blausäure. 

Für  die  eigentUche  chemische  Untersuchung  auf  Blausäure  muß 
das  zerkleinerte  Untersuchungsmaterial,  nach  dem  Anrühren  mit  wein- 
säurehaltigem Wasser,  nach  den  Angaben  von  Schönbein  der  Destillation 
unterworfen  werden.  Da  Blausäure  mit  den  Wasserdämpfen  leicht  über- 
geht, findet  sich  bei  weitem  die  größte  Menge  des  Giftes  in  dem  zuerst 
übergegangenen  Destillate  vor.  Man  verwende  daher  für  den  Nachweis  der 
Blausäure  die  ersten  5  oder  10  crn^  Destillat,  die  sich  in  der  Vorlage  an- 
gesammelt haben.  Zum  sicheren  Nachweis  der  Blausäure,  die  sich 
häufig  im  Destillate  schon  durch  ihren  Geruch  zu  erkennen  gibt, 
dienen  die  folgenden  Proben: 

1.  Berlinerblaureaktion.  Man  versetzt  die  auf  Blausäure  zu  unter- 
suchende Flüssigkeit,  also  eine  Probe  des  Destillats,  erst  mit  wenig  Kali- 
lauge, dann  mit  1  oder  2  Tropfen  frisch  bereiteter  Eisenvitriollösung  sowie 
mit  1  Tropfen  Eisenchloridlösung,  schüttelt  gut  durch  und  erwärmt  gelinde; 
alsdann  säuert  man  das  Gemisch  mit  verdünnter  Salzsäure  an.  Sind  erheb- 
lichere Mengen  von  Blausäure  vorhanden,  so  entsteht  sofort  ein  blauer 
Niederschlag  von  Berlinerblau;  bei  Gegenwart  von  sehr  wenig  Blausäure 
erhält  man  zunächst  eine  blau,  blau  grün  oder  grünblau  gefärbte 
Lösung,   aus   der  sich  erst  bei  längerem  Stehen,  oftmals  erst  nach  10  bis 


^)  Man  erhält  solches  „Guajakharz-Kupfersulfatpapier'*,weun  man  schmale  Streifen 
Filtrierpapier  erst  mit  frisch  hergestellter  alkoholischer  Guajaktinktur  (1:10)  tränkt, 
dann  diese  Streifen  zum  ol)erflächlicheu  Austrocknen  einige  Male  hin  und  her  bewegt 
und  dieselben  schließlich  mit  einer  sehr  verdünnten  Kupfersulfatlösung  von  1  :  1000 
befeuchtet. 


Der  Nachweis  der  (iifto  ;uif  cliemischem  Wege.  6g5 

12  Stunden,  einige  Flocken  von  Berlinerblau  abscheiden.  Knipfindliclikeit 
der  Probe:  1:5000000.') 

2.  Ilhodanreaktion.  Eine  weitere  Probe  des  erhaltenen  Destillats 
versetzt  man  mit  einigen  Tropfen  Kalilauge  und  wenig  gelbem  Schwelel- 
ammonium, dampft  dieses  Gemisch  in  einem  Porzellanschälchcn  auf  dem 
Wasserbade  zur  Trockene  ein,  nimmt  den  Verdunstungsiiickstund  in  wenig 
Wasser  auf,  säuert  mit  verdünnter  .Salzsäure  an,  filtriert  den  ausgeschiedenen 
Schwefel  durch  ein  Doppelfilterchen  ab  und  versetzt  das  möglichst  klare 
Filtrat  mit  2 — 3  Tropfen  verdünnter  Eisenchloridlösung.  Bei  Vorhanden- 
sein von  Blausäure  im  untersuchten  Destillat  färbt  sich  jetzt  die  Flüssig- 
keit durch  entstandenes  Ferrirhodanid  blutrot  oder  aber  nui-  liitlich,  falls 
es    sich  um  Spuren    von  Blausäure  handelt.    Empfindlichkeit:    1:400(K)()0. 

o.  N i  t  r  0 p r  u  s  s  i  d  r  e  a k  t i  0 n  von  Vo r  t m  a  n  n.  -)  Man  versetzt  eine 
Probe  des  Destillats  mit  einigen  Tropfen  Kaliumnitritlösnng,  2 — 4  Tropfen 
Eisenchloridlösung  und  mit  so  viel  verdünnter  Schwefelsäure,  daß  die  ur- 
sprünglich gelbbraune  Färbung  gerade  in  Hellgelb  übergeht.  Nun  eihitzt 
man  das  Gemisch  zum  Sieden,  fällt  das  überschüssige  Eisen  mit  Ammoniak  im 
geringen  Überschusse  aus,  filtriert  ab  und  versetzt  das  Filtrat  mit  2  Trö])fchen 
stark  verdünntem  Schwefelammonium  ;  tritt  jetzt  eine  violette,  bald  in 
Blau,  Grün  und  Gelb  übergehende  Färbung  des  Filtrats  ein,  so  hat  das 
untersuchte  Filtrat  Blausäure  enthalten.  Empfindlichkeit:  1  :  ?>  12000. 

Bemerkungen.  Diese  Blausäurcprobe  ist  die  rmkehrung  der  Ni  tropnissi  d- 
reaktion  auf  Schwefelwasserstoff,  indem  nämlich  unter  den  oben  angegebenen  Bedin- 
gungen im  Destillate  vorhandene  Blausäure  in  Nitroprussidkalium,  Fe(CN)5(N0)Kj, 
übergeführt  wird,  das  mit  Schwefelammonium  die  bekannten  Färbungen  gilit.  Sehr  l'c- 
ringe  Mengen  Blausäure  liefern  nur  eine  bläulichgrüne   bis  grünlicbgelbe  FärluniL'. 

4.  Silberreaktion.  Das  in  Frage  kommende  Destillat  wird  erst 
mit  verdünnter  Salpetersäure  angesäuert,  dann  mit  Silbernitrat  im  Cber- 
schusse  versetzt;  entsteht  ein  weißer,  käsiger,  in  Ammoniak  leicht  löslicher 
Niederschlag  (AgCN),  so  ist  höchstwahrscheinlich  Blausäure  im  Destillate 
vorhanden.  Empfindlichkeit:  1:250.000.  —  Eine  Verwechslung  der  IMau- 
säure  mit  Salzsäure  ist  ausgeschlossen,  falls  eine  sehr  stark  verdünnte 
Lösung  destilliert  wurde,  unter  welchen  Bedingungen  freie  Salzsäure  nicht 
überdestilliert.  Will  man  von  vornherein  jede  Spur  von  etwa  vorhandener 
freier  Salzsäure  ausschließen,  so  destilliert  man  das  erhaltene  Destillat 
noch  einmal  über  Borax,  welcher  die  freie  Salzsäure  bimlet,  nicht  aber 
die  Blausäure,  die  also  mit  den  Wasserdämpfen  übergeht.  —  Der  mit 
Silbernitrat  erhaltene  Niederschlag  kann  zu  seiner  Identifizierung,  nach 
dem  Abfiltrieren,  Auswaschen  und  Ti'ocknen,  in  einem  Köhrchen  geglüht 
werden;  Cyansilber  zerfällt  hierbei  in  Silber  und  Dicyan,  von  welchen 
das     letztere     an     seinem     charakteristischen     Geruch     erkannt     wird : 

2AgCN  =  2Ag-tr(CN),. 


')  Nach  Link  und  Mockcl,  Zeitschr.  i.  aualyt.  Chemie.  17.  455  (1878). 
")  G.  Vortmtiin,  Eine  neue  Reaktion  zur  Nachweisung  geringer  Mengen  Blausäure. 
Monatshefte  für  Chemie.  7.  416  (1886). 


686  W.  Autenrieth. 

Quantitative  Bestimmung  der  Blausäure. 

Man  unterwirft  eine  abgewogene  Menge  des  Untersuchungsmaterials, 
nach  dem  Ansäuern  mit  verdünnter  Schwefelsäure  oder  Weinsäure,  der 
Destillation  und  ermittelt  den  Blausäuregehalt  des  erhaltenen  Destillats 
gewichts-  oder  maßanalytisch.  Im  ersteren  Fall  wird  das  aus  dem  De- 
stillate mit  Silbernitrat  gefällte  Silbercyanid  entweder  auf  einem  bei  100" 
getrockneten  und  gewogenen  Filter  gesammelt,  ausgewaschen  und  bei  100° 
bis  zum  konstanten  Gewicht  getrocknet .  oder  es  wird"  durch  stärkeres 
Glühen  im  gewogenen  Porzellantiegel  in  metallisches  Silber  übergeführt 
und  dieses  gewogen.  Sollte  Salzsäure  mit  übergegangen  sein,  so  wird 
das  Destillat  nochmals  über  Borax  destiüiert,  welcher  die  Mineralsäure, 
nicht  aber  die  Blausäure,  zurückhält,  so  daß  jetzt  sicher  ein  salzsäurefreies 
Destillat  erhalten  wird. 

Kachweis  der  Blausäure  neben  Blutlaugensalz. 

Enthält  eiu  Untersuchimgsobjekt  das  nicht  giftige  gelbe  Blutlau  gen  salz, 
so  findet  sich  bei  der  Destillation  aus  weinsaurer  Lösung  Blausäure  im  Destillate 
vor.  Bei  einem  Versuche  mit  einer  f/oigen  Blutlaugensalzlösung  bei  Gegenwart  von 
nur  003  g  AVeinsäure  gingen  reichliche  Mengen  Blausäure  ins  Destillat  über.  Auch 
beim  Einleiten  von  Kohlensäure  in  die  wässerige  heiße  Lösung  des  gelben  Blutlaugen- 
salzes wird,  schon  bei  Wasserbadtemperatur  (bei  75"),  Blausäure  frei.  Um  zu- 
nächst auf  Blutlaugensalz  zu  prüfen,  wird  ein  Teil  des  mit  Wasser  angerührten  ur- 
sprünglichen Untersuchungsobjektes  abfiltriert  und  das  Filtrat  mit  F erri chlor id- 
lösuug  und  Salzsäure  versetzt;  entsteht  hierbei  ein  Niederschlag  von  Berlinerblau,  so 
ist  Blutlaugensalz  vorliauden.  Um  neben  Blutlaugensalz  unzweideutig  freie  Blausäure, 
respektive  Kalium-  oder  Natriumcyanid  ^)  nachzuweisen,  destilliert  man  das  Unter- 
suchungsobjekt mit  nicht  zu  wenig  Natriumkarbonat;  hierbei  wird,  selbst  bei 
längerer  Destillation,  über  freiem  Feuer  nur  Blausäure  aus  den  einfachen  Cyani- 
den, nicht  aber  aus  Blutlaugensalz  frei! 

Nachweis  von  Quecksilbercyanid. 

Das  stark  giftige  Quecksilbercyanid  liefert  bei  der  Destillation  aus  wein- 
saurer Lösung,  nur  bei  Vorhandensein  größerer  Mengen  des  Cyanids,  ein  blausäure- 
haltiges Destillat;  z.  B.  gibt  hierbei  das  Destillat  aus  100  cm'^  einer  17oigen  Quecksilber- 
cyanidlösung  deutliche  Berlinerblaureaktion.  Liegen  jedoch  nur  geringe  Mengen 
des  Cyanids  in  stark  verdünnter  Lösung  vor  (z.  B.  100  cm^  einer  001"/oigen  Lö- 
sung), so  geht,  selbst  bei  der  Destillation  aus  stark  weiusaurer  Flüssigkeit,  keine  Spur 
Blausäure  über;  fügt  man  aber  einige  Kubikzentimeter  frisches  Schwefelwasserstoff- 
wasser hinzu  und  destilliert  von  neuem,  so  tritt  eine  vollständige  Zersetzung  des 
Quecksilbercyauids  ein  und  das  Destillat  enthält  Blausäure. 

Nachweis  von  Quecksilbercyanid  neben  Blutlaugensalz. 

Der  oben  angegebene  Nachweis  der  Blausäure  aus  den  einfachen  Cyaniden  neben 
Blutlau  gensalz  läßt  sich  nicht  für  das  Quecksilbercyanid  anwenden,  da  aus 
diesem  bei  der  Destillation,  selbst  in  gesättigter  Natriumkarbonatlösung  und  bei  län- 
gerem Kochen,  keine  Spur  Blausäure  frei  wird.  Destilliert  man  aber  bei  Gegenwart  von 
nicht  zu  wenig  Natriumbikarbonat    und  einigen  Kubikzentimetern    frisch    be- 


')  Nicht  al)er  Quecksilbercyanid. 


Der  Nacliwcis  dor  Gifte  ;uif  cboniiscliciii  Wege.  687 

reitctcn.  starken  Seh  wefcl  Wasserstoff  wassers,  so  wird  mir  aus  dem  Queck- 
silltercyaiiid,  nicht  aber  aus  dem  Blutlaugensalz  Hlausäure  frei.  Auf  diese  Weise  läßt 
sich  die  Blausäure  von  ganz  kleinen  Menjrcn  (^)ue  cksill)erc  van  id  neiien  viel 
Blutlaugcnsalz  hestiniint  nachweisen,  z.  B.  UUl  .</  HglCN).^  i"  lUU  c;//-' einer  lO'Voigen 
Blutlaugensalzlösung.  Bei  der  direkten  Destillation  von  gelbem  Blutlaugensalz  mit 
Seh wefelwasserstoffw asser,  also  olme  Zusatz  von  Natriumbikarbonat,  geben  rcicblicbe 
Mengen  von  Blausäure  ins  Destillat  über. 

Karbolsäure. 

Die  Karbolscäure,  CßHs.on,  übt  im  konzentrierten  Zustande  aiit 
die  Bestandteile  des  menschlichen  Körpers,  insbesondere  auf  Eiweili  und 
rrotoplasmai>ebilde,  eine  koagulierende  und  abtötende  Wirkung  aus.  Sie  ist 
daher  ein  Ätzmittel  von  bedeutender  Stärke.  Außer  dieser  lokalen  Wirkung 
kommen  ihr  auch  resorptive  Wirkungen  zu.  und  zwar  äußert  sie  besonders 
Affinitäten  zum  Zentralnervensystem,  zum  (ichirn  und  Kückenmark,  die  sich 
bei  Tieren  zuerst  als  heftige  Ivciznug,  Steigerung-  der  Krrcgbarkeit ,  wie 
bei  Strychnin,  dann  durch  Lähmung-  zu  erkennen  geben.  lieim  Menschen 
tritt  das  Reizungsstadium  meist  sehr  zurück.  Bei  chronischer  Vergiftung 
durch  mehrfache  Applikation  kleinerer  Dosen  Karbolsäure  äußern  sich  die 
resorptiven  Wirkungen  auch  in  Degeneration  der  Niere  und  Leber.  Karbol- 
säure wird  vom  menschlichen  Organismus  sehr  rasch  resorbiert,  und 
zwar  geht  die  Resorption  von  der  äuiieren  Haut,  vom  ]\Lagendarmkanal, 
von  Wunden  und  von  den  Respirationsorganen  aus  gut  vor  sich.  Sie  geht 
im  menschlichen  Organismus  durch  Paarung  mit  saurem  schwefelsaurem 
Kalium  in  phenolschwefelsaures  Kalium: 

KO  —  SO,  —  0;H  +  HO    Cß  H5  =  H.  O  +  KO  —  SO,  —  OCß  H, 

und,  falls  größere  Mengen  Phenol  einverleil)t  wurden,  durch  Paarung  mit 
Glukuronsäure,  HOOC.  (CH.0H)4.  CHO ,  auch  in  Phenolglukuron- 
säure  über.  Ein  wesentlicher  Teil  der  Karbolsäure  wird  innerhalb  des 
Organismus  zu  den  Dioxybenzolen  Brenzkatechin,  CßHiiOH).^,  (1-2)  und 
Hydrochinon,  C6H4(OH)2,  (P4)  oxydiert,  die  dann  ebenfalls  eine  Syn- 
these mit  Schwefelsäure  eingehen  und  als  ätherschwefelsaure  Salze  im  Harn 
erscheinen.  Durch  die  weitere  Oxvdation  des  Hvdrochinons  zu  gefärbten 
Produkten  (Chinon  V)  ist  die  meist  dunkle  Färbung  des  ..Karbolharns" 
bedingt.  Manchmal  ist  bei  Karbolvergiftung  schon  der  frisch  gelassene  Harn 
stark  dunkel  nämlich  dunkelgrün  bis  schwarz  gefärbt,  in  anderen  Fällen  er- 
scheint der  Harn  zunächst  bernsteingelb  und  färl)t  sich  erst  beim  Stehen  an 
der  Luft  immer  stärker.  Liegt  Verdacht  auf  eine  \'ergiftung  mit  Karbolsäure 
vor,  so  muß  demnach  auch  der  Harn  der  betreffenden  Person  chemisch 
untersucht  werden.  Ein  „Karbolharn-  ist,  im  (Gegensatz  zum  normalen 
menschlichen  Harn,  fast  fi-ei  von  ..Sulfatschwefelsäure" '),  die  auch 
präformierte  Schwefelsäure  genannt  wird,  und  gibt  daher,  mit  über- 
schüssiger Essigsäure  und   mit  Baryumchlorid    versetzt,    keinen    oder    nni- 


')  Das  ist  die  in  Form  von    schwefelsauren  Salzen    im  Harn   vorkommende 
Schwefelsäure. 


688  W.  Autenrieth. 

einen  sehr  geringen  Niederschlag  von  Barvumsulfat.  Fügt  man  alsdann 
zum  klaren  Filtrate  einige  Kubikzentimeter  konzentrierte  Salzsäure  und 
kocht  auf,  so  entsteht  meist  ein  reichlicher  Niederschlag  von  Baryum- 
sulfat,  indem  durch  die  Mineralsiiure  die  Phenolschwefelsäure  in  Phenol 
und  Schwefelsäure  gespalten  und  die  letztere  nun  als  Barvumsulfat  aus- 
gefällt wird.  Normaler  Menschenharn  enthiilt  erheblich  mehr  ..Sulfat- 
schwefelsäure" (A-)  als  ,. Ätherschwefelsäure"  (B-Schwefelsäure);  durch- 
schnittliches Verhältnis  von  A-:B-S04  =  10: 1 ;  ein  normaler  Harn  gibt 
daher  in  essigsaurer  Lösung  mit  Baryumchlorid  einen  reichlichen  Nieder- 
schlag von  Barvumsulfat. 

Verteilung  der  Karbolsäure  im  menschlichen  Körper  nach 
erfolgter  Vergiftung  mit  tödlichem  Ausgange. 

C.  Bischofs)  fand  in  den  Leichenteilen  eines  Mannes,  der  nach  Ein- 
nahme von  Ibcm^  Acid.  carbolic.  hquefact.  nach  15  Minuten  gestorben 
war,  die  Karbolsäure  wie  folgt  verteilt.  Die  Organe  sind  hierbei  ganz 
frisch  zur  Untersuchung  gelangt ,  und  zwar  wurde  vom  klagen  nur  wenig 
übersandt.  Es  wurden  abgeschieden 

aus     242^  Magen-  und  Darminhalt  0*171(7  Phenol 

„      112^  Blut 0-028^  .     „ 

„     1480^  Leber 0-637^        „ 

„      322^  Niere 0*201  r/        ., 

,,    1445(7  Gehirn 0*314^^        „ 

Bischoff  wandte  hierbei  die  Destillationsmethode  an  und  destillierte 
mit  Wasserdämpfen  so  lange  über,  bis  eine  Probe  des  letztaufgegangenen 
Destillates  mit  Bromwasser  keinen  Niederschlag  mehr  gab.  Dieser  Ver- 
giftungsfall zeigt,  wie  rasch  die  Karbolsäure  resorbiert  wird  und 
wie  rasch  ihre  Überleitung  in  die  verschiedenen  Organe  erfolgt. 

Wie  rasch  die  Karbolsäure  resorbiert  wird,  geht  auch  daraus 
hervor,  daß  der  Harn  schon  V4  Stunde  nach  Aufnahme  derselben,  per  os 
oder  subkutan ,  deuthche  Karbolreaktion  gibt ;  die  größte  Menge  der 
resorbierten  Karbolsäure  ist  nach  4 — 5  Stunden  ausgeschieden.  Schaff'er 
(Journal  f.  prakt.  Chemie,  Neue  Folge,  18,  282  [1878])  fand  die  gepaarte 
Schwefelsäure  des  Harns  genau  im  Verhältnis  des  aufgenommenen  Phenols 
vermehrt 

Über  die  Menge  Phenol,  die  bei  der  Fäulnis  von  Eiweißstoffen 
entsteht,  findet  sich  in  der  Literatur  eine  Angabe  von  E.  Bauniann^), 
der  angibt,  daß  aus  100g  frischem  Pankreas  und  100g  nassem  Fibrin 
bei  Gegenwart  von  2ö0  cm^  Wasser  und  bei  sechstägiger  Fäulnis  0*073  bis 


')  C.  Bischof,  Über  Verteilung  von  Giften  im  Organismns  des  Menschen  in  Ver- 
giftuugsfällen.  Ber.  d.  Deutschen  ehem.  Gesellsch.  16.  1337  (1883). 

*)  E.  Baumann,  tfber  die  Bildung  von  Phenol  bei  der  Fäulnis  von  Eiweißkörpern. 
Ber.  d.  Deutschen  ehem.  Gesellsch.  10.  685  (1877)  und  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  I. 
61  (1877). 


Der  Nachweis  der  Gifte  au)   cliemischcm  Wege.  6g9 

0-078^  Tribromplienol ,  entspreehciid  ()-02()(S  bis  0-022//  riiciiol.  oiiialton 
werden.  Die  .urölUe  Menge  der  bei  der  Fäulnis  der  Eiweilistoffe  gebildeten 
flüchtigen  Phenole  besteht  ans  p-Kresol. 

Nachweis  der  Karbolsänre. 

Karbolsänre  destilliert  mit  WasserdiimpfVn  verliiUtnismiil'jig  leicht 
über;  es  ist  aber  ein  längeres  Destillieren  notwendig,  um  die  letzten  An- 
teile derselben  überzutreiben.  Karbolsäui'e  gibt  sich  in  den  meisten  Fällen 
schon  durch  ihren  eigenartigen  (ieiMich  zu  erkennen.  Liegen  gröHere 
Mengen  derselben  vor,  so  schwimmen  in  dem  meist  milchig  trüben  De- 
stillate farblose  oder  rötlich  gefärbte  (")ltropteii ,  die  sich  in  Kali-  oder 
Natronlauge  Idar  auflösen.  Reine,  wasserfreie  Karbolsäure  schmilzt  bei  40" 
bis  42"  und  destilliert  zwischen  178"  bis  1S2"  über.  Da  bei  der  Fäulnis 
von  Eiweißstoffen  (s.  oben)  geringe  Mengen  von  Phenol  und  liesonders 
von  p-Kresol  gebildet  werden,  so  lassen  sich  daher  in  dem  Destillate 
von  Leichenteilen,  die  schon  stark  in  Verwesung  übergegangen  sind,  fast 
immer  Spuren  dieser  beiden  Phenole  nachweisen ;  ein  solches  Destillat  aus 
gefaulten  Leichenteilen  gibt  fast  immer  die  Millonsdw  Probe  und  meist 
auch  eine  Reaktion  mit  Bromwasser. 

Zum  Nachweise    der  Karbolsäure    dienen    die    folgenden  Reaktionen : 

1.  Ilillonsche  Reaktion.  Beim  Erhitzen  mit  dem  .V/7/o«schen 
Reagens  1)  färbt  sich  eine  selbst  nur  Spuren  von  Karbolsäure  enthaltende 
Flüssigkeit  rot.  Ein  Karbolwasser,  das  bei  einer  A'erdünnung  von  1  :  100.000 
nur  20 ^^^r/  Karbolsäure  enthält,  fäi'bt  sich  hierbei  noch  deutlich  rot.  Falls 
nicht  sehr  verdünnte  Phenollösungen  vorUegen ,  tritt  die  Rottärhung  schon 
in  der  Kälte  auf.  Diese  Reaktion  ist  zwar  außerordentlich  empfindlich, 
aber  nicht  charakteristisch  für  Karbolsäure,  da  sehr  viel  aromatische 
Stoffe,  besonders  einwertige  Phenole  und  ihre  Derivate  sich  gegen  das 
MiUonsche  Reagens  geradeso  verhalten  wie  die  Karbolsäure.  /.  B.  die 
drei  Kresole,  ferner  die  Salizylsäure  2) ,  p-Oxvphenylessigsäure .  p-«  >.\y- 
phenylpropionsäure  (Hydroparakumarsäure -9,  Tyrosin.  Auch  eine  wässerige 
Anilinlösung  färbt  sich  beim  Erhitzen  mit  ..Mi Hon"  dunkelrot. 

2.  Bromwasserreaktion,  überschüssiges  Bromwasser  fällt  noch  aus 
sehr  verdünnten,  wässerigen  Phenollösungen  einen  gelblichweißen,  kristal- 
linischen Niederschlag,  der  im  wesentlichen  aus  Tribromphenolbrom  be- 
steht. Sehr  empfindliche  Probe  auf  Karbolsäure:  selbst  bei  einer  Ver- 
dünnung der  Phenollösung  von  1:50000  erhält  man  bei  längerem  Stehen 
noch  einen,  zum  Teil  aus  schön  ausgebildeten  Kriställchen  bestehenden 
Niederschlag. 


1)  über  die  Bereitung  von  MiUons  Reagens  vgl.  don  Al.scliiiitt  ..l>io  Bereitung 
der  Reagenzien",  S.  813. 

-)  Salizylsäure  geht  mit  Wasserdämpfen  in  Spuren  uImt.  wenigstens  in  einer 
solchen  Menge,  daß  sie  im  Destillate  mit  dem  Millonsi-hcn  Reagens  nachgewiesen 
werden  kann. 

^)  p-Oxypheuy  1  essigsaure  und  lly  dropa  ra  kunia  r saure  werden  hei  der 
Eiweißfäulnis  gebildet;  sie  sind  aber  mit  Wasserdämpfen  nicht  flüchtig. 

Abdurhaldüii,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  44 


g90  ^^  •  Autenrieth. 

Auch  Salizylalkohol  (Saligenin),  Saliz ylaldeh yd,  Salizylsäure  und 
p-Uxybenzoesäure  geben  mit  überschüssigem  gesättigtem  Bromwasser  schon 
in  der  Kälte  quantitativ  Tribromphenolbrom. 

3.  Eisenchloridreaktion.  Stark  verdünnte  Eisenchloridlösung, 
tropfenweise  zugesetzt,  färbt  eine  wässerige  Phenollösung  blau  oder 
blauviolett;  auf  Zusatz  von  Salzsäure  oder  verdünnter  Schwefelsäure  geht 
die  Färbung  in  Gelb  über.  Diese  Probe  ist  nicht  so  empfindlich  wie  die 
beiden  erst  angegebenen  Reaktionen ;  sie  bleibt  ganz  aus ,  wenn  Mineral- 
säuren zugegen  sind.  Empfindlichkeit:  etwa  1 :  1000. 

4.  Hypochlorit  probe.  Versetzt  man  eine  wässerige  Phenollösung 
zuerst  mit  wenig  Ammoniak,  dann  mit  2 — 4  Tropfen  Chlorkalk-  oder 
Natriumhypochloritlösung  und  erwilrmt  gehnde,  so  färbt  sich  das 
Gemisch  blau,  bei  sehr  verdünnten  Phenollösungen  nach  einiger  Zeit  grün 
bis  grünblau.  F.  A.  Flückiger  i)  läßt  zu  der  mit  wenig  Ammoniak  ver- 
setzten und  in  einer  Porzellanschale  befindlichen  Phenollösung  Bromdampf 
zutreten. 

Quantitative  Bestimmungen  des  Phenols. 

1.  Gewichtsanalytische  Bestimmung  als  Tribromphenol- 
brom nach   W.  Autenrieth  und  Fr.  Beuttel.^) 

Diese  Methode  beruht  auf  dem  Verhalten  wässeriger  Phenollösungen 
gegen  überschüssiges  gesättigtes  Bromwasser,  durch  welches  das  ge- 
samte Phenol  als  Tribromphenolbrom,  CRRjBriO  (s.  oben),  gefällt 
wird.  Dieses  ist,  praktisch  genommen,  in  kaltem  Bromwasser  unlöslich, 
infolgedessen  diese  Methode  der  Bestimmung  der  Karbolsäure  recht  be- 
friedigende Werte  liefert. 

Ausführung.  Man  bringt  die  wiisserige  Phenollösung  in  eine  geräumige 
Glasstöpselflasche  und  versetzt  sie  allmählich  und  unter  Umschütteln  mit  so 
viel  gesättigtem  Bromwasser,  daß  die  über  dem  Niederschlag  stehende 
Flüssigkeit  rotbraun  gefärbt  erscheint  und  sich  über  der  Flüssigkeit  Brom- 
dämpfe bemerkbar  machen.  Nun  läßt  man  unter  häufigem  Umschütteln  o  bis 
4  Stunden  lang  kalt  stehen,  sammelt  alsdann  den  Niederschlag  in  einem 
gewogenen  Goochtiegel  und  trocknet  ihn  im  Vakuumexsikkator  über 
Schwefelsäure  bis  zum  konstanten  Gewicht.  Aus  dem  Gewicht  des  er- 
haltenen Niederschlages  berechnet  sich  der  Phenolgehalt  unter  Zi^grunde- 
legung  der  folgenden  Gleichung: 

Cü  Hg  Br^  0  :  Cg  Hg  OH  =  gefundene  Menge  Niederschlag :  x. 
(409-86)       (94-05) 

Da  der  Quotient  94-05 :  409-86  =  0-2295  ist ,  erfährt  man  die  dem 
erhaltenen  Niederschlage  entsprechende  Menge  Phenol  durch  Multiplikation 
des  Gewichtes  des  Niederschlages  mit  0-2295. 


»)  Pharmazeutische  Chemie.  S.  287  (1879). 

^)  W.  Autenrieth  und  Fr.  Beuttel,  Über  die  Bestimmung  des  Phenols,  Salicyl- 
alkohols,  der  Salicylsäure  etc.  als  Tribromphenolbrom.  Archiv  der  Pharmazie.  Bd.  248. 
112  (1910). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chomischom  Woge.  QQ\ 

2.  Maßanalytische  Bestimmung  nach  Beckurts  -  Koppe- 
schaar, i) 

Verdünnte  Schwefelsäure  macht  aus  Bromkaliuni  Drom wasserstoff- 
säure (a)  und  aus  bromsaurem  Kalium  Hromsäure  ([i)  frei;  diese  beiden 
freien  Säuren  wirken  dann  unter  Freiwerden  von  lii-oui  nach  v  aufein- 
ander ein: 

a. 2  KBr  -f  IL,  SO,  =  2  HRr  +  K.,  S( ),. 
ß.2KBr03  +H2S04  =  2IiBr(J3  +  K^SO^. 

•^•-^Br;03H-^^^^+^"^^>- 

Versetzt  man  daher  ein  Gemisch  der  Lösungen  von  l'.romkalium  und 
bromsaurem  Kalium  mit  verdünnter  Schwefelsäure,  so  wird  IJrom  frei, 
welches  gleichzeitig  vorhandenes  Phenol  in  ein  Gemenge  von  Tribrom- 
phenol  und  Tribromphenolbrom  überführt.  Fügt  man  nun  Jodkaliumlösung 
hinzu,  so  wird  nicht  nur  das  im  Überschuß  vorhandene  freie  Brom, 
sondern  auch  das  eine  labil  gebundene  I)romatom  des  Trihrompheuijlbroms 
gebunden,  so  daß  schließlich  sämtliches  Phenol  als  Tribromphenol  ausfällt: 

C,  Hg  Br3  ( )Br  -f  2  K J  =  C^  H^  Brg  ( )K  -}-  KBr  +  J, 
Tribromphenolbrom         Tribromphenolkalium. 
Auf  1  Mol.  Phenol    kommen  demnach  (5  Atome  Brom,    wie 
dies  in  der  folgenden  Gesamtgleichung  zum  Ausdruck  kommt: 

5KBr  +  KBrOj  -f  6H2  SO4  +  a,  H5  .  OH  =  C,  E,  Bt,  .  OH  +  3HBr  + 

6KHS04-H3H.,0. 

Erfordernisse    für   die  Titration: 

.1        T-    1  •        1  -ji-  i.i-1^  5KBr  59o6  .  „-«        i- i> 

1.  —- n-Kaliuml)romidlosung:   enthalt     ^^^^     g  —    — -—    =    o'9o6  a    Iv  Hr 
100  o  100  100  ^ 

im  Liter. 

r.     ]         T-    1  •       1  ,  ,    ,    iKBrO,         16717       ,  „^^_      ,.,,  ,^ 

2.  — -  n- Ivaliumbroniatlosimg:  enthalt  — — - — -ff  =  =  ihlli  //   KlirOj 

im  Liter. 

3.  -— n-Natriumthiosulf  atlösnng:  enthält  —  Na., S,  0,,  .  TiH, 0  7  =  24'83  (7  im 

10  ^  10-'*' 

Liter. 

4.  Eine  Jodkali umlösung  mit  12.')//K.J  im  Liter. 

Ausführung.  In  eine  gut  verschließbare  Glasstöpselflasche  bringt 
man  25  cm^   der   witsserigen    Phenollösung,   z.  B.  Destillat,  je  öO  cw»  der 

tttt:  n-Kaliumbromid-  und  n-Kaliumbi-omatlösung  sowie  ö  cm ^  reine  kon- 
zentrierte Schwefelsäure  und  schüttelt  einige  Minuten  kräftig  durch.  Hierbei 
tritt  ganz  allmählich  eine  Opalisierung  der  Flüssigkeit  ein.  die  unter  Ab- 
scheidung von  Tribromphenol  und  Tribromphenolbrom  alsi)ald  zunimmt:  der 
Überschuß  an  Brom  macht  sich  erst  nach  einigen  .Minuten  durch  Eintritt  der 
gelben  Farbe  bemerkbar.  Nach  weiteren  lö  Minuten  fügt  man  zum  Gemisch 


')  JI.  Beckurts,   Üher  die  quantitative  Bestimmung  der  Carbolsäure  als  Trihroin- 
phenol.  Archiv  d.  T'harmazio.  Bd.  24.  562-572  (1886). 

44* 


692  W.  Autenrieth. 

10  cm^  der  Jodkaliumlösiing'  hinzu,  schüttelt  um  und  titriert  das  hierbei 
freigewordene  Jod  nach  kürzerem  Stehen  mit  —  n-Natriumthiosulfatlösuno-. 

Berechnung.  Aus  der  Mischung  von  je  1000  c«?»  der -r^  n  -  Kali- 

,        .-,          1     1        T'  1-      1          .,••                 1       6  Grammatome  Brom 
umbromid-   und  r^  n-lvahumbromatlosung  werden  — 

6  X  79"96 
=  —TT —  =  4-7976^  Brom  frei  und  somit  aus  je  50  cm'^  der  beiden 

Lösungen  0-23988  g  Brom ;  dieses  Brom  kann  nach  der  Proportion 

6Br:  CeHgOH  =  0-23988  :  x 
479-76  :  94-05  =  0-23988  :  x  (x  =  0-04704) 
0*04704  g  Phenol  in  Tribromphenol  überführen. 

1  cm3— n-Natriumthiosulfatlösung  entspricht  0-012697^    Jod 

und  diese  Jodmenge  wiederum  0*007996  g  Brom.  Diese  Menge  Brom  ist 
aber  imstande,  nach  der  Proportion  (siehe  oben) 

6  Br  :  Cg  H5  OH  =  0-007996  :  x 

479-76  :  94-05  =  0-007996  :  x  (x  =  0-00157) 

0-00157  g    Phenol   in   Tribromphenol   überzuführen.    Man    muß    demnach 

für  jeden  cm^ —- n-Natriumthiosulf atlösung,  der  bei  der  Titration  des  aus- 
geschiedenen Jods  verln-aucht  wird,  von  den  0-04704(7  Phenol  0-00157.9' 
abziehen,  um  die  Menge  Phenol  zu  erfahren,  welche  in  der  ursprünglich 
abgemessenen  Phenollösung  (25  cm^)  vorhanden  war. 

Für  die  Bestimmung  der  Phenole  (Phenol  +  p-Kresol)  im 
Harn  arbeitet  man  nach  der  jodometrischen  Methode  von  J.  Messinger  und 
G.  Vortmann  ^ ),  welche  von  Kassier  und  Fenny  2)  für  den  Harn  ausge- 
arbeitet wurde. 

Chloroform. 

Verhalten  im  menschlichen  Organismus.  Beim  Einatmen 
aufgenommenes  Chloroform  geht  aus  der  Atemluft  zunächst  ins  Blutplasma 
und  von  hier  aus  in  die  roten  Blutkörperchen  über,  in  welchen  es  in 
relativ  großen  Mengen  aufgespeichert  Averden  kann.  Beim  Durchleiten  von 
Luft  wird  das  Chloroform  aus  dem  Blute  wieder  völlig  ausgetrieben.  Nach 
Pohl  (vgl.  R.  Robert,  Intoxikationen)  vermag  Blut  0-62°/o  Chloroform  zu 
binden.  Drei  Viertel  von  dieser  Menge  Chloroform  sitzt  in  den  roten  Blut- 
körperchen. Auf  der  Höhe  der  ungefährlichen  Chloroformnarkose  betrug 
der  Chloroformgehalt  des  Blutes  nur  0-035Vo-  —  Die  Besorption  des 
Chloroforms  erfolgt  von  allen  Körperstellen  aus.  Infolge  der  Ileizwirkung 


*)  J.  Messinger  undi  G.  Vortmann,  Über  eine  neue  Klasse  von  jodierten  Phenolen. 
Berichte  d.  Deutsch,  ehem.  Ges.  22.  2312  (1889)  und  23.  2753  (1890). 

-)  A.  Kassier,  Über  eine  maßanalytische  Bestimmung  der  Phenole  in  Harn. 
Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  17.  117  (1892). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  693 

auf  die  Schleimhäute  der  Respirations\ve<^e  erklären  sich  einige  der  Stö- 
rungen, welche  zu  Beginn  der  Chlorofoi-ninarkose  vorkommen  können,  wie 
Husten,  Speichelflul),  reflektorische  Atmungs-  und  Ilerzschlagvcrlangsamung. 
Die  Gefäße  überlebender  Organe  werden  durch  Chloroform  schon  in 
kleinen  Dosen  durch  Lähmung  erweitert.  Entsprechend  dei-  LäJimung  des 
Gehirns  sinkt  der  Blutdruck ;  auch  das  Herz  arbeitet  schwächer  und  lang- 
samer. —  Von  verschiedenen  Forschern  ist  die  Einwirkung  des  einge- 
atmeten Chloroforms  auf  den  Stoffwechsel  des  Menschen  und  der  Tiere 
untersucht  worden.  Diese  Untersuchungen  haben  eigeben,  daß  der  Haiii 
nach  länger  dauernder  Chloroformnarkose,  infolge  des  vermehrten  Eiweili- 
zerfalls,  eine  Steigerung  der  Stickstoffausscheidung  zeigt;  ferner  ist  der 
neutrale  Schwefel  und  der  Chlorgehalt  des  Harns  vermehrt.  Die 
Steigerung  des  letzteren  ist  wohl,  wenigstens  zum  Teil,  auf  die  rniwand- 
lung  des  Chloroforms  in  Chlorid  zurückzuführen.  Auch  die  Azidität  de.s 
Harns  ist  stark  vermehrt;  endlich  zeichnet  sich  der  Chlorofoi-ndiarn  durch 
einen  hohen  Gehalt  an  reduzierend  wirkenden  Substanzen  aus.  —  Der 
gesteigerte  Eiweißzerfall  unter  dem  Einflüsse  der  Chloroformnarkose  be- 
zieht sich  nicht  mir  auf  Vorratseiweiß,  sondern  auch  auf  Organeiweiß.  So 
erklärt  sich  wohl  die  bei  länger  oder  öfter  wiederholter  Narkose  eintretende 
Degeneration  der  roten  Blutkörperchen,  der  drüsigen  (Jrgane,  des  Her- 
zens etc. 

Chloroform  wirkt  als  Antiseptikum.  Bei  geeigneter  Konzentration 
des  Chloroforms  in  der  Luft  oder  in  einer  Flüssigkeit  gelingt  es,  isolierte 
tierische  und  pflanzliche  Zellen,  wie  Leukozyten,  Flimmerzellen. 
Hefezellen,  Algen,  Sporen  zu  lähmen,  und  zwar  vorübergehend  oder  dau- 
ernd. So  erklärt  sich  die  Anwendung  des  Chloroformwassers.  d.  h.  der  etwa 
P/oigen  Lösung  des  Chloroforms  in  Wasser,  als  Antiseptikum.  Will  man 
z.  B.  tLirn  konservieren,  so  fügt  man  etwas  Chloroform  zu;  ebenso  weini 
man  Enzymwirkungen  studieren,  aber  Bakterienwirkungen  ausschließen  will. 
Aber  nicht  alle  Mikroben  werden  unter  der  Einwirkung  des  Chloroform- 
wassers gelähmt  oder  abgetötet. 

Verteilung  des  Chloroforms  in  der  Leiche.  Nach  Unter- 
suchungen von  Pohl  und  Hans  Meyer  bieten  die  ro.'ten  Blutkörperchen 
und  die  Gehirnsubstanz  noch  die  größte  Wahrscheinlichkeit.  Chloroform 
finden  zu  lassen.  Der  Magensaft  enthält  nach  einer  Inhalation  wenig, 
der  Harn  aber  höchstens  Spuren  von  unverändertem  Chloroform.  Nach 
der  Chloroformnarkose  von  15  Personen  hat  man  lomal  in  deren  Harn 
gar  kein  Chloroform  und  nur  2mal  Spuren   desselben  vorgefunden. 

Der  Nachweis  des  Chloroforms  als  solches  in  der  Leiche 
ist  nach  Kobcrt  bisher  überhaupt  nur  ausnahmsweise  geglückt,  da  das  (üft 
im  menschUchen  Organismus  zum  Teil  in  Chlormetalle  übergeführt,  zum 
Teil  mit  der  Exspirationsluft  schnell  wieder  ausgeatmet  wird.  Der  Chloro- 
formnachweis in  der  Einatmungsluft  der  Patienten  gelingt  in  der  Kegel 
noch  24  Stunden  nach  der  Narkose.  Die  Itetention  des  Chloroforms  soll 
nach  Büdinger  durch  den  Schleim  der  Ilespirationswege  zustande  kommen. 


694  W.  Autenrieth. 

Nachweis   des  Chloroforms. 

Chloroform  geht  mit  Wasserdämpfen  leicht  über  und  findet 
sich  daher  in  dem  zuerst  aufgesammelten  Destillate  aus  einem  Unter- 
suchungsmaterial vor.  Bei  Vorhandensein  größerer  Mengen  scheidet  sich 
Chloroform  im  Destillate  in  Form  schwerer,  farl)loser  Öltröpfchen  aus; 
liegt  nur  wenig  Chloroform  vor,  so  bleibt  es  in  der  wässerigen  Flüssigkeit 
gelöst,  die  dann  den  charakteristischen  Geruch  und  süßlichen  Geschmack  des 
Chloroforms  annimmt.  Chloroform  wird  im  Destillate  durch  die  folgenden 
Reaktionen  nachgewiesen : 

1.  Isonitrilreaktion.  Beim  Erhitzen  einer  chloroformhaltigen 
Flüssigkeit  mit  1  bis  2  Tröpfchen  Anilin  und  mit  wässeriger  oder  alko- 
holischer Kalilauge  entsteht  Phenylisonitril  (CeHgNC),  das  an  seinem  durch- 
dringenden, widerlichen  Gerüche  leicht  erkannt  wird.  Eine  sehr  empfind- 
liche Probe,  mittelst  deren  sich  ein  Teil  Chloroform,  in  6000  Teilen  Alkohol 
gelöst,  noch  sicher  nachweisen  läßt  (Ä.  W.  Hofnumn). 

Bemerkungen.  Chloral,  Bromal,  Bromoform,  Jodoform  und  Tetra- 
chlorkohlenstoff geben  ebenfalls  die  Isonitrilprobe. 

Zu  beachten  ist  ferner,  daß  beim  Kochen  von  Anilin  mit  Kalilauge  allein,  also 
ohne  Chloroform,  ein  eigenartiger  aromatischer  Geruch  auftritt,  der  freilich  mit  dem 
höchst  widerwärtigen  Gerüche  des  Phenylisonitrils  nicht  gut  verwechselt  werden  kann. 
In  zweifelhaften  Fällen  stelle  man  eine  Kontrollprobe  an,  indem  man  wenig 
"Wasser  mit  einem  Tropfen  Anilin,  einer  Spur  Chloroform  und  Kalilauge  erwärmt  und 
dann  den  hierbei  auftretenden  Geruch  mit  dem  fraglichen  Gerüche  der  eigentlichen 
Probe  vergleicht. 

2.  Besorzinreaktion  von  Schwarz.'^)  Löst  man  etwa  0"1  g  Besor- 
zin  in  2  cm'^  Wasser,  fügt  einige  Tropfen  Natronlauge  sowie  eine  chloro- 
formhaltige  Flüssigkeit  hinzu  und  erhitzt  alsdann  zum  Sieden,  so  färbt  sich 
das  Gemisch  gelbrot  und  zeigt  selbst  noch  bei  starker  Verdünnung  eine 
schöne  gelbgrüne  Fluoreszenz. 

Chloral,  Bromal,  Bromoform  und  Jodoform  geben  die  gleiche   Reaktion. 

3.  Naphtholreaktion  yon Lustr/arten.^)  Löst  man  einige  Centigramm 
a-  oder  ß-Naphtol  in  1  bis  2  cni^  starker  Kalilauge  (1  :  2),  erwärmt  auf 
etwa  50«  und  fügt  nun  eine  Chloroform  enthaltende  Flüssigkeit  hinzu,  so 
färbt  sich  das  Gemisch  blau  oder  mehr  blaugrün;  diese  Färbung,  die  bei 
Verwendung  von  ß-Naphthol  weniger  beständig  ist,  geht  an  der  Luft  erst 
in  Grün,  dann  in  Braun  über.  —  Beim  Ansäuern  der  blauen  Flüssigkeit 
fällt  ein  ziegelroter  Niederschlag,  nämlich  ein  Gemenge  von  Naphthol  und 
einem  roten  Farbstoff  aus. 

Chloral,  Bromal,  Bromoform  und  Jodoform  geben  ebenfalls  die  Lust- 
gartensche  Naphtholreaktion. 

4.  Beduktionsproben. 

a)  Eine  wässerige  Chloroformlösung  reduziert  beim  Erwärmen  die 
Fehlmgsche  Lösung  unter  Ausscheidung  von  Kupferoxydul. 


*)  Schwarz,  Fresenius''  Zeitschr.  f.  analyt.  Chem.  27,  668. 

-)  S.  Lustgarten,  Über  den  Nachweis  von  Chloroform,  Jodoform  und  Naphtol  in 
tierischen  Flüssigkeiten  und  Organen.  Monatshefte  f.  Chemie.  3.  715  (1882). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  695 

b)  Erwärmt  man  ein  Gemisch  aus  Silbe  rni  trat lösunir.  über- 
schüssigen Ammoniak  und  wässeriger  Chloroformlüsung,  so  scheidet  sich 
schwarzes  metallisches  Silber  aus. 

Diese  Keduktionsproben  sind  selbstverständlich  für  C'hlorotorni  nicht 
charakteristisch,  da  ja  viele  flüchtige  organische  Stoffe,  wie  Ameisen- 
säure und  Aldehyde,  die  unter  Umständen  auch  in  Destillaten  von 
Leichenteilen  vorkommen  können .  die  Fc/ilui(/sche  Lösung  sowie  eine 
ammoniakalische  Silbernitratlösung  ebenfalls  reduzieren. 


'!-> 


Quantitative     Bestimmung     des     Chloroforms     in     Leichen- 
teilen. 

Eine  abgewogene  Menge  der  betreffenden  Leichenteile  wird  erst  mit 
weinsäurehaltigem  Wasser  angerührt,  dann  so  lange  destilliert,  bis  eine 
kleine  Probe  des  zuletzt  aufgesammelten  Destillates  die  Isonitrilprobe  nicht 
mehr  gibt.  Das  Destillat  wird  zur  Bindung  etwa  vorhandener,  freier 
Salzsäure  zuerst  mit  einer  Spur  Kalziumcarbonat  versetzt,  dann  wird  durch 
diese  Flüssigkeit  unter  Erwärmen  auf  etwa  60''  ein  Strom  gewaschener 
Luft  gesaugt,  diese  durch  ein  lebhaft  glühendes  \'erbrennungsrohr  geleitet 
und  die  hierbei  entstandenen  Verbrennungsprodukte  in  einer  Silliernitrat- 
lösung,  die  mit  Salpetersäure  angesäuert  ist,  aufgefangen:  das  hierlx-i 
gefällte  Chlorsilber  (N)  gelangt  zur  ^Yägung. 

Berechnung :    8  Ag  Cl :  CH  Cl,  =  N  :  x. 

Diese  Bestimmung    beruht  auf    der  Zersetzung    des  Chloroforms    in 
Chlorwasserstoffsäure,  Kohlenoxyd  und  Ameisensäure,  wenn  es  mit  AN'asser- 
dampf  auf  über  200"  erhitzt  wird: 
C HCI3  +  H,  0  =r  C  0  -H  3H  Cl  und  C  H  CI3  +  211.,  U  =  11 C  ( )  ( » II  +  :'.  H  Cl. 

Durch  eine  Reihe  blinder  ^'ersuche  hat  B.  Fischer^)  gezeigt,  dali 
Magen,  JNLageninhalt  und  Blut  nicht  chloroformierter  Tersonen  unter  diesen 
Umständen  keine  flüchtigen  Chlorverbindungen  liefern.  Nach  dieser  Methode 
isiiid  B.  Fischer  in  der  Leiche  eines  Arbeiters,  der  während  der  Chloro- 
formnarkose verstorben  war,  die  folgenden  Mengen  Chloroform  : 
In  985  (/  Magen  samt  Inhalt  und  in  Teilen  des  Darms     001     //  Chloroform 

„  780  ^  Lunge,  Blut  aus  dem  Herzen O'Oöö  // 

„  445  (/  Teilen  von  Milz,  Niere,   Leber Spuren  „ 

„  480  g  Gehirn 0-07     g 

Die  Hauptmenge  des  Chloroforms  hat  sich  also  in  der  (Jehirn- 
masse  und  im  Blute  vorgefunden. 

Chloralhydrat. 

Chloralhydrat,  CCI3  .  CH  (OH).,  bildet  farblose,  durchsichtige, 
trockene,    luftbeständige    Kristalle,    die    sich   in    Wasser,    Weingeist   nml 

1)  Jahresbericht  des  ehem.  Untersuchnngsamtes  der  Stadt  lireshiu  fiir  die  Zeit 
vom  I.April  1894  his  31.  März  189ö. 


696  ^V-  Autenrietb. 

Äther  leicht,  in  Chloroform,  Schwefelkohlenstoff  und  fetten  Ölen  weniger 
leicht  lösen.  Chloralhydrat  riecht  stechend  und  schmeckt  schwach  bitter. 
Es  destilliert  aus  einer  mit  Weinsäure  angesäuerten,  wässerigen  Lösung 
nur  äußerst  langsam  mit  Wasserdämpfen  über,  so  daß  schon  eine  längere 
Destillation  notwendig  ist,  um  erheblichere  Mengen  von  Chloralhydrat  in 
das  Destillat  überzuführen.  Chloralhydrat  findet  sich  als  solches  im  De- 
stillate vor;  destilhert  man  das  Untersuchungsmaterial  bei  alkalischer 
Eeaktion.  so  enthält  das  Destillat  kein  Chlorhydrat,  wohl  aber  aus  diesem 
hervorgegangenes  Chloroform. 

Nachweis  des  Chloralhydrats. 

Chloralhydrat  gibt  die  gleichen  Reaktionen  wie  das  Chloro- 
form, also  die  Isonitril-,  Resorcin-  und  die  Lustgartensche  a-Naphtholprobe, 
nur  fehlt  dem  chloralhydrathaltigen  Destillat  der  charakteristische  Chloro- 
formgeruch, der  freilich  in  stark  verdünnten  wässerigen  Chloroformlösungen 
kaum  wahrzunehmen  ist.  —  Im  Unterschiede  zu  Chloroform  gibt  Chloral- 
hydrat die  Al'dehydreaktion  mit  Nesslers  Reagens.  Man  versetzt  das 
zu  prüfende  Destillat  mit  einigen  Tropfen  iVess/erschem  Reagens  und 
schüttelt  um:  ist  das  Destillat  chloralhydrathaltig,  so  entsteht  jetzt  ein 
gelbroter,   nach  einiger  Zeit  schmutzig  gelbgrün   werdender  Niederschlag. 

Liegt  nicht  zu  wenig  Chloralhydrat  vor.  so  kann  es  in  der  Weise 
nachgewiesen  werden,  daß  man  das  erhaltene  Destillat  mit  etwas  gebrannter 
Magnesia  versetzt  und  dieses  Gemisch  etwa  eine  halbe  Stunde  am  Rück- 
flußkühler im  kochenden  Wasserbade  unter  häufigem  Umschütteln  erhitzt; 
vorhandenes  Chloralhydrat  wird  nach  der  Gleichung: 

2CCI3  .  CH  (0H).3  +  MgO  =  2CHCI3  +  (HC()0)oMg  +  H^O 

in  Chloi'oform  und  Ameisensäure  zerlegt. 

Man  sucht  nun  die  beiden  Bestandteile  der  Reaktion,  das  Chloroform 
und  die  Ameisensäure,  nachzuweisen,  indem  man  einige  Kubikzentimeter 
von  der  Flüssigkeit  abdestilliert  und  das  Destillat  mit  Hilfe  der  Isonitril-, 
Resorcin-  und  Naphtholprobe  auf  Chloroform  prüft.  Den  Destillationsrück- 
stand aber  filtriert  man  ab,  dampft  das  Filtrat  auf  einige  Kubikcentimeter 
ein  und  macht  daraus  zur  Prüfung  der  Ameisensäure  zwei  Teile.  Den  einen 
Teil  erwärmt  man  mit  einigen  Tropfen  Quecksilberchloridlösung;  bei  Vor- 
handensein von  Ameisensäure  wird  weißes  Quecksilberchlorür  gefällt;  den 
anderen  Teil  erhitzt  man  mit  wenig  Silbernitratlösung,  aus  welcher  me- 
tallisches Silber  als  schwarzer  Niederschlag  gefällt  wird,  wenn  das  Filtrat 
Ameisensäure  enthalten  hat. 

Verhalten  des  Chloralhydrats  im  Tierkörper. 

Nur  eine  sehr  kleine  Menge  des  innerlich  eingenommenen  Chloral- 
hydrats geht  als  solches  in  den  Harn  über;  bei  weitem  der  größere  Teil 
desselben  wird  im  menschlichen  Organismus  in  eine  gepaarte  Glukuron- 
säure,  in  die  linksdrehende  Urochloralsäure  C3H11CI3  O3  umgewandelt, 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  H97 

die    mit   dem  Harn  ausgeschieden  wird  (r.  Merun/  und  Musculus  V).    P>eim 

Erwärmen    mit    verdünnten  Säuren    wird   die  Urochloralsäui-e  in  Trichlo- 

äthylalkohol  und  die  rechtsdrehende  Glukuronsäure  hydrolytisch  «^espalton: 

CsHjiCy),  +  H2O  =  CCI3  .  Clh  .  OH  +  H()()C"(CH0H),COH. 

Urochloralsäiire  Trichlorätliylalkohiti  ( llukiintiisaiire 

Urochloralsäure  muß  nach  diesem  \'erhalten  bei  der  Hydrolyse  als 
eine  Trichloräthylgiukuronsäure  aufgefaßt  werden.  Sie  reduziert  in  der 
Wärme  Silberlösung  sowie  alkalische  Kupfer-  und  Wismutlüsung.  Der 
C'hloralharn  verhält  sich  demnach  in  mancher  Hinsicht  wie  der  Zuckerharn, 
nur  ist  er  im  Unterschiede  zum  letzteren  stark  linksdrehend. 

Quantitative  Bestimmung  des  Chloralhydrats  in  Blut   uinl  (i  i-w  eben  n;irli 

C.  Archangelshy.  '-) 

Das  betreffende  Ausgangsmaterial  wird  mit  dem  gleichen  Gewicht  207o'g<^r  Phos- 
phorsäure 12 — 20  Stunden  lang  destilliert;  ist  das  Destillat  trübe  oder  gelb  gefärbt,  so 
wird  die  Destillation  wiederholt.  Das  Destillat  wird  hierauf,  behufs  vollständiger  Spal- 
tung des  Chloralhydrats  in  Chloroform  und  Ameisensäure,  mit  50  cm'-^  Natronlauge  ver- 
setzt, dann  auf  dem  Wasserbade  bis  auf  etwa  20  cni^  eingeengt.  Hierauf  wird  genau 
neutralisiert  und  mit  überschüssiger  Quecksilberchloiidlösung  etwa  (>  Stunden  lang  auf 
dem  Wasserbade  erhitzt;  das  gefällte  Queeksilbcrchlorür  wird  schließlich  gewogen.  Bei 
Zusatz  bekannter  Mengen  Chloralhydrat  zu  Blut  und  Organen  ergab  das  Verfahren  be- 
friedigende Werte.  ^Mittelst  dieser  Methode  hat  Archangelskj/  ermittelt,  daß  sich  Chloral- 
hydrat im  Blute  nicht  gleichmäßig  verteilt  und  in  erster  Linie  in  den  Blutkörperchen 
enthalten  ist.  Im  Gehirn  ist  zu  Beginn  der  Narkose  weniger  Chloralhydrat  vorhanden 
als  im  Blut;  hält  aber  die  Narkose  längere  Zeit  an,  so  wird  das  Gehirn  prozentual 
chloralreicher  als  das  Blut.  Ferner  hat  Ärchangelsicij  die  Menge  Chloralhydrat  bestimmt,  die 
im  Blut  vorhanden  sein  muß,  wenn  Narkose  eintreten  soll;  beim  Hunde  muß  003— 0'05*',o 
Chloralhy'drat  im  Blute  enthalten  sein;  bei  einem  Gehalt  des  Blutes  von  0'12*','(,  trat 
Respirationsstillstand  ein. 

Jodoform. 

Jodoform,  CHJ3,  bildet  glänzende,  hexagonale  Blättchen  oder  Tafeln 
oder  ein  feines,  kristallinisches  Pulver  von  zitronengelber  Farbe  und  von 
durchdringendem,  etwas  safranartigem  Gerüche.  Der  Schnielzi)unkt  liegt 
annähernd  bei  120<'.  Es  ist  fast  unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  TU  Teilen 
kaltem,  in  ungefähr  10  Teilen  siedendem  Weingeist  und  in  10  Teilen  Äthei" 
auch  von  Chloroform  wird  es  reichlich  gelöst.  Beim  Erhitzen  von  Jodoform 
entwickeln  sich  violette  Dämpfe  von  Jod. 

Nachweis  des  Jodoforms. 

Jodoform  destilliert  mit  Wasserdämpfen  ziemlich  leicht  über  und 
liefert  ein  milchig  weißes,  trübes  Destillat  von  charakteristischem  Gerüche. 


*)  V.  Mering  und  Musculus,  Über  einen  neuen  Körper  im  Chloralharn  und 
V.  Mering,  Zur  Kenntnis  der  Reduktionsprocesse  im  Tierkörper.  Berichte  der  Deutsch, 
ehem.  Gesellsch.  8.  662  (1875)  und  15,  1015)  (1882). 

2)  C.  Archaugelskij,  tJber  die  Verteilung  des  Chloralhydrats  uiul  Acetons  im  Orga- 
nismus. Arch.  f.  experim.  Pathol.  u.  Pharmakol.  46.  347  (1901 ). 


698  ^^-  Autenrieth. 

Zum  sicheren  Nachweis  des  Jodoforms  schüttelt  man  das  aufgesammelte 
Destillat  mit  Äther  aus  und  läßt  den  Ätherauszug-  freiwillig  verdunsten. 
Liegen  mehr  als  Spuren  von  Jodoform  vor,  so  hinterbleibt  es  in  Form 
mikroskopisch  kleiner,  gelblich  gefärbter,  hexagonaler  lUättchen.  Zur 
Identifizierung  mit  Jodoform  löst  man  den  Verdunstungsrückstand ,  falls 
er  jodoformähnlich  riecht,  in  wenig  warmem  absolutem  Alkohol  und  führt 
mit  dieser  Lösung  die  folgenden  Reaktionen  aus: 

Reaktion  von  Lustgarten. ^) 

In  einem  kleineren,  engen  Reagenzglase  erhitzt  man  sehr  wenig 
Phenolkaliumlösung,  d.  i.  eine  Auflösung  von  kristallisiertem  Phenol  in 
Kalilauge,  mit  2 — 8  Tropfen  der  alkoholischen  Lösung  des  Verdunstungs- 
rückstandes ganz  gelinde  über  kleiner  Flamme.  Bei  Anwesenheit  von  Jodo- 
form bildet  sich  am  Boden  des  Reagenzglases  ein  roter  Beschlag ,  der  in 
einigen  Tropfen  verdünnten  Alkohols  mit  karminroter  Farbe  löslich  ist. 

Man  führe  ferner  die  Resorzin-  und  die  I so nitril -Probe  aus 
(vgl.  Chloroform). 

Nitrobenzol. 

Nitrobenzol,  CgllgNOa,  bildet  eine  gelblich  gefärbte,  stark  licht- 
brechende, nach  Bittermandelöl  riechende  Flüssigkeit  vom  Siedepunkt  209" 
bei  IßOmm;  in  verdünnter  wässeriger  Lösung  schmeckt  es  ausge- 
sprochen süß. 

Nitrobenzol  gehört  zu  den  stark  giftig  wirkenden  Substanzen.  Beim 
Menschen  ist  der  Tod  schon  nach  Einnahme  sehr  kleiner  Mengen  Nitro- 
benzol eingetreten,  nämlich  nach  innerlicher  Aufnahme  von  20,  ja  sogar 
von  nur  7 — 8  Tropfen  des  Giftes.  Freilich  ist  andrerseits  nach  viel  größeren 
Gaben  völlige  Wiederherstellung  von  der  Vergiftung  beobachtet  worden. 
Auch  durch  Einatmen  von  Nitrobenzoldampf  sind  Vergiftungen  mit 
tödlichem  Ausgange  zustande  gekommen.  Nitrobenzol  hat  in  den  letzten 
Jahren  besonders  als  Abortivmittel  eine  gewisse  Rolle  gespielt.  Nitrobenzol 
ist  ein  Blutgift,  indem  es  verändernd  auf  das  Blut  einwirkt,  welches 
unter  Gestaltveränderung  und  Lösung  der  roten  Blutkörperchen  eine 
schokoladebraune  Farbe  annimmt.  Das  Blut  verliert  dabei  die  Fähigkeit, 
Sauerstoff  aufzunehmen.  Der  Sauerstoffgehalt  des  Blutes  von  durch 
Nitrobenzol  vergifteten  Personen  soll  bis  unter  P/o  sinken  können,  wo- 
durch Tod  unter  Erstickung  herbeigeführt  wird.  Das  Blut  gesunder  Per- 
sonen enthält  etwa  17  Volumprozente  Sauerstoff.  Im  Nitrobenzolblut 
scheint  kein  Methämoglobin  vorhanden  zu  sein ;  bei  der  spektroskopischen 
Untersuchung  eines  derartigen  Blutes  ist  neben  den  beiden  Oxyhämoglobin- 
streifen  noch  ein  besonderes ,  zwischen  C  und  D  gelegenes  Absorptions- 
band   gefunden    worden    {Filehnescher   Nitrobenzolstreifen).    Wahr- 


^)  <S^.  Lustgarten,  Über  den  Nachweis  von  Chloroform,  Jodoform  und  Naphtol  in 
tierischen  Flüssigkeiten  und  Organen.  Monatsh.  f.  Chemie.  3.  715  (1882). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  699 

scheinlich  eine  Folge  der  schworen  Löslichkeit  ist  für  das  Gift  eine  be- 
stimmte Inkubationszeit  notwendig-,  donn  nach  innerlicher  Darreichung 
des  Nitrobenzols  bis  zum  Eintritt  der  (Jiftwirkun;^-  verstreichen  in  der 
Regel  2—3  Stunden.  In  einem  Falle  kam  bei  einer  Frau,  die  zu  AlM)rtiv- 
zwecken  10  Tropfen  Mirbanöl  genommen  hatte ,  erst  8  Stunden  nach  Ein- 
nahme des  Giftes  eine  Giftwirkung  zum  Ausbruch,  nämlich  Bewußtlosig- 
keit und  Cvanose. 

Ein  Teil  des  aufgenommenen  Nitrobenzols  geht  in  den  Harn  über; 
Anilin  scheint  aus  demselben  im  Organismus  nicht  zu  entstehen.  Hämo- 
globin oder  Methämoglobin  sind  l)ei  Nitrobenzolvcrgiftung  im  Mensclien- 
harn  nur  ausnahmsweise  gefunden  worden,  wohl  aber  findet  sich  manchmal 
ein  brauner  Farbstoff  im  Harn  vor.  Der  Xitrobenzolharn  reduziert  die 
Fehlingsche  Lösung,  ist  nicht  gärungsfähig  und  deutlich  liuksdrehend. 
Vielleicht  enthält  er  eine  gepaarte  Glukuronsäure. 

NachAveis  des  Nitrobenzols. 

Alle  Organe  und  auch  der  Harn  riechen  bei  Nitrobenzolvcrgiftung  nach 
dem  Gifte.  Zum  chemischen  Nachweis  des  Nitrobenzols  destilliert  man  die 
betreffenden  Organe  mit  Wasser.  Nitröbenzol  destilliert  hierbei  ziemlich 
leicht  über  und  scheidet  sich  im  Destillate  in  Form  von  gelblich  gefärbten, 
charakteristisch  riechenden  Öltröpfchen  aus,  die  in  Wasser  untersinken. 
Zum  sicheren  Nachweis  des  Nitrobenzols  reduziert  man  es  zu  Anilin  und 
weist  dieses  nach.  Zu  dem  Zwecke  schüttelt  man  die  ausgeschiedenen  ( )1- 
tröpfchen  oder,  falls  die  Trennung  derselben  von  der  wässerigen  Flüssig- 
keit nicht  möghch  ist,  das  Destillat  direkt  mit  zwei  oder  drei  Stückchen 
Zink  oder  wenig  granuliertem  Zinn  und  einigen  Kubikzentimetern  konzen- 
trierter Salzsäure  so  lange ,  bis  der  Geruch  nach  Nitröbenzol  verschwunden 
ist,  versetzt  die  vom  überschüssigen  Metall  abgegossene  salzsaure  Lösung 
mit  Kalilauge  im  Überschusse,  schüttelt  das  hierbei  frei  gewordene  Anilin 
mit  Äther  aus  und  läßt  die  in  einem  Scheidetrichter  abgetrennte  Atlier- 
lösung  eindunsten.  Die  zurückbleibenden  ()ltröpfchen  löst  man  unter  l'm- 
schütteln  in  Wasser  auf  und  prüft  diese  Lösung  mit  Chlorkalklösung  und 
mit  Hilfe  der  Isonitrilprobe  auf  Anilin  (vgl.  dieses). 

Anilin. 

Anilin,  CV,  H,  .NH.,,  bildet  eine  farblose,  öHge,  stark  lichtbrechende, 
eigentümlich  aromatisch  riechende  und  brennend  schmeckende  Flüssiirkeit, 
die  sich  an  der  Luft  alsbald  gelb  bis  braun  färbt,  um  schlielilich  voll- 
ständig zu  verharzen.  Siedepunkt  180".  V(m  Wasser  wird  Anilin  nur 
in  geringer  Menge  (1:31)  gelöst,  dagegen  löst  es  sich  in  jedem  Ver- 
hältnis in  Alkohol,  Äther,  Benzol.  Cldoroform  und  Schwefelkohlenstoff.  Es 
wirkt  nicht  auf  Lackmus;  die  Anilinsalze  reagieren  sauer.  Anilin  ist  ein 
Gift  von  mäßig  starker  Wirkung.  Kleinere  Hunde  sterben  nach  (Jaben  von 
lö—2g    Anilin,    die    im  Laufe    eines  Tages    gegeben    werden.    Für    den 


700  ^^'-  Autenrieth. 

INIenschen  ist  die  tödliche  Dose  noch  nicht  sicher  festgestellt;  3 — 4(/ 
Anilin,  anf  einmal  eingenommen,  sollen  schon  sehr  schwere  ^'ergiftnngs- 
erscheinungen  hervorrufen.  Die  tödhche  Dose  liegt  auf  jeden  P'all  unter 
20  g,  denn  an  dieser  Menge  Anilin  verstarb  ein  kräftiger  Mann.  Auch 
durch  Einatmen  von  Anihndämpfen  können  schwere,  selbst  tödhche  Ver- 
giftungen zustande  kommen. 

Anilin  ist  ein  typischer  Methämoglobinbildner,  also  ein  Blutgift. 
Daß  Oxyhämoglobin  durch  Anilin  in  ^Nlethämoglobin  übergeführt  wird ,  läßt 
sich  im  Pieagenzglase  zeigen,  indem  man  Blut  mit  einer  wässerigen  Lösung 
von  Anilin  versetzt.  Unter  dem  Einflüsse  des  Anilins  erleiden  die  roten 
Blutkörperchen  eine  Gestaltsveränderung  und  zerfallen  zum  Teil. 
Durch  den  Zerfall  der  roten  Blutkörperchen  tritt  eine  Verminderung  des 
Gehaltes  des  Blutes  an  disponiblem  Sauerstoff  ein,  so  daß  dieser  nur 
noch  5—10  Volumprozente  beträgt,  gegen  15 — SO^/o  unter  normalen  Ver- 
hältnissen. Bei  durch  Anilin  vergifteten  Personen  ist  also  die  Zahl  der 
roten  Blutkörperchen  stark  vermindert,  nicht  aber  die  der  weißen 
Blutzellen. 

Nach  Untersuchungen  von  B.  v.  Engelhardf^)  soll  Anilin  im  mensch- 
lichen Organismus  zum  Teil  in  Anilinschwarz  oder  in  eine  diesem 
ähnliche ,  wasserunlösliche  Verbindung  umgewandelt  werden .  welche  in 
Form  schwarzblauer  Körnchen  in  jedem  Blutstropfen  und  im  Harn  auf  der 
Höhe  der  Anilinvergiftung  nachgewiesen  werden  kann.  —  Die  Entgiftung 
erfolgt  in  der  Weise,  daß  das  Anilin  im  Organismus  erst  zu  p-Amido- 
phenol,  HO.CßH^.NHa  (1*4),  oxydiert  wird,  das  sich,  \\ie  alle  Phenole, 
mit  Schwefelsäure  zu  einer  Ätherschwefelsäure,  nämhch  der  p-Amido- 
phenolschwefelsäure,  HO  .SOg.O.  CgH^  .NH.,  (P4),  paart,  welche  als 
Alkalisalz  durch  die  Niere  ausgeschieden  wird  und  dann  im  Harn  er- 
scheint. Zum  Teil  wird  das  durch  Oxydation  des  Anilins  entstandene 
p-Amidophenol  als  gepaarte  Glukuronsäure  ausgeschieden.  Auf  der 
Bildung  dieser  gepaarten  Säure  beruht  wohl  das  meist  beobachtete  Pte- 
duktionsvermögen  des  Anilinharns  gegen  Fchlingsche  Lösung.  In  schweren 
Fällen  von  Anilinvergiftung  ist  im  Harn  auch  Anilin  als  solches  aufge- 
funden worden.  Der  Anilinharn  ist  meist  stark  dunkel  gefärbt.  Außer 
den  bereits  angeführten  Substanzen  wurden  im  Harn  bei  AniUnvergiftung 
ein  dunkler  Farbstoff,  ferner  Hämoglobin,  Methämoglobin  und 
in  reichlicherer  Menge  Urobilin  nachgewiesen. 

Nachweis  des  Anilins. 

Als  ziemlich  schwache  Base  geht  Anilin  aus  wein  säur  er  Lösung 
mit  Wasserdämpfen  zum  Teil  über,  wenigstens  in  einer  solchen  Menge, 
daß  es  im  Destillate  mit  Hilfe  der  unten  angegebenen  Pieaktionen  nach- 
gewiesen werden  kann.  Will  man  das  Anilin  aus  irgend  einem  Unter- 
suchungsmaterial  zwecks   einer   quantitativen  Bestimmung   mögUchst  voll- 


*)  Beiträge  zur  Toxikologie  des  Auilins.  Franz.  Dissertation.  Dorpat  1888. 


Der  Nachweis  der  Gifte  uut  chemischem  Wege.  701 

ständig-  abdestillieren,  so  macht  man  das  hetroffendc  mit  Wasser  angerührte 
Objekt  mit  Alkalihmge  oder  Natriuinkarbonatlösiing  stark  alkalisch  und 
destilliert  es  dann  ab.  Da  Anilin  in  etwa  80  Teilen  Wasser  von  lö"  löslich  ist, 
können  selbst  erheblichere  ^Mengen  desselben  im  anfgesammeltcn  Destillate 
gelöst  bleiben.  Nur  wenn  größere  Mengen  Anilin  vorhanden  sind,  kann  es 
sich  in  der  abdestillierten  Flüssigkeit  in  Foiin  von  öligen  Tröpfchen  ab- 
scheiden. p]ine  wässerige  Anilinlösung,  Anilinwasser,  t'ärl)t  Fichtenholz 
und  Holhmderraark  intensiv  gelb.  Im  Destillate  wird  Anilin  durch  die 
folgenden  lieaktionen  erkannt: 

1.  Chlorkalkprobe.  Man  versetzt  das  Destillat  trojjfenwei.se  mit 
wässeriger  Chlorkalk-  oder  Natriumhypochloritlösung:  bei  Vorhandensein 
von  Anilin  nimmt  das  Destillat  eine  violettblaue  oder  mehr  purpurviolette 
Färbung  an,  die  aUmählich  in  ein  schmutziges  Piot  übergeht.  Fügt  man 
jetzt  verdünnte,  mit  etwas  Ammoniak  versetzte  wässerige  Phenollösung 
hinzu,  so  färbt  sich  das  Gemisch  schön  blau.  Die  blaue  Farbe  ist  recht 
beständig.  Empfindlichkeit :  1 :  (56000. 

2.  Isonitrilprobe.  Beim  Erhitzen  des  Destillates  mit  einigen 
Tröpfchen  Chloroform  und  Kahlauge  tritt  der  widerliche  Geruch  des  Phenvl- 
isonitrils  auf,  falls  das  Destillat  Anilin  enthält. 

o.  Bromwasser  fällt  einen  fleischfarbenen  Niederschlag  aus,  wenn 
das  Destillat  anihnhaltig  ist.  Empfindlichkeit:  1:66000. 

Schwefelkohlenstoff. 

Schwefelkohlenstoff,  CSo,  bildet  eine  farblose,  stark  lichti)rechende, 
charakteristisch  riechende,  in  Wasser  nur  wenig  lösliche  Flüssigkeit: 
über  die  Löshchkeit  des  Schwefelkohlenstoffes  in  Wasser  w-eichen  die  An- 
gaben in  der  Literatur  weit  voneinander  ab.  1 1  Wasser  löst  bei  18  bis 
14«  2-08  7  (Pagej,  bei  15— 16»  PSlf/  (Chancel,  Parmentier),  2— 8r/ 
(CHndi),  3-4 — 4"52y  fPeügot)  Schwefelkohlenstoff.  Mit  absolutem  Alkohol, 
mit  Äther,  ätherischen  und  fetten  Ölen  läßt  sich  Schwefelkohlenstofi  in 
jedem  Verhältnisse  mischen. 

Bei  innerlicher  Darreichung  ist  Schwefelkohlenstoff  ein  stark 
wirkendes  Gift,  und  zwar  ein  Blutgift,  indem  es  insbesondere  den 
Zerfall  der  roten  Blutkörperchen  bewirkt.  Auch  beim  Einatmen  von 
Schwefelkohlendämpfen  können  schwere  Vergiftungserscheinungen  auftreten. 
Nachdem  man  früher  angenommen  hatte,  daß  Schwefelkohlenstoff  ein 
typischer  Methämoglobinbildner  wäre,  haben  Untersuchungen  aus  den 
letzten  Jahren  ergeben ,  daß  diese  Annahme  nicht  richtig  war.  Schwefel- 
kohlenstoff ruft  schwere  Schädigungen  der  roten  Blutkörperchen  mit 
auftretender  Hämolyse  hervor:  nach  R.  Kohcrt  (Intoxikationen)  wirkt  es 
infolge  seiner  LipoidlösUchkeit  auf  das  Blut  und  das  Zentralnervensystem 
schädigend  ein.  In  einem  ähnhchen  Sinne  hat  sich  vor  kurzem  K.  Ilanuscu  ') 
geäußert:  Schwefelkohlenstoff  ist  ein  starkes  Blutgift,    das   eine   Abnahme 


1)  Viertcljahrssclir.  f.  gerichtl.  .Medizin  etc.  30.  422  (l'JUä). 


702  W.  Autenrieth. 

der  Zahl  der  roten  Blutkörperchen  und  des  Hänioglobingehaltes  derselben 
nebst  Leukozytose  bewirkt. 

Kachweis  des  Schwefelkohlenstoffes. 

Schwefelkohlenstoff  geht  mit  den  Dämpfen  des  Wassers  verhältnis- 
mäßig langsam  über.  Bei  fraktionierter  Destillation  kann  man  daher 
auch  die  zweite  und  selbst  die  dritte  Fraktion  für  den  Nachweis  von 
etwa  vorhandenem  Schwefelkohlenstoff  verwenden.  Löst  man  beispielsweise 
2  Tröpfchen  Schwefelkohlenstoff  in  100  cin^  Wasser  auf  und  destilliert 
40  cm^  davon  ab,  so  kann  man  auch  noch  in  den  weiteren  10  cm^  Destillat 
deutlich  Schwefelkohlenstoff  nachweisen.  Geringere  Mengen  desselben  bleiben 
in  dem  wässerigen  Destillate  gelöst.  Eine  derartige  wässerige  Lösung 
riecht  nicht  besonders  stark  nach  Schwefelkohlenstoff.  In  dem  Destillate 
wird  Schwefelkohlenstoff  durch  die  folgenden  Reaktionen  erkannt: 

1.  Versetzt  man  eine  Schwefelkohlenstoff  enthaltende  Flüssigkeit  mit 
einigen  Tropfen  Bleiazetatlösung,  so  entsteht  weder  ein  Niederschlag, 
noch  macht  sich  eine  Färbung  bemerkbar  (Unterschied  von  Schwefel- 
wasserstoff) ;  fügt  man  aber  dann  Kalilauge  im  Überschusse  hinzu 
und  erhitzt  zum  Sieden,  so  wird  schwarzes  Bleisulfid  gefällt.  Sehr  empfind- 
liche Probe. 

2.  Ivhodanreaktion.  Kocht  man  eine  wässerige  Lösung  von  Schwe- 
felkohlenstoff einige  Minuten  mit  starkem  Ammoniak  und  wenig  Alkohol, 
so  entsteht  neben  Schwefelammonium  Rhodanamnionium;  dampft  man  als- 
dann auf  dem  Wasserbade  auf  etwa  1  oh^  ein  und  säuert  mit  Salzsäure 
an,  so  färbt  sich  die  Lösung  mit  einem  Tröpfchen  Eisenchloridlösung  rot. 
O'Ob  g  Schwefelkohlenstoff,  die  in  l  ciu^  Wasser  gelöst  sind,  lassen  sich 
mittelst  dieser  Probe  noch  sicher  nachweisen. 

o.  Xanthogenreaktion.  Schüttelt  man  einige  Kubikzentimeter  eines 
schwefelkohlenstoffhaltigen  Destillates  mit  etwa  dem  dreifachen  'N'olumen 
einer  gesättigten  Lösung  von  Ätzkali  in  absolutem  Alkohol  einige  Mi- 
nuten gut  durch,  säuert  alsdann  mit  Essigsäure  schwach  an  und  fügt 
1 — 2  Tropfen  Kupfersulfatlösung  hinzu ,  so  entsteht  zunächst  ein  braun- 
schwarzer Niederschlag,  der  sich  bald  in  gelbe  Flocken  von  xanthogen- 
saurem  Kupferoxydul,  CS(SCu)(OC2H5),  umwandelt. 

Quantitative   Bestimmung   des   Schwefelkohlenstoffdampfes   in 

der  Luft. 

Durch  Einatmen  von  schwefelkohlenstoffhaltiger  Luft  sind  wiederholt 
schwere  chronische  Vergiftungen  zustande  gekommen,  und  zwar  wurden 
bisher  meist  Arbeiter  in  Kautschukfabriken  davon  betroffen.  Man  hat  daher 
von  verschiedenen  Seiten  die  Grenze  zu  ermitteln  versucht,  bei  welcher  der 
Gehalt  der  Luft  an  Schwefelkohlenstoff  noch  nicht  schädigend  auf  die  Ge- 
sundheit von  Personen  wirkt.  Ein  Gehalt  von  O'o — 0*8  mc/  Schwefelkohlen- 
stoff im  Liter  der  eingeatmeten  Luft   bleibt   ohne   schädliche  Folgen, 


Der  Nachweis  der  (üfte  auf  cliemischem  Wege.  70P> 

ein  solcher  von  l'H  mg  im  Liter  bereitet  nach  mehreren  Stunden  leichte 
Beschwerden.  Bei  i^-^mg  CSg  im  Liter  stellen  sich  die  Beschwerden  nach 
etwa  V'2  Stunde  und  bei  6  mg  schon  nach  20  Minuten  ein;  10  mg  im  Liter 
bewirken  bereits  Lähmungserscheinungen  und  mehrtätif^e  Nachwirkungim. 
Nach  den  Ergebnissen  der  verschiedenen  Lhitersuchungen  muli  man  die 
gerade  noch  schädliche  Grenze  für  Personen,  die  sich  oft  wochenlang  in 
einer  Schwefelkohlenstoff  enthaltenden  Atmosphäre  aufhalten  müssen,  auf 
unter  '6mg  Schwefelkohlenstoff  im  Liter  Luft  ansetzen.  Auf  jeden 
Fall  darf  in  Fabrikräumen,  in  welchen  mit  Schwefelkohlenstoff  gearbeitet 
wird,  dieser  Höchstgehalt  von  3  mg  CS«  im  Liter  Luft  unter  keinen  I'm- 
ständen  überschritten  werden.  Da  durch  den  Versuch  festgestellt  werden 
konnte,  dal»  von  dem  eingeatmeten  (nft  9'd — 96%  unverändert  mit  der 
Exspirationsluft  wieder  entweichen,  so  berechnet  sich  eine  außerordentlich 
kleine  Menge  Schwefelkohlenstoff  als  Ursache  der  Vergiftungserscheinungen. 

Ausführung  der  Bestimmung. 

Die  quantitative  Bestimmung  des  Schwefelkohlenstoff  dampf  es  in 
der  Luft  wird  in  der  Weise  ausgeführt,  daß  man  10 — 20  /  der  die  Dämpfe 
enthaltenden  Luft  durch  gesättigte  alkoholische  KaUlauge,  die  sich  in  einer 
Pellgotschen  Kugelröhre  befindet,  hindurchführt,  wodurch  der  vorhandene 
Schwefelkohlenstoff  quantitativ  als  xanthogensaures  Kalium ,  CS  (SK) 
(OC2H5),  gebunden  wird.  Nach  l)eendigtem  Durchleiten  der  Luft  verdünnt 
man  den  Inhalt  der  F(^ligotsc\ien  Röhre  mit  9f?/üigem  Alkohol  auf  ein 
bestimmtes  Volumen,  etwa  auf  50  c;/?»,  milit  eine  ali(iuote  Menge  hiervon 
ab,  fügt  Wasser  hinzu,  säuert  mit  Essigsäure  schwach  an,  entfernt  den 
Säureüberschuß  mit  Natriumbikarbonat  und  läßt,  nach  Zusatz  von  empfind- 
licher Stärkelösung,  aus  einer  Bürette  —  n  -  Jodlösung    bis   zur   bleibenden 

Blaufärbung  zufließen. 

Das  Jod  führt  das  xanthogensaure  Kalium  nach  der  folgenden  (ilei- 
chung  (I)  im  wesentlichen  in  Äthylxanthogendisulfid  üi)er: 

s.cs.oaHg 

L  i  Ja  +  2  K  :  S  .  CS  .  OC2  H5  =  2KJ  +  i 

S  .  CS  .  OC,  Hg 

Nach  E.  Hupp  und  L.  Krauss  1)  wirkt  Jod  auf  xanthogensaures  Ka- 
lium auch  im  Sinne  der  folgenden  Gleichung  (II)  ein: 

IL  J.,  +  2  KS  .  CS  .  OC2  H5  +  H2  0  =  K,  CS3  +  2  C,  H, .  ()H  -h  2  HJ  +  S. 

Wie  aus  diesen  beiden  Gleichungen  ersichtlich  ist,  beanspruchen 
beide  Reaktionen  die  gleiche  Menge  Jod,  nämlich  auf  2  Mol.  Xanthogenat 
kommen  je  2  Atome  Jod.  Das  Jodbindungsvermögen  wird  also  durch 
diesen  Doppelprozeß  in  keiner  Weise  beeinflußt,  so  daß  er  sich  zur  quan- 
titativen Ermittlung  von  Xanthogenaten  verwerten  läßt. 


*)  E.  Ihipp  und  L.  Krauss,  Die  jodometrisrhe  BcstimniunL'  des  Kupfers  als  Kupro- 
xanthofieuat.  Berichte  d.  Deutsch,  chcin.  Gesellsch.  35.  4157  (l'.Mi2). 


704  ^^  •  Auteiirieth. 

Unter  Berücksichtioimg  der  aufgestellten  Gleichungen  entsprechen 
1000  cm^  —  n-Jodlösung,  -^  CS.,  g  —  7-6  g  Schwefelkohlenstoff. 

Äthylalkohol. 

Der  Alkohol,  C,  H5  OH,  wird  von  den  verschiedensten  Applikations- 
stellen aus  rasch  aufgenommen,  besonders  leicht  vom  nüchternen  Magen  aus. 
Von  hier  aus  wird  er  reichlich  resorbiert,  während  eine  liesorption  von 
nicht  flüchtigen,  wässerigen  Flüssigkeiten  vom  Magen  aus  sonst  so  gut 
wie  nicht  erfolgt.  Der  resorbierte  Alkohol  gelangt  ins  Blut  und  verteilt 
sich  an  alle  Organe  (vgl.  Chloralhvdrat).  Nach  Versuchen  an  Hunden, 
Füllen  und  erwachsenen  Pferden  beträgt  der  Gehalt  des  Blutes  an  Alkohol 
bei  tiefster  Narkose  0*72°/ 0  5  aber  schon  bei  einem  Gehalte  von  0'12°/o  ist 
Benommenheit  vorhanden.  Die  Ansicht  der  Toxikologen  geht  auseinander 
in  der  Frage,  ob  bei  einer  akuten  Alkoholvergiftung  die  Verteilung  des 
Alkohols  im  Körper  eine  gleichmäßige  sei  oder  ob  der  Alkoholgehalt  des 
Gehirns  größer  sei  als  der  der  anderen  Organe.  Die  letztere  Annahme  findet 
durch  die  chemische  Analyse  der  Organe  eines  an  akuter  x\lkoholver gif- 
tung gestorbenen  Mannes  eine  Stütze.  Die  Leber  dieses  Mannes  enthielt 
0-21ö/o,  das  Gehirn  0-477o  und  das  Blut  O'^oVo  Alkohol.  Diese  Zahlen 
werden  nur  verständlich,  wenn  man  annimmt,  daß  das  Gehirn  den  Al- 
kohol bindet.  Aber  auch  die  roten  Blutkörperchen  Innden  den  Alkohol 
gerade  so  wie  andere  Narkotika. 

Die  Unsicherheit,  die  früher  über  das  weitere  Schicksal  des  Alkohols 
im  tierischen  Organismus  bestanden  hat,  ist  jetzt  durch  eine  Pteihe  ein- 
gehender Untersuchungen  endgültig  geklärt.  Diese  Untersuchungen  haben 
ergeben,  daß  durch  die  Haut  gar  nichts,  durch  die  Niere  höchstens 
1 — l"5Vo  und  durch  die  Lunge  1-6 — 2Vo  des  aufgenommenen  Alkohols 
unverändert  weggehen.  Strassmann  fand  die  Ausscheidung  durch  die 
Lunge  etwas  höher,  zu  5 — 6°/o,  die  durch  die  Niere  zu  UO — 2"5^  o-  ^^ie 
ganze  übrige  Alkoholmenge  wird  im  mensclilichen  Organismus  verbrannt, 
also  zu  Kohlensäure  und  AVasser  oxydiert. 

B.  Fischer  fand  in  den  Leichenteilen  eines  Mannes,  dei"  höchstwahr- 
scheinlich infolge  Genusses  allzu  großer  Mengen  Branntweins  gestorben  war, 
die  folgenden  Giengen  iVlkohol: 

in  2720  g  Magen  und  Darminhalt  .  30-6  g  Alkohol 
..   2070  g  Herz,  Lunge,  Blut  .     .     .  10-9  g         „ 

..    1 820  g  Leber,  Niere 7-8  g 

..    lo65  g  Gehirn -^''^  g 

Nachweis  des  Äthylalkohols. 

Der  Äthylalkohol  geht  mit  Wasserdämpfen  leicht  über  und  findet 
sich  daher  in  den  ersten  Anteilen  des  aufgesammelten  Destillats  vor.  Falls 
nicht  sehr  geringe  Mengen  vorhegen,  gibt  sich  der  Alkohol  im  Destillate 
durch  seinen  Geruch  zu  erkennen.  Mit  dem  Destillate  führe  man  die  fol- 
genden Reaktionen  aus: 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  cIifiiiisclH'iii  Wege.  70ö 

1.  Die  Liehensche  JodoformiJrohc ')  Man  crwiii-nit  das  Destillat 
gelinde,  anf  etwa  40 — 50",  fügt  einige  Knhik/entinieter  wilsserige  ,Iod- 
Jodkaiiiunlösung  oder  ein  Kriställchen  .Jod  sowie  soviel  Kaiilanfie  liinzn. 
daß  die  Flüssigkeit  noch  deutlieh  gelb  bis  schwach  bräunlich  getilrbt  er- 
scheint; bei  Vorhandensein  von  Alkohol  scheidet  sich  sofort  oder  während 
des  Erkaltens  ein  gelblichweißer  oder  zitronengelber  Niederschlag  von 
Jodoform  ans.  15ei  Spuren  von  Alkohol  erfolgt  die  Ausscheidung  des  .NkIo- 
fornis  erst  bei  längerem  Stehen.  Picsonders  das  sich  langsam  ausscheidende 
Jodoform  kristallisiert  schön  in  sechsseitigen  Täfelchen  und  sechsstrahligen 
Sternen. 

Hemer kungeii.  Die  iieie^sche  Jodoformprobe  ist  /war  selii'  ciiiiifiinllicli.  alier 
für  Äthylalkohol  nicht  charakteristiscii,  denn  anch  andere  primäre  Alkohole,  aus- 
genommen der  Methylalkohol,  sowie  manche  sekundäre  Alkoliole,  ferner  Aldehyde.  Kc- 
tone,  P'iSsigäther,  Azetessigester,  Milchsäure  u.  a.  gehen  mit  Jod  und  Kalilauge  eben- 
falls Jodoform. 

2.  Die  Berthelotsche  Probe.  Man  schüttelt  das  Destillat  mit 
einigen  Tropfen  Benzoylchlorid  (  Cr  H5 .  CO  .  Cl)  und  überschüssiger 
lOVoig'^i'  Natronlauge  bis  zum  Veischwinden  des  stechenden  (ieruchs  des 
Benzoylchlorid s  tüchtig  durch;  enthält  das  Destillat  Äthylalkohol,  so  macht 
sich  jetzt  der  aromatische  Geruch  des  Benzoesäureäthylesters  bemerkbar. 
10  cm^  eines  O'öo/oigen  Weingeist  lassen  hierbei  noch  deutlich  den  Ester- 
geruch erkennen. 

3.  Die  Chrom  säureprobe.  Erwärmt  man  eine  alkoholhaltige  Flüssig- 
keit mit  verdünnter  Schwefelsäure  oder  Salzsäure  und  1-  2  Tröj)fehcn 
einer  sehr  stark  verdünnten  Kaliumchromatlösung,  so  geht  die  ur- 
sprünglich gelbrote  Farbe  des  Gemisches  in  Grün  über  und  gleichzeitig 
macht  sich  ein  Geruch  nach  Azetaldehyd  i)emerkbar.  Diese  Probe  ist 
nicht  eindeutig,  da  außer  Weingeist  viele  andere  organische  Substanzen, 
welche  flüchtig  und  oxydierbar  sind,  die  Chromsäure  ebenfalls  reduzieren. 

4.  Essigesterprobe.  Erhitzt  man  ein  (Temi.scli  aus  gleichen  \'o- 
lumen  weingeisthaltiger  Flüssigkeit  und  konzentrierter  Schwefelsäure  mit 
einer  Spur  festen  Natriumazetats,  so  macht  sich  der  Geruch  nach-Essig- 
säureäthylester  bemerkbar. 

5.  Vitalische  Reaktion.  Man  läßt  einige  Kubikzentimeter  des 
fraglichen  Destillats  in  einem  Schälchen  mit  einem  Stückchen  festem  Atz- 
kali und  o  Tröpfchen  Schwefelkohlenstoff  kalt  stehen.  Ist  der  über- 
schüssige Schwefelkohlenstoff  größtenteils  verdunstet,  so  fügt  man  einen 
Tropfen  Ammoniummolybdatlösung  (1:10)  liiii/u  und  säuert  mit  ver- 
dünnter Schwefelsäure  stark  an.  War  das  Destillat  alkoholhaltig,  so  tritt 
jetzt  eine  Potfärbung  des  Gemisches  auf.  Hei  dieser  l'rolie  wird  zuerst 
xanthogensaures  Kalium,  SClOCa  Hr,)(SK) ,  gebildet,  das  dann  mit  dem 
Ammoniummolybdat  die  Rotfärbung  gibt.  dVolii^i"  Alkohol  gibt  die  Probe  noch 
recht  schön.  —   Azetaldehvd  und  Azeton  geben  eine  iilinlichc  Färbung. 


1)  Adolf  Liehen,  tll)er  Entstehung  von  Jodoform  und  Ainvendung  dieser  Keaktion 
in  der  chemisclicn  Analyse.  Liebicis  Ann.  d.  Chemie.  Supplementlni.  7.  218  (1870). 

A  bdd  i-haldeii  ,   ]i;indbuc!i  der  bincherniBchen  Arbeitsmethoden.  V.  4.") 


706  ^^  •  Autenrieth. 


II.  Die  Untersuchung  auf  solche  organische  Stoffe,  die  aus 
saurer  Lösung  mit  Wasserdämpfen  nicht  flüchtig  sind. 

Ein  Teil  der  iirsprünt>iiclien.  zur Untersuclumg-  vorliegenden  Substanz 
wird  zuerst  gehörig  zerkleinert,  dann  in  einem  geräumigen  Kolben  mit  dem 
doppelten  bis  dreifachen  Volumen  absolutem  Alkohol  innig  gemischt  und 
mit  so  y\e\  Weinsäurelösung  versetzt,  dali  die  ^lischung  nach  dem  Um- 
schütteln deutlich  sauer  reagiert.  Man  vermeide  einen  größeren  Über- 
schuß von  Weinsäure,  da  diese  Säure  aus  wässeriger  Lösung  in  Äther 
übergeht  und  somit  die  Giftstoffe  des  Ätherauszuges  der  sauren  Lösung 
zu  sehr  verunreinigen  könnte.  Der  betreffende  Kolben  wird  mit  einem  zum 
Rückfluß  dienenden  Kühlrohr  (0"8 — 1  m  lang)  versehen  und  auf  dem 
Wasserbade  unter  häufigem  ümschütteln  10 — 15  Minuten  lang  erhitzt. 
Hat  man  größere  Mengen  von  Leichenteilen  mit  angesäuertem  Alkohol 
auszuziehen,  so  verbindet  man  den  die  Leichenteile  enthaltenden  Glaskol- 
ben mit  einem  senkrecht  stehenden  Lühicßchen  Kühler,  der  als  Rückfluß- 
kühler  dient.  Der  Inhalt  des  Kolbens  wird  erst  nach  dem  Erkalten  ab- 
filtriert, damit  etwa  vorhandenes  Fett  sich  möglichst  vollständig  abscheidet. 
Der  Rückstand  auf  dem  Filter  wird  mit  Alkohol  ausgewaschen  und  das 
erhaltene  Filtrat,  das  sauer  reagieren  muß,  in  einer  flachen  Porzellan- 
schale auf  dem  Wasserbade  zum  dünnen  Sirup  eingedunstet;  diesen  durch- 
rührt man,  je  nach  der  Menge  Rückstand,  mit  100 — 200  cm^  und  mehr 
kaltem  Wasser,  wobei  fast  immer,  besonders  bei  der  Untersuchung  von 
Leichenteilen,  Fett  und  harzige  Stoffe  in  reichlicher  Menge  ausgeschieden 
werden;  die  letzteren  filtriert  man  ab  und  dunstet  das  Filtrat  auf  dem 
Wasserbade  wiederum  zum  dünnen  Sirup  ein,  der  nun  mit  absolutem 
Alkohol  gut  verrührt  wird;  hierbei  bleibt  meist  eine  zähe  oder  schleimige, 
mit  der  Zeit  häufig  pulverig  werdende,  weißliche  Masse  ungelöst,  die  aus 
Eiweißstoffen,  Albumosen  (Pepton),  dextrinartigen  Stoffen,  zum  Teil  auch 
aus  anorganischen  Salzen  bestehen  kann,  während  die  weinsauren  Alkaloide 
und  die  anderen  organischen  Giftstoffe  sowie  die  künstlichen  stark  wir- 
kenden Arzneistoffe  in  Lösung  gehen.  Je  mehr  absoluter  Alkohol  hierbei 
genommen  wird,  desto  vollständiger  ist  die  Ausfällung  derartiger  Stoffe, 
die  den  sicheren  Nachweis  der  organischen  Gifte  mehr  oder  weniger 
stören.  Die  abfiltrierte  alkoholische  Flüssigkeit  wird  wiederum  auf  dem 
Wasserbade  eingedampft,  der  bleibende  Rückstand  in  etwa  50  cm^  Wasser 
gelöst  und  die  hierbei  erhaltene  Lösung,  falls  sie  nicht  ganz  klar  sein 
sollte,  nochmals  durch  ein  angefeuchtetes  Filterchen  gegossen. 

Auf  diese  Weise  erhält  man  eine  wässerige,  sauer  reagierende 
Lösung  der  weinsauren  Alkaloide  und  der  anderen,  hierher  gehörenden, 
stark  wirkenden  organischen  Stoffe,  eine  Lösung,  die  von  Eiweißstoffen, 
Albumosen,  Fett,  harzigen  Stoffen  und  von  Farbstoffen  nahezu  frei  ist. 
Diese  Lösung  eignet  sich  vorzüglich  für  die  Untersuchung  auf  organische 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  7O7 

Gifte  nacli  dem  Verfahren  von  Sias- Otto. '^)  Man  verwende  stets  die 
größte  Sorgfalt  auf  die  Herstellung  dieser  wässerigen,  wein- 
sauren Lösung  und  sei  ferner  bestrebt,  die  Alkaloide  und  die  an- 
deren hierher  gehörenden  Stoffe  im  möglichst  reinen  Zustande 
abzuscheiden,  denn  nur  die  reinen  Stoffe  geben  eindeutige, 
einwandsfreie  Reaktionen,  welche  dann  sichere  Schlüsse 
zulassen. 

Die    Untersuchung    von    IJier,  Wein,   Kaffee,  Tee    und    anderen 

Flüssigkeiten. 

IJei  liier,  Wein,  schwarzem  Kaffee  oder  Teeaufguß,  also  bei 
Genußmittehi,  welche  dem  Gerichtschemiker  häufig  als  Cberführungsstücke 
zur  Prüfung  auf  einen  Giftgehalt  vorgelegt  werden,  kann  das  ol)en  an- 
gegebene Verfahren  wesentlich  abgekürzt  werden.  In  einem  solchen  Falle 
wird  das  betreffende  Untersuchungsmaterial,  nötigenfalls  erst  mit  wässe- 
riger Weinsäurelösung  angesäuert,  in  einer  flachen  Schale  auf  dem 
Wasserbade  eingedunstet,  der  Rückstand  mit  absolutem  Alkohol  gut 
durchrührt  und  abfiltriert.  Das  Filtrat  wird  wiederum  auf  dem  Wasser- 
bade eingedunstet  oder,  falls  größere  Mengen  zu  verarbeiten  sind,  wird 
der  Alkohol  aus  dem  Filtrate  abdestilliert  und  der  hierbei  bleibende 
Rückstand  in  lauwarmem  Wasser  gelöst.  Die  so  erhaltene  wässerige,  wein- 
saure, nötigenfalls  filtrierte  Lösung  wird  nach  dem  Verfahren  von  Sfus- 
Otto  untersucht. 

Verfahren  von  Stas-Otto. 

A.  Die  Untersuchung  des  Ätherauszuges  der  wässerigen,  Weinsäuren 

Lösung. 

Man  schüttelt  die  nach  den  obigen  Angaben  hergestellte  wässerige, 
weinsaure  Lösung  in  einem  Scheidetrichter  mit  nicht  ganz  der  gleichen 
Menge  Äther  einige  ^lale  tüchtig  durch,  läßt  absitzen  und  trennt  dann  die 
Ätherschicht  von  der  wässerigen  Flüssigkeit.  Die  letztere  zieht  man  noch 
ein  zweites  und  drittes  Mal  mit  neuen  Mengen  Äther  aus,  um  die  aus 
saurer  Lösung  in  Äther  übergehenden  Stoffe  möglichst  vollständig  in  dieses 
Lösungsmittel  überzuführen.  Die  sämtlichen  Ätherauszüge  vereinigt  man 
und  läßt  sie  in  einer  trockenen  Kochflasche  1 — 2  Stunden  ruhig  ab- 
setzen, wobei  sich  meist  noch  einige  Tropfen  wässeriger  Flüssigkeit  ab- 
scheiden. Die  durch  ein  trockenes  Filter  abgegossene  Atherlösung  läi'it 
man  auf  einer  nicht  zu  großen  Uhrschale,  von  etwa  8 — 10  rw  Dnrchmesser. 
bei  gelinder  Wärme  auf  einem  vorher  erwärmten  Wasserbade  (Flamme 
auslöschen!)  langsam  eindunsten  und  untersucht  einen  Ikückstand.  der 
hierbei  bleibt,  nach  den  unten  gemachten  Angaben  auf  einen  (Jehalt  an 
Giftstoffen.  Man  arbeitet  am  besten  in  der  Weise,  daß  man  die  Uhrschale 


*)  Stas,  t)ber  die  Auffindung  und  Krkeunung  organischer  Basen  in  Vergiftungs- 
fällen. Ann.  d.  Cheni.  u.  Pharm.  84.  37U  (1852). 

45* 


708  ^^-  Autenrietli. 

auf  das  warme  Wasserbad  stellt  und  den  filtrierten  Ätherauszug  in  dem 
Maße  darauf  tropfen  läßt,  als  der  Äther  verdunstet.  Auf  diese  Weise  kann 
man  selbst  eine  größere  ^lenge  der  Ätherlösung  auf  einer  verhältnismäßig 
kleinen  Uhrschale  verdunsten,  was  noch  den  \'orteil  hat,  daß  der  meist 
an  und  für  sich  schon  geringe  Verdunstungsrückstand  für  die  einzelnen 
Reaktionen  leichter  und  vollständiger  von  der  Schale  losgelöst  werden  kann, 
als  wenn  er  auf  einer  großen  Uhrschale  verteilt  ist. 

Ein  Rückstand,  der  beim  Eindunsten  des  Ätherauszuges  der  wässe- 
rigen weinsauren  Lösung  bleibt,  kann  alle  diejenigen  stark  wirkenden 
Stoffe  enthalten,  welche  in  Äther  löslich  sind  und  welche  keinen  ausge- 
sprochenen basischen  Charakter  haben.  Schwächere  Basen,  wie  Antipyrin, 
Coffein  und  Xarkotin  lassen  sich  aus  wässeriger  weinsaurer  Lösung  wenig- 
stens zum  Teil  mit  Äther  ausschütteln.  Aon  bekannteren  giftig  wirkenden 
Stoffen  können  in  dem  A'erdunstungsrückstande  der  Ätherlösuug  die  folgen- 
den Substanzen  vorhanden  sein: 

Pikrotoxin  Acetanilid 

Colchicin  Phenacetin 

Cantharidin  Salicylsäure 

Pikrinsäure  Veronal. 

Die  basischen  Substanzen  Antipyrin  und  Coffein  finden  sich  nur 
in  Spuren  im  Ätherauszuge  der  weinsauren  Lösung  vor;  die  größte  Menge 
derselben  geht  in  den  Äther-  oder  Chloroformauszug  der  mit  Natronlauge 
oder  Ammoniak  alkalisch  gemachton  Fhissigkeit  über.  Ebenso  findet  sich 
Colchicin  hauptsächlich  im  Chloroformauszuge  der  mit  Ammoniak 
alkalisch  gemachten  Flüssigkeit  vor. 

Auch  wenn  von  den  vorgezeichneten  Stoffen  nicht  einmal  Spuren 
vorhanden  sind,  hinterläßt  der  Ätherauszug  der  weinsauren  Lösung  meist 
einen  mehr  oder  weniger  bedeutenden,  meist  schmierigen  Rückstand .  der 
aus  Weinsäure.  Milchsäure,  aber  auch  aus  fettigen,  harzigen  und 
färbenden  Substanzen  bestehen  kann.  Wenigstens  trifft  dies  für  die 
Untersuchung  von  Leichenteilen  meist  zu.  Auch  manche  Metallsalze,  ins- 
besondere Quecksilbercyanid ')  und  Quecksilberchlorid  gehen  aus 
der  wässerigen  Lösung  teilweise  in  Äther  über. 

Von  dem  erhaltenen  Ätherrückstande  bestimmt  man  das  Aussehen, 
unter  L^mständen  auch  den  Geschmack,  weil  man  hieraus  oft  mit  großer 
Sicherheit  sowohl  auf  das  Vorhandensein,  als  auch  besonders  auf  die  Ab- 


M  Quecksilberc yauicl  geht  aus  weinsaurer,  nicht  zu  verdünnter  Lösunsr 
zum  Teil  in  Äther  über;  z.B.  werden  aus  100  c;»^  einer  O'l'Voigen  Quccksilbercyanid- 
lösung  durch  Äther  nachweisbare  Mengen  des  Cyanids  ausgeschüttelt;  die  Extraktion 
ist  aber  keine  vollständige,  denn  die  nach  fünfmaliger  Äusschüttlung  mit  Äther  blei- 
bende wässerige  Flüssigkeit  glitt  noch  starke  Quecksilberreaktion.  Aus  einer  001  Zeigen 
Lösung  entzieht  Äther  keine  Spur  Quecksilbercyanid.  Zum  Nachweis  des  Cyanids  ver- 
setzt man  den  Ätherrückstand  mit  Schwefelammonium:  Quecksilbersulfid  w ird 
gefällt  und  die  abfiltrierto  Flüssigkeit  enthält  Rhodanammonium.  (Siehe  unter 
Blausäure.) 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  709 

Wesenheit  bestimintor  Stoffe  schlielicn  kann.  Ein  stariv  bitter  schmecken- 
der liückstand  wird  in  erster  Linie  auf  i'ikrotoxin  sowie  (!olchicin  und.  falls 
er  intensiv  i^elb  gefärbt  ist,  auch  auf  Pikrinsäure  «'ingehcnder  gejjriift. 
Auch  Veronal  schmeckt  bitter,  ist  aber  farblos.  Schmeckt  ein  Rückstand 
nicht  bitter,  so  kann  man  schon  zum  voraus  mit  einem  hohen  Grade  von 
Wahrscheinlichkeit  angeben,  dal)  die  erwähnten  stark  bitter  sclnneckenden 
Stoffe  im  Untersuchungsmaterial  nicht  vorhanden  sind.  Man  wird  dann  den  aus 
dem  Ätherauszuge  erhaltenen  Rückstand  vorzugsweise  auf  Acctanilid. 
Antipyrin.  IMienacetin,  Salizylsäure  und  andere  liierlici-  geh(irig;e, 
nicht  bitter  schmeckende  Stoffe  untersuchen.  Salizylsäure  zeigt  einen  cha- 
rakteristischen sülalichsauren,  etwas  kratzenden  Geschmack. 

Pikrotoxin. 

Pikrotoxin,  CgoHj^Oiä,  der  giftige  I>estandteil  der  Kokkelskörner, 
der  P'rüchte  von  Menispermum  Cocculus,  kristallisiert  aus  heiliem 
Wasser  in  langen  farblosen,  bei  199 — 200"  schmelzenden  Nadeln,  die  in 
kaltem  Wasser  ziemlich  schwer,  in  kochendem  Wasser  sowie  in  Alkohol 
leichter  löslich  sind;  von  Äther  wird  es  nur  wenig,  von  Chloroform.  Amyl- 
alkohol und  Eisessig  aber  reichlich  gelöst.  Die  alkoholische  Lösung  reagiert 
neutral  und  ist  linksdrehend.  Pikrotoxin  schmeckt  stark  bittei-.  —  \'on 
Säuren  wird  es  nicht  reichlicher  gelöst  als  von  reinem  Wasser,  wohl  aber 
von  Kalilauge,  Natronlauge  und  wässeriger  Ammoniakflüssigkeit,  und  zwar 
zu  nicht  kristallisierenden,  unbeständigen,  salzartigen  Verbindungen.  Starken 
Basen  gegenüber  verhält  sich  also  das  Pikrotoxin  wie  eine  schwache 
Säure.  Pikrotoxin  wird  schon  durch  Kochen  mit  der  -JOfachen  Menge 
Benzol  in  Pikrotoxinin  und  IMkrotin  gespalten,  wobei  das  erstere  in 
Lösung  geht,  während  das  Pikrotin  ungelöst  bleii)t: 

C30  H34  Oi3  =  Ci5  H16  Oß   +  Ci5  H18  O- 

Pikrotoxin     Pikrotoxinin  +  Pikrotin. 

Noch  leichter  erfolgt  diese  Spaltung  des  Pikrotoxins  durch  Chloroform. 

Werden  umgekehrt  Pikrotoxinin  und  Pikrotin  in  molekularem  \er- 
hältnisse  in  heiUem  Wasser  gelöst,  so  kristallisiert  beim  Erkalten  wieder 
Pikrotoxin  aus.  Wird  Pikrotoxin  direkt  odei-  in  wässeriger  oder  ätherischer 
Lösung  mit  Brom  behandelt,  so  wird  es  zunächst  ebenfalls  in  Pikrotoxinin 
und  Pikrotin  gespalten,  nur  wird  das  erstere  sofort  in  Monobrompikro- 
xinin,  C15  Hjr.BrO,., ,  verwandelt,  während  das  letztere  fast  unverändeit 
bleibt.  Mit  Zinkstaub  und  Essigsäure  kann  das  in  Wasser  schwer  lösliche 
Monobrompikrotoxinin  wieder  zu  Pikrotoxinin  reduziert  werden.  Pikro- 
toxinin wirkt  stark  giftig,  während  Pikrotin  nahezu  ungiftig  ist.  Pikro- 
toxin ist  ein  starkes  Krampfgift,  das  in  seiner  Wirkung  zwischen  Ciku- 
toxin  und  Strychnin  stehen  dürfte. 

Nach  R.  Meyer  und  J'.  Brnger^)  ist  Pikrotoxin  keine  atomistisi'h 
konstituierte    chemische    Verbindung,    .sondern    ein    Komplex    der    beiden. 

*)  R.  J.  Mcijcr  und  /'.  lirugcr,  Zur  Kenntnis  des  Pikrotoxins.  Berichte  d.  Deutsch. 
choni.  Gescllsch.  31.  2958  (1898). 


710  ^^'-  Autenrieth. 

in  bestimmtem,  aber  nicht  molekularen  Verhältnis  zusammen  kristallisieren- 
den Verbindungen  Pikrotin  und  Pikrotoxinin. 

Reaktionen  des  Pikrotoxins. 

1.  Probe  mit  Fehlingscher  Lösung.  Löst  man  in  einem  Probier- 
röhrlein  Pikrotoxin  in  10 — 20  Tropfen  sehr  stark  verdünnter  Natronlauge, 
fügt  einige  Tropfen  Fchlingsche  Lösung  ^)  hinzu  und  erwärmt  vorsichtig, 
ohne  umzuschüttein,  mit  kleiner  Flamme,  so  trübt  sich  das  Gemisch,  und 
es  scheidet  sich  allmählich  ein  gelbroter  oder  roter  Niederschlag  von 
Kupferoxydul  aus.  —  Löst  sich  der  Verdampfungsrückstand  von  der 
Ätherlösung  —  von  dem  man  nicht  zu  wenig  nehme  —  in  der  ver- 
dünnten Natronlauge  nicht  vollkommen  klar  auf,  so  gieße  man  die  Lösung 
durch  ein  angefeuchtetes  Filterchen  und  untersuche  das  klare  Filtrat  mit 
Fchhngscher  Lösung. 

2.  Probe  mit  ammoniakalischer  Silberlösung.  Pikrotoxin  re- 
duziert beim  Kochen  eine  mit  überschüssigem  Ammoniak  versetzte 
Silbernitratlösung  unter  Bildung  eines  schwarzen  Niederschlages  von  me- 
tallischem Silber;  sind  nur  Spuren  von  Pikrotoxin  vorhanden,  so  tritt  eine 
mehr  bräunliche  Färbung  auf. 

3.  Pikrotoxin  färbt  sich  mit  wenig  konzentrierter  Schwefelsäure 
orangerot  und  geht  beim  Umrühren  mit  rötlichgelber  oder  gelber  Farbe 
in  Lösung.  Läßt  man  in  diese  Lösung  einen  Tropfen  einer  Kali  um  di- 
ch romatlösung  hineinfallen,  so  umrändert  sich  der  Tropfen  schön  rot- 
braun und  das  ganze  Gemisch  nimmt  infolge  Vermischung  der  beiden 
Flüssigkeiten  alsbald  eine  schmutzigbraune  Färbung  an,  die  schließlich 
bei  längerem  Stehen  in  Grün  übergeht. 

Erhält  man  bei  dieser  Probe  nur  die  grüne  Färbung,  so  beweist  diese  nichts, 
denn  es  gibt  viele  organische  Substanzen,  welche  Chromsäure  zu  Chromoxyd  reduzieren 
und  infolgedessen  eine  Grünfärbung  des  Gemisches  verursachen. 

4.  Pieaktion  von  Melzer.-)  Übergießt  man  in  einem  Uhrschälchen 
Pikrotoxin  mit  1 — 2  Tropfen  einer  Mischung  aus  Benzaldehyd  und 
absolutem  Alkohol  und  gibt  vorsichtig  1  Tropfen  konzentrierte  Schwefel- 
säure zu,  so  färbt  sich  das  Pikrotoxin  deutlich  rot.  Bewegt  man  das  Schäl- 
chen  hin  und  her,  so  ziehen  sich  vom  Pikrotoxin  aus  rote  Streifen  durch 
die  Flüssigkeit. 

Man  verwende  für  diese  Probe  eine  frisch  liereitete,  20'''oige  Lösung  von 
Benzaldehyd  in  absolutem  Alkohol;  da  nämlich  Benzaldehyd  schon  mit  Schwefelsäure 
allein  eine  gelbbraune  Färbung  gibt ,  verdünnt  mau  ersteren  mit  Alkoliol ,  um  diese 
mehr  oder  weniger  störende  Färbung  möglichst  abzuschwäclien.  Alsdann  erscheint  das 
Gemisch  hellgelb  gefärbt,  so  daß  sich  in  ihm  die  dunkelroten  Farbentöne,  welche  das 
Pikrotoxin  hervori'uft,  sehr  schön  abheben.  Die  rote  Färliung  des  Pikrotoxins  ist  wenig 
beständig;  sie  geht  vom  Rande    aus    allmählich    in    Blaßrot    oder  Violett    über.  — 


')  Die  für  diese  Reaktion  verwendete  FehUiii/sche  Lösung  darf  kein  Kupfer- 
oxydul abscheiden,  wenn  sie  für  sich  erhitzt  wird. 

-)  H.  Melzer,  Beiträge  zur  forensischen  Chemie.  Zeitschr.  f.  analyt.  Chem.  37.  351 
und  747  (1898). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  clieraischem  AVcge.  711 

H.  Kreis  ^)  liat  <:cfuiideii,  daß  Cholostcarin  und  die  IMiytost  earin  e  mit  dem  Mclzrr- 
schen  Reagens  ähnliche  Färbungen  gel)en  wie  das  l'ikrotdxin.  Veratrin  gibt  eine  Rot- 
färbung wie  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  allein.  Morphin  gil)t  sciiön  rote  bis 
gelbrote  Streifen  bzw.  solche  Färbungen. 

T).  Reaktion  von  Lanf/lei/.  Mischt  man  Pikrotoxin  mit  etwa  clor 
dreifachen  Meiijjc  Salpeter  iniil  durchfeuchtet  das  (Jemiscli  mit  konzen- 
trierter Schwefelsäure,  so  färbt  es  sich  mit  überschüssitier  konzentrierter 
Natronlauge  intensiv  rot.  Man  befeuchte  hierbei  das  I'ikroto.xin-Salpeter- 
gemisch  mit  möglichst  wenig  konzentrierter  Schwefelsäure. 

Colchicin. 

Colchicin,  C22H25NO6,  ein  in  allen  Teilen  der  Herbstzeitlose,  Col- 
chicum autumnale,  sich  vorfindendes  Alkaloid .  bildet  ein  gelbliches, 
amorphes,  sehr  stark  bitter  schmeckendes,  stark  giftig  wirkendes 
Pulver,  das  sich  in  Wasser,  Alkohol  und  Chloroform  leicht,  in  Äther  und 
Benzol  weniger  leicht  und  in  Petroläther  fast  gar  nicht  löst.  Die  gelblich 
gefärbten  Lösungen  des  Colchicins  i)esitzen  nur  sehr  schwach  basische 
Eigenschaften;  Colchicin  läßt  sich  infolgedessen  aus  seiner  wässerigen, 
weinsauren  Lösung  mit  Äther,  besser  mit  Chloroform  ausschütteln.  Ks 
kann  aber  der  sauren  Lösung  nicht  mit  Benzol  oder  Petroläther  entzogen 


'ö 


werden.  Beim  Eindunsten  der  Lösungen  in  Chloroform  oder  Äther  hinter 


ö"- 


bleibt  Colchicin  als  eine  gelbliche,  meist  harz-  oder  firnisartige  Masse 
von  klebriger  Beschaffenheit.  \'ollständiger  ist  die  Extraktion  des  Col- 
chicins, wenn  es  einer  mit  Ammoniak  alkalisch  gemachten  wässerigen 
Lösung  mit  Chloroform  entzogen  wird. 

Beim  Kochen  mit  schwefelsäurehaltigem  Wasser  wird  Colchicin  in 
Colchicein  und  Methylalkohol  hydrolytisch  gespalten. 

Die  gleiche  Spaltung  erfolgt  bei  V/o — 2  Stunden  langem  Kochen  des 
Alkaloids  mit  60  Teilen  P/oiger  Salzsäure: 

C22  H25  NO,  +  H.,  0  =  C,,  H23  NO,  +  CH3  OH 

Colchicin  Colchicein      Methylalkohol. 

L^mgekehrt  entsteht  aus  Colchicein  beim  Erhitzen  mit  Natriuui- 
methylat  und  Methyljodid  auf  100'  wieder  Colchicin.  Aus  dem  Colchicein 
werden  durch  Jodwasserstoffsäure  drei  Moleküle  Methyljodid  abgespalten, 
wodurch  bewiesen  ist,  daß  im  Colchiceinmolekül.  somit  auch  im  Colchicin 
drei  Methoxylgruppen  enthalten  sind.  Durch  Erhitzen  mit  starker  Salz- 
säure geht  das  Colchicein  unter  Abspaltung  von  Essigsäure  in  Tri- 
methylcolchicinsäure  über;  durch  dieses  Verhalten  ist  im  Colchicein  und 
Colchicin  eine  Acetylgruppe  (CH3CO)  nachgewiesen.  Die  Formel  des  Col- 
chicins, d.i.  des  Methylcolchiceins,  lädt  sich  demnach  in  der  folgenden 
Weise  auflösen: 

(CH3  0)3  Cj  5  HaxcooCH, 


')  flans  Kreis,  Zur  Kenntnis  der  Meherscheu  Pikiotoxiiireaktion.  (  licniiker-Zt«r. 
23.  21  (1899). 


712  "^V.  Autenricth. 

Reaktionen  des  Colchicins. 

Die  wässerigen  Colchicinlösungen  und  besonders  die  Lösungen  des 
Colchicins  in  verdünnten  Mineralsäuren  sind  gelb  gefärbt.  Versetzt  man 
eine  wässerige,  kaum  gefärbte  Colchicinlösung  mit  einigen  Tropfen  ver- 
dünnter Salz-  oder  Schwefelsäure ,  so  färbt  sie  sich  mehr  oder  weniger 
intensiv  gelb.  Zeigt  der  Verdunstungsrückstand  der  Ätherlösung  dieses 
Verhalten  nicht,  so  wird  auch  Colchicin  nicht  zugegen  sein. 

1.  Gerbsäurelösung  fällt  aus  den  nicht  zu  verdünnten,  wässerigen 
Colchicinlösungen  einen  weißen,  flockigen  Niederschlag.  Selbstverständlich 
ist  diese  Probe  für  Colchicin  nicht  charakteristisch. 

2.  Konzentrierte  Salpetersäure  von  1-4  spezifischem  Gewicht 
löst  Colchicin  mit  schmntzigvioletter  Farbe  auf,  die  beim  Umrühren  alsbald 
in  Braunrot  und  schließlich  in  Gelb  übergeht.  Versetzt  man  die  gelb  ge- 
wordene Löung  mit  verdünnter  Natron-  oder  Kalilauge  bis  zur  alkalischen 
Eeaktion,  so  färbt  sie  sich  schön  orangegelb  oder  orangerot. 

3.  Konzentrierte  Schwefelsäure  löst  Colchicin  mit  intensiv  gelber 
Farbe  auf;  fügt  man  zu  dieser  Lösung  einen  Tropfen  Salpetersäure,  so 
färbt  sie  sich  grün,  blau,  violett  und  schließlich  blaßgelb.  Ist  die 
letztere  Färbung  eingetreten ,  so  ruft  auch  hier  überschüssige  Kalilauge 
eine  orangerote  P'ärbung  hervor.  Erdmamis  Reagens  löst  Colchicin  mit 
blauer  bis  violetter  Farbe. 

4.  Konzentrierte  Salzsäure  löst  Colchicin  mit  intensiv  gelber 
Farbe  auf;  versetzt  man  diese  Lösung  mit  2  Tröpfchen  Eisenchlorid- 
lösung und  kocht  sie  in  einem  Probierröhrchen  2 — o  Minuten  lang,  so 
färbt  sie  sich  dunkler  und  nimmt  beim  Erkalten,  besonders  aber  beim 
Verdünnen  mit  etwa  der  gleichen  Menge  Wasser,  eine  schön  grüne  oder 
mehr  olivgrüne  Färbung  an.  Schüttelt  man  alsdann  mit  einigen  Tropfen 
Chloroform  aus.  so  färbt  sich  dieses  gelbbraun  oder  granatrot.  während 
die  wässerige  Flüssigkeit  ihre  grüne  Färbung  beibehält.  —  Reaktion  von 
Zeisel. 

Reinigung  des  Colchicins  vom  \'  e  r  d  u  n  s  t  vi  u  g  s  r  ü  c  k  s  t  a  n  d  e    des  Äther-  oder 

Chloroformauszuges. 

Um  das  Colchicin  aus  dem  gelb  gefärbten  Verdunstungsrückstande  möglichst 
rein  zu  ei'halten,  zieht  man  diesen  mit  warmem  Wasser  aus,  schüttelt  die  erkaltete, 
filtrierte  Flüssigkeit  zuerst  mit  Petroläther,  der  nur  fettige,  harzige  und  färbende 
Verunreinigungen,  aber  kein  Colchicin  aufnimmt,  und  alsdann  mit  Chloroform  aus.  Oder 
man  fällt  das  Colchicin  aus  der  wässerigen,  nicht  zu  verdünnten  Lösung  mit  Gerb- 
säure, wäscht  den  abfiltrierten  Niederschlag  mit  kaltem  AVasser  aus,  mischt  ihn 
noch  feucht  mit  frisch  gefälltem,  ausgewaschenem  Bleihydro.xyd  und  zieht  die  ein- 
getrocknete und  gepulverte  Masse  mit  Chloroform  aus.  Letzteres  hinterläßt  dann  beim 
Eindunsteu  das  Colchicin  in  nahezu  reinem  Zustande ,  nämlich  als  gelbe ,  firnis- 
artige Masse,  welche  die  Reaktionen  des  Colchicins  schön  gibt. 

Cantharidin. 

Cantharidin,  C10H12O4,  ist  die  wirksame,  blasenziehende  Sub- 
stanz der  spanischen  Fliege  (Lytta  vesicatoria),  welche  0*8 — P/o  davon 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  7];; 

enthält.  Cantharidin  bildet  farblose,  glänzende,  neutral  reagierende,  rhom- 
bische lUättcheii,  dio  bei  218"  schmelzen  und  bei  stärkerem  Erhitzen  in 
weißen  Nädelchen  subliniieren.  In  Wasser,  selbst  kochendem,  ist  es  fast 
unlöslich:  Säuren,  wie  Weinsäure,  erhöhen  seine  Löslichkeit  in  Wasser, 
obgleich  Cantharidin  keine  Base  ist.  Auch  in  kaltem  Alkohol  (()u;i:lüO 
bei  18")  und  in  Äther  (0-11: 100)  ist  Cantharidin  schwer  löslich:  am 
reichlichsten  wird  es  von  Chloroform  (1-52: 100),  Azeton  und  Essigäther 
gelöst.  In  dem  offiziellen  Petroleumbenzin  ist  es  so  gut  wie  unlöslich. 

Nachweis  des  Cantharidin.s. 

Viel  Feuchtigkeit  enthaltendes  Untersuchungsmaterial,  wie  Teile  von 
Organen,  z.B.  Magen  und  Darm  samt  Inhalt,  verdampft  man  erst  auf 
dem  Wasserbade  möglichst  vollständig  zur  Trockne,  kocht  nun  nach 
Drarjendorf  den  trockenen  und  möglichst  zerkleinerten  Iiückstand  mit 
schwefelsäurehaltigem  Alkohol  wiederholt  aus,  versetzt  die  abfiltrierten 
Auszüge  mit  etwa  ^/g  Volumen  Wasser  und  destilliert  den  Alkohol  aus 
ihnen  ab.  Den  Destillationsrückstand  zieht  man  2 — ;>mal  mit  Chloroform 
aus ,  schüttelt  die  vereinigten  Chloroformauszüge  zur  Entfernung  von  etwa 
anhaftender  Säure  mit  Wasser  aus  und  destilliert  aus  ihnen  das  Chloro- 
form ab,  nachdem  man  die  w^ässerige  Schicht  in  einem  Scheidetrichter 
entfernt  hat.  In  dem  Rückstand,  der  hierbei  bleibt,  ist  das  Cantharidin 
nachzuw^eisen.  Da  Cantharidin  keine  charakteristischen  chemischen  Reaktionen 
hat,  muß  man  zu  seiner  Identifizierung  den  physiologischen  Versuch 
anstellen.  Falls  der  erhaltene  Chloroformrückstand  nicht  schon  Fettsubstanz 
enthält,  löst  man  ihn  in  einigen  Tropfen  heißem  Mandelöl  auf,  tränkt 
mit  dieser  Lösung  ein  Stückchen  Leinwand  und  befestigt  dieses  mit  Hilfe 
von  Heftpflaster  auf  dem  Oberarm  oder  der  Brust.  Ist  der  erhaltene  Rückstand 
cantharidinhaltig,  so  tritt  jetzt  Rötung  der  Haut,  unter  Umständen  auch 
Pustel-  oder  Bäschenbildung  auf  derselben  ein.  0"00014y  Cantharidin  ruft 
noch  Bläschenbildung  hervor.  Auch  die  cantharidinsauren  Salze  wirken 
blasenbildend. 

Will  man  im  Blut,  Gehirn,  in  der  Leber  und  in  anderem  protein- 
reichem Material  Cantharidin  nachweisen,  so  kocht  man  das  Cntersuchungs- 
material  mit  verdünnter  Kalilauge  (1^  KOH  auf  \bcm-^  Wasser)  so  lange 
aus,  bis  eine  gleichartige  Masse  entstanden  ist.  säuert  hierauf  mit  ver- 
dünnter Schwefelsäure  an,  kocht  mit  Alkohol  tüchtig  aus.  versetzt  die 
abfiltrierten  Auszüge  mit  etwa  '/e  Volumen  Wasser  und  verfährt  im 
übrigen  nach  den  obigen  Angaben  (E.  Schmidt). 

Cantharidin  soll  gegen  Fäulnis  beständig  sein. 

Pikrinsäure. 

Pikrinsäure  oder  2,  4.  (i-Trinitrophenul.  C,  IL,  (N<  )..)3  Oll.  kristal- 
lisiert aus  Wasser  in  hellgelben  Blättern,  aus  Äther  in  zitronengelben 
Säulen,  schmilzt  bei  122-50,  jst  in  kaltem  Wasser  zieuüich  schwer,  in 
heißem  Was.ser    sowie   in  Alkohol,    .\ther    und  Benzol    aber    leicht    löslich. 


714  W.  Autenrieth. 

Die  wässerige  Lösung  der  Pikrinsäure  reagiert  sauer,  schmeckt  sehr 
stark  bitter  und  färbt  tierische  Faser  echt  gelb.  Pikrinsäure  ist  ein 
ziemlich  stark  wirkendes  Gift,  das  innerlich  eingenommen  eine  auf- 
fallende Gelbfärbung  erst  der  Konjunktiva,  dann  der  gesamten  Haut 
bewirkt,  eine  Erscheinung,  die  man  als  Pikrinsäureikterus  zu  bezeichnen 
pflegt.  Wie  die  meisten  Nitrokörper  zersetzt  auch  die  Pikrinsäure  und 
ihre  Salze  die  roten  Blutkörperchen  unter  Bildung  von  Methämoglobin. 
Pikrinsäure  ist  also  ein  Blutgift;  ferner  wirkt  sie  als  ein  Krampf  gif  t, 
indem  sie  durch  Beizung  des  Zentralnervensystems  Krämpfe  hervorruft. 
Eine  dritte  Wirkung  beruht  darauf,  daß  die  Pikrinsäure  in  saurer  Lösung 
ein  starkes  Fällungsvermögen  für  Eiweiß  besitzt,  was  sich  besonders  in 
denjenigen  Organen  des  Körpers,  wo  saure  Beaktion  auftritt,  nämlich  im 
Magen  und  in  der  Niere,  durch  nekrotische  Gewebsveränderungen  be- 
merkbar macht.  Im  Organismus  wird  Pikrinsäure  zu  Pikraminsäure, 
Cß  H-,  (NOa)^  (NHo)  OH,  reduziert,  die  weniger  Eiweiß  fällend  wirkt.  Der 
Körper  entgiftet  sich  also  dadurch,  daß  er  die  Pikrinsäure  umwandelt.  Lifolge 
der  Bildung  der  Pikraminsäure  ist  der  Harn  bei  Pikrinsäurevergiftung  hoch- 
rot gefärbt.  Ein  Teil  der  Pikrinsäure  geht  unverändert  in  den  Harn  über. 
Die  Ausscheidung  erfolgt  langsam ;  bei  einem  in  der  Literatur  be- 
schriebenen Falle  (vgl.  R.  Kobert,  Intoxikationen)  dauerte  die  Ausscheidung 
im  Harn  sechs  Tage,  nachdem  lg  Pikrinsäure  auf  einmal  eingenommen 
wurde.  Der  Harn  war  rubinrot  gefärbt,  klar,  sauer,  frei  von  Eiweiß  und 
Gallenbestandteilen.  Auch  im  Kot  ließ  sich  Pikrinsäure  reichlich  nach- 
weisen. 

Nachweis  der  Pikrinsäure. 

Bei  Gegenw^art  von  Pikrinsäure  ist  das  Untersuchungsmaterial  mehr 
oder  weniger  gelb  oder  gelbgrün  gefärbt:  auch  die  wässerigen  und 
alkohohschen  Auszüge  sowie  die  Ätherlösung  zeigen  die  gleiche  Färbung. 
Sind  irgend  welche  Leichenteile  zu  untersuchen ,  so  kocht  man  sie  nach 
dem  Zerkleinern  mehrere  Stunden  unter  Bückfluß  mit  salzsäurehaltigem 
Alkohol  aus,  um  die  Eiweißverbindungen  der  Pikrinsäure  mögUchst  voll- 
ständig zu  zersetzen  und  die  Pikrinsäure  in  Lösung  zu  bringen.  Die  ab- 
filtrierten alkoholischen  Auszüge  werden  auf  dem  Wasserbade  eingedampft, 
die  gelb,  gelbgrün  oder  manchmal  auch  gelbrot  oder  rotbraun  gefärbten 
Bückstände  mit  warmem  Wasser  behandelt  und  die  Auszüge  abfiltriert. 
Das  Filtrat  wird  entweder  direkt  auf  Pikrinsäure  geprüft,  oder  es  wird 
in  der  üblichen  Weise  mit  nicht  zu  geringen  Mengen  Äther  wiederholt 
ausgeschüttelt.  Im  Verdunstungsrückstand  dieses  Ätherauszuges  sucht  man 
die  Pikrinsäure  durch  die  folgenden  Beaktionen  nachzuweisen : 

1.  Isopurpursäurereaktion.  Eine  wässerige  Pikrinsäurelösung  färbt 
sich  bei  gelindem  Erwärmen,  auf  etwa  50 — 60»,  mit  einigen  Tropfen  einer 
gesättigten  wässerigen  Cyankaliumlösung  (1:2)  durch  entstandenes  iso- 
purpursaures  Kalium  tief  rot.  Eine  Lösung  von  1  w^  Pikrinsäure  in  bcm^ 
Wasser ,  also  Verdünnung  1 :  50000 .  färbt  sich  hierbei  noch  stark  rot. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  71  ö 

2.  Pikraminsäiirereaktion.  a)  Er\v;\rmt  man  eirio  rikrinsiiiirc- 
lüsiinf?  mit  je  1 — 2  Tropfen  Natronlauge  uiul  'rraubenzuckerlösun«?.  so 
färbt  sie  sich  dunkelrot.  Ein  Ühorschuli  von  Natronlauge  niuli  verniierlon 
werden,  weil  diese  mit  Traubenzuckerlösung  allein  eine  ähnliche  Färbung 
hervorrufen  könnte,  h)  Oder  man  erwäiint  die  I'ikrinsäurelösung  mit  einigen 
Tropfen  Natronlauge  und  Schwefelammonium,  wobei  sie  sich  ebenfalls 
rot  färbt. 

In  beiden  Fällen  (a  und  h)  wird  die  Pikrinsäure  /.w  rikramin- 
säure,  dem  4,  ß-Dinitro-2-Aminoj)henol,  reduziert. 

Die  Pikraminsäurereaktion  wird  durch  Peimengungen  von  Fett 
und  anderen  Verunreinigungen  stark  beeinträchtigt. 

;>.  Färbeversuch.  Man  bringt  in  die  auf  l'ikrinsäure  zu  prüfende 
wässerige  oder  alkoholische  Lösung  je  einen  Faden  weißer  Wolle  oder 
Seide  und  Baumwolle,  läßt  die  Fäden  6—12  Stunden  und  länger  darin 
liegen,  nimmt  sie  dann  heraus  und  spült  sie  mit  Wasser  gut  aus.  Bei  Vor- 
handensein von  Pikrinsäure  ist  nur  der  Woll-  oder  Seidenfaden,  nicht  aber 
der  Baumwollfaden  gelb  gefärbt.  Pikrinsiiure  färbt  nur  tierische  Faser, 
nicht  aber  pflanzliche,  also  auch  nicht  Baumwolle. 

Bei  einer  Verdünnung  der  Pikrinsäurelösung  von  1 :  100000  färlit 
sich  Wolle  noch  deuthch  gelb. 

4.  Versetzt  man  eine  wässerige  Pikrinsäurelösung  mit  einigen  Tropfen 
einer  mit  überschüssigem  Ammoniak  versetzten  Kupfersulfatlösung,  so 
entsteht  ein  gelbgrüner,  aus  nadeiförmigen,  hexagonalen  Kriställchen 
bestehender  Niederschlag,  der  das  Licht  stark  polarisiert. 

Img  Pikrinsäure,  welches  in  8 cm^  Wasser  gelöst  ist,  gibt  noch  einen 
solchen,  aus  Kriställchen  bestehenden  Niederschlag. 

Acetanilid. 

Acetanilid  oder  Antifebrin ,  Cß  H^  .NH  .CO.CH3 .  kristallisiert  aus 
Wasser  in  farblosen,  glänzenden,  bei  li:>— 114"  schmelzenden  Blättchen, 
die  geruchlos  und  von  schwach  brennendem  Geschmacke  sind.  Ks  löst  sich 
in  230  Teilen  kaltem,  in  etwa  22  Teilen  siedendem  Wasser  sowie  in 
;V5  Teilen  Alkohol.  In  Äther  und  noch  mehr  in  Chloroform  ist  es  leicht 
löslich.  Alle  Lösungen  des  Acetanilids  reagieren  neutral. 

Beim  Kochen  mit  Kalilauge,  Natronlauge  oder  i'auchender  Salzsäure 
wird  Acetanilid  in  seine  Komponenten  Anilin  und  Essigsäure  hydrolytisch 
gespalten. 

Acetanilid  besitzt  als  Abkömmling  des  Anilins  giftige  Eigenschaften, 
die  freilicli  im  Vergleich  zur  Muttersubstanz  erheblich  abgeschwächt  sind. 
B.  Kohcrt  berichtet  in  seinen  ..Intoxikationen-'  über  veischiedene.  freilich 
nicht  tödlich  verlaufende  Vergiftungen  mit  Acetanilid.  Bei  einem  Studenten. 
der  das  Mittel  kaffeelöffelvollweise  genommen  hatte,  kam  es  zu  Benommen- 
heit, Angst,  stärkster  Cyanose  und  Kleinwerden  (\i.'^  Pulses.  Trotz  Ab- 
führmittel und  Analeptika  (erregende  Mittel)  blieb  für  mehrere  Tage  große 


716  ^V.  Autonrieth. 

INIattiiikeit  zurück.  Bei  einem  Manne,  weldier  2  Tage  hintereinander  je  2-0  g 
Antifebrin  genommen  hatte,  kam  fast  das  gleiche  Vergiftungsbild  zustande. 

Reaktionen  des  Acetanilids. 

Acetanihd  läßt  sich  aus  wässeriger,  weinsaurer  Lösung  mit  Äther 
oder  Chloroform  vollständig  ausschütteln. 

1.  Indophenolprobe.  Wird  Acetanilid  in  einem  Probierröhrchen  mit 
etAva  4  cin^  rauchender  Salzsäure  tüchtig  gekocht  und  die  Lösung  auf  etwa 
10  Tropfen  eingedampft,  dann  nach  dem  Erkalten  mit  2 — 4c>«3  gesättigtem 
Karbolwasser  versetzt,  so  ruft  Chlorkalklösung,  tropfenweise  zugesetzt, 
eine  schmutzige  rotviolette  Färbung  hervor,  die  beim  Umschütteln  meist 
an  Intensität  zunimmt.  Schichtet  man  vorsichtig  Ammoniakflüssigkeit 
darüber,  so  färbt  sich  die  obere  Schicht  schön  und  beständig  indigoblau. 
Die  indigoblaue  Färbung  ist  nur  in  Verbindung  mit  der  zuerst  auf- 
tretenden rotvioletten  Färbung  für  Acetanilid  charakteristisch,  da 
sich  ja  das  Gemisch  von  wässeriger  Phenollösung  und  einer  Hypochlorit- 
lösung, schon  für  sich  allein,  mit  Ammoniak  blau  färbt. 

Phenacetin  gibt  ebenfalls  die  Indophenolprobe. 

2.  Isonitrilprobe.  Wird  Acetanihd  mit  etwa  öc;;^»  alkohohscher 
Kalilauge  einige  Miimten  lang  gekocht,  nach  dem  Abkühlen  mit  2  bis 
o  Tröpfchen  Chloroform  versetzt  und  nochmals  zum  Sieden  erhitzt,  so 
macht  sich  der  widerhche  Geruch  des  Phenyhsonitrils  bemerkbar.  Kalilauge 
spaltet  hierbei  das  Acetanilid  in  essigsaures  Kalium  und  Anilin,  welches 
mit  dem  Chloroform  Phenylisonitril  bildet. 

o.  Abspaltung  von  Anilin  und  Nachweis  desselben.  Man 
kocht  das  Acetanilid  einige  Minuten  tüchtig  mit  alkoholischer  Kalilauge, 
verdünnt  mit  Wasser,  schüttelt  das  Anilin  mit  wenig  Äther  aus,  läßt  die 
Ätherlösung  eindunsten  und  weist  das  Anilin  in  der  wässerigen  Lösung 
des  öligen  Rückstandes  nach,  und  zwar  mit  Chlorkalklösung  und  mittelst 
der  Isonitrilprobe. 

Untersuchung  des  Acetanilidharns. 

Unverändert  gebliebenes  Acetanilid  findet  sich  selbst  nach  großen  Dosen 
höchstens  in  Spuren  im  Harn  vor.  Es  wird  zum  allergrößten  Teil  im 
menschlichen  Organismus  im  Benzolkern  oxydiert  und  dadurch  in  aceti- 
liertes  p-Aminophenol  umgewandelt,  das  sich,  wie  fast  alle  Phenole, 
mit  Schwefelsäure  zu  einer  Ätherschwefelsäure ,  der  Acetyl-p-Amino- 
phenolschwefelsäure,  CH3  .CO.NH.CgHi  .O.SO,  .OH,  paart,  die  als 
Alkalisalz  mit  dem  Harne  ausgeschieden  wird. 

Zum  Teil  wird  auch  eine  gepaarte  Glukuronsäure  des  Acetyl- 
p-Aminophenols  gebildet.  Diese  gepaarten  ^^erbindungen  geben  beim  Er- 
hitzen mit  konzentrierter  Salzsäure  p-Aminophenol,  das  sich  mit  Hilfe  der 
oben  angeführten  Indophenolprobe  nachweisen  läßt. 

Kocht  man  einen  „Acetanilidharn"  (500  em^  und  mehr)  einige  Minuten 
mit  konzentrierter  Salzsäure,  übersättigt  hierauf  mit  Natriumkarbonat  und 


Der  Nachweis  ilcr  Gifte  auf  chciuischcni  Wege.  717 

schüttelt  nach  dem  Erkalten  mit  <i:rößen"ii  Meiiiicii  Atlicr  wiedcrliolt  aus, 
so  hinterläßt  der  Ätheraaszug  beim  Abdestiliiercii  oder  \cr(iun.sten  das 
p-Aminophenol  meistens  als  ein  rötlich  bis  bräunlich  jrefärl)tes  Ol, 
dessen  wässerige  Lösung  die  Indophenolprobe  sehr  schön  uibt. 

Phenacetin. 

Ph enacetin,  p-Acetphen  e tidin.  cai.i ) .  C„ II4 .  Nil .  CO . CH3  (r4), 
bildet  farblose,  glänzende,  geruch-  und  geschmacklose,  bei  184 — l^'.ö" 
schmelzende  Kristallblättchen.  Es  löst  sich  in  etwa  1400  Teilen  kaltem 
Wasser,  in  etwa  70  Teilen  siedendem  Wasser,  sowie  in  16  'i'eilen  Alkohol. 
Von  Äther  und  Chloroform  wird  es  reichlich  gelöst.  Seine  Lösungen 
reagieren  neutral.  —  \'on  Schwefelsäure  wird  es  ohne  Färbung  gelöst. 
Im  Unterschied  zum  nahe  verwandten  Acetanilid  gibt  Phenacetin  die 
Isonitrilprobe  nicht. 

Reaktionen  des  Phenacetins. 

Phenacetin  geht  aus  wässeriger,  weinsaurer  Lösunu  vollständig  in 
Äther  und  in  Chloroform  über. 

1.  Kocht  man  Phenacetin  einige  Minuten  mit  etwa  Scw»  konzentrierter 
Salzsäure,  verdünnt  dann  mit  10  cm'^  Wasser  und  filtriert  nach  dem 
Erkalten  ab.  so  nimmt  das  Filtrat  auf  Zusatz  einiger  Tropfen  Chrom- 
säurelösung allmählich  eine  rubinrote  Färbung  an.  —  Statt  der  Chrom- 
säure kann  als  Oxydationsmittel  auch  starkes  Chlor wasser  verwendet 
werden. 

2.  Indophenolprobe.  Phenacetin  in  gleicher  Weise  wie  Acetanilid 
behandelt,  gibt  sehr  schön  die  Indophenolprobe.  Statt  der  Chlorkalklösung 
kann  für  die  Herstellung  des  Indophenols  als  Oxydationsmittel  auch 
starkes  Chlorwasser  oder  eine  ^Vo^^'t"  Chrom  Säurelösung  Verwendung 
finden. 

3.  Die  Salpetersäureproben  von  W.  Aufft/rirf/i  und  (}.  llhishery.^) 
flj  Mit  verdünnter  Salpetersäure.  Erhitzt  manPhenacetin  mit  einigen 

Kubikzentimetern  verdünnter  Salpetersäure  (mit  10  12";o  H^^'Oj)  zum  Sieden, 
so  geht  es  mit  intensiv  gelber  oder  orangeroter  Farbe  in  Lösung :  falls 
diese  Lösung  hinreichend  konzentriert  ist.  kristallisiert  das  entstandene 
Mononitrophenacetin.  CeHg  (NO.,)(OC2H5)(NHCOCH3).  beim  Erkalten  in 
langen,  gelben,  bei  103"  schmelzenden  Nadeln  aus.  —  Diese  Probe  ist 
empfiiidhch  und  auch  charakteristisch  für  Phenacetin,  wenn  es  gelingt, 
das  Nitrophenacetin  in  Kristallen  zu  erhalten,  von  welchem  dann  der 
Schmelzpunkt  bestimmt  werden  kann.  Die  Probe  kann  auch  zur  Futer- 
scheidung  des  Phenacetins  vom  Acetanilid  und  Antipyrin  verwendet 
werden,  welche  beim  Erwärmen  mit  verdünnter  Salpetersäure  farblose 
Lösungen  geben. 


')   W.  Aiitciiririh    mid   <J.   Ifinslni-;/,    Zur    Kcnniiiis    dos    l'liciiacctins    uml    ül>or 
m-Äthoxy-o-phenylcndianiiii.  Airliiv  d.  i'hariii.  229.  45(j  (IS'.ll). 


718  W.  Au  teil  riet  h. 

b)  Mit  konzentrierter  Salpetersäure.  Wird  Phenacetin  mit 
einigen  Tropfen  konzentrierter  Salpetersäure  überpossen .  so  färbt  es  sich 
gelb  bis  orangerot  und  geht  mit  gleicher  Farbe  allmähUch  in  Lösung: 
beim  Erwärmen  löst  sich  das  Phenacetin  vollständig  auf  und  beim  Er- 
kalten kristallisiert  unter  Umständen  Nitrophenacetin  aus. 

Salicylsäure. 

Salicylsäure,  o-Oxybenzoe säure,  HO.CßH^.COOH  (1-2),  kristal- 
lisiert aus  Wasser  in  langen,  weißen,  bei  157^  schmelzenden  Nädelchen 
von  süßlich-saurem,  kratzendem  Geschmacke;  die  Säure  ist  lösüch  in  etwa 
500  Teilen  kaltem  Wasser,  in  15  Teilen  siedendem  Wasser,  sowie  leicht 
löslich  in  Alkohol.  Äther  und  in  heißem  Chloroform.  Bei  vorsichtigem 
Erhitzen  sublimiert  Salicylsäure  unzersetzt  in  feinen  Xädelchen,  in  Spuren 
schon  auf  dem  Wasserbade;  bei  raschem  Erhitzen  zerfällt  sie  aber 
teilweise  in  Phenol  und  Kohlendioxyd :  C,  H,  (OH)  COOH  =  Cß  H^  OH  -\-  COg. 

Konzentrierte  Schwefelsäure  löst  die  reine  Salicylsäure  ohne  Färbung 
und  ohne  Zersetzung  auf.  —  Von  den  Salzen  der  Salicylsäure  sind  das 
Blei-  und  das  Silbersalz  in  Wasser  schwer  löslich.  Bleiacetat  fäUt  daher 
aus  den  neutralen  Salicylatlösungen  weißes,  kristallinisches,  in  heißem 
Wasser  löshches  Bleisalicylat,  (HO.  CgH^.  CÜOloPb,  das  beim  Erkalten 
der  heißen  Lösung  unverändert  auskristallisiert.  Silbernitrat  fällt  weißes 
Silbersalicylat  aus. 

Reaktionen  der  Salicylsäure. 

1.  Eisen  chloridprobe.  Eine  wässerige  Lösung  der  Salicylsäure  und 
ihrer  Salze  färbt  sich  mit  einigen  Tropfen  Eisenchloridlösung  blauviolett, 
in  stärkerer  Verdünnung  mehr  rotviolett.  Auf  Zusatz  von  Salzsäure  geht 
das  Violett  in  Gelb  über.  Ein  Überschuß  des  Pteagenses  beeinträchtigt  die 
Empfindlichkeit  der  Probe. 

Bei  Anwesenheit  von  Mineralsäuren,  Alkalilaugen  oder  Alkalikarbonat 
bleibt  die  Beaktion  aus. 

2.  Millofi^che  Probe.  Eine  wässerige  Salicylsäurelösung  färbt  sich 
beim  Erwärmen  mit  Millons  Rea2:ens  tief  rot. 

3.  Brom  wasserprobe.  Überschüssiges  Bromwasser  fällt  aus  einer 
selbst  stark  verdünnten,  wässerigen  Salicylsäurelösung  einen  gelblich- 
^veißen,  kristallinischen  Niederschlag  von  Tribromphenolbrom, 
Cß  H,  Brs .  OBr. 

4.  Darstellung  der  reinen  Säure  und  Bestimmung  des 
Schmelzpunktes.  Liegt  nicht  zu  wenig  Salicylsäure  vor,  so  löst  man 
den  aus  der  Ätherlösung  erhaltenen  Verdunstungsrückstand  in  möglichst 
wenig  heißem  Wasser  auf,  schüttelt  die  heiße  Lösung  mit  wenig  Blut- 
kohle und  läßt  sie  nach  dem  Filtrieren  kristallisieren.  Von  den  aus- 
geschiedenen Kristallnadeln  bestimmt  man  nach  dem  Trocknen  den 
Schmelzpunkt  (157°). 

Die  Trennung  der  Salicylsäure  von  einfachen  Phenolen. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  "NVege.  719 

Die  uiitor  1  bis  3  angefülirtoii  Reaktionen  lieweisen  nur  dann  das  Vorliandenscin 
von  Salicylsaure,  wenn  einfache  rheuole  wie  Karbolsäure  und  die  Kresole  nicht 
zugegen  sind.  Eine  Trennung  der  Salicylsaure  von  den  Phenolen  iwuiii  aber  erzielt 
werden,  wenn  man  die  in  Frage  kommende  Substanz  (Losung,  Gemisch  etc.)  mit  kalter 
Natriumkarbonatlosung  im  Überschusse  versetzt  und  die  hierbei  unverändert  geltliebenen 
Plicuole  mit  Äther  ausschüttelt.  Die  Salicylsaure  findet  sich  dann  als  Natriumsalz  in 
der  wässerigen  Lösung  vor  und  kann  nach  dem  Ansäuern  mit  verdünnter  Salzsäure  oder 
Schwefelsäure  mit  Äther  ausgeschüttelt  werden. 

Quantitative  Bestimmung  der  Salicylsaure   als   Tribromplienol- 
l)rom  nach    W.  Äutenrieth  und  Beuttel^) 

Man  fällt  die  wässerige  Lösung-  der  Salicvlsäure  in  einer  (Ikis- 
stöpselflasche  mit  gesättigtem  Bromwasser  im  Üi)erschus.se  unter  Um- 
schütteln vollständig  aus,  so  daß  die  ül)er  dem  Niederschlage  stehende 
Flüssigkeit  rotbraun  gefärbt  ist  und  läßt,  unter  häufigem  Umschütteln, 
12 — 24  Stunden  lang  kalt,  am  besten  in  einem  Eisschranke,  stehen.  Den 
Niederschlag  von  Tribromphenolbrom  sammelt  man  alsdann  im  gewogenen 
Goochtiegel  und  trocknet  ihn  im  \'akuumexsikkator  übei-  Schwefelsäure  bis 
zum  konstanten  (Gewicht.  Die  dem  erhaltenen  Niederschlage  entsprechende 
Menge  Salicylsaure  erfährt  man  unter  Zugrundelegung  der  folgenden  Pro- 
portion : 

Cg  Ho  Br4  0  :  C7  Hg  O3  =  gefundene  Menge  Niederschlag :  x 

(409-86)      (158-05). 

Nachweis  der  Salicylsäuie  im  Harn. 

Salicylsaure  geht  im  nienschliclieu  Körper  durch  Paarung  mit  Glykoknll 
zum  Teil  in  Salicyl  ursäure  über,  die  nebst  größeren  Mengen  unverändert  gebliebener 
Salicylsaure  mit  dem  Harn  ausgeschieden  wird: 


HO.CgH,  .CO  :  OH  +  H  :NH.CH2.COOH  =  H2Ü  +  HO.C\iH,  .(.O.NH.CH,.CüOH 

Salicylsaure  GlykokoU  =  Wasser  +  Salicylursäure. 

Ein  solcher  „Salicylharn"  färbt  sich  mit  Eisenchloridlösuiig  violettblau. 
Salicylursäure  gibt  wie  die  Salicylsaure  die  Eisenchloridprobe.  Zur  Spaltung  in  ilire 
Komponenten  muß  die  Salicylursäure  etwa  V2  Stunde  mit  rauchender  Salzsäure  unter 
Rückfluß  erhitzt  werden. 

Will  man  die  unverändert  gebliebene  Salicylsaure  aus  einem  Harn  abscheiden, 
so  schüttelt  man  eine  größere  Menge  Harn  (500— 1000  c;«')  nach  dem  Ansäuern 
mit  Salzsäure  wiederholt  mit  Äther  aus,  trennt  die  Ätherschicht  in  einem  Scbeide- 
trichter  und  schüttelt  sie  alsdann  mit  überschüssiger  Natriumkarbonathisung  tüchtig 
durch,  wodurch  die  Salicylsaure  in  die  wässerige  Flüssigkeit  übergeht.  Aus  dieser  wird 
nun  durch  Ansäuern  mit  Salzsäure  die  Salicylsaure  wieder  frei  gemacht  und  mit  Ätlier 
ausgeschüttelt,  der  dann  beim  Verdunsten  die  Säure,  meist  schon  kristallisiert,  zurückläßt. 
Zu  ihrer  weiteren  Reinigung  kann  sie  unter  Zugabe  von  Tierkohle  aus  wenig  heißem 
Wasser  umkristallisiert  werden.  Salicylsaure  wird  von  allen  Schleimhäuten  rasch  auf- 
genommoii  und  rasch  resorbiert.  Für  gewöhnlich  beginnt  die  Ausscheidung  der  Salicyl- 
saure durch  den  Harn  in  der  ersten  liallien  Stunde  und  ist  nach  drei  Tagen  beendet. 


1)  W.  Äutenrieth  und  Fr.  Beuftel,  Über  die   Bestimmung    des  Phenols.    Salicyl- 
alkohols  und  der  Salicylsaure  als  Tribromphenolbrom.  Archiv  d.  Pharm.  24N.    112(liHU). 


720  W.  Autenrietli. 

Veronal. 

Veronal,  C-Diäthylbarbitur säure,  C-Diäthylmalonylharu- 
stoff,  CsHiaOgNs,  wird  aus  heißem  Wasser  in  großen,  farblosen,  spieß- 
artigen, bei  191"  (korrigiert)  schmelzenden  Kristallen  erhalten,  die  bei  'iO*» 
in  146 — 147  Teilen,  bei  100»  in  15  Teilen  Wasser  löslich  sind:  von 
heißem  Alkohol  und  von  Aceton  wird  Veronal  reichlich  gelöst,  während  es 
in  kaltem  Äther  ziemlich  schwer  löshch  ist.  Die  wässerige  Lösung  des 
Veronals  schmeckt  bitter  und  reagiert  auf  empfindliches  blaues  Lackmus- 
papier ganz  schwach  sauer.  —  Veronal  löst  sich  leicht  in  Alkalilaugen, 
Ammoniak,  Kalk-  und  Barytwasser  und  fällt  beim  Ansäuern  derartiger 
Lösungen,  falls  sie  hinreichend  konzentriert  sind,  unverändert  wieder  aus, 
und  zwar  meist  kristallinisch.  Von  den  Salzen  des  Veronals  kristaUisiert  das 
Natriumsalz,  Cg  H^  O3  N.2  Na,  am  besten;  man  erhält  es  durch  Auflösen 
des  Veronals  in  der  berechneten  Menge  karbonatfreier  Natronlauge  und 
Verdunstenlasseu  dieser  Lösung  unter  Ausschluß  von  Kohlensäure,  oder 
durch  Zusatz  von  Alkohol  bis  zur  Trübung.  In  beiden  Fällen  scheidet  sich 
das  Natrium  salz  des  \'eronals  in  prächtigen,  glänzenden  Kristallen  aus. 

Veronal  wirkt  auf  das  Blut  nicht  zersetzend  ein  und  scheint  bei  den 
üblichen  medizinalen  Dosen  (0'5 — 1  g)  auch  eine  weitgehendere  Wirkung 
auf  das  Herz  nicht  auszuüben.  Kumulative  Wirkung  ist  nur  vereinzelt  be- 
obachtet worden.  In  größeren  Dosen  kann  aber  A'eronal  unter  Umständen 
schwere  Vergiftungen  mit  tödlichem  Ausgange  hervorrufen. 

Nachweis    des    Veronals    bei    toxikologischen   Untersuchungen. 

Aus  verschiedenen  Leichenteilen,  nämlich  aus  Leber,  Milz  und  Niere 
eines  Mannes,  der  infolge  A'erwechslung  zweier  Arzneimittel  an  Stelle  eines 
P>andwurmmittels  (Kamala)  Veronal  erhalten  hatte, haben  (9.  und  H.Frerichs^) 
kleinere  Mengen  von  Veronal  abscheiden  können,  und  zwar  wurde  es  nach 
dem  Verfahren  von  Stas-Otto  der  wässerigen,  weinsauren  Lösung  mit 
Äther  entzogen.  Der  aus  dem  Ätherauszuge  beim  Eindunsten  gebliebene 
Rückstand  lieferte  beim  UmkristaUisieren  aus  wenig  heißem  Wasser,  unter 
Zugabe  von  Blutkohle.  Kristalle,  die  in  der  folgenden  Weise  als  A'eronal- 
kristalle  erkannt  wurden: 

1.  Die  wässerige  Lösung  der  Kristahe  reagierte  schwach  sauer. 

2.  Die  Kristalle  lösten  sich  in  Kahlauge,  Natronlauge  sowie  in 
wässerigem  Ammoniak  und  wurden  beim  Ansäuern  dieser  alkahschen 
Lösungen  mit  verdünnter  Salzsäure  wieder  unverändert  ausgefällt. 

o.  Der  Schmelzpunkt  der  Kristalle  wurde  zu  187 — 188"  gefunden. 
Auch  ein  Gemisch  aus  den  fraglichen  Kristallen  und  reinem  Veronal 
zeigte  den  gleichen  Schmelzpunkt. 

4.  Nachweis  des  Stickstoffs  durch  Zusammenschmelzen  im  trockenen 
Reagensglas    mit   metallischem  Natrium    und  Prüfung   der   in  Wasser  ge- 


*)  G.  und  //.  Frcrichs,    Über   den  Nachweis    einer  Veronalvergiftung.    Archiv  d. 
Pharm.  Bd.  244.  86—90  (190(3). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  cliemischem  Wege.  721 

lösten,    erkalteten  Schmelze    mit  Hilfe    der  IJcrlinerlihuircaktion  auf  einen 
Gehalt  von  C'yannatrium. 

5.  Sublimation  im  trockenen  IJeagenzglas  heim  Erhitzen.  Ver<rleiche 
mit  notorisch  reinem  Veronal. 

Nachweis  des  Veronals  im  Harn. 

Nach  Untersuchung  von  E.  Fischer  und  ./.  r.  Mcrunj ')  soNvic  von 
B.  Molle  und  H.  Kleist  2)  verläßt  \'eronal  den  menschlichen  Iviirpcr  zum 
allergrößten  Teil  unverändert,  so  daß  es  sich  dann  zu  T<)  -90''/o  J"' 
Harn  vorfindet.  Bei  toxikologischen  Untersuchungen  wird  man  daher  das 
\'eronal  in  erster  Linie  im  Harn  nachzuweisen  haben.  Zu  dem  Zweck 
wird  eine  größere  Menge  des  in  Frage  kommenden  Harns  auf  dem  Wasser- 
bade ä)  auf  ein  kleineres  Volumen,  etwa  auf  Vr,  des  ursprünglichen,  kon- 
zentriert, dann  wird  wiederholt  mit  relativ  viel  Äther  ausgeschüttelt,  da 
Veronal  in  diesem  Lösungsmittel  ziemlich  schwer  löslich  ist.  Der  beim  .\b- 
destillieren  des  Äthers  bleibende,  meist  stark  dunkel  gefäi'bte  Piückstand 
wird  in  möglichst  wenig  heißem  Wasser  gelöst,  die  Lösung  mit  P.lut- 
kohle  1/4  Stunde  lang  gekocht,  dann  wird  abfiltriert.  Beim  Abkühlen  des 
nahezu  farblos  gewordenen  Filtrats  mit  Eis  kristallisiert  das  Neronal  in 
farblosen  Nadeln  (Schmp.  191",  korrigiert)  aus. 

Nach  Eingabe  von  4  g  N'eronal  innerhalb  2  Tagen  hatten  E.  Fischer 
und  V.  Mering  aus  dem  fünftägigen  Harne  2*49  g  \>ronal  =  62Vo  des 
angewandten  \'eronals  wiedergewonnen.  Dazu  ist  zu  bemerken,  daß  die 
angegebene  Methode  nicht  absolut  quantitativ  ist  und  auch  die  Ausscheidung 
des  Veronals  nach  5  Tagen  noch  nicht  völlig  beendet  war.  Die  er- 
haltenen Kristalle  sucht  man  in  der  oben  angegebenen  Weise  als  \'ei-onal- 
kristalle  näher  zu  charakterisieren. 

Molle  und  Kleist  fällen  den  Harn  erst  mit  Bleiacetat  vollständig 
aus,  entfernen  aus  dem  Filtrat  das  gelöste  Blei  mit  Schwefelwasserstoff, 
kochen  den  letzteren  weg,  verdünnen  den  so  vorbehandeiten  Harn  mit 
Wasser  auf  das  doppelte  ^'olumen  und  kochen  ihn  mit  Blutkohle.  Das 
Filtrat  wird  dann  auf  dem  Wasserbade  auf  ein  kleines  \olumen  eiuge- 
dunstet,  nach  dem  Erkalten  mit  Kochsalz  gesättigt  und  dreimal  mit  Äther 
ausgeschüttelt.  Die  filtrierte  Ätherlösung  hinterlälU  beim  Abdestillieicn 
nahezu  reines  Veional. 

Antipyrin. 

Antipyrin,  l-Phenyl-2,  3dimethyl-isopyrazolon.  C^,  H,2  0N.,, 
bildet  nadeiförmige,  schwach  bitter  schmeckende,  bei  IIH"  schmelzende, 
monokline  Kristalle.  1  Teil  Antipyrin  wird  von  weniger  als  von 
1   Teil  kaltem  Wasser,   von   etwa  1  Teil   Alkohol,    von   1   Teil  Chloroform 


')  Die  Therapie  der  Gegenwart.  45.  1904. 

2)  B.  Molle  und  H.  Kleist,  Über  Veronal.  Archiv  d.  Pharm.  Bd.  242.  401  (1904). 
')  E.  Fischer   und  r.  Mering    lassen    den  Harn    unter    vermintleiteni    l>ruck    ein- 
dampfen. 

A  bderli  a  1  de  11 ,  ilandbach  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  46 


722  W.  Autenrieth. 

und  von  etwa  50  Teilen  Äther  gelöst.  Die  wässerigen  Autipyrin- 
lösungen  reagieren  neutral,  obgleich  Antipyrin  als  Base  mit  Säuren 
kristallisierende  Salze  bildet. 

Nachweis  des  Antipyrins. 

Selbst  aus  stark  weinsaurer  Lösung  lassen  sich  geringe  Mengen 
von  Antipyrin  mit  Äther  ausschütteln;  bei  weitem  der  größte  Teil  des 
Antipyrins  geht  erst  aus  der  wässerig- alkalischen  Flüssigkeit  in  Äther, 
besser  in  Chloroform  über.  —  Antipyrin  unterscheidet  sich  von  den  meisten 
Alkaloiden  durch  seine  große  Löslichkeit  in  Wasser.  —  Zum  Nachweis 
des  Antipyrins  löst  man  den  Verdunstungsrückstand  der  Ätherlösung  in 
wenig  Wasser  auf  und  führt  mit  der  abfiltrierten  Lösung  die  folgenden 
Proben  auf  Antipyrin  aus : 

1.  Eisenchloridprobe.  1  bis  2  Tropfen  Eisenchloridlösung  färben 
die  Lösung  tief  rot,  wenn  sie  antipyrinhaltig  ist.  Die  Färbung  ist  bei 
einer  A'erdünnung  der  Antipyrinlösung  von  1 :  100000  noch  deutlich  wahr- 
zunehmen. 

2.  Gerbsäureprobe.  Gerbsäurelösung  fällt  bei  einem  Antipyrin- 
gehalt  der  Lösung  einen  weißen  Niederschlag  aus. 

3.  Probe  mit  rauchender  Salpetersäure.  Fügt  man  zu  der 
betreffenden  Lösung  1  bis  2  Tropfen  rauchende  Salpetersäure,  so  färbt 
sie  sich  bei  Vorhandensein  von  Antipyrin  grün:  erhitzt  man  alsdann  zum 
Sieden  und  fügt  einen  w^eiteren  Tropfen  rauchende  Salpetersäure  hinzu, 
so  geht  die  grüne  Farbe  in  Rot  über.  —  1  ciii^  einer  wässerigen  Anti- 
pyrinlösung von  1 :  200  gibt  diese  Probe  noch  deutlich. 

4.  Nitrosoantipyrin.  Versetzt  man  die  Lösung  mit  einigen 
Tropfen  Kaliumnitrit-  oder  Natriumnitritlösung  und  mit  verdünnter 
Schwefelsäure,  so  färbt  sie  sich,  falls  sie  antipyrinhaltig  ist,  grün  oder 
blaugrün.  —  Statt  der  Schwefelsäure  kann  auch  Essigsäure  ge- 
nommen werden,  doch  ist  dann  ein  Erhitzen  der  Lösung  erforderhch. 
Ist  die  Antipyrinlösung  hinreichend  konzentriert,  so  scheiden  sich  nach 
einiger  Zeit  grüne  Kristalle  von  Nitrosoantipyrin.  C,iHii(N())0N.2,  ab. 

Nachweis  des  Antipyrins  im  Harn. 

Antipyrin  geht  zum  Teil  unverändert,  zum  Teil  als  Oxyanti- 
pyringlukuron säure  in  den  Harn  über  und  kann  darin  meist  mit 
Eisenchloridlösung  direkt  nachgewiesen  werden.  Ist  der  Harn  stark  ge- 
färbt, so  schüttelt  man  eine  größere  Menge  desselben,  nach  Zusatz  von 
Ammoniak  oder  Natronlauge  bis  zur  alkalischen  Pveaktion,  mit  Chloroform 
aus  und  prüft  den  in  Wasser  gelösten  Verdunstungsrückstand  der  Chloro- 
formlösung mit  Eisenchlorid  oder  mit  rauchender  Salpetersäure  auf 
Antipyringehalt. 

Koffein. 

Koffein,  Kaff  ein,  Thein,  1,3,  7-Trimethyl-  2,  6-Dioxy- 
purin.    CgHjo  O2N4 .  HgO,    kristallisiert  in  weißen,    glänzenden  Nädelchen, 


Der  Nachweis  der  (jiftc  auf  cheniiscliem  Wege.  723 

welche  mit  80  Teilen  Wasser  eine  farblose,  neutral  reagierende,  schwach 
bitter  schmeckende  Lösung-  geben.  p]s  ist  in  zwei  Teilen  heilem  Wasser, 
in  etwa  50  Teilen  Weingeist  und  in  (•  Teilen  Chloroform  löslich,  wird 
aber  von  Äther  imr  wenig,  vom  absolutem  Alkohol  wie  auch  von  lien/.dl  und 
retroläther  sehr  Avenig  gelöst.  Aus  heiliem  Wasser  kristallisiert  Koffein 
mit  1  Mol.  Kristulhvasser,  das  teilweise  schon  beim  Liegen  an  der  i>uft  und 
vollständig  bei  100",  entweicht.  Es  schmilzt  bei  2;iO'',  j)eginnt  jedoch 
wenig  über  100"  sich  in  geringer  Menge  zu  verfluchten  und  b(*reits  bei 
180"  ohne  IJückstand  in  farblosen  Nadeln  zu  sublimieren.  Konzentrierte 
Schwefelsäure  sowie  konzentrierte  Salpetersänie  lösen  Koffein 
ohne  Färlmng  auf.  Koffein  ist  eine  sehr  schwache  Base,  deren  Salze 
durch  Wasser  zersetzt  werden.  Aus  diesem  Grunde  läßt  sich  Koffein  aus 
wässeriger,  weinsaurer  Lösung  mit  Äther,  besser  mit  Chloroform 
wenigstens  zum  Teil  ausschütteln. 

Schicksal  des  Koffeins  im  menschlichen  Stoffwechsel. 

Nur  ein  kleiner  Teil  des  Koffeins  geht  unverändert  durch  den 
Organismus  hindurch  und  erscheint  alsdann  im  Harn  als  solches.  Kin 
anderer  Teil,  nämlich  etwa  10%  der  eingenommenen  Menge,  findet  sich 
in  Form  von  Abbauprodukten  im  Harn  vor.  Alles  übrige  Koffein  dürfte  in 
die  normalen  Endprodukte  des  menschlichen  Stoffwechsels  umgewandelt 
werden.  Der  größte  Teil  des  Stickstoffs  des  Koffeins  gelangt  als  Harn- 
stoff zur  Ausscheidung.  Höchst  bemerkenswert  ist  die  Tatsache,  daß  die 
ersten  Abbauprodukte  des  Koffeins  Di-  und  Monomethylxanthine 
sind,  die  also  aus  dem  Koffein  unter  Abspaltung  von  Methylgruppen  ent- 
stehen. Unter  den  letzteren  ist  es  besonders  das  7-Monomethyl- 
xanthin  und  unter  den  Dimethylxanthinen  das  Paraxanthin  =:  1.  7-Di- 
methylxanthin,  welche  im  Harn  nach  Eingabe  von  Koffein  auftreten. 
Paraxanthin  ist  mit  Theophyllin  oder  1,  l-3-Diniethylxanthin  und  mit  Tlieo- 
bromin  oder  3,  7-Dimethylxanthin  isomer. 

Nachweis  des  Koffeins. 

Aus  einer  wässerigen,  weinsauren  Lösung  gehen  nur  geringe 
Mengen  Koffein  in  den  Äther  über:  die  größte  ]\Ienge  des  Alkaloids  findet 
sich  im  Ätherauszug  der  wässerig-alkalischen  Flüssigkeit  vor.  Da 
Koffein  in  Äther  ziemlich  schwer,  in  Chloroform  erheblich  leichter  löslich 
ist,  ist  es  meist  auch  im  Chloroformauszuge  der  mit  Ammoniak 
alkalisch  gemachten  Lösung  enthalten.  Beim  Eindunsten  der  beiden 
letzteren  Auszüge  bleibt  Koffein  in  langen,  glänzenden,  konzentrisch 
gruppierten  Nadeln  zurück.  Beim  Arbeiten  nach  dem  Verfahren  Stas-Otto 
wird  somit  voi-handenes  Koffein  in  allen  drei  Auszügen  vorgefunden. 

1.  Wird  Koffein  in  einem  Schälchen  niit  einigen  Kubikzenlimetern 
gesättigtem    Chlorwasser')    auf    dem   Wasserbade    zur    Trockne    ver- 

*)  Gesättigtes  Chlorwasser  wird  jederzeit  leicht  in  der  Weise  erhalten,  daß 
man  in  einem  ontreron  Reagenzglase  einige  Kristalle  chlnrsaures  Kalium  mit  mäßig 


4G 


* 


724  W.  Auteiirieth. 

dampft,  so  hinterbleibt  ein  rotbrauner  Rückstand,  der  sich  bei  sofor- 
tiger EinAvirkung  von  sehr  wenig  Ammoniak  schön  purpurviolett 
färbt.  Zu  dem  Zwecke  bedeckt  man  das  Schälchen  mit  dem  Verdampfungs- 
rückstande mit  einer  (jlasplatte ,  die  mit  einem  Tropfen  starker 
Ammoniakflüssigkeit  befeuchtet  ist.  Oder  man  führt  den  Versuch  auf 
zwei  abgepaßten  Uhrschälchen  aus;  auf  dem  einen  Schälchen  verdampft 
man  die  auf  Koffein  zu  prüfende  Substanz  mit  Chlorwasser  zur  Trockne 
und  legt  dann  dieses  Schälchen  mit  dem  Verdampfungsrückstand  für  kurze 
Zeit  auf  das  anderes  Uhrglas,  das  einen  Tropfen  starke  Ammoniak  enthält. 

Auch  Xanthin,  Theobromin.  das  1-  und  7-Monomethyl- 
xanthin  und  das  Paraxanthin  geben  diese  Probe,  die  Murexidreaktion. 
besonders  wenn  man  in  der  folgenden  von  E.  Fischer^}  angegebenen 
Weise  arbeitet.  Man  kocht  die.  zu  prüfende  Substanz  in  einem  Reagenz- 
gläschen mit  starkem  Chlorwasser  oder  mit  Salzsäure  und  wenig  Kalium- 
chlorat.  dampft  dann  die  Hüssigkeit  im  Schälchen  vorsichtig  ein  und  be- 
feuchtet den  Rückstand  mit  Ammoniaklösung. 

2.  Gerbsäurelösung  ruft  in  wässerigen  Koffeinlösungen  starke, 
weiße  Fällungen  hervor,  die  sich  im  Überschusse  des  Fällungsmittels 
wieder  leicht  lösen.  —  Diese  Probe  ist  selbstverständlich  für  Koffein 
nicht  charakteristisch. 

B.  Die    Untersuchung    des  Itlierauszuges    der    wässerig-alkalischen 

Flüssigkeit. 

Dieser  Atherauszug  enthält  die  Mehrzahl  der  eigentlichen  Alkaloide. 

Die  in  einem  Scheidetrichter  vom  Äther  getrennte,  wässerige, 
weinsaure  Lösung  wird  erst  mit  Natronlauge  bis  zur  stark  alkali- 
schen Reaktion  versetzt,  um  die  Alkaloide  aus  ihren  Salzen  frei  zu 
machen  und  etwa  vorhandenes  Morphin  oder  Apomorphin  an  das  Alkali 
zu  binden,  dann  in  einem  Scheidetrichter  mit  etwa  der  gleichen  Menge 
Äther  tüchtig  ausgeschüttelt,  der  nun  die  freien  Alkaloide,  mit  Aus- 
nahme von  Apomorphin,  Morphin  und  Xarcein,  aufnimmt.  Die  Äther- 
schicht wird  alsdaim  von  der  wässerigen  Flüssigkeit  getrennt,  die  letztere  mit 
einer  neuen  Menge  Äther  gründlich  ausgeschüttelt  und  der  Ätherauszug 
wiederum  abgetrennt.  Auf  diese  Weise  stellt  man  drei  bis  vier  solcher  Äther- 
auszüge her.  die  gemischt  und  in  einem  nur  lose  verschlossenen,  trockenen 
Erlenmeyerkolben  für  1 — 2  Stunden  zum  Al)sitzenlassen  beiseite  gestellt 
werden.  Hierbei  scheiden  sich  fast  immer  noch  einige  Tropfen  wässeriger 
Flüssigkeit  ab,  von  welcher  die  Ätherlösung  durch  ein  trockenes  Filter 
vorsichtig  abgegossen  und  das  aufgesammelte  Filtrat  auf  einer  nicht  zu 
großen  Uhrschale,    von  8  bis  10  cm  Durchmesser,   bei   gelinder  Wärme 


verdüuuter  Salzsäure  erhitzt  and  das  sich  entwickelnde  Chlor  in  wenig  Wasser  einleitet, 
das  sich  in  einem  weiteren  Eeagenzglase  hofindet. 

')  E7nil  Fischer,    Synthese    des  Hypoxanthins,    Xanthius,    Adenins  und  Guanins. 
Berichte  der  Deutsch,  ehem.  Ges.  30.  2236  (1897). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  (•lioiiüschciii  Wege,  725 

auf  dem  warnion  Wasserhadc  eiu<^odunstet  wird.  Die  letzten  Tropfen 
der  Ätherlösung  läßt  man  freiwilli«j;'  verdunsten.  IJleihen  liierlx'i  stark 
riechende  öltröpfchen  zurück,  so  müssen  dieselben  auf  Coniin  und 
Nikotin,  eventuell  auch  auf  Anilin  untersucht  werden.  Lie']:t keines  die.ser 
flüchtigen  Alkaloide  vor,  so  verflüchtigt  man  das  durch  die  Verdunstung 
des  Äthers  entstandene  Wasser  durch  gelindes  Erwärmen  der  Schale  auf 
dem  Wasserbade  vollständig  und  nininit  dann  die  Uhrschale  sofort  vom 
Wasserbade  weg.  Ein  längeres  Erhitzen  der  Schale  empfiehlt  sich 
nicht,  weil  sonst  die  Ätherrückstände  verschmieren  können.  Der  \'er- 
dunstungsrückstand  des  aus  der  wässerig-alkaHschen  Flüssigkeit  ge- 
wonnenen Ätherauszuges  kann  alle  Alkaloide.  ausgenommen  Apo- 
morphin,  Morphin  und  Narcein,  enthalten  und  ist  besonders  auf  die  fol- 
genden Stoffe  zu  untersuchen : 

Coniin  Physostigmin 

Nikotin  Kodein 

Anilin  Narkotin 

Veratrin  Hydrastin 

Strychnin  Pilocarpin 

Brucin  Chinin 

Atropin  Koffein 

Scopolamin  Antipyrin 

Kokain  Pyramidon. 

Von  dem  Verdunstungsrückstande  des  Ätherauszuges  bestimmt 
man  durch  mikroskopische  Untersuchung  das  Aussehen,  ferner  den  (re- 
schmack,  weil  man  hieraus  in  vielen  Fällen  einen  gewissen  .Vufschluli 
darüber  gewinnt,  welches  oder  welche  Alkaloide  voraussichtlich  vorhanden 
sein  können;  auf  diese  Stoffe  wird  dann  in  erster  Linie  gejjrüft. 

Beim  Eindunsten  der  ätherischen  Lösung  hinterbleii)t  Strychnin 
in  sehr  feinen,  sehr  stark  bitter  schmeckenden  Kristallnadeln,  Brucin  als 
weißes,  amorplies,  stark  bitter  schmeckendes  Pulver.  Veratrin  amorph, 
pulverig,  von  brennend  scharfem  (leschmacke,  während  Atropin  und 
Chinin  als  harzige,  klebrige,  selten  kristallisiert  werdende  P'irnisse  zu- 
rückbleiben. Koffein  hinterbleibt  in  langen,  häufig  konzentrisch  gruppierten, 
schwach  bitter  schmeckenden  Nadeln  und  ebenso  bildet  Pyramidon  feine. 
in  Wasser  leicht  lösliche,  schwach  bitter  schmeckende  Kristallnädelchen. 

Hinterläßt  der  Ätherauszug  beim  Eindunsten  nur  einen  geringen 
Rückstand,  der  zudem  nicht  bitter  schmeckt,  so  liegt  häufig  kein  eigent- 
liches Alkaloid  vor;  ein  solcher  Rückstand  kann  aus  Fett,  harziger 
Substanz  oder  auch  aus  Spuren  stickstoffhaltiger  Stoffe  (wie  aus 
Peptonen  also  peptidartigen  Substanzen  oder  anderen  Spaltungspro- 
dukten der  Proteine)  bestehen.  Bei  der  Untersuchung  von  Leichenteilen 
nach  dem  Stas-Ottosd^QU  \'erfahren  auf  AlkaloicU'  und  andere  hierher 
gehöriger  Stoffe  erhält  man  selbst  bei  sehi-  soi-gfiUtigem  Ai-beiten  fast  immer 
Ätherauszüge,  die  einen  geringen  Verdunstungsrückstand  liefern,  auch  wenn 


726  W.  Auteuricth. 

Alkaloide  oder  Ptomairie  nicht  vorhanden  sind.  Will  man  sich  davon  über- 
zeugen, daß  kein  Alkaloid  vorliegt,  so  löst  man  einen  Teil  des  Ätherrück- 
standes  in  Wasser  unter  Zusatz  eines  Tröpfchens  verdünnter  Salzsäure, 
verteilt  diese,  nötigenfalls  filtrierte  Lösung  auf  mehrere  Probierröhrchen 
und  untersucht  sie  mit  verschiedenen  der  allgemeinen  Alkaloidreagenzien, 
wie  mit  Quecksilberchlorid,  Jod-Jodkaüum ,  Quecksilberjodid- 
jodkalium,  Pikrinsäure  und  Gerbsäurelösung  etc.,  auf  einen  etwaigen 
Alkaloidgehalt.  Entstehen  hierbei  keine  charakteristischen  Niederschläge, 
so  ist  auch  kein  Alkaloid  vorhanden.  Es  empfiehlt  sich  übrigens,  immer 
diese  Vorprüfung  auf  Alkaloide  auszuführen,  wozu  man  ja  nur  einen 
kleinen  Teil  des  Verdunstungsrückstandes  des  Ätherauszuges  nötig  hat, 
da  ja  die  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  selbst  noch  Spuren  von  Alkaloiden 
anzeigen. 

Um  bei  gerichtlich-chemischen  Untersuchungen  einen  Irrtum  oder 
ein  Übersehen  von  einem  Giftstoff  raöghchst  auszuschheßen,  löst  Verfasser 
den  Verdunstungsrückstand  des  Atherauszuges.  falls  er  sehr  gering  ist, 
in  wenig  stark  verdünnter  Salzsäure  (von  etwa  O'öo/o  HCl)  auf,  dunstet 
diese  Lösung  auf  dem  Wasserbade  ein,  nimmt  den  Eückstand  in  wenig 
Wasser  auf  und  spritzt  diese  Lösung  mit  Hilfe  einer  Pra?;a2schen  Spritze 
in  den  Lymphsack  eines  kleineren  munteren  Frosches  ein.  Treten  bei  dem 
Frosche  im  Laufe  mehrerer  Stunden  keinerlei  Vergiftungserscheinungen 
auf,  so  kann  man  bestimmt  angeben,  daß  der  Verdunstungsrückstand  des 
Ätherauszuges  eines  von  den  stärker  giftig  wirkenden  Alkaloiden  nicht 
enthalten  hat.  —  Oder  man  verreibt  den  Verdunstungsrückstand  der 
Ätherlösung  mit  Zucker  und  gibt  dieses  Gemisch  einer  weißen  Maus  zu 
fressen. 

Für  die  speziellen  Alkaloidreaktionen  verteilt  man  den  erhaltenen 
Ätherrückstand  mit  Hilfe  eines  scharfen  Platin-  oder  Nickelspatels  oder 
eines  feinen  sauberen  Taschenmessers  auf  mehrere  Uhrschälchen,  oder  man 
löst  den  erhaltenen  Rückstand  nochmals  in  wenig  heißem  Alkohol  auf, 
verteilt  diese,  nötigenfalls  filtrierte  Lösung  auf  verschiedene  Uhrschälchen 
und  läßt  sie  bei  gelinder  Wärme  darauf  eindunston.  i?.  Maueh'^)  löst  den 
erhaltenen  Verdunstungsrückstand  des  Atherauszuges  in  75 »/oi.aer  Chloral- 
hydratlösung  auf  und  führt  mit  der  so  erhaltenen  Lösung  die  Reaktionen 
der  Alkaloide  aus. 

Die  Reinigung  des  Alkaloidrückstandes. 

Sind  die  Alkaloide  mit  schmierigen,  harzigen  oder  fettigen  Stoffen 
stark  verunreinigt,  so  können  manche  Reaktionen  der  Alkaloide  entweder 
ganz  ausbleiben  oder  nur  undeutlich  eintreten.  In  einem  solchen  Falle  muß 
der  erhaltene  Alkaloidrückstand  nach  einem  der  beiden  folgenden  Ver- 
fahren von  den  beigemengten  Verunreinigungen  möglichst  befreit  werden. 


*)  Richard   Mauch     (Mitteilungen    aus    dem    Institut    des   Prof.  Dr.  E.  Schaer  in 
Straßburg).  Festgabe  des  Deutschen  Apothekervereins,  Straßburg  1907. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  727 

1.  Man  durchrührt  den  Ätherrückstaiid  kalt  mit  salzsäurehalti^em 
Wasser,  filtriert  uni>elöst  bleibende  Stoffe  (Fett  und  hai'zige  Stoffe)  ab, 
versetzt  das  Filtrat  mit  Natronlaiii^e  bis  zui'  alkalischen  lieaktioii  inid 
schüttelt  mit  Äther  gut  aus.  Dieser  Atherauszuif  hintcrlällt  beim  Finduii^tcii 
die  Alkaloide  meist  in  ziemlich  reinem  Zustande. 

2.  Oder  man  löst  den  Ätherrückstaiid  in  heißem  A  mylalkoiiol 
auf,  schüttelt  diese  Lösung  mit  einigen  Kubikzentimetern  stark  verdünnter 
Schwefelsäure  aus  und  trennt  die  beiden  Flüssigkeitsschicliten  in  einem 
Scheidetrichter.  Der  Amylalkohol  hält  hierbei  die  schmierigen  und  färbenden 
Verunreinigungen  zurück,  während  die  Alkaloide  als  schwefelsaure  Salze  in 
die  wässerige  Flüssigkeit  übergehen.  Die  letztere  wird  nun  abgetrennt,  mit 
Natronlauge  bis  zur  stark  alkalischen  lieaktion  versetzt  und  mit  Äther  aus- 
geschüttelt. Dieser  Ätherauszug  hinterlällt  beim  Einduiisten  meist  reines 
Alkaloid.  Das  zuletzt  angegebene  Reinigungsverfahren  empfiehlt  sich  beson- 
ders bei  einem  stark  gefärbten  Alkaloidrückstande. 

Coniin. 

Coniin,  a-Normal-Propylpiperidin,  Cg  Hjg  NH,  findet  >ich  nelteii 
n-Methylconiin,  Conhydrin,  y-Conicein  und  Pseudoconhydrin  in 
allen  Teilen  der  Schierhngspflanze,  Conium  maculatum.  und  bildet  eine 
farblose,  ölige,  sehr  giftige  Flüssigkeit,  die  an  der  Luft  unter  Oelb-  oder 
Braunfärbung  teilweise  verharrt.  Coniin  ist  in  kaltem  Wasser  ziemlich 
schwer,  jedoch  noch  leichter  löslich  als  in  heißem  Wasser:  mit  Alkohol. 
Äther,  Chloroform  und  Denzol  läßt  es  sich  in  jedem  Verhältnisse  klar 
mischen.  Sein  Geruch  ist  unangenehm  betäubend,  erinnert  an  den  (ieruch 
von  Mäuseharn  und  ist  weit  stärker  als  der  des  Nikotins.  Das  natürlich 
vorkommende  Coniin  ist  rechtsdrehend,  \y.\i)  =  +  IS'ä").  —  Coniin  ist  eine 
ziemUch  starke,  einsäurige  Base,  die  beim  Erhitzen  mit  Essigsäureanhydrid  in 
Acetylconiin.  Cg  Hjr  .  N  .  CO  .  CHj  beim  Schütteln  mit  Benzoylchlorid  und 
Natronlauge  in  Benzoylconiin,  Cg  Hig .  N  .  CO  .  C«  H5,  und  mit  salpetriger 
Säure  in  Nitrosoconiin  CgH^g-^-^^O  übergefiUii-t  wird.  Durch  diese 
Reaktionen  gibt  sich  Coniin  als  eine  sekundäre   Hase  zu  erkennen. 

Reaktionen  des  Coniins. 

Von  den  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  zeichnen  sich  durch  größere 
Empfindlichkeit  für  Coniin  aus:  Jod-Jodkalium  (1:S000).  Phosphor- 
molybdänsäure  (1:5000),  Quecksilberjodidjodkalium  ( 1  :  HOOO) 
und  W'ismutjodidjodkalinni  (1:5000).  -  Gold-  und  Platinclilorid 
fällen  nur  konzentriertere  Coniinlösungen  (konzentrierter  als  l  :  100)  aus, 
während  sie  in  Nikotinlösungen  selbst  bei  einer  Verdünnung  von 
1:10.000  bzw.  1:5000  noch  Niederschläge  hervcubringen.  Cdiiiin  gibt 
sich  im  Verdunstungsrückstande  der  Ätherlösnngen  .'^clion  durch  seinen 
charakteristischen  (ieruch  zu  erkennen.  Man  führt  dann  die  beiden  fol- 
genden Pieaktionen  aus: 


728  W.  Autenrieth. 

1.  Löst  man  in  einem  Reagenzglase  ein  Tröpfchen  Coniin  unter 
Umschütteln  gerade  in  so  viel  kaltem  Wasser  auf,  als  zur  Herstellung 
einer  klaren  Lösung  erforderlich  ist,  und  erhitzt  dann  diese  Lösung  gelinde, 
so  trübt  sie  sich  durch  ausgeschiedenen  Coniin  milchig  weiß,  da  dieses 
in  kaltem  Wasser  löslicher  ist  als  in  heißem.  Die  in  der  W^^rme  trübe 
gewordene  Coniinlösung  wird  beim  Abkühlen  wieder  klar.  Man  prüfe 
ferner  die  auf  Coniin  zu  prüfende  wässerige  Lösung  mit  rotem  Lack- 
muspapier: Coniinlösungen  reagieren  stark  alkalisch. 

2.  Dunstet  man  eine  Spur  Coniin  oder  einer  wässerigen  Coniin- 
lösung mit  ein  oder  zwei  Tröpfchen  Salzsäure  in  einem  Uhrschälchen  oder 
auf  einem  Objektträger  ein,  so  bleibt  salzsaures  Coniin,  Cg  Hie  NH .  HCl 
zurück:  wird  dieses  unmittelbar  nach  dem  Eindunsten  l)ei  etwa  200f acher 
Vergrößerung  unter  dem  Mikroskope  betrachtet,  so  werden  farblose  oder 
schwach  gelb  gefärbte ,  nadel-  bis  säulenförmige .  häufig  zu  Drusen  ver- 
einigte, sternförmig  gruppierte  Kristalle  sichtbar,  die  das  Farbenspiel  der 
das  Licht  doppelt  brechenden  Substanzen  zeigen. 

Nikotin. 

Nikotin,  C^o  H14  Ng,  bildet  eine  farblose,  an  der  Luft  bald  gelb 
und  braun  werdende,  mit  der  Zeit  vollständig  verharzende,  hygroskopische 
Flüssigkeit,  die  mit  Wasser  in  jedem  Verhältnisse  mischbar  ist  (Unter- 
schied von  Coniin)  und  die  auch  von  Alkohol,  Äther,  Amylalkohol,  Benzol 
und  Petroläther  leicht  gelöst  wird.  Es  schmeckt  scharf  brennend  und  be- 
sitzt einen  starken,  besonders  beim  Erwärmen  hervortretenden  Tabakgeruch. 
Im  chemisch  reinen  Zustande  soll  Nikotin  fast  geruchlos  sein  und  den 
Tabakgeruch  erst  bei  längerer  Berührung  mit  der  Luft  wieder  annehmen. 
Das  natürlich  vorkommende  Nikotin  ist  optisch  aktiv,  und  zwar  links- 
drehend, [ajo  =  — 16  Vbb^,  während  die  Nikotinsalze  Rechtsdrehung  zeigen. 

Nikotin  ist  eine  ziemlich  starke,  zweisäurige,  bitertiäre  Base,  die 
mit  einem  und  mit  zwei  Äquivalenten  Säure  zum  Teil  gut  kristalli- 
sierende Salze  bildet.  Als  bitertiäre  Base  verbindet  sich  Nikotin  mit 
zwei  Mol.  Methyljodid  zu  einem  Dijodmethylat,  Cjo  H^i  No .  2  CH3  J. 
Daß  Nikotin  ein  in  ß-Stellung  substituiertes  Pyridin  ist,  geht  aus  seinem 
Verhalten  bei  der  Oxydation  mit  Salpetersäure,  Chromsäure  oder  Ka- 
liumpermanganat hervor,  wobei  ß-Pyridinmonokarbonsäure,  die  Niko- 
tinsäure, entsteht. 

Physiologische  Wirkung.  Nikotinist  eines  der  heftigsten  Gifte, 
das  an  Stärke  der  Giftigkeit  und  Schnelligkeit  der  W'irkung  kaum  der 
Blausäure  nachsteht.  Es  scheint,  als  ob  Nikotin  ein  Gift  für  alle  Tier- 
klassen wäre.  Die  Resorption  desselben  erfolgt  von  der  Zunge,  vom  Auge 
und  vom  Mastdarm  aus  schon  in  wenigen  Sekunden,  vom  Magen  aus 
etwas  langsamer;  auch  von  der  äußeren  Haut  aus  ist  eine  Resorption  des 
Nikotins  möglich.  Die  Ausscheidung  erfolgt  durch  die  Lunge  und  die 
Niere.  Im  konzentrierten  Zustande  besitzt  Nikotin  eine  örtlich  rei- 
zende Wirkung,  wenn  es  auch  nicht  eigenthch  ätzend  wirkt  und  wenn 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  729 

auch  bei  Darreichunj^'  tödlicher  Meuten  per  os  die  Entzüiidiin^'  der 
Magenschleimhaut  wegen  der  Schnelligkeit  des  Verlaufes  dci-  \'ergittung 
sich  nicht  immer  voi-findet.  Ferner  kommt  dem  Nikotin  eine  zentrale, 
nach  kurzer  Reizung  lähmende  Wirkung  auf  (iehini  und  Rückenmark 
und  endhch  eine  resorptive  Wirkung  auf  verschiedene  Organe,  wie  Herz. 
Auge.  Darmtraktus.  zu.  Sehr  wahrscheiidich  werden  alle  Teile  iU'^  (iehirns, 
die  Medulla  oblongata  und  das  Rückenmark  von  der  Giftwirkung  ergriffen. 
Nach  Huchnrd  verursacht  Nikotin  einen  allgemeinen  (JefäDkrampf,  der 
auch  bei  chronischer  Nikotinvergiftung  noch  auftritt.  Rei  der  letzteren 
treten  neben  Störungen  des  allgemeinen  Wohlbefindens  und  neben  Herz- 
störungen sehr  häufig  Augen  Störungen  auf.  Bei  akuter  Nikotinver- 
giftung erfolgt  der  Tod  durch  Lähmung  des  Atemzentrums:  auch  eine 
Einwirkung  auf  das  Herz  ist  stets  vorhanden,  wenn  auch  diese  meist  nicht 
zum  Tode  führt. 

Reaktionen  des  Nikotins. 

Nikotin  läßt  sich  der  wässerig-alkalischen  Lösung  mit  Äther  oder 
niedrig  siedendem  Petroläther  entziehen  und  bleibt  dann  beim  frei- 
willigen Eindunsten  dei'artiger  Lösungen  als  eine  ölige  Flüssigkeit  von 
Tabaksgeruch  und  stark  alkalischer  Reaktion  zurück.  Durch  die 
meisten  der  allgemeinen  Alkaloidreagentien  wird  es  noch  in  größerer  \'er- 
dünnung  ausgefällt  als  Coniin.  Phosphormolybdänsäure  und  Wis- 
mut] odidjodkalium  fällen  Nikotin  noch  in  einer  Verdünnung  von 
1:40.000,  Quecksilberjodidjodkalium  i)ei  1:15.000.  Goldchlorid 
bei  1:10.000  und  Platinchlorid  bei  1  :  öOOO.  Spezielle  Reaktionen  auf 
Nikotin  sind  die  folgenden: 

1.  Eine  salzsaure  Nikotinlösung  hinterläßt  beim  Eindunsten  in  einem 
Uhrschälchen  einen  gelblichen,  firuisartigen  Rückstand,  der  auch  bei 
mikroskopischer  Untersuchung  völlig  amorph  erscheint  (Unterschied  von 
salzsaurem  Coniin)  und  der  erst  bei  längerem  Stehenlassen  über  Schwefel- 
säure im  Exsikkator  eine  undeutlich  kristallinische  Struktur  annimmt. 

2.  i?OM5sii2Sche  Kristalle.  Läßt  man  die  Lösung  einer  Spur 
Nikotin  in  Äther  mit  dem  gleichen  Volumen  einer  ätherischen  Jod- 
lösung in  einem  trockenen  Probierrohre  verschlossen  stehen,  so  trübt  sich 
die  Mischung  alsbald,  oder  es  scheidet  sich  allmählich  ein  braunroter, 
harziger  Niederschlag  aus,  der  mit  der  Zeit  kristallinisch  winl.  Im  Laufe 
kürzerer  oder  längerer  Zeit  bilden  sich  in  der  ätherischen  Lösung  lange, 
rubinrot  gefärbte,  im  reflektierten  Lichte  dunkelblau  schillernde 
Kristallnadeln:  lioussins,(±Q  Kristalle.  Mit  altem,  stark  verharztem 
Nikotin    erhält  man    die  J?o?(ssiHSchen  Kristalle  in  der  Regel  nicht  mehr. 

3.  Melzcr^dhQ  Reaktion.M  Erhitzt  man  einen  Tropfen  Nikotin 
mit  2  bis  3  cm  Epichlorhydrin  zum  Sieden,  so  färbt  sich  das  Gemisch 
deuthch  rot.     Coniin  gibt  unter  den  gleichen  Bedingungen  keine  Färbung. 


')  Zeitschr.  cl.  allg.  österr.  Apothekervereiues.  54.  65. 


730  ^^  •  Autenrieth. 

4.  Schindelmeisersche  Pieaktion.i)  Versetzt  man  imverharztes 
Nikotin  erst  mit  einem  Tropfen  ameisensäurefreier  Formaldehydlösung, 
dann  mit  einem  Tropfen  konzentrierter  Salpetersäure,  so  färbt  sich  das 
Gemisch  intensiv  rosarot.  Läßt  man  das  Gemisch  von  Nikotin  und  For- 
maldeliyd  erst  einige  Stunden  stehen,  so  bildet  sich  ein  fester  Rückstand, 
der  mit  einem  Tropfen  Salpetersäure  die  Färbung  noch  schöner  zeigt.  Man 
nehme  wenig  Formaldehyd,  weil  sich  sonst  die  Lösung  nach  einiger  Zeit 
grün  färbt,  und  verpufft. 

Triniethylamiu,  Piperidin,  Pyridin,  Pikolin,  Chinolin  und  Anilin  geben  unter 
diesen  Umständen  keine  Färbung.  Extrakte  aus  faulendem  Pferdefleisch  und  den 
Eingeweiden  von  Tieren,  welche  mit  Arsen  oder  Quecksilber  vergiftet  worden  waren, 
gaben  die  beschriebene  Reaktion  nicht,  wenigstens  dann  nicht,  als  die  Extrakte  der 
betreffenden  Kadaverteile  nach  dem  Verfahren  von  Stas-Offo  verarbeitet  wurden. 

5.  Physiologischer  Versuch.  Handelt  es  sich  um  den  Nachweis 
sehr  kleiner  Mengen  Nikotin,  so  wird  man  neben  dem  chemischen  auch 
den  physiologischen  Nachweis  führen  müssen,  der  am  Frosch  schon  bei 
sehr  kleinen  Dosen  Nikotin  ein  sehr  charakteristisches  Vergiftungsbild, 
nämlich  erst  Pieizung,  dann  Lähmung  des  Gehirns  und  der  Atemmuskeln 
und  scheinbare  Kurarisierung  (tetanische  Konvulsionen)  ergibt.  Man  stu- 
diere erst  die  Giftwirkung  mit  reinem  Nikotin.  Auch  der  Versuch  am 
Froschherzen  —  zeitweiser  diastoUscher  Stillstand  —  ist  charak- 
teristisch. 

Anilin. 

Anilin,  Cg  Hg  NHg,  bleibt  beim  Eindunsten  des  Ätherauszuges  der 
wässerig-alkalischen  Flüssigkeit  in  Form  von  gelb,  rötlich  oder  bräun- 
lich gefärbten  Öltröpfchen  zurück.  Diese  löst  man  unter  tüchtigem  Um- 
schütteln in  Wasser  auf  und  prüft  die  erhaltene  Lösung  auf  einen  Gehalt 
an  Anilin.  Eine  weitere  Probe  besteht  darin,  daß  man  einige  der  erhaltenen 
Öltröpfchen  direkt  in  einigen  Tropfen  konzentrierter  Schwefelsäure  löst 
und  wenig  Kaliumbichrom atlösung  zufügt.  Bei  Vorhandensein  von  Anilin 
entsteht  eine  vorübergehende  blaue  Färbung. 


^ö" 


Veratrin. 

Das  offizineile  Veratrin  besteht  aus  einem  sehr  innigen  Gemisch 
zweier  isomeren  Alkaloide  von  der  Zusammensetzung  Gg.,  H^g  NOg,  näm- 
lich aus  dem  im  Wasser  nahezu  unlöslichen,  aber  kristallisierbaren  Ceva- 
din,  auch  kristallisiertes  Veratrin  genannt,  und  dem  in  Wasser 
löshchen,  amorphen  V  e r  a  t r i  d  i  n  =  w  a  s  s  e r  1  ö  s  1  i  c  h  e  s  Veratrin.  Schon  ge- 
ringe ]\Iengen  des  kristallisierbaren  Alkaloids  genügen,  um  auch  das  Ve- 
ratridin  wasserunlösUch  zu  machen,  und  andererseits  verhindert  das  letztere 
das  Kristallisieren  des  Cevadins.  Es  gelingt  daher  nicht,  die  kristallisier- 
bare Base    durch  UmkristaUisieren   des    offizineilen  Veratrins   aus  Alkohol 


^)  J.  Schindelmeiser,  ZumNachweis  des  Nikotins.  Pharm.  Centralhalle.  40.  703  (1899). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  731 

oder  einem  anderen  Lösungsmittel    zu    isolieren,    noch    das  wasserlösliche 
Alkaloid  durch  einfaches  Ausziehen  mit  Wasser  daraus  zu  gewinnen. 

Eigenschaften  des  offizineilen  Veratrins.  Das  offizinelle  l'iii- 
parat  bildet  ein  weißes,  amorphes,  nur  unter  dem  Mikroskojje  kristalli- 
nisch erscheinendes  Pulver,  das  brennend  scharf  schmeckt  und  dessen  Staub 
sehr  stark  zum  Nießen  reizt.  An  Wasser,  auch  siedendes,  gibt  \'eratriu  nur 
sehr  wenig  ab;  immerhin  reagiert  der  wässerige  Auszug  des  Veratrins  schwach 
alkalisch.  Es  ist  ferner  ziemlich  leicht  löslich  in  Alkohol  M  :4),  Äther 
(1:10),  Chloroform  (1:2),  sowie  in  Benzol  und  Amylalkohol.  Alle  diese 
Lösungen  reagieren  stark  alkalisch.  Das  offizinelle  Veratrin  schmilzt  bei 
150  bis  1550  zu  einer  gelblichen  Flüssigkeit,  die  zu  einer  durchscheinenden, 
harzartigen  Masse  erstarrt.  Aus  seiner  ätherischen  Lösung  hiuterbleil)t 
es  als  ein  weißes,  amorphes  I'ulver.  Veratrin  läßt  sich  aus  schwach- 
saurer Lösung  durch  Äther  in  sehr  geringer,  durch  Chloroform  und 
Amylalkohol  in  erheblicherer  Menge  ausschütteln.  \'eratrin  ist  eine  starke 
Base,  die  mit  Säuren  gegen  Lackmus  neutral  reagierende,  meist  amorphe 
Salze  bildet.  Die  mit  salzsäurehaltigem  Wasser  hergestellte  Lösung  des 
Veratrins  wird  noch  in  einer  Verdünnung  von  1  :  5000  durch  l'hosphor- 
molybdänsäure,  Jod-Jodkalium,  Gerbsäure  und  (.»uccksilber- 
j  0  d  i  d  - J  0  d  k  a  1  i  u  m  ausgefällt. 

Konstitution.    Durch    Hydrolyse,    uämUch    durch    Kochen  mit  ge- 
sättigtem   Barytwasser    oder    mit    alkoholischer  Kalilauge,    wird    ki-istalli- 
siertes  Veratrin  (Cevadin)  in  Angelikasäure  und  Ceviu  gespalten: 
Cg^H.gNO,       +      H.,  O^C^HsO,      +       C„H,3NÜ8 

Cevadin  Angelikasäure  Cevin. 

Reaktionen  des  Veratrins. 

1.  Konzentrierte  Schwefelsäure.  Übergießt  man  eine  Spur  \'e- 
ratrin  mit  einigen  Tröpfchen  konzentrierter  Schwefelsäure,  so  färbt  es 
sich  gelb  und  löst  sich  beim  Umrühren  zu  einer  gelben,  grüngelb  fluo- 
reszierenden Flüssigkeit  auf:  die  gelbe  Färbung  geht  allmählich  in 
Orange,  dann  in  Blutrot  und  bei  längerem  Stehen,  nach  1/4  bis  '/j  Stunde 
in  Kirschrot  über.  Gelindes  Erwärmen  über  sehr  kleiner  Flamme  be- 
schleunigt diesen  Farbenwechsel:  die  Lösung  des  Veratrins  in  der  kon- 
zentrierten Schwefelsäure  färbt  sich  dann  sofort  schön  kirschrot. 

Fröhdes  und  Erdmanns  Reagens  rufen  ähnliche  Farl)euerschei- 
nungen  hervor  wie  konzentrierte  Schwefelsäure. 

2.  Konzentrierte  Salzsäure,  pj-wärmt  man  die  mit  1  bis  2  cm^ 
kalter  konzentrierter  Salzsäure  bereitete  farblose  Lösung  des  \"eratrins  in 
einem  Probierröhrchen  im  kochenden  Wasserbade  etwa  zehn  Minuten  lang, 
so  färbt  sie  sich  schön  kirschrot.  Diese  Färbung  hält  sich  mehrere 
Tage  und  tritt  selbst  mit  0-2  iny  Veratrin  noch  deutlich  ein. 

n.  Konzentrierte  Salpetersäure  Kist  Veratrin  mit  gelberFaHu-aut. 

4.  Die   WeppoisohQ  Probe.   Verreibt  man  1   Teil  Veratrin   mit   etwa 

5  Teilen  fein  pulverisiertem   Rohrzucker  und  fügt  dann  einige  Tropfen 


732  ^^  •  Auteiirieth. 

konzentrierte  Schwefelsäure  hinzu,  so  färbt  sich  die  Mischung  erst  gelb 
und  nach  einiger  Zeit  vom  Rande  her  grasgrün,  später  blau.  Beim  An- 
hauchen der  Mischung  tritt  dieser  Farbenwechsel  schneller  ein.  Man  ver- 
meide einen  zu  großen  Überschuß  von  Rohrzucker. 

Nach  E.  Laves^)  kann  statt  des  Rohrzuckers  eine  wässerige  Furfu- 
r Öllösung  verwendet  werden:  Man  mischt  li — 4  Tropfen  einer  iVoi&eTi 
wässerigen  FurfuroUösung  mit  1  cm^  konzentrierter  Schwefelsäure 
und  bringt  8  —  5  Tropfen  von  dieser  Mischung  in  der  Weise 
mit  der  auf  Veratrin  zu  prüfenden  Substanz  zusammen,  daß  diese 
nur  am  Rande  mit  dem  Furfurol-Schwefelsäuregemisch  in  Berührung 
kommt.  Bei  Vorhandensein  von  Veratrin  zieht  sich  von  der  Substanz  aus 
in  die  Flüssigkeit  ein  dunkler  Streifen,  der  am  Ausgangspunkte  blau  neben 
blau\1olett,  in  der  Verlängerung  grün  gefärbt  erscheint.  Beim  Wüschen  mit 
einem  Glasstäbchen  färl)t  sich  die  ganze  Flüssigkeit  dunkelgiiin.  nach 
einiger  Zeit  blau  und  schließlich  violett.  (Jelindes  Erwärmen  begünstigt 
diesen  Farbenwechsel. 

5.  Grande au9.Q\\Q  Reaktion.  Die  gelbe  Lösung  des  ^'eratrins  in  kon- 
zentrierter Schwefelsäui'e  färbt  sich  bei  sofortigem  Zusatz  von  1  bis  2 
Tröpfchen  Bromwasser  alsbald  purpurfarben.  —  Die  Färbung  ist 
nahezu  die  gleiche,  welche  die  Lösung  des  Alkoloids  in  konzentrierter 
Schwefelsäure  allein  annimmt,  nämlich  bei  längerem  Stehen  oder  sofort  bei 
gelindem  Erwärmen. 

6.  Fi^«/?sche  Reaktion.  Dampft  man  in  einem  Porzellanschälchen 
eine  Lösung  des  Veratrins  in  wenig  rauchender  Salpetersäure  auf  dem 
Wasserbade  zur  Trockne  ein.  so  hinterbleibt  ein  uelltlich  gefärbter  Rück- 
stand,  der  sich  nach  dem  Erkalten  mit  alkoholischer  Kalilauge  befeuchtet, 
orangerot  oder  rot  violett  färbt  und  der  beim  L^mrühren  mit  der 
gleichen  Farbe  in  Lösung  geht. 

Atropin,  Hyoscyamin,  Skopolamin  sowie  Strychnin  ver- 
halten sich  bei  der  Fi^a/ischen  Reaktion  sehr  ähnlich  wie  Veratrin. 

Strychnin. 

Strychnin,  C21H22N2O2,  findet  sich  neben  Brucin  in  größerer 
Menge  in  den  Brechnüssen,  dem  Samen  von  Nux  vomica  und  den  Ignatius- 
bohuen,  und  zwar  sind  diese  beiden  Strychnosalkaloide  in  den  ersteren 
in  einer  Menge  von  293 — o'14''/oi  iii  den  letzteren  zu  3-11 — 3-22o  0 
enthalten.  Die  freie  Strychninbase  bildet  farblose,  glänzende,  bei  268  "^ 
schmelzende  Säulen  des  rhombischen  Systems,  die  sich  in  6600  Teilen 
kaltem  und  in  2500  Teilen  heißem  Wasser  zu  alkalisch  reagieren- 
den, sehr  stark  bitter  schmeckenden  Flüssigkeiten  lösen.  In  absolutem 
Alkohol  und  in  absolutem  Äther  ist  Strychnin  so  gut  wie  unlöslich,  wäh- 
rend es  von  160  Teilen  kaltem  und  12  Teilen  siedendem  Weingeist  (von 
90  Vol.%)    gelöst    wird;    ebenso  wird   es   von  käuflichem  Äther  und  von 


^)  Pharmazeutische  Zeitung.  37.  338. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  cliomischem  Wege.  733 

Benzol  gelöst,  bei  weitem  am  leichtesten  aber  von  Chloroform,  niiinlich 
bei  15°  von  6  Teilen  Chloroform.  Der  sehr  bitter«'  Ocschmack  einer 
wässerig'en  Strvchninlösuiig  wird  selbst  noch  in  einei-  \or(liiniinnfj:  von 
1  :  600000    deutlich    wahi^ciiommen.  Stychnin     ist     ein'-    einsäurig-e 

Base,  die  sich  mit  einem  Aiiuivalent  Siiiire  zu  meist  gut  kristallisierenden, 
stark  bitter  schmeckenden,  sehr  giftig  wirkenden  Salzen  vereinigt.  Das 
bekannteste,  auch  arzneilich  angewandte  Strychninsalz  ist  das  salpeter- 
saure Strychnin,  C.2,Il22^^0.2N  .  IIXO3.  -  Daß  Strychnin  eine  einsäurige 
und  zwar  tertiäre  Base  ist,  geht  daraus  hervor,  daß  es  sich  nur  mit 
einem  Molekül  eines  Alkylhaloids  vereinigt,  z.  B.  mit  Methyljodid  zu  dem 
Strychnin  jodmethylat,  Co, H22  ^'OgN  .  CH3.I.  Mit  Natriummethylat 
CHjUNa  in  alkoholischer  Lösung,  geht  Strychnin  in  Strychn  in  sä  ure 
über,  die  nach  ihrem  chemischen  Verhalten  eine  Iminokarbonsäure 
sein  mu(5;  beim  Kochen  ihi-er  mineralsauren  Lösungen  geht  die  Strychnin- 
säure  unter  Verlust  von   1  Mol.  Wasser  wieder  in  Strychnin  über. 

Physiologische  Wirkung.  Strychnin  erhöht  die  Keflexerregbarkeit 
des  Rückenmarks,  des  verlängerten  Marks  und  des  (iehirns.  Schon  die 
kleinsten  Reize,  besonders  akustische,  optische  und  taktile  Beize,  können 
bei  größereu  Strychnindosen  heftige  Reflexe  auslösen.  Ist  die  Sti-ychnin- 
dose  groß  genug,  so  kann  jeder  dieser  Beize  Krampfanfiille  zur  P'olge 
haben.  Sehr  große  Dosen  von  Strychnin  rufen  beim  P'rosch  und  Warm- 
blüter kurareartige  Lähmung  der  Enden  der  motorischen  Nerven  hervor. 
Die  Herzmuskulatur  kann  beeinflußt  werden.  Auf  Leukozyten  ist 
Strychnin  insofern  nicht  ohne  Einwirkung,  als  es  deren  Bewegungsfähig- 
keit verhindert,  sie  also  starr  macht.  —  Auch  auf  das  Protoplasma 
von  Pflanzen  wirkt  das  Gift  ein;  wenigstens  wird  das  Protoplasma  der 
Mimosa  pudica  durch  Strychnin  in  dem  Sinne  i)eeinflulit.  daß  die  beweg- 
baren Orgaue  dieser  Pflanze  ihre  Elastizität  und  P)iegsamkeit  verlieren. 
—  Die  Ausscheidung  des  Strychnius  aus  dem  Organismus  erfolgt,  ab- 
gesehen von  Speichel,  Oalle  und  Milch,  hauptsächlich  durch  den  Harn,  und 
zwar  beim  Menschen  in  unverändertem  Zustande.  Die  Ausscheidung  be- 
ginnt schon  in  der  ersten  Stunde,  wird  nach  zwei  Tagen  gering,  endet 
aber  viel  später.  Die  (üftmenge  des  durch  den  Harn  unveriindert  ausge- 
schiedenen Strychnius  ist  in  kleinen  Dosen  prozenti>ch  geringer  als  bei 
größereu  Dosen,  bei  welchen  70  TöVo  des  Strychnins  unzerstört  bleiben. 
In  Leber.  Niere,  Gehirn  und  Rückenmark  kann  das  Strychnin  unver- 
ändert aufgespeichert  werden. 

Nachweis   des   S  t  r  y  c  h  n  i  n  s. 

Kalilauge,  Natronlauge,  Ammoniak  und  die  Alkalikarbonate  fällen  aus 
den  wässerigen  Lösungen  der  Strychninsalze  die  freie  Strychninbase 
in  Form  eines  weißen,  kristallisierten  Niederschlages. 

Strychnin  laut  sich  aus  einer  wässerig-alkalischen  1-lüssigkeit 
mit  Äther  ausschütteln  und  scheidet  sich  dann  beim  Kiuduustender  ätherischen 
Lösung  häufig  in  feinen  Kristallnädelchen  aus:  am  leichtesten  geht  es  in 


734  "^^'-  Autenrieth. 

Chloroform  über,  welches  Strychnin  erheblich  leichter  löst  als  Äther.  Die 
Strvchninsalzlösungen  geben  mit  den  meisten  der  allgemeinen  Alkaloid- 
reagentien.  auch  noch  bei  starker  Verdünnung,  Niederschläge.  Gerb- 
säure, Queck  Silber  jod  idj  odkalium  und  TMio  sphorwolf  ram- 
säure geben  ^veiße,  Goldchlorid-  und  Phosphormolybd  ansäure 
gelbe  Niederschläge,  während  Jod-Jodkalium  eine  braune  Fällung  gibt. 
Den  Verdunstungsrückstand  der  ätherischen  Lösung  hat  man  für  die  Reak- 
tionen mit  den  allgemeinen  Alkaloidreagentien  erst  in  sehr  stark  ver- 
dünnter Salzsäure  zu  lösen. 

Konzentrierte  Schwefelsäure,  Erdmamis  und  i^>-ö7?c?es  Reagens 
lösen  ganz  reines,  brucinfreies  Strychnin  ohne  Färbung  auf.  Konzen- 
trierte Salpetersäure  löst  Strychnin  mit  gelblicher  Farbe,  Kalium- 
dichromat  fällt  aus  Strvchninsalzlösungen  Strychnindichromat,  (0,1  H,, N, 
0.,)., .  H-jCr-^O,,  als  gelben,  aus  feinen  Kristallnadeln  bestehenden  Nieder- 
schlag, der  beim  Umkristallisieren  aus  heißem  Wasser  orangegelbe,  glänzende 
Nadeln  hefert.  Ferricy ankalium  fällt  aus  Strychninsalzlösungen  gold- 
gelbes, kristallinisches  Ferricyanstrychnin  (0,1  H2.2  Ng  02)3 .  H3  Fe  (CNjg .  6H2O. 

Spezielle  Reaktionen  des  Strychnins. 

1.  Löst  man  in  einem  Uhrschälchen  wenig  Strychnin  in  2  oder  3 
Tröpfchen  konzentrierter  Schwefelsäure,  fügt  ein  Stückchen  Kalium- 
di Chromat  hinzu  und  drückt  dieses  mit  Hilfe  eines  Glasstabes  fest  auf 
die  Glaswand  an,  so  fließen  intensiv  blau  und  blauviolett  gefärbte 
Streifen  vom  Kaliumdichromat  ab,  w^enn  man  das  Uhrschälchen  vorsichtig 
hin-  und  herbewegt.  Durchrührt  man  alsdann  das  Gemisch  mit  einem  Glas- 
stabe, so  färbt  es  sich  vorübergehend  schön  blau  oder  blau  violett. 

]\Ian  kann  den  Versuch  auch  in  der  Weise  anstellen,  daß  man  auf  die 
Lösung  des  Strychnins  in  der  konzentrierten  Schwefelsäure  einige  Körn- 
chen grob  gepulvertes  Kaliumchromat  streut  und  mit  einem  Glasstäbchen 
umrührt.  Die  blaue  bis  blauviolette  Farbenreaktion  tritt  hierbei  sehr  schön 
auf.  —  Die  blaue  Färbung  ist  nicht  lange  haltbar,  denn  sie  geht  alsbald 
in  Rot  und  schließHch  in  ein  schmutziges  Grün  über. ') 

Strychnindichromat  und  Stryehninferricyanid  geben  diese 
Probe  sehr  schön.  Will  man  einen  erhaltenen  Verduustungsrück- 
stand  des  Ätherauszuges  der  alkalischen  Flüssigkeit  in  das  Chromat  über- 
führen, so  übergießt  man  ihn  mit  einer  sehr  stark  verdünnten  Kaliumdi- 
chromatlösung,  läßt  die  letztere  einige  Minuten  einwirken,  gießt  sie  dann 
ab,  spült  mit  wenig  kaltem  Wasser  nach,  läßt  gut  abtropfen  und  führt  den 
so  erhaltenen  noch  feuchten  Chromatrückstand  mit  Hilfe  eines  Glasstabes 
durch  wenig  konzentrierte  Schwefelsäure.  Bei  Vorhandensein  von  Strych- 
nin treten  jetzt  blaue    und    violette    Streifen    auf.    —    Man    kann    auch 


1)  Xach  ./.  Tafel.  Über  Strychnin.  Ann.  d.  Chem.  268,  2.33  (1892)  soll  die  beschriebene 
Farbenreaktion  für  viele  Auilide  charakteristisch  sein  und  durch  die  Gruppe  .  ('0  .  N  . 
bedingt  werden. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  cliemiscbem  Wege.  7^).") 

den  in  der  angegebenen  Weise  hergestellten  Clironiatrückstand  direkt  mit 
einigen  Tropfen  konzentrierter  SchAvefelsäurc  befeuchten. 

3Iandelinsl\e'd^Qns,  alsoVanadiiisehwefelsiiure,  gibt  diese  Strydiiiiii- 
probe  sehr  schön,  und  zwar  hält  sich  die  blaue  oder  violett(!  Fäibuug,  die 
das  Keagens  mit  Strychniii  gibt,  länger  als  beim  Austeilen  der  Probe  mit 
Kaliumdichromat.  Schlieblich  geht  die  Färbung  in  Orangerot  üi)er. 

An  Stelle  des  KaUumdichromats  können  auch  andere  Oxydations- 
mittel, wie  Kaliumpermanganat,  Uleisuperoxyd,  Braunstein,  Ferri- 
cyankalium,  Ceroxyduloxyd  und  Vanadin  säure  (Mandelins  Keagens) 
verwendet  werden.  Es  kann  aber  nicht  Salpeter  oder  Salpetersäure  ge- 
nommen werden;  diese  verhindern  sogar  die  beschriebene  Strychninprobe; 
salpetersaures  Stryehnin  gibt  daher  die  Probe  nicht. 

2.  Physiologischer  Strychninnachweis.  Man  löst  den  fraglichen 
Verdunstungsrückstand.  der  aus  der  ätherischen  Lösung  zurückgeblieben  ist, 
in  einigen  Kubikzentimeter  sehr  stark  verdünnter  Salzsäure  auf,  dunstet 
die  filtrierte  Lösung  auf  dem  Wasserbade  zur  Trockne  ein,  nimmt  den  Kück- 
stand  in  etwa  1  cm^  Wasser  auf  und  spritzt  diese  Lr)sung  in  den  Lymph- 
sack eines  kräftigen  Frosches  ein.  Man  setzt  dann  den  Frosch  in  ein 
größeres  Becherglas,  das  man  nur  lose  bedeckt.  Falls  Stryehnin  vor- 
handen ist,  treten  beim  Frosche  Vergiftungserscheinungen  auf,  und  zwar 
je  nach  der  Menge  Stryehnin  schon  nach  wenigen  Minuten  oder  erst  nach 
etwa  einer  halben  Stunde.  Stryehnin  steigert  die  Peflexerregbarkeit  nicht 
für  alle  Arten  von  Keiz ,  sondern  nur  für  taktile,  für  optische  und  be- 
sonders für  akustische  Reize.  Jeder  dieser  Heize  kann,  falls  die  Strychniu- 
dose  groß  genug  ist,  Krampfanfälle  zur  Folge  haben.  Berührt  man  beispiels- 
weise das  Becherglas,  in  dem  sich  der  .,Strychninfrosch"  befindet,  ganz 
leise,  so  genügt  schon  dieser  schw^ache  akustische  Reiz,  um  einen 
Krampfanfall  auszulösen.  Vgl.  Näheres  bei  Fühner,  Biologischer  Nachweis 
der  (Jifte. 

Nachweis   des  Strychniii  s  neben  Brucin. 

Liegen  mehr  als  Spuren  von  Brucin  vor.  so  verhindern  diese  den 
Nachweis  des  Strychnins  mit  Schwefelsäure  und  Kaliumhichromat.  Mit  dem 
Alnndelinscheti  Reagens  tritt  die  Strychninprobe  neben  Brucin  unter  Um- 
ständen noch  mehr  oder  weniger  deutlich  ein. 

Will  man  Stryehnin  selbst  neben  viel  Biuciii  sicher  nach- 
weisen, so  löst  man  den  brucinhaltigen  Alkaloidrückstand.  den  die  Ätherlösung 
hinterlassen  hat,  in  etwa  2  cm^  verdünnter  Schwefelsäure,  fügt  2  Tropfen 
•konzentrierte  Salpetersäure  zu  und  läßt  das  Gemisch  4  Stunden  kalt  stehen. 
Nun  macht  man  mit  Natronlauge  stark  alkalisch  und  schüttelt  mit  Äther 
tüchtig  aus.  Beim  Eindunsten  der  Atherlösung  bleibt  l)rucinfreies  oder 
nahezu  brucinfreies  Strychniii  zurück,  das  die  Strychninpioben  mit 
Schwefelsäure  und  Kaliumbichromat  sowie  mit  Mamhliiis  Bcagens  sehr 
schön  gibt,  falls  das  Untersuchungsmaterial  Stryehnin  enthalten  hat. 


736  ^^-  Autourieth. 

Brucin. 

Br  u ein,  C23H26N2  O4,  kristallisiert  in  wasserhellen,  monoklinen  Pris- 
men oder  in  glänzenden  Blättchen,  und  zwar  aus  Wasser  entweder  mit  4 
oder  2  Mol.,  aus  Alkohol  mit  2  Mol.  Kristallwasser.  Es  schmilzt  nur  wenige 
Grade  über  100"  in  seinem  Kristallwasser,  während  der  Schmelzpunkt  der 
wasserfreien  Base  bei  178^  liegt.  Brucin  ist  in  Wasser  und  in  Alkohol 
leichter  löslich  als  Strychnin  und  bleibt  deshalb  in  den  Mutterlaugen  von 
der  Strychnindarstellung  gelöst.  Auch  die  Löslichkeit  des  Brucins  in  Äther 
ist  größer  als  diejenige  des  Strychnins.  Die  Brucinlösungen  schmecken 
stark  bitter  und  reagieren  alkalisch.  Von  Benzol,  besonders  aber  von 
Chloroform  und  Amylalkohol  wird  Brucin  reichlich  gelöst.  Im  Unterschiede 
zum  Strychnin  bleibt  Brucin  aus  seiner  Ätherlösung  beim  Eindunsten  in 
der  Regel  amorph  zurück. 

Brucin  ist  eine  einsäurige.  tertiäre  Base,  die  als  solche  mit  je  einem 
Äquivalent  Säure  zum  Teil  kristaUisierende  Salze  und  mit  je  1  Mol.  eines 
Alkyljodids  Additionsprodukte,  z.  B.  mit  Methyljodid  das  Brucin jod- 
m et h y  1  a t,  C.3  H^^ XO^ X  .  CH3  J,  bildet. 

Mit  Hilfe  der  Zeiselschen  Methode  lassen  sich  im  Molekül  des  Brucins 
zwei  Methoxylgruppen  nachweisen. 

Nachweis  des  Brucins. 

Brucin  läßt  sich  aus  wässerig-alkalischer  Flüssigkeit  mit  Äther, 
Benzol  oder  Chloroform  ausschütteln,  und  zwar  bleibt  es  beim  Eindunsten 
des  Ätherauszuges  meist  amorph  zurück.  —  Von  den  allgemeinen  Alkaloid- 
reagenzien  zeichnen  sich  gegen  Brucin  durch  eine  größere  Empfindlichkeit 
aus:  Jod- Jodkalium  (1:50000),  Quecksilber  Jodid- Jodkalium 
(1:30.000),  Goldchlorid  (1:20000),  Wismutjodid  -  Jodkalium 
(1  :  5000),  Phosphormolybdänsäure.  Gerbsäure  (1  :  2000)  und  Pla- 
tinchlorid (1  :  1000). 

1. Konzentrierte  Salpetersäure  löst  Brucin  und  seine  Salze  mit 
blutroter  Farbe,  die  alsbald  in  Ptotgelb  und  schließlich  in  Gelb  übergeht. 
Versetzt  man  die  gelbrot  oder  gelb  gewordene  Lösung  in  einem  Probier- 
röhrchen tropfenweise  mit  verdünnter  Zinnchlorürlösung,  so  nimmt  sie 
eine  schöne  Violettfärbung  an.  Erwärmt  man  nun  die  Lösung,  so  kommt 
die  rotgelbe  Färbung  in  der  Regel  wieder  zum  Vorschein,  um  auf  erneuten 
Zusatz  von  wenig  Zinnchlorürlösung  wieder  prächtig  violett  zu  werden. 
Diese  Probe  tritt  um  so  schöner  ein,  je  weniger  Salpetersäure  zum  Lösen 
des  Brucins  genommen  wird. 

Statt  der  Zinnchlorürlösung  kann  auch  farbloses  Schwefelammonium 
verwendet  werden. 

2.  Nach  R.  Manch  verläuft  diese  Reaktion  außerordentlich  schön,  wenn 
man  in  der  folgenden  Weise  arbeitet:  Man  versetzt  in  einem  Probierröhr- 
chen ca.  0"5cw3  der  Lösung  des  Brucins  in  60"/oii^'ei'  Chloralhydratlösung 
mit  sehr  wenig  verdünnter  Salpetersäure,  mischt  gut  und  schichtet  dieses 


\ 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Woge.  7H 


(O  ( 


Gemisch  auf  das  dreifache  Volumen  konzentrierter  Schwefelsiiure;  es  tritt 
sofort  eine  gelbrote  bis  tiefrote  Zone  auf.  Ist  die  obere  Schicht  nach 
einiger  Zeit  gelb  geworden,  so  schichtet  man  mit  Hilfe  einer  Pipette  vor- 
sichtig wenig  verdünnte  Zinnchlorürlösung  ^j  darüber.  Hierbei  tritt  zwi- 
schen den  beiden  oberen  Schichten  eine  prachtvoll  violett  gefärbte  Zone  auf. 
die  an  Stärke  zunimmt,  wenn  man  das  Rührchen  leicht  hin  und  her  bewegt. 


■'S" 


Atropin. 

Atropin,  C17H23NO3,  kristallisiert  in  glänzenden,  spießigen,  bei 
115°  schmelzenden  Nadeln,  die  von  600  Teilen  Wasser  von  lö».  von 
r)0  Teilen  Äther  und  von  :V5  Teilen  Chloroform  gelöst  werden:  anch  von 
Alkohol,  Amylalkohol  und  Benzol  wird  es  reichlich  gelöst.  Die  wässerige  Lösung 
des  Alkaloids  reagiert  alkalisch  und  besitzt  einen  lange  anhaltenden  unan- 
genehm bitteren  Geschmack.  Im  Unterschiede  zum  isomeien.  aber  links- 
drehenden Hyoscyamin  ist  Atropin  optisch  inaktiv. 

Konstitution.  Beim  Erhitzen  mit  Salzsäure  auf  120—  loO"  zerfällt 
Atropin  in  Tropasäure  und  Tropin. 

Wird  das  Alkaloid  mit  Barytwas.-^er  gekocht,  so  entsteht  statt  der 
Tropasäure  die  um  1  Mol.  Wasser  ärmere  A tropasäure. 

Der  Stickstoff  im  Atropin  ist  tertiär  gebunden.  Hyoscyamin 
ist  stereoisomer  mit  Atropin;  beim  Erhitzen  des  ersteren  unter  Luft- 
abschluß auf  HO"  oder  beim  bloßen  Stehenlassen  in  alkoholischer  Lösung 
unter  Zusatz  einiger  Tropfen  Alkalilauge  wird  Hyoscyamin  in  das  inaktive 
Atropin  umgewandelt.  Höchstwahrscheinlich  ist  Atropin  die  razemische 
Form,  während  Hyoscyamin  die  linsdrehende  Modifikation  dieser  isomeren 
Basen  vorstellt.  Für  Hyoscyamin  ist  [a]  d  =  —  20-9 7°.  Gegen  allgemeine 
Alkaloidreagenzien  und  gegen  konzentrierte  Schwefelsäure  beim  Erhitzen 
verhält  sich  Hyoscyamin  wie  Atropin  und  gibt  auch  wie  dieses  die  l'ifali- 
sche  Reaktion  (siehe  unten). 

Fäulnis.  Nach  Untersuchungen  von  Ipsen-)  ist  Atropin  gegen  Fäulnis 
sehr  widerstandsfähig;  es  gelang,  das  xVlkaloid,  das  in  einer  Menge  von 
0-03  </  als  Sulfat  in  je  300  cm»  Blut,  Harn  und  Bier  oder  als  reines  Atropin  in 
oOOnw^  Blut  zersetzenden  Einflüssen  ausgesetzt  war.  noch  nach  2  Jahren 
nachzuweisen. 

Reaktionen  des  Atropins. 

Atropin  kann  aus  einer  mit  Natronlauge  oder  Sodalösung  alkalisch 
gemachten  Flüssigkeit  mit  Äther,  Benzol  oder  Chloroform  ausgeschüttelt 
werden. 

Hat  man  bei  einer  toxikologischen  Untersuchung  speziell  auf  \tropin 
zu    fahnden,    so    schüttelt    man    es  aus    der    mit    Natriumkarbonat    alka- 


1)  Bereitet    diu<li  Auflösen    von    1  Teil  Ziiinchlorür    in    '.)  Toih'n  Salzsäure  vom 
spez.  Gew.  112. 

2)  Yicrtoliahrsschrift    für    >rcrichtiicho    Medizin    und    öffentliches    Sanitütswescn. 
31.  308. 

Abderhalden,  Handbuch  d«r  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  47 


738  ^^  .  Autcmieth. 

lisch  geraacliten  wässerigen  Flüssigkeit  mit  Chloroform  aus,  weil  dieses 
das  Alkaloid  erheblich  leichter  löst  als  Äther.  Mit  dem  aus  der  Äther- 
oder Chloroformlösung-  erhaltenen,  meist  nicht  kristallinischen  Rückstände 
führt  man  die  unten  verzeichneten  Proben  aus. 

A'on  den  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  zeichnen  sich  durch  eine 
größere  Empfindhchkeit  für  Atropin  aus:  Jodjodkalium,  Phosphor- 
molybdänsäure (1:10.000),  Goldchlorid,  Phosphorwolframsäure. 
Quecksilberjodidjodkalium,  Wismutjodidjodkalium.  —  Pikrin- 
säure fällt  aus  nicht  zu  verdünnten  Atropinsalzlösungen  gelbe  Rlättchen 
von  Atropinpikrat  und  Platinchlorid  monokhne  Prismen. 

1.  Vifalische  Reaktion.  Dampft  man  in  einem  Porzellanschälchen 
Atropin  mit  einigen  Tropfen  rauchender  Salpetersäure  auf  dem  Wasser- 
bade zur  Trockne  ein,  so  hinterbleibt  ein  gelblich  gefärbter  Rückstand, 
der  sich  beim  Befeuchten  mit  alkoholischer  Kalilauge  vorübergehend 
violett  färbt. 

Hyoscyamin  und  Skopolamin  geben  ebenfaUs  die  Fiia/ische  Atro- 
pinreaktion.  Strychnin  und  Veratrin  verhalten  sich  ähnhch.  Nur  bei 
Abwesenheit  der  beiden  letzteren  Alkaloide  ist  somit  die  Vitali- 
sche Reaktion  charakteristisch  für  die  Atropaalkaloide. 

2.  Erhitzt  man  in  einem  trockenen  Reagenzgläschen  wenig  Atropin 
bis  zum  Auftreten  weißer  Nebel  so  macht  sich  ein  angenehmer  Geruch 
bemerkbar;  versetzt  man  hierauf  mit  1  crn^  konzentrierter  Schwefelsäure, 
erwärmt  bis  zur  Bräunung  der  Säure  und  verdünnt  sofort  mit  etwa  2  «»^ 
Wasser,  so  tritt  während  des  Aufschäumens  ein  intensiver,  süßlicher  und 
honigähnlicher  Geruch  auf:  diese,  früher  einzig  bekannte  Probe  auf  Atropin 
gelingt  noch  mit  O'Ol  g  Atropin. 

3.  Physiologischer  Nachweis.  Die  sehr  charakteristische  Wirkung 
des  Atropins  auf  die  Pupille  des  Auges  kann  ebenfalls  zum  Nachweise  des 
Atropins  herangezogen  werden.  Die  Erweiterung  der  Pupille  tritt  noch 
durch  einen  Tropfen  einer  sehr  stark  verdüimten  Atropinlösung  (1:130000) 
ein.  Will  man  mit  dem  Ätherrückstande  diesen  Versuch  ausführen,  so 
löst  man  ein  Teilchen  desselben  in  4 — 5  Tröpfchen  einer  sehr  verdünnten 
Schwefelsäure  auf  und  bringt  1  Tropfen  dieser  Lösung  in  das  eine  Auge 
eines  Hundes  oder  einer  Katze.  Die  Erweiterung  der  Pupille  hält  oft  viele 
Stunden  an.  Die  größte  Vorsicht  bei  der  Ausführung  dieses  Versuches  ist 
geboten,  falls  man  mit  dem  Auge  des  Menschen  operiert. 

Homatropin. 

Homatropin,  CißHaiOgN,  ist  der  Tropinester  der  Phenylglykol- 
säure  oder  Mandelsäure.  Das  bromwasserstoffsaure  Salz  des  Homatropins 
wird  an  Stelle  des  Atropins  arzneiüch  verwendet,  da  seine  Wirkung  auf 
die  Pupille  ungefähr  so  stark  ist  wie  diejenige  des  natürlichen  Alkaloids, 
aber  den  Vorteil  hat,  weit  rascher,  nämlich  in  12 — 24  Stunden,  zu  ver- 
schwinden,   während   die  Atropinwirkung   oft   mehrere  Tage   lang   anhält. 


Der  Nachweis  der  (Mfte  auf  chemiscliom  WeftQ.  739 

Auch  seine  Giftigkeit  ist  geringer  als  die  des  Atropins.  Ihnnatropin  ist  eine 
starke  tertiäre  Base,  die  mit  Säuren  neutral  reagierende  Salze  hiltlet  und  die 
r/^rt//sche  Probe  gibt.  Homatropin  sthinilzt  bei  \)2 — ".Mi",  llyosevamin 
bei  lOS"  und  Atropin  bei  lirvf)«. 

Kokain. 

Kokain,  Cj^HaiNO^,  kristallisiert  aus  Alkohol  in  groltcn.  farblosen, 
bei  DS"  schmelzenden,  monoklinen  Säulen,  schmeckt  schwach  bitter  und 
ruft  auf  der  Zunge  eine  vorübergehende  Gefühllosigkeit  h<'rvor.  Kokain 
ist  in  Wasser  schwer  (1 :  700),  in  Alkohol.  Äther,  Chloroform,  Benzol  und 
Essigäther  aber  leicht  löslich.  Die  Kokainlö.sungen  reagieren  stark  alkalisdi 
und  drehen  die  Ebene  des  polarisierten  Lichtstrahles  nach  links.  Von  ver- 
dünnten Säuren  wird  Kokain  zu  meist  gut  kristallisierenden  Salzen  gelöst 
und  aus  derartigen  Salzlösungen  wird  es  durch  Alkalilauge,  Ammoniak  und 
Alkahkarbonate  wieder  frei  gemacht  und  ausgefällt. 

Kokain  ist  eine  einsäurige  tertiäre  Base,  da  es  sich  mit  je  einem 
A(iuivalent  einer  Säure  zu  Salzen  und  mit  je  einem  Molekül  eines  Alkyl- 
jodids  zu  Ammonium  Jodiden  verbindet. 

Verhalten  im  Tierkörper.  Nach  Tierversuchen  werden  vom  Hund 
nur  etwa  5Vo  des  Kokains  durch  die  Nieren  als  solches  ausgeschieden  und 
vom  Kaninchen  überhaupt  nichts.  Da  der  Harn  dieser  Tiere  auch  kein 
Ecgonin  enthält  ist  zu  vermuten,  dali  Kokain  im  tierischen  Organismus 
weitgehend  zersetzt  wird.  Das  gleiche  erfolgt  im  menschlichen  Oiganismus. 
In  Leichenteilen  läßt  sich  Kokain  nach  H.  Prodis  höchstens  noch  nach 
14  Tagen  nachweisen;  im  lebenden  Organismus  soll  es  rasch  in  Ecgonin 
übergeführt  werden. 

Nachweis   des  Kokains. 

Kokain  läßt  sich  aus  einer  wässerig-alkalischen  Flüssigkeit  mit  Äther. 
Chloroform  oder  Benzol  ausschütteln.  Vcm  den  meisten  allgemeinen  Alkaloid- 
reagenzien  werden  Kokainsalzlösung  selbst  noch  in  starker  \'erdünnung 
ausgefällt:  durch  größere  Empfindlichkeit  für  Kokain  zeichnen  sich  aus: 
J  od  jodkalium,Phosphormolybdän-,Phosphorwolfram  säure.  Queck- 
silber Jodid  jodkal  in  m,Wismutjodidj  odkalium,Gold-.I'latinchlorid 
un  d  Pikrinsäure. 

Pieine  konzentrierte  Schwefelsäure,  konzentrierte  Salpetersäure.  L'rd- 
»ifiuiis  Reagens,  Fröhdes  und  Mandelins  Reagens  (\anadinschwefelsäuiv) 
lösen  Kokain  ohne  Färbung  auf. 

Spezielle  Reaktionen. 

1.  Eine  nicht  zu  verdünnte,  wässerige  Kokainlösung  gibt  mit  1  iiis 
2  Tropfen  Kalilauge  eine  weiße,  milchige  Trübung,  aus  der  sich  zuniichst 
harzige  Öltröpfchen,  später  feine  Kristallnadeln  von  freiem  Kokain  vom 
Schmelzpunkt  98°  abscheiden. 

47* 


740  ^^-  Autenrieth. 

Den  Verdunstungsrückstand  des  Ätherauszuges  der  wässerig-alkali- 
scheu Flüssigkeit  löse  man  erst  in  einigen  Tröpfchen  verdünnter  Salzsäure 
auf,  füge  tropfenweise  Kalilauge  im  Überschüsse  hinzu  und  kühle  das 
Gemisch  gut  ab,  am  besten  durch  Einstellen  in  Eis.  Man  muß  bestrebt 
sein,  das  Kokain  in  dem  Grade  der  Reinheit  zu  erhalten,  daß  sein 
Schmelzpunkt  bestimmt  werden  kann.  Im  übrigen  ist  diese  Keaktion 
für  Kokain  nicht  charakteristisch,  da  ja  die  meisten  Alkaloide  aus  ihren 
Salzlösungen  durch  überschüssige  Kalilauge  gefällt  werden. 

2.  Gesättigte  Kaliumpermanganatlösung  fällt  aus  einer  konzen- 
trierten, wässerigen  Kokainsalzlösung  violett  gefärbtes,  kristallinisches 
Kokainperm anganat.  Liegt  freie  Kokainbase  vor  —  Verdunstungsrückstand 
der  Ätherlösung  — ■  so  löse  man  diesen  in  einigen  Tröpfchen  verdünnter 
Salzsäure  auf,  verdunste  die  Lösung  auf  dem  Wasserbade  zur  Trockne, 
nehme  den  Rückstand  in  möglichst  wenig  Wasser  auf  und  prüfe  dann  mit 
Permanganatlösung. 

ä.  Versetzt  man  eine  nicht  zu  verdünnte  Kokainsalzlösung  tropfen- 
weise mit  b^lo^ger  Chromsäure  oder  entsprechend  konzentrierter  Kali um- 
dichromatlösung,  so  verursacht  jeder  einfallende  Tropfen  einen  Nieder- 
schlag, der  sich  beim  Umschütteln  sofort  wieder  löst;  fügt  man  alsdann 
zu  der  klaren  Lösung  etwa  1  cm^  konzentrierte  Salzsäure,  so  scheidet 
sich  ein  orangefarbener,  mehr  oder  weniger  kristallinischer  Nieder- 
schlag aus. 

4.  Nachweis  der  Benzoylgruppe  im  Kokain.  Für  diesen  Nach- 
weis sind  mindestens  0"2  g  Kokain  erforderlich.  Man  erwärmt  das  Kokain 
in  einem  Probierröhrchen  einige  Minuten  mit  etwa  2  cm^  konzentrierter 
Schwefelsäure  im  kochenden  Wasserbade  und  fügt  nach  dem  Erkalten 
unter  Abkühlen  tropfenweise  Wasser  hinzu;  es  erfolgt  eine  weiße,  kristal- 
linische Abscheidung  von  Benzoesäure,  welche  nach  dem  Trocknen  durch 
Sublimation  oder,  bei  genügender  Menge,  durch  Bestimmung  des  Schmelz- 
punktes (1200)  als  solche  erkannt  wird.  Man  kann  auch  die  Benzoe- 
säure mit  Äther  ausschütteln;  erhitzt  man  dann  den  Ätherrückstand  mit 
etwa  1  cm^  absolutem  Alkohol  und  der  gleichen  Menge  konzentrierter 
Schwefelsäure,  so  tritt  der  charakteristische  Geruch  des  Benzoesäure- 
äthylesters,  C.H^COOCoHs,  auf. 

5.  Physiologischer  Nachweis.  Man  löse  die  in  Frage  kommende 
Substanz  —  Verdunstungsrückstand  des  Ätherauszuges  von  der  wässerig- 
alkalischen Flüssigkeit  —  in  einigen  Tröpfchen  verdünnter  Salzsäure  auf, 
dunste  die  Lösung  auf  dem  Wasserbade  zur  Trockne  ein  und  bringe  einen 
Tropfen  der  wässerigen  Lösung  des  Rückstandes  auf  die  Zunge.  Bei  Vor- 
handensein von  Kokain  macht  sich  auf  der  Zunge  eine  vorübergehende 
Gefühllosigkeit  bemerkbar. 

Nach  ii*.  JiLofterM Intoxikationen)  benutze  man  zur  physiologischen 
Identifizierung  des  Kokains  kleinere  Frösche,  die  hinreichend  empfindlich 
sind.  Man  beobachte  die  Pupillenerweiterung  und  Starre  der  Pupillen, 
Erweiterung  der  Lidspalte   sowie   die  Erregbarkeit   des  Nervensystems. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wcjre.  741 

Kiiiij^'e  Kontrolltiere  vergifte  man  zum  ^'ers•leiclle  mit  analogen  Dosen  von 
salzsanrem  Kokain. 

Physostigmin. 

Physostigmin.  auch  Eserin  genannt.  Cl^II.,  NaO., .  findet  sich 
in  den  Kalabarbohnen,  den  Samen  von  Physostigma  venenosum,  kri- 
stallisiert aus  Benzol  beim  freiwilligen  Verdunstenlassen  in  groben,  bei 
1050  schmelzenden,  anscheinend  rhombischen  Kristallen.  Es  ist  nur  wenig 
löslich  in  Wasser,  aber  leicht  löslich  in  Alkohol,  Äther,  Benzol  und  Chloro- 
form. Die  Physostigminlösungen  reagieren  stark  alkalisch,  sind  fast  ge- 
sclimacklos  und  linksdrehend.  Physostigmin  ist  eine  starke,  einsäurige, 
tertiäre  Base,  die  mit  Sauren  nur  schwer  kristallisierbare,  zersetzliche  Salze 
i)ildet.  Die  Lösungen  des  Alkaloids,  namentlich  die  sauren  und  alkalischen, 
färben  sich  durch  Belichtung  und  beim  Erwärmen  rot.  Wegen  dieser 
leichten  Zersetzhehkeit  des  Physostigmins  ist  bei  seiner  Isolierung  der 
Zutritt  von  Licht,  Luft  sowie  höhere  Temperatur  zu  vermeiden.  Auch  freie 
Mineralsäuren  und  ätzende  Alkalien  müssen  möghchst  ausgeschlossen  werden. 

Konzentrierte  SchwefeLsäure  und  konzentrierte  Salpeter- 
säure lösen  Physostigmin  mit  gelber,  alsbald  in  Olivengrün  übergehender 
Färbung.  Mit  rauchender  Salpetersäure  auf  dem  Wasserbade  einge- 
dampft, liefert  Physostigmin  einen,  am  Bande  grün  gefärbten  Rück- 
stand, der  in  Wasser,  Alkohol  und  Schwefelsäure  mit  grüner  Farbe  lös- 
hch  ist. 

Nachweis   des  Physostigmins. 

1.  Verdunstet  man  ein  Physostigminsalz  mit  Ammoniak  auf  dem 
Wasserbad  zur  Trockne,  so  hinterbleibt  ein  mehr  oder  weniger  blau  ge- 
färbter Bückstand;  war  nur  sehr  wenig  Alkaloid  vorhanden,  so  ist  dieser 
Pvückstand  grünlich  gefärbt.  Der  blaue  Bückstand  gibt  mit  Alkohol  eine 
blau  gefärbte  Lösung,  die  beim  Ansäuern  mit  verdünnter  Mineralsäuro 
oder  Essigsäure  eine  rote  P'arbe  und  starke  Fluoreszenz  zeigt.  Die  blaue, 
alkalische  Lösung  zeigt  im  Spektrum  in  Bot,  die  rote,  saure  Lösung  in 
Gelb  je  einen  Absorptionsstreifen. 

Der  beim  Eindunsten  mit  Ammoniak  bleibende  l)laue  Bückstand  wird 
von  1  Tropfen  konzentrierter  Schwefelsäure  mit  grüner  Farbe  gelöst,  die 
beim  Verdünnen  mit  Alkohol  in  Bot  übergeht;  läßt  man  den  Alkohol  ver- 
dunsten, so  kommt  wieder  die  ursprünglich  grüne  Färbung  zum  N'orscliein. 

2.  Bildung  von  Bubreserin,  CisHj^NaO,.  Schüttelt  man  eine 
wässerige  Physostigminsalzlösung  mit  überschüssiger  Kali-  oder  Natron- 
lauge längere  Zeit,  so  entsteht  ein  roter  Farbstoff.  Bubreserin  genannt, 
der  sich  in  roten  Nadeln  ausscheidet  und  bei  weitergehender  Owdation 
grünlicliblau  färbt,  indem  Eserinblau  entsteht.  An  Stelle  der  Alkalilauge 
kann  auch  Baryt wasser  genommen  werden;  hierbei  entsteht  zunächst 
eine  weiße  Fällung,  die  sich  beim  Schütteln,  unter  Fmständen  .schon  in 
der  Kälte,  sicher  aber  beim  Aufkochen  unter  Schütteln  alsbald   rot    f.irl>t 


742  W.  Autenrieth. 

3.  Physiologischer   Nachweis.    Sehr   charakteristisch   für  Phvso- 
stigmin    ist   die   stark   pupillen  verkleinern  de  Wirkung  des  Alkaloids.  - 
Der  Versuch    wird    am    besten    am    Auge    einer    Katze    ausgeführt;    die 
Pupillenverkleinerung  ist  nocii  bei  Ol  mg  Physostigmin  wahrzunehmen. 

Kodein. 

Kodein,  Methylmorphin,  C^y  H,8  (CHaiNOa,  kristalUsiert  aus 
Wasser  oder  wasserhaltigem  Äther  in  farblosen,  durchsichtigen,  oft  sehr 
großen  Oktaedern .  die  in  Wasser  ziemlich  leicht  löslich  sind ;  1  Teil 
Kodein  wird  bei  lö»  von  80  Teilen,  bei  100"  von  15  Teilen  Wasser  gelöst. 
Durch  diese  verhältnismäßig  große  Löslichkeit  in  Wasser  unterscheidet 
sich  das  Kodein  von  den  meisten  anderen  Alkaloiden,  z.  B.  vom  Morphin. 
—  Auch  Alkohol.  Äther,  Amylalkohol,  Benzol  und  Chloroform  lösen  Kodein 
reichhch  auf,  während  es  in  Petroläther  nahezu  unlöshch  ist.  Die  wässerige 
Kodeinlösung  reagiert  stark  alkalisch  und  schmeckt  wie  auch  diejenige 
seiner  Salze  stark  bitter.  —  Reines  Kodein  reduziert  Jodsäure  nicht 
und  ruft  in  einer  Mischung  von  Ferricyankalium  und  Eisenchlorid- 
lösung nicht  sofort  eine  blaue  Färbung  oder  einen  blauen  Niederschlag 
hervor.  Auch  mit  Eisenchloridlösung  allein  färbt  sich  eine  reine  Kodein- 
lösung nicht  blau.  Durch  diese  Pteaktionen  unterscheidet  sich  Kodein  vom 
Morphin.  Von  den  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  fällen  besonders  Phos- 
phormolybdänsäure, Jodjodkalium,  Kaliumwismutjodid  und  Kali- 
umquecksilberjodid  auch  sehr  stark  verdünnte  Kodeinlösung  aus.  — 
Gerbsäure.  Pikrinsäure,  Goldchlorid  und  Platinchlorid  sind  dem  Kodein 
gegenüber  weniger  empfindlich. 

Reaktion  des  Kodeins. 

1.  Konzentrierte  Schwefelsäure  löst  reines  Kodein  ohne  Färbung 
auf;  bei  mehrtägigem  Stehenlassen  in  der  Kälte,  wie  auch  bei  gelindem 
Erwärmen,  färbt  sich  eine  solche  Lösung  rötlich  oder  bläulich- 
violett. —  Erhitzt  man  die  Lösung  des  Kodeins  in  konzentrierter 
Schwefelsäure  auf  etwa  150**,  so  färbt  sie  sich  nach  dem  Erkalten  mit 
einem  Tropfen  konzentrierter  Salpetersäure  tiefrot. 

2.  Salpetersäure  von  25 »/q  HNOg  löst  Kodein  unter  Bildung  von 
Nitrokodein  mit  gelber,  alsbald  in  Rot  übergehender  Farbe.  —  Konzen- 
trierte Salpetersäure  löst  Kodein  mit  rotbrauner  Farbe  auf. 

3.  Verreibt  man  Kodein  in  einem  Uhrschälchen  mit  der  drei-  bis  vier- 
fachen Menge  fein  gepulvertem  arsensauren  Kalium,  ASO4KH,,  sowie 
mit  einigen  Tropfen  konzentrierter  Schwefelsäure  und  erwärmt  das  Gemisch 
über  kleiner  Flamme  gelinde,  so  färbt  es  sich  tiefblau  oder,  falls  weniger 
reines  Kodein  vorgelegen  hat,  mehr  blau  violett.  Auf  Zusatz  von  Wasser 
oder  Natronlauge  geht  die  blaue  Farbe  in  Orangegelb  ül)er.  —  Ein  Über- 
schuß an  arsensaurem  Kalium  beeinträchtigt  diese  Probe  nicht. 

Statt  des  arsensauren  Kaliums  kann  auch  eine  Spur  Eisenchlorid 
genommen  werden.  Nach  Vorschrift  des  „Arzneibuchs  f.  d.  Deutsche  Reich' 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  74Ü 


o 


soll  zur  P^rkcnnung-  des  Kodeins  im  Codeinum  phosphoricum  eine  .Schwefel- 
saure verwandt  werden,  welche  in  10  ciii^  einen  Ti()[>tVn  oifizinelle  Kiscn- 
chloridl()Sung  enthidt. 

4.  Fröhdes  Ileafieus  löst  Kodein  mit  iielhlicher,  idsliald  in  (Iriin 
und  schließlich  in  Blau  übergehender  Farbe:  gelindes  Erwärmen  der 
Lösung  über  kleiner  Flamme  beschleunigt  diesen  Farbenwechsel. 

Nach  R.  Manch  erwärmt  man  2  bis  8  Tropfen  der  Kodeinchloral- 
lösung  mit  1  Tropfen  „Fröhde",  wobei  schlieUlich  eine  intensive  I!lau- 
färbung  zustande  kommt. 

5.  Formalinschwefelsüure')  löst  Kodein  erst  mit  rötlich- 
violetter Farbe,  die  alsbald  in  Ulan  violett  übergeht.  Diese  Fäibung 
hält  lange  an;  das  Spekti'um  zeigt  eine  Auslö.schung  von  Orange  und  (ielb. 

6.  Erwärmt  man  eine  Lösung  von  Kodein  in  Nvenig  konzentrierter 
Schwefelsäure  mit  einem  Tröpfchen  Zuckersirup  gelinde,  so  färbt  sie 
sich  purpurrot.  Ein  Überschuß  an  Zuckersirup  ist  zu  vermeiden.  —  Oder 
man  löst  das  Kodein  in  einem  Probierröhrchen  in  ca.  5  Tropfen  1)0-  bis 
ÖOVoigei'  Chloralhydratlösung  auf,  mischt  einen  Tropfen  Zuckersirup 
darunter  und  unterschichtet  1  bis  2  cm'^  konzentrierter  Schwefelsäure;  es 
entsteht  eine  recht  haltbare,  karminrot  gefärbte  Ringzone,  welche  beim  Stehen 
an  Intensität  zunimmt.  Schüttelt  man  sofort  nach  dem  Unterschichten  der 
Schwefelsäure  tüchtig  durch,  so  färbt  sich  die  ganze  Flüssigkeit  rot,  macht 
aber   meistens  nach  einiger  Zeit  einer  mehr  rotbraunen  Färbung  Platz. 

7.  Pellagrische  Reaktion.  Kodein  gibt  diese  Reaktion  geradeso 
schön  wie  Morphin.  Man  löst  das  Kodein  in  konzentrierter  Salzsäure  unter 
Zugabe  von  o  bis  4  Tröpfchen  konzentrierter  Schwefelsäure,  verdampft  die 
Salzsäure  auf  dem  Wasserbade  und  erhitzt  dann  noch  V4  Stunde  lang  darauf; 
den  schmutzigrot  oder  violett  gefärbten  Rückstand,  der  hierbei  bleibt, 
löst  man  in  2  bis  'd  cm'^  Wasser,  fügt  einige  Tropfen  Salzsäure  hinzu  und 
neutralisiert  mit  Xatriumbikarbonat.  Jetzt  liUit  man  2  bis  5  Tropfen 
alkoholische  Jodlösung  vorsichtig  zutropfen  und  schüttelt  einige  Minuten 
tüchtig  durch.  Eine  hierbei  auftretende  smaragdgrüne  Färbung  der 
Lösung  zeigt  dann  Kodein  an.  Schüttelt  man  die  grüne  Lösung  mit  .\tlier 
aus,  so  färbt  sich  dieser  rot,  während  die  wässerige  Flüssigkeit  ihre  grüne 
Farbe  beibehält.  —  Diese  Reaktion  ist  eine  Probe  des  Apomorphins. 
das  aus  dem  Kodein  unter  dem  Einflüsse  der  Mineralsäure  entsteht : 

Cj,Hi8(CH3)N03  +  HCl  =  Ci,  H„  N0.>  4-  CH^CI  +  II,  O 

Kodein  Apomorphin. 

S.  Selenigsäure-SchwefelsäureM  löst  Kodein  mit  blauer,  rasch 
smaragdgrün,  später  dauernd  olivgrün  werdender  Farl)e. 

Narkotin. 

Narkotin,  C22H.23NO7,  kristallisiert  in  glänzenden  Prismen  oder  in 
büschelförmig  vereinigten  Nadeln,  die  in  kaltem  Wasser  fast  unlöslich  sind, 

*)  Vgl.  „Die  Bereitung  der  Reagenzien",  S.  813. 


744  ^^  ■  Autciirieth. 

sich  aber  in  siedendem  Alkohol  und  in  Chloroform  leicht  lösen.  Beim  Er- 
kalten der  alkoholischen  Lösung  scheidet  sich  Narkotin  fast  vollständig 
wieder  ab.  Es  wird  ferner  bei  15°  von  1 70  Teilen  Äther,  von  31  Teilen 
Essigäther  und  von  22  Teilen  Benzol  gelöst.  Narkotin  zeigt  in  Lösungen 
keine  alkalische  Reaktion  und  keinen  bitteren  Geschmack,  wo- 
durch es  sich  von  den  anderen  Opiumalkaloiden  wesentlich  unterscheidet. 
—  Die  Salze  des  Xarkotins  kristallisieren  nicht,  sind  nur  wenig  beständig 
und  ihre  Lösungen  reagieren  sauer.  Diejenigen  Salze,  welche  mit  flüchtigen 
Säuren  hergestellt  sind,  zersetzen  sich  beim  Eindampfen  ihrer  Lösungen 
unter  Abscheidung  von  Narkotin.  Natriumacetat  fällt  aus  der  salzsauren 
Lösung  des  Alkaloids  die  freie  Narkotinbaso  aus. 

Nachweis  des  Narkotins. 

Infolge  der  schwach  basischen  Natur  des  Narkotins  kann  es  aus  der 
wässerig-wein sauren  Lösung  mit  Chloroform  vollständig  ausgeschüttelt 
Averden.  Durch  dieses  Verhalten  läßt  sich  Narkotin  von  den  anderen  Opium- 
alkaloiden sowie  auch  von  anderen  Alkaloiden  trennen.  Selbstverständlich 
geht  Narkotin  auch  ans  der  wässerig-alkalischen  Flüssigkeit  in  Äther 
und  in  Chloroform  über.  Beim  Eindunsten  der  ätherischen  Lösung  bleibt 
es  meist  als  eine  nur  wenig  gefärbte,  firnisartige  Masse  zurück,  die  bei 
längerem  Stehen  strahlig-kristallinisch  erstarrt.  —  Salzsaure  und  schwefel- 
saure Narkotinlösungen  werden  von  Jod-Jodkalium,  Phosphor  molyb- 
dänsäure, Quecksilberjodid-  und  Wismutjodidjodkalium  auch 
noch  in  größerer  Verdünnung  (1:5000)  ausgefällt. 

Spezielle  Reaktionen  des  Narkotins. 

1.  Konzentrierte  Schwefelsäure  löst  Narkotin  beim  Umrühren 
mit  grünlich-gelber  Farbe,  die  allmählich  in  Rotgelb  und  schließlich 
nach  einigen  Tagen  in  Himbeerrot  übergeht. 

2.  Verdünnte  Schwefelsäure.  Dunstet  man  in  einem  Porzellan- 
schälchen  eine  Lösung  des  Narkotins  in  verdünnter  Schwefelsäure  (1:5)  auf 
dem  AVasserbade  oder  über  einer  kleinen  Flamme  ein ,  so  färbt  sie  sich 
rotgelb,  dann  bei  stärkeren)  Erhitzen  karmoisinrot :  wenn  die  Säure 
zu  verdampfen  beginnt,  treten  vom  Rande  aus  blauviolette  Streifen  auf 
und  die  ganze  Flüssigkeit  färbt  sich  schließlich  schmutzig  rotviolett  (Re- 
aktion von  Dragendorff').  Die  gleichen  Farbenerscheinungen  kann  man 
beobachten,  wenn  man  die  gelb  gewordene  Lösung  des  Narkotins  in  kon- 
zentrierter Schwefelsäure  sehr  vorsichtig  erhitzt. 

o.  Fröhdes  Reagens  löst  Narkotin  mit  grünlicher  Farbe  auf;  ein 
konzentrierterer  Fröhdesdies  Reagens  bedingt  bei  gelindem  Erwärmen 
alsbald  einen  Farbenwechsel  von  Grün  in  Kirschrot. 

4.  Reaktion  von  Couerbe.  Bringt  man  zu  einer  Lösung  des  Narkotins 
in  kalter  konzentrierter  Schwefelsäure  nach  1  bis  2  Stunden  eine  Spur 
Salpetersäure,  so  färbt  sie  sich  rot,  und  zwar  wird  die  Färbung  mit  der 
Zeit  schöner  und  intensiver. 


1 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  745 

Die  gleiche  P'ärbung    erhalt    man  mit   dem   l-^rduKinnM'han  Va-.v^vu-^. 

5.  Reaktion  von  A.  Wangerin.^)  Werden  auf  einem  rhrschidchen 
O'Ol  (j  Narkotin  mit  20  Tropfen  reiner  konzentrierter  Schwefelsäure  und 
einem  bis  zwei  Tropfen  P/oif^er  Rohrzuckerlösung  eine  Minutr  lang 
unter  umrühren  auf  dem  kochenden  AVasserbade  erhitzt,  so  «ieht  die  an- 
fangs grünlichgelb  gefiirbte  Lösung  durch  Gelb.  Braungelb.  IJraun  und 
Braunviolett  in  ein  sehr  schönes  und  intensives  reines  Blauviolett  über. 

Die  Intensität  der  Färbung  nimmt  beim  Stehen  noch  etwas  zu.  und 
es  halt  sich  der  blauviolette  P^arbenton  einige  Stunden  unverändert. 

Hydrastin. 

Hydrastin.  C.,,  H21  NOß,  findet  sich  neben  Berberin.  (.,„I1,;N(»^. 
und  Kanadin.  CsoHoiNOi,  in  der  Hydrastinwurzel.  der  Wurzel  von 
Hydrastin  canadensis,  in  einer  Menge  von  l\/o"/o  und  mehr  vor.  Das 
aus  dieser  Wurzel  dargestellte  und  arzneilich  angewandte  Fluidextrakt 
enthält  2  bis  2V2V0  Hydrastin.  Hydrastin  kristallisiert  aus  Alkohol  in 
rhombischen,  bei  1^2"  schmelzenden  Prismen,  ist  fast  unlö.slich  in  Wasser, 
abei'  leicht  löslich  in  heißem  Alkohol,  Benzol  und  Chloi-oform .  schmeckt 
bitter  und  gibt  alkalisch  reagierende  Lösungen.  Die  Hydrastinlösungen  sind 
optisch  aktiv:  in  Chloroform  ist  Hydrastin  linksdrehend,  während  seine 
Lösung  in  verdünnter  Salzsäure  rechtsdrehend  ist. 

Hydrastin  ist  eine  einsäurige  Base,  die  sich  durch  ihr  \'erhalten 
gegen  Jodalkyle  als  eine  tertiäre  Base  zu  erkennen  gibt.  z.  B.  mit  Jodmethyl 
bildet  es  das  in  Nadeln  kristallisierende  Hydrastinmethyljodid. 
Q.2\  H21  NOg .  CH3  J.  Durch  Erhitzen  mit  Jodwasserstoffsäure  nach  der  Methode 
von  Zeisel  können  ihm  zwei  Methylgrupj)en  entzogen  werden.  Hydrastin 
enthält  daher  zwei  Methoxylgruppen. 

Nachweis  des  Hydrastins. 

Hydrastin  laut  sich  der  mit  Natronlauge,  Ammoniak  oder  Alkali- 
karbonat alkalisch  gemachten  Lösung  mit  Äther  oder  Chloroform  entziehen. 
Aus  dem  Ätherauszuge  der  wässerig-alkahschen  Flüssigkeit  bleibt  das 
Hydrastin  im  kristallinischen  Zustande  zurück.  Von  den  allgemeinen  Alkaloid- 
reagenzien  fällt  besonders  Pikrinsäure  die  mit  wenig  Salzsäure  oder 
Essigsäure  bereiteten  Hydrastinlösungen  aus,  ebenso  die  Pik  rolonsäure. 
Zur  Identifizierung  des  Hydrastins  dienen  die  folgenden  Reaktionen: 

L  Kalte  konzentrierte  Schwefelsäure  löst  Hydra.stin  ohne  Färbun- 
auf:  bei  gehndem  Erwärmen  fäi-ben  sich  derartige  Lösungen  violett. 

2.  Fröhdes  Reagens  löst  Hvdrastin  mit  grüner,  allmiddiih  in  Br.inii 
übergehende  Farbe. 

;;.  Mandclim  Peagens  löst  Hydrastin  mit  rosenroter.  allmälili<li  in 
<  »rangerot  übergehender  Farbe,  die  mit  der  Zeit  verblalit. 


')  Ä.   Wanejerin,    Über    Farbenreaktioncn    des  Karceiiis    und  Narkolins.    l'h;irni. 
/citnng.  48.  607  (1903). 


74()  ^^  •  Auteiirictli. 

4.  Löst  man  Hydrastin  in  verdünnter  Sch^vefels;ulre  und  fügt  unter 
tüchtigem  ümsehütteln  tropfenweise  sehr  verdünnte  Kaliumpermangauat- 
lüsung  hinzu,  so  fluoresziert  das  Gemisch  durch  entstandenes  Hvdrastinin 
schön  blau. 

Pilokarpin. 

Pilokarpin,  CjiHip.NoO.,,  findet  sich  neben  Isopilokarpin  und 
wahrscheinlich  auch  neben  Pilokar pidin  in  den  Jaborandiblättern.  den 
Blättern  von  Pilocarpus  pennatifolius.  \)  —  Die  freie  Pilokarpinbase 
wird  fast  immer  als  eine  halbflüssige,  klebrige,  nicht  flüchtige  Masse  er- 
halten, die  alkalisch  reagiert,  in  Wasser  nur  wenig,  in  Alkohol,  Äther  und 
Chloroform  leicht  löslich  und  in  Benzol  unlöslich  ist.  Die  Lösungen  des 
Pilokarpins  und  seiner  Salze  sind  rechtsdrehend.  Als  starke  Base  neutralisiert 
Pilokarpin  die  Säuren  und  bildet  mit  diesen  meist  kristallisierende  Salze. 
Alkalilaugen  scheiden  aus  den  konzentrierten  Salzlösungen  die  freie  Pilo- 
karpinbase ab,  die  sich  aber  im  Uberschul'i  des  P'ällungsmittels  wieder  löst. 
Durch  Einwirkung  von  Natronlauge  oder  Natriumäthvlat  oder  glatter  bei 
einhalbstündigem  Erhitzen  von  salzsaurem  Pilokarpin  auf  200"  entsteht 
durch  molekulare  ümlagerung  das  mit  Pilokarpin  isomere,  höchst- 
wahrscheinlich stereoisomere  Lsopilokarpin,  C^  H,6  Xj  0.,.  Beide  isomeren 
Pilokarpine  unterscheiden  sich  im  Schmelzpunkt,  im  Löshchkeitsverhalten 
und  hauptsächlich  auch  im  Drehungsvermögen.  Isopilokarpin  dreht  schwächer 
nach  rechts  als  Pilokarpin  und  kristallisiert  in  zerf ließlichen ,  in  Wasser 
und  in  Alkohol  leicht  löslichen  Prismen.  Auch  die  Salze  der  beiden  Basen 
zeigen  ähnliche  Unterschiede. 

Nitrat  des  Pilokarpins:  Cu  HigNs  O2  .HNO3;  Schmp.  178":  |a]D  =  +  S2-90o. 
Nitrat  des  Lsopilokarpins :  C„  E,^K  Og.  HNO3 :  Schmp.  159«;  [7-]d  =  +  oö-ÖS^ 

Nachweis  des  Pilokarpins. 

Pilokarpin  läßt  sich  aus  der  wässerigen,  mit  Natronlauge  oder 
Alkalikarbonat  alkalisch  gemachten  Flüssigkeit  mit  Äther,  Chloroform  oder 
Benzol  ausschütteln  und  bleibt  beim  Eindunsten  derartiger  Lösungen  als 
dicker,  nicht  kristallisierender,  alkalisch  reagierender  Sirup  oder  Firnis 
zurück.  —  Von  den  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  zeichnen  sich  durch 
Empfindlichkeit  für  Pilokarpin  aus:  Jodjodkali  um,  Phosphormolybdän- 
säure, Phosphorwolframsäure  und  Wismutjodidjodkalium. 

Spezielle  Pteaktionen  des  Pilokarpins. 

Man  gibt  in  ein  Reagenzgläschen  ein  Körnchen  Kaliumdichromat, 
gießt  1  bis  2  cm^  Chloroform  darauf,  dann  Pilokarpin  in  Substanz  oder 
Lösung  sowie  etwa  1  cm^  S^/oiges  Wasserstoffsuperoxyd  und  schüttelt  ohne 
Unterbrechung  einige  Minuten  um.  Das  anfangs  gelbliche  Pieaktionsgemisch 


*)  Das  Jaborin,  das  als  ein  -weiteres  eigentümliches  Alkaloid  der  Jaliorandi- 
lilätter  lieschrieben  wurde,  ist  nach  Untersuchungen  von  H.  A.  D.  Joaett  ein  Gemisch 
von  Isopilokarpin.  Pilokarpidin,  wenig  Pilokarpin  und  Farbstoff. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  fhemisclieni  Woge.  747 

wird  allmälilich  dunkler  und  nach  etwa  5  Minuten  schwarzl)raun.  Das  Chloro- 
form erscheint  dann,  je  nach  der  Menge  des  Pilokarpins,  hlauviolett 
dunkelblau  oder  indigoblau  gefärbt,  während  die  über  der  Chloroforni- 
schicht  abstehende  wässerige  Flüssigkeit  alhniililich  verblaßt.  Mengen  von 
0-01  g  Pilokarpin  färben  das  Chloroform  intensiv  blau,  solche  von  OOOl  .</ 
und  weniger  l'ilokarpin  mehr  blauviolett.  Die  Färbunii  hält  unter  l'm- 
ständen  tagelang  (H.  Hclch\). 

Bemerkungen.  Apomorphin,  001  (/,  färbt  das  Chloroform  sclion  oliiie 
Wasserstoffsuperoxyd  blauviolett.  —  Strychnin  gibt  dem  Chloroform  einen  kaum 
merkbaren  Stich,  verfärbt  sicli  aber  schon  innerlialli  weniger  Minuten  vollständig.  — 
Autipyrin  bringt  nur  beim  Ansäuern  des  Wasserstoffsuperoxyds  eine  Färliunir  im 
Chloroform  hervor. 

2.  Mandelins  Heagens  löst  Pilokari)in  mit  goldgelber,  allmählich  hell- 
grün und  schließlich  hellbraun  werdender  Farbe. 

;>.  Formalinschwefelsäure  färbt  sich  beim  Erwärmen  mit  l'ilo- 
karpin gelb,  gelbbraun  und  blutrot. 

Ob  sich  Pilokarpin  noch  in  der  Leiche  nachweisen  läßt,  ist  nicht  be- 
kannt, da  Pilokarpinvergiftungen  mit  tödlichem  Ausgange  bis  jetzt  nicht 
vorgekommen  sind. 

Chinin. 

Chinin,  Ci,oH24N2  02,  fällt  aus  seinen  Salzlösungen  auf  Zusatz  von 
Alkahlaugen.  Ammoniak  oder  Alkalikarbonat  wasserfrei  und  stets  amorjjh 
aus,  um  allmählich  in  den  kristallinischen  Zustand  überzugehen  und  bildet 
dann  ein  Hydrat  mit  drei  Mol.  Kristallwasser.  Auch  andere  Hydrate  der 
freien  Chininbase  sind  dargesteht.  Das  wasserfreie  Chinin  schmilzt  bei  1T:'»'\ 
das  Trihydrat  bei  57".  Beim  Eindunsten  seiner  ätherischen  Lösung  bleibt 
Chinin  in  der  Regel  harz-  oder  firnisartig,  nicht  kristallini.^ch  zurück. 
Chinin  ist  in  etwa  2000  Teilen  kaltem  und  700  Teilen  siedendem  Wasser 
löslich  und  wird  von  Alkohol,  Äther  und  Chloroform  reichlich  gelöst.  Die  mit 
Hilfe  von  Schwefelsäure,  Essigsäure  oder  Weinsäure  hergestellten  Chininsalz- 
lösungen fluoreszieren  schön  blau.  Die  mit  Schwefelsäure  bereitete  Lösung 
zeigt  noch  eine  deutlich  wahrnehmbare  Fluoreszenz  bei  einer  Xerdünnung 
von  1:100.000.  Chlorwasserstoffsäure.  Bromwasserstoffsäure  und 
Jodwasserstoff  säure  rufen  in  Chininlösungen  keine  Fluoreszenz  hervor: 
diese  Säuren  und  ihre  Salze  heben  sogar  die  Fluoreszenz  auf,  wenn  sie  einer 
fluoreszierenden  Chininsalzlösung  zugesetzt  werden. 

Chinin  ist  eine  zweisäurige,  bitertiäre  Base,  die  mit  1  und  1  .Xquiva- 
lenten  Säure  meist  gut  kristahisierende  Salze  bildet.  Die  beständigeren 
Chininsalze  sind  diejenigen  mit  1  Ä(|uivalent  Säure.  Das  arzneilich  an- 
gewandte Salzsäure  Chinin,  Chininum  hydrochloricum,  CjoH.iNaO.  . 
HCl.^HoO.  kristalhsiert  in  langen,  zarten,  büschelt'örmig  vereinigten 
Nadeln.  Die  bitertiäre  Natur  des  Chinins  geht  daraus  hervor,  daß  es  sich 


')  H.  IMch,  Die  Identitätsreaktionen  des  Pilocarpinuin  hyilrochloricum.  l'barma- 
zoutiscbe  Post.  35.  289,  498  (1902)  und  39.  373  (190H). 


748  ^^  •  Auteiiriotli. 

mit  zwei  Molekülen  eines  Alkvljodids  additionell  vereinigt,  z.  I>.  mit  Methyl- 
jodid  znm  Chinindijodmethylat,  C2oHo4N.2()2  •  SCHa  J. 

Nachweis  des  Chinins. 

Chinin  läßt  sich  einer  wässerig-alkalischen  Flüssigkeit  mit  Äther. 
Ben/ol  oder  Chloroform  entziehen.  Aus  der  ätherischen  Lösung  bleil)t 
Chinin  als  harziger,  nicht  kristallisierender  Firnis  zurück,  in  welchem  das 
Alkaloid  durch  die  folgenden  Reaktionen  erkannt  wird: 

1.  Verdünnte  Schwefelsäure  löst  den  Rückstand  aus  der  Ather- 
lösung  mit  schön  blauer  Fluoreszenz,  falls  er  Chinin  enthält. 

2.  Thalleiochin probe.  Löst  man  den  fraglichen  Rückstand  aus  der 
Ätherlösung  in  w^enig  verdünnter  Essigsäure  und  fügt  5  bis  10  Tropfen 
starkes  Chlorwasser  hinzu,  so  erhält  man  eine  farblose,  schwach  blau 
fluoreszierende  Lösung,  die  sich  bei  Gegenwart  von  Chinin  mit  über- 
schüssigem Ammoniak  schön  grün  färbt.  Liegen  größere  Mengen  Chinin  vor. 
so  erhält  man  einen  grünen  Niederschlag,  das  Thalleiochin.  Dieses  Avird 
hierbei  stets  als  eine  amorphe  Substanz  wechselnder  Zusammensetzung  er- 
halten. Thalleiochin  ist  löshch  in  Alkohol  und  in  Chloroform,  aber  unlös- 
lich in  Äther.  E.  Polacci  erhitzt  das  Chinin,  0-01  r/,  mit  wenig  Bleisuper- 
oxyd, mit  2 — 3  cm^  Wasser  und  2  Tiöpfcheii  verdünnter  Schwefelsäure 
ganz  allmählich  zum  Sieden,  läßt  absitzen  und  schichtet  dann  über  die  klar 
abgegossene  oder  abfiltrierte  Lösung  vorsichtig  5 — 6  Tropfen  Ammoniak: 
an  der  Berührungsfläche  der  beiden  Flüssigkeitsschichten  entsteht  dann 
eine  grün  gefärbte  Zone. 

Nach  H.  Fiihncr^)  ist  die  Thalleiochinreaktion  an  den  p-()xychinolin- 
komplex  gebunden. 

Verhinderung  der  Thalleioch  inprohe.  Antipyrin  wirkt  störend  auf  die 
Tlialleiocliinprobe.  Gemische  f/oiger  Lösungen  von  Chinin  und  Antipyrin  geben  schließ- 
lich keine  grüne,  sondern  eine  sehr  schöne  rote  Färbung.  Die  Wirkung  des  Antipyrins 
hört  erst  auf,  wenn  nur  0'25  Teile  desselben  auf  5  Teile  Chinin  kommen.  —  Auch 
Koffein  verhindert  das  Zustandekommen  der  Thalleiochinprobe,  wenn  auf  2  Teile 
Chinin  3  Teile  Koffein  entfallen.  Verschiedene  andere  Substanzen,  unter  diesen  der 
Harnstoff,  verhindern  das  Auftreten  jedweder  Färl)ung,  während  Atropin,  Kokain, 
Kodein,  Morphin,  Pilokarpin,  Strychnin,  sowie  Karbolsäure  und  Chloralhydrat  einen 
störenden  Einfluß  auf  elie  Thalleiochinprobe  nicht  ausüben. 

;].  Herapathitprobe.  Man  stelle  sich  eine  Mischung  her  aus 
HO  Tropfen  Essigsäure,  20  Tropfen  absolutem  Alkohol  und  1  Tropfen  ver- 
dünnter Schwefelsäure  (20«/o  HoSüj.  —  Wird  (rOlg  Chinin  mit  20  Tropfen 
dieser  Mischung  zum  Sieden  erhitzt,  dann  ein  Tropfen  einer  alkoholi- 
schen Jodlösung  (1 :  10)  oder  zwei  Tröpfchen  1/10-n-Jodlösung  hinzugesetzt. 
•SO  scheiden  sich  alsl)ald,  manchmal  erst  bei  längerem  Stehen,  grüne, 
metallisch  glänzende  Kristallblättchen  von  sog.  Herapathit  aus.  Der 
Hei'apathit  hat  die  konstante  Zusammensetzung  (4C3oH24N2^^2  • '"^H.^SOi . 
2HJ  .  4J  .  SHaO):    er   läßt    sich    aus    siedendem  Alkohol  Umkristallisieren. 


*)  H.  Fühner,  Zur  Thalleiochinreaktion  des  Chinins  und  der  Kynurensäurercaktion 
von  Jar/e,  Berichte  d.  Deutsch,  ehem.  Ges.  38.  2713  (1905). 


Der  Nachweis  der  (iifte  auf  cliemisclu'in  Woj^'e.  741) 

Im  durchfallenden  Lichte  sind  <lio  Herapatliitkriställchen    blal)  olivcn<;riin. 
im  reflektierten  Lichte  dagegen  schön  kantharidengriin,  metallisch  glänzend. 

Alkalilaugen,  Ammoniak,  schweflige  Säure  und  Sciiwefelwasserstoff  zersetzen  drn 
Herapathit.  —  Nach  A.  Christensen  ist  für  die  Herapathitpnihe  das  folgende  Reagens  vor- 
rätig zu  halten:  1  Teil  Jod  +  1  Teil  507oige  Jodwasserstoffsäure  +  08  Teile  Schwefel- 
säure +  50  Teile  TO'Voiger  Alkohol.  —  Man  versetze  dann  die  auf  (  liinin  zu  prüfende 
alkoholische  Jjösuug  mit  einigen  Tropfen  von  diesem  Reagens. 

Von  den  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  empfiehlt  sich  besonders  das 
\Yismutjodid-Jodkalium  als  Fällungsmittel  für  Chinin:  in  schwefel- 
sauren Chininlösungen  entstehen  mit  diesem  Ileagens  intensiv  gelhrot  ge- 
färbte Niederschläge,  welche  beim  Schütteln  mit  Natronlange,  Ausziehen 
mit  Äther  und  Verdunstenlassen  der  ätherischen  Lösung  das  Chinin  un- 
verändert Hefern.  H.  Thotm^)  verwendet  diese  Reaktion  zur  (juanti- 
tativen  Abscheidung  des  Chinins  aus  Gemischen. 

Koffein. 

Koffein.  Da  Koffein  eine  schwache  Base  ist.  geht  ein  iieiliiii 
nur  kleiner  Teil  aus  der  wässerig-\veinsauren  Lösung  in  Äther  über: 
bei  weitem  die  größere  Menge  von  vorhandenem  Koffein  läßt  sich  aus 
wässerig-alkalischer  Flüssigkeit  mit  Äther,  besser  Chloroform,  aus- 
schütteln; beim  Eindunsten  des  Ätherauszuges  bleibt  Koffein  in  weil'ien. 
stark  glänzenden,  meist  strahlig  gruppierten  Nädelchen  zurück.  Da  Koffein 
in  Äther  ziemUch  schwer  löslich  ist,  schüttelt  man  die  wässerig-alkalische 
Flüssigkeit  mit  größeren  Mengen  aus.  l'ber  den  Nachweis  des  Koffeins 
vergl.  die  früheren  Angaben. 

Antipyrin. 

Antipyrin.  Die  größte  Menge  des  Antipyrins  geht  aus  der 
wässerig-alkalischen  Flüssigkeit  in  Äther  über:  dieser  Ätherauszug  liefert 
meist  ein  reineres  Antipyrin ,  häufig  sogar  Kristallblättchen .  als  der- 
jenige der  weinsauren  Lösung.  Antipyrin  unterscheidet  sich  von  den 
meisten  Alkaloiden  dadurch,  daß  es  nur  schwach  bitter  schmeckt 
und  in  Wasser  sehr  leicht  löslich  ist.  Zum  Nachwei.^e  des  .\ntipyrins 
löst  man  einen  erhaltenen  Verdunstungsrückstand  aus  der  ätherischen 
Lösung  in  wenig  Wasser  und  prüft  die  abfiltrierte  Lösung,  auf  zwei 
Probierröhrclien  verteilt,  mit  Eisenchloridlösung  und  mit  rauchender 
Salpetersäure  auf  Antipyrin.  (Vergi.  die  früheren  Angaben  über  Antipyrin.) 

Nachweis  des  Antipyrins  im  Harn.  Nach  innerlicher  Darreichung 
von  Antipyrin  ist  der  Harn  intensiv  gelb  bis  blutrot  gefärbt.  Antijjyrin 
geht  im  tierischen  Organismus  zum  Teil  als  Oxyantipyringlukuron- 
säure,  zum  Teil  unverändert  in  den  Harn  über  und  kann  meist  im 
Harn  direkt  mit  Eisenchloridlösung  nachgewiesen  werden,    /um    sicheren 


M  />.  Jonescu  und  //.  TJionis,  Üher  die  Fällbarkeit  und  i|uantitative  Hestinuuung 
von  Alkaloiden  mit  Hilfe  von  Kaliumwisnuitjodidhisung.  Herichto  d.  I»eutscii.  pharniaz. 
(xes.  16.  130  (1906). 


750  ^^  •  Auteurieth. 

Nachweis  des  Antipyrins  versetzt  man  eine  größere  Menge  des  fraglichen 
Harns  mit  Ammoniak  im  f^berschusse,  schüttelt  mit  Chloroform  aus,  dunstet 
den  abfiltrierten  Chloroformauszug  ein,  löst  den  bleibenden  Rückstand  in 
Avenig  Wasser  auf  und  prüft  die  abfiltrierte  Lösung  mit  Eisenchloridlösung 
und  mit  rauchender  Salpetersäure  auf  Antipyrin. 

Antipyrin  wird  leicht  resorbiert:  schon  eine  Stunde  nach  Einnahme 
von  Antipyrin  kann  der  Harn  eine  rötliche  Farlie  zeigen  und  die  Eisen- 
chloridreaktion geben.  Die  rote  Farbe  ist  nach  24  Stunden  verschwunden, 
die  Antipyrinausscheidung  dauert  aber  noch  fort  und  es  kann  Antipyrin 
selbst  noch  nach  86  Stunden  nachgewiesen  werden.  Zweckmäßig  über- 
schichtet man  den  Harn  mit  einer  stark  verdünnten  Eisenchlorid- 
lösung: ist  der  Harn  antipyrinhaltig,  so  bildet  sich  ein  roter  Ring.  — 
Nach  Jonescu^)  geht  beim  Menschen  innerlich  eingenommenes  Antipyrin 
unverändert  als  solches  in  den  Harn  über:  nur  zum  geringen  Teil,  näm- 
lich nach  großen  Dosen,  wird  es,  an  Schwefelsäure  gebunden,  ausgeschieden. 
Eine  Paarung  mit  Glukuronsäure  tritt  nach  Jonescu  im  menschlichen 
Organismus  nicht  ein. 

Pyramidon. 

Pyramidon  oder  4-Dimethylamiuoantipyrin,  CigHi^XoO,  wird 
in  neuerer  Zeit  als  fieber-  und  schmerzstillendes  Arzneimittel  vielfach  ge- 
braucht; es  bildet  ein  fast  geschmackloses,  weißes,  in  Wasser  leicht 
lösliches,  kristalhnisches,  bei  108°  schmelzendes  Pulver.  Die  wässerige  Lösung 
desselben  reagiert  neutral ;  aus  weinsaurer  Lösung  geht  es  nur  in  Spuren 
in  Äther  über,  läßt  sich  aber  aus  der  wässerig-alkalischen  Lösung  mittelst 
Äther  oder  Chloroform  leicht  und  vollständig  ausschütteln  und  bleibt  dann 
beim  Eindunsten  des  Lösungsmittels  meist  in  feinen  Nädelchen  zurück. 
Pyramidon  ist  in  Alkohol,  Äther,  Chloroform  und  Benzol  leicht  löslich.  Es 
unterscheidet  sich  vom  Antipyrin  durch  sein  kräftiges  Reduktions ver- 
mögen, z.  B.  reduziert  es  Goldchlorid  schon  in  der  Kälte,  während 
Antipyrin  und  Tolypyrin  mit  Goldchlorid  erst  beim  Kochen  reagieren. 

Reaktionen  des  Pyramidons. 

1.  Mit  Eisenchloridlösung  gibt  Pyramidon  eine  blauviolette,  bald 
ins  Rotviolett  übergehende  und  darauf  verschwindende  Färbung. 

2.  Eine  wässerige  Pyramidonlösung  färbt  sich  mit  einigen  Tropfen 
rauchender  Salpetersäure  blau  bis  blauviolett. 

o.  Brom  Wasser  bewirkt  eine  graue,  in  konzentrierten  Pyramidon- 
lösungen  eine  tintenartige  Verfärbung. 

4.  Jodtinktur  färbt  eine  wässerige  Pyramidonlösung  blau. 
V.  Die    Untersucliiing  des   Itheranszuges  und   des    ( lilorofonnaus- 
ziiges  der  mit  Ammoniak  alkaliscli  gemachten  wässerigen  Fliissigkeit. 


^)  D.  Joncscti.  Über  die  Antipyiiiianssclieidunij  ans  dem  menschlichen  Orüanismui^. 
Berichte  d.  Deutsch,  pharmaz.  Ges.  10.  133  (190G). 


Der  Nachweis  der  Gifte  aiil  ciiciniscliciu  NN'ege.  7Ö1 

a)  Ätherauszug-:  Apomorphiii  und  Spuren  vun  Moi  pliiii. ') 

ß)  Chloroforraauszug:  Morphin  und   Narcein. 

Auch  Antipyrin,  Colchicin  und  Koffein-)  können  sich  in  diesem 
Auszuge  noch  vorfinden. 

Die  von  Äther  getrennte,  wässerige,  alkalisch  reagierende 
Fhissigkeit  muß  noch  auf  die  unter  a  und  [i  angeführten  Stoffe  gepi-iift 
werden.  Apomorphin  gibt  sich  schon  dadurch  zu  erkennen,  (kil'i  die  ur- 
sprüngliche, wässerige,  weinsaure  Lösung  des  l'ntersuchungsmaterials 
schön  grün  gefärbt  ist  und  daß  sie  sich  beim  Cbersättigen  mit  Natron- 
lauge, besonders  beim  Stehen  an  der  Luft,  infolge  eintretender  Oxydation 
allmählich  purpurrot  färbt;  ferner  sind  die  Ätherauszüge  der  wässerig- 
weinsauren  und  der  wässerig-alkalischen  Flüssigkeit  bei  \'orhandensein  von 
Apomorphin  rot  oder  violettrot  gefärbt,  /eigen  die  nach  dem  Sfas- 
Otto^i-hen  Verfahren  enthaltenen  wässerigen  und  ätherischen  Lösungen 
die  angegebenen  Eigenschaften  nicht,  so  braucht  man  nicht  auf  Apomorphin 
zu  untersuchen,  also  auch  nicht  mit  Äther  auszuschütteln;  man  geht 
dann  direkt   zur  Untersuchung   auf  Morphin   und  Narcein  über. 

Um  Apomorphin,  Morphin  und  Narcein  mit  einem  geeigneten 
Lösungsmittel  ausziehen  zu  können,  muß  die  vom  Äther  getrennte,  wässe- 
rige, durch  Natron  alkalisch  reagierende  Flüssigkeit  erst  mit  Ammoniak 
alkalisch  gemacht  werden.  Dies  geschieht  in  der  Weise,  daß  die  be- 
treffende Flüssigkeit  erst  mit  verdünnter  Salzsäure  angesäuert  —  Probe 
mit  blauem  Lackmuspapier  — ,  dann  mit  Ammoniakflüssigkeit  bis  zur 
alkalischen  Reaktion  versetzt  wird. 

7.)  Kann  nach  dem  oben  angegebenen  Verhalten  Apomorphin  vor- 
handen sein,  so  schüttelt  man  die  in  der  angegebenen  Weise  mit  Ammoniak 
alkalisch  gemachte,  wässerige  Flüssigkeit  sofort  wiederholt  mit  Äther  und 
alsdann,  nämhch  zur  Prüfung  auf  Morphin  und  Narcein.  wiederholt  mit 
heißem  Chloroform  aus. 

ß)  Kann  aber  Apomorphin  nicht  vorhanden  sein  oder  hat  mau  auf 
dasselbe  bei  einer  Untersuchung  keine  Rücksicht  zu  nehmen,  so  schüttelt 
man  die  „ammoniakalische"  Flüssigkeit  direkt,  und  /war  wiederholt 
mit  heißem  Chloroform  aus  (siehe  weiter  unten). 

Apomorphin. 

Apomorphin,  Cj^  H^y  NO.^,  ist  eine  in  Alkohol,  Äther,  Üenzol  und 
Chlorofoi-m  leicht  lösliche,  amorphe  Base,  die  sich  an  der  Luft  schön  grün 
färbt;  au(;h  die  wässerigen  und  alkoholischen  Lösungen  des  Apomorphin.^. 
die  ursprünglich  farblos  sind,  färben  sich  an  der  Luft  infolge  von  Oxydation 
l)ald  grünlich.    Die  Lösungen    des    durch  Oxydation  veränderten   Apomor- 

')  Das  frisch  f^refälltc,  noch  amorphe  Morphin    geht   in   Spuren    in  Äther  ülier. 

^)  Antipyrin,  Colchicin  und  Koffein  sind  in  Äther  schwer,  in  ChKiroforni 
aber  leicht  löslich;  sind  diese  Stoffe  aus  der  wässerig-alkalischen  Flüssigkeit  mit  .\ther 
nicht  vollständig  ausgeschüttelt  worden,  wie  dies  häufiir  vorkommt,  so  finden  sie  sich 
auch  noch  im  Chloroformauszuge  neben  Morphin  und  Narceiu  vor. 


752  W.  Auteuricth. 

phins  in  Wasser  und  Weingeist  sind  smaraiidgrün.  die  in  Ätlier  und 
Benzol  purpurviolett  und  die  in  Chloroform  blauvioiett  gefärbt.  Apomor- 
phin  lost  sich  wie  Morphin  in  Kali-  und  Natronlauge,  besitzt  also  Phenol- 
charakter. Die  alkalischen  Lösungen  des  Alkaloids  bräunen  sich  alsbald 
oder  färben  sich  an  der  Luft  unter  Sauerstoffaufnahnie  sogar  schwarz. 
\'oin  Morphin  unterscheidet  sich  Aponiorphin  durch  eine  größere  Lös- 
lichkeit in  Wasser  und  in  Weingeist,  besonders  aber  durch  seine  Löslich- 
keit in  Äther,  Benzol  und  kaltem  Chloroform .  worin  Morphin  fast  un- 
löslich ist. 

a)  Ätherauszug:  Nachweis  des  Apomorphins. 

Aus  wein  saurer  Lösung  läßt  sich  Apomorphin  mit  Äther  nicht  aus- 
schütteln; es  gehen  aber  seine  farbigen  Oxydationsprodukte  in  diesen 
über.  Die  Lösung  des  Alkaloids  in  Kalilauge  oder  Natronlauge  verhält  sich 
geradeso:  nur  einer  mit  Ammoniak  alkalisch  gemachten  Flüssigkeit 
läßt  sich  Apomorphin  mit  Äther  oder  Chloroform  entziehen.  Seine  äthe- 
rische Lösung  hinterläßt  das  Apomorphin  beim  Eindunsten  als  einen  meist 
grünhch  gefärbten  Rückstand,  der  stark  reduzierend  wirkt;  beispielsweise 
wird  Jod  säure  reduziert  unter  Freiwerden  von  Jod,  Goldchlorid  unter 
Purpurfärbung.  Apomorphin  wird  durch  die  folgenden  Reaktionen  erkannt : 

1.  Konzentrierte  Schwefelsäure  löst  Apomorphin  ohne  Färbung 
auf;  fügt  man  zu  dieser  Lösung  ein  Tröpfchen  konzentrierte  Salpetersäure,  so 
nimmt  sie  vorübergehend  eine  violette  Färbung  an,  die  alsbald  in  Bl  utrot  und 
schUeßlich  in  Gelbrot  übergeht.  Konzentrierte  Salpetersäure  allein 
gibt  mit  Apomorphin  violettrot  gefärbte,  alsbald  rotbraun  und  schließlich 
braunrot  werdende  Lösungen. 

2.  Pellagrische  Reaktion.  Versetzt  man  eine  Lösung  von  Apomor- 
phin in  verdünnter  Salzsäure  oder  Schwefelsäure  erst  mit  überschüssigem 
Natriuml)ikarbouat,  dann  tropfenweise  mit  1  —  3  Tröpfchen  alkoho- 
lischer Jodlösung  und  schüttelt  tüchtig  durch,  so  färbt  sie  sich  blau- 
grün oder  mehr  smaragdgrün;  schüttelt  man  hierauf  mit  wenig  Äther 
aus,  so  färbt  sich  dieser  schön  violettrot,  während  die  wässerige  Flüssig- 
keit noch  grün  gefärbt  bleibt. 

o.  Fröhdes  Reagens  löst  reines  Apomorphin  mit  grüner,  die  durch 
die  Luft  mehr  oder  weniger  veränderte  Base  mit  violetter  Farbe. 

4.  A.  Wanyerinsche  Reaktion,  i)  Versetzt  man  l  em^  einer  frisch 
bereiteten,  etwa  P/o  igen  Kaliumbichromatlösung  und  schüttelt  etwa 
eine  Minute  lang,  so  färbt  sich  die  Lösung  tief  dunkelgrün.  Schüttelt 
man  alsdann  mit  einigen  Kubikzentimetern  Essigäther  kräftig  durch,  so  färbt 
sich  dieser  bleibend  schön  violett,  (übt  man  jetzt  etwa  5  Tropfen  einer 
l°/oigen  Zinnchlorürlösung-)  hinzu  und  schüttelt  einmal  um,    so    tritt   ein 


')  A.  Wangerin,  Über  den  Belchscheu  Pilokarpinnachweis  und  über  Aporaorphin- 
reaktionen.  Pharmazeutische  Zeitung.  47,  599  und  739/40  (1902). 

-)  Diese  Zinnchlorürlosuug  wird  hergestellt  aus  lg  Sa  C\„  .'ZU  ^O'öQ  cm'-'  Salz- 
säure von  25  7o  H.C1  und  50  cw'  Wasser. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  758 

Farbenumschlag  der  Essigätherschicht  in  Grün  ein  und  durdi  eincutcii 
Zusatz  einiger  Tropfen  der  Kaliunulichronuitlösung  wird  der  Essii>;ith('r 
wieder  violett  gefärbt.  Nimmt  man  l)eim  Anstellen  dieser  Probe  statt  des 
Essigäthers  10  cin^  Chloroform,  so  färbt  sich  das  letztere  durch  das  Oxy- 
dationsprodukt des  Apomorphins  ebenfalls  violett,  aber  bei  nachhcrigem 
vorsichtigen  Zusatz  der  Zinuchlorürliisung  rein  indigoblau;  bei  Schütteln 
mit  einer  weiteren  Menge  Kaliumdichromatlösung  bleibt  aber  diese  lllau- 
färbung  bestehen. 

Die  Untersuchung  des  Chloroformanszuges. 

Vorprobe  auf  Morphin.  Zur  vorläufigen  Prüfung  auf  Moipliiii 
säuert  man  eine  IVobe  der  vom  Äther  getrennten,  wässerig-alkalischen 
Flüssigkeit  mit  verdünnter  Schwefelsäure  an,  setzt  einige  Tropfen  Jodsäure- 
lösung hinzu  und  schüttelt  mit  wenig  Chloroform  aus:  färbt  sich  (his  letzteie 
durch  freies  Jod  violett,  so  kann  Morphin  zugegen  sein.  Der  positive  Aus- 
fall dieser  Probe  gestattet  aber  keinen  bestimmten  Schluß  auf  das  \'or- 
handensein  von  Morphin,  da  es  außer  diesem  Alkaloid  noch  sehr  viele 
organische  Stoffe  gibt,  die  ebenfalls  Jodsäure  reduzieren.  > )  Die  Jodsäure- 
reaktion hat  demnach  nur  den  Wert  einer  empfindlichen  Vorprobe  auf 
Morphin:  tritt  die  Reaktion  nicht  ein,  so  ist  höchst  wahrscheinlich  Morphin 
nicht  vorhanden;  tritt  sie  aber  ein,  so  kann  Morphin  zugegen  sein. 

Zum  sicheren  Nachweis  des  Morphins  und  Narceins  schüttelt 
man  die  nach  den  obigen  Angaben  mit  Ammoniak  alkalisch  iiemachte 
wässerige  Flüssigkeit  in  einer  geräumigen  Kochflasche  sofort  mit  ziem- 
lich viel  heißem  Chloroform-)  aus  und  trennt  die  beiden  Flüssigkeits- 
schichten in  einem  Scheidetrichter.  Ein  wiederholtes  Ausschütteln  der 
wässerigen  Flüssigkeit  mit  neuen  Mengen  von  heißem  Chloroform  ist 
unbedingt  notwendig,  weil  die  freie  Morphinbase  auch  in  siedendem  Chloro- 
form nur  wenig  löslich  ist.  Sollte  das  Chloroform  mit  der  wässerigen 
Flüssigkeit  eine  sich  nur  schwer  trennende  Emulsion  geben,  so  fügt  man 
einige  Tropfen  Alkohol  hinzu,  stellt  die  Kochflasche  mit  diesem  Gemisch 
auf  das  warme,  nicht  kochende  Wasserbad  und  schwenkt  sie  von  Zeit  zu  Zeit 
vorsichtig  um.  Hierbei  trennt  sich  die  Chloroformschicht  meist  alsliald  von 
der  wässerigen  Flüssigkeit.  Die  sämtlichen  Chlorofonnanszüge  bringt  man 
in  eine  trockene  Kochflasche,  fügt  zur  Beseitigung  von  etwa  anhaftendem 
Wasser  einige  Kriställchen  trockenes  Kochsalz  oder  entwässertes  Natrium- 
sulfat hinzu,  gießt  die  völlig  klar  gewordene  Chloroforndösung  (hirch  ein 
trockenes  Filter  und  läßt  sie  auf  einer  nicht  zu  großen  riii-schale.  die  m.in 


')  Bei  der  l'iitcrstichung  von  I.ei  chcnteileu,  die  absohit  morpliiiifriM  be- 
fiiudcn  wurden,  hat  der  Verfasser  wiederholt  Auszüge  erhalten,  die  .lodsiiure  stark 
reduzierten. 

-)  C.  Kippenherf/er,  Beiträge  zur  analytischen  Chcniie  der  Alkaloide  .  Zeitsclir.  f. 
analyt.  Chem.  39.  201.  290  (1900)  nimmt  zum  Ausscliiitteln  des  Morpiiins  ein  (.'hloni- 
form,  das  10  Yol.-Proz.  absoluten  Alkohol  enthält. 

Abderhalden.  Handbuch  der  biochemischen  Aibeitsmethoden.  V.  ^o 


754  ^^  •  Auteiiricth. 

auf  das  erwärmte  Wasserbad  stellt,  eindimsten:  mau  filtriert  die  Chloroform- 
lösiuii>-  direkt  auf  die  Uhrschale  in  dem  Maße,  wie  das  Chloroform  verdampft. 
PUeibt  hierbei  ein  bitter  schmeckender  A'erdunstun<>srückstand.  der  mit 
Hilfe  eines  Platinspatels  oder  eines  Taschenmessers  zusammenzukratzen  ist. 
so  ist  er  auf  Morphin  und  Narceini)  zu  untersuchen.  Man  untersucht 
diesen  Verdunstungsrückstand  mit  Hilfe  der  i-VöVic/eschen,  Husemaimsch^n 
und  Fellagrischen  Probe,  wie  auch  mit  Formalinschwefelsäure  auf 
Morphin.  Nur  wenn  alle  diese  Morphinproben  zu  einem  positiven 
Ergebnisse  führen,  ist  Morphin  nachgewiesen!  Falls  es  die  Menge 
des  erhaltenen  Chloroformrückstandes  gestattet,  sucht  man  das  Morphin 
auch  mit  Eisen chloridlösung  nachzuweisen,  denn  gerade  diese  Probeist 
für  Morphin  äußerst  charakteristisch,  erfordert  aber  freilich  mehr  als 
Spuren  von  Morphin. 

Die  Reinigung  des  erhaltenen  Kohmorphins. 

Ist  der  erhaltene  Verdunstungsrückstand  der  Chloroformauszüge  zu 
sehr  verunreinigt  und  besonders  durch  Farbstoff  rötlich  oder  bräun- 
lich gefärbt,  so  ist  eine  Reinigung  des  Rückstandes  notwendiu'.  Man  löst 
dann  den  Rückstand  in  heißem  Amylalkohol  auf  und  schüttelt  diese 
Lösung  mit  heißem  Wasser,  das  einige  Tropfen  verdünnte  Schwefelsäure 
enthält,  wiederholt  tüchtig  aus.  Die  Säure  entzieht  hierbei  dem  Amyl- 
alkohol das  Morphin,  während  die  färbenden  Stoffe  im  AmylaUvohol  größten- 
teils gelöst  bleiben.  Man  versetzt  dann  die  in  einem  Scheidetrichter  ab- 
getrennte w^ässerige,  schwefelsaure  Lösung  mit  Ammoniak  bis  zur  alka- 
lischen Reaktion  und  schüttelt  sie  wiederholt  tüchtig  mit  heißem  Chlo- 
roform aus.  Dieser  Chloroformauszug  läßt  beim  Eindunsten  etwa  vor- 
handenes Morphin  meist  im  nahezu  reinen  Zustande  zurück. 

Morphin. 

Morphin.  C^HigNO^,  kristallisiert  aus  verdünntem  Alkohol  in 
farblosen  durchscheinenden,  glänzenden  Prismen,  die  in  Wasser  nur  wenig 
löslich  sind,  1  :  5000  bei  15"  und  1  :  500  bei  100"  und  die  stark  bitter 
schmeckende,  alkalisch  reagierende  Lösungen  geben.  In  Äther  und  Benzol 
ist  das  kristalüsierte  Morphin  unlöslich.  Von  Amylalkohol,  heißem  Chloro- 
form und  Essigäther  wird  das  amorphe  Alkaloid  gelöst.  Aus  den  Mor])hin- 
salzlösungen  wird  durch  Ammoniak,  IvaUlauge,  Natronlauge  und  Alkali- 
karbonat die  freie  Morphinbase  gefällt,  die  aber  als  phenolartige  Verbindung 
im  Fberschusse  der  Alkalilauge  löslich  ist. 

Morphin  ist  eine  einsäurige  und  zwar  tertiäre  Base,  die  mit  einem 
Äquivalent  Säure  meist  gut  kristallisierende  Salze  gibt. 

Morphin  wird  leicht  oxydiert  in  alkalischer  Lösung  schon  durch 
den   Luftsauerstoff,   ferner    durch    Kaliumpermanganat,    f^rricyankalium. 


^)  Auch  Autipyrin,  Colchicin  uud    Koffein    köimcu   sich  in  diesem  Rück- 
stände vorfinden  (s.  oben). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  We''e. 


^■.^.} 


jiiniiioniakjilisclie  Kupfciiösung',  indem  hierbei  das  un,uifti<>(',  in  Alkalilaujie 
lösliche  Oxydimorphin  entsteht,  das  aurji  rseudomorphiii  üe- 
nannt  wird: 

2C„  H,9  m,  +  0  =  (C„  H,8  NO,),  +  Il^O. 

Morphin  Oxydimorphin. 

Infolge  der  leichten  Oxydierbarkeit  wirkt  Morphin  stark  immI  ii/icri-iid. 

Nachweis  des  Morphins. 

1.  Konzentrierte  Salpetersäure  löst  Morphin  mit  blutroter, 
allmaiilich  in  Gelb  übergehender  Farbe.  Zinnchlorür  oder  Hchwefeiamnionium 
rufen  in  dieser  iielb  gewordenen  Lösung  keine  \':olettf;irbunü  hervor 
(Tuterschied  von  Brucin). 

2.  Husemannsche  Reaktion.  Konzentrierte  Schwefelsäure  löst 
Morphin  ohne  Färbung  auf.  Erhitzt  man  eine  derartige  Morijhinlösung  in 
einem  Uhrschälchen  V2  Stunde  lang  auf  dem  Wasseri)ad('  oder  ganz  kurze 
Zeit  iilier  einer  kleinen  Flamme,  und  zwar  so  lange,  bis  reichlich  weiße 
Dämpfe  auftreten,  so  färbt  sieh  die  Lösung  rötlich  oder  bräunlich.  Füiit 
man  dann  zu  der  vollständig  erkalteten  Lösung  einen  Tropfen  konzen- 
trierte Salpetersäure  hinzu,  so  tritt  ganz  vorübergehend  eine  rot  violette 
Färbung  auf,  die  alsbald  in  Blutrot  oder  0 eibrot  übergeht,  um  schließlich 
ganz  zu  verblassen. 

Diese  Reaktion  gelingt  auch  in  der  Weise  recht  gut.  daß  man  die 
Lösung  des  Morphins  in  der  konzentrierten  Schwefelsäure  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  24  Stunden-lang  im  FAsikkator  stehen  läßt  und  dann  eine 
Spui-  konzentrierte  Salpetersäure  zusetzt. 

Statt  der  Salpetersäure  Ivönnen  auch  einige  Körnchen  Salpeter  oder  chlor- 
saures Kalium  verwendet  werden. 

Ist  das  Morphin  nicht  vollkommen  rein,  also  in  einem  Ziistande,  wie  es 
gewöhnlich  bei  der  Untersuchuni{  von  Leichenteilen  aus  der  Chloroformlösung  zurück- 
bleibt, so  gibt  es  mit  Schwefelsäure  meist  eine  stark  gefärbte  Lösung,  die  sich  beim 
Erwärmen  noch  dunkler  färbt.  Aber  auch  dann  ist  die  Rotfärl>ung  noch  deutlich 
zu  erkennen,  wenn  die  erkaltete  schwefelsaure  Lösung  mit  Salpetersäure  oder  Salpeter 
versetzt  wird. 

;i.  Pellagrischo  Reaktion  wird  in  der  füi-  Kodein  angegebenen 
Weise  ausgeführt:  ein  Überschuß  an  alkoholischer  Jodlösuni;  muß  ver- 
mieden  werden,  weil  sonst  die  grüne  Färbung  durch  die  des  Jods  ver- 
deckt wird. 

4.  „Fröhde"  löst  Morphin  mit  schön  violetter  Farbe,  die  duirli 
Blau  in  ein  schmutziges  Grün  und  schließlich  in  ein  schwaches  Rot 
übergeht.  Auf  Zusatz  von  Wasser  verschwinden  diese  Färi)unuen. 

;').  Marquis  Reagens.  Formalinschwefelsäure  ' )  löst  Morphin 
mit  purpurroter  Farbe  auf,  die  in  Violett  und  schließlich  in  ein  reines 
Blau  übergeht.    Bringt   man   die  blau  gewordene  Lösung  in   ein  engeres 


M  Man  mische  2—3  Tropfen  407oige  Formaldeliydhisung  =  Kormaldeliydum  s«- 
iutum  des  „Arzneilmclies"  mit  b  cni^  konzentrierter  Schwefelsäine  und  verwende  Hir  dir 
Moipliinprobe  einige  Tropfen  dieser  erkalteten  Miscluuig. 

48^^ 


756  ^^  •  Auteurieth. 

lieagenzgläschen,  so  daß  die  Luft  nur  ungenügend  Zutritt  hat,  so  hält  sich 
der  blaue  Farbenton  längere  Zeit.  Außer  Morphin  geben  auch  Code  in  und 
Apomorphin  mit  Formahnschwefelsäure  die  violette  Farbenreaktion.  Auch 
Xarkotin  gibt  violett  gefärbte  Lösungen;  doch  geht  die  Farbe  in  Oliv- 
grün und  schheßUch  in  Gelb  über.  Oxydimorphin  färbt  sich  mit  dem 
Marcjiiis&chen  Reagens  grün. 

6.  Jodsäureprobe.  Schüttelt  man  eine  Lösung  von  Morphin  in 
verdünnter  Schwefelsäure  mit  einigen  Tropfen  einer  wässerigen  Lösung 
von  reiner  Jodsäure  und  mit  wenig  Chloroform ,  so  färbt  sich  letzteres 
durch  freies  Jod  violett. 

Diese  empfindliche  Probe  ist  selbstverständlich  nur  dann  für  Morphin 
beweisend,  wenn  andere  reduzierend  wirkende  Substanzen  nicht  zugegen  sind. 

7.  Eisenchloridprobe.  Eine  neutrale  Morphinsalzlösung  färbt  sich 
mit  neutraler  Eisenchloridlösung  rein  blau.  Den  Verdunstungsrückstand 
aus  der  Chloroformlösung  löse  man  in  wenig  stark  verdünnter  Salzsäure 
auf,  dunste  die  Lösung  auf  dem  Wasserbade  zur  Trockne  ein  und  ver- 
setze die  wässerige  Lösung  des  Rückstandes  mit  1 — 2  Tröpfchen  Eisen- 
chloridlösung. —  Durch  diese  Probe  gibt  sich  das  Morphin  als  Phenol 
zu  erkennen. 

8.  Lloi/di>che  Reaktion.  Die  Violettfärbung,  die  eine  schwefelsaure 
Strychninlösung  mit  Kaliumdichromat  gibt,  wird  nach  Lloyd  auch  durch 
ein  Gemisch  von  Morphin,  Hydr astin  und  konzentrierter  Schwefelsäure 
allein,  also  ohne  Dichromat,  hervorgerufen.  Zum  Nachweis  des  Mor- 
phins bzw.  Hydrastins  läi'jt  sich  die  Llot/dsche  Reaktion  nur  dann  ver- 
werten, wenn  mehr  als  Spuren  der  beiden  Alkaloide  vorhanden  sind.  Als 
charakteristisch  können  nach  A.  Wangerin^)  nur  diejenigen  Reaktionen 
gelten,  bei  denen  O'OOö— 0-01  (j  Morphin  und  0-002— O'Ol  g  Hydrastin  zur 
Einwirkung  kommen.  Ungefähr  diese  Mengen  der  beiden  Alkaloide  zerreibt 
man  zunächst  für  sich  im  Uhrschälchen  möglichst  innig,  fügt  5  Tropfen 
reine  konzentrierte  Schwefelsäure  hinzu  und  durchrührt  das  Gemisch  bei 
weißer  Unterlage  10  Minuten  lang.  Der  Farbenton  des  Gemisches  ist  dann 
im  Innern  klar  rotviolett  und  in  den  dünneren  äußeren  Schichten  mehr 
oder  minder  blauviolett. 

Salzsaures  Apomorphin  gibt  beim  Verreiben  mit  Hydrastin  und 
konzentrierter  Schwefelsäure  fast  die  gleiche  Reaktion  wie  Morphin. 

9.  Ferricyankaliumprobe.  Die  wässerige  Lösung  eines  Morphin- 
salzes färbt  sich,  mit  einigen  Tropfen  einer  stark  verdünnten  Mischung 
von  Ferricyankalium-  und  Eisenchloridlösung  versetzt,  tief  blau,  oder 
es  scheidet  sich,  falls  größere  Mengen  von  Morphin  vorliegen,  ein  blauer 
Niederschlag  ab.  g 

10.  Erwärmt  man  eine  wässerige  Morphinsalzlösung  mit  einer  am- 
moniakalischen  Silbernitratlösung,  so  fällt   graues   metallisches  Silber  aus. 


')  A.  Wancferin,  Beitrag  zur  Lloi/clsch&n  Reaktion  auf  [Morphium.  Pharmazeutisclie 
Zeitnug.  48.  57  (1903). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  cliemisclieni  Wcac 


<•>  I 


Alliiemeine  Alkaloidreagcnzien.  Von  dioscii  zoiclmcii  sich  durch 
größere  Empfindlichkeit  gegen  Morphinsulzlösungen  aus:  Jodjodkalium. 
Phosphorwolframsäure,  Quecksilberjodidjodkaliuni .  Wismut- 
jodidjodkalium,  Phosphormolybdiinsäure  und  Ooldchlorid.  — 
Platinchlorid  erzeugt  erst  nach  einiger  Zeit  einen  orangegelhen.  körni- 
gen Niederschlag.  —  Gerbsäurelösung  bewirkt  entweder  keine  Fällung 
oder  höchstens  eine  sehr  schwache,  nach  einiger  Zeit  etwas  stärker 
werdende  Trübung. 

Verhalten  des  Morphins  im  tierischen  Organismus. 

Morphin  wird  ebenso  von  der  Schleimhaut  des  Magens  als  von  der 
des  Mastdarms  und  der  Luftwege  als  auch  von  offenen  Wunden  aus  re- 
sorbiert. Unter  die  Haut  gespritzt,  wirkt  ^lorphin  schneller  und  stärker 
als  vom  Magen  aus.  Aus  dem  Blute  verschwindet  Morphin  nach  i/a/7/Mi.s' ') 
sehr  rasch,  indem  es  an  gewisse  Organe,  wie  an  das  Gehirn,  gebunden 
oder,  wie  man  auch  sagt,  verankert  wird.  Ein  Teil  des  resorbierten  Mor- 
phins wird  mit  Gl uku ronsäure  gepaart,  ein  Teil  wird  oxydiert,  wäh- 
rend der  liest  des  Alkaloids  unverändert  als  solches  ausgeschieden  wird. 
Nach  Faust  wird  Morphin  nur  bei  den  Menschen  und  Tieren,  die  an  das 
Gift  gewöhnt  sind,  umgewandelt  bzw.  zerstört,  während  bei  nicht  Iiinnuni- 
sierten  das  Morphin  unverändert  durch  den  Kot,  und  zwar  nahezu  (luantitativ 
ausgeschieden  werden  soll.  Im  Harn  erscheint  Morphin  bei  medizinalen 
Dosen  nur  in  sehr  geringer  Menge.  Ein  nicht  geringer  Teil  des  aufge- 
nommenen Morphins  wird  bei  Menschen  und  Hunden  durch  die  Drüsen 
des  Magen  dar  mkanals  wieder  ausgeschieden,  selbst  wenn  das  Alkaloid 
subkutan  eingespritzt  wurde. 

Bei  intravenös  eingespritztem  Morphin  w^erden  nach  .l/(/r7«//.9  schon 
im  Verlaufe  von  15  Minuten  über  SO^/o  in  der  Leber  abgelagert,  und  dieses 
^lorphin  ist  darin  zunächst  noch  frei  vorhanden,  wird  aber  alsbald  gebunden 
oder  umgewandelt.  Im  Gehirn  beginnt  die  Bindung  des  Morphins  ebenfalls 
sehr  bald.  Auch  im  Blute,  in  der  Milz,  in  den  Nieren  und  in  der  Darmschleim- 
haut  wird  das  freie  Morphin  rasch  verändert.  In  allen  Fidlen  wird  nach 
Manilas  bei  akuter  und  noch  mehr  bei  chronischei-  Morphinvergiftung  ein 
erhebhcher  Teil  des  Giftes  aus  dem  Blute  entfernt  und  in  Speichel- 
drüsen, Magenschleimhaut,  Dickdarmschieini  haut,  Niei-e,  .Milz. 
Leber  aufgestapelt   und   dadurch   dem  Gehirn  nnd  Bückenmark   ent- 


zogen. 


Gegen  Leichenfäulnis  ist  Morphin  ziemlich  beständig.  So  konnte 
M\  Autenrieth')  das  Morphin  von  morphinhaltigen  Leichenteilen,  nändich 
in  Magen  und  Darm  samt  Inhalt,  die  in  einem  GlasgefäUe  Ihm  unuenügcii- 
dem  Luftzutritt  vollständig  in  Verwesung  übergegangen  wai-en.  uocli  nai  li 
15  Monaten  nachweisen. 


')  Arbeiten  des  Dorpater  Instituts  ed.   Kohert.  14  (1896). 

-)   W.  Axfoiricf/i,    Über    das    Verhalten    des    ^buphins  und  Strychnins    bei    der 
Leicheiifäuhiis.  lieriehte  d.  Deutsch,  pharniazeut.  Gesellscli.  11.  4'.I4  il9t»li. 


758  ^^  •  Autenrieth. 


Narcein. 


Narcein,  C23H27NO3  .  3H2O,  kristallisiert  aus  Wasser  oder  Alkoiiol 
in  Prismen,  die  lufttrocken  bei  löö»  schmelzen,  schwach  bitter  schmecken, 
in  kaltem  Wasser  nur  wenig,  in  siedendem  W^asser  aber  reichlich  löslich 
sind.  Die  heiß  gesättigte,  wässerige  Narceinlösung  erstarrt  beim  Erkalten 
zu  einem  Kristallbrei.  In  Äther,  Benzol  und  Petioläther  ist  Narcein  un- 
löslich und  wird  auch  von  kaltem  Alkohol,  Amylalkohol  und  Chloroform 
nur  schwer  gelöst.  —  Für  die  Auffindung  des  Narceins  ist  es  wichtig, 
zu  wissen,  daß  es  aus  einer  mit  Kalilauge  oder  Natronlauge  alkalisch  ge- 
machten Lösung  durch  Äther,  Benzol  oder  Petroläther  nicht  aufgenommen 
wird,  wohl  aber  kann  es  einer  mit  Ammoniak  alkalisch  gemachten, 
wässerigen  Flüssigkeit  durch  heil.5es  Chloroform  sowie  heißen  Amylalkohol 
entzogen  werden. 

Narcein  ist  eine  schwache,  tertiäre  Base  mit  zwei  an  Stickstoff  ge- 
bundenen ^lethylgruppen. 

Von  den  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  zeichnen  sich  Jodjod- 
kalium,  Quecksilberjodidjodkalium  ,  Wismut  jodidjodkalium  und 
Phosphormolybdänsäure  durch  eine  größere  Empfindlichkeit  für  Nar- 
cein aus. 

Nachweis  des  Narceins. 

1.  Konzentrierte  Schwefelsäure  löst  Narcein  mit  graul)rauiier 
l-'arbe  auf,  die  bei  längerem  Stehen  in  der  Kälte  allmählich,  beim  Erwärmen 
sofort,  in  Blutrot  übergeht. 

2.  Erwärmt  man  Narcein  in  einem  Porzellanschälchen  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  auf  dem  Wasserbade,  so  nimmt  die  Säure  bei  einer  be- 
stimmten Konzentration  eine  schön  violette  Färbung  an,  die  bei  längerem 
Erhitzen  in  Kirschrot  übergeht. 

3.  Fröhde  löst  Narcein  mit  braungrüner  Farbe,  die  allmählich  in 
Grün  und  schließlich  in  Rot  übergeht;  gelindes  Erwärmen  l)eschleunigt 
diesen  Farbenwechsel. 

4.  Jodwasser  sowie  Joddampf  färben  festes  Narcein  blau.  — 
Morphin  verhindert  diese  Reaktion  gänzlich  oder  beeinträchtigt  sie  stark. 

5.  Erdmanns  Reagens  sowie  konzentrierte  Salpetersäure  lösen 
Narcein  mit  gelber,  beim  Erwärmen  in  Dunkelorange  übergehender 
Farbe. 

6.  Resorcin-Schwefel säure.  Verreibt  man  0"01 — 0'02^  Resorcin 
mit  10  Tropfen  konzentrierter  Schwefelsäure,  fügt  eine  Spur  Narcein, 
0*002 — 0*005  g,  hinzu  und  erwärmt  diese  intensiv  gelb  gefärbte  Lösung 
unter  Umrühren  auf  dem  kochenden  Wasserbade,  so  färbt  sie  sich  prächtig 
karmoisinrot  bis  kirschrot.  Diese  Färbung  geht  nach  dem  Erkalten 
allmählich  vom  Rande  aus  durch  Blutrot  nach  mehreren  Stunden  in  Orange- 
gelb  über. 


Der  Nachweis  der  (-iifte  auf  choniisflioin  Wej^e.  YäO 

7.  Taniiin-Schwefelsäiiie.  Krliitzt  man  0002— 001  y  Narcciii 
mit  001 — 0*02^  Tannin  und  10  'l'ropiVn  konzontriei'tcr  Schwefclsänrc 
auf  dem  Wasserbade  unter  Umrühren,  so  färbt  sich  die  erst  g('ll)hianne 
Lösung  alsbald  rein  grün.  Bei  länger  dauerndem  P^rhitzen  anf  dem 
Wasserhade  geht  die  grüne  Färbung  in  1> laugrün  und  schlioHlirh  durch 
einen  mehr  oder  minder  blauen  Farbciiton  in  ein  s  c  Inii  ii  tz  iges 
(irün  über. 

Eine  ähnliche  grüne  Farbenreaktion  mit  Tanninschwefelsäure  geben 
auch  Narkotin  und  Hydrastin,  die  ja  ihrer  chemischen  Konstitution 
nach  dem  Xareein  verwandt  sind. 

Verhalten  der  wichtigeren  Alkaloide  gegen   konzentrierte   Salpeter- 
säure,   konzentrierte    Schwefelsäure,    Fröhdes    Reagens,   .Mandclins 
Reagens,  Meckes  Reagens  und  Marquis'  Reagens. 

Verschiedene  der  wichtigeren  Alkaloide  geben  mit  den  in  der  Über- 
schrift verzeichneten  Reagenzien  Färbungen,  die  für  die  betreifenden 
Alkaloide  mehr  oder  weniger  charakteristisch  sind. 

Pieine  konzentrierte  Salpetersäure  von  T40  spez.  Gew.  löst: 

Berberin  rotbraun,  Narkotin  zitronengelb, 

Brucin  blutrot,  alsbald  gelb,  Bapaverin  gell),  dann  orangefarben. 

Codein  gelb  bis  orangefarben,  Physostigmin  gelb. 

Colchicin    violett ,   bald    schmutzig  Strychnin  gelb. 

grünlichbraun,  Thebain  gelb, 

Morphin  rotgelb,  Veratrin  schwach  gelblich. 
Narcein  vorübergehend  gelb, 

Von  anderen  bekannten  iVlkaloiden  werden  Akonitin,  Atropin.  Coffein, 
Chinin,  Cinchonin,  Cocain,  Coniin,  Cytisin,  Nikotin  und  Theobromin  von 
konzentrierter  Salpetersäure  von  1-40  spez.  Gew.  ohne  Färbung  gelöst. 

Reine  konzentrierte  Schwefelsäure  löst: 

Berberin  ohvengrün.  dann  gelb,  Papaverin  violettblau, 

Colchicin  gelb,  Physostigmin  gell),  bald  grün, 

Curarin  rot,  Pikrotoxin  orangegelb, 

Digitalin  orangegelb  und  rot,  Solanin  rötlich  gelb, 

Emetin  blaßbräunlich,  Thebain  blutrot,  später  gelbrot, 

Narcein  gelb,  bald  braungelb,  \'eratrin  gelb  mit  grüner  Fluores- 
. Narkotin  blaßgelb,  allmählich  gelb-  zenz,  dann   orangefarben  und 

rot,  kirschrot. 

Reine  konzentrierte  Schwefelsäure  löst  die  folgenden  .Vlkaloide.  falls 
nicht  erwärmt  wird,  ohne  Färbung  auf:  Atropin,  Brucin,  Chinin.  Cinchonin. 
Cocain,  Coffein,  Codein,  Cytisin,  Hydrastin,  Morphin,  Nikotin.  Pilokarpin. 
>trvchnin  und  Theobromin. 


760  W.  Auteniieth. 

Fröhdes  Reagens  oder  Molybdänschwefelsäure i)  löst: 
Berberin  braungrün.  Narcein  gelbbraun, 

Brucin  himbeerrot,   bräunlichgelb,  Narkotin    blaugrün,    grün,    rötlich- 

Codein    grünlich,    beim  Erwärmen  gelb, 

blau,  Papaverin  violettblau,  dann  gelb, 

Colchicin  gelb,  Solanin  gelbrot,  rotbraun,  gelb. 

Curarin  violett,  Thebain  rot  rotgelb, 

Morphin  violettrot,  dann  grün,  Veratrin  gelb,  orange,  kirschrot. 

Keine  Färbungen  mit  Fröhdes  Reagens  geben:  Atropin,  Chinin. 
Cinchonin,  C'ocain.  Coffein,  Cytisin.  Nikotin,  Strvchnin  und  Theobromin. 

Mandelins  Reagens  oder  Vanadinschwefelsäure  löst: 

Berberin    schmutziggrün,    später  Narkotin  zinnoberrot   bis    karmin- 
braun, rot, 

Brucin  rot.  gelb,  Narcein  violett,  später  rotgelb. 

Codein     grün,     beim     Erwärmen  Papaverin  blaugrün,  dann  blau, 

blau,  Pikrotoxin  gelbrot. 

Colchicin  blaugrün,  grün,  braun,  Solanin  orangerot,  später  violett, 

Curarin  violett,  Strvchnin  blauviolett, 

Emetin  braun,  Thebain  orangerot. 

Morphin  rot,  dann  blauviolett,  Veratrin  gelb,  kirschrot. 

Keine  P'ärbungen  mit  Mandelins  Reagens  geben:  Atropin.  Chinin. 
Cinchonin,  Cocain,  Coffein,  Coniin,  Cytisin,  Nikotin  und  Theobromin. 

Meckes  Reagens  2)  oder  Selenigsäure  —  Schwefelsäure  löst: 

In  der  Kälte:  Beim  Erwärmen: 

Apomorphin   .  .  .     dunkelblauviolett,  dunkelbraun, 

Brucin gelbrot,  zitronengelb. 

Codein blau,  rasch  smaragdgrün,  später     stahlblau,  dann  braun. 

olivengrün, 

Colchicin zitronengelb,  gelblichbraun, 

Morphin blau,  blau-  bis  olivengrün.  braun, 

Narcein grünlichgelb,  dann  violett,  dunkelviolett, 

Narkotin grtinhch,    stahlblau,    dann  kirschrot, 

kirschrot, 

Papaverin grünhch,   dunkel   stahlblau,  dunkelviolett, 

dann  tiefviolett, 

Physostigmin .  .  .     bräunlichgelb,  schwach  braunrot, 

Thebain tieforangefarben,  allmählich  dunkelbraun, 

verblassend, 

Veratrin zitronengelb,  olivengrün,  bräunlichviolett. 

')  Fröhdes  Reagens  ist  nicht  lauge  unverändert  haltbar.  Man  verwende  daher 
stets  das  frisch  bereitete  Reagens.  Vgl.  „Die  Bereitung  der  Reagenzien". 

^)  .4.  MecJce,  Ein  neues  Reagens  auf  Alkaloidc.  Zcitschr.  f.  öffentl.  Chem.  5.  ;^50 
(1899)  und  Zeitschr.  f.  analyt.  Chem.  39.  468  (1900).  Vgl.   .,Die  Bereitung  der  Reagenzien'-. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  cliomischeni  Wege.  7<')I 

Meches  Reagens  ist  somit  vorzugsweise  ein  empfindliches  Reagens 
auf  die  meisten  Opiumalkaloide.  Ein  grolier  Vorzug  dieses  Reagenzes 
dürfte  der  sein,  daß  es  die  charakteristischen  Färbungen  aiicli  mit  den 
weniger  reinen  Alkaloiden  gibt. 

Mar(/uis'  Reagens  oder  Formalinschwefelsäure  löst: 

Apomorphin  violett,  rostrot,  dunkelblau, 

Codein  rötlich,  blauviolett,  veilchenblau. 

Dionin  rein  blau, 

Heroin  rot,  dann  blauviolett, 

Morphin  pfirsichrot,  violett,  blauviolett,  i'cin  l)lau. 

Narkotin  violett,  olivengrüu,  gelb, 

Papaverin  weinrot,  gelb,  schmutzig  braunrot,  tief  orange, 

Peronin  rotviolett, 

Veratrin  gelbbraun,  beim  Erwärmen  rötlichbraun. 

III.  Die  Untersuchung  auf  metallische  Gifte. 

Die  Zerstörung  der  organischen  Substanz  nach  dem  Verfahren 

von  Fresenius-v.  Babo. ') 

Für  diese  Untersuchung  kann  der  Rückstand,  der  nach  dem  Ab- 
destillieren  der  flüchtigen  Gifte  im  Destillationskolben  bleibt,  genommen 
werden,  da  er  ja  alle,  in  einem  Untersuchungsmaterial  etwa  vorhandenen 
giftigen  Metalle  enthält.  Oder  man  nimmt  einen  Teil  des  gut  gemischten, 
vorher  gehörig  zerkleinerten,  mit  Wasser  zu  einem  dünnen  Brei  angerührten 
ursprünglichen  Untersuchungsobjektes.  2)  Man  versetzt  das  auf  Metall- 
gifte zu  untersuchende  Material  je  nach  der  Menge,  die  zerstört  werden 
soll,  mit  10 — 20 — 'M)ciH^  konzentrierter  Salzsäure  sowie  mit  1  -Jf/  clilor- 
saurem  Kalium,  stellt  den  (ilaskolben  auf  ein  kochendes  Wasseriiad.  das 
sich  unter  einem  gut  ziehenden  Abzüge  befindet,  und  erhitzt  unter  häufigem 
Umschütteln,  so  daß  das  Chlor  mit  der  zu  zerstörenden  Masse  in  mög- 
lichst innige  Berührung  kommt.  Sobald  der  Inhalt  des  Glaskolbens  genügend 
heiß  geworden  ist,  setzt  man  unter  fleißigem  Umschüttehi  alle  2  bi.< 
?>  Minuten  jeweils  O-o  —  0*5  r/ chlorsaures  Kalium  hinzu  und  fährt  in  dieser 
Weise  fort,  bis  die  organischen  Stoffe  größtenteils  gelöst  sind,  bis  also 
der  Kolbeninhalt  eine  klare  oder  trübe,  weingelb  gefärbte  Flüssigkeit 
bildet  und    bis    auf   erneuten  Zusatz  von  chlorsaurem  Kalium  und  fortge- 


')  //.  Freseniuf!  und  L.  r.  Baho,  ('her  ein  neue^<.  untiM-  allen  Umstänilen  sicberes 
Verfahien  zur  Ausmittelunjr  und  ()uantitativen  Bestimnuin«:  des  Arsens  liei  Veririftiin^rs- 
fällen.  J.  Liehi(/s  Ann.  d.  Cheni.  u.  Pharm.  49.  287  (1844). 

-)  Liegen  irgend  welche  Leichenteile  zur  Untersuchung  vor,  sc»  werden  sie 
möglichst  fein  zerschnitten,  mit  12-5"/oiger  arsenfreier  Salzsäure  zu  einem  dünnen 
Brei  angerührt,  dann  1— 2fir  cblorsaures  Kalium  hinzugofüirt  und  in  der  «dien  ange- 
gebenen Weise  unter  häufigem  Umschütteln  (uler.  falls  man  die  Organteile  in  einer 
Porzellanschale  erhitzt,  unter  fleißiirem  Umrühren  auf  einem  Wasserbade  erhitzt. 


762  ^^  •  Autenrieth. 

setztem  Erhitzen  eine  wesentliche  Veränderung  des  Gemisches  nicht  mehr 
eintritt.  Besonders  Fett  ist  äußerst  widerstandsfähig  gegen  die  Einwirkung 
des  Chlors.  Ist  die  ..Zerstörung"  der  organischen  Substanz  beendigt,  so 
verdünnt  man  mit  heißem  Wasser,  fügt  zur  vollständigen  Abscheidung  von 
etwa  vorhandenem  Barvum  einige  Tropfen  verdünnte  Schwefelsäure  hinzu, 
schüttelt  um  und  gießt  die  Flüssigkeit  durch  ein  angefeuchtetes  Filter. 
Enthält  das  Filtrat  nicht  zu  viel  freie  Salzsäure,  so  kann  es  direkt  mit 
Schwefelwasserstoffgas  gesättigt  werden.  Andernfalls  muß  das  Filtrat  in 
einer  flachen  Porzellan  schale  auf  dem  Wasserbade  fast  zur  Trockne  ein- 
gedampft werden ,  um  die  freie  Salzsäure  größtenteils  zu  entfernen.  Eine 
beim  Eindampfen  der  Flüssigkeit  auftretende  Bräunung  kann  durcii  Hin- 
zufügen einiger  Kriställchen  Kaliumchlorat  jedesmal  leicht  wieder  beseitigt 
werden. 

Man  kann  auch  in  der  Weise  arbeiten ,  daß  man  die  mit  Hilfe  von 
Salzsäure  und  chlorsaurem  Kalium  erhaltene  und  abfiltrierte  Flüssigkeit 
erst  durch  p]indampfen  auf  ein  kleineres  Volumen  von  einem  Teil  der 
freien  Salzsäure  befreit,  dann  dieselbe  mit  Ammoniak  bis  zur  alkalischen 
Pieaktion  versetzt  und  schließlich  mit  verdünnter  Salpetersäure  gerade 
wieder  ansäuert.  Die  so  vorbereitete  Flüssigkeit,  die  also  nicht  allzu  viel 
freie  Säure  enthalten  soll,  wird  mit  arsenfreiem  Schwefelwasserstoff  gesättigt. 

Der  Filterrückstand,  der  beim  Erhitzen  des  Destillationsrückstandes 
oder  des  ursprünglichen  Untersuchungsobjektes  mit  Salzsäure  und  chlor- 
saurem Kalium  bleibt,  kann  außer  Fett  noch  Silbe rchlorid,  Baryum- 
sulfat  und  Bleisulfat  enthalten;  er  wird  nach  den  unter  ,.Metall- 
gifte  IV"  gemachten  Angaben  auf  einen  Oehalt  an  Baryum,  Blei  und 
Silber  untersucht. 

H.  Thoms^)  führt  die  „Zerstörung"  der  organischen  Substanz  in 
einem  besonders  konstruierten  Apparate  aus.  Als  Zerstörungskolben  kann 
ein  gewöhnlicher  Fraktionskolben  verwendet  werden,  dessen  seitliche  Ab- 
flußröhre aufwärts  gebogen  ist.  In  dem  Hals  des  Kolbens  ist  mittelst  eines 
Stopfens  ein  Scheidetrichter  befestigt ,  welcher  mit  einer ,  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  gesättigten,  wässerigen  Lösung  von  chlorsaurem  Kalium 
(1:20)  gefüllt  ist.  In  den  Zerstörungskolben  gibt  man  die  mit  12-5%iger 
Salzsäure  zu  einem  dünnen  Brei  angerührte  organische  Substanz  (Leichen- 
teile), fügt  etwa  lg  festes  chlorsaures  Kalium  hinzu  und  erwärmt  den 
Kolben  auf  einem  kochenden  Wasserbade.  Wenn  die  Masse  im  Zerstörungs- 
kolben warm  geworden  ist,  läßt  man  unter  fleißigem  Umschütteln  die 
Lösung  des  chlorsauren  Kaliums  zutropfen.  Man  hüte  sich  aber,  auf  ein- 
mal zu  große  Mengen  dieser  Lösung  zufließen  zu  lassen.  Im  übrigen  ver- 
fährt man  nach  den  obigen  Angaben. 

Bemerkungen:  Auch  bei  sehr  gründlicher  Behandlung  von  Leichenteilen 
oder  pflanzlichen  Stoffen  mit  Salzsäure  und  chlorsaurem  Kalium  bleiben  mehr  oder 
weniger  reichliche    weiße  Rückstände,    die,    zum  Teil    wenigstens,    aus  Fett,    freien 


*)  R.  Thoms,  „Einführung  in  die  praktische  Nahrungsmittelchemie".    Erschienen 
im  Verlag  von  S.  Hirzel.  Leipzig  1899.  Abbildung  64.  S.  163. 


Der  Xacliweis  der  Gifte  auf  cheraiscliem  Wege.  7(;;'] 

Fettsäuren  (chlorierte  F'ettsüurenV)  bestehen,  und  die  getren  die  Einwirkung  vfm 
naszierendem  Chlor  äußerst  widorstandsfäliiir  sind.  Ein  Teil  der  organischen  Sulist;in/ 
wird  jiiorhei  iu  stark  riechende,  die  Schleimliäute  reizende,  flüchtige  \'eriiindungfn 
(ChloranilV)  üliergeführt.  Man  führe  daher  die  Zerstörung  der  organischen  Substanz  mit 
Salzsäure   und  cldorsaurem  K.iliuni   unter  einem  gut  ziehenden   AbzuL'e  aus. 

Durch  die  angegebene  Behaudhingswcise  mit  Salzsäure  unter  Zugabe  von  clilor- 
saureni  Kalium  werden  die  in  irgend  einem  Untersuchungsobjekte  vorhandenen  Met;ill- 
gifte  in  anorganische  Salze,  meist  in  Chloride  und  Sulfate,  übergeführt,  die 
entweder  gelöst  oder  die  wie  Silberchlorid,  Baryumsulfat  und  zum  Teil  aiicii  Blei- 
sulfat als  schwerlösliche  Verbindungen  ausgefällt  werden,  \iele  Schwermetalle,  wir> 
Quecksilber,  Silber,  Blei,  Kupfer  und  Zink,  werden  aus  ihren  Salzlösungen  durch  Ei- 
weißstc.f f e,  die  ja  in  allen  tierischen  und  pflanzlichen  Orjxanismeu  und  Säften  ent- 
halten sind,  gefällt  und  iu  die  in  Wasser  meist  sehr  schwer  löslichen,  zum  Teil 
recht  beständigen  Metallalb uminate  übergeführt.  In  diesen  Metalleiweißverbiiuluiigen 
kann  das  betreffende  Metall  mit  Hilfe  der  üblichen  Reaktionen  meist  nicht  ohne  weiteres 
nachgewiesen  werden.  Auch  manche  organische  Säuren,  wie  die  Weinsäure,  fenuT 
Kohleliydrate,  können  den  Nachweis  der  Schwermetalle  mehr  oder  weniger  stören. 
Die  Schwermetallc  in  Verbindung  mit  derartigen  organischen  Substanzen  verhalten 
sicli  ähnlicli  wie  das  Kupfer  im  Kaliumciiprucvanid  [Cu.,  (CN)g  ]  K^ ,  das  weder  durch 
Alkalilauge  nocli  durch  Sclnvefelwasserstoff  ausgefällt  wird,  da  es  in  Lösung  nach  der 
Gleichung 

[Cu,(CN)JK,  :^  iK+[CÜ,(C^),] 
teilweise  elektrolytisch    dissoziiert    ist  und  somit  keine  Kupferionen  in  Lösung  schickt. 
Beim  Erhitzen    des   Kaliumcuprocyanids   mit   Salzsäure    und    chlorsaurem  Kalium    irelit 
sein  Kupfer  als  Chlorid   iu  Lösung,    das    nun    mit     den    oben    angeführten  Reagenzien 
Niederschläge  gibt,  da  seine  Lösung  nach  dem  Schema 


Cu  CL  J-±  !■++  2  Cl 


ionisiert  ist  und  infolgedessen  Cupriiouen  enthält. 

Will  man  also  die  in  Frage  kommenden  Metallgifte  mit  Hilfe  der  üidiclien 
lonenreaktionen  nachweisen,  so  müssen  die  störenden  organisch  eu  Substanzen 
auf  irgend  eine  Weise  erst  beseitigt,  also  „zerstört"  und  die  betref- 
fenden Metalle  iu  anorganische  Salze  übergefüh'rt  werden. 

Chlorsaures  Kalium  wirkt  uur  in  stark  salzsaurer  Lösung  kräftig  auf 
organische  Stoffe  ein.  Sollte  die  zu  zerstörende  Masse  während  des  Erhitzens  zu  ^ebr 
eingedickt  werden,  so  verdünne  man  sie  mit  Wasser  oder  verdünnter  Salzsäure.  Während 
des  Eintrageus  des  chlorsauren  Kaliums  muß  tüchtig  umgeschüttelt  werden,  weil 
sich  sonst  am  Boden  des  Glaskolbens  in  größerer  Menge  festes  chlorsaures  Kalium  an- 
sammelt, das  zur  Bildung  des  sehr  explosiven  Chlordioxydes  (Cl  G„)  tuid  inf'di:r- 
desseu  zu  Explosionen  führen  kann. 

Verfasser  verwendet  für  die  Untersuchung  von  Leichenteilen  eine  12-5°  „ige 
Salzsäure  (spez.  Gew.  l'Oßl),  die  mit  Seh  wefelwassers  tnf  f  gesättiu't  und  iu  nur  lose 
verschlossenen  Flaschen  aufbewahrt  wird.  Unter  diesen  Bedingungen  werden  die  letzten 
Spuren  von  Arsen,  die  sich  auch  in  der  reinsten  Salzsäure  des  Handels  noch  vorfinden 
können,  ausgefällt.  Vor  ihrer  Verwendung  wird  diese  Salzsäure  vom  ausgeschiedeneu 
Schwefel,  der  schwefelarsenhaltig  sein  kann,  abfiltriert.  Leichenteile  werden  von 
dem  Salzsäurekaliumchloratgemisch  verhältnismäßig  rasch  zerstört  und  grolitenteils 
in  Lösung  übergeführt.  Bei  einem  derartigen  Versuche  wurden  lOü  ff  vom  Ma^en 
und  Zwölffinuerdarm,  20  .^r  Mageninhalt,  75//  von  der  Niere  und  200//  von  der  Lel>er, 
also  zusammen  405//  (Jrganteile  von  einer  menschlichen  Leiche,  in  der  angegebenen 
Weise  behandelt ;  im  Verlaufe  einer  Stunde  ging  fast  die  ganze  Masse  in  Lösung. 
Der  ungelöst  gebliebene,  abfiltrierte  und  ausgewaschene  Anteil  dieser  Leichenteile  wo? 
nach  dem  Trocknen  auf  einem  Tonteller  52//,  nach  dem  Trocknen  iici  lOO^'  nur  :Vlf, 
und  bildete  dann  eine  gelblich  weiße,    sich  fettig  anfühlende,  amorphe  Masse. 


764  ^^-  Autcnrioth. 

Die  Zerstörung  mit  freier  Chlorsäure. 

Sonnetischein  und  Jeserich^)  nelimen  statt  des  chlorsauren  Kaliums 
reine  Chlorsäure.  Man  versetzt  die  zerkleinerten,  mit  Wasser  zu  einem 
dünnen  Brei  angerührten  Leichenteile  in  einem  geräumigen  Glaskolben 
mit  einigen  Kubikzentimetern  Chlorsäure  und  erAvärmt  langsam  und  vor- 
sichtig auf  dem  Wasserbade.  Sobald  die  Masse  schwammig  aufgetrieben 
erscheint,  fügt  man  in  kleinen  Anteilen  nach  und  nach  Salzsäure  hinzu. 
Selbst  bei  Verarbeitung  größerer  Mengen  von  Leichenteilen  ist  die  Auf- 
lösung derselben  in  2 — 3  Stunden  erfolgt.  Das  Ende  der  „Zerstörung"  der 
organischen  Stoffe  ist  daran  zu  erkennen ,  daü  sich  unter  einer  fast  weißen 
Fettschicht  eine  gelblich  gefärbte,  nahezu  klare  Flüssigkeit  befindet.  Das 
verdampfende  Wasser  muß  von  Zeit  zu  Zeit  durch  neues  ersetzt  werden, 
weil  sonst  die  Reaktion  explosionsartig  verlaufen  könnte.  Im  übrigen  wird 
das  Gemisch  genau  so  wie  bei  dem  Verfahren  mit  chlorsaurem  Kalium 
und  Salzsäure  behandelt. 

Die  Zerstörung  nach  dem  Verfahren  von  C.  Mai.'^) 

Man  rührt  die  zerkleinerten  Leichenteile  mit  Salzsäure  (LI 2)  zu  einem 
dünnen  Brei  an,  fügt  wenig  chlorsaures  Kahum  hinzu,  erhitzt  über  freier 
Flamme  unter  zeitweiligem  Zusatz  kleiner  Mengen  des  chlorsauren  Salzes 
(0"2//)  und  läßt  die  Masse  nach  der  sehr  bald  eintretenden  Verflüssigung 
erkalten;  das  ausgeschiedene  Fett  läßt  sich  dann  meist  leicht  von  der 
Flüssigkeit  abheben.  Dieses  wird  noch  ein-  oder  zweimal  mit  stark  ver- 
dünnter Salpetersäure  ausgekocht  und  das  Filtrat  mit  der  Hauptmenge 
der  Flüssigkeit  vereinigt.  Diese  wird  nun  unter  Zugabe  kleiner  Mengen  von 
Ammoniumpersulfat  so  lange  weiter  erhitzt ,  bis  eine  klare  weißgelbe 
Lösung  entstanden  ist,  die  dann  abfiltriert  und  in  der  üblichen  Weise 
mit  Schwefelwasserstoffgas  gesättigt  wird. 

Ammoniumpersulfat  ist  ein  kräftig  wirkendes  Oxydationsmittel,  das 
zudem  der  zu  oxydierenden  Flüssigkeit  keine  Substanzen  zuführt,  die 
nicht  flüchtig  sind. 

Die  Untersuchung'  der  abfiltrierten  Lösung  auf  Metallgifte. 
Abscheidnng  durch  Schwefelwasserstoff. 

Die  nach  dem  \'erfahren  von  Fresenius-v.  Baho  oder  nach  einem  der 
anderen  Verfahren  erhaltene  und  von  einem  I^berschuli  von  Salzsäure 
größtenteils  befreite  ab  filtrierte  Lösung,  die  bei  richtigem  Arbeiten  meist 
nur  schwach  gelb  3)    gefärbt    ist,    wird   in   einer  Kochflasche   auf    dem 


*)  P.  Jesterich,  Repertorium  der  analytischen  Chemie.  2.  379  (1882). 

^)  C.  Mai,  Kritische  Gänge  auf  forensisch-chemischem  Gebiet.  Zeitschr.  f.  Unter- 
suchung der  Nahrungs-  und  Genußmittel  usw.  5.  1106  (1902). 

^)  Bei  Vorhandensein  von  Chrom  ist  die  erhaltene  Lösung  wie  auch  das  Filtrat 
v(jm  Schwefelwasserstoffniederschlag  durch  einen  Gehalt  an  Chromchlorid  melir  oder 
weniger  grün  gefärbt. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  7(55 

Wasserbade  erhitzt  und  mit  arsenfreieni  Schwefclwasserstoffgas ')  j»('- 
sättigt.  Man  leitet  in  diese  Lösung  unter  fortwährendem  Erhitzen  auf  dem 
Wasserbade  längere  Zeit  V2  ^^^^  1  Stunde  und  länger  Schwcfehvasserstoff 
ein  und  fährt  mit  dem  P^inleiten  von  Schwefelwasserstoff  bis  zum  Er- 
kalten fort,  nachdem  man  die  Kochflasche  von  dem  Wasserbade  wegge- 
nommen hat. 

Diese  mit  Schwefelwas.serstoff  g;e sättigte  Flüssigkeit  lallt  m.ni  in 
der  Kochflasche,  die  mit  einem  Stopfen  nur  lose  verschlossen  wird,  mehrere 
Stunden,  am  besten  bis  zum  anderen  Tage,  ruhig  stehen.  Kieclit  dann  die 
Flüssigkeit  noch  stark  nach  Schwefelwasserstoff  und  wird  ein  (lariil)ei-  ge- 
haltenes ..Bleipapier"  beim  rmschütteln  geschwärzt,  so  kann  sie  weiter  ver- 
arbeitet werden:  ist  dies  aber  nicht  der  Fall,  so  wird  die  Fiüssiuki'it 
nochmals  auf  dem  Wasserbade  erwärmt  und  von  neuem  mit  Schwefel- 
wasserstoff gesättigt.  SchUeßlich  wird  der  durch  SchwH'felwasserstoff  er- 
zeugte Niederschlag  abfiltriert  und  mit  schw^efelwasserstoffhaltigem  Wassei- 
ausgewaschen. 

Der  erhaltene  Niederschlag  wird  auf  Arsen,  Antimon,  Zinn. 
Quecksilber,  Blei,  Kupfer,  Wismut  und  Kadmium  (Metallyifte  I 
und  11)  und  das  Fil trat  von  diesem  Niederschlage  auf  Chrom  und  Zink 
(Metallgifte  III)  untersucht. 

Es  ist  zu  beachten,  daß  pflanzhche  und  tierische  Stoffe,  also  auch 
Leichenteile,  bei  der  Behandlung  mit  Salzsäure  und  chlorsaurem  Kalium 
häufig  Flüssigkeiten  liefern,  die,  auch  bei  Abwesenheit  von  Metallen 
dieser  Gruppe,  mit  Schwefehvasserstoff  gelbrot,  l)raunrot  oder  dunkelbraun 
gefärbte  Niederschläge  2)  geben  können. 

Entsteht  also  bei  toxikologischen  Untersuchungen  in  saurer  Lösung 
mit  Schwefelwasserstoff  ein  gefärbter  Niederschlag,  so  darf  man  durch 
diesen  nie  zu  der  vorgefaßten  Meinung  geführt  werden,  als  nui.sse  ein 
Metallgift  unbedingt  vorhanden  sein!  Auch  aus  der  Farbe  des  er- 
haltenen Schwefelwasserstoffniederschlags  kann  nicht  ohneweiters  auf  das 
Vorhandensein  eines  bestimmten  Metalls  geschlossen  werden. 

Kontrollversuch.  Einen  Teil  des  Filtrats  vom  Schwefelwasser- 
stoffniederschlage versetzt  man  vor  der  Prüfung  desselben  auf  Chrom  und 
Zink  mit  etwa  der  lOfachen  Menge  gesättigtem   Schwefehvasserstoff- 


^)  Arseufrcieu  Schwefelwasserstoff  stellt  mau  am  lieqiiemstcn  iu  der  fol- 
genden Weise  her:  Aus  rohem,  käuflichem  Schwefeleisen  und  roher  Salzsäure  entwickeltes 
Scliwefclwasscrstoffgas  wird  in  verdünnte  Natronlauge  bis  zur  Sättigung  eiiiireloitct;  die 
erhaltene  Lösung  des  Nat ri  umsu  If  hydrats  (XaSH)  bringt  man  in  oiniMi  Kuu'el- 
trichter  (Scheidetrichter)  und  läßt  sie  in  mäßig  verdünnte  Schwefelsäure  (1  -f  4)  fließen, 
wobei  die  sofort  einsetzende  Entwicklung  von  völlig  arsenfreiem  Schwefelwassei-stoff 
sich  nacii  Beliolien  leicht  regulieren  läßt. 

-)  Völlig  ausgewaschenes  Kasein  und  Fibrin  gehen  bei  wiederholter  Beiiand- 
lung  mit  Kaliumchlorat  und  Salzsäure  fast  vollständig  in  Lösuni:  und  liefern  ein  Filtrat. 
aus  welchem  Schwefelwasserstoff  schmutziggelli  bis  liräunlich  gefärbte,  amorphe 
Niederschläge  fällt;  diese  Niederschläge  enthalten  neben  viel  freiem  Scliwi-fcl  sfbwcfel- 
haltige  organische  Substanzen. 


7(36  ^^  •  Autenrieth. 

w asser,  schüttelt  um  und  läßt  einige  Minuten  stehen.  Entsteht  hierbei 
kein  gefärbter  Niederschlag,  so  sind  von  den  in  Frage  kommenden  ^letallen 
(Metallgifte  I  und  II)  auch  keine  mehr  in  der  liösung  vorhanden  und  es 
kann  dann  das  Filtrat  auf  Chrom  und  Zink  (Metallgifte  III)  weiter  verarbeitet 
werden.  Andernfalls  ist  das  gesamte  Filtrat  von  dem  mit  Schwefelwasser- 
stoff entstandenen  Niederschlag  erst  mit  Wasser  stark  zu  verdünnen  und 
nochmals  mit  Schwefelwasserstoff  zu  sättigen.  Blei  und  Kadmium  werden 
nämlich  bei  Gegenw-art  von  viel  Salzsäure  durch  Schwefelwasserstoff  nicht 
vollständig  ausgefüllt  (siehe  oben). 

Ausziehen  des  „Schwefelwasserstoffniederschlags"  mit 
Ammoniak-Schwefelammonium.  Der  mit  Schwefelwasserstoff  erhaltene, 
ausgewaschene  und  noch  feuchte  Niederschlag  wird  auf  dem  Filter  mit 
einer  heißen  Mischung  aus  annähernd  gleichen  Teilen  Ammoniak  und 
gelbem  Schwefelammonium  gründlich  ausgezogen.  Dies  geschieht  in  der 
Weise,  daß  man  das  zum  Sieden  erhitzte  Ammoniak  -  Schwefelammonium- 
gemisch, 5 — 10  cm 3,  auf  den  Niederschlag,  der  sich  auf  dem  Filter  befindet, 
träufelt,  das  abfließende  Filtrat  erwärmt,  dann  wiederum  auf  den  Nieder- 
schlag zurückgießt  und  diese  Operation  noch  einige  Male  wiederholt. 
Schließlich  spült  man  das  Filter  noch  mit  wenigen  Kubikzentimetern  eines 
neuen  Ammoniak-Schwefelammoniumgemisches  aus.  Das  aufgesammelte 
Filtrat  muß  auf  Arsen,  Antimon,  Zinn  und  Kupfer^)  =  Metall- 
gifte I,  der  Filterrückstand  auf  Quecksilber,  Blei,  Kupfer,  Wis- 
mut und  Kadmium  =  MetaUgifte  II  untersucht  werden. 

Metallgifte  I. 

Arsen,  Antimon,  Zinn,  Kupfer. 

Die    Untersuchung    des    im   Ammoniak -Schwefelammonium 
löslichen  Teiles  vom  Schwefelwasserstoffniederschlage. 

Der  nach  den  obigen  Angaben  mit  Hilfe  einer  heißen  Ammoniak- 
Schwefelammoniummischung  hergestellte,  durch  gelöste  organische  Stoffe 
meist  stark  dunkelbraun  gefärbte  Auszug  des  ..Schwefelwasserstoff nieder- 
schlägst wird  in  einer  flachen  Porzellanschale  auf  dem  Wasserbade  zur 
Trockne  verdampft,  der  bleibende  Rückstand  nach  dem  Erkalten  mit 
rauchender  Salpetersäure  durchfeuchtet,  dann  wiederum  eingedampft.   Der 


')  Schwef elkupfor,  CuS,  ist  in  heißem,  gelbem  Schwefelammouium  in  erheb- 
licher Meng-e  löslich.  —  Beim  Behandeln  einer  kupferhaltigen  Scliwefelammonium- 
lösung  nach  dem  weiter  unten  beschriebenen  Verfahren  entsteht  Kupfer oxyd,  welches 
der  Schmelze  ein  mehr  oder  weniger  graues  oder  seh warzes  Aussehen  erteilt.  Wird 
die  Schmelze  mit  Wasser  ausgezogen,  so  bleibt  schwarzes  Kupferoxyd  eventuell  neben 
Zinnoxyd  und  pyroantimonsanrem  Natrium  im  Rückstande.  Zum  Nachweis  des  Kupfers 
löst  man  den  schwarzen  Rückstand  in  wenig  verdünnter  heißer  Salzsäure  auf  und  teilt 
die  erhaltene  Lösung  in  zwei  Teile:  den  einen  Teil  versetzt  man  mit  Ammoniak  bis  zur 
alkalischen  Reaktion:  Blaufärbung  der  Lösung,  den  anderen  Teil  mit  Ferrocyan- 
kalium:  braunroter  Niederschlag  von  Ferrocyankupfer,  [Fe  (CN)g]  C'u„  zeigen  dann 
Kupfer  an. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  cliemiscliem  Wege.  7(; 


iV  ( 


hierlici  bleibende  Ptückstaiul  \vinl  mit  etwa  der  dreifachen  .M<'nge  einer 
Mischung  aus  zwei  Teilen  Natronsalpeter  und  einem  Teile  trockener 
Soda  innig  verrieben,  dieses  Gemisch  auf  dem  Wasserbade  ^ut  ausge- 
trocknet, dann  in  kleinen  Mengen  in  einen  glühenden  I'orzellanfiegel,  der 
wenig  geschmolzenen  Xatronsalpeter  enthält.  albnähHch  eingetragen.  Ist 
das  ganze  Gemisch  in  den  Tiegel  eingetragen,  so  wird  dieser  noch  kurze 
Zeit  erhitzt,  bis  nämlich  der  Inhalt  des  Tiegels  zu  einer  farblosen  Flüssig- 
keit zusammengeschmolzen  ist.  Nur  bei  Vorhandensein  von  Kupfer  ist  die 
Schmelze  durch  entstandenes  Kupfero.xvd  grau  oder  grauschwarz  ge- 
färiit.  Die  erhaltene  Sclimelze,  welche  arsensaures,  pyi'oantimonsanres  und 
zinnsaures  Natrium  sowie  Zinnoxvd  und  Kupferoxvd  enthalten  kann, 
weicht  man  nach  dem  Erkalten  mit  heiliem  Wasser  auf,  spidt  sie  in  eine 
Kochflasche  und  fügt  zu  der  so  erhaltenen  klaren  oder  trüben  Flüssig- 
keit ein  wenig  Natrium bikarbonat,  um  die  kleinen  Mengen  von  etwa 
gelöstem  zinnsauren  Natrium  zu  zersetzen  und  das  gesamte  Zinn  als  Zinn- 
säure (Zinnoxyd)  zur  Abscheidung  zu  bringen:  alsdann  filtriert  man  ab. 

Das  F'iltrat  (A)  enthält  dann  etwa  vorhandenes  Arsen  als  arsen- 
saures Natrium,  As O^N^H,  während  der  Filtrierrückstand  (B)  pyro- 
antimonsaures  Natrium,  SboO-NaoHg,  Zinnoxyd  und  Kupferoxyd 
enthalten  kann.  >) 

Die  Untersuchung  des   erhaltenen  Filtrates  A  auf  Arsen  nach 

dem  Verfahren   von  Marsh. 

Man  säuert  die  nach  den  obigen  Angaben  bereitete  und  abfiltrierte 
Lösung  der  Schmelze,  also  das  Filtrat  A,  welches  vorhandenes  Arsen  als 
arsensaures  Natrium  enthalten  kann,  mit  verdünnter  arsenfreier  Schwefel- 
säure stark  an,  dämpft  sie  in  einem  Porzellanschälchen  auf  einer  Asbest- 
platte über  kleiner  Flamme  ein,  versetzt  den  Rückstand  zur  vollständigen 
Entfernung  von  etwa  noch  vorhandener  Salpetersäure  mit  einigen  Tropfen 
konzentrierter  Schwefelsäure  und  erhitzt  nun  weiter,  bis  die  schweren 
weilien.  senkrecht  in  die  Höhe  steigenden  Dämpfe  der  Schwefelsäure  in 
reichlicher  Menge  auftreten.  Der  Rückstand  -)  im  rorzellanschälchen  i)il(h't 
dann  eine  dicke,  farblose,  stark  sauer  reagierende  Flüssigkeit,  die  etwa 
vorhandenes  Arsen  als  Arsen  säure  (AsO^Hj)  enthält  und  die  beim 
Erkalten  häufig  zu  einer  weißen  Kristallmasse  erstarrt.  Die  Lösung  dieses 
Rückstandes  in  Wasser  wird  im  il/«rsÄschen  Apparate  auf  einen  Gehalt 
an  Arsen  untersucht. 


*)  Auch  bei  Abwesenheit  der  unter  B  angeführten  Stoffe  erhält  man  in 
der  Regel  einen  geringen,  wasserunlöslichcMi  Rückstand,  der  vom  rorzellantiegel 
herrühren  kann,  dessen  Glasur  durcli  die  Salpoter-Sodaschmelzc  teilweise  aufgi- 
schlossen  wird. 

^)  Um  sicher  zu  sein,  daß  die  Salpetersäure  vollständig  i-ntfernt  ist,  untersuchi' 
man  einige  Tropfen  dieses  Rückstandes  nach  dem  Vermischen  mit  konzentrierter  Schwefel- 
saure mit  Hilfe  von  Ferrosulf atlösung  auf  einen  Gehalt  an  Salpetersäure. 


768  W.  Autenrieth. 

^lan  bringt  in  die  Ent>yicklungsflasche  des  Apparates  von  Marsh 
arsenfreies  Zink  1),  gekörnt  oder  in  kleineren  Stangen,  in  einer  Menge 
von  20 — 25  g  und  gießt  durcli  die  Trichterröhre  eine  mäßig  verdünnte, 
kalte  Schwefelsäure  mit  (15 — Ißo/oigei'SO^H.,  -idazu.  Die  Wasserstoffentwick- 
limg  darf  keine  allzu  lebhafte  sein,  weil  sonst  die  Flüssigkeit  in  der 
Entwicklungsflasche  sich  zu  stark  erwärmen  könnte ;  in  diesem  Fall  kann 
nämlich  die  Schwefelsäure  zum  Teil  zu  schwefeliger  Säure  und  weiterhin 
zu  Schwefelwasserstoff  reduziert  werden,  wodurch  dann  der  Nachweis  des 
Arsens  mehr  oder  weniger  beeinträchtigt  wird. 

Wird  die  Entwicklungsflasche  zu  warm,  so  muß  sie  durch  Einstellen 
in  eine  mit  kaltem  Wasser  gefüllte  Schale  gekühlt  werden.  Beim  Operieren 
mit  dem  Apparat  von  Marsh  hat  man  folgende  \'orsichtsmaßregeln  zu 
beobachten: 

1.  Man  hat  sich  zunächst  davon  zu  überzeugen,  daß  der  Apparat 
vollkommen  dicht  ist. 

2.  Der  Wasserstoff  muß  vor  dem  Entzünden  möglichst  frei 
von  Luft  sein ;  dies  ist  der  Fall,  wenn  das  in  einem  trockenen  Reagens- 
glase  aufgesammelte  Wasserstoffgas  beim  Entzünden  ohne  Detonation  ver- 
brennt ;  der  aus  der  Kahglasröhre  ausströmende  Wasserstoff  kann  dann 
ohne  jede  Gefahr  einer  Explosion  des  Apparates  entzündet  werden.  Ist  der 
Apparat  dicht  und  die  Wasserstoffentwicklung  eine  nicht  zu  lebhafte,  so 
ist  die  Luft  im  Apparate  in  etwa  6  bis  8  Minuten  verdrängt. 

3.  Man  hat  hierauf  den  Nachweis  zu  führen,  daß  der  Wasserstoff 
völlig  frei  von^lrsen  ist:  er  darf  für  sich  keinen  Arsenspiegel  und  keine 
Arsenflecke  geben. 

Ist  der  Wasserstoff  arsenfrei,  so  bringt  man  die  erhaltene  wässerige, 
schwefelsaure  Lösung  der  Schmelze,  die  Arsensäure  enthalten  kann,  in  kleinen 
Mengen  allmählich  in  die  Entwicklungsflasche,  indem  man  gleichzeitig 
die  Reduktionsröhre  des  Apparates  zur  stärksten  Rotglut  erhitzt. 
Ist  die  fragliche  Lösung  arsenhaltig,  so  mischt  sich  dem  Wasserstoff  als- 
bald Arsenwasserstoff  bei,  und  es  bildet  sich,  unter  Umständen  schon 
nach  einigen  Minuten,  in  der  Kaliglasröhre,  nämlich  hinter  der  stark  er- 
hitzten Stelle .  ein  glänzender,  mehr  oder  weniger  schwarzer  A  r  s  e  n- 
spiegel.  Sind  nur  minimale  Spuren  von  Arsen  vorhanden,  so  scheidet 
sich  im  engeren  Teile  der  Reduktionsröhre  erst  nach  längerer  Zeit  ein 
brauner  oder  schwarzbrauner  Anflug  von  Arsen  ab.  Hält  man  hinter 
den  Arsenspiegel  ein  Stück  weißes  Papier,  so  ist  selbst  ein  minimaler  Arsen- 
anflug noch  deutlich  zu  erkennen.  —  Nimmt  man  hierauf  den  Bunsen- 
brenner von  der  Kaligiasröhre  weg,    so   färbt  sich  die  Wasserstoffflamme 


')  Ein  Zink,  von  welchem  15 — 20  g  mit  arsenfreier  Schwefelsäure  während  einer 
Stunde  in  der  stark  erhitzten  Kaliglasröhre  des  Marshschen  Apparates  keinen  Anflug 
von  Arsen,  also  keine  Spur  eines  Arseuspiegels,  liefert,  ist  praktisch  genommen  arsen- 
frei und  für  gerichtlich-chemische  Untersuchungen  geeignet. 

-)  Eine  für  den  3/ro'.'.7( sehen  Apparat  geeignete  Säure  erhält  man  durch  Mischen 
von  5  Vol.  Wasser  mit  1  \o].  arsenfreier,  konzentrierter  Schwefelsäure. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemisflieni  Wege.  7ß<) 

bei  Vorhandensein  von  Arsen  bläulich  wei  li  und  es  steigen  gleichzeitif^ 
aus  der  Flamme  weiße  Dämpfe  von  Arsentrioxyd  auf.  Hält  man  jetzt 
in  die  Wasserstoffflamme  eine  kalte  Porzellanschalc,  so  entsteht  auf  ihr 
ein  glänzender,  schwarzer  Fleck,  ein  sogenannter  Arsenfleck, 
wenn  Arsen  zugegen  ist.  Auch  an  seinem  charakteristischen  Knoblauch- 
geruche  kann  der  Arsenwasserstoff  leicht  erkannt  werden,  wenn  man 
die  Wasserstoftflamme  auslöscht  und  das  Gas  ausströmen  läßt.  Sind  dem 
Wasserstoff  selbst  nur  Spuren  von  Arsenwasserstoff  beigemengt,  so  macht 
sich  der  letztere  durch  seinen  Geruch  bemerkbar. 

Auf  einem  dritten  Wege  kann  das  Arsen  mit  Hilfe  des  iV/arsAschen 
Apparates  nachgewiesen  werden,  wenn  man  den  fraglichen  Wasserstoff  nach 
dem  Löschen  der  Flamme  in  eine  verdünnte,  neutrale  Lösung  von  Silber- 
nitrat einleitet.  Ist  der  Wasserstoff  arsenhaltig,  so  färl)t  sich  die  Silbci- 
nitratlösung  erst  dunkel,  und  es  scheidet  sich  alsbald  ein  schwaizci- 
Niederschlag  von  metallischem  Sill)er  ab,  während  arsenige  Säure  und  freie 
Salpetersäure  in  Lösung  gehen.  Filtriert  man  das  ausgeschiedene  Silbei- 
durch  ein  Doppelfilterchen  ab  und  fügt  zum  klaren  Filtrat,  nändicli  zui- 
Neutralisation  der  freien  Säure,  mit  Hilfe  eines  Glasstabes  wenige  Tröpf- 
chen stark  verdünnte  x\mmoniakflüssigkeit  hinzu,  so  kann  man  den  gelb- 
lichweißen, flockigen  Niederschlag  von  arsenigsaurem  Silber,  AsOg  Ag., 
hervorrufen.  Da  dieser  Niederschlag  in  Salpetersäure  und  in  Ammoniak 
leicht  löslich,  kann  er  nur  in  einer  neutralen  Lösung  entstehen. 

Hält  mau  über  die  Öffnung  der  Reduktionsröhre  des  J/ar.sÄschen 
Apparates,  nachdem  die  Flamme  gelöscht  ist,  einen  Tapierstreifen,  der 
mit  einer  konzentrierten  Silbernitratlösung  (1  +  1)  befeuchtet  ist,  .so 
färbt  er  sich  gelb,  wenn  der  ausströmende  Wasserstoff  Arsenwasserstoff 
enthält ;  wird  der  gelbe  Flecken  auf  dem  Papierstreifen  mit  Wasser  be- 
feuchtet, so  nimmt  er  eine  schwarze  Färbung  an.  Gutzeit&vliQ  Arsenprobe. 

Unterschiede  zwischen  Arsen-  und  Antimonflecken,  Arsen-  und 

Antimonspiegeln. 

Der  Antimonw^asserstoff,  SbH,,  der  durch  P^inwirkung  von  Wasser- 
stoff in  statu  nascendi  auf  verschiedene  Antimonpräparate  (wie  SbClj, 
SbgOs,  HSbOg,  Brechwx^instein)  entsteht,  verhält  sich  im  Marslisdwu 
Apparate  ähnUch  wie  der  Arsenwasserstoff,  d.  h.  er  bildet  Flecke  und 
Spiegel  und  fällt  aus  einer  Silbernitratlösung  einen  schwarzen  Nieder- 
schlag, der  freiUch  nicht  aus  metallischem  Silber,  sondern  aus  Antimon- 
silber (SbAga)  besteht. 

Obwohl  das  Arsen  nach  dem  angegebenen  Verfahren  (juantitativ  vom 
Antimon  getrennt  wird  und  somit  ein  antimonhaltiges  Arsen  bei  dt  r 
Prüfung  im  Apparate  von  Marsh  so  gut  wie  ausgeschlossen  ist,  so  sdu'int 
es  doch  angezeigt  zu  sein,  an  dieser  Stelle  die  Unterschiede  von  Arsen  und 
Antimon  anzugeben,  zumal  es  stets  nötig  sein  wird,  erhaltene  Arsen- 
flecke und  Arsen  Spiegel  als  solche  näher  zu  cliarakteiisiereii.  Auch 
ist  es  in  vielen,  zumal  zweifelhaften  Fällen,  wenn  man  also  glaul)t  Antimon 

Abderhalden,  Haudbuch  der  biochemischeu  Arbeitsiiitthoden.   V.  4'.) 


770  ^^  •  Autonrictli. 

ijefunden  zu  Iiaben.  iieboten,  mit  der  vennutlich  aiitinionhaltigen  Flüssig- 
keit im  Marshschen  Apparate  Antimouflecke  und  Autimonspiegel  zu  er- 
zeugen, um  die  Anwesenheit  des  Antimons  weiter  zu  bestätigen.  (Siehe 
bei  Antimon.) 

Die  folgenden  Unterschiede  zwischen  Arsen-  und  Antimonflecken, 
Arsen-  und  Antimonspiegeln  sind  bemerkenswert : 

a)  Der  Arsenspiegel  ist  stark  metallisch -glänzend,  schwarzbraun 
und  leicht  beweglich,  d.  h.  er  lälU  sich  infolge  seiner  grolien  Flüchtigkeit 
durch  Erhitzen  im  Wasserstoff  leicht  weiter  sublimieren.  —  Der  Anti- 
monspiegel ist  direkt  hinter  der  erhitzten  Stelle,  wo  er  zusammen- 
schmilzt, silberweiß,  in  den  der  Flamme  entfernteren  Lagen  fast  schwarz 
und  wenig  glänzend:  da  Antimonwasserstoff  schon  bei  niedrigerer  Tem- 
peratur zersetzt  wird  als  Arsenwasserstoff,  scheidet  sich  das  Antimon  auch 
vor  der  erhitzten  Stelle  aus.  Der  Antimonspiegel  ist  bei  höherer  Temperatur 
flüchtig  und  läßt  sich  daher  weniger  leicht  sublimieren. 

h)  Der  Arsenfleck  ist  glänzend,  schwarzbraun,  an  weniger  dichten 
Stellen  schön  braun  und  in  Natriumhypochloritlösung  zu  arseniger 
Säure  leicht  löslich:  r.H.,  0  -|-  2As  +  3  ( 0  NaCl)  =  2  AsO^  H3  -h  o  NaCl. 

Der  Antimon  fleck  ist  nicht  glänzend,  matt,  sam  metschwarz,  auch 
in  dünnen  Schichten  niemals  braun,  sondern  dunkel,  graphitartig  und  in 
Natriumhypochloritlösung  unlöslich. 

c)  Der  Arsenfleck  wird  von  einem  Tropfen  konzentrierter  Salpeter- 
säure odei"  von  feuchtem  Chlor  leicht  zu  Arsensäure  gelöst:  setzt  man 
hierauf  Silbe  mit  rat  hinzu  und  neutrahsiert  mit  Ammoniak,  so  bildet 
sich  ein  rötlicher  Niederschlag  von  Silberarseniat,  ASO4  Agg. 

Der  Antimonfleck  verschwindet  gleichfalls  durch  Salpetersäure  oder 
feuchtes  Chlor;  Silbernitrat  gibt  aber  keinen  gefärbten  Niederschlag. 

d)  Ein  Arsenspiegel.  der  sich  in  der  Kaliglasröhre  befindet,  gibt 
bei  gelindem  Erhitzen  im  trockenen  Schwefelwasserstoffstrome  gelbes 
Arsentrisulfid:  ein  Autimonspiegel  färbt  sich  unter  denselben  Bedingungen 
braunrot  (Kermesfarben)  bis  schwarz  unter  Bildung  von  Antimon- 
trisulfid. 

e)  Auch  in  dem  Verhalten  gegen  verdünnte  Silbernitratlösung  zeigen 
sich  Arsen-  und  Antimonwasserstoff  verschieden;  in  beiden  Fällen  ent- 
stehen schwarze  Niederschläge.  Durch  Arsenwasserstoff  wird  aber 
metallisches  Silber  gefällt  und  im  Filtrate  davon  läßt  sich  arsenige  Säure 
nachweisen:  der  Antimonwasserstoff  dagegen  fällt  Antimonsilber  (Agg  Sb) 
und  in  der  abfiltrierten  Flüssigkeit  ist  keine  Spur  von  Antimon  zu  finden. 
Zum  Nachweise  des  Antimons  wird  der  schwarze  Niederschlag  ab- 
filtriert, ausgewaschen  und  mit  einer  10 — Ib^/oigen  Weinsäurelösung 
tüchtig  ausgekocht,  wobei  das  Antimon  vollständig  in  Lösung  geht,  während 
das  Silber  als  grauweißer  Rückstand  bleibt.  Beim  Einleiten  von  Schwefel- 
wasserstoff in  die  mit  verdünnter  Salzsäure  versetzte  weinsaure  Antimon- 
lösung  wird  orangerotes  Schwefelantimon  gefällt. 


1 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  clieniiseheiii  W  ej^je.  771 

Die  Untcrsucluing   des   Filterrückstandes  11  ;nit    AiitiiiKiii.    /iim 

und  Kupfer. 

Der  oben  erhaltene,  in  Wasser  unlösliche  lliickstand  (B)  der 
Schmelze,  der  pyroantinionsaures  Natrium,  Zinnoxyd  und  Kiipfeioxyd  ent- 
halten kann,  ^vird  auf  dem  Filter  mit  heißer,  mär»ig  verdünnter  Salzsäure 
(fileiche  Teile  konzentrierte  Säure  und  Wasser)  wiederholt  ilher^ossen.  his 
alles  oder  fast  alles  in  Lösung  gegangen  ist.  War  die  Schmelze  und  dei- 
Filterrückstand  B  grau  oder  schwarz  gefärbt,  so  untersucht  man  zu- 
nächst einen  Teil  der  erhaltenen  salzsauren  Lösung  mit  überschüssigem 
Ammoniak  (Blaufärbung)  und  mit  Ferrocyankalium  (braunroter 
Niederschlag  oder  braunrote  Färbung)  auf  Kupfer.  —  Den  übrigen  Teil 
der  salzsauren  Lösung  dampft  man  in  einem  Porzellanschälchen  auf  dem 
Wasserbade  bis  auf  wenige  Tropfen  ein  und  bringt  2  oder  ;>  Troi)fen 
davon  auf  einem  Flatinblech  mit  einem  Stückchen  Zink  zusammen:  bt'i 
Gegenwart  von  Antimon  entsteht  auf  dem  Platinblech  ein  tiefschwarzei- 
Fleck.  —  Zinn  bewirkt  einen  grauen  und  Kupfer  eiuen  dunkelrot- 
braunen Fleck  auf  dem  Platinblech.  Beide  Flecken  können  nicht  gut  mit 
dem  Antimonfleck  verwechselt  werden.  —  Den  noch  vorhandenen  Best 
der  salzsauren  Lösung  des  Filterrückstandes  B  verdünnt  man  mit  etwas 
Wasser,  fügt  ein  Stückchen  Zink  hinzu  und  läßt  stehen,  bis  die  Wasser- 
stoffentwicklung beendigt  ist.  Schwarze  Metallflocken,  die  sich  hierbei  aus- 
scheiden, werden  auf  einem  Filterchen  gesammelt,  gut  ausgewaschen,  dann 
mit  wenig  konzentrierter  Salzsäure  gelinde  erwärmt  und  eventuell  filtriert. 
Antimon  bleibt  hierbei  ungelöst,  während  Zinn  als  Zinnchlorür  in  Lösung 
geht  und  in  der  abfiltrierten  Lösung  durch  die  folgenden  Proben  er- 
kannt wird  : 

ci)  Einen  Teil  des  Filtrats  versetzt  man  mit  einigen  Tropfen  Queck- 
silberchloridlösung; ist  es  zinnhaltig,  so  wird  weißes  Quecksilberchlorür 
gefällt,  das  beim  Erwärmen  in  graues,  metallisches  Quecksilber  übei-gelit. 
falls  Zinnchlorür  im  Überschusse  vorhanden  ist. 

h)  Ein  anderer  Teil  des  Filtrates  gibt  mit  einigen  Tropfen  einer 
stark  verdünnten  Mischung  aus  Ferrichlorid  und  Ferricyankalium 
einen  blauen  Niederschlag  von  Berlinerblau,  falls  er  Zinn  enthält.  Die.se 
Probe  ist  nicht  so  charakteristisch  für  Zinn,  denn  es  gibt  viele  Substanzen, 
welche  Ferri-Ferricyanid  zu  Berlinerblau  reduzieren. 

Zum  weiteren  Nachweise  des  Antimons  löst  man  die  in  Salzsäure 
ungelöst  gebliebenen  schwarzen  Flocken  in  einigen  Tropfen  heiiiem  Königs- 
wasser, verdampft  die  überschüssige  Säure  auf  dem  Wasserballe  und  ver- 
tliümt  den  Rückstand  mit  Wasser.  Liegt  nicht  zu  wenig  Antimon  vor.  so 
wird  hierbei  weißes  Antimonoxychlorid  gefällt,  das  sich  in  wenig  verdünnter 
Salzsäure  wieder  löst.  Einen  Teil  dieser  salzsauren  Lösung  prüft  man 
mit  Schwefelwasserstoff  auf  Antimon  und  einen  anderen  Teil  bringt 
man  in  den  Apparat  von  Marsli,  um  Antimonflecke  und  Antimonsi)iei2el  zu 
erzeugen,  bzw.  um  den  Antimonwasserstoff   mit  Silbernitrat  n:icli/uw(Msen. 

\gl.  Vorhergehendes. 

40* 


--()  W.  Autenrieth. 

Metallgifte  IT. 

Quecksilber,  Blei,  Kupfer,  Kadmium,  Wismut. 

Die  rntersuchuiig  des  in  Schwefelamiuonium  unlöslichen  Teiles 
vom  Seh  wefehvasserst  off  nieder  schlage. 

Der  in  dem  Ammoniak-Schwefelammoniumgemisch  unlösliche 
Teil  des  Schwefelwasserstoffniederschlags,  welcher  die  Sulfide  von  Queck- 
silber, Blei.  Kupfer,  Kadmium  und  Wismut  enthalten  kann,  lälit  sich  fast 
immer  direkt  nach  dem  aUgemeinen  qualitativ-analytischen  Gange  ver- 
arbeiten. Liegt  nur  wenig  Niederschlag  vor.  so  übergießt  man  ihn  auf 
dem  Filter  wiederholt  mit  einigen  Kubikzentimetern  heißer,  mäliig  ver- 
dünnter Salpetersäure.  (1  Vol.  konzentrierter  Säure  und  2  Vol.  Wasser.) 
Quecksilbersulfid  bleibt  hierbei  ungelöst,  während  die  Sulfide  von  Blei, 
Kupfer,  Wismut  und  Kadmium  als  salpetersaure  Salze   in   Lösung  gehen. 

Die  Untersuchung  des  Filterrückstandes  auf  Quecksilber. 

Ein  lUickstand.  der  hierbei  auf  dem  Filter  bleibt,  muß  stets  auf 
Quecksilber  untersucht  werden,  auch  wenn  er  nicht  schwarz  ge- 
färbt ist! 

]Man  übergießt  diesen  Rückstand  auf  dem  Filter  wiederholt  mit  wenig 
heißer,  mäßig  verdünnter  Salzsäure,  in  der  man  vorher  einige  Kriställchen 
chlorsaures  Kalium  gelöst  hat,  dampft  das  Filtrat  in  einem  Porzellan- 
schälchen  auf  dem  W^asserbade  zur  Trockne  ein,  nimmt  den  Rückstand 
in  2  bis  3  cui^  salzsäurehaltigem  Wasser  auf,  filtriert  und  untersucht  das 
klare  Filter  in  der  folgenden  Weise  auf  Quecksilber. 

aj  Einen  Teil  des  Filtrats  versetzt  man  mit  einigen  Tropfen  Zinn- 
chlorürlösung:  bei  Vorhandensein  von  Quecksilber  entsteht  ein  weißer 
Niederschlag  von  Quecksilberchlorür,  der  auf  weiteren  Zusatz  von  Zinn- 
chlorür,  besonders  beim  Erwärmen,  zu  grauem  metallischem  Quecksilber 
reduziert  wird. 

b)  Einige  Tropfen  des  Filtrats  bringt  man  auf  ein  blankes  Kupfer- 
blech, auf  dem  sich  bei  Anwesenheit  von  Quecksilber  sofort  ein  grauer, 
beim  Reiben  glänzend  werdender  Fleck  bildet.  Wird  das  Kupferblech,  auf 
dem  sich  Quecksilber  befindet,  mit  Wasser,  Alkohol  und  Äther  ausgewaschen, 
getrocknet  und  in  einer  engen,  schwer  schmelzbaren  Röhre  erhitzt,  so 
subUmiert  Quecksilber  über,  welches  mit  einer  Spur  Joddampf  sich  als- 
bald in  das  schön  rot  gefärbte  Quecksilberjodid,  HgJ.j,  verwandelt. 

c)  Einen  Teil  des  Filtrats  erwärmt  man  gehnde  mit  phosp höriger 
Säure;  enthält  die  Lösung  Quecksilber,  so  entsteht  ein  weißer  Nieder- 
schlag von  Quecksilberchlorür. 

dj  Den  Rest  der  Lösung  versetzt  man  vorsichtig  mit  1 — 2  Tröpfchen 
stark  verdünnter  Jodkaliumlösung:  ein  roter,  im  Überschusse  des 
Fällungsmittels   leicht  löslicher  Niederschlag   (HgJ,)  zeigt  Quecksilber  an. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  77;-i 

Die  Untersuchung-  der  Salpetersäuren  Lüsuni^. 

Die  erhaltene  salpetersaure  Lösung-,  welche  die  Nitrate  von  Dlei. 
Kupfer.  Wismut  und  Kadmium  enthalten  kann,  wird  in  einem  l'orzellan- 
schälchen  fast  zur  Trockne  eingedampft,  der  Uückstand  in  weing  heiiiem 
Wasser  gelöst  und  die  filtrierte,  klare  Lösung  mit  verdünnter  Schwefel- 
säure versetzt.  Bei  Vorhandensein  von  Blei  entsteht  ein  schwerer,  weiüer. 
in  basisch  weinsaurem  Ammonium  löslicher  Niederschlag  von  Bleisulfat. 

Die  vom  Bleisulfatniederschlage  abfiltrierte  oder  die  mit  verdünnter 
Schwefelsaure  klar  gebliebene  Flüssigkeit  wird  mit  überschüssigem  Ammoniak 
versetzt;  eine  hierbei  auftretende  Blaufärbung  zeigt  dann  Kupfer  an. 
Entsteht  gleichzeitig  ein  weißer  Niederschlag,  so  kann  dieser  aus  Wismut- 
hydroxyd bestehen.  Zum  sicheren  Nachweise  des  Wismuts  wird  der 
Niederschlag  abfiltriert,  ausgewaschen,  auf  dem  Filter  in  möglichst  wenig 
heißer  verdünnter  Salzsäure  gelöst  und  diese  Lösung  in  zwei  Teile  geteilt. 
Den  einen  Teil  gießt  man  in  viel  W'asser,  womit  ein  weißer  Niederschlag 
von  Wismutoxychlorid  gefällt  wird,  falls  Wismut  vorhanden  ist.  Den 
zweiten  Teil  versetzt  man  erst  mit  Zinnchlorür  und  macht  dann  mit  Natron- 
auge  alkalisch,  um  den  schwarzen  Niederschlag  von  metallischem  Wismut 


1(1 


zu  ei'zeugen. 


Zum  Nachweis  des  Kadmiums  neben  Kupfer  versetzt  man  die  mit 
überschüssigem  Ammoniak  erhaltene,  eventuell  vom  Wismuthydroxyd  ab- 
filtrierte, blaue  Lösung  mit  Cyankalium  bis  zur  Entfärbung  und  fügt 
starkes  Schwefelwasserstoff  Wasser  hinzu.  Kadmium  wird  als  gelbes  Sulfid 
gefidlt,  während  Kupfer  als  Kaliumcuprocyanid  in  Lösung  bleibt.  —  Ist 
kein  Kupfer  vorhanden,  hat  sich  also  die  Lösung  auf  Zusatz  von  Ammoniak 
nicht  blau  gefärbt,  so  versetzt  man  dieselbe  zur  Prüfung  auf  Kadmium 
diiekt  mit  Schwefelwasserstoffwasser.  —  Erhält  man  hierbei  nicht  einen 
gelben,  sondern  einen  rötlich  oder  bräunlich  gefärbten  Niederschlag,  so 
filtriert  man  ihn  ab  und  erhitzt  ihn  auf  der  Kohle  mit  der  Lötrohrflamme : 
es  wird  ein  brauner  Beschlag  erhalten,  wenn  der  fragliche  Niederschlag 
kadmiumhaltig  ist. 

Metallgifte  IIL 

Die  Untersuchung  auf  ('hrom  und  Zink. 

Das  Filtrat  von  dem  durch  Schwefelwasserstoff  erhaltenen  Nieder- 
schlage muß  noch  auf  Chrom  und  Zink  untersucht  werden.  Es  wird  erst 
in  einer  flachen  Porzellanschale  auf  etwa  ein  Drittel  des  ursprünghclien 
\'olnmens  eingedampft,  dann  in  zwei  Teile  geteilt. 

Dif  eine  Hälfte  wird  zur  Prüfung  auf  Zink  zuerst  mit  Amnioiiiak 
bis  zur  alkalischen  Reaktion  versetzt,  wobei  gewöhnlich  eine  Dunkclfärbung 
der  Flüssigkeit  eintritt,  dann  mit  Schwefelammonium  im  Überschüsse. 
Hierbei  entsteht  fast  immer  ein  Niederschlag,  auch  wenn  Zink  nicht  vor- 
handen ist,  da  es  in  solchen  Flüssigkeiten  aus  tierischen  oder  pflanzlichen 
Sul)stanzen  niemals  an    Prisen    enthaltenden  Verbindungen    und    an    Phos- 


(  i 


4  W.  Autenrieth. 


phaten  der  Erd-  und  Erdalkalimetalle  fehlt.  Nachdem  sich  der  Nieder- 
schlag abgesetzt  hat,  fügt  man  Essigsäure  bis  zur  schwachsauren  Reaktion 
hinzu,  schüttelt  tüchtig  durch  und  läßt  die  Mischung  einige  Zeit  stehen. 
Hierdurch  wird  der  Niederschlag  heller,  indem  das  gefällte  Schwefeleisen 
von  der  Essigsäure  zum  Teil  gelöst  wird;  ebenso  gehen  die  Phosphate  zum 
Teil  in  Lösung,  ausgenommen  Ferriphosphat,  FePO^,  das  in  Essigsäure 
fast  unlöshch  ist.  Der  bleibende  Niederschlag  wird  auf  einem  Filterchen 
gesammelt,  ausgewaschen,  getrocknet  und  samt  Filter  im  Porzellantiegel 
geglüht.  Man  durchfeuchtet  hierbei  das  Filter  vor  dem  Glühen  mit  einer 
konz.  Lösung  von  Ammoniumnitrat,  um  zu  verhindern,  daß  durch  den 
Kohlenstoff  des  Filters  beim  Glühen  metallisches  Zink  reduziert  wird,  das 
sich  verflüchtigen  könnte.  Den  Glührückstand  kocht  man  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  aus,  filtriert  ab  und  teilt  das  Filtrat  in  zwei  Teile. 

a)  Den  einen  Teil  des  Filtrates  versetzt  man  mit  Natronlauge  bis  zur 
stark  alkalischen  Pieaktion,  schüttelt  gut  um,  filtriert  einen  hierbei  fast 
immer  entstehenden  weißen  Phosphatniederschlag  ab,  versetzt  das  klare 
Filtrat  mit  einigen  Tropfen  Schwefelammonium  oder  Schwefelwasserstoff- 
wasser und  erwärmt.  Ist  Zink  vorhanden,  so  entsteht  jetzt  ein  weißer, 
flockiger  Niederschlag  von  Zinksulfid. 

b)  Den  zweiten  Teil  des  Filtrats  übersättigt  man  mit  Ammoniak, 
filtriert  einen  sich  bildenden  Niederschlag  ab,  säuert  das  Filtrat  mit  Essig- 
säure an,  erwärmt  es  und  leitet  Schwefelwasserstoff  ein ;  vorhandenes  Zink 
wird  hierbei  als  weißes  Sulfid  gefällt. 

c)  Zum  weiteren  Nachweise  des  Zinks  löst  man  den  nach  a  oder  b 
mit  Schwefelammonium  oder  Schwefelwasserstoff  erhaltenen,  ab- 
filtrierten und  ausgewaschenen  Niederschlag  auf  dem  Filter  in  einigen 
Tropfen  heißer,  verdünnter  Salzsäure,  kocht  einige  Zeit,  um  den  Schwefel- 
wasserstoff zu  entfernen,  filtriert  den  ausgeschiedenen  Schwefel  ab  und  ver- 
setzt das  klare,  erkaltete  Filtrat  mit  Ferrocyankahumlösung.  Hierbei  wird 
Zink  als  weißes,  schleimiges  Ferrocyanzink  gefällt,  das  in  kalter,  verdünnter 
Salzsäure  fast  unlöslich  ist. 

Der  zweite  Teil  des  auf  etwa  ein  Drittel  des  ursprünglichen  Volumens 
eingedampften  Filtrates  vom  Schwefelwasserstoffniederschlage  wird,  zur 
Prtifung  auf  Chrom i),  in  einer  Porzellanschale  stark  eingedampft,  hierauf 
mit  etwa  der  doppelten  Menge  Salpeter  sowie  mit  Soda  bis  zur  stark 
alkalischen  Reaktion  versetzt  und  zur  Trockne  gebracht.  Den  erhaltenen 
Trockenrückstand  trägt  man  in  kleinen  Portionen  in  einen  glühenden  Tiegel 
ein,  in  dem  sich  geschmolzener  Salpeter  befindet;  sind  größere  Mengen 
Substanz  zu  verschmelzen,  so  nimmt  man  zweckmäßig  einen  blanken,  ge- 
räumigen Nickeltiegel,  der  sich  für  derartige  Schmelzen  sehr  gut  eignet. 
Nachdem  die  Masse  im  Tiegel  zusammengeschmolzen  ist,  läßt  man  er- 
kalten, zieht  die  Schmelze  mit  heißem  Wasser  aus    und   filtriert   ab.    Bei 


*)  Das  in  Säuren    unlösliche    Chromoxyd,    Cr^Og,    ist    bei    der  Aufsuchung 
auf  metallische  Gifte  nicht  zu  berücksichtigen,  weil  es  nicht  giftig  ist. 


Dpi-  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wesre.  775 

Gegenwart  von  Chrom  ist  das  Filtrat  mehr  oder  weniger  intensiv  gell» 
gefärbt;  durch  die  gell)e  Färbung  werden  selbst  noch  Spuren  von  Chrom 
erkannt.!)  Ist  die  Lösung  der  Schmelze  aber  farblos,  so  ist  eine  weitere 
Prüfung  auf  Chrom  unnötig:  ein  gelb  gefärbtes  Filtrat  teilt  man  zum 
sicheren  Nachweise  des  Chroms  in  zwei  Teile. 

a)  Den  einen  Teil  säuert  man  mit  Essigsäure  an,  kocht  einige  Mi- 
nuten, um  Kohlensäure  und  salpetrige  Säure  auszutreiben,  und  fügt  einige 
Tropfen  Bleiacetatlösung  hinzu:  ein  gelber  Niederschlag  (CrO^Pb)  zeigt 
dann  Chrom  an.  Ist  das  Bleichromat  mit  viel  Bleisulfat  und  Bleichlorid  ge- 
mengt, so  ist  der  Niederschlag  nur  gelblich  gefärbt.  —  Einen  weißen 
Niederschlag,  der  aus  PbSO^PbCl.,  .  Pb3(PO^).2  bestehen  kann,  erhält  man 
fast  immer,  auch  wenn  der  wässerige  Auszug  der  Schmelze  farblos  ist. 

Beim  Vermischen  der  Lösungen  von  Kaliumnitrit,  das  ja  bei  der- 
artigen Schmelzen  aus  Kaliumnitrat  entsteht,  Bleiacetat  und  F^ssig- 
säure  erhält  man  eine  intensiv  gelb  gefärbte  LIisung,  in  welcher  ein 
weißer  Niederschlag  gelblich  gefärbt  erscheinen  kann.  Um  in  einem  solchen 
Falle  jeden  Irrtum  auszuschließen,  läßt  man  den  Niederschlag  absitzen, 
sammelt  ihn  auf  einem  Filterchen  und  wäscht  ihn  gut  aus;  ist  er  jetzt  rein 
weiß,  so  ist  Chrom  nicht  zugegen. 

h)  Den  zweiten  Teil  des  gelben  Filtrates  versetzt  man  mit  schwef- 
liger Säure;  die  gelbe  Farbe  geht  hierbei  in  Grün  oder  Grünblau  über 
unter  Bildung  von  Chromalaun.  Diese  Probe  ist  nicht  so  empfindlich,  wie 
die  unter  a)  angegebene  Chromgelbreaktion. 

Metall^ifte  IV. 

Die  Untersuchung  des  beim  Behandeln  mit  Kaliumchlorat  und 
Salzsäure  bleibenden  Rückstandes  auf  Baryum,  Blei  und  Silber. 

Man  spült  den  Rückstand,  der  beim  Behandeln  des  Untersuchungs- 
objektes mit  Salzsäure  und  chlorsaurem  Kalium  ungelöst  geblieben  ist.  gründ- 
lich mit  heißem  Wasser  aus,  trocknet  ihn  im  Luftbad  oder  auf  einem  Ton- 
teller gut  aus,  verreibt  ihn  dann,  eventueU  samt  Filter,  mit  etwa  der 
dreifachen  Menge  einer  Mischung  aus  2  Teilen  Salpeter  und  1  Teil 
trockenem  Natriumkarbonat  und  trägt  dieses  Gemisch  nach  und  nach 
in  einen  glühenden  Porzellantiegel  ein.  Hierbei  werden  die  organischen 
Stoffe  (Fett.  Fettsäuren  etc.)  unter  Verpuffung  und  Feuererscheinung  durch 
den  Salpeter  oxydiert,  von  dem  man  zuletzt,  wenn  alles  in  den  Tiegel  ein- 
getragen ist,  noch  etwa  1  Gramm  zugibt.  Die  geschmolzene  Masse  weicht 
mau  nach  dem  Erhalten  mit  heißem  Wasser  auf,  spült  sie  in  eine  Kochflasche 
und  leitet  in  die  meist  trübe  Flüssigkeit  einige  Minuten  lang  Kohlen- 
säure ein,  um  etwa  beim  Schmelzen  gebildetes  ätzendes  Alkali  in  kohlen- 


*)  2  Tropfen  einer  10"  „igen  Kai  iumeh  roma  tlösunir  (=  0"01  //  K.,CrO^)  färben 
Va  Liter  Wasser  noch  intensiv  gelb;  50  t'wr'  dieser  Lösung  enthalten  1  Milligramm 
KoCrO^,  das  also  in  dieser  starken  Verdünnung  an  der  Gelbfärlmug  seiner  Lösung 
noch  sicher  erkannt  wird. 


ll^y  W.  Autenrieth. 

saures  Salz  überzuführen  und  etwa  gelöstes  Blei  voUständiü;  auszufällen. 
Alsdann  erhitzt  man  die  Flüssigkeit  zum  Sieden,  läßt  absitzen,  bringt  den 
Bodensatzi),  der  aus  Baryurakarbonat.  basischem  Bleikarbonat, 
sowie  metallischem  Silber  —  in  letzterem  Falle  ist  der  Bodensatz 
grau  gefärbt  —  bestehen  kann,  auf  ein  Filterchen,  spült  ihn  mit  heißem 
Wasser  aus  und  löst  ihn  auf  dem  Filter  durch  wiederholtes  Aufgießen  von 
heißer,  mäßig  verdünnter  Salpetersäure.  -)  Die  salpetersaure  Lösung  dampft 
man  in  einem  Porzellan schälchen  zur  Trockne  ein,  löst  den  Rückstand  in 
Wasser  auf,  fällt  etwa  vorhandenes  Silber  kochend  heiß  mit  verdünnter 
Salzsäure,  und  Blei  aus  der  von  Silberchlorid  abfiltrierten  Flüssigkeit  mit 
Schwefelwasserstoff  aus.  Im  Filtrate  vom  Bleisulfidniederschlage  oder  in 
der  mit  Schwefelwasserstoff  klar  gebliebenen  Flüssigkeit  wird  das  Baryum, 
nachdem  der  Schwefelwasserstoff  weggekocht  und  die  Flüssigkeit  durch 
Filtration  geklärt  ist,  mit  verdünnter  Schwefelsäure  ausgefällt. 

Man  führe  mit  den  erhaltenen  Niederschlägen  die  folgenden  Identi- 
tätsreaktionen aus: 

Zum  weiteren  Nachweise  des  Silbers  schmilzt  man  den  mit  Salzsäure 
erhaltenen  und  getrockneten  Niederschlag  in  einen  Porzellantiegel  mit  wenig 
Cyankalium  zusammen  und  zieht  die  erkaltete  Schmelze  mit  heißem 
Wasser  aus,  wobei  metallisches  Silber  ungelöst  bleibt. 

Der  mit  Schwefelwasserstoff  erhaltene  Niederschlag,  der  aus  Schwefel- 
blei bestehen  kann,  wird  in  heißer  Salpetersäure  gelöst  die  Lösung  zur 
Trockne  verdampft  und  die  wässerige,  filtrierte  Lösung  des  Rückstandes 
mit  Schwefelsäure  und  mit  Kaliunichromat  auf  Blei  geprüft. 

Zum  weiteren  Nachweise  des  Baryums  wird  der  mit  Schwefelsäure 
erhaltene,  auf  einem  Filterchen  gesammelte  und  gut  ausgewaschene  Nieder- 
schlag an  einem  Platindraht  in  der  nicht  leuchtenden  Bunsenflainme  er- 
hitzt; ist  der  fragliche  Niederschlag  baryumhaltig,  so  färbt  sich  die  Flamme 
intensiv  grün:  um  jede  Verwechslung  auszuschließen,  untersuche  man  die 
grüne  Flamme  noch  spektralanalytisch. 

Bei  toxikologischen  Untersuchungen  führe  man  stets  der- 
artige Identitätsreaktionen  aus.  um  jeden  Irrtum  auszu- 
schließen. 

Systematischer  Gang    der  chemischen  Untersuchung  auf  Gifte. 

Übersicht  der  Oruppe  1. 

Vor  der  Destillation  untersuche  man  einen  kleineren  Teil  des  in  Frage 
kommenden  Untersuchungsmaterials  mit  Hilfe  der  Schcrer&chen  Probe  auf 
Phosphor  und  einen  zweiten  Teil  mittelst  der  Schönbeinschen  Probe  auf 
Blausäure. 


')  Ein  solcher  Bodensatz  wird  fast  immer  erhalten,  auch  wenn  Baryum,  Blei 
und  Silber  nicht  vorhanden  sind  ;  er  besteht  dann  meist  aus  Teilen  des  Porzellan- 
tiegels, dessen  Glasur  durch  den  Schmelzprozeß  teilweise  aufgeschlossen  wird. 

')  Man  verwende  5—6  cm^  einer  aus  1  Vol.  konzentrierter  Salpetersäure  und 
2  Vol.  Wasser  hergestellten  Säure. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  cliemischem  Wege.  777 

Ist  die  Vorprobe  auf  Phosphor  positiv  ausgefallen,  so  destilliert  man 
im  MitscherUrhschen  Apparat,  andernfalls  in  der  üblichen  Weise  mit  schief 
gestelltem  Liebig&chQH  Kühlei'.  In  beiden  Fällen  wird  das  möglichst  zer- 
kleinerte Untersuchungsmaterial  mit  Wasser  zu  einem  Brei  angerührt,  mit 
Weinsäure  angesäuert  und  dann  in  einem  geräumigen  Glaskolben  der  Destil- 
lation unterworfen.  Das  Destillat  wird  zweckmäßigerweise  in  zwei  oder 
drei  Fraktionen  aufgesammelt.  Die  zuerst  übergegangenen  5  bis  10  cm'^ 
Destillat  werden  auf  Blausäure,  Chloroform,  Alkohol  und  eventuell  auch 
auf  Jodoform  und  Nitrobenzol  geprüft.  Die  weiteren  Fraktionen,  welche 
die  weniger  flüchtigen  Stoffe  enthalten  können,  dienen  Aorzugsweise  zur 
Prüfung  auf  einen  Gehalt  an  Carbolsäure  und  an  anderen  mit  Wasser- 
dämpfen flüchtigen  Phenolen ,  wie  Lysol .  ferner  an  Chloralhydrat ,  Anilin 
und  Schwefelkohlenstoff. 

Phosphor:  Leuchten  im  Mitschcrlichschen  Apparate  während  der 
Destillation  im  verdunkelten  Zimmer;  Destillat  liefert  beim  Eindampfen 
mit  starkem  Chlorwasser  oder  wenig  rauchender  Salpetersäure  Phosphor- 
säure, die  mit  Molybdatreagens  oder  mit  Magnesiamischung  als  solche  er- 
kannt wird.  —  Oder  man  prüfe  das  ursprüngüche  Untersuchungsmaterial 
nach  dem  Verfahren  von  Blondlot-Dusart  auf  einen  Gehalt  an  Phosphor. 
Blausäure:  Geruch.  —  Vorprobe:  Destillat  färbt  einen  zuerst  mit 
Guajakharztinktur,  dann  mit  sehr  wenig  Kupfersulfatlösung  befeuchteten 
Papierstreifen  blau.  —  Berhnerblauprobe.  —  Rhodanprobe.  —  Mit  Silber- 
nitrat:  weißes,  flockiges  Silbercyanid. 

Carbolsäure:  Geruch.  —  Mit  „Millon"  beim  Erwärmen  Ilotfärbung. 

—  Bromwasser   fällt    gelblichweißes,    kristallinisches    Tribromphenolbrom. 

—  Ei.^^enchlorid  färbt  violett:   beim  Ansäuern   mit  Mineralsäure   geht  das 
Violett  in  Gelb  über. 

Chloroform:  Geruch.  —  Beim  Erhitzen  mit  wenig  Anilin  und 
Kalilauge  tritt  der  widerliche  Geruch  des  Phenylisonitrils  auf.  -  Beim  Er- 
hitzen mit  Resorcin  und  Kalilauge  Rotfärbung.  —  Bei  gelindem  Er- 
wärmen mit  7.-Naphthol  und  Kalilauge  Blaufärbung.  —  Chloroformhaltiges 
Destillat  reduziert  beim  Erwärmen  ammoniakalische  Silbernitratlösung  sowie 
die  ..Fehlingsche  Lösung". 

Chloralhydrat:  Gibt  die  Reaktionen  des  Chloroforms.  —  Mit 
,,Neßler"  ziegelroter,  nach  einiger  Zeit  gelb  oder  schmutziggrün  werden- 
der Niederschlag.  —  Beim  Erhitzen  mit  Magnosiumoxyd  und  Wasser  ent- 
stehen Chloroform  und  ameisensaures  Magnesium:  Nachweis  der  Ameisen- 
säure durch  Erwärmen  mit  Silbernitrat  und  mit  Quecksilberchlorid. 

Jodoform:  Geruch.  —  Destillat  trübe,  weißlich:  der  Ätherau-^zug  des 
Destillats  hinterläßt  beim  Eindunsten  Jodoformkristalle.  ^  Das  jodoform- 
haltige  Destillat  gibt  die  Reaktionen  des  Chloroforms. 

Anilin:  Mit  Chlorkalkir>sung  Violettfärbung.  —  Beim  Erhitzen  mit 
1  oder  2  Tröpfchen  Chloroform  und  Kalilauge  tritt  der  widerliche  Geruch  des 
Phenylisonitrils  auf.  —  Bromwasser  verursacht  eine  fleischrote  Fällung.  — 


YYB  ^^  •  Auteurieth. 

Beim  Envärmen  mit  „Mi  Hon-  Rotfärbung  und  Entwicklung  von 
Stickstoff. 

Sch^vefelkohlenstoff:  Beim  Erhitzen  mit  wenig  Bleiacetat  und 
Kalilauge  schwarze  Färbung  oder  schwarzer  Niederschlag  (PbS).  —  Beim 
Eindampfen  mit  konzentriertem  Ammoniak  entsteht  Rhodanammonium, 
das  nach  dem  Ansäuern  mit  verdünnter  Salzsäure  mit  wenig  Eisenchlorid 
nachgewiesen  wird.  —  Beim  Schütteln  mit  alkoholischer  Kalilauge  ent- 
steht xanthogensaures  Kalium ,  das  mit  Hilfe  von  Kupfersulfatlösung  er- 
kannt wird. 

Äthylalkohol:  Gibt  bei  gelindem  Erwärmen  mit  Jod  und  Alkahlauge 
Jodoform.  —  Beim  tüchtigen  Schütteln  mit  Benzoylchlorid  und  Natronlauge 
tritt  der  Geruch  des  Benzoesäureäthylesters  auf.  —  Beim  Erwärmen  mit 
einer  Spur  Kaliumdichromat  und  Salzsäure  Grünfärbung  und  Auftreten  des 
Acetaldehydgeruchs.  —  Beim  Erwärmen  mit  wenig  Natriumacetat  und  mit 
konzentrierter  Schwefelsäure  macht  sich  der  Geruch  des  Essigsäure- 
äthylesters bemerkbar. 

Übersiclit  der  Gruppe  II. 

Die  Untersuchung  auf  organische  Giftstoffe,  die  aus  saurer 
Lösung   mit  Wasser   nicht   flüchtig   sind,   nach    dem   Verfahren 

von  Sias- Otto. 

Alkaloide,  Glukoside,  künstliche  organische  Arzneistoffe. 

A.   Der  Verdunstungsrückstand   des  Ätherauszuges    der    wässerigen-weinsauren 

Lösung  kann  enthalten: 

Pikrotoxin:  Stark  bitter.  —  „Fehling"  wird  beim  Erwärmen  redu- 
ziert. —  Mit  alkoholischer  Benzaldehydlösung  und  mit  konzentrierter 
Schwefelsäure  übergössen,  fließen  von  Pikrotoxin  rote  Streifen  ab  (Melzer- 
sche  Probe).  —  Konzentrierte  Schwefelsäure  löst  mit  gelber  oder  orange- 
roter Farbe;  läßt  man  ein  Tröpfchen  KaHumdichromatlösung  hineinfallen, 
so  umgibt  sich  dieses  mit  einem  braunen  Rand.  —  Durchfeuchtet 
man  ein  Gemisch  aus  Pikrotoxin  und  etwa  der  dreifachen  Menge  Salpeter 
mit  einer  Spur  konzentrierter  Schwefelsäure,  so  färbt  es  sich  mit  über- 
schüssiger gesättigter  Natronlauge  rot. 

Golchicini):  Stark  bitter,  gelblich,  amorph.  —  Die  wässerigen  Col- 
chicinlösungen  färben  sich  mit  einigen  Tröpfchen  einer  Mineralsäure  in- 
tensiv gelb.  —  Konzentrierte  Salpetersäure  löst  mit  schmutzig  violetter, 
alsbald  in  Braunrot  und  schließlich  in  Gelb  übergehender  Farbe:  fügt  man 
jetzt  überschüssige  Kalilauge  hinzu,  so  färbt  sich  das  Gemisch  orangegelb 
oder  orangerot.  —  Zeisels  Colchicinprobe:   Kocht   man  in  einem  Probier- 


^)  Infolge  der  geringen  Löslichkeit  in  Äther  findet  sich  Colchicin  nur  in  geringer 
Menge  im  Ätherauszuge  der  weinsauren  Lösung  vor.  Bei  weitem  die  größte  Menge  des 
Colchicins    ist    im    Chloroformauszuge    der    mit    Ammoniak    alkalisch    ge- 


machten Flüssigkeit  enthalten. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  779 

rührchen  die  stark  gelb  gefjirbte  Lösung  des  Colchicins  in  konzentrierter 
Salzsäure  mit  2  Tröpfchen  Eisenchloridlösung  2  8  Minuten,  so  nimmt 
sie  nach  dem  Erkalten,  besonders  nach  Zusatz  von  etwa  der  gleichen 
Menge  Wasser,  eine  grüne  oder  mehr  olivgi'üne  Färbung  an. 

Cantharidin:  Bleibt  beim  Eindunsten  seiner  Ätherlösung  in  rhom- 
bischen lUättchen  zurück.  —  In  Ermanglung  von  charakteristischen  che- 
mischen Reaktionen  führe  man  den  physiologischen  Nachweis;  zu  dem 
Zweck  verreibe  man  den  fraglichen  Rückstand  mit  einigen  Tropfen  Mandelöl 
und  prüfe  das  Gemisch  durch  Einreiben  auf  den  Oberarm  auf  eine  etwaige 
blasenziehende  Wirkung. 

Pikrinsäure:  Stark  bitter,  gelb,  bleibt  aus  der  Ätherlösung  meist 
amorph  zurück.  Untersuchungsmaterial  und  die  verschiedenen  Auszüge 
sind  bei  Vorhandensein  von  Pikrinsäure  mehr  oder  weniger  intensiv  gelb 
gefärbt.  —  Eine  wässerige  Pikrinsäurelösung  färbt  sich  bei  gelindem  Er- 
wärmen mit  einigen  Tröpfchen  gesättigter  Cyankaliumlösung  rot  (Iso- 
purpursäurereaktion).  In  gleicher  Weise  färbt  sich  eine  wässerige  Piki-in- 
säurelösung  beim  Erwärmen  mit  wenig  Schwefelammonium  rot.  —  Eine 
wässerige  Pikrinsäurelösung  färbt  Wolle  und  Seide  gelb,  nicht  aber 
Baumwolle. 

Salicyl säure:  Meist  Kristallnädelchen  von  süßHch-saurem .  etwas 
kratzendem  Geschmack.  —  Die  wässerige  Lösung  färbt  sich  mit  einem 
Tröpfchen  Eisenchloridlösung  blauviolett,  in  stärkerer  Verdünnung  rot- 
violett. —  Beim  Erwärmen  mit  ..Millon"  liotfärbung.  —  €berschüssiges 
Bromwasser  fällt  einen  gelblichweißen,  kristallinischen  Niederschlag. 

Acetanilid:  Von  schwach  brennendem  Geschmack.  —  Kocht  man 
Acetanilid  mit  einigen  Kubikzentimetern  konzentrierter  Salzsäure  auf  etwa 
20  Tröpfchen  ein,  fügt  nach  dem  Erkalten  wässerige  Phenollösung  sowie 
tropfenweise  Chlorkalklösung  hinzu,  so  färbt  sich  das  Gemisch  beim  Um- 
schütteln schmutzigrot  bis  violett  und  beim  Überschichten  mit  Ammoniak 
tiefblau.  —  Kocht  man  Acetanilid  erst  für  sich  mit  alkoholischer  Kali- 
lauge, dann  nochmals  nach  Zusatz  von  wenig  Chloroform,  so  tritt  der 
widerliche  Geruch  des  Phenylisonitrils  auf. 

Phenacetin:  Geschmacklos.  —  Gibt  die  Indophenol-,  aber  nicht  die 
Isonitrilprobe.  —  Konzentrierte  Salpetersäure  färbt  Phenacetin  gell)  und 
löst  es  mit  gelber  bis  orangeroter  Farbe.  —  Gibt  beim  Erhitzen  mit  ver- 
dünnter Salpetersäure  gelbe  oder  orangegelbe  Lösungen;  falls  diese  Lösun- 
gen gesättigt  sind,  kristallisiert  beim  Erkalten  gelbes  Nitrophen- 
acetin  aus. 

Ve renal:  Bitter,  kristallisiert  gut.  Man  löse  den  Verdunstungsrück- 
stand des  Ätherauszuges  in  möglichst  wenig  wässeriger  Natronlauge 
oder  wässerigem  Ammoniak,  filtriere  und  säure  das  Filtrat  mit  verdünnter 
Salzsäure  an;  Veronal  kristallisiert  aus;  man  bestimme  den  Schmelzpunkt 
der  trockenen  Kristalle  (187— 1S8")  und  auch  denjenigen  eines  Gemi.sclies 
der  fraglichen  Kristalle  mit  absolut  reinem  ^'eroual;  der  Schmelzpunkt 
muß  der  gleiche  bleiben. 


^^Q  W.  Autenrieth. 

AntipyriiP):  Von  milde  bitterem  Geschmack.  —  Man  prüfe  die 
wässerige  Lösung  des  Verdunstungsrückstandes  auf  Antipyrin  ;  mit  einem 
Tröpfchen  Eisenchlorid  Rotfärbung.  —  Mit  1 — 2  Tröpfchen  rauchender 
Salpetersäure  Grünfärbung;  kocht  man  auf  und  fügt  alsdann  einen  wei- 
teren Tropfen  rauchender  Salpetersäure  hinzu,  so  geht  das  Grün  in 
]{ot  über. 

Coffein-):  Schwach  bitter.  —  Coffein  hinterläßt  beim  Verdampfen 
mit  gesättigtem  Chlorwasser  auf  dem  Wasserbade  einen  rotbraunen  Rück- 
stand, der  sich  beim  Befeuchten  mit  sehr  wenig  Ammoniak  purpurviolett 
färbt.  Zweckmäliigerweise  kocht  man  nach  E.  Fischer  die  zu  prüfende  Sub- 
stanz in  einem  Reagenzgläschen  mit  starkem  Chlorwasser  oder  mit  Salz- 
säure und  einer  Spur  chlorsaurem  Kalium,  verdampft  dann  im  Schälchen 
auf  dem  Wasserbade  zur  Trockne  und  befeuchtet  den  Rückstand  mit  Am- 
moniak. 

B.    Der   Verdunstungsrückstand    des   Ätherauszuges    der   wässerigen,    alkalisch 
reagierenden  Flüssigkeit  kann  enthalten: 

Co  nun:  Gelbe  Öltröpfchen  von  durchdringendem  Geruch.  —  Die 
kalt  gesiittigte  wässerige  Lösung  des  Coniins   trübt  sich  beim  Erwärmen. 

—  Beim  freiwilligen  Verdunstenlassen  einer  Spur  Coniin  mit  einem  Tropfen 
Salzsäure  bleibt  salzsaures  Coniin  in  doppelbrechenden,  nadel-  oder  säulen- 
förmigen, bisweilen  sternförmig  gruppierten  Kristallen.  —  Physiologischer 
Versuch:  Lähmung  der  peripherischen  Nerven. 

Nikotin:  Flüssig,  bleibt  in  dem  beim  Eindunsten  des  Ätherauszuges 
verdichteten  Wasser  gelöst,  das  dann  schwachen  Tabakgeruch  zeigt.  — 
Mehersche  Probe:  Beim  Erhitzen  mit  2 — 3  ctn^  Epichlorhydrin  tritt  eine 
Rotfärbung  auf.  —  Schindelmeisersche  Vrohe:  Läßt  man  Nikotin  mit  einem 
Tiopfen  Formaldehydlösung  einige  Stunden  stehen  und  fügt  dann  einen 
Tropfen  Salpetersäure  hinzu,  so  tritt  eine  intensive  rote  Färbung  auf.  — 
Jtoussinüche  Kristalle:  Mit  ätherischer  Jodlösung  entstehen,  meist  erst 
nach  längerem  Stehen,  rubinrote  Kristallnadeln. 

Anilin:  Bleibt  beim  P^indunsten  des  Ätherauszuges  als  rötlich  oder 
bräunlich  gefärbte  Öltröpfchen  zurück,  die  im  Wasser  gelöst  und  nach  den 
obigen  Angaben  auf  Anilin  geprüft  werden. 

Veratrin:  Konzentrierte  Schwefelsäure  löst  mit  gelber,  allmählich 
in  Orange,  Rot  und  endlich  in  Kirschrot  übergehender  Färbung;  gelindes 
Erwärmen  beschleunigt  diesen  Farbenwechsel;  die  Lösung  des  Veratrins 
in  konzentrierter  Schwefelsäure  zeigt  anfänglich  eine  ausgesprochen  grün- 
gelbe Fluoreszenz.  „Fröhde"  ruft  die  gleichen  Farbenerscheinungen  hervor. 

—  Beim  Erwärmen  mit  konzentrierter  Salzsäure  im  Wasserbade  tritt  eine 


')  Die  größte  Menge  etwa  vorhandenen  Antipyrins  findet  sich  im  Äthei'ansznge 
der   Mässerig-alkalischen  Flüssigkeit  (vgl.  den  Rückstand  des  Ätherauszuges  B). 

^)  Coffein  verhält  sich  wie  Antip\rin;  nur  ein  kleiner  Teil  geht  aus  weinsaurer 
Ixisiirig  in  den  Äther  über;  die  größere  Menge  vorhandenen  Antipyrins  findet  sich  im 
Ätheranszuge  B  und  hauptsachlich  im  Chloroformauszuge  D  vor. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  7S1 

bestäiidio-e  Rotfärbung-  auf.  —  WeppensdiiQ  Reaktion:  Das  Gemisch  aus 
Veratriii  und  etwa  der  sechsfachen  Menge  Rohrzucker  färbt  sich  mit 
einigen  Tropfen  konzentrierter  Schwefelsäure  alhnähhch  grün  und  schlieli- 
lich  blau.  Statt  des  Rohrzuckers  kann  auch  eine  furfurolhaltige  Schwefel- 
säure verwendet  werden. 

Strychnin:  Bleibt  beim  Eindunsten  der  ätherischen  Lösung  häufig 
in  sehr  feinen,  sehr  stark  bitter  schmeckenden  Kristallnädelchen  zurück. 
—  Die  farblose  Lösung  des  Strychnins  färbt  sich  mit  einem  Stückchen 
Kaliumdichromat  vorübergehend  blau  oder  blauviolett.  —  ..Mandelin"  gibt 
die  gleiche  Färbung,  nur  ist  diese  beständiger  als  die  durch  Kaliumdichro- 
mat hervorgerufene  Färbung. 

Brucin:  Konzentrierte  Salpetersäure  löst  Brucin  mit  blutroter,  als- 
bald in  Rotgelb  und  Gelb  übergehender  Farbe.  Versetzt  man  die  gelb  ge- 
wordene Lösung  in  einem  Reagenzgläschen  tropfenweise  mit  verdünnter 
Zinnchlorürlösung,  so  geht  das  (ielb  in  Violett  über.  Oder  man  schichtet 
die  Lösung  des  Brucins  in  stark  verdünnter  Salpetersäure  vorsichtig  über 
konzentrierte  Schw^efelsäure,  wobei  eine  rote  oder   rotgelbe  Zone   entsteht. 

Atropin:  Beim  Verdampfen  im  Porzellanschälchen  auf  dem  Wasser- 
bade mit  einigen  Tropfen  rauchender  Salpetersäure  bleibt  ein  gelblicher 
Rückstand  zurück,  der  sich  beim  Befeuchten  mit  alkoholischer  Kalilauge 
violett  färbt.  Hyoscyamin,  Homatropin  und  Skopolamin  geben  ebenfalls 
diese  Probe.  Strychnin  und  Veratrin  verhalten  sich  hierbei  ähnlich  wie 
Atropin.  —  Physiologischer  Versuch  mit  dem  Auge :  Pupillenerweiterung- 
tritt noch  ein  durch  einen  Tropfen  einer  Atropinlösung  von  der  Verdün- 
nung 1  :  130.00U. 

Cocain:  Fällt  aus  seinen  Salzlösungen  auf  Zusatz  von  Kalilauge  in 
Form  von  alsbald  fest  und  kristallinisch  werdenden  Öltröpfchen  aus.  — 
Nachweis  der  Benzoylgruppe:  Erwärmt  man  Cocain  mit  1  cin^  konzen- 
trierter Schwefelsäure  in  einem  Reagenzgläschen  5  Minuten  lang  in  einem 
kochenden  Wasserbade  und  fügt  dann  vorsichtig  2  cm^  Wasser  hinzu,  so 
macht  sich  der  Geruch  des  Benzoesäuremethylesters  bemerkbar,  ferner 
scheidet  sich  beim  Erkalten  der  Lösung  Benzoesäure  aus :  Nachweis  der 
letzteren  durch  eine  Bestimmung  des  Schmelzpunktes  (120")  und  die 
Sublimationsfähigkeit.  —  Physiologischer  Nachweis:  Gefühllosigkeit  auf 
der  Zunge. 

Codein:  Konzentrierte  Schwefelsäure  löst  Codein  in  der  Kälte  ohne 
Färbung;  bei  längerem  Stehen  oder  sofort  bei  gelindem  Erwärmen  nimmt 
die  Lösung  eine  röthche  oder  mehr  bläuliche  Färbung  an.  —  Beim  Er- 
wärmen von  Codein  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  und  arsensaureni 
Kalium  oder  statt  des  letzteren  mit  einer  Spur  Eisenchloridlösung  färbt 
sich  die  Lösung  rein  blau  oder  blauviolett.  —  ..Fröhde"  löst  mit  gelb- 
licher, alsbald  in  Grün  und  bei  gelindem  p]rwärmen  in  Blau  übergehender 
Farbe.  —  Formalinschwefelsäure  löst  Codein  mit  rötlichvioletter,  alsbald 
in  ein  beständiges  Blau  violett  übergehendei-  Farbe.  —  Codein  gibt  die 
J'cUdf/rische  Reaktion  (vgl.  Morphin). 


7^2  ^^"-  Autenrieth. 

Xarkotin:  Reagiert  nicht  alkalisch  (Unterschied  von  anderen  Al- 
kaloiden)  und  schmeckt  nicht  bitter.  —  Fröhde  löst  mit  grüner  Farbe.  — 
Nimmt  man  konzentriertes  Fröhde&ches  Reagens  (O'Oö  g  Ammoniummolyb- 
dat  -f  1  cm^  konzentrierter  Schwefelsäure),  so  geht  die  anfangs  grünliche 
Färbung  allmählich  in  ein  schönes  Kirschrot  und  vom  Rande  her  in  I51au 
über.  —  ..Erdmann"  löst  mit  schön  roter  Farbe. 

Hydr astin:  .,Fröhde"  löst  mit  ziemlich  beständiger  grüner  Farbe, 
die  später  in  Braun  übergeht.  —  ..Mandelin'  löst  mit  roter,  allmählich 
in  Orangerot  übergehender  Farbe.  —  Schüttelt  man  die  Lösung  des  Hy- 
drastins  in  verdünnter  Schwefelsäure  mit  stark  verdünnter  Kaliumperman- 
ganatlösung,  so  fluoresziert  sie  intensiv  blau.  Man  setze  die  Permanganat- 
lösung  tropfenweise  zu. 

Chinin:  Verdunstungsrückstand  der  Ätherlösung  bildet  meist  einen 
amorphen,  stark  bitter  schmeckenden  Firnis.  —  Die  Lösung  des  Chinins 
in  verdünnter  Schwefelsäure  fluoresziert  blau.  —  Thalleiochinprobe : 
Man  versetze  die  Lösung  des  Verdunstungsrückstandes  in  verdünnter 
Essigsäure  erst  mit  ca.  1  cm'^  starkem  Chlorwasser,  dann  sofort  tropfen- 
weise mit  Ammoniak  im  Überschüsse;  bei  Vorhandensein  von  Chinin  tritt 
jetzt  eine  smaragdgrüne  Färbung  auf.  —  Herapathitprobe:  Man  löse 
den  Verdunstungsrückstand  der  Ätherlösuug  in  etwa  10  Tropfen  einer 
Mischung  aus  oO  Tropfen  Essigsäure,  20  Tropfen  absolutem  Alkohol  und 
1  Tropfen  verdünnter  Schwefelsäure,  erhitze  zum  Sieden  und  füge  1  Tropfen 
alkoholischer  Jodlösung  (1:10)  hinzu.  Ist  Chinin  vorhanden,  so  scheiden 
sich  olivengrüne,  im  reflektierten  Licht  cantharidengrün  erscheinende,  glän- 
zende Blättchen  aus. 

Pyramidon:  Hinterbleibt  aus  seiner  Ätherlösung  häufig  in  feinen 
Nädelchen,  leicht  löslich  in  Wasser  und  von  neutraler  Reaktion.  Man  löst 
den  fraglichen  Rückstand  aus  der  Ätherlösung  ein  wenig:  Eisenchlorid  färbt 
die  Lösung  blauviolett  oder  mehr  rotviolett  und  rauchende  Salpetersäure 
färbt  sie  blau  bis  i)lauviolett,  wenn  Pyramidon  zugegen  ist. 

Antipyrin  und  Coffein  weise  man  mit  Hilfe  der  unter  A  ange- 
gebenen Reaktionen  nach. 

Physostigmin:  Gibt  beim  Eindampfen  mit  Ammoniak  einen  blauen, 
in  Alkohol  mit  blauer  Farbe  löslichen  Rückstand.  —  Physiologischer  Ver- 
such :  Pupillenverkleinerung. 

C.  Der  Verdunstungsrückstand  des  Ätherauszuges  der  mit  Ammoniak  alkalisch 

gemachten  Flüssigkeit  kann  enthalten: 

Apomorphin:  Der  Verdunstungsrückstand  ist  amorph,  meist  grün- 
lich gefärbt.  —  Die  Lösung  in  wenig  konzentrierter  Schwefelsäure  färbt 
sich  mit  einem  Tropfen  konzentrierter  Salpetersäure  vorübergehend  violett, 
dann  rotgelb  oder  orangefarben.  —  „Fröhde"  löst  mit  grüner  oder  violetter 
Farbe.  —  ^'ersetzt  man  die  Lösung  des  Apomorphins  in  verdünnter  Salz- 
säure erst  mit  überschüssigem  Natriumbikarbouat ,  dann  unter  tüchtigem 
Umschütteln  mit  1 — 2  Tröpfchen  alkoholischer  Jodlösung,  so  färbt  sie  sich 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  783 

hlaugrün  oder  smaragdgrün  und  Äther,  der  damit  geschüttelt  wird,  nimmt 
eine  violette  Färbung  an.  — ■  Wan^erinsche  Probe:  Schüttelt  man  eine 
Lösung  von  salzsaurem  Apomorphin  mit  1 — 2  Tropfen  Kaliumdichromat- 
lösung  (0'37o  KgCrgÖT),  so  färbt  sie  sich  allmählich  dunkelgrün  und 
zersetztes  Chloroform  färbt  sich  violett ;  auf  vorsichtigen  Zusatz  von  ver- 
dünntem Zinnchlorür  nimmt  das  Chloroform  eine  rein  indigoblaue  Färbung  an. 

D.   Der  Verdunstungsrückstand  des  Chloroformauszuges   der    durch   Ammoniak 
alkalisch  gemachten  wässerigen  Flüssigkeit  kann   enthalten: 

Morphin:  Stark  bitter,  bleibt  aus  der  Chloroformlösung  meist  amorph, 
selten  kristallinisch  zurück.  —  „Fröhde"  löst  mit  violetter,  allmählich  in 
ein  schmutziges  Grün  und  schließlich  in  ein  schwaches  Rot  übergehender 
F'arbe.  —  Formalinschwefelsäure  löst  mit  purpurroter,  später  blauviolett 
und  fast  rein  blau  werdender  P'arbo.  —  HuseniannschG  Probe :  Erhitzt 
man  die  Lösung  des  Morphins  in  konzentrierter  Schwefelsäure  über  ganz 
kleiner  Flamme  so  stark,  daß  reichlich  Schwefelsäuredämpfe  auftreten, 
und  läßt  nach  dem  Erkalten  1  Tröpfchen  konzentrierte  Salpetersäure  zu- 
fließen, so  tritt  vorübergehend  eine  rotviolette  Färbung  auf,  die  alsbald  in 
Blutrot  oderEotgelb  übergeht.  —  Pellagris  Probe.  —  Eisenchloridprobe: 
Man  löse  nicht  zu  wenig  des  fraghchen  Piückstandes  aus  der  Chloroform- 
lösung in  einigen  Tröpfchen  stark  verdünnter  Salzsäure,  dampfe  die  Lö- 
sung auf  dem  Wasserbade  zur  Trockne  ein,  löse  den  Rückstand  in  wenig 
Wasser  und  füge  ein  Tröpfchen  Eisenchloridlösung  hinzu;  eine  auftretende 
Blaufärbung  zeigt  dann  Morphin  an. 

Narcein:  Jodwasser  färbt  blau.  —  Beim  Erwärmen  der  intensiv 
gelbgefärbten  Lösung  in  Resorcinschwefelsäure  auf  dem  Wasserbade  unter 
Umrühren  tritt  eine  karminrote,  manchmal  auch  mehr  kirschrote  Färbung 
auf.  —  Die  gelbbraune  Lösung  des  Narceins  in  Tanninschwefelsäure  färbt 
sich  beim  Erwärmen  auf  dem  Wasserbade  rein  grün. 

Colchicin:  Bleibt  als  gelber  oder  mehr  bräunlichgelber  Firnis 
zurück,  der  die  für  Colchicin  angegebenen  Reaktionen  zeigt  (vgl.  A). 

Antipyrin  und  Coffein:  Diese  beiden,  in  Äther  verhältnismäßig 
schwer,  in  Chloroform  aber  leicht  löslichen  Stoffe  finden  sich  häufig,  falls 
sie  zugegen  sind,  auch  im  Rückstande  des  Chloroformauszuges  D  vor  und 
können  dann  durch  die  früher  unter  A  angegebenen  Reaktionen  erkannt 
werden. 

Übersiclit  der  Gruppe  111. 

Der  Destillationsrückstand,  der  nach  dem  Abdestilheren  der 
flüchtigen  Gifte  (Gruppe  I)  bleibt,  oder  ein  Teil  des  ursprünglichen 
Untersuchungsmaterials  wird  in  einem  Glaskolben  oder  einer  Porzellanschale 
mit  verdünnter  Salzsäure  (von  10— 12Vo  HCl)  angerührt  und  unter  Zu- 
gabe von  chlorsaurem  Kalium  in  Substanz  oder  in  konzentrierter  wässe- 
riger Lösung  unter  häufigem  Umrühren  auf  einem  kochenden  Wassei- 
bade  so  lange  erhitzt,   bis   der  größte  Teil  des  Untersuchungsobjektes  in 


Y^zj.  W.  Autenrieth. 

Lösung  gegangen  ist  und  die  Flüssigkeit  selbst  eine  gelbe  Farbe  angenom- 
men hat;  nun  wird  mit  Wasser  verdünnt,  mit  einigen  Tropfen  Schwefel- 
säure versetzt  und  abfiltriert.  Falls  das  Filtrat  viel  freie  Säure  enthält, 
wird  der  Überschuß  derselben  größtenteils  verdampft. 

Filtrat:  Filter  rückst  and: 

Es   wird   unter  Erwärmen   auf   dem  Wasser-  Ag,  Pb,  Ra. 

bade  längere  Zeit,  1 — 2  Stunden,  mit  Schwefel- 
wasserstoffgas gesättigt;  nach  dem  Stehenlassen  in 
einer  nur  lose  verschlossenen  Flasche  bis  zum  an- 
deren Tage  wird  abfiltriert. 

Niederschlag:  Filtrat; 

wird    auf    dem    Filter    mit    einem    heißen  Cr,  Zn. 

Ammoniak-Schwefelammoniumgemisch   wie- 
derholt Übergossen. 

Filtrat:  Filterrückstand: 

As,  Sb,  Sn,  Cu.  Hg,  Pb,  Cu,  Bi,  Cd. 

IV.  Die  Untersuchung  auf  solche  Giftstoffe,  die  sich  nicht  in  die 
drei  Hauptgruppen  von  Giften  einreihen  lassen. 

Die  Mineralsäuren. 
Salzsäure,  Salpetersäure,  Schwefelsäure. 

Leichenteile  werden  im  allgemeinen  nur  dann  auf  Mineralsäuren 
untersucht,  wenn  der  Sektionsbefund  der  Leiche  auf  eine  Vergiftung  durch 
eine  stärkere  Säure  schheßen  läßt,  wenn  also  charakteristische  Ätzungen 
und  Verfärbungen  von  Gesicht,  Mund,  Speiseröhre  und  Magen  vorhanden 
sind.  Da  Chlormetalle,  salpetersaure  und  schwefelsaure  Salze  normale 
Bestandteile  fast  aller  tierischer  Stoffe  und  Flüssigkeiten  sind,  muß  bei 
derartigen  Untersuchungen  der  Nachweis  geführt  werden,  daß  eine  freie 
Mineralsäure  zugegen  ist. 

Zur  Untersuchung  auf  freie  Mineralsäuren  zieht  man  das  frag- 
liche Untersuchungsobjekt  mit  kaltem  Wasser  aus,  filtriert  ab  und  stellt 
mit  dem  Filtrat,  falls  es  stark  sauer  reagiert,  die  folgenden  Ver- 
suche an: 

1.  Man  versetzt  das  Filtrat  mit  wenigen  Tropfen  einer  wässerigen 
(0"1  :  1000)  oder  einer  alkoholischen  Lösung  (1  :  100)  von  Methylviolett; 
nur  bei  Gegenwart  einer  freien  Mineralsäure  färbt  sich  das  Filtrat  blau 
oder  grün. 

2.  Man  fügt  zum  Filtrat  einige  Tropfen  einer  verdünnten,  wässeri- 
gen Lösung  von  Methylorange;  eine  auftretende  Rotfärbung  zeigt 
dann  freie  Mineralsäure  an. 

o.  ..Kongopapier"  färbt  sich  selbst  mit  sehr  stark  verdünnten 
Mineralsäuren  blau. 


il 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  785 

4.  Man  verdampft  in  einem  Porzellanschälchen  einige  Tropfen  des 
Filtrats  mit  3 — 4  Tropfen  Günzburg^chGm  Reagens ')  auf  dem  Wasserhade 
oder  über  kleiner  Flamme  vollständig-  zur  Trockne;  bei  Gegenwart  von 
freier  Salzsäure  oder  Schwefelsäure  ist  der  Verdampfungsrückstand  schön 
rot  oder  rotgelb  gefärbt.  Freie  Salpetersäure  liefert  einen  mehr  gelb- 
roten Rückstand. 

Hat  man  in  einem  Untersuchungsobjekt  freie  Mineralsäure  nach- 
gewiesen, so  ist  noch  der  Nachweis  der  betreffenden  Säure  selbst  zu 
führen. 

Salzsäure. 

1.  Erwärmt  man  eine  Probe  des  wässerigen,  nicht  zu  verdünnten 
Auszuges  des  Untersuchungsmateriales  mit  fein  gepulvertem  Braunstein, 
so  wird  beiGegenwart  von  freier  Salzsäure  Chlor  fi-ei,  das  an  der  Farbe, 
am  Geruch  und  durch  Einleiten  in  eine  Jodkaliumlösung  an  der  Aus- 
scheidung von  Jod  erkannt  wird.  Diese  Reaktion  ist  nicht  ganz  eindeutig 
für  freie  Salzsäure,  denn  bei  gleichzeitigem  Vorhandensein  von  freier 
Schwefelsäure  und  einem  Chlormetall  erhält  man  unter  denselben  Bedin- 
gungen ebenfaUs  Chlor. 

2.  Wenn  es  irgendwie  möghch  ist,  wird  man  die  Salzsäure  abzu- 
destillieren  und  im  Destillate  nachzuweisen  suchen. 

Bei  der  Destillation  der  Salzsäure  hat  man  besonders  die  Kon- 
zentration der  Säure  zu  berücksichtigen;  von  einer  sehr  verdünnten 
Salzsäure  geht  zunächst  nur  Wasser  über;  erst  wenn  die  Säure  eine 
Stärke  von  etwa  10 Vo  HCl  erreicht  hat,  destilliert  auch  Chlorwasserstoff 
mit  über.  2)  Da  bei  den  meisten  derartigen  Untersuchungen  eine  ver- 
dünntere  Salzsäure  vorhegen  dürfte,  hat  man  demnach  das  mit  Wasser 
angerührte  Untersuchungsobjekt,  oder  besser  den  wässerigen,  filtrierten 
Auszug  desselben  fast  bis  zur  Trockne  abzudestillieren.  Dies  geht  am 
besten  in  der  Weise,  daß  man  die  Destillation  in  einem  Ölbade  vor- 
nimmt. Im  Destillate  weist  man  die  Salzsäure  mit  Silbernitrat  bei  Gegen- 
wart von  verdünnter  Salpetersäure  nach.  Häufig  ist  es  geboten,  die  freie 
Salzsäure  quantitativ  zu  bestimmen;  ist  keine  andere  freie  Säure  im 
Destillate  vorhanden,  so  geschieht  dies  durch  Titration  mit  Vio  Normal- 
kalilauge unter  Anwendung  von  Phenolphtalein  als  Indikator.  Andernfalls 
bestimmt  man  die  Säure  entweder  gewichtsanalytisch  durch  Ausfällen 
mit  Silbernitrat  und  Wägen  des  entstandenen  Silberchlorids  oder  mal')- 
analytisch  nach  der  Volhardschen  Restmethode.  Da  im  Mageninhalt 
des  Menschen  normalerweise  freie  Salzsäure  in  einer  Menge  von  O'l — O'öVo 
vorhanden  ist,    muß    die    bei    der  Untersuchung   eines  Mageninhaltes  ge- 


')  Vgl.  „Die  Bereitung  der  Reagenzien",  Seite  813. 

-')  Destilliert  man  z.  B.  100  c>n=*  17oiger  Salzsäure,  so  enthalten  die  ersten 
90cw'^  Destillat  nur  Spuren  von  Salzsäure;  fast  alle  Säure  findet  sich  in  dem 
letzten  Destillate  vor. 

ATider  halden  .  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  50 


786  ^^  •  Autenrieth. 

fundeiie  freie  Salzsäure  stets  quantitativ  bestimmt  werden.  Nur  wenn 
eine  größere  Menge  freier  Salzsäure  gefunden  wird,  ist  die  Annahme 
einer  Salzsäurevergiftung  zulässig. 

Salpetersäure. 

Im  Organismus  des  Menschen  finden  sich  salpetersaure  Salze 
normalerweise  nur  in  sehr  geringer  Menge  vor,  und  zwar  stammen  die- 
selben meist  aus  dem  Trinkwasser  und  aus  den  pflanzlichen  Nahrungs- 
mitteln. Auch  der  Harn  des  Menschen  enthält  normalerweise  höchstens 
Spuren  von  salpetersauren  und  salpetrigsauren  Salzen.  Leichenteile 
pflegt  man  nur  dann  auf  Salpetersäure  zu  prüfen .  wenn  der  anato- 
mische Befund  bei  der  Leichenöffnung  auf  eine  Vergiftung  durch  diese 
Mineralsäure  schließen  läßt  wenn  also  besonders  Lippen,  Mund,  Speise- 
röhre und  Magen  gelb  oder  gelbbraun  verfärbt  sind  und  mehi'  oder 
weniger  starke  Ätzungen,  unter  Umständen  Perforationen  zeigen.  Aus 
Mund  und  Nase  der  Leiche  soll  ein  gelber  Schaum  ausfließen.  Auch  der 
Mageninhalt  kann  bei  Vergiftung  durch  eine  konzentriertere  Salpeter- 
säure eine  gelbe  Färbung  zeigen.  Falls  die  Salpetersäure  verdünnter  als 
^O^/oig  ist,  können  die  spezifischen  Veränderungen  des  Magendarmkanales 
fehlen.  Bei  innerhcher  Darreichung  von  Salpetersäure,  und  zwar  gleich- 
gültig, ob  verdünnte  oder  konzentrierte  Säure  dem  Organismus  zugeführt 
wird,  läßt  sie  sich  alsbald  im  Harn  nachweisen. 

Nachweis  der  Salpetersäure. 

1.  Destillation.  In  manchen  Fällen  wird  man  das  fragliche  Unter- 
suchungsobjekt direkt  mit  Wasser  ausziehen  und  den  abfiltrierten  Auszug 
in  der  üblichen  Weise  auf  Salpetersäure  prüfen  können.  Liegen  voraus- 
sichthch  mehr  als  Spuren  der  Säure  vor,  so  kann  man  versuchen,  die  Sal- 
petersäure aus  dem  wässerigen,  abfiltrierten  Auszuge  abzu destillieren, 
und  zwar  führt  man  die  Destillation  zweckmäßig  in  einem  Ölbade  aus. 
Hierl)ei  ist  zu  beachten,  daß  Salpetersäure,  ähnlich  wie  die  Salzsäure, 
erst  von  einer  bestimmten  Konzentration  an^),  mit  den  Wasserdämpfen 
überdestilliert;  man  muß  also  den  abfiltrierten  Auszug  fast  zur  Trockne 
abdestillieren.  Hierbei  geht  freilich  ein  großer  Teil  der  Salpetersäure  ver- 
loren: ein  Teil  wird  von  den  organischen  Substanzen,  besonders  den 
Ei  weiß  st  offen,  gebunden  (Bildung  von  Xanthoproteinsäure,  Nitroderi- 
vaten  etc.)  oder  zu  Ox3'dationen  verbraucht,  so  daß  auf  jeden  Fall  nicht 
die  gesamte,  ursprünglich  vorhanden  gewesene  Salpetersäure  im  Destillate 
wiedergefunden  wird.  Gegen  das  Ende  der  Destillation  treten  braune 
Dämpfe  von  Stickstoffdioxyd  auf:  ein  solches  Destillat  färbt  sich  daher 
mit  einem   farblosen  Gemisch    aus    stark   verdünnter    Schwefelsäure,  Jod- 


*)  Unterwirft  man  einen  dünnen  Brei  aus  zerstoßenem  Hundekuchen  und  lUU  cm"' 
IVoiger  Salpetersäure  der  Destillation,  so  findet  sieb  bei  weitem  die  größte  Menge 
der  Säure  in  den  letzten   10  cm^  Destillat  vor. 


i 


I 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  7g7 

kalium-  und  Stärkelösung  bhiu.  Der  im  Destillationsgefäii  bleibende  liiick- 
stand  ist  bei  Vorhandensein  von  Salpetersäure  meist  mehr  oder  weniger 
gelb  verfärbt. 

Im  erhaltenen  Destillate  sucht  man  die  Salpetersäure  durch  die 
unten  verzeichneten  Proben  nachzuweisen. 

2.  Nachweis  der  Salpetersäure  nach  C.  Fleurg.^)  Man  zieht  das 
fein  zerkleinerte  Untersuchungsmaterial,  wie  Organteile,  mit  absolutem 
Alkohol  aus,  filtriert,  versetzt  das  Filtrat  mit  gelöschtem  Kalk  im  Cber- 
schuli,  läßt  12  Stunden  stehen,  um  etwa  gebildeten  Salpetersäui'eester  zu 
zersetzen,  filtriert,  dampft  das  Filtrat  zur  Trockne  ein,  nimmt  den  Rück- 
stand in  Alkohol  von  9öVo  auf,  verjagt  den  Alkohol  aus  der  abfiltrierten 
Lösung  und  prüft  schlielUich  die  wässerige  Lösung  des  Kückstandes  auf 
Salpetersäure.  Fleury  hat  nach  diesem  Verfahren  in  Organteilen  etwa  den 
fünften  Teil  der  Salpetersäure  wiedergefunden.  Nach  dieser  Methode  wird 
die  Salpetersäure  in  ihr  Calcium  salz  übergeführt,  das  in  Alkohol  löslich 
ist.  Aber  auch  Natriumnitrat  ist  in  Alkohol  von  95''/„  in  erheblicher 
Menge,  nämlich  etwa  1 :  50  löslich.  Erhält  man  daher  schließlich  mit  dem  Kück- 
stand  eine  schwache  Salpetersäureprobe,  so  beweist  diese  noch  nicht,  daß 
freie  Salpetersäure  im  Untersuchungsmaterial  vorhanden  war.  Diesen 
Fehler  vermeidet  das 

?).  Verfahren  von  Baumert-),  nach  welchem  das  Untersuchungs- 
objekt direkt  oder  aber  sein  wässeriger  Auszug  mit  Kalkmilch  neutra- 
lisiert, zur  Trockne  gebracht  und  mit  Alkohol  ausgekocht  wird.  Oder  man 
dampft  nach  der  Neutralisation  mit  Kalkmilch  oder  Calciumkarbonat  zum 
Sirup  ein  und  vermischt  diesen  unter  Umrühren  mit  Alkohol.  Der  auf 
die  eine  oder  andere  Weise  erhaltene  und  filtrierte  alkoholische  Auszug 
wird  abdestilliert,  der  Destillationsrückstand  mit  Wasser  durchgerührt,  das 
Filtrat  eingedampft,  das  Zurückbleibende  abermals  in  Alkohol  gelöst  und 
diese  Lösung  mit  etwa  dem  gleichen  Volumen  Äther  in  verschlossener 
Flasche  einige  Stunden  stehen  gelassen.  Der  Verdampfungsrückstand  der 
filtrierten  Alkoholätherlösung  wird  in  wenig  Wasser  gelöst  und  die  Lö- 
sung in  der  folgenden  Weise  auf  Salpetersäure  geprüft: 

1.  Mit  Diphenylaminschwefelsäure:  Blaufärbung. 

Man  kann  diese  Probe  als  Zonenprobe  ausführen ,  indem  man  die 
mit  einigen  Tropfen  Diphenvlaminsulfatlösung^)  vermischte  fragliche 
Flüssigkeit,  wässeriger  xluszug  oder  Destillat,  über  Salpeter  säurefreie 
konzentrierte  Schwefelsäure  schichtet:  bei  Vorhandensein  von  Salpetersäure 
entsteht  an  den  Berührungsflächen  der  beiden  Flüssigkeitsschichten  eine 
blaue  Zone. 

2.  Mit  Brucin-Schwefelsäure:  Rotfärbung.  Auch  diese  Probe 
kann  als  Zonenprobe  angeführt  werden,  indem  man  die  fragliche  Flüssig- 


')  Ann.  Chem.  analyt.  appl.  6.  12. 

-)  Baninert,  Lehrbuch  der  gerichtlichen  Chemie.   II.  Aufl.   1S)07. 

^)  1  ^  Diphenylamin  +  5  (j  vcrdüante  Schwefelsäure  +   lÜÜ  //  Wasser. 

50' 


7gg  W.  Autenrieth. 

keit  mit  etwa  dem  gleichen  Volumen  Brucinsulfatlösung  i)  mischt  und 
dieses  Gemisch  vorsichtig  über  reine  konzentrierte  Schwefelsäure  schichtet ; 
eine  rote  Zone  zeigt  dann  Salpetersäure  an. 

3.  Man  vermischt  die  auf  Salpetersäure  zu  prüfende  Flüssigkeit  mit 
gesättigter  Ferro sulfatlösung  und  schichtet  das  Gemisch  über  konzen- 
trierte Schwefelsäure.  Eine  braune  Zone  zeigt  Salpetersäure  an. 

4.  Besonders  charakteristisch  für  freie  Salpetersäure  ist  ihr  Xer- 
halten  zu  Kupferblech,  mit  dem  sie  beim  Erhitzen  die  rotbraunen 
Dämpfe  von  Stickstoffdioxyd  gibt. 

Schwefelsäure. 

Da  fast  alle  tierischen  und  pflanzlichen  Substanzen  normalerweise 
schwefelsaure  Salze  enthalten,  muß  bei  der  Untersuchung  von  derartigem 
Material  selbstverständlich  nachgewiesen  werden,  daß  freie  Schwefelsäure 
vorhanden  ist.  Organ  teile  einer  Leiche  werden  nur  dann  auf  einen 
Gehalt  an  freier  Schwefelsäure  untersucht,  wenn  der  Sektionsbefund  auf 
eine  Vergiftung  mit  dieser  Säure  schließen  läßt,  wenn  also  Lippen,  Mund, 
Speiseröhre  und  Magen  starke  Ätzungen  und  Verfärbungen  erkennen 
lassen.  An  den  Lippen  finden  sich  Schorfe:  die  Schleimhaut  des  Mundes 
ist  weißgrau  verfärbt;  vom  Zungenrücken  kann  sich  die  weiße  Decke 
bereits  losgelöst  haben  und  darunter  das  bräunlich  gefärbte,  harte  Muskel- 
gewebe erkennen  [lassen.  Die  Zunge  sieht  manchmal  wie  gekocht  aus. 
Die  Speiseröhrenschleimhaut  ist  stark  gefaltet  und  grau  belegt.  Der 
Magen  ist  meist  schon  von  außen  braun  oder  schiefergrau  verfärbt  und 
der  Mageninhalt  schwärzlich.  Sehr  häufig  kommt  es  bei  Schwefelsäure- 
vergiftung zur  Perforation  der  Magenwand  und  zum  Austritt  braun- 
schwarzer Massen  in  die  Bauchhöhle.  Im  Magen  können  sich  schwarze 
Flecken  vorfinden,  die  nach  B.  Kohert  (Intoxikation)  nicht  von  einer 
Verkohlung,  wie  man  früher  vielfach  annahm,  sondern  von  braunschwarzem 
Hämatin  herrühren.  In  der  Tat  wird  der  Blutfarbstoff  Oxyhämoglo- 
bin  durch  Säuren  wie  auch  durch  Erwärmen  in  Globulin  und  Hämatin 
zerlegt;  auch  Methämoglobin  und  Hämatoporphyrin  können  gebildet 
werden.  Das  letztere  entsteht  aus  dem  Hämatin  bei  der  Einwirkung  von 
Säuren,  und  zwar  unter  Austritt  des  Eisens ;  alle  drei  ümwandlungspro- 
dukte  des  roten  Blutfarbstoffes,  also  das  Methämoglobin,  Hämatin  und 
Hämatoporphyrin  können  bei  Schwefelsäurevergiftung  gebildet  werden  und 
sich  dann  auch  im  Harn  vorfinden.  Das  Blut  in  den  Magenwandungen 
reagiert    oft    sauer    und    enthält    dann   hauptsächlich   Methämoglobin  und 


^)  1  g  Brucin  -\-  5  g  verdünnte  Schwefelsäure  -f-  100  g  Wassei".  Die  für  die  beiden 
Salpetersilureproben  notwendige  Schwefelsäure  darf  diese  Proben  für  sich  allein 
nicht  geben.  Andernfalls  muß  man  die  betreffende  Schwefelsäure  in  einer  Platinsoliale 
so  lange  kochen,  bis  die  nitro se  Säure  verjagt  ist,  oder  die  Säure  aus  einer  kleinen 
Retorte  abdestillieren,  wobei  der  die  Salpetersäure  und  salpetrige  Säure  enthaltende 
Vorlauf  entfernt  wird. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  789 

Häniatin.   Auch  im  Darm  kann  die  Schleimhaut  bis  tief  abwärts  weiltgrau 
verfärbt  und  ihre  Reaktion  stark  sauer  sein. 

Nachweis  der  Schwefelsäure. 

1.  Man  zieht  das  fraghche,  fein  zerkleinerte  rntersuchungsmaterial 
falls  es  stark  sauer  reagiert,  mit  kalten  absolutem  Alkohol  aus,  wobei  die 
freie  Schwefelsäure,  nicht  aber  etwa  vorhandene  schwefelsaure  Salze,  in 
Lösung  geht  und  filtriert  nach  einigem  Stehen  ab.  Das  Filtrat  dunstet 
man  auf  dem  Wasserbade  ein,  oder,  wenn  größere  Giengen  vorliegen,  de- 
stilliert man  den  Alkohol  ab.  versetzt  den  Rückstand  mit  10  crn^  Wasser, 
kocht  auf,  um  etwa  gebildete  Äthylschwefelsäure  zu  zerlegen  und  weist 
dann  die  Schwefelsäure  in  der  abfiltrierten  Lösung  mit  Baryumchlorid 
und  mit  Bleiacetat  nach.  Die  hierbei  erhaltenen  Niederschläge  sucht  man 
mit  Hilfe  der  Heparreaktion  weiterhin  als  Sulfatniederschläge  zu 
charakterisieren. 

2.  Man  zieht  das  zerkleinerte  Untersuchungsmaterial  mit  Wasser 
aus  und  untersucht  die  abfiltrierte  Flüssigkeit  in  der  folgenden  Weise 
auf  freie  Schwefelsäure: 

a)  Man  dunstet  eine  Probe  desselben  in  einem  Porzellanschälchen 
über  einem  Stückchen  Zucker  auf  dem  Wasserbade  ein ;  bei  Vorhanden- 
sein von  freier  Schwefelsäure  hinterbleibt  ein  brauner  oder  schwarzer, 
kohliger  Rückstand. 

/')  Man  dampft  das  erhaltene  Filtrat  erst  auf  dem  Wasserbade  auf 
ein  kleineres  Volumen  ein  und  erhitzt  es  dann  in  einem  Probierröhrchen 
mit  einem  Stückchen  Kupferblech;  enthält  das  Filtrat  freie  Schwefel- 
säure, so  wird  Schwefeldioxyd  gebildet,  das  an  seinem  stechenden 
Gerüche  erkannt  wird.  Man  kann  das  entstandene  Schwefeldioxyd  auch 
abdestillieren  und  zwar  zweckmäßig  in  einer  Kohlensäureatmosphäre,  und 
es  im  Destillate  in  der  folgenden  Weise  nachzuweisen  suchen. 

Reim  Erwärmen  mit  wenig  Zinnchlorürlösung  wird  gelbes  Zinn- 
sulfid gefällt. 

Tropfenweise  mit  Jod-Jodkaliumlösung  versetzt,  tritt  Entfärbung 
ein  und  gleichzeitig  entsteht  Schwefelsäure.  Baryumchlorid  fällt  dann  Ba- 
ryumsulfat  aus,  das  in  verdünnter  Salzsäure  unlöslich  ist. 

Quantitativ    wird    die  Schwefelsäure    entweder   gravimetrisch 

als  JJaryumsulfat  oder  volumetrisch  durch  Titration  mit  j^n- Kalilauge 

bestimmt,  und  zwar  unter  Anwendung  von  Phenolphtalein  als  Indikator. 

1000 ow 3 A-n -Kalilauge  =  ^Grammä(iuivalent  Schwefelsäure  =  4-9  g 

H..S()4. 

Oxalsäure. 

Die  Oxalsäure  und  ihre  Salze,  z.  B.  das  Sauerkleesalz,  sind 
stark  und  rasch  wirkende  Gifte :  der  Tod  von  erwachsenen  ^Menschen  ist 
schon  wenige  Minuten  nach  Aufnahme  der  Oxalsäure  eingetreten.  — 


790  ^^-  Autenrieth. 

Oxalsäure  ist  in  Form  ihres  sauren  Kaliumsalzes,  C2  O4  KH,  und  ihres  Cal- 
ciumsalzes  im  Pflanzenreiche  außerordenthch  weit  verbreitet;  besonders  der 
Sauerampfer,  Sauerklee  und  die  Rhabarbergewächse  zeichnen  sich  durch 
einen  Reichtum  an  Oxalsäuren  Salzen  aus.  Es  kann  also  (Oxalsäure  durch 
Speisen  und  Medikamente  pflanzlichen  Ursprungs  in  den  menschlichen 
Organismus  gelangen.  Ferner  ist  darauf  zu  achten,  daii  der  Harn  des 
Menschen  normalerweise  geringe  Mengen  von  Oxalsäure  enthält,  nämlich 
2 — 6 — 10  mg  Oxalsäure  in  der  Tagesmenge  Harn.  Bei  der  Untersuchung 
von  Organteilen,  Mageninhalt.  Harn  und  anderen  Leichenteilen  wird 
es  demnach  häufig  unerläßlich  sein,  die  qualitativ  nachgewiesene  Oxal- 
säure auch  quantitativ  zu  bestimmen. 

Giftwirkung.  Im  Unterschiede  zu  den  Mineralsäuren  wirken  nicht 
nur  die  freie  Oxalsäure  und  das  saure  Oxalsäure  Kalium,  das  Sauerklee- 
salz, stark  giftig,  sondern  auch  selbst  stark  verdünnte  Lösungen  des 
neutralen  Oxalsäuren  Natriums,  C2  04Na2.  Bei  der  Giftwirkung  der  Oxal- 
säure hat  man  demnach  zwischen  der  lokalen  Ätzwärkung,  die  am 
Orte  der  Applikation,  teils  auch  bei  der  Ausscheidung  zustande  kommt, 
und  der  resorptiven.  entfernten  Wirkung  zu  unterscheiden.  Die  lokale 
Wirkung  an  der  Applikationsstelle  ist  wie  die  aller  Säuren  eine  ätzende 
und  die  lokale  Wirkung  am  Ort  der  Ausscheidung  beruht  auf  der  Bildung 
und  der  Unlöslichkeit  des  Calciumoxalates.  Infolge  der  großen  Resorptions- 
fähigkeit des  Organismus  für  Oxalsäure  und  deren  Alkalisalze  kommt  die 
resorptive  Wirkung  unseres  Giftes  rasch  zustande  und  dürfte  im  wesent- 
lichen darauf  zurückzuführen  sein,  daß  die  Oxalsäure  den  Organen 
wie  dem  Herz  und  den  Körperflüssigkeiten  (Blut)  das  für  den 
Lebensprozeß  notwendige  Calcium  teils  entzieht,  teils  in  das 
unlösliche  oxalsaure  Calcium  umwandelt.  Im  Blute  M'ird  durch 
Oxalsäure  Salze  die  Gerinnungsfähigkeit  vermindert,  ebenso  wird 
die  Alkaleszenz  herabgesetzt,  andrerseits  nimmt  der  Zuckergehalt  zu.  Bei 
Oxalsäurevergiftung  sinkt  der  ganze  Stoffwechsel,  also  auch  die  Sauerstoff- 
aufnahme und  die  Kohlensäureabgabe.  Entsprechend  der  Verminderung  der 
Stoff  Wechselvorgänge  sinkt  auch  die  Körpertemperatur.  Die  Kalkent- 

ziehung des  Herzens  äußert  sich  in  Herzschwäche  und  schbeßlicher 
Herzparalyse.  Die  lokale  Wirkung  auf  die  Niere  äußert  sich  in  Ver- 
stopfung der  gewundenen  Harnkanälchen  durch  Calcium  oxalatpfröpfe.  In- 
folge Verlegung  sämtlicher  Harnkanälchen  kann  die  Harnentleerung  völlig 
stocken  und  der  Tod  durch  Anurie  und  Urämie  erfolgen.  Die  nach  Ein- 
verleibung großer  Dosen  tödlich  verlaufenden  Oxalsäurevergiftungen  enden 
meist  recht  rasch.  R.  Kobert  (Intoxikation)  beschreibt  einen  Fall,  daß  der 
Tod  sogar  binnen  10  Minuten  eintrat. 

über   die  Verteilung   der  Oxalsäure    in  den  Organen    der    damit  Ver- 
gifteten   liegen  Angaben  von  Bischoß ')  vor.    In  einem  Falle,    bei    dem    der  Tod    nach 


*)  C.  Bischojf',   L'ber  Verteilung  von  Giften  im  Organismus  des  Mensclien  iu  Ver- 
giftuugsf allen.  Berichte  d.  Deutsch,  ehem.  Ges.  16.  1337  (1883). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  791 

weniger  als  15  Minuten  eingetreten    war,    wurden  die  Organe  getrennt  untersudit   und 
hierbei  die  folgenden  Oxalsäuremengen  gefunden: 

In  2240//  Magen,  Speiseröhre,  Darm  und  Inhalt    .     .  2"28      //  Oxalsäure 

,,      770  fi  Leber 0285    g  ., 

,,      290  g  Nieren 00145  g  „ 

„      180 //  Herzblut 0-0135//  '., 

40  //  Harn 00076  // 

Auffallend  ist  hierbei  der  hohe  Gehalt  der  Leber  an  Oxalsäure;  Nieren  und 
Harn  sind  bei  der  kurzen  Dauer  des  Lebens  nach  der  \'ergiftuug  nur  arm  an  dem 
Gifte  gefunden  worden.  —  Im  sezernierten  Harn  fällt  bei  Oxalsäurevergiftung  die 
reichliche  Abscheidung  von  kristallisiertem   Oxalsäuren  Calcium  auf. 

Nachweis  der  Oxalsäure. 

Wenn  es  sich  nur  um  den  Nachweis  von  Oxalsäure  handelt, 
gleichgültig"  ob  dieselbe  als  freie  Säure,  Sauerkleesalz  oder  Calciumoxalat 
vorhanden  ist,  so  versetzt  man  das  zerkleinerte  Untersuchungsobjekt  mit 
der  o — 4fachen  Menge  Alkohol,  fügt  verdünnte  Salzsäure  bis  zur  stark 
sauren  Reaktion  hinzu  und  läßt  unter  häufigem  Umrühren  1  bis  2  Stunden 
kalt  stehen;  dann  gießt  man  die  Flüssigkeit  durch  ein  mit  Alkohol  be- 
netztes Faltenfilter,  spült  den  Rückstand  mit  Alkohol  nach,  versetzt  das 
ganze  gesammelte  Filtrat  mit  etwa  20  cm^  Wasser,  um  beim  Eindampfen 
die  Bildung  von  Oxalsäureester  zu  vermeiden,  und  verdampft  nun  den 
Alkohol  auf  dem  Wasserbade  vollständig.  Die  zurückl)]eibende  wässerige 
Lösung  gießt  man  durch  ein  Filterchen  und  schüttelt  das  Filtrat  in  einem 
Scheidetrichter  3-  bis  4mal  mit  je  50  bis  60  cm^  Äther  tüchtig  aus.  Die 
sämtlichen  Ätherauszüge  läßt  man  einige  Zeit  in  einem  trockenen  Kolben 
absitzen,  gießt  sie  durch  ein  trockenes  Filter  und  destilliert  aus  ihnen  den 
Äther  ab.  Der  Rückstand  wird  in  2  bis  3  cm^  Wasser  gelöst,  die  Lösung, 
falls  es  nötig  ist,  durch  ein  angefeuchtetes  Filterchen  gegossen,  dann  mit 
Ammoniak  bis  zur  alkalischen  Reaktion  und  mit  gesättigter  Calcium- 
sulfatlösung  versetzt.  Entsteht  hierbei  ein  Niederschlag,  so  säuert  man 
mit  Essigsäure  schwach  an  und  läßt  das  Gemisch  bedeckt  einige 
Stunden,  am  besten  bis  zum  anderen  Tage,  stehen.  Bleibt  ein  kristalli- 
nischer Niederschlag  zurück,  so  kann  dieser  aus  oxal saurem  Calcium 
bestehen.  Eine  eingehende  mikroskopische  Untersuchung  der  Niederschläge 
ist  stets  angezeigt;  Oktaeder  mit  einem  durchsetzten  Kreuz,  sogenannte 
Briefkuvertformen,  sind  für  oxalsaures  Calcium  charakteristisch.  Das  auf 
einem  Filter  gesammelte  und  ausgewaschene  Calciumoxalat  kann  durch  (xlühen 
in  einem  tarierten  Platintiegel  über  dem  Gebläse  in  Calciumoxyd  über- 
geführt und  dieses  gewogen  werden. 

Berechnung.  CaO  (56)  :  C.2H.2O4  -f  2H.2O  (126)  =  gefundene  Menge 
CaO  :  X.  Da  der  zur  Ausrechnung  kommende  (^)uotient  56  :  126  =  0"4:44 
ist,  so  muß  demnach  das  erhaltene  (iewicht  an  Calciumoxyd  mit  0"444 
multipliziert  werden,  um  die  entsprechende  Menge  an  kristallisierter  Oxal- 
säure zu  erfahren. 


-709  W.  Auteurieth. 

Der  Nachweis  der  freien  Alkalien.' 
Kalilauge,  Natronlauge,  Ammoniak,   freie  Alkalien. 

Mit  dem  Nachweis  der  Alkalien  verhält  es  sich  geradeso  wie  mit 
demjenigen  der  Mineralsäuren.  Da  Kalium-  und  Natriumverbindungen  im 
Tier-  und  Pflanzenorganismus  normalerweise  überall  vorkommen  und  Am- 
moniak ein  Zersetzungsprodukt  stickstoffhaltiger  organischer  Materie  ist, 
muß  bei  einer  derartigen  Untersuchung  der  Nachweis  geführt  werden,  daß 
die  Alkalien  im  freien  Zustande  vorhanden  sind,  denn  nm-  diese  und 
ihre  kohlensauren  Salze  wirken  auf  das  tierische  Gewebe  zerstörend  und 
stark  ätzend  und  nicht  ihre  neutralen  Salze. 

Die  durch  Alkalilaugen  erzeugten  Ätzungen  sind  den  durch  ätzende 
Säuren  hervorgebrachten  Vergiftungen  dadurch  ähnlich,  daß  auch  hier  nach 
Zufuhr  der  Laugen  per  os  Schmerzen  im  Mund,  Schlund,  Speiseröhre. 
Magen  und  Unterleib  auftreten,  die  auf  Ätzungen  beruhen.  Während 
aber  die  geätzten  Stellen  bei  der  Ätzung  durch  Mineralsäuren,  wie  bei  der 
durch  Schwefelsäure  trocken  und  brüchig  werden  (..feste  Mortifika- 
tion"),  werden  die  durch  Laugenätzung  hervorgerufenen  geätzten  Partien 
weich  und  schmierig,  weil  die  durch  Lauge  gebildeten  Alkalialbuminate 
gelatinös  aufquellen,  ja  bei  Gegenwart  von  viel  Wasser  sich  teilweise  lösen 
können.  Man  spricht  in  der  gerichtlichen  Medizin  von  ,.Kolliquation" 
(Erweichung,  Verflüssigung).  Die  zerstörende  Wirkung  der  Ätzalkalien  geht 
weit  in  die  Tiefe  und  in  die  Umgebung  der  geätzten  Stellen,  Leim- 
gebendes Gewebe  und  Hornsubstanz,  die  Haare  und  die  Haut  quellen  mit 
Alkalilaugen  ebenfalls  stark  auf  und  gehen  schließlich  in  Lösung.  Der 
Magen  ist  bei  Laugenvergiftung  erweicht,  korrodiert  und  von  auffallend 
hellroter  Farbe. 

Ammoniak. 

Freies  Ammoniak  erkennt  man  meist  schon  an  seinem  Gerüche, 
ferner  an  der  Bläuung  eines  über  dem  Untersuchungsmaterial  gehaltenen, 
angefeuchteten  roten  Lackmuspapiers  oder  an  der  Schwärzung  eines  mit 
Mercuronitratlösung  befeuchteteten  Papiers. 

Destillation.  Man  zieht  das  gehörig  zerkleinerte  Untersuchungs- 
material, falls  es  stark  alkalisch  reagiert,  in  einer  gut  verschüeßbaren 
Glasstöpselflasche  mehrere  Male  mit  absolutem  Alkohol  aus  und  unterwirft 
die  vereinigten  abfiltrierten  Auszüge  der  Destillation.  Man  fängt  das 
Destillat  in  wenig  verdünnter  Salzsäure  auf,  verdampft  es  dann  im 
Porzellanschälchen  auf  dem  Wasserbade  zur  Trockne,  löst  einen  bleibenden 
Verdampfungsrückstand  im  Wasser  und  prüft  diese  Lösung  mit  Kesslers 
Pteagens  und  mit  Platinchloridchlorwasserstoffsäure  auf  einen  Ge- 
halt an  Ammoniak.  —  Der  Destillationsrtickstand  dient  zur  Prüfung  auf 
die  fixen  Alkalien. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  793 

Fixe  Alkalien. 

Im  Destillationsrückstaiide.  der  im  Destillationsgefäße  bleibt,  können 
sich  Ätzkali  und  Ätznatron  vorfinden.  Reagiert  der  Rückstand  stark 
alkalisch,  so  wird  eine  Probe  desselben  erst  mit  wenig  Phenolphtalein- 
lösung,  dann  mit  überschüssiger  Baryumchloridlösung  versetzt.  Rührte 
die  Rotfärbung  der  Phenolphtaleinlösung  ausschheßlich  von  kohlensauren 
Alkalien  her,  so  verschwindet  jetzt  die  Alkalinität.  weil  nach  der  folgenden 
Gleichung  zwei  neutral  reagierende  Salze  entstehen: 

K.3CO3  +  BaCl,  =  BaCOg  +  2  KCl. 

Sind  aber  fixe  Alkalien  vorhanden,  so  bleibt  die  Rotfärbung  be- 
stehen, indem   in  diesem  Falle  löslicher  Ätzbaryt  entsteht : 

2  K  0  H  +  Ba  CL  =  Ba  (OH)^  +  2KC1, 
dessen  Lösung  sich  mit  Phenolphtalein  ebenfalls  rot  färbt. 

Zur  Unterscheidung  von  Kali-  und  Natronlauge  neutralisiert  man 
den  übrigen  Teil  des  nach  dem  Abdestillieren  des  Alkohols  gebliebenen 
Rückstandes  mit  verdünnter  Salzsäure  und  prüft  die  Lösung  mit  Platin- 
chloridchlorwasserstoffsäure, (PtClß)H.2,  und  mit  Natriumkobalti- 
nitrit.  (Co(N02)6)K3,  auf  Kalium  und  mit  Kaliumpyroantimoniat. 
Sbo  O7  H2  K,,  auf  Natrium. 

Chlorsaures  Kalium. 

Das  chlorsaure  Kalium  ist  in  größeren  Dosen,  4 — 6 — 10^,  ein 
stark  wirkendes  Gift,  das  in  der  ersten  Phase  der  Giftwirkung  dadurch 
wirkt ,  daß  es  die  roten  Blutkörperchen  verändert :  das  Oxyhämogiobin 
wird  in  den  intakten  Blutkörperchen  in  braunes  Methämoglobin  um- 
gewandelt. Diesem  Stadium  folgt  alsbald,  wenigstens  bei  schwerer  Ver- 
giftung, eine  Gestalts  Veränderung,  nämlich  eine  Schrumpfung  und  ein 
Zerfall  von  roten  Blutkörperchen.  Die  Toxikologen  (vgl.  B.  Kobert,  Intoxi- 
kationen) nehmen  an,  daß  die  Veränderung  des  Blutfarbstoffes  und  der 
roten  Blutkörperchen  durch  eine,  dem  chlorsauren  Kalium  in  hohem  Grade 
zukommende,  spezifische  Salzwirkung  bedingt  sei.  Durch  die  letztere  er- 
klärt sich  dann  auch  die  zu  Beginn  der  ^'ergiftung  durch  chlorsaures 
Kalium  auftretende  Salzdiurese,  durch  welche  das  Blut  stark  eingedickt 
wird.  —  Höchst  bemerkenswert  ist  ferner  das  starke  Alkalischwerden  des 
Harns,  was  im  Blute  umgekehrt  eine  Alkaliverarmung  das  Plasmas  zur 
Folge  hat.  Bei  schwerer  Chloratvergiftung  wird  soviel  Oxyhämogiobin  in 
Methämoglobin  umgewandelt,  daß  der  Saue rstoffg ehalt  des  Blutes 
auf  P/o  sinken  kann.  Die  Folge  davon  ist,  daß  bei  den  betreffenden 
vergifteten  Menschen  oder  Tieren  Erstickung  durch  Sauerstoff- 
mangel eintreten  kann.  Chlorsaures  Kalium  schwächt  durch  Kaliwirkuug 
das  Herz. 

Charakteristisch  für  die  Vergiftung  durch  chlorsaures  Kalium  ist  die 
schokoladenbraune  Verfärbung  des  Blutes  (s.  oben). 


794  ^^  •  Autenrieth. 

Die  Ausscheidung  von  innerlich  aufgenommenem  Kaliumchloiat 
durch  die  Xiere  kann  ziemlich  rasch  erfolgen ;  nach  Einnahme  von  O'l  f/ chlor- 
saurem Kalium  kann  man  im  Harn  schon  nach  einer  Stunde  Chlorsäure 
nachweisen,  und  zwar  geht  die  größte  Menge  desselben  unverändert  in 
den  Harn  über:  nur  ein  kleiner  Teil  des  aufgenommenen  chlorsauren 
Salzes  wird  zu  Chlorkalium  reduziert.  Der  bei  Chloratvergif  tung  entleerte  Harn 
ist  meist  stark  dunkel,  selbst  schwarz  gefärbt  und  kann  Hämoglobin 
und  Methämoglobin  enthalten;  er  ist  meist  undurchsichtig,  reagiert  häufig 
stark  alkalisch .  ist  eiweißhaltig  und  scheidet  bei  längerem  Stehen  ein 
braunschwarzes  Sediment  ab. 

Besteht  Verdacht  auf  Vergiftung  durch  ein  chlorsaures  Salz,  so  muß 
in  erster  Linie  auch  der  Harn,  falls  solcher  vorhegt,  eingehend  chemisch 
und  mikroskopisch  untersucht  werden.  Es  kann  freilich  bei  Chloratvergiftung 
dem  Tode  eine  mehrtägige  Anurie  vorausgehen,  so  daß  für  die  chemische 
Untersuchung  Harn  überhaupt  nicht  zu  haben  ist. 

Nachweis  der  Chlorsäure. 

Chlorsaures  Kalium  kann  aus  organischem  Material  nur  mit  Hilfe 
eines  Dialysators  abgeschieden  werden.  Man  nehme  ein  möglichst  flaches 
Dialysiergefäß,  weil  die  Diffusion  um  so  rascher  vor  sich  geht,  je  dünner 
die  Schicht  im  inneren  Behälter  und  je  größer  die  Wassermenge  im 
äußeren  Gefäße  ist.  Man  bringt  die  betreffenden  Leichenteile,  wie  Organ- 
teile, Mageninhalt,  Darminhalt,  in  den  inneren  Behälter  eines  flachen  Dialy- 
sators und  in  das  äußere  Gefäß  reines  Wasser  und  läßt,  ohne  Wasser- 
wechsel im  äußeren  Gefäß,  5 — 6  Stunden  stehen.  Das  Dialysat,  also  den 
Inhalt  des  äußeren  Gefäßes,  dunstet  man  in  einer  flachen  Porzellanschale 
auf  dem  Wasserbade  zur  Trockene  ein,  nimmt  den  Rückstand  in  wenig 
Wasser  auf  und  untersucht  die  abfiltrierte  Lösung  in  der  folgenden  Weise 
auf  Chlorsäure: 

1.  Man  versetzt  eine  Probe  der  Lösung  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
und  einigen  Tröpfchen  Indigolösung  bis  zur  deutlichen  Blaufärbung  und 
fügt  dann  tropfenweise  schweflige  Säure  hinzu.  Enthält  die  Lösung  Chlor- 
säure, so  verschwindet  jetzt  die  blaue  Farbe  und  geht  in  Gelb  oder 
Grüngelb  über.  Empfindliche  Probe  auf  Chlorsäure,  mit  der  sich  noch 
0-01  ^r  KCl O3  nachweisen  läßt. 

2.  Man  versetzt  die  erhaltene  Lösung  mit  überschüssigem  Silber- 
nitrat; entsteht  ein  Niederschlag  (AgCl),  so  wird  er  abfiltriert  und  das 
klare  Filtrat  mit  einigen  Tropfen  schwefliger  Säure  zusammengebracht;  ist 
chlorsaures  Salz  vorhanden,  so  entsteht  abermals  ein  Niederschlag  von 
Chlorsilber,  der  im  Unterschiede  zum  schwefligsauren  Silber  in  heißer, 
verdünnter  Salpetersäure  unlöslich  ist. 

3.  Ist  die  fragliche  Lösung  chlor  säurehaltig,  so  entwickelt  sie  beim 
Erhitzen  mit  Salzsäure  Chlor,  welches  aus  Jodkaliumlösung  Jod  frei 
macht,  das  mit  Chloroform  nachgewiesen  werden  kann.  —  Diese  Reaktion 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  795 

beweist  nur  dann  das  Yorliandensein  von  Chlorsäure,  wenn  keine  anderen 
Substanzen  zugegen  sind,  die,  wie  chromsaure  und  dichrom saure  Salze, 
mit  Salzsäure  ebenfalls  Chlor  entwickeln. 

Quantitative  Bestimmung  der  Chlorsäure. 

Die  quantitative  Bestimmung  des  Kaliumchlorates  im  Harn  oder 
im  Dialysat  oder  in  anderen  Flüssigkeiten  gelingt  am  besten  mit  Hilfe  der 
Z  i  n  k  s  t  a  u  l)  m  e  t  h  0  d  e . 

Man  teilt  die  betreffende  Flüssigkeit  in  zwei  gleiche  Teile  und  be- 
stimmt in  der  einen  Hälfte  gewichtsanalytisch  oder  nach  der  Volhardschen 
Titriermethode  die  etwa  vorhandenen  Chloride. 

In  der  zweiten  Hälfte  der  Flüssigkeit  bestimmt  man  die  Chloride 
und  das  Chlor at  zusammen,  indem  man  5 — 10 .r/  Zinkstaub  und  wenig- 
verdünnte Schwefelsäure  oder  besser  Essigsäure  hinzufügt  und  diese  Mischung 
V2 — 1  Stunde  lang  auf  dem  kochenden  Wasserbade  erhitzt.  Dann  filtriert 
man  ab.  wäscht  den  Rückstand  mit  kochendem  Wasser  aus,  säuert  das 
Filtrat  mit  Salpetersäure  an  und  bestimmt  das  Chlor  wie  das  erstemal. 
Hierbei  wird  natürlich  mehr  Chlor  gefunden  als  bei  der  ersten  Bestim- 
mung, wenn  chlorsaures  Salz  vorhanden  war.  Aus  der  Differenz  der  beiden 
Chlorbestimmungen  läßt  sich  die  Menge  Kahumchlorat  berechnen,  l  'SM. 
KCIO3  gibt  bei  der  Reduktion  1  Mol.  KCl,  also  auch  1  At.  Chlor. 

\'erhalten  des  chlorsauren  Kaliums  bei  der  Leichenfäulnis. 

Nach  C.  Bischoß'  wird  chlorsaures  Kalium  in  Mischung  mit  feuchten  organischen 
Stoffen,  namentlich  Blut,  sehr  bald  zu  Chlorkalium  reduziert.  Bischoff'  beschreibt 
verschiedene  Fälle  von  Vergiftungen  mit  chlorsaurem  Kalium,  bei  welchem  trotzdem 
der  chemische  Nachweis  der  Chlorsäure  in  den  Leichenteilen  nicht  mehr  geführt 
werden  konnte.  100  r/ Blut  -)-  Oö  r/  CIO3K  +  100  ß  Wasser  wurden  bei  Zimmei-temperatur 
ö  Tage  lang  stehen  gelassen  ;  in  dem  Dialysate  konnte  keine  Spur  Chlorsäure  nachge- 
wiesen werden.  C.  Bischoff  ist  auf  Grund  seiner  Versuche  zu  der  Ansicht  gelangt,  daß 
chlorsaures  Kalium,  in  Mischung  mit  feuchten  organischen  Substanzen,  namentlich  auch 
mit  Blut,  sehr  bald  reduziert  wird,  so  daß  nicht  unschwer  Fälle  möglich  sind,  w(»  selbst 
bei  rasch  tödlich  verlaufenden  Vergiftungsfällen  mit  chlorsaurem  Kalium  der  chemische 
Nachweis  der  Chlorsäure  nicht  mehr  zu  führen  ist. 

Die  Untersuchiiiiii'  auf*  Santoiiiii,  SiUfonal,  Trional. 

Die  an  dieser  Stelle  aufgenommenen ,  stark  wirkenden  Arzneistoffe 
lassen  sich  wegen  ihres  Löslichkeitsverhaltens  in  kaltem,  weinsäurehaltigem 
Wasser  und  in  Äther  nicht  gut  in  den  allgemeinen  Untersuchungsgang 
nach  Stas-Otto  einreihen.  Zum  Nachweis  dieser  Arzneistoffe  in  irgend 
einem  Untersuchungsmaterial  arbeitet  man  in  der  folgenden  Weise: 

Man  kocht  das  eventuell  mit  Weinsänre  neutrahsierte  oder  schwach 
angesäuerte  Untersuchungsobjekt  unter  Rückfluß  mit  absolutem  Alko- 
hol aus,  filtriert  heiß  ab  und  dunstet  das  Filtrat  auf  dem  Wasserbade  zur 
Trockne   ein.    Bleibt  ein  Rückstand,  so  wird  er  in  heißem  Wasser  gelöst. 


»j-gg  W.  Anten rieth. 

diese  Lösung,  falls  sie  gefärbt  oder  sonst  stark  verunreinigt  ist,  auf  dem 
Wasserbade  unter  häufigem  Umscliütteln  mit  wenig  Blutkohle  einige 
Zeit  erhitzt  und  noch  heiß  abfiltriert.  Liegen  größere  Mengen  der  in  Be- 
tracht kommenden  Substanzen  vor,  so  kristallisieren  diese  zum  Teil  schon 
während  des  Erkaltens  aus.  Die  wässerige  abfiltrierte  Flüssigkeit  wird, 
eventuell  mit  den  ausgeschiedenen  Kristallen,  mehrere  Male  mit  Chloro- 
form tüchtig  ausgeschüttelt,  die  Chloroformschicht  im  Scheidetrichter  ge- 
trennt und  durch  ein  trockenes  Filter  gegossen.  Der  beim  Eindunsten 
dieser  Chloroformlösung  bleibende  Rückstand  kann  S antonin,  Sulfonal 
und  Trional  enthalten. 

Bei  dieser  Extraktionsmethode  finden  sich  natürlich  auch  diejenigen 
Stoffe  im  Chloroformrückstande  vor,  die  nach  dem  Verfahren  von  Stas- 
Otto  in  den  sauren  Ätherauszug  übergehen.  Verschiedene  dieser  Substanzen, 
wie  Colchicin,  Antipyrin,  Koffein,  Acetanilid,  Phenacetin  und  Salicylsäure. 
werden  nach  dieser  ..Chloroformmethode''  vollständiger  ausgezogen  und 
meistens  auch  in  einem  reineren  Zustande  erhalten,  als  dies  bei  der  üblichen 
Extraktion  mit  Äther  der  Fall  ist.  Auch  das  schwach  basische  Narkotin 
kann  sich  in  dem  Verdunstungsrückstande  des  Chloroformauszuges  vorfinden. 

Santonin. 

Santonin,  CisHjgOs,  kristallisiert  in  färb- und  geruchlosen,  glänzen- 
den Blättchen,  die  bitter  schmecken  und  bei  170°  schmelzen.  Es  wird  von 
5000  Teilen  kaltem,  250  Teilen  siedendem  Wasser,  von  44  Teilen  Wein- 
geist sowie  von  4  Teilen  Chloroform  gelöst:  alle  diese  Lösungen  reagieren 
neutral.  Seine  Löslichkeit  in  Äther  ist  gering  (1:150).  Die  weißen  Santonin- 
kristalle  nehmen  am  Lichte  eine  gelbe  Farbe  an:  die  Lösung  dieser  gelben 
Modifikation  des  Santonins  in  Weingeist  läßt  beim  Eindampfen  weißes 
Santonin  zurück.  —  Santonin  muß  als  das  innere  Anhydrid,  Lakton, 
einer  Säure,  nämlich  der  Santoninsäure,  Ci5H2o04,  aufgefaßt  werden, 
denn  ätzende  Alkalien  und  die  ätzenden  alkalischen  Erden  lösen  das  San- 
tonin zu  Salzen  dieser  Säure  auf. 

Säuert  man  die  Lösung  eines  santoninsauren  Salzes  mit  Salzsäure 
an,  so  scheidet  sich  zunächst  freie  Santoninsäure  aus,  welche  auch  dem 
Gemisch  als  solche  entzogen  werden  kann,  wenn  sie  sofort  mit  lUher 
ausgeschüttelt  wird.  Bei  längerem  Stehen  geht  die  Säure  unter  Abspaltung 
von  1  ]Mol.  Wasser  in  ihr  inneres  Anhydrid,  das  Santonin,  über. 

Verhalten  im  Tierkörper.  Santonin  scheint  im  Organismus  nur 
unvollständig  zur  Resorption  zu  gelangen.  31.  •Jafe'^)  hat  Hunden  und 
Kaninchen  größere  Mengen  von  Santonin  verfüttert.  Aus  dem  Harn  der 
Hunde  erhielt  er  einen  neuen  Körper,  in  einer  Menge  von  5 — 60/0  des 
verfütterten    Santonins.    -/-Oxysantonin    (C^r,  Hjg  04)  genannt:    aus    den 


^)  M.  Jaffe,    Über  Oxysantoniiie    und    ihre  Entstehung  im  Tierkörpev  nacli  Dar- 
reichung von  Santonin.  Zeitsclir.  f.  physiol.  Chemie.  22.  337  (1896  —  1897). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemiscliem  Wege.  797 

Exkrementen  des  Hundes  konnten  durch  Auskochen  mit  Chloroform  nam- 
hafte Mengen  von  unverändert  i>el)Iiebenem  Santonin  gewonnen  werden.  — 
Im  Organismus  der  Kaninchen,  welche  die  Fütterung  mit  Santonin  ge- 
wöhnlich wochenlang  gut  vertragen,  entsteht  das  a-üxysantonin  nur  in 
sehr  geringer  Menge;  im  Ätherextrakt  des  Kaninchenharns  fand  Jafe 
neben  viel  unverändert  gebliebenem  Santonin  ein  zweites  Santoninderivat, 
das  [i-Oxy santonin,  das  mit  dem  a-Oxysan tonin  isomer  ist.  Bei  diesen 
♦Versuchen  mit  den  Kaninchen  ist  immer  nur  etwa  die  Hälfte  des  ver- 
fütterten Santonins  zur  Resorption  gelangt. 

Im  Harn  des  Menschen  tritt  nach  Einnahme  von  Santonin  ein  roter 
Farbstoff,  Santoninrot  genannt,  auf.  Santoninharn  ist,  auch  nach  medi- 
zinalen Dosen,  rot  gefärbt  oder  färbt  sich  wenigstens  scharlachrot  bis 
purpurfarben,  wenn  er  mit  Kali-  oder  Natronlauge  versetzt  wird.  Auch  auf 
Zusatz  von  Ätzkalk  färbt  sich  santoninhaltiger  Harn  karminrot. 

Nachweis  des  Santonins. 

Santonin  läßt  sich  nur  neutralen  oder  sauer  reagierenden  Flüssigkeiten 
mit  Äther,  Benzol  oder  besser  mit  Chloroform  entziehen.  In  alkalischen 
Flüssigkeiten  wird  es  zu  santoninsauren  Salzen  gelöst,  die  in  die  ange- 
führten Lösungsmittel  nicht  übergehen.  Da  Santonin  kein  Alkaloid  ist,  gibt 
es  mit  den  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  auch  keine  Niederschläge ;  je- 
doch sind  verschiedene  Farbenreaktionen  für  dasselbe  mehr  oder  weniger 
charakteristisch. 

1.  Reines  Santonin  löst  sich  beim  Erwärmen  mit  alkoholischer  Kali- 
lauge mit  schön  karminroter  Farbe,  die  allmählich  in  Rotgelb  übergeht, 
um  schließlich  ganz  zu  verblassen.  —  Gelb  gewordenes  Santonin  löst  sich 
in  alkoholischer  Kalilauge  mit  gelbroter  Farbe  auf. 

2.  Schüttelt  man  gepulvertes  Santonin  (001  g)  mit  einer  kalten 
Mischung  aus  1  cm^  Schwefelsäure  und  1  cm^  Wasser,  so  tritt  keine  Fär- 
bung auf:  erhitzt  man  dann  fast  zum  Sieden  und  fügt  einen  Tropfen 
Eisenchloridlösung  hinzu,  so  färbt  sich  das  Gemisch  violett. 

3.  Erwärmt  man  ein  Gemisch  aus  2 — 3  Tropfen  einer  alkoholischen 
Santoninlösung  und  1 — 2  Tropfen  alkohoUscher  FurfuroUösung  (2% ig)  mit 
2  cui^  konzentrierter  Schwefelsäure  in  einem  Porzellanschälchen  auf  dem 
Wasserbade,  so  nimmt  es  eine  purpurrote  Färbung  an,  die  bei  fortge- 
setztem Erwärmen  in  Karmoisinrot,  Blauviolett  und  schließlich  in  Dunkel- 
blau übergeht  (Thaeter).^) 

Alkaloide  und  Glukoside,  die  mit  Furfurolschwcfelsäure  scharfe  Farbeu- 
reaktionen  geben,  sind  nicht  sehr  zabh'eich  ;  zu  ihnen  gehören  u.  a.  Veratrin, 
Pi  kr  otoxin  (violett)  und  Piper  in  (grün  bis  grünblau,  zuletzt  indigoblau).  Auch 
X-  und  ß-Naphtol  geben  mit  Furfurolschwcfelsäure  charakteristische  Färbungen. 


^)  K.  Thaeter,    Beiträge    zur    forensischen    Chemie.    Archiv    d.   Pharmazie.    235. 
401  (1897). 


798  ^^  •  Autenrieth. 

Sulfonal. 

Sulfonal,  C7H16O4S2,  bildet  färb-,  geruch- und  geschmacklose,  pris- 
matische Kristalle,  die  bei  125 — 126«  schmelzen  und  gegen  300"  unter 
geringer  Zersetzung  destillieren.  Sulfonal  löst  sich  in  500  Teilen  kaltem 
und  in  15  Teilen  siedendem  Wasser,  in  135  Teilen  Äther  sowie  in  65  Teilen 
kaltem  und  in  2  Teilen  siedendem  Alkohol;  von  Chloroform  wird  Sulfonal 
sehr  leicht  gelöst.  Die  Lösungen  des  Sulfonals  verändern  Lackmuspapier 
nicht.  Sulfonal  zeichnet  sich  durch  große  Beständigkeit  gegen  chemische 
Agenzien  aus:  die  Halogene,  Halogenwasserstoff  säuren,  ätzenden  und  kohlen- 
sauren Alkahen,  sowie  konz.  Schwefelsäure  und  konz.  Salpetersäure  wirken 
in  der  Kälte  auf  Sulfonal  nicht  ein. 

Nachweis  des  Sulfonals. 

Sulfonal  läßt  sich  der  saureu.  neutralen  und  alkalischen  Flüssigkeit 
mit  Äther,  besser  mit  Chloroform  entziehen  und  wird  im  Verdunstungs- 
riickstand  dieser  Lösungen  in  der  folgenden  Weise  nachge\\ieseu : 

1.  Bestimmung  des  Schmelzpunktes:  Dieser  liegt  bei  125 — 126". 
falls  das  Sulfonal  absolut  rein  ist.  SuKonal  wird  durch  Umkristallisieren 
aus  kochendem  Wasser  unter  Zuhilfenahme  von  wenig  Blutkohle  leicht 
rein  erhalten.  Die  erhaltenen  fraglichen  Kristalle  mische  man  mit  notorisch 
reinem  SuKonal:  auch  dieses  Gemisch  muß  dann  ebenfalls  bei  125 — 126" 
schmelzen,  falls  die  fragliche  Substanz  aus  Sulfonal  besteht. 

2.  Beim  Erhitzen  eines  Gemisches  von  Sulfonal  und  gepulverter 
Holzkohle  in  einem  Probierröhrchen  tritt  der  charakteristische  Merkaptan- 
geruch  auf. 

3.  Nachweis  des  Schwefels,  «yi  Mit  Natrium :  Beim  Zusammen- 
schmelzen des  Sulfonals  mit  wenig  metallischem  Natrium  in  einem  trockenen 
Papierröhrchen  entsteht  Schwefelnatrium,  das  man  in  der  wässerigen 
Lösung  der  erkalteten  Schmelze  mit  Nitroprussidnatrium  oder  mit  Blei- 
oxydnatron erkennt. 

h)  Mit  Cyankalium.  Schmilzt  man  in  einem  trockenen  Probier- 
röhrchen Sulfonal  mit  etwa  der  doppelten  ]\Ienge  von  reinem  Cyankalium 
zusammen,  so  tritt  der  durchdringende  Merkaptangeruch  auf  und  es  ent- 
steht gleichzeitig  Rhodankalium.  Die  wässerige  Lösung  der  Schmelze  färbt 
sich  daher  nach  dem  Ansäuern  mit  verdünnter  Salzsäure  mit  1 — 2  Tröpf- 
chen Eisenchloridlösung  tiefrot. 

c)  Mit  Eisenpulver.  Beim  Erwärmen  des  Sulfonals  mit  reinem, 
schwefelfreiem  Eisenpulver  macht  sich  ein  knoblauchartiger  Geruch  be- 
merkbar und  der  Piückstand  entwickelt  mit  Salzsäure  Schwefelwasserstoff, 
der  mit  ..Bleipapier"  erkannt  wird. 

Nachweis  des  Sulfonals  im  Harn. 

Sulfonal  wirkt  kumulativ;  die  Substanz  kann  sich  daher  in  größerer 
Menge  im  Organismus  anhäufen,   wenn   Sulfonal  längere    Zeit    unaus- 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  799 

gesetzt  in  größeren  Dosen  innerlich  eingenommen  wird.  Die  Hauptmenge 
des  aufgenommenen  Sulfonals  erscheint  im  Harn  als  Äthylsulfo säure, 
C2H5.SO2  .OH.  Infolge  der  Bildung  dieser  Säure  ist  bei  Sulfonalintoxikation 
der  Ammoniakgehalt  des  Harns  geradeso  wie  nach  Eingabe  von  Mineral- 
säuren stark  vermehrt. 

Nur  nach  größeren  Dosen  von  Sulfonal,  besonders  nach  unausgesetzter 
Darreichung  desselben,  findet  sich  Sulfonal  in  nachweisbarer  Menge  im 
Harne  vor.  Ein  solcher  Harn  ist  dann  manchmal  durch  einen  Gehalt  an 
Hämatoporphyrin  dunkelrot  bis  granatbraun  gefärbt;  doch  tritt 
dieses  Zersetzungsprodukt  des  Blutfarbstoffes  nur  i)ei  schwerer  Sulfonal- 
intoxikation im  Harne  und  auch  da  nur  in  vereinzelten  Fällen  auf. 

Zur  Abscheidung  des  Sulfonals  aus  dem  Harn  wird  etwa  1  Liter 
Harn  oder  mehr  auf  den  10.  Teil  seines  Volumens  eingedampft  und  der 
Rückstand  wiederholt  mit  größeren  Mengen  Äther  ausgeschüttelt.  Die  ver- 
einigten Ätherauszüge  läßt  man  in  einer  trockenen  Flasche  einige  Stunden 
absitzen,  gießt  sie  durch  ein  trockenes  Filter  und  destilliert  aus  dem 
Filtrate  den  Äther  ab.  Der  Destillationsrückstand  wird  mit  20 — '60  cm^ 
10<'/(,iger  Natronlauge  auf  dem  Wasse.rbade  zur  Trockne  eingedunstet, 
wodurch  die  färbenden  Extraktivstoffe,  die  aus  dem  Harn  mit  in  den 
Äther  übergegangen  sind,  beseitigt  werden,  während  Sulfonal  unverändert 
bleibt.  Dem  alkahschen  Rückstande  entzieht  man  wiederum  mit  Äther 
das  Sulfonal.  welches  beim  Verdunsten  des  Lösungsmittels  fast  farblos 
und  rein  zurückbleibt.  Von  dem  Ätherrückstande  bestimmt  man  den 
Schmelzpunkt  und  weist  mittelst  der  oben  angegebenen  Proben  das  Sul- 
fonal nach. 

Nachweis    des   Hämatoporphyrins    im   Harn   bei    Sulfonalintoxi- 
kation. 

In  rot,  braunrot  oder  kirschrot  gefärbten  Harnen  sind  Farb- 
stoffe beobachtet  worden,  die  mit  Hämatoporphyrin  höchstwahrschein- 
lich identisch  sind.  Die  spektroskopische  Untersuchung  eines  solchen  Harns 
geschieht  folgendermaßen :  Man  versetzt  etwa  1/3  l  Harn  tropfenweise  mit 
Natronlauge  bis  zur  stark  alkalischen  Reaktion,  dann  mit  wenig  Baryum- 
chloridlösung:  nach  einigem  Stehen  wird  der  Niederschlag,  der  nun  den 
Farbstoff  enthält,  abfiltriert,  gut  ausgewaschen  und  auf  dem  Filter  mit 
heißem  Alkohol,  der  einige  Tropfen  verdünnte  Schwefelsäure  enthält,  aus- 
gezogen. Das  so  erhaltene  Filtrat  kann  direkt  spektroskopisch,  am  besten 
mit  dem  BrowningiU^hen  Taschenspektroskop,  untersucht  werden.  Die  sauren 
Hämatoporphyrinlösungen  sind  violett,  konzentriertere  kirschrot  gefärbt  und 
zeigen  ein  charakteristisches  Spektrum  mit  zwei  Absorptionsstreifen.  n)er- 
sättigt  man  hierauf  die  saure  alkoholische  Lösung  mit  einigen  Tropfen 
Ammoniak  oder  Natronlauge,  so  wird  das  Spektrum  der  alkalischen 
Hämatoporphyrinlösung  mit  vier  Absorptionsstreifen  sichti)ar.  Hämatopor- 
phyrin findet  sich  häufig  in  Spuren  im  normalen  Harn. 


^QQ  W.  Autenrieth. 

Trioiial,  Diäthylsulfonmethylmetlian,  (C2 H^) (CH^) ClSOg C, Hg).., bildet 
farblose,  glänzende,  geruchlose  Kristalltafeln  vom  Schmelzpunkt  76^  die 
sich  in  320  Teilen  Wasser  zu  einer  bitter  schmeckenden ,  Lackmuspapier 
nicht  verändernden  Flüssigkeit  lösen.  Durch  den  bitteren  Geschmack  unter- 
scheidet sich  das  Trional  von  dem  sonst  ähnlichen,  aber  geschmacklosen 
Sulfonal.  Trional  gibt  die  Keaktionen  des  Sulfonals.  Da  Trional  im 
menschlichen  Organismus  vollständig  zerlegt  wird,  ist  die  kumulative 
Wirkung  desselben  eine  geringere  als  beim  Sulfonal.  Auch  Hämatopor- 
phyrinurie  ist  selbst  nach  größeren  Dosen  von  Trional  und  bei  wochen- 
langem, unausgesetztem  Gebrauche  fast  nie  beobachtet  worden. 


Cytisin. 

Cytisin,  C11H14N2O,  findet  sich  zu  etwa  l'ö^o  in  dem  reifen  Samen 
des  Goldregens,  dem  Samen  von  Cytisus  Laburnum,  und  ist  identisch 
mit  dem.  aus  dem  Samen  von  Ulex  europaeus  dargestellten  und  ur- 
sprünglich Ulexin  genannten  Alkaloid  (A.  Partheil). 

Cytisin  kristallisiert  in  großen,  färb-  und  geruchlosen  Prismen,  die 
bei  152*^  schmelzen  und  die  bei  vorsichtigem  stärkeren  Erhitzen  unzer- 
setzt  sublimieren.  In  Wasser,  Alkohol,  Chloroform  und  in  Essigäther  ist  es 
leicht  löslich,  weniger  leicht  in  käuflichem  Äther,  Benzol  und  Aceton  und 
fast  unlöslich  in  Petroläther  und  absolutem  Äther. 

Cytisin  ist  eine  starke,  sekundäre  Base  von  stark  giftigen  Eigen- 
schaften. Obwohl  es  sich  mit  1  und  mit  2  Mol.  Salzsäure  verbinden  kann, 
verhält  es  sich  sonst  als  einsäurige  Base,  indem  es  nur  mit  einem 
Äquivalent  Säure  gut  kristallisierende  Salze  bildet.  Als  sekundäre  Base 
gibt  Cytisin  mit  salpetriger  Säure  ein  in  Nadeln  kristallisierendes  Nitroso- 
cytisin,  CnHigONN.NO.  Erwärmt  man  Cytisin  mit  der  doppelten  Menge 
konzentrierter  Salpetersäure  auf  dem  Wasserbade,  so  färbt  sich  die  Lösung 
unter  Entwicklung  nitroser  Gase  alsbald  rotgelb  bis  braun  und  scheidet  dann 
beim  Eingießen  in  Wasser  Nitronitrosocytisin,  CiiHi2  0N(N02)N.NO 
ab,  das  aus  Wasser  in  blaßgelben,  bei  242 — 244"  schmelzenden  Schuppen 
kristallisiert. 

Cytisin  ist  ein  Krampf  gif  t,  das  in  seiner  Wirkung  dem  Strychnin 
durchaus  ähnlich  ist,  nur  daß  beim  Cytisin  noch  eine  Reizwirkung  auf 
die  Magendarmschleimhaut  hinzukommt,  die  bis  zur  blutigen  Entzündung 
führen  kann.  Im  Gegensatz  zum  Strychnin  wird  durch  Cytisin  auch  das 
Brechzentrum  gereizt;  beim  Menschen  und  erbrechenfähigen  Tieren  wird 
daher  nach  Einnahme  von  Cytisin  oder  Goldregenpräparaten  ein  großer 
Teil  des  zugeführten  Giftes  wieder  erbrochen.  Wie  Strychnin  wirkt  Cytisin 
reizend  auf  das  Atemzentrum  und  vasomotorische  Zentrum;  schließlich 
tritt  der  Tod  wie  bei  Strychninvergiftung  durch  Lähmung  dieser  beiden 
Zentra  ein.  Ein  Teil  des  aufgenommeneu  Cytisins  verläßt  den  Organismus 
unverändert  und  findet  sich  als  solcher  im  Harn  vor. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  801 

Nachweis  des  Cytisins. 

Sind  Erbrochenes,  Mageninhalt  oder  Organteile  auf  einen  Gehalt  an 
Cytisin  zu  untersuchen,  so  stellt  man  sich  nach  dem  allgemeinen  l'nter- 
suchungsgange  auf  Alkaloide  eine  wässerige,  weinsaure  Lösung  her,  welche 
zur  Entfernung  der  letzten  Spuren  von  Fett  und  freien  Fettsäuren  mit 
Äther  erst  ausgeschüttelt  wird,  dann  wird  die  abgetrennte  wässerige  Flüssig- 
keit mit  Natronlauge  alkahsch  gemacht  und  mit  Chloroform  oder  besser 
mit  Isobutylalkohol  wiederholt  tüchtig  ausgeschüttelt. 

Ein  beim  Eindunsten  des  Chloroform-  oder  Isobutylalkoholauszuges 
bleibender  Rückstand  wird  mit  Hilfe  der  folgenden  Reaktionen  auf 
Cytisin  geprüft. 

1.  Eisenchloridlösung  färbt  Cytisin  und  seine  Salze  blutrot:  beim 
Verdünnen  mit  Wasser,  beim  Ansäuern  sowie  auf  Zusatz  von  Wasserstoff- 
superoxyd verschwindet  die  rote  Färbung.  Erwärmt  man  die  mit  Wasser- 
stoffsuperoxyd versetzte  Mischung  auf  dem  Wassei'bade,  so  tiitt  eine 
intensive  Blaufärbung  auf  {Van  der  Moer^). 

2.  Mit  Nitrobenzol,  das  wenig  Dinitrotiophen  enthält,  übergössen, 
gibt  Cytisin  eine  ziemlich  beständige  rotviolette  Färbung  (A. Bauivcrda'^). 
Co  nun  gibt  eine  ähnliche,  aber  sehr  unbeständige  Färbung. 

3.  Die  Bildung  des  Nitrosonitrocytisins  (s.  oben)  aus  Cytisin 
mit  konzentrierter  Salpetersäure  läßt  sich  zum  Nachweis  kleiner  Mengen 
des  Alkaloids  mit  Vorteil  verwenden.  Nitronitrosocytisin  kristallisiert 
aus  94''/oigem  Alkohol  in  derben  Säulen  und  aus  öOVoigem  Alkohol  in 
flachen  Täfelchen.  Aus  seiner  Lösung  in  konzentrierter  Salzsäure  wird  es 
durch  Wasser  wieder  unverändert  ausgefüllt. 


Die  Digitalisglukoside. 

Die  Digitalis  pflanze,  Digitalis  purpurea  L.,  enthält  in  allen  ihren 
Teilen,  vorzugsweise  aber  in  ihren  Blättern  und  Samen,  arzneilich  brauch- 
bare Substanzen,  welche  in  die  Gruppe  der  Glukoside  gehören.  \'on 
solchen  Digitalisglukosiden  sind  bis  jetzt  drei  als  kristalUsierende.  ein- 
heitlich zusammengesetzte,  wohl  charakterisierte  Stoffe  isoliert  worden, 
nämlich  das  Digitalin  im  engeren  Sinne  oder  Digitalinum  verum  crystal- 
hsatum  Kiliani  von  der  Zusammensetzung  Ci^E^^ü^i.  das  Digitoxin, 
C34H54O11,  und  das  Digitonin  C55H94O.38.  Ein  viertes  Digitalisglukosid, 
nämlich  das  Digitalein,  ist  bis  jetzt  noch  nicht  im  chemisch  reinen  Zu- 
stande erhalten  worden. 


0  Ber.  d.  Deutsch.  Pharmaz.  Gesellschaft.  5.  267  (1895). 

-)  A.  Eauwerda,   Beiträge   zur   Kenntnis   des    Cytisins   und    seiner  Alkyklerivato. 
Chem.  Zentralbl.  1900.  II.  268  und  Xederl.  Tijdschr.  12.  161   (ISOO). 

Abel  prlia  1  den  ,  Handbuch   der   biochemischen  Arbpitsmethoden.  V.  j'j'J 


gQ2  W.  Autenrieth. 

Digitonin. 

Digitonin,  C55H94O28  oder  C54  HgoO^g^).  findet  sich  fast  nur  in  den 
Samen  der  Digitalispflanze  vor,  die  Blätter  enthalten  höchstens  Spuren 
davon.  Digitonin,  das  man  gegenwärtig  zu  den  Saponinen  zählt  (vgl.  diese), 
kristallisiert  aus  Alkohol  in  feinen  Nadeln  und  ist  in  50  Teilen  Alkohol 
von  50%  löslich.  Schon  eine  ganz  verdünnte  Salzsäure  spaltet  Digitonin 
hydrolytisch  in  Digitogenin,  Dextrose  und  Galaktose"^): 


CsöHg.Oas   +   2H2O  =  CsiH^oOe    +   20«  H,^  0«   +   2CeH,,0e 


Diffitonin  Digitogenin  Dextrose  Galaktose. 


Digitonin  kristallisiert  aus  Alkohol  in  feinen  Nadeln,  die  bei  235" 
unter  Gelbfärbung  erweichen.  Digitonin  ist  kein  Herzgift.  Reines  Digitonin 
gibt  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  eine,  auf  Zusatz  von  wenig  Brom- 
wasser intensiver  werdende  Rotfärbung. 

Digitoxin, 

Digitoxin,  C34H54O11,  ist  fast  ausschließhch  in  den  Digitalisblättern 
enthalten,  sehr  wirksam  und  ungemein  giftig.  Es  ist  in  Wasser  und  in 
Äther  fast  unlöslich,  löst  sich  aber  in  Alkohol  und  in  Chloroform:  man 
kann  es  daher  aus  seiner  Lösung  in  Chloroform  mit  Äther  ausfällen. 
Aus  Alkohol  von  85%  kristallisiert  es  in  Blättchen  vom  Schmp.  145°. 
Alkoholische  Salzsäure  hydrolysiert  Digitoxin  zu  Digitoxigenin  und  Digi- 
toxose  : 

Cs.H^.On   +  H,0  =  C^^Ha^O,   +  2C,,H,2  0, 

Digitoxin  Digitoxigenin  Digitoxose. 

Digitoxin  löst  sich  in  konzentrierter  Schwefelsäure  mit  bräunlicher 
oder  grünlichbrauner  Farbe,  die  durch  Brom  nicht  verändert  wird. 

Digitoxinreaktion  von  H.  Küiani.  Man  löst  eine  Spur  Digitoxin 
in  o — 4  cm^  eisenhaltigem  Eisessig  (100  cw^  Eisessig  +  1  cm^  o^/oige 
Ferrisulfatlösung)  und  schichtet  einige  Kubikzentimeter  eisenhaltige  kon- 
zentrierte Schwefelsäure  (100  cm^  Schwefelsäure  -1-  \  cm^  5<'/oige  Ferri- 
sulfatlösung) darunter:  an  der  Berührungsstelle  der  beiden  Flüssigkeits- 
schichten entsteht  zunächst  eine  dunkle  Zone,  über  der  sich  nach  etwa 
2  Minuten  ein  blauer  Streifen  bildet,  und  bei  längerem  Stehen  färbt  sich 
die  ganze  Eisessigschicht  tief  indigoblau. 

Digitalinum  verum. 

Digital  in,  C35H56O14,  findet  sich  nach  Kiliani  nur  in  den  Digitalis- 
samen,   ist   in  Wasser  1  :  1000  löslich    und    sehr  wirksam.   Beim  Kochen 


*)  Die  Ergebnisse  der  Untersuchungen  von  A.  Windaus  über  Digitonin  [Berichte 
d.  Deutsch,  ehem.  Ges.  42.  238  (1909)]  sprechen  zugunsten  der  Formel  C55  Hg^  Ojg. 

^)  H.  Kiliani,  Über  Digitonin  und  Digitogenin.  Berichte  d.  Deutsch,  ehem.  Ges. 
24.  340  (1891j. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  303 

seiner  alkoholischen  Lösung  mit  sehr  verdünnter  Salzsäure  wird  es  in  Di- 
gitaligenin  und  in  zwei  Zucker,  nämlich  in  Dextrose  und  Digitalose, 
hydrolytisch  gespalten ; 

C35H5BOU   +   H,0  •-  a,H3o03   +  CeH.^Oe  +  C,H,,OaV) 
Digitalin  Digitaligenin  Dextrose  Digitalose. 

Reines  Digitalin  färbt  sich  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  oran- 
gegelb; die  Lösung  nimmt  bald  eine  blutrote  und  auf  Zusatz  von 
wenig  Bromwasser  eine  kirsch-  und  blaurote  Färbung  an.  Statt  des 
Bromwassers  kann  auch  ein  Tröpfchen  Salpetersäure  oder  Eisenchlorid- 
lösung genommen  werden.  Sicherer  und  weit  dauerhafterer,  auf  1 — 2 
Stunden,  erhält  man  diese  Reaktion,  wenn  man  eine  Spur  Digitalin  direkt 
in  englischer  Schwefelsäure  ohne  weiteren  Zusatz  löst. 

Konzentrierte  Salzsäure  löst  Digitalin  mit  goldgelber,  beim  Erwärmen 
in  Granat-  bis  Violettrot  übergehender  Farbe. 

Über  das  Schicksal  der  DigitaUsglukoside  im  menschlichen  Or- 
ganismus und  über  die  Natur  ihrer  Umwandlungs-  und  Ausscheidungs- 
produkte ist  bis  jetzt  nichts  sicheres  bekannt.  Eine  Ausscheidung  der  drei 
wirksamen  Substanzen  durch  den  Harn  ist  beim  Menschen  noch  niemals 
beobachtet  worden,  und  auch  bei  Tieren  hat  B.  Robert  im  Harn  imr  in 
ganz  vereinzelten  Fällen  etwas  wirksames  nachweisen  können.  Im  Blute 
und  in  den  Organen  konnte  bisher  keiner  der  in  Frage  kommenden  Di- 
gitalisstoffe wieder  gefunden  werden.  Bei  toxikologischen  Untersuchungen 
würde  vorzugsweise  Erbrochenes  und  der  Inhalt  des  Magen  dar  m- 
k anales  in  Betracht  kommen,  obgleich  auch  hier  nur  geringe  Aussicht 
besteht,  von  den  Diaitalstoffen  noch  etwas  vorzufinden. 


'ö^ 


über  Saponine. 

Saponine, 

Als  Saponine  oder  Saponin Substanzen  faßt  man  eine  große 
Zahl  von  giykosidischen  Substanzen  zusammen,  welche  im  Pflanzen- 
reiche weit  verl)reitet  vorkommen  und  die  verschiedene  chemische,  physi- 
kalische und  besonders  physiologische  Eigenschaften  gemeinsam  haben. 
Sie  zeigen  insofern  eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  den  Seifen,  als  ihre 
wässerigen  Lösungen  stark  schäumen.  Viele  der  Saponinsubstanzen 
schmecken  scharf  und  kratzend  und  rufen  im  gepulverten  Zustande 
starkes  Niesen  hervor.  Sie  hindern  fein  verteilte  Stoffe  am  Absetzen  und 
eignen  sich  daher  zur  Unterstützung  von  Emulsionsbildung.  Sie  dialysieren 
sehr  unvollständig  und  lassen  sich  aus  ihren  Lösungen  zum  Teil  aus- 
salzen. Mit  Ausnahme  des  Gluko-Alkaloides  Solanin,  welches  stickstoff- 
haltig ist  und  alkaUsch  reagiert,  kann  man  die  Saponine  chemisch  als 
stickstofffreie  Glukoside  bezeichnen.  Die  meisten  Saponine  reagieren 
neutral,  und  nur  eine  kleinere  Anzahl    derselben    zeigt  schwach  saure  Re- 

51* 


gQ4  ^V.  Autenrieth. 

aktion.  Die  neutralen  Saponine  und  die  Alkalisalze  der  sauren  Saponin- 
stoffe  sind  im  Wasser  und  in  heißem  wässerigen  Alkohol  löslich,  in  abso- 
lutem Alkohol  sowie  in  Äther  aber  unlöslich.  Fällungsmittel  für  Saponine 
aus  konzentrierter  wässeriger  Lösung  sind  Ätzbaryt,  wodurch  Barvtsapo- 
nine  entstehen,  neutrales  Bleiacetat  und  Bleiessig.  Durch  den  letz- 
teren werden  alle  Saponine  gefällt,  während  Bleizucker  nur  die  sauren 
Saponine  niederschlägt.  Viele  der  Saponinstoffe  sind  wie  die  Eiweißstoffe 
durch  Ammonium  Sulfat  aussalzbar.  Konzentrierte  Sch\Yefelsäure  löst  die 
Saponine  mit  gelber,  allmählich  in  Rot,  bisweilen  auch  in  Violett 
und  Blau  grün  übergehender  Farbe. 

Die  große  Verbreitung  der  Saponine  im  Pf  lanzenreiche  geht  schon  daraus 
hervor,  daß  man  bis  jetzt  in  über  50  Pflanzenfamilien  mit  über  200  mono- 
und  dikotyledonischen  Pflanzenarten  Saponinsubstanzen  aufgefunden  hat. 
Von  Pflanzenteilen,  welche  saponinhaltig  sein  können,  sind  es  die  Wurzeln 
(Senega,  Saponaria),  Wurzelknollen  (Cyclamen),  Rinden  (Quillaja,  Gua- 
jacum),  Früchte  (Sapindus,  Saponaria),  Samen  (Aesculus,  Agrostemma. 
Thea),  Stengel  (Dulcaraara)  und  Blätter  (Guajacum).  Es  scheint  also 
kaum  einen  Teil  im  Pflanzenorganismus  zu  geben,  in  welchem  Saponine 
nicht  vorkommen  können.  Von  Pflanzenfamilien,  welche  reichlichere  Mengen 
von  Saponinsubstanzen  produzieren,  seien  die  der  Sapindaceen,  Cariophyl- 
laceen,  Colchicaceen,  Polygalaceen,  Sileneen  und  Sulanaceen  erwähnt.  Die 
Menge  an  Saponinen,  welche  in  den  betreffenden  Pflanzenteilen  vorhanden 
sein  können,  kann  eine  recht  bedeutende  sein. 

Alle  Saponine  werden  beim  Erhitzen  ihrer  Lösungen  mit  verdünnter 
Salzsäure  oder  Schwefelsäure  hydrolytisch  gespalten,  und  zwar  in  eine 
Zucker art  und  in  eine  ungiftige.  Sapogenin  genannte,  wasserunlös- 
liche Substanz.  Die  Sapogenine,  die  chemisch  noch  wenig  erforscht  sind, 
sind  nicht  durchweg  identisch  miteinander. 

Die  l)is  jetzt  genauer  studierten  Saponine  sind  die  folgenden : 

Digitonin:  Im  Samen  von  Digitahs  purpurea. 

Saponin:  In  der  Wurzel  von  Saponaria  officinahs,  zu  4 — 5%. 

Githagin:  Im  Samen  der  Kornrade,  Agrostemma  Githago,  zu  6'5Vo- 

Senegin:  In  der  Senegawurzel,  der  Wurzel  von  Polygala  Senega. 

Struthiin:  In  der  levantinischen  Seifenwurzel,  der  Wurzel  von  Gyp- 
sophila  Struthium,  zu  14%. 

Quillaja-Sapotoxin:  In  der  Rinde  von  Quillaja  Saponaria,  zu  8"8%- 

Sapin dus-Sapotoxin:  In  den  Früchten  von  Sapindus  Saponaria. 

Sarsaparill-Saponin:  In  der  Sarsaparillwurzel,  der  Wurzel  ver- 
schiedener Smilaxarten. 

Physiologische  Wirkung  der  Saponine.  Die  Saponinsubstanzen 
wirken  fast  ausnahmslos  giftig,  und  zwar  in  erheblicherem  Grade,  wenn 
sie  direkt  ins  Blut  eingeführt  werden,  als  wenn  dies  nicht  der  Fall  ist. 
Da  sie  meist  schwer  resorbierbar  sind,  können  sie  bei  innerhcher  Dar- 
reichung, also  per  os.  in  verdünnten  Lösungen  vom  gesunden  Menschen  in 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  805 

größeren  Mengen  vertragen  worden .  ohne  irgendwelche  Schädigungen  der 
Gesundheit  hervorzurufen.  Eine  den  giftigen  Saponinen  gemeinsame  Eigen- 
schaft ist  eine  protoplasmareizendc  Wirkung,  die  bei  größeren  Dosen  Saponin- 
substanz  protoplasmaabtötend  sein  kann.  Als  solche  Protoplusmagifte 
erweisen  sie  sich  nach  verschiedene!'  Richtung  hin.  In  Übereinstimmung 
hiermit  wirken  Saponine  auch  auf  Blutkörperchen  ein  ;  in  der  Tat  haben 
R.  Kohcrt  und  seine  Mitarbeiter  zeigen  können,  daß  defil)riniertes,  mit 
physiologischer  Kochsalzlösung  auf  das  lOOfache  verdünntes  lUut  das  feinste 
und  bequemste  Reagens  auf  Saponinsubstanzen  ist,  indem  durch  die  Sa- 
ponine Hämolyse  eintritt  und  die  Blutlösung  lackfarben  wird,  und 
zwar  ohne  Agglutination  und  ohne  Methämoglobinbildung.  Je  mehr  das  Blut 
vom  Serum  befreit  wird,  desto  ausgesprochener  ist  die  hämolytische  Wirkung 
der  Saponinsubstanzen  auf  die  Blutkörperchen.  Nach  Untersuchungen  aus 
den  letzten  Jahren  wirken  die  Saponine  auf  die  vom  Serum  befreiten 
isolierten  Blutkörperchen  nur  deshalb  stärker  ein,  weil  das  Blutserum 
das  als  Schutzkörper  die  Hämolyse  hindernde  Cholesterin  enthält.  Die 
hämolytische  Wirkung  der  Saponine  kommt  allem  Anscheine  in  der  Weise 
zustande,  daß  dieselben  den  roten  Blutkörperchen  das  Lecithin  der 
Zellmembran,  also  den  Hauptbestandteil  der  Hülle,  entziehen,  indem 
Lecithin-Saponine  gebildet  werden.  Wie  mit  Lecithinen  können  sich  die 
Saponine  auch  mit  Cholesterin  zu  Cholesterin-Saponinen  verbinden.  Wenn 
nun  die  Affinitäten  eines  Saponins  durch  Cholesterin  bereits  abgesättigt 
sind,  so  kann  es  nicht  mehr  auf  das  Lecithin  der  Membrane  der  Blut- 
körperchen einwirken.  So  kommt  es,  daß  Cholesterin  die  Hämolyse,  welche 
ein  Saponin  hervorrufen  würde,  verhindert  und  daß  somit  Cholesterin 
auf  Saponinsubstanzen  entgiftend  wirkt.  Ransom^)  hat  diese  wich- 
tige Entdeckung  gemacht,  daß  die  blutkörperchenlösende  Wirkung  eines 
Saponins  durch  einen  Zusatz  von  Cholesterin  aufgehoben  wird.  Ob  diese 
Entgiftung  durch  eine  chemische  Reaktion  bedingt  ist  oder  durch  Ad- 
sorption, also  einen  physikahschen  Vorgang,  war  zunächst  zweifelhaft. 
R.  Kobert')  sowie  Madsen  und  Noguchi^)  vermochten  das  in  Wasser  un- 
lösliche Cholesterin  in  einer  wässerigen  Saponinlösung  aufzulösen  und 
nahmen  in  dieser  physiologisch  unwirksamen,  also  nicht  mehr  hämolytisch 
wirkenden  Lösung  eine  labile  Saponin- Cholesterinverbindung  an.  Aber 
erst  A.  Windaus ^)  hat  vor  kurzem  den  Nachweis  geführt,  daß  in  der 
Tat  ..Saponincholesteride"  existieren.  Das  Digitonin-Cholesterid, 
C55  H;,4  Oog .  C27  H^e  0,  kristallisiert  in  feinen  Nadeln  aus,  wenn  man  die 
heißen    alkoholischen   Lösungen    von   Digitonin   (l  Mol.)    und    Cholesterin 


*)  Deutsche  med.  Wochenschr.  1901.  194. 

")  F.  Kohert,  Die  Saponine.  Stuttgart  1904. 

^)  Th.  Madsen  und  11.  Xoguchi ,  Toxine  und  Antitoxine,  Sapouiu,  Cholesterin. 
Chem.  Zeutralbl.  1905.  I.  1265. 

*)  A.  Willdaus,  Über  die  Entgiftung  der  Saponine  durch  Cholesterin.  Berichte 
d.  Deutsch,  chem.  Gesellsch.  42.  238  (1909). 


306  ^^-  Autenrieth. 

(1  Mol.)  ziisammengielit.  Dieses  Cholesterid  entsteht  ohne  Wasseraustritt; 
es  handelt  sich  also  bei  der  Reaktion  zwischen  Digitonin  und  Cholesterin 
höchstwahrscheinlich  um  die  Bildung  einer  Molekularverbindung. 

Auch  die  weißen  Blutkörperchen  werden  von  Saponinlösungen, 
aber  erst  bei  stärkeren  Konzentrationen,  gelöst.  Eine,  vielen  Saponinen 
zukommende  physiologische  Wirkung  äußert  sich  in  der  Betäubung  und 
Abtötung  von  Fischen,  selbst  wenn  das  Wasser,  in  dem  sie  leben,  nur 
1 :  200000  Saponinsubstanz  enthält  (R.  Kohert). 

Nachweis  der  Saponine. 

Hinsichtlich  der  Isolierung  der  Saponinsubstanzen  aus  irgendwelchen 
Gemischen  ist  in  erster  Linie  auf  deren  Löslichkeitsverhalten  zu  achten. 
Alle  Saponine  sind  in  Wasser  löslich,  einige  derselben  auch  in  Alko- 
hol: in  Äther,  Benzol,  Chloroform  und  Petroleum äther  sind  sie  so  gut  wie 
unlöslich.  —  Zur  Abscheidung  der  Saponine  kann  man  sich  des  Blei- 
zuckers oder  Bleiessigs  bedienen  (s.  oben),  den  entstandenen  ausgewaschenen 
Niederschlag  mit  Schwefelwasserstoff  zerlegen,  das  bleifreie  Filtrat  auf  dem 
Wasserbade  eindunsten  und  das  Saponin  aus  der  konzentrierten  Lösung 
mit  absolutem  Alkohol  und  Äther  ausfällen. 

Konzentrierte  Schwefelsäure  löst  die  meisten  Saponine  mit  roter 
oder  gelbroter,  allmählich  in  Violett  übergehender  Farbe  auf. 

Mit  Fröhdes  Reagens  und  mit  Vanadinschwefelsäure  geben  die 
Saponinsubstanzen  verschiedene  Färbungen :  braune,  rotbraune,  blaue,  grüne 
und  auch  violette  Färbungen  (vgl.  Solanin).  Kocht  man  ein  Saponin  mit 
verdünnter  Salzsäure,  so  tritt  h}  drolytische  Spaltung  ein ;  infolge  der  Ent- 
stehung eines  reduzierend  wirkenden  Zuckers  wird  dann  Fehlinc/sche  Lösung 
beim  Erwärmen  reduziert. 

Über  Solanin  und  Solanidin. 

Solanin,  CVoHgjNOi,,  ein  alkaloidartiges  Glukosid,  Glukoalkaloid,  ist 
in  der  Kartoffelpflanze,  Solanum  tuberosum  und  in  anderen  Solanum- 
arten,  Avie  in  Solanum  nigrum,  Solanum  Dulcamare,  Solanum  Lycopersicum, 
der  Tomate,  weit  verbreitet.  —  Auch  in  Scopoliaarten,  wie  in  Scopolia 
orientahs  und  Scopolia  atropoides,  ist  Solanin  aufgefunden  worden.  Das 
Solanin  ist  nicht  auf  alle  Teile  der  Kartoffelpflanze  gleichmäßig  verteilt; 
am  reichlichsten  findet  es  sich  in  den  beerenartigen  Früchten  und  in 
den  chlorophyllfreien  Keimen,  wie  solche  beim  Liegen  der  Kartoffeln 
im  Keller  während  der  Frühliugsmonate  hervorschießen.  Schnüedeherg  und 
Meyer  fanden .  daß  im  Jänner  und  Februar  1  kg  geschälte  Kartoffeln 
0"024  ^,  1  kg  ungeschälte  aber  0044(7  Solanin  enthielten;  die  Kartoffel- 
schalen als  solche  hatten  0"71  g  und  die  Kartoffel  keime  von  1  cm 
Länge  sogar  ö'O  g  Solanin  in  einem  Kilogramm.  Nach  E.  Werk  ist  die 
Entstehung  des  Solanins  auf  die  Lebenstätigkeit  von  Bacterium  solaniferum 
zurückzuführen  (V). 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  807 

Solanin  kristallisiert  in  weißen,  bei  244"  schmelzenden,  bitter 
schmeckenden  Nadeln.  Es  ist  in  Wasser,  auch  kochendem,  sehr  wenig  lös- 
lich (etwa  1:8000)  und  wird  von  500  Teilen  kaltem  und  125  Teilen 
siedendem  Alkohol,  sowie  von  zirka  4000  Teilen  Äther  gelöst.  Die  Lösungen 
reagieren  schwach  alkaüsch.  Die  heiß  gesättigten  L()sungen  des  Solanins 
in  Alkohol  und  in  Amylalkohol  gelatinieren  beim  Erkalten.  Von  Äther, 
Chloroform  und  Benzol  wird  es  weder  aus  saurer  noch  alkalischer  Lösung 
aufgenommen;  heißer  Amylalkohol  entzieht  aber  das  Solanin  sowohl  der 
sauren  als  auch  der  mit  Natronlauge  oder  Ammoniak  alkalisch  gemachten 
Lösung.  Solanin  ist  eine  schwache  Base,  die  sich  in  Säuren,  auch  in  Essig- 
säure, leicht  auflöst  und  kristallisierende  Salze  bildet.  —  Durch  verdünnte 
Salzsäure  oder  Schwefelsäure  wird  Solanin  in  Solanidin,  C4ollr,i  N(^., 
Galaktose  und  Rhamnose  gespalten.  Die  Hydrolyse  tritt  in  der  Kälte 
langsam,  beim  Erhitzen  rasch  ein.  Das  gebildete  salzsaure  oder  schwefel- 
saure Solanidin  scheidet  sich  hierbei  als  schwer  lösliches,  kristallinisches 
Pulver  aus.  Nach  Wittmann  erhält  man  das  Solanidin  in  guter  Ausbeute, 
wenn  man  das  Solanin  mit  der  zehnfachen  Menge  2''/oiger  Schwefelsäure 
unter  Rückfluß  kocht,  bis  sich  die  Flüssigkeit  gelblich  färbt  und  bis  das 
Filtrat  bei  weiterem  Kochen  kein  schwefelsaures  Solanidin  mehr  abscheidet. 
Das  aus  seinem  schwefelsauren  Salz  mit  Ammoniak  frei  gemachte  und  aus 
Äther  umkristallisierte  Solanidin  bildet  farblose,  seidenglänzeude,  bei  207" 
schmelzende,  in  Wasser  schwer,  in  Äther  sowie  in  heißem  Alkohol  leicht 
lösliche  Nadeln.  Solanidin  ist  eine  stärkere  Base  als  das  Solanin  und  gibt 
mit  Säuren  meist  kristallisierbare,  in  Wasser  schwer  lösliche  Salze.  Solauin 
und  Solanidin  sind  starke  Gifte,  die  ähnlich  wirken  wie  die  echten 
Saponinsubstanzen  (vgl.  diese). 

Giftwirkung.  Bei  innerlicher  Darreichung  ist  die  Resorption  des 
Solanins  meist  recht  mangelhaft.  Als  Glukosid  übt  es  eine  lokale  Wirkung 
aus  und  wirkt  als  saponinähnliehe  Substanz  stark  hämolytisch,  macht 
also  das  Blut  Lackfarben.  Es  erfolgt  noch  vollständige  Hämolyse  bei  einer 
Verdünnung  der  Solaninlösung  von  1 :  8300.  Bei  Einnahme  von  Solanin 
erfolgt  meist  Erbrechen  und  bei  größeren  Dosen  Gastroenteritis  (Magen- 
darmkatarrh). Letztere  kommt  auch  bei  intravenöser  und  subkutaner  In- 
jektion von  Dosen,  welche  nicht  zu  rasch  töten,  zustande.  Nebenbei  kann 
Hämoglobinurie  eintreten. 


-'s' 


Nachweis  des  Solanins  und  Solanidins. 

Da  Mineralsäuren  selbst  in  sehr  starken  ^'erdünnungeu  Solanin  hydro- 
lysieren,  muß  die  Verwendung  dieser- Säuren  bei  Auffindung  des  Solanins 
selbstverständlich  vermieden  werden.  Nach  /;.  Schmidt^)  zieht  man  das 
ITntersuchungsobjekt  kalt  mit  weinsäurehaltigem  Wasser  aus,  neutralisiert 
den  abfiltrierten  Auszug  mit  gebrannter  Magnesia,  dampft  auf  dem  Wasser- 


')  Pharm.  Chem.,  Organischer  Teil. 


308  ^^-  Autenrieth. 

bade  zur  Trockne  ein,  kocht  den  Rückstand  mit  Alkohol  aus  und  filtriert 
heiß  ab.  Ist  die  Menge  des  vorhandenen  Solanins  keine  zu  geringe,  so 
gelatiniert  der  alkoholische  Auszug  beim  Erkalten.  Andernfalls  dunstet  man 
die  alkoholische  Lösung  ein  und  untersucht  den  Rückstand  auf  Solanin. 
L.  Kobert  lälJt  Solanin  aus  alkalischer  Lösung  mit  Isobutylalkohol  aus- 
schütteln. —  Von  den  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  gibt  nur  die  Phos- 
phormolybdänsäure mit  Solaninlösungen  gelbe  Fällungen,  während  das 
Solanidin ,  also  auch  die  mit  überschüssiger  Salzsäure  gekochte  Solanin- 
lösung,  als  stärkere  Base  durch  die  meisten  anderen  Alkaloidreagenzien 
ausgefällt  wird. 

Spezielle  Reaktionen  des  Solanins  und  Solanidins. 

1.  Selensäure-Schwefelsäurei)  löst  Solanin  sowie  Solanidin  mit 
himbeerroter  Farbe ;  gelindes  Erwärmen  beschleunigt  den  Eintritt  der 
Reaktion. 

2.  Vanadinschwefelsäure^)  löst  Solanin  wie  Solanidin  mit  orange- 
gelber, alsbald  in  Rot  und  schließlich  in  Blauviolett  übergehender  Farbe. 
Man  kann  auch  die  Lösung  des  Solanins  oder  Solanidins  in  Schwefelsäure 
mit  einem  Tropfen  Vanadinschwefelsäure  versetzen. 

o.  Äthylschwefelsäure 3)  löst  Solanin  sowie  Solanidin  mit  roter 
Farbe.  Man  kann  auch  die  alkoholische  Lösung  des  Solanins  oder  Solanidins 
über  konzentrierte  Schwefelsäure  schichten;  an  der  Berührungsfläche  der 
beiden  Schichten  zeigt  sich  dann  eine  rote  Zone. 

4.  Konzentrierte  Schwefelsäure  löst  Solanin  mit  orangeroter 
Färbung,  die  bei  längerem  Stehen  oder  gelindem  Erwärmen  in  Braunrot 
übergeht.  —  Versetzt  man  die  Lösung  des  Solanins  in  konzentrierte 
Schwefelsäure  tropfenweise  mit  Bromwasser,  so  entstehen  rote  Streifen. 

5.  Fröhdes  Reagens  löst  Solanin  mit  gelbroter,  vorübergehend  in 
Kirschrot  und  schließlich  in  Rotbraun  übergehende  Färbung. 

Über  Ptomaine. 

Ptomaine  sind  basische,  giftige  oder  nicht  giftige,  stickstoffhaltige 
Substanzen,  die  bei  der  Fäulnis  von  Leichenteilen  unter  dem  Einflüsse  von 
Bakterien  entstehen  und  häufig  in  Leichen  vorkommen,  besonders  in 
solchen  Leichenteilen,  die  schon  stark  in  Verwesung  übergegangen  sind. 
Viele  Ptomaine  zeigen  große  Ähnlichkeit  mit  den  Alkaloiden,  geben  beispiels- 
weise wie  diese  mit  den  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  Niederschläge,  und 
verschiedene    derselben    verhalten    sich    sogar   gegen   spezielle  Alkaloid- 


^)  1"3  f/  selensaures  Natrium,  SeO^Naj .  lOH, 0 -1- 8  f/«''  Wasser -f- 6  cw^  kon- 
zentrierte Schwefelsäure. 

-)  Eine  Lösung  von  0"1  g  vanadinsaures  Ammonium,  YOgNH^,  in  \QQ  g  konzen- 
trierter Schwefelsäure. 

^)  9  cm^  absoluter  Alkohol  4-  G  cm^  konzentrierte  Schwefelsäure. 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  809 


reagenzien  wie  ganz  bestimmte  Alkaloide.  Die  genaue  Kenntnis  der 
Ptomaine  ist  daher  für  den  Gericlitschemikor  von  größter  Ijpdeutung,  in- 
dem die  Anwesenheit  von  Ptomainen  leicht  zu  Täuschungen  und  Trug- 
schlüssen führen  kann.  —  Auch  in  dem  Verhalten  gegen  Lösungsmittel 
gleichen  diese  P'äulnisprodukte  den  Pflanzenbasen;  die  einen  werden  aus 
weinsaurer,  die  anderen  aus  alkalischer  Lösung  von  Äther,  wieder  andere 
nur  von  Amylalkohol  oder  Chloroform  aus  alkalischer  Flüssigkeit  aufge- 
nommen. Die  meisten  Ptomaine  wirken  stark  reduzierend,  führen  z.  15. 
Ferricyankalium  sofort  in  Ferrocyankalium  über  und  geben  daher  mit 
einem  verdünnten  Gemisch  von  Eisenchlorid-  und  Ferricyankalium- 
lösung  Perlinerblau ;  auch  manche  Alkaloide,  wie  Morphin,  gleichen  in 
dieser  Hinsicht  den  Ptomainen. 

Die  Ähnlichkeit  eines  Ptomains  mit  einem  bestimmten  Pflanzenstoff 
beschränkt  sich  häufig  nur  auf  die  eine  oder  die  andere  Pieaktion  und  er- 
streckt sich  nie  auf  alle  charakteristischen  Pieaktionen  des 
betreffenden  Alkaloids.  Um  sich  daher  bei  gerichthch-chemischen 
Untersuchungen  vor  Verwechslung  von  Ptomainen  mit  Alkaloiden  möglichst 
zu  schützen,  ist  es  unbedingt  geboten,  sämtliche  für  das  vermutete  M- 
kaloid  charakteristischen  Pieaktionen  auszuführen  und  sich  nicht  etwa  mit 
nur  einer  Reaktion  zu  begnügen.  —  Durch  Feststellung  der  physio- 
logischen Wirkung  der  Substanz  ist  die  chemische  Untersuchung  zu 
ergänzen;  denn  gerade  in  physiologischer  Hinsicht  unterscheiden  sich 
häufig  die  Fäulnisprodukte  sehr  wesentUch  von  den  chemisch-ähnlichen 
Pflanzenbasen.  Es  sind  bis  jetzt  Ptomaine  beobachtet  und  beschrieben 
worden,  die  mit  Coniin,  Nikotin,  Strychnin,  Kodein,  Veratrin,  Delphinin. 
Atropin,  Hyoscyamin,  Morphin  und  Narcein  gewisse  Ähnlichkeiten  zeigten. 
Ein  dem  Morphin  gleichendes  Fäulnisprodukt  ist  von  Selmi  beschrieben 
worden;  dasselbe  wurde  weder  aus  saurer  noch  alkalischer  Lösung  von 
Äther  aufgenommen,  wohl  aber  wurde  es  der  mit  Natronlauge  oder  Am- 
moniak alkalisch  gemachten  Lösung  durch  Amylalkohol  entzogen.  Es  machte 
aus  Jodsäure  Jod  frei,  gab  aber  die  für  Morphin  allein  charakteristi- 
schen Reaktionen,  nämlich  die  Husemannsche,  Pellagrisäie  und  die  Ferri- 
chlorid-Reaktion,  nicht. 

Um  in  solchen  Fällen  ein  unzweideutiges  Resultat  zu  erhalten, 
ist,  wenn  irgend  möghch,  die  Reindarstellung  des  Alkaloids  anzu- 
streben. Gelingt  diese,  so  kann  die  Natur  des  Giftes  meist  unzweifelhaft 
festg-estellt  werden. 


■^ö^ 


Die  Bereitung  der  Reagenzien.') 

A.  Die  allgemeinen  Alkaloidreagenzien. 

Eine  Reihe  von  Reagenzien,  die  man  allgemeine  Alkaloidreagen- 
zien oder  auch  Gruppenreagenzien  nennt,  gibt  mit  den  Lösungen  der 


1)  Nach   IV.  Autenriefh,  „Die  Auffindung  den  Gifte",  i\.  Aufl.  1909. 


g]^Q  W.  Autenrieth. 

meisten  Alkaloide  und  ihrer  Salze  charakteristisch  gefärbte,  amorphe, 
oder  kristaUinische,  unlösliche  oder  schwer  lösliche  Niederschläge.  —  Diese 
Reagenzien  fällen  freilich  nicht  ausschheßlich  Alkaloidsalzlösungen  aus 
sondern  verschiedene  derselben,  wie  Gold-,  Platin-  und  Quecksilber- 
chlorid, Phosphormolybdänsäure  und  Phosphorwolframsäure 
reagieren  auch  mit  Ammoniak  und  vielen  einfachen  Ammoniakderi- 
vaten in  ähnlicher  Weise  wie  mit  Alkaloiden.  Dieses  hat  seinen  Grund 
darin,  daß  die  Alkaloide  selbst  Ammoniakabkömmlinge  sind,  nämlich  meistens 
tertiäre  oder  sekundäre  Basen.  x4uch  Ei  weiß  Stoffe,  Album  osen,  Pep- 
tone, Kreatinin  imd  die  Purinbasen  Adenin,  Guanin,  Hypoxanthin 
und  Xanthin  geben  mit  den  meisten  Alkaloidreagenzien  Niederschläge. 
Die  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  könnte  man  demnach  auch  als  Reagen- 
zien auf  .^Stickstoffbasen"  bezeichnen. 

Die  allgemeinen  Alkaloidreagenzien  wendet  man  besonders  dann  an, 
wenn  man  feststellen  will,  ob  überhaupt  ein  Alkaloid  oder  sonst  ein 
basischer  Körper  vorhanden  ist  oder  nicht.  Hinterläßt  der  Ätherauszug 
der  wässerig-alkalischen  Lösung  beim  Arbeiten  nach  dem  Verfahren  von 
Stets- Otto  nur  einen  geringen  Verdunstungsriickstand,  so  untersucht  man 
diesen  zunächst  auf  sein  Verhalten  gegen  die  allgemeinen  Alkaloidreagen- 
zien, ehe  man  auf  die  einzelnen  Alkaloide  prüft.  Zur  Ausführung 
dieser  Reaktionen  löst  man  eine  Probe  des  fraglichen  Verdunstungsrückstands 
in  stark  verdünnter  Salzsäure  oder  Schwefelsäure  auf,  verteilt  die  filtrierte 
Lösung  auf  einige  Reagenzgläschen  und  läßt  zu  jeder  Probe  ein  empfind- 
licheres Alkaloidreagens  zutropfen.  Bei  Vorhandensein  eines  Alkaloids  oder 
irgend  einer  anderen  basischen  Substanz  entstehen  bei  allen  oder  fast 
allen  Proben   deutliche   Niederschläge   oder   wenigstens  starke  Trübungen. 

Die  hauptsächlichsten  Alkaloidreagenzien  sind  die  folgenden : 

Ooldchlorid,  eine  wässerige  Lösung  1:30,  bewirkt  weiße,  gelbe 
oder  braune,  amorphe  oder  kristallinische  Niederschläge,  die  zum  Teil 
unter  Abscheidung  von  metallischem  Gold  leicht  zersetzt  werden. 

Platiucliloridchlorwasserstoffsäure,  kurz „Platinchlorirt"  genannt, 

eine  wässerige  Lösung,  etwa  1:20,  erzeugt  gel  blich  weiße  bis  gelbe, 
meistens  körnig  kristallinische  Niederschläge,  die  fast  immer  dem  Platin- 
salmiak PtCl6(NH4)2  analog  zusammengesetzt  sind. 

Quecksilberchlorid,  wässerige  Lösung  1:20,  gibt  weiße  bis  gelb- 
liche, meistens  amorphe,  allmählich  kristallinisch  werdende  Nieder- 
schläge. 

Jodlösiing,  Jodjodlvaliumlösim^.  Wofjnet-s  Reagens,  eine  Auflösung 
von  5  Teilen  Jod  und  10  Teilen  Jodkalium  in  100  Teilen  Wasser,  ruft 
braune,  meist  flockige  Niederschläge  hervor. 

Kadmiumjodid-Jodkaliiim.  Marmes  Reagens.  —  Man  löst  20  g  Jod- 
kalium in  der  gleichen  Menge  siedenden  Wassers  auf,  fügt  10  g  Jodkad- 
mium dazu  und  verdünnt  diese  Lösung  mit  Wasser  auf  100  cm^.  — 
Marmes  Reagens  gibt  mit  den  schwefelsauren  Lösungen  der  meisten  Alka- 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  811 

loide,  auch  bei  starker  Verdünnung,  weiße  oder  gelbliche,  amorphe, 
später  kristallinisch  werdende  Fällungen,  die  im  Überschüsse  des  Reagenses, 
sowie  in  Alkohol  löslich  sind. 

Qiiecksilberjodid-Jodkalium  —  Mayers  Reagens  — ,  eine  Auflösung 
von  1-35  (j  Quecksilberchlorid  und  5  g  Jodkalium  in  100  g  Wasser,  gibt 
mit  den  salzsauren  Lösungen  der  meisten  Alkaloide  weiße  oder  gelbliche 
Niederschläge,  die  amorph  sind,  aber  häufig  allmählich  kristallinisch  werden. 

Wismutjodid-Jodkiilium.  —  Dragendorfs  Reagens.  Nach  Kraut  ^) 
bereitet:  Durch  Auflösen  von  ^0  g  Wismutsubnitrat  in  200  ccm  Salpeter- 
säure von  1-18  spez.  Gew.  (30"/o  HXO3)  und  Eingießen  dieser  Lösung  in 
eine  konzentrierte  Lösung  von  212  g  Jodkalium  in  wenig  Wasser.  Nach  dem 
Auskristallisieren  des  Salpeters  verdünnt  man  die  Flüssigkeit  mit  Wasser 
auf  einen  Liter. 

Wismutjodid-Jodkalium  ruft  in  den  schwefelsauren  Lösungen  vieler 
Alkaloide  schön  orangerote,  meistens  amorphe  Niederschläge  hervor.  Durch 
Schütteln  dieser  Niederschläge  mit  Natronlauge  und  Soda  können  die 
Alkaloide  meistens  unverändert  und  häufig  fast  quantitativ  wieder  gewonnen 
werden. 

Zinkjodid-Jodkalium.  Man  löst  10  g  Jodzink  und  20  g  Jodkalium 
in  100  g  Wasser  auf. 

Pbosphorniolyl)(länsäure.  —  Sonnenscheins  Reagens. 

a)  Man  sättigt  eine  wässerige  Lösung  von  Natriumkarbonat  mit 
reiner  Molybdänsäure,  fügt  auf  5  Teile  der  Säure  1  Teil  kristallisiertes 
Dinatriumphosphat(P04Na2H  +  12H.,  0)hinzu,  verdampft  dann  zur  Trockne, 
schmilzt  den  Rückstand  in  einem  Porzellantiegel  und  löst  die  erkaltete 
Schmelze  in  Wasser  auf.  Aus  1  Teil  Rückstand  bereite  man  10  Teile 
Lösung.  Die  abfiltrierte  Flüssigkeit  versetzt  mau  noch  mit  so  viel  Sal- 
petersäure, daß  sie  goldgelb  gefärbt  ist. 

bj  In  Ermanglung  freier  Molybdänsäure  kann  man  auch  die  sal- 
petersaure Ammoniummolybdatlösung.  wie  sie  zum  Nachweis  der  Phosphor- 
säure  A'erwendung  findet,  mit  Natriumphosphatlösung  bei  etwa  40"  voll- 
ständig ausfällen.  Der  hierbei  erhaltene,  gelbe  Niederschlag  wird  gut  aus- 
gewaschen, in  Wasser  verteilt  und  mit  einer  konz.  Natriumkarbonatlösung 
bis  zur  vollständigen  Auflösung  erwärmt.  Diese  Lösung  dampft  man  zur 
Trockne  ein,  glüht  den  Rückstand  bis  zur  vollständigen  \'erjagung  des 
Ammoniaks,  befeuchtet  ihn,  wenn  Reduktion  eingetreten  ist  (Blau-  bis 
Schwarzfärbung),  mit  Salpetersäure  und  glüht  wiederum.  Diesen  Rückstand 
löst  man  in  heißem  Wasser  unter  Zusatz  von  Salpetersäure  auf.  so  daß 
diese  stark  vorherrscht.  Aus  1  Teil  Rückstand  stellt  man  sich  10  Teile 
Lösung  her.  Die  goldgelbe  Lösung  muß,  gegen  Ammoniakdämpfe  ge- 
schützt, aufbewahrt  werden. 


*)  K.  Kraut,  Jodwismutverbiudungen  organischer  Basen.  Anualen  d.  Chemie.  210. 
310(1881)  und  E.Jahns,  Über  die  Anwendung  des  Kaliumwismutjodids  zur  Darstellung 
organischer  Basen.  Archiv  d.  Pharmazie.  235.  151  (1897). 


g][2  "^^^  Autcnrietli. 

Phosphormolybdänsäiire  gibt  mit   den    schwefelsauren  Lösungen  der 
meisten  Alkaloide  gelblich  gefärbte,    amorphe  Niederschläge,  die  manch-, 
mal  durch  Reduktion   der  Molybdänsäure    zu    Molybdänoxyd   nach    einiger 
Zeit  eine  grünliche  bis  bläuliche  Färbung  annehmen. 

PJiosphorwolframsäure.  — •  Scheiblers  Reagens. 

Man  versetzt  die  wässerige  Lösung  von  wolframsaurem  Natrium  mit 
wenig  20Voiger  Phosphorsäure :  gibt  ähnlich  aussehende  Niederschläge  wie 
das  vorhergehende  Reagens.  Über  die  Bereitung  von  kristallisierter 
Phosphorwolframsäure  vergl.  Drechsele)  und   Winterstein J) 

(xerbstofflösuiii^,  öVoige,  wässerige  Lösung  von  Tannin,  bewirkt 
w^eißliche  oder  gelbliche,  flockige  Niederschläge,  die  in  Salzsäure  teil- 
weise löslich  sind.  Durch  Behandeln  dieser  Gerbstoffniederschläge  mit  Blei- 
oder Zinkkarbonat,  Eindampfen  und  Extraktion  des  Rückstandes  mit  Äther. 
Alkohol  oder  Chloroform  können  die  Alkaloide  zum  Teil  unverändert  wieder 
gewonnen  werden. 

Pikrinsäure:  eine  konzentrierte,  wässerige  Auflösung  der  Pikrin- 
säure, erzeugt  gelbe,  kristallinische  oder  amorphe,  bald  kristallinisch  wer- 
dende Niederschläge. 

Pikroloiisäure.  Man  verwendet  eine  Vio  n-alkoholische  Lösung,  die 
also  Yiof/  CioHgN^  O5  =  26*4  g  feste  Pikrolonsäure  im  Liter  Alkohol  enthält. 
Diese  Lösung  gibt  mit  den  meisten  Alkaloiden  schwer  lösliche,  kristalli- 
sierende, gelb  bis  rot  gefärbte,  Pikrolonate  genannte  Salze.  Pikrolonsäure 
verhält  sich  gegen  Basen  wie  eine  einbasische  Säure.  3) 


B.  Sonstige  Reagentien  und  Lösungen. 

Erdmaiiiis  Reagens:  salpetersäurehaltige  Schwefelsäure. 
20  cm^  reine  konz.  Schwefelsäure  werden  mit  10  Tropfen  einer  Mischung 
aus  6  Tropfen  konz.  Salpetersäure  und  100  crn^  Wasser  versetzt. 

Fröhdes  Reagens:  eine  Auflösung  von  Molybdänsäure  in 
Schwefelsäure.  5  wg  Molybdänsäure  oder  Natriummolybdat  werden  in 
1  cm^  heißer,  reiner  konz.  Schwefelsäure  gelöst.  Diese  Lösung,  die  farblos 
sein  soll,  ist  nicht  lange  haltbar. 

Konz  entriertes  Fröhdesches  Reagens  enthält  auf  1  cw^konz.  Schwefel- 
säure O'Ol  g  Molybdänsäure  oder  deren  Natriumsalz. 


')  E.  Drechsel,  Einfache  Methode  zur  Darstellung  einiger  komplexen  anorganischen 
Säuren.  Berichte  d.  Deutsch,  ehem.  Ges.  20.  1452  (1887). 

^)  E.  Winfrrsfein,  Über  die  Herstellung  reiner  Phosphorwolframsäure.  Chemiker- 
Zeitung  1898.  539. 

^)  L.  Knorr,  Über  den  Amidoäthylalkohol.  Berichte  d.  Deutsch,  ehem.  Ges.  30. 
909  (1897);  //.  Matthes  und  O.  Baninisfedf,  Die  Verwendbarkeit  der  Pikrolonsäure  zur 
quantitativen  Bestimmung  einiger  Alkaloide.  Zeitschr.  f.  analyt.  Chem.  46.  565  und 
Archiv  d.  Pharmazie.  245.  112  (1907). 


f 


Der  Nachweis  der  Gifte  auf  chemischem  Wege.  813 

Feliliii^sche  Lösung.  Man  hält  zweckmiUiig  eine  Kupfersulfat-  und 
eine  alkalische  Seignettesalzlösung  getrennt  vorrätig. 

1.  Die  Kupfersulf atlüsung  enthält  in  500  cm^  Lösung  B4"64  </  reines 
kristaUisiertes  Kupfersulfat  (CuSO^  +  ÖH.,  ()). 

2.  Die  alkalische  Seignettesalzlösung.  Man  löst  173 ^r  Seignette- 
salz  (C4H4()üKNa  + 4H.,0)  und  50  ^  Ätznatron  in  Stangen  in  heiDem 
Wasser  auf  und  verdünnt  diese  Lösung  nach  dem  Erkalten  mit  Was.ser 
auf  500  cm^. 

Diese  beiden  Lösungen,  zu  gleichem  \olnmen  gemischt,  bilden  die 
Fehlingsche  Lösung,  die  zweckmäßig  erst  vor  dem  Gebrauche  hergestellt  wird. 
—  Eine  vorrätig  gehaltene  Fehlingsche  Lösung  hat  man  vor  der  Verwen- 
dung stets  auf  ihre  Brauchbarkeit  zu  prüfen!  Sie  ist  unbrauchbar, 
sobald  sie  beim  Kochen  für  sich  einen  Niederschlag  von  Kupferoxydul 
ausscheidet. 

Fornialinscliwef elsäiire,  Marquis  Reagens,  i j  2 — 3  Tropfen  Formal- 
dehydum  solutum  —  Formahn  —  werden  vor  dem  Gebrauche  mit  3  cm^ 
reiner  konzentrierter  Schwefelsäure  gemischt. 

Günzburgsches   Reagens:  Phloroglucin- Vanillinlösung. 

1  Teil  Phloroglucin  und  1  Teil  Vanillin  werden  in  30  Teilen  Alkohol 
gelöst.  —  Dieses  Reagens  dient  zum  Nachweise  freier  Mineralsäuren, 
besonders  freier  Salzsäure;  freie  organische  Säuren  reagieren  nicht  mit 
dem  Gün2hurgs(ihen  Reagens. 

Hüiiefeldsche  Lösung.  Man  versetzt  15  cm^  älteres,  einige  Zeit  der 
Luft  und  dem  Licht  ausgesetzt  gewesenes  Terpentinöl,  das  aber  Guajak- 
tinktur  nicht  direkt  bläuen  darf  oder  15  cni^  3 — 5''/oiges.  säurefreies 
Wasserstoffsuperoxyd  mit  25  cm^  Alkohol.  5  cm^  Chloroform  und  r5  cn/^ 
Eisessig.  Diese  Lösung  dient  zum  Nachweis  von  Blut. 

Jodsäiirelösuiig,  lO^/oige,   wässerige  Lösung   von  Jodsänic  (JO^H). 

Magnesiamischimg,  auch  Magiiesiamixtur  genannt.  11  //  kiistalli- 
siertes  Magnesiumclilorid  (MgCL  +  ßH.jO)  und  14:  g  Ammoniumchlorid 
werden  zusammen  in  130  g  Wasser  gelöst  und  70  g  Ammoniakflüssigkeit 
(0-96  sp.  G.=zloVo  ^Ha)  zugesetzt.  Diese  Mischung  soll  klar  sein.  —  Sie 
dient  zum  Nachweis  der  Arsensäure  und  Phosphorsäure. 

Maiideliiis  Reagens,  Vanadin-Schwefelsäure.  1  Teil  vanadin- 
saures Ammonium  wird    in  200  Teilen   reiner   konz.  Schwefelsäure  gelöst. 

Millous  Reagens.  ]\Ian  löst  1  Teil  Quecksilber  in  1  Teil  kalter, 
rauchender  Salpetersäure  auf,  verdünnt  hierauf  mit  dem  doppelten  Volumen 
Wasser  und  gießt  nach  mehrstündigem  Stehen  die  klnvo  Lösung  vom  T"n- 
gelösten  ab. 


*)  R.  Kohert ,  Zum  Nachweis  des  Morpliins  und  seiner  Derivate.  Apothokcr- 
Zeituug.  14.  259  (1899)  und  H.Linke,  tJber  das  Verhalten  der  mit  Formaldehyd  ver- 
setzten Schwefelsaure  zu  einigen  organischen  Körpern,  speziell  zu  den  Alkalniden.  Be- 
richte d.  Deutsch,  pharm,  (ies.  11.  258  (1901). 


814 


"W.  Autenrieth.  Der  Nachweis  der  Gifte  auf  cbemischera  "Wege. 


Nesslers  Reagens.  10g  Quecksilber] odicl  (Hü'J2)  +  5^  Kaliumjodid 
+  20  ^  Ätznatron  +  100  g  Wasser.  Das  Quecksilberjodid  mrd  in  einem 
Porzellanmörser  mit  wenig  Wasser  verrieben,  dann  in  eine  Flasche  gespült 
und  das  Kaliumjodid  zugesetzt:  das  Ätznatron  wird  in  dem  Reste  des 
Wassers  gelöst  und  die  erkaltete  Lauge  mit  der  Quecksilber  Jodid- Jod- 
kaliumlösung gemengt.  Die  durch  Absetzen  geklärte  Flüssigkeit  wird  in 
kleineren  Flaschen  im  Dunkeln  aufbewahrt. 

Selenigsäure-Schwefelsäure,  Meckesches  Reagens,  i)  Eine  Lösung 
von  0"5  g  seleniger  Säure  in   10  g  reiner  konz.  Schwefelsäure. 

Ziunchlorürlösuug  —  Solutio  Stanni  chlorati  des  „Arznei- 
buches". —  5  Teile  kristallisiertes  Zinnchlorür  werden  mit  1  Teil  Salz- 
säure zu  einem  Brei  angerührt  und  letzterer  mit  trockenem  Chlorwasser- 
stoffgas gesättigt.  Die  hierdurch  erzielte  Lösung  wird  nach  dem  Absetzen 
durch  Asbest  filtriert.  —  Blaßgelbliche,  hchtbrechende,  stark  rauchende 
Flüssigkeit  von  mindestens  1'9  spez.  Ge^dcht.  Diese  Lösung  dient  zum 
Nachweise  des  Arsens  (Bettendorfsche  Arsenprobe). 

Die  Zinuchlorürlösung  ist  der  größeren  Haltbarkeit  wegen  in  kleinen, 
mit  Glasstopfen  verschlossenen,  vollständig  gefüllten  Flaschen  aufzubewahren. 


^)  Mecke,    Ein    neues  Reagens  auf   Alkaloide.    Zeitschr.  f.  öffentliche  Chemie.  5. 


351  (1899). 


Die  Gefäßnaht  und  Massen-Transplantationen. 

Von  E.  S.  LoikIoii,   St.  Petersburg. 

Vorbemerkung. 

Gegenstand  meines  Aufsatzes  in  Band  II  des  vorliegenden  Hand- 
buches bildete  die  Beschreibung  derjenigen  Operationen,  welche  beim 
Studium  biologisch-chemischer  Erscheinungen  bereits  verschiedenartig  an- 
gewendet wurden  und  bereits  gegeben  sind  die  Fragen,  für  deren  Klärung 
obige  Operationen  einzeln  am  geeignetsten  erscheinen. 

Anders  verhält  es  sich  mit  den  in  vorliegender  Schrift  besprochenen 
Operationen.  Selbe  sind  bisher  ausschließlich  zwecks  khnischer  Chirurgie 
ausgebaut  und  zum  Teil  schon  in  die  Piaxis  aufgenommen  worden.  Was 
dagegen  ihre  Verwertung  für  biologisch-chemische  Untersuchungen  betrifft, 
so  liegt  selbe  im  Bereiche  der  Perspektive  uud  sind  die  einzelnen  Opera- 
tionen erst  noch  anzumerken. 

Als  Ausgangspunkt  aller  im  vorliegenden  Aufsatze  zur  Besprechung 
gelangenden  Operationen  ist  zu  betrachten,  die  in  letzter  Zeit  emporge- 
kommene (lefäßnaht,  mit  deren  Besprechung  wir  auch  beginnen  wollen. 

Allgemeine  Bemerkungen. 

1.  Aseptische  und  aiitiseptische  Maßrei^eln. 

Bei  den  hier  zu  behandelnden  Operationen  ist  die  Asepsis  von  größter 
Bedeutung.  Im  allgemeinen  soll  die  Regel  gelten,  daß  die  Haut  an  der 
Operationsstelle  antiseptisch,  die  Operation  aber  selbst  aseptisch  zu  be- 
handeln ist. 

Die  Haut  wird  gewaschen,  mit  Spiritus  sapon.  kaliui  gereinigt. 
mit  sterilem  Wasser  nachgewaschen,  dann  mit  Benzin  behandelt  und  end- 
hch  mit  Alkohol  gewaschen. 

Die  Hände  werden  gründlich  mit  Spiritus  sap.  kal.  vermittelst  einer  Bürste 
gereinigt  und  dann  mit  sterilem  Wasser  und  endlich  mit  Alkohol  gewaschen. 

Die  Instrumente  und  die  Seide  werden  in  Vaselinum  liquidum  bis 
120"  C  erhitzt  und  in  demselben  Gefäß  aufbewahrt. 

Für  das   Übrige  gelten  die  allgemeinen  chirurgischen  Regeln. 


816 


E.  S.  London. 


2.  Instrumentarium  und  Seide. 

Außer  den  gewöhnlichen  chirurgischen  Instrumenten  muß  man  für 
die  hier  beschriebenen  Operationen  noch  spezielle  Appertinenzen  haben, 
und  zwar: 

a)  Nadeln : 

a.)  feinste  Nähnadeln  {0-2 mm  breit  und  16  mm  lang)  (Fig.  172), 
ß)  gebogene  Nadeln  (Fig.  173); 

Die  Nähnadeln  können  von  der  Firma  Kirb//  (London  Nr.  16) 
bezogen  werden. 

b)  Nadelhälter  Mathieu  (Fig.  176)  oder  Langenbeck; 

c)  Feinste  anatomische  Pinzetten  (Fig.  175); 


Fig.  172. 


Fig.  174. 


Fig.  175. 


Fig.  173. 

r7\ 


d)  Feinste  Scheere  (Fig.  17-1); 
ej  Klemmen: 

7.)  mit  ausgezeichnetem  Erfolg  werden  die  Höpfnerschen 
Klemmen  gebraucht,  deren  Branchen  mit  passendem 
Gummidrain  überzogen  werden  und  zur  Verhinderung  des 
Abgleitens  mit  Tupfermulls  umhüllt, 

ß)  besonders  für  tiefliegende  Gefäße ,  wie  z.  B.  in  der 
Bauchhöhle,  eignen  sich  gewöhnliche,  mit  Gummirohr  über- 
zogene Gefäßpinzetten  (Fig.  183 — 188); 

f)  Nahtmaterial: 

Die  allerfeinste  Seide  (wie  z.  B.  „extrafein''  der  Firma 
Pearsall  oder  Lyon,  Lepine,  14  place  des  Terreaux)  wird 
zunächst  1/2  Stunde  in  Wasser  aufgekocht  und  dami  in 
steriles  Paraffinum  liq.  übertragen. 


Die  Gefäßnalit  und  Massen-Traiisplantatioiien.  817 

I.  Die  Gefäßnaht. 

1.  Historisches.  Die  schon  läiiiist  auftioworfoiio  Frauo  über  die 
seitliche  Arteriemiaht  wurde  zuerst  von  Jassiiiowski/^)  j^idiist.  Für  das 
(Jelingen  einer  Arteriennaht  war  eines  der  Haupterfordernisse  Jussi- 
nowshjs  die  Schonunj^-  der  Intima ;  die  Naht  sollte  nur  Adventitia  und 
Media  fassen.  Dörfler'^)  konnte  aber  an  Hunden  zeii^en,  dall  die  Schonung- 
der  Intima  keineswegs  die  Hauptbedingung  für  den  Erfolg-  der  Opera- 
tion ist. 

Im  Jahre  1897  beschrieb  Murphy^)  seine  Invaginationsmeth  ode 
zur  Anwendung  einer  zirkulären  Naht  der  Blutgefäße,  welche  dann  weiter 
durch  BeinshoJ II)  ^)  etwas  modifiziert  wurde.  Die  Methode  besteht  darin, 
daß  das  proximale  in  das  distale  Ende  durch  2 — 3  doppelt  armierte 
Fäden,  die  nur  Adventitia  und  Media  fassen,  beim  Knoten  invaginiert 
w^erden. 

Im  Jahre  1900  veröffentlichte  Payr^)  seine  neue  ]\Iethode  zur  An- 
legung einer  zirkulären  Naht,  welche  darin  besteht,  daß  die  (Jefäßabschnitte 
mittelst  einer  resorbierbaren  Magnesiumprothese  vereinigt  werden. 

Endlich  gaben  im  Jahre  1902  G.  Jensen^)  \mA  Alexis  Carrel')  unab- 
hängig voneinander  eine  neue  Methode  an  zur  zirkulären  Vereinigung  durch- 
trennter  Gefäße. 

Es  sind  noch  einige  andere  Methoden  vorgeschlagen  worden  {Horoch  ^), 
Ghick^),  Briean^^)  und  Jabotda//^^).  Es  haben  sich  aber  nur  2  Methoden 
brauchbar  erwiesen :  die  Prothesenmethode  Payrs  und  in  erster  Linie  die 
zirkuläre  Naht  von  A.  Carrel. 


')  A.  Jassinowski/,  1.  Die  Arterienuaht.  lu.-Diss.  Dorpat  1889;  2.  Ein  Beitrag  zur 
Lehre  der  Gefäßnaht.  Ärch  f.  klin.  Chir..  Bd.  42.  S.  816. 

^)  Dörfler,  Über  Arteriennaht.  Beiträge  zur  klinischen  Chirurgie.  1899.  Bd.  25. 
S.  781. 

^)  Murphji,  Resection  of  arteries  and  veines  injured  in  continuity,  End-to-End 
Suture.  New  York  Medical  Record.  1897.  p.  73. 

*)  Bein sJiolm,  Die  verschiedenen  Methoden  f.  zirkuläre  \'ereinigung  abgeschnittener 
größerer  Arterien-  und  Yenenstämme.  Nordiskt  med.  Arkiv.  1903.  Bd.  35.  S.  1.  38.  39. 
Ref.  Hildebrands  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  Chirurgie.  1904.  S.  159. 

^)  Pai/r,  Beiträge  zur  Technik  der  Blutgefäß-  und  Nervenuaht.  Archiv  f.  klin. 
Chirurgie.  1900.  Bd.  62.  S.  67;  1901.  Bd.  64.  S.  726;  1904.  Bd.  72.  S.  32;  1908.  Jg.  802. 

^)  Georg  Jensen  (Kopenhagen),  Ül)er  zirkuläre  Gefäßsutur.  Arch.  f.  klin.  Chirurgie. 
1903.  Bd.  69.  S.  938. 

')  Alexis  Carrel,  La  technique  operatoire  des  anastomoses  vasculaires  et  la 
transplantation  des  visceres.  Lyon  medical.  1902.  T.  98. 

*)  Horoch,  Die  Gefäßnaht.  Allg.  ^Yicner  med.  Zeitung.  1888.  Xr.  12. 

^)  Gluck,  1.  Über  neuere  Operationen  an  Blutgefäßen.  Arch.  f.  Kinderheilkunde. 
1897.  Bd.  22.  S.  374;  2.  Die  moderne  Chirurgie  des  Zirkulationsapparates.  Berliner 
Klinik.  1898.  H.  120;  3.  Probleme  und  Ziele  der  plastischen  Chirurgie.  78.  Yersamm- 
lung  deutscher  Naturforscher  und  Ärzte  zu  Stuttgart.  Zeutralbl.  f.  Chirurgie.  19()(). 

*")  Briean  et  Jaboiilaij,  Recherches  experimentales  sur  la  suture  et  la  greffe  ar- 
terielles. Lyon  medical.  1896.  p.  97. 

*')  Jahoulay,  Chirurgie  des  arteres.  La  semaiue  medicale.  1902.  p.  405. 

Abderhalden,   Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  ji2 


818 


E.  S.  London. 


A.  Die  Prothesenmetliode. 

1.  Prinzip  der  Methode.  Das  Prinzip  der  Methode  besteht  darin, 
daß  die  (extravasale)  Prothese  dicht  in  die  Lichtung  des  Gefäßes  hineinkommt 
und  daß  Intima  mit  Intima  in  mehr  oder  weniger  breite  Verbindung  tritt. 

2.  Ausführung: 

a)  Das  zentrale  Ende  des  Gefäßrohres  wird  mittelst  einer  betreffen- 
den, feinen  Hakenschieberpinzette  durch  einen  außerordentlich 
dünnwandigen  —  0'3 — 0'5cm  langen  Hohlzylinder  aus  Magne- 
sium hindurchgezogen  bis  Vi — 1^^  (jf  "ach  der  Größe  des 
Lumens)  über  den  peripheren  Rand  des  Zyünders  (Fig.  ITT^u.  178). 


Fig.  177. 


Fig.  178. 


Fig.  179. 


Fig.  180. 


h)  Der  vorspringende  Gefäßabschnitt  wird  über  den  Zylinder 
mit  der  Intima  nach  außen  umgekrempelt  (Fig.  179)  und  durch 
eine  Seidenligatur  an  der  Nahtstelle  befestigt  (Fig.  180). 

c)  Das  mit  dem  Magnesiumring  armierte  Gefäßende  wird  in  das 
freie  periphere  (iefäßende  invaginiert  und  durch  eine  zweite 
Ligatur  der  Delle   entsprechend   um    das  Invaginans  befestigt. 

3.  Anwendung.  Diese  Methode  läßt  sich  nur  bei  verhältnismäßig 
größeren  Gefäßen  mit  gewissem  Erfolg  verwenden.  Sie  soll  dann  den  Vor- 
zug haben,  daß  eine  Blutung  nicht  leicht  zustande  kommt.  Jedenfalls  wird 
bei  dieser  Methode  stets  die  Gefäßlichtung  bedeutend  eingeengt  und  desto 
mehr,  daß  sich  noch  außerdem  häufig  Falten  bilden,  die  an  und  für 
sich  oder  durch  Thrombosebildung  das  Gefäßrohr  verschließen  können.  Ein 
Gefäß  unter  3  mm  füllt  die  Prothese  schon  derartig  aus,  daß  von  einer 
normalen  Zirkulation  keine  Piede  mehr  sein  kann. 


Die  Gefäßnaht  und  Masson-Transplantationcn.  819 

B.  Die  Haltfiidoinncthode. 

§  1- 
Diese  von  A.  Carrel  eingeführte  Methode  soll  hier  in  der  Weise  ge- 
schildert werden,  wie  selbe  in  Verfassers  Laboratoriuni  ausgeführt  wird. 
Die  Eigentümlichkeit  dieser  Verfahrungsart  besteht  erstens  darin,  daß  statt 
Florescos^)  4  und  Carrels  3  Haltefäden  (Fig.  181  und  182)  nur  2  (Fig.  184 
bis  188)  angelegt  werden  (A.  J.  Morozowa'^),  was  die  Technik  vereinfacht; 
zweitens,  dali  bei  kleinen  Venen  zwecks  besserer  Orientierung  provisorische 
Fäden  angebracht  werden  und  drittens,  daß  die  Haltefäden  an  den  Venen 

Fig.  181.  Fig.  182. 


SO  angelegt  werden,   daß  die  Gefäßränder   beim  Knoten   der  Fäden   nach 
außen  sich  krempeln. 

y.)  Ausführung  der  Operation. 

1.  Anlegung  der  Orientierungsfäden.  Dieser  Moment  kommt 
nur  dann  in  Betracht,  wenn  es  sich  um  Venen  handelt,  weil  die  letzteren 
hauptsächlich  bei  geringem  Kaliber  nach  dem  Durchschneiden  stark  re- 
trahiert  werden  und  so  zusammenfallen,  daß  ihre  Lichtung  nur  mit  großen 
Schwierigkeiten  herauszufinden  ist. 

Die  Operation  beginnt  mit  Freilegen  und  provisorischem  Abklemmen 
der  zu  vereinigenden  Gefäßabschnitte  mittelst  Höpfnerschen  oder  speziell 
konstruierten  Klemmen  (Fig.  183 — 188).  Bevor  man  das  Gefäß  durch- 
schneidet, werden  an  zwei  symmetrischen  Stellen  je  2  Seitenfäden  1 — 2 mm 
weit  von  der  angemerkten  Schnittlinie  durch  die  Adventitia-Media  durch- 
geführt. Soll  nur  von  einem  Gefäßende  im  weiteren  Gel)rauch  gemacht 
werden,  so  genügt  es.  an  der  betreffenden  Seite  die  Orientierungsfädeii 
anzulegen. 

2.  Anlegung  der  Haltfäden.  An  zwei  symmetrischen  Stellen 
der  zu  vereinigenden  Gefäßränder  werden  die  Fäden  nach  Durchschneiden 
der  Adventitia  etwa  V/^nim  vom  Rande  entfernt  durch  die  ganze  Dicke 
der  Wand,  wie  aus  der  Fig.  183  ersichtlich,  gelegt.  IJei  Venen  von  geringem 


^)  Floresco,  Transplantation  des  Organos.    Jouru.  de   physiol.  et   pathol.  generale. 
1905.  T.  7.  p.  27. 

-)  A.  J.  Morozowa,   Zur  Lehre   von   der  Gefäßnaht.    Dissertation  (russisch).  1909. 

52* 


820 


E.  S.  London. 


Kaliber  werden  die  Haltfäden  in  folgender  Weise  angelegt.  Der  mit  zwei 
Nadeln  armierte  Faden  wird  zunächst  in  die  eine  Gefäßwand  (zwischen 
den  Orientierungsfäden,  wenn  solche  angelegt  worden  waren)  etwa  2  mm 
vom  Kand  entfernt  von  innen  nach  außen  geführt  und  dann  randwärts 
wieder  von  außen  nach  innen  ca.  1mm  vom  Rand. 

Man  benutzt  am  besten  gerade  Nadeln,  sogar  in  der  Tiefe  wenn 
möglich,  da  sie  weniger  die  Gefäßwand  zerren,  als  die  krummen  Nadeln. 
Am  zweiten  Gefäß  werden  die  Stiche  in  derselben  Weise  mit  der  zweiten 
Nadel  gemacht.  Die  Fäden  werden  geknotet  (Fig.  184),  wobei  die  Gefäß- 
ränder ausgekrempelt  werden,  wenn  nötig,  mittelst  feiner  anatomischer 
Pinzetten. 

3.  Zusammennähen  der  Gefäßränder.  Der  Assistent  spannt 
vermittelst  der  2  Haltfäden  die  Gefäßränder  an  (Fig.  185)  und  der  Operateur 


Fig.  183. 


Fig.  184. 


legt  mit  der  rechten  Hand  eine  fortlaufende  Naht  an  den  umgekrempelten 
Gefäßrändern  an.  wobei  er  mit  der  linken  Hand  den  Nahtfaden  jedesmal 
vor  dem  Durchstechen  der  Nadel  möglichst  aufzieht:  dadurch  wird  das 
Mitgreifen  der  unterUegeiiden  Gefäßrand  verhindert.  Durch  die  Anspannung 
der  2  Haltfäden  und  das  Aufziehen  des  Nahtfadens  bildet  sich  ein  Drei- 
eck mit  einer  fortrückenden  Spitze  (Fig.  185). 

Es  ist  wichtig,  daß  der  Operateur  die  Gefäßränder  gut  sieht.  Ist  das 
nicht  der  Fall,  so  geschieht  es.  wenn  der  Assistent  mit  dem  Goldfinger 
der  entsprechenden  Hand    die  betreffende  Gefäßwand  ein  wenig  andrückt. 

Die  Stiche  müssen  möghchst  nahe  voneinander  angelegt  werden,  damit 
die  Gefäßlichtung  nicht  verengt  wird. 

Die  ganze  Zirkumferenz  wird  mit  einem  einzigen  Faden  fortlaufend 
genäht,  wozu  die  Haltfäden,  wenn  die  vorderen  Gefäßränder  vereinigt 
sind,  vom  Assistenten  umgekehrt  werden  (Fig.  186). 


Die  Gefäßnalit  iiud  Massen-Traiisplantatiüuen. 


821 


Carrel  bringt  3  Stützfäden  in  gloichon  Abständen  an  der  Zirkuni- 
ferenz  des  Gefäßes  an  und  verwandelt  durcli  Zug  an  jeden  dieser  Fäden 
die  runde  Zirkumferenz  der  Gefäßstümpfe  in  ein  gleichsclienkeliges  Dreieck 
(Fig.  181  und  182). 

4.  Herstellung  des  Blutstromes.  Da  bei  der  Entfernung  dei' 
Klemmen  gewöhnlich  aus  einigen  Stichkanälen  eine  Blutung  entsteht .  so 
wird  das  Gefäß  an  der  Nahtstelle  noch  vor  dem  Al)U('lnnen  der  Klemmen 
mittelst  zwei  Mulltupfer  zwischen  zwei  Fingern  leicht  kompiimicrt.  Nach 
2 — 4  Minuten  werden  die  Mulltupfer  vorsichtig  entfernt.  Die  Blutung  ist 
regelmäßig  zum  Stillstand  gekommen.  Sollte  es  jedoch  der  Fall  nicht  sein. 
so  legt  man  an  den  blutenden  Stehen  Hilfsnähte  an. 

5.  Weitere  Versorgung  der  Gefäßnaht.  Das  umliegende  Binde- 
gewebe wird  zusammengenäht,  um  eine  künsthche  Scheide  zu  biMen.  Dann 


Fig.  185. 


Fig.  186. 


werden    die  umliegenden  Muskeln   zusammengenäht. 
Hautnaht. 


Endlich    kommt    di 


(ue 


ß)  Technische  Bemerkungen. 

1.  Nach  einigen  Autoren  (B.  Stich,  M.  Makkas  und  C.  E.  Dowmnn^) 
ist  bei  der  Vorbereitung  des  Gefäßes  eine  subtile  Präparation  des  peri- 
adventitiellen  Gewebes  auf  längere  Strecken  zu  vermeiden,  weil  dabei 
häufig  Nachblutungen  aus  versehenthch  durchschnittenen  feinen  Seitenästen 
entstehen.  Es  genügt,  das  Gefäß  aus  seiner  Scheide  herauszulösen  und  an 
der  Nahtstelle  das  periadventitieUe  Gewebe  zu  beseitigen.  Letzteres  geliui^t 
in  der  Weise,  daß  man  nach  Durchschneidung  des  Gefäßes  das  periad- 
ventitieUe Gewebe  am  Stichrande  mit  einei-   Pinzette  faßt,  zieht  möglichst 


1)  R.Stich,  M.  3Iakkas  und  C.  E.Dowmun,  Beiträge  zur  (iefäßchirurgie;  Beiträge 
zur  klin.  Chir.  1907.  Bd.  53.  S.  113. 


822 


E.  S.  London. 


weit  über  den  Querschnitt  hinaus  und  kappt  mit  einer  Schere  am  selben 
(nach  B.  Stich). 

2.  Die  Haltfädennaht  o;elingt  desto  leichter,  je  breiter  die  Gefcäß- 
hchtung  ist.  Bei  Gefäßen  kleinen  Kalibers  (ca.  1  mm)  stoßt  man  auf 
große  technische  Schwierigkeiten  und  schon  die  geringste  Lumenverengerung 
verursacht  Mißhngen  der  Operation.  Aus  diesem  Grunde  versuchte  Verf. 
in  Gemeinschaft  mit  N.  Ä.  Dobrowolskaja  das  Verfahren  zu  vervollkommnen. 

Da  die  Ursache  des  Mißlingens  in  der  Kleinheit  des  Schnittes  hegt,  so 
lag  der  Gedanke  nahe,  denselben  vergrößern  zu  suchen.  Es  wurden  also 
schräge  Schnitte  (Fig.  187)  und  Festonschnitt  (Fig.  188)  versucht.  Bei  den 
ersteren  werden  die  Gefäßenden  so  vereinigt,  wie  sie  getrennt  wurden, 
bei  den  letzteren  werden  sie  um  90"  umgedreht  (Fig.  188).  Es  wurden  da- 


FiK.  187. 


Fig.  188. 


bei  gute  Erfolge  erzielt.  Die  Technik  muß  aber  noch  weiter  ausgearbeitet 
werden. 

3.  Aufbewahren  der  zu  transplantierenden  Gefäße.  Nach 
Ä.  Carrels^)  neueren  Untersuchungen  ist]  die  beste  Aufbewahrungsart 
der  Gefäße  folgende.  Man  legt  das  zu  konservierende  Stück  in  Vaselin  und 
stellt  in  Eisschrank  bei  einer  Temperatur,  die  nur  sehr  wenig  über  den 
Gefrierpunkt  liegt. 

C.  Folgen  der  Oefäßiiaht. 

a)  Makroskopische  Befunde. 

a)  Gelungene  Fälle. 

In  gelungenen  Fähen  ist  das  Gefäß  mit  dem  um  die  NahtsteUe  hegen- 
den Gewebe  verklebt,  weshalb  die  Gefäßwand  beim  Durchschneiden  verdickt 


p.  460. 


1)  Ä.  Carrel,   Latent  Life   of  Arteries.  The  Journ.  of  exper.  Med.    1910.   Vol.  12. 


Die  Gefäßnaht  und  Massen-Transplantationen. 


823 


zu  sein  scheint;  das  Lumen  ist  durch  die  Verdickuiiti-  der  (Jefäßwand  nicht 
verengt.  An  der  Innenwand  wird  die  Nahtstelle  dui-ch  eine  gerade  Linie 
markiert,  an  der  sich  in  frischen  Fällen  leicht  vorspringende  Seidenfädeii 
erkennen  lassen  (Fig.  189).  Mit  der  Zeit  aber  ist  immer  schwerer  die 
Nahtlinie  aufzufinden  (Fig.  190:  ein  querer  Schnitt.  Fig.  191:  ein  schräger 
und  Fig.  192  ein  Festonschnitt). 

^      h)  Mißlungene  Fälle. 

Hat  während  der  Operation  Schädigung  der  Intima  oder  Verengerung 
des  Lumens  oder  zu  starke  Blutung  stattgefunden,  so  führt  es  zu  Miß- 
erfolgen. Es  entsteht  entweder  Thrombosebildung  oder  Blutung. 

Hat  sich  an  der  Nahtstelle  ein  Thrombus  gebildet,  so  nimmt  der 
weitere  Verlauf  zweierlei  Eichtungen  an:  entweder  folgt  nacli  einiger  Zeit 

eine  bindegewebige  Degeneration 
des  Gerinsels  oder  aber  gehen  die 
vereinigten  (lefäßenden  auseinander 
und  es  entsteht  eine  Blutung,  welch 


Fig.  189. 


Fig.  190. 


Fig.  191. 


Fig.  192. 


letztere  unter  Umständen  zum  Tode  des  Tieres  führen  kaim.  Nicht  selten 
bildet  sich  an  der  Nahtstelle  Erweiterung  des  Gefäßlumens  (Aneurysma) 
ohne  jede  gefährliche  Komplikationen.  Das  letztere  findet  haiii)tsächlich 
bei  Venen  statt. 

h)  Mikroskopische  Befunde. 

Das  gründlichste  Studium  der  mikroskopischen  Erscheinungen  bei  der 
Gefäßnaht  verdanken  wir  hauptsächUch  Endcrlen  und  Borst  ^)  und  Ä.  J. 
Morozoiva.  2) 

Kurz  nach  der  Operation  werden  der  Wundspalt  und  die  Fäden- 
maschen von  der  Lumenseite  mit  Bluti)lätt('hen  bedeckt  und  es  bildet 
sich  ein  Fibrinthrombus,  der  die  primäre  \erklebung  der  Wunde  liesorgt. 


')  Enderlen   und  Borst,   Beiträge   zur  Gefäßchirurgie  und    zur  Organtransplanta- 
tion. Münch.  med.  Wochenschr.  1910.  S.  1865. 

^)  A.  Morozowa,  Zur  Lehre  von  der  Gefäßnaht.  Dissertation  (russisch).  19U9. 


824 


E.  S.  London. 


AUniälilich  entwickelt  sich  von  den  vereinioten  (iefäiistünipfen  aus  eine 
zelliü'e  Intimawuclierung .  die  den  Throniluis  überzieht  und  sul)stituiert 
(Fig'.  193:  A.  carotis  eines  Hundes  durchgeschnitten  und  vereinigt).  In  der 
Adventitia  und  in  dem  periadventitiellen  Gewebe  findet  man  in  der  Fäden- 
umgebung;, wie  das  auch  in  allen  anderen  Organen  der  Fall  ist,  Wander- 
zelleninvasion mit  Granulationsgewebe  und  Riesenzellen  (Fig.  194:  Yer- 
einigungsstelle  eines  Carotisstumpfes  mit  einem  eingeschalteten  Stück  aus 


Fig.  193. 


Fig.  194. 


Fig.  195. 


Fig.  196. 


-C 


der  V.  jugularis  ext.  desselben  Hundes;  Fig.  195:  V.  jugularis  ext.  eines 
Hundes  durchgeschnitten  und  vereinigt:  Fig.  197:  ein  Stück  A.  femoralis 
vom  Menschen  in  A.  carotis  eines  Hundes  eingeschaltet;  Fig.  19<S:  ein  Stück 
A.  carotis  eines  Hundes  autoplastisch  eingeschaltet).  In  der  Media  finden  neben- 
einander zweierlei  Prozesse  statt:  Muskelzellenwucherung  und  Bindegewebs- 
proliferation;  es  kommt  aber  nie  zu  einer  völligen  Wiederherstellung 
der  Muskularis  (Fig.  193).  Es  bildet  sich  auf  Kosten  der  Intima  und  Adveu- 


Die  Gefäßuaht  und  Massen-Transplantationeu. 


825 


titia  eine  fibröse  mit  elastischen  Fasern  versehene  Narbe  (Fip-.  196).  In  der 
Intima  lassen  sich  an  der  Narbestelle  neutiebildete  «ilatte  Muskelfasern  auf- 
decken, die  aber  nach  Borst  als  Derivate  der  fiewucherten  Kiidotlicl/cllcn 
anzusehen  sind,  die  sich  so^\ohl  nach  der  Seite  der  Fibroblasten  als  der  Elasto- 
und  Myoblasten  differenzieren.  In  den  Abbildungen  193— 19S  bedeutet  a 
die  Intima,  b  die  Media,  c  die  Adventitia.  e  Fädenstiche.  /  Zellinfiltration, 
ff  Granulationsgewebe  mit  liiesenzellen. 


Fi?   197. 


Fig.  19S. 


■f 


In  miltlungenen  Fällen  findet  man  Blutungen.  Blutreste,  leukozytäre 
Infiltration  oder  Bindege\Yebe  in  verschiedenen  Wucherungsstadien.  Die 
mikroskopischen  Bilder  variieren  hier  selbstverständlich  je  nach  den  l'ni- 
ständen. 

2.  Die  Seiten-  resp.  Lappennaht. 

Bei  der  Seitennaht  wird  in  Hauptzügen  dieselbe  Technik  angewandt  wie 
bei  der  zirkulären  Naht.  Es  differiert  nur  die  Zahl  der  Haltfädcn.  Das  zu  ti-ans- 


Fig.  199  f(. 


Fisr.  199i. 


Fig. 200. 


Fig. 201. 


Fig.  202. 


plantierende  Gefäß  wird  mit  einem  Dreiecklappen J)  (Fig.  199«  und  ]99b) 
vom  Austritts-  resp.  Zutrittsstamm  ausgeschnitten  und  zum  betreffenden 
Gefäß,  wo  ein  passendes  Dreieck  ausgeschnitten  worden  ist  (selbstverständ- 
lich unter  Abklemmen  des  Gefäßes),  und  wie  oben  beschrieben  zugenäht. 


1)  A.  Carrel  et  C.  C.  Guthrie,   Resultats  du  patching  des  art^res.    Compt.  rendus 
des  seances  de  la  Soc.  de  Biologie.  1909.  T.  60.  p.  1009. 


826 


E.  S.  London. 


Fig.  203. 


Der  Defekt  im  Gefäß  (Fig.  200).  welcher  nach  dem  Ausschneiden  des 
Lappens  entstanden  ist.  ^^ird  durch  ein  entsprechendes  Stück  (Fig.  201 — 202) 
ersetzt,  welches  entweder  einer  Arterie  oder  Vene  oder  sogar  dem  Perito- 
neum!) (Fig.  203)  entnommen  ist.  Man  kann 
dazu  auch  ein  Stück  Gummi  ^j  benutzen. 

D.  Anweiiduiia:  der  Gefäßiiaht. 

Die  Gefäßnaht,  welche  in  der  chirurgi- 
schen Praxis  als  solche  bei  Gefäßverletzungen, 
liei  Gefäßkrankheiten,  bei  beginnenden  Gan- 
gränen schon    ein   breites  Anwendungsgebiet 
i  iifßS  W^^'      ^^^^  geschafft  hat,  wird  zweifellos  bald  auch 

V  'f^  mMm^     vielseitige     Anwendung     bei     biochemischen 

Studien  finden.  Hauptsächlich  wird  es  sich 
handeln  1.  um  Ableitung  des  Blutstromes  von 
einem  Organ  zum  anderen  zwecks  Einbhckes 
in  die  Organfunktionen  und  2.  um  Organ- 
transplantationen. Auch  für  die  Klärung  einiger 
dunkler  Fragen  auf  dem  (lebiete  der  inneren 
Sekretion  wird  man  hoffentüch  oft  Gebrauch 
von  der  Gefäßnaht  machen.  Es  hat  kaum 
Zweck,  auf  die  Einzelfragen  in  den  ange- 
deuteten Gebieten  hier  einzugehen.  Es  genügen  als  Beispiel  Experimente, 
die  Verf.  in  Gemeinschaft  mit  N.  A.  Dobrowohkqjo^)  in  Gang  gesetzt  hat, 
um  einen  tieferen  Einbhck  in  die  Piesorptions-  und  Nierenexkretionserschei- 
nungen  zu  gewinnen. 

Bei  normalen  Verhältnissen  gelangen  die  aus  dem  Darm  resorbierten 
Abbauprodukte  von  Eiweiß  und  Kohlenhydraten  zuerst  durch  die  Pfortader  in 
die  Leber,  dann  kommen  sie  in  den  allgemeinen  Kreislauf  und  teilweise  in  die 
Nieren,  wo  Exkretion  nach  außen  geschieht.  Auf  diesem  Wege  erleiden  mehrere 
Resorptionsprodukte  verschiedene  chemische  Änderungen,  die  noch  nicht  ge- 
klärt sind.  Um  diese  komplizierten  Verhältnisse  geA\issermaßen  auseinanderzu- 
legen, wurde  versucht,  das  Pfortaderblut  direkt  in  bestimmte  Organe  ab- 
zuleiten. Vor  allem  wurde  dieses  Blut  in  eine  Nierenarterie  gerichtet  und 
dann  die  Eim^irkung  dieser  experimentellen  Anomahe  auf  die  Zusammensetzung 
des  Harns  untersucht.  Es  wurde  zu  diesem  Zweck  eine  Anastomose  zwischen 
dem  zentralen  Ende  der  V.  lienahs  und  dem  peripheren  Ende  der  A.  re- 
naüs  ausgeführt.  Die  Versuche  sind  noch  im  Gange. 

Im  allgemeinen  lassen  sich  zwei  Anastomosearten  unterscheiden: 
1.  eine  ein  artige,  indem  entweder  zwei  Arterialstümpfe  oder  zwei  Venen- 


A  Arterialwand,  P  Peritoneumsttick. 


^)  A.  Carrel  et  C.  C.  Guthrie,  Resultats  du  patching  des  arteres.  Compt.  rendus 
des  seances  de  la  Soc.  de  Biologie.  T.  60.  p.  1009. 

2)  A.  Carrel,  Patching  of  the  abdominal  aorta  with  a  piece  of  rubber.  The  journ.  of 
exp.  Med.  1911.  p.  126. 

')  E.  S.  London  und  JS^.  A.  Dohrowolshaja,  die  Arbeit  erscheint  demnächst. 


Die  Gefäßnaht  und  Massen-Transplantationen. 


827 


Stümpfe  vereinigt  werden,  und  2.  eine  verschiedenartige,  indem  ein 
Arterialstnmpf  mit  einem  Venenstumpf  anastomosiert  wii-d.  In  letzterem  l^'all 
lassen  sich  wieder  mehrere  Variationen  unterscheiden.  Es  werden  vereinigt: 
der  zentrale  Stumpf  einer  Vene  mit  dem  a)  zentralen  oder  h)  peripheren 
Stumpf  einer  Arterie.  Im  Falle,  wo  der  zentrale  Stumpf  einer  Arterie  mit 
dem  peripheren  Venenstumpf  vereinigt  wird,  werden  nach  Verlauf  von 
4 — 5  Stunden  die  Klappen  umgekehrt  und  der  lilutstrom  bricht  ein. 

Es  kann  auch  vorkommen,  ein  Venenstück  in  eine  durchschnittene 
Arterie  einzupflanzen;  das  gelingt  sehr  gut.  Das  implantierte  (iefiiüstück 
gibt  dabei  dem  hohen  arteriellen  Blutdruck  nach  und  wird  aufgetrieben 
(Fig.  204).     Mit  der  Zeit  aber  paßt  sich  die  Venenwand  an,   indem  selbe 


Fig.  204. 


Fig.  205. 


Fig.  206. 


Fig. 207. 


an  Dicke   zunimmt  (Fig.  205:   drei   Tage   nach   der   Operation;   Fig.  206: 
zwei  Wochen  und  Fig.  207 :  drei  Monate  nach  der  Operation). 

Carrel  i)  hat  die  Gefäßnahttechnik  angewandt  zur  Vereinfachung  der 
^cÄ;schen  Operation.  Er  verfährt  folgenderweise:  Nach  Eröffnung  der 
Bauchhöhle  werden  die  Därme  auf  die  linke  Seite  gelegt,  die  V.  portae 
und  Cava  bloßgelegt  und  an  ihnen  die  zu  vereinigenden  Stellen  angemerkt. 
Ober-  und  unterhalb  werden  die  Venen  vermittelst  Mullbänder  unterbunden. 
Es  werden  parallele  Schnitte  gemacht:  das  Blut  ausgedrückt  und  durch 
steriles    Vaselin    ersetzt.     Die   Schnittränder   werden   durch   eine  einfache 


1)  Alexis  Carrel  et  C.  C.  Guthrie,   Methode  simple  pour  etablir  une  fistule  d'Eck 
Compt.  rend.  des  söances  de  la  Soc.  de  Biol.  1906.  T.  60.  p.  1104. 


^28  ^-  S-  London. 

fortlaufende  Naht  zusammengenäht.  Endhch  kommt  die  Ligatur  an  der 
V.  portae. 

Denselben  Weg  hat  jüngst  Ernst  Jerusalem  ^)  betreten.  Es  werden 
nach  diesem  Autor  die  mit  feinem  Gummi  überzogenen  i7ö/?/werschen 
Klemmen  (die  Branchen  sind  höchstens  2  mm  breit,  etwa  7  cm  lang,  sehr 
elastisch,  tadellos  schheßend  und  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  mit  Griffen 
versehen)  in  der  Weise  angelegt,  daß  der  Operateur  die  Gefäßwand  an 
zwei  ca.  6  cm  voneinander  entfernten  Punkten  mit  feinsten  Pinzetten 
faßt,  anzieht  und  der  Assistent  den  auf  diese  Weise  gebildeten  Zipfel  ab- 
klemmt. Es  folgt  Eröffnung  und  Bildung  der  hinteren  Fistelwand.  Es 
werden  zunächst  drei  Knopf  nähte  und  dann  eine  fortlaufende,  sehr  enge 
Xaht  angelegt.  Letztere  wird  mit  demselben  Faden  auf  die  vorderen  Wand- 
lippen fortgeführt  und  so  die  Fistelwand  geschlossen.  Tritt  bei  Entfernung 
der  Klemmen  Blutung  ein,  so  wird  die  Klemme  wieder  geschlossen  und  die 
betreffende  Stelle  durch  eine  Knopfnaht  gesichert. 

Bis  jetzt  liegen  aber  noch  keine  Beweise  vor,  daß  diese  Art  von 
Anastomoseanlegung  zu  denselben  günstigen  experimentellen  Erfolgen  führt 
wie  die  typische  Verfahrungsart  {E.  S.  London  ^). 

IL  Transplantationen. 

A.  Transplantation  von  (refäßen. 

Je  nach  der  Herkunft  des  zu  verpflanzenden  Gefäßes  unterscheidet 
man  folgende  Transplantationen: 

a)  autoplastische  —  vom  selben  Indi\'iduum, 

b)  homoeoplastische  —  von  derselben  Tierart, 

c)  heteroplastische  —  von  einer  fremden  Spezies. 

a)  Mit  unfehlbarer  Sicherheit  gelingt  die  Autotransplantation.  Das 
implantierte  Gefäßstück  heilt  intakt  ein. 

b)  Bei  den  homoeoplastischen  Transplantationen  von  Gefäßen,  wie  die 
eingehenden  Untersuchungen  von  Enderlen  und  Borst^)  zeigen,  geht  die 
Wundheilung  nur  vom  körpereigenen  Gewebe  aus  und  das  körperfremde 
Gefäßstück  verfäUt  einer  langsamen  Resorption  und  Substitution  durch 
körpereigenes  Gewebe.  Von  dem  körpereigenen  Gefäß  her  schiebt  sich  eine 
Intimawucherung  über  das  eingepflanzte  körperfremde  Arterienstück,  wo- 
durch dieses  letztere  zunächst  völlig  durch  körpereigenes  Gewebe  gegen 
den  Blutstrom  hin  abgeschlossen  wird. 

c)  Bei  heteroplastischen  Transplantationen  haben  einige  Autoren  [Stich, 
Carrel  und  auch  A.  J.  Morozowa  (Fig.  208)]  gute,  aber  wahrscheinlich  nur 
temporäre   Erfolge   gehabt;   meistenteils   tritt   Thrombose,   wie   in   einem 


*)  Ernst  Jerusalem,  Eine  Vereinfachung  in  der  Operationstechnik  der  £'cÄ;scheu 
Fistel.  Zentralbl.  f.  Physiol.  1910.  Bd.  24.  S.  837. 

^)  E.  S.  London,  Abderhaldens  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden, 
Bd.  3,  S.  114. 

^)  Enderlen  und  Borst,  Beiträge  zur  Gefäßchirurgie  und  zur  Organtransplanta- 
tion. Münch.  med.  Wochenschr.  1910.  1865. 


Die  Gefäßuaht  und  Massen-Transphintiitiunen. 


829 


Fig.  208. 


A.  t'emoi  aus  vom  Menschen 

in  A.  carotis  eines  Hundes 

eingeschaltet. 


Fig.  209. 


Falle  von  A.  J.  Morozowa  (Fig-.  209),  Obliteration  und  llesorption  des  ein- 
gepflanzten Stückes  ein. 

Die  Erfahrung  zeigt,  daß  es  nicht  unbedingt  notwendig  ist,  frisch  aus- 
geschnittene Gefaßstücke  zu  über])flanzen.  So  gelang  es  z.  IJ.  Carrcl^).  mit 

gutem  Erfolg  i'in  Stück  Abdo- 
minalaorta zu  überpflanzen,  wel- 
ches 20  Tage  lang  im  Eisschrank 
in  physiologischer  Kochsalzlösung 
aufbewahrt  wurde.  In  einem  Falle 
erhielten  Carrel  und  Guthrie 
gute  mikroskopische  Piesultate 
sogar  nach  ;-35tägiger  Konser- 
vierung bei  einer  Beobachtungs- 
dauer bis  zu  IY2  Jahren.  Mikro- 
skopisch heßen  sich  hochgradige 
\'eränderungen  der  Gefäßwand 
nachweisen. 

Nach  Guthrie  ist  weder 
die  Vitahtät  noch  die  chemische 
Intaktheit  des  Gefäßes  Vorbe- 
dingung für  das  Ausbleiben  von  Thrombose :  er  kon- 
servierte ein  Stück  der  V.  cava  eines  Hundes  60  Tage 
lang  in  ^^I^^U  Formalin.  Nach  Waschen  mit  dünner 
Ammoniaklösung,  Entwässerung  in  Alk.  abs..  Aus- 
waschen in  Loc^'escher  Lösung  und  Imbibierung  mit 
Paraffinöl  wurde  das  so  behandelte  Venenstück  in 
die  Karotis  eines  anderen  Hundes  eingenäht.  Nach 
22  Tagen  erwies  sich  die  Einheilung  als  ausgezeichnet 
in  dieser  Richtung  sind  wünschenswert. 


A.  Poplitea  vom  Menschen 

in  A.  carotis  eines  Hundes 

eingeschaltet. 


Weitere  Versuche 


K.  Massentransplaiitationen  von  Organen. 

Unter  Massentransplantation  eines  Organs  versteht  man  die  Über- 
pflanzung des  Organs  mit  seinem  zu-  und  abführenden  iniitgefäl.i.  Für 
biologisch-chemische  Studien  kann  die  Massentransplantation  jedes  Organs 
zwecks  eingehenderen  Studiums  seiner  Fuuktions-  resp.  Sekretions-  odci- 
Exkretionsverhältnisse  Platz  finden.  Die  Technik  der  MassentransplaiitatiDii 
ist  in  ihren  Hauptzügen  bei  allen  Organen  dieselbe.  P'.s  variieren  nur  die 
Einzelheiten  je  nach  örtlichen  Bedingungen.  Aus  diesem  (irunde  scheint 
es  genügend  zu  sein,  ausführlich  nur  eine  Organti-ansplantation  beispiels- 
weise darzustellen,  und  zwar  die  Nierentransplantation,  weil  sie  am 
schwierigsten  erscheint. 


1)  Ähxis  Carrel,  Resection  do  raorte  abdomiiudo  et  h^terotransplantation.  Compt. 
reiid.  des  seauces  de  la  Soc.  de  Biol.  1907.  T.  02.  p.  lo. 


830 


E.  S.  London. 


1.  Nierentransplantation. 

Historisches.  Die  autoplastische  Transplantation  ^Yurde  zuerst  von 
Ullmann^)  und  dann  in  demselben  Jahre  von  A.  Carrel"-)  vorgenommen. 
Weitere  Mitteilungen  hierüber  liegen  seitens  C.  Beck^),  Floresco^),  Stich''') 
und  Zaayer^)  vor.  Es  ist  auch  versucht  worden,  Nieren  von  einem  Affen  auf 
Menschen  zu  übertragen.  3) 

Die  Operation  besteht  aus  einigen  verschiedenen  Momenten. 

a)  Nierenexstirpation. 

1.  Die  Bauchhöhle  wird  durch  einen  genügend  langen  transversalen 
Schnitt  geöffnet.  Die  Därme  werden  vom  Operationsfeld  weggeschoben  oder, 

falls  nötig,  eventeriert  und  mit  einem 
Fig-210.  eingefetteten  Seidenumschlag  und  einer 

wollenen  Decke  bedeckt. 

«)  Exstirpation  einer  Niere. 

Das  BauchfeU  wird,  vom  mittleren 
Teile  der  Nierengefäße  beginnend,  kreis- 
rund um  die  zu  exstirpierende  Niere 
herum  durchgeschnitten.  Die  beiden 
BauchfeUblätter  werden  einerseits  bis 
zur  y.  Cava  und  andrerseits  bis  zum 
Hilus  der  Niere  abpräpariert.  Man  löst 
die  Gefäße  von  der  Unterlage  los,  trennt 
die  V.  spermatica  zwischen  Ligaturen 
durch,  löst  die  liückseite  der  Niere  los, 
indem  man  letztere  von  dem  umgeben- 
den Zellgewebe  unter  Unterbindung  der 
blutenden  Gefäße  abpräpariert.  Es  folgt 
die  Präparation  der  A.  und  V.  renahs 
bis  zur  Aorta  resp.  V.  cava.  wo  selbe  —  zuerst  die  Arterie  und  nachher 
die  Vene  —  unterbunden,  ein  wenig'  weiter  mit  glattflächigen  Klammern 
abgeklemmt  und  endlich  durchgeschnitten  werden. 

Der  Harnleiter  wird  einige  Zentimeter  vom  Nierenhilus  abgeschnitten. 


*)  Ullmann,  Wiener  klin.  Wochenschr.  1902.  Bd.  15.  S.  281  u.  707. 

^)  Ä.  Carrel  et  C.  C.  Guthrie,  Transplantation  des  deux  reins  d'un  chien  sur  une 
chienne  sout  les  deux  reins  sont  exstirpes.  Compt.  rend.  des  seances  de  la  Soc.  de  Biol. 
1906,  T.  60.  p.  465. 

^)  Vgl.  A.  Carrel,  Doppelte  Nephrektomie  und  Reimplantatiou  einer  Niere. 
Arch.  f.  klin.  Chir.  1909.  Bd.  88.  S.  379. 

*)  N.  Floresco ,  Transplantation  des  Organes;  Conditions  anatomiques  et  tech- 
niques  de  la  transplantation  du  rein.  Journ.  de  physiol.  et  pathol.  generale.  1905.  T.  7.  p.  47. 

^)  Stich,  1.  Archiv,  f.  klin.  Med.  1907.  Bd.  83.  S.  404;  2.  Über  Gefäß-  und 
Organtransplantationen  mittelst  Gefäßnaht.  Ergebn.  d.  Chir.  und  Orthopädie.  1910.  Bd.  1. 

<')  Zaajier,  Nierentransplantation.  Tijdschrift  voor  Geneeskunde.  1908.  (Ref. 
Deutsche  med.  Wochenschr.  1908.  Nr.  41.) 


Die  Gefäßnaht  und  Massen-Transplantationen.  g31 

,3)  Exstirpation  beider  Nieren. 

Die  Laparotomie  wird  von  Lende  zu  Lende  j.»!-!'!!!!!'!.  Heide  Nieren 
nach  der  oben  angegebenen  Art  herauspräpariert,  die  Aorta  (A)  olxThall)  und 
unterhalb  der  Ausgangsstelle  der  Nierenarterien  und  die  V.  Cava  (Vj  oberhalb 
und  unterhalb  der  Einniündungsstelle  der  Nierenvenen  abgeklemmt  und 
durchgeschnitten  (Fig.  210).  Man  schneidet  die  Einmündungsstellc  der 
Harnleiter  aus  der  Blase  aus  und  vernäht   die   darin  entstandene  Wunde. 

b)   Vorbereitung  der  zu  transplanüer enden   'Niere. 

Die  Gefäßenden  der  exstirpierten  Niere  werden  frei  präpariert  und 
das  Gefäßsystem  durch  AusspiUung  mit  LocÄrescher  Lösung  vom  Llut  vüUig 
befreit. 

Die  Zusammensetzung  dieser  Flüssigkeit  ist  folgende: 

Natriumchlorid 9"0 

Kalziumchlorid 0*24 

KaUumchlorid 0"42 

Natriumbikarbonat 0'2 

Traubenzucker      ........  10 

Wasser 10000 

Die  Loc^esche  Lösung  wird  so  lange  in  die  Arterie  gespritzt,  bis  aus 
der  Vene  ganz  farblose  Flüssigkeit  zurückkommt.  Das  Nierenpräparat  wird 
dann  in  ein  Gefäli  mit  LocÄ;escher  Lösung  gelegt. 

c)   Vorbereitung  der  Nierengegend  für  die  Aufpfropfung. 

Die  vorliegenden  Gefäßenden  werden  mit  VaseUn  bestrichen  und  mit 
den  entsprechenden  Enden  des  Versuchstieres  (Fig.  211  und  212)  vereinigt. 
Man  näht  erst  die  Arterien  und  nachher  die  Venen.  Dagegen  werden  die 
Klemmen  erst  von  der  Vene  und  nachher  von  der  Arterie  entfernt.  (Gewöhnlich 
wird  der  Blutstrom  sofort  hergestellt,  die  Niere  bekommt  ihre  noi-male  Farbe 
wieder  und  die  Gefäße  der  Harnleiter  beginnen  zu  bluten:  die  llarnleiter- 
enden  werden  vereinigt.  Die  Niere  wird  in  ihre  normale  Lage  gebracht 
und  das  Peritoneum  resp.  das  retroperitoneale  Gewebe  vernäht.  Endlich 
vereinigt  man  den  peritonealen  Nierenüberzug  mit  dem  Bauchfell  durch 
5 — 6  Situationsnähte. 

d)  Extraperitoneale  Nephrektomie. 

Diese  Operation  wird  dann  vorgenommen,  wenn  man  eine  Niere  ent- 
fernen will,  ohne  die  Bauchhöhle  zu  öffnen. 

Das  Tier  wird  auf  der  Seite  am  Tische  gebunden.  Es  wird  ein 
schräger  Hautschnitt  gemacht  von  der  Spitze  der  11.  oder  12.  Rippe  be- 
ginnend bis  zum  Rande  des  M.  recti.  Die  Richtung  und  die  Länge  des 
Schnittes  variiert  je  nach  der  Gattung  des  Tieres.  Nach  Durchschneidung 
der  Muskelschicht  wird  mittelst  2  Finger  die  Niere  aufgesucht,  entriert 
und  nach  oben  herausgezogen.   Mittelst  einer  Kropfsonde  werden  die  (ie- 


832 


E.  S.  London. 


bilde  des  Hilus  sorgfältig-  isoliert.  Der  Ureter,  welcher  nach  unten  hegt, 
Avird  zuletzt  ligiert  und  zuerst  Arteria  und  Vena  renalis.  Es  folgt  Ab- 
schneiden der  Hilusgebilde  und  Vernähen  der  Wunde. 

e)  Folgen  der  Nierentransplantation. 

].  Nach  Cnrrels^)  Beobachtungen  mul'i  anerkannt  werden,  daß  eine 
Niere,  welche  exstirpiert.  gewaschen  und  nachher  wieder  eingesetzt  wurde, 
imstande  ist,  in  normaler  Weise  zu  funktionieren,  und  zwar  während  einer 
langen  Zeit  nach  der  Operation. 


Fig.  211. 


PMg.  212. 


2.  Wie  die  Gefäritransplantationen 
sind  auch  die  Operationsergebnisse  ver- 
schieden, je  nach  der  Tierart. 
Es  lassen  sich  auch  hier  auto-,  homoeo-  und  heterojjlastische  Über- 
pflanzungen unterscheiden. 

a)  Autoplastik.  Eine  exstirpierte  und  nachher  wieder  eingesetzte 
Niere  ist  imstande  so  zu  funktionieren,  dal»  das  Tier  mehr  wie  8  Monate 
nach  der  Operation  bei  vorzüglichster  Verfassung  bleibt  (Carrel). 

[i)  Homoeo plastik.  Versuche  über  homoeoplastische  Gruppentrans- 
plantationen der  beiden  Nieren  haben  gezeigt,  daß  die  Organe  während 
mehrerer  Wochen  ihre  Funktion  auslösen  können;  es  ist  jedoch  nicht 
erwiesen,  oh  die  Tätigkeit  sich  für  eine  noch  längere  Zeit  aufrecht  er- 
halten läßt. 


')  ^'ol■gl.  Ä.  Carrel,  Doppelte  Nephrektomie  und  Reinplantation  einer  Niere.  Arch. 
f.  klin.  Chir.  1909.  Bd.  88.  S.  379. 


Die  Gefäßnaht  und  Massen-Transplantationen.  833 

Das  Überstehen  der  operativen  Einj-riffe.  der  temporären  Zirkulations- 
unterbrechung-, der  Durchspühmg  und  (h'r  Durchtrennung  der  Nieren  dui'ch 
die  ausgezeichnete  Funktion  des  Organs  wurde  mehr  als  8  Monate  nach 
der  Operation  erwiesen. 

Y)  Heteroplastische  Nieivntransplaiitation  wurde  zuci-st  von  ./((hau- 
laij^)  im  Jahre  1906  ausgeführt,  indem  er  2  Frauen  mit  unlicilbaici' 
Nephritis  Schweinenieren  in  die  Fossa  axillaris  eiiniähte.  Die  A.  ivnalis  wurde 
mit  der  A.  brachialis  und  die  \.  renahs  mit  der  \.  liumoralis  vereinigt. 
Die  Erfolge  dieser  Operation  waren  keine  günstigen,  weil  die  vereinigten 
Gefäße  obüteriert  wurden. 

Ebenso  ungünstig  fielen  die  w^eiteren  Versuche  dieser  Art  am  ^len- 
schen  aus. 

Die  Möglichkeit  einer  günstigen  Heteroti-ansplantation  einer  Niere  ist 
überhaupt  noch  gar  nicht  erwiesen. 

2.  Die  Sekretionstätigkeit  einer  transplantierten  Niere  ist  in  genügen- 
der Weise  noch  nicht  studiert  worden.  Aus  den  Untersuchungen  von 
Carrel  und  Guthrie-)  ist  nur  so  viel  zu  ersehen,  daß  eine  transplantierte 
Niere  4 — 5mal  mehr  Urin  abgibt  als  die  normale  und  daß  man  in  diesem 
Urin  geringe  ^Mengen  Eiweiß,  Sulfate,  Chloride,  aber  weder  Zucker  noch 
Pigmente  auffinden  kann. 

Selbstredend  können  und  müssen  weitere  Versuche  mit  Nierentrans- 
plantation viele  unklare  Fragen  der  Harnsekretion  aufhellen. 

2.  Trausplautation  der  übrigen  Orgaue. 

Außer  den  Nieren  wurden  Massentransplantationen  noch  vieler  an- 
derer Organe  ausgeführt  (Schilddrüse 3)  [Fig.  213],  Milz*),  Ovarien S), 
Darmstück,  Herzen  mit  und  ohne  Lungen.  Gliedmaßen"),  Kopf).  Daß  die 
anatomische  Einheilung  der  transplantierten  Schilddrüsen  mit  deren  nor- 
malen physiologischen  Funktionstüchtigkeit  gleichbedeutend  ist.  hat  Stich 
durch  Hervorrufung  typischer  Tetaniesymptome  nach  der  Exstirpation  der 
überpflanzten  Drüse  (245  Tage  post  impl.)  schlagend  bewiesen.  Im  rrinzij) 
bleibt  die  Überpflanzungstechnik  dieselbe  wie  bei  den  Nieren.  Xur  folgendes 
muß  hervorgehoben  werden:  Die  Nierenarterien  sind  bei  den  meisten  Tieren 


^)  Jahoulaii,  Chirurgie  des  arteres.  La  semaine  medicale.  1902.  p.  405. 

^)  Alexis  Carell  et  C.  C.  Guthrie,  Circnhition  et  s^cretiou  d"iui  rein  transplant(^. 
Compt.  rend.  des  seances  de  l'Acad.  des  scieuces.  1905. 

')  a)  Alexis  Carrel  et  ('.  C.  Guthrie,  Exstirpation  et  rcplantation  de  la  glande 
thyroi'de  avec  reversion  de  la  circidation.  Cnuipt.  rend.  des  seances  de  la  Soe.  do  Biol. 
1905.  T.  59.  p.  413.  —  b)  Stich  und  Makkas,  Zur  Transplantation  der  Schilddrüse 
mittelst  Gefäßnaht.  Bruns'  Beiträge.  1908. 

•*)  JV^.  Lüdke,  Über  Milchtransplantationen.  Müncbener  med.  Wochenschr.  1909. 
Nr.  29  u.  30. 

^)  Alexis  Carrel  et  C.  C.Guthrie,  Technique  de  la  transplantation  horaoplasti(iue 
de  l'ovaire.  Compt.  rend.  des  seances  de  la  Soc.  de  Biol.  1906.  T.CO.  p.  4G6. 

")  Alexis  Carrel,  Transplantation  de  la  cuisse  d'un  chien  siir  un  untre  einen. 
Compt.  rend.  des  seances  de  la  Soc.  de  Biol.  1907.  LXIl.  p.  1035. 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  53 


834 


E.  S.  London. 


genügend 


direkte  Gefäßanastomose    gelingt.    Bei   den 
selten    der  Fall,    weshalb    man    lieber    die 


groß,    so    daß    die 
anderen  Organen    ist    es    aber 
Lappenmethode  anwendet. 

Anwendungsgebiet.  1.  Wie  eingangs  erwähnt,  haben  die  hier  dar- 
gelegten Operationen  ihre  Anwendbarkeit  im  Gebiete  der  experimenteUen 
physiologisch-chemischen  Studien  noch  nicht  in  genügendem  ^laße  be- 
währt. Es  kann  also  bei  der 


Behandlung 


dieser  Frage  nm-  von  Ausbhcken 


Fig.  213. 


Fig.  214. 


i^l 


;^ 


die  Rede  sein.  Von  diesem  Gesichtspunkte 
aus  scheint  es  vor  allem  nützlich  zu  sein, 
auf  folgendes  hinzuweisen. 

Die    gegenwärtig    so   eifrig   studierte 
Frage  über  die  innere  Sekretion  der  Organe 
wird  viel  reichhehere  Ptesultate  liefern,  so- 
bald  es   möglich   geworden   ist,    beim    im 
übrigen    ganz    normalen    Tier    die    Unter- 
suchung  respektive  Gewinnung   des  Blutes 
von  verschiedenen   sonst  tief  liegenden  Or- 
ganen zugängig  zu  machen.    Mit  der  Aus- 
arbeitung   der    Technik    der    Massentrans- 
plantationen kann  jedes  tief  hegende  Organ 
durch  die  Überpflanzung  an  eine  solche  Stelle,  wo  zugängliche  oberflächüch 
hegende  Gefäße  (z.  B.  V.  jugularis  ext.),   aus  denen  das  Blut   mittelst  einer 
Spritze  entnommen  wird,  gebracht  werden. 

2.  Es  ist  weiter  doch  merkwürdig,  daß  ein  Organ,  welches  durch 
spezifische  Nerven  in  seiner  Funktionstätigkeit  normaliter  geleitet  wird,  auch 
ohne  diesen  normalen  Nerveneinfluß  gewissermaßen  funktionieren  kann.  Inwie- 
fern also  für  jedes  einzelne  Organ  der  Reiz  spezifischer  Nerven,  was  dessen 


C.  A.  Carotis.   Th.  A.  Thyreoidea. 
V.   V.  Thyreoidea. 


Die  Gefäßnalit  und  Massen-Transplantationen.  835 

äußere  und  innere  Sekretion  anbelaniit.  nialJ.uehciid  ist  diesheziiüliche 
Fragen  können  durch  Massentransplantationsversuclie  Klärung  gewinnen. 

3.  Es  ist  CarreU)  gelungen,  ein  ganzes  (ilied  (Femur)  von  einem 
Hunde  an  einen  anderen  zu  überpflanzen.  Es  wurden  zuerst  die  Knochen, 
dann  deren  Periosteum,  die  Muskeln  (Quadriceps  und  Adductores)  zusam- 
mengenäht, die  Gefäße  anastomosiert,  die  Nerven  (Ischiadicus  und  Cruralis) 
und  endUch  die  Aponeurosen  und  die  Haut  vereinigt.  Auch  solche  Hunde 
werden  sich  zweifellos  zur  Klärung  einiger  biochemischen  Fragen  als 
geeignet  erweisen.  Als  Beispiel  soll  hier  der  Versuch  angeführt  werden, 
den  Enderlen  und  Borst-)  an  Hunden  ausgeführt  haben.  Sie  stellten 
namenthch  bei  Hunden  einen  direkten  Blutaustausch  her.  indem  sie 
die  Karotiden  und  \\.  jugulares  der  beiden  Tiere  vereinigten  (Fig.  214). 
Mittelst  Indigokarmin  und  Phlondziii  wurde  festgestellt,  daß  ein 
vollständiger  Blutaustausch  zwischen  beiden  Hunden  erzielt  wurde.  Länger 
als  drei  Tage  konnten  die  Autoren  aber  die  Parabiose  nicht  aufrecht  er- 
halten. Die  Autoren  schliel'ien  daraus,  daß  die  biochemischen  A'erschieden- 
heiten  der  Zellen  zweier  Individuen  zu  groß  und  daß  eine  Homoeo-l'ber- 
pflanzung  oder  Zupflanzung  dauernde  Erfolge  darl)iete,  selbst  wenn  Blut- 
zufuhr  genügend  ist  und  die  bekannten  Boux^ah^w  Postulate   erfüllt    sind. 

Mit  einem  Worte,  die  Verpflanzungsmethoden  sind  gegeben  und  es 
bleil)t  übrig,  selbe  für  Klärung  biochemischer  Probleme  .  möglichst  l)reit 
auszunutzen. 


')  Alexis  Carrcl,  Transplantation  de  la  cuissc  d"uii  cliicii  siir  im  autre  cliien 
Compt.  rend.  des  seances  de  la  Soc.  de  Biol.  1907.  LXII.  p.  1035. 

^)  Enderlen  und  Borst,  Beiträge  zur  Gefäßcliirurgie  und  zur  Organotransplanta- 
tion.  Müncliener  med.  Wochenschr.  1910.  S.  186n. 


53  = 


Die  Teclmik  der  Grewebskiiltur  in  vitro. 

Von  Alexis  Carrel  und  Montrose  T.  liurrows,  New  York. 

(Aus  dem  Laboratorium  des  Rockefeller  Institutes  für  medizinische  Forschung.) 

Man  kultiviert  ein  Gewebe  oder  ein  Organ,  indem  man  unter  ge- 
wissen Bedingungen  Fragmente  dieses  Gewebes  oder  (3rganes  in  einen 
passenden  Kulturnährboden  einimpft.  Diese  neue  Methode,  deren  Resultate 
zum  Teil  schon  beschrieben  worden  sind  ^),  ist  zahlreicher  Anwendung  fähig. 


*)  Harrison,  Observations  on  living  developing  nerve  fibres.  Proc.  of  the  Soc.  for 
Exp.  Biolog.  and  Med.  1907.  p.  140.  —  Embryonic  transplantation  and  the  development  of 
the  nervous  System,  the  Harvey  lectures  1907—1908.  —  The  outgrowth  of  the  nerve  fibre  as 
a  mode  of  protoplasmic  movement.  Journal  Exp.  Zool.  1910.  Vol.  9.  p.  787.  —  Burrows,  The 
growth  of  tissues  of  the  chick  emlu'yo  outside  of  the  animal  body  with  special  reference  to 
the  nervous  System.  Journal  of  Exp.  Zool.  1911.  Vol.  10.  p.  63.  —  Culture  des  tissus  d'embryon 
de  poulet  et  specialement  culture  des  nerfs  de  poulet  en  dehors  de  l'organisme.  C.  R.  Soc.  de 
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the  body.  Journ.  Am.  Med.  Assoc.  1910.  p.  1554.  —  Human  sarcoma  cultivated  outside  of 
the  body.  Journ.  Am.  Med.  Assoc.  1910.  p.  1732.  —  Artificial  Stimulation  and  inhibition 
of  the  growth  of  normal  and  sarcomatous  tissues.  Journ.  Am.  Med.  Assoc.  1911.  p.  32.  — 
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p.  416.  —  On  the  physico-chemical  regulation  of  the  growth  of  tissues.  Journ.  of  Exp. 
Med.  1911.  Vol.  13.  p.  562.  —  Cultivation  in  vitro  of  malignant  tumors.  Journ.  of  Exp. 
Med.  1911.  Vol.  13.  n.  571.  —  La  culture  des  tissus  adultes  eu  dehors  de  l'organisme. 
C.  R.  Soc.  de  Biol.  1910.  p.  293.  —  Culture  de  substance  renale  en  dehors  de  l'organisme. 
C.  R.  Soc.  de  Biol.  1910.  p.  298.  —  Culture  de  moelle  osseuse  et  de  rate.  C.  R.  Soc. 
de  Biol.  1910.  p.  299.  —  Cultures  primaires,  secondaires  et  tertiaires  de  glande  thyroide 
et  culture  de  peritoine.  C.  R.  Soc.  de  Biol.  1910.  p.  329.  —  Culture  de  sarcome  en  dehors 
de  l'organisme.  C.  R.  Soc.  de  Biol.  1910.  p.  332.  —  Culture  in  vitro  d'un  sarcome  humain. 
C.  R.  Soc.  de  Biol.  1910.  p.  367.  —  Seconde  generation  de  cellules  thyroidiennes.  C.  R. 
Soc.  de  Biol.  1910.  p.  365.  —  A  propos  des  cultures  „in  vitro"  des  tissus  de  mammi- 
feres.  C.  R.  Soc.  de  Biol.  1911.  p.  3.  —  La  culture  des  tissus  in  vitro.  La  Presse  Medi- 
cale.  1911.  p.  209.  —  Carrel,  Abnormal  forms  of  life  and  their  applicatious.  American 
Philosophical  Society,  Philadelphia  1911.  —  Rutli,  Cicatrisation  of  wounds  in  vitro. 
Journ.  of  Exp.  Med.  1911.  Vol.  13.  p.  422.  —  The  influence  of  distilled  water  on  the 
healiüg  of  skiu  wounds  iu  the  frog.  Journ.  of  Exp.  Med.  1911.  Vol.  13.  p.  559.  — 
Cicatrisation  de  plaies  cutanees  en  dehors  de  l'organisme.  C.  R.  Soc.  de  Biol.  1911. 
pag.  253.  —  Jollji,  A  propos  des  Communications  de  MM.  Alexis  Carrel  et  Montrose 
T.  Burroivs  sur  la  culture  des  tissus.  C.  R.  Soc.  de  Biol.  1910.  p.  470.  —  Observations 
ä  l'occasion  de  la  communication  de  MM.  Carrel  et  Burrows.  C.  R.  Soc.  de  Biol. 
1911.  p.  4.  —  Lambert  and  Hau  es,  Growth  in  vitro  of  the  transplantabie  sarcomas  of  rats 


Die  Technik  der  Gewebskultiir  iu  vitro.  837 

Hier  soll  die  Technik  näher  beschrieben  werden,  mittelst  welcher  man  die 
Gewebe  außerhalb  des  Organismus  erfolgreich  kultivieren  kann.  Die 
Methode  ist  in  der  Theorie  sehr  einfach,  und  es  ist  leicht,  ein  gewisses 
Gewebswachstum  zu  erzielen.  Es  ist  aber  nicht  so  leicht,  gleichartig  positive 
Resultate  zu  erhalten,  die  untereinander  vergU'iclibar  sind.  Die  (iewebe 
werden  durch  Kälte,  Trocknen  und  durch  Behandlungen,  welche  die  Be- 
reitung der  Kulturen  erfordert,  leicht  getötet.  Durch  Infektion  kann  eben- 
falls ihr  Wachstum  verhindert  werden.  Es  ist  daher  notwendig,  daß  das 
Präparieren  der  Nährböden  und  der  Gewebe  aseptisch  geschieht,  und  zwar 
in  einem  warmen,  feuchten  Saal  und  daß  mit  derselben  Sorgfalt  gearbeitet 
wird,  wie  bei  einer  subtilen  chirurgischen  Operation. 

Alle  technischen  Einzelheiten  müssen  vorher  sorgfältig  studiert  werden. 
Man  muß  sich  davor  hüten,  der  Zusammensetzung  des  Nährbodens  oder 
der  x^rt  der  Gewebe,  Wachstumsverschiedenheiten  zuzuschreiben,  die  nur 
auf  eine  mangelhafte  Anwendung  der  Methode  zurückzuführen  sind. 
Wir  werden  in  dieser  Abhandlung  die  Bereitung  des  Nährbodens,  der  Ge- 
webe, der  Kidturen  und  die  Verfahren  zur  Beobachtung  der  p]ntwicklung 
der  Kulturen  beschreiben. 

I.  Bereitung  des  Nährbodens. 

Man  kultiviert  die  Gewebe  im  Plasma  oder  in  einem  künstlichen  Nähr- 
boden. Meistens  benutzt  man  Plasma,  weil  darin  das  Wachstum  der  Ge- 
w^ebe  reichlicher  vor  sich  geht  und  längere  Zeit  andauert  als  in  den  künst- 
lichen Nährböden.  Diese  w^endet  man  dagegen  an,  wenn  es  darauf  ankommt, 
die  genaue  Zusammensetzung  des  Nährmilieus  zu  kennen. 

Das  zu  benutzende  Plasma  kann  vom  Blute  des  Tieres  entnommen 
werden,  welches  das  zu  untersuchende  Gewebe  liefert,  oder  vom  Blute  eines 
anderen  Tieres  derselben  Art  und  schließlich  auch  von  einem  Tiere  einer 
anderen  Art.  Es  kann  also  autogen,  homogen  oder  heterogen  sein.  Die 
besten  Resultate  erhält  man  bei  Kulturen  mit  autogenem  oder  homogenem 
Plasma.  Unter  Umständen  kann  man  jedoch  ganz  gut  auch  heterogenes 
Plasma  benutzen.  Die  Vegetationen  sind  allerdings  dann  weniger  üppig. 
Zum  Beispiel  kann  das  Fötusgewebe  eines  Hühnchens  im  IMasma  vom 
Menschen  oder  vom  Hunde  w^ohl  gedeihen.  Froschhaut  wächst  im  Hühnchen- 
plasma nur  schwach.  Die  schönsten  Kulturen  halien  wir  immer  mittelst 
des  Plasmas  erhalten,  welches  von  dem  Tiere,  dem  das  zu  untersuchende 


and  niice.  J.  A.  M.  A.  1911.  Vol.  56.  p.  33.  —  Cultivation  in  vitro  of  Rat  sarcoma. 
Inocnlation  of  rats.  Snbcultures.  J.  A.  M.  A.  1911.  Vol.  56.  p.  587.  —  Migration  by 
auioeboid  movement  of  Sarcoma  Cells  growing  in  vitro  and  its  bearing  on  the  proldem 
of  the  spread  of  malignant  growths  in  tho  body.  J-  A.  M.  A.  1911.  Vol.  56.  pag.  791. 
—  Characteristics  of  growth  of  sarcoma  and  Carcinoma  cultivatcd  in  vitro.  Joum.  of 
Exp.  Med.  1911.  p.  495.  —  A  study  of  caucer  immiuiity  l)y  tlie  method  of  cultivatiug 
tissues  outside  the  body.  Journ.  of  Exp.  Med.  1911.  p.  .ö05.  —  A  comparisoii  of  the 
growth  of  sarcoma  and  Carcinoma  cultivated  in  vitro.  Proc.  of  Soc.  for  Exp.  Biol.  and 
Med.  1911.  Vol.  8.  p.  59. 


g38  Alexis  Carrel  und  Montrose  T.  Burrows. 

Gewebe   exstirpiert  war,    herrührte,    oder    von    einem    anderen  Tier    der- 
selben Art. 

Das  Plasma  wird  so  gewonnen,  daß  es  mehrere  Stunden  oder  meh- 
rere Wochen  in  dem  flüssigen  Zustand  aufbewahrt  werden  kann.  Das  Blut 
wird  einer  Arterie  oder  einer  Vene  entnommen.  \'erwendet  man  hierzu 
einen  Hund,  eine  Katze,  ein  Hühnchen,  ein  Meerschweinchen  oder  eine 
Ratte,  und  soll  das  Plasma  in  dem  flüssigen  Zustand  so  lange  wie  mög- 
Uch  aufbewahrt  bleiben,  so  entnimmt  man  das  Dlut  aus  der  Haisschlag- 
ader oder  aus  irgend  einem  anderen  großen  Blutgefäß  unter  folgenden 
Bedingungen :  Das  Tier  wird  narkotisiert  und  das  l^lutgefäß  freigelegt. 
Die  Zirkulation  wird  dann  mittelst  einer  Klammer  unterbrochen.  Die  Wand 
wird  mit  Gaze  gerieben  und  mit  Öl  bedeckt.  Dann  ward  das  Blutgefäß 
geöffnet,  und  eine  mittelst  Olivenöls  sterilisierte  Glaskanüle  in  das  Lumen 
eingeführt,  ohne  daß  die  Spitze  dabei  das  Gewebe  berührt.  Hierauf  wird 
das  Blut  in  paraffinierten  Glaszyhndern  gesammelt,  die  vorher  auf  0"  ab- 
gekühlt wurden.  Bei  Blutentnahme  vom  Menschen  kann  man  sich  einer 
einfacheren  Methode  bedienen.  Eine  mittelst  Öls  sterilisierte  Nadel  wird 
durch  die  Haut  in  eine  Vene  eingeführt,  worauf  das  Blut  mit  einer  Spritze, 
die  auch  mit  Öl  behandelt  war,  entzogen  und  sofort  in  die  paraffinierten 
Zylinder  gebracht  wird. 

Die  Zyhnder  werden  mit  Kork  zugestopft,  in  größere  Zylinder,  die 
mit  schmelzendem  Eis  gefüllt  sind ,  gestellt  und  5  Minuten  lang  zentri- 
fugiert;  dann  läßt  man  sie  in  einem  kleinen  Kühlraume  bei  0"  stehen. 
Das  Plasma  wird  hierauf  in  neue  Röhren  mittelst  paraffinierter  Pipetten 
übergeführt.  Das  Menschen-  und  Hundeplasma  kann ,  wenn  es  mit 
genügender  Sorgfalt  und  bei  geeigneter  Temperatur  gesammelt  wird, 
oft  mehrere  Tage  lang  aufbewahrt  werden.  Das  Battenplasma  koaguUert 
dagegen  rasch.  Das  Hühnchenplasma  kann  lange  Zeit  flüssig  bleiben.  Wir 
haben  vortreffhche  Kulturen  in  Hühnchenplasma  gemacht,  das  sogar  zwei 
Monate  lang  im  Eisschrank  aufbewahrt  worden  war.  Jedenfalls  ist  es  im 
allgemeinen  unnütz,  kompliziertere  Methoden  für  die  Vorbereitung  des 
Plasmas  zu  gebrauchen.  Immerhin  kann  es  zuweilen  sehr  vorteilhaft  sein, 
das  Plasma  in  anderer  Art  aufzuboAvahren.  Burrow  gebrauchte  oxaliertes 
Plasma.  Man  fügt  dem  Blute  bei  dieser  Methode  Viooo  Natriumoxalat  hinzu. 
Wenn  die  Kultur  präpariert  wird ,  so  fällt  man  unmittelbar  vorher  das 
Natriumoxalat  mittelst  Calciumchlorids.  Obgleich  das  oxaUerte  Plasma 
nicht  so  gute  Resultate  wie  das  reine  Plasma  ergibt,  kann  man  es  nötigen- 
falls doch  gut  benutzen. 

Wir  haben  auch  Plasma  verwendet,  das  durch  Zusatz  von  destillier- 
tem Wasser  oder  verschiedener  Salzlösungen,  oder  auch  von  Gewebs-,  Or- 
gan- oder  Geschwulstextrakten  modifiziert  worden  war.  Derartig  vorbereitetes 
Plasma  übt  manchmal  für  das  Gewebewachstum  einen  günstigeren  Einfluß 
aus  als  normales  Plasma. 

^lit  künstlichen  Nährböden  wurden  bis  jetzt  nicht  so  günstige  Resultate 
erzielt,   wie  mit  Plasma.    Derartige  Nährböden   sind   bei   der  Temperatur 


Die  Technik  der  Gewebskultur  in  vitro.  y39 

von  oT''  bis  39"  C  entweder  flüssig  oder  fest.  Leuis^)  benutzte  einen 
Kultnrnährboden,  der  aus  einer  Lösung  nach  Locke  aus  Agar-Agar  und 
Bouillon  bestand.  Wir  verwenden  meistens  >s'ährböden  analoger  Zusammen- 
setzung, bei  welcher  ein  AVachstum  der  embryonalen  (jcwebe  vor  sich  geht. 
Die  Zusammensetzung  ist  folgende : 

Natriumchlorid OÜ 

Calciumchlorid 0-024 

Kaliumchlorid 0*04:2 

Glukose 0-1 

Agar 3 

Destilliertes  Wasser     .     .     .     .100 

Zuweilen  fügen  wir  dieser  Mischung  noch  0'02  Natriumkarlionat  oder 
Natriumphosphat  hinzu. 

Die  Zusammensetzung  der  Nährböden  kann  in  mannigfaltiger  Weise 
modifiziert  werden,  indem  man  die  verschiedenen  Salzmengen  ändert.  In 
einem  Nährboden,  der  nur  aus  Calciumchlorid ,  Natriumchlorid  und  Agar- 
Agar  besteht,  entwickeln  sich  gewisse  Embryogewebe,  wenigstens  während 
einer  kurzen  Periode,  sehr  gut. 

Für  die  am  meisten  angewandten  flüssigen  Nährl)öden  kommen  fol- 
gende Lösungen  in  Betracht:  die  Lösung  nach  Locke,  oder  die  Binf/ersche 
Lösung,  eine  Lösung  von  Natriumchlorid  in  destilliertem  Wasser  oder 
Serum,  das  aus  dem  Blut  oder  aus  dem  Plasma  eines  Tieres  stammt,  das 
entweder  derselben  Art  angehört,  wie  dasjenige,  welches  das  Gewebe  ge- 
liefert hat;  oder  einer  anderen  Art. 

II.  Präparieren  der  Gewebe. 

Die  Gewebsfragmeute,  welche  als  Aussaat  dienen,  müssen  mit  sehr 
grol'jer  Sorgfalt  vorbereitet  werden.  Ihr  Wachstum  wird  außerordentlich 
beeinflußt  durch  die  Art  ihrer  Abtrennung  (Abschneidung),  durch  die  Länge 
der  Periode ,  die  sich  seit  dem  Aufhören  des  Blutkreislaufes  bis  zum  Be- 
ginn der  Kultur  erstreckt,  durch  den  Grad  und  die  Dauer  der  Abkühlung  usw. 
Die  Gewebe  wei'den  dem  Tiere  während  des  Lebens  oder  sofort  nach  dem 
Tode  exstirpiert.  In  den  Kulturen  von  menschlichen  Geschwülsten  bringt 
man  das  Gewebe  so  schnell  als  möglich  nach  der  Exstirpation  in  den  Kultur- 
nährboden. Jedoch  können  die  Gewebe,  ehe  sie  kultiviert  werden,  auch 
einige  Zeit  lang  im  Zustand  des  latenten  Lebens  erhalten  werden,  hie  Leber 
und  die  Hornhaut  (Cornea)  eines  menschlichen  Fötus,  die  . HO  Stunden  lang 
im  Eisschrank  aufbewahrt  wurden,  ergaben  noch  ein  schwaches  Wachstum 
der  Zellen.  Wir  bewahrten  ferner  Teilchen  der  Milz  vom  Ilühnchenembryo 
72  Stunden  lang  im  Eisschrank  auf  und  konnten  beobachten,  daß  diese 
Fragmente,  in  Plasma  eingesät  so  reichlich,  wie  frisches  Gewebe,  wuchsen. 
Sicherlich  konnte  die  latente  Periode  noch  leicht  verlängert  werden. 

M  Leids,  The  growth  of  omhryoiiic  chick  tissiies  in  artificial  media,  agar  and 
liouillon.  Bnll.  of  the  .Johns  Hopkins  Hospital.  1911.  p.  126. 


340  Alexis  Cari-el  und  Montrose  T.  Burrows. 

Ein  Milzteilchen,  das  6  Tage  lang  im  Eisschrank  belassen  wurde, 
konnte  ebenfalls  in  vitro  weiter  wachsen.  Es  geht  also  daraus  hervor,  dal] 
man  sich  sowohl  des  im  Eisschrank  aufbewahrten  Gewebes  als  auch  frischen 
Gewebes  für  die  Kulturen  bedienen  kann. 

Man  legt  rasch  mittelst  einer  sehr  feinen  Nadel  und  eines  Star- 
Operationsmessers  ein  Fragment  des  betreffenden  Gewebes  oder  Ürganes 
frei  und  bringt  es  dann  auf  ein  Deckglas.  Diese  Ausführung  muß  sehr 
schnell  geschehen,  denn,  setzt  man  die  Gewebe  längere  Zeit  der  Luft  aus, 
so  werden  sie  getötet.  Um  das  Gewebsteilchen  nicht  dieser  Gefahr  aus- 
zusetzen, kann  man  das  Präparieren  in  einem  Tropfen  Binfferscher  Lösung 
vornehmen.  Das  Gewebsstückchen  wird  dann  in  Teilchen  zerlegt,  die  dem 
Volumen  eines  Hirschkorns  entsprechen,  worauf  es  mittelst  der  Nadelspitze 
auf  ein  Deckgläschen  oder  ein  lihrglas  übergeführt  wird.  Will  man  eine  aus- 
gedehnte Kultur  vornehmen,  so  bringt  man  ein  Gewebs-  oder  Organstück 
auf  ein  Uhrgias  und  schneidet  es  mittelst  einer  scharfen  Schere  in  sehr 
kleine  Teilchen,  die  dann  auf  einer  breiten  Glasplatte  ausgebreitet  werden. 

III.  Herstellung  der  Kultur. 

Die  Technik  zum  Präparieren  der  Kultur  ist  eine  verschiedene,  je 
nachdem  man  einen  Plasmanährboden  oder  einen  künstlichen  benutzt.  Die 
Kulturen,  die  in  einem  Plasmanährboden  ausgeführt  werden,  lassen  sich  in 
drei  Gruppen  teilen :  Kulturen  im  Hängetropfen,  Kulturen  im  Uhrglas  und 
die  breiten  Plattenkulturen. 

Bei  den  Hängetropfkulturen  bringt  man  ein  Teilchen  des  Gewebes  auf 
ein  Deckglas  und  bedeckt  es  dann  augenblicklich  mit  einem  Tropfen  Plasma, 
worauf  letzteres  mittelst  einer  Nadel  oder  einer  Messerspitze  in  dünner 
Schicht  auf  dem  Deckgläschen  ausgestrichen  wird.  Das  Plasma  koa- 
guliert rasch  und  befestigt  das  Gewebsstückchen  am  Deckglas.  Das  Deck- 
gläschen wird  nun  umgestülpt,  auf  einen  hohlgeschliffenen  Objektträger 
gebracht,  dessen  Aushöhlung  so  groß  ist,  daß  der  Tropfen  den  Grund  nicht 
berührt;  endlich  verschheßt  man  gut  mit  Paraffin.  Diese  Operationen 
müssen  sehr  rasch  vorgenommen  werden,  damit  am  Plasmatropfen  keine 
Verdunstung  stattfindet.  Will  man  das  Wachstum  der  Gewebe  in  Plasmen 
verschiedener  Zusammensetzung  vergleichen,  so  muß  unter  gleichen  De- 
dingungen  gearl)eitet  werden.  Die  Größe  der  Höhlung  des  Objektträgers, 
die  Feuchtigkeitsbedingungen  der  Luft,  die  Zeit,  die  zwischen  dem  Ein- 
tauchen des  Gewebes  in  das  Plasma  und  dem  Verschließen  der  Präparate 
mit  Paraffin  vergeht  usw.,  müssen  stets  gleich  sein.  Wenn  nicht  alle  Fehler- 
quellen sorgfältig  ferngehalten  werden,  so  sind  die  Ptesultate  der  Ge\Yebs- 
kulturen  in  verschiedenen  Nährböden  auch  nicht  genau  vergleichbar. 

Die  Objektträger  werden  sofort  in  einen  kleinen  elektrischen  Brut- 
schrank gestellt.  Dann  werden  sie  in  große,  mit  Gas  geheizte  Wärme- 
schränke gebracht,  wo  die  Hühnchengewebskulturen  bei  39",  die  Kulturen 
der  Rattengewebe,  der  Hunde-,  Meerschweinchen-  und  Menschengewebe  bei 
37°  belassen  werden. 


r 


Die  Technik  der  Geweliskultiir  in  vitro.  g41 

Bei  den  Uhi-glaskulturon  füllt  man  die  Höhlung-  mit  Plasma  und  bringt 
dann  das  (Tewebsstückchen  in  die  Mittr  der  Höhlung.  Das  Gewebe  kann 
nach  allen  Ilit'htungen  hin  wachsen.  Man  kann  Chrgiaskulturen  eben- 
falls in  dünnen  Schichten  vornehmen.  Das  Uhrglas  wird  schlielUich  umge- 
kippt und  auf  einem  Objektträger  befestigt.  Bei  den  großen  Platten- 
kulturen breitet  man  das  in  sehr  kleine  Teilchen  zerschnittene  Gewebe  oder 
Organ  auf  einer  breiten  schwarzen  Glasplatte  aus,  worauf  man  es  gänzlich 
mit  Plasma  bedeckt,  das  in  möglichst  dünner  Schicht  ausbreitet  wird.  Auf 
diese  Weise  kann  man  auf  einer  einzigen  Platte  einen  lötngigen  Hühnchen- 
embrvo,  der  in  feine  Stückchen  zerhackt  wurde,  züchten.  Der  Objekt- 
träger wird  sofort  in  eine  Glasschale  für  Kulturen  gebi-acht.  denn  man  muli 
darauf  achten,  daß  sich  keine  Luftstäubchen  auf  der  Obei-f lache  des  Prä- 
parates absetzen.  Das  Plasma  koaguliert  rasch.  Man  neigt  den  Objektträger, 
damit  die  Sekretionsprodukte  der  Kultur  sich  am  Grunde  der  Schale  an- 
sammeln können.  Dann  stellt  man  unter  den  Objektträger  mit  Wasser 
durchtränkte  Watte,  damit  die  Luft  feucht  gehalten  wird.  Hierauf  wird 
der  Deckel  aufgelegt  und  mit  Paraffin  befestigt. 

Die  Bereitung  der  Kulturen  in  einem  künstlichen,  sich  verfestigenden 
Nährboden  geschieht  ungefähr  in  der  oben  beschi-iebenen  Weise.  Währenil 
des  Präparierens  des  Gewebes  wird  der  Kulturiiährboden  bei  einer  Tem- 
peratur von  45**  gehalten,  damit  er  flüssig  bleii)t.  Mittelst  einer  Pipette 
bringt  man  Tropfen  dieser  Flüssigkeit  auf  Deckgläser  und  legt  darauf  die 
Gewebsteilchen.  Die  Temperatur  des  Tropfens  sinkt  rasch  und  der  Nähr- 
boden wird  gallertartig.  Dann  wird  das  Deckglas  umgestülpt  und  an  einem 
Objektträger  in  der  vorher  erwähnten  Weise  befestigt. 

Bei  der  Darstellung  der  Kulturen  in  einem  flüssigen  Nährboden  bedient 
man  sich  einer  sehr  geringen  ^lenge  Flüssigkeit,  die  in  einer  dünnen 
Schicht  auf  ein  Deckglas  aufgetragen  wird.  Es  ist  unbedingt  nötig,  daß 
die  Zellen  an  dem  Deckglas  festkleben.  Deshalb  darf  das  Gewebsstückchen 
auch  nicht  in  der  Flüssigkeit  schwimmen.  Man  kann  diese  Kulturen  so  be- 
reiten,  daß  man  ein  sehr  kleines  Gewebsteilchen  zuerst  in  die  Lockescho 
Lösung  legt,  später  sehr  sorgfältig  mittelst  einer  Zange  herausnimmt  und 
auf  ein  Deckgläschen  bringt.  Das  Stückchen  muß  das  Deckglas  berühren, 
das  den  Zellen  als  Stütze  dienen  soll.  Die  durch  das  Teilchen  mitgerissene 
Flüssigkeit  wird  in  sehr  dünner  Schicht  auf  dem  Deckglas  ausgebreitet, 
das  dann  auf  einen  gewöhnlichen  Objektträger,  von  dessen  Wandung  es 
durch  eine  Vaselinschicht  getrennt  ist,  gelegt  wird.  Durch  den  gel)ildeten 
sehr  kleinen  Hohlraum  findet  keine  in  Betracht  kommende  Verilunstung 
der  Flüssigkeit  statt.  Man  kann  sich  auch  eines  sehr  schwach  ausgehöhlten 
Objektträgers  bedienen,  der  schließlich  mittelst  Paraffins  verschlossen  wird. 

IV.  Aufbewahrung  und  Untersuchung  der  Kulturen. 

Die  Kulturen  werden  in  große,  mit  Gas  geheizte  Brutschränke  auf 
Etagen  oder  in  Gruppen  von  zehn  bis  zwölf  in  Glasschalen  aufbewahrt. 
Da   durch   verschiedene   Temperaturgrade    die   Schnelligkeit    des  (iewebs- 


842      Alexis  Carrel  u.  Montrose  T.  Burrows.  Die  Technik  d.  Gewebskultur  etc. 

Wachstums  beeinflußt  wird,  so  muß  man  die  Temperaturunterschiede  im  Brut- 
schrank sehr  sorgfältig  beachten.  Man  kann  dagegen  die  Kulturen  für  einige 
Sekunden  aus  dem  Brutschrank  ohne  Schaden  entfernen.  Gewisse  Gewebe, 
vne  die  der  Milz  des  Hühncheuembryos  oder  von  bösartigen  Geschwülsten, 
verursachen  eine  solche  Zellenwucherung,  daß  man  ihre  Entwicklung  ohne 
das  Mikroskop  deutlich  beobachten  kann.  Das  neu  erzeugte  Gewebe  bei  einer 
Milz-  oder  Geschwulstkultur  erscheint  in  Form  einer  das  ursprüngliche  Ge- 
websteilchen  umhüllenden  opaleszierenden  Zone.  Den  Anfang  des  Gewebs- 
wachstums  kann  man  häufig  durch  das  Auftreten  eines  sehr  dünnen  grauen 
Streifens  auf  den  glatt  geschnittenen  Rändern  des  Stückchens  feststellen. 
Bei  den  großen  Plattenkulturen  bemerkt  man  ab  und  zu  eine  weißlich  ge- 
färbte Zone,  die  das  wachsende  Fragment  umgibt.  Es  ist  jedenfalls  sehr 
ratsam ,  einige  Kontrollkulturen  im  hohlgeschliffenen  Objektträger  vorzu- 
nehmen und  das  Wachstum  unter  dem  Mikroskop  zu  beobachten. 

Die  Kulturen  werden  mittelst  eines  Mikroskops  untersucht .  das  in 
einem  kleinen  Brutschrank  bei  37«  oder  39"  aufbewahrt  wird.  Auf  diese 
Weise  kann  man  sie  lange  beobachten,  ohne  das  Leben  der  Geweihe  zu  ge- 
fährden. Das  Gewebsteilchen  stellt  sich  in  Form  einer  undui'chsichtigen 
(opaken)  Masse  mit  deutlich  geschnittenen  Iländern  dar.  Auf  dem  hellen 
Grund  des  Kulturnährbodens  bemerkt  man  unschwer  die  Zellen,  die  dort 
schweben  und  sich  vermehren.  Man  kann  sie  sehr  leicht  mittelst  der  Camera 
lucida  zeichnen,  wenn  die  Entwicklung  langsam  vor  sich  geht,  wie  z.B. 
bei  den  Bauchfell-  oder  Knorpelkulturen.  In  den  Sarkom-  oder  Milz- 
kultm'en  findet  aber  oft  ein  so  schnelles  Wachstum  statt,  daß  genaues  Abzeichnen 
der  Zellen  unmöglich  ist.  Wenn  der  Plasmanährlioden  dünn  ist,  und  wenn 
das  Gewebe  auf  einer  einzigen  Fläche  gewachsen  ist,  kann  man  die  leben- 
den Zellen  leicht  photographieren.  Meistens  geht  das  Wachstum  des  Ge- 
webes in  mehreren  Ebenen  vor  sich,  und  es  ist  dann  unmöglich,  eine 
deutliche  Photographie  davon  zu  erhalten.  Im  allgemeinen  gewinnt  man 
bessere  Aufnahmen,  nachdem  die  Kulturen  fixiert  und  gefärbt  worden  sind. 

Die  Kulturen  im  hängenden  Tropfen  und  im  Uhrglas  lassen  sich  sehr 
einfach  fixieren  und  färben.  Das  Deckglas,  an  dem  die  Kultur  anhaftet, 
wird  in  eine  Lösung  von  Quecksilberchlorid  und  Essigsäure  oder  in  irgend 
eine  Kaliumbicliromatlösung  getaucht.  Hierauf  wird  mit  Hämatoxylin  ge- 
färbt. Die  breiten  Plattenkulturen  werden  mittelst  Serienschnitten  unter- 
sucht. Die  kleinen  Kulturen  dienen  zum  Studium  der  Morphologie  der  Ge- 
webe, während  die  großen  Plattenkulturen  zur  Untersuchung  der  dyna- 
mischen Änderungen,  die  in  den  Zellen  während  das  Lebens  außerhalb 
des  Organismus  stattfinden,  herangezogen  werden  können.  Schließlich 
können  sie  auch  zum  Studium  ihrer  Sekretionen  usw.  dienen. 

Die  beschriebene  Technik  gestattet  Gewebe  von  embryonalen  oder 
erwachsenen  Säugetieren  während  mehrerer  Tage  oder  selbst  einiger  Wochen 
am  Leben  zu  erhalten.  Sie  wird  zweifellos  in  verschiedener  Weise  vielfach 
modifiziert  und  verbessert  werden.  x\ber  schon  jetzt  kann  sie  als  wertvolles 
Hilfsmittel  für  die  Erforschung  zahlreicher  und  wichtiger  Probleme  dienen. 


! 


Methoden  zui'  bioclieiuisclien  l  ntersuclmiig  des 

Bodens. 

Von  Jiüius  Stoklasa,  Prag. 

Der  Roden  ist  den  biologischen  Veriinderungen.  welche  dui'ch  den 
Einfluß  der  Organismen  des  niederen  und  höheren  rflan/.enreiches  und  Tier- 
reiches hervorgerufen  >Yerden.  stets  nnterworfeii.  Diese  hiologiscjicn  Ki-- 
sclieinungen  im  Boden  sind  abhängig: 

1.  Von  den  klimatischen  Faktoren. 

2.  von  der  physikalischen  und  chemischen  Beschaffenheit  des  Bodens, 
o.  von  der  Zusammensetzung  der  Bodenluft. 

4.  von  der  Temperatur  des  Bodens, 

5.  von  der  Zeit  und 

(3.  von  der  Pflanzenvegetation  und  dem  Tierleben. 

Im  und  am  Boden  befinden  sich  folgende  Pflanzenorganismen  und 
Pflanzenteile : 

Myxomyzetes.  Schizomyzetes  (Bakterien).  Mucoraceae,  Basidiomyzctes, 
Askomyzetes.  Diatom aceae,  Chlorophyceae.  Cyanophyceae.  Lichenes.  Hepa- 
ticae,  Musci.  Filizes  und  Wurzeln  aller  höheren  Pflanzen.  Aus  dem  Tier- 
reich sind  Protozoa,  Vermes  und  schließlich  die  verschiedenen  Entwick- 
lungsstadieii  der  Insekten  (Larven)  vertreten. 

Alle  diese  im  Boden  vorkommenden  Organismen  fordern  fiii"  ihre 
Vegetation  Sauerstoff,  Wasserstoff.  Kohlenstoff.  Stickstoff.  Phosphor. 
Schwefel.  Chlor,  Silizium,  Kalium.  Natrium.  Kalzium.  Magnesium.  Aluminium, 
Eisen  und  Mangan.  Eine  eminente  Holle  für  aUe  lebenden  Organismen 
spielt  das  Wasser  im  Boden.  Bevor  die  Organismen  im  Boden  die  er- 
forderlichen Wassermengen  erreichen,  herrscht  fönnlich  ein  Kampf  unter 
ihnen.    Die  Organismen    können   überhaupt   ohne  Wasser    nicht  existieren. 

Der  Gang  der  Bodenuntersuchung. 

Bei  dei'  Pi'obeentnahme  des  Bodens  ist  es  angezeigt,  nicht  gemischte 
Durchschnittspioben  einer  Ackerfläche,  sondern  stets  charakteristische  Einzel- 
proben auszuwählen. 

Nach  den  alten  Angaben  von  Wahnsrhaffe^)  stellt  man  zui-  Entnahme 
eine  viereckige  Probegruhe  her,   deren  Wände  man    senkrecht    mit  einem 


')  F.  Wahn  schaffe,  Anleitung  zur  wissenschaftlichen    Bodenuntersuchung.    Verlag 
von  Paul  Parey,  Berlin  1S87. 


344  .Tnlius  Stoklasa. 

Spaten  absticht.  Zunächst  wird  die  Ackerkrume  genau  bis  zu  ihrer  unteren 
Grenze  aus  der  Grube  ausgehoben,  auf  ein  untergelegtes  Laken  geschüttet 
und  gleichmäßig  mit  dem  Spaten  gemischt.  Hiervon  entnimmt  man  dann 
unter  möglichster  Auslegung  der  Wurzelrückstände  eine  geeignete  Probe. 
In  gleicher  Weise  verfährt  man  bei  der  Entnahme  des  flacheren  und 
tieferen  Untergrundes.  Zuerst  wird  man  die  unmittelbar  unter  der  Acker- 
krume befindliche  Erdschicht  zu  berücksichtigen  haben,  indem  man  2  bis 
;•>  dem  derselben  aushel)t.  Die  Anzahl  und  Tiefe  der  ferner  dem  Unter- 
grunde zu  entnehmenden  Proben  richtet  sich  ganz  nach  der  Beschaffen- 
heit des  Bodenprofils.  Will  man  Proben  einer  ganzen  Schichtenfolge  bis 
zu  2  ni  Tiefe  entnehmen,  so  empfiehlt  es  sich,  da  das  Auswerfen  einer  so 
tiefen  Grube  in  vielen  Fällen  unbequem  und  zeitraubend  sein  würde  und 
ein  brauchbarer  natürlicher  oder  künstlicher  Anschluß  besonders  dort,  wo 
es  sich  um  die  Untersuchung  eng  begrenzter  Gebiete  handelt  nur  selten 
vorhanden  sein  dürfte,  dazu  einen  2  m  langen  amerikanischen  TeUerbohrer 
zu  verwenden. 

Der  Tellerbohrer  besitzt  ein  unterbrochenes,  aus  einzelnen  flügel- 
artigen Schneiden  ])estehendes,  spitz  zulaufendes  Gewinde  und  wird  mittelst 
Holzgriffes  in  den  Boden  hineingeschraul)t.  Er  fördert  bei  genügender 
Breite  der  Schneiden  so  viel  Erde,  daß  man  Prol^en  zur  Untersuchung 
nehmen  kann,  hat  aber  den  Nachteil,  daß  er  in  schweren  Böden  sehr  lang- 
sam arbeitet  und  zwei  Mann  zur  ]>edienung  erfordert.  Eine  kräftige  Durch- 
feuchtung des  Erdreiches,  die,  wenn  nötig,  tags  vorher  durch  Begießen 
vorzunehmen  ist,  erleichtert  die  Bohrarl)eit  wesentlich:  trockener,  harter 
Lehm  setzt  dem  Tellerbohrer  einen  fast  unüberwindlichen  Widerstand  ent- 
gegen. Zu  empfehlen  sind  Bohrer,  deren  Gestänge  durch  ein  Ergänzungs- 
stück l)is  auf  2  m  verlängert  werden  kann. 

Ich  muß  Heine^)  beipflichten,  daß  sich  neben  dem  Tellerbohrer  noch 
besser  der  Löffell)ohrer  bewährt.  Der  Löffel,  w^elcher  aus  bestem  Stahl  ge- 
fertigt sein  muß,  ist  an  die  Bohrstange  angeschweißt  und  kann,  sollte  er 
einmal  abbrechen,  wieder  ergänzt  werden.  Für  agronomische  Zwecke  ge- 
nügt ein  Satz  von  zwei  Bohrern,  von  denen  der  eine  1*10  m,  der  andere 
2"  10  m  lang  ist.  Die  Bohrung  wird  so  ausgeführt,  daß  zunächst  der  kürzere 
Bohrer  genau  senkrecht  —  eventuell  mit  HiUe  eines  Fadenlotes  —  auf  die 
von  PlIanzenwTichs  entl;)lößte  Stehe  des  Bodens  aufgesetzt  und  mit  der 
hnken  Hand  am  Handgriff  gehalten  wird,  während  die  rechte  einige  kräftige 
Schläge  mittelst  Holzhammers  auf  das  verbreiterte  obere  Ende  der  Bohr- 
stange, den  sog.  Amboß,  führt.  Ist  der  Bohrer  bis  zu  einem  Drittel  seiner 
Länge  eingetrieben,  so  wird  er  einmal  langsam  herumgedreht,  wobei  sich 
der  Löffel  mit  der  Erde  füllt.  Hierauf  hebt  man  vorsichtig  an  unter  Ver- 
meidung von  Stößen,  ohne  zu  drehen  und  zieht  den  Bohrer  zuletzt  ein 
wenig  nach  sich  zu,  also  ganz  schwach  geneigt,  so  heraus,  daß  der  Löffel 


^)  E.  Heine,  Die  praktische  Bodeuuntersuchung.  Verlag  von  Gebrüder  Bornträger, 
Berlin  1911. 


Methoden  zur  bioclieniischeii  Untersuclmiit:  des  Bodeus,  845 

sich  außen  befindet  und  die  Probe  nicht  verschüttet  wird :  zu  dem  Zwecke 
muß  diese  Seite  am  Amboß  markiert  sein.  Der  Iidialt  {\v^  Löffels  läßt  das 
Profil  deutlich  erkennen:  der  Piefund  wird  notiert,  der  Löffel  mit  Flilfe 
eines  Holzstrd)chens  völlig-  entleert,  der  Bohrer  zum  zweitenmal  in  die  jetzt 
schon  vorhandene  Bohrröhre  einiicfidirt  und  duirh  Hammerschläge  um  ein 
weiteres  Drittel  vorgetrieben.  Da  man  beim  dritten  Male  schon  1  m  Tiefe 
erreicht,  so  wird  imnmehr  der  2  w-Bohrer  weiter  benutzt,  der  eine  etwas 
geringere  Stärke  haben  soll,  um  den  Ueibungswiderstand  l)eim  Eiidühren 
und  Drehen  möglichst  zu  verringern.  Beim  Aufholen  des  längeren  und 
dabei  schwächeren  Bohrers  hüte  man  sich,  ihn  zu  verbiegen;  aus  dem 
gleichen  Grunde  sollte  er  stets  hängend  aufbewahrt  werden. 

I.  Bestininuing  des  hygroskopischen  und  mechanisch 

absorbierten  Wassers. 

20 — 25(/  Boden  werden  einem  guten  Durchschnittsmuster  entnommen 
und  in  einem  Kölbchen  mit  Glasstöpsel,  welches  sich  in  einem  Trocken- 
apparat befindet,  bei  110"  C  zum  konstanten  Gewicht  getrocknet. 

II.  Bestimmung  der  Wasserkapazität  des  Bodens. 

Unter  ..Wasserkapazität  eines  Bodens  versteht  man  diejenige  Wasser- 
menge, welche  ein  Boden  zurückzuhalten  vermag.  Dieselbe  wird  entweder 
in  Gewichtsprozenten  der  festen  Bodenteilchen  oder  in  Prozenten  des 
Bodenvolumens  festgestellt,  i) 

Josef  Kopeckf/-)  konstruierte  zur  Bestimmung  der  Wasserkapazität 
einen  einfachen  Apparat,  mittelst  dessen  es  in  erster  Reihe  niöghch  ist, 
aus  dem  Boden  eine  bestimmte  Menge  J)odenmasse  in  jener  Lagerung 
herauszuschneiden,  wie  sie  in  der  Natur  vorkommt. 

Dieser  Apparat  besteht  aus  einem  20cm  hohen  Stahlrohr,  welches 
unten  mit  einer  Schneide  versehen  ist.  die  durch  das  Zuschleifen  der 
äußeren  Rohrwandung  gebildet  wurde.  Der  lichte  Durchmesser  des  Rohres 
bei  seiner  Schneide  mißt  öO-nmm.  In  der  Höhe  von  etwa  'M)ihii/  von  unten 
gemessen  beträgt  der  Durchmesser  des  Stahlrohres  inwendig  ^)'2\)  nnn, 
um  in  das  Stahlrohr  kleine  Messingringe  ganz  leicht  einschit'bi-n  zu  können, 
deren  hchter  Durchmesser  ebenfalls  60bmm  beträgt. 

Zur  Bestimmung  der  Wasserkapazität  ist  der  Messingring  I'i  be- 
stimmt, der  sich  der  Schneide  des  Stahlrohres  am  nächsten  befindet. 
Seine  Dimensionierung,  wie  sie  in  Fig.  215  angegeben  ist.  ist  die  folgende: 
Höhe  ;')irO  mm,   Durchmesser  50'5  mm,  Inhalt  70()  r)ii^. 

Um  diesen  Messingring  in  fester  Lage  zu  erhalten,  sind  über  diesen, 
wie  aus  Fig.  215  ersichtlich,  noch  2  Zylinder  ebenfalls  ans  Messingblech  ein- 


*)  Eilh.  Alfred  Müscherlich,  Bodeukuiide  fiir  Limil-   und  l-orstwirte.    Vcrlajr  von 
Paul  Parey,  Berlin  1905.    E.  Hamann,  Bodenkunde.    Verlag  von  .Fuliiis  Sprinirer,   ÜMO. 
^)  .7o.se/  Kopccki/.  Die  physikalisclien  Kigenschat'teu  des  Bodens.  Irag  1U04. 


846 


Julius  Stoklasa. 


Fi  ff.  -215. 


geschoben,  der  eine  von  100  mm  Höhe  und  der  andere  analog  mit  dem 
unteren  3b'0mm  hoch.  Der  lOOnmi  hohe  Messingzyhnder 
wird  zur  Bestimmung  der  Durchlässigkeit  des  Bodens  ver- 
wendet. Ein  eiserner,  glockenförmiger  Aufsatz,  welcher 
auf  das  Stahlrohr  aufgesetzt  und  mit  ihm  durch  einen 
Stift  verbunden  wird,  dient  dazu,  den  ganzen  Apparat  mit 
dem  Gestänge  der  Handerdbohrer  verbinden  zu  können. 
Zu  diesem  Zwecke  ist  an  dem  Aufsatze  ein  Schrauben- 
gewinde eingeschnitten,  das  mit  dem  Gewinde  der  Bohr- 
stangen übereinstimmt :  außerdem  ist  unterhalb  des  Ge- 
windes ein  flacher  Ausschnitt  zum  Ansetzen  der  Schlüssel 
angebracht. 

Es  wurde  deshalb  ein  Durchmesser  von  bO'iSnim 
gewählt,  weil  bei  diesem  Durchmesser  die  Querschnitts- 
fläche fast  genau  20 cm^  beträgt.  Einen  kleineren  Durch- 
messer als  öOmni  kann  man  schon  aus  dem  Grunde  nicht 
wählen,  weil  bei  einem  schmäleren  Rohre,  wie  sich  Kopecki) 
durch  viele  Versuche  überzeugte,  beim  Eintreiben  in  den 
Boden  eine  so  bedeutende  Reibung  an  den  Innenwänden 
entsteht,  daß  der  in  das  Rohr  eindringende  Boden  zusammengepreßt  wird 
und  dadurch  seine  Struktur  sich  verändert. 

Der  Durchmesser  von  50  mm  bildet  die  untere  Grenze,  bei  welcher 
Dimensionierung  man  den  Einfluß  des  Zusammendrückens  des  Bodens  beim 
Einsenken  des  Rohres  in  den  Boden  vernachlässigen  kann.  Je  größer  der 
Durchmesser  des  Rohres  ist,  um  so  kleiner  ist  die  Deformation  in  der 
Boden  struktur. 

Der  Durchmesser  von  50'5mm  wurde  auch  aus  dem  Grunde  gewählt, 
weil  sich  Rohre  (Hohlbohrer)  in  dieser  Dimensionierung  bei  der  praktischen 
Verwendung  zur  pedologischen  Untersuchung  ausgedehnter  Gebiete  in  der 
Natur  sehr  gut  bewährt  haben. 

Für  das  Stahlrohr  wurde  eine  Gesammthöhe  von  200  wm  deshalb 
angenommen,  um  denselben  Apparat  zum  Herausschneiden  eines  Boden- 
körpers zum  Zwecke  der  Bestimmung  einer  relativen  Durchlässigkeit  ver- 
wenden zu  können. 

Für  manche  Untersuchungen,  namentUch  der  oberen  Bodenschichten, 
verwendete  Kopecky  in  neuester  Zeit  zum  Herausschneiden  einer  bestimmten 
Bodenprobe  ein  Stahlrohr  (Hohlbohrer)  von  größerem  Durchmesser,  und 
zwar  von  80  mw. 

Die  Messingringe,  welche  eingeschoben  werden,  hatten  folgende  Di- 
mensionen : 

Durchmesser  '^Omm,  Höhe  AOmm,  Iidialt  200  cm 3. 

Kopecky  konnte   also   durch    diese  Anordnung   eine  Bodenprobe  von 

200 cm 3  Inhalt  erhalten.  Die  Gesamtkonstruktion  ist  mit  jener  von  50"5  mm 

Durchmesser  übereinstimmend  bis  auf  den  Unterschied,   daß  dieser  große 

Hohlbohrer  keine  Vorrichtung  zum  Anschlüsse  an  ein  Bohrgestänge  besitzt. 


Methoden  zur  biocbemischen  Untersuchung  des  Bodens.  )^47 

Die  Ainveiuluiig  der  bescliriebeiK'U  Apparate  ist  eine  sehr  einfache. 
Will  man  z.  B.  aus  der  Aclcerlvninie  eine  Probe  zur  Bestininiuii).'-  der 
AVasserkapazität  herausschneiden,  so  ist  es  nicht  nötig-,  den  StahlzyHii(h'r 
mit  (h'ui  Ansatz  und  der  Spindel  des  Bohrers  zu  verbinden.  son(h'rn  man 
steckt  den  Stahlzylinder  mit  den  darin  eingeschobenen  Messingringen  in 
den  Boden  derart  ein.  daß  beim  Eintreiben  die  vertikale  Richtung  einge- 
halten bleibt.  Durch  die  untere  Schnei(h'  wird  der  Bo(U'nzyhn(h'r  herausge- 
schnitten, welcher  infolge  des  ganz  gleichen  inneren  Durchmessers  ik'^  In- 
strumentes ohne  Hindernis  ins  Innere  des  Hohlbohrers  eindringt,  bis  dieser 
fast  vollständig  mit  Boden  ausgefüllt  ist.  Hierauf  rüttelt  man  am  Apparate, 
lockert  ihn  im  Boden  und  zieht  ihn  heraus.  Durch  Eindrücken  eines 
hölzernen  Kolbens  von  ca.  4:bmm  Durchmesser  von  der  Schneide  aus. 
schiebt  man  die  ■Nlessingringe  samt  ihrem  Inhalte  heraus.  Bei  etwas  Vor- 
sicht kaim  man  mittelst  eines  gespannten  Drahtes  oder  mit  einem  scharfen 
Messer  den  Inhalt  des  Ringes  Vy  leicht  von  der  übrigen  Bodenmasse. 
die  in  den  anderen  Messingringen  enthalten  ist,  abtrennen,  so  daß  das 
Volumen  des  Bodenmateriales  im  Ringe  F,  fast  genau  10 cm^  bzw.  beim 
zweiten  Ring  200 cm^  beträgt. 

Zum  Schutze  dieser  Probe  im  Messingringe  bringt  man  an  beiden 
Enden  Siebe  aus  einem  Meßiiigdraht  an.  die  auf  den  Ring  mittelst  Kaut- 
schukschleifen befestigt  werden. 

Wenn  dieser  Vorgang  bei  gehöriger  ^'orsicht  durchgeführt   wird,  läßt 
sich  annehmen,  daß  man  im  Messingringe   Fj   lOan^  Boden  in  jener  La- 
gerung und  Bodenstruktur  hat,  wie  sie  sich  in  einer  Tiefe 
von  z.  B.  15  cm  an  der  Versuchsstelle  vorfindet.  rig.2i6. 

Ebenso  ist  es  leicht  tunlich,  eine  Probe  von  10 cm^ 
Inhalt  aus  einer  größeren  Tiefe  herauszuheben. 

Zu  diesem  Zwecke  wird  mit  einem  Rohrer  zuerst 
ein  Bohrloch  hergestellt.  Kojieck//  konstruierte  dazu  einen 
Bohrer  ohne  Spitze,  der  eigentlich  nichts  anderes  vorstellt 
als  eine  auf  eine  Achse  aufgewickelte  Schraubenfläche  von 
80  mm  Durchmesser.  An  seinem  unteren  p]nde  trägt  der- 
selbe in  der  ganzen  Breite  der  Fläche  eine  Schneide  S, 
wogegen  oben   an   der  xVchse   löffeiförmige  Messer  ange-  ^ 

bracht  sind  (siehe  Fig.  216). 

Nachdem  man  nun  mit  diesem  Bohrer  in  die  Erde  ein  Loch  gebohrt 
hat,  kann  man  den  erwähnten  röhrenförmigen  Apparat  leicht  in  dieses  ein- 
senken, indem  man  früher  das  Stahlrohr  mit  HiltV  des  glockenförmigen 
Ansatzes  auf  die  Spindel  befestigt  hat. 

Drückt  man  genügend  auf  den  Hebel  des  Bohrers  oder  schlägt  man 
mit  einem  hölzernen  Hammer  von  oben  darauf,  so  kann  in  der  Tiefe  des 
vorgebohrten  Loches  der  Hohlbohrer  derart  in  die  Erde  eingetrieben 
werden,  daß  er  sich  mit  dem  Boden  in  jener  Lagerung  füllt,  wie  sie  in 
dieser  Tiefe  vorkommt.  Nach  ei-folgtem  Herausheben  kann  wieder  der  In- 
halt von  70  cm^  von  der  übrigen  Masse   des   ausgehobenen  Bodens    abge- 


348  Julius  Stoklasa. 

trennt  werden.  In  dem  Falle,  wo  die  Bodenart  sehr  hart  oder  festgelagert 
ist,  kann  das  Herausschneiden  des  Bodens  durch  Eingießen  von  Wasser 
erleichtert  werden. 

Diese  so  erhaltene  Bodenprobe  von  70  cm^  Inhalt  in  Form  einer 
Säule  von  35'0  mm  Höhe  läßt  man  gehörig  mit  \Yasser  ansaugen,  und 
zwar  auf  die  Art,  daß  der  Messingring  nach  Entfernung  der  Kautschuk- 
schleifen in  eine  Schale  mit  Wasser  gesteht  wird.  Zur  gründlicheren  Durch- 
tränkung läßt  man  auch  von  oben  auf  den  im  Messingringe  enthaltenen 
Boden  Wasser  herabtropfen. 

Nach  erfolgter  Durchtränkung  entsteht  nun  die  Aufgabe,  in  kurzer 
Zeit  diese  Bodenprobe  vom  überschüssigen  Wasser  zu  l)efreien,  damit  darin 
nur  jenes  Wasser  verbleibt,  welches  der  Boden  vermöge  seiner  physikah- 
schen  Eigenschaft,  die  man  Wasserkapazität  nennt,  ohne  jedwede  äußere 
Einwirkung  durch  eine  längere  Zeit  hindurch  in  sich  zurückzuhalten  ver- 
mag, etwa  in  dem  Maße,  wie  es  bei  seiner  natürlichen  Lagerung  auf  dem 
Acker  der  FaU  ist,  wo  die  betreffende  Bodenmenge  einen  Teil  einer 
größeren  Bodensäule  bildet. 

Behufs  leichterer  VerständUchkeit  sei  hier  folgendes  Beispiel  an- 
geführt : 

Nach  einem  ausgiebigen  Niederschlag  wird  die  obere  Schichte  des 
Bodens  duichnäßt,  das  heißt,  aUe  Bodenzwischenräume  füllen  sich  mit 
Wasser,  das  überschüssige  Wasser  wird  aber  sofort  von  den  unteren  und 
relativ  trockeneren  Schichten  aufgenommen.  Nach  dem  Regen  geben  die 
oberen  durchnäßten  Schichten  das  ganze  überschüssige  Wasser  an  die 
unteren  Schichten  ab  und  l)ehalten  nur  jene  Wassermenge,  die  man  als 
„absolute"  Wasserkapazität  bezeichnet. 

Zur  Nachahmung  dieser  Beispiele,  wobei  in  der  Natur  in  den  oberen 
Schichten  des  Bodens  wirkhch  die  ,, absolute-'  Wasserkapazität  eintritt, 
braucht  man  bloß  die  Bodensäule  im  Messingring  T\  von  der  Höhe  35'4w?m, 
nachdem  sie  künstlich  mit  Wasser  gesättigt  wurde,  ebenfalls  auf  eine 
Bodenschichte  aufzustellen,  aus  der  sie  entnommen  wurde  und  abzuwarten, 
bis  sie  das  gesamte  überschüssige  Wasser  an  die  unteren  Schichten  ab- 
gegeben hat.  In  der  Natur  dauert  dieses  Abgeben  des  überschüssigen 
Wassers  an  die  unteren  Schichten  verschieden  lange,  je  nach  der  Art  des 
mechanischen  Baues  des  Bodens,  seiner  Lagerung  usw.  Es  wäre  jedoch 
schwierig,  jenen  Augenblick  festzustellen,  wann  im  Boden  eine  Wassermenge 
vorhanden  ist,  die  der  „ absoluten-'  Wasserkapazität  entspricht:  es  ist  daher 
zum  Zwecke  der  versuchsweisen  Bestimmung  der  „absoluten"  Wasser- 
kapazität nötig,  die  Probe  rasch  und  merklich  von  dem  überschüssigen 
Wasser  za  befreien.  Dies  erreicht  man  bei  den  Bestimmungsproben  durch 
die  Beachtung  des  folgenden  Vorganges : 

Aus  dem  Territorium,  in  welchem  Kopcck/)  arbeitete,  entnahm  er  aus 
einer  Tiefe  von  etwa  oO  cm  eine  größere  Menge  Boden,  ließ  ihn  an  der  Luft 
trocknen  und  pulverisierte  ihn  sodann.  Hierauf  schüttete  er  dieses  Boden- 
material in  eine  größere  Dose  von  8 — 10  cm  Höhe,  klopfte  den  Inhalt 
zusammen  und  ebnete  seine  Oberfläche. 


Methoden  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  849 

Nun  stoUto  Kopcckf/  den  mit  Wasser  durchtränkten  Ilodenkörper, 
dessen  Wasserkapazität  er  bestimmen  sollte,  mit  dem  Messiuiirinji'  F^ 
auf  das  pulverisierte  Erdmaterial  in  die  Dose  unter  Itclassuiiij  des 
Messinj^siebes  auf  dem  untei-en  Kudc  des  liinj^cs.  l'm  aucli  dcu 
Einflul»  des  Verdunstens  mö.yliehst  zu  beseitigen,  wird  emploldcii.  die 
Kestimnmiiii  in  einem  etwas  kühleren  Lokale  vorzunehmen,  fberdies 
bedeckte  Kopecky  die  Dose  mit  einer  schweren  (dasiilocke:  (huhii-ch  wii'd 
die  Probe  au.sreichend  vor  Verdunstung  geschützt.  Den  Messingring  mit 
der  Probe  läl.U  man  eine  längere  Zeit  hindurch  auf  dem  pulverisierten 
Boden  in  der  Dose  stehen,  ^vorauf  man  ihn  auf  eine  tiockene  Stelle  daselbst 
übersetzt.  Durch  wiederholtes  Überstellen  auf  stets  trockene  Stellen  übei-- 
zeugte  sich  Kopecki/  nach  dem  Durchfeuchten  der  L'ntei'lage.  ob  noch 
Wasser  aus  der  Bodenprobe  entweicht.  Xach(k'ni  er  auf  (Jrund  einer  kaum 
merkhchen  Durchfeuchtung  erkannte,  dali  fast  gar  kein  Wasser  mein-  an 
die  untergelegte  Schichte  abgegeben  wird  und  nachdem  er  sich  auch  (hncli 
gleichzeitiges  Abwiegen  überzeugt  hatte,  dal.i  auch  das  (iewicht  fast  konstant 
bleibt,  so  konnte  er  annehmen,  daß  in  dem  Versuchszylinder  nur  jene 
Wassermenge  zurückgeblieben  ist,  welche  diese  Bodenart  durch  eine  längere 
Zeit  hindurch  in  sich  zurückzuhalten  verinag.^)  Hiei'auf  wird  dieselbe  genau 
abgewogen.  Subtrahiert  man  von  diesem  (iewicht  das  (Jewicht  des  den 
Boden  umfassenden  Messingringes,  so  erhält  man  das  reine  (Jewicht  des 
nassen  Bodens  von  70  cm^  Inhalt. 

Diese  Probe  wird  hierauf  bei  100"  C  getrocknet  und  abgewogen.  Wird 
nun  dieses  Gewicht  von  jenem  im  nassen  Zustande  abgezogen,  so  erhält 
man  jene  Wassermenge,  welche  in  der  Probe  enthalten  war.  (Jesetzt  den 
Fall,  daß  diese  Differenz  z.  B.  •27'T7  (/  ausmacht,  so  kann  man  sagen, 
daß   in    70  cm^   der   betreffenden   Bodenart    27'77   cm^  Wasser    eiitlialten 

■    1                          1      .     •       w         1         •.-.           27-70  X  100         ^,^^.    . 
smd,  was  umgerechnet  eme  v\ asserkapazitat  von =- =  3*.lb7o 

dem  ^■olumen  nach  vorstellt. 


■)  Nach  den  Mitteilungen  des  Prof.  Dr.  Kopecki/  hat  dersell)C  seine  Methode  in 
folgender  Art  etwas  abgeändert.  Aus  dem  untersuchten  Territorium  nimmt  man  in  den 
vorerwähnten  Messingzylinder  statt  einer  Probe  von  70  cm\  zwei  gleiche  Muster  desselben 
Volums.  Beide  Bodenproben  werden  unter  Belassung  des  unteren  Siebes  in  einer  Schale 
mit  Wasser  vollständig  durchtränkt.  Nach  völliger  Durchnässung  wird  der  eine  Messingring 
auf  ein  Filtrierpapier  gelegt  und  auf  diesem  der  2.  Ring,  in  dem  die  Wasserkapazität 
zu  liestimnien  ist,  bei  Belassung  des  unteren  Siebes,  gestellt.  Der  untere  Messingring 
mit  dem  in  demselben  enthaltenen  Boden  dient  dazu,  das  Wasser,  welches  der  obere 
Messingring  vermöge  seiner  Wasserkapazität  nicht  mehr  halten  kann,  abzusaugen  und 
abzuleiten.  Das  Sieb  wird  bei  dem  oberen  King  nur  deshalb  lu-lassen.  damit  tue  durch- 
weichten Bodenproben  nicht  zusammenkleben.  Nachdem  das  überschüssige  Wasser  schon 
abgeführt  ist  und  die  Oberflächen  gehörig  konsistent  geworden  sind,  wird  das  Sieb  ent- 
fernt und  die  Oberflächen  beider  Bodenproben  kommen  miteinaiuler  in  unmittelbare 
Berührung.  Das  Absaugen  des  ^^'assers  gescbieht  hier  genau  so  wie  in  der  Natur,  inib'm 
die  obere  Schichte  des  natürlich  gelagerten  Bodens  das  üborschüssii^e  Wasser  der  unteren 
Schichte  abgibt.  Die  ganze  Manipulation  erfolgt  in  der  Weise,  iiulem  das  Sieb  an  dem 
oberen  Ring  nach  2  Stuiulon  entfernt  wird  uiul  beide  Ringe  aufeinainlcr  noch  22  Stunden, 
also  im  ganzen  24  Stunden  belassen  werden.  Sodann  wird  der  obere  King  gewogen  und 
weiter  verfahren  wie  l)ereits  geschildert  wurde. 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  •  54 


850  Julius  Stoklasa. 

Weil  nun  sowohl  bei  der  hyiiienischen  als  auch  bei  der  agTonomischen 
Forschunii'  der  luhaltsbegiiff  bezüglich  einer  im  Boden  enthaltenen  Wasser- 
menge nach  einer  \'oluniseiiüieit  geläufiger  ist  und  aus  dem  weiteren  Grunde, 
daß  bei  den  verschiedenen  spezifischen  Gewichten  der  Bodenarten  auch 
verschiedene  Resultate  bei  der  Bestimmung  der  Wasserkapazität  dem  Ge- 
wichte nach  resultieren,  so  bildet  die  Wasserkapazität  dem  Volumen  nach, 
wie  oben  erwähnt,  den  am  meisten  berechtigten  Zahlenausdruck  für  die 
im  Boden  enthaltene  Wassermenge. 

In  der  Praxis  kann  zwar  auch  ein  anderer  Fall  eintreten,  wenn  es 
sich  z.  B.  um  die  Bestimmung  der  physikaüschen  Eigenschaften  der  Böden 
in  Eutschgebieten  handelt.  Die  Ursache  der  Bodeid^ewegung-  bildet  oft  der 
Umstand,  daß  die  obere  Erdschichte  infolge  einer  größeren  Wasserkapa- 
zität so  beschwert  wird,  daß  sie  sich  bei  einem  gegebenen  Neigungswinkel 
und  bei  der  Glätte  des  Bodens  in  ihrer  Lage  nicht  erhalten  kann  und 
nach  abwärts  rutscht.  Hier  kommt  also  die  Vergrößerung  des  Bodenge- 
wichtes infolge  der  Wasserkapazität  zur  (xeltung. 

Nach  Kopech'/s  Ansicht  wäre  es  günstiger,  einmal  die  Größe  der 
Wasserkapazität  dem  Volumen  nach,  ein  anderes  Mal  dem  Gewichte  nach 
festzustellen.  Daraus  folgt  die  Notwendigkeit,  dahin  zu  arbeiten,  daß  die 
Größe  der  Wasserkapazität  nicht  jedesmal  nur  dem  Volumen,  sondern 
auch  dem  Gewichte  nach  bestimmt  und  angegeben  werde. 

Bei  Benutzung  des  beschriebenen  Apparates  ist  die  Bestimmung  der 
Wasserkapazität  dem  Gewichte  nach  aus  den  bereits  ermittelten  Angaben 
eine  leichte  Aufgabe.  Aus  dem  Ge^^ichte  der  in  70  «w^  Boden  enthaltenen 
Wassermenge  und  aus  dem  Gesamtgewichte  der  Bodenprobe  kann  man 
durch  einen  einfachen  rechnerischen  Vorgang  die  verlangte  Grölie  bestimmen. 

Wenn  man  das  Gewicht  des  Wassers,  in  dem  hier  angeführten  Bei- 
spiele ^l'll  g,  durch  das  Gewicht  des  bei  100"  C  ausgetrockneten  Bodens, 
z.  B.  92'48r7,  dividiert  und  den  Quotienten  mit  100  multipliziert,  so  erhält 
man  den  Prozentsatz  für  die  AVasserkapazität  dem  Gewichte  nach.  In 
diesem  Beispiele  hier  beträgt  also  die  Wasserkapazität 

39"6Vo  f^^ni  Volumen  nach  und 
oO"0%  dem  Gewichte  nach. 

Falls  man  an  einer  bestimmten  Stelle  auf  dem  Acker-,  Garten-, 
Wald-  oder  Wiesenboden  für  einen  besonderen  Fall  die  Wasserkapazität 
bestimmen  will,  z.  B.  behufs  Feststellung  der  zur  Bewässerung  einer  be- 
stimmten Parzelle  nötigen  Wassermenge  (Flußwasser  oder  Abfallwässer), 
so  ist  es  unbedingt  unerläßhch,  hierorts  einen  „Versuch"  auszuführen. 

Zu  seiner  Durchführung  verwendet  man  Stahlrohre  von  50  cm  Länge 
und  10  cm  Durchmesser.  Das  Rohr  ist  an  seinem  unteren  Ende  mit  einer 
Schneide  versehen  und  am  oberen  Ende  mittelst  eines  stärkeren  Ringes 
gehörig  verstärkt.  Dieses  Rohr  schlägt  man  mit  einem  hölzernen  Hammer 
vorsichtig  in  eine  Tiefe  von  ca.  40  c?»  ein.  In  den  herausragenden  Teil 
des  Rohres  gießt  man  Wasser  ein  und  sorgt  zwei  Tage  hindurch  für  stetes 
Zugiel)en.  Hierauf  läßt  man  das  gesamte  Wasser  einsickern.  Nach  24  Stunden 
vom  Augenbhcke  an,  wo  das  Wasser  in  den  Boden  eingesickert  ist,  treibt 


fl 


Methoden  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  Ji^öl 

mau  den  oben  beschriebeuoii  Apparat  zur  IJestiiumuuu  ilci'  Wassorkapazität 
in  (Icu  Üodoukörper  ein,  der  sich  im  erwähuteu  Kolire  vorfindet.  Mittelst  der 
bereits  liier  beschriebeueu  Methode  kaini  mau  eiue  Probe  von  lOcttt^  Iidialt 
herausnehmen .  welche  der  Wassei'kapazität  iiemiU»  mit  AVasser  •i-esiittitrt  ist. 
Wenn  mau  das  (iewicht  dieser  Probe  im  nassen  Zustande,  d.  h.  in 
jenem  Stadium,  wie  sie  aus  dem  Stahlrohr  beiordert  winde  und  dann  auch 
nach  dem  Austrocknen  bei  100'' C  bestimmt,  so  erhält  man  in  der  Diffe- 
renz dieser  Gewichte  jene  Wassermenoe.  welche  in  den  10 cm^  des  geprüften 
Bodens  enthalten  wai'.  Durch  weitere  Umrechnuuf^-  kannj.  wie  bereits  an- 
geführt wurde,  die  Wasserkapazität  dieser  P)Odenai't  nicht  nur  dem  Vohimen, 
sondern  auch  dem  Gewichte  nach  in  Prozenten  anjuegebcn  werden. - 

III.  Bestimmung  des  Wasserdampfes  in  derBodenluftj    ~ 

Die  Wasserbestimmung  in  der  Bodenlutt  kann  mit  groUer  Schärfe 
dadurch  ausgeführt  wei'den.  daß  mau  gemessene  oder  gewogene  A'olumen 
von  Bodeuluft  durch  mit  Chlorkalziuni  und  Phosi)liorsäureauhy(lrid  gefüllte 
Röhren  leitet  und  deren  Gewichtszunahme  bestimmt. 

Ein  sehr  praktisch  und  exakt  arbeitender  Apparat,  welcher  die  Feuch- 
tigkeit und  den  Kolilensäuregehalt  der  Luft  direkt  volumetrisch  genau  zu 
bestimmen  vermag,  wurde  von  Pettersson^)  konstruiert. 

Zum  x\ussaugen  und  Aufbewahren  größerer  Volumen  dei-  P>odenluft 
bedient  man  sich  zweckmäßig  eines  Aspirators  aus  Zinkblech,  wie  derselbe 
zu  gasanalytischen  Arbeiten  verwendet  wii-d. 

IV.  Bestimmung  des  Sauerstoffes  in  der  Bodenluft. 

Der  Bedarf  an  Sauerstoff  der  Organismen  im]  Bodenj  hängt  von 
der  Größe  der  anwesenden  Alenge  obhgater  Aerobiouten  oder  obligater 
Anaerobionten  oder  fakultativer  Aerobiouten  oder  fakultativer  Anaerobionten 
ab.  Bei  den  lebenden  Organismen  im  Boden  existiert  ein  Optimum.  Maxi- 
mum und  Minimum  der .  Sauerstoffspannuug.  d.  li..  daß  sie  unter  einem 
bestimmten  Sauerstoffpartialdruck  am  besten  gedeihen"  und  ^('rschiedene 
Empfindlichkeit  gegen  Variationen  desselben  besitzen. 

In  einer  durchschnitthchen  Gasprobe  bestimmt  man  den  Sauerstoff 
nach  folgenden  Methoden  und  zwar: 

1.  mit  dem  Kupfereudiometer  von  Kreusler'-). 

2.  mit  dem  Apparat  von  0.  Lindemann  und 
B.  mit  dem  Apparat  von    Walter  Hempel. 

Diese  Methoden  werde  ich  hier  nicht  näher  beleuchten,  sondern  ver- 
'weise  l)loß  auf  die  diesbezüglichen  Publikationen  von  Walter  Hempel^)  und 
Clemens   Winlder.  *) 

1)  Fresenius,  Zeitschrift  f.  cinalyt.  Chemie.  25.  S.  467  bis  484 :  siehe  Walter 
Hempel,  Gasanalytische  Methoden.  Braun  schweif  1900. 

^)  t'. /Trci/.sZf/-,  Landwirtschaf  tliehe  Jahrbiiclicr.  1885.  S.  333;  W''tcrft>ma««s  Anualen 
der  Physik  und  Chemie.  N.  V.  6.  S.  537. 

*)   Walter  HempeJ,  Gasanalytischo  Methoden.  Braunschweig  1900. 

*)  Clemens  Winkler,  Lehrb.  d.  techn.  Gasanalyse.  Verlag  v.  Art.  Felix,  Leipzig  1901. 

54* 


g52  Jiüins  Stoklasa. 

V.  Bestimmung  der  Luftkapazität  des  Bodens. 

Unter  der  Luftkapazität  des  Bodens  versteht  man  jene  Größe, 
welche  das  Volumen  jener  Poren  des  Bodens  angibt,  das  nach 
der  Sättigung  des  Bodens  mit  Wasser  bis  auf  die  Höhe  der  ab- 
soluten Wasserkapazität  noch  immer  mit  Luft  ausgefüllt  ver- 
bleibt. Mathematisch  ausgedrückt  ist  dies  die  Differenz  zwischen 
dem  Gesamtinhalte  der  Bodenzwischenräume  (Poren)  und  dem 
Werte  der  absoluten  Wasserkapazität  dem  Volumen  nach. 

Diese  Differenz  bedeutet  also  jene  ..minimale"  Menge  Luft,  die 
dauernd  oder  ,.absolut",  d.  h.  auch  bei  der  Sättigung  des  Bodens  mit 
Wasser  in  demselben  erhalten  bleibt. 

Schwere,  festgelagerte  Böden,  namentlich  Städteböden,  die  mehr  zur 
Fäulnis  als  zur  Oxydation  disponiert  sind,  haben  in  der  Regel  eine  geringe 
Luftkapazität:  leichte,  lockere  Bodenarten  weisen  einen  relativ  höheren 
Prozentsatz  von  derselben  auf. 

Nach  der  Größe  der  Luftkapazität  kann  man  sich  über  den  ({ehalt 
des  Bodens  an  Sauerstoff  leicht  ein  Urteil  bilden. 

In  Böden,  welche  eine  kleine  Luftkapazität  besitzen,  herrscht  ein 
Mangel  an  Sauerstoff,  wodurch  die  normalen  Dissimilationsprozesse  der 
aeroben  Mikroorganismen  und  des  Wurzelsystems  der  Pflanzen  ungemein 
beeinträchtigt  werden.  Es  treten  da  gewöhnlich  Fäulnisprozesse  ein. 

Um  ein  deuthcheres  Bild  über  die  Größe  der  Luftkapazität  zu  erhalten, 
ist  es  zunächst  nötig,  die  Bestimmung  des  Porenvolumens  oder  der  Poro- 
sität des  Bodens  nach  Koj^eck//'^)  näher  zu  erläutern. 

Die  Bestimmung  der  Größe  der  Porosität  ist  verhältnismäßig  einfach; 
sie  ist  nur  ein  rechnerisches  Resultat  aus  den  Werten  des  scheinbaren 
und  des  wirklichen  spezifischen  Gewichtes. 

Wenn  z.  B.  1  cni^  Boden  keine  Poren  enthalten  würde,  so  müßte  sein 
Ge'SNicht  so  groß  sein,  als  das  wirküche  spezifische  Gewicht  ausmacht.  Li 
dem  tieferstehend  angeführten  Beispiel  also  2'48(7. 

Li  Wirklichkeit  aber  wiegt  1  cm^  Boden  in  jener  Struktur,  in  derer 
sich  in  der  Natur  vorfindet,  natürlich  nach  der  Entfernung  des  Wassers, 
also  nach  Austrocknung  bei  100"  C  bloß  l-28ö^,  d.  h.  so  viel,  als  das  schein- 
bare spezifische  Gewicht  angibt. 

Daraus  folgt,  daß  dei-  Inhalt  der  Poren  im  Boden  durch  die  Differenz 
zwischen  der  Größe  des  wirklichen  und  des  scheinl)aren  spezifischen  Ge- 
wichtes angegeben  erscheint,  weim  diese  Gewichtsdifferenz  durch  A'ergleich 
mit  gleichem  Volumen  der  nichtporösen  Bodenart  auf  eine  ^^olumseiuheit 
überfühi't  Avird;  zur  besseren  ziff ermäßigen  Darstellung  wird  das  Resultat 
in  einen  Prozentsatz  umgerechnet. 


*)  Josef  Kopeckijf  Die  physikalischen  Eigenschaften  des  Bodens.  Prag  1904. 


Methoden  zur  liiochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  g53 

Beispiel: 

Wirkliches  spezifisches  Gewicht 2'480 

Scheinbares  spezifisches  Gewicht 1-285 

Unterschied l\'X) 

1-195:  2-48  =  0-4818 

0-4818  X  100  =  48-18«/o- 

Nachdem  das  scheinbare  spezifische  Gewicht  (1-285)  mit  Rücksicht 
auf  die  Bodeiüagerung'.  wie  sie  in  der  Natur  vorkommt,  bestimmt  wurde, 
so  gibt  uns  die  oben  angeführte  Grölic  von  48-18"/o  <-las  Vnjumcii  (Ici-P.odon- 
zwischeuräume  (Porosität)  in  natürlicher  Lagerung  an. 

x\us  dem  Angeführten  ist  ersichtlich,  daß  die  Bestimmung  der  spe- 
zifischen Ge\nchte  unbedingt  nötig  ist;  außerdem  A\ird  dadurch  von  neuem 
bestätigt,  dal)  die  einzig  richtige  Bestimmungsmethode  des  scheinbaren 
spezifischen  (lewichtes  diejenige  ist,  bei  welcher  zu  jenem  Bodenzustand 
gegriffen  wird,  wie  wir  ihn  in  der  Natur  vorfinden. 

Man  kann  also  behaupten,  daß  der  angeführte  Api)arat.  mit  welchem 
man  70  cm^  oder  200  cm^  Boden  aus  den  verschiedenartigen  Schichten 
eines  Acker-,  Wiesen-.  Garten-  und  Waldbodens  herausschneiden  kann, 
ohne  dabei  die  Bodenstruktur  wesentlich  zu  verändern,  indirekt  sich  auch 
zur  Bestimmung  der  Bodenporosität  eignet  und  mit  Vorteil  verwendet 
werden  kann. 

Die  Luftkapazität  des  Bodens  wird,  wie  folgende  Beispiele  demon- 
strieren, in  nachstehender  Weise  berechnet: 

L  Beispiel. 

Wasserkapazität  dem  Volumen  nach     .     .  47-60"/o 

Wasserkapazität  dem  Gewichte  nach  .     .  iiT-OO^/o 

Scheinbares  spezifisches  Gewicht      .     .     .  1-34% 

Wirkliches  spezifisches  Gewicht  ....  2-58Vo 

Porenvolumen 48-00«/o 

Porenvolumen 48-00% 

Wasserkapazität  dem  Volumen  nach    .     .     4"-tK)''/n 

Differenz 0-40« « 

Es  wurde  daher  eine  Luftkapazität  von  0-4%  gefunden. 

IL  Beispiel. 

Wasserkapazität  dem  Volumen  nach    .     .  34"60% 

Wasserkapazität  dem  Gewichte  nach   .     .  25-00'"o 

Scheinbares  spezifisches  Gewicht      .     .     .  l'''^4''y„ 

Wirkliches  spezifisches  (Jewicht  ....  2-65% 

Porenvolumen .     .     .  49-öOVo 

Porenvolumeu 49-50% 

Wasserkapazität  dem   Volumen  nach    .     .     :-U-60"-n 

Differenz UitO'Vo 


g54  Julius  Stoklasa. 

Die  hier  gefundene  Liiftkapazität  belief  sich  demnach  auf  14'90<'/o. 
Auf  die  Bedeutung  der  Luftkapazität  für  die  biologischen  Prozesse  im  Boden 
ist  im  folgenden  Kapitel  hingewiesen. 

VI.  Versuch  behufs  Eruierung,  ob  die  organischen  Substanzen 
im  Boden  den  Heterotrophen  als  eine  gute  Kohlenstoffnähr- 
quelle dienen. 

Die  organischen  Substanzen  im  Boden  bilden  ein  (iemenge  abgestor- 
bener und  zersetzter  organischer  Stoffe  pflanzlichen  und  tierischen  Ur- 
sprungs. Dieses  Gemenge  besitzt  eine  sehr  komplizierte  Zusammensetzung, 
welche  von  der  Tiefe  der  Zersetzung  organischer  Reste,  wie  Wurzelresten, 
Stoppehi,  abfallender  Zweige,  Blätter,  Nadeln,  Blüten,  Samenschalen,  ab- 
gestorbener niederer  Pflanzen  mid  Leiber  der  Tiere,  die  im  Boden  ihren 
Wohnsitz  hatten,  abhängt.  Bei  den  Ackerböden  kommen  hier  namenthch 
die  organischen  Teile  der  Düngemittel  in  Betracht.  Alle  diese  organischen 
Substanzen  befinden  sich  im  Acker-,  Wiesen-,  Wald-  und  Gartenboden  in 
ganz  verschiedenen  Stadien  der  Zersetzung. 

Der  Kohlenstoff  macht  den  größten  Teil  der  organischen  Substanzen 
der  Bodenorganismen  aus.  Nach  unseren  Untersuchungen  enthalten  die 
^likroorganismen  im  Boden  4-4 — öö^/o  Kohlenstoff,  welches  uns  zu  der 
Annahme  berechtigt,  dat)  der  Kohlenstoffbedarf  am  größten  ist.  Wir  unter- 
scheiden im  Boden  zweierlei  Arten  von  Organismen,  und  zwar  die  autotrophen 
und  heterotrophen  (Organismen.  Die  autotrophen  Organismen  assimilieren  fast 
ihren  gesamten  Nährstoffbedarf  aus  den  anorganischen  Bestandteilen  des 
Bodens  und  sind  in  ihrer  Ernährung  von  anderen  Organismen  beinahe  ganz  un- 
abhängig.^) Es  findet  ja  im  Boden  selbst  ein  Kreislauf  des  Kohlenstoffes  statt, 
indem  die  Nitrobakterien  und  die  von  Zaserer  entdeckten  Wasserstoff  bakterien 
Kohlensäure  assimilieren.  Die  heterotrophen  Organismen  hingegen  können 
ohne  den  autotrophen  Organismen  im  Boden  nur  schwer  existieren. 

Im  Boden  kommen  nachstehende  Gruppen  von  Bakterien  vor: 

1.  Bakterien,  die  ebenso  wie  die  grünen  l^flanzen  weder  organischer 
KohlenstoffqueUen  noch  organischer  Stickstoffquellen  bedürfen.  Diese  soge- 
nannten autotrophen  Bakterien  können  sowohl  Kohlenhydrate  als  auch 
Proteinstoffe  aus  Kohlensäure  und  anorganischen  Salzen  aufbauen. 

2.  Bakterien,  die  organischer  Kohlenstoffquellen  l)edürfen,  die  aber 
organischer  StickstoffqueUen  entbehren  können.  Diese  Bakterien  vermögen 
Proteinstoffe  aus  Kohlenhydraten  (oder  organischen  Säuren),  aus  elemen- 
tarem Stickstoff,  Stickstoff monoxyd,  Stickstofftrioxyd.  Stickstoffpentoxyd 
und  Ammoniak  aufzubauen. 

o.  Bakterien,  die  ebenso  wie  die  Tiere  sowohl  organischer  Kohlen- 
stoffqueUen als  auch  organischer  Stickstoffquellen  bedürfen.  Diese  Bakterien 
können  aus  anorganischer  Substanz  weder  die  Kohlenhydrat-  noch  die  Ei- 
weißsvnthese  vornehmen. 


^)  Orla  Jensen,  Die  Hauptlinien   des  natürlichen  Bakteriensystems.    Zentralblatt 
für  Bakteriologie  etc.  II.  Abt.  Bd.  22.  Nr.  11/13.  1909. 


Methoden  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  855 

Durch  die  Bestiminung-  der  organischen  Substanzen  im  Hoden  auf 
chemischem  Wege  wird  bloß  die  ]\Ienge  des  Kohlenstoffes  festgesetzt;  aber 
zur  Eruierung  der  Qualität  der  K()hlenstoffnähi'(|ueUe,  ob  sich  dieselbe  für 
den  Aufbau  neuer  lebender  Zellen  und  für  ein  gutes  liespirationsmaterial 
für  die  heterotrophen  Organismen  eignet,  hat  uus  bis  jetzt  noch  die  richtige 
Methode  gefehlt.  Zur  Feststellung  der  Abbaufähigkeit  der  organi- 
schen Substanzen  empfiehlt  es  sich,  unsere  biochemische  Methode 
in  Anwendung  zu  bringen.  Bevor  ich  noch  zur  Beschreibung  unserer 
neuen  biochemischen  Methode  schreite,  erwähne  ich  einige  Methoden  zur 
Bestimmung  der  organischen  Substanzen  im  Boden. 

Nachdem  man  über  den  chemischen  Charakter  der  organischen  Sub- 
stanzen im  Boden  bisher  keine  genaue  Kenntnis  besitzt,  ist  es  am  besten, 
ihre  Menge  durch  den  gefundenen  Kohlenstoff  auszudrücken. 

Die  Bestimmung  des  Kohlenstoffes  erfolgt  entweder  durch  die  Ele- 
mentaranalyse oder  nach  der  Kiiopschen  Methode.  Diese  letztere  beruht 
darauf,  den  in  den  organischen  Substanzen  enthaltenen  Kohlenstoff  durch 
die  Oxydation  mit  Chromsäure  in  Kohlensäure  zu  verwandeln  und  letztere 
in  wägbaren  Absorptionsapparaten  aufzufangen. 

Durch  diese  beiden  Methoden  ist  es  uns  mögUch,  die  Menge  des 
Kohlenstoffes  in  der  Trockensubstanz  des  Bodens  exakt  zu  bestimmen. 

* 

Die  Bakterien  und  Schimmelpilze  finden  in  den  im  IJoden  vorhan- 
denen organischen  Sul)stanzen 

1.  ein  Material  zum  Aufbau  neuer  lebender  Materie  der  F)akterien- 
substanz  und 

2.  ein  Respirationsmaterial. 

Durch  den  Verlauf  der  Lebensprozesse  der  Bakterien  und  Schimmel- 
pilze werden  die  organischen  Substanzen,  und  zwar  die  Pentosen  il-Ara- 
binose,  1-Xylose),  Hexosen  (Glukose,  Galaktose,  Fruktose).  Disacchariden 
(Saccharose,  Maltose),  Polysacchariden  (Araban,  Xylan,  Stärke,  (ilykogen, 
Galaktane,  Pektinstoffe,  Zellulose),  Humusstoffe  und  in  neutraler  Form  vor- 
handene organische  Säuren  minerahsiert  und  in  die  Endprodukte:  Kohlen- 
dioxyd, Methan,  Wasserstoff  (eventueU  Wasser)  und  bei  den  stickstoff- 
haltigen Körpern  neben  Kohlendioxyd,  Methan  und  Wasserstoff  noch  in 
Ammoniak,  Merkaptane  und  Schwefelwasserstoff  umgewandelt. 

Bei  stark  beschränktem  Luftzutiitte  erfolgt  Fäulnis,  bei  welch  letzterer 
die  ^linerahsierung  der  organischen  Substanzen .  speziell  bei  Gegenwart 
stickstoffhaltiger  organischer  Verbindungen,  viel  langsamei-  vor  sich 
geht.  Xamenthch  bei  Übersättigung  des  Bodens  mit  organischen  Substanzen 
und  ungenüiiendem  Sauerstoffzutritt  kommen  die  anaerobiotischen  Prozesse 
zum  Vorschein.  Wii'  fanden,  dal)  in  allen  Böden,  in  denen  die  Luftkai)azität 
unter  270  sinkt,  die  anaerobiotischen  Atmungsprozesse  in  deu  Vorder- 
grund treten.  In  Städteböden,  welche  namentlich  mit  organischen  Sub- 
stanzen übersättigt  sind,    werden  die  aerobiotischen  Prozesse    der  Hetei'o- 


356  Julius  Stoklasa. 

tropheii  nnterdrückt.  In  solchen  Fällen  ist  die  Bodenatmosphäre  ver- 
hältnisniäl.Ug'  reich  an  Kohlensäure  und  Schwefelwasserstoff  und  infolge- 
dessen geht  die  Zersetzung  der  organischen  Substanzen  langsam  vor 
sich.  Wenn  eine  größere  Menge,  und  zwar  15 — 30  Vol.  "/oo  Kohlen- 
säure in  der  Bodenluft  vorhanden  sind,  so  ist  das  aber  noch  kein  Be- 
weis ,  daß  eine  große  Oxydation  der  organischen  Substanzen  durch  die 
Heterotrophen  stattgefunden  hat,  im  Gegenteil  in  einer  solchen  Atmosphäre 
geht  die  Oxydation  der  organischen  Substanzen  sehr  langsam  vor  sich. 
Wir  müssen  immer  darauf  achten,  wieviel  von  den  Mikroorganis- 
men in  1  kg  Boden  bei  Sauerstoffzutritt  und  Sauerstoffabschluß 
innerhalb  einer  bestimmten  Zeit,  Temperatur  und  Feuchtigkeits- 
gehalt, Kohlendioxyd  gebildet  wird.  Die  ^lenge  des  sich  im  Acker-, 
Wiesen-,  (larten-  und  W^aldboden  bildenden  Kohlendioxyds  variiert  un- 
gemein und  hängt  von  der  Quantität  der  leicht  abbaufähigen  Kohlen- 
hydrate, der  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen,  von  der  Art  und 
Aktivität  der  Mikroorganismen  (Auto-  und  Heterotrophen),  von  dem  sauren, 
neutralen  sowie  alkalischen  Charakter  des  Bodens  und  von  der  Luftkapazität 
des  Bodens  ab. 

Ein  Indikator  der  Atmungsintensität i)  der  in  verschieden- 
artigen Böden  vorhandenen  Mikroorganismen  (Auto-  und  Hetero- 
trophen) bei  vollem  Luftzutritt  ist  also  die  von  denselben  in  1  hj 
Boden  bei  gleicher  Temperatur  und  bei  gleichem  Feuchtigkeits- 
gehalt ausgeschiedene  Menge  des  Kohlendioxyds.  Diese  ausgeatmete 
Menge  des  Kohlendioxyds  bei  vollem  Luftzutritt  zeigt  uns  die  Lebensenergie 
der  Bakterien  sowie  die  Abbaufähigkeit  der  organischen  Sul)stanzen  im 
Boden.  In  den  organischen  Substanzen  finden  die  Heterotrophen  nicht  nur 
ein  Energiematerial  für  ihren  Atmungsprozeß,  sondern  auch  eine  Kohlen- 
stoff- und  Stickstoffnä.hrquelle  für  den  Aufbau  neuer  lebender  Materie. 

Seit  mehreren  Jahren  ist  es  unsere  Aufgabe,  die  Atmungsintensität 
der  Mikroorganismen  (Auto-  und  Heterotrophen)  in  unseren  Acker-,  W^iesen-, 
Wald-  und  Gartenböden  zu  erforschen,  unsere  diesbezüglichen  \'ersuche 
resultierten,  daß  die  Atmungsintensität  der  Mikroorganismen  ungemein 
variiert  und  von  nachstehenden  Faktoren  abhängig  ist: 

1.  Von  der  Luft-  und  Wasserkapazität  des  Bodens. 

2.  Von  der  Anzahl  der  aktiven  Auto-  und  Heterotrophen. 


*)  Schou  im  Jahre  1905  habe  ich  auf  den  Ursprung,  die  Menge  und  die  Bedeu- 
tung des  Kohlendioxyds  im  Boden  aufmerksam  gemacht  (siehe  Zentralhlatt  für  Bak- 
teriologie etc.  1905).  In  meinen  weiteren  Arbeiten,  und  zwar  „t)ber  die  Wirkung  des 
Stallmistes",  Zeitschrift  für  landwirtschaftliches  Versuchswesen  in  Österreich  1907.  sowie 
„Beitrag  zur  Kenntnis  der  Stickstoffanreicherung  des  Bodens  durch  Bakterien  und  ihre 
Bedeutung  für  die  Pflanzenernährung",  Deutsche  landwirtschaftliche  Presse,  Berlin  1908 
und  in  meinem  Werk  „Biochemischer  Kreislauf  des  Phosphat-Ions  im  Boden",  Verlag 
von  Gustav  Fischer,  Jena  1911,  habe  ich  auf  Grund  meiner  zahlreichen  schon  früheren 
Forschungen  auf  die  Wichtigkeit  der  Kohlensäureproduktiou  durch  Bakterien  hingewiesen. 
Die  Arbeiten  von  Hessclink  ran  Stichfeien  (Zentralblatt  für  Bakteriologie.  II.  Abt.  Bd.  28. 
S.  45)  muß  man  daher  bloß  als  eine  Fortsetzung  meiner  Studien  ansehen. 


Methoden  zur  biochemisclion  rntcrsuchuug  des  Bodens.  857 

3.  Von  der  chomischon  Zusammensetzung  und  Menge  der  organischen 
Substanzen  im  Boden. 

4.  Von  der  Abbaufähigkeit  der  organischen  Sid)stanzen. 

5.  Von  der  chemischen  Reaktion  dor  Böden. 

6.  Von  der  mechanischen  Bearbeitung  (k's  P>odens. 

7.  Von  der  Art  der  Düngung.') 

8.  Von  der  Art  der  Kulturpflanzen,  mit  welchen  der  Boden  Ije- 
baut  ist. 

Ich  führe  hier  aus  den  Ergebnissen  der  von  uns  angestellten  mehr- 
jährigen Versuche  einige  Daten  au.  niii  zu  veranschaulichen,  wie  die 
Atmungsintensität  der  Mikroorganismen  (Auto-  und  Heterotrophen)  im 
Boden,  bei  einer  ungleichen  Abbaufähigkeit  der  organischen  Substanzen, 
grundverschieden  ist.  Vorerst  lasse  ich  die  Zahlen  bezüglich  der  Atmnngs- 
intensität  der  ^likroorganismen  aus  verschiedenen   Bodentiefen  folgen: 

Zu  unseren  Versuchen  wählte  ich  einen  gleichmälMg  beschaffenen 
Lehmboden  in  der  Nähe  eines  Waldes  von  Pohor.  Ein  kleiner  Teil  hiervon 
war  nicht  mechanisch  bearbeitet,  überhaupt  nie  gedüngt,  nicht  bestellt  und 
diente  als  Weide.  Ein  großer  Teil  war  seit  Jahren  mechanisch  bearbeitet, 
mit  künstlichen  Düngemitteln  gedüngt  und  mit  Kulturpflanzen  bebaut.  Im 
Jahre  1902  wurde  eine  Parzelle  davon  mit  Zuckerrüben  und  eine  Parzelle 
mit  Klee  besteht.  An  mehreren  Stellen  dieser  drei  Parzellen  wurden  breite  (Gruben 
gemacht  und  aus  verschiedenartigen  Tiefen,  und  zwar  bis  zu  einer  solchen 
von  10—20  cm,  20—30  cm,  30—50  cm.  50—80  cm  und  80  l)is  100  cm 
Proben  aus  denselben  entnommen.  Behufs  Keimzahlbestimnmng  wurden 
dann  aus  diesen  verschiedenartigen  Tiefen  unter  Beibehaltung  aller  bakterio- 
logischen Kautelen  mit  einem  sterilisierten  Fränkel^d\Q\\  Bohrer  Muster 
aus  den  Wänden  der  Grube  genommen.  Die  Keimzahlbestimmung  vollzog 
man  bei  einer  konstanten  Temperatur  von  20°  C.  Aus  den  von  mehreren 
Stellen  und  verschiedenartigen  Tiefen  gewonnenen  Mustei'ii  wurden  dann 
gewisse  Teile  genommen,  um  die  Atmungsintensität  feststellen  und  auch 
die  Abbaufähigkeit  der  organischen  Substanzen  studieren  zu  können.  Hier- 
bei wurden  folgende  durchschnittliche  Daten  nach  20tägiger  Beobachtung 
ermittelt: 

Lehmboden  eines  schwach  sauren  Charakters  von  einer  Weide,  welcher 
bis  jetzt  nicht  mechanisch  bearbeitet,  übei'hauiit  nie  gedüngt  und  nicht 
besteht  wurde.  Die  Menge  des  von  den  Mikroorganismen  (Auto-  luid  Hetero- 
trophen) in  1000  r/  Boden  mit  25o/o  Wasser  bei  20«  C  in  24  Stunden  bei 
vollem  Luftzutritt  ausgeatmeten  Kohlendioxyds: 


^)  Durch  unsere  Versuche  wurde  festgestellt,  daß  das  Kalziumoxyd,  sowie  Kalzium- 
karbouat  den  Abbau  der  organischen  Substanzen  ungemein  ftirdert.  Die  Atmuugs- 
intensität  der  Böden  wird  durch  mäßige  Kalkdüngung  sehr  irestoi-rert.  In  der  nem^sten 
Arbeit  „Untersuchungen  über  die  Zersetzung  der  Kohlenstoffverbindungcn  verschiedener 
organischer  Substanzen  im  Boden,  speziell  unter  dem  Einfluß  von  Kalk"  (Laudw.  Jahr- 
bücher, 1911)  sind  0.  Lemmermann,  K.  Äso,  H.  Fischer  xmd  L.  Fresenius  zu  demselben 
Resultate  gekommen. 


g58  Julius  Stoklasa. 

Produzierte 

Menge  des 

Kohlendioxyds 

Bödenschiclite  von  10 —  20c»?,  Keimzahl  pro  lg  Boden  2o0.000     Iß'bmg 
„    20—  30  ..  ,,  „    1  „      „        256.000     19-4  , 

,.    30—  50  ..  „  „    1  „      „        208.000       9-8  „ 

„     50-  80  „  „  „    1 ,,      „  14.000       3-3  „ 

„    80—100  ,,  „  „    1„      ,,  5.000       2-1  „ 

Lehmboden  ein  und  desselben  Ursprungs  wie  der  von  der  angrenzen- 
den Weide,  nur  mit  dem  Unterschiede,  daß  er  gründlich  mechanisch  be- 
arbeitet, mit  künsthchen  Düngemitteln  gedüngt  und  im  Versuchsjahr  mit 
Klee  bel)aut  wurde.  Die  Menge  des  von  den  ^Mikroorganismen  (Auto-  und 
Heterotrophen)  in  1000^  Boden  mit  257o  Wasser  bei  20"  C  in  24  Stunden 
bei  voUem  Luftzutritt  ausgeatmeten  Kohlendioxyds: 

Produzierte 

Menge  des 
Kohlendioxyds 

Bodenschichte  von  10 —  20  cm.  Keimzahl  pro  1  g  Boden  1.800.000     3813  mg 
„  „    20—  30  „  „  „    i„      „      2,350.000     38-8  „ 

„  „    30—  50  „  „  „    1  „      „      1.600.000     20-2  ., 

„    50-  80  „  „         „    1  „      „         540.000       6-3  ., 

..    80—100  ..  ,,  ,.    1  .,      „  72.000       2-7   .. 

Lehmboden  eines  schwach  alkaUschen  Charakters,  sonst  aber  ein  und 
desselben  Ursprungs  wie  der  von  der  angrenzenden  Weide,  nur  mit  dem 
Unterschiede,  daß  er  jedes  Jahr  gründlich  mechanisch  bearbeitet,  mit 
Stallmist  und  künstlichen  Düngemitteln  gedüngt  und  im  Versuchs  jähr  mit 
Zuckerrüben  bebaut  wurde. 

Die  Menge  des  von  den  ]Mikroorganismen  (Auto-  und  Heterotrophen) 
in  1000  (/  Boden  mit  250/0  Wasser  bei  20"  C  in  24  Stunden  bei  vollem 
Luftzutritt  ausgeatmeten  Kohlendioxyds: 

Produzierte 

Menge  des 

Kohlendioxydfi 

Bodenschichte  von  10 —  20  an.  Keimzahl  pro  1  g  Boden  4,700.000     47'5  wg 
„    20-  30  „  „  „    1  „      „      3.529.000     49-7  „ 

„  „    30—  50  „  „  ..    1  ,,      „      2.100.000     28-5  „ 

„    50—  80  „  ,.  „    1„      „         184.000       6-6  „ 

,,  ,,    80—100  ,,  ,,  ..    1..       ..  95.000       2-3   .. 

Die  Atmungsintensität  der  Mikroorganismen  (Auto-  und  Hetero- 
trophen) aus  1  kg  Boden  mit  2570  Wasser  in  24  Stunden  bei  20"  C  in  der 
Aerobiose  steht  in  einem  gewissen  Zusammenhange  mit  der  Anzahl  der 
im  Boden  vorhandenen  Bakterien. 

Lenken  wir  vorerst  unser  Augenmerk  dem  Lehmboden  von  der  Weide 
zu,  so  sehen  wir .  daß  die  von  den  Mikroorganismen  aus  1  hj  Boden  aus 
einer  Tiefe  von  10 — 30  nw  ausgeatmete  Menge  Kohlendioxyds  16'5 — IdAmg 
beträgt.  Bei  einer  Boden  tiefe  von  30 — bOcm  sinkt  dieselbe  schon  auf  QS  mg 
und  bei  50 — 80  cm  Tiefe  finden  wir  schon  nur  eine  solche  von  3"3  tng ; 
bei  einer  Bodentiefe  von  80 — 100  cm  beziffert  sich  diese  imr  mehr  auf  2'1  mg. 


Metboden  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  i^59 

Der  Boden,  welcher  mit  Klee  bebaut  wui'de,  weist  eine  mehr  als 
doppelt  so  große  Atmimgsiutensität  auf.  Hier  belief  sieh  die  von  den 
Mikroorganismen  aus  Ikg  Boden  aus  einer  Tiefe  von  10 — ;)Ocm  aus- 
geatmete jNlenge  des  Kohlendioxyds  lauf  :)8-()  oS'H  y/<r/.  Bei  einer  Boden- 
tiefe von  30 — 50cm  sinkt  diese  schon  auf  2(y2m(/  und  bei  einer  Tiefe 
von  50 — 80  rw  auf  &)\)n(j.  Bei  einer  Bodentiefe  von  ^0— WO  cm  beträgt 
dieselbe  nur  mehr  2-1  mg. 

Bei  der  Parzelle,  welche  mit  Zuckeri-übe  bebaut  wurde,  macht  sich 
eine  staunenswerte  Atmungspotenz  der  Bakterien  bemei'kbar.  Da  belief  sich 
die  von  den  ^Mikroorganismen  aus  \kg  Boden  aus  einer  Tiefe  von  10 — 80  cw 
ausgeatmete  Menge  des  Kohlendioxyds  auf  47-5  49"7?»^.  war  also  fast 
dreimal  so  groß  als  bei  dem  Lehmlioden ,  welcher  als  Weide  diente.  Bei 
einer  Tiefe  von  80 — 50  cm  betrug  die  Menge  nur  mehr  2S'bmg  und  bei 
einer  Tiefe  von  50 — SO  cm  (yßing.  Bei  einer  Bodentiefe  von  80 — 100  cm 
bezifferte  sich  die  ausgeatmete  Kolilendioxydmenge  bloß  auf  2;)  mg. 

Wie  aus  diesen  Daten  erhellt  sinkt  in  den  tieferen  Boden- 
schichten von  50  cm  angefangen  die  Atmungsintensität  der 
Bakterien  rapid  und  sind  bei  einer  Tiefe  von  80 — 100cm  nur 
mehr  Spuren  ausgeatmeten  Kohlendioxyds  zu  konstatieren. 

Diese  geringen  Mengen  des  ausgeschiedenen  Kohlendioxyds  (2  mg) 
bewegen  sich  schon  in  den  Grenzen  eines  Versuchsfehlers.  Aus  meinen 
Versuchsresultaten  läßt  sich  folgern,  daß  es  bei  der  Atmungs- 
intensität der  Mikroorganismen  im  Boden  eine  große  Holle 
spielt,  ob  der  Boden  mechanisch  bearbeitet,  gedüngt  und  bebaut 
ist  oder  nicht.  Ferner  ist  es  auch  nicht  gleichgültig,  mit  welcher 
Gattung  von  Kulturpflanzen  der  Boden  bestellt  ist.  Wir  konnten 
bei  dem  Boden,  welcher  mit  Zuckerrübe  bestellt  war.  eine 
größere  Atmungsenergie  der  Mikroorganismen  beobachten,  als 
bei  dem  mit  Klee  bebauten.  Das  Kleefeld  wurde  drei  Jahre  nicht 
geackert  und  gelockert  und  man  konnte  in  diesem  Boden  ein 
Sinken  des  Poren-  uiid  Luftgehaltes  bemerken.  Wir  haben  in  allen 
drei  Böden  die  Luftkapazität  bestimmt  und  gefunden: 

1.  Bei  dem  Lehmboden  von  einer  Weide,  welcher  bis  jetzt  nicht 
mechanisch  bearbeitet,  überhaupt  nie  gedüngt  und  nicht  bebaut  wurde, 
war  eine  Luftkapazität  von  5"8Vo  ^u  konstatieren. 

2.  Der  Lehmboden,  welcher  gründlich  mechanisch  bearl)eitet.  mit 
künstlichen  Düngemitteln  gedüngt  und  mit  Klee  bebaut  wurde,  wies  eine 
Luftkapazität  von  10'8*'/()   auf. 

8.  Bei  dem  Lehmboden,  welcher  jedes  .Jahr  gründlich  mechanisch 
bearbeitet,  mit  Stallmist  und  künsthchen  Düngemitteln  gedüngt  war  und  mit 
Zuckerrül)e  bebaut  wurde,   war  eine  Luftkapazität  von  28-7"/o  nachzuweisen. 

Die  gefundene  Menge  der  Luftkapazität  steht  mit  dei- 
Menge  des  ausgeatmeten  Kohlendioxyds  im  vollen  Einklang. 
Je  größer  die  Luftkapazität,  desto  größer  die  A tmungsinten^ität 
der  Mikroorganismen  im  Boden. 


gßO  Julius  Stoklasa. 

Um  uns  nun  zu  überzeugen,  ob  die  im  Boden  vorhandenen  organi- 
schen Substanzen  für  die  Heterotrophen  eine  gute  Kohlenstoffnähvquelle 
sind,  haben  vär  nachstehende  \'ersuche  ausgeführt:  _ 

Von  den  früher  erwähnten  drei  Bodenarten  wurden  Durchschnitts- 
muster bis  zu  einer  Tiefe  von  30  cm  genommen  und  darin  der  Kohlen- 
stoff bestimmt. 

I.  Parzelle. 

Der  Lehmboden  eines  schwach  sauren  Charakters  von  einer  Weide, 
welcher  bis  jetzt  nicht  mechanisch  bearbeitet,  überhaupt  nie  gedüngt  und 
nicht  bestellt  wurde,  enthält  in  der  Feinerde  l'98Vo  Kohlenstoff. 

IL  Parzelle. 

Der  Lehmboden  ein  und  desselben  Ursprungs  wie  der  von  der  an- 
grenzenden Weide,  nur  mit  dem  Unterschiede,  daß  er  gründüch  mechanisch 
bearbeitet,  mit  künstlichen  Düngemitteln  gedüngt  und  im  Yersuchsjahr  mit 
Klee  bebaut  wurde,  enthält  in  der  Feinerde  2'04:'^/o  Kohlenstoff. 

in.  Parzelle. 

Der  Lehmboden  eines  schwach  alkaüschen  Charakters,  sonst  aber  ein 
und  desselben  L^rsprungs  wie  der  von  der  angrenzenden  Weide,  nur  mit 
dem  Unterschiede,  daß  er  jedes  Jahr  gründüch  mechanisch  bearbeitet,  mit 
Stallmist  und  künstlichen  Düngemitteln,  namentlich  mit  Kalk  gedüngt  und 
im  Versuchsjahr  mit  Zuckerrül)e  ])ebaut  wurde,  enthält  in  der  Feinerde 
2-23Vo  Kohlenstoff. 

Von  jedem  einzelnen  dieser  drei  Durchschnittsmuster  wurde  1  kg 
Boden  weggenommen,  in  Glaszylinder  geschüttet,  und  zwar  entfielen 
für  jede  Bodenprobe  zwei  Zylinder,  also  wurden  für  alle  drei  Parzellen 
insgesamt  sechs  Zylinder  angefertigt.  AUe  diese  ZyUnder  mit  Boden  wurden 
bei  Dampf  im  Autoklav  gründüch  sterilisiert  und  sodann  bei  80°  C  getrocknet. 
Von  drei  Zyündern  wurde  eine  kleine  Menge  des  Bodens  herausgenommen 
und  darin  der  Wassergehalt  bestimmt.  Für  die  übrigen  Zylinder  wurden 
10  g  frischer  Uindviehexkremente  mit  so  viel  destiUiertem  und  sterilem 
Wasser  (200 — 250  cm^)  gemischt,  daß  die  Bodenprobe  in  dem  Atmungs- 
zyünder  25"/o  Wasser  enthält.  Natürüch  wurde  dann  der  Boden  mit  den 
im  Wasser  vorhandenen  Ptindviehexkrementen  gut  durcheinander  gemengt. 

10  g  frischer  Eindviehexkremente  produzieren  innerhalb  24  Stunden 
nach  20tägiger  Beobachtung,  bei  20"  C,  bei  Durchleitung  von  steriler  Luft, 
also  in  aerobiotischem  Zustande  durchschnittüch  14  »ig  CO.,.  bei  Durch- 
leitung von  Wasserstoff,  also  in  anaerobiotischem  Zustande,  durchschnittüch 
8  mg  ^CO,.. 

L  Parzelle. 

Lehmboden  eines  schwach  sauren  Charakters  von  einer  Weide,  welcher 
bis  jetzt  nicht  mechanisch  bearbeitet,  überhaupt  nie  gedüngt  und  nicht 
bestellt  wurde. 


Methoden  zur  liioehemischeu  UntcrsLioliuug  des  Bodens.  yijl 

Die  ]\Ienge  des  von  don  ]\Iikroorj>anisineii  (Auto-  und  Ileterotrophen) 
in  1000  g  sterilisiertem  lioden.  welcher  mit  Rindviehexkrementen  gemischt 
war  und  25Vo  Wasser  enthält,  bei  20"  (-  in  24  Stunden  bei  vollem  Luft- 
zutritt ausgeatmeten  Kohlendioxyds  betrug  nach  20tägiger  Beobachtung 
durchschnittlich  '2^-ij  nuj,  bei  Durchleitung  von  Wasserstoit  l.-'.))  mcj. 

II.  Tarzelle. 

Lehmboden  ein  und  desselben  Ursprungs  wie  der  von  dfi'  angren- 
zenden Weide,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dal'i  er  gründlich  mechanisch 
bearbeitet,  mit  künsthchen  Düngemitteln  gedüngt  und  im  \'ei-suchsjahr 
mit  Klee  bebaut  wurde. 

Die  Menge  des  von  den  Mikroorganismen  (Auto-  und  Heterotrophcn) 
in  1000  g  sterilisiertem  Boden,  wekdier  mit  liindviehexki-ementen  gemischt 
war,  und  25Vo  Wasser  enthält,  bei  20"  C  in  24  Stunden  bei  vollem  Luft- 
zutritt ausgeatmeten  Kohlendioxyds  belief  sich  nach  20tägiger  Beobachtung 
durchschnittlich  auf  36'5  w«/.  bei  Durchleitung  von  Wasserstoff  auf  14;')  mg. 

m.  Parzelle. 

Lehmboden  eines  schwach  alkalischen  Charakters,  sonst  aber  ein  und 
desselben  L'rsprungs  wie  der  von  der  angi-enzenden  Weide,  nur  mit  dem 
l^nterschiede,  dal»  er  jedes  Jahr  gründlich  mechanisch  bearbeitet,  mit 
Stallmist  und  künstlichen  Düngemitteln,  namentlich  mit  Kalk  gedüngt  und 
im  Yersuchsjahr  mit  Zuckerrübe  bel)aut  wurde. 

Die  Menge  des  von  den  Mikroorganismen  (Auto-  und  Heterotrophcn) 
in  1000^  sterilisiertem  Boden,  welcher  mit  Bindviehexkrementen  gemischt 
war  und  25''/o  Wasser  enthält,  bei  20"  C  in  24  Stunden  bei  vollem  Luft- 
zutritt ausgeatmeten  Kohlendioxyds  beträgt  nach  20tägiger  I>eobachtung 
durchschnitthch  6S'2  mg  .^  bei  Durchleitung  von  Wasserstoff  '211mg. 

Trotzdem  der  Kohlenstoffgehalt  aller  H  Parzellen  fast 
gleich  ist,  denn  er  betrug  bei  der  I.  Parzelle  l-98<'/o.  bei  der 
IL  2-04"/o  und  bei  der  IIL  2-23o/o^  ergeben  sich  doch  bedeutende 
Unterschiede  in  dem  chemischen  Charakter  dei'  organischen 
Substanzen. 

Hier  ist  zu  ersehen,  daß  die  organischen  Sui)stanzen  sich 
nicht  immer  zu  einer  gleich  guten  Kohlenstoffnähniuelle  für 
die  Mikroorganismen  eignen.  Wir  fanden,  daß  bei  der  L  Parzelle 
die  Menge  des  ausgeatmeten  Kohlendioxyds  binnen  24  Stunden 
bei  vollem  Luftzutritt  286  w^,  bei  der  H.  Paizelle  Mh  mg  und 
bei  der  HL  Parzelle  682  mg  beträgt.  Die  Menge  des  von  den 
Mikroorganismen  in  verschiedenartigen  frischen  Böden  ausge- 
atmeten Kohlendioxyds  ist  noch  immer  kein  sicheres  Kriterium 
für  die  Abbaufähigkeit  der  organischen  Substanzen  im  Boden. 
Erst  dann,  wenn  man  die  Bakterien  und  Schimmelpilze  im 
Boden  durch  gründliches  Sterilisieren  vernichtet  und  hierauf 
den  sterilisierten  Boden  mit  der  gleichen  Menge  von  Bakterien 


gß2  Julius  Stoklasa. 

derselben  Virulenz  impft,  ist  es  möglich,  aus  der  Menge  des  aus- 
geatmeten Kohlendioxyds  auf  die  Abbaufähigkeit  der  organi- 
schen Substanzen  zu  schließen. 

Ich  lasse  hier  noch  andere  Yersuchsresultate  folgen. 

1.  Ein    fetter    undurchlässiger    Tonboden    mit    einer    Luftkapazität 

von  0-6Vo- 

In  der  Feinerde  befanden  sich  l'ßS^/o  Kohlenstoff. 

Die  von  den  Mikroorganismen  aus  1  kg  dieses  Bodens  mit  25Vo  Wasser 
bei  20'^  C  in  24  Stunden  bei  vollem  Luftzutritt  ausgeatmete  Menge  des 
Kohlendioxyds  beträgt  8'2  mg. 

Wemi  man  zu  1  l-g  sterilen  Rodens  10  g  Rindviehexkremente  zu- 
setzt, so  werden  bei  vollem  Luftzutritt  innerhalb  der  gleichen  Zeit  und 
Temperatur  14  mg  Kohlendioxyd  ausgeatmet. 

2.  Ein  diluvialer  Lehmboden  mit  einer  Luftkapazität  von  7'3''/o. 
Die  Feinerde  enthielt  212Vo  Kohlenstoff. 

Die  von  den  Mikroorganismen  aus  1  kg  Boden  mit  25%  Wasser  bei 
20"  C  in  24  Stunden  bei  vollem  Luftzutritt  ausgeatmete  jSIenge  des  Kohlen- 
dioxyds beläuft  sich  auf  14'6  mg. 

Nach  Zusatz  von  10  g  Bindviehexkrementen  zu  1  kg  des  sterilen 
Bodens  werden  bei  voUem  Luftzutritt  innerhalb  der  gleichen  Zeit  und 
Temperatur  27*8  mg  Kohlendioxyd  ausgeatmet. 

o.  Ein  angeschwemmter  Boden   mit  einer  Luftkapazität  von  18"2°/o- 

Der  Kohlenstoffgehalt  der  Feinerde  beträgt  l*73o/o. 

Die  von  den  Mikroorganismen  aus  1  kg  dieses  Bodens  mit  25% 
Wasser  bei  20"  C  in  24  Stunden  bei  voUem  Luftzutritt  ausgeatmete  Menge 
des  Kohlendioxyds  bezifferte  sich  auf  36'6  mg. 

Als  zu  1  kg  sterilen  Bodens  10  g  Rindviehexkremente  zugesetzt 
wurden,  sind  binnen  derselben  Zeit  und  Temperatur  bei  vollem  Luftzutritt 
59'8  mg  Kohlendioxyd  ausgeatmet  worden. 

Die  gewonnenen  Resultate  sind  gewiß  äußerst  interessant.  Der  fette, 
undurchlässige  Tonboden  enthält  organische  Substanzen  in  schwer  abbau- 
fähigen Formen.  Wir  fanden,  daß  die  Produktion  an  Kohlendioxyd  in 
24  Stunden  vor  und  nach  der  Impfung  die  gleiche  blieb.  Der  diluviale 
Lehmlioden  enthielt  fast  dieselbe  Menge  Kohlenstoff  wie  der  fette,  undurch- 
lässige Tonboden,  doch  waren  daselbst  die  organischen  Substanzen  in  leichter 
abbaufähigeu  Formen  anwesend,  als  in  dem  ersteren  Boden.  Vor  der 
Impfung  wurden  nach  24  Stunden  14*6  mg  Kohlendioxyd  produziert,  welche 
Menge  durch  die  Impfung  auf  27*8  mg  gestiegen  ist.  Daraus  läßt  sich 
scliließen,  daß  im  Boden  vor  der  Impfung  wTuig  aktive  Bakterien  zugegen 
waren.  Der  angeschwemmte  Boden  mit  einer  Luftkapazität  von  18"2°/o 
enthielt  organische  Substanzen  in  leicht  abbaufähiaen  Formen,  trotzdem 
dessen  Kohlenstoffgehalt  fast  derselbe  war  wie  beim  fetten,  undurchlässiüen 
Tonboden.  Wir  konnten  hier  binnen  24  Stunden  eine  Kohlendioxydpro- 
duktion  im  uugeimpften  Boden  von  36'6  mg,  bei  dem  geimpften  Boden 
von  59"8  mg  konstatieren. 


Methodeu  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  853 

Die  starke  Produktion  an  Kohleiidioxyd  ist  ein  Dokument,  daß  im 
Boden  nicht  nur  leicht  abbaufäliige  ori>anische  Substanzen  vertreten  sind, 
sondern  daß  dort  die  Bakterien  in  voller  Aktivitiit  voi-handen  sind. 

Ich  betone  hier  noch,  daß  die  Menge  des  ausgeatmeten  KohlciKÜoxyds 
pro  24  Stunden    eine    Durchschnittszahl   nach    20t;igi<>er  P>eoba(htung'  ist. 

In  der  Intensität  der  Atmung'  der  Mikroorganismen  im  Boden  sind, 
wie  bereits  erwähnt,  auffallende  Verschiedenheiten  zu  konstatieren,  und 
ZAvar  hängen  diese,  wie  wir  gesehen  haben,  von  gewissen  Faktoren, 
namentlich  von  der  Menge  und  Qualität  sowie  Aktivität  der 
Bakterien  und  von  der  Quantität  und  Beschaffenheit  der  or- 
ganischen Substanzen  im  Boden  ab. 

Setzt  man  nun  den  FaU,  daß  die  in  1  kg  Ackerkrume  bis  zu  einer 
Tiefe  von  40  cm  enthaltenen  Mikroorganismen  innerhalb  24  Stunden  nur 
15  mg  CUa  ausatmen  (welche  Quantität  bei  Waldböden  und  Gartenböden 
bis  viermal  größer  ist),  so  ergibt  sich  bei  einer  Lehmbodenmasse  von 
5,000.000  kg,  die  1  ha  Ackerboden  von  einer  Schichthöhe  von  40  cm  durch- 
schnitthch  wiegt,  ein  von  diesen  Organismen  ausgeatmetes  Kohlendioxyd- 
quantum  von  75  kg  pro  Tag,  was,  wenn  man  nur  200  Tage  im  Jahr 
rechnet,  an  welchen  die  Temperatur  eine  mittlere  Höhe  von  15"  C  er- 
reicht, 150  Meterzentner  oder  7,500.000  /  Kohlendioxyd  in  dieser  Zeit 
ausmacht.  Die  von  den  Bakterien  ausgeatmeten  großen  Quantitäten  Kohlen- 
dioxyds wirken  bei  der  Herstellung  der  für  den  ..garen"  Boden  besonders 
eigentümhchen  feinkrümehgen  Struktui-  mit.  Diese  Daten  lassen  somit 
keinen  Zweifel  über  die  Wichtigkeit  zu,  welche  der  Atmung  der  Mikro- 
organismen bei  der  Bildung  des  Kohlendioxyds  im  Boden  zukommt. 

Nimmt  man  weiter  an.  daß  die  Schichte  des  Bodens  bei  einer  Tiefe 
von  oO  cm  ein  Gewicht  von  4,000.000  kg  aufweist,  so  kommt  1  kg  Boden 
fast  mit  r5  l  Kohlendioxyd  in  Berührung. 

Das  vom  Bodenwasser  absorbierte  Kohlendioxyd  ül)erführt  langsam, 
aber  nachhaltig  die  im  Wasser  schwerlösüchen  Di-  Tri-  und  Tetraphos- 
phate in  wasserlösliche  Verljindungen  der  Phosphorsäure. 

Die  wasserunlöslichen  KaUum-,  Natrium-,  Kalzium-  und  Magnesium- 
Silikate  werden  ebenfalls  in  wasserlösliche  Formen  umgewandelt. 

Auch  die  chemische  Zusammensetzung  der  Drainwässer  liefert  uns 
einen  Beitrag  zur  Erkenntnis  der  biologischen  Vorgänge  im  Boden. 

Ich  führe  hier  einige  Beispiele  an  über  die  Wirkung  der  Sekrete  der 
Auto-  und  Heterotrophen  auf  das  Löshchwerden  der  im  Boden  vorhandenen 
Phosphate. 

Zum  Studium  wurden  folgende  Böden  herangezogen: 

I.  Angeschwemmter  Lehmboden  von  Poliöka.  entstanden  aus  der 
Urgebirgsf  or  m  a  t  ion. 

Die  Ackerkrume  in  der  Feinerde   enthielt  an  in  Salzsäure   löslichem 

CaO  =  0-02:3Vo, 
P,  O5  =  00240/0. 
Außerdem  enthielt  der  Boden  Spuren  von  CO«. 


gß4  Julius  Stoklasa. 

In  einer  2%igen  Cß  Hg  O^-Lösunii'  werden  aufgelöst: 

von  Po  O5  =  0-008  Vo, 
Kohlenstoff  =  l-TP/o- 
Der  Untergrund  in  der  Feinerde   enthielt    an  in  Salzsäure  löslichem 

CaO  =  0-31 0/0, 

P2  O5  =  0-036 «/o. 

Nebstdem  enthielt  der  Boden  Spuren  von  CO.,. 

IL  Tonboden  von  Kouf  im  (in  der  Richtung  gegen  Schwarz-Kosteletz), 
entstanden  aus  der  Urgebirgs-  und  Permformation. 

Die  Ackerkrume  in  der  Feinerde    enthielt  an  in  Salzsäure  löslichem 

Ca  0  =  0-594«/o, 

P2O,  =  0-087o/o, 
Außerdem  enthielt  der  Boden  Spuren  von  CO.2. 

In  einer  2''/oig'^ii  Cg Hg O^ -Lösung  werden  aufgelöst: 

von  P.  05  =  0-0074 Vo- 
Kohlenstoff  119Vo- 

Der  Untergrund  enthielt  in  der  Feinerde   an   in  Salzsäure  löshchem 

CaO=0-630«/o, 

P.,  05=  0-125  Vo- 

Außerdem  enthielt  der  Boden  Spuren  von  CÜg. 

III.  Angeschwemmter  Kalkboden  von  Leitomischl. 

Die  Ackerkrume  enthielt  in  der  Feinerde   an  in  Salzsäure  löslichem 

Ca()  =  11-34  7o, 
P,05==   O-2260/o. 
Nebstdem  enthielt  der  Boden  8-12Vo  =  C02. 

In  einer  2^ioigen  CeHgO^-Lösung  werden  aufgelöst: 

von  1^05  =  0-019%. 
Kohlenstoff  0-94Vo- 

IV.  Humusboden  von  Podebrad  (in  der  Richtung  gegen  Königstadtl). 
Die  iVckerkrume  enthielt  in  der  Feinerde  an  in  Salzsäure  löslichem: 

Ca  0  =  0-23  7o, 
P.,  0^  =  0-008  Vo. 
Der  Boden  enthielt  auch  0100«  0  =  CO.,. 
Kohlenstoff  5-54Vo- 

Zur  chemischen  Analyse  wurden  stets   10 — 20  l  Wasser  abgedampft. 
In  100.000  ^r  Drainwasser  waren  folgende  Quantitäten  von  Phosphor- 
säureanhydrid enthalten : 

I.  Aus    dem    angeschwemmten   Lehmboden    der   Urgebirgsformation 
von  Poheka  0062(7. 

IL  Aus  dem  Tonboden  der  Urgebirgsformation  von  Koufim  0-042  (/. 

III.  Aus  dem  Kalkboden  von  Leitomischl  0*070  </. 

IV.  Aus  dem  Humusboden  von  Podebrad  0101  (7. 


1 


Methoden  zur  biochemischeu  Untersuchung  des  Bodens.  855 

Nimmt  man  nun  im  allgemeinen  eine  dniThschnittliche  Menge  Drain- 
Avasser  von  0-27  /  pro  Sekunde  und  Hektar  Ackerboden  an.  so  wurden 
in  den  von  uns  hier  zitierten  Phallen  in  360  Tagen  pro  Hektar  den  ver- 
schiedenartigen Böden  durch  die  Drainwässer  (das  sind  8.:i9^^.0S0  /  Wasser) 
an  Phosphorsäureaidiydrid  entzogen : 

Im  Falle      I  —  5207  % 
H  =  3  5  2  7  „ 
„       ..      HI  =  5-879  .. 
,,       ,.       IV  =  8-482  „ 

Die  bedeutendsten  Quantitäten  an  Phosphorsäureanhvdiid  wurden 
dem  Humusboden  von  Podebrad  durch  die  Drainwässer  entzogen.  Wenn 
man  die  Atmungsintensität  der  Bakterien  in  diesem  I)oden  beobachtet,  so 
findet  man.  dalj  die  in  \  kfj/  Boden  vorhandenen  Mikroorganismen  in 
24  Stunden  bei  einer  Temperatur  von  15**  C  und  einem  Wassergehalte 
von  25%  nach  20tägiger  Beobachtung  durchschnittlich  56  w^  CO.,  aus- 
atmen. Der  Humusboden  enthält  auch  die  größte  Menge  Kohlenstoff,  und 
zwar  5-54%.  Die  Drainwässer  des  Kalkbodens  von  Leitomischl  und  des 
angeschwemmten  Lehmbodens  der  Urgebirgsformation  von  Poliöka  weisen 
fast  die  gleichen  Quantitäten  von  Phosphorsäureanhydrid  auf;  der  Kohlen- 
stoffgehalt hingegen  ist  ein  verschiedener.  Der  Kalkboden  enthält  0-94''/o> 
der  Lehmboden  l-71''/o.  also  der  letztere  beinahe  eine  doppelt  so  große 
Menge.  Auch  die  Atmungsintensität  der  in  den  betreffenden  Böden  ent- 
haltenen Bakterien  variiert  ungemein.  Wir  fanden,  daß  von  den  Bakterien 
in  1  k(/  Kalkboden  in  24  Stunden  bei  \ö°C  und  einem  Wassergehalte  von  250/0 
nach  20tägiger  Beobachtung  durchschnitthch  ?)6  mg  CO2  in  1  %  Lehmboden 
unter  den  gleichen  A'erhältnissen  24  mg  C(  ).2  ausgeatmet  werden.  Der  Ton- 
boden, welchem  durch  die  Drainwässer  die  kleinste  Menge  Phosphorsäure- 
anhydrid entzogen  wui'de,  enthielt  1-19%  Kohlenstoff,  also  mehr  als  der 
Kalkboden.  Die  Atmungsintensität  der  in  diesem  Boden  vorhandenen 
Bakterien  ist  jedoch  verhältnismäßig  eine  geringe.  Die  Mikroorganismen 
in  1  kg  des  bezüglichen  Bodens  atmen  in  24  Stunden  bei  einei-  Tempe- 
ratur von  15"  C  und  einem  Wassergehalte  von  25'J/o  lo  mg  CO.  aus. 

Aus  diesen  Resultaten  läßt  sich  folgern,  daß  bei  der  Be- 
urteilung der  biologischen  Tätigkeit  der  Mikroorganismen  im 
Boden  nicht  die  Menge  der  organischen  Substanzen  (respek- 
tive der  Kohlenstoffgehalt),  sondern  die  Atmungsintensität  der 
im  Boden  vertretenen  Bakterien  maßgebend  ist.  Die  Atraungs- 
intensität  beweist,  daß  im  Boden  nicht  nur  eine  i)eträchtliche 
Menge  aktiver  Bakterien,  sondern  auch  leicht  abbaufähige 
organische  Substanzen  vorhanden  sind.  1) 


1)  Ich  verweise  hier  auf  meine  Arbeit,  betitelt  „Methoden  zur  Bestimmun?  der 
Exkrete  bei  der  Atmung  der  Bakterienzelle",  Abderhaldens  Handbuch  der  biochemischen 
Arbeitsmethoden,  1910. 

Abderhalden.  Handbuch  der  biochemischen  Arboitsmethodeu.  V.  55 


866 


Julius  Stoklasa. 


VII.  Methoden  zur  Bestimmung  der  Atmungsintensität  der 
Bodenbakterien  und  der  Abbaufähigkeit  der  organischen  Sub- 
stanzen im  Boden  nach  Julius  Stoklasa. 

Der  Hauptbestandteil  des  AiTangemeiits  der  zu  diesen  Experimenten 
verwendeten  Apparate,  das  ist  der  in  Form  einer  großen  Eprouvette  ge- 
wählte Glaszylinder  (Versuchszylinder  von  40 — 45  cm  Höhe  und  7  cm  Licht- 
öffnung), mit  der  zu  untersuchenden  Bodenprol)e  wird  im  Thermostaten 
untergebracht  (siehe  Fig.  217). 

In  einer  Entfernung  von  etwa  bcm  von  dem  kugelkappenförmigen 
Boden  des  Zylinders  wird  ein  auf  einer  aus  starkem  Eisendraht  herge- 
stellten, dreifui'iähnlichen  Stütze  ruhendes,  kleiidöcheriges  Sieb  aus  Eisen- 
blech angebracht.  Auf  diesem  Sieb  befintlet  sich  eine  2  mm  hohe  Schichte 


Fig   21 


noH  noH         Hg 


von  Watte.  Auf  das  Sieb  mit  der  BaumwoUe  werden  die  dem  x4tmung-s- 
versuch  zu  untei'werfenden  Bodenproben  in  Irischem  Zustande  in  ganzen 
Stücken  ca.  1  kg  schwer  geschüttet. 

Man  verschafft  sich  ein  gutes  Durchschnittsmuster  eines  Bodens  im 
Gewichte  von  mindestens  6 — 8%,  welches  gut  aufbewahrt  wird,  um  da- 
mit mehrere  Versuche  anstellen  zu  können.  Das  Gewicht  des  zu  unter- 
suchenden Bodens  wii-d  in  der  Weise  genau  festgestellt,  daß  man  zuerst 
von  der  (ilaseprouvette  das  Gewicht  bestimmt  und  ca.  1  kg  frischen  Bodens  in 
die  Röhre  gibt  und  noch  einmal  abwiegt.  Bevor  man  in  die  Bohre  den 
Boden  gibt ,  wii-d  in  diesem  eine  Wasserbestimmung  vorgenommen  und 
dann  dem  Boden  im  Versuchszylinder  so  viel  Wasser  zugesetzt,  daß  er 
20 — 250/0  Wasser  enthält.  Der  Eprouvettenmund  wird  mit  einem,  zwei 
Bohrungen  tragenden  Kautschukpfropfen  geschlossen.  Durch  die  eine  Boh- 
rung wird    ein  Glasrohr   vom  Liebigschen  Kühler  geführt,    dessen  inneres 


Methodoii  zur  hiochemischon  T'iitersuclmng  des  Bodens.  J^67 

Ende  knapp  unterhalb  des  Pfropfens  mündete.  DuitIi  das  zweite  I'.ohrloch 
des  Pfi-opfens  geht  ebenfalls  eine  rechtwinkelig-  gebogene  llöhre.  welche 
jedoch  durch  das  Sieb  hindurch  bis  an  den  F.oden  des  eprouvettenartigen 
N'ersuchszylinders  reicht.  Behufs  vollkommeu  hermetischen  Abschlusses  des 
Versuchszylinders  nach  aulleii  werden  der  Pfropfen  sowie  die  P)ohrlöchei'. 
durch  welche  das  Zu-  und  Abführroiir  •gingen,  mit  Pai-affin  sorgfältig 
vergossen. 

VIII.  Die  anaerobe  Atmung  der  Bakterien  im  Boden. 

(Siehe  Fig.;217.) 

Zu  diesen  Versuchen  wird  ein  Apparat  benutzt,  dei-  wie  folgt  arran- 
giert ist. 

Der  dem  Kipp^cheji  Apparate  entströmende  Wasserstoff  passiei't  zu- 
nächst die  mit  destilliertem  Wasser  beschickte  Waschflasche  HoO.  dann 
die  U-PtöhreCuÜ,  welche  Kupferoxyd  enthält,  sodann  eiue  mit  konzen- 
trierter Natriumhydroxydlösiuig  gefüllte  Drcchselscho  Waschflasche  Na  Oll 
und  weiter  eine  ebensolche  dritte  und  vierte,  welche  eine  alkalische  Lösung: 
von  Pyrogallussäure  (5.(/ Pyrogallussäure  in  15  cm^  Wasser  undTi^)  7  K(  )II 
in  80  cm3  Wasser)  enthalten,  und  schhelilieh  eine- fünfte  Flasche,  welche 
mit  0-50  oiger  Sublimatlösung  HgCla  beschickt  ist.  Das  Wasserstoffgas 
passiert  weiter  den  WinklerM-hcn  Absorptionsapparat,  in  welchem  sich 
Schwefelsäure  befindet. 

Den  40  -  50  ny?  hohen  Zyhnder  von  7 — P,  cm  Durchmesser  schliel'it 
ein  gut  dichtender  Kautschukpfropfen ,  dei'  4  cm  tief  in  den  Zylinder 
hineinragt. 

Durch  den  zweimal  gebohrten  Pfropfen  führen  zwei  (ilasröhren.  \(»n 
denen  die  zuleitende  bis  mihe  an  den  Boden  des  Zylinders  reicht,  während 
die  ableitende  des  Liebi(/schQn  Kühlers  den  unteren  Rand  des  Pfropfens 
um  5cm  überragt.  Sie  stellen  die  \'erl)in(lung  mit  zwei  kleinereu.  11  cm 
hohen  Zyhnderu  von  5  cm  Durchmesse]-  her,  die  eine  2-  4  cm  hohe  (^)ueck- 
silberschicht  enthalten. 

In  dem  kleinen  Zylindei'.  in  den  die  Ableitungsrohre  führt,  mündet 
eine  knieartig  gebogene,  mit  einem  Ablalihahn  versehene  Bohre,  die  in 
das  Quecksilber  eintaucht.  Die  in  Quecksilber  tauchemlen  Böhreiiteile  sind 
mit  sterilisierter  Baumw^olle  gefüllt.  Dasselbe  gilt  von  der  in  die  kleim'U 
Zyhnder  hineinragenden  Mündung  des  Zuleitungs-  und  Ableitungsrohres. 
Das  Ableitungsrohr  reicht  bis  in  das  Queck>ili)er  des  zweiten,  kleineren 
Zylinders  und  ist  ebenfalls  mit  stei-ilisierter  Baumwolle  gelullt. 

Außer  dem  Rohi-e  münden,  wie  schon  erwähnt,  noch  zwei  andere, 
knieartig  gebogene,  mit  Hähnen  versehene  Bohre  in  diesen  Zylinder:  das 
eine  verbindet  ihn  mit  dem  Absorptionsapparate,  während  das  amlere  zum 
Heraustreiben   des    eventuell    noch  ^zurückgeblielxMH'U   Kohlendio.wds  dient. 

Die  Gase  passieren  nach  dem  Austritt  aus  dem  Zylinder  zuerst 
einen    Winklerschon  Absorptionsapparat  (IL.SOj.    der    mit    konzentrierter 


gßg  Julius  Stoklasa. 

SchAvefelsäure  gefüllt  ist ,  dann  ein  25  cm  hohes ,  2'5  cm  weites  U-Rohr 
(CU8O4)  mit  Kupfervitriolbimsstein,  ferner  ein  zweites  U-förmiges  Rohr 
(Ca  CI2) .  welches  Chlorkalzium  enthält ,  das  häufig  erneuert  wird.  Das 
völlig  getrocknete  Kohlendioxyd  passiert  zuerst  eine  U-Röhre,  welche  mit 
ausgeglühtem  Natronkalk  gefüllt  ist ,  sodann  den  mit  Kahumhydroxyd 
(Lösung  2 : 3)  gefüllten  Geissler^Qh^n  Apparat.  Um  die  aus  diesem  ent- 
weichende, ganz  unbedeutende  Menge  Wassers  und  Kohlendioxyds  aufzu- 
fangen, sind  weiter  mit  festem  Kahumhydroxyd  und  Kalziumchlorid  ge- 
füllte U-Rohre  (Ca  CI.2  -I-  KOH)  vorgelegt.  Weiter  rückwärts  befindet  sich 
noch  ein  U-förmiges  Schutzrohr,  dazu  bestimmt,  in  der  Luft  enthaltenes 
Kohlendioxyd  (und  Feuchtigkeit)  zu  absorbieren.  Es  ist  mit  Kalzium- 
chlorid und  Kaliumhydroxyd  gefüllt  und  mit  dem  Aspirator  ver])unden. 
Die  Apparate,  und  zwar  die  U-Rohre  mit  Natronkalk,  sowie  der  Geisslev&ohQ 
Apparat  KOH  und  die  U-Rohre  Ca  CI2  -1-  KOH  werden  vor  und  nach  dem 
Durchleiten  der  Gase  gewogen.  Hier  ist  noch  zu  bemerken,  daß  der  zur 
anaeroben  Atmung  benutzte  Wasserstoff  oder  Stickstoff  vor  dem  Abwiegen 
der  Absorptionsapparate  mittelst  Durchleitung  kohlendioxydfreier  Luft  ent- 
fernt werden  muß.  Hierzu  dient,  wie  aus  der  lUustration  ersichthch,  ein 
spezieUes  Arrangement  der  Apparate. 

Die  Zylinder  samt  den  Pfropfen  sowie  auch  ein  Teil  der  Rohre  tauchen 
in  einen  doppelwandigen  kupfernen  Thermostaten,  der  mit  zwei  Thermo- 
metern und  einem  genauen  Thermoregulator  sowie  auf  beiden  Seiten  mit 
Glasscheiben  versehen  ist,  um  durch  letztere  die  Vorgänge  in  den  Zyhndern 
verfolgen  zu  können.  Die  Zyhnder  samt  Pfropfen  und  zugehörigen  Rohren 
sowie  der  Kühler  werden  sterilisiert. 

Die  Pfropfen  der  Zylinder  werden  durch  Übergießen  mit  geschmol- 
zenem Paraffin  vöUig  undurchlässig  gemacht.  Die  oberen  Öffnungen  des 
kupfernen  Thermostaten  werden  voUständig  mit  Watte  verstopft,  die  mit 
Karbolsäure  imprägniert  ist. 

Der  mit  Wasser  gefüUte  Thermostat  ist  durch  Türen  verschlossen, 
so  dal)  der  Zutritt  von  Licht  verhindert  erscheint.  In  24  Stunden  werden 
20  /  vom  chemisch  reinen  keimfreien  Wasserstoff  durch  die  Zylinder  durch- 
getrieben. Bei  dieser  Konstruktion  der  Apparate  läßt  sich  die  Temperatur 
bis  auf  40°  C  steigern. 

IX.  Die  aerobe  Atmung  der  Bakterien  im  Boden. 

(Siehe  Fig.  218.) 

Die  x4nordnung  der  Versuchsapparate  für  die  aerobe  Atmung  der 
Bakterien  im  Boden  wird  in  derselben  Weise  durchgef ülirt ,  wie  das  bei 
der  anaeroben  Atmung  der  Fall  war,  nur  mit  dem  Unterschiede,  daß  an- 
statt Wasserstoff  kohlendioxyd-.  Salpetersäure-,  ammoniak-  und  keimfreie 
Luft  in  die  Atmungsapparate  geleitet  wurde.  Die  Luft  passiert  zuerst 
einen  Zylinder  mit  sterilisierter  BaumwoUe,  dann  die  Drechseho^iQW  Wasch- 
flaschen,   von    denen    die    erste    mit    konzentrierter    Sublimatlösung,    die 


Methoden  zur  biocliemisclieu  üntcrsucliuu<r  des  Bodens. 


869 


zweite,  dritte  und  vierte  mit  konzentrierter  Kaliumliydroxydlösun«:  und  die 
fünfte  mit  sterilem  destilliertem  Wasser  beschickt  ist. 

Nach  den  Drechseischen  Flaschen  folj^^t  der  WinklerachQ  Absoi'ptions- 
apparat.  Die  kohlendioxyd-,  Salpetersäure-,  ainmoniak-  und  keimfreie  Luft 
wird  durch  kleine  Zyhnder  l)is  auf  den  Boden  des  Atmunjisapparates  i^e- 
leitet.  Das  ausgeatmete  Kohlendioxyd  geht  aus  den  kleinen  Quecksilber- 
zylindern durch  den  Lie%schen  Kühler  zuerst  in  einen  M'inklerücheJi 
Absorptionsapparat,  der  mit  konzentrierter  Schwefelsäure  gefüllt  ist,  dann 
in  ein  25  cm  hohes,  2"5  cm  weites  U-Rohr  mit  Kupfervitriolbimsstein,  ferner  in 
ein  zweites  U-f örmiges  Rohr,  welches  Chlorkalzium  enthält,  das  häufig  erneuert 
wird.  Das  vöUig  getrocknete  Kohlendioxyd  wird  von  Natronkalk  in  dem  U-Rohr 


Fig.  218. 


HqCI, 


nOH 


H,50^  //y 


und  von  Kaliumhydroxyd  (Lösung  2:3)  im  G^ei/?Zf;rschen  Apparat  absorbiert. 
Um  die  aus  diesem  entweichende,  ganz  unbedeutende  Menge  Wasser  aufzufan- 
gen, sind  weiter  mit  festem  Kaliumhydroxyd  und  Kalziumchlorid  gefüllte  U-Kohre 
vorgelegt.  Weiter  rückwärts  befinden  sich  noch  zwei  U-förmige  Schutzrohre, 
dazu  bestimmt,  in  der  Luft  enthaltenes  Kohlendioxyd  (und  Feuchtigkeit) 
abzuhalten.  Sie  sind  mit  Kalziumchlorid  und  Kaüumhydroxyd  gefüllt  und 
mit  dem  Aspirator  verbunden.  Die  Al)sori)tionsapparate.  und  zwar  die 
beiden  U-Rohre,  gefüUt  mit  Natronkalk  und  Kalziumchlorid,  sowie  der 
Geißlersche  Apparat  wurden  vor  und  nach  dem  Durchleiten  gewogen.  Die 
großen  Chlorkalziumrohre,  welche  sich  nach  dem  Rohi-  mit  Bimsstein  be- 
finden, müssen  voi-her  mit  Kohlensäure  behandelt  werden,  damit  nicht 
etwa  basisches  Salz  darin  ist.  welches  dann  die  Kohlensäure  aufnimmt 
(siehe  Fig.  218). 


870  Julius  Stoklasa. 

Ausführung  des  Atmungsversuclies. 

Die  aerobe  und  anaerobe  Atmung  der  Bakterien  und  Schimmelpilze 
im  Boden  muß  mindestens  20  Tage  verfolgt  werden.  Täglich  werden  wenig- 
stens 20  l  Wasserstoff  oder  kohlendioxyd-.  ammoniak-,  Salpetersäure-  und 
keimfreie  Luft  durch  den  Atmuiigsapparat  bei  einer  Tempei-atur  von 
20 — 40"  C  geleitet.  Durch  diese  Prozedur  wird  festgestellt,  wieviel  Kohlen- 
dioxyd von  den  in  1  kg  Boden  enthaltenen  Mikroorganismen  bei  konstanter 
Temperatur  und  Feuchtigkeitsgrad  ausgeatmet  wird.  Diese  ausgeatmete 
Menge  des  Kohlendioxyds  zeigt  uns  1.  dalj  aktive  Bakterien  im  Boden 
vorhanden  sind,  und  2.  daß  wir  entweder  auf  große  oder  kleine  Mengen 
abbaufähiger  Kohlenhydrate  im  Boden  rechnen  können. 

Um  über  die  Beschaffenheit  und  Abbaufähigkeit  der  organischen 
Substanzen  ein  genaues  Bild  zu  erhalten,  wird  der  Boden  sterilisiert. 
Zwei  Zylinder  werden  genau  mit  1  hj  Boden  gefüllt ,  dann  die  Zylinder 
samt  dem  Boden  bei  Dampf  im  Autoklav  gründhch  sterilisiert  und  hier- 
auf bei  80"  C  getrocknet.  Von  einem  Zylinder  wird  eine  kleine  Menge 
des  Bodens  herausgenommen  und  darin  der  Wassergehalt  bestimmt.  In 
dem  anderen  Zyhnder  werden  10^  frischer  Kindviehexkremente  mit  so 
viel  destilliertem  und  sterilem  Wasser  (200 — 250  cm^)  gemischt,  daß  die 
Bodenprobe  in  dem  Atmungszylinder  25"/o  Wasser  enthält.  Dann  werden 
die  Kindviehexkremente  mit  dem  Boden  in  den  Versuchszylindern  gut 
durcheinander  gemengt.  In  einer  durchschnittlichen  Probe  der  frischen  Kind- 
viehexkremente wird  die  Kohlendioxydproduktion  in  24  Stunden,  nach 
20tägiger  Beobachtung,  bei  Durchleitung  von  steriler  Luft,  und  reinen 
Wasserstoffs  festgestellt. 

Es  werden  gewöhnlich  pro  10  g  frischer  Kindviehexkremente  in 
24  Stunden  bei  20"  C  bei  Durchleitung  von  Luft  V6—\lmg  COo,  bei 
Durchleitung  von  Wasserstoff  6^ — li)  mg  COg  produziert. 

l>ei  diesen  Versuchen  muß  man  streng  beobachten,  welche  Keaktion 
der  Boden  vor  dem  Versuche  hat.  Die  absorptiv  ungesättigten  Böden  von 
humidem  Gebiete,  welche  reich  an  Humus  und  kolloidalem  Ton  sind, 
besitzen  gewöhnlich  einen  sauren  Charakter.  Bei  solchen  Böden  ist  die 
Atmungspotenz  der  Mikroorganismen,  trotzdem  diese  Böden  in  vielen  Fällen 
abbaufähige  organische  Substanzen  enthalten,  doch  nicht  so  groß  und  läßt  sich 
durch  Zusatz  von  Kalziumkarbonat,  und  zwar  10 — 25  </  auf  1  Ä-^^  Boden  erhöhen. 
Die  organischen  Säuren  werden  neutralisiert  und  die  Bakterien  in  ihren 
Stoffwechselprozessen   durch  die   organischen  Säuren   nicht    beeinträchtigt. 

Bei  den  absorptiv  gesättigten,  also  neutral  reagierenden  oder  alkali- 
schen Böden  sind  die  organischen  Substanzen  fast  immer  in  einer  abbau- 
fähigen Form  vorhanden:  namentlich  bei  gut  mechanisch  bearbeiteten 
und  gut  gedüngten  Ackerböden  arider  Gebiete  ist  dies  stets  der  Fall. 

Die  Kohlensäure  der  Bodenluft. 

Die  Menge  der  freien  Kohlensäure  in  ein  und  derselben  Bodenparzelle 
in  verschiedenen  Tiefen   und   auf  verschiedenen  Seiten  ist  eine  ungleiche. 


Methodcu  zur  biochemischen  Uutersuchung  des  Bodens.  g71 

Nach  dem  gefuiKleiion  Quantum  freier  Kohlensäure  in  der  I'odenlult  lälit 
sich  auf  den  Grad  und  die  Intensität  der  Fäuhiis])rozessi'  in  den  ver- 
schiedenen Bodentiefen  schliel'ten.  Zur  Asjjii-ation  der  liodcnhift  werden 
enge  Bleiröhri'U  benutzt,  welche  in  ein  mit  dem  Ki'dhohrer  getertigtes  Loch 
bis  zur  erwünschten  Tiefe  eingelassen  weixlen.  Die  Wegnahme  der  (ias- 
probe  mit  den  Saugvorrichtungen  geschieht  nach  bekannten  .Methoden. 
Die  Bestimmung  der  Kohlensäure  in  der  Bodenluft  erfolgt  unter 
Anwendung  von  titriertem  Barytwasser  zur  Al)sorption.  Normaloxalsäure 
zum  Piiicktitrieren  und  Phenolphtalein  als  Indikator.  Diese  titi-imetrische 
Bestimmung  wird  mit   W.  Hesses  Apparat  i)  vorgenommen. 

X.  stickstoffbedarf  der  Mikroorganismen  im  Boden. 

Ohne  Stickstoff  können  sich  die  Mikroorganismen  im  Boden  nicht 
entwickeln.  Alle  Organismen  enthalten  EiweiU.  und  EiweiU  ist  ohne  Stick- 
stoff nicht  denkbar. 

Der  Stickstoff  kommt  im  Boden  1.  als  elementare]-  Stickstett.  -J.  als 
Stickstoffmonoxyd,  3.  in  Form  von  Stickstofftrioxyd,  4.  als  Stickstoffpentoxyd, 
5.  in  Form  von  Ammoniak  und  6.  in  Form  von  stickstoffhaltigen  organi- 
schen Verbindungen  vor. 

Im  Boden  befinden  sich  die  stickstoffhaltigen  organischen  Verbindungen 
aus  der  Gruppe  der  echten  Eiweißkörper,  und  zwar  die  Albumine,  Globuhne  und 
Nukleoalbumine,  aus  der  Gruppe  der  Proteide  die  NukleoproteVde  und  Hämo- 
globine.  Ferner  sind  noch  Monoaminosäuren.  Diaminosäuren  etc.  vertreten.-) 

Die  mit  Fäzes  verunreinigten  Städteböden,  sowie  die  mit  Stallmist 
reichlich  gedüngten  Böden  enthalten  Harnstoff,  weiter  Abbauprodukte  der 
Purinbasen  und  zwar  Xantin.  Hypoxantin,  Guanin.  Adenin  und  Harnsäure. 
Auch  Fäulnisprodukte,  wie  Indol  und  Skatol,  sind  in  solchen  Böden  vorhanden. 

Der  Stickstoff  wird  von  den  autotrophen  Mikroorganismen  in  Form 
von  Ammoniak,  Stickstofftrioxyd,  Stickstoffpentoxyd,  Stickstoffmonoxyd 
und  kleinen  Mengen  stickstoffhaltiger  organischer  Sui)stanzeii  (rh(»s])hatiden. 
Polypeptiden  und  Aminosäuren)  assimiliert. 

Die  Aufnahme  des  Stickstoffs  durch  die  Heterotropheii  geht  bei  den 
Nitroüenorganismen  durch  den  elementaren  Stickstoff  und  Stickstoffmon- 
oxyd  aus  der  Bodenluft,  bei  den  Ammoniakorganismen  hauptsächlich  (biicii 
Ammoniak,  bei  den  Nitratorganismen  meistens  durch  Salpetersäure,  bei 
den  Nitritorganismen  größtenteils  durch  die  salpetrige  Säure  vor  sich. 

Die  Peptonorganismen  und  EiweiCiorganismen  zersetzen  die  stickstoff- 
haltigen organischen  Substanzen  und  es  bihh't  sich  als  Fndprodukt  Ammoniak. 
Als  Zwischenprodukte  entstehen  (dykokoll.  Aminovaleriansäure,  Leuzin.  Prolin, 

')  Siehe  Clemens  Winklet^  Lehrbuch  der  technischen  Gasanalyse.  Vcrloü:  von 
Arthur  Felix,  Leipzig  li)lL 

=)  ^'.  L.  Jodidi  (Journal  Americ.  Chem.  See.  31,  396)  gibt  die  Methode  an,  die  es  uns 
ermöglicht,  die  Hauptmeuge  des  im  Boden  vorhandenen  Stickstoffs  in  Form  von  Di- 
aminosäuren und  Monoaminosäuren  zu  bestimmen.  Kach  seinen  Untersuchungen  ist  der 
Stickstoff  in  den  vorerwähnten  Formen  immer  vertreten. 


g72  Julius  Stoklasa. 

Phenylalanin.  Glutaminsäure,  Asparai;(insäure ,  Tyrosin.  Lysin.  Arginin, 
Histidin,  Tryptophan,  Indol,  Skatol.  Mono-.  Di-  und  Trimethylaniin  und 
Guanidin.  In  dem  Boden  werden  die  stickstoffhaltifjen  organischen  Sub- 
stanzen in  An-  und  Al)\vesenheit  von  Sauerstoff  zersetzt.  Die  Oxydations- 
vorgänge  der  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen  werden  kurzweg  als 
Oxydationsgärungen  bezeichnet.  Die  tiefe  Spaltung  der  stickstoffhaltigen 
organischen  Substanzen  geht  bei  Sauerstoffabschlulj  vor  sich  und  es  kommen 
die  Fäulnisprozesse  zum  Vorschein.  Die  Bestimmung  des  Grades  der 
Wandlungen  der  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen  erfolgt  entweder 
bei  Sauerstoffzutritt  oder  Sauerstoffabschluß. 

XI.  Die  Oxydationsvorgänge  der  stickstoffhaltigen  organischen 

Substanzen  im  Boden. 

Zu  diesen  Experimenten  nimmt  man  wieder  zwei  Glaszylinder  von 
40 — 45  cm  Höhe  und  7  cm  im  Durchmesser  und  gibt  in  jeden  davon  von  einem 
Durchschnittsmuster  500  g  eines  frischen  Bodens,  der  von  Steinen  befreit  war. 

In  der  Bodenprobe  wird  die  Trockensubstanz  und  der  Gesamtstick- 
stoff  nach  Jodlbauer-Kjeldahl  bestimmt.  Zu  dem  Inhalt  eines  jeden  ZyUnders 
wird  so  viel  Wasser  zugesetzt,  dalj  die  Bodenprobe  30  "/o  Wasser  enthält. 
In  diesem  Wasser  befinden  sich  10  cm^  einer  gleich  stark  entwickelten 
und  virulenten  Kultur  von  Bacillus  mycoides.  Ein  Zylinder  davon  mit 
dem  Boden  wird  sterihsiert  und  durch  den  anderen  unsterihsierten  werden 
binnen  24  Stunden  20  l  kohlendioxyd-,  Salpetersäure-,  ammoniak-  und  keim- 
freie Luft  geleitet.  Die  Anordnung  der  Apparate  ist  so,  wie  in  Fig.  218  ver- 
anschauhcht  ist.  Der  ganze  Prozeß  verläuft  bei  27°  C  30  Tage  lang.  Nach  dieser 
Zeit  werden  die  Zylinder  geöffnet,  der  Inhalt  eines  jeden  einzelnen  in  einen 
Zweiüterkolben  gegeben,  mit  destilhertem  ammoniakfreiem  Wasser  verdünnt 
und  gut  durcheinander  gemischt.  In  500 — 750  cm^  des  klaren  Filtrates 
wird  Ammoniak  mit  gebranntem  Maonesiumoxvd  abdestilliert.  Das  ent- 
weichende  Ammoniak  wird  in  einer  Vorlage  mit  titrierter  Vio-^ormal- 
schwefelsäure  aufgefangen. 

Ich  führe  hier  einige  Versuche  an,  welche  mit  verschiedenartigen 
Böden  angesteUt  wurden.  Die  Versuchsresultate  sind  auf  1000^  Trocken- 
substanz des  Bodens  berechnet. 

1.  Stadtboden  von  Prag  vor  der  Kanahsation.  Gesamtstickstoffgehalt 
2-41  g.  Während  des  Prozesses,  der  30  Tage  lang  währte,  bildeten  sich 
0'524  g  Stickstoff  in  Form  von  Ammoniak.  Die  gebildete  Menge  des  Stick- 
stoffs in  Form  von  Ammoniak  aus  dem  Kontrollzylinder  betrug  0098  g. 
Die  durch  die  Tätigkeit  der  Bakterien  aus  den  stickstoffhaltigen  organischen 
Substanzen  gebildete  Menge  Stickstoffs  in  Form  von  Ammoniak  beträgt 
0-426^.  Vom  Gesamtstickstoff  bildeten  sich  daher  17-677o  Stickstoff  in  Form 
von  Ammoniak.  

2.  Waldboden.  Gesamtstickstoffgehalt  l"45f^.  Während  des  Prozesses, 
welcher   30  Tage   lang   dauerte,    bildeten   sich    020  g  Stickstoff  in  Form 


Methoden  zur  biochemischcii  Uiitcisuchuiig  des  Bodens.  873 

von  Ammoniak.  Die  gebildete  Menge  des  Stickstoffs  in  Form  von  Ammoniak 
aus  dem  Kontrollzylinder  bezifferte  sich  auf  0-078  </.  Die  durch  die  Tätig- 
keit der  Bakterien  aus  den  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen  ge- 
bildete Menge  Stickstoffs  in  P'orm  von  Ammoniak  beläuft  sich  auf  0-122 .7. 
Vom  Gesamtstickstoff  bildeten  sich  daher  8-41  "/o  Stickstoff  in  Foi-m  von 
Ammoniak. 

3.  Ackerboden.  Gesamtstickstoff gehalt  1-27  g.  Während  des  Pro- 
zesses, welcher  30  Tage  in  Anspruch  nahm,  bildeten  sich  0-153  g  Stickstoff 
in  Form  von  Ammoniak.  Die  gebildete  Menge  des  Stickstoffs  in  Form  von 
Ammoniak  aus  dem  KontroUzylinder  betrug  0-062  </.  Die  durch  die  Tätig- 
keit der  Bakterien  aus  den  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen  ge- 
bildete Menge  Stickstoffs  in  Form  von  Ammoniak  beläuft  sich  auf  0-091  g. 
Vom  Gesamtstickstoff  bildeten  .sich  daher  7-16''/o  Stickstoff  in  Form  von 
Ammoniak. 

Die  Ergebnisse  dieser  Experimente  dokumentieren  ganz  deutlich,  dafl 
der  chemische  Charakter  der  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen  im 
Boden  nicht  immer  gleich  ist.  Die  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen 
besitzen  durch  den  Einflul)  der  Bakterien  eine  verschiedene  Abbaufähigkeit, 
welche  durch  die  (irölie  der  sich  bildenden  Ammoniakmenge  charakterisiert 
wird.  Wir  fanden,  dalä  sich  beim  Stadtboden  aus  Prag  vom  Gesamtstick- 
stoff 17-67Vo,  beim  Waldboden  8-41  »/o  und  beim  Ackerboden  7-16«/o  Stick- 
stoff in  Form  von  Ammoniak  bildeten.  Die  Oxydation  der  stickstoffhaltigen 
organischen  Substanzen  im  Boden  (die  von  Liebig  als  Verwesung  bezeichnet 
wird)  ist,  vom  hygienischen  und  agronomischen  Standpunkte  aus  betrachtet, 
von  großer  Bedeutung.  Den  Interessenten  der  Hygiene  und  Agronomie 
handelt  es  sich  in  erster  Pieihe  um  MineraUsierung  der  stickstoffhaltigen 
organischen  Substanzen  im  Boden  und  um  Bildung  des  Ammoniaks,  welcher 
durch  die  Nitrifikationsbakterien  leicht  wieder  in  salpetrige  Säure  und 
Salpetersäure  umgewandelt  wird.  Dieser  Prozeß  verläuft  natürlich  nui'  bei 
genügendem  Luftzutritt.  Bei  Anwesenheit  leicht  abbaufähiger  Kohlenhydrate 
wird  die  Salpetersäure  zu  salpetriger  Säure  reduziert  und  durch  die  Deni- 
trifikationsbakterien in  elementaren  Stickstoff  umgewandelt. 

XII.    Fäulnis    von  stickstoffhaltigen    organischen  Substanzen 

durch  Anaerobier. 

Die  obUgaten  oder  fakultativen  Anaerobier  rufen  bei  Abwesenheit 
von  Sauerstoff  Fäulnis  der  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen  hervor. 
Es  ist  ja  schon  längst  bekannt,  daß  bei  Sauerstoff  abschloß  eine  stinkende 
Fäulnis  begünstigt  wird,  aber  eine  reichhche  Sauerstoff  zufuhr  sie  hindert 
oder  hemmt.  Unsere  Versuche  über  das  Fäulnisvermögen  der  stickstoff- 
haltigen organischen  Substanzen  im  Boden  wurden  in  derselben  Weise 
vorgenommen,  wie  die  früheren,  imr  mit  dem  Unterschiede,  daß  anstatt 
Luft  20  l  chemisch  reinen  Wassei'stoffs  durch  den  A'ersuchszylinder  ge- 
leitet   werden.     In   dem   Durchschnittsmuster    eines    Bodens,   welcher  von 


g74  Julius  Stoklasa. 

Steinen  befreit  ist,  ydrd  der  Gesamtstickstoft'  nach  Jodlbauer-Kjeldahl  und 
die  Trockensubstanz  bestimmt.  Zu  500  g  Boden  ^xird  so  viel  Wasser  zuge- 
setzt, daß  die  Bodenprobe  30^/o  Wasser  enthält.  Der  Boden  wird  dann 
mit  einer  stark  entwickelten  und  wulenten  Kultur  von  Bacillus  albu mini s 
Schröter  geimpft.  Dieser  Versuch  wurde  wieder  bei  27^  C  ausgeführt  und 
dauert  30  Tage. 

Ich  lasse  hier  die  Ergebnisse  der  von  uns  mit  denselben  Bodenarten 
wie  bei  den  früheren  Experimenten,  wo  Sauerstoff  anwesend  war,  ausge- 
führten Versuche  folgen,  die  wieder  auf  1000  g  Trockensubstanz  des 
Bodens  berechnet  sind. 

1.  Stadtboden  von  Prag  vor  der  Kanalisation.  Gesamtstick- 
stoffgehalt 2"41  g.  Während  des  30  Tage  lang  dauernden  Pi'ozesses  bildeten 
sich  0'74  g  Stickstoff  in  Form  von  Ammoniak.  Die  gebildete  Menge  des 
Stickstoffs  in  Form  von  Ammoniak  aus  dem  Kontrollzylinder  betrug  018  g. 
Die  durch  die  Tätigkeit  der  Bakterien  aus  den  stickstoffhaltigen  organi- 
schen Substanzen  gebildete  Menge  Stickstoffs  in  Form  von  Ammoniak  be- 
zifferte sich  auf  0"56  g.  Vom  Gesamtstickstoff  bildeten  sich  daher  23"23''/o 
Stickstoff  in  Form  von  Ammoniak. 

2.  Waldboden.  Gesamtstickstoffgehalt  1-45^7.  Innerhalb  des  Pro- 
zesses, welcher  30  Tage  lang  währte,  bildeten  sich  OlOö  ^  Stickstoff  in 
Form  von  Ammoniak.  Die  gebildete  Menge  des  Stickstoffs  in  Form  von 
Ammoniak  aus  dem  KontroUzybnder  betrug  0079  g.  Die  durch  die  Tätig- 
keit der  Bakterien  aus  den  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen  ge- 
bildete Menge  Stickstoffs  in  Form  von  Ammoniak  beziffert  sich  auf 
0'026  g.  Vom  Gesamtstickstoff  bildeten  sich  daher  l"79*^/o  Stickstoff  in 
Form  von  Ammoniak. 

3.  Ackerboden.  Gesamtstickstoffgehalt  1'27  g.  Während  des  30  Tage 
lang  währenden  Prozesses  bildeten  sich  0'09  g.  Die  gebildete  Menge  des 
Stickstoffs  in  Form  von  Ammoniak  aus  dem  KontroUzylinder  belief  sich 
auf  007  g.  Die  durch  die  Tätigkeit  der  Bakterien  aus  den  stickstoffhaltigen 
organischen  Substanzen  gebildete  Menge  Stickstoffs  in  Form  von  Ammoniak 
beläuft  sich  auf  0"02  g.  Vom  Gesamtstickstoff  bildeten  sich  daher  i'ö7<'/o 
Stickstoff  in  Form  von  Ammoniak. 

Aus  den  stickstoffhaltinen  or<:anischen  Substanzen  sind  beim  Stadt- 
boden  aus  Prag  unter  der  Einwirkung  von  Bacillus  albuminis  bei 
Sauerstoffabschluß  vom  Gesamtstickstoff  sogar  23'23''/o  Stickstoff  in 
Form  von  Ammoniak  entstanden.  Dies  beweist,  daß  bei  Sauerstoffabschluß 
die  Fäuhiisprozesse  stark  hervortreten,  was  jedoch  bei  dem  Wald-  und 
Ackerboden  nicht  der  Fall  ist.  Wir  fanden,  daß  sich  beim  Waldboden  vom 
Gesamtstickstoff  bloß  l'79"/o  und  beim  Ackerboden  nur  l'570/o  Stickstoff 
in  Form  von  Ammoniak  gebildet  haben. 

Diese  gefundenen  Zahlen  bestätigen  neuerdings  die  von  uns  schon 
früher  vertretene  Ansicht,  daß  die  physikalischen  und  chemischen  Eigen- 
schaften des  Bodens,  speziell  die  Luftkapazität  und  die  Abbaufähigkeit 
der  stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen  von  großer  Bedeutung  sind. 


Methoden  zur  biochomischeu  L'utersuchuiig  des  Bodens.  875 

Wir  landen,  daß  die  stickstoffhaltij^en  organischon  Substanzen  in  den 
Städteböden  einen  ganz  anderen  chemischen  Charakter  besitzen,  als  die 
stickstoffhaltigen  organischen  Substanzen  im  Wald-  und  Ackerboden. 
Bei  ungenügendem  Sauerstoffzutritt  entsteht  Ammoniunikarbonat.  Trime- 
thylamin,  Indol,  Skatol  und  aus  dem  Schwefel  der  KiweiL'iköi-pci-  Schwctcl- 
^Yasserstoff  und  Merkaptane.  Diese  Verbindungen  wirken  ungemein  schädlich 
auf  das  Wurzelsystem  der  Pflanzen,  und  auf  solcheu  IJödcn  l)l('ibcn.  unsci-en 
Erfahrungen  gemälj,  die  Kulturpflanzen  in  ihrer  Entwicklung  zurück. 

XIII.  Eine  biochemische  Methode  zur  Bestimmung  des  Phosphor- 
säureanhydrids und  Kaliumoxyds,  welch  beide  sich  in  aufnahms- 
fähiger  Form  im  Boden  vorfinden. 

Die  chemischen  ^lethoden,  welche  man  bisher  zur  Feststellung  der  Menge 
des  seitens  des  Wurzelsystems  der  Pflanzen  assimilierbaren  Phosphorsäui'ean- 
hydrids  und  Kaliumoxyds  benutzte,  hefertcn  keine  verläliliclicn  Daten.  Nach 
meiner  Anschauung  eignet  sich  hierzu  am  besten  die  biochemische  Methode 
unter  Anwendung  von  Bakterien,  welche  elementaren  Stickstoff  assimilieren. 
Durch  die  ausgeschiedenen  Sekrete  der  Bakterien,  und  zwai-  durch  das 
Kohlendioxyd  und  die  organischen  Säuren  werden  die  wasserunlöslichen 
Phosphate  und  Kahsilikate  in  wasserlösliche  Form  umgewandelt  und  die 
Phosphat-  und  Kali-Ionen  für  den  Aufbau  neuer  lebender  ^Materie  der  Bak- 
terien assimiliert.  Wenn  man  einen  Boden  mit  solchen  Baktei'ien.  wie  z.  B. 
Azotobacter  chroococcum,  impft,  so  vermehren  sich  dit-  Bakterien  in  dem- 
selben Verhältnis,  als  sie  die  einzelnen  Ionen  in  aufnahmsfähiger  Form  im 
Boden  vorfinden.  Selbstredend  müssen  da  für  die  Entwicklung  des  Azoto- 
bacter alle  Vegetationsfaktoren  vertreten  sein. 

A.  Bestimmung  des  Phosphorsäureanhydiids. 

Versuchsmethodik. 

Eine  Durchschnittsprobe  wiiil  auf  einer  Glasplatte  ausgebreitet  und 
hierauf  von  allen  größeren  Steinen  befreit.  Sodann  wird  in  der  Bodeni)robe 
das  (iesamtphosphorsäureanhydrid  und  das  vorhandene  Kalziumkaibonat 
bestimmt.  Man  nimmt  kleine  Fernhach^vhQ  Kolben  (siehe  Fig.  219)  und 
gil)t  in  dieselben  von  einer  Durchschnittsprobe  100  c/  verschiedenartiger 
lufttrockener  Ackererde  mit  2 — ßo  o  Wasser  herein.  Ilierauf  werden  :>0  // 
Wasser  zugesetzt,  in  welchem  sich  '2'ö  cj  (Jlukose.  0*2  <;  Kaliumsulfat 
und  0-Ob  (/  Magnesiumchlorid  gelöst  hatten.  Diese  100//  Boden  samt  dem 
zugesetzten  Wasser  bilden  eine  Schichte  von  n — 4  mm  Höhe.  Die  Fern- 
fe«c/ischen  Kolben  sind  mit  einem  Kautschukpfroi)fen  verschlossen.  Durch 
den  einmal  gebohrten  PfVopfen  fühi't  eine  (ilasi-öhre.  welche  bis  nahe  an 
die  Oberfläche  des  Kolbeniidialtes  reicht.  Div  Fcrnhac/ischvu  Kolben  werden 
in  ein  geräumiges  Thermostat  gestellt  und  die  Temperatur  des  letzteren 
auf  200  Q    konstant   erhalten.   Der    Teil   des  Apparates,    der  zur  Bestim- 


876 


Julius  Stoklasa. 


mung"  des  Kohlendioxyds  dient,  wird  neben  dem  Thermostat  auf  einem  Tisch 
plaziert.  Die  Kolben  mit  der  Armatur  werden  im  strömenden  Dampf  sterili- 
siert und  dann  mit  Azotobakterkulturen  geimpft.  Eine  Serie  der  Kolben 
wird  nach  der  Impfung  noch  einmal  sterilisiert,  um  die  Bakterien  zu  töten. 
Die  Serie  der  Kontrollkolben  (mit  abgetöteten  Bakterien)  wird  in  der  Brut- 
kammer ebenfalls  bei  einer  Temperatur  von  20"  C  510  Stunden  lang  stehen 
gelassen.  Täglich  werden  20  l  keim-,  kohlendioxyd-,  ammoniak-  und  salpeter- 
säurefi'eie  Luft  durch  die  Serie  der  geimpften  Kolben  oberhalb  des  Bodens 
durchgetrieben. 

Nach  Ablauf  von  510  Stunden  wird  in  einer  Serie  der  Kolben  der 
Stickstoff  nach  Jodlbauer-Kjeldahl  ermittelt.  Die  Bestimmung  des  Stickstoffs 
in  dem  Ackerboden  ist  mit  großen  Schwierigkeiten  verbunden.  Wir  konnten 
von  den  vielen  erprobten  Methoden  nur  diejenige  benutzen,  wo  das  ganze 

Fig.  219. 


Quantum,  also  100^  des  Bodens,  in  5 — 6  Aufschheßkolben  verteilt  und 
dann  die  Destillation  mit  Natronlauge   portionsweise  vorgenommen  wurde. 

Der  Inhalt  der  anderen  i^en?6rtcÄschen  Kolben  wurde  auf  1  l  der 
Flüssigkeit  verdünnt  und  in  dem  reinen  Filtrate  das  Phosphorsäureanhych'id 
bestimmt. 

Die  klare  Lösung  wird  mit  Salpetersäure  angesäuert,  bis  zur 
Trockene  abgedampft,  mit  Natriumkarbonat  und  Natriumnitrat  vermischt 
und  sodann  verbrannt.  Der  Rückstand  wird  in  heißem  Wasser  nach  Hin- 
zufügung von  Salpetersäure  gelöst,  filtriert  und  in  dem  reinen  Filtrate  das 
Phosphorsäureanhydrid  mittelst  der  Molybdänmethode  bestimmt.  Es  ist  hier 
noch  hervorzuheben,  daß  die  Filtrate  nach  dem  Versuche  nur  Spuren  von 
Phosphorsäureanhydrid  aufwiesen. 

Im  nachstehenden  sind  die  weiteren  Resultate  unserer  Untersuchungen 
wiedergegeben. 


Methoden  zur  biuchemischen  Untersiicluuig  tlos  Bodens.  377 

1.  Granitboden  von  Svojsic,  enthält  O-lOH"/«  l\(\. 
Angewendet  wurden  100 /;  mit  0-103/7  P2O5. 

Die  folgenden  Daten  sind  alle  auf  100  </  Trockensubstanz  des  ange- 
wendeten Bodens  berechnet. 

Der  (iesamtstickstoff  aus  den  geimpften  Kolben  betrug  0164 </.  Der 
Gesamtstickstoff  aus  den  ungeimpften  Kolben  belief  sich  auf  0110//.  Stick- 
stoff gewinn  0054^. 

Wenn  man  annimmt,  daß  die  Bakterienmasse  von  Azotobakter  in  der 
Trockensubstanz  10 V«  Stickstoff  enthält,  so  haben  sich  0-54 //  der  Bakte- 
rienmasse gebildet.  Diese  enthält  in  der  Trockensubstanz  nach  unseren 
Untersuchungen  durchschnittlich  5"/o  Phosphorsäureanhydrid.  Somit  ist  in 
der  Bakterienmasse  O'Ü^l g  Phosphorsäui-eaiihydrid  in  oi'ganischen  Formen 
vorhanden.  Tu  Prozenten  ausgedrückt  macht  dies  von  der  Gesamtphosphor- 
säureanhydridnienge  26'21. 

Demnach  wurden  vom  Gesamtphosphorsäureanhydrid  von 
dem  Azotobacter  chroococcum  in  510  Stunden  0-027// oder  26-2lVo 
P2O3  gelöst  und  von  den  Bakterien  assimiliert. 

2.  Angeschwemmter  Boden  von  Sadska,  enthält  0-084Vo  P2  G5. 
Angewendet  wurden  100  g  mit  0-084//  P2  Og. 

Die  folgenden  Daten  sind  auf  100//  Ti-ockensubstanz  des  angewendeten 
Bodens  berechnet. 

Der  Gesamtstickstoff  aus  den  geimpften  Kolben  betrug  0-168//.  Der 
Gesamtstickstoff  aus  den  ungeimpften  Kolben  bezifferte  sich  auf  0086 f/. 
Stickstoff  gewinn  0-082  r/. 

Wenn  man  annimmt,  dal.')  die  Bakterienmasse  von  Azotobakter  in  der 
Trockensubstanz  lO^/o  Stickstoff  enthält,  so  haben  sich  0-82//  der  Bakte- 
rienmasse gebildet.  Diese  enthält  in  der  Trockensubstanz  nach  unseren 
Untersuchungen  durchschnittlich  ö^/o  Phosphorsäureanhydrid.  Somit  ist  in  der 
Bakterienmasse  (J-041  g  Phosphorsäureanhydrid  in  organischen  Formen  vor- 
handen. In  Prozenten  ausgedrückt,  macht  dies  von  der  Gesamtphosphor- 
Säureanhydridmenge  48-8. 

Demnach  wurden  vom  Gesamtphosphorsäureanhydrid  von 
dem  Azotobacter  chroococcum  in  510  Stunden  0-041//  oder  48-8Vo 
P.,  O5  gelöst  und  von  den  Bakterien  assimiliert. 

3.  Basaltboden  von  Tetschen,  enthält  0-189"/o  P2<V>- 
x\ngewendet  wurden   100//  mit  0-189//  P2O5. 

Die  folgenden  Daten  sind  alle  auf  100  ,y  Trockensubstanz  des  an- 
gewendeten Bodens  berechnet. 

Der  Gesamtstickstoff  aus  den  geimpften  Kolben  betrug  0178//. 

Der  Gesamtstickstoff  aus  den  ungeimpften  Kolben  bezifferte  sich  auf 
0-128/7,  Stickstoff  gewinn  Omo  g. 

Wenn  man  nun  annimmt,  daß  die  Bakterienmasse  von  Azotobakter 
in  der  Trockensubstanz  lO^o  Stickstoff  enthält,  so  haben  sich  0-50^  der 
Bakterienmasse  gebildet.  Diese  enthidt  in  der  Trockensubstanz  nach  unseren 
Untersuchungen  durchschnittlich  5'7o  Phosphorsäureanhydrid.    Somit  ist  in 


gYg  Julius  Stoklasa. 

der  Bakterienmasse  0"025  g  Pliosphorsäureanhydrid  in  organischen  Formen 
vorhanden.  In  Prozenten  ausgedrückt  macht  dies  von  der  Gesamtphosphor- 
säureanhydridmenge  1  ;V22. 

Demnach  wurden  vom  Gesamtphosphorsäureanhydrid  von 
dem  Azotobacter  chroococcum  in  510  Stunden  0025  (jf  oder  13'22''/o 
PäOö  gelöst  und  von  den  Bakterien  assimiliert. 

4.  Waldboden  von  Kundratitz  bei  Prag,  enthält  009«/o  I*2<>5- 

Ange^Yendet  wurden  100  (/  mit  0090  (/  V.^O-^. 

Die  folgenden  Daten  sind  aUe  auf  10^  g  Trockensubstanz  des  an- 
gewendeten Bodens  berechnet. 

Der  Gesamtstickstoff  aus  den  geimpften  Kolben  betrug  0169  g. 

Der  Gesamtstickstoff  aus  den  ungeimpften  Kolben  bezifferte  sich  auf 
0-148^,  Stickstoffgewinn  0-021^. 

Wenn  man  annimmt,  daß  die  Bakterienmasse  von  Azotobakter  in  der 
Trockensubstanz  lOVo  Stickstoff  enthält,  so  haben  sich  0-21  g  der  Bakterien- 
masse gebildet.  Diese  enthält  in  der  Trockensubstanz  nach  unseren  Unter- 
suchungen durchschnittlich  5"/o  Phosphorsäureanhydrid.  Somit  ist  in  der 
Bakterienmasse  00105^  Phosphorsäureanhydrid  in  organischen  Formen 
vorhanden.  In  Prozenten  ausgedrückt  macht  dies  von  der  Gesamtphosphor- 
säureanhydridmenge  1 1  '66. 

Demnach  wurden  vom  Gesamtphosphorsäureanhydrid  von 
dem  Azotobacter  chroococcum  in  510  Stunden  0"0105^  oder 
ir66Vo  Phosphorsäureanhydrid  gelöst  und  von  den  Bakterien 
assimiliert. 

B.  Bestimmung  des  Kaliumoxyds. 

Um  zu  eruieren,  ob  sich  Kahumoxyd  im  Boden  in  aufnahmsfähiger 
Form  vorfindet,  haben  wir  zu  100  (/  lufttrockenen  Bodens  30  </  Wasser 
zugesetzt,  in  welchem  sich  2"5 g  Glukose,  1  g  Dinatriumphosphat  und  005 g 
Magnesiumchlorid  gelöst  hatten  und  sind  bei  den  diesbezüglichen  folgen- 
den Versuchen  sonst  genau  so  vorgegangen  wie  bei  den  vorhergegangenen. 

1.  Granitboden  von  Svojsic,  enthält  0-27 Vo  K2  0. 

Angewendet  wurden  100  ^  mit  0"27  g  Kj  0. 

Die  folgenden  Daten  sind  alle  auf  100  g  Trockensubstanz  des  an- 
gewendeten Bodens  berechnet. 

Der  Gesamtstickstoff  aus  den  geimpften  Kolben  betrug  0"169  (/,  der 
Gesamtstickstoff  aus  den  ungeimpften  Kolljen  belief  sich  auf  0410  g, 
Stickstoffgewinn  0'059  g. 

Wenn  man  nun  annimmt,  daß  die  Bakterienmasse  von  Azotobakter 
in  der  Trockensubstanz  lO^/o  Stickstoff  enthält,  so  haben  sich  0-59^  der 
Bakterienmasse  gebildet.  Diese  enthält  in  der  Trockensubstanz  nach  unseren 
Erfahrungen  durchschnitthch  2-50/0  Kaliumoxyd.  Somit  ist  in  der  Bakterien- 
masse 001 475  g  Kahumoxyd  in  organischen  FormiCn  vorhanden.  In  Pro- 
zenten ausgedrückt  macht  dies  von  der  Gesamtkaliumoxvdmenge  546. 


Methoden  zur  biochemischen  Untersnchnn;^  des  Bodens.  379 

Demnach  wurden  vom  Gesamtkaliumoxyd  von  dem  Azoto- 
bacter  cliroococcum  in  ölO  Stunden  0-01475  </  oder  5-46''/o  Ko  0 
gelöst  und  von  den  Bakterien  assimiliert. 

2.  Angeschwemmter  Boden  von  Sadska,  enthält  0-09:V'/o  K.,  0. 
Angewendet  wurden  100  y  mit  0'093  (/  Kg  0. 

Die  folgenden  Daten  sind  auf  100  y  Trockensubstanz  des  angewen- 
deten Bodens  berechnet. 

Der  Gesamtstickstoff  aus  den  geimpften  Kolben  lieti'ug  0188  g.  der 
Gesamtstickstoff  aus  den  ungeimpften  Kolben  beziffert  sich  auf  0"086  g, 
Stickstoffgewinn  0102  y. 

Wenn  man  nun  annimmt,  daß  die  Bakterienmasse  von  Azotobakter 
in  der  Trockensubstanz  10 Vo  Stickstoff  enthält,  so  haben  sich  1-02  g 
der  Bakterienmasse  gebildet.  Diese  enthält  in  der  Trockensubstanz  nacii 
unseren  Erfahrungen  durchschnittlich  2'5°/o  Kaliumo.xyd.  Somit  ist  in 
der  Bakterienmasse  0"0255  g  Kahumoxyd  in  organischen  formen  vor- 
handen. In  Prozenten  ausgedrückt  macht  dies  von  der  (Jesamtkaüum- 
oxydmenge  27'41. 

Demnach  wurden  vom  Gesamtkaliumoxyd  von  dem  Azoto- 
bacter  chroococcum  in  510  Stunden  0'0255  y  oder  27-41"/ü  K^  0 
gelöst  und  von  den  Bakterien  assimiliert. 

3.  Waldboden  von  Kundi-atitz,  enthält  0137^0  K.^  0. 
Angewendet  wurden  100  r/  mit  0*137  ,(/  K,  0. 

Die  folgenden  Daten  sind  auf  100  g  Trockensubstanz  des  angewen- 
deten Bodens  berechnet. 

Der  Gesamtstickstoff  aus  den  geimpften  Kolben  betrug  0160  y.  der 
Gesamtstickstoff  aus  den  ungeimpften  Koliten  beläuft  sich  auf  0148  7, 
Stickstoff  gewinn  0-012^. 

Wenn  man  annimmt,  daß  die  Bakterienmasse  von  Azotobakter  in  der 
Trockensubstanz  lO^/o  Stickstoff  enthält,  so  haben  sich  012//  der  Bakterien- 
masse gebildet.  Diese  enthält  in  der  Trockensubstanz  nach  unseren  Er- 
fahrungen durchschnittlich  2'5''/o  Kaliumoxyd.  Somit  ist  in  der  Bakterien- 
masse 0003  g  Kaliumoxyd  in  organischen  Formen  vorhanden.  In  Prozenten 
ausgedrückt  macht  dies  von  der  Gesamtkaliumoxydmenge  218. 

Demnach  wurden  vom  Gesamtkaliumoxyd  von  dem  Azoto- 
bacter  chroococcum  in  510  Stunden  0'003  g  oder  218"  0  Kalium- 
oxyd gelöst  und  von  den  Bakterien  assimiliert. 

Nun  schreiten  wir  zur  nähei-en  Beobachtung  der  von  uns  bei  der 
Phosi)h()rsäureanhydrid-  und  Kaliumoxydbestimmung  erzielten  Resultate. 

Diese  vergleichenden  Versuche  bezüglich  Feststellung  des  Phosphor- 
säm-eanhydrids  im  Boden  ergaben,  daß  bei  dem  (iranitboden  von  Svojsic 
ein  Stickstoffgewinn  von  54  mg,  l)ei  dem  angeschwemmten  Boden  von 
Sadska  ein  solcher  von  82  mg.  bei  dem  Basaltboden  von  Tetschen  ein 
solcher  von  50  mg  und  bei  dem  Waldboden  von  Kundiatitz  ein  solcher 
von  21  mg  zu  konstatieren  ist.  Phosphorsäureanhydrid  wurde  bei 
dem    Granitboden    von  Svojsic  27  mg,  bei  dem  angeschwemmten 


880  Julius  Stüklasa. 

ßoclen  von  Sadska  41  mg,  bei  dem  Basg^ltboden  von  Tetschen  2b  mg 
und  bei  dem  Waldboden  von  Kundratitz  10  mg  assimiliert. 

Bei  den  Experimenten  betreffs  der  Ermittluni>  des  Kaliumoxyds  im 
Boden  wurde  bei  dem  Granitboden  von  Svojsie  ein  Stiekstoffgewinn  von 
59  mg,  bei  dem  angeschAvemmten  IJoden  von  Sadska  ein  solcher  von  102  mg 
und  bei  dem  Waldboden  von  Kundratitz  ein  solcher  von  12  mg  gefunden. 
Kaliumoxyd  wurde  bei  dem  Granitboden  von  Svojsie  14  mg,  bei 
dem  angeschwemmten  Boden  von  Sadska  2b  mg  und  bei  dem  Wald- 
boden von  Kundratitz  '6  mg  aufgenommen. 

Nach  unseren  Erfahrungen  ist  der  angeschwemmte  Boden  von  Sadska 
äußerst  fruchtbar.  Der  Granitboden  von  Svojsie,  sowie  Basaltboden  von 
Tetschen  waren  nur  mäßig  fruchtbare  Böden,  der  Boden  von  Kundratitz 
hingegen  ein  schlechter  Boden,  bei  welch  letzterem  durch  die  Düngung  mit 
wasserlösücher  Phosphorsäure  und  KaUsalzen  ein  großer  Effekt  sowohl  in 
der  Quantität  als  auch  in  der  Quaütät  der  Ernte  erzielt  wird.  Es  ist  hier 
noch  zu  erwähnen,  daß  der  Granitboden  von  Svojsie,  Basaltboden  von 
Tetschen  und  angeschwemmter  Boden  von  Sadska  einen  schwach  alkali- 
schen Charakter,  der  Waldboden  von  Kundratitz  hingegen  einen  schwach 
sauren  Charakter  besaß. 

Ich  könnte  aus  meiner  Praxis  noch  viele  andere  Beispiele  anführen, 
durch  welche  dokumentiert  wird,  daß  die  obenerwähnte  Methode  nur 
günstige  Ilesultate  liefert.  Wie  wir  uns  durch  zahlreiche  Düngungsversuche 
im  Vegetationshaus,  sowie  am  Versuchsfelde  überzeugt  haben,  bietet  unsere 
neue  Methode  einen  Fingerzeig  für  den  Nährstoft'ersatz  unserer  Kultur- 
pflanzen auf  verschiedenartigen  Böden. 

XIV.  Bakterielle  Bodenuntersuchungen. 

Nach  unseren  Untersuchungen  existieren  folgende  Gruppen  von  Bak- 
terien im  Boden,  welche  den  Kreislauf  des  Stickstoffs  in  demselben  bedingen: 

1.  Gruppe:  Bakterien,  welche  den  Luftstickstoff  assimilieren  und 
denselben  in  organische  Formen  überführen.  Hierher  gehören:  Bac.  radi- 
cicola,  Clostridium  Pastorianum,  Bac.  megaterium  (Alinitbacülus), 
Azotobacter  chrooeoecum  (Beijerinck),  Clostridium  americanum 
(Fringsheim) '^),  Bac.  asterosporus  (ßredemann)  ^)  usw. 

2.  Gruppe:  Bakterien,  welche  die  stickstoffhaltigen  organischen  Sub- 
stanzen zersetzen  und  als  Endprodukt  Ammoniak  bilden.  (Bakterien,  welche 


\ 


^)  Hans  Pringsheim,  Über  ein  Stickstoff  assimilierendes  Clostridium.  Zentralbl.  f. 
Bakt.,  Parasiteukunde  und  Infektionskrankheiten.  Abt.  II.  Bd.  16.  1906.  S.  795.  —  Zweite 
Mitteilung,  L'ber  die  Verwendbarkeit  verschiedener  Energiequellen  zur  Assimilation  des 
Luftstickstoffs  und  die  Verlireitung  stickstoffbindender  Bakterien  auf  der  Erde.  Ibid. 
Bd.  20.  1908.  S.  248.  Derselbe,  tJber  die  Identität  Stickstoff  bindender  Clostridien.  Ibid. 
Bd.  24.  1909.  S.  488. 

-)  Bredemann,  Regeneration  der  Fähigkeit  zur  Assimilation  von  freiem  Stickstoff 
des  Bacillus  amylobacter.  Berichte  d.  deutsch,  bot.  Gesellsch.   Bd.  26  a.  1908.  S.  362. 


Methoden  zur  biochemischen  Intersuchung  des  Bodens.  881 

die  stickstoffhiiltifien  organischen  Snbstanzen  mineralisieren.)  Hierher  ge- 
hören: Bac.  ureae,  liact.  coprophilum,  liact.  Severin  i.  liac.  protens 
vulgaris,  Bac.  butyrieiis  (Hueppe),  Bac.  inycoides,  Bac.  sulitilis.  I>ac. 
mesentericus  vulgatus,  Bac.  foetidns,  Bac.  tenuis,  Bac.  niegati  rinin. 
Bact.  coli   commune.  Bac.  typhi  abdominalis  usw. 

3.  (iruppe:  Nitrosationsbakterien.  Diese  (irnpix'  oxydiert  Aninioniak 
zu  salpetriger  Säure  (Nitritation). 

4.  Gruppe:  Nitrifikationsbakterien,  welche  die  salpetrige  Säure  zu 
Salpetersäure  ox3'dieren  (Nitratation):  Bact.  iiit  lohacter  usw. 

5.  Gruppe:  Hierher  gehören  jene  Bakterien,  welche  imigekehrt  die 
Nitrate  (Salpetersäure)  zu  Nitriten  (salpetrige  Säui'e)  i'eduzieicii  und  sclilieb- 
lich  bis  auf  die  Ammoniakstufe  bringen.  Es  sind  dies:  B)ac.  mycoides, 
Bac.  subtilis.  Bact.  fuscuni.  Bac.  li(]uidus.  Bac.  nubilis.  liac.  vul- 
garis, Bac.  coli,  Bac.  Zenkeri,  Bac.  prodigiosu.^  Bac.  TKiuefacien.s, 
Bac.  arborescens,  Clostridium  gelatinös  um  (Laxa)  usw. 

6.  Gruppe:  Denitrifikationsbakterien,  welche  einen  groüen  Teil  der 
Nitrate  zu  Nitriten  und  schliel.Uich  die  salpetrige  Säure  zu  Stickstoffmono.xyd. 
Stickstoffdioxyd  und  elementarem  Stickstoff  reduzieren.  In  einem  bestimmten 
Nährmedium  bewirken  sie  die  Nitratgärüng.  Wir  zählen  zu  denselben: 

Pseudomonas  fluorescens  (Bac.  fluorescens  licjuefaciens), 
Pseudomonas  Stutzeri  (Bac.  Stutzeri),  Pseudomonas  aeruginosa 
(Bac.  pyocyaneus),  Bact.  Hartlebii.  Bact.  centropunctatum.  Bac. 
filefaciens.  Bact.  nitrovorum,  Bact.  denitrificans  usw. 

Alle  diese  Gruppen  der  Bakterien  i'ufen  eine  ständige  Metamorphose 
der  Stickstoffverbindungen  in  der  Ackerkrume  hervor,  wenn  alle  Vegetations- 
faktoren vorhanden  sind. ' )  Bei  dem  Bau  und  Betriebsstoffwechsel  bildet  sich 
eine  neue  lebende  Materie,  welche  auf  Kosten  des  elementaren  Stickstoffs. 
Stickstoffmonoxyds,  Stickstoffdioxyds  oder  des  Ammoniaks  oder  der  sal- 
petrigen Säure  oder  der  Salpetersäure  in  Gegenwait  geeigneter  Kohlen- 
hydrate oder  oi'ganischer  Säuren  (in  P'orm  von  neutralen  Salzen)  sowie  bei  XOr- 
handensein  aller  wichtigen  anorganischen  Nährstoffe,  und  zwar  des  Phosphors. 
Schwefels.  Chlors,  Kaliums.  Natriums.  Magnesiums.  Kalziums.  Aluminiums. 
Eisens  und  .Mangans  entsteht.  Durch  die  Tätigkeit  der  lebenden  Bakterienzellen 
geht  hauptsächhch  eine  Synthese  der  formativen  und  i)lastis('hen  Stickstoff- 
verbindungen vor  sich.  Die  Synthese  der  formativen  und  plastischen  Stick- 
stoffverlnndungen  ist  in  erster  Hinsicht  von  dem  Wachstum  der  Bakterien 
und  der  damit  in  Verbindung  stehenden  Energie  der  Assimilation  des  elemen- 
taren Stickstoffs  (bei  den  Bakterien,  welche  elementaren  Stickstoff 
•  assimiheren),  ferner  von  der  Intensität  des  Ammonisationsprozesses  oder 
von  der  Energie  der  Nitrit-  sowie  Nitratbildung  und  Nitratgännig  abhängig, 
^lit  der  Energie  des  Stoff-  und  Gasaustausches  wächst  auch  die  P.ildung 
der  formativen  und  plastischen  Stickstoffverbindungen.  Alle  diese  Prozesse 
sind  abhänui":    1.  Von  dem  Verhältnisse  der  Menge  des  Knergiematerials 


')  Orla  Jensen^   Die   Hauptlinien  des  natürlich(Mi    IJakteriensystenis.   Zentralld.  f. 
Bakt,  Parasitenkundo  und  Infektionskrankheiten.  Abt.  II.  Bd.  22.  lOni). 

Ahdorhalden,  Haiulbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  .^O 


gg2  Julius  Stoklasa. 

zur  Menge  des  Stickstoffes  im  Nährmedium:  2.  von  der  Mechanik  der 
physiologischen  Verbrennung;  3.  von  der  Konzentration  der  Lösung;  4.  von 
der  Temperatur  und  5.  von  der  Gegenwart  oder  Abwesenheit  des  Sauerstoffs. 
d.  h.  inwiefern  der  Prozeß  ein  aerobiotischer  oder  ein  anaerobiotischer  ist. 

Zu  den  wichtigen  Vegetationsfaktoren  der  Bakterien  sind 
die  physikalischen  und  chemischen  Eigenschaften  des  Bodens 
zu  zählen.  f]rst  durch  einen  günstigen  physikalischen  Bau  und 
durch  eine  günstige  Bodenlagerung  kommen  die  biochemischen 
Vorgänge  der  Bakterien  zur  vollen  Geltung.  Namentlich  sind  das 
die  physikalischen  Eigenschaften,  wie  Durchlässigkeit,  Wasser- 
und  Luftkapazität,  Porosität  des  Bodens,  welche  auf  die  An- 
reicherung des  Stickstoffs  des  Bodens  durch  die  Bakterien  und 
auf  die  Metamorphose  der  stickstoffhaltigen  Substanzen  den 
größten  Einfluß  ausüben. 

Je  mehr  Energiequelle  im  Nährmedium  vorhanden  ist ,  desto  mehr 
formative  und  plastische  Stickstofl'verbindungen  werden  bei  Gegenwart  von 
geeigneten  Stickstoffciuellen,  ferner  des  POi-Ions  und  noch  anderer  anorgani- 
scher Nährstoffe  gebildet. 

Einen  großen  Einfluß  auf  alle  diese  Prozesse  hat  die  Wahl  der 
Kohlenstoffnährquelle  und  zwar  der  Kohlenhydrate  oder  der  organischen 
Säuren  in  neutraler  P'orm,  denn  die  Bakterien  sind  in  bezug  auf  die  Kon- 
figuration des  Moleküls  der  Kohlenhydrate  sehr  wählerisch.  Es  müssen  die 
Experimente  mit  Bakterien  derart  ausgeführt  werden,  daß  im  Nährraedium 
den  Bakterien  immer  die  beste  Kohlenstoffnährquelle  geboten  wird,  um  ein 
möglichst  starkes  Wachstum  der  Bakterien  zu  erzielen.  Die  quantitative  Be- 
stimmung der  bakteriellen  Tätigkeit  des  Erdbodens  ist  zuerst  von  T.  Bemi/ 
bearbeitet  worden.  Es  dienten  ihm  dazu  die  Methoden  zur  Bestimmung  der 
stickstoffbiiidenden  Kraft  des  Bodens  des  Fäulnisvermögens,  der  nitrit-  und 
nitratbildenden  Fähigkeit  und  der  denitrifizierenden  Kraft  des  Bodens. 

Bemi^  pubüzierte  die  Ergebnisse  dieser  bakteriologischen  Studien  i) 
im  Jahre  1902  und  versuchte  die  systematische  Nutzbarmachung  von  An- 
häufungskulturen für  biologische  Bodenuntersuchungen.  Doch  war  ihm,  im 
Gegensatz  zu  den  früheren  Bestrebungen  ähnlicher  Art,  nicht  der  Umfang  der 
Entwicklung  bestimmter  Organismen  in  den  gewählten  Nährflüssigkeiten, 
sondern  die  Ausgiebigkeit  leicht  feststeUbarer,  stofflicher  Veränderungen  in 
diesen  der  Anhaltspunkt  für  die  Beurteilung  der  Bakterienkräfte  im  Boden.  2) 

')  Th.  Bcmi/,  Bodenbakteriologische  Studien.  Zentralbl.  f.  Bakteriol.  Bd.  8.  1902. 
Nr.  21.  S.  657,  699,  728  und  761. 

-)  Über  die  Methode  von  Bemy  äußerte  sich  Hu(/o  Fischer  in  seiner  Abhandlung  : 
„Einige  neuere  Erfahrungen  der  Bodenbakteriologie"  (Berichte  der  deutschen  botan.  Gesell- 
schaft, 28.  Jahrg.,  Berlin  1910)  in  folgender  Weise:  „Einen  wirklichen  Anhalt  für  Be- 
urteilung des  Ijestehenden  bakteriellen  Bodenzustaudes  bekommen  wir  also  nath  der 
Methode  Remy-Löhnis  nur  für  die  Nitrobakterien  und  zum  Teil  vielleicht  auch  für  die 
Stickstoffsammler,  sicherlich  nicht  für  die  ammonisierenden  und  für  die  denitrifiziereu- 
den  Bakterien.  Dagegen  können  wir  aus  geringer  l)akterieller  Aktivität  mit  bedeutender 
Sicherheit  darauf  schließen,  daß  es  dem  betreffenden  Boden  entweder  an  Kalk  oder  an 
Humus  oder  vielleicht  an  noch  etwas  anderem  unbekanntem  mangelt." 


Metboden  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  8g3 

Die  Methode  von  Eemy  wurde  von  vielen  Forschern  ergänzt,  nament- 
lich von  Hiltner,  Ehrenhcrg,  Wohltmann,  Fischer,  Schneider,  Vogel,  Lühnis, 
Buhlert,  Ficketidey,  Stoklasa  und  Chr.  Barthel. 

Probenahme. 

Die  Probenahme  wird  nach  Vogel  und  Zeller ')  foliiendermaßen  vor- 
genommen :  von  =  1  hn  Boden  wird  von  .500  verschiedenen  Stelleu 
nach  jedesmaliger  Entfernung  der  obersten  Bodenschicht  mit  einem 
mit  Alkohol  gereinigten  und  abgeflammten  Spaten  die  zur  Unter- 
suchung bestimmte  Probe  von  der  darunter  liegenden  Erde  aus  etwa 
8 — 15  cm  Tiefe  entnommen.  Es  kommen  also  stets  nur  die  oberen  Schichten 
der  Ackerkrume,  in  welchen  sich  das  Bakterienleben  am  lebhaftesten  voll- 
zieht, zur  weiteren  Prüfung.  Die  erhaltenen  Einzelportionen  gelangen  in 
saubere,  trockene,  mehrere  Stunden  auf  90 — lOO"  C  erhitzt  gewesene, 
mit  Glasstöpsel  verschlossene  Glasbüchsen  und  werden  im  Labora- 
torium auf  einer  sterilen  Glasplatte  mit  sterilisierten  Löffeln  gründlich 
durchgemischt.  Alsdann  werden  die  Proben  durch  ein  längere  Zeit  auf 
loO"^  C  erhitzt  gewesenes  3;Hw-Sieb  gesiebt  und  der  nochmals  durch- 
gemischte Boden  zu  den  Untersuchungen  vei'wendet.  Von  der  gesiebten  und 
gründlich  durchgemischten  Erde  wird  stets  sofort  der  Gesamtstickstoff- 
und  Wassergehalt  bestimmt  und  ein  wässeriger  Auszug  auf  Anwesenheit  von 
Nitrat,  Nitrit  und  Ammoniak  geprüft.  Sind  Salpetersäure  oder  salpetrige 
Säure  nachweisbar,  so  erfolgt  die  Bestimmung  des  Gesamtstickstoffs  nach 
Jodlhaur,  andernfalls  ohneweiters  nach  Kjeldahl.  Bei  Anwesenheit  größerer 
Mengen  von  Salpetersäure,  salpetriger  Säure  und  Ammoniak  ist  es  unnm- 
gänglich  notwendig,  alle  ?>  Stickstofformen  zu  bestimmen.  Die  Wasserbestim- 
mungen werden  stets  doppelt  unter  Anwendung  von  50^  Erde,  die  Stick- 
stoffbestimmungen vierfach  unter  Benützung  von  25  g  Erde  ausgeführt. 

a)   Assimilation  des  elementaren  Stickstoffes    durch    im   Boden 

V  0  r  h  a  n  d  e  n  e  Bakterie  n. 

Um  Aufschluß  über  die  biologische  Leistungsfähigkeit  dci-  Mikroben 
zu  erlangen,  bedient  man  sich  folgender  Nährlösung:  In  1000  cm"^  destillierten 
Wassers  werden  gelöst: 

20  g        Mannit,  0-2  g     Natriumchlorid. 

1  g        Dikaliumpliosphat,  je  Ol  g     Eisensnlfat  und  Alu- 

0-2  g     Magnesiumchlorid,  mininmsnlfat, 

0"5  q     Kalzinmkarbonat,  0"01  g  Manganchlorid. 

Wir  benutzten  hierzu  genan  denselben  Apparat,  wie  wir  ihn  für  die 
aerobe  Atmung'-)    verwendeten.    Es   war  dies    ein    nach    unseren  Angaben 


*)  Vofiel  iiiul  Zi'ller,  Beiträsro  zur  Mffhodik  der  liakteriolotrisclion  Biulonuiitor" 
suchuugen.  Mitteihiiiiren  des  Kaiser  Wilhcliii-Iiistituts  für  Landwirtscliaft  in  Hrciiiiliorg, 
Bd.  1.  Heft  2. 

-)  Julius  Sfoklasa,  Methoden  zur  Bestiinnmiip  der  Kxkrote  bei  der  .\tmuiiL'  der  Bak- 
tericnzelle.  E.  Abderhaldens  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  l'.»10.  S.  533. 

56* 


g84  Julius  Stoklasa. 

speziell  konstruierter  Kolben,  in  welchem  1  /  Xährlösiing  in  ganz  dünnen 
Schichten  in  Anwendung  gebracht  werden  konnte.  Der  Kolben  hatte  im 
Boden  einen  Durchmesser  von  40  cm. 

Jeder  Kolben  enthielt  1000  cm^  der  Nährlösung,  die  am  Boden  des 
Koll)ens  eine  sehr  dünne  Schicht  Inldete.  Nach  gründlicher  Sterilisation 
der  Kolben  samt  Pfropfen  in  strömendem  Dampf  Miirde  am  6.  Tage  die 
Lösung  mit  25  g  Erde  versetzt.  Hierauf  wurden  die  Kolben  in  einen  Thermo- 
staten gestellt  und  dessen  Temperatur  auf  20°  C  konstant  erhalten.  Da- 
selbst wurden  sie  30  Tage  belassen.  Einige  Kolben  mit  Nährlösung  und 
Boden  wurden  noch  einmal  sterilisiert  und  dienten  als  Kontrollkolben. 
Nach  diesen  30  Tagen  wurde  der  Iidialt  der  einzelnen  Kontrollkolben 
mit  destilliertem  Wasser  auf  2000  cm^  der  Lösung  verdünnt ,  der  ganze 
Inhalt  der  2  /-Kolben  auf  5  Teile  verteilt  und  der  Stickstoff  nach  Kjeldahl- 
WUfarth  bestimmt.  In  derselben  Weise  wurde  auch  der  Stickstoff  in  den 
blinden  Kolben  ermittelt.  Der  Stickstoffgewinn  in  ^lilUgramm  pro  Liter 
der  Nährlösung ,  respektive  pro  25  g  Boden  wird  auf  die  Art  festgestellt, 
daß  man  von  dem  Gesamtstickstoff  der  Kollien  mit  unsterihsiertem  Boden 
den  Stickstoffgehalt  der  blinden  Kolben  abzieht. 

h)  Methode    zur    Bestimmung    des     Ammonisationsvermögens  i) 

der  Böden. 

Zunächst  benutzte  Bemy  -)  zur  Bestimmung  der  Ammonisations- 
kraft  des  Bodens  Lösungen  von  l^/o  SchcringÄc\iQm  Pepton  in  Leitungs- 
wasser. Die  zu  je  100  on^  in  kleine  Erlenmai/eriiche  Kölbchen  gebrachte 
Nährlösung  wurde  nach  fraktionierter  dreimaliger  Sterilisation  unter  tun- 
lichstem Infektionsschutz  mit  lO'Vo-  '^l'^o  pro  Kölbchen  mit  10  g  der  zu 
untersuchenden  rohen  Erde  geimpft.  Die  Lösungen  standen  bei  20"  C  im 
Thermostaten.  In  bestimmten  Zeitabständen,  und  zwar  meist  nach  4  X  24 
und  8  X  24  Stunden  wurde  durch  Kochen  mit  gebrannter  Magnesia  der 
abgebaute  Stickstoff  in  einem  Teil  der  Lösung  bestimmt. 

Die  Bildung  des  Ammoniaks  aus  Pepton  ist  die  letzte  Phase  des  Ab- 
bauprozesses, an  dem  sich  nach-  und  nebeneinander  mancherlei  Organismen 
beteiligen  und  der  auch  ganz  verschiedenartige  Spaltungsvorgänge  umfaßt. 

Als  leichtabbaufähige  Stoffe  hat  später  Bemy  besonders  empfohlen : 
1.  Pepton  Witte  in  O'BVoiger  Lösung  zu  je  100  cm^  dosiert.  2.  Pepton  3Ierk 
in  P/oiger  Lösung  zu  je  100  cm^  dosiert.  3.  Feingemahlenes  und  durch 
zweimahges,  je  einstündiges  Erhitzen  auf  100"  C  steriUsiertes  Bluteiweiß 
zu  je  1  (/  mit  20  cm^  sterilem  Leitungswasser  aufgeschwemmt.  4.  Getrocknete, 
feingemahlene  und  in  der  unter  3.  erwähnten  Weise  vorbereitete  Hornspähne, 
zu  je  0"75^  mit  20  cm^  sterilem  Leitungswasser  aufgeschwemmt.  5.  Feinste 
Gelatine  in  O^S^/oiger,  mit  Soda  neutralisierter  Lösung  zu  je  100  cm^  dosiert. 

*)  Die  Bakteriologen  nennen  dieses  Vermögen  gewöhnlich  Fäulnisvermögen,  doch 
ist  diese  Bezeichnung  wenig  passend,  weil  ja  die  betreffenden  Vorgänge  bei  Sauerstoff- 
zutritt stattfinden. 

")  Th.  Bemy  und  G.  Rosine/,  Beitrag  zur  Methodik  der  bakteriellen  Bodeuunter- 
suchung.  (Zentralblatt  für  Bakteriologie  etc.  1910.  Bd.  29.  Nr.  1/3.  S.  36.) 


Methoden  zur  liiochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  88") 

Die  genannten  stickstoffhaltigen  Substanzen  wurden  in  kloine  Erlen- 
meyerkölbrlien  gebracht  und  dann  im  sti'ömenden  Hanipf  fraktioniert  sterili- 
siert. Geimpft  wurde  proKöllK-hen  mit  lOr/der/u  untersuchenden  Uodeiiprobe. 

Des  weiteren  führe  ich  hier  das  Verfahren  an.  welches  Chr.  liarflu-n) 
zur  Bestimmung  des  Ammonisationsvermögens    der  1  Joden    empfohlen  hat. 

Dei  diesen  Versuchen  hinsichtlich  iU^i^  Ammonisationsvermögens  de.s 
Bodens  wurde  lV2%iRe  Peptonlösung  (Pepton  Witte)  angewandt,  l'robier- 
röhren.  welche  lOcw^  dieser  liösung  enthielten,  wuiden  mit  '.x-m^  einer 
Bodenaufschlemmung  geimpft,  die  in  der  Weise  hergestellt  w.u-.  dali  man 
nach  BiihJcrt  und  Fickendey-)  'i'yOOg  des  untersuchten  Bodens  mit  300  an^ 
sterilen  Wassers  schüttelte.  Die  vergleichenden  Versuche  mit  dieser  Auf- 
schleinmungsmethode  einerseits  und  der  /iV;y^^schen  Methode  mit  AbwüLK-n 
des  Bodens  andrerseits  ergaben  als  Resultat  eine  bessere  Ci)ereinstimniung 
unter  den  Parallelversuchen  im  erstem  Falle.  Dies  zeigte  sich  nicht  nur 
hinsichtlich  der  Bestimmung  des  Ammonisationsvermögens.  sondern  auch 
in  bezug  auf  das  Denitrifikations-  und  das  Stickstoffassimilationsvermögen. 
Nach  4  Tagen  wurde  das  bei  20"  C  gebildete  Ammoniak  mit  Magnesia 
abdestilliert  und  auf  gewöhnliche  Weise  bestimmt.  Es  wui'den  jedesmal 
3  Parallelversuche  angestellt .  anl'icrdem  destillierte  man  ein  ebensolches 
Bohr  unmittelbar  nach  dem  Zusatz  der  P)odenaufschlemmung  al).  um  den 
schon  von  Anfang  an  vorhandenen  Ammoniakstickstoff  zu  bestimmen, 
welcher  dann  von  den  erhaltenen  Resultaten  abgezogen  wird.  p]s  zeigte 
sich  bald,  dali  die  bei  der  Bestimmung  des  Ammoniakstickstoffs  in  den 
verschiedenen  Parallelversuchen  erhaltenen  Zahlen  recht  gut  miteinandei- 
übereinstimmten.  Ebenso  erwies  es  sich,  dal)  verschiedene  Böden  sehr 
große  Schwankungen  im  Peptonspaltungsvermögen  aufweisen.  Tatsächlich 
geben  auch  verschiedene  Böden  charakteristische  Unterschiede:  aber  eine 
wirkliche,  zu  weiteren  Schlüssen  berechtigende  Übereinstimmung  wurde 
bisher  nach  Hu<jo  Fischer  nicht  erzielt,  auch  nicht  nachdem  Löhnis  die 
Verbesserung  eingeführt  hatte,  an  Stelle  von  Wasser  zum  Ansetzen  der 
Nährlösungen  einen  im  Autoklaven  hergestellten  Auszug  des  zu  unter- 
suchenden Bodens  zu  verwenden. 

Es  sind  hier  noch  einige  Methoden  zu  erwähnen,  welche  zur  Eru- 
ierung dienen,  ob  im  Boden  P>akterien  vorhanden  sind,  welche  den  Harn- 
stoff und  das  Calciumcyanamid  leicht  zersetzen.  Bei  ileii  Untersuchungen  be- 
züglich Harnstol'fzersetzung  durch  Bodenbakterien  erhielt  Söhm/tn  besonders 
gute  Resultate,  wenn  er  die  Harnstoffammonmalatlösnng  mit  (2%)  Erde 
impfte  und  bei  So«  C  kultivierte.  Es  kamen  fast  nur  Harnstoffzersetzer 
zur  Entwicklung  (spez.Urobacillus  Leubei.  Maddoxii.  Freudenreichii.  Duclaiixii. 
Jakschii).  Sehr  brauchbar  erwies  sich  auch  Bodenextrakt  -|-  OÜ')»  o 
Kg HPO4 -1-50/0  (oder  weniger)  Harnstoff. 


0  Chr.  Barthel,  Bodeubaktcriologische  Untcrsuchuniren.  Zentralltlatt  für  Bakterio- 
logie etc.  1910.  Bd.  25.  S.  108. 

•-)  Buhlrrt  und  Fickcndey,  Ztir  Methodik  diT  bakteriologischen  Bodcnunterauchung. 
Zentralblatt  für  Bakteriologie  etc.  lüOÜ.  Bd.  IG.  S.  39'J. 


ggß  Julius  Stoklasa. 

Die  Calciumcyanamidzersetzung  erfolgt  in  Lösungen  (Leitungswasser 
oder  Erdextrakt  +  2 Voo  Kalkstickstoff  +  O'öVoo  KoHPO^  +  OlVoo  Aspara- 
gin  +  0*1 7oo  Traubenzucker)  nur  daini  ungestört,  wenn  ausreichende  Erd- . 
mengen  zugegen  sind.  Vorheriges  gelindes  Erhitzen  der  Flüssigkeit  ist  auf 
den  Effekt  ohne  Einfluß.  Zur  Isoherung  dient  eine  entsprechende,  deutlich 
alkaüsch  reagierende  Gelatine.  Die  Reinkulturen  können  entweder  in  der 
durch  mehrmaliges  Erhitzen  im  strömenden  Dampf  sterilisierten  oder  durch 
Porzellan  filtrierten  Lösung  geprüft  werden:  im  letzteren  Falle  müssen 
jedoch  absorbierende  Substanzen  und  COg  steril  zugegeben  werden.  Die  von 
Kappen  gegen  die  Tauglichkeit  der  im  Dampf  sterilisierten  Kalkstickstoff- 
lösung erhobenen  Einwände  waren  unbegründet. 

Ich  verweise  hier  auf  die  ausführliche  und  interessante  Arbeit  von 
F.  Löhnis  und  seiner  Mitarbeiter,  siehe  Landwirtschaftliche  Bakteriologie 
von  Dr.  F.  Löhnis.  Verlag  von  Gebrüder  Bornträger,  Berhn  1910. 

c)  Methode   zur  Bestimmung    des   Nitrifikationsvermögens   der 

Böden. 

Bei  diesen  Versuchen  wurde  von  Buhlert  und  Fickendey  ausschließlich 
folgende  Lösung  angewandt: 

25  cm^  Leitungswasser, 
0*1  y   Ammoniumsulfat, 
0"0o^  Kaliumphosphat 
1  g      basisches  Magnesiumkarbonat. 

Diese  Lösung  wurde  mit  20  cm^  Bodenauf  schlemmung  geimpft  und 
nach  40  Tagen  bei  Zimmertemperatur  der  Salpetergehalt  der  Lösung  nach 
der  Methode  von  Schlösing  bestimmt. 

Zur  Konstatierung  des  Salpetersäureanhydrids  kann  man  auch  die 
Methode  von  Reitmair ,  Gra?idi-al  und  Lnjoux  mit  Vorteil  benutzen.  Bei 
Behandlung  von  Nitraten  mit  Thenolschwefelsäure  im  Überschuß  bildet  sich 
rikrinsäure,  welche  bei  Zusatz  von  Wasser  und  Ammoniak  ein  sehr  stark 
gelb  gefärbtes  Aramoniumsalz  ergibt.  Nitrite  hefert  diese  Reaktion  nicht. 
Der  Bodenextrakt  wird  mit  einer  empirisch  festgestellten  Skala  verglichen. 
Es  handelt  sich  hier  also  um  eine  kolorimetrische  Methode.  Die  Skala 
wird  in  der  Weise  festgestellt,  daß  7*22  g  Kaliumnitrat  in  1  /  destilliertem 
Wasser  gelöst  Averden  (Lösung  1).  Hiervon  werden  50  cm^  abpipettiert  und 
auf  1  l  verdünnt  (Lösung  2);  hiervon  werden  nunmehr  100  (w^  abgehoben, 
worauf  man  auf  1  /  verdünnt  (Lösung  o). 

1  cm^  von  Lösung  3  entspricht  0"005  mg  Stickstoff.  Von  dieser  Lösung 
werden  1  cm^  {=0-OObOmg  Stickstoff),  Vbcm-'{=  O'OOTö),  2  mH=0-0100), 
2-5  cm^  {=  0-0125).  3  crn^  (=  0-0150).  4  cm^  {=  0-0200).  bcmH=  0-0250), 
6cm3  (—0-0300)  und  8  cm»  {=  0-04:00 mg  Stickstoff)  in  Glasschalen  auf 
dem  Wasserbade  bis  zur  Trockne  abgedampft.  Hierauf  wird  überall  1  cm» 
Phenolschwefelsäure  (100  g  kristallisiertes  Phenol  in  900  g  Schwefelsäure) 
zugesetzt  und  mit  derselben  durch  Drehen  und  Wenden  der  Schale  der 
trockne  Rückstand  vollständig  befeuchtet.  Hierauf  wird  mit  5  cm»  Wasser 


Methoden  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens. 


887 


verdünnt  und  15  cm^  5°/oiges  Ammoniak  znfi;-esetzt.  Nun  tritt  die  jielbe 
Farbe  auf.  Der  Inhalt  der  Schalen  wird  in  Kolorinictorzylindoi-  von  50  rm^ 
übergespült  und  das  Vohimen  bis  zur  Marke  aufiict'üilt.  Ein  i^lcichor  Zylinder 
mit  destilliertem  Wasser  vervollständigt  die  Skala. 

Zur  Bestimmuno:  von  Salpetersäureanhydiid  in  einer  Bodenprobe  laßt 
man  100  g  Boden  unter  oft  wiederholtem  Schütteln  1  Stunde  mit  200  cm^ 
destilliertem  Wasser  stehen.  Sodann  filtriert  man  und  dampft  von  dem 
Filtrat  50  cm^  in  einer  Glasschale  l)is  zur  Trockne  auf  dem  Wasserbade 
ein.  Die  weitere  Behandlung  ist  dieselbe  wie  hier  oben  beschrieben.  Schlicii- 
hch  füUt  man  einen  kolorimetrischen  Zylinder  von  50  cm^.  woi-auf  man 
mit  der  vorhin  aufgestellten  Skala  vergleicht. 

Um  das  meistens  trübe  Filtrat  des  Bodens  zu  kliircn.  wird  das  Fil- 
trat in  einem  Becher  mit  einigen  Kubikzentimetern  Kalkwasser  (100  (/ 
CaO-fl000cm3  H.2O)  versetzt,  auf  dem  Wasserbade  erwärmt,  .sodann  in 
eine  Glasschale  filtriert  und  gewaschen. 

Anstatt  eine  solche  vollständige  Skala  anzuwenden,  ist  es  viel  be- 
quemer, nach  Söderhaums  Vorschlag  nur  2  oder  3  Lösungen,  z.  B.  zu  5, 
10  und  20  cm^  von  Lösung  3  zu  benutzen.  Die  zu  untersuchende  Lösung 
wird  (jedesmal  5  cniß  auf  bOcni^)  verdünnt,  so  daß  sie  in  der  Farbe  schwächer 
wird  als  irgend  eine  der  Standardlösungen.  Alsdann  wird  die  Farbstärke 
und  damit  der  Gehalt  der  Lösung  mit  Hilfe  eines  Koloiimeters.  z.  B.  des- 
jenigen Galle?ikamps,  bestimmt. 

Diese  Methode  zur  Bestimmung  des  Salpetersäureanhydrids  irißt  sich 
äußerst  leicht  ausführen  und  ist  daher  ganz  besonders  geeignet,  wenn  man 
eine  große  Anzahl  Proben  gleichzeitig  zu  analysieren  hat ;  außerdem  ist  sie 
besonders  scharf  und  emi)fin(llich. 

Boullamjer  und  Massol^)  haben  für  die  Messung  des  Nitrifikations- 
vermögens  der  Böden  einen  eigenen  Apparat  konstruiert.  Dieser  besteht 
aus  einem  Kolben  (siehe  Fig.  220 )  von  100  cni^ 
Rauminhalt,  in  welchen  ein  Kautschukstöpsel 
eingefügt  wird,  der  mit  zwei  Löchern  ver- 
sehen ist.  Durch  das  eine  wird  eine  ein- 
fache, winkelrecht  gebogene  (ilasröhre  ein-  __ 
gesetzt,  während  in  dem  anderen  eine  Röhre 
angebracht  wird,  die  bis  auf  den  Boden  des 
Kolbens  hinabreicht.  Oberhalb  des  Stöpsels 
ist  auch  diese  Röhre  im  Winkel  gebogen; 
außerdem  war  das  freie  Ende  noch  einmal, 
und  zwar  abwärts  gebogen  und  mit  einem 
Apparat  von  der  Gestalt  versehen,  wie  es 
Fig.  220  zeigt. 

Vor  Anwendung  des  Apparates  wird  die  Xitrifikationslösung  ein- 
gefüllt; bei  a  und  h  werden  Wattepfropfen    eingesetzt;    sod.inn    wird    (U'r 


Fig. 220. 


')  Boullanger  und  Massol,  Ann.  de  l'Inst.  Pasteut:   17.  1903  u.  18.   1904. 


838  Julius  Stoklasa. 

ganze  Apparat  im  Autoklav  sterilisiert.  Man  muß  hierbei  die  längere  Eölire 
etwas  hoch  stellen,  so  daß  ihre  Mündung  sich  oberhalb  des  Niveaus  der. 
Flüssigkeit  befindet,  weil  die  Lösung  sonst  leicht  in  den  Apparat  bei  h 
hinaufgepreßt  und  von  da  durch  die  Watte  hinausgedrängt  wird.  Nach 
Abkühlen  wird  die  Lösung  mit  der  Bodenaufschlemmung  geimpft,  worauf 
man  den  Apparat  bei  a  mit  einem  Aspirator  in  Verbindung  setzt.  Der 
kleine  Apparat  bei  h  dient  nur  dazu,  zu  verhindern,  daß  die  Flüssigkeit 
durch  den  Wattepfropfen  hiuausdringt ,  sobald  einigermaßen  ein  Gegen- 
druck entsteht,  was  leicht  eintreten  kann,  wenn  die  Luftsaugung  Tag  und 
Nacht  in  Gang  gehalten  werden  soll.  Entsteht  dieser  Gegendruck,  so  wird 
ein  kleiner  Teil  der  Flüssigkeit  in  den  kleinen  Behälter  übergeführt;  bei 
erneutem  Saugen  jedoch  geht  diese  Quantität  wieder  in  den  Kolben  zurück. 
Natürlich  läßt  sich  eine  ganze  Reihe  solcher  Apparate  miteinander  ver- 
binden und  durch  eine  Öffnung  in  der  Wand  des  Thermostaten  wird  die 
Leitung  zum  Aspirator  geführt.  Am  Ende  der  Reihe  wird  eine  gewöhnliche 
Waschflasche  mit  Wasser  eingeschaltet,  so  daß  die  Luft,  die  durch  die 
Flasche  gesogen  wird,  sich  beständig  feucht  hält.  Auf  diese  Weise  wird 
verhindert,  daß  die  Flüssigkeit  in  den  Flaschen  verdunstet.  Der  durch- 
gesogene Luftstrom  muß  sehr  kräftig  sein,  so  daß  die  Bodenpartikelchen 
zum  größten  Teil  sich  schwebend  in  der  Lösung  halten. 

d)  Methode  zur  Bestimmung  des  Denitrifikationsvermögens  der 

Böden. 

Denitrifikationsprozesse  finden  in  einem  Boden  nur  dann  statt,  wenn 
er  leicht  al)l)aufähige  organische  Substanzen  enthält  und  l)ei  ungenügen- 
dem Sauerstoffzutritt. 

Um  zu  ermitteln,  ob  tatsächlich  Denitrifikationsorganismen  im  Boden 
vorhanden  sind,  verwendet  man  nachstehende  Lösung.  In  1  /  destillierten 
Wassers  werden  gelöst: 

20  g  Glukose, 

5  g  Kalziumnitrat. 

1  g  Dikaliumphosphat, 

Ol  ^  Magnesiumchlorid, 

Ol  g  Eisensulfat, 

O'l  g  Aluminiumsulfat, 

O'Ol  g  Manganchlorid  und 

Ol  ^  Natriumkarbonat. 

Man  benutzt  eine  größere  Eprouvette  mit  50  cm^  dieser  sterilisierten 
Lösung,  impft  letztere  mit  25  cm^  Bodenaufschlemmung  und  läßt  die 
Eprouvette  in  einem  Thermostaten  bei  25 — 30''  C.  Bei  Vorhandensein  einer 
gewissen  ]\Ienge  von  Denitrifikationsmikroben  im  Boden  tritt  schon  nach 
24  Stunden  eine  Nitratgärung  ein. 

Mit  Hilfe  von  Diphenylamin  und  Schwefelsäure  kann  man  sich  über- 
zeugen, wie  die  Salpetersäure  nach  und  nach  aus  der  Lösung  verschwindet. 


I 


Methoden  zur  hiochemischeu  Untersuchung  des  Bodens.  j^H9 

Die  (luantitative  13estiininuii,i>'  dos  Salpetcrsäurevcrlustcs  wird  in 
nachsteheiidei-  Weise  vorgonoiimu'ii:  Ks  worden  Kr/enmr//er^('ho  Kolben, 
welche  2500  cnt'^  fassen,  mit  öOO  cni'^  der  besclirichencn  Nälirliisuni^' 
aniieiuUt.  Nach  t^Tündlicher  Sterilisation  und  nach  Aljlauf  des  Inkuhations- 
stadiums  werden  die  Kolben  mit  50 — 100  an^  Ijodonaufschlemmung- 
geimpft.  Einige  Kolben  bleiben  nach  nochmalig-er  Sterilisation  als  Kontroll- 
kolben, die  anderen  werden  10 — 30  Tag-e  in  der  Brutkammer  bei  einer 
Temperatur  von  25 — SO«  C  belassen.  Nach  Ablauf  dieser  Zeit  wird  der 
Stickstoff  sowohl  der  l)linden  als  auch  der  anderen  Kolben,  in  denen 
keine  Nitratgärung  vor  sich  ging,  in  folgenden  Formen  bestimmt: 

a)  als  Ammoniak, 

b)  als  salpetrige  und  Salpetersäure  und 

c)  in  organischer  Form. 

Bei  der  Analyse  wird  nach  StoMasa  in  nachstehender  Weise  vor- 
gegangen ^J: 

Der  Inhalt  des  Kolbens  wird  nach  dem  \'(Tsuche  auf  2000  cin'^ 
verdünnt.  Von  dieser  2000  cm ^  betragenden  Flüssigkeit  werden  hOO  cni^ 
zur  Bestimmung  des  Ammoniaks  abgeniesson,  und  /war  erfolgt  dies 
entweder  durch  Destillation  mit  MgO  oder  nach  (h'r  Methode  Bnumanu- 
Böhmer  in  der  Weise,  daß  eine  Portion  von  oOO  cm^  der  vorerwähnten 
verdünnten  Flüssigkeit  sehr  schwach  mit  Phosphorsäure  angesäuert,  im 
W^asserbade  bis  auf  einen  kleinen  Rest  eingedampft  und  dieser  in  ein 
Becherglas  abgespült  wird,  so  daß  derselbe  etwa  100  cm^  beträgt.  Aus 
dieser  Lösung  werden  die  vorhandenen  Eiweißkörper  nach  der  Methode 
Stutzers  gefällt,  d.  h.  sie  werden  bis  zum  Sieden  erhitzt,  dann  ihnen  etwa 
8  o» 3  Alaun  hinzugefügt  und  nach  teilweiser  Al)kühlung  5c>»^  Kupferoxyd- 
hydrat (enthaltend  03 — 04^  Cu^OHjg)  zugegossen.  Der  entstandene  Nieder- 
schlag wird  abfiltriert  und  mit  Wasser  durchgewaschen.  Das  Filtrat, 
welches  eine  schwach  saure  Reaktion  zeigt,  wird  neuerdings  bis  auf 
50  cm^  abgedampft  und  demselben  50  cm^  Schwefelsäure  (1  :  1)  und  80  cm^ 
phosphorwolframsaures  Natron  (200^  Natriumwolf ramat  und  V20  </  Natron- 
phosphat gelöst  in  1000  cm»  Wasser)  hinzugefügt.  Dieses  (iemisch  wird 
auf  60"  erwärmt  und  auf  die  Dauer  von  48  bis  72  Stunden  unter  eine 
(ilasglocke  gestellt.  Der  sich  bildende  Niederschlag  wii-d  auf  dem  Filter 
aufgefangen,  nach  erfolgtem  Waschen  mit  verdünnter  Schwefelsäure  (\or- 
dünnungsverhältnis  1 : 2)  samt  dem  Filter  in  einen  Destillationskolben 
gebracht  und  mit  Magnesia  (^IgO)  abdestilliert. 

In   einem   Quantum    von  500  cm^    der    Lösung ,    welche    zur    Fest- 

. Stellung  der  salpetrigen  und  Salpetersäure  bestimmt  waren,    wird  vorerst 

ebenfalls   das  Ammoniak    mittelst  Destillation  mit  Natronlauge  festgestellt. 

Allerdings  liefert  die  Destihationsmethode  mittelst  Natronlauge  etwas  höhere 

Daten,    weil    durch    diese    Destillation    teilweise  die    in   der  Lösung  vor- 


')  Julius  StoUasa  und  Eugen  Vitek,  Über  den  Einfluß  der  Bakterien  auf  die 
Metamorphose  der  Salpetersäure  im  Boden.  Zeitschrift  für  das  landwirtschaftliche  Ver- 
suchsweseu  in  Österreich.  190G. 


890  Julius  Stoklasa. 

haiidenen  stickstoffhaltigen  Substanzen  gespalten  werden.  Die  Differenz 
zwischen  dem  Stickstoff,  welcher  in  Form  von  Ammoniak  durch  Destilla- 
tion mit  Magnesia  mid  jenem,  der  durch  Destillation  mit  Natronlauge 
gefunden  wurde,    ist    dem  organischen  Stickstoffgehalte  zugezählt  worden. 

Die  Salpetersäure  wird  in  dieser  Flüssigkeit  nach  der  Abdestillation 
des  Ammoniaks  mittelst  Natronlauge  nach  der  Methode  Deivarda  bestimmt. 
Zu  dem  entsprechend  abdestillierten  Reste  werden  etwa  5  cm^  Alkohol  und 
2'bg  Dewardascher  Mischung  hinzugefügt  und  nach  beendigter  Reduktion 
das  aus  der  Salpetersäure  entstandene  Ammoniak  ausgetrieben.  In  der 
Lösung  wird  schUel'ilich  nach  der  Bestimmung  des  Ammoniaks  und  der 
Salpetersäure  nach  gründhcher  Ansäuerung  mittelst  konzentrierter  Schwefel- 
säure der  organische  Stickstoff  nach  der  bekannten  Methode  Kjeldahl  ermittelt. 

Die  salpetrige  Säure  neben  der  Salpetersäure  wird  in  besonders 
abgemessenen  Partien  nach  der  modifizierten  Methode  Pellet  in  einem 
hierzu  spezieU  konstruierten  Apparate  festgestellt. 

Der  Stickstoff  in  Form  von  Salpetersäure  läßt  sich,  namentlich 
wenn  diese  in  größerer  Menge  vorhanden  ist,  durch  eine  andere  Methode 
neben  Ammoniak  und  organischem  Stickstoff,  speziell  bei  Gegenwart  von 
Hexosen  oder  Pentosen ,  sowie  von  Disacchariden  in  der  Flüssigkeit  nicht 
genau  bestimmen ,  wovon  wir  uns  durch  zahlreiche  Beobachtungen  über- 
zeugt haben.  Die  Methode  Jodelhauer  sowie  die  modifizierte  Methode 
Förster  geben  regelmäßig  niedrigere  Resultate. 

Qualitativ  wird  die  salpetrige  Säure,  die  Salpetersäure  und  das 
Ammoniak  zumeist  nach  den  bekannten  und  bewährten  Methoden  bestimmt. 
(Das  letztere  nur  in  Lösungen,  in  denen  kein  Kohlenhydrat  vorhanden 
war,  denn  Kohlenhydrate  geben  mit  dem  XessZerschen  Reagens,  dessen 
man  sich  zum  Nachweis  des  Ammoniaks  bedient,  eine  analoge  Reaktion.) 

XV.  Zellulose  zersetzende  Fähigkeit  des  Erdbodens. 

Neben  diesen  vorerwähnten  Methoden,  bei  welchen  es  sich  haupt- 
sächhch  um  die  Anreicherung  des  Stickstoffs  durch  die  stickstoffbindenden 
Bakterien  im  Boden,  zweitens  um  die  ^letamorphose  der  organischen  und 
anorganischen  stickstoffhaltigen  Substanzen  im  Boden  handelt,  ist  es  auch 
von  großer  Wichtigkeit  zu  erforschen,  ob  im  Boden  genug  zelluloselösende 
Bakterien  vorhanden  sind. 

Die  Gärung  der  Zellulose  vollzieht  sich  in  zwei  Phasen.  Durch  die 
Erreger  wird 

1.  die  Wasserstoffgärung  der  Zellulose, 

2.  die  Methangärung  der  Zellulose  verursacht. 

Die  Kenntnis  dieser  Prozesse  verdanken  wir  den  OmeU(uiskmQ\i.QY\. 
Untersuchungen  i) .  welche  den  Nachweis  lieferten,   daß   zwei   verschiedene 


*)  Siehe  Arbeiten  Omelianski,  Zentralblatt    für    Bakteriologie  etc.    Abt.  II.  1902 
und  ebenda  1904. 


Methoden  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  891 

Arten  der  Zi'llulosei,^;iniiii>-  stattfinden,  bei  welchen  sich  Wasserstoff  oder 
Methan  bildet.  Die  Jiilanz  der  Wassei-stoffwii-ung  der  Zellulose  stellt  sich 
auf  Grund  dei-  OmeliatisJäiH'hvn  Untersuchungen  wie  folgt: 

Gärmaterial:    Zellulose:  Gärprodukte: 

Zum  ^'ersuch  verwendet     ....     :V4743^  Fettsäuren  .  .  22402^ 

Unzersetzt  geblieben      ....    ^ (£1272^  Kohlensiiure   .  0*9722^ 

Durch  die  Gärung-  verschwunden    .     3-3471(7  Wasserstoff    .  0-0138^ 

Zusammen  .  3*2262^ 

Was  die  Zusammensetzung  dei-  flüchtigen  organischen  Säuren  ;iii- 
belangt,  so  bestehen  dieselben  aus  Butter-,  Essig-  und  wahrscheinlich 
Valeriansäure. 

Die  Bilanz  der  i\Iethangäi-ung   der  Zellulose  stellte  sich  wie  folgt: 
Gärmaterial:    Zellulose:  Gärproduktc: 

Zum  Versuch  verwendet    ....     2'0815r7  Fettsäui-en   .  .  1-0223^ 

Unzersetzt  gebheben      ....     .     0-0750 r/  Kohlensäure    .  O'HiuSc/ 

Durch  die  Gärung  verschwunden    .     2*0065  (/  Wasserstoff    .  0-1 372 ^r 

Zusammen  .  20'^l'dg 
Prwgsheim  i)  und  Koch  2)  wiesen  nach,  daß  die  Zellulose  sich  nicht  nur 
für  die  gewöhnUchen  Bodenbakterien,  sondern  auch  für  jene,  welche  elemen- 
taren Stickstoff  assimilieren,  namentlich  für  den  Azotobakter,  als  ein  gutes 
Energiematerial  bewährt.  Nach  Angaben  von  H.  Prinysheim  ist  Clostridium 
Americanum,  ein  stickstoffbindendes  fakultativ  anaerobes  Bakterium .  im- 
stande, in  Metabiose  mit  zelluloselösenden  Bakterien  eine  Ausnutzung  dieses 
schwerlüsUchen  Energiematerials  für  die  Stickstoffassimilation  zu  eri-eichen. 

Ganz  richtig  äußert  sich  Pringshehn  auch  in  eiiiei-  andern  seiner 
Arbeiten^)  über  diesen  Gegenstand.  Dort  behauptet  er  nämlich,  dal)  lösliche 
Kohlenhydrate  oder  gar  höhere  Alkohole  immer  nui-  in  verhiUtiiismäbig 
geringer  Menge  in  der  Erdkruste  vorhanden  seien  und  daß  sie  überdies 
wegen  ihrer  leichten  Angreifbarkeit  zum  Teil  der  grolien  Zahl  do-  wenig 
nützlichen  ^likroorganismen  verfallen,  die  mit  ihrer  Hilfe  den  noch  vor- 
handenen Stickstoff  des  Bodens  in  von  der  Pflanze  erst  auf  dem  Umwege 
anderer  Bakterienzersetzungen  ausnutzbai'en  Eiwcilistickstoff  festlegen.  Die 
Zellulose  aber  gelangt  in  Pflanzenresten,  \\urzeln.  Stengeln  und  Blättern, 
letztere  besonders  im  Walde,  in  verhältnismäßig  großem  Maße  in  die 
oberen  Bodenschichten.  Dir  Zerfall  ist  dort  ein  überraschend  schneller,  ein 
weit  rapiderer  als  sich  unter  Laboratoriumsbedingungen  selbst  bei  den 
im  Boden  kaum  herrschenden  günstigsten  Temperaturgraden  erreichen  läßt. 


*)  H.  Prinf/shriin,  Über  die  Verweiidunfr  von  Zellulose  als  Enoririeiiuello  zur 
Assimilation  des  Luftstickstoffs.  Zentralblatt  für  Bakteriologie.  Abt.  II.  Bd.  23.  1909. 
S.  3U0  und  Bd.  26.  1910.  S.  22l^ 

^)  A.  Koch,  i'Tber  Luftstickstoffbinduiii:  im  Boden  mit  Hilfe  von  Zellulose 
als  Energiematerial.  Zcntralblatt  für  Bakteriologie.  Abt.  11.  Bd.  27.  Nr.  1  3.  S.  1. 

^)  11.  Fringsheim ,  Die  Bedeutung  stickstoffbindender  Bakterien.  Biologisches 
Zentralblatt.  Bd.  31.  Nr.  :^.  1911.  S.  73. 


oq.-)  Julius  Stoklasa. 

Die  \'erwenduii2:  der  Zellulose  als  Eiiergiematerial  für  die  Bakterien, 
welche  eleineiitareii  Stickstoff  assimilieren,  ist  also  im-Hauslialt  der  Natur 
von  grolJer  Uedeutung. 

Die  großen  Quantitäten  der  Zellulose,  welche  mit  den  abgestorbenen 
Blättern,  Stengeln  und  Wurzeln  stets  im  Boden  zurückbleiben,  dienen  auch 
den  Denitrii'ikationsbakterien  als  vorzügliche  Kohlenstoffnährquelle,  ohne 
daß  stets  eine  Nitratgärung  verursacht  wird.  Die  Spaltung  der  Zellulose 
verläuft  in  verschiedenen  l'hasen,  und  zwar  anaerob  und  aerob.  Die  anaeroben 
Prozesse  zerfallen  in  2  (iruppen : 

a)  Ohne  Anwesenheit  von  Salpetersäureanhydrid  kann  Zellulose  durch 
echte  anaerobe  Bakterien  zersetzt  werden,  wobei  Wasserstoff  und  Kohlen- 
säure oder  Methan  und  Kohlensäure  frei  werden,  während  Essigsäure  und 
Buttersäure  sich  bilden.  Dies  sind  die  Wasserstoff-  und  Methangärung  und 
diese  Prozesse  allein  wurden  bis  heute  studiert  und  ihnen  wurde  die  Ver- 
nichtung der  Zellulose  in  der  Natur  zugeschrieben. 

h)  Bei  Anwesenheit  von  Salpotersäureanhydrid  kann  Zellulose  bei 
Bildung  von  elementarem  Stickstoff  und  Kohlendioxyd  durch  denitrifizierende 
lUikterien  zersetzt  werden. 

Die  hierbei  wirksamen  Bakterien  wirken  zwar  ohne  oder  bei  ge- 
ringem Luftzutritt,  sie  sind  aber  selbst  aerob. 

Auch  bei  der  aeroben  Zersetzung  der  Zellulose  kann  man  2  Fälle 
unterscheiden: 

a)  Ist  das  Medium,  worin  die  Zellulose  sich  befindet,  schwach  alkalisch, 
so  spielen  bei  der  Zersetzung  gewöhnliche  aerobe  Bakterien  die  Hauptrolle. 

h)  Ist  das  Medium  jedoch  schwach  sauer,  so  sind  dabei  Pilze  und 
Mycelien  von  höheren  Fungi  wirksam,  i) 

Man  kann  sich  leicht  überzeugen,  inwieweit  die  Zellulose  den  Bak- 
terien, welche  elementaren  Stickstoff  assimiheren,  sowie  den  Denitrifi- 
kation sbakterien  als  gute  Kohlenstoff  nährquelle  dienen  kami.  indem  man 
die  früher  erwähnte  Nährlösung  benutzt  und  anstatt  Mannit  oder  Glukose 
20  g  fein  zerteilter  Zellulose  zur  Nährlösung  zusetzt  und  mit  dem  unter- 
suchten Boden  oder  Bodenaufschlemmung  impft. 

Aerobe  Zellulosezersetzung, 

Zm'  Anhäufung  der  Wasserstoff-  und  JMethanbazillen.  sowie  zur  Be- 
stimmung des  Wasserstoffs  und  Methans,  welche  sich  durch  den  Abbau 
der  Zellulose  bilden,  bedient  man  sich  folgender  Lösung:  In  1  l  destil- 
lierteu  Wassers  ist  vorhanden : 

1  g      (NH,),  SO, 

lg       KgHPO, 

O-Öö^MgSO, 

0-02  g  Na  Cl 
2b  g       CaCOg. 

*)  C.  ran  Iterson  jim.,  Die  Zersetzung  von  Zellulose  durch  aerobe  Mikroorganis- 
men. Zentralblatt  f.  Bakteriologie  etc.  Bd.  11.  II.  Abteilung.  1904. 


Methoden  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  893 

Die  großen  Erlemuey ersehen  Kolben  werden  mit  500  an^  der  Lösung 
gelullt  und  sodann  10^  fein  zerteilten  Filtrierpapiercs  (in  Form  von  Papier- 
brei) und  50  </  der  untersuchten  Eide  hinzugefügt.  Hierauf  werden  die 
Kolben  gut  zugestöpselt  und  im  Thermostat  bei  30 — 35"  ('  belassen.  Nach 
Ablauf  von  15 — 30  Tagen  kann  man  dann  die  sich  gebildete  Menge  von 
Methan  oder  Wasserstoff  feststellen.  Aus  der  nach  einer  bestimmten  Zeit 
konstatierten  Menge  des  Wasserstoffs  und  Methans  labt  sich  dann  sowohl 
auf  die  Intensität  des  Zersetzungsprozesses  der  Zellulose  als  auch  auf  die 
Anhäufung  der  Zellulosegärungserreger  schließen. 

Methode   zur   Bestimmung   der   zcllulosezersctzenden    Fähigkeit 
des  Erdbodens  nach  Harald  B.  Christenscn.'^) 

In  einen  300««='  fassenden  Jenaer  Erlenmeyerkolben  wii'd  eine 
50  g  Trockenerde  entsprechende  Menge  des  zu  untersuchenden  Rodens 
gebracht.  Mit  einem  (dasspatel  wird  die  Erde  auf  dem  Kolbenboden  in 
der  Weise  angeordnet  dal'i  auf  ca.  ^j^  desselben  eine  gleichmäßig  starke, 
lose  liegende,  jedoch  überall  zusammenhängende  Schicht  vorhanden  ist; 
ca.  Vö  des  Kolbenbodens  bleibt  unbedeckt:  durch  eine  Pipette  wird  dann 
langsam  und  vorsichtig  destilliertes  Wasser  auf  den  uidiedeckten  Teil  des 
Kolbenbodens  gebracht;  dieses  AVasser  wird  (durch  Drehung  des  Kolbens) 
von  der  Erde  kapillär  aufgesaugt,  ohne  deren  Struktur  zu  zei'stören.  Es 
wird  so  viel  Wasser  zugeführt,  daß  die  Erde  beinahe  mit  Wasser  gesät- 
tigt wird.  Eine  Übersättigung  darf  nicht  eintreten.  Es  ist  von  Wichtig- 
keit, daß  das  Wasser  in  der  angegebenen  Weise  zugeführt  wird.  Wenn 
nämlich  das  Wasser  direkt  auf  die  Erde  gegossen  wird,  dann  wird  die- 
selbe zusammengeschlemmt  und  verliert  ihre  lockere  Struktur,  wodurch 
ihre  zellulosespaltende  Fähigkeit  etwas  verringert  wird. 

Auf  die  in  dieser  Weise  befeuchtete  Erde  werden  jetzt  in  passender 
Entfernung  zwei  schmale,  bei  allen  vergleichenden  Untersuchungen  al)er 
gleich  große  Streifen  aschenfreien  Filtrierpapiers  (Länge  30  mm .  Breite 
bmm)  gelegt:  dieselben  werden  durch  eine  (xlasstange  gegen  die  Erde 
gedrückt,  damit  sie  überall  mit  den  Teilen  derselben  in  Berührung  kom- 
men. Es  ist  wichtig,  darauf  zu  achten,  daß  das  Papier  durch  die  Erde 
nicht  allzu  viel  beschmutzt  wird .  weil  die  Beobachtung  der  Zellulosezer- 
setzung dadurch  erschwert  wird. 

Nach  dem  A'erlauf  kürzerer  oder  liingei'er  Zeit  weniger  Tage  l)is 
mehrerer  Wochen  -  sieht  man,  daß  das  Papier  angegriffen  wird,  (ie- 
wöhnlich  entstehen  anfangs  hie  und  da  auf  dem  Papier  kleine,  runde  und 
scheinbar  fast  durchsichtige  Fleckchen;  oft  sieht  man  aber  ancii  die  Zer- 
setzung an  den  Enden  oder  den  Seiten  der  Papierstückchen  einti'eten. 
Bei  dei-  Dekomposition  wird  die  Papierzellulose  gewöhidicli  nach  und  nach 
in  einen  zähen.  grauUchen  Schleim,  worin  die  zellulosespaltentlen  Mikroben 


^)  Harald  1{.  Christensen,    Zoutralbhitt    für    Bakteriologie    etc.    Alit.  II.    Hil.  27. 
Xr.  17/21.  1910. 


LiqA  Julius  Stoklasa. 

enthalten  sind,  nmgebildet.  Zuweilen,  und  -  wie  es  scheint  —  besonders, 
wenn  der  Abbau  der  Zellulose  durch  Schimmelpilze  hervorgerufen  wird, 
tritt  eine  Schwarzfiirbung  des  Papiers  ein.  und  die  Zersetzung  kann  dann 
ohne  Schleimbildung  zu  Ende  geführt  werden.  An  jedem  dritten  Tag 
werden  über  das  Fortschreiten  der  Zellulosezersetzung  Aufzeichnungen  ge- 
macht, und  dasselbe  mrd  mit  den  Zahlen  0—4  charakterisiert.  Die  Zahl  0 
bezeichnet,  daß  das  Papier  unverändert  geblieben  ist,  1,  daß  die  Zellulose- 
spaltung gut  eingeleitet  und  ca.  V*  des  Papiers  zersetzt,  4,  daß  die  Zer- 
setzung ganz  oder  l)eiuahe  ganz  vollendet  ist  und  2  und  3  die  dazwischen- 
liegenden Stufen.  Die  beiden  in  den  einzelnen  Kolben  angebrachten  Papier- 
stiicke  werden  in  den  meisten  Fällen  gleich  rasch  zersetzt;  zuweilen  kann 
jedoch  die  vollendete  Zersetzung  des  einen  Papierstückchens  derjenigen 
des  zweiten  um  einige  Tage  vorausgehen.  In  derartigen  Fällen  wird  dann 
die  Spaltung  zu  dem  Zeitpunkt,  wo  das  erstere  Stückchen  vollkommen 
zersetzt  ist,  mit  4  charakterisiert. 

Das  während  des  Versuches  (aus  den  mit  Wattestöpseln  verschlosse- 
nen Kolben)  verdunstete  Wasser  wird  hie  und  da  wieder  ersetzt;  es  wird 
darauf  geachtet,  daß  die  Erde  stets  so  viel  Feuchtigkeit  enthält,  daß  die 
Papierstückchen  durch  und  durch  naß  bleiben. 

Bei  sorgfältigem  Arbeiten  läßt  sich  durch  dieses  Verfahren  l)ei  ver- 
gleichenden Untersuchungen  eine  sehr  gute  Übereinstimmung  erhalten.  Die 
zu  einer  vollständigen  Zellulosezersetzung  erforderliche  Zeit  schwankt  bei 
diesen  Untersuchungen  von  ca.  50  verschiedenen  x\.ckerböden  zwischen  9 
und  9o  Tagen. 

Durch  unsere  Versuciie  haben  wir  uns  von  der  verschiedenen  Geschwin- 
digkeit des  Zelluloseal}baues  bei  dem  mit  Azotobacter  geimpften  und  unge- 
impften  Boden  überzeugt.  In  dem  geimpften  Boden  ging  der  Al)bau  der  Zellulose 
viel  schneller  vor  sich  als  bei  dem  ungeimpften.  Interessant  war  der  Fall 
bei  dem  Boden,  welcher  schon  über  15  Jahre  mit  Stallmist  nicht  gedüngt 
wurde  und  bei  demjenigen,  welcher  eine  reichliche  Stallmistdüngung  er- 
halten hatte.  Bei  dem  ersteren  ging  die  Zellulosezersetzung  erst  nach 
70  Tagen,  bei  dem  letzteren  schon  nach  23  Tagen  vor  sich.  Daraus  ist 
ersichtlich,  daß  in  denjenigen  Böden,  die  reich  an  Bakterien,  welche  ele- 
mentaren Stickstoff  assimilieren,  sowie  Ammonisationsbakterien  und  Deni- 
trifikationsbakterien sind,  der  Abbauprozeß  der  Zellulose  viel  rascher  ver- 
läuft als  bei  bakterienarmen  Böden. 

Äußerst  interessante  Resultate  erhielten  wir  bei  den  Untersuchun- 
gen über  die  zellulosezersetzende  Fähigkeit  des  Stadtbodens  von  Prag, 
welcher  von  Abwässern  stark  verunreinigt  war.  In  diesem  Boden  ist  der 
Abbauprozeß  der  Zellulose  äußerst  schnell  vor  sich  gegangen;  schon 
nach  8  Tagen  war  die  Zellulose  völlig  zersetzt.  Meinen  Untersuchun- 
gen gemäß  kann  ich  erklären,  daß  die  Methode  Harald  Christensens  ein 
deutliches  Bild  über  die  zellulosezersetzende  Fähigkeit  verschiedenartiger 
Böden  liefert. 


Methoden  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  395 

XVI.  Methoden  zum  Nachweis  der  Bakterien  im  Boden,  welche 
Kohlenhydrate  abbauen,  nach  Julius  Stoklasa. 

Von  großer  Bedeutung  ist  die  Frage,  ob  virulente  Üakterieii  im 
Boden  vorkommen,  welche  einen  raschen  Abbau  der  Kohlenlivdiate  hervor- 
rufen. Wenn  der  Abbau  der  Kohlenhydrate  bei  Sauei-stoffzutritt  erfolgt,  so 
verlaufen  im  Boden  günstige  biochemische  Prozesse:  bei  Sauerstoffabschlul) 
hingegen  bilden  sich  groL'ie  Mengen  von  organischen  Säuren,  namentlich 
von  Essig-,  Ameisen-  und  Buttersäuren,  welche  ungemein  schädlich  auf  die 
Wurzelhaare  wirken  und  das  ganze  Wurzelsystem  beschädigen. 

Um  in  Ei-fahrung  zu  bringen,  ob  im  Boden  Bakterien  existieren, 
welche  die  Kohlenhydrate  schnell  abbauen,  geht  man  wie  folgt  vor: 

1.  Wird  die  Menge  des  von  den  Mikroorganismen  in  1  kg  Boden  mit 
250/0  W^asser  bei  20°  C  ausgeatmeten  Kohlendioxyds  nach  20tä giger  Beob- 
achtung bestimmt. 

2.  Werden  zu  1  hj  Boden  mit  25''/o  Wasser  10  y  Glukose  zugesetzt 
und  abermals  die  Menge  des  von  den  Mikroorganismen  bei  20"  C  ausge- 
atmeten Kohlendioxyds  nach  20tägiger  Beobachtung  festgestellt. 

3.  Werden  zu  1  kg  Boden  mit  2r)''/o  Wasser  10  g  Glukose  und  20  g 
chemisch  reines  Kalziumkarbonat  hinzugefügt  und  wiederum  die  Menge 
des  von  den  Mikroorganismen  bei  20''  C  ausgeatmeten  Kohlendioxyds  nach 
20tägiger  Beobachtung  ermittelt. 

Der  Atmungsprozel.)  verläuft 

1.  bei  Durchleitung  von  20  /  kohlendioxyd-,  Salpetersäure-,  ammoniak- 
und  keimfi'eier  Luft  und 

2.  bei  Wasserstoffatmosphäre. 

Das  Arrangement  und  die  Ausführung  dieser  \  ersuche  ist  genau  so, 
wie  bei  der  aeroben  und  anaeroben  Atmung  der  Mikroorganismen  im  Boden 
bereits  beschrieben  wurde. 

Ich  führe  hier  einige  Resultate  unserer  Versuche  an: 

1.  Ein  guter,  fruchtbarer  Lehmboden. 

Aerobiose. 

Von  den  Mikroorganismen  aus  1  kg  Pioden  mit  25" '0  Wasser  werden 
bei  20"  C  nach  20tägiger  Beobachtung  0-962  y  CO.,,  bei  Zusatz  von  10^ 
(Jlukose  14-94^  COz  und  bei  Zusatz  von  10  r/  Glukose  und  20  (/  chemisch 
i-eineu  Kalziumkarbnnats  15-2S  g  COg  gebildet. 

Anaerobiose: 

Von  den  Mikroorgauisiiieii  aus  1  kg  Boden  mit  25Vo  Wasser  werden 
l)ei  20"  C  nach  20tägiger  Beobachtung  0-235(7  CO2,  bei  Zusatz  von  \0  g 
Glukose  8-386  g  CO^  und  bei  Zusatz  von  10  g  Glukose  und  20  g  chemisch 
reinen  Kalziumkarbonats  12-565  y  COo  gebildet. 


896 


Julius  Stoklasa. 


2.  Ein  schwerer,  wenig'  fruchtbarer  Tonbodeii. 

Aerobiose. 

\'on  den  Mikroorganismen  aus  1  kg  Boden  mit  25'Vo  Wasser  werden 
bi'i  20"  C  nach  20tä,uiger  Beobachtung  0-288  5'  ^^\^  '^^i  Zusatz  von  10  (/ 
Glukose  9'öo  g  CO.2  und  bei  Zusatz  von  10  g  ( Uukose  und  20  g  chemisch 
reinen  Kalziumkarbonats  13-811  f/  CO2  gebildet. 

Anaerobiose: 

Von  den  Mikroorganismen  aus  1  kg  Boden  mit  200/0  Wasser  werden 
bei  20°  G  nach  20tägiger  Beobachtung  0-174^  CO.,,  bei  Zusatz  von  10^ 
(ilukose  9(i86  (/  CO2  und  bei  Zusatz  von  10  5/ (ihikose  und  20  ^  chemisch 
reinen  Kalziumkarbonats   ll-7;')2^  CO«  gebildet. 

In  dem  guten  Lehmboden  verläuft  der  Abbauprozeß  der  (ilukose  durch 
die  Bakterien  bei  Sauerstoffzutritt  in  einer  normalen  Weise  und  es  bilden  sich 
nicht  ^^ele  organische  Säuren.  Die  Menge  des  ausgeatmeten  Kohlendio.^yds  bei 
Zusatz  von  Glukose  ist  fast  dieselbe  wie  bei  Hinzufügung  von  Kakiumkarbonat. 

Bei  Sauerstoffabschluß  findet  schon  eine  Bildung  von  größeren  Quan- 
titäten organischer  Säuren  statt,  welche  dann  auf  das  zugesetzte  Kalzium- 
karbonat einwirken  und  die  Kohlensäure  in  Freiheit  setzen. 

lU'i  dem  schweren,  wenig  fruchtbaren  Tonboden  tinden  wir,  daß  der 
Abbauprozeß  der  Glukose  nicht  normal  vor  sich  geht  und  eine  Bildung  von 
beträchtlichen  Mengen  organischer  Säuren  sowohl  bei  Sauerstoffzutritt, 
als  auch  bei  Sauerstoffabschluß  stattfindet. 

Die  Bildung  organischer  Säuren  aus  der  Glukose  findet  namenthch 
in  einem  Humusboden  mit  saurem  Charakter  statt. 

3.  Ein  saurer  Humusboden. 

Aerobiose. 
Von  den  Mikroorganismen  aus  1  kg  Boden  mit  25''/o  Wasser  werden 
bei  20*^  C  nach  20tägiger  Beobachtung  0-054(7  CO,,  bei  Zusatz  von  \0  g 
Glukose  8*62  g  CO.,  und  bei  Zusatz  von  10  g  Ghikose  und  20  g  chemisch 
reinen  Kalziumkarbouats  13-48  g  CO2  gebildet. 

Anaerobiose: 

Von  den  Mikroorganismen  aus  1  kg  Boden  mit  25%  Wasser  werden 
bei  20"  C  nach  20tägiger  Beobachtung  0-483  <7  CO2,  bei  Zusatz  von  \0  g 
(dukose  7-48^  CO2  und  bei  Zusatz  von  10  g  Glukose  und  20  g  chemisch 
)-ehien  Kalziumkarbonats  13-04  g  CO2  gebildet. 

Wie  wir  hier  sehen,  war  bei  diesem  Boden  sowohl  in  Aerobiose  als 
auch  in  Anaerobiose  eine  starke  Bildung  organischer  Säuren  zu  beobachten. 

Diese  hier  angeführte  Methode  führt  uns  zu  dei-  Cberzeugimg,  daß  der 
schwere,  wenig  fruchtbare  Tonboden,  sowie  der  saure  Humusboden  einer  starken 
Kalkdüngung  bedürfen,  wenn  der  Abbau  der  Kohlenhydrate  und  organi- 
schen Säuren  im  Boden  normal  verlauten  soll.  Ebenso  interessante  Ergeb- 
nisse erhielten  wir  bei  Anwendung  von  Zellulose  und  Xylan  anstatt  Glukose.  1) 

M  In  kürzester  Zeit  erscheint  eine  ausführliche  Arbeit,  in  der  die  Ergebnisse  der 
Experimente  mit  allen  Kohlenhydraten,  die  im  Buden  existieren,  puldiziert  werden. 


Methoden  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  S97 

XVII.  Einige  Bemerkungen  über  Bakterien,  welche  auf  die 
Pflanzen  schädliche  Wirkungen  ausüben. 

Mail  nimmt  allgemein  an.  daß  die  Bakterien  im  Üodm  aiit  die  Kiit- 
Avicklunii'  der  Pflanzen  einen  aiissehlieUlieli  jiünstigen  Kiiiflul)  ausüben,  doch 
besteht  diese  Anschauung  nicht  zu  Recht.  Wie  ich  nach  meinen  Ki-fahruiigen 
behaupten  kann,  wirken  manche  Bakterien  sehr  schädlich  auf  das  Wurzelsystem 
der  Pflanzen  ein.  und  zwar  besonders  in  solchen  PWiden.  in  welchen  ein  >Iangel 
an  Sauerstoff  herrscht  und  anac'iobe  Prozes.se  der  liakterien  zur  (Icltung 
kommen.  Dies  ist  namentlich  bei  solchen  Böden  der  Fall,  welche  eine  kleine 
Luftkapazität  besitzen  oder  in  welchen  durch  starke  Düngung  von  Chilisalpeter 
Verkrustungen  eintraten,  fei-ner  in  Pöden.  die  unter  zu  großer  Nässe  leid<'n  usw. 

Ich  habe  schon  vor  12  Jahren')  darauf  aufmerksam  gemacht,  daß 
manche  Pflanzenkrankheiten,  namentlich  der  Wui'zelbrand.  in  vielen  Fällen 
durch  Sekrete,  welche  anaerobe  Bakterien  ausscheiden,  hervorgerufen  werden, 
ganz  besonders  dann,  wenn  im  Boden  leicht  abbaufi'ihige  organische  Sub- 
stanzen vorhanden  sind,    wie  z.  B.   nach   einer   frischen  Stallniistdüngunu. 

Desulfurikatoren  im  P)Oden. 

Den  Arbeiten  Beijerincks  und  Deldens  haben  wir  es  zu  veidanken. 
daß  anaerobe  Bakterien  aus  dem  Boden  isoliert  wui-den.  welche  die  Fähig- 
keit besitzen,  Sulfate  leicht  zu  Schwefelwassei'stoff  zu  reduziei-en. 

Es  ist  ja  bekannt,  daß  zahlreiche  Bakterienarten  in  Fleischbouillon 
Schwefelwasserstoff  bilden,  wie  an  einem  angehängten  Bleiacetatpapier- 
streifen  erkannt  werden  kann.  Kräftige  Entwicklung  erhält  man.  wenn 
man  BouiUon  mit  etw^as  Schwefclblume  versetzt  und  mit  Erde  imi)ft. 

Nach  unseren  Untersuchungen  sind  diese  Bakterienarten  namentlich 
in  städtischen  und  aUen  jenen  Böden  stark  vei-treten.  in  denen  Substanzen 
des  tierischen  Stoffwechsels  in  Verwesung  begriffen  sind. 

Der  Schwefelwasserstoff  beeinti'ächtigt  die  Entwicklung  des  AVurzel- 
systems  im  Boden  ungemein.  Schon  ganz  minimale  Mengen  dieser  Ver- 
bindung verursachen  den  Tod  der  betreffenden  Pflanzen.  Das  erste  Sym- 
ptom der  Erkrankung  ist  stets  die  Zersetzung  des  C'hlorophyllfarbstoffes, 
der  alsbald  in  den  plasmatischen  Zellinhalt  überzutreten  beginnt.  Sodann 
folgt  ein  \'erschwinden  der  (irenzen  der  einzelnen  Chloroplasten  bis  auf 
einen  körnigen  Rückstand,  der  in  der  Mitte  der  gesamten  wolkig-trüben, 
bleich  gelbgrünen  Plasmamasse  zusammengezogen  ist. 

Was  die  ^lethoden  zum  Nachweis  der  schwefelwasserstoffbildenden 
Bakterien  anbelangt,  so  wurden  solche  von  0.  Locw,  U.  Kniwcrirli  und 
W'  Graf  zu  Leininyen^)  erfunden. 


^)  Julius  Sfoklasa,  Botrachtuiiiron  ühov  die  Krankheiten  dor/urkerrübo  inden.Iahren 
1896/97.  Zeitschrift  für  Zuckoriudustrie  in  Br.hni.'n.  XXII.  1897  98.  -  l)erse]l)o.  Wtirzel- 
hrand  der  Zuckerrübe.  Zentralhlatt  für  Bakteriologie  uüdParasitcnknnde.  Al)t.  II.  Bd.  4. 1898. 

'-)  0.  Loew,  li.  Emmerich  und  W.  Graf  zu  Leiiiingen ,  Über  schädliche  Bakterion- 
tiltigkeit  im  Boden  und  über  Bodensäuljerung.  Zcntralbhitt  für  Bakteri(dogie  etc.  Bd.  29. 
Xr.  23.  25.  1911. 

Abderhalden,   Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.    V.  ,")7 


898 


Julius  Stoklasa. 


Der  Nachweis  von  schwefehvasserstoffbildenden  Bakterien  in  Böden 
geschah  in  folgender  Weise:  Es  wurden  2  g  Boden  —  bei  gröberen  Boden- 
arten mir  die  Feinerde  —  mit  ca.  0^2  g  Gips  i)  gemischt  und  mit  3 — 5  cm^ 
sterihsierter  Lösung  von  folgender  Zusammensetzung  in  einem  ungefähr 
10  cm^  fassenden  Kölbchen  mit  aufgesetztem  liöhrchen,  in  welches  ein 
Streifen  Bleipapier  eingeschoben  war,  bei  32 — 34"   einige   Tage   belassen. 

Die  Lösung  enthielt: 


Dikahumphosphat ....     0'2^/o 
Magnesium  Sulfat    ....     0-02  Vo 


Äthylalkohol 20/0 

Essigsaures  Natron     .     .     .     O'öo/o 
Ammonsulfat 0"lVo 

Diese  I^ösung  war  zuerst  von  0.  Loeiv  bei  Untersuchungen  über  müde 
Böden  Portoricos  angewendet  worden,  ebenso  die  weiter  unten  bei  Denitri- 
fikation erwähnte  Alkohohiährlösung.  Ein  spezieller  Versuch  lehrte,  daß  nur 
ein  Zusatz  von  Gips  ein  ziemUch  rasches  Eintreten  der  Reaktion  ermöghcht 
und  die  anderen  Sulfate  der  Lösung  nur  unwesentlich  in  Betracht  kommen. 
Äthylalkohol  wurde  deshalb  gewählt,  weil  er  eine  gute  Kohlenstoffnährquelle 
für  die  meisten  Denitrifikanten  ist.  ___ 

Wenn  nun  Schwefelwasserstoff  entstand,  so  mußte  er  durch  das  enge 
Böhrchen  passieren  und  hier  das  eingelegte  Bleipapier  schwärzen.  Die 
Beaktion  trat  bei  manchen  Böden  schon  nach  2  Tagen,  bei  anderen  aber  erst 
nach  5 — 6  Tagen  ein.  Ein  Lehmboden,  der  sich  fest  absetzt,  mrd  selbst 
bei  gleichem  Gehalt  an  Desulfurikatoren  den  etwa  entstehenden  Schwefel- 
wasserstoff langsamer  an  die  Luft  über  der  Flüssigkeit  abgeben  als  ein 
trockener  Sandboden.  Unseren  Erfahrungen  gemäß  ist  in  den  Städteböden 
und  in  städtischen  Gartenböden,  wo  keine  KanaUsation  ist,  ein  reichliches 
Vorhandensein  von  Desulfurikatoren  anzunehmen. 

Es  ist  noch  zu  erwähnen,  daß  zahlreiche  Schwefelwasserstoffbildner 
unter  Umständen  auch  Merkaptane  entstehen  lassen,  sei  es,  daß  sie  dies 
direkt  foi-mieren  oder  daß  es  aus  der  Vereinigung  von  Schwefelwasserstoff 
und  Alkoholen  hervorgeht. 

Stickstofftrioxydbildung  im  Boden.j 

Im  Verlaufe  des  Atmungsprozesses  vieler  Bakterien  entsteht  Wasser- 
stoff. Wasserstoff  im  statu  nascendi  reduziert  die  Salpetersäure  im  Boden 
zu  salpetriger  Säure. 

Unseren  Untersuchungen  zufolge  ist  die  salpetrige  Säure  besonders 
den  Wurzeln  der  jungen  Rüben-  und  Gerstenpflanzen  sehr  schädlich,  zumal 
bei  Abwesenheit  von  Sauerstoff  oder  wenn  nur  geringe  Mengen  dieses 
Elementes  zugegen  sind.  Des  weiteren  haben  wir  gefunden,  daß  die  sal- 
petrige Säure  in  Böden,  die  eine  nur  kleine  Luftkapazität  besitzen,  und 
namentlich  in  Tonböden  ganz  bedeutende  pathologische  Zustände  der 
jungen  Vegetation  hervorrufen  kann.  Auf  solchen  Böden,  die  eine  kleine 
Luftkapazität  besitzen,  ist  es  nicht  ratsam,  kurz  vor  der  Saat  ChiHsalpetei' 

')  Der  Gips  wird  mit  sterilisiertem  Wasser  im  strömeuden  Dampf  erhitzt  und 
als  dicker  Brei  steril  aufbewahrt.  Eiuige  Tropfeu  desselben  genügten  bei   jeder  Probe. 


Methoden  zur  liiochemisclion  (utersuchung  des  Bodens.  899 

anzuwenden.  Es  ist  speziell  hervorzuheben,  daß  Stickstofttrioxyd  nanientlieh 
für  die  junge  Vegetation  der  Gynmosperniac  ungemein  schiidlich  ist. 

Von  den  Bakterien  sind  es  hauptsäehlich  die  Denitrifikanteii.  welche 
sehr  energisch  die  Salpetersäure  in  salpetrige  Säure  überfühi'en. 

Den  Nachweis  des  Deiiitrifikationsverniögeus  des  Bodens  lialioi  wir 
schon  im  vorherigen  Kapitel  austuiirlich  besprochen. 

Eisenbakterieu  im  Boden. 

Im  Boden  kommt  Eisen  in  organischen  Verbindungen,  namentlich  als 
Ferri-  und  Ferrohumaten  vor.  Aus  diesen  assimiüeren  die  Kiseid)akterien 
organische  Stoffe.  Eisen  scheidet  sich  dami  in  Form  von  Eisenoxydhydrat 
ab  und  bildet  eine  schleimige,  gelbbraune  Masse.  Die  Eisenbakterien  finden 
in  den  Ferri-  und  Ferrohumaten  eine  gute  Kohleustoffnährijuelle. 

E.  Hamann'^)  hat  schon  früher  die  Ansicht  geäidiert.  daß  Eisen- 
bakterieu von  im  Wasser  gelösten  organischen  Stoffen  leben,  sie  «zer- 
stören und  hierdurch  die  Eisenverbindungen  zur  Abscheidung  bringen.  Nach 
den  jetzt  herrschenden  Auffassungen  würden  die  organischen  Schutzkolloide 
zerstört  werden  und  hierdurch  das  Gel  des  kolloiden  Eisenoxydhydrates 
zur  Abscheidung  kommen.  Für  diese  Auffassung  spricht,  daß  auch  Ton- 
erde, Eisenphosphate  und  -SiUkate  in  den  Raseneisensteinen  reichlich  vor- 
kommen, deren  Abscheidung  dann  verständhch  wird. 

Diese  Prozesse  spielen  sich  namentüch  in  solchen  Böden  ab.  welche 
reich  an  Humusstoffen ,  Eisenverbindungen  und  Wasser  sind.  Das  abge- 
schiedene Eisenoxydhydrat  setzt  sich  dann  auf  das  Wurzelsystem  der 
Pflanzen  und  beeinträchtigt  stark  die  Atmungsprozesse.  Namentlich  die 
jungen  Pflanzen  leiden  darunter  sehr.  Es  kommt  auch  sehr  oft  vor.  daß 
bei  starkem  Ansatz  von  Eisenoxydhydrat  auf  dem  Wurzelsystem  der  Tod 
der  Pflanzen  herbeigeführt  wird.  Nach  unseren  Untersuchungen  wurde  sehr 
häufig  der  Wurzelbrand  der  Zuckerrübe  durch  starke  Verbreitung  di-r 
Eiseni)akterien  in  humusreichen  Böden  hervorgerufen. 

Das  Vorhandenseiii  von  Eisenbakterien  im  Boden,  namentlich  der 
Cladothrix-  und  Crenothrixgattungen,  kann  daduich  nachgewiesen  werden, 
daß  man  ein  Durchschnittsmuster  von  100^  Boden  mit  500  cm'^  Wasser 
mischt,  0"5  g  Eisenammonzitrat  zusetzt,  in  großen  zugedeckten  Zylindern 
von  1  /  Inhalt  aufbewahrt  und  bei  20"  C  stehen  läßt.  Nach  einer  i)e- 
stimmten  Zeit  scheiden  sich  dann  gelbliche  Häute  und  Flocken  vou  Eisen- 
bakterien ab.  Ich  verweise  hier  auf  die  hochinteressante  Arbeit  von 
//.  Molisch,  „Über  die  Eisenbakterien".  Jena  1910. 

XVIII.   Die  biologische  Absorption. 

In  dem  Bodenchemismus  spielen  bekanntlich  die  ciiemischen  Ab- 
sorptionserscheinungen eine  hervorragende  Rolle  und  sind  daher  auch  bereits 
vielfach  (iegenstand  gediegener  Beai'beitung  gewesen.  Wenn  wir  die  ganze 

^)  E.Ramaiiii,  Bodenkunde.   Verlag  von  Julius  Springer.  Berlin  1911.  S.  430. 

57* 


900 


Julius  Stoklasa. 


Literatur  über  die  Absorptionsvorgänge  im  Boden  überblicken,  finden  wir, 
daß  uns  das  innerste  AVesen  dieser  Erscheinungen  noch  immer  nicht  klar 
ist  und  dies  demgemäß  derzeit  noch  ein  ungelöstes  Problem  ist.  Bei  dem 
Studium  der  Absorptionsvorgänge  unterließ  man  leider  stets,  die  biologische 
Absorption  in  Berücksichtigung  /u  ziehen,  wiewohl  dieser  neben  der 
chemischen  Absorption  im  Boden  eine  hochwichtige  Aufgabe  zugewiesen 
ist.  Die  biologische  Absorption  ist  eigentlicb  nichts  anderes  als  die  Assi- 
milation der  einzelnen  Ionen  durch  die  lebenden  Mikroorganismen  im 
Boden.  Die  Ursache  der  biologischen  Absorptionserscheinungen  ist  eine 
andere  als  die  der  chemischen  Absorptionserscheinungen.  Bei  der  chemischen  Ab- 
sorption der  Säuicn  nimmt  man  allgemein  an,  daß  das  Sulfat-Ion.  Chlor-Ion, 
Nitrat-Ion  gar  nicht  oder  nur  sehr  schwach  absorbiert  ^^ird.  Nur  die  Phosphat- 
Ionen  werden  in  erhebUchem  Maße  absorbiert.  Aus  zahlreichen  Versuchen 
über  das  chemische  Absorptionsvermögen  der  Böden  geht  weiter  hervor, 
daCi  die  vei'schiedenen  Basen  in  verschiedenem  Grade  absorbiert  werden, 
am  stärksten  das  Ammonium-  und  Kah-Ion,  am  schwächsten  das  Natrium-Ion. 

Nach  dem  heutigen  Stande  unserer  Kenntnisse  auf  dem  Gebiete  der 
chemischen  Absorptionserscheinungen  erfolgt  die  Absorption  der  Salze  wie 
die  ihrer  Ionen,  i)  Säuren,  die  unlösliche  Salze  bilden,  werden  absorbiert, 
Säuren,  die  löshche  Salze  l)ilden,  werden  nicht  absorbiert  und  verbinden  sich 
in  der  Regel  mit  den  bei  Absorption  durch  Austausch  frei  werdenden  Basen 
oder  verbinden  sich  mit  im  Boden  vorhandenen,  leicht  angreifbaren  Stoffen, 
namentlich  unter  Austreiben  von  Kohlensäure  mit  Kalziumkarbonat  und 
]\lagnesiumkarbonat.  Die  Größe  der  Absorption  ist  abhängig  von  dem  Ver- 
hältnis der  angewendeten  Bodenmenge  zur  Quantität  der  Lösung  und  der 
Menge  des  gelösten  Körpers  oder  mathematisch  gesprochen:  Die  Absorp- 
tionsgröße ist  eine  Funktion  der  drei  Variablen:  Bodenmenge,  Quantität 
dei-  Lösung  und  Alenge  des  darin  gelösten  Stoffes,  natürhch  für  ein  und 
denselben  Boden.  Die  mitgeteilten  Ergebnisse  werfen  aber  auch  ein  Licht 
auf  den  chemischen  Charakter  der  bei  dieser  Absorption  stattfindenden 
Vorgänge,  indem  sie  deutlich  auf  jene  Prozesse  hinweisen,  die  man  als 
sogenannte  chemische  Massenwirkungen  bezeichnet. 

Die  Annahme  einer  spezifischen  Absorption  der  Ionen  ist  deshalb 
wahrscheinhch,  weil  die  Änderungen  der  Oberflächenspannung  der  Salz- 
lösungen sich  additiv  zusammensetzen,  wobei  jedes  Ion  mit  einem  charak- 
teristischen Werte  teilnimmt.  Die  großen  Elektrizitätsmengen  der  Ionen 
wei'den  aber  l)ereits  bei  geringem  Überschuß  von  Ionen  verschiedener 
Ladung  zu  so  großen  Potentialdifferenzen  führen,  daß  eine  direkte  Spal- 
tung eines  Salzes  nicht  oder  nur  unter  Eintritt  sekundärer  Reaktionen 
stattfinden  wird. 

Die  biologische  Absorption  der  einzelnen  Ionen  verläuft  in  den  humi- 
den und  ariden  Gebieten  ganz  anders  als  die  chemische  Absorption.  Es 
werden   durch    die   lebenden    Mikroorganismen    alle   Elemente    assimihert. 


')  E.Bamann,  ßodonkuinle.  Verlag  von  Julius  Springer.  Berlin  1911.  S.  60. 


\ 


Methoden  zur  biochemischen  rntersuchiing  des  Bodens. 


901 


welche  sie  zum  Aufl)aii  neuer  lebender  Zellen  heiiöti^^cn.  nnd  in  ori:anisehe  Ver- 
binduniLien  unii^ewandelt.  Wie  wir  nns  dureli  ausfüliiliche  Versuche  mit  Stick- 
stoff-, phosphor-,  Schwefel-,  chlor-,  kalinm-,  natrium-.  kalzium-.  magnesium-, 
aluminium-,  eisen-  und  manganfreien  Nidirlösungen  üherzeuj^t  haben,  sind  es 
namentlich  Stickstoff,  Phosphor,  Schwefel.  Kalinm.  Magnesium,  Aluminium 
und  Eisen,  welche  für  die  Entwicklung  und  \'ermehrung  jener  Gruppen 
der  Bakterien,  die  sich  an  dem  Kreislauf  (Ws  Stickstoffs  im  Hoden  be- 
teiligen, unentbehrlich  sind. 


Azotobacter  chroococcum 
In  der  Trockensubstanz  wurd( 

Stickstoff ll-3Vo 

Phosphorsäureanhydrid  .     .     4'93''/o 
Schwefelsäureanhydrid    . 
KaUumoxvd 


0-29»/o 
2-41  Vo 


gefunden: 

Magnesiumoxyd     ....  0'82Vo 

Kalziumoxyd 0-:-i4''/o 

Eisenoxyd 0-08Vo 

Keinasche 9-66»/o 


Natriumoxyd 0*07  "/o   \ 

Bacillus  myeoides. 
In  der  Trockensubstanz  wurde  gefunden: 

Stickstoff 10-847o 

Phosphorsäureanhydrid  .     .  4"07'*/o 

Schwefelsäureanhydrid    .     .  0'49<'/o 

Kaliumoxyd.     .  '.     .     .     .  2-27o/o 

Natriumoxyd 0-12« /o 


Magnesiumoxyd 


.     .     .  O^SVo 

Kalziumoxyd 0"o6°  o 

Eisenoxyd O'Oö^o 

Keinasche g-öO«  o 


Bac.  fluorescens  li(|uefaciens. 
In  der  Trockensubstanz  wurde  gefunden: 


9-74o/o 
5-02o/o 

0-38«/o 
0-83»' 


Magnesiumoxyd 
Kalziumoxyd 
Eisenoxyd     .     . 
Reinasche     .     . 


0-33  o/o 
0-420/0 
0-06«  0 

T-78% 


Stickstoff 

Phosphorsäureanhydrid  . 
Schwefelsäureanhydrid    . 

KaUumoxyd u'öo7o 

Natriumoxyd 0"21'' o 

Zum  komplexen  Aufbau  speziell  formativer  und  plastischer  Stickstoff- 
verbindungen (Proteine.  Nukleoproteide  etc.)  wird  von  den  Mikroorganismen 
im  Boden  der  Stickstoff  in  elementarer  Form,  das  Ammonium-Ion.  Nitrat- 
Ion.  Sulfat-Ion,  Phosphat-Ion  etc.  assimiliert.  Bei  der  Assimilation  der 
einzelnen  Ionen  müssen  alle  normalen  Vegetationsbedingungen  vorhanden 
sein,  namentlich  eine  geeignete  Kohlenstoffnähniuelle.  alle  übrigen  anorgani- 
schen Nährstoffe,  eine  gute  Konzentration  der  Nährlösung,  eine  günstige 
Temperatur  und  eine  gewisse  Zeit. 

Um  sich  davon  zu  übei'zeugen.  ob  tatsächlich  eine  biologische  Ab- 
sorption stattgefunden  hat.  darf  man  den  Prozel'i  nicht  wie  Fcsca^).  K/iop'-). 


')  Fesca,  Beiträge  zur  agronom.  Bodenuntersuchung  und  Kartieruug.  Berlin  1882.  S.  31 . 
-)  W.  Knop,  Die  Bonitierung  der  Ackererde.  Leipzig  1872.  S.  49. 


q()0  Julius  Stoklasa. 

rUIifz'^)  mid  Zulomanof-)  bloll  2  oder  3  Tage  verfol»eii.  sondern  mindestens 
30  Tage  bei  einer  Temperatur  in  der  Brutlvammer  von  25 — 30"  C. 

In  meiner  Versuchsstation  wurden  nachstehende  diesbezügUche 
Experimente  ausgefiihrt : 

Wir  verwendeten  S  lange  (ilasröhi"en  von  5  cm  Duichmesser  mit  einer 
tTTchterfürmigen  Einschnürung.  Diese  letztere  wurde  mit  Baumwolle  ver- 
schlossen und  über  dieser  Baumwolle  befand  sich  eine  2  cm  hohe  Schichte 
von  (ilasperlen.  Die  (ilasröhren  umhiülteii  wir  mit  starkem  schwarzem 
Papier  und  fiülten  sie  mit  250  ,f/  Lehmboden  (Heide])oden) ,  welcher  von 
einer  gleichmäßigen  physikalischen  Beschaffenheit  war.  Da  die  gröberen 
Bodengemengteile  ein  kleines  Absorptionsvermögen  besitzen,  verwendeten  wir 
stets  den  durch  das  0'2  5J^»^-Sieb  gegebenen  Gesamtboden. 

Der  Boden  von  nei'  Bohren  blieb  ungeimpft,  der  von  den  anderen 
vier  Röhren  A\(irde  mit  Kultur  von  Bacillus  mycoides  geimpft.  Zu  dem 
Impfmaterial  wurde  Ir/d-Glukose  und  O'l  (/ Pepton  zugesetzt.  Die  Impfung 
wurde  in  der  Brutkammer  bei  einer  Temperatur  von  25«  C  binnen  10  Mo- 
uaii'u  \ici'nial  vorgenommen.  Nach  dieser  Zeit,  als  wir  uns  schon  über- 
zeugt hatten.  dalJ  in  den  vier  geimpften  Bohren  eine  starke  Entwicklung 
der  Kultur  von  Bacillus  mycoides  stattgefunden  hat,  sind  wir  an  das 
weitere  PLxperimentieren  geschritten.  Zur  Bestimmung  des  Absorptions- 
vei'uiögens  des  Phosphat-Ions  wurde  folgende  Lösung  zubereitet: 

10^  Ca  H^  (PO  Ja -Ha  0  wurden  in  20006^3  Wasser  gelöst,  so  dalHn 
1000  r«?3  Wasser  2"83^  Phosphorsäureanhydrid  enthalten  waren.  Für  jedes 
lldlir  Her.  man  200 cw/^  monokalziumphosphathaltiges  Wasser  23  Tage  lang- 
mit  der  gleichen  Geschwindigkeit  durchsickern.  Nach  23  Tagen  wurde  der 
Inhalt  der  (ilasröhren  mit  dem  gleichen  Quantum  destillierten  Wassers  durch- 
gewaschen, damit  das  Filtrat  mit  dem  Waschwasser  von  jedem  einzelnen  Bohr 
500cy/r'  beträgt.  Nach  dieser  Zeit  wurde  gefunden,  daß  in  den  ungeimpft en 
Bohren  vom  (iesamtphosphorsäureanhydrid  62"/o,  bei  den  geimpften  98"/o 
absorbiert  wurden.  Die  Absorptionsprozesse  verliefen  ebenfalls  bei  25"  C. 

Das  Absorptionsvermögen  des  geimpften  und  ungeimpften  Bodens, 
wclcli  ix'idc  ein  und  dieselbe  chemische  und  physikahsche  Beschaffenheit 
aufwiesen,  variierte  also  ungemein.  Durch  unsere  vorstehend  beschriebenen 
Experimente  wurde  der  eklatante  Bew^eis  erbracht,  daß  eine  biologische 
Absorption  des  Phosphat-Ions  im  Boden  tatsächlich  stattgefunden  hat. 
Das  biologische  Absorptionsvermögen  der  verschiedenen  Bodenarten  steht 
gewiß  in  einer  engeren  Beziehung  zu  der  p]rnährung  der  höhereu  Pflanzen 
und  ist  für  die  Beurteilung  der  Fruchtbarkeit  des  Bodens  sicherlich  von 
großer  I)edeutung. 

Um  zu  eruieren,  wie  sich  der  geimpfte  und  der  ungeimpfte  Boden 
zu  der  Erhöhung  der  Pflanzenproduktion  verhalten,  haben  wir  die  Versuche 
in  derselben  Weise,  wie  bereits  geschildert  wurde,  nochmals  wiederholt. 


')  W.  FilHtz.  Zeitschr.  f.  anal.  Clieniic.  1875.  14,  55  und  282. 

-)  N.  Zalomunoff,  Jul.  Kiilui,  Berichte  des  laiidw.  Instituts.  Halle  a.  S.  1880.  S.  40. 


Methoden  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens.  9U."> 

Wir  füllten  4  Vogetationsgofäßo  mit  je  18 /y/  (lo.ssellx'ii  ncidcbodcus, 
den  wir  für  nnsero  Absorptioiisvci-siK-lic  Itciml/trn.  Diese  \'('i>ii(lic  teilten 
\vir  in  zwei  (iruppen  ein,  und  zwar: 

I.  (iruppe  der  Vegetations^-efälie.  Für  jeden  Topf  winden  r^'Miy  nn- 
geimpften  Bodens  aus  den  Röhren  vorsielitiii  hcrausgcnoinnH'U.  Hierauf 
^Yurde  diese  Bodennienge  mit  500  cin^  niclitabsorbicrten  M<»n(»kalziuni- 
phospliats  begossen. 

II.  (iruppe  dei-  Vegetationsgefälie.  Jedes  VegetationsgefäCi  erhielt 
250 /y  geimpften  Bodens i).  welche  Bodenmenge  sodann  ebenfalls  mit  öOOcm^ 
nichtabsorbierten  Monokalziumplios])hats  begossen  wurde. 

Für  die  biologischen  Absoi'ptionsversuche  wurde  für  ein  l!(»lir  jJOUcw' 

Lösung-  mit  O'öOt),^  Phosphorsäiireanhydrid  in  Form  von  Ca  H^  (I'()4 1.^ .  Hj  (J 

benutzt.  Dasselbe  Quantum,  jedoch  in  verschiedenartigen  Absorptionsformen, 

erhielt  jedes  Vegetationsgefäß.  In  jedem  Vegetation sgefäß  befanden  sich  sechs 

Gerstenpflanzen.  Wir  wählten  aus  diesem  Grunde  Gerste  als  Versuchsobjekt. 

weil  selbe   auf  die  An-  oder  Abwesenheit    (Wi^    Phosphat-Ions    sehr    stark 

reagiert.  Bei  diesen  E.xperimentou  erzielten  wir  folgende  Kiträi^c: 

I.  Gruppe:  Ungeimpfter  Boden  aus  den   l!(lliren. 

Ertr;ig 
Frucht  Stroh 

1.  Vegetationsgefäß U?>2  (/  2116g 

2.  Vegetationsgefäß 13-57^  20-68/7 

IL  Gruppe:  (jeimpfter  Boden  aus  den  Bohren. 

L  Vegetationsgefäß 18-86  (/  24-65^ 

2.  Vegetationsgefäß 20-53  g  25-84  g 

Unsere  Beobachtungen  haben  ergeben,  daß  die  Impfung- 
der  Böden  entschieden  zur  Erhöhung  des  Ertrages  der  (Jerste 
beiträgt.  Das  Steigen  der  Pflanzenproduktion  läßt  sich  dadni-ch 
erklären,  daß  durcli  die  erhöhte  Lebenstätigkeit  der  llakterien 
im  geimpften  Boden  die  Xähistoffe  des  Bodens  inobili>iei-t  und 
leichter  von  dem  Wurzelsystem  derPflanzen  assi  ni  ilieit  wei-den 
können. 

Sehr  interessante  Ergebnisse  erzielten  wir  dnrcli  die 
Anwendung  sterilisierter  und  nichtsterilisierter  Bödi-n.  die  ver- 
schiedene Ertragsfähigkeiten  besaßen.  Bei  dem  sterilisierten 
Boden  wurden  vom  (iesamtphosphorsäureanhydrid  48  —  86V0' 
bei  dem  nichtsterilisierten  P.oden  52  — 99-8Vo  Pliosphorsäu  re- 
anhydrid  aI)soi-ltiei-t. 

Versnchsmetliodik. 

Die  diesbezüglichen  N'eisnche  werdeu  in  nachstehendei-  Weise  aus- 
geführt : 


'&' 


*)  Das  Impfmaterial  für  diese  Versuche  cntliiolt  bloli  Kulturen  von  IJac.  mycoides 
und  Glukose.  Pepton  wurde  nicht  angewendet. 


904 


Julius  Stoklasa. 


Fig.  221. 


Mall  verwendet  4  »leich  laiii^e  Glasröliren  von  5  cm  Durchmesser  mit 
eiiM-r  tri(•ht('riormi^■en  Kiiisdinüruiisi:.  (Siehe  Fig.  221.)  Diese  Einschnüruiiti' 

wird  mit  Baumwolle  verschlossen  und  über 
dieser  Baumwolle  l)ef ludet  sich  eine  2  cm  hohe 
Schichte  von  kleineu  Glasperlen.  Die  Röhren 
werden  mit  250/7  frischem  Boden  (befreit 
von  Steinen)  uefüUt.  In  diesem  Boden  wird 
das  Wasser  bestimmt.  Die  Glasröhren  müssen 
in  einer  solchen  (irölie  gewählt  werden,  daß 
der  leere  Kaum  über  der  Bodenschichte  7  cm 
beträgt,  so  dal»  bei  den  nichtsterilisierten 
Röhren  die  Luft  zum  Boden  vollen  Zutritt 
hat.  Die  Bodenschichte  mui)  in  allen  4  Röhren 
gleich  hoch  sein.  Zwei  Röhren  werden  in  strö- 
mendem Dampf  gründUch  sterihsiert  und 
mit  Baumwolle  verstopft.  Nach  dem  Sterili- 
sationsprozel)  werden  dann  alle  4  Röhren  in 
eine  Brutkammer  gestellt  und  dort  bei  25"  C 
die  Absorptiousversuche  vorgenommen. 

Zur    Beobachtung    des   Verhaltens   der 
Mikroorganismen  im  Boden  zu  den  Nährlösun- 
genverwendet man  zweckmäßig  folgende  Salze: 
Ammoniumsulfat ,    Ammoniumchlorid,    KaUumnitrat,    Kalziumnitrat, 
Monokalziumphosphat,   Kaliumchlorid,    Kalium suhat   und  Magnesium sulfat. 
Mau  stellt  sich  die  i/,o-Noi-mallösung  dieser  Salze  am  besten  dadurch  her. 
daß    man    V:o    ili^'^s   Molekulargewichtes    in    Grammen   abwiegt    und    in 
1000— 2000  c>;^ 3  destilUerten  Wassers   bei  16»  C  löst.    Die    Lösung    wird 
hernach  sterilisiert  und  mit  Chloroform  versetzt. 
Man  Ix'nutzt  also  Vio  Molekulargewicht  von 


(NH,),  SO, 
NH.Cl.  . 
(NH,)N03 
NaNOg  . 
Ca  (N()3)2 


=  13-22^ 

=  5'35  g 
=  S-Olg 
=  8-51  g 
=  16-2    g 


CaH4(P(),)2-H,0 
KCl      .... 

KoSO,      .     .     . 

Mg  SO4  +  '=''*■     . 


=  25-21  g 

-  7-4(3  (/ 
=  17-44^ 

-  24-66  (j 


Versuche  über  die  Absorption  des  IMiospha  t-Ions. 

Zur  Bestimmung  des  biologischen  Absorptionsvermögens  des  Phosphat- 
Ions  wird  die  Lösung  so  zubereitet,  daß  man  25-2^  CaH^  (P04)2.H2  0^) 
(chemisch  rein)  in  2000  cm"^  Wasser  löst,  diese  Lösung  sterihsiert  und  mit 
einer  genügenden  Menge  von  Chloroform  versetzt.  Für  jedes  Rohr  läßt  man 
200<">^<.3  moiiokalziumphosphathaltiges  Wasser  30  Tage  lang  mit  der  gleichen 
(Jeschwindigkcit  (hirchsickern.  In  200 cvw^  Monokalziumphosphatlösung 
sind  l-42(/P.,  U5  vorhanden.    Nach  30  Tagen  wird  der  Inhalt  der  Glas- 


*)  ^  ,j  Molekulargewicht  des  chemisch  reinen  Monokalziuraphosphates. 


Methodeu  zur  biuchouiischeii   rntersucluiug  des  Budeus.  905 

röhren  mit  dem  gleichen  Quantum  destillierten  Wassers  durcliLicwasclicn, 
damit  das  Filtrat  mit  dem  Wasehwassci-  von  jedem  einzelnen  Kohr  öOOnn-^ 
beträgt.  In  dem  abgemessenen  Quantum  der  Flüssigkeit  wird  das  Phosplior- 
säureanliydi'id  mittelst  der  Molybdänmetliode  bestimmt.  Ich  lasse  hier  einige 
Beispiele  folgen.  Die  Resultate  der  folgenden  A'ei'suclie  sind  auf  2i)() ;/ 
Trockensubstanz  der  betreffenden  Böden  berechnet. 

A.  Versuche  mit  Böden,  welche  einen  sauicn  Charakter  besitzen. 

1.  Ehemaliger  Waldboden  von  Kundratitz. 

Dies  ist  ein  Boden,  der  reich  an  llnmuskolloiden  ist  und  einen  sauren 
Charakter  besitzt. 

Nach  oO  Tagen  wurden  vom  Cesamtphosphorsäureanhydrid  in  den 
sterihsierten  Röhren  4S-So/o,  in  den  unsterilisierten  Röhren  r)2"r>"'o  absoi-biert. 

2.  Ein  Torfboden  von  Milcic.  welcher  reich  an  Ilumusstoffen  war 
und  einen  sauren  Charakter  besaß. 

Nach  oO  Tagen  wurden  vom  (Jesamtphosphorsäureanhydrid  in  den 
sterilisierten  Röhren  eS'TVoi  in  den  unsterihsierten  Röhren  öH'BVo  absorbiert. 

B.  Versuche  mit  Böden,  die  einen  schwach  alkalischen  oder 
neutralen  Charakter  l)esitzen. 

1.  Angeschwemmter  Boden  von  Sadska.  Dieser  Boden  besali  einen 
schwach  alkalischen  Charakter,  zeichnete  sich  durch  eine  grolie  Frucht- 
barkeit aus  und  war  ein  vorzügUcher  (ierstenboden. 

Nach  80  Tagen  wurden  vom  (k'samtphosphorsäureanhydrid  in  den 
sterilisierten  Röhren  80'8"/o.  in  den  unsterilisierten  Röhren  94"6Vo  absorbiert. 

2.  Angeschwemmter  Boden  von  Koui-im.  Dieser  Boden  wies  einen 
neutralen  Charakter  auf  und  war  ein  ausgezeichneter  Riibeidwden. 

Nach  ;)0  Tagen  wurden  vom  (Jesamtidiosphorsäureanhydrid  in  den 
sterihsierten  Röhren  8(3"o'Vo-  ii^  "'^''^  unsterilisierten  Röhren  98"r)"yo  absorbieit. 

8.  Rübenboden  von  Böhmi  schbrod.  Dieser  Boden  besaß  einen  schwach 
alkaUschen  Charakter  und  war  äußerst  fruchtbar. 

Nach  oO  Tagen  wurden  vom  Gesamtphosphorsäureanhydrid  in  den 
sterihsierten  Reihren  85"3ö/o,  in  den  unsterihsierten  Röhren  99"8"/o  absorbiert. 

Die  Differenz  in  der  Menge  des  absorbierten  Phosphorsäureanhydrids 
bei  den  sterilisierten  Böden  gegenüber  den  nichtsterilisierten  wird  durch 
die  Assimilation  der  im  Boden  vorhandenen  Mikroorganismen  hervor- 
gerufen. Diese  durch  die  biologische  Absorption  entstehende  Differenz  be- 
trägt bei  dem  Waldboden  von  Kundratitz  3'8Vo-  l^^'i  *'*'"'  Torfboden  von 
Milßie  4"6Voi  bei  dem  angeschwemmten  Boden  von  Sadska  1;V8"  o-  bei  dem 
angeschwemmten  lioden  von  Koufim  i2"2o/o  und  bei  dem  Rübenimden  von 
Böhmischbrod  l-l:-5"/oP2^5-  Di^  Böden,  welche  einen  sauren  Charakter 
haben,  also  die  absorptiv  ungesättigten  und  wenigei- fruchtbaren 
Böden,  kennzeichnen  sich  durch  ein  kleines  biologisches  Absorj)- 
tionsvermögen.  die  absorptiv  gesättigten  Böden  hingegen  weisen 
für  das  Phosphat-Ion  ein  großes  Ai)sorptionsvermögen  auf.    Die 


906 


Julius  Stoklasa. 


Assimilation  des  Phosphat-Ions  steigt,  wenn  alle  Vegetations- 
faktoren für  die  Entwicklung  der  Mikroben  im  Boden  vorhanden 
sind,  das  ist  namentlich  eine  große  Liiftkapazität,  die  Anwesen- 
heit leicht  zersetzbarer  Kohlenhydrate  und  genügender  Mengen 
Stickstoffs  in  leicht  assimilierbarer  Form. 

Versuche  über  die  biologische  Absorption  des  Kali-Ions. 

Diese  Versuche  wurden  ebenso  wie  die  Experimente  bezüglich  der 
biologischen  Absorption  des  Phosphations  ausgeführt  jedoch  hierzu  Kalium- 
chlorid sowie  Kaliumsulfat  verwendet. 

Wir  fanden  auch  hier  wieder,  daß  diejenigen  Böden,  welche  einen 
sauren  Charakter  besitzen,  also  die  absorptiv  ungesättigten  und  weniger 
fniclitbaren  Böden,  ein  kleines  biologisches  Absorptionsvermögen,  die  ab- 
sorptiv gesättigten  Böden  hingegen  ein  großes  Absorptionsvermögen  für 
das  Kali-Ion  aufweisen. 

Hiolo;;ische  Absorption  des  Nitrat-  mu\  Ammouiiimions. 

Diese  Versuche  wurden  genau  so  vorgenommen,  wie  die  früher  ge- 
schilderten, nur  benutzte  man  dazu  Ammonium-,  Natrium-  oder  Calcium- 
nitrat  und  Ammonium sulfat.  Die  Versuchsanordnung  war  die  gleiche  wie 
bei  den  Experimenten  betreffs  der  biologischen  Absorption  des  Phosphat- 
ions. Die  von  uns  erhaltenen  Resultate  sind  sehr  interessant,  denn, 
es  ergab  sich,  daß  diejenigen  Böden,  die  eine  kleine  Luftkapazität  besitzen 
arm  an  Bakterien  und  abbaufähigeu  organischen  Substanzen  waren,  ein 
\iel  kleineres  biologisches  Absorptionsvermögen  für  das  Ammonium-  und 
Nitration  besaßen  als  jene  Böden,  welche  reich  an  Bakterien  und  abbau- 
fähigeu organischen  Substanzen  sind.  Ferner  wurde  festgestellt,  daß  die 
biologische  Absorption  des  Nitrat-  und  Ammoniumions  von  der  Anwesen- 
heit des  Phosphat-  und  Kaliions  abhängig  ist. 

Bestiminiing-  der  Katalase  im  Boden. 

Die  Katalasen  sind  im  Tier-  und  Pflanzenreich  sehr  stark  verbreitet. 
Sehr  kräftige  Katalasen  erhält  man  aus  Hutpilzen  (Boletus  scaber)  und  aus 
niederen  Pilzen,  Hefen  und  Bakterien.  i) 

August  Jörns -)],hesi\mmte  die  Katalase  in  den  Bakterien  in  der 
Weise,  daß  er  eine  a])gemessene  Menge  der  auf  ihren  Katalasegehalt 
zu  untersuchenden  Flüssigkeit  (Bouillonkultur  etc.),  z.  B.  1  cm,^  mit 
Wasser  verdünnte  (meist  auf  90 cw^),  nachdem  vorher  ermittelt  war.  wieviel 

Kubikzentimeter  — n-KMnO^-Lösung  von  dem  in  der  Flüssigkeit  vorhan- 
denen Eiweiß  reduziert  werden.  Dann  wurden  abgemessene  Mengen  HoO., 
(meist  lOcMi»  einer  ca.  IVoiS'eii  Lösung)  zugesetzt.  Die  Flüssigkeiten  wur- 
den in  einer  200  ows.piasche  mit  eingeschliffenem  Stöpsel  zusammenge- 
bracht. Der  Augenblick,  in  dem  der  Zusatz  der  H,  Oa-Lösung  geschah,  galt 

*)  Hans  Euler,  Allgemeine  Chemie  der  Enzyme.  Wiesbaden  1910. 
-)  Auffust  Jörns,  trber  Bakterienkatalase.  Arch.  f.  Hyg.  67. 134  —  62.  Chem.  Zentral- 
blatt. Bd.  79.  11.  1908. 


Methocleu  zur  biochemischen  Untersuchung  des  Bodens. 


907 


als  Anfang  der  Reaktion.  Nach  der  gewünschten  Zeit  \vnr(h'  das  unzersetzt 
gebliebene  ILO,  in  schwefelsanrer  Lösnng  mit  KMiiO^-Lösung  znrück- 
titriert.  Die  KMnO^-Mcthode  der  (luautitativcn  II J  )o-n('stiiiiniiing  in 
Flüssigkeiten,  die  geringe  Mengen  von  IJakterii-nbouillonkidtun-n  und  deren 
Filtraten,  d.  h.  von  organischer  Suljstanz  enthalten,  hat  vor  der  jodonietri- 
schen  Methode  den  Vorzng  größerer  Genauigkeit  und  schnellerer  Austnhiung; 
die  gasanalytische   Methode  arbeitet  ebenfalls  genau,  ist  aber  zeitraubend. 

Alle  Versuche  von  August  Jörns  liefern  (h'ii  P.eweis.  dalj  die  Kigeii- 
schaft  der  H,  Oa-Zersetzung  unter  p]ntwicklung  von  freiem  Sauei-sfnff  (hirch 
Bouillonkulturen  auf  der  Wirksamkeit  eines  spezifischen,  von  den  Bakterien 
gebildeten  Fermentes  beruht.  Die  iJakterienkatalase  tritt  als  Kkto-  und 
Endokatalase  auf.  An  Prodigiosuskulturen  wurde  gezeigt,  daß  dir  Fähigkeit. 
Wasserstoffsuperoxyd  zu  zersetzen,  noch  vorhanden  ist.  wenn  die  Ilakferien- 
zellen  bereits  zerstört  sind;  auch  die  keimfreien  Filtrate  Avirkten  noch  auf 
Wasserstoffsuperoxyd.  Die  Katalasebildung  ist  eine  fast  allgemein 
verbreitete  Fähigkeit  der  Bakterien,  die  allerdings  (iii;i  n  t  it.t  t  i  v 
bei  den  einzelnen  Arten  sehr  ungleich  ist. 

Arthur  W.  Dox^)  hat  die  Katalase  in  Schimmelpilzen  konstatiert.  Er 
fand,  daß  die  Schimmelpilze  el)enfalls  eine  stark  aktive  Katahise  enthalfen. 
Die  Katalasemenge  in  den  Schimmelpilzen  wurde  volnmetrisch  durch  Auf- 
fangen des  aus  h  cni^  einer  H-SP/oigen  Wasserstoffsuperoxydlösung  in 
3  dünnten  abgespaltenen  Sauerstoffes  bestimmt.  Das  Verhalten  von  Katalase 
in  verschiedenen  Schimmelpilzarten  zeigt  folgende  Tabelle  : 


Penicillium 


(kuiauxi 
i)iforme  .     . 
spinulosum . 
decumbens  . 
camemberti 
itahum  .    .. 
chrysogenum 
stoloniferum 
intricatum  . 
atramentoum 
lilacinum     . 
citrinum 
expansum   . 
divaricatum 
rugulosum  . 
i'useum  .     . 
africamim    . 


cm-'  Sauer 
Stoff  in 
3  Min. 

.  25-:-3 

.  25-0 
224 

.  17-4 

.  13-7 

.  111 

.  100 

.  8-6 

.  5-2 

.  3-5 

.  2-8 

.  2-6 

.  20 

.  1-2 

.  0-9 

.  0-8 

.  0-8 


Penicillium  claviforme  . 
piiiophihnn  . 
luteum  .  . 
rocjueforti  . 
granuhitum 


cm'^  Saaor- 
stoff  in 
3  Min. 

.    on 

.     0-2 

.        0  2 

.     0-2 
.     Ol 


Aspergillus   glaucus  .     .     .     .  21"1 


J7 


fumigatus 
clavatus . 
nidulaus 
vaiians  . 
tlavns     . 
ostianus 
(tchraci'us 
oryzae    . 
candidus 
weiitii     . 
lliliel- 


19  0 

in-2 

lOi 
7-4 

(;•:> 

4;") 
:\v 
24 
1-2 
(tC. 
{)■(.) 


Was  die  physiologische  Findvtioii  der  Katalase  in  der  Icbeiidcii  Zelle 
anbelangt,  so  ist  es  nach  dem  jetzigen  Stand  der  Wissenschaft  und  Fiuschun- 


')  Arthur  IT.  Dor^  Journ.  Auieric.  Cham.  Öoc.  32.   1357- 
Bd.  81.  II.  1910. 


-Gl.    Clicni.  ZeiitraUilatt. 


qnü  Julius  Stoklasa. 

o-en  von  Eicald,  Italie,  Chodat  und  Xeuhaus,  Kastle  und  Loewenhart,  Leo 
Liehcrmann,  Enler  und  Oskar  Lociv  sehr  schwor,  sich  von  der  Bedeutung- 
des  Enzyms  im  Stoffwechsel  der  Zelle  eine  Vorstellung  zu  machen.  Daß 
die  Katalase  gar  keine  lebenswichtige  Tiolle  spielen  sollte,  ist  in  Anbetracht 
ihrer  ubi(|uitären  Verbreitung  in  allen  Zellen  \)  unwahrscheinUch.  Nachdem 
die  Bakterien  und  Schimmelpilze  die  Eigenschaft  besitzen.  Wasserstoff- 
superoxyd mit  großer  Energie  zu  zersetzen,  kann  man  voraussichtlich  durch 
die  Katalasebestimmmig  im  Boden  einen  gewissen  Anhaltspunkt  gewinnen 
über  die  Verbreitung  und  Menge  der  wirkenden  Enzyme  der  Bakterien  und 
Schimmelpilze  im  Boden.  Durch  Zusatz  von  Chloroform  wird  die  Sauer- 
stoffentwicklung sehr  wesentUch  herabgedrückt,  durch  Zusatz  von  Blausäure 
bei  vielen  liöden  fast  ganz  aufgehoben. 

Methodik  der  Katalasebestimmung. 

Nach  Löhnis  '^)  zersetzt  ähnlich  Avie  die  Milch  auch  die  Erde  Wasser- 
stoffsuperoxyd;  die  abgespaltenen  Sauerstoffmengen  sind  nach  seiner  An- 
sicht in  diesem  Falle  aber  weit  größer  als  in  jenem.  Humus,  Mikroorga- 
nismen und  anorganische  Bodenbestandteile  beteiligen  sich  gemeinsam  an 
dem  Prozeß.  In  der  Regel  genügt  es.  bg  Erde  mit  20  c»/i3  3 «/oigein  ^Wasser- 
stoffsuperoxyd (1  Teil  Perhydrol  Merck  +  9  Teile  destilliertes  Wasser)  zu 
versetzen;  sehr  humusreichen  Böden  (Schwarzerden)  muß  dagegen  40  cm^ 
hinzugefügt  werden,  wenn  die  volle  Sauerstoffentwickluug  beobachtet  wer- 
den soll.  Für  Vergleichszwecke  scheint  es  nach  Löhnis  am  zweckmäßigsten 
zu  sein,  festzustellen,  innerhalb  welcher  Zeit  die  ersten  100  cm^  Sauerstoff 
in  Freiheit  gesetzt  werden.  Die  im  800  cwi^-Erlenmeyerkolben  befindhche 
Erde  wird  zweckmäßig  vor  Zugabe  des  Wasserstoffsuperoxyds  in  50  cm^ 
Wasser  aufgeschwemmt,  das  Gemisch  während  der  Beobachtungszeit  in 
Bewegung  gehalten  und  das  Gas  in  einem  graduierten  Rohr  über  Wasser 
aufgefangen.  Experimentiert  man  mit  derselben  Erde  1.  in  frischem  Zu- 
stande. 2.  nach  erfolgter  Abtötung  der  Mikroorganismen  und  Zerstörung 
von  dei'eii  Katalase  durch  Behandlung  der  Erde  im  Autoklaven  bei2Atm. 
Überdruck  und  :'>.  nach  Zerstörung  der  Humussubstanzen  durch  Glühen 
des  Bodeiis,  so  erhält  man  ein  ungefähres  Urteil  über  die  Beteiligung  der 
drei  genannten  Faktoren  am  Resultat. 

Wir  benutzten  zur  Bestimmung  der  Katalase  mit  großem  Vorteil 
den  Apparat  von  Henkel.  Dieser  besteht  aus  einem  Topf,  der  mit  Wasser 
von  22"  C  gefüllt  wird.  In  dem  Glasrohr  ohne  Teilung  der  Gasentwicklungs- 
röhre wird  1  f/  Boden  mit  5  cm^  sterihsierten  Wassers  und  8  cm^  S^/oi^en 
Wasserstoffsuperoxyds  (1  Teil  Perh}'drol  von  Merck  +  9  Teile  destillierten 
Wassers)  untereinander  vermischt;  sofort  wird  auf  die  Glasröhre  ein  Gummi- 
stopfen aufgesetzt,  in  dessen  Bohrung  ein  8-iormig  gebogenes  Glasrohr, 
das  (lasableituugsrohr.  eingesteckt  ist. 

')  Näheres  über  die  Katalase  finden  die  Leser  in  dein  vorzüglichen  Werk:  ..Die 
Fermente  und  ihre  Wirkungen"  von  Carl  Oppenheimer.  Leipzig  1910. 

-)  Dr.  F.  Löhnis,  Landwirtschaftlich-bakteriologisches  Praktikum.  Verlag  von  Ge- 
brüder Borntraeger.  Berlin  1911. 


Methotlen  zur  1)iocl)emiscIien  Untcrsucluiug  des  Bodens.  909 

Zwischen  Stopfen  und  dem  Geniiscli  soll  noch  ein  Al»st;ind  von 
IV2 — 2  ^*'^  "^ein.  Der  Abstand  darf  nicht  zu  kleiu  sein,  weil  sonst  hei  (h'r 
Gasentwicklung^  Schaum  in  das  8-itolii-  tieianiit. 

Das  so  verschlossene  Ilöhrchen  mit  l'iodcn  setzt  uiaii  niiii  in  den 
drehbaren  Einsatz.  In  dem  Topf  muß  so  viel  Wasser  sein,  daß  die  iiiitnc 
Öffnung  des  8-Iiohres  2  cm  unter  Wasser  steht  und  das  Wasser  bis  au 
den  Stopfen  des  Ilohres  mit  Boden  i-eicht. 

Das  mit  Teilunii  versehene  Röhrchcii  ((iasaulfaujiriihre)  füllt  man  an 
der  Ausl)uchtuu^sstelle  des  Topfes  durch  Untertauchen  vollständiii  mit 
Wasser,  kehrt  es  unter  Wasser  um,  so  daß  die  Ölfnun^  nach  nuten  raiit. 
bringt  nun.  immer  unter  Wasser,  die  Öffnung  des  Ibihrchens  mit  Teilunii- 
über  die  Öffnung  des  8-Kohres  un<l  drückt  es  oben  in  die  am  drehbaren 
Einsatz  befindliche  Klammer,  über  welcher  eine  Nummer  angei)raclit  ist. 
Wenn  dies  richtig  gemacht  wird,  ist  das  Gasauffangrohr  ganz  mit  Wasser 
gefüllt.  Es  daif  sich  unmittelbar  nach  dem  Aufsetzen  am  (»bereu  Ende 
keine  Luftblase  befinden. 

Das  Aufsetzen  des  Stöpsels,  das  Einsetzen  in  das  Wasserbad  und 
das  Überstülpen  der  (iasaulf angröhre  muß  rasch  geschehen,  da  l)ei  den 
meisten  Bodenproben  die  Gasbildung  sehr  rasch  eintritt. 

Durch  das  in  dem  Boden  vorhandene  Elnzym,  ..Katalase"  genannt, 
oder  durch  ähnliche  Enzyme  wird  aus  dem  Wasserstoffsuperoxyd  Sauer- 
stoffgas ausgeschieden.  Dieses  steigt  durch  die  3-Ivöhre  in  das  überstülpte 
Bohr  und  verdrängt  Wasser,  so  daß  nun  in  der  Bohre  über  der  Wasser- 
säule eine  je  nach  der  Menge  der  Katalase  verschieden  hohe  Gassäule 
steht.  Diese  Gasmenge  wird  nach  Verlauf  von  2  Stunden  gemessen.  Man 
zählt  von  oben  nach  unten  die  Striche  ab;  ein  Teilstrich  bedeutet  1  cm^ 
Gas.  Kleinere  Mengen  schätzt  man. 

Man  kann  sich  auch  eines  Apparates  bedienen,  welcher  an  der  Vor- 
derseite der  Ausl)uchtung  eine  Glasscheibe  besitzt.  Bei  der  Ablesung  faßt 
man  dann  das  Gasauffangröhrchen  mit  einer  Klemme  (damit  sich  das  (Jas 
durch  die  Bertihrung  mit  der  Hand  nicht  ausdehnt),  hebt  dassell)e  von  dem 
8-B()hr  ab,  brinüt  es.  die  Müudunii  immer  unter  Wasser,  vor  die  (ilasscheibe 
und  taucht  es  senkrecht  so  weit  ein.  daß  das  Wasser  iiuu'U  und  außen  gleich 
hoch  steht.  So  kann  man  bei  gleichem   Innen-  und  Außendruck  ablesen. 

Mau  kann  die  Ablesung  dieser  Art  auch  außerhalb  des  Wasserbades 
vornehmen,  indem  man  den  beigegei)enen  Becher  mit  Stiel  unter  Wasser 
bringt  und  die  Mündung  des  Gasauffangrohres  in  den  Becher  aufrecht 
einstellt.  So  kann  dann  das  Böhrchen  in  ein  (Uasgefäß  mit  Wasser  (Becher- 
glas, Zyhnder  u.  dgl.)  übertragen  werden  und  doi't  die  Ablesuni.;  bei  gleichem 
In-iu'n-  und  Außendruck  erfolgen. 

Ich  lasse  hier  die  Besultate.  welche  wir  mit  dii'seni  Apparat  i'rhalteii 
haben,  in  der  nachstehenden  Tabelle  I  folgen.  Unseri-  rutersuchungen 
wurden  an  zwei  fruchtbaren  Lehmböden  und  an  einem  \'erwitterungsboden, 
welcher  noch  nie  bebaut  wUrde,  vorgenommen.  Wie  aus  dei-  Tabelle  I  deul- 
lich  ei-sichtlich  ist.  sind  zwischen  dem  bebauten  niid  unbebauten  Boden 
große  Differenzen  wahi'zuiu'hnu'U. 


[\l()     Julius  Stoklasa.  Methoden  zur  biochemischeu  Untersuchung  des  Bodens. 

Tabelle! 


Art  dtT  Böden 


In  frischem  Zustande. 
DiirrhsclinittszaUl  aus  3  Versuchen, 
iiiML'.rechnet  auf  Trockensubstanz 


Sterilisiert    bei  "2  Atm.  im  Autoklav. 

Durchschnittszahl  aus  3  Versuchen, 

umgerechnet  auf  Trockensubstanz 


In 

1  Stunde 


In 
2  Stunden 


In 
3  Stunden 


In  In 

1  Stunde        2  Stunden 


In 
3  Stunden 


Ein  fruchtbarer 
Ackerboden      .    .  \\280  cm^  0\B3-1  cm^  0 


38-7  cm'  0 


3-0  cm^  0 


4" 5  an^  0 


5-7  cw»  0 


Ein  anderer  frucht-  j 
barer  Ackerl)oden   30"4  c»i'  0 


35-3  cm'  0 


42-6  cm'  0 


30  cm'  0  i  4-2  cm'  0 


5-2  cm'  0 


Ein    noch   nie    be- 
bauter Boden  .    . 


51  cm'  0    6"9  cm'  0 


8-5  cm'  0 


1-4  cm'  0 


2-3  cm'  0 


30 cm'  0 


Art  der  Boden 


Ein  fruchtbarer 
Ackerboden     . 


Ausg-eglüht. 
Durchschnittszahl  aus  3  Versuchen,  umgerechnet  auf  Trocken- 
substanz 


In 

1  Stunde 


In 
2  Stunden 


In 
3  Stunden 


2-4  cm'  0 


3-8  cm'  0 


5'5  cm'  0 


Ein  anderer  frucht- 
barer Ackerboden 


6'6  cm'  0 


10-3  cm"  0  13-5  ««' 0 


Die  größere  Menge  des  abgespaltenen 
Sauerstoffs  bei  diesem  ausgeglühten 
Boden  im  Vergleiche  zu  der  in  dem- 
selben sterilisierten  Boden  ließe  sich 
vielleicht  durch  die  Wirkung  der 
Mineralsubstanz  erklären 


Ein    noch    nie    be-  i 
bauter  Boden  .    .  \\0'ijcm'O 


0-9  cm'  0 


11  cm'  0 


Über  die  Bestimmung  der  katalytischen  Kraft  des  Ackerbodens  hat 
des  weiteren  auch  J.  König ^)  Versuche  angestellt.  Derselbe  beschreibt  in 
der  betreffenden  Arbeit  auch  einen  Apparat  zur  Bestimmung  der  katalyti- 
schen Kraft  des  Bodens,  welcher  im  Prinzip  derselbe  ist,  wie  ich  ihn  oben 
beschrieben  habe. 

Dieser  Forscher  fand,  daß  die  Sauerstoffentbindung  aus  Wasserstoff- 
superoxyd oder  die  katalytische  Kraft  des  Bodens  im  allgemeinen  mit 
seinem  (behalt  an  Humus  bezw.  organischen  Stoffen  steigt  und  fällt.  Daß 
die  Sauerstoffentbindung  nach  Zusatz  von  Chloroform  und  Blausäure  nicht 
bei  allen  Böden  ganz  aufgehört  hat.  hat  seinen  Grund  darin,  daß  außer 
Enzymen  im  Boden  noch  andere  Sauerstoff  entbindende  Stoffe,  wie  Mangan- 
und  Kisenoxyde  vorkommen.  Kocht  man  die  Böden  mit  Salzsäure  aus,  so 
hat  der  Bodenrückstand  die  Fähigkeit,  Sauerstoff  aus  Wasserstoffsuperoxyd 
zu  entwickeln,  vollständig  verloren. 

Zum  Schlüsse  will  ich  noch  erwähnen,  daß  für  die  Messung  der 
katalytischen  Kraft  des  Bodens  auch  der  Apparat  von  Liehermann  (siehe 
Abderhaldens  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden,  HL  Bd.,  I.Hälfte, 
S.  69)  mit  Vorteil  benutzt  werden  kann. 

*)  .7.  König,  Die  Untersuchung  landwii-tschaftlich  und  gev/erblich  wichtiger  Stoffe. 
Berlin  1911. 


Methodik  der  Stoffwecliselniitorsuchuiii»;  Ix'i  Mikro- 

organisiiieii. 

Von  Hans  Priiigslieini,  Berlin. 

Einleitung. 

Die  Stoff^Yecllseluntersuchung  der  Mikroorganismen  l)ildet  einen 
wichtigen  Zweig  der  Physiologie  pflanzlicher  Lebewesen.  In  botanischen 
Institut"n  herrscht  im  allgemeinen  eine  große  Vertrautheit  mit  der  Iso- 
lierung und  Kultivierung  der  Kleinlebewesen ,  während  sich  der  Nachweis 
der  Stoffwechselprodukte  häufig  auf  chemisch  wenig  scharf  präzisierte 
Methoden  beschränkt.  Nicht  selten  sind  daher  Irrtümer  oder  zum  mindesten 
wenig  übereinstimmende  Kesultate  die  Folge  mr.ngelnder  chemischer  Aus- 
bildung gewesen.  In  chemischen  Laboratorien  andrerseits  wird  der  Mangel 
an  Vertrautheit  mit  den  bakteriologischen  Methoden  der  Kultivierung 
niederer  Organismen,  wie  man  sie  schlechthin  wohl  bezeichnen  darf,  nicht 
selten  als  ein  Hemmnisgrund  für  derartige  Versuche  angesehen.  I»a  aber 
Mikroorganismen  sehr  häufig  chemisch  eindeutige  Umsetzungen  vollziehen, 
die  auch  wegen  ihrer  Analogie  zum  Stoffwechsel  höherer  Organismen 
großes  Interesse  beanspruchen,  da  weiterhin  niedere  Organismen  häufig 
gerade  in  die  wichtige  Erforschung  tierischer  und  pflanzlicher  Produkte 
hineingezogen  werden  müssen,  so  dürfte  auch  für  den  Chemiker  eine 
Anleitung  zur  Methodik  der  A'ersuchsanstellung  in  dieser  Richtung  von 
Wert  sein.  Er  kann  so  leicht  dazu  gebracht  werden,  eine  gewisse  Scheu 
vor  dem  Unbekannten  zu  ül)erwinden  und  an  Aufgaben  heranzugehen,  die 
ihn  sonst  schrecken  würden. 

Der  Zweck  der  hier  beabsichtigten  Darstellung  ist  demnach  rein  prak- 
tischer Natur.  Nicht  nur  die  Raumbeschränkung,  sondern  auch  dieses  Gebot 
empfiehlt  es  deshalb,  aus  dem  großen  Gebiete  der  chemischen  Mikrobiologie 
nur  scharf  präzisierte  und  möglichst  einheitliche  Umsetzungen  auszuwäiden. 
in  der  Hoffnung,  daß  an  der  Hand  einer  derartigen  Anleitung  auch 
kompliziertere  und  weniger  erforschte  Fragestellungen  in  Angriff  genommen 
werden  können,  nachdem  einmal  ein  praktischer  Leitfaden  für  die  \'er- 
suchsanstellung  gegeben  ist. 


qjo  Hans  Pringsheim. 

Umgrenzunii-  des  Begriffes  ..Mikroorganismen". 

Den  systematischen  Botaniker  wird  von  vornherein  die  Umgrenzung 
des  Begriffes  ,,;\Iikroorganismen-  schrecken.  Denn  selbst  die  Definition,  daß 
es  i^^ich  hier  um  Kleinlebewesen  handelt,  die  sich  hauptsächlich  durch  asexuelle 
Teilung  vermehren,  ist  Avenig  befriedigend.  Für  unsere  Zwecke  ist  die 
P.eschränkung  aber  verhältnismäßig  einfach.  Sie  ist  zuerst  gegeben  durch 
die  Bedingung  der  Reinkultur ,  die  in  jeder  Richtung  hin  eine  der  Haupt- 
forderungen einer  präzisen  Mikroorganismen -Forschung  sein  muß.  Da 
diese  bisher  nun  mit  Sicherheit  und  einer  für  unsere  Ziele  erforderlichen 
Leichtigkeit  nur  bei  Bakterien.  Hefen,  Schimmelpilzen,  wenigen  Algen 
Flagellaten  und  Volvociiieen  gelungen  ist.  so  wird  unsere  Aufgabe  schon 
durch  diese  Boschi'änknng  erleichtert.  Dazu  kommt,  daß  die  zuerst  genannten 
Klassen  von  Mikroorganismen  auf  eine  besonders  spezifische  Ernährungs- 
physiologie und  demnach  einen  sehr  speziellen  Stoffumsatz  eingestellt  sind, 
dessen  Spezifizität  uns  vom  chemischen  Standpunkte  aus  am  meisten 
interessiert.  Die  Protozoen  dagegen  verhalten  sich  ernährungsphysiologisch, 
so  weit  bekannt,  weniger  eindeutig,  wie  schon  aus  der  Tatsache  hervor- 
geht, daß  sie  zum  Teil  wenigstens  geformte  Xahrung  aufnehmen.  Sie  sind 
weiterhin  schwer  zu  isolieren  und  noch  schwerer  zu  kultivieren.  Die  Er- 
forschung ihres  Stoffwechsels  liegt  aus  diesen  Gründen  noch  sehr  im  argen. 
Hier  liegt  mehr  eine  reizvolle  Aufgabe  der  Zukunft,  als  eine  Möglichkeit 
der  Besprechung  ausgearbeiteter  Metboden  in  der  Gegenwart  vor. 

Unter  den  grünen  Mikroorganismen,  die  mit  einem  Chlorophyll- 
apparat ausgerüstet  sind ,  gibt  es  zahlreiche ,  die  sich  mixotroph  ernähren 
können,  die  also  auch  organische  Kohlenstoffquellen  ausnutzen.  Die  Frage, 
in  welcher  "Weise  durch  diesen  Wechsel  in  der  Ernährung  ihr  sonstiger 
Stoffwechsel  beeinflußt  wird,  ist  sehr  interessant.  Sie  ist  jedoch  nach 
dem  jetzigen  Stande  unserer  Erkenntnis  gar  nicht  zu  beantworten. 

Die  Verwendung  von  Reinkulturen.  Ihr  Vorzug  und  ihr  Mangel. 

Wenn  wir  als  eine  der  Hauptforderungen  für  die  Stoffwechselunter- 
suchungen bei  Mikroorganismen  die  Verwendung  von  Reinkulturen  deklariert 
haben,  so  geschah  das  deshalb,  weil  wir  nur  mit  ihnen  zu  einheitlichen 
und  vergleichbaren  Resultaten  gelangen  können.  Denn  Versuche  mit  un- 
entwirrbaren Mischkulturen  können  naturgemäß  durch  die  eine  oder 
andere  schwer  zu  kontrollierende  und  häufig  von  feinsten  Unterschieden 
abhängende  Differenz  der  Mikroorganismenflora  in  sehr  verschiedener 
und  unerwarteter  Richtung  verlaufen.  Die  Reinkultur  entspricht  dem 
Individuum  bei  größeren  Organismen.  Die  Umsetzungen  durch  ein 
einzelnes  Kleinlebewesen  sind  quantitativ  zu  gering,  daher  müssen  viele 
gleichzeitig  in  Reaktion  treten.  Sie  müssen  aber  möglichst  gleichartig 
sein.  Die  Forderung  ..Reinkultur"  erwächst  daher  aus  rein  praktischen 
( h'ünden.  Sie  ist  in  anderer  Beziehung  durchaus  keine  ideale.  Denn  es  ist  klar, 
daß  gerade  unter  natürlichen  Verhältnissen,  die  uns  ja  besonders  interessieren 
müssen,  durch  das  Ineinandergreifen  verschiedener  mikrobiologischer  Pro- 


Methodik  der  Stoffwechseluntersuchung  bei  Mikroorgauismen.  [)]?, 

zesse,  bedingt  durch  das  Zusammenwirken  verschiedenartiger  Lebewesen, 
ganz  andere  Resultate  zustande  kommen  können ,  als  in  unseren  Kein- 
kulturversuchen.  Besonders  wird  eine  Fortschaffung  von  Stoffwechsel- 
produkten einer  Mikroorganismenspezies  durch  eine  andere  häufig  ge- 
steigertes Wachstum  und  vermehrte  Umsatzkraft  zni-  Folge  iiaben.  Auch 
gegenseitige  Hemmungen  sind  auf  dieselbe  Weise  wohl  niöj^iich.  Sie  werden 
aber  in  die  natürlichen  Verhältnisse  weniger  hineinspielen,  da  hier  ein 
Zusammengedeihen  antagonistischer  Kleinlebewesen  durch  eine  natürliche 
Auslese  hintangehalten  werden  dürfte. 

Um  einen  Einblick  in  natürhche  Stoffumsatz-Möglichkeiten  zu  gewinnen, 
wird  es  sich  empfehlen,  zur  Erreichung  gewisser  Zwecke  Reinkulturen  zu 
kombinieren  und  auf  der  Basis  einer  noch  kontrollierbaren  Miki-oorganismen- 
mischung  Stoffwechselversuche  anzustellen.  ^)  Bei  derartigen  \'ersuchen,  die 
bisher  wenig  zahlreich  gewesen  zu  sein  scheinen,  merkt  man  jedoch  sehr 
bald,  wie  schwierig  es  ist,  die  Natur  in  dieser  Ivichtung  nachzuahmen. 
Denn  meist  gelingt  die  Lösung  der  gestellten  Aufgabe  dadurch  nicht,  dali 
nur  eine  der  eingesähten  Kulturen,  oder  wenn  die  Bedingungen  so  gestellt 
sind,  daß  nur  beide  zusammenwirkend  wachsen  können,  gar  keine  zur 
Entwicklung  kommt. 

Außer  den  geschilderten  Nachteilen  der  Reinkultur  sind  aber  noch 
andere  zu  erwähnen.  Die  Zucht  im  Laboratorium  zieht  häufig  eine  De- 
generation oder  auch  eine  Anpassung  nach  sich ,  welciie  dem  Verhalten 
frisch  isoUerter  Mikroorganismen  nicht  entspricht.-)  Auch  dadurch  kann 
also  eine  Divergenz  zwischen  den  Resultaten  verschiedener  Forscher  Zu- 
standekommen. Überhaupt  vergesse  man  nicht,  und  das  sei  speziell  dem 
gegen  die  Exaktheit  biochemischer  Forschung  bisweilen  etwas  vorurteils- 
vollen Chemiker  gesagt,  daß  es  sicii  hier  nicht  um  unbelebte  Substanzen 
konstanten  Verhaltens,  sondern  um  sehr  veränderliche  Lebewesen  handelt, 
deren  Verhalten  man  genau  kennen  muß,  ehe  man  gegen  ihre  spezifischen 
Funktionen  ins  Feld  zieht. 

Beschaffung  von  Kulturen, 

Aus  dem  Gesagten  geht  hervor,  daß  man  am  i)esten  mit  frisch  iso- 
lierten Kulturen  arbeitet,  deren  Konstanz  in  i)h\siologischer  Hinsicht  man 
dann  noch  scharf  überw'achen  nmß.  Anleitungen  zur  Isolierung  verschieden- 
artiger Mikroorganismen  sind  im  Folgenden  gegeben.  Häufig  kann  die  obige 
Forderung  nicht  erfüllt  werden.  Hat  man  keine  andere  (Jelegenheit ,  so 
kann  man  sich  viele  Reinkulturen  aus  dem  bakteriologischen   Laboratorium 


*)  Vgl.  hierzu  JI.  rriiu/sheiin ,  Über  die  Verwendung  von  Olliilose  als  Energie- 
quelle zur  Assimilation  des  Luftstickstoffs.  Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  lid.  23  (1909). 
S.  300;  Bd.  26  (1910).  S.  221.  —  JI.  nm\  E.  l'rhi.f/sheim,  i  bor  die  VerwenduuL'  von 
Agar-Agar  als  Energiequelle  zur  Assimilation  des  Luftstickstofl's.  Ebenda.  Bd.  26 
(1910).  S.  227. 

^)  Vgl.  hierzu  II.  rrinf/sheiin,  Die  Variabilität  niederer  Organismen.  Eine  des- 
zendenz-theoretischc  Studie.  Berlin.  Julius  Springer.  1910. 

Abder  li:il  don  ,  Handbuch   der  biochemischen  Arbeitsmethoden.   V.  Ög 


q-^j^  Hans  Pringsheim. 

von  Krd/ .  Prag'.  L,  Kleiner  Ring  1 1  (Preis  pro  Kulturröhrchen  6  K  ohne 
Verpackung-  und  Porto),  i)  gärungsphysiologiscli  wichtige  Hefen  und  Schimmel- 
pilze aus  dem  Institut  füi-  Gäruugsgewerbe,  Berlin  N.,  Seestraße,  kommen 
lassen.  An  letzterer  Stelle  sind  auch  größere  ^Mengen  von  Hefe,  eventuell 
licinkulturhefe.  zu  haben.  Schwer  zugängliche  Kulturen  von  Schimmelpilzen 
und  einigen  Algen  kann  man  auch  in  der  Zentrale  für  Pilzkulturen  der 
Association  Internationale  des  Botanistes,  Frl.  Dr.  Westerdyk,  Roemerslaat  1, 
Amsterdam,  erhalten.  Doch  sind  die  Preise  für  die  Nichtmitglieder  ziemlich 
hohe,  o  fl.  (holl.)  pro  Kultur.  Im  Austausch  erhält  man  Kulturen  auch  umsonst. 

T-'influn   des  Säure-  und  Alkaligrades,    wie    der  Konzentration 

im  allgemeinen. 

Naturgemäß  können  Mikroorganismen  nur  in  Lösungen  gedeihen,  die 
fast  neutral  sind.  Dabei  ist  zu  beachten,  daß  Hefen  und  Schimmelpilze 
(auch  Eugleiien)  im  allgemeinen  schwach  saure,  Bakterien  und  Algen  dagegen 
schwach  alkalische  Nährböden  bevorzugen.  Um  einem  Nährboden  diese 
Reaktion  zu  verleihen,  genügt  es  meistens,  daß  man  seinen  Kahum-  und 
Phosphorsäurebedarf  je  nach  Bedürfnis  durch  Monokaliumphosphat  (K  Hj  PO4 ) 
für  saure  oder  mit  Dikaliumphosphat  (K2HPO4)  für  alkalische  Nährböden 
deckt.  Von  diesen  Salzen  verwendet  man  im  allgemeinen,  wie  aus  den  folgenden 
Angaben  über  das  Nährsalzbedürfnis  ersichtUch,  OOf^Vo-  Hefen-  und  Schimmel- 
pilzkulturen kann  man  gegen  die  Verunreinigung  mit  Bakterien,  die  wegen 
der  Sporenresistenz  am  meisten  zu  befürchten  ist,  durch  schwachen  Säure- 
grad schützen.  Hierzu  empfiehlt  sich  am  besten  ein  Zusatz  von  Weinsäure 
bis  zur  deutlich  sauren  Reaktion  gegen  Lackmus.  Auch  Zitronensäure  ist  ver- 
wendbar. Dagegen  sind  Fettsäuren,  wie  Essig-  oder  Buttersäure,  in  höherem 
Maße  noch  Ameisensäure  wegen  ihrer  hemmenden  Wirkung  zu  verwerfen. 

Soll  eine  stark  saure  Flüssigkeit  der  Zersetzung  durch  Mikroorganismen 
unterworfen  werden,  so  muß  man  die  Säure  durch  Soda  abstumpfen.  Der 
Zusatz  eines  Überschusses  von  Natriumazetat ,  an  das  man  zur  Entfernung 
der  Reaktion  starker  Säuren  denken  könnte,  weil  man  die  in  Freiheit 
gesetzte  p]ssigsäure  durch  Abdampfen  entfernen  kann,  wirkt  schon  stark 
hindernd  auf  die  Mikroorganismenentwicklung,  besonders  auf  die  Gärung. 
Kochsalz,  Natriumnitrat  und  Natriumsulfat  sind  im  allgemeinen  keine 
Hemmungsfaktoren. 

\'erunrei)iigungen  durch  Schimmelpilze  sind  wegen  der  Oberflächen- 
myzelentwickluug  —  alle  Schimmelpilze  sind  sauerstoffbedürftig  —  schon 
makroskopisch  leicht  zu  erkennen.  Reine  Hefen  und  Schimmelpilz- 
kulturen sind  für  gewöhnlich  klar.  Bakterielle  Verunreinigungen  werden 
durch  Trübungen  opaleszierender  Natur  sichtbar.  Doch  kann  eine  Trübung 
z.  B.  bei  der  \'erwendung  von  Preßhefe  auch  durch  Mykodermen  veranlaßt 
werden.  Die  mikroskopische  Nachprüfung  kann  natürlich  auf  diese  Fragen 

')  Seitdem  dies  geschrieben  wurde,  ist  die  üTra'/sche  Sammlung  nach  dem  Tode 
Kräh  verkauft  worden.  Sie  wird  von  Prof.  E.  Kraus  und  Doz.  E.  I'ribram,  unter  dem 
Namen  Krals  Bakteriologisches  Museum,    Wien,  IX/3,  Zimniermanngasse  3,  fortgeführt. 


Methodik  der  Stoffwechseliintersuchuiig  iiei  Mikroor^'aiiisiiicii.  '.)].') 

die  einzig"  eindeutific  Antwort  geben.  Die  angogchencii  mikroskopischen 
Beobachtungen  sind  in  dieser  Hinsicht  nur  Fingerzeigel  (ileichartigc  Ver- 
unreinigungen sind  nur  durch  mikroskopische  oder  l)iologische  Analyse  — 
Plattenguli    —  nachzuweisen. 

Der  Hemmung  des  Fortganges  einer  Zersetzung  durch  saure  Stoff- 
wechselprodukte kann  mau  z.  D.  bei  der  nuttersäuregäruTig  oder  der  Zellulose- 
vergärung  durch  Zusatz  von  kohlensaurem  Kalk  vorbeugen.  Der  I-lrsatz  des 
Kalziumkarbonats  durch  Baryumkarbonat,  der  wegen  der  leichten  (piantitativen 
Entfernung  des  Baryts  mit  Schwefelsäure  für  die  Weiterverarbeitung  häufig 
wünschenswert  erscheint,  läßt  sich  nicht  immer  durchführen.  Baryumsalze  sind 
Gifte,  die  meist,  wenn  auch  nicht  direkt  hemmend,  so  doch  verzögei'ud  wirken. 
Um  den  Kalk  zu  entfernen,  bestimmt  man  in  einem  ali(|uoten  Teil  der 
Flüssigkeit  den  Kalkgehalt  und  setzt  dem  vom  Kalk  zu  befreienden  liest 
dann  die  entsprechende  Menge  Schwefelsäure  zu.  Durch  Alkohol  kann  man 
den  Gips  dann  zur  quantitativen  Ausfüllung  bringen.  Häufig  genügt  es  aber 
schon,  die  Hauptmenge  der  lästigen  Salze  durch  Alkohol  auszufällen.  Der 
zunehmenden  Alkalisierung  der  Xährflüssigkeit,  z.  B.  bei  der  Denitrifikation, 
ist  schwerer  vorzubeugen.  Der  Zusatz  von  Weinstein  oder  Hai-nsäure.  die 
unter  dem  Einflüsse  des  gebildeten  Alkalis  in  Lösung  gehen,  ist  meist 
wegen  der  unerwünschten  und  die  Resultate  verschleienden  Zuführung- 
organischer,  bei  der  Harnsäure  sogar  stickstoffhaltiger  Sul)stanz,  unmöglich' 
W^as  der  Torf  hier  leisten  kann,  der  Alkalien  adsorbiert,  ist  noch  nicht 
ausgeprobt.  Er  wirkt  überdies  häufig  antiseptisch.  Man  beachte,  daß  bei 
Verwendung  von  schwefelsaurem  Ammoniak  als  Stickstoffquelle  eine  zu- 
nehmende Versäuerung  des  Nährbodens  Platz  greift,  während  mit  Salpeter 
alkalische  Pieaktion  einsetzt.  Darauf  beruht  häufig  die  schlechte  Ausnutzung 
letzterer  Stickstoff nahrung  bei  Hefen  und  Schimmelpilzen.  Salpetrige  Säure 
ist  bei  saurer  Pveaktion  ausgesprochen  giftig,  bei  alkalischer  oder  neutraler 
aber  weit  ungefährlicher. 

Einen  Einblick  in  all  diese  Verhältnisse  gestattet  das  Studium  tler 
Arbeiten  des  Meisters  der  Elektivkultur  M.  W.  Beijennck.  Eine  gute 
Auswahl  gab  Stockhausen,  Ökologie,  „Anhäufungen"  nach  Bcijcrinck,  Berlin 
1907 ,  Institut  für  Gärungsgewerbe. 

Vor  allem  muß  bei  Stoffwechselversuchen  mit  Mikroorganismen  be- 
achtet werden,  daß  die  Umsatzmöglichkeit  in  hohem  Maüe  vom  Konzen- 
trationsgrad abhängig  ist.  Denn  in  einem  gewissen  Flüssigkeitsvolumen 
kann  sich  immer  nur  eine  beschränkte  Anzahl  von  Organismen  entwickeln, 
die  den  Umsatz  vollziehen  müssen,  ehe  durch  Produkte  ihres  eigenen 
Stoffumsatzes  Hemmung  eintritt.  Zu  hohe  Konzentration  irgend  eines  Zusatzes 
kann  auch  direkt  das  Wachstum  hemmen.  Die  (iründe  für  die  Maximalent- 
wicklung von  Mikroorganismen  in  einem  bestimmten  Nährlösung.svohimen  sind 
keineswegs  immer  klar ;  denn  auch  die  Entfernung  der  Stoffwechselprodukte 
durch  den  Ersatz  der  alten  durch  neue  Nährlösung  gestattet  meist  keine  weitere 
Entwicklung  über  das  Maximalwachstum  in  einem  bestininiten  \(>lumen  hinaus. 
Jedenfalls  mujj  mit  diesem  Faktor  gerechnet  werden.  Sehen  wir  vouGäri)rozessen 

58« 


()-[(3  Hans  Priugsheini. 

und  aiuk'ren  energielief ernden  Umsetzimgen  ab,  so  wird  der  mögliche  Um- 
satz durch  das  Nahrunysbedürfnis  geregelt,  das  für  die  Kohlenstoffiiuelle 
immer  größer  als  für  die  Stickstoffciuelle  ist.  Allgemeine  Regeln  lassen 
sich  hier  zwar  nicht  aufstellen.  Man  kann  aber  sagen,  daß  die  Zersetzung 
der  Kohlenstoffnahrung  für  gewöhnlich  bis  zu  O-öo/o.  die  der  Stickstoff- 
nahrung  i)is  zu  0'1'Vo  und  weniger  gelingt.  Weit  höher  sind  die  Umsatz- 
möglichkeiten bei  Gärprozessen,  die  neben  dem  Aufbau  der  Körpersubstanz 
und  unabhängig  von  demselben  als  energieliefernde  Prozesse  einherlaufen. 
So  kann  Hefe  noch  lö^/oige  Zuckerlösungen  völlig  vergären,  während  bei 
der  Buttersäure-,  Milchsäure-  und  anderen  Gärungen  wie  bei  der  Oxyda- 
tion des  Alkohols  zu  Essigsäure  geringere  Konzentrationen  für  einen 
völligen  Umsatz  erforderlich  sind. 

Auch  die  Zeit  ist  hier  ein  wichtiger  Faktor.  Meist  wird  ein  gewisses 
Ma.\inmm  der  Umsetzung  verhältnismäßig  schnell  erreicht.  Dann  findet 
ein  Abfall  statt,  und  das  Ende  der  Reaktion,  der  völlige  Umsatz,  kann 
häufig  erst  nach  langer  Dauer,  nach  Wochen,  ja  Monaten  erreichbar  sein. 
Dabei  versteht  sich  von  selbst,  daß  man  möglichst  bei  optimaler  Temperatur 
arbeitet,  die  ganz  von  der  Art  der  speziellen  Organismen  abhängig  ist. 

Aufbewahren  der  Kulturen. 

Eine  größere  Anzahl  von  Kulturen  lebend  zu  erhalten,  macht  keine 
geringe  Mühe.  Sporenhaltiges  Material  kann  man  eintrocknen  lassen;  es 
ist  dann  meist  jahrelang  haltbar.  Hefen  sollen  sich  nach  den  Angaben  von 
E.  Ch.  Hansen  in  lOVoiger  reiner  Zuckerlösung,  ohne  Salze  und  Stickstoff- 
(|U('lle,  ebenfalls  jahrelang  am  Leben  erhalten.  Alle  anderen  Kulturen 
müssen  umgeimpft  werden  und  man  muß  sie  vor  Austrocknen  schützen, 
etwa  dadurch,  daß  man  sie  unter  Glasglocken  bringt.  An  Stelle  der  im 
großen  Maßstabe  etwas  langwieriger  zu  bereitenden  Agarröhrchen  kann  man 
häufig  mit  \'orteil  die  Kultur  auf  Möhren-  oder  Kartoffelstücken  benutzen. 
Doch  beachte  man,  daß  solche  Naturprodukte  schwierig  zu  sterilisieren 
sind.  Man  lasse  die  mit  ihnen  beschickten  Röhrchen  daher  zur  KontioUe 
einige  Zeit  stehen,  ehe  man  sie  mit  Reinkulturen  beimpft.  Dem  Bedürfnis 
eines  schnellen  Umimpfens  kann  man  dadurch  in  gewissem  Grade  vorbeugen, 
daß  man  nach  dem  Anwachsen  die  Kulturen  bei  niederer  Temperatur  auf- 
stellt. Sie  führen  dann  ein  mehr  latentes  Dasein.  Vor  der  Entnahme  ist 
am  besten  neu  zu  inkubieren!  Auch  Zuschmelzen  der  Kulturröhrchen, 
besonders  wenn  es  zu  Zeiten  voller  Entwicklung  geschieht,  wirkt  häufig 
lebensverlängernd.  Einfacher  kommt  man  noch  zum  Ziele,  wenn  man  die 
Röhrchen  mit  dem  Wattepfropf  in  geschmolzenes  Paraffin  eintaucht  und 
das  Paraffin  dann  erstarren  läßt. 

Allgemeine  Methoden. 

Die  wichtigsten  Methoden  beim  Arbeiten  mit  Pilzen  und  Bakterien 
sind     schon     im     HI.  Bande,    S.  1204    von    Franz   Fuhrmann   behandelt 


Methodik  der  Stoffwechseliintersuchiuig  bei  Mikroorganismen.  917 

worden.  liier  seien  deshali)  nur  ein  Paar  der  Praxis  entnoninione  Erp^än- 
zuni^en  und  Veroinfachungon  an-iegehen,  die  gerade  für  in  der  Hauptsache 
chemisch  ausgerüstete  Laboratorien  in  Frage  konnncn.  Dem  schließt  sich 
die  Beschreibung  einer  aus  der  neuesten  Zeit  stammenden  Methode: 
zur  Überimpfung  von  Kuhuren  unter  LuftabschUiIi.  an. 

1.  Inkubieren. 

Um  die  Kulturen  auf  geeigneter  Temperatur  zu  erhalten,  verwendet 
man  Brutschränke,  die  mit  Hilfe  von  Thermoregulatoren  (vgl.  Bd.  I,  S.  65) 
auf  konstanter  Temperatur  gehalten  werden,  (rerade  bei  Stoffwechselver- 
suchen sind  aber  diese  Apparate  meist  im  Platze  zu  beschränkt,  denn  große 
Kultui'en  sind  gerade  für  chemische  Zwecke  erforderlich.  Ilrutschränke  ge- 
statten vornehmlich  auch  nur  in  sehr  beschränktem  Maße  die  Ausführung  ver- 
schiedener Manipulationen,  wie  Durchleiten  von  Gasen  durch  die  Kulturen 
und  andere  kompliziertere  ^'ersuche.  Man  kann  deshalb  wirklich  ungehemmt 
nur  in  Instituten  arbeiten,  die  im  Besitze  eines  Brutzimmers  sind.  Da 
viele  Umsetzungen  bei  Bluttemperatur  (rWC)  vor  sich  gehen,  so  ist  schon 
ein  Brutzimnier,  das  konstant  auf  dieser  Temperatur  gehalten  wird,  von 
großem  Nutzen.  Andeutungen  über  die  Einrichtung  eines  solchen  Zimmers, 
wie  es  sich  z.  B.  im  chemischen  Institut  der  Universität  Picrlin  mit  Gas- 
heizung befindet,  sind  im  Bd.  I,  S.  64  gegeben.  Noch  vorteilhafter  ist  ein 
Brutzimmer  nach  Pfefcrs  Angaben,  wie  es  sich  auch  im  landwirtschaftlich- 
bakteriologischen Institut  in  Göttingen  vorfindet.  Denn  in  einem  solchen  kann 
man  auf  verschiedenen  Höhen  der  angebrachten  Regale  verschieden  hohe 
Temperaturen  erzielen,  die  dann  allen  Bedürfnissen  entsprechen.  Allerdings 
ist  die  Temperaturkonstanz  unter  den  gewährten  Bedingungen  keine  so 
scharfe  wie  in  einem  einheitlich  auf  87*'  eingestellten,  mit  Kupferblech 
ausgeschlauenen  Zimmer.  Will  man  aber  für  bestimmte  Zwecke  eine  nanz 
konstante  Bruttemperatur  einhalten,  so  kann  man  im  Brutzimmer  immer 
noch  einen  Brutschrank  mit  Thermoregulator  aufstellen.  Die  Kosten  für 
Einbau  eines  Brutzimmers  nach  Pfeffers  Angaben  und  der  Betrieb  mit 
Kohleheizung  sind  überdies  verhältnismäßig  gering,  während  Brutschränke 
recht  kostspiehg  sind.  Der  Gewinn,  den  man  durch  ein  Brutzimmer  er- 
zielt, ist  also  in  jeder  Weise  verlockend.  Große  Flaschen  oder  zahlreiche 
Kulturen  sind  überhaupt  nur  in  einem  solchen  unterzubringen. 

Beschreibung  des  Brutzimmers  nach  Pfeffer.^) 

Wir  halten  uns  hier  an  die  Beschreibung  des  P)rutzimmers  im  Leii)- 
zjger  botanischen  Institut,  dessen  Heizeinrichtung  Fig.  222  wietlergibt. 

Das  fragliche  einfenstrige  Zimmer  liegt  im  Kellergeschoß  und  ge- 
währt einen  nutzbaren  Raum  von  46  m  Länge,  8  m  lU-eite  und  H  m  Höhe.  Zu 
diesem  Raum  gelangt  man  durch    einen,    vermittelst    der  Wand  ir   (siehe 


')  W.  Pfeffer,  Ein  Zimmer  mit  konstanter  Temperatur.  Ber.  d.  Deutsch,  hot.  Ge- 
sellschaft. Bd.  13.  S.  49  (1895). 


918 


Hans  Pringsheim. 


die  Figur)  abgetrennten  Vorraum,  in  welchem  der  Heizofen  aufgestellt  ist, 
und  der  als  warmer  Zwischenraum  das  Einströmen  kalter  Luft  beim  Öffnen 
der  Türe  verhindert. 

Der  zur  Heizung  dienende  Meidinger  Ofen  (B4  aus  Kaiserslautern) 
ist  derartig  montiert,  daCi  die  im  Mantel  o  aufsteigende  warme  Luft  in 
die  aufgemauerte  Kammer  und.  bei  der  eingezeichneten  Stellung  der  Me- 
tallklappe (/,   durch  die  Öffnung  a  in  das  Wärmezimmer   geht.    Befindet 


Fig.  222. 


Heizeinrichtung  eines  Brutzimmers  nach  Pfeffer. 


sich  aber  diese  Klappe  in  der  punktierten  Lage  c,  so  wird  die  warme  Luft 
durch  die  Öffnung  h  in  den  Hausgang  resp.  in  einen  Schornstein  gelenkt. 
Durch  die  Drehung  dieser  Klappe  je  um  90"  wird  regulatorisch  die  Zu- 
fuhr von  Wärme  zum  Zimmer  besorgt.  Damit  nach  Drehung  der  Klappe 
in  die  Lage  c  die  Zimmertemperatur  nicht  zu  schnell  fällt,  ist  dafür  ge- 
sorgt, daß  die  Klappe  in  dieser  Stellung  nicht  ganz  abschließt  und  zudem 
kann  durch  Verengung  der  Öffnung  h  die  Zufuhr  von  Wärme  zum  Wärme- 
zimmer vermehrt  werden. 


Methodik  der  Stoff wechseluntersuchung  bei  Mikroorganismen.  911) 

Die  Drehung  der  Klappe  wird  diircii  elektrische  Auslösung  veranlagt 
und  durch  ein  im  Nebenziuiuier  auftiestelltes  (iewichtsuhrwerk  besorgt, 
dessen  durch  die  Wand  gehende  Achse  die  Welle  der  Kia]ii)e  bildet. 

Die  Auslösung  besorgt  ein  unter  der  Decke  des  W'iii'ineziinmers  auf- 
gestelltes Quecksilberthermonieter.  Ist  in  diesem  der  Kontal^t  unterbrochen, 
so  befindet  sich  die  Klappe  in  der  Stellung  d.  Die  im  Zimmer  /.unchmende 
Wärme  veranlaßt  aber  nach  einiger  Zeit  durch  den  Schlul)  der  Kette  die 
elektromagnetische  Anziehung  eines  Ankers  im  Uhrwerk  und  damit  die 
Überführung  der  Klappe  in  die  Stellung  c,  aus  welcher  sie  nach  l'nter- 
brechung  des  Stromes  wiederum  in  die  Stellung  (/  geführt  wird.  Ein 
Thermometer  mit  beliebig  einstellbarem  Kontakt  hat  sich  vollkommen 
bewährt. 

Auf  diese  Weise  ist  indes  eine  Temperaturkonstanz  im  Zimmer  nur 
dann  zu  erzielen,  wenn  der  Ofen  jederzeit  genügend  Wärme  spendet.  Um 
dieses  zu  eri'eichen  wird  die  Tür  k  geschlossen  gehalten  und  alle  Luft  zu 
dem  Feuerraume  durch  das  Rohr  /  geführt.  Mit  dem  Öffnen  des  Deckels 
bei  g  wird  also  die  Luftzufuhr  und  damit  die  Verbrennung  gesteigert.  Ein 
solches  weiteres  Öffnen  wird  aber  durch  das  Metallthermometer  e  besorgt, 
welches  aus  der  aufgemauerten  Luftkammer  hervorsieht.  Es  ist  dies  ein 
stählernes  Quecksilberthermometer  mit  Kapillarschraubenfeder,  dessen 
Wirksamkeit  auf  der  Drehung  der  Spirale  durch  die  Ausdehnungsenergie 
des  Quecksilbers  beruht.  Gegenwärtig  ist  die  Regulation  so  eingestellt, 
daß  die  aus  dem  Mantel  o  hervorströmende  Luft  90 — 100"  C  warm  ist. 
Auch  ist  der  in  Sommer-  und  Wintertagen  gleiche  Konsum  von  Koks 
ein  Beweis,  daß  diese  Regulation  für  unsere  Zwecke  ausreicht. 

In  dem  mit  einer  gut  schließenden  Tür  versehenen  Zimmer  sind  be- 
sondere Vorrichtungen  gegen  Wärmeverlust  nicht  getroffen.  Nur  gegen 
die  nach  Osten  gerichtete  Außenwand  ist  parallel  mit  dieser  in  einem 
Abstand  von  20  cm  eine  Gipsdielenwand  gezogen,  in  welcher,  korrespon- 
dierend mit  dem  Hausfenster,  ein  Fenster  eingesetzt  ist.  Das  äußere 
Doppelfenster  dieses  Hausfensters  wird  im  Winter  noch  l)esonders  ge- 
dichtet. Eine  zwischen  Hauswand  und  Gipswand  befindliche  Ilolljalousie 
genügt,  um  Temperaturschwankungen  des  Zimmers  durch  die  \Nirkiing 
der  Morgensonne  zu  verhüten. 

Bei  der  gegenwärtigen  Regulation  des  Zimmers  beträgt  die  Tempe- 
ratur dicht  unter  der  Decke  37".  am  Fußboden  aber  22-ö"  C.  Diese  und 
alle  zwischenliegenden  Temperaturen  stehen  also  gleichzeitig  mit  einei'  für 
die  meisten  Zwecke  ausreichenden  Konstanz  zui-  Vei-fügung.  Denn  an  dem- 
selben Punkte  schwankt  die  Temperatur  unter  dei-  Decke  und  bis  zu  Kopf- 
"höhe  während  des  ganzen  Jahres  nur  um  O';»"  C.  In  der  Nähe  des  Bodens 
überschreiten  die  Oszillationen  in  einem  Monat  gewöhnlich  nicht  0:'.°  U, 
doch  ist  hier  die  Temperatur  im  Winter  durchschnittlich  etwas  niedriger 
als  im  Sommer,  so  daß  die  Exti-eme  der  Mitteltemperatur  etwa  0-8°  C 
betragen.  Da  dieser  allmähliche  Übergang  bisher  nicht  störend  \\\\v.  so 
Unterheß  man  die  Ausführung  einer  Regulation  (einei-  automatisch  wirken- 


920 


Hans  Pringsheim 


o  ' 


f? 


den  Luftmi.schuiiii),  die  ursprünglich  zur  Beseitigung  dieses  Fehlers  in 
Aussicht  gciiomuion  war. 

Iiit'ülgo  der  ■wechselnden  Wärmezufuhr  oszilliert  in  Wirklichkeit  die 
Temperatur,  und  zwar  am  meisten  unter  der  Decke,  um  den  Mittelwert.  Diese 
Exkurse  erreichen  hei  einem  Thermometer  mit  minimalem  Quecksilber- 
gefäß ±  0"4°  C,  sind  indes  unmerklich,  wenn  das  Thermometer  in  5  cm^ 
Wasser  oder  in  etwas  Erde  taucht.  Ebenso  beschreibt  das  registrierende 
Metallthermometer  eine  vollkommen  gerade  Linie. 

Dali  diese  Oszillationen  nach  abwärts  schnell  abnehmen,  hängt  mit 
der  Ausbreitung  der  Wärme  zusammen.  Wie  bekannt  und  wie  nach  Bei- 
mischung von  Bauch  leicht  zu  ersehen  ist.  breitet  sich  die  aufsteigende 
erwärmte  Luft  unter  der  Decke  aus,  und  von  da  aus  wird  durch  Leitung 
und  Mischung  die  Erwärmung  der  unteren  Luftschichten  besorgt.  Die  Be- 
schleunigung der  Mischung  durch  das  Öffnen  der  Tür  oder  das  Herum- 
gehen einei-  Person  veranlaßt  indes  unter  den  gegebenen  Verhältnissen 
(großer  Baum  und  ansehnlicher  Wärmeverlust  nach  außen)  nur  die  schon 
namhaft  gemachten  Temperaturschwankungen.  Übrigens  ergibt  sich  aus 
dem  Gesagten  die  Notwendigkeit,  das  reguUerende  Thermometer  unter  der 
Decke  anzul)ringen. 

Abgesehen  von  der  nächsten  Nachbarschaft  der  Tür-  und  Fenster- 
wand ist  die  Temperaturdifferenz  in  jeder  gleich  hohen  Luftschicht  nur 
gering,  und  in  den  mittleren  Partien  des  Zimmers  halten  sich  die  Schwan- 
kungen in  den  angegebenen  Grenzen.  Die  bei  a  einströmende  warme  Luft 
steigt  zwischen  dieser  Öffnung  und  einer  et^va  IV2  *'*  abstehenden  Schrank- 
wand auf  und  in  dieser  Begion  ist  natürlich  von  konstanter  Temperatur 
keine  Bede. 

Um  in  demselben  Zimmer  die  verschiedenen  Temperaturen  zu  er- 
reichen, mußte  die  Wärmezunahme  mit  der  Erhebung  in  den  Kauf  ge- 
nommen w'erden.  Infolgedessen  werden  die  verschiedenen  Teile  eines  Gegen- 
standes ungleich  erwärmt,  und  zwar  beträgt  die  Temperatur  für  je  20  ci» 
Erhebung  im  Mittel  fast  PC,  da  sich  der  LTnterschied  zwischen  Fußboden 
und  Decke  auf  14")"  C  stellt.  Diese  Differenz  steigt  im  allgemeinen  mit 
der  Höhe  der  Erwärmung,  und  in  den  von  uns  angewandten  Verhältnissen 
nimmt  die  Temperatur  in  den  oberen  Begionen  schneller  zu  als  in  den 
unteren.  Übrigens  könnte  durch  Luftmischung  mittelst  bewegter  Flügel  im 
Innern  eines  geschlossenen  Schrankes  eine  allseitig  gleichmäßige  Tempe- 
ratur erreicht  werden,  und  solches  kann  in  Aussicht  genommen  werden, 
falls  sich  das  Bedürfnis  herausstehen  sollte. 

Die  prozentische  Dampfsättigung  ist  natürlich  in  den  wärmeren 
Luftschichten  geringer!  Sie  stellt  sich  unter  der  Decke  auf  20—80,  über 
dem  Fußboden  auf  50--607o,  "^venn  die  aus  a  hervortretende  Luft  über 
eine  Wasserfläche  mit  konstantem  Niveau  und  über  gleichmäßig  angefeuch- 
tete Bimssteinstücke  streicht.  Durch  Überdecken  mit  Glocken  kann  aber 
jederzeit  der  Aufenthalt  der  Versuchsobjekte  in  feuchter  Luft  erreicht 
werden. 


Methodik  der  Stoff wechseliintersiicluing  bei  Mikroorganismen.  921 

Wo  es  auf  höchste  Genaiiii^koit  ankommt,  sind  natürlich  Thermo- 
staten unentbehrlich.  Letztere  stellt  man  dann,  wenn  es  sich  um  höhere 
Temperaturen  handelt,  in  dem  Wärmezimmer  auf  und  erreicht  auf  diese 
Weise  ein  Maximum  von  Genauif>keit. 

In  den  allermeisten  Fallen  reicht  indes  die  im  Zimmer  gebotene 
Temperaturkonstanz  völlig  aus.  Da  für  jeden  der  gebotenen  Temperatur- 
grade eine  große  Fläche  zur  Verfügung  steht,  so  genügt  der  Kaum  auch 
den  Ansprüchen  eines  viel  benutzten  Institutes.  Um  aber  in  dem  Zimmer 
trotz  der  oft  massenhaften  Versuche  und  Kulturen  eine  gute  Luft  zu  er- 
halten, wurde  mit  Absicht,  auf  Kosten  des  Wärmeverlustes,  für  genügen- 
den Luftwechsel  gesorgt.  Hierbei  hilft  der  Ofen  mit,  der  durch  die  in  dei- 
Wand  befindliche,  mit  Gaze  überspannte  Öffnung  /  Luft  ansaugt. 

Die  regulatorische  Zimmerheizung  wäre  einfacher  durch  einen  Gas- 
ofen zu  erreichen.  Da  aber  Vorversuche  ergaben,  daß  zur  Erreichung  des 
Zieles  der  jährliche  Gaskonsum  (1  cm'^  =  15  Pf.)  sich  auf  800 — 900  Mk. 
gestellt  haben  würde,  ist  die  Ofenheizung  vorzuziehen,  welche  nach  den 
damaligen  Berechnungen  im  Jahre  einen  Aufwand  von  weniger  als  100  Mk. 
erforderte.  Der  Ofen  verbrauchte  nämlich  durchschnittlich  li'/-//  Koks  in 
24  Stunden,  welche  derzeit  27  Pf.  kosteten. 

Die  sehr  einfache  Bedienung  des  Ofens  erfordert  nur  morgens  und 
abends  ein  Auffüllen  von  Koks.  Gleichzeitig  wird  das  Uhrwerk  aufgezogen, 
das  übrigens  erst  in  24  Stunden  abläuft.  Ohne  jede  weitere  Wartung  hat 
der  Ofen  tadellos  funktioniert.  Für  alle  Fälle  befindet  sich  im  Wärme- 
zimmer ein  Alarmwerk,  das  in  weit  vernehmbarer  Weise  meldet,  wenn  die 
Temperatur  die  gewünschten  Grenzen  über-  oder  unterschreitet.  Bi.^^lang 
wurde  nur  zweimal,  und  das  bald  nach  Beginn  des  Betriebes,  eine  solche 
Meldung  erstattet.  Um  auch  an  warmen  Sommertagen  genügenden  Zug 
zu  unterhalten,  ist  es  wichtig,  daß  die  Verbrennungsgase  mit  hoher  Tem- 
peratur in  den  Schornstein  gelangen.  Deshalb  wurde  das  Abzugsrohr  / 
direkt  durch  die  Heizkammer  in  den  Schornstein  geleitet. 

2.  Impfen. 

Das  Überimpfen  ist  von  Fuhnnatin  S.  1228  beschrieben.  Für  ge- 
wöhnliche Zwecke  kommt  man  mit  einer  Impfnadel  (Abbildung  1229,  1 — 8) 
und  einer  Öse  (4  und  5)  aus.  Auch  größere  Kulturflüssigkeiten  impft  man 
am  besten  in  Schräglage,  damit  keine  Verunreinigung  aus  der  Luft 
hinein  gerät. 

Am  sichersten  geschieht  das  L^mimpfeu,  Plattengießen  etc.  in  einem 
Impfkasten,  den  man  vorher  durch  Einleiten  von  Wasserdampf  steril  vor- 
bereitet. Abbildung  und  Beschreibung  eines  solchen  findet  sich  bei  E.  Küster, 
Anleitung  zur  Kultur  der  Mikroorganismen.  B.  G.  Teubuer.  Leipzig  und 
Berlin.  1907.  S.  03.  Ist  man  nicht  im  P)esitze  eines  solchen  Kastens,  so 
kann  man  sich  einen  solchen  sehr  vorteilhaft  auf  folgende  Weise  inijirovi- 
sieren,  die  ich  von  Prof.  Alfred  Koch  in  Göttingen  gelernt  habe.  Man 
fertigt    sich    ein    kubisches  DrahtgestcU    aus    verzinktem  Eisendraht    von 


922 


Hans  Prinffsheim. 


ö  ' 


etwa  60 — 80  cm  Kante.  Dieses  stellt  man  auf  ein  eingefeuchtetes  Laken, 
welches  man  so  um  das  Gestell  herumlegt,  das  es  von  außen  ganz  damit 
bedeckt  ist.  Dadurch  entsteht  ein  abgeschlossener  feuchter  Raum,  in  dem 
die  Luftkeime  nach  einiger  Zeit  durch  den  sich  niederschlagenden  Wasser- 
dampf niedergerissen  werden.  Wih  man  impfen,  so  hebt  man  das  Tuch 
auf  einer  Seite  des  Drahtgestells  in  die  Höhe,  so  dalo  es  obenauf  zu 
hegen  kommt.  Man  kann  dann  in  dem  feuchten ,  oben  bedeckten  Innen- 
raum mit  sehr  verminderter  Infektionsgefahr  manipulieren. 

3.  Sterilisieren. 

(Fuhrmann,  S.  1204.) 

AVenn  irgend  möghch,  also  immer  dann,  wenn  Erde  oder  erdhaltige 
Substrate  ausgeschaltet  sind,  sterilisiere  man  nicht  im  „Autoklaven".  Die 
Gefahr  der  Zersetzung  der  Nährsubstrate  oder  w  enigstens  teilweiser  Zersetzung 
wird  durch  Autoklavieren  außerordentlich  erhöht.  Auch  ist  das  fraktionierte 
Sterilisieren  au  drei  aufeinander  folgenden  Tagen  nach  meinen  Erfah- 
rungen immer  noch  sicherer  als  das  einmalige  im  überhitzten  Wasser- 
dampf. Saure  Nährböden  braucht  man  auch  im  strömenden  Dampf  nur 
einmal  15  Minuten  zu  sterUisieren;  natürhch  ist  die  Erhitzungsdauer  der 
Größe  der  Flüssigkeitsmenge  anzupassen.  Für  kleine  Gefäße  kann  man  an 
Stelle  der  kostspieligeren  Dampf  topfe  sehr  gut  einen  emaillierten  Kartoffel- 
kocher verwenden,  wie  man  sie  in  Küchengeräthandlungen  zu  kaufen  be- 
kommt. Der  untere  mit  Wasser  gefüllte  Teil  wird  mit  einem  Bunsenbrenner 
erhitzt,  der  obere  Teil  mit  dem  durchlochten  Boden  enthält  die  Kultur- 
gefäße. Er  wird  durch  den  Deckel  verschlossen.  Die  Apparate  sind  praktisch 
und  sehr  bilUg.  Die  Kulturen  bedeckt  man  mit  Pergamentpapier,  damit 
der  sich  niederschlagende  Wasserdampf  die  Watte  nicht  anfeuchtet. 

Einen  angeheizten  Autoklaven  öffne  man  erst  nach  dem  Abkühlen,  da 
bei  plötzlicher  Druckentlastung  ein  Überkochen  der  Kulturflüssigkeit  ein- 
treten nmß. 

Gerade  bei  Stoffwechselversuclien  lege  man  sich  immer  Rechenschaft 
davon  ab,  welche  Veränderung  von  Nährsubstraten  durch  das  Sterilisieren 
vor  sich  gehen  kann.  Stickstoffhaltige  Substanzen  wie  Harnstoff,  Azetamid  etc. 
geben  oft  Ammoniak  ab.  Aus  diesem  Grunde  wurden  sie  häufig  fälschlich 
als  Stickstoffquellen  geeignet  gefunden.  Bei  derartigen  Gefahren  sterilisiere 
man  so  gefährdete  Substanzen  in  der  Kälte  durch  Filtration  (Fuhrmann, 
S.  1209)  und  vereinige  sie  erst  nachher  mit  dem  Rest  des  durch  Wärme 
sterilisierten  Hauptteils  der  Kulturflüssigkeiten. 

4.  Nährböden  im  allgemeinen. 

(Fuhrmann,  S.  1212.) 

Neben  den  dort  angegebenen  Nährböden  sei  hier  noch  die  Herstel- 
lung eines  Mostes,  der   sich  zur   Hefezucht  sehr  gut  eignet,  angegeben,  i) 

*)  Privatmitteiluiig  von  Prof.  Alfred  Koch,  Göttingen. 


i 


Methodik  der  Stoffwechseluntersuchung  bei  Mikroorganismen.  923 

Rosinenmost. 
20  l  Wasser  und  lö  rfiuul  gute  Rosinen  werden  1 — 2  Tage  zusammen 
stehen  gelassen.  Dann  werden  die  Rosinen  zei-(iuetscht.  Die  Maische  Ijleiht 
noch  ein  paar  Tage  stehen.  Hierauf  wird  abgekeltert  und  dem  Most  4  r/ 
Salmiak  zugesetzt,  um  ihn  auf  den  nötigen  Stickstoffgehalt  zu  Itringen. 
Dann  wird  einmal  aufgekocht  und  klar  filtriert. 


Die  einfache  mineralische  Nährlösung  A.  Meyers  {Fuhrmann,  S.  1220), 
die  das  Mineralsalzbedürfnis  der  meisten  Mikroorganismen  befriedigt,  kann 
noch  vereinfacht  werden.  Man  braucht  nur  Spuren  von  NaCl  und  Eisen- 
chlorid oder  -Sulfat.  Ca  CL,  setze  ich  nicht  zu,  da  die  aus  dem  Glas  stam- 
mende ]Menge  Kalzium  immer  genügt.  Ich  verwende  also  nur  O-Oo**  g 
K2HPÜ4  für  alkalische  oder  O'OöVo  KH.2PO4  für  saure  Nährböden  und 
0-blVo  MgSO^-l-THaO  plus  Spuren  von  NaCl  und  Fe  SO,. 

Auf  die  speziellen  Nährböden  wird  im  einzelnen  hingewiesen. 

Es  sei  noch  erwähnt,  daß  man  agarhaltige  Nährsubstrate  durch 
i/^stündiges  Kochen  über  der  Flamme  weit  leichter  filtrierbar  machen 
kann.  Meist  genügt  eine  Filtration  durch  wenig  entfettete  (\Vund-)Watte. 
Für  viele  Zwecke,  z.  B.  gerade  für  Schimmelpilzkulturen,  genügt  schon 
ein  nicht  filtrierter  Aprikosendekoktagar.  Er  zeichnet  sich  durch  hellere 
Farbe  als  Pflaumendekoktagar  aus.  Die  getrockneten  Aprikosen  sind 
gleichfalls  sehr  preiswert.  (Empfohlen  von  E.  Fringsheim,  Halle.) 

5.  Reinkulturmethoden. 

Neben  den  von  Fuhrmann  S.  1228  angegebenen  \'erfahren  sei  hier  noch 
auf  die  neue  Methode  von  Burri  1)  hingewiesen,  die  sich  sehr  bewährt  hat. 
Sie  verdient  besonders  auch  Beachtung  bei  der  Lösung  von  deszendenz- 
theoretisch wichtigen  Fragen,  da  hier  das  Ausgehen  von  einer  Zelle  auch 
bei  Bakterien  verbürgt  sein  sollte.  2)  Eine  Beschreibung  derselben  findet 
sich  bei  Fuhrmann  in  diesem  Bande,  Teil  1,  S.  585. 

6.  Züchtung  anaerober  Bakterien. 

Die  Hauptmethoden  für  diesen  Zweck  sind  bereits  von  Fuhrmann, 
Bd.  IH;  S.  12o8  beschrieben  worden.  Für  den  gleichen  Zweck  kann  man 
auch  einen  von  Arthur  Meyer  ^)  beschriebenen  Apparat  benutzen ,  der 
gleichzeitig  gestattet,  die  Sauerstoffminima  und  Maxima  für  Keinmng, 
Wachstum  und  Sporenbildung  zu  bestimmen.  Dieser  Apparat  winde  von 
Fuhrmann  im  Teil  1,  S.  592  beschrieben.     Hier    sei   noch  ein  einfacheres 


*)  Burri,  Das  Tuschevorfaiuen.  G.  Fischer.  Jena  1909. 

^)  Vgl.  z.  B.  A.  Kowalenko,  Studien  über  sogenannte  Mutationserscheinungen  bei 
Bakterien  unter  besonderer  Berücksichtigung  der  Eiuzelkultur.  Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  66 
(1910).  S.  277.  —  Burri  und  Aiidrejeir,  Zontrnlbl..  f.  Bukt.  1.  Abt.  Bd.  56  (1910).  S.  217. 
—  H.  Fringsheim,  Med.  Klinik.  Jahrg.  1911.  Nr.  4. 

^)  Arthur  Meyer,  Apparat  für  die  Kultur  von  anaeroben  Bakterien  und  für  die 
Bestimmung  der  Sauerstoffminima  für  Keimung.  Wachstum  und  Sporenbildung  der  Bak- 
terienspezies. Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  15  (1906).  S.  3:57. 


924 


Hans  Priugsheim. 


Verfahren  beschrieben,  das  es  gestattet,  Überimpfungen  in  sauerstofffreier 
Atmosphäre  vorzunehmen  und  den  Beweis  zu  führen,  daß  anaerobe  und 
auch  fakultativ  anaerobe  Bakterien  unter  völligem  Ausschluß  des  Sauer- 
stoffs  viele  Generationen  durchleben  können. 


Fig.  223. 


(iummi- 
stoptVn 


Entfettete 
Watte 


Nicht- 
eiitfettete 

Watte 


Methode    zur    sukzessiven   Überimpfung    in    größerer  Zahl   bei 
dauerndem  Ausschluß  des  Sauerstoffs,  i) 

Zu  diesem  Zwecke  bedient  man  sich  einer  Reihe  starker  Reagenz- 
gläser, die,  wie  nebenstehende  Abbildung  zeigt,  durch  Querröhrchen  derart 
verbunden  sind,  daß  der  verbindende  Gang  vom  zweiten  zum  dritten  höher 
zu  liegen  kommt,  als  der  vom  ersten  ins  zweite  Reagenzglas.   In  gleicher 

Weise  wird  ein  viertes  an  das  dritte  Reagenz- 
glas angeschlossen  usw.  Unsere  Abbildung 
zeigt  eine  Viererreihe.  Man  kann  auch 
längere  Reihen  herstellen  und  die  Über- 
impfungen in  ihnen  vornehmen.  Kür- 
st emer  ließ  so  Anaerobe  bis  zu  16  Reihen 
passieren,  z.  B.  den  Bac.  putrificus  (Bienstock) 
und  den  beweglichen  Buttersäurebazillus. 
Man  verfährt  folgendermaßen:  Zuerst  wird 
der  Apparat,  auf  einen  Drahtkorb  gebunden, 
fraktioniert  im  Dampftopf  sterilisiert,  wozu 
die  einzelnen  Reagenzgläser  mit  nicht  ent- 
fetteter Watte  verschlossen  wurden.  Dann 
wird  der  flüssige  Nährboden  mittelst  steriler 
Pipette  in  jedes  Glas  eingefüllt  und  die 
ganze  Reihe  vorsichtshalber  nochmals  frak- 
tioniert sterihsiert.  Die  einzige  Schwierig- 
keit bei  der  Herstellung  einer  solchen  Kultur- 
reihe besteht  in  dem  richtigen  Auffüllen 
der  einzelnen  Gläser.  Um  das  zu  lernen, 
kann  man  die  einzelnen  Gläser  mit  Wasser 
füllen  und  durch  Neigen  der  Reihe  die  für 
die  Uberimpfuug  richtigen  Niveaus  be- 
stimmen und  mit  Blaustift  markieren.  Es 
wird  sich  dann  herausstellen,  daß  man  die  Gläser  derart  füllen  muß.  daß 
ein  leichtes  Neigen  der  Reihe  genügt,  um  Material  aus  dem  ersten  ins 
zweite  Glas  hinüberzubringen.  Dieses  wird  dadurch  so  weit  aufgefüllt,  daß 
ein  weiteres  schwaches  Neigen  genügt,  um  die  sterile  Nährflüssigkeit  des 
dritten  einwandfrei  aus  dem  zweiten  Glase  impfen  zu  können.  So  schreitet 
man  mit  der  Impfung  fort,  bis  das  letzte  Glied,  das  natürlich  nicht  ganz 
voll  zu  sein  braucht,  erreicht  ist.  Um  die  Reihe  sauerstofffrei  zu  machen, 


Nähr- 
flüssigkeit 


v^  ^^ 


\^ 


Apparat  zur  Überirnpfung  bi'i  Luft- 
aiisschluß  nach  Kürsteiner. 


*)  J.  Kürsteiner  f    Beiträge    zur    Untersuchuagstechnik    obligat    auaerober    Bak- 
terien sowie  zur  Lehre  von  der  Anaerobiose  überhaupt.  Ebenda.  Bd.  19  (1907).  S.  207. 


Methodik  der  Stoffwechselnntersuchung  bei  Mikroorganismen. 


925 


werden,  nachdem  das  erste  Reagenzglas  mit  der  zu  prüfenden  Kultur  Ije- 
impft  wurde,  die  sterilen  Wattepfropfen  abgeflammt .  die  verkohlte,  aus 
den  Gläsern  ragende  Watte  abgeschnitten  und  nun  der  so  behandelte 
sterile  Wattepfropf  mittelst  Pinzette  ziemlich  weit  in  die  (iliischen  hinein- 
gestoßen. Auf  diesen  sterilen  Wattebausch  (vgl.  immer  die  Figur)  stoßt 
man  einen  entfetteten,  hygroskopischen  Wattebausch,  der  nicht  unbedingt 
steril  zu  sein  braucht,  da  der  unter  ihm  befindliche  sterile  Wattepfropf 
einen  vollständig  genügenden  sterilen  Abschluß  bietet.  In  den  hygroskopi- 
schen Wattebausch  aielit  man  nun  je  1  cm'^  20"Voiger  Pyrogallussäure  und 
1  cm'^  BC/oiger  Kahlauge.  Darauf  werden  die  Gläser  sofort  mit  gut  passen- 
den, vorher  schnell  an  den  W^andungen  benetzten  Kautschukpfropfen  ver- 
schlossen. Die  Benetzung  bedingt  zwei  \'orteile:  P]in  leichteres  Eindringen 
des  Pfropfens  und  einen  ausgezeichneten,  vollkommen  genügenden  Ver- 
schluß der  Reagenzgläser.  Man  kann  sich  durch  Kultur  von  Leuchtbakterien 
in  derartig  verschlossenen  Gläsern  ül)erzeugen,  daß  bald  das  Leuchten  auf- 
hört und  demnach  aller  Sauerstoff  absorbiert  ist. 


Fig.  224. 


1 


D 


S\ 


7.  Methodik  der  Durchlüftung  von  Kulturen. 

In  häufigen  Fällen  ist  man  gezwungen,  Mikroorganismenkulturen  zu 
durchlüften,  um  für  genügende  Sauerstoffzufuhr  zu  sorgen.  Bisweilen  muß 
man  auch  in  an- 
deren Gasen  als 
Luft  kultivieren, 
z.  B.  im  Stickstoff- 
strom, oder  man 
will  die  bei  aero- 
ber Kultur  ent- 
weichenden Stoff- 
wechselgase auf- 
fangen. Die  Verwendung  einer 
Wasserstrahlpumpe  oder  eines 
Wasserstrahlgebläses  ist  nicht 
immer  möglich.  Auch  erfor- 
dern diese  Apparaturen  einen 
großen  Wasserverbrauch.  Mit 
Hilfe  des  zu  beschreibenden 
Apparates  kann  man  die 
Schwierigkeiten  beheben. 

Die   Vorrichtung  ^)   be- 
steht  aus  einer  mittelgroßen  „    .  ^,  „    .,,.,.     ^.„„  c-,.u,.rn.„r.iii„„ 

Vorrichtung  zum   Durchlüften  von   KulturgolaUen. 


k 


^K 


E 


Flasche  D  (vgl.  Fig.  224).  die 

mit    einem    dreifach    durchbohrten    Pfropfen    verschlossen    ist. 


In    diese 


1)  Nach  Alfred  Koch,  Über  Verschlüsse  und  Lüftnngseinrichtiiiigen  für  reine  Kul- 


turen. Zentralb.  f.  Bakt.  I.  Abt.  Bd.  13  (18i)3).  S.  252 


926 


Hans  Prinsfsheim 


o  ' 


läuft  kontinuierlich  durch  Rohr  g  langsam  Wasser  und  drückt  die  Luft 
durch  liohr  //  durch  die  Flüssigkeit  in  Flasche  E  und  durch  Rohr  i 
in  die  Kultur.  Wenn  aber  Flasche  D  ungefähr  bis  zu  dem  Punkte,  wo 
Buchstabe  h  steht,  vollgelaufen  ist,  so  fängt  der  aus  einem  recht  weiten 
Rohr  herzustellende  Heber  k  zu  wirken  an  und  entleert  Flasche  I)  in 
wenigen  Minuten.  Dabei  wird  die  Flüssigkeit  aus  Flasche  E  in  Rohr  /? 
etwas  angesaugt,  Luft  tritt  aber  in  Flasche  D  durch  Flasche  F  und  Rohr  l 
ein.  Wenn  Flasche  D  fast  leer  ist,  so  läßt  der  Heber  k,  wenn  er  aus  einem 
genügend  weiten  Rohr  hergestellt  ist,  das  Wasser  fallen  und  das  während 
dieser  ganzen  Zeit  durch  Rohr  g  weiterlaufende  W^asser  drängt  die  Luft 
wieder  Avie  vorher  durch  /?  in  E.  Einen  anderen  Ausweg  hat  die  Luft 
jetzt  nicht,  weil  Heber  k  durch  das  Wasser  selbst  und  das  Lufteintritts- 
rohr der  Flasche  F  ebenfalls  durch  Flüssigkeit  gesperrt  ist.  Zur  Erzielung 
eines  gleichmäßigen  Luftstromes  ist  es  wichtig,  Rohr  l  T-förmig  in  Rohr  h 
münden  zu  lassen  und  nicht  etwa  direkt  durch  den  Pfropfen  in  Flasche  D 
zu  führen,  weil  sonst  kleine  Wassermengen  in  Rohr  h  sitzen  bleiben  und  die 
aus  D  verdrängte  Luft  sich  dann  ruckweise  durch  diese  durcharbeiten  kann. 

8.  Abtrennen  von  Mikroorganismen  aus  Flüssigkeitskulturen, 

Häufig  ist  es  notwendig,  Mikroorganismen  aus  Flüssigkeitskulturen 
herauszubekommen,  entweder  weil  man  die  Lösungen  untersuchen  oder 
weil  man  die  Mikroorganismen  selbst  für  irgend  welche  Stoffwechselver- 
suche in  andere  Bedingungen  übertragen  will. 

In  beiden  Fällen  kommt  man  bei  Schimmelpilzen  durch  gewöhnliche  Fil- 
tration zum  Ziele.  Hefe  und  auch  andere  weniger  zusammenhängende 
Mikroorganismen  entfernt  man  durch  Filtration  über  Kieselgur.  Zu  diesem 
Zwecke  bringt  man  auf  das  feuchte  Filter  in  einer  Nutsche  eine  Kiesel- 
guraufschwemmung, die  man  zuerst  absaugt.  Das  so  vorbereitete  P'ilter 
läßt  so  wenig  Hefezellen  durch,  daß  man  klare  Filtrate  enthält.  Züchtet 
man  sich  Hefereinkulturen,  um  z.  B.  bestimmte  Zuckerlösungen  zu  ver- 
gären, so  kann  man  die  Hefe  auf  dieselbe  Weise  abfiltrieren  und  sie  dann 
mit  dem  Kieselgur  in  die  neue  Lösung  übertragen,  aus  der  man  sie, 
nachdem  sie  ihre  Gärfunktion  erfüllt  hat,  zusammen  mit  derselben  Kiesel- 
gurmenge abnutscht.  Bakterien  kann  man  mit  Sicherheit  nur  durch  Ton- 
filter abfiltrieren,  wie  ja  überhaupt  nur  auf  diese  Weise  keimfrei  filtriert 
werden  kann.  Über  derartige  Filter  vergl.  Bd.  I,  S.  106.  Will  man  Bakterien 
als  Masse  gewinnen,  so  muß  man  sie  abzentrifugieren.  Die  Methode,  sie 
auf  Platten  zu  züchten  und  von  der  Oberfläche  abzukratzen,  ist  weniger 
einwandfrei   und   sauber,  kann  aber   manchmal   nicht   umgangen   werden. 

Mineralstoffwechsei. 

I.  Bedarf  an  Aschenbestandteilen. 

Neben  den  Elementen  Kohlenstoff,  Wasserstoff,  Stickstoff  und  Sauerstoff 
bedürfen  die  Mikroorganismen  wie  alle  anderen  Lebewesen   noch  gewisser 


Methudik  der  Stoffwechseluntersuchuiig  bei  Mikroorganismen.  927 

mineralischer  Stoffe,  die  beim  Veraschen  als  nichtverbronnhare  Rückstände 
übrig  bleiben  und  die  man  deshall)  zweckmäßig  als  Aschenbestandteile  zu 
bezeichnen  pflegt.  Die  lUndungsform,  in  der  diese  p]lemente  geboten  werden 
müssen,  scheint  eine  weniger  beschränkte  zu  sein  als  die  der  erstgenannten 
Elemente.  Doch  liegen  hier  noch  wenig  genaue  Untersuchungen  vor.  Es 
würde  aber  gewiß  von  Interesse  sein,  zu  erforschen,  welche  Dindungsfor- 
men  der  Aschensubstanzen  bevorzugt  werden  und  im  speziellen  auch  die 
Frage  zu  beantworten,  bis  zu  welchem  Grade  sich  die  anorganischen  Salze 
durch  organische  Komplexe  ersetzen  lassen. ' )  Bisher  hat  man  sich  vornehm- 
lich damit  beschäftigt  zu  ergründen,  welche  Elemente  als  unbedingte  Be- 
standteile der  Nährlösungen  erforderhch  sind  und  wie  weit  sie  durch  an- 
dere aus  den  entsprechenden  Gruppen  des  periodischen  Systems  zu  er- 
setzen sind.  Schon  Xägeli  hat  dieser  Frage  sein  Interesse  zugewandt.  In 
der  Hauptsache  aber  müssen  uns  die  Arbeiten  interessieren,  welche  auf 
die  Reinheit  der  gebotenen  Nährstoffe  einschließlich  des  Wassers  und  auf 
die  Eignung  der  Kulturgefäße  bei  solchen  Versuchen  die  erforderliche 
Rücksicht  nahmen.  Denn  bei  dem  geringen  Bedürfnis  nach  manchen  Nähr- 
salzen und  dem  großen  Auslesevermögen  für  sie,  das  den  Mikroorganismen 
innewohnt,  muß  naturgemäß  mit  denselben  Vorsichtsmaßregeln  verfahren 
werden,  die  etwa  bei  einer  Atomgewichtsbestimmung  zu  fordern  sind.  Des- 
halb wäre  eine  präzise  Bearbeitung  dieses  Gebietes  von  Spezialisten  dieser 
Richtung  am  ehesten  zu  leisten.  Daß  hier  noch  viel  zu  tun  ist,  erhellt 
nicht  nur  aus  der  Tatsache,  daß  im  Grunde  genommen  nur  die  Schimmel- 
pilze auf  ihr  Aschensubstanzbedürfnis  in  eingehender  "Weise  geprüft  sind, 
sondern  z.  B.  auch  aus  der  Behauptung  Fermis  %  daß  Aspergillus  niger, 
der  in  Kästen  aus  verschiedenen  MetaUarten  kultiviert  wurde,  nur  Asche 
zurückließ,  die  aus  dem  einen  Metall  bestand. 

Demgegenüber  sind  die  Verfasser,  an  deren  Untersuchungen  wir  uns 
vornehmlich  zu  halten  haben.  Benecke  ^)  und  Molisch*).  zu  ganz  anderen 
Ergebnissen  gelangt.  Schwefel,  Phosphor,  Magnesium  und  Eisen  sind  nach 
ihnen  unersetzlich.  Kalzium  ist  in  verschiedenen  Fällen  dagegen  nicht 
erforderlich.  Kalium  kann  zum  mindesten  für  die  Sporenkeimung  nicht 
entbehrt  werden.    Durch  Natrium  und  Lithium    kann    es    nicht  vertreten 


^)  Inzwischen  hat  Dox,  Journ.  of  Biological  chemistry,  Vol.  X.  p.  77  (1911)  gezeigt, 
daß  dreiwertiger  Pliosphor.  im  Xatriumliypophosphit  und  Natriuraphosphit.  für  die  Assi- 
milation durch  Aspergillus  niger  ungeeignet  ist. 

^)  C.  Fermi,  Mikrobische  Asche,  vorzugsweise  aus  einem  einzigen  Metalle  be- 
stehend. Zentralbl.  f.  Bakt.  I.  Abt.  Bd.  29.  S.  9  (1901). 

*)  Benecke,  Ein  Beitrag  zur  mineralischen  Nahrung  der  Pflanzen.  Ber.  d.  Deutsch, 
bot.  Gesellsch.  Bd.  12  (1894).  S.  105.  —  Die  Bedeutung  des  Kaliums  und  des  Magnesiums 
für  Entwicklung  und  Wachstum  des  Aspergillus  niger  v.  Tb.  sowie  einiger  anderer  Pilz- 
formen. Botanische  Zeitung.  Bd.  54  (189()).  S.97.  —  Die  zur  Erniihrutig  der  Schimmel- 
pilze notwendigen  Metalle.  Jahrb.  f.  wissenscbaftl.  Botanik.  Bd.  28  (1895).  S.  487. 

*)  Molisch,  Die  mineralische  Nahrung  der  niederen  Pilze.  Sitzungsbor.  d.  kaiserl. 
Akad.  Wien.  Mathem.-naturwiss.  Klasse.  103  (1894).  S.  554.  —  Die  Pflanze  in  ihrer  Be- 
ziehunff  zum  Eisen.  Jena  1892. 


C)28  Hans  Pringsheim. 

werden ;  (la,segen  gelingt  die  ]Myzelentwicklung,  wenn  auch  nicht  die  Sporen- 
hildung  auch  heim  Ersatz  des  Kaliums  durch  Rubidiuni.  Ebenso  wie  das 
Rubidium  verhält  sich  das  Caesium. 

Methodisches.  —  Bezügüch  der  Kulturgefäße  sei  folgendes  bemerkt: 
Ideal  wären  natürlich  Platin-  oder  Goldgefäße.  Ihr  Mangel  besteht  nur  in 
der  l^ndurchsichtigkeit.  Infolge  des  hohen  Preises  sind  sie  nicht  in  ge- 
nügender ^lenge  zu  beschaffen,  um  zahlreiche  Vergleichsversuche  anzu- 
stellen. Andere  Metallgefäße  sind  wegen  der  Giftigkeit  gefahrvoll.  Die 
Autoren  griffen  deshalb  doch  auf  Glasgefäße  zurück.  Beim  Ausschluß  von 
Magnesium  reicht  gewöhnliches  Kaliglas,  das  frei  von  diesem  Element  ist, 
aus.  Calcium  und  Silicium  kann  man  durch  Paraffinieren  der  Kulturgefäße 
ausschalten.  Die  Paraffingefäße  werden  nach  Molisch  folgendermaßen  her- 
gestellt i):  Erlenmeyerkolben  werden  gut  gereinigt,  im  Trockenschrank 
getrocknet,  so  daß  auch  nicht  ein  Hauch  von  Feuchtigkeit  an  ihrer  Innen- 
seite zu  sehen  ist,  nachher  mit  einigen  Stückchen  feinsten,  weißen  Paraffins 
(Schmelzpunkt  72 — 78°)  versehen,  mit  Watte  verstöpselt,  neuerdings  in 
den  Trockenkasten  gegeben  und  rund  V2  Stunde  bei  120"  gehalten.  Da- 
durch sind  die  Kolben  sterilisiert  und  das  Paraffin  geschmolzen.  Nun  läßt 
man  etwas  al)kühlen  und  verteilt  dann  unter  stetem  Drehen  des  schräg 
gehaltenen  Kölbchens  das  erstarrende  Paraffin  so  an  der  Innenwand  des 
Kölbchons  bis  knapp  an  den  Wattepfropf  heran,  daß  das  ganze  Innere 
schüeßlich  völlig  von  einem  weißen  Paraffinmantel  ausgekleidet  ist.  Damit 
sind  die  Versuchskölbehen  für  die  Aufnahme  der  Nährlösungen  bereit. 

Das  Abmessen  der  Nährflüssigkeit  etc.  muß  natürlich  auch  in  paraffi- 
nierten  Gefäßen  geschehen.  Um  Kalium  auszuschalten,  bediente  sich  Beneckemii 
Vorhebe  des  Jenaer  Normalglases  von  Schott  &  Gen.  2)  Das  Jenaer  Glas  ist  vor 
allem  auch  deshalb  wertvoll,  weil  seine  LösUchkeit  bei  dem  zur  Sterilisation  not- 
wendigen Erhitzen  nicht  so  wie  die  anderen  Gläser  zunimmt.  Bei  der  Prüfung 
auf  das  Eisenbedürfnis  unterließ  MoUsch  Weher  das  Sterilisieren,  um  der 
Gefahr  der  Löshchmachung  aus  dem  Glase  vorzubeugen.  Bei  der  Prüfung 
auf  andere  Elemente  wird  man  sich  genauer  aus  der  speziellen  Literatur 
informieren  müssen.  Die  Kulturgefäße  werden  vorteilhaft  ausgedämpft.  Man 
setzt  auf  einen  Kolben,  in  welchem  Wasser  siedet,  zunächst  einen  Trichter, 
in  dessen  Hals  mittelst  Kork  eine  Glasröhre  befestigt  ist.  Auf  diese  kommen 
mit  der  (")ffnung  nach  unten  die  zu  behandelnden  Flaschen  und  Gläser; 
das  verdichtete  Wasser  fließt  in  den  Trichter;  hat  sich  viel  dort  ange- 
sammelt, so  läßt  man  es  durch  Lüften  des  Stopfens  in  die  Flasche  laufen 
(Ahegg).  Eine  Behandlung  von  10 — 15  Minutf-n  pflegt  ausreichend  zu 
sein;  alsdann  läßt  man  sofort  die  Gläser  durch  einen  Luftstrom  trocknen. 
Die  Verbesserung,  welche  die  Gläser  hierbei  erfahren,  ist  sehr  auffällig.  3) 

*)  Oswald  Richter,  Die  Eruälirung  der  Algen.  W.  Klinkhardt.  Leipzig  1911.  S.  1. 

*)  Schott  (S:  Gen.  fabrizieren  neuerdings  ein  noch  schwerer  lösliches  Glas,  das 
mit  blauem  Stempel  versehen  ist. 

^)  Ostwald-Luther,  Physiko-chemische  Messungen.  Leipzig.  W.  Engelmaun.  1902. 
S.  403. 


Methodik  der  Stoffwechscluntersuchung  bei  Mikroorganismen.  029 

Das  in  gewöhnlicher  Weise  hergestellte  destillierte  Wasser  ist  für 
den  hier  in  Frage  kommenden  Zweck  nnbrauchhar.  Kisen  z.  V>.  läßt  sich 
in  seinem  Ai)dampfrückstand  nachweisen.  Man  verwendet  deshalb  noch- 
mals destilliertes  Wasser,  dessen  Dampf  in  einem  KühlgefiiCi  aus  Tlatin 
kondensiert  wird  und  das  man  in  einer  großen  l)edeckten  T'latinschale 
auffängt.  100  cm^  solchen  Wassers  hinterlassen  keinen  Rückstand. 

Besonderer  Wert  ist  naturgemäß  auch  auf  die  Reinheit  der  zur  Her- 
stellung der  Nährflüssigkeiten  zu  verwendenden  Substanzen  zu  legen.  Auch 
die  als  reinste  Pteagenzien  käuflich  zu  erhaltenden  Substanzen  sind  hier 
nicht  ohne  weiteres  anwendbar.  Bei  der  Prüfung  auf  Iicinheit  mn{\  man 
sich  des  spektroskopischen  Xachw^eises  bedienen.  Molisch  bediente  sich 
folgender  Aschensubstanzen:  Magnesiumsulfat,  das  durch  dreimaliges  l'm- 
ki'istallisieren  gereinigt  war;  Monokaliumphosphat.  durch  N'ermischen  von 
Phosphorsäure  (gewonnen  durch  Sublimation  von  Phosphorpentoxyd)  und 
zweimal  umkristallisiertem  Kaliumbikarbonat  dargestellt.  Chlorammonium, 
das  in  Platingefäßen  sublimiert  war.  Auch  die  organischen  Bestandteile 
des  Nährbodens  sind  wenn  möglich  aus  flüchtigen  Substanzen  zusammen- 
zusetzen. Als  Kohlenstoff({uellen  kommen  so  z.  B.  im  Vakuum  destilliertes 
Glyzerin  und  Ammoniumazetat  in  Frage.  Letzteres  wurde  aus  dreiuial  de- 
stillierter Essigsäure,  in  die  man  bis  zur  neutralen  Reaktion  Ammoniak 
eingeleitet,  zusammengestellt.  Dieses  Präparat  war  dann  eisenfrei.  Zucker 
ist  wegen  seiner  Nichtflüchtigkeit  weniger  gut  anwendbar.  Immerhin 
konnte  nach  zweimaligem  Umkristallisieren  —  bei  jemaliger  Anwendung 
von  5—10^  —  ein  Rohrzucker  erhalten  w'erden,  der  eben  noch  merk- 
bare Spuren  von  Asche  hinterließ,  in  der  Eisen  aber  nicht  mehr  uach- 
weisbar  war.  —  Diese  F'ingerzeige  müssen  genügen,  um  die  Anforde- 
rungen an  die  notwendige  Exaktheit  derartiger  Versuchsanstellungen  zu 
charakterisieren. 


II.  Mineralstoffe  als  Energiequellen. 

Bei  der  Oxydation  mineralischer  Stoffe,  z.  B.  beim  Übergang  von  der 
Oxydul-  in  die  Oxydform,  wird  Energie  frei.  Diese  frei  werdende  Energie 
steht  der  Ausnutzung  durch  Mikroorganismen  zur  Verfügung.  Derartige 
Prozesse  sind  bisher  bei  der  Oxydation  von  Eisenoxydnl-  zu  Fisenoxyd- 
salzen,  bei  der  Nitrifikation  des  Ammoniaks  und  der  Verbi-ennung  einiger 
Oase,  z.  B.  H,  H.,  S.  ("H4.  beobachtet  worden.  Letztere  ordnen  sich  am  besten 
im  < Jasstoffwechsel  ein,  so  dal'i  hier  nur  die  durch  Fisenbakterien  zu  be- 
schreil)en  sind.  Damit  soll  aber  nicht  gesagt  sein,  dal»  sich  bei  geeigneter 
Kulturtechnik  nicht  der  Nachweis  wiid  führen  lassen,  daß  auch  andere 
Oxydationen  minerahscher  Stoffe  unter  Energiegewinn  durch  Mikroorganis- 
men zustande  kommen  können.  Vornehmlich  liegt  der  Gedanke  an  derartige 
Ausnutzungen  bei  den  Mangansalzen  durch  manche  Erfahrungen  mit  Fisen- 
bakterien nahe. 

Abderhalden,  Handbneh  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.   V.  59 


gcjQ  Hans  Pringsheim. 

Die  Eisenbakterien. 

Es  war  Winogradsl//^).  der  in  seiner  grundlegenden  Arbeit  auf  diese 
^'erhältnisse  bei  den  Eisenbakterien  hindeutete,  zu  einer  Zeit,  wo  derartige 
Gedanken  noch  sehr  fern  lagen.  In  der  Natur  finden  sich  nun  ver- 
schiedene Arten  von  Eisenbakterien,  deren  Beschreibung  hier  unangebracht 
wäre.  Es  sei  auf  die  Monographie  von  Molisch  -)  hingewiesen.  Dieser  Autor, 
dem  zuerst  die  Reinkultur  eines  Eisenbakteriums,  der  Chlamydothrix 
(Leptothrix)  ochracea.  gelungen  ist.  trat  den  Winogradshj^(i\i%\\  Anschau- 
ungen energisch  entgegen.  ]\Iit  Hilfe  seiner  auf  Manganpepton  gewonnenen 
Ileinkultur  glaubte  er  den  Beweis  geliefert  zu  haben,  daß  die  Eisenbak- 
terien ohne  organische  Substanzen  nicht  auskommen  können,  und  daß  die 
Einlagerung  von  Eisensalzen,  die  sich  bei  ihnen  vorfindet,  unter  geeigneten 
Ernährungsbedingungen  umgangen  werden  kann,  —  daß  das  Eisen  also  für 
die  Bakterien  nur  eine  nebensächliche  Rolle  spiele.  Kurz  darauf  gelang  aber 
Lieske  ^)  die  Reinkultur  einer  anderen  Eisenbakterie,  des  Spirophyllum 
ferrugineum,  dessen  Physiologie  in  jeder  Beziehung  den  Wiuogradski/schen 
Forderungen  entspricht.  Diese  Form  gedeiht  auf  Nährsubstraten,  die  frei 
von  organischer  Substanz  sind.  Sie  bedarf  zu  ihrer  Entwicklung  der  bei 
der  Oxydation  von  Eisenoxydulsalzen  frei  werdenden  Energie,  mit  Hilfe 
derer  sie  die  Kohlensäure  der  Luft  assimiliert.  Durch  andere  Salze,  z.  B. 
durch  Mangansalze,  konnte  das  Eisen  nicht  ersetzt  werden. 

Nach  diesen  Befunden  zu  urteilen,  unterscheiden  sich  die  verschiedenen 
Eisenbakterien  in  wesentlichen  Punkten.  Die  verschiedenen  Formen  können 
bezüglich  ihres  Nahrungsbedürfnisses  wechselnde  und  noch  ungeklärte  An- 
forderungen stellen. 

Wir  müssen  uns  hier  daher  mit  der  Beschreibung  der  Isolierungs- 
verfahren der  beiden  in  Reinkultur  erhaltenen  Formen  begnügen  und  es 
zukünftiger  Forschung  überlassen,  für  die  Kultur  anderer  mit  Hilfe  der 
bisher  gewonnenen  Erfahrungen  neue  Methoden  auszudenken. 

Reinkultur  von  Chlamydothrix  ochracea  (nach  Molisch). 

\Yenn  man  zum  Prager  Leitungswasser  etwa  0'057o  Manganpepton 
hinzufügt  und  die  Lösung  in  einem  Becherglase,  bedeckt  mit  einer  Glas- 
platte, ruhig  im  Finstern  oder  im  diffusen  Lichte  stehen  läßt,,  so  treten 
am  Wasserspiegel  ])ei  Zimmertemperatur  schon  nach  3 — 4  Tagen  oder  später 
braune  Punkte  und  Flöckchen  auf.  die  sich  vorzugsweise  aus  der  gesuchten 
Ijakterienart  zusammensetzen.  Nach  1 — 2  Wochen  entsteht  eine  tief  braune 
Decke,  die  oft  der  Hauptmasse  nach  aus  Chlamydothrix  besteht.  Um  von 


')  Winof/radski/ ,  Über  Eisenbakterien.  Botanische  Zeitung.  Bd.  46.  S.  261  (1888). 

-)  H.  Molisch,  Die  Eisenbakterien.  G.  Fischer.  Jena  1910. 

^)  Rudolf  Lieske,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Physiologie  von  Spirophyllum  ferru- 
gineum EUis,  einem  typischen  Eisenbakterium.  Diss.  Leipzig  1911.  Jahrb.  f.  Wissenschaft]. 
Botanik.  Bd.  49.  Heft  1  (1911). 


Methodik  der  Stoff  Wechseluntersuchung  bei  Mikroorfranisinen.  931 

dieser  Anhäufungskultur  auf  festem  Nährboden  zu  Reinkulturen  zu  ge- 
langen, muß  man  zuerst  das  Ausschwärmen  von  Schwärmern  veranlassen, 
da  sonst  eine  andere  Bakterienart  nicht  loszuwerden  ist.  Zu  diesem  Zwecke 
impft  man  die  verunreinigte  Kultur  in  eine  Nährlösung,  bestehend  aus 
2Vo  Pepton  in  Moldauwasser  (man  kann  wohl  auch  das  später  zu  erwähnende 
Torf^N'asser  nehmen)  über,  worauf  sich  in  1 — ;3  Tagen  zaidreiche  Chlamy- 
d  othrix-Schwärmer  entwickeln. 

Das  beste  Substrat  zur  Reinkultur  ist: 

1000  g  Torfwasser  (gewonnen  durch  Auskochen  eines  faustgroßen 
Stückes  eines  Torfziegels  in  1  l  destihiertem  Wasser); 

0-25  g  Manganpepton  {E.  de  Ha'en,  Chemische  Fabrik,  List,  Selze  bei 
Hannover) ; 

100  ^f  Gelatine. 

Die  Lösung  wird  vor  dem  Erstarren  mit  Normalalkali  schwach  al- 
kalisch gemacht,  weil  die  Chlamydothrix  in  dem  sauren  Medium  nicht 
w^ächst. 

Nach  etwa  9  Tagen  erreichen  die  Kolonien  auf  der  (ielntine  bei 
Zimmertemperatur  im  diffusen  Licht  oder  im  Plustern  einen  Durchmesser 
von  ^2 — 2  mm.  Sie  sind  zumeist  kugelig,  anfangs  farblos  oder  wenig 
gelblich,  später  rostbraun  und  sinken  nach  längerer  Zeit  nach  und  nach 
schalenförmig  in  die  Gelatine  ein. 

Bei  Abimpfung  auf  steriles  Hochquellenwasscr  mit  OO250/0  Mangan- 
pepton gedeiht  das  Bakterium  üppig.  Besonders  auf  weichen  Wässern 
bedeckt  sich  der  Flüssigkeitsspiegel  oft  mit  einer  bis  o  mm  dicken, 
festgeschlossenen  Decke  der  Eisenbakterien.  Die  Vermehrung  geschieht 
durch  Zerbrechen  der  Fäden,  Abgliedern  der  Endzeilen  und  durch  die 
Schwärmer. 

Reinkultur  von  Spiropliyllum  ferrugineuni  (nach  Lieske). 

Die  Rohkulturen  werden  hergestellt,  indem  man  Erlenmeyerkoll)en 
mit  Leitungswasser  füllt  und  große  Eisenfeilspäne  zugibt.  Weiter  setzt  man 
noch  wenig  eines  Extraktes  von  alten  Blättern  zu,  der  aber  lediglich  als 
Kohlensäurequelle  dient.  Man  darf  nicht  soviel  Blätterextrakt  zusetzen,  daß 
die  Flüssigkeit  deutlich  gelb  gefärbt  wird,  da  dann  die  organische  Substanz 
bereits  wachstumshemmend  wirkt.  Man  impft  mit  etwas  Sand  oder  altem 
Laub  aus  einem  Spirophyllum-haltigen  Bache.  Doch  genügt  auch  schon 
Zusatz  von  etwas  Leipziger  Leitungswasser,  das  stets  Spirophyllum  entiiält. 
Das  Wachstum  beginnt  meist  am  4.  Tage.  Impft  man  aus  so  hergestellten 
Kulturen  wiederholt  in  sterile  Kolben,  so  kann  man  Kolonien  von  so  großer 
Reinheit  erhalten,  daß  es  bei  mikroskopischer  Prüfung  kaum  gelingt, 
fremde  Bakterien  oder  andere  Orüanismen  zu  entdecken. 

Zur  Reinkultur  gelangt  man  auf  folgende  Weise:  Kleine  Erlenmeyer- 
kolben  von  ungefähr  100  em^  Inhalt  werden  ca.  2  cm  hocli  mit  folgender 
Nährlösung  gefüllt: 

Ö9* 


q32  Hans  Priiigsheim. 

(XH4),S04 Vng 

KCl 0-05^ 

MgSO^ 0-Obg 

K.HPO, 0-05^ 

Ca  (N  03)2 0-01  g 

UJ)  dest 1000       g 

Hierauf  werden  die  Kolben  gut  mit  Watte  verschlossen  und  im 
Dampftopf  sterilisiert.  Dann  werden  grobe  Feilspäne  aus  w^eichem  Eisen 
in  einem  gut  verschlossenen  Reagenzglas  im  Trockenschranke  eine  Stunde 
lang  ca.  auf  160°  erhitzt.  Nachdem  man  die  Kolben  aus  dem  Sterilisator 
genommen  hat,  läßt  man  sie  mindestens  o  Tage  lang  unter  einer  leicht 
mit  Watte  verschlossenen  Glasglocke  an  der  atmosphärischen  Luft  stehen. 
Hierauf  gibt  man  in  einem  sterilen  Raum  (Impfkasten)  von  den  sterili- 
sierten Eisenfeilspänen  ungefähr  005  g  in  jeden  Kolben  und  impft  mit 
einer  feinen  sterilen  Pipette  aus  einer  bereits  vorhandenen  Kultur  oder 
mit  Rohmaterial.  Für  die  Herstellung  von  Reinkulturen  empfiehlt  es  sich, 
nur  junge,  schnell  wachsende  Kulturen,  bei  denen  noch  die  einzelnen,  aus 
dem  Impfmaterial  entstandenen  Kolonien  zu  unterscheiden  sind,  zur  Ab- 
impf ung  zu  verwenden.  Es  genügt  eine  sehr  geringe  Menge  von  Impf- 
material. Hierauf  bringt  man  die  geimpften  Kolben  unter  eine  (ilasglocke. 
in  die  man  so  viel  Kohlensäure  einleitet,  daß  die  Luft  in  der  Glocke  un- 
gefähr P/o  davon  enthält  und  setzt  die  Kultur  an  einen  kühlen  Ort.  Das 
Wachstum  beginnt  ungefähr  nach  4  Tagen.  Die  Spirophyllum-Fäden  wachsen 
als  zusammenhängende  Decke  auf  dem  Roden  des  Gefäßes  über  den  Eisen- 
feilspänen oder  sie  setzen  sich  als  feine  hellgelbe  Flocken  an  den  Wänden 
des  Gefäßes  an. 

Redingungen  für  Gelingen  der  Kultur  sind:  geringer  Nährsalzgehalt, 
getrenntes  Sterilisieren  der  Nährflüssigkeit  und  des  Eisens  und  Stehen- 
lassen der  Nährflüssigkeit  behufs  Sättigung  mit  Sauerstoff  und  Kohlen- 
säure. Das  offizinelle  Eisenpulver  oder  mit  Wasserstoff  reduziertes  Eisen 
sind  unverwendbar,  da  diese  Eisensorten  zu  schnell  in  Oxydhydrat  über- 
gehen. Die  groben  Feilspäne  werden  von  der  im  Wasser  absorbierten 
Kohlensäure  allmählich  als  doppelkohlensaures  Salz  gelöst.  Der  hierbei  ent- 
standene Wasserstoff  sammelt  sich  zuweilen  in  Form  von  großen  RIasen 
unter  der  ü])er  den  Feilspänen  wachsenden  Rakteriendecke  an.  Wenn  die 
Rakterien  in  lockeren  Flocken  in  der  Kultur  wachsen,  dann  steigt  der 
Wasserstoff  in  kleinen  RIasen  an  die  Oberfläche.  Solange  sich  noch  me- 
tallisches Eisen  in  der  Kultur  befindet,  ist  ihr  Gehalt  an  Eisenoxydul- 
karbonat annähernd  konstant  und  beträgt  0"OlVo- 

Von  5  Kulturkölbchen,  die  mit  Material  geimpft  waren,  das  aus  einer 
llmal  übergeimpften  Kultur  stammte,  erwiesen  sich  zwei  als  rein.  Die 
Reinheit  wurde  nicht  nur  mikroskopisch,  sondern  auch  dadurch  erwiesen, 
daß  sterile  Peptonlösung  und  Nährgelatine  beim  Reimpfen  steril  bheben. 
Folgende  Einflüsse  auf  das  Wachstum  des  Spirophyllum  sind  noch 
zu  beobachten:  Temperaturoptimum  bei  6",  Sauerstoff    ist  nötig,    dagegen 


Methodik  der  Stoffwechseluntersuchung  bei  Mikroor<?anismen.  938 

hat  das  Licht  keinen  Einfhiß.  Das  Bakterium  ist  nicht  imstande,  seinen 
Kohlenstoff  aus  organischer  Substanz  zu  decken;  derselbe  stammt  aus  der 
Kohlensäure  der  Luft,  von  der  allerdings  nur  geringe  Mengen  assimiliert 
werden,  was  aber  zum  Teil  dadurch  seine  Erklärung  findet,  daß  die  lebenden 
Bakterienfäden  bis  90Vo  Wasser  erhalten.  Ohne  P^isenzusatz  war  ein 
Wachstum  nicht  zu  erzielen.  Der  Ersatz  des  Eisens  durch  andere  Metalle, 
z.  B.  Mangan,  gelang  nicht:  auch  konnte  das  Eisenoxydulkarbou.it  durch 
andere  Eisenoxyd-  oder  Oxydulsalze  nicht  vertreten  werden. 

Kohlenhydratstoffwechsel. 

Im  Kohlenhydratstoffwechsel  braucht  uns  nur  der  Abbau  zu  be- 
schäftigen. Die  Methodik  der  ErforschungderKohlensäureas.similation.dieaulier 
bei  den  chlorophylllialtigen  Algen  und  Flagellaten  noch  bei  nitrifizierenden, 
bei  Schwefel-  und  Eisenbakterien  etc.  in  Frage  kommt,  ist  für  niedere 
Organismen  nicht  speziell  ausgebildet  worden.  Man  halte  sich  daher 
für  eventuelle  Fälle  an  die  Methoden  bei  höheren  Pflanzen.')  Die  End- 
produkte der  Kohlenstol'fassimilation ,  wie  sie  in  Gestalt  von  Körper-  und 
Reservesubstanz  in  Erscheinung  treten,  sind  einer  rein  chemischen  Erfor- 
schung zugänglich.  Im  Abbau  tritt  also  das  Erfordernis  einer  speziellen  Me- 
thode erst  zutage.  Er  folgt  im  allgemeinen  zuerst  dem  durch  Säurehydro- 
lyse erreichbaren,  soweit  die  Verarbeitung  von  Polysacchariden  in  Frage 
kommt.  Doch  muß  von  vornherein  bemerkt  werden,  daß  man  aus  der 
Eignung  eines  Polysaccharids  irgendwelcher  Art  als  Kohlenstoffquelle  noch 
nicht  den  Rückschluß  ziehen  darf,  daß  der  betreffende  Organismus  auch 
die  passenden  hydrolytischen  Fermente  enthält.  Eine  direkte  Oxydation 
ohne  Spaltung  ist  nicht  nur  möglich,  sondern  voraussichtlich  durchaus  nicht 
selten.  ')  Fermentativ  hat  sich  der  Umsatz  der  Kohlenhydrate  bisher  mit 
einer  Ausnahme,  der  Vergärung  durch  das  Hefeferment,  die  Zymase,  nur 
hydrolytisch  realisieren  lassen.  Wir  behandeln  daher  die  Hydrolyse  duich 
Fermente  in  einem  getrennten  Kapitel.  Die  sonstige  Anordnung  folgt  dem 
Prinzip,  daß  wir  von  den  komplizierteren  zu  den  einfacheren  Kohlenhydraten 
durchdringen. 

Abbau  der  Zellulose.  3) 

Als  Zellulose  bezeichnen  wir  hier  nur  die  echte  Zellulose,  das  heißt 
das  Polysaccharid,  welches  bei  der  Säurehydrolyse  keine  anderen  Zuckerabbau- 
produkte als  Glukose  Uefert.  Das  sei  in  Anbetracht  der  Gewohnheit  in 
botanischen  Büchern,  auch  andere  Wandsubstanzen  als  Zellulose  zu  be- 
zeichnen, ganz  besonders  hervorgehoben.    Auch   die  als  Hemizellulosen  be- 


^)  Vgl.  hierzu  E.  Pringsheim,  dieses  Handbuch.  Bd.  \'.  Teil  2,  wo  sich  auch  einiges 
speziell  für  Mikroorganismen  brauchbare  findet. 

-)  Vgl.  hierzu  //.  Fringsheiin  und  G.  Zemplrn,  StudiiMi  über  dit>  Polysaccluirido 
spaltenden  Fermente  in  Pilzpreßsäften.    Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.   Bd.  62  O-*^''»-  '^^~t- 

•'*)  Bezüglich  der  Zellulosebestimmungs-Methoden  vgl.  dieses  Handbuch.  Bd.  V. 
Teil  1.  S.  382. 


C)-^_j_  Hans  Pringsheim. 

zeichneten  Substanzen,  wie  Galaktan,  Paraban  etc.,  die  Komplexe  anderer 
Zucker  sind,  können  uns  liier  nicht  beschäftigen.  Sie  konnten  bisher  nicht 
in  reinem  Zustande  erhalten  werden,  und  ihre  Zerlegung  durch  Mikroorganis- 
men ist  noch  wenig  erforscht,  i)  Die  Pektingärung  hat  zwar  eine  ein- 
gehendere biologische  Bearbeitung  gefunden.  Die  Tatsache,  daß  die  chemische 
Zusammensetzung  dieser  kompUzierten  Produkte  noch  recht  unklar  ist  und 
dalj  auch  ihr  für  die  Gewinnung  der  Gespinstfaser  so  wichtiger  mikro- 
biologischer Abbau  bisher  zu  keinen  einheitlichen  Produkten  führte,  hindei't 
uns  hier  auf  die  Pektingärung  einzugehen.  2) 

Die  echte  Zellulose  gehört  zu  den  resistentesten  Kohlenstoff materialien 
der  Natur.  Es  ist  sehr  fraglich,  ob  sie  überhaupt  durch  höhere  Lebe- 
wesen ohne  Mitwirkung  von  Mikroorganismen  abgebaut  werden  kann.  Das 
schließt  nicht  aus,  daß  sie  in  Gestalt  ihrer  Abbauprodukte  und  der  Zwischen- 
stufen ihres  Abbaues  auch  im  Tierkörper  als  Ernährungs-  und  Energie- 
material eine  Piolle  spielt.  Denn  auch  hier  können  diese  Produkte  in  den 
Stoffwechsel  gerissen  werden,  ebenso  wie  sie  stickstoffbindenden  Bakterien 
als  Energiematerial  dienen  können.  ^) 

Die  Zellulose  kann  durch  auaerobe  Bakterien  und  aerob  durch  Schimmel- 
pilze und  Bakterien  zerlegt  werden. 

1.  Erreger    der  Methan-    und   Wasserstoffgärung    der  Zellulose. 

Die  Isoherung  dieser  beiden  Formen  von  Zellulosevergärern  wurde 
von  Fuhrmann  S.  Io20  beschrieben.  Pferdemist  eignet  sich  am  besten  zur 
Infektion.  Doch  kann  ein  solcher  Versuch  auch  fehlschlagen,  da  nicht  jeder 
Pferdemist  Kulturen  der  Zellulosezersetzer  gibt.  Die  Trennung  der  ^lethan- 
und  Wasserstoffvergärer  ist  nicht  immer  mit  der  von  Omelianski  geschil- 
derten Sicherheit  durchzuführen.  Man  kann  die  Wasserstoffbakterien  noch 
durch  schwach  alkalische  Reaktion  mit  Sodazusatz  begünstigen. 

Die  Stoffwechselprodukte  sind  Methan,  Wasserstoff  und  Kohlensäure, 
die  gasanalytisch  zu  trennen  sind,  und  ein  Gemisch  von  Fettsäuren.  Be- 
züglich ihrer  Bestimmung  und  Trennung  sei  auf  meine  Ausführungen  im 
II.  Bd.,  S.  20  verwiesen. 

2.  Zersetzung  der  Zellulose  durch  denitrifizierende  Bakterien.*) 

Eine  Flasche  von  200  cm'^  Inhalt  wird  mit  einer  Mischung  von: 

Leitungswasser     ...     100     KNOj 0-25 

Papier 2  |  K.>HP(), 0-05 


')  Vgl.  H.  C.  Schellenherg,  Untersuchimgen  über  das  Verhalten  einiger  Pilze  gegen 
Hemizellulose.  Flora.  Bd.  98  (1908).  S.  257. 

^)  Vgl.  J.  Behrens,  Die  Pektingärung,  in  Lafar,  Handb.  d.  techn.  Mykologie.  Bd  3. 
S.  269. 

*)  Vgl.  hierzu  die  Zusammenfassung  H.  Fringsheini,  Die  Bedeutung  stickstoff- 
bindender Bakterien.  Biologisches  Zentralblatt.  Bd.  31  (1911).  S.  65. 

*)  G.  van  Iterson  jun.,  Die  Zersetzung  der  Zellulose  durch  aerobe  Mikroorganismen. 
Zentralbl.  f.  Bakteriologie.  II.  Abt.  Bd.  9  (1904j.  S.  689;  Ökologie,  S.  182. 


Methodik  der  Stoffwechseluntersuchung  bei  Mikroorganismen.  955 

gefüllt  und  mit  einigen  Kubikzentimetern  Kanahvasser,  dem  etwas  Grahen- 
moder  hinzugefügt  wurde,  geimpft  und  der  Stöpsel  lose  aufgesetzt,  üei 
35°  kultiviert,  setzt  nach  8  Tagen  Gärung  ein,  die  sich  bald  verstärkt. 
Unter  starkem  Schäumen  wird  das  Papier  an  die  Oberfläche  getrieben,  wo 
es  vom  Stopfen  zurückgehalten  wird.  Nach  etwa  2  Wochen  ist  das  Nitrat 
vöUig  verschwunden.  Gießt  man  jetzt  vom  Papier  ab,  das  schon  Anzeichen 
der  Zersetzung  zeigt,  und  füllt  mit  neuer  Nährlösung  auf.  so  setzt  der 
Dentrifikationsprozeß  schon  nach  wenigen  Tagen  in  v(illiger  Stärke  ein. 
Allmählich  kann  man  so  das  ganze  Papier  zum  Verschwinden  bringen.  Das 
Nitrat  geht  bei  dem  Vorgang  in  kohlensaures  Kali  ül)er,  das  die  Foi't- 
führung  des  Prozesses  hemmt,  wenn  man  es  nicht  durch  Abgießen  vom 
Papier  entfernt.  Produkte  des  Zellulosezerfalls  sollen  nur  freie  Kohlen- 
säure und  kohlensaures  Salz  sein.  Doch  ist  der  Al)bau  noch  wenig  erforscht. 
Die  Bakterien,  welche  hier  wirksam  sind,  wurden  bisher  nicht  in  Rein- 
kulturen erhalten. 

3.  Aerober  Zellulosezerfall. 

Da  die  Produkte  dieses  Abbaues  noch  unerforscht  sind,  seien  hier  nur 
die  Anhäufungsmethoden  der  in  Frage  kommenden  Mikroorganismen  ge- 
geben : 

1.  Anhäufung  aerober  Bakterien. 

Kultur  in  Erlenmeyerkolben  in 
einer  Flüssigkeitsschicht  von 
0-5 — 1  cm  lufektionsmaterial 
Grabenmoder.  Nach  5 — 6 
Tagen  kräftiges  Wachstum, 

nach  3 — 4  Wochen  wird  die  Zellulose  schleimig.  Beim  Überimpfen  in 
neues  Kultursubstrat  geht  der  Prozeß  eher  noch  schneller  von  statten. 

2.  Anhäufung  von  Zellulose  zersetzenden  Schimmelpilzen. 

In  einer  Petrischale  werden  zwei  Scheiben  FiltritM-papier  mit  folgender 
Lösung  angefeuchtet :  Leitungswasser  100,  NH4 NO3  O'Oö.  KHo  VO^  005,  zwölf 
Stunden  offen  stehen  gelassen.  Man  kulti\iert  bei  24"  und  hält  das  Pai)i('r 
dauernd  feucht.  Nach  14  Tagen  bis  3  Wochen  erhält  man  eine  reichliche 
Entwicklung  einer  sehr  verschiedenartigen  Flora  von  Schimmelpilzen,  die 
die  Zellulose  in  mehr  oder  weniger  sichtbarer  Weise  zersetzen.  Man  kann 
die  Schimmelpilze  in  Pteinkulturen  gewinnen  und  sie  dann  auf  steriles 
Papier  zurückübertragen.  Bei  genügend  langer  Dauer  kann  durch  sie  das 
ganze  Papier  aufgezehrt  werden.  Auch  die  Holzpilze,  wie  Merulius-  und 
Polyporus-Arten,  sind  imstande,  die  Zellulose  zu  zersetzen  und  restlos 
aufzuzehren. 


Leitungswasser. 

.  100 

Papier     .     .     . 

.       2 

NH.Cl     .     .     . 

.       0-1 

KoHPO,  .     .     . 

.       0-05 

Kreide     .     .     . 

2 

936 


Hans  Priügsheim. 


Hydrolytischer  Abbau  der  Polysaccharide. 

I.  stärke. 

Stärke  ist  für  zahlreiche  Mikroorganismen  eine  geeignete  Kohlen- 
stoffquelle. Ob  sie  vor  der  Ausnutzung  als  solche  immer  verzuckert  wird, 
ist  fraglich.  Jedenfalls  sind  aber  viele  Schimmelpilze  und  Bakterien  im 
Besitze  des  Stärke  spaltenden  Fermentes,  das  Hefen  mit  wenigen  Aus- 
nahmen nicht  besitzen,  i)  Die  Diastasebildung  findet  häufig  auch  in  Abwesen- 
heit von  Stärke  statt.  Überhaupt  ist  die  Absonderung  stärkelösender  wie 
ganz  allgemein  zuckerspaltender  Fermente  ein  von  der  Ernährung,  auch 
von  der  Stickstoff(iuelle  abhängiger,  sehr  variabler  Faktor.  2) 

1.  Anhäufung  von  Diastase  erzeugenden  Mikroorganismen.  3) 
Die  folgende  Nährlösung  wird  z.  B.  mit  Erde  beimpft : 

Leitungswasser    .     .  1000 
Kartoffelstärke    .     .        0-2 

^,.  ,   ^  nc      „  . ^  r^-  (  (Pepton ,  Kasein ,  Salpeter, 

Stickstoff  quelle   .     .        O'Oo  \  .       ,1    -in 

^  l         Ammomum  Chlorid) 


K.,HPO, 

Mg  SO, 
FeClg 


Spuren. 


Es  wird  in  dünner  Schicht  aerob  bei  30.  37  oder  45"  kultiviert  und 
nach  Verschwinden  der  Jodreaktion  in  dieselbe,  nun  sterilisierte  Nährlösung 
abgeimpft.  Nach  drei  bis  vier  Abimpfungen  werden  Kulturen  erhalten,  die 
fast  keine  anderen  Arten  als  Diastasebakterien  enthalten.  Die  Art  der  ge- 
wonnenen Flora  ist  naturgemäß  von  den  Zufällen  des  Impfmaterials,  sonst 
aber  auch  von  der  Stickstoffnahrung  abhängig. 


2.  Nachweis  Diastase  erzeugender  Pilze  in  Bodenproben.  =^) 

Folgender    Nährboden    gestattet    die  Zählung    stärkelösender  Mikro- 
organismen : 


*)  Vgl.  die  Zusammenstellung  bei  W.  Kruse,  Allgemeine  Mikrobiologie.  Leipzig. 
F.  C.  W.  Vogel.  1910.  S.  214. 

-)  Vgl.  H.  Pringsheim ,  Die  Variabilität  niederer  Organismen.  Kap.  XIII.  Die 
Regulation  der  Fermentwirkung  und  die  Mobilisierung  neuer  Fermente.  Julius  Springer. 
Berlin  1910. 

')  E.  de  Krui/Jf,  Bulletin  du  departement  de  l'agricultur  aux  Indes  neerlandaises, 
Nr.  III.  Mikrobiologie.  I.  1906.  Ökologie.  S.  231- 


Methodik  der  Stoffwechsehmtersiicluing  lici  Mikroorganismen. 


93- 


Leitungswasser 

.  1000 

Kartoffelstärke 

.       lö 

Stickstoffquelle 

1 

Ko  HP( ),  .     .     . 

0-5 

Mg  80,,  FeCl^. 

.  Spuren 

Agar  .... 

.  15     20 

,  I 


Die  mit  diesem  Agar  her- 
gestellten und  besähten  Plat- 
ten zeigen  bei  Wachstum 
stärkelösender  Formen  eine 
Aufhellung  der  trüben  Platte. 
Durch  Aufuielk'U  von  Jod- 
lösung  kann  man  die  Er- 
scheinung noch  deutlicher 
machen,  da  die  Kolonienzone 
im  inneren  ungefärbt  bleibt, 
nach  außen  rote  Dextrinreak- 
tion zeigt,  der  Agar  sonst 
aber  blau  wird. 

3.  Spezielle  Methoden  des  Diastasenachweises  bei  Mikro- 
organismen. 

a)  Bei  stärkerer  Diastasebildung. 

Die  Methode  von  Eijkmann  i)  unterscheidet  sich  nicht  wesentlich  von 
der  zum  Nachweis  diastasebildender  Pilze  zu  verwendenden  eben  angeführten. 
Die  Platten  werden  hier  durch  Wüschen  mit  gequollenem  Amylum  orvzae 
oder  Amylum  maranthae  hergestellt.  Das  Verfahren  ist  sonst  das  gleiche. 

h)  Bei  schwacher  Diastaseproduktion  (Leuchtbakterien  als  Reagenz 
auf  geringe  Diastasemenge). 2) 

Ein  gut  ausgekochtes  Gemisch  von  Meerwasser  mit  8%  Gelatine, 
1%  Pepton  und  0-25''/o  Kartoffelstärke  wird  mit  Photobacterium  phos- 
phorescens  und  ein  anderer  Teil  mit  Ph.  Pflügeri  beimpft.  Dann  wird  in 
Platten  gegossen,  die  bald  ihre  Leuchtkraft  verlieren,  da  die  Bakterien 
die  Stärke  nicht  spalten  können.  Tupft  man  auf  die  Platten  Diastase- 
präparate,  so  bemerkt  man  bei  der  «^rsten  Bakterienart  stark  aufleuchtende 
Flecken,  nicht  jedoch  bei  der  zweiten  Form.  Das  Ph.  phosphorescens  soll 
deshalb  aulJerordentlich  geringe  Spuren  von  Diastase  anzeigen,  da  es  bei 
Zuführung  von  Maltose,  die  aus  der  Stärke  durch  die  Diastase  gebildet 
wird,  Leuchterscheinung  zeigt.  (Die  Methode  hat  auch  für  andere  zucker- 
spaltende Fermente  Anwendung  gefunden :  ich  werde  jedoch  auf  sie  wegen 
ihrer  geringen  Verläßlichkeit  nicht  mehr  zurückkommen.) 


Für  quantitative  Diastasebestimmungen  dürfte  auch  hier  die  Methode 
von   Wohlgemut  3)  in  Frage  kommen. 


^)  C.  Eijkmann,  Über  Enzyme  bei  Bakterien  und  Schimmelpilzen.  Zentralbl.  f. 
Bakteriologie.  L  Abt.  Bd.  29  (1901).  S.  841. 

-)  37.  Bcijerinck,  Over  lichtvoedsel  on  plastisch  voedsd  van  liichtbaktorien.  Akad. 
V.  Wetenschappen.  Afd.  Naturerk.  2de  Reeks.  Deel  VII.  1890.  Ref.  Kochs  .lahresiiericlit 
ftir  Gärungsorganismen.  Bd.  I  (1890).  S.  180. 

^)  Wohlgemut ,  Methode  zur  quantitativen  Bestimmung  des  diastatischen  Fer- 
mentes. Biochem.  Zeitschr.  Bd.  9  (1908).  S.  1.  Vgl.  dieses  Handbuch.  Bd.  V.  Teil  1.  S.  405. 


QQQ  Haus  Pringsheim. 

II.  Dextrine. 

Dextrine  werden  von  einigen  »Saccharomyzeten  gespalten  und  vergoren, 
ohne  daß  ihnen  die  Fähigkeit,  Stärke  zu  hydrolysieren.  zukommt  (vgl. 
Kruse,  S.  222).  Durch  diese  Tatsache  wird  die  Theorie  gestützt,  daß  zur 
Spaltung  der  Stärke  in  Maltose  mehrere  Fermente  nötig  sind.  Besonders 
interessant  ist  nun,  daß  es  auch  Bakterien  geben  soll,  die  aus  Stärke 
Dextrine  abspalten,  welche  sogar  in  kristallisiertem  Zustand  gewonnen  werden 
konnten. 

Da  die  Untersuchung  dieser  neuen  Produkte  noch  wenig  ausgebildet 
ist  —  vor  allem  fehlt  die  Bestimmung  ihres  Molekulargewichts  —  sei 
ihre  Darstellung  hier  beschrieben.  Es  handelt  sich  um  eine  von  Schar- 
dinger 1)  entdeckte  Bakterienart ,  den  Bac.  macerans ,  der  sich  durch  seine 
Azetonproduktion  auch  in  anderer  Richtung  auszeichnet. 

Darstellung  kristallisierter  Dextrine.^) 

Nährlösung:  200^  Stärke  verkleistert  in  4  l  Wasser,  4 5/  phosphor- 
saures Ammon,  lg  Magnesiumsulfat,  wenig  Kochsalz.  Die  sterile  Lösung 
wird  mit  3 — 4  Kartoffelkeilen  (vgl.  Fuhrmann  1214),  auf  denen  sich  der 
Bac.  macerans  binnen  4 — 5  Tagen  bei  45°  entwickelt  hat ,  beimpft.  Der 
Kartoffelkleister  wird  bereits  nach  3  —  4  Stunden  leichter  beweglich  und 
ist  innerhalb  10 — 12  Stunden  zu  einer  in  geringem  Grade  opalisierenden 
Flüssigkeit  gelöst.  Bei  Maranta-,  Beis-  oder  Weizenstärke  wird  der  Kleister 
auch  bald  beweglich,  es  tritt  aber  dann  eine  Ausflockung  ein,  wobei  zuerst 
ein  schwammiger  poröser  Kuchen  durch  die  Gasbildung  an  die  Oberfläche 
gehoben  wird.  In  den  ersten  Tagen  tritt  immer  Schäumen  und  Geruch 
nach  Azeton  auf.  Je  länger  der  Versuch  dauert,  um  so  wässeriger  wird 
der  EJeister  und  um  so  stärker  wird  Fehlingsahe  Lösung  reduziert. 

Vorprüfung  desFiltrates:  Man  fügt  zu  10 — 1 5 cm ^  der  filtrierten 
Lösung  so  lange  Jodlösung  (Jod-Jodkalium  oder  alkoholische  Jodlösung), 
bis  die  anfangs  schwindende  rote  bis  blauviolette  Färbung  erhalten  bleibt. 
Beim  Aufbewahren  im  kühlen  Raum  bilden  sich  am  Rande  der  Flüssig- 
keit und  entlang  dem  Boden  der  Eprouvette  graugrüne  Nädelchen,  die 
mikroskopisch  untersucht,    an    den  Kreuzungsstellen   blaue  Flecke   zeigen. 

Gewinnung  der  kristallisierten  Dextrine  als  Rohprodukte: 
Das  genau  mit  Natronlauge  neutralisierte  Filtrat  wird  auf  800—9000/^3 
eingeengt,  gekühlt  und  mit  Äther  bis  zur  Sättigung  versetzt  bei  5"  auf- 
bewahrt. Der  ausfallende,  Schwimmsand  ähnliche  Bodensatz  wird  dann  ab- 
genutscht  und  das  Filtrat  mit  Chloroform  durchgeschüttelt  wieder  in  der 
Kälte  stehen  gelassen.  Der  hierbei  ausfallende  Niederschlag  wird  mit  dem 


')  F.  Schardinger,  Über  die  Bildung  kristallisierter.  Fehlingsche  Lösung  nicht 
reduzierender  Körper  (Polysaccharide)  ans  Stärke  durch  mikrobielle  Tätigkeit.  Zeutral- 
blatt  f.  Bakteriol.  II.  Abt.  Bd.  22  (1901).  S.  98. 

'')  F.  Schardinger ,  Bildung  kristallisierter  Polysaccharide  (Dextrine)  aus  Stärke- 
kleister durch  Alikrobien.  Zentralbl.  f.  Bakteriol.  II.  Abt.  Bd.  24  (1911).  S.  188. 


Methodik  der  Stoffwechseluntersuchung  bei  Mikroorganismen.  939 

ersten  vereint.  Die  Dextrine  bilden  mit  Ätiier  und  Chlorofonn  lockere 
(durch  AVasser  zersetzbare),  in  dei-  Kulte  schwer  lösliche  \erbindungen. 
Ausbeute  der  lufttrockenen  Rohsubstanz  25 — 30Vo  der  Stärke. 

Trennung  der  kristallisierten  Dextrine:  Das  Rohprodukt  wird 
in  kochendem  Wasser  gelöst  und  durch  einen  Warmwassertrichter  filtriert. 
Nach  dem  Erkalten  wird  vom  kristallisierten  Dextrin  'p  abgegossen.  Dieses 
wird  mit  Wasser  gewaschen  und  daraus  mehrfach  umkristallisiert.  Ks  bildet 
dabei  zu  Drusen  vereinigte,  rhombische  Kristalle  von  der  spezifischen 
Drehung  in  P/oiger  Lösung  y-(D)=  +  IHö».  Im  ('")lbade  tritt  bei  260"  C 
Sintern  unter  allmählicher  Zersetzung  ein.  Die  getrocknete  Substanz  analy- 
sierte zu  C«  Hjo  O5.  Bei  der  Säurehydrolyse  geht  sie  in  Traubenzucker  über. 

Dextrin  a.  Die  abgegossene,  von  einem  feinen  Schlamm  filtrierte 
Mutterlauge  wird  zuerst  mit  etwas  Alkohol  versetzt,  bei  Zimmertemperatur 
aufbewahrt.  Nach  nochmaliger  Filtration  wird  mit  viel  Alkohol  versetzt, 
worauf  sich  ein  weicher,  weißer,  voluminöser  kristallisierter  Niederschlag 
bildet,  der  aus  feinen,  sechsseitigen,  prismatischen  Täfelchen  mit  meist 
ungleich  ausgebildeten  Seitenkanten  besteht.  Drehung  der  bei  100"  ge- 
trockneten Substanz  in  17oiger  wässeriger  Lösung  a(D)=:  +  144°.  Luft- 
trocken enthält  die  Substanz  V2  jVIol.  Kristallalkohol,  die  bei  100"  ge- 
trocknete Substanz  analysierte  auch  zu  CgHio  O5.  Bei  der  Säurehydrolyse 
wird  auch  Glukose  gebildet. 

Beide  Dextrine  reduzieren  Fehlrngsche  Lösung  nicht.  Sie  werden  von 
Unter-  und  Obergärhefe  nicht  vergoren  und  durch  ,.Maltin"  nicht  gespalten. 
Weitere  Untersuchungen  sind  sehr  erwünscht. 

in.  Tri-  und  Disaccharide. 

1.  Die  Art  des  Abbaus. 

Die  kristallisiert  erhaltenen  Trisaccharide  und  Disaccharide  werden 
durch  die  hydrolytischen  Fermente  niederer  Organismen  in  ihre  Kompo- 
nenten gespalten.  Auch  Tetrasaccharide  können  so  zerlegt  werden;  doch 
ist  ihr  Abbau  noch  weniger  eingehend  erforscht.  Die  Literatur  über  diese 
Fermente  findet  sich  bei  Neuherg  und  Reuald. ' )  Angaben  über  Bakterien- 
invertase  und  -laktase  auch  bei  Fuhrmann.-) 

Viele  in  der  Literatur  vorhandene  Daten  beruhen  nur  auf  dem  Nachweis 
einer  Assimilation  durch  Mikroorganismen,  wenn  die  Zucker  als  Kohlcnstoff- 
quelle  geboten  werden.  Doch  sei  vor  einer  derartigen  Beweisführung  noch- 
mals gewarnt,  weil,  wie  schon  hervorgehoben,  Ausnutzung  auch  ohne  vor- 
herige Spaltung  erfolgen  kann.  Über  die  Art  der  Spaltung  gibt  am  besten 
Aufschluß  die  Osazonprobe  E.  Fischers.  Bisher  wurden  derartige  Versuche 
nur  mit  Hefen  und  Schimmelpilzen  ausgeführt.  \'ergleiche  hierzu  meine 
Ausführungen    im    IL  Bande    dieses    Handbuches.    8.   192.    Was    die    Ah- 


')  In   Abderhalden,     Biochemisches    Handlexikon.     iJd.   II.     S.  388-437.    Julius 
Springer.  Berlin  1911. 

*)  Fuhrmann,    Vorlesungen  über  Bakterienenzyme.  S.  90.  Jena.  G.  Fischer.  1907. 


qj.Q  Haus  Prinixslieim. 

tronnuiig  der  Fermente  anbetrifft .  so  hat  die  Buchnersche  Preßsaftmetliode 
ihre  Versprechungen  nicht  ganz  gehalten,  da  bisweilen  einzelne  Fermente 
nicht  in  den  Saft  übergehen ,  sondern  im  Preßkuchen  zurückgehalten 
werden.  ^)  Man  verwendet  deshalb  einfacher  die  feuchten  Mikroorganismen 
als  solche,  die  man  auf  die  lOVoigen  Zuckerlösungen  in  Gegenwart  von 
Toluol  48  Stunden  bei  Bruttemperatur  einwirken  läßt.  Die  von  den  Mikro- 
organismen dui'ch  Filtration  z.  B.  über  Kieseiguhr  befreite  Lösung  wird 
mit  1</  kristallisiertem  Natriumazetat  pro  1  </ verwandten  Zucker  versetzt, 
auf  dem  "Wasserbade  erwärmt  und  nach  Zusatz  von  wenig  reiner  Tier- 
kohle filtriert.  Durch  diese  Operation  werden  die  Proteine  zum  größten 
Teil  entfernt.  Dem  klaren  Filtrat  wird  auf  ein  Teil  Zucker  2  Teile  Phenyl- 
hydrazinchlorhydrat  (das  durch  Umkristallisieren  aus  Alkohol  reinweiß  er- 
halten wird)  und  o  Teile  kristaUisiertes  Natriumazetat  zugegeben  und  im 
Wasserbade,  d.  h.  direkt  im  kochendem  Wasser  V/^  Stunden  erhitzt.  Nach 
einstündigem  Stehen  in  der  Kälte  werden  die  Osazone  abgesaugt,  mit 
kaltem  W^asser  gewaschen  und  mit  etwa  40  Teilen  Wasser  (auf  den 
Zucker  berechnet)  ausgekocht,  kochend  heiß  filtriert  und  mit  wenig  heißem 
Wasser  gewaschen.  Hierbei  verbleiben  auf  dem  Filter,  wenn  Spaltung  ein- 
getreten ist,  bei  Maltose  und  Zellobiose  Glukosazon,  bei  Milchzucker  und 
Melibiose  ein  Gemisch  von  Glukosazon  und  Galaktosazon ,  endUch  bei 
Kaffinose,  je  nach  der  Spaltung,  die  z.B.  bei  Schimmelpilzen  in  ver- 
schiedener Richtung  erfolgen  kannM,  (Glukosazon,  Galaktosazon  oder  ein 
Gemisch  dieser  beiden ,  wenn  nämliche  Spaltung  in  die  drei  Monosaccharide 
eingetreten  ist.  Spaltung  in  Fruktose  und  Melibiose  gibt  sich  hier  dadurch 
zu  erkennen,  das  nach  dem  Auskochen  der  Osazone  im  Filtrat  Melibio- 
sazon  ausfällt.  Außerdem  werden  die  unlöslichen  Osazone  aus  öOVoigem 
Alkohol  umkristallisiert  und  durch  ihren  Zersetzungspunkt  geprüft,  ob 
Glukosazon  oder  Galaktosazon  vorlag. 

Die  in  heißem  Wasser  unlöslichen  Osazone  kann  man  nach  dem  Trocknen 
bei  100°  zur  Wägung  bringen;  ihre  Menge  ermöglicht  eine  annähernde  Be- 
urteilung des  Grades  der  Spaltung. 

2.  Der  Grad  des  Abbaues. 

Quantitativ  läßt  sich  die  Spaltung  mit  einiger  Leichtigkeit  nur 
beim  nicht  reduzierenden  Ptohrzucker  verfolgen. '-)  Handelt  es  sich  um  die 
Spaltung  reduzierender  Disaccharide  in  reduzierende  Monosaccharide,  so 
muß  man  sich  zur  Verfolgung  des  Spaltungsgrades  durch  die  Reduktions- 
kraft einer  empirisch  zusammengestellten  Tabelle  bedienen,  da  das  Re- 
duktionsvermögen   durch     die    Anwesenheit     verschiedener    reduzierender 


')  //.  Pringsheim  und  G.  Zemplen,  Studieu  über  die  Polj'saccharide  spaltenden 
Fermente  in  Pilzpreßsäfteu.  Zeitschr.  f.  pliysiol.  Chemie.  Bd.  62  (1909).  S.  367. 

")  Tgl.  Tollens,  Dieses  Handbuch.  Bd.  II.  S.  145.  Genauere  AuEraben  in  E.  r.  Lipp- 
mann, Chemie  der  Zuckerarten.  Bd.  I.  S.  936.  Braunschweig.  Vieweg  &  Sohn.  1904. 


Methodik  der  Stoff \vechst4uutersucliuiig  bei  Mikroorgauismeu.  <J41 

Zucker  zu  stark  gegenseitig'  beeinflußt  wird,  un»  aus  der  lU'dnktion  auf 
theoretischem  Wege  das  Zuckerverhiiltnis  zu  i)erechnen.  So  verfahren 
Bertrand  und  Holderer-)  bei  ihrer  Untersuchung  der  Zellobiose ,  wobei  sie 
die  Deduktion  nach  der  Bci'trnndschQW  Methode  (dieses  Handbuch.  IM.  II, 
S.  181)  l)estimniteu.  Eine  derartige  empirische  Tabelle  für  die  Bestim- 
mung des  Grades  der  Spaltung  von  Zellobiose  in  Traubenzucker  sei  hier 
gegeben.  -) 

Bei  Anwendung  von  öOing  Zellobiose  findet  man 

auf     Ouif/  hydrolysierte  Zellobiose     ()7-7    m;/  tu, 


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100-0 

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mit  einer  Genauigkeit  von  2 — 40/ 


0-' 


Gärungen  der  Kohlenhydrate. 

I.  Die  alkoholische  Gärung. 

Die  Fähigkeit,  die  Zucker  zu  Alkohol  und  Kohlensäure  zu  vergären, 
kommt  neben  der  Hefe,  dem  wichtigsten  Gärungsorganismus,  noch  einigen 
Schimmelpilzen,  Allescheria  Gayonii,  Mucor  javanicus,  Mucor  racemosus  etc., 
einigen  ^lonilia-  und  Torulaarten  zu.  Auch  einige  Bakterien  bilden  aus 
Zucker  Äthylalkohol,  jedoch  als  Nebenprodukt.^)  Der  A'ergärung  von  Poly- 
sacchariden durch  die  Zymase  muß  immer  erst  eine  Spaltung  in  die  Monosaccha- 
ride vorangehen;  verschiedene  Hefen  verhalten  sich  verschiedener  Toly- 
sacchariden  bezüglich  ihrer  Gärfähigkeit  sehr  verschieden.  Angaben  über  die 
Assimilierbarkeit  durch  verschiedene  Klassen  von  Saccharomyzeten  finden 
sich  in  Bd.  III,  S.  1260.  Doch  darf  auch  hier  Assimilierbarkeit  und  (iär- 
fähigkeit  nicht  ohne  weiteres  in  Parallele  gesetzt  werden.  Von  den  llexosen 
werden  nur  die  in  der  Natur  vorkomnienden  d-Komponenteu  der  (ilukose, 
Mannose,  Fruktose  und  Galaktose  vergoren,  und  zwar  ist  jede  Hefe,  die 
einen  der  drei  erst  genannten  Zucker  vergärt ,  auch  imstande,  die 
anderen  zu  vergären.    Der  Mechanismus    der  Zuckerspaltung  soll   in    allen 


')  G.  Bertrand  et  .V.  Holderer,  Reclicrches  sur  lu  ooUaso,  iioiivelle  diastasc 
dedoublant  le  cellose.  Bull,  de  la  Soc.  chiiiiiiiue  de  France.  (4).  T.  7  (1910).  p.  177. 

^)  Privatmittcilung  von  G.  Bertrand. 

")  Literatur  hei  Ojypenheimer ,  Die  Fermente.  Bd.  II.  S.  4rv_*.  Leipzig.  V.  C.  W  . 
Vogel.  I'JIÜ. 


942 


Hans  Prinffsheim 


o  ' 


drei  Fällen  der  gleiche  sein,  i)  Galaktose  wird  langsamer  vergoren,  doch 
kann  Hefe  an  die  Vergärung  dieses  Zuckers  angepaßt  werden.  2)  Auch 
Glyzerinaldohyd  und  Dioxyazeton,  die  als  Zwischenprodukte  der  alkoholischen 
Gärung  angesprochen  werden,  sind  nach  neuesten  Untersuchungen  durch 
Hefe  vergärbar. ») 

Bezüglich  der  Reinkultur  von  Hefen  vergleiche  man  Fuhrmanns  An- 
gaben. Die  Isolierung  aus  Naturprodukten  ist  weniger  schwierig  als  die 
Identifizierung  der  verschiedenen  Hefearten  und  Rassen.  Die  Lösung  dieser 
Frage  muß  im  allgemeinen  sehr  geübten  Speziahsten  überlassen  werden. 
Angaben  hierüber ,  z.  B.  auch  über  die  Verwendung  der  Riesenkolonien  für 
diesen  Zweck  finden  sich  bei  P.  Lindner,  Mikroskopische  Betriebskontrolle 
in  den  Gärungsgewerben.  Berlin.  Paul  Parey,  1909.  Fünfte  Auflage.  Zur 
Lösung  von  Stoffwechselfragen  verschafft  man  sich  am  besten  die 
fertigen  Reinkulturen.  Man  impft  aus  ihnen  nicht  direkt  in  die  zu  unter- 
suchenden Lösungen,  sondern  man  frischt  die  Hefen  erst  durch  eine 
Züchtung  in  Maische  bei  Bierhefen,  oder  Rosinenmost  bei  Weinhefen,  auf, 
ehe  man  sie  in  die  Nährsubstrate  einimpft.  Bei  Vergleichsresultaten  muß 
die  Hefe  aus  einer  in  kräftiger  Gärung  befindUchen  Kultur,  also  nach  ein 
paar  Tagen ,  etwa  4 — 5 ,  entnommen  werden.  Am  besten  impft  man  natür- 
lich Vergleichskulturen  aus  derselben  Flüssigkeit.  Bei  Schimmelpilzen  kommt 
man  durch  Übertragung  geringer  Myzelteile  weit  schneller  zu  Kulturen  als 
durch  Abimpfen  von  Sporen,  die  erst  auskeimen  müssen.  Auch  das  ist 
bei  Vergleichen  des  Wachstums  und  der  Gärung  sehr  in  Betracht  zu 
ziehen.  Die  geringen  Unterschiede  in  der  Größe  der  übertragenden  Myzel- 
menge, die  man  mit  der  Platinöse  herausfischt,  spielen  keine  Rolle,  da 
sie  sich  durch  Wachstum  schnell  ausgleichen.  Hefen  kann  man  in  tiefer 
Schicht,  also  in  zu  "/^  vollen  Erlmeyerkolben  kultivieren,  luftbedürftige 
Schimmelpilze  besser  in  dünner,  1 — l^/^cm  dicker  Schicht. 

Einen  sehr  großen  Einfluß  auf  die  Gärkraft  hat  auch  die  Zusammen- 
setzung des  Nährbodens  in  anderer  als  den  Zucker  betreffender  Richtung. 
Von  Nährsalzen  bietet  man  im  allgemeinen  in  Form  der  angegebenen 
Salze  einen  Überschuß.  Der  Haupteinfluß  kommt  der  Stickstoffnahrung  zu, 
auf  die  im  Kapitel  Eiweißstoffwechsel  eingegangen  werden  wird. 

Gärungsnachweis. 

Bei  stark  gärenden  Hefen  läßt  sich  das  Auftreten  der  alkoholischen 
Gärung  schon  durch  das  Schäumen  erkennen.  Bei  gärenden  Schimmelpilzen 
ist  diese  Beobachtung  schon  weit  weniger  zuverlässig.  Man  muß  hier  also 


')  Vgl.  E.  F.  Armstrong ,  The  Simple  Carbohydrates  aud  tbe  Glucosides.  p.  52. 
Longmann,  Green  &  Co.  London  1910. 

-)  Arthur  Harden,  Alcoliolic  Fermentation,  p.  109.  Longmann,  Green  &  Co. 
London  1911. 

^)  Büchner  und  Meisenheimer ,  Die  chemischen  Vorgänge  bei  der  alkoholischen 
Gärung.  IV.  Mitteilung.  Ber.  d.  Deutschen  ehem.  Gesellsch.  Jg.  43  (1910).  S.  1773. 


Methodik  der  Stoffwechseluutersuchung  bei  Mikroorganismen.  943 

den  Alkohol^)  oder  die  Kohlensäure  nachweisen.  Bei  f^eringen  Zurker- 
mengen  kann  man  sich  zum  Gärungsnachweis  einer  Methode  im  hohlen 
Objektträger  bedienen.  Doch  haftet  dieser  Methodik  eine  gewisse  (iefahr 
an,  die  vielleicht  nicht  so  sehr  durch  die  Beobachtung  wie  durch  die 
Tatsache  gegeben  ist,  daß  man  im  IJesitze  nur  geringer  Substanzmeugen 
meist  keine  große  Garantie  für  ihre  Reinheit  leisten  kann.  Die  jedenfalls 
zu  Vorversuchen  geeignete  Methode  sei  hier  immerhin  beschrieben. 

Gärungsnachweis  im  hohlen  Obj  ektträger. '-J 

Die  Zuckerarten  werden  fein  pulverisiert,  so  daß  man  ohne  Schwierig- 
keit aus  dem  betreffenden  Gläschen  annähernd  gleich  große  Prisen  mit 
einem  etwas  breitgeklopften  Platindraht  entnehmen  kann.  Als  Gärgefäß 
dient  ein  hohler  Objektträger,  dessen  Höhlung  mit  einem  Deckgläschen 
bedeckt  wird ,  nachdem  vorher  ein  oder  zwei  Tropfen  steriles  Wasser  oder 
Hefewasser  mit  milchig  fein  verteilter  Hefe  zugegeben  und  mit  einer  kleineren 
Prise  der  betreffenden  Zuckerarten  vermischt  wird. 

Wichtig  ist,  daß  man  die  Flüssigkeit  so  abmißt,  daß  das  Deck- 
glas über  die  Flüssigkeit  geschoben  werden  kann,  ohne  daß  Luftblasen 
darunter  bleiben  oder  die  Flüssigkeit  zu  stark  unter  den  Kändern  des 
Deckgläschens  hervorquillt.  In  diesem  Falle  muß  man  den  Überschuß  mit 
sterilem  Filtrierpapier  absaugen,  sonst  würde  der  Vaselinring,  der  um 
das  Deckglas  gezogen  wird,  nicht  dicht  halten. 

Bei  25"  zeigt  sich  spätestens  am  nächsten  Morgen,  ob  Gärung  ein- 
getreten ist  oder  nicht.  In  letzterem  Falle  erscheint  das  Präparat  durchaus 
unverändert,  nur  daß  die  Hefe  als  gleichmäßiger  dichter  Schleier  die 
untere  Wand  der  Höhlung  bedeckt.  Um  sicher  zu  gehen,  empfiehlt  sich 
auch  ein  Anwärmen  über  der  Flamme.  Ist  auch  nur  eine  schwache  (lärung 
vorhanden  gewesen,  so  treten  zahlreiche  Kohlensäurebläscheu  auf.  Bei  leb- 
hafter Vergärung  ist  fast  die  ganze  Höhlung  von  einer  großen  Luftl)lase 
ausgefüllt,  unterhalb  der  die  Hefe  feuchtbreiig  daliegt.  Das  Vaselin  hat 
zum  Teil  bei  der  Hebung  des  Deckgläschens  nachgegeben  und  sich  unter 
dasselbe  gezogen.  Um  nachzuweisen,  daß  die  Luftblase  in  der  Hauptsache 
aus  Kohlensäure  besteht,  braucht  man  bloß  seitlich  ein  Paar  Tropfen  Lauge 
zufließen  zu  lassen,  worauf  die  Blase  bis  auf  einen  kleinen  Rest  zusammen- 
schrumpft. Am  besten  ist  es ,  sämtliche  zu  prüfende  Zuckerarten  erst  gegen 
ein  und  diesell)e  Hefe  zu  untersuchen,  weil  man  so  an  der  Größe  der 
Blasen  eine  Kontrolle  für  die  Gärungsintensität  besitzt.  P>ei  der  kurzen 
Versuchsdauer  braucht  auf  sterile  Handhabung  kein  Wert  gelegt  zu 
werden. 


')  Bezüglicli  des  Alkoholnachweises  und  der  quantitativen  Bestimmung  vgl. 
Bd.  VI.  S.  1. 

^)  Paul  Lindne?',  Mikroskopische  BctriobskontroUe  in  den  Gärungsgcwcrben. 
Berlin.  Paul  Parey.  1909. 


944 


Hans  Piiugslieim. 


Gest'hwindigkeitsmessung-  der  alkoholischen  Gärung. 

Häufig  ist  es  von  Wert,  die  Schnelligkeit  der  alkoholischen  Gärung 
bei  wechselnden  Bedingungen,  z.  B.  verschiedenen  Zuckerarten,  verschiedenen 
Konzentrationen  und  bei  anderen  Einflüssen,  wie  bei  verschiedener  Stick- 
stoff ernährung,  zu  verfolgen.  Hier  in  jedem  Falle  den  Alkoholgehalt  zu 
ermitteln  wäre  zu  umständlich.  In  einfacher  und  bei  größeren  Flüssigkeits- 
mengen durchaus  nicht  ungenauer  Weise  kann  das  durch  den  infolge  Kohlen- 
säureabgabe auftretenden  Gewichtsverlust  geschehen,  da  ja  auf  1  Teil 
Kohlensäure  1*04  Teile  Alkohol  gebildet  werden.  Man  verwendet  etwa 
250 cw3  Nährlösung  und  wägt  auf  einer  Wage,  die  noch  O'lg  genau  an- 
zeigt. ')  Die  Gärflaschen  werden  mit  einem  Gäraufsatz  (vgl.  Fig.  225)  ver- 
sehen, der  mit  einer  Mischung  von  5  Teilen  Wasser  und  7  Teilen  konzen- 
trierter Schwefelsäure   gefüllt   wird.    Diese  Mischung  hält  Wasser   in   ge- 


Fig.  225. 


Fig.  226. 


f^ 


Gäraufsatz. 


Einfacher  Gäraufsatz. 

nügender  Weise  zurück,  ohne  daß  siefaus  der 
Atmosphäre   bei   der  Versuchsanstellung  wäg- 
bare Wassermengen  anziehtn. 
Will   man  zahlreiche   Vergleichsversuche   anstellen    und    sind    einem 
die  Gäraufsätze   zu  teuer,    so  kann   man   sich  auch  durch  ein  Zweikugel- 
system folgender  Konstruktion  helfen,  das  pro  Stück  beim  Glasbläser  nur 
10  Pf.  kosten  darf  (Fig.  226). 

Genauere  Beobachtungen  kann  man  durch  Überführung  der  Kohlen- 
säure in  einen  mit  Quecksilber  gefüllten  Schif sehen  Azotometer  machen.  ~) 
Will  man  den  Gärverlauf  innerhalb  einer  kurzen  Periode,   also   un- 


')  Vgl.  //.  Pringshehn,  tTber  ilio  Stickstoffernährimg  der  Hefe.  Biochem.  Zeit- 
schrift. Bd.  3  (1907).  S.  161. 

")  Vgl.  hierzu  Ilarden,  Thonvpsen  und  Yomig,  Apparatus  for  the  collection  of 
gases  evolved  in  fermcntation.  Biochem.  Journ.  Bd.  5  (1910).  S.  230. 


Methodik  der  Stoffwechseluntersuchiing  bei  Mikroorganismen. 


045 


Fig.  227. 


abhiinj^ig'  von  der  Konzeiitrationsänderuni'-  des  Zuckers  l)cstiminon,  so  milit 
man  ihn  am  Druck  der  ausgeschiedenen  Kohlensäure. 

Für  diesen  Zweck  haben  Iivanof^)  und  Slator-)  besondere  Apparate 
beschrieben,  von  denen  einer  ^)  hier  wiedergegeben  sei. 

Apparat    zur    Verfolgung    des    Gärverlauf es    durch    Diiick- 

m  e  s  s  u  n  g. 

Er  besteht  aus  einem  konischen,  dickwandigen  Kolben  (vgl.  Fig.  227), 
dessen  Bodendurchmesser  IVb  cm  und  dessen  Höhe    12-b  ein,  beträgt.   Der 
obere  Teil  ist  in  eine  ebenfalls  dickwandige  Röhre  ausgezogen,   die    nach 
unten   abgebogen    mit    einer    rechtwinkeligen  Biegung  endet.    Auf  diesem 
Ende    wird    eine    dickwandige  Gummiröhre   mit    einer  geraden  Glasröhre 
aufgesetzt  und  durch  einen  Schrauben- 
([uetschhahn  mit  Vorrichtung  zum  Öffnen 
an  der  Kolbenröhre  befestigt.    Auf  die 
kurze  Seitenröhre  des  Kolbens  wird  ein 
durch  einen  Quetschhahn  verschiebbarer 
Gummischlauch  aufgesetzt.  Die  gärende 
Flüssigkeit    wird    nun   durch   einen  in 
diese   Piöhre   eingestellten   Trichter    in 
den  Kolben  eingegossen,  so  daß  sie  eine 
dünne   Schicht   auf   dem  Boden   bildet, 
wodurch  ein  leichter  und  gleichmäßiger 
Gasaustritt  aus  der  Flüssigkeit  bezweckt 
wird.  Danach  wird  die  Manometerröhre 
mit  Quecksilber  gefüllt,  die  Füllröhre  ver- 
schlossen und  der  Druck  nach  Schütteln 
mit   Hilfe   eines    auf   eine   Glasscheibe 
aufgetragenen  Maßstabes  an  der  Diffe- 
renz  der   Quecksilbersäulen    abgelesen. 
Nach   Beendigung   des    Versuches   läßt 
sich   die   ganze  Anordnung    leicht   auseinandernehmen   und   reinigen.    Bei 
genauen   Messungen   ist   es   nötig,    das  Volumen   auf   das  anfängliche  zu 
reduzieren;   hierzu   bringt  man  durch  Heben  eventuell  Senken  der  beweg- 
lichen Iiöhre    das    Quecksilber   in   der    unbeweglichen  Standröhre   zur  an- 
fänglichen Höhe. 

Die  Empfindlichkeit  dieses  Apparates  wird  durch  seinen  Hauminhalt 
bestimmt  und  kann  daher  in  weiten  (irenzen  variiert  werden.  Bei  einem 
Inhalt  von  380 — o90  cm^,  der  den  angegebenen  Maßen  entspricht,  muß  die 


/        '  ':^^ 


a 


Apparat  zur  Verfolgung  des  Gärverlaufes 
durch  Druckinessung. 


Ausscheiduns:  von  1  cm^  Gas  eine  Druckerhöhung  auf 


760 
380 


Atmosphären, 


')  Leonid  Iicaiiof,  Ein  neuer  Apparat  für  Gilrungsver.suclie.  Zentralbl.  f.  Bakt. 
II.  Abt.  Bd.  24  (1909).  S.  429. 

'-)  A.  Slator,  Stiulies  in  fermentation.  Part  1.  The  rheniical  dyiiainics  of  alcoholic 
fermentation  by  yeast.  Journ.  of  the  Chem.  See.  Vol.  89  (lÜUü).  p.  128. 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  60 


Q^ß  Hans  Priugshcim. 

d  h =  2  mm  der  Quecksilbersäule  hervorrufen.    Da   der  Rauminhalt 

760 

verschiedener  Kolben  nur  um  5 — 10  cm,^  abweichen  konnte,  so  betrug  die 
Differenz  der  Manoraeterablesungen  während  eines  Versuches  bei  gleicher 
Druckzunahme  nicht  mehr  als  0"ö — 1  mm  bei  einem  Überdruck  von  30  bis 
40  )»m. 

IJei  einer  solchen  Empfindlichkeit  des  Apparates  müßte  man  natür- 
lich eine  Korrektion  auf  Temperatur  und  Druck  in  Kechnung  ziehen,  wenn 
man  die  absoluten  Gasmengen  zu  bestimmen  hätte,  was  am  bequemsten 
durch  Beobachtung  eines  Kontrollmanometers  mit  einer  entsprechenden 
Lösungsmenge  erzielt  werden  könnte.  Die  Hauptbedeutung  des  Apparates 
besteht  aber  nicht  in  der  Bestimmung  absoluter,  sondern  relativer  Mengen 
ausgeschiedener  Gase.  Bezüglich  der  Selbstregistrierung  an  dem  Apparate 
vgl.  man  das  Oriuinal. 


'ö' 


Das  Ferment  der  alkoholischen  Gärung. 

Die  fermentative  alkoholische  Gärung  durch  Hefepreßsaft  oder  Dauer- 
hefepräparate kann  natürlich  auf  ganz  dieselbe  Weise  verfolgt  werden,  wie 
eben  angegeben  Avurde.  Eine  Abtrennung  des  Fermentes  von  Schimmel- 
pilzen ist  bisher  noch  nicht  oder  jedenfalls  sehr  unvollkommen  ge- 
lungen. ') 

Die  Darstellung  des  Hefepreßsaftes  und  der  Azetondauerhefe  wurde 
schon  im  Bd.  H,  S.  195  beschrieben.  Eine  Abbildung  der  hierzu  nötigen 
hydraulischen  Presse  findet  sich  inBd.I.  S.  113.  Fig.  228.  Auch  die  Funk- 
tion der  Phosphate  bei  der  alkoholischen  Gärung-),  die  jetzt  solches 
Interesse   erregt,   kann   mit  den  geschilderten  Methoden  verfolgt  werden. 

Durch  Dialyse  kann  der  Preßsaft  in  einen  fermenthaltigen  Nieder- 
schlag und  ein  kochlieständiges  Koferment  getrennt  Merden,  ohne  deren 
Zusammenwirken  keine  alkoholische  Gärung  zustande  kommt.  Harden  und 
Yonng  3)  l)enutzten  für  diese  Trennung  eine  Chamherlandsche  Filterkerze, 
in  der  ein  Gelatinefilm  niedergeschlagen  worden  war.  Der  Apparat,  mit 
Hilfe  dessen  sie  den  Saft  durch  die  Kerze  preßten,  ist  im  Hordenschen 
Buche  S.  54/55  abgebildet.  Buchner  und  Antoni  *)  dialysierten  100  cm^ 
Preßsaft  während  25  Stunden  bei  0"  gegen  VdOO  cm^  destilliertes  Wasser. 
Dann  dampften  sie  das  Dialysat  bei  40—50"  auf  20  cw»  ein.  Diese  ent- 
hielten dann  das  Koferment. 

Als  Nebenprodukte  der  alkohohschen  Gärung  kommen  Glyzerin, 
höhere  Alkohole  und  Bernsteinsäure  in  Betracht.  Die  Glyzerinbestimmung 
kann  nach  der  Methode  von  Zeisel-Fanto   (vgl.  Bd.  II,  S.  216)    ausgeführt 


*)  Vgl.  H.  Fringsheim  und   G.  Zemplen,  a.  a.  0. 
=*)  Vgl.  Harden,  a.  a.  0.  S.  38. 

')  Harden  und  Young,  The  alcoholic  fermeut  of  j-east-juice.  Journ.  of  Phvsiology. 
32.  1904/05.  Proc.  Roy.  Soc.  B.  Vol.  77  (1906).  S.  405. 

*)  E.  Buclmer  und  Antoni,  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  46  (1905).  S.  136. 


Methodik  der  Stoffwechseliiiitorsiiclitmg  bei  Mikroorganismen.  947 

■werden.  So  yeriahren  Siueh  Bitchner  und  Meisenheimer,  15er.  43  (1910 1.  177;). 
Die  anderen  Nebenprodukte  sind  beim  Eiweißstoffwechscl  /u  licliandcln.  da 
sie  aus  stickstoffhaltigen  Abbauprodukton  des  Eiweißes  licrvorgehen. 

Darstellung-  des  aktiven  llefensaftes  duicli   Mazeration.') 

Neuestens  hat  v.  Lchcdew  eine  Methode  zui-  l)arstelliing  eines  aktiven 
Saftes  aus  Hefe  angegeben,  die  es  gestattet,  die  Zyuiase  ohne  An\ven(hing 
einer  hydraulischen  Presse  und  nach  den  Angaben  des  Verfassei's  in  viel  aktiverer 
Form  als  der  5^<cÄnersche  Preßsaft  zu  gewinnen.  Der  Saft  hat  den  weiteren 
Vorteil,  daß  er  glykogenlrei  ist  und  somit  keine  Selbstgärung  zeigt,  daß 
sich  seine  Ausbeuten  vorausberechnen  lassen  und  daß  bei  fortwälirender 
Anwendung  derselben  trockenen  Hefe  auch  die  Gärkraft  des  Saftes  voraus- 
bekannt ist.    Zu  seiner  Darstellung   wird    folgendes  A'erfahren  angegeben: 

Das  Waschen  und  Pressen  der  Hefe.  Man  gießt  einen  Eimer 
frischer  Brauereihefe  in  einen  Behälter  von  mindestens  50  l  Inhalt,  stellt 
ihn  unter  den  Hahn  einer  Wasserleitung  und  läßt  das  Wasser  langsam 
darüber  laufen.  Von  Zeit  zu  Zeit  rührt  man  die  Hefe  mit  einem  Stabe  um. 
So  wäscht  man,  bis  das  Wasser  klar  und  fast  ungefärl)t  wird  und  läßt 
darauf  die  Hefe  gut  absetzen.  Wenn  man  an  demselben  Tage  keine  Zeit 
mehr  hat,  um  sie  abzupressen,  so  darf  man  sie  für  eiiu'  Nacht  im  Wasser 
liegen  lassen.  Oft  wird  sie  dadurch  noch  wirksamer,  man  nuiß  nur  im  Winter 
das  Wasser  aus  der  Leitung  laufen  lassen,  wenn  der  Ilaum  geheizt  wird. 
Im  Sommer  ist  es  ratsamer,  ein  großes  Stück  Eis  in  den  Behälter  zu  tun. 

Wenn  nun  die  Hefe  gut  abgesetzt  ist,  dekantiert  man  das  oben- 
stehende Wasser,  nimmt  eine  große  Eisen-,  Porzellan-  oder  Tonschale, 
legt  ein  5  mw-Sieb  darauf,  bedeckt  es  mit  einem  dünnen  Filtriertuch  und 
gießt  die  Hefe  darauf.  Nach  dem  Abtropfen  nimmt  man  die  vier  Enden 
des  Tuches  zusammen,  bindet  das  Ganze  mit  einer  Schnur  fest  zu,  um- 
wickelt es  mit  einem  Preßtuch  und  preßt  mit  einer  gewöhnlichen  Hand- 
presse, bis  die  Masse  so  trocken  wird,  daß  man  sie  durch  ein  ">  »?>//-Sieb 
leicht  durchsieben  kann.  Wenn  man  keine  Presse  hat,  so  kann  man  die 
umwickelte  Hefe  auf  das  Brett  legen  und  mit  einem  Gewicht  beschweren, 
um  sie  auf  diese  Weise  abzupressen. 

Das  Trocknen  der  Hefe.  Die  durchgesiebte  Hefe  breitet  man  auf 
einem  auf  einem  Brett  liegenden  Filtrierpapier  in  dünner  Schicht  (1— 1  Vs^'«) 
aus  und  läßt  sie  dann  im  Trockenschrank  oder  Thermostaten  bei  2.')— 30° 
austrocknen,  wozu  2  Tage  nötig  sind.  Wenn  die  Teini)eratur  höher  ist. 
z.  B.  35",  so  wird  dadurch  oft  die  Wirksamkeit  der  Hefe  etwas  vermindert, 
doch  nicht  immer. 

Wenn  man  sich  auch  diese  Mühe  (Waschen.  Pressen  und  Trocknen 
der  Hefe)  ersparen  will,  so  kann  man  die  schon  trockene  Hefe  von  Seh  liider. 
München,  Land\whrstraße  45,  beziehen. 


^)  A.  V.  Lebedcw,  Darstellung  des  aktiven  Hefensaftes  durch  Mazeration.  Zeitsohr. 
f.  physiol.  Chem.  Bd.  73  (1911).  S.  447. 


g^g  Haus  Pringsheim. 

Darstellung  des  Hel'esaftes.  Man  nimmt  50^  Hefe,  fügt  IbO  </ 
Wasser  hinzu,  rührt  die  blasse  in  einer  kleinen,  zirka  500  crn^  fassenden 
Porzellan-  oder  Glasschale  mit  einem  Glasstab  um ,  bis  dieselbe  homogen 
wird  und  UiiU  sie  daun  für  2  Stunden  im  Thermostaten  bei  35»  oder 
6  Stunden  l)ei  25''  stehen.  Dann  filtriert  man  die  Masse  durch  ein  ge- 
wöhnliches Papierfaltenfilter.  Das  Filtrat  ist  klar  und  tritt  nach  Zusatz 
des  Zuckers  gleich  oder  nach  kurzer  Zeit  in  lebhafte  ( Järung.  Im  Sommer 
ist  es  ratsam,  das  Filtrat  bei  dem  Filtrieren,  besonders  wenn  man  mög- 
lichst viel  abfiltrieren  will,  mit  Eis  zu  kühlen.  Man  bekommt  in  den  ersten 
15—20  Minuten  25—30  cm^,  in  12  Stunden  aber  70—80  cm'^  Saft. 

II.  Milchsäuregärung. 

Weit  komphzierter  als  die  alkoholische  Gärung  verläuft  die  Milch- 
säuregärung der  Zucker.  Es  gibt  zwar  auch  Bakterien,  die  das  Zucker- 
molekül in  zwei  Moleküle  Milchsäure  zerlegen:  meist  aber  entstehen  neben- 
bei Alkohol,  Essig-  und  Bernsteinsäure,  Glyzerin  und  Kohlensäure.  Die 
Bildung  und  Menge  dieser  Produkte  wird  nun  nicht  nur  von  den  ver- 
schiedenen Erregern  der  Milchsäuregärung,  eventuell  auch  ihren  Varietäten, 
sondern  auch  durch  die  Gabe  verschiedener  Zucker,  durch  den  Grad  des 
Luftzutritts  und  durch  die  Stickstoffnahrung  verschieden   beeinflulöt.  i) 

Der  Konzentrationsgrad  der  erzielten  ^Milchsäure  erreicht  meist  nicht 
P/o-  Günstig  beeinflußt  wird  die  Milchsäurebildung  durch  die  Stickstoff- 
ernährung mit  Eiweiß  und  Pepton.  Ein  geeigneter  Nährl)oden  zur  Züch- 
tung von  Milchsäurebakterien  ist  wie  folgt  zusammengesetzt 2): 

100^  Molke, 
0-5  g  Na  Gl, 
1  <7  Pepton, 
10  g  Gelatine. 
Bezüglich  der  Bestimmung  der  Milchsäure  und  der  anderen  Produkte 
kann  auf  das  im  Bd.  II,  S.  1  und  folgendes  Gesagte  verwiesen  werden. 

Von  besonderem  Interesse  ist,  daß  nicht  nur  wie  gewöhnlich  die 
rechtsdrehende  Komponente  der  Äthvlidenmilchsäure,  sondern  bisweilen 
auch  razemische,  in  seltenen  Fällen,  durch  den  Bac.  acidi  laevolactici.  auch 
Linksmilchsäure  gebildet  wird. 

Die  sterische  Form  der  gebildeten  ^Milchsäure  hängt  nicht  von  der  Kon- 
figuration des  Substrates,  sondern  nur  von  der  Natur  der  Fermente  und  der 
von  ihnen  (und  anderen  Faktoren)  erteilten  Reaktionsbeschleunigung  ab, 
die  ein  bei  der  Umwandlung  sich  bildendes,  höchstwahrscheinlich  inaktives 
oder  razemisches  Zwischenprodukt  erleidet.  3) 


^)  Vgl.  hierzu  H.  Weigmanti  in  Lafars  Handbuch  der  technischen  Mykologie. 
Bd.  n.  Erster  und  zweiter  Abschnitt.  G.Fischer.  Jena  1905,08  und  M\  Kruse,  Allge- 
meine Mikrobiologie.  S.  283. 

-)  E.  Küster,  Anleitung  zur  Kultur  der  Mikroorganismen.  S.  170. 

^)  Herzog  und  Uürth,  Zur  Stereochemie  der  Milchsäuregärung.  Zeitschr.  f.  phys. 
Chem.  Bd.  60  (1909).  S.  131. 


Methodik  der  Stoffwecbseluutersuchuiig  bei  Mikrocuganismen. 


941» 


Bezüglich  der  Ermittlung   der  Art  der  Milchsäure   vgl.  Hd.  II,  8.  29. 

Die  ^lilchsäurekonzentration    kann    auch  Aufschlüsse  über  das  Alter 

der  Milch   und  gewisse  Milchkrankheiten  geben.  Für  diesen  Zweck  genügt 

die  Titration  von  50  cm»  Milch  mit   ,  n-Natronlauü:e    und 


Phenolphtalein  als  Indikator. i)  Noch  einfacher  gehnnt  die 
Bestimmung  mit  Hilt'e  des  Schaßer^chon  Azidimeters  für 
Milch  (vgl.  Fig.  228).  Bis  zur  Marke  a  wird  Phenolphtalein 
und  hierauf  bis  zum  Teilstrich  o  von  der  zu  untersuchen- 
den Milch  eingefüllt;  nun  gielU  man  2 — 2'5  cm^—  n-NaOH 

4- 

hinzu,  mischt  und  fügt  weiter  Natronlauge  hinzu,  bis  die 
Rotfärbung  bestehen  bleibt.  Auf  dem  Teilstrich,  bis  zu 
welchem  die  ^lischung  im  aufrecht  gehaltenen  Apparat 
reicht,  kann  der  Säuregrad  der  ^lilch  direkt  abgelesen 
werden.  Um  Schaumbildung  zu  vermeiden,  wird  nicht 
geschüttelt,  sondern  nur  1 — 2mal  umgewendet  und  so 
gemischt.  Bleibt  die  Mischung  beim  Zusatz  von  4  cm^ 
Lauge  rot,  so  kann  die  Milch  als  genügend  frisch  und 
rein  betrachtet  werden.  2) 


I''ig.  228. 


50  cc. 


III.  Buttersäuregärung. 


3i 


Schnfferschi^a  Azidi- 
meter. 


Ähnlich  kompliziert  wie  bei  der  Milchsäure-  liegen 
die  Verhältnisse  bei  der  Buttersäuregärung  der  Kohlen- 
hydrate. Es  ist  das  eine  Gärung,  bei  der  normale  Buttersäure  als  Haupt- 
produkt, nebenbei  aber  in  einem  nach  den  \'ersuclis-  und  Ernährungs- 
bedingungen sehr  verschiedenen  ^laCie  andere  Säuren,  wie  Ameisen-. 
Propion-,  Essig-  und  Valeriansäure,  dazu  Milchsäure  und  wechselnde  Mengen 
von  Alkoholen  entstehen.  Als  Gärgase  treten  Wasserstoff  und  Kohlensäure 
auf.  Über  die  Bestimmung  dieser  Produkte  ist  neues  nicht  hinzuzufügen. 
(Vgl.  Bd.  2,  S.  1.) 

Es  gibt  anaerobe  und  aerobe  Buttersäurebakterien,  zwischen  die  sich 
sicher  noch  Arten  von  schwachem  Sauerstoffbedürfnis  einschieben.  Wichtig 
ist,  daß  auch  die  anaeroben  Formen  durch  geringe  Sauerstoffsi)annungen 
im  Wachstum  gefördert  werden*),  eine  Erscheinung,  welche  auf  die  Tat- 
sache zurückzuführen  ist,  daß  den  Bakterien  die  Ausnutzung  des  Energie- 
materials in  Gegenwart  von  Sauerstoff  besser  gelingt.  ^)  Von  diesem  \'er- 


V)  Vgl.  E.  V.  Freudenreich,  Die  Bakteriologie  in  der  Milchwirtschaft.  fi.lMscher. 
Jena  190(5.  S.  96. 

2)  Das  Azidimeter  für  Milch  ist  bei  Büchi,  Optiker  in  Bern,  erhältlich. 

')  Vgl.  Weigmaun  in  Lcifarx  Handb.  d.  teclin.  Mykologie.  Bd.  2.  S.  109. 

••)  Biirri  und  Knrstcincr,  Ein  experimenteller  Beitrag  znr  Kenntnis  der  Bedeutung 
des  Sauerstoffs  für  "die  Entwicklung  ul)liirat-anaerober  Bakterien.  Zentralbl.  f.  Hakt. 
II.  Abt.  Bd.  21  (1908).  S.  289.  • 

*)  //.  Pringshcim,  t)ber  das  Sauerstoffbedürfnis  anaerober  Bakterien.  Zentralld.  f. 
Bakt.  II.  Abt.  Bd."  21.  (1908).  673. 


QqO  Hans  Pringsheim. 

halten  kann  man  sich  dadurch  überzeugen,  daß  die  Gasabgabe  (H  und  CO., ) 
einer  gärenden  anaeroben  Buttersäurekultur  bald  anhält,  wenn  man  das 
Glasgefälj  unter  Wasser  ableitet,  und  daß  die  Gärung  bald  wieder  einsetzt, 
wenn  man  Luft  hinzutreten  läßt.  Sehr  auffallend  tritt  diese  Erscheinung 
auch  bei  der  Methangärung  der  Zellulose,  ebenfalls  einer  Buttersäuregärung, 
auf.  wie  ich  mich  neuerdings  überzeugt  habe. 

Eine  Buttersäuregärung  kann  man  sehr  einfach  dadurch  einleiten, 
daß  man  einen  Kartoffelkeil,  der  mit  Wasser  überschichtet  ist,  im  Beagenz- 
glas  10  Minuten  auf  ^O'*  erwärmt  und  bei  37"  inkubiert.  Man  erhält  so 
eine  vorgereinigte  Kultur  des  beweglichen  Buttersäurebakteriums,  welches 
verschiedene  Zucker  unter  Abgabe  von  AVasserstoff  und  Kohlensäure  und 
Bildung  von  Essigsäure  viel  Buttersäure  und  Milchsäure  vergärt.  ^)  Über 
die  Bindung  des  Luftstickstoffes  durch  diese  Bakterien  vgl.  unter  Stick- 
stoffassimilation. 

IV.  Oxal-  und  Zitronensäuregärung. 

Diese  beiden  Gärungen  der  Zuckerarten  verlaufen  so,  daß  die  sie 
auslösenden  Schimmelpilze  (für  erstere  Aspergillaceen,  hauptsächlich  Asp. 
niger.  für  letztere  bestimmte  Citromycesarten,  Citr.  Pfefferianus  und  Citr. 
glaber)  die  zuerst  gebildeten  Säuren  später  wieder  aufzehren.  Andere  Sub- 
stanzen als  Zucker  vermögen  die  Bildung  freier  Säure  nicht  zu  bewirken. 
Durch  Zusatz  säureabstumpfender  Salze,  Ca  CO3,  wird  die  Bildung  größerer 
Säuremengen  ermöghcht.  Auch  die  Temperatur  hat  einen  Einfluß  auf  diese 
Oxydationsgärungen.  Bei  37"  bleibt  die  Anhäufung  freier  Oxalsäure  durch 
Asp.  niger  aus.  da  der  Pilz  sie  bei  dieser  Temperatur  zerstört.  Über 
andere  kulturelle  Einflüsse  vgl.  -) 

Methodisch  ist  hier  nichts  besonderes  bemerkenswert.  Die  Oxalsäure 
kann  man  Avie  im  IL  Bd.,  S.  41  angegeben,  bestimmen.  Wehmer^)  be- 
stimmte die  Zitronensäure,  indem  er  den  festen  aus  Ca  CO3  und  zitronen- 
sauren Kalk  bestehenden  Niederschlag  in  Salzsäure  löste,  die  Flüssigkeit 
mit  Ammoniak  versetzte  und  aufkochte,  wobei  nur  das  Kalziumzitrat 
ausfällt,  das  man  bei  110°  trocknet.  So  läßt  sich  die  Ausbeute  fast  quanti- 
tativ feststellen. 

Auf  die  Glukonsäure-,  Glukuronsäure  und  Zuckersäuregärung  der 
Kohlenhydrate  kann  hier  nicht  eingegangen  werden.  Literatur  bei  Kruse, 
S.  386. 

V.  Mannitgärung. 

Die  Reduktion  von  Zucker  wird  durch  den  Bac.  manniticus  bewirkt, 
der    aus    Fruktose    reichhche  Mengen   Mannit  bildet,    bei  der  Vergärung 


')  n.  I'rinf/shcim,  Ül)cr  den  Ursprung  des  Fuselöls  und  eine  Alkohole  bildende 
Bakterienform.  Ebenda  Bd.  15  (1905).  S.  300. 

-)  C.  Wehmer,  Lafars  Handb.  der  techn.  Mykologie.  Bd.  4.  §  52,  Säuregärungen, 
S.  242. 


Methodik  der  Stoff wechseliiutersiichung  bei  Mikroor},'auismeü.  951 

andcrpr  Kohlenhydrate  aber  .Mih-hsänre,  Essi'isäure,  Kolilciisiiiirc  und  Al- 
kohol l)ildet.  Der  Eintluli  der  Konfiguration  tritt  hier  deutlich  /.nm  Vor- 
schein, denn  weder  aus  d-Glukose,  d-Mannose,  noch  aus  d-Sorl)Ose  wird 
durch  das  Bakterium  der  entsprechende  Alkohol  gel)ildet.  i)  Der  liac.  wurde 
aus  algerischem  mannithaltigen  Weinen  isoliert. 

Nachweis  des  Mannits.  Man  läßt  2 — 3  an^  solcher  Weine  in 
einem  Uhrglas  bei  Zimmertemperatur  verdunsten.  Der  Mannit  scheidet  sich 
dann  in  24  Stunden  in  seidengliinzenden,  feinen,  konzentri.sch  geordneten 
Nadehi  ab.  Dieses  Verfahren  gelingt  auch,  wenn  weniger  als  1  y  Mannit 
im  Liter  vorhanden  ist. 

Bestimmung  des  Mannits.  50  cin^  der  zu  untersuchenden  l"liissig- 
keit  werden  im  Wasserbade  zur  dickflüssigen  Konsistenz  eingeengt, 
2 — o  Tage  zur  Kristallisation  an  einem  kühlen  Orte  hingestellt  und  der 
Rest  mit  2g  feinem,  geghlhtem  Sande  gemischt,  mit  einem  Achatpistill 
unter  allmählichem  Zusatz  von  100  cm^  Alkohol  bei  85°,  der  bei  derselben 
Temperatur  mit  Mannit  gesättig  war,  verrieben.  Dann  wird  filtriert 
2  Stunden  abtropfen  gelassen,  das  P'ilter  mit  seinem  Inhalt  1  Stunde  lang 
in  100  cin^  Alkohol  von  .sö»  im  Dampfbade  gehalten,  nach  dem  Abkühlen 
*/r,  des  Alkohols  abdestilliert,  etwas  Tierkohle  zum  lUickstand  gesetzt, 
filtriert,  die  Tierkohle  zweimal  mit  50  cm^  Alkohol  von  85V()  gewaschen  und 
bei  60"  verdunstet.  Der  llückstand  wird  als  Mannit  gewogen.  Die  .Methode 
gibt  sichere  Resultate,  wenn  man  vorher  den  Zucker  herausgären  läßt. 

Eiweißstoffwechsel. 

A.  Eiweißaufbau, 

Bekanntlich  fordern  verschiedene  Mikroorganismen  als  Stickstoff- 
quellen sehr  verschiedene  Substanzen.  Vom  elementaren  Stickstoff,  dessen 
Assimilation  wir  im  Gaswechsel  berücksichtigen  werden,  bis  herauf  zum 
kompliziert  zusammengesetzten  Eiweiß,  ja  den  Eiweißsnbstraten  spezieller 
Lebewesen,  werden  die  Zwischenstufen  als  Stickstoffnahrung  von  ver- 
schiedenen Arten  niederer  Organismen  in  spezieller  Weise  gefordert. 
Ja  selbst  synthetische  stickstoffhaltige  Substanzen,  die  in  keiner  Beziehung 
zum  Eiweiß  stehen,  können  bisweilen  als  Nährsubstrate  zur  Eiweißbildung 
dienen.  Die  Anforderungen,  die  die  einzelnen  Mikroorganismen  an  die 
Stickstoffnahrung  stellen,  können  hier  natürlich  nicht  im  einzelnen  auf- 
gezählt werden.  Zahlreiche  Bakterienarten,  die  liefen  und  Schimmelpilze 
können  schon  mit  Ammoniumsalzen  auskommen,  bisweilen  können  diese 
auch  durch  Nitrate  und  bei  N'ermeidung  einer  Säurung  auch  durch  Nitrite 
ersetzt    werden.    Im  allgemeinen    herrscht    die    Regel,    daß    Aminosäuren 


*)  (iai/oH  und  Diihoitry ,  Sur  les  vias  maniiitüs.  Aniuiles  de  rinstitut  rastour. 
T.  VIII  (1894),  S.  108.  Nouvelles  recherches  sur  le  fermeiit  manuitiiiue.  Ebenda  T.  XV 
(1901),  S.  527. 


Qq9  Hans  Pringsheim. 

bessere  Stickstoffquellen  sind  und  daß  sie  auch  anders  konstituierte  or- 
ganische Substanzen  an  Nährwert  übertreffen,  i)  Doch  gibt  es  von  dieser 
Eegel  auch  Ausnahmen.  2)  Daß  auch  synthetische  Polypeptide  als  Stickstoff- 
quelle für  Mikroorganismen  dienen  können,  scheint  nur  natürlich.  ^)  Die  Frage, 
ob  in  all  diesen  Fällen,  wie  auch  bei  der  Ernährung  mit  Pepton  und  hoch- 
molekularem Eiweiß  zuerst  eine  Abspaltung  von  Ammoniak  erfolgen  muß, 
zu  dem  auch  nach  der  Anschauung  einiger  Forscher  die  Nitrate  und  Ni- 
trite immer  erst  reduziert  werden,  ehe  der  Eiweißaufbau  einsetzt,  ist  noch 
unentschieden.  Manches  spricht  dafür  und  vieles  dagegen.  *)  Aspergillus 
niger  baut  sein  Eiweiß  in  derselben  Weise  auf,  ob  ihm  Kaliumnitrat  oder 
GlykokoU  oder  Glutaminsäure  als  ausschließliche  Stickstoff(iuelle  gel)oten 
werden.^)  Die  Hefe^)  und  einige  Schimmelpilze^)  können  ihr  Gärferment 
auch  in  Gegenwart  von  Zucker  nur  ausbilden,  wenn  ihnen  Aminosäuren 
oder  andere  die  Aminosäurerestgruppe  enthaltende  Stickstoffquellen  ge- 
boten werden.  Auf  anderen  Stickstoffnährmedien  erhält  man  nicht  gär- 
fähige Pilze. 

Methodisches. 

Bestimmung  der  Ernte. 

Die  Eignung  einer  Stickstoff  quelle ,  wie  natürlich  auch  die  irgend 
einer  anderen  Nährsubstanz,  kann  man  bei  Schimmelpilzen  und  Hefen, 
überhaupt  bei  gut  filtrierbaren  Mikroorganismen,  auf  gewogenem  Filter 
nach  vorsichtigem  Trocknen  an  der  Pilzernte  bestimmen.  Naturgemäß 
spielt  hierbei  aber  die  Kohlenstoffernährung,  ob  Zucker  oder  andere 
Kohlen  Stoff  quellen,  eine  große  Rolle.  Dazu  kommt,  daß  während  des  Wachs- 
tums nicht  nur  eine  Stoffaufnahme,  sondern  auch  eine  Dissimilation  des 
Eiweiß  erfolgt,  über  deren  Verlauf  man  sich,  wie  im  folgenden  gezeigt 
werden  wird,  informieren  kann.  Die  Erntebestimmung  ist  also  nur  ein  sehr 
ungenauer  Wegweiser  für  die  Stärke  der  Umsetzung,  Auch  spielt  die  Form 
des  Kulturgefäßes  eine  große  Rolle,  da  hiervon  die  Refriedigung  des  Sauer- 


*)  F.  Czapek,  Untersuchungen  über  die  Stickstoffgewinnung  und  Eiweißbilduug  der 
Schimmelpilze.  Beitr.  z.  ehem.  Physiol.  u.  Pathol.  1,  538.  2,  557.  3,  47.  1902/03. 

'^)  H.  Pringsheim,  Der  Einfluß  der  chemischen  Konstitution  der  Stickstoffnahrung 
auf  die  Gärfähigkeit  und  die  Wachstumsenergie  verschiedener  Pilze.  II.  Biochem.  Zeitschr. 
Bd.  8  (1908).  S.  119. 

^)  E.  Abderhalden  und  Y.  Teruuchi,  Kulturversuche  mit  Aspergillus  niger  auf 
einigen  Aminosäuren  und  Peptiden.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  47  (1906).  S.  394; 
—  E.  Abderhalden  imd  II.  Pringsheim,  Studien  über  die  Spezifizität  der  peptolytischen 
Fermente  bei  verschiedenen  Pilzen.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  59  (1909).  S.  249. 

*)  Vgl.  H.  Pringsheim,  Über  Pilzdesamidase.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  12  (1908).  S.  18. 

'")  Ahderhalden  und  liona,  Die  Zusammensetzung  des  „Eiweiß"  von  Aspergillus 
niger  bei  verschiedener  Stickstoffquelle.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  46(1905).  S.  179. 

*)  U.  Pringsheim,  Über  die  Stickstoffernährung  der  Hefe.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  3. 
(1907).  S.  121. 

')  //.  Pringsheim,  1.  c.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  8  (1908).  S.  119. 


Methodik  der  Stoffwechseluntersuchung  bei  Mikroorganismen.  953 

Stoffbedürfnisses  a!)hängt.  Man  muß  also  weni^'stens  für  Ver^lcichsversiiche 
Kultiirgefäße  derselben  Form  und  derselben  l'iefenfülliinfi'  benutzen. 

Bei  Erntebestimmungen  darf  man  liöehsteiis  bei  00  SO"  ti'ocknen: 
dann  muß  man  z^Yei  Tage  im  Exsikkator  stehen  lassen  und  im  Wäge- 
glase wägen.  Die  Filter  sind  gleichfalls  im  Exsikkatoi-  zu  trocknen.  Die 
getrocknete  Pilzsubstanz  ist  stark  hygroskopisch.  Vm  Verwechslungen 
vorzubeugen,  l)ezeiclmet  man  die  getrockneten  Filter  mit  I»]eistift- 
nummern. 

Ein  besseres  Kriterium  für  die  Wachstumenergie  eines  IMlzes  bei  be- 
stimmter Ernährung  ist  die  Feststellung  der  ^'erm(dlrunL!•sgröl)e  bezüglich 
der  Zahl.  Doch  kommt  diese  Methode  eigentlich  nur  für  Hefe  in  lictracht. 
Die  Hefezahl  wird  ähnlich  wie  die  der  l)lutkörperchen  in  einer  Zählkammer 
auf  folgende  Weise  festgestellt. 

Der  Hefezählapparat. 

Der  Apparat  ist  genau  so  konstruiert,  wie  der  zur  Blutkörperchen- 
zählung (Abb.  in  Bd.  H.  S.  714,  Fig.  243).  Die  zu  untersuchende  Kultur 
wird  zuerst  kräftig  geschüttelt,  um  die  Hefezellen  gut  zu  verteilen.  Dann 
wird  eine  gemessene  Probe  entnommen  und  je  nach  Bedürfnis,  bei  kräf- 
tigem Wachstum  z.  B.  in  Maische,  auf  das  lOfache  mit  verdünnter  Schwefel- 
säure verdünnt.  Nach  erneutem  kräftigem  Schütteln  haben  sich  dann  die 
Hefezellen  von  einander  gelöst.  Dann  bringt  man  mit  Hilfe  einer  großen 
riatinöse  so  viel  Flüssigkeit  auf  das  Tischchen  B.  daß  nach  Aufschieben 
des  Deckglases  keine  Luftblasen  in  dem  Raum  z\\ischen  diesen  beiden  vor- 
handen sind.  Nach  einiger  Zeit  haben  sich  die  Hefezellen  abgesetzt  und 
man  nimmt  die  Zählung  bei  SOOfacher  Vergrößerung  vor.  Man  führt  die 
Zählung  nicht  an  einzelnen  Quadraten,  sondern  an  Reihen  nebeneinander- 
liegender aus,  und  zwar  wählt  man  am  besten  diejenigen,  welche  von  einer 
Mittellinie  durchschnitten  sind,  und  die  sich  so  dem  Auge  am  besten 
markieren.  Liegen  Zellen  auf  den  Grenzlinien,  so  zählt  man  die  auf  zwei 
Seiten  mit  und  läßt  die  auf  den  beiden  anderen  Seiten  unberücksichtigt. 
Man  stellt  sich  mehrere  Präparate  her  und  fährt  damit  so  lange  fort,  l)is 
die  mittlere  Zahl  der  in  5  Quadraten  liegenden  Hefezellen  sich  nicht  mehr 
erheblich  ändert.  Jedes  Quadrat  der  Teilung  bildet  die  Gnmdfläche  von 
0-002;')  www-  eines  Prisma,  dessen  Höhe  0-2  mm  und  dessen  Rauminhalt 
demnach  O'OOOö  mtn^  beträgt.  Dieses  ist  die  Volumeneinheit  des  Hefezähl- 
apparates. War  z.  B.  die  gefundene  Durchschnittszahl  für  ö  (,>uadrate 
20  Hefezellen  bei  lOfacher  Verdünnung,  so  ist  die  auf  die  \olumeueinheit 

berechnete  Zahl    ==  ^-^ —  =  40    Hefezellen.    Das    heilU    in    1  rm^    wären 

o 

8  000000  Hefezellen  vorhanden  gewesen.  M 


•)  P.  Lindner,  Mikroskopische  BotriebskontroUe  in  den  Gärungsgewerben.  Berlin. 
P.  Parey.  1895.  S.  54. 


954  Hans  Pringsheim. 

Xeuestens  hat  Amann  i)  eine  Methode  zur  direkten  Bakterienzählung 
im  Ultramikroskop  angegeben,  die  ganz  dem  Hefezähhmgsverfahren  ent- 
spricht. 

Verfolgung    des    Stickstoff  verbrauches    und    des    S  tickstoffaus- 

trittes. 

"Wie  schon  erwähnt  und  im  Folgenden  noch  begründet  werden  wird, 
findet  bei  der  Gärung  der  Hefe  ein  Austritt  von  Stickstoff  aus  der  Zelle 
statt.  Diese  Erscheinung  wird  wohl  eine  allgemeine  sein,  die  mit  dem 
Wachstum  und  der  Lebenstätigkeit  der  Mikroorganismen  in  stickstoff- 
haltigen Nährlösungen  Hand  in  Hand  gehen  muß.  Ebenso  wie  bei  höheren 
Lebewesen  ist  also  auch  hier  das  Leben  an  einen  Stickstoffumsatz  ge- 
bunden. Diese  allgemein  interessante  Frage  verdient  eine  weitere  Bear- 
beitung. 

Aus  dem  Gesagten  geht  klar  hervor,  daß  sich  aus  dem  Gehalt  der 
Zellen  an  Stickstoff  nichts  über  die  Stickstoffaufnahme  aus  der  Nähr- 
lösung sagen  läßt.  Auch  die  Bestimmung  der  zurückgelassenen  Menge  an 
Stickstoffnahrung  stößt  bei  den  meisten  Stickstoffquellen,  wie  Eiweiß,  Pepton, 
auch  bei  Aminosäuren  auf  unumgängliche  Schwierigkeiten,  wozu  noch  kommt, 
daß  gerade  diese  Bindungsformen  des  Stickstoffs  aus  der  Zelle  ausgeschieden 
werden.  Günstig  hegen  allein  die  Verhältnisse  beim  Ammoniak,  und  zwar 
auch  nur  dann,  wenn  die  in  Frage  kommende  Mikroorganismenform  keine 
Ammoniakanhäufung  während  ihres  Wachstums  bewirkt.  Davon  kann  man 
sich  durch  Züchtung  auf  ammoniakfreien  Nährböden  überzeugen.  Außerdem 
käme  noch  die  Ernährung  mit  Salpeter  in  Betracht,  der  zwar  schwerer  zu 
bestimmen  ist,  aber  nie.  von  nitrifizierenden  Organismen  abgesehen ,  ein 
Dissimilationsprodukt  sein  wird. 

Hefe  nun  spaltet  kein  unverbrauchtes  Ammoniak  ab.  Man  kann  mit 
ihr  zur  Ermittlung  des  Stickstoff  Umsatzes  also  wie  folgt  verfahren.  Eine 
Nährlösung  von  bestimmtem  Ammoniakgehalt  wird  mit  Hefe  beimpft.  Den 
Ammoniakverbrauch  bestimmt  man  nach  Destillation  mit  gebrannter  Mag- 
nesia, wodurch  die  anderen  Stickstoffsubstanzen  kein  Ammoniak  verlieren, 
durch  Titration.  Mit  Lakmoid  als  Indikator  ist  es  nötig,  die  saure  Flüssig- 
keit in  der  Vorlage  aufzukochen,  um  einen  scharfen  Umschlag  zu  erhalten. 
Den  Stickstoffgehalt  der  Hefe  ermittelt  man  nach  Kjchldahl.  Man  findet 
dann  als  Differenz  des  Ammoniakverbrauchs  und  des  Stickstoffgehaltes  der 
Hefe  die  aus  den  Zellen  ausgetretene  Menge  Stickstoff,  während  Wachs- 
tum (und  Gärung).  Folgende  Daten  geben  ein  Beispiel  für  einen  derartigen 
Versuch  -) : 


')  H.  Amann ,  Die  direkte  Zählung  der  Wasserbakterien  mittelst  des  Ultrami- 
kroskops. Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  29  (1911).  S.  381. 

-)  //.  rrwf/sheim,  Der  Einfluß  der  Stickstoffornühruug  der  Hefe  auf  den  Ver- 
mehrungsgrad, die  Gärwirkung  und  den  Stickstoffumsatz  während  der  Gärung.  Biochem. 
Zeitschr.  Bd.  3  (1907).  S.  198. 


Methodik  der  Stoffwochseliintersucbiing  bei  Mikroorganismen. 


955 


Stickstoffumsatz  der  Hefe  während  der  Gärung  mit  Ammoniak  als 

Stickstoffquclle.  2?)0  nn^  Lösung  mit  IS'/o  Zucker. 


Vor  der- 
Vergärung 


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abgewogen 


bestimmt 


bestimmt 


berechnet 


bestimmt        berechnet 


berechnet 


3026 


0-6356 


0-5978 


0-0378 


00067 


0-6289 


00311 


1  :5-6 


B.  Abbau  des  Eiweiß  und  der  Eiweißspaltungsprodukte. 

Der  Abbau  hochmolekularen  Eiweißes  durch  ^likroorganismen  ver- 
läuft zuerst  dem  durch  Säurehydrolyse  und  dem  durch  die  Fermente  höherer 
Lebewesen  ganz  analog.  Auch  hier  wirken  proteolytische  Fermente,  deren 
Tätigkeit  in  besonders  deutlicher  Weise  in  der  (lebitineverflüssigung  vor 
unser  Auge  tritt.  Meist  führt  dieser  Abbau  direkt  zu  den  Aminosäuren ; 
es  sind  aber  in  Bakterien  auch  Fermente  gefunden  worden,  die  grolie 
Menge  von  Pepton  unangegriffen  lassen  und  die  so  dem  Papayotin  näher 
stehen.  ^) 

Die  proteolytischen  Fermente  dieser  Art  können  leicht  von  der  Zelle 
abtrennbar  sein  oder  sie  können  als  Endoenzyme  nur  zerriebene  oder  tote 
Zellen  verlassen ,  wie  z.  B.  die  Hefeendotrypstase.  Für  die  Abscheidung 
derartiger  Fermente  kommt  also  die  Preßsaftmethode  in  Betracht.  In  den 
meisten  Fällen  werden  die  hydrolytischen  Spaltungsprodukte  von  lebenden 
Mikroorganismen  weiter  zersetzt,  so  daß  die  Aminosäuren  nur  Zwisclien- 
produkte  sind.  -)  Die  hierl)ei  nun  auftretenden  Stoff  Wechselprodukte  können 
sehr  verschiedener  Natur  sein.  Hauptsächlich  kommen  Amine  und  Fett- 
säuren in  Frage.  Die  Zersetzung  der  Aminosäuren  durch  Mikroorganismen 
hat  nun  in  neuerer  Zeit  eine  eingehende  Bearbeitung  gefunden.  Es  handelt 
sich  hier  vornehmlich  um  drei  Typen,  die  durch  gärende  Hefen  und 
Schimmelpilze,  durch  nicht  gärende  Schimmelpilze  und  durch  Fäulnisbakterien 
dargestellt  werden.  Methodisch  wird  also  zuerst  auf  den  Abbau  durch 
die  proteolytischen  Fermente  und  nachher  auf  die  Zerlegimg  der  Spaltimg.s- 
produkte  einzugehen  sein.  Zum  Schluß  ist  noch  die  fermentative  Desami- 
dierung  dieser  zu  berücksichtigen. 


1)  Emmerliny    wud    Reiser,    Zur    Kenntnis    eiweißspaltender    Bakterien.    Ber.  d. 
Deutschen  ehem.  Gesellsch.  Jg.  35  (1902).  S.  700. 

2)  Abderhalden     und    Emtnerlinfi ,    Alibau    des  Gliadin    diircli    Hac.  mesenterirns 
vulgatus.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  51  (1907).  S.  394. 


g56  Hans  Pringsheim. 

I.  Eiweißliydrolyse. 

a)  Nachweis  und  Verfolgung  der  Eiweißspaltung. 

Die  Fähigkeit  der  Mikroorganismen,  in  vielen  Fällen  eine  Eiweiß- 
spaltung vollziehen  zu  können,  gibt  sich  schon  durch  ihr  Gelatinever- 
fliissigungsvermögen  kund.  Dieses  läßt  sich  am  besten  in  Stichkulturen 
beobachten.  Die  Form  der  Verflüssigungszone  ist  ja  auch  als  diagnostisches 
Merkmal  der  verschiedenen  Arten  herangezogen  worden,  i-)  Der  Ausfall  des 
Versuches  hängt  jedoch  in  nicht  geringem  Grade  von  der  Konzentration 
des  Nährbodens  an  Gelatine  und  der  Dauer  der  Einwirkung  ab.  Mikro- 
organismen, die  bei  Zimmertemperatur  nicht  gedeihen  und  die  so  auf 
Gelatine  nicht  zum  Wachstum  gebracht  werden  können,  kann  man  durch 
Stichkultur  nicht  auf  ihr  Gelatineverflüssigungsvermögen  prüfen.  Zu  diesem 
Zwecke  und  für  feinere  Unterscheidungen  l)edient  man  sich  hier  der  jNle- 
thode  von  Erikmann.  2)  Man  stellt  sich  Milchagarplatten  her,  indem  man 
Magermilch  und  Agar  (2^0  iii  Bouillon)  getrennt  sterilisiert  und  erst  vor  dem 
Gebrauch,  nachdem  das  Agar  geschmolzen  und  wieder  etwas  abgekühlt 
ist,  miteinander  im  Verhältnis  von  1:3  bis  1:6  mischt.  Man  bekommt  als- 
dann ein  homogen  trübes  ]\Iedium,  während,  falls  Milch  und  Agar  zusammen 
steriHsiert  werden,  das  Kasein  grobflockig  ausfällt.  —  Das  Kasein  wird  meist 
unter  vorheriger  Gerinnung  peptonisiert,  und  zwar  nach  den  Angaben  des 
Verfassers  von  denselben  Mikroorganismen,  die  auch  die  Gelatine  zu  ver- 
flüssigen vermögen.  Ob  derartige  Verflüssigungen  nur  dm'ch  Ektoenzyme 
hervorgerufen  werden ,  muß  wohl  dahingestellt  bleiben.  Es  sind  in  solchen 
Kulturen  immer  absterbende  Zellen  vorhanden,  aus  deren  Innern  auch 
Endoenzyme  austreten  werden.  Überhaupt  dürfte  diese  Unterscheidung 
keine  zu  scharfe  sein,  denn  lebende  Mikroorganismen  können  wohl  auch 
mit  Endoenzymen  nach  außen  wirkende  Reaktionen  auf  permeirende  Stoffe 
ausführen.  Weitere  und  für  geringe  Fermentmengen  geeignete  Methoden 
findet  man  noch  im  Bd.  III,  S.  16.  Die  quantitative  Bestimmung  der 
Proteosenwirkuug  ist  im  Bd.  III,  2,  S.  1256  beschrieben.  Andere  noch 
wenig  angewandte  Methoden  gibt  Fuhrmann^)  an. 

Eine  besondere  Schwierigkeit  beim  Nachweis  proteolytischer  Fermente 
ergibt  sich  aus  der  Tatsache,  daß  diese  keineswegs  immer  in  den  Preß- 
saft, der  nach  der  Buchnerschen  Methode  dargestellt  wird,  übergehen.*) 
Dies  ist  auch  häufig  eine  Hinderung,  die  Spaltung  von  Polypeptiden  durch 
die  Preßsäfte  zu  erzielen  und  sie  mit  Hilfe  der  optischen  Methoden  zu 
verfolgen*),  was  um  so  bedauerUcher  ist,  als  man  auf  diese  Weise  das 
beste  Mittel  in  der  Hand  hat,  um  die  Art  der  Spaltung  razemischer  Poly- 

^)  Vgl.  z.  B.  A.  Fischer,  Vorlesungen  über  Bakterien.  G.  Fischer.  Jena  1903. 
S.  100  mit  Abbildungen. 

^)  C.  Eijhinann,  Über  Enzyme  bei  Bakterien  und  Schimmelpilzen.  Zentralbl.  f. 
Bakteriol.  I.  Abt.  Bd.  29  (1901).  S.  841. 

^)  Fuhrmatin ,  Vorlesungen  über  Bakterieneuzyme.    G.  Fischer.  Jena  1907.  S.  22. 

*)  E.  Abderhalden  und  H.  Pri>igshcim,  Beitrag  zur  Technik  des  Nachweises  inter- 
zellulärer Fermente.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd^  65  (1910).  S.  180. 


Metlimlik  iler  Stoffweclisoluiitersiiclmug  bei  Mikroorjranismoii.  907 

Peptide,  ob  symmetrisch  oder  asymmetrisch  gespalten  wird,  /n  vcrfoluen.  M 
Hierzu  eignet  sich  vor  allem  das  d-1-Leuzyl-glyzin ,  das  man  in  einer  \'('r- 
dünnung  von  Veooo  Mol.  mit  O'bcm^  des  Preßsaftes  vermischt  und  in  einen 
durch  einen  Wassermantel  auf  konstantem  Temperatur  gehaltenen  1-d-l  )rehungs- 
rohr  bei  Toluolgegenwart  beobachtet.  Findet  asymmetrische  Spaltung  statt, 
so  beobachtet  man  ein  Ansteigen  der  Drehung,  veranlalit  durch  das  ab- 
gespaltene natürliche  1-Leuzin,  etwa  bis  zu  — O'IÜ".  Bei  Abfall  der  Spal- 
tung im  weiteren  Verlaufe  der  Beobachtung,  z.  B.  nach  210  Minuten, 
kann  man  auf  symmetrische  Spaltung,  d.  h.  nunmehrige  Abspaltung  des 
d-Leuzins  schließen.  Um  sich  hierüber  zu  vergewissern ,  wendet  man  noch 
1-Leuzyl-d-leuzin  in  Vioooo  Mol.-Verdünnung  an.  Die  positive  Drehung 
dieses  Dipeptids  von  etwa  +  0".'i6°  in  der  angegebenen  Verdünnung  muß 
zurückgehen  und  dem  Xullwert  zustreben,  wenn  dieses  aus  einer  natürlichen 
und  einer  nichtnatürlichen  Komponente  des  Leucins  zusammengesetzte  Peptid 
gespalten  wird.  Zur  Kontrolle  sind  aber  noch  Spaltungsversuche  mit  Glyzyl- 
alanin  und  Alanyl-glyzin  zu  empfehlen,  die  man  nach  der  Estermethode 
verarbeitet  (vgl.  Bd.  II ,  S.  470)  und  auf  die  Drehung  des  eventuell  abge- 
spaltenen Alanins  untersucht.  Bei  dieser  chemischen  Methode  kann  man 
an  Stelle  der  Preßsäfte  auch  die  Mikroorganismen  unter  Toluol  mit  den 
Lösungen  der  Polypeptide  zusammenbringen.  Schnelle  Cbersichtsresultate 
gewinnt  man  auch  mit  Hilfe  des  Seidenpeptons  2) ,  das  unter  dem  Einfluß 
der  hydrolytischen  Fermente  schwerlösliches  Tyrosin  abspaltet,  welches  sich 
dann  auf  der  Oberfläche  der  Organismen  absetzt  (vgl.  Bd.  III,  S.  20). 
Sichere  Angaben   über   die  Herstellung   dieses  Peptons  vergleiche  unten.  3) 

Wie  man  mit  Hilfe  der  optischen  Methode  die  Fermentwirkung, 
z.  B.  des  Hefepreßsaftes  gegen  Polypeptide,  verfolgen  kann ,  ist  schon  im 
III.  Band,  S.  31  angegeben. 

b)  Die  Isolierung  der  Eiweißspaltungsprodukte  durch  Mikro- 
organismen unterscheidet  sich  nicht  von  der  durch  andere  Agentien  be- 
wirkten, die  im  Handbuch  an  verschiedenen  Orten  eingehend  beschrieben 
wurde.  Hervorzuheben  wäre  noch,  daß  auch  bei  der  Selbstverdauung,  z.  B. 
der  Hefe,  die  normalen  Eiweißspaltungsprodukte  auftreten.^) 

IT.  Abbau  der  Aiiiiiiosäuren. 

a)  Durch  Hefen  und  Schimmelpilze. 

Bei  der  Darreichung  von  Aminosäuren  als  Stickstoffquelle  an  Hefen  wird 
immer  die  in  der  Natur  vorkommende  Komponente  von  ihnoi  bevorzugt.  Auf 

^)  E.  Abderhalden  und  H.  Pringsheim ,  Studien  über  die  Sppzil'i/.ität  der  pepto- 
lytischeu  Feniiciitc  bei  verschiedenen  Pilzen.  p]lienda.  Bd.  59  (l'.IOy).  S.  249. 

-)  E.  AhdrrhahleH  und  U.  Frinf/sheim,  Beitrag  zur  Technik  des  Nachweises  inter- 
zellulärer Fermente.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  05  (1909).  S.  180. 

^)  E.  Abderhalden  und  E.  Steinbeck,  Weitere  rntersuchiuiireii  über  die  \  cr- 
wendbarkeit  des  Seidelipeptons  zum  Nachweis  peptolytischer  Fenucntc.  Kbenda.  Bd.  68 
(1910).  S.  312  und  dieses  Handbuch.  Bd.  V.  Teü  1.  S.  578. 

*)  Schenk,  Über  Selbstverdauung  einiger  Hefearten.  Zeitschr.  f.  Spiritusindustrie. 
Bd.  28  (1905).  S.  397. 


958 


Hans  Pringsbeim 


B  ' 


welche  Weise  man  somit  gärende  Hefe  zur  Spaltung  razemischer  Aminosäuren 
verwenden  kann,  wurde  schon  in  einem  anderen  Teil  des  Handbuches  be- 
schrieben. ^)  Nach  Verbrauch  der  natürlichen  Komponente  wird  hierbei  auch 
die  andere  angegriffen.  Es  handelt  sich  also  nur  um  eine  Bevorzugung, 
die  bei  Schimmelpilzen  (und  auch  bei  einigen  Bakterien)  noch  weit  weniger 
ausgeprägt  ist.  Häufig  findet  hier  der  Angriff  ganz  symmetrisch  statt, 
gleichgültig  ob  die  Aminosäuren  als  gemeinsame  Kohlenstoff-  und  Stick- 
stoffnahrung oder  in  Gegenwart  von  Zucker  nur  als  Stickstoffquelle  ge- 
boten werden. '-)  Für  derartige  Untersuchungen  eignet  sich  gut  das  raze- 
mische  Leuzin  und  die  razemische  Glutaminsäure,  die  wegen  ihrer  Schwer- 
löslichkeit in  einfacher  Weise  aus  den  Kulturflüssigkeiten  zu  isoUeren  sind. 
Sie  werden  in  0"5 — f/oiger  Lösung,  eventuell  neben  öVoigei"  Glukose  ge- 
boten. Während  der  Abbau  der  Aminosäuren,  wie  wir  sehen  werden,  durch 
gärende  Pilze  dem  durch  Hefen  zum  Teil  wenigstens  analog  zu  verlaufen 
scheint,  resultieren  beim  Wachstum  nichtgärender  Pilze  andere  Abbau- 
produkte. 

Vergärung  des  Leuzins. 

Bei  der  Gärung  wird  das  Leuzin  in  Isoamylalkohol  und  das  Isoleuzin 
in  d-Amylalkohol  übergeführt. »)  Diese  Alkohole  machen  den  Hauptbestand- 
teil des  Fuselöls  aus ,  das  mit  dem  gewöhUchen  Alkohol  überdestilliert  und 
in  ihm  mit  verhältnismäßiger  Einfachheit  und  Genauigkeit  bestimmt 
werden  kann  (vgl.  Bd.  H,  S.  11).  Wir  haben  also  hier  ein  Mittel  an  der 
Hand ,  um  in  einer  die  bisher  bekannt  gewordenen  Untersuchungsmethoden 
an  Tiefe  des  Einblicks  übertreffenden  Weise  den  Stickstoffwechsel  einer 
Mikroorganismenart ,  und  zwar  der  technisch  wichtigsten,  der  Hefe,  zu  ver- 
folgen. So  konnte  gezeigt  werden,  daß  die  Umwandlung  von  Leuzin  in 
Amylalkohol  nur  in  Gegenwart  von  Zucker  und  bei  gleichzeitiger  Ver- 
gärung dieses  stattfindet  *) ,  daß  aber  andrerseits  auch  gärende  abgetötete 
Hefe  wie  die  Azetondauerhefe  diese  Spaltung  nicht  zu  vollziehen  vermag.  ^) 
Das  Leuzin  läßt  sich  durch  andere  Stickstoff  quellen  gegen  den  Angriff  der  Hefe 
schützen  *) ,  so  daß  selbst  im  technischen  Betriebe  durch  Zusatz  von  Ammon- 
sulfat   eine  Unterdrückung   der  Fuselölbildung   auf  weniger  als  die  Hälfte 


1)  F.  Ehrlich,  Bd.  II.  S.  563. 

-)  H.  rringsheim ,  Studien  über  die  Spaltung  razemiscber  Aminosäuren  durcb 
Pilze.  Zeitscbr.  f.  pbysiol.  Cbemie.  Bd.  65  (1910).  S.  96. 

')  F.  Ehrlich,  Über  die  Entstehung  des  Fuselöls.  Zeitschr.  d.  Vereins  f.  Rüben- 
zuckerindustrie. Bd.  55  (1905).  S.  539. 

■*)  //.  Priiiffsheim,  Über  die  Stickstoffnahrung  der  Hefe.  Teil  III.  Biochem.  Zeit- 
schrift. Bd.  3  (1908).  S.  264/266.  —  F.  Ehrlich,  Über  die  Bedingungen  der  Fuselölbildung 
und  ihren  Zusammenhang  mit  dem  Ei\Yeißaufbau  der  Hefe.  Ber.  d.  Deutschen  ehem. 
Gesellsch.  Jg.  40  (1907).  S.  1027. 

^)  //.  l'ringsheim ,  Über  die  Bildung  von  Fuselöl  bei  Azetondauerhefegärung.  Ber. 
d.  Deutschen  ehem.  Gesellsch.  Jg.  39  (1906).  S.  3713.  —  F.  Ehrlich,  Zur  Frage  der 
Fuselölbildung  der  Hefe.  Ebenda.  Jg.  39  (1906).  S.  4072. 


Methodik  der  Stoffwecliseluntersuclning  bei  Mikroorganisuieu. 


959 


möjilich  war.  1)  Weiter  wurde  der  Beweis  gefiilirt .  (\M\  auch  ^iärende 
Scliiminelpilze  bei  Ziickergegenwart  Leuzin  in  Amylalkohol  umwandeln.  -) 
Auch  kann  man  den  Einfluli  der  Konzenti-ation  der  Stickstoffnahrunf^.  wenn 
Leuzin  allein  geboten  wird,  auf  die  Intensität  der  rmwandlunLi-  in  Amyl- 
alkohol genau  verfolgen'')  und  die  interessante  Beobachtung  machen,  daß 
bei  geringer  Stickstoff  gäbe  weit  mehr,  bis  annähernd  2<)i)"/o  des  gebotenen 
Leuzins  als  Fuselöl  in  der  (iärflüssigkeit  erscheint,  was  dadurch  zu  er- 
klären ist,  daß  hier  die  Dissimilationsprodukte  des  Hefeeiweiß  in  (iestalt 
von  Aminosäuren  von  neuem  in  den  Stoffwechsel  gerissen  und  wiederum 
auf  Fuselöl  verarbeitet  werden.  ^) 

Methodisch  verfährt  man  dabei  so,  daß  man  eine  Zuckerlösung  mit 
Hefe  beimpft ,  bis  zur  völligen  Vergärung  des  Zuckers  bei  geeigneter 
Temperatur  (22"  C)  aufstellt  und  dann  im  Destillat  den  Alkohol  mid  das 
Fuselöl  (Bd.  H.  S.  11)  bestimmt.  Für  das  Mengenverhältnis  soll  folgender 
Versuch  als  Beis  piel  dienen.  *) 

157o  Zucker,  Salze. 
Mit  Logos  Hefe  beimpft. 


g  Leuzin  in 
250  cw3 
Lösung 


abgewogen 


g  Stickstoff 

in  250  c»)^ 

Losung 


berechnet 


150  cm'  Destillat 


g  Fuselöl  in 
50  c»i'  des 
Destillates 


%  Alkohol 

des 
Destillates 


bestimmt 


bestimmt 


"/o  Fuselöl 
der  ver- 
gorenen 

P'liissigkeit 


o/o  Alkohol 
der  ver- 
gorenen 

'^'lüssigkeit 


berechnet 


berechnet 


o/o  Fuselöl 

des 
Alkohols 


berechnet 


0-321 


I.  0-0788 
II.  00791 


10-50 


0-0947 


6-30 


1-50 


Ehrlich  hat  in  ähnlichen  \'ersuchen  das  P'uselöl  nach  der  Bösc-Hprz- 
feldsdien  Methode  bestimmt,  über  die  man  bei  Lunge '">)  das  Nötige  findet. 


Vergärung  des  Tyrosins. 

Vor  kurzem  konnte    Ehrlich^)  zeigen,    daß    auf  dieselbe  Weise   wie 
aus    Leuzin    Amylalkohol,    aus    Tyrosin    p-Oxyphenyl-Athylalkohol    durch 


*)  H.  Pringsheim ,  Über  die  ünterdrückunar  der  Fiisebdliildtin?  uud  die  Mit- 
wirkung von  Bakterien  au  der  Bildung  iiöherer  Alkohole  bei  der  Gäruug.  Biochem. 
Zeitschr.  Bd.  10  (1908).  S.  490. 

'-)  H.  Pringsheim ,  Über  die  Fuselölbildung  durch  verschiedene  Pilze.  Bioch.  Zeit- 
schrift. Bd.  8  (1908).  S.  128. 

*)  H.  Pringsheim,  Über  die  Stickstoffnahrung  der  Hefe.  Teil  III.  Biochem.  Zeit- 
schrift. Bd.  3  (1908).  S.  264/266.  —  F.  Ehrlich,  Über  die  Bedingungen  der  Fuselölbildung 
und  ihren  Zusammenhang  mit  dem  Eiweißaufbau  der  Hefe.  Bor.  d.  Deutschen  ehem. 
Gesellsch.  Jg.  40  (1907).  S.  1027. 

*)  H.  Pringshaim,  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  3  (1907).  S.  238. 

')  6r.  Lunge,  Chemisch-technische  Uutersuchungsmetliodcn.  5.  Aufl.  Berlin  190."). 

*)  F.  Ehrlich,  über  die  Vergärung  des  Tyrosins  zu  p-C)xyphenyl-Ätli\lalkuhol 
(Tyrosol).  Ber.  d.  Deutschen  ehem.  Gesellsch.  Jg.  44  (1911).  S.  139. 


960 


Haus  Priuffsheim 


o  ' 


Särende  Hefe  gebildet  wird.  Dieser  Tyrosol  genannte  Alkohol  bildet  einen 
beständigen  Bestandteil  der  Gärflüssigkeiten,  in  die  er  auch  ohne  Zusatz 
von  Tyrosin  durch  die  Vergärung  der  Hefeeiweißdissimilationsprodukte  ge- 
langt. Zur  Darstellung  des  Tyrosols  wird  z.B.  log  reines  1-Tyrosin  (aus 
Seide)  in  eine  Lösung  von  1200r/  Piohrzucker  in  10?  Leitungswasser  ge- 
löst und  mit  600(7  Brennereipreßhefe  bei  Zimmertemperatur  wlihrend  B  bis 
4  Tagen  bis  zum  völligen  Verschwinden  des  Zuckers  vergoren.  Dann  wird 
auf  dem  Wasserbade  zum  Sirup  eingedampft,  mit  5—6  Teilen  Alkohol 
verriel)en,  filtriert  und  nach  Verjagen  des  Alkohols  mit  100 — 200  cm^ 
Wasser  aufgenommen.  Der  durch  Natriumbikarbonat  schwach  alkalischen 
Lösung  wird  das  Tyrosol  erschöpfend  mit  Äther  entzogen,  aus  dem  ein 
alsbald  erstarrendes  Öl  herauskommt.  Nach  dem  Umkristallisieren  aus 
Chloroform  wurden  8-5  g  Tyrosol  erhalten.  Schmelzpunkt  93". 

Vergärung  der  Glutaminsäure. 

Die  Bildung  der  Bernsteinsäure  aus  Glutaminsäure,  die  gleichfalls 
ein  beständiger  Bestandteil  der  Gärflüssigkeiten  ist,  verläuft  nach  Ehrlich  i) 
in  völliger  Analogie  zur  Leuzinvergärung.  Auch  hier  ist  gärende,  lebende 
Hefe  Bedingung  usw.  :\Iethodisch  kann  die  Bernsteinsäure  nach  Bd.  II, 
S.  24  bestimmt  werden. 


Neuestens  haben  Neuhauer  und  Fromherz^)  den  Beweis  zu  führen 
gesucht,  daß  die  Vergärung  der  Aminosäuren  über  die  Ketosäuren  als 
Zwischenprodukt  erfolgt.  Sie  zeigten,  daß  Phenylaminoessigsäure  zu  Phenyl- 
glyoxylsäure  und  p-(  )xyphenyl-brenztraubensäure  zu  p-(Jxylphenyläthylalkohol 
in  Gegenwart  von  Zucker  durch  Hefe  abgebaut  werden.  Die  a-Aminosäure 
wird  demnach  zuerst  zur  a-Ketosäure  abgebaut  und  diese  kann  ihrerseits 
zu  demselben  Endprodukt  wie  die  a-Aminosäure  vergoren  werden.  Details 
dieser  wichtigen  Untersuchung,  die  Isolierung  der  Gärprodukte  und  der 
dabei  entstandenen  Nebenprodukte  müssen  im  Original  eingesehen  werden. 

Umw^andlung  von  Aminosäuren   in    Oxysäuren   durch  Schimmel- 
pilze. 3) 

Während  sich  die  wilden  Heferassen  und  die  Kahmhefen  wie  auch 
andere  den  Hefearten  schon  ferner  stehende  Organismen,  z.  B.  Dematium 
pullulans,  bei  Gegenwart  von  Zucker  Aminosäuren  gegenüber  wie  die 
Kulturhefen  verhalten ,  vollziehen  die  Schimmelpilze  einen  anders  gearteten 
Abbau.  Bei  Abw^esenheit  von  Zucker,    wenn    die  Aminosäuren    als   gleich- 


*)  F.  Ehrlich,  Über  die  Entstehung  der  Bernsteinsäure  bei  der  alkoholischen 
Gärung.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  18  (1909)^  S.  391. 

')  Neubauer  und  Fromherz,  tfber  den  Abbau  der  Aminosäuren  bei  der  Hefe- 
gärung. Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  70  (1910).  S.  326. 

^)  F.  Ehrlich  und  K.  A.  Jcicohsen,  Über  die  Umwandlung  von  Aminosäuren  in 
Oxysäuren  durch  Schimmelpilze.  Ber.  d.  Deutschen  ehem.  Gesellsch.  Jg.  44.  S.  888  (1911). 


Methodik  der  Stoffwechselnntcrsuchtinfr  l>ei  Mikroorganismen.  961 

zeitige  Kohlen-  und  Stickstoffquelle  geboten  werden,  findet  ein  sehr  weit- 
gehender Abl);iu  der  Aminosäuren  statt.  Abei-  auch  bei  gleiehzeitigcr  Zneker- 
gabe  vermögen  einige  Pilze  Aminosäuren  zu  niediig  niolckulai'cn  \'erbin- 
dungen  aufzuspalten,  während  beim  Waehstum  einer  Iteihe  anderer 
Schimmelpilze  auf  Aminosäuren  der  größte  Teil  des  Moh-küls  dieser  Sub- 
stanzen erhalten  bleibt.  Bisher  werden  Einzelheiten  hiei'über  nur  in  letzterem 
Falle,  und  zwar  in  bezug  auf  das  in  der  Natur  sehr  veibreitete  Oidiuiii 
lactis  berichtet. 

Für  Oidium  lactis  sind  alle  natürlich  vorkommenden  -/.-Amino- 
säuren vorzüghche  Stickstoffnährmittel,  wenn  gleichzeitig  in  genügender 
Menge  die  üblichen  anorganischen  Nährsalze  und  (ilukose.  Invertzucker 
oder  ^lilchzucker  als  Kohlenstoff([uelle  geboten  werden,  die  der  I'ilz  füi-  den 
Eiweißaufbau  unbedingt  erfordert.  In  verdünnten  Lösungen  verlu-aucht 
Oidium  lactis  die  Aminosäuren  verhältnismäbig  schnell  und  schon  nach 
4 — 5wöchentlichem  Wachstum  ist  im  Nährsubstrat  von  diesen  Substanzen 
gewöhnlich  nichts  mehr  nachzuweisen.  Bei  diesem  \'organg  findet  regel- 
mäßig eine  Desamidierung  der  als  Stickstoffcpielle  gebotenen  Aminosäuren 
in  dem  Sinne  statt,  daß  Wasser  angelagert  und  Ammoniak  abgespalten 
wird,  entsprechend  der  Gleichung: 

R.CH(NH2)COOH  +  H.,0  =  R.CH(()H).C()()H  +  NH3. 
Das  Ammoniak  wird  sofort  vom  Pilz  zu  seinem  Eiweißaufbau  verbraucht, 
während  das  Gerüst  der  Aminosäuren  fast  unverändert  erhalten  bleibt  mid 
in  Form  der  entsprechenden  a-Uxysäuren  aus  der  Nährlösung   in   beinahe 
quantitativer  Ausbeute  wiederzugewinnen  ist. 

Da  man  beUebige  Quantitäten  einzelner  Aminosäuren  mit  (»idiuin 
lactis  in  ziemlich  kurzer  Zeit  verarbeiten  kann,  so  ist  hiermit  eine  be- 
queme Methode  zur  Darstellung  optischer  aktiver  Oxysäuren  gegeben,  mit 
Hilfe  deren  bisher  die  Reindarstellung  folgender  bisher  noch  nicht  be- 
schriebener optisch-aktiver  Formen  von  x-Oxysäuren  gelaug: 

aus  1-Tyrosin  d-p .  ( )xyphenyl-milchsäure 

H0<^     ^.CH2.CH(NH.,).C0.,H — >►  Hü<^     ^.CH.,  .CH  (OHj.CO.,  II 

aus  d-1 .  Phenylalanin  d-Phenyl-milchsäure 

<^    ^.CH.3.CH(NH.,)C0.,H — >.  <^    '^.  CH^-Cll .  (  olH.CO,  11 

aus  1-Trvptophan                                    1-Indol-milclisäure 
C.CH.,.CH(NH.;)C().,H  /\ CCH^  .GII  (Oll)  .CO.,  H 


Als  Kohlenstoffquelle    verwendet  man.    da    der    Pilz    keine  Invertase 
abscheidet  und  Rohrzucker  somit  ungeeignet  ist,  statt  der  teueren  (iluko.se 

Abderhii  Iden  ,  Handbuch  der  biochemischon  Arbeitsmethoden.   V.  (Jl 


qg9  Hans  Pringsheim. 

mit  \ortiMl  Invertzuckersirup .  den  man  nach  dem  Verfahren  von  Wohl 
und  Kollrcpp  1 )  darstellt  und  den  man  direkt  ohne  Neutralisation  der  Nähr- 
lüsunf>-  zusetzen  kann.  Zu  seiner  Darstellung'  schmilzt  man  80  Teile  Rohr- 
zucker. 20  Teile  Wassei-  und  0-004  Teile  wasserfreie  Salzsäure  (d.  i.  O'OOöVo 
d«'S  Zuckers)  auf  dem  siedenden  Wasserbade  eine  Stunde  zusammen,  wobei 
man  einen  dicken,  reinen,  völhg  farblosen  Invertzuckersirup,  der  keinerlei 
Nebenprodukte  aufweist ,  erhält. 

Wir  geben  hier  die  Darstellung-  von  d-p .  Oxyphenyl-milchsäure  aus 
1-Tyrosiu  wiedei-,  von  der  die  der  anderen  Oxysäuren  im  Prinzip  nicht 
verschieden  sind, 

d-p. Oxyphenyl-milchsäure  aus  1-Tyrosin. 

2g  Ty rosin  werden  unter  Erwärmen  in  21  einer  Nährlösung  auf- 
gelöst, die  enthält  20g  Invertzuckersirup,  0*5 ^r  K.  HrO^ ,  0-5 r;  KH^rOi, 
O'l^  ]MgS04  und  Spuren  Natrium  und  Eisenchlorid.  Die  sterilisierte  Lösung 
•wird  mit  Oidium  lactis  beimpft.  Schon  nach  zwei  Tagen  zeigt  sich  an  der 
Oberfläche  ein  zarter  Pilzanflug,  der  bald  stärker  wird  und  in  die  Flüssig- 
keit hineinwächst.  Nach  6  Tagen  hat  sich  bereits  eine  starke  Pilz- 
decke gebildet,  die,  durch  Schütteln  des  Kolbens  untergetaucht,  bald  von 
einem  Pilzmyzel  überwuchert  wird ,  das  auch  die  Lösung  allmählich  erfüllt. 
Die  Flüssigkeit  wird  dann  in  der  nächsten  Zeit  noch  einige  Male  geschüttelt. 
Die  Neubildung  der  Pilzdecke  erfolgt  schließlich  immer  langsamer,  bis  nach 
4  Wochen  das  W^achstum  ganz  aufzuhören  scheint.  Nach  fünfwöchentlicher 
Dauer  wird  der  Versuch  abgebrochen  und  die  Flüssigkeit  abfiltriert. 

Die  gesammelten  Filtrate  werden  im  Vakuum  bei  50°  bis  zum  Sirup 
eingedampft ,  wobei  sich  kein  Tyrosin  abscheidet.  Zur  Abscheidung  ge- 
wisser, mit  Äther  starke  Emulsionen  bildender  Bestandteile  wird  der 
Sirup  mit  dem  mehrfachen  Volumen  Alkohol  verrührt,  die  alkohohsche 
Lösung  von  den  ausgeschiedenen  Flocken,  die  ebenfalls  kein  Tyrosin  ent- 
halten, abfiltriert  und  der  Alkohol  daraus  verdunstet.  Den  schließlich  er- 
haltenen Piückstand  nimmt  man  in  wenig  Wasser  auf,  versetzt  ihn  mit 
wenig  Natriumkarbonat  bis  zur  schwach  alkalischen  Reaktion  und  extrahiert 
im  kontinuierlichen  Extraktor  erschöpfend  mit  Äther.  2)  Auf  diese  W^eise 
entfernt  man  geringe  Spuren  von  Tyrosol. 

Dann  säuert  man  mit  Schwefelsäure  stark  aus  und  extrahiert  von 
neuem  mit  Äther.  Der  nach  dem  Trocknen  des  Äthers  mit  Natriumsulfat 
nach  Abdampfen  hinterbleibende  Rückstand  von  2'2g  wird  zur  Reinigung 
mit  W^asser  aufgenommen  und  die  Lösung  einige  Zeit  mit  Tierkohle  ge- 
kocht. Das  Filtrat  gibt  beim  Einengen  auf  dem  W  asserbade  einen  Kristall- 
brei ,  den  man  nach  dem  Abkühlen  absaugt  und  noch  einmal  derselben  Be- 
handlung unterwirft.    Auf   diese  W>ise   wird  die  Substanz  mit  verhältnis- 


*)  V.  Lippmann,  Chemie  der  Zuckerarten.  1904.  1.  S.  908. 

'■')  Sehr  gut  hat  sich  bei  mir  für  solche  Zwecke  der  Apparat  von  Richard  Kempf, 
„Über  selbsttätige  Extraktion  wässeriger  Flüssigkeiten  durch  spezifisch  leichtere 
Lösungsmittel.  Chemiker-Ztg.  1910.  Nr.  153.  S.  1365"  bewährt. 


Methodik  der  Stoffwechseluntersiichung  bei  Mikroorganismen.  96o 

mäßig-  geringen  Verlusten  in  einer  Menge  von  VSg  völlig  rein  in  Form 
langer,  farbloser,  seidegliinzender  Nadeln  erhalten,  die  scharf  bei  l»iH« 
schmelzen.  8ie  zeigt  in  wässeriger  Lösung  1*1  d  =  +  18"14"  Kechtsdrehung. 
Wichtig  ist  die  Methode  besondeis  zur  Darstellung  oi)tisch-aktiver 
Oxysäuren ,  da  sie  vor  der  rein  chemischen  manche  \'orteile  besitzt. 

b)  Durch  Fäuluishakterien. 

Die  Isoherung  der  Fäulnisbasen  ist  im  II.  Bande ,  S.  1002  dargestellt 
worden.  Hier  soll  nur  noch  der  Abbau  der  Aminosäuren  i)ei  der  Fäulnis 
beschrieben  werden.  Daß  die  Fäulnis  des  Eiweiß  meist  durch  ein  Gemisch 
von  Bakterien  eingeleitet  wurde,  indem  man  z.  B.  mit  einer  faulenden 
Pankreasflocke  impfte,  kann  nicht  als  \orteil  betrachtet  werden.  Man  nmß 
mit  Reinkulturen  zu  klareren  Resultaten  gelangen.  So  gelingt  es  z.  B.  mit 
Hilfe  des  Bac.  putrificus  Bieustock,  in  Reinkultur  einen  Fäulnisabbau  zu 
vollziehen.  Auch  die  Verwendung  anderer  Fäulnisbakterien-Reinkulturen 
wäre  sicherlich  ein  Fortschritt.  Von  wesentlichem  Einfluß  ist  es  noch,  ob 
man  die  Aminosäuren  als  alleinige  Stickstoffiiuelle  bietet  oder  ob  man  sie 
ähnlich  wie  bei  der  Leuzinvergärung  durch  eine  andere  Stickstoffiiahrung, 
z.  B.  Pepton,  teilweise  vor  dem  Angriff  schützt.  Auf  diese  Weise  wird,  wie 
wir  sehen  werden,  bisweilen  die  Aminogruppe  erhalten  und  nur  eine 
Kohlensäureabspaltung  vollzogen.  In  allen  Fällen  handelt  es  sich  hier  ent- 
weder um  eine  Kohlensäureabspaltung  oder  um  Eliminierung  der  Amino- 
gruppe unter  Reduktion.  Beide  Reaktionen  können  auch  kombiniert  sein,  i) 

Die  bei  der  Eiweißfäulnis  auftretenden  Fettsäuren  ^j  stammen  aus 
Glutaminsäure  3) ,  die  in  n-Buttersäure,  aus  Asparaginsäure  ^).  die  in 
Propion-  (und  Bernsteinsäure)  oder  aus  d-Aminovaleriansäure,  die  in  Iso- 
valeriansäure  zerfällt.  ^)  Beim  Abbau  letzterer  Si'iure  wurde  schon  ein  Amin, 
das  Isobutvlamin,  beobachtet.  Auch  aus  Glutaminsäure  konnte  bei  Gegen- 
wart von  Pepton  noch  ein  stickstoffhaltiges  Abbauprodukt  in  Gestalt  der 
y-Aminobuttersäure,  wenn  auch  wohl  in  geringer  Menge ,  gefaßt  werden.  •"') 


')  Eine  Übersicht  über  die  bisher  aus  Aminosäuren  erhaltenen  sticksti)ffh;ihigen 
Fäuhiisprodukte  gel)en  Ackermann  und  Kutscher.  Über  die  Apporrhegmen.  Zeitschr.  f. 
physiol.  Chemie.  Bd.  69  (1910).  S.  272. 

^)  C.  Neuberg  und  E.  Rosenberg,  Über  die  bei  der  Eiweißfauhiis  auftretenden 
Fettsäuren  sowie  über  die  optisch-aktive  Valeriansäure  und  Kapronsäiiro.  Bioclicm  Zeit- 
schrift. Bd.  7  (1907).  S.  178.  Hier  eine  Zusammenstellung  der  chemischen  Seite  der 
Fäulnis  von  Aminosäuren. 

')  W.  Brasch  und  C.  Neuberg,  Biochemische  Umwandlung  der  Glutaminsäure  in 
n-Buttersäure.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  13  (1908).  S.  299.  —  C.  Neuberg,  Verhalten  von 
razemischer  Glutaminsäure  bei  der  Fäulnis.  Ebenda.  Bd.  18  (1909).  S.  431. 

■*)  C.  Neuberg  und  C.  Cappezzuoli ,  Biochemische  Umwandlung  von  Asparagin  und 
Asparaginsäure  in  Propionsäure  und  Bernsteinsäure.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  18  (1909). 
S.  424. 

^)  C.  Neuberg  und  /..  Karezag,  Verhalten  von  d,l-a-Aminovaleriansäure  (d,l- 
Valin)  bei  der  Fäulnis.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  18  (1909).  S.  435. 

*)  Ackermann,  Über  ein  neues,  auf  bakteriellem  Wege  gewinnbares  Aporrhcgma. 
Zeitschr.  f,  physiol.  Chemie.  Bd.  69  (1910).  S.  273. 

Gl* 


Qß_j^  Hans  Frings  heim. 

Ebenso  entstehen  aus  Lysin  Pentamethylendiamin ,  aus  Arginin  Tetra- 
methvlendiamin  und  S-Aminovaleriansäure^),  aus  Histidin  ß-Imidazoläthylamin 
und  Iniidazolylproprionsäure.  2)  Aus  Phenylalanin  wird  Phenyläthylamin, 
Phenylessig-  und  Phenylpropionsäure ,  aus  Tyrosin  p-Oxyphenyläthylamin, 
p-( ).\vphenylessig"-  und  Propionsäure,  und  aus  Tryptophan  Indol,  Skatol 
und  Indolessigsäure  erhalten.  Diese  Beispiele  mögen  genügen.  Methodisch 
sei  hier  der  Abbau  der  Glutaminsäure  3)  und  des  Lysins^j  beschrieben. 

Fäulnisabbau  der  Glutaminsäure. 

5  //  Glutaminsäure  werden  in  500  cm^  Wasser  gelöst,  mit  Soda  gerade 
alkahsch  gemacht  und  nach  Versetzen  mit  einigen  Tropfen  einer  Fäulnis- 
lösung (E.  Salkoivsli,  Praktikum,  a.  Aufl.  1906,  S.  227)  4  Wochen  bei  38" 
gehalten.  Dann  werden  2bQ('m^  der  Flüssigkeit  mit  verdünnter  Schwefel- 
säure angesäuert  und  unter  gleichzeitiger  Erhitzung  32  Stunden  mit 
Wasserdampf    destilliert.    Das  Destillat   von   2655  cm^  forderte   zur    Neu- 

trahsation    SPOcm^   ^NaOH.    Um  Verluste    durch  Dissoziation    zu    ver- 

5 

meiden,  werden  noch  l^cm^  —Na OH  zugegeben   und   in  einer  Porzellan- 

o  ' 

schale  auf  dem  AVasserbade  zu  40  cm  ^  eingeengt.  Die  in  einen  Rundkolben 
übergespülte  Lösung  wird  mit  20  cm^  Doppeltnormalschwefelsäure  ange- 
säuert und  zur  Zerstörung  der  Ameisensäure  -ig  festes  Merkurisulfat  zu- 
gegeben und  eine  halbe  Stunde  am  Ptückflul»kühler  gelinde  gesiedet.  Das 
sich  unter  deutUcher  Kohlensäureentwicklimg  abscheidende  Quecksilber- 
oxydulsalz wird  abfiltriert,  das  in  der  Flüssigkeit  befindliche  Quecksilber 
mit  HoS  ausgefällt,  der  absorbierte  Teil  des  H,  S  durch  einen  kräftigen 
Luftstrom  ausgetrieben,  die  Schwefelsäure  darauf  mit  warmem  Baryt- 
wasser und  dessen  Überschuß  mit  Kohlensäure  entfernt.  Die  klare  Lösung 
wird  nunmehr  auf  25 cm^  eingeengt,  wobei  sich  etwas  Baryumkarbonat 
abscheidet.  Unter  Zugabe  einiger  Tropfen  verdünnter  Silbernitratlösung, 
die  Spuren  von  Chloriden  niederschlägt,  wird  aufgekocht  und  filtriert  und 
dann  mit  konzentrierter  AgNOg -Lösung  ausgefällt.  Der  reichliche,  fein- 
kristalhnische  Niederschlag  wird  nach  zweistündigem  Stehen  mit  kaltem 
Wasser  und  absolutem  Alkohol  gewaschen.  Er  besteht  aus  reinem  Silber- 
bntyrat.  Der  von  der  Analyse  bleibende  Rest  des  Sill)erbutyrates  wird 
in  das  Kalziumsalz  verwandelt  und  zeigt  die  Eigenschaften  des  normalen 
Butyrates  (vgl.  Band  II,  S.  21). 

Die  bei  der  Wasserdampfdestillation  zurückbleibende  schwefelsaure 
Lösung  der  nicht  flüchtigen  Fäulnisprodukte    wird   auf  75  tm^    eingeengt, 


')  Ackermanti,  tiber  ein  neues,  auf  bakteriellem  Wege  gewinnbares  Aporreghma. 
Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  69  (1910).  S.  273. 

^)  Acker m a >i n ,  Über  den  l)akteriellen  Abbau  des  Histidins.  Zeitschr.  f.  physiol. 
Chemie.  Bd.  65  (1910).  S.  504. 

'0  W.  Brasch  und  C.  Neuberc/,  Biochemische  Umwandlung  der  Glutaminsäure  in 
n-Buttersäure.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  13  (190R).  S.  299.  —  C.  Ncuberr/,  Verhalten  von 
razemischer  Glutaminsäure  bei  der  Fäulnis.  Ebenda.  Bd.  18  (1909).  S.  431. 


Methodik  der  Stoffwechseluntersuchung  lioi  Mikroorganismen.  96r) 

mit  iVmmonsulfat  nahezu  gesättigt  im  kontinuierlichen  Ätherextrakte 
52  Stunden  mit  Äther  ausgezogen.  Nach  Ah(himi)fen  des  Äthers  hinterbleiltt 
einmal  aus  Wasser  umgelöst  die  bei  180 — 181"  schmelzende  Bernsteinsäui-e. 

Lysinfäulnis. 

98,9  d-Lysinchlorid ,  10  y  Pepton,  20  (/  Glukose,  einige  Tropfen 
Natriumphosphat  und  Magnesiumsulfat  werden  in  4  /  Wasser  hei  Oegeuwart 
von  20^  kohlensaurem  Kalk  mit  einer  faulenden  ['ankreasflocko  versetzt 
19  Tage  bei  36"  gehalten.  Dann  wird  bei  phosphorsaurer  Reaktion  ein- 
geengt und  die  filtrierte  Flüssigkeit  der  Reinigung  mit  Tannin  und  Blei- 
oxyd unterzogen  und  nun  bei  schwefelsaurer  Reaktion  eine  Fällung  mit 
Phosphorwolframsäure  vorgenommen.  Die  aus  dieser  mit  Parytwasser  und 
Kohlensäure  gewiunbaren  Karbonate  bestanden  zum  größten  Teil  aus  Penta- 
methylendiaminkarbonat  (vgl.  P»d.  II,  8.  1022). 

III.  Die  fermentative  Desamidieruiig  der  Aminosäuren. 

Von  großem  Interesse  wäre  es,  die  Aminosäuren  auf  fermentativeni 
Wege  zu  desamidisren.  Man  könnte  so  einen  Einblick  in  die  Wege  der 
Spaltung  bekommen,  welche  sie  unter  dem  Einfluß  von  Mikroorganismen  er- 
leiden und  man  würde  wenigstens  Fingerzeige  für  die  Beantwortung  der 
Frage  erhalten,  wie  die  Aminosäuren  im  Darmkanal  abgebaut  werden,  ehe 
sie  einer  neuen  Synthese  zum  Eiweiß  zugeführt  werden.  Aus  den  zahl- 
reichen Spaltungsversuchen  von  Polypeptiden,  die  E.  Fischer  und  Abder- 
halden ausgeführt  hr.ben,  geht  hervor,  daß  die  bisher  gewonnenen  Fer- 
mente höherer  Lebewesen  keine  Abspaltung  von  Ammoniak  aus  Amino- 
säuren vollziehen,  denn  letztere  konnten  immer  als  solche  isoliert  werden. 
Auch  die  Hefe  kann  in  Gestalt  der  Dauerhefe  oder  ihres  Preßsaftes,  wie 
wir  gesehen  haben,  keinen  derartigen  Abbau  auslösen.  Etwas  hoffnungs- 
voller lauten  die  Berichte  über  die  desamidierende  Kraft  von  Schimmel- 
pilzfermenten  (Azetondauerpräparate  und  Preßsäfte).  Sie  entfalten  auf  ver- 
schiedene Aminosäuren  eine  wahrnehmbare,  w^enn  auch  recht  schwache 
Wirkung.  1)  Energisch  wirkte  ein  Azetondauerpräparat  von  Bac.  proteus 
vulgaris  auf  Asparagin  ein.  -}  Hierbei  wurden  fast  50Vo  des  im  Asjjaragin 
gebotenen  Stickstoffs  als  Ammoniak  abgespalten,  wobei  Asparaginsäure 
entstand.  Der  Beweis,  daß  auch  Bernsteinsäure  entstand,  wurde  jedoch 
nicht  erbracht.  Man  kann  also  auch  hier  von  keiner  wirklichen  Desami- 
dierung  der  Aminosäure  sprechen.  Es  handelt  sich  nur  um  die  Abspaltung 
des  Amidstickstoffs,  welche  Verseifung  naturgemäß  viel  leichter  verläuft. 
Das    desamidierende  Ferment   aufzufinden,    muß    der  Zukunft    überlassen 


^)  Shihata,  Über  das  Vorkommen  von  Amide  spähenden  Enzymen  bei  Pilzen. 
Beiträge  z.  ehem.  Physiol.  u.  I'athol.  Bd.  5.  S.  384  (1904).  —  II.  l'rituisheim ,  Über 
Pilzdesamidase.  Biochcm.  Zeitschr.  Bd.  12.  S.  16  (1908). 

")  Xaitiaski/,  Über  die  Umsetzung  von  Aminosäuren  durch  Bac.  proteus  vulgaris. 
Archiv  f.  Hyg.  Bd'.  66  (1908).  S.  209. 


ggg  Hans  Pringsheim. 

bleiben.  Am  größten  scheinen  die  Chancen  im  keimenden  Samen  zu  sein, 
in  denen  bekanntlich  eine  Eiweißneubildung  statthat.  Immerhin  sei  der 
lehrreiche  Versuch  von  Nawiaski/  hier  beschrieben. 

Fermentative  Ammoniakabspaltung  aus  Asparagin. 

Große  Mengen  von  Bac.  proteus  werden  gewonnen,  indem  man  mit  :>-  oder 
4''/oigeni  Pferdemistdekokt-Agar  beschickte  Petrischalen  (Durchmesser  18  cm) 
nach  dem  Erkalten  mit  einer  P)Ouillonaufschwemmung  des  Bazillus  be- 
streicht. Die  Schalen  bleiben  48 — 60  Stunden  im  Brutschrank  bei  35", 
dann  werden  die  Bakterien  mit  Hilfe  eines  Platinspatels  vorsichtig  vom 
Agar  abgehoben  und  in  sterilen  Gefäßen  gesammelt.  8  g  Proteus  gaben, 
nach  Buchner  (vgl.  Bd.  II,  S.  197)  in  ein  Azetondauerpräparat  verwandelt, 
2'55  ff.  Dasselbe  wurde  zuerst  mit  ö^/q  Asparaginlösung  angerührt  und  mit 
lg  Glaspulver  zerrieben  und  darauf  mit  5  ^  Toluol  in  100  cm^  der  Aspa- 
raginlösung gebracht. 

Nach  4V2  Tagen  konnten  folgende  Daten  ermittelt  werden: 

Ursprünglich  vorhanden  N  als  NH3  0'0826  g. 

Nach  41/2  Tagen  N  als  NH3  0-4536  g  oder  49-28o/o  des  mit  dem 
Asparagin  zugefügten  Stickstoffs.  Zu  Ammoniakbestimmung  verwendet  man 
in  solchen  Fällen  bei  leicht  zerlegbaren  Stickstoffsubstanzen  die  Bestimmun- 
gen ohne  Erhitzen  (vgl.  Bd.  III,  S.  765). 

Zersetzung  der  Fette,  Fettsäuren  und  Alkohole. 

A.  Fettzersetzung. 

Die  noch  nicht  sehr  eingehend  untersuchte  Zersetzung  der  Fette 
durch  Mikroorganismen  vollzieht  sich  verhältnismäßig  schwierig.  Selbst  im 
Boden  ist  die  Fettzersetzung  ein  im  Vergleich  zu  anderen  Abbauvorgängen 
sehr  langsamer  Prozeß.  1) 

Im  allgemeinen  scheint  der  Zersetzung  eine  lipolytische  Spaltung  vor- 
auszugehen. 2)  Immer  wird  nun  zuerst  das  Glyzerin  aufgezehrt. 3)  Die  Bak- 
terien sollen  dann  die  Fettsäuren  ohne  Auswahl  verzehren,  während  die 
Schimmelpilze  eine  Vorliebe  für  die  niederen  Fettsäuren  zeigen.  Neben- 
produkte sollen  bei  der  Fettoxydation  nicht  entstehen;  sie  soll  einer  völligen 
Verbrennung  gleichkommen,  was  aber  wohl  anzuzweifeln  ist.  Die  Fettzer- 
setzung soll  nur  aerob  und  nie  anaerob  verlaufen,  was  für  die  höheren  Fett- 
säuren   eine    gewisse  Begründung   im   geringen  Sauerstoffgehalt    findet.*) 


*)  Bubner,  Über  Spaltung  und  Zersetzung  von  Fetten  und  Fettsäuren  im  Boden 
und  in  Nährflüssigkeiten.  Archiv  f.  Hyg.  Bd.  38  (1900).  S.  67. 

^)  Eine  Zusammenstellung  der  bisher  bekannt  gewordenen  fettspaltenden  Mikro- 
organismen gibt  Kruse.  Allgemeine  Mikrobiologie.  S.  433. 

^)  Vgl.  auch  Schreiher,  tiber  den  Fettreichtum  der  Abwässer  und  das  Verhalten 
des  Fettes  im  Boden  der  Rieselfelder  Berlins.    Archiv  f.  Hyg.  Bd.  45  (1902).  S.  295. 

*)  Vgl.  das  Sammelreferat  von  0.  Bahn,  Die  Zersetzung  der  Fette.  Zentralbl.  f. 
Bakt.  II.  Abt.  Bd.  15  (1906).  S.  53. 


Methodik  der  Stoffwechseluntersuch ung  bei  Mikroorganismen. 


967 


Am  eingehendsten  ist  noch  die  Zersetzung  der  Butter  durch  Mikroorga- 
nismen studiert  worden,  deren  Ranzigwerden  auf  Mikroorganismen  zurück- 
zuführen ist.  1) 


Methodisches. 

Isolierung  fettzersetzender  Mikroorganismen. 

Die  P'ettzersetzung  geht  in  Anwesenheit  organischer  Stickstoffe [uellon 
schneller  als  bei  mineralischer  Stickstoffernährung  vonstatten.  Das  mul) 
naturgemäß  der  Anhäufung  fettzersetzender  Mikroorganismen  Schwierig- 
keiten in  den  Weg  stellen,  da  eine  Überwucherung  durch  andere  Arten 
in  Konkurrenz  mit  den  Fettzersetzern  möglich  ist.  Trotzdem  ist  die  Iso- 
lierung fettzersetzender  Bakterien  und  Schimmelpilze  in  lleiukultur  ge- 
lungen. 2)  Geschmolzenes  Fett,  Pahnfett,  Schweinefett  etc.  wird  in  einen 
schräg  liegenden  Erlenmeyerkolben  so  gegossen,  daß  es  nur  einen  kleinen 
Teil  der  Glaswand  bedeckt  (vgl.  Fig.  229).  Erst 
nach  dem  Erstarren  des  Fettes  wird  der  Kolben  JF'b-  229- 

aufgerichtet  und  mit  folgender  Nährlösung  be- 
schickt : 

0-50/0  K.2HPO, 

0-50/0  (NHJ3PO, 

0-1 0/0  Mg  SO, 

0-1 0/0  CaCl, 

SpurFeCls  und  Na  Gl. 


:-Y/a!le 


Die  Lösung  wird  vor  dem  Gebrauch  mit 
Natronlauge  bis  zur  amphoteren  Reaktion  gegen 
Lackmus  neutraUsiert ,  Avobei  sie  sich  durch 
Magnesiumammoniumphosphat  trübt,  das  man 
nicht  abfiltriert.  Man  impft  nun  mit  Erde  und 
beobachtet  nach  ein  paar  Wochen  eine  Ent- 
wicklung von  Bakterien  und  Schimmelpilzen 
(PenicilUum  glaucum,  Pen.  luteum  V),  die  in  drei 
Monaten  große  Löcher  in  das  Fett  fressen.  Zur 
Reinkultur   schüttelt   man   eine  l'5o/oige  Agar- 

mineralsalzlösung  im  geschmolzenen  Zustande  kräftig  mit  Palmfett.  Die 
Emulsion  rahmt  schnell.  Man  trennt  die  fettreiche  obere  Schicht  von  der 
fettarmen  unteren,  die,  durch  ganz  kleine  Fetttröpfchen  leicht  getrübt, 
noch  genügend  Fett  zur  Ernährung  enthält.  Diese  Nährlösung  benutzt 
man  für  Plattenkulturen. 


Vpransohanlichunff  der  Fett- 
zersutzung  durch  Mikroorga- 
nismen nach  Jinhn. 


')  Vgl.  die  Zusammenstellung  bei  F.  Xö/uu's,  Handb.  d.  landwirtschaftl.  Bakt.  Ber- 
lin. Gebr.  Bornträgor.  1910.  S.  298. 

-)ü.liahn,  Die  Zersetzungen  der  Fette.  Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  15. 
(1906).  S.  422. 


9(58  Hans  Pringsheim. 

Nachweis  der  hydrolytischen  Wirkung. i) 

Viel  verbreiteter  als  die  oxydierende  ist  die  hydrolysierende  Wir- 
kung auf  Fette.  Sie  läßt  sich  folgendermaßen  nachweisen:  ^lan  setzt  zu 
Nährgelatine  ein  Glyzcrid,  dessen  beide  Komponenten  in  Wasser  löslich  sind, 
z.  I>.  5"/o  Butyrin.  Die  so  erhaltenen  Platten  sind  durch  kleine  Tröpfchen 
getrübt.  An  den  Stellen,  an  denen  das  lipolytische  Ferment  der  Kolonien 
wirkt,  bilden  sich  um  dieselben  durchscheinende  Kränze.  Bakterien,  welche 
keine  Lipase  enthalten,  wachsen  auf  solchen  Platten  nicht.  Bisweilen  ist 
es  vorteilhaft,  statt  des  Butyrins  Oleiin  anzuwenden;  in  diesem  Falle  bil- 
den sich,  wenn  man  der  Gelatine  Kalisalpeter  zusetzt,  um  die  Kolonien 
weiße  Kränze  von  feinen  Kristallen  (ElaidinsäureV),  sobald  die  Bakterien 
imstande  sind,  Nitrate  in  Nitrite  zu  verwandeln.  So  wirkt  z.  B.  Bac.  fluo- 
rescens  liquef. 

Die  Nährgelatine  hat  folgende  Zusammensetzung: 


Butvrin  oder  Triolein       .     O'ö^/o 

KNÜ3 O-P/o 

K,HP04 0-05Vo 


Anorganische  Salze.  Spuren 
Gelatine 15— 20o/o- 


B.  Zersetzung  der  Fettsäuren. 

In  der  Natur  findet  eine  Zersetzung  der  Fettsäuren  und  anderer 
Säuren,  wie  Milchsäure,  Äpfelsäure,  Weinsäure,  Zitronensäure  und  ähnlicher 
Säuren  statt.  Die  Untersuchung  des  Abbaues  dieser  Säuren  durch  Mikro- 
organismen, die  zu  sehr  verschiedenen  Produkten,  meist  Kohlensäure, 
Methan,  Wasserstoff  und  niedrig  molekularen  Säuren  führen  kann,  stammt 
aus  einer  Zeit,  da  die  Pteinkultur  noch  unbekannt  war.  Dieses  interessante, 
von  Fitz,  Hop2)e-Seijler  und  anderen  angeschnittene  Gebiet  liegt  demnach 
noch  im  argen,  so  sehr  auch  neuere  eingehende  Untersuchungen  erwünscht 
wären.  Literaturzusammenstellung.  - ) 


^ö- 


Vergärung  der  Ameisensäure. 

Nach  Omdianski'^)  werden  Ameisensäure  zersetzende  Bakterien  an- 
gehäuft, wenn  Lösungen  von  27o  Kalziuraformiat  und  0*1  Vo  Pepton  in 
Leitungswasser  in  Tiefenkultur  mit  Pferdemist  beimpft  werden.  Unter 
dem  Einfluß  des  fakultativ  anaeroben  Vergärers  wird  Kalziumkarbonat 
abgeschieden  und  das  Kalziumformiat  nach  folgender  Gleichung  vergoren: 
Ca  (CHO,)  2  +  H.,  0  =  Ca  CO3  +  CO.  +  2  H,. 

Der  so  gewonnene  Organismus  vergärt  nur  Ameisensäure  und  keine 
anderen  Fettsäuren,  noch  Oxalsäure  etc. 

0  E.  de  Kru]itf',  Les  bactöries  h\  dvolysant  et  oxydant  les  graisses.  Bull,  du  dep. 
de  l'agriculture  Indes  neerl.  1907.  Nr.  IX;  Kochs  Jahresbericht.    Bd.  18  (1907).    S.  510. 

-)  Kruse,  Allgemeine  Mikrobiologie.  436.  —  0.  Emmerling,  Die  Zersetzung  stick- 
stofffreier organischer  Substanzen  durcli  Bakterien.  F.  Vieweg  und  Sohn.  Braunschweig 
1902.  S.  121). 

^)  W.  Omclianski,  Über  die  Zersetzung  der  Ameisensäure  durch  Mikroben.  Zen- 
tralblatt f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  11.  S.  177  (1903). 


Methodik  der  Stoffwechseluntersuchuug  bei  Mikroorgauismoii.  969 

Die  Fähiiikeit,  Ameisensäure  zu  vergären,  kommt  verschiedenen  liak- 
terienarten  zu,  z.  B.  dem  Bac.  coli  und  dem  Proteus  vulgaris:  über  den 
Verlauf  der  Vergärung  durch  diesen  sind  eingehende  ]'iitersuchungen  an- 
gestellt worden  J) 

Über  die  Vergärung  der  Ameisensäure  zu  .Methan  vgl.  unter  Wasser- 
stoff, S.  977. 

Vergärung  der  Essig-  und  Buttersäure. 

Diese  Säuren  werden  in  anderer  Weise,  und  zwar  unter  Abspaltung 
von  Kohlensäure  und  Methan,  essigsaures  Kalzium  z.  B.  nach  der  Reak- 
tion vergoren: 

Ca  (C,  H3  ().  )o  +  H2  0  =  2  CH,  +  COo  +  Ca  CO3, 
wenn   man    Lösungen   von    2Vo  essigsaurem    Kalzium    und    0-2Vo  Pepton 
in  Leitungswasser  mit  altem  Kuhmist  beimpft,  ^j 

*  * 

* 

Anschließend  sei  hier  bemerkt,  dal»  Milchsäure  zu  Buttersäure  oder 
auch  Propionsäure,  Zitronensäure  und  Weinsäure  zu  einfacheren  Säuren 
vergoren  werden.  Kalziumtartrat  wird  von  gewissen  Spirillen  nach  neuen 
Angaben  glatt  zu  Kohlensäure  und  Wasser  verbrannt.^)  All  die  Mikro- 
organismen, welche  diese  und  andere  Umwandlungen  von  Säuren  voll- 
ziehen, sind  durch  Anhäufung  nicht  ohne  weiteres  zu  beschaffen.  Das  Re- 
sultat hängt  vom  Zufall  und  Geschick  des  einzelnen  ab.  Methodisch  bildet 
die  Umwandlung  nichts  besonderes. 

C.  Zersetzung  der  Alkohole. 

L  Umwandlung  mehrwertiger  Alkohole. 

Mannit,  Dulzit,  Glyzerin  und  andere  Alkohole  sind  für  sehr  zahl- 
reiche Mikroorganismen  geeignete  Kohlenstoffquelleu.  Die  Produkte  ihrer 
Zersetzung,  die  vielfach  untersucht  wurden  •*).  sind  Säuren  und  niedere 
Alkohole  (Butylalkohol,  Äthylalkohol,  Methylalkohol)  verschiedener  Art.  nicht 
nur  in  Abhängigkeit  von  speziellen  Mikroorganismenarten,  sondern  auch 
von  verschiedenen  anderen,  schwer  festzulegenden  Versuchsbedingungen. 
Der  Verlauf  dieser  Zersetzung  ist  kein  einheitUcher.  !>)  Auf  die  Einzel- 
heiten kann  hier  nicht  eingegangen  werden.  Wichtig  ist  die  liutylalkohol- 


')  Fratizen  und  Braun,  Beitrilire  zur  Biochemie  der  Mikrooriranismcu.  Biocheni. 
Zeitschr.  8  (1909).  S.  29.  —  Franzoi  mu\  Grcve,  Zoitschr.  f.  phvs.  Chom.  ß4.  KU):  67. 
251;  70.  19  (1910). 

^)  Omelianski,  Über  Methanbiklung  in  der  Natur  bei  biolodschen  Prozessen. 
Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  15  (19(JG).  S.  079. 

'■^)  O.  Emmerliug,  Vergärung  von  Kalziumtartrat.  Zentralbl.  f.  Bakt.  11.  Abt.  Bd. 21 
(1908).  S.317. 

■*)  Literatur  bei  Kruse,  Allgemeine  Mikrobiologie.  S.  418. 

^)  Vgl.  z.B.  Frankland,  Transactions  of  tlic  clicin.  Soc.  1891 ;  A'of/i.«  Jaiiresbericht. 
2.  S.  234,  237  (1892);  3.  S.  229  (1893). 


970  Hans  Pringsheim. 

gärung  des  Glyzerins,   da   sie   die   beste  Quelle   zur  Darstellung  des  nor- 
malen Butylalkohols  ist. 

Darstellung  von  n-Butylalkohol  aus  Glyzerin.^) 

Der  Erreger  dieser  Gärung  wurde  isoliert,  indem  eine  mit  5%  Gly- 
zerin versetzte  und  mit  dem  Infus  eines  elsässischen  Heus  beimpfte  Nälir- 
salzlösung,  zur  Entfernung  des  Sauerstoffs,  evakuiert  und  dann  bei  40** 
kultiviert  wurde.  Man  kann  auch  mit  Kuhexkrementen  impfen;  doch  ent- 
halten nicht  alle  den  Butylalkoholbazillus.  Nach  nochmaliger  Anhäufung 
unter  denselben  Bedingungen  wurde  dann  anaerob  auf  Platten  kultiviert 
und  so  eine  Reinkultur  des  fakultativen  anaeroben  Buttersäurebakteriums 
gewonnen.  Zur  Darstellung  des  n-Butylalkohols  verfährt  man  so 2),  daß 
man  eine  lOVoige  Glyzerinlösung,  die  O^P/o  Pepton  oder  Fleischextrakt 
und  einen  Überschuß  von  kohlensaurem  Kalk  zur  Neutralisierung  der  sich 
bildenden  Säuren  enthält,  nach  der  Impfung  mit  einem  Gärverschluß  ab- 
schließt. Da  man  wegen  der  schnellen  Entwicklung  des  Bazillus  nicht  zu 
sterilisieren  braucht,  kann  man  im  großen  Maßstabe  z.  B.  in  Schwefelsäure- 
ballons von  50  /  Inhalt  arbeiten.  In  einem  solchen  Kolben  ist  die  erste  Gärung 
etwa  nach  4  Wochen  beendet,  was  man  daran  erkennt,  daß  keine  Gasblasen 
mehr  durch  den  Gärverschluß  entweichen.  Man  gießt  die  Flüssigkeit  dann  vom 
Schlamm  ab,  und  destilliert  so  lange  ab,  bis  das  Destillat  auf  der  Zunge  keinen 
brennenden  Geschmack  mehr  zurückläßt.  Dann  bringt  man  die  erkaltete 
Flüssigkeit  wieder  auf  den  Schlamm  und  stellt  von  neuem  zur  Gärung 
auf.  Nach  nochmaliger  Destillation  kann  man  die  Gärung  wiederholen.  Die 
vereinigten  Destillate  werden  von  neuem  destilliert,  ihr  Destillat  mit  Pott- 
asche gesättigt,  die  Alkohole  abgehoben  und  über  entwässertem  Natrium- 
sulfat getrocknet.  Dann  wird  fraktioniert  destilliert  und  der  zwischen  114 
bis  118"  übergehende  Anteil  aufgefangen.  Die  Ausbeute  beträgt  im  Höchst- 
falle lO^/o  des  Glyzerins. 

IL  Oxydation  von  Sorbit  und  Glyzerin  durch  das  Sorbose- 

bakterium.  ^) 

Das  Sorbosebakterium,  identisch  mit  dem  Bacterium  xyliiium  Brown, 
dessen  Zooglöa  unter  dem  Namen  Essigmutter  bekannt  ist,  wurde  aus 
dem  der  Selbstvei'gärung  überlassenen  Saft  der  Vogelbeere  isoliert.  Es  oxy- 
diert Alkohole  unter  Sauerstoffaufnahme  zu  Zuckern,  und  zwar  nur  solche, 

H 

deren   vom   Bakterium    anzugreifendem  Hydroxvl   der  — C —  Gruppe   ein 

1 
OH 

')  0.  Etnmerling ,  Butylalkoholische  Gärung.  Ber.  d.  Deutsch,  ehem.  Gesellsch. 
Jg.  30  (1897).  S.  451. 

■)  Privatmitteilunsr  von  0,  Emmerling. 

^)  G.  Bertrand,  Biologische  Studie  über  das  Sorbosebakterium.  Annal.  de  chim. 
et  de  phys.  [8].  T.  3.  p.  181  (1904). 


Methodik  der  Stoffwochseluntcrsuchunir  hoi  Mikroorganismen.  97] 

anderes  Hydroxyl  der  nädisten  Gruppe  und  nicht  das  H-Atoni  auf  derselben 
Seite  der  Kette  benachbart  ist.  Aus  diesem  Grunde  hat  das  Bakterium  auch 
für  die  Zuckercheniie  einen  diai>nostischen  "Wert. 

Darstellung  der  Sorbose  und  dc^  Dioxyazetnns. 

Man  kann  von  Beerensäften  oder  reinem  Sorbit  ausgehen.  In  letz- 
terem Falle  setzt  man  Hefewasser  zu.  -2^)0  cm -^  dieser  •2"/o'gf'"  Sorbitlösung 
sind  in  dünner  Schicht  beimpft  nach  8 — 4  Wochen  hei  ;',()"  zni-  Entfer- 
nung der  Zooglöa  bereit.  Nach  dem  Fällen  mit  IJleizucker  und  Kntfernen 
des  überschüssigen  Bleis  mit  H2S  wird  im  \'akuum  eingedampft,  worauf 
beim  Abkühlen  der  Zucker  auskristallisiert.  Aus  lüO^Soi'bit  gewinnt  man 
60 y  Sorbose.  Bei  Verwendung  von  Soibussäften  muß  man  erst  die  Erd- 
alkalien mit  H0SO4  entfernen  und  mit  Alkohol  fällen,  ehe  der  Zucker  zur 
Kristallisation  kommt.  —  Auf  dieselbe  Weise  kann  man  (aus  Erytrit 
Erytrose  und)  aus  Glyzerin  Dioxyazeton  gewinnen,  die  man  in  Gestalt 
ihrer  kristallinischen  Bisulfitverbindungen  isolieren  kann.  Wie  vorher  her- 
vorgehoben, bietet  das  Dioxyazeton  w  egen  seiner  Vergärbarkeit  durch  Hefe 
Interesse. 

ni.  Oxydation  des  Äthylalkohols. 

Die  Fähigkeit,  xVlkohol  zu  oxydieren,  kommt  zahlreichen  Mikroorga- 
nismen, z.  B.  verschiedenen  Schimmelpilzen,  zu.  Sie  können  hierbei  Essig- 
säure, bisweilen  auch  Oxalsäure  bilden  oder  eine  völlige  X'erbrennung  zu 
Kohlensäure  vollziehen.  In  ausgesprochener  Weise  ist  hierzu  z.  B.  die  Alle- 
scheria Gayonii  befähigt,  die  den  aus  Zucker  gebildeten  Alkohol  weiter 
verbrennt.!)  Die  Möglichkeit,  diese  Oxydation  zu  vollziehen,  hängt  natur- 
gemäß vom  Resistenzgrad  gegen  den  Alkohol  ab,  der  in  höheren  Konzen- 
trationen für  die  meisten  ^likroorganisnien  ein  Gift  ist.  Besonders  ausge- 
zeichnet sind  in  dieser  Beziehung  die  Mycodermaarten  2)  und  die  Essig- 
bakterien 3),  von  denen  letztere  bei  lOVo  Alkohol  am  günstigsten  und  bis 
zu  einer  Grenze  von  14''/o  gedeihen.  Interessant  ist,  daß  einige  Arten  der 
Essigbakterien  auch  Methyl-,  Propyl-,  Butyl-,  Isobutyl-  und  selbst  Amyl- 
alkohol zu  oxydieren  imstande  sind.*)  Die  bei  solchen  Vergärungen  des 
Alkohols  entstehenden  Nebenprodukte  bedtirfen  noch  einer  eingehenden 
Bearbeitung.  Die  chemische  Untersuchung  bietet  nach  dem  über  die  Be- 
stimmung der  Alkohole  und  Säuren  Gesagten  (Bd.  II,  S.  1 )    nichts    neues. 


V)  Lahorde,  Recherches  physiologiques  siir  une  inoissnre  uoiivellc,  rEurotiopsis. 
Gayonii.  Annal.  de  l'Inst.  Pasteur.  T.  11.  p.  1.  1897.  —  Mnzi',  Recherches  siir  le  mode 
d"utilisation  da  carhone  ternaire  par  les  vegt5taux  et  les  microl)es.  Ebenda.  T.  18. 
p.  288  (1904). 

^)  Vgl.  R.  Meissner,  Die  Mycodermen.  Lafars  Handbucli  der  technischen  Myku- 
logie.  Bd.  IV.  S.  302. 

=*)  Literatur  bei  0.  Emiiterlin;/,  Die  Zersetzung  stickstofffreier  organischer  Sub- 
stanz durcli  Bakterien.  S.  12. 

*)  W.  Seifert,  Beiträge  zur  Physiidogie  und  Morphologie  der  EssigsiUirebakterien. 
Zentralbl.  f.  Balit.  II.  Abt.  Bd.  .S.  S.  337  (1897). 


Q'J2  Hans  Priugslieim. 

Es  gibt  sehr  verschiedene  Arten  von  Mycodermen  und  Essigsäurebakterien, 
die  mir  durch  den  geül)ten  Systematiker  zu  unterscheiden  sind. 
Man  kann  diese  Pilze  wie  folgt  anhäufen. 

Anhäufung  von  Mycoderma  und  Essigsäurebakterien.^) 

Im  Bier  kommen  die  Essigsäurebakterien  immer  in  Begleitung  von 
Kahm])ilzen  vor.  Läßt  man  Bier  in  einem  sterilen  zur  Hälfte  damit  ange- 
füllten Becherglas  bei  250  stehen,  so  hat  sich  nach  einiger  Zeit  eine  Haut 
von  Mycoderma  gebildet,  welche  die  Essigbakterien  unterdrückt. 

Die  Mycoderma  kann  wenig  Säure  vertragen  und  ist  empfindhch 
gegen  höhere  Temperatur.  Die  Essigbakterien  vertragen  viel  Säure.  Be- 
züglich der  Temperatur  zerfallen  sie  in  eine  kryophile  bei  niederer  und 
eine  termophile  bei  höherer  Temperatur  gedeihende  Gruppe.  Je  niedriger 
die  Temperatur  ist,  desto  mehr  Säure  ist  zur  Unterdrückung  der  ^lyco- 
derma  erforderlich.  Man  verfährt  deshalb  so,  daß  man  6  sterile,  mit 
flanbierten  Uhrgläsern  bedeckte  Bechergläser  (200  cm^)  mit  den  in  der 
folgenden  Tabelle  angegebenen  Konzentrationen  von  Essigsäure  in  Bier 
versetzt  und  bei  den  aus  der  Tabelle  zu  entnehmenden  Temperaturen 
kultiviert.  So  erhält  man  die  beiden  Gruppen  der  Essigsäurebakterien. 
Temperatur  40  35  HO  25  20  15«  C 
Essigsäure  0         5       10       15       20       25V„. 

Als  künstliche  Nährlösung  für  das  die  Schnellessiggärung  bewirkende 
Bact.  aceti  ist  folgende  zu  empfehlen  2): 

100  g  Leitungswasser. 

3  g  Alkohol 
0"05  g  Ainmonphosphat. 
0-01  g  Chlorkalium. 
Die  Hauptfundgrube  für  Essigsäurebakterien  sind  die  Hobelspäne  der 
Essigfabriken. 

Das  Ferment  der  Alkoholoxydation 

wurde  auf  ähnhche  Weise  wie  die  Azetondauerhefe  aus  Essigsäurebakterien 
hergestellt.  In  Gegenwart  von  Toluol  zeigte  es  schwache,  jedoch  analytisch 
verfolgbare  Oxydation  zu  Essigsäure.  3) 

Gasstoffwechsel. 

A.  Sauerstoff. 

Daß  alle  aeroben  Mikroorganismen  bei  der  Atmung  Sauerstoff  ver- 
brauchen, ist  von  vornherein  klar.  Daß  auch  die  Anaeroben,  die,   wie  wir 


')  ('.  Bergsten,  Trennung  dei'  Mycoderma  von  den  Essigsäurebakterien  im  Bier 
durch  Anhäufung.  "NVochenschr.  f.  Brauerei.  1906.  S.  596. 

■•')  E.  Küster,  Anleitung  zur  Kultur  der  Mikroorganismen.  S.  169. 

■'')  E.  BiichneruudJ.  Meisenh('ii)icr,  Enzyme  bei  Spaltpilzgäruugen.  Ber.  d.  Deutsch, 
ehem.  Gesellsch.  Jg.  39  (190.S).  S.  634.  —  E.  Büchner  und  B.  Gaimt,  Über  die  Essig- 
gärung. Liebigs  Annalen.  Bd.  349.  p.  125  (1906). 


Metbddik  der  Stoffwccliseiuiitorsiichuug  Itoi  Mikroorganismen. 


117:; 


gesehen  haben,  in  der  Tat  in  vielen  Generationen  tiaiiz  ohne  freien  Sauer- 
stoff auskommen  können,  doch  die  geringen  Spuren  dieses  Gases,  die  ihnen 
nicht  schädlich  sind,  in  den  Stoffwechsel  reißen,  um  damit  XCihicniiungcu 
zu  vollziehen,  haben  wir  schon  bemerkt.  Die  Mikrooiganismenenite,  das 
heißt  also  der  AVachstumsquotieut .  steht  in  gewisser  direkter  Üezieliung 
zum  Kalorienwert  der  verbrauchten  Xahiung.  Die  komplette  \eibreiinung 
liefert  auch  eine  bessere  kalorische  Ausnützung  als  die  Spaltungs- 
gärungen. Die  Menge  verbrauchten  Sauerstoffs,  bezogen  auf  die  Eiidieit 
der  Mikroorganismenmasse,  kann  außerordentlich  groß  sein,  z.  15.  verbrau- 
chen 0-5  g  Leibessubstanz  der  Essigsäurebakterien  löömal  so  viel  Sauer- 
stoff, wobei  sie  240mal  so  viel  Alkohol  zu  Essigsäure  verbrennen. 

Die  Produkte  der  mikrobiellen  Verbrenming  köniu'n  außeroi'dentlich 
vielfältiger  Natur  sein.  Zahlreiche  haben  wir  schon  in  Ei'wägung  gezogen. 
Die  Bestimmung  der  gasförmigen  Exkrete  ist  im  Dd.  111,  S.  510  beschrieben 
worden. 


Fermentative  Oxydation.^) 

Durch  Azeton,  Methylalkohol  oder  flüssige  Luft  al)getötete  Schimmel- 
pilze (über  die  Arten  wird  nichts  angegeben)  vermögen  in  Gegenwart  von 
Antisepticis  (V2''/o  NaFl  und  etwas  Thymol)  Säuren,  wie  Weinsäure,  Milch- 
säure, Traubensäure,  Mandelsäure,  zu  oxydieren.  Die  Kohlensäureproduktion 
wurde  durch  Überleiten  der  Gase  vermittels  eines  Luftstroms  im  Kali- 
apparat gemessen.  Die  Fermentwirkung  dauert  nur  kurze  Zeit  an  und 
war  nach  86  Stunden  nicht  mehr  wahrnehmbar.  Wichtig  ist,  daß  ( )xy- 
säuren  ohne  asymmetrisches  Kohlenstoffatoni  nicht  angegriffen  wurden. 
Bei  solchen  mit  asymmetrischem  Kohlenstoffatoni  wurden  die  verschie- 
denen Antipoden  verschieden  schnell  verbrannt.  Daraus  wird  gi'schluß- 
folgert,  daß  die  Elektion  der  Nährstoffe  auf  einer  verschiedenen  l\eaktions- 
beschleunigung  beruht,  mit  der  die  Substrate  von  den  Agenzien  (Azid- 
oxydase  genannt)  des  Organismus  angegriffen  werden,  hie  Lösungen 
enthielten  '-V/o  der  freien  Säure. 

Beispiel. 
Je  11'2 /•/  trockene  Pilzsulistanz. 


Z  n  s  a  t  z 


L-Weiusäure 
R-\\'einsaure 
Mesoweinsäiire 
Traubeusäure 
Wasser      .    . 


Gesamte  produzierte  CGj 


Verbrauch 
(^dnrch  Titration  bestiramt) 


0-0511  (f 
UÜ869  q 
0-0343  (/ 

0-0348  (I 


0-(X)82  g 
(VU(;2Ü  // 
oa)02  '() 
Ü0300  n 


')  llcrzofi    und  Meier,    tlier    Oxydiition    diircli    Schinmielpilze 
Chemie.  Bd.  57(1908).  S.  34;  Bd.  59  (l'üOÜ).  8.  50. 


Zeitsclir.  f.  plixs. 


9^4  Hans  Pringsheim. 

B.  Kohlensäure. 

Die  Kohlensäure  ist  sehr  häufig  das  Endprodukt  der  Verbrennung 
der  Kohleustoffnahrung  bei  Mikroorganismen,  sowohl  im  aeroben,  wie  im 
anaeroben  Stoffwechsel.  Sie  tritt  hierbei  als  Endprodukt  des  Energie 
liefernden  Stoffumsatzes,  häufig  auf  die  Einheit  der  Mikroorganismenmasse 
bezogen,  in  großer  Menge  auf.  Wie  man  sie  auch  neben  anderen  Gasen 
auf  gasanalytischeni  Wege  (Bd.  III,  S.  555)  oder  durch  Absorption  (Bd.  III, 
S.  516)  bestimmt,  wurde  schon  angegeben. 

Mit  einem  C'hlorophyllapparat  ausgerüstete  Mikroorganismen,  wie 
Algen  und  Flagellation,  vermögen  die  Luftkohlensäure  in  derselben  Weise 
wie  höhere  Pflanzen  zu  assimilieren.  Spezielle  Untersuchungsmethoden  dieser 
Assimilation  sind  bisher  nicht  angegeben  worden.  Es  muß  auf  die  bei 
höheren  Pflanzen  in  diesem  Bande  (Beitrag  von  E.  Fringsheini)  verwiesen 
werden.  Auch  die  Engelmannsi'he  Bakterienmethode  zum  Nachweis  und  zur 
Lokalisierung  der  Assimilation  im  Spektrum  wird  dort  beschrieben. 

Die  Assimilation  der  Kohlensäure  durch  Purpurbakterien  ist  von 
Molisch'^)  bestritten  worden.  Dagegen  wird  die  Kohlensäure  von  Ammoniak, 
Eisenoxydulsalz  und  Schwefelwasserstoff  (oder  Schwefel)  oxydierenden  Bak- 
terien mit  Ausnutzung  der  bei  diesen  Oxydationen  fi'ei  werdenden  Energie 
assimihert.  Näheres  darüber  findet  man  im  Abschnitt  E3  und  F. 

Die  Assimilation  des  Kohlenoxyds  durch  Bakterien  ist  noch  unbe- 
wiesen. '^ 

C,  Wasserstoff. 

Der  Beweis,  daß  Wasserstoff  von  Bakterien  oxydiert  wird,  ist 
mehreren  Forschern  geglückt.  Dagegen  sind  ihre  sonstigen  Resultate  sehr 
widersprechend.  Vor  allem  sind  die  bei  der  Verbrennung  von  Wasserstoff 
stattfindenden  chemischen  Vorgänge  noch  nicht  genügend  klargelegt.  Man 
kann  aus  dem  bisher  Mitgeteilten  nicht  herauslesen,  ob  es  sich  hier  um 
einen  einheithchen  Vorgang  handelt  oder  ob  unter  verschiedenen  Bedingungen 
verschiedene  Prozesse  vor  sich  gehen.  Von  einer  Seite  3)  wird  behauptet, 
daß  aUe  als  Methanbilder  bekannt  gewordenen  Mikroben  das  Vermögen  be- 
sitzen, den  Wasserstoff  unter  Methanbildung  (C( Ja  4-  4  Hj  =  CH4  -f  2  H2  0) 
binden  zu  können.  Andrerseits  soll  es  Bakterien  geben,  die  unter  Assimila- 
tion von  Kohlensäure  im  Dunkeln  bei  Gegenwart  von  Sauerstoff  Wasser- 
stoff oxydieren.*)  Hierbei  soll   die  Reduktion   der   Kohlensäure   zu   Form- 


*)  Molisch,  Die  Purpurbakterien.  Jena  1907. 

-)  B.  Niki eivski.  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  wasserstoff  oxydierender  Mikroorganismen. 
II.  Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  20  (1908).  S.  469. 

^)  X.  L.  Söhngen,  Anhäufung  von  Methanmebrorn  und  Methanzebreru.  Entstehen 
und  Verschwinden  von  Wasserstoff  und  Methan  unter  dem  Einfluß  des  organischen 
Lebens.  Diss.  Delft  1906.  Ökologie.  S.  256. 

'*)  Jf.  Kaserer,  Über  die  Oxydation  des  Wasserstoffs  und  des  Methans  durch 
Mikroorganismen.  Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  15  (1906).  S.  573. 


i 


Methodik  der  Stoffwechseluntcrsuchuiitr  l)oi  Mikroorganismen.  975 

altlehyd  durch  den  Wasserstoff  derart  beschleunigt  \v('r(lcii.  (hill  der  Forni- 
aldehyd  als  Nährstoff  dienen  kann,  i) 

Die  Vereinij^unii  von  Sauerstoff  und  Wasserstoff  im  Kiialli^asvcr- 
hältnis  unter  i^ieichzeitigem  Verbrennen  von  Kohlensäui-e  wurde  von  anderer 
Seite  bestätigt  2),  aber  auch  hier  \vurde  keine  Aufklärung  über  das  \'er- 
halten  der  drei  Gase  Wasserstoff,  Sauerstoff  und  Kohlensäiii-e  bei  derartigen 
Vorgängen  erbracht.  Die  Frage,  ob  es  sich  also  um  eine  langsame  Knall- 
gasverbrennung handelt,  bei  der  die  frei  werdende  Energie  zur  Assimilation 
der  Kohlensäure  verwendet  wird,  oder  ob  eine  Reduktion  der  Kohlensäure 
ohne  Sauerstoffmitwi]-kung  mit  darauffolgender  Ausnutzung  der  Reduktions- 
produkte  durch  die  Mikroorganismen  als  Kohlenstoff([uelle  vorliegt,  ist  noch 
unklar.  Letzteres  wird  durch  die  Tatsache  wahrscheinlich  gemacht,  daß 
die  in  Reinkultui-en  erhaltenen  Bakterien  auch  heterotroph  zu  einäliren 
Avaren.  3)  Durch  organische  Verbindungen  wird  der  freie  Wasserstoff  mehr 
oder  weniger  geschützt ;  es  handelt  sich  hier  also  um  eine  Klasse  von 
niederen  Organismen  mit  höchst  kompliziertem  Ernährungsmechanismus. 
Noch  ungeklärter  ist  die  behauptete  Reduktion  der  Kohlensäure  zu  Kolilcn- 
oxydi)  in  einem  Bakteriengemisch  durch  den  Wasserstoff  und  die  Assimila- 
tion des  Kohlenoxyds  durch  Mikroorganismen.*) 

Anhäufung  Wassertoff  oxydierender  Bakterien.-) 
a)  Knallgasverbrennung. 

Ich  gebe  hier  die  zweite  der  zur  Anhäufung  dieser  Bakterien  be- 
schriebenen Methoden  (die  erste  unter  ^)  wieder,  die  es  gestattet,  die  (läse 
zu  analysieren.  Das  von  Kascrer^)  verwandte  Nährsalzgemisch  enthielt  als 
Stickstoffquelle  Chlorammonium;  die  Gefahr  des  Einsetzeus  (k'r  Kohlen- 
säureassimilation unter  dem  Einflüsse  der  Nitrifikation  scheint  hier  nicht 
ausgeschlossen.  Bei  Verwendung  von  Salpeter  als  Stickstoffnahrung  ist 
dieser  Umstand  vermieden,  wobei  jedoch  die  Gefahr  der  Ausnutzung  des 
im  Salpeter  gebundenen  Sauerstoffs  und  die  damit  einhergehende  Denitri- 
fikation bei  Gasanalysen  zu  berücksichtigen  ist.  Durch  Wiedergabe  der 
Apparate  von  Nabokich  und  Lehedejf  will  ich  jedoch  nicht  ausdrücken, 
daß  nicht  eine  bequemere  Methodik  auffindbar  sein  mag. 

Es  werden  runde  A'akuumkolben  von  Vs — IV2  l  Kapazität  mit  einem 
rechtwinklig  nach  unten  gebogenen  Seitenrohr  verwendet.  Sie  wurden  mit 
100,  respektive  150  cm^  folgender  Nährlösung  beschickt:  1000  crn^  Wasser, 
O-ö^NXHPCV  2-0(7KNÜ3.  02  (/ MgSO^,  Ir/NaHCUs  und  etwas  FeCls; 


*)  IL  Kaserer,  Die  Oxydation  des  Wasserstoffs  durch  Mikroorgauisnicn.  Zeiitralld. 
f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  16  (1906).  S.  «81  u.  769. 

=)  A.  J.  Nabokich  und  Ä.  F.  Lebedeff,  Über  die  Oxydation  des  Wasserstoffs  durcli 
Bakterien.  Zcntralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  17  (1907).  S.  350. 

3)  Nikleivski,  t)ber  die  Wasserstoffoxydatiou  durch  Mikroorganismen.  Jahrb.  f. 
wissenschaftl.  Botanik.  Bd,  48  (1910).  S.  113.' 

*)  B.  Nikleivski,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  wasserstoffoxydiereuder  Mikroorga- 
nismen. II.  Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  20  (1908).  S.  469. 


976 


Hans  Pringsheim. 


die  Lösung  zeigt  schwache  Alkalinität  (ca.  0*05^  H2SO4  auf  100  cm'^). 
Nach  Beimpfen  mit  Erdpartikehi.  respektive  Flüssigkeitstropfen  von  früheren 
Kulturen  wurde  der  Hals  der  Kolben  zugeschmolzen,  das  Seitenrohr  aber 
mit  einer  Ölpumpe  in  Verbindung  gebracht,  die  es  gestattete,  im  Kolben 
in  wenigen  Minuten  ein  fast  vollkommenes  Vakuum  zu  erzielen,  welches 
dann  mit  kohlensäurehaltigem  Knallgas  bis  zum  Atmosphärendruck  aufge- 
füllt wurde.  Darauf  wurde  das  Kautschukende  des  Ansatzrohres  mit  einem 
Glasstab  verschlossen,  und  in  ein  Probierglas  unter  Quecksilber  getaucht. 
Bei  Inkubation  (26"  C)  wurden  zuerst  am  Boden  des  Gefäßes  Bakterien- 
klümpchen  wahrgenommen;  nach  5—6  Tagen  fing  die  Lösung  zu  opales- 
zieren an  und  nach  8 — 10  Tagen  war  auf  der  Oberfläche  eine  schleimige 
Bakterienhaut  zu  beobachten.  Dies  war  mit  Erniedrigung  des  Gasdruckes 
im  Kolben  verbunden,  in  den  stürmisch  Wasser  eindrang,  wenn  er  unter 
Wasser  geöffnet  wurde.  Nach  25 — ßO  Tagen  war  gewöhnlich  ein  volles 
Vakuum  im  Kolben  zu  beol)achten.  Bei  dem  Verfahren  hatte  sich  schein- 
bar nur  eine  Bakterienart,  dünne  Stäbchen  von  16 — 2  [j.  Länge,  angehäuft. 
Um  Gas  zur  Analyse  zu  entnehmen,  wurde  der  Kolben  mit  einem  völlig 
evakuierten  oder  mit  W'asser  gefüllten  Kolben  in  Verbindung  gebracht. 
Bei  der  zweiten  Überimpfung  wurden  folgende  Analysenresultate  erzielt, 
die  zeigen,  daß  eine  Vereinigung  von  Sauerstoff  und  Wasserstoff  im  Knall- 
gasverhältnis stattgefunden  hatte.  Die  Kohlensäure  in  der  Atmosphäre  ist 
wohl  überhaupt  nicht  nötig,  da  sich  die  Knallgasatmosphäre  doch  mit  der 
Bicarbonatlösung  ins  Gleichgewicht  setzt.) 


Kulturperiode 


Knallgas  cm'' 


Kohlensäure  cm'^ 


Überflüssiger  Sauerstoff 


Vor  dem  Versuch 
Nach  13  Tagen  . 
Nach  18  Tagen  . 


1222 
543 
231 


100 
75 

07 


28 
32 
32 


Verbraucht 


991 


33 


Reinkultur  wasserstoffoxydierender  Bakterien^)  (Niklewski). 

Als  Ursache  der  ursprünglichen  Schwierigkeit  der  Reinkultur  wird 
von  Niklewski  angegeben,  daß  die  beiden  von  ihm  isolierten  wasserstoff- 
oxydierenden Bakterien  für  sich  allein  nicht  auf  mineralischer  Nährlösung 
in  Knallgasatmosphäre  leben  können,  sondern  nur  in  (iemeinschaft.  Was 
die  Art  der  hier  gemutmaßten  Symbiose  sein  könnte,  ist  noch  unklar.  Bei 
P)eimpfung  der  folgenden  Nährlösung  aber  mit  der  Bakterienhaut  aus  der 
Anhiiulungskultur  gelangt  man  mit  Leichtigkeit  schon  in  wenigen  Tagen 
zu  reinen  Kulturen.  Man  verwendet: 


*)  Niklewski,    Über   die  Wasserstoffoxydation    durch  Mikroorganismen.    Jahrb.  f. 
wissenschaftl.  Botanik.  Bd.  48  (1910).  S.  113. 


Methodik  der  Stoffwecliseluntersuchung  bei  Mikniorfxanismen.  »177 

Agar 1-50/0 

NaHC03 OlVo 

NH.Cl OP/o 

KH,PO, O-050/o 

^Ig^O, 002  "0 

NaCl 0-02"/o 

FeClg 0-00001  Vo 

Die  Kulturgeläße,  welche  steril  auf  der  Oberiliiehe  des  festen  Niihi-- 
l)odens  beimpft  wurden,  hält  man  bei  30 — oö"  in  einer  Atmosphäre,  die  neben 
reinem  Wasserstoff  noch  Luft  und  ein  paar  Blasen  Kohlensäure  enthält.  Nach 
3 — 4  Tagen  gewinnen  die  Kulturen  zwei  wasserstoffoxydierende  Bakterien- 
arten, über  deren  kulturelle  Unterschiede  das  Original  zu  vergleichen  wäre. 

b)  Methang-ärung  aus  Kohlensäure  und  Wasserstoff.  M 

Zuerst  muß  man  sich  eine  Methangärung  aus  Ameisensäure  in  (iang 
setzen.  Man  füllt  Kolben  ganz  mit  folgender  Nährflüssigkeit: 

Leitungswasser  100,  KoHrOi  005,  NH4  Gl  005,  Kalziumforniiat  2-6, 
impft  mit  einer  beträchtlichen  Menge  Grabenmoder  und  kultiviert  bei  35".  Es 
entwickelt  sich  reichhch  Methan;  sobald  die  Gärung  nachläßt,  wird  vom  Boden- 
salz, in  dem  sich  die  Bakterien  ansiedeln,  abgegossen  und  mit  neuer  Nähi-flüs.sig- 
keit  aufgefiült,  bis  die  schwarze  Farbe  des  Gral)eiimoders  einer  lichtgrauen 
Platz  macht  und    auch    die  überstehende  Flüssigkeit   farblos  geworden  i>t. 

Die  so  vorbereitete  Lösung  dient  nun  als  Impfmaterial  für  folgenden 
Versuch:  Es  wird  ein  Gefäß  von  302  cm^  Lihalt  mit  52  cni^  Leitungs- 
wasser +  O-Oöo/o  NH4  Gl  +  0-05Vo  K2  HPO4  und  20  cm^  der  Impfflüssigkeit 
beschickt  und  die  Luft  durch  ein  Gemisch  von  4  Teilen  Wasserstoff  und 
1  Teü  Kohlensäure  verdrängt.  Dann  wird  im  ^'erlaufe  von  9  Tagen  noch 
1000  crn^  Wasserstoff  und  250  cm^  Kohlensäure  hineingepreßt.  Schon  nach 
einem  Tage  sieht  man  eine  kräftige  Gärung  sich  bemerkbar  machen,  wobei 
aus  dem  Bodensatz  fortwährend  Gasblasen  aufsteigen,  indem  während  des 
Gasabsorptionsprozesses  ein  anderes  Gas  gebildet  wird.  95<'/o  <lcs  Gas- 
gemenges hat  als  Energiequelle,  5"/o  als  Nährquelle  gedient.  Die  Methan- 
gärung aus  Kohlensäure  und  Wasserstoff  ( GO2  -f  4  H.,  =  GH^  +  2  Ho  0) 
liefert  62  Kalorien. 

Da  sich  die  Vergärung  von  Kohlensäure  und  Wasserstoff  zu  Methan 
so  leicht  mit  dem  Impfmaterial  der  Formiatgäi-uug  einleiten  läßt,  so  wird 
angenommen,  daß  es  sich  hier  um  denselben  Erreger  handelt. 

D.  Methan. 

Methan  kann  Bakterien  als  Kohlenstoffnahrung  und  Energieciudlr 
dienen.  2)  Man  kann  solche  Bakterien  auf  folgende  Weise  anhäufen. »)  Man 

')  Söhngen,  a.  a.  0. 

«)  Kaserer,  Zeitschr.  f.  landw.  Vers.-Wes.  Österr.  1906.  S.  789. 
")  .Y.  L.  Söhiiffcn,  Über  Bakterien,    welche  Methan    als    Knhlciistoffnahrung    und 
Energiequelle  gebrauchen.  Zcutralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  15  U'JUÜ).  S.  513. 

Abderhalden.  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  62 


978 


Hans  Priugsheim. 


venveiidet  ein  KultiugefälJ.  wie  es  die  Abbildung  Fig.  230  darstellt  Zuerst  wird 
der  Kulturkolben  A  ganz  mit  der  Nährflüssigkeit:  dest.  Wasser  100,  Ko  HPO^ 
0-05,  Mg(NH;)P04.6H20  0-1,  CaSO^  O'Ol.  angefüllt  und  mit  Jauche  oder 
Grabenwasser  infiziert.    Dann  wird    durch  den  Hahn  B    ein  Gemisch    von 


Vs  CH,  und 


Fig.  230. 


wme 


3  Luft  zugelassen,  sodaß  ein  Teil  der  Flüssigkeit  nach  dem 
Kolben  D  gepreßt  wird,  ^^'enn  im  Kolben  A 
nur  noch  1  cm'^  Flüssigkeitsschicht  zurückge- 
blieben ist,  werden  beide  Hähne  geschlossen 
und  zwischen  30 — 37"  kultiviert.  Nach  2  bis 
4  Tagen  nimmt  man  auf  der  Flüssigkeit 
eine  Haut  wahr,  die  an  Dichte  zunimmt  und 
daim  deutlich  rötlich-braun  gefärbt  ist.  Die 
Haut  besteht  der  Hauptsache  nach  aus  einer 
einzigen  Bakterienart,  die  man  auf  ausge- 
waschenem Agar  mit  denselben  Nährsalzen 
und  in  derselben  Gasatmosphäre  in  Rein- 
kultur gewinnen  kann,  wenn  man  von  einer 
durch  öfteres  Überimpfen  gereinigten  Bak- 
terienllora  ausgeht.  Der  Bacillus  methanicus 
verbrannte  in  14  Tagen  mit  einer  Flüssigkeitsschicht  im  Kolben  A  von 
102  cm^,  225  cni^  CH4  in  Gegenwart  von  o20-7  cm^  Og.  Es  wurden  dann 
78  cm3  CO2.  kein  Methan  und  172  oh»  O.2  gefunden.  In  der  Kulturflüssig- 
keit waren  noch  21  cm^  CO..  gelöst. 


Apparat  zur  Züchtung  von  iMethan 
zersetzenden  Bakterien  nach  SiJhngen. 


E.  Stickstoff. 
1.  Bindung  des  Luftstickstoffs. 

Die  Fähigkeit,  den  Luftstickstoff  zu  assimilieren,  kommt  mit  Sicher- 
heit hauptsächlich  verschiedenen  Bakterienarten,  einer  neu  entdeckten 
Torulaart  und  in  geringerem  Grade  verschiedenen  Pilzen  zu.  Die  Stick- 
stoff assimiherenden  Bakterien  zerfallen  in  zwei  Hauptklassen,  die  in 
Gemeinschaft  mit  Leguminosen  lebenden  Wurzelknöllchenbakterien  und  die 
frei  lebenden  Stickstoffbinder.  Unter  diesen  können  wieder  zwei  Unter- 
klassen, die  anaeroben  oder  fakultativ  anaeroben  Clostridium-  und  die  aeroben 
Azotobakterarten  unterschieden  werden.  1) 

Die  Isolierung  der  Knöllchenbakterien,  der  Clostridien-  und  Azoto- 
bakterarten und  der  Torula  sei  hier  beschrieben.  Die  auf  ihr  Stickstoff- 
bindungsvermögen geprüften  Schimmelpilze  werden  nicht  durch  Anhäufung 
isohert,  sondern  in  anderweitig  gewonnener  Reinkultur  benutzt.  Da  ihre 
Stickstoffbindungskraft  noch  nicht  absolut  be^^1esen  erscheint,  seien  sie 
hier  übergangen. 


*)  Vgl.  H.  Fringsheim,  Die  Bedeutung  stickstoffbindender  Bakterien.  Biologisches 
Zentralbl.  Bd.  31  (1911).  S.  G5. 


Methodik  der  Stoffwechseluntersucliung  liei  Mikroorganismen.  979 

Isoli(M-iiii<i'  von  K  iiöllclioiihaktc  i-i('ii. 

Diese  Bakterioii  wurden  zncist  \o\\  Bo'jerinck^)  auf  einem  Ahsnd 
von  Papilionazeenblättern,  Erbsen-  oder  Fabasten^cln  +  1/2%  Hohizuckei- 
+  7"/n  Gelatine  in  Reinkultur  gewonnen.  Die  Kultur  erfol«>:te  ;inl'  l'latten. 
Man  kann  auch  T'/o  Agar,  1%  Maltose,  0-l%  K«  HPO^.  OO'i"  „  MgSO^ 
oder  einen  Dodeue.xtrakt  +  0-5"  0  KoHPO^  +  l*»;  Manidt  oder  (didxose 
+  IV2V0  Agar  verw^enden. 

1  kg  Erde  wird  mit  1  /  Wasser  1/2  Stunde  bei  1  Atm.  fbeidruck  im 
Autoklaven  oder  mit  2  l  Wasser  2  Stunden  über  freier  Flamme  eihit/.t:  die 
dann  etwa  (300  cin^  betragende  Flüssigkeit  gibt  nach  Vermischung  mit 
Talg  beim  Filtrieren  dui'ch  festes  Papier  ein  völlig  klares  Filtrat.  Die  Eid- 
auszüge  sind  speziell  zur  Fortzüchtiing  kräftig  stickstoffbindendei-  Stämme 
geeignet.  2) 

Als  Impfmaterial  verwendet  man  Knöllchen  von  Papilionazeenwurzelu  in 
frischem  Zustande,  die  man  zuerst  2 — o  dünnten  in  eine  desinfizierende  Flüssig- 
keit (Salzsäure  spez.  Gew.  1-20  2h  cm\  Sublimat  1  g.  Wasser  öOO— 1000) 
einlegt,  dann  flandiiert  und  mit  sterilen  Instrumenten  öffnet,  um  aus  dem 
Innern  zur  Infektion  etwas  Material  zu  entnehmen.  Dieses  vermischt  man 
auf  die  übliche  Weise  mit  dem  verflüssigten  Agar  oder  der  (Jelatine  und 
gießt  Platten,  die  man  bei  20"  C  kultiviert.  3) 

Isolierung  von  Azotobakter. 

Azotobakter  wird  angehäuft,  indem  man  Leitungswasser  mit  2"/o 
Mannit  und  0-027o  K.^HPO^  in  dünner  Schicht  mit  O'l  0-2  r/ Gartenerde 
beimpft  und  bei  27 — 30"  stehen  läßt.  *)  Die  Pteinkultur  gelingt  leicht  auf 
einem  durch  2o/o  Agar  starrgemachteu  Mannitnährboden,  auf  dem  der  Pilz 
kleisterartige  Kolonien  bildet. 

Isolierung  von  Clostridien. 

In  Form  eines  Clostridiums  wurde  das  erste  stickstoffbindende  Pakterium 
isoliert")  Es  mußte  erst  von  zwei  sich  bei  der  Anhäufung  gleichzeitig  vor- 
findenden Begleitbakterien  getrennt  werden.  Seine  Keinkultur  kam  nur  im 
Stickstoffstrom  zur  Bindung  des  Luftstickstoffs.    Trotzdem    die  Frage,   ob 


')  Beijerinck,  Die  Bakterien  der  Papilionazeenknöllchen.  Bot.  Ztg.  Bd.  46(1888). 
S.  763. 

'-')  Weitere  Nahrhödeu  bei  Löhnis,  Handb.  d.  hiadwirtschaftl.  Bakt.  Berlin.  Gebr. 
Bornträger.  1910.  S.  72G. 

^)  Harrison  and  Barlow,  The  nodule  organism  of  the  Legnminosae  —  its  Iso- 
lation, cultivation,  Identification  and  commcrcial  application.  Zentralbl.  f  Bakt.  II.  .\bt. 
Bd.  19  (1907).  S.  264. 

*)  Beijerinck,  Über  oligonitrophile  Mikroorganismen.  Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt. 
Bd.  7  (1901).  S.  561. 

•^)  yViiiof/radski/,  Recherches  sur  l'assimilation  de  l'azote  lil)re  de  Tatmosphore 
par  les  microbes.  Arch.  des  Sciences  biol.  piibl.  par  Tlnstitiit  imp.  de  med.  expür.  k 
St.  Petersbourg.  T.  3.  p.  297  (1895). 

62* 


980 


Hans  Prinffsheim 


fc ' 


diese  anaerobe  Form  stickstoffbindender  Clostridien  mit  der  weit  einfacher 
zu  isolierenden  und  zu  kultivierenden  fakultativ  anaeroben  Form  identisch 
ist,  noch  nicht  mit  völliuer  Sicherheit  entschieden  ist'j.  sei  hier  nur  die 
Gewinnung  der  letzteren  Form  wiedergegeben,  da  der  Vergleich  der 
Spezialforschung  überlassen  werden  muß. 

^lan  beimpft  einen  sterilen  in  Wasser  untergetauchten  Kartoffelkeil 
mit  Erde  und  erhitzt  im  Reagenzglas  während  10  Minuten  auf  80".  Bei 
37"  inkubiert,  setzt  in  kurzer  Zeit  eine  energische  Buttersäuregärung  unter 
Abgabe  von  Wasserstoff  und  Kohlensäure  ein  und  man  gelangt  zu  einer 
Buttersäurebakterienkultur ,  die  man  auf  einem  ö»  o  Traubenzucker  ent- 
haltenden Kartoffelabsud-Agar  in  einem  der  früher  geschilderten  Anaeroben- 
apparate in  Reinkultur  gewinnen  kann.  —  Die  so  isolierten  Bakterien 
sind  im  allgemeinen  nicht  dazu  befähigt,  stickstoffreie  Nährlösung 
gleich  zu  vergären.  Man  muß  ihnen  die  verloren  gegangene  Fähigkeit  zur 
Stickstoffbiudung  wiedergeben.  Zu  diesem  Zwecke  beimpft  man  einen 
mit  der  Winoffradski/sdien  Nährlösung  (2 — 4Vo  Glukose.  KoHPO^  O'OP/o, 
MgSOi  0-05  Vo,  Spuren  von  NaCl  +  Fe  SO,,  20—40^  CaCOs)  gelullten  Kolben, 
die  auf  1  l  einen  Zusatz  von  0002  g  (NH,).^  SO,  erhalten  hat ,  mit  der 
Reinkultur.  Unter  Ausnutzung  der  geringen  Menge  gebundenen  Stickstoffs. 
die  zur  Vergärung  der  gesamten  Zuckermenge  nicht  ausreichten,  tritt 
Vergärung  und  Stickstoffbindung  aus  der  Atmosphäre  ein.  Aus  einer  so 
vorbereiteten  Kidtur  kann  man  durch  Überimpfeu  jetzt  direkt  stickstoff- 
freie Nährlösung  zur  Vergärung  bringen.  2) 

Isolierung  der  Torula.  3) 

Der  nicht  gärende  und  keine  Sporen  bildende  Sproßpilz  wurde  auf 
den  Blättern  eines  Lorbeerbäumchens  gefunden.  Wie  häufig  sein  Vor- 
kommen an  dieser  Fundstelle  nachgewiesen  werden  konnte,  wurde  bisher 
nicht  angegeben.  Die  Blätter  wurden  mit  W^asser  geschüttelt  und  die  Auf- 
schwemmungsflüssigkeit zur  Herstellung  von  Agarplatteu  verwandt.  Dem 
Agar  war  vorher  durch  oftmaliges  Waschen  mit  Wasser  sein  Stickstoff 
möglichst  entzogen  worden. 

Es  wurde  20/0  Agar,  2%  Glukose  und  0"02"/o  saures  phosphorsaures 
Kali  zugegeben  und  bei  20°  kultiviert.  Man  kann  die  Torula  so  bequem 
in  licinkulturen  erhalten,  und  nach  dem  Tröpfchenverfahren  auch  Einzel- 
zellkultui'en  anlegen. 

Mit  Hilfe  der  so  isolierten  Kulturen  lassen  sich  nun  sehr  verschieden- 
artige Untersuchungen  über  die  Bedingung   der  Stickstoffassimilation   an- 


')  Vgl.  //.  PruuiKheim,  Über  die  Identität  stickstoffbindender  Clostridien.  Zentralbl. 
f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  24  (1909j.  S.  488. 

-)  H.  Pringsheim,  Über  ein  stickstoffassimilierendes  Clostridium.  Zentralbl.  f. 
Bakt.  II.  Abt.  Bd'  16  (1906).  S.  795. 

')  Heinrich  Zickcs,  Über  eine  den  Luftstickstoff  assimilierende  Hefe:  Torula 
Wiesneri.  Sitzungsber.  d.  kais.  Akad.  Wien.  Bd.  118.  Abt.  I  (1909).  1.  Juli. 


Methodik  der  Stoffwochsoluutersuchung  bei  Mikroorganismen.  981 

stellen.  Man  kann,  um  ein  paar  Beispiele  anzufiiliicii ,  den  Kiiifluß  der 
Mineralsalze  prüfen,  wobei  sicii  zeigt,  (lal'i  riiosphor  und  Kalk  begünstigend 
wirken.  Auch  Bodenextrakte  vermögen  aus  noch  nicht  näher  aufgeklarten 
(Jründen  die  Assimilation  zu  steigern.  Man  kann  die  Menge  N  bestimmen, 
die  auf  die  Einheit  der  verbrauchten  Kohlenstoff(|uelle  gebunden  wird. 
Hier  findet  man,  daß  auch  die  Konzentration  von  p]influß  ist,  und  daß 
bei  geringen  Konzentrationen  eine  bessere  Ausnutzung  des  Eneigiematerials 
erreicht  wird. 

Wichtig  ist  es  vor  allem  auch,  die  als  Kohlenstoff(|uelleii  möglichen 
Substanzen  zu  ermitteln,  für  die  neben  Kohlenhydraten  und  höheren  Al- 
koholen (Mannit)  Salze  von  Fettsäuren  in  Frage  kommen.  Bisweilen  kann 
man  eine  schwer  vergärbare  Kohlenstoftquelle  durch  einen  Kunstgriff  zum 
Angriff  bringen,  dadurch,  daß  man  eine  geringe  ^lenge  einer  leicht  ver- 
gärbaren Substanz,  wie  Glukose,  zusetzt  und  so  die  Gärung  einleitet. i) 
Wichtig  ist  vor  allem  die  Ausnutzung  der  in  der  Natur  so  verbreiteten 
Zellulose.  Diese  wird  als  Energie(iuelle  verwendbar,  wenn  man  eine  Auf- 
schwemnmng  davon  in  stickstoffreier  Minei-allösung  in  Gegenwart  von 
kohlensaurem  Kalk  gleichzeitig  mit  stickstoffbindenden  und  zelliiloselösen- 
den  Bakterien  beimpft.  2)  Die  Stickstoffbindungskraft  des  Bodens  wird 
durch  Zusatz  einer  geeigneten  Kohlenstoff iiuehe  sehr  erhöht.  Man  ver- 
wendet hierzu  Zuckerlösungen,  mit  denen  man  den  Boden  nach  und  nach 
begießt.  Dadurch  wird  seine  Ernteertragsmögiichkeit  wesentlich  erhöht,  s) 
Auch  hierzu  kann  Zellulose  ^'erwendung  finden.  i\[an  muß  jedoch  durch 
Impfung  für  die  Anwesenheit  geeigneter  Zellulosezersetzer  sorgen.  Diese 
isoliert  man  aus  Mist.  Sie  unterdrücken  die  Wirkung  der  im  I'odon  an- 
gesiedelten Denitrifizienten.*) 

Impfversuche  mit  freilebenden  Stickstoffsamndern  geben  meist  keine 
Steigerung  der  Assimilation,  weil  diese  Organismen  an  sich  überall  da  ver- 
breitet sind,  wo  sie  passende  Ernährungsbedingungen  finden.  .\uf  alle 
Fälle  muß  man  bei  derartigen  Versuchen  darauf  achten,  daß  man  mit 
energisch  assimiherendem  Material  impft.  Der  Degeneration  kann  durch 
eine  Umzüchtung  auf  Erde  vorgebeugt  werden.  Knöllchenbakterien  wirken 
auf  Neuland  bei  gleichzeitigem  Leguminosenanbau  häufig  gut.  Man  entnehme 
sie  WurzelknöUchen  von  Pflanzen  derselben  Art.  die  mehrfach  im  seli)en  Boden 
gewachsen  sind.  Die  durch  Kultur  in  flüssigen  Medien  gewonnenen  Bak- 
terien streue  man  nicht  im  Boden  direkt  aus,  sondern  man  bringt  sie  zu- 


^)  Vgl.  H.  Priugshcim,  Über  dio  Verwendung  verschiodenor  Energie(iucllen  zur 
Assimilation  des  Luftstickstoffs.  Zeutralbl.  f.  13akt.  II.  Abt.  Bd.  20  (l'JOS).  S.  24S. 

^)  //.  Prinfisheim,  Über  die  Verwendung  von  Zellulose  als  Energiequelle  zur 
Assimilation  des  Luftstickstoffs.  Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  23  (1909).  S.  3i)0  und 
Bd.  26  (1910).  S.  221. 

»)  Koch,  Litzendorff,  Krull  und  Alvcs,  Die  Stickstoffanreicherung  des  Bodens  durch 
freilebende  Bakterien  und  ihre  Bedeutung  für  das  Pflanzenwachstuui.  .lourn.  f.  Land- 
wirtschaft. Bd.  55  (1907).  S.  3."i5. 

■»)  A.Koch,  Über  Luftstickstoff l)induiig  im  Boden  mit  Hilfe  von  Zellulose  als 
Energiequelle.  Zentralbl.  f.  Bakt.  IL  Abt.  Bd.  27  (1910).  S.  1. 


gg2  Haus  Priugsheim. 

sammen  mit  1 — 2Voig^i'  Pepton-  oder  Traubenzuckerlösung  auf  die  Samen. 
Diese  Andeutungen  über  Versuche  mit  stickstoffbindenden  Bakterien  müssen 
hier  genügen,  ^j 

2.  Denitrifikation. 

Der  ^'organi••  der  Deduktion  des  Salpeters  zu  freiem  Stickstoff,  der 
von  sehr  verschiedenen  Bakterienarten  veranlaßt  wird  2),   entspricht    einer 
Verbrennung,  die  wie  folgt  formuliert  werden  kann: 
2KNO3 -[-  C  . .  .  =  2KXO2  +  CO2 
und  4  KXO,  +  3  C  .  .  .  =  2  N^  +  2  Kg  CO3  +  CO,. 

Daß  ein  Teil  des  Salpeters  den  Bakterien  gleichzeitig  als  Stickstoff- 
quelle dient,  ist  nebensäcMich.  Wie  man  sieht,  bildet  das  Nitrit  eine 
Zwischenstufe  des  Prozesses.  Es  gibt  dementsprechend  Bakterien,  die  die 
völlige  Reduktion  vollziehen,  während  andere,  z.  B.  Bac.  coli,  nur  die  Nitrit- 
stufe erreichen,  von  der  aus  dann  wieder  andere  die  Reduktion  zum  freien 
Stickstoff  vollenden,  z.  B.  Bac.  denitrificans.  In  diesen  Umsatz  schiebt  sich 
nach  neueren  Untersuchungen  noch  die  Bildung  und  Verbrennung  von  Stick- 
oxydul ein  3),  auf  die  wir  später  zurückkommen. 

Die  Nitratreduktion  verläuft  bei  schwachem  Luftzutritt  etwa  in  vollen 
Nährgefäßen.  Sie  wird  bedingt  durch  die  Anwesenheit  gut  ausnutzbarer 
organischer  Stoffe,  wofür  die  Salze  von  Fettsäuren,  von  Milchsäure,  Zitronen- 
säure, Apfelsäure  am  besten  verwendbar  sind.  Bezüglich  der  Eignung  von 
Zucker  für  diesen  Zweck  ist  noch  manches  im  unklaren,  wie  überhaupt  vieles 
über  Denitrifikation  noch  einer  Nachprüfung  mit  Reinkulturen  harrt. 

Für  die  Bearbeitung  dieses  Gebietes,  wie  auch  der  im  folgenden  zu 
besprechenden  Nitrifikation  ist  die  Bestimmung  von  Salpetersäure  neben 
salpetriger  Säure  von  großer  Bedeutung.  Ich  gebe  deshall)  zuerst  die  hier- 
für geeignetste  Methode  an. 

Bestimmung  von  Salpeter-  und  salpetriger  Säure  nebenein- 
ander.*) 

Salpetersäure  allein:  Man  verwendet  zur  Bestimmung  der  Sal- 
petersäure das  Nitron  (Diphenyl-endanilo-dihydrotriazol),  welches  mit  der 
Säure  ein  sehr  schwer  lösliches  Salz  bildet.  ^)  *■•) 

')  Literatur  bei  Lölmis,  Handbuch  der  landwirtschaftlicheu  Bakteriologie  von  S.  ß34  an. 

-)  H.  Jensen  in  Lafar,  Handbuch  der  technischen  Mykologie.  Bd.  3.  S.  182  und 
für  die  physiologische  Deutung:  Czapek,  Biochemie  der  Pflanzen.  Bd.  2.  S.  109. 

^)  Beijerinck  und  Minkmann,  Bildung  und  Verbrauch  von  Stickoxydul  durch  Bak- 
terien. Zentrall)l.  f.  Bakt.  H.  Abt.  Bd.  25  (1910).  S.  30. 

*)  M.  Busch,  Gravimetrische  Bestimmung  der  Salpetersäure.  Ber.  d.  Deutschen 
Chem.  Gesellsch.  Jahrg.  38.  (1905).  S.  861. 

•^)  M.  Bnsch,  Oxydation  der  salpetrigen  Säure  durch  Wasserstoffsuperoxyd.  Bestim- 
mung von  Nitrat  neben  Nitrit.  Ber.  d.  Deutschen  ehem.  Gesellsch.  Jahrg.  39  (1906).  S.  1401. 

^)  Nitron  wird  von  E.  Merck  in  Darmstadt  hergestellt.  Die  gelbe  Base  soll  sich 
iu  Essigsäure  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  der  zur  Analyse  zu  verwendenden  Kon- 
zentration leicht  lösen,  ungelöste  Partikel  filtriert  man  al).  Die  Lösung  kann  man  in 
dunklen  Flaschen  uuzersetzt  aufbewahren. 


I 


Methodik  der  Stoffwechscluntcrsuchung  bei  Mikroorganismen.  9g3 

Die  zu  aualysit'ionde  Lösung'  (mit  etwa  Ol  <j  llNo^  in  sU— lUÜ  cm^) 
wird  nach  einem  Zusatz  von  10  Tropfen  verdüuiitcr  Schwefelsaure  nahe 
zum  Sieden  erwärmt  und  mit  10—12  cni^  Nitronazctat-Lüsunj,^  (10«/üi^'e 
Lösuni»-  von  Nitron  in  5"/oiger  Essigsäure)  versetzt. 

Durch  das  Fähen  aus  heißer  Lösung  schießt  das  Nitrat  in  glänzen- 
den Nadeln  an  und  wird  so  in  gut  filtrierbarer  und  waschbarer  Foi-m  er- 
halten. Man  läßt  das  Gefäß  IV2— 2  Stunden  in  Kiswasser  stehen, 
saugt  den  Niederschlag  in  einem  Neubauei'-Tiegel  ab  (vgl.  Bd.  I,  S.  UT), 
indem  man  mit  dem  Filtrat  nachspült  und  wäscht.  Dann  wäscht  man, 
nachdem  die  Flüssigkeit  gut  abgesaugt  ist,  mit  10-12  c»i^  Eiswasser 
nach.  Das  Waschwasser  wird  in  kleinen  Portionen  aufgegossen,  wobei 
man  jedesmal  wartet,  bis  die  Flüssigkeit  durchgesaugt  ist.  Der  Nieder- 
schlag wird  bei  HO"  getrocknet,  wobei  man  in  3/4  Stunden  (Jewichtskon- 
stanz  erreicht. 

Die  Berechnung  erfolgt  nach  der  Formel  Co«  HjßN^  .HNO;,,  das  heißt 

63 
das  gefundene  Gewicht  an  Nitronnitrat  G  .  ^!,_    ergibt  die  Menge  der  vor- 

37o  ^ 

handenen  Salpetersäure.  Das  hohe  Molekulargewicht  des  Nitronnitrats  be- 
dingt natürhch  einen  besonderen  \'orteil  der  Methode,  da  sich  etwa  vor- 
kommende Differenzen  beim  Umrechnen  auf  Salpetersäure  auf  '/g  re- 
duzieren. 

Salpetersäure  und  salpetrige  Säure  nebeneinander.  Das 
Prinzip  der  Methode  beruht  darauf,  daß  man  in  einem  Teil  {\v\-  zu  unter- 
suchenden Flüssigkeit  die  salpetrige  Säure  zerstört  und  die  Salpetersäure 
allein  bestimmt  und  daß  man  in  einem  anderen  Teil  die  salpetrige  Säure 
zu  Salpetersäure  oxydiert  und  beide  gemeinsam  als  Salpetersäure  be- 
stimmt. Aus  der  Differenz  der  gefundenen  Werte  kann  man  den  Gehalt 
beider  Säuren  leicht  berechnen. 

a)  Zerstörung  der  salpetrigen  Säure.  Die  eventuell  durch  Kin- 
dampfen  konzentrierte  Lösung  (z.  B.  0*2  g  der  Salze  von  Salpeter  +  sal- 
petriger Säure  in  5 — Q  cm^  Wasser)  läßt  man  langsam  in  einem  P.echer- 
glase  auf  fein  pulverisiertes  und  mit  Wasser  angefeuchtetes  11  ydraz in- 
su Ifat  tropfen  (auf  Q'l  g  NaNO.,  z.B.  ^j^g  Hydrazinsulfat),  wobei  man 
das  Becherglas  in  Bewegung  hält  und  mit  Leitungswasser  kühlt.  Nach 
Beendigung  der  Stickstoff entwicklung  wird  auf  ca.  100  crn^  gebracht  und 
Avie  vorher  angegeben  mit  Mitron  gefäUt.  Resultat:  Salpetersäure  allein. 

h)  Oxydation  der  salpetrigen  Säure  zu  Salpetersäuic  öOrws 
der  Lösung  (von  einem  Gehalt  von  Ol — 0"2  g  Nitrit)  werden  mit  '10  ctu^ 
einer  Ho/oigen  neutralen  Lösung  von  Wasserstoffsuperoxyd  versetzt  und 
nur  auf  70°  erwärmt.  Alsdann  läßt  man  mittelst  Trojjftrichters  20  cm^ 
reine  2o/oige  Schwefelsäure  am  Boden  des  Gefäßes  einlaufen,  wobei  übrigens 
nicht  einmal  besondere  Vorsicht  erforderlich  ist,  erhitzt  nahezu  zum  Sieden 
und  fäUt  mit  \2  cm^  Nitronazetatlösung.  Resultat:  Salpetersäure  plu<  zu 
Salpetersäure  oxydierte  salpetrige  Säure. 


QQ^  Hans  PringBheim. 

Um  diese  Bestimmungen  in  Lösungen  vorzunehmen,  die  viel  orga- 
nische Substanz  enthalten,  z.  B.  in  Bouillonkulturen,  muß  man  dem  kolloi- 
dalen Ausfallen  des  Nitronnitrats  dadurch  vorbeugen,  daß  man  zu  je  200  cm^ 
Flüssigkeit  2 — 2V2  c"^'  konzentrierte  Schwefelsäure  zusetzt.  1) 

Anhäufung  denitrifizierender  Bakterien. 

Nach  dem  von  Fuhrmann  (Bd.  III,  S.  1317)  angegebenen  Verfahren 
gelangt  man  zu  Kulturen  von  Bacterium  Stutzeri.  Verwendet  man  an  Stelle 
des  Kalziumtartrats  2«/o  Kalziumzitrat ,  so  gewinnt  man  den  Bacillus 
denitrofluorescens.  —  Die  Anhäufung  des  Bacillus  vulpinus  gelingt  vermöge 
seines  etwas  größeren  Sauerstoffbedürfnisses  dadurch,  daß  man  die  zu  ver- 
wendende Kulturflasche  von  50  cm»  mit  1—2^  Gartenerde  beschickt  und 
so  weit  mit  der  Nährlösung  anfüllt .  daß  2  cni^  Luft  darin  bleiben.  —  Von 
besonderem  Interesse  sind  noch  Bakterien,  welche  die  Kohlensäure  durch 
Denitrifikation  mit  freiem  Schwefel  als  Energiequelle  reduzieren.  Alan  füllt 
eine  gut  schließende  Stöpself  lasche  ganz  mit  folgender  Nährflüssigkeit: 

Grabenwasser 100 

Schwefel  als  Pulver     ....  10 

KNO3 005 

Na,C03 0-02 

CaCOg 2 

K2HPO4 002 

und  kultiviert  bei  30».  Nach  5 — 6  Tagen  beginnt  eine  regelmäßige  Stick- 
stoffentwicklung, worauf  in  dieselbe  Kulturflüssigkeit,  in  der  das  Graben- 
wasser durch  destilliertes  Wasser  plus  0-01  g  MgCl,  entsetzt  ist,  überge- 
impft mrd.  Bei  dem  Vorgang  wird  der  Schwefel  in  Sulfat  umgewandelt. 
Der  hier  wirksame  Thioliacillus  denitrificans  kann  auf  Agar  mit  derselben 
Lösung  gut  in  Beinkultur  gewonnen  werden.  Veranlaßt  durch  die  An- 
wesenheit intermediär  gebildeten  Schwefelwasserstoffes  tritt  bei  dem  Ver- 
such noch  eine  andere  Bakterienart  auf,  die  an  und  für  sich  nicht  denitrifi- 
ziert.  Bei  Ersatz  des  Schwefels  durch  Natriumthiosulfat  wird  auch  sie  in 
Reinkultur  gewonnen  und  dadurch  von  der  erstgenannten  Art  unterschieden, 
daß  diese  große,  dünne,  glashelle,  schwierig  sichtbare,  mit  Schwefeltröpfchen 
durchsetzte  Anflüge  erzeugt,  während  die  zweite  Form,  T.  thioparus, 
kleine,  runde,  wie  trockener,  gelber  Staub  aussehende  Kolonien  bildet. 

Die  Anhäufung  zellulosezersetzender  denitrifizierender  Bakterien  ist 
schon  unter  Zelluloseabbau  (S.  934)  beschrieben  worden.  Die  Gewinnung 
denitrifizierender  Meeresbakterien  kann  hier  nicht  im  Detail  wieder- 
gegeben werden.  2) 


*)  H.  Franzen  und  E.  Löhmann,  t)ber  die  Verwendung  des  Nitrens  zur  Bestim- 
mung der  Salpetersäure  in  Flüssigkeiten,  \Yelche  viel  organische  Substanz  enthalten. 
Journ.  prakt.  Chem.  N.  F.  Bd.  79  (1909).  S.  330. 

-)  //.  H.  Gran,  Studien  über  Meeresbakterien.  I.  Reduktion  von  Nitraten  und 
Nitriten.  Bergens  Museum  Aarbog.  1901.  Nr.  10.  Ökologie.  S.  205. 


Methodik  der  Stoffwecbseluntersuchuug  bei  Mikroorganismen.  985 

Von  großer  Wichtigkeit  für  die  in  der  Natur  herrschenden  \'erhält- 
nisse  ist  die  Tatsache,  daß  dieselben  Bakterienformoii,  die  in  FUissigkeits- 
kiiltiiren  beti-ächtliche  Mengen  freien  Stickstoffs  aus  Nitrat  entbinden,  im 
Boden,  sokmge  derselbe  nicht  allzu  viel  Wasser  oder  Energiematerial 
enthält,  den  Salpeter  zwar  nach  Maßgabe  des  vorhandenen  Vorrats  an 
Energiematerial  umsetzen,  daraus  aber  Verbindungen  bilden,  die  bei  der 
Gesamtstickstoffbestimmung  wieder  gefunden  ^Yerden.l) 

3.  Stickoxydulbildung  und  Verbrauch. 2) 

Die  Bildung  von  Stickoxydul  bei  der  Denitrifikation  tritt  in  Er- 
scheinung, wenn  man  in  hochprozentiger  Kaliumnitratlösung  arbeitet.  Man 
füllt  Stöpselflaschen  ganz  mit  Fleischbouillon ,  welche  mit  S^/o  KaUum- 
nitrat  versetzt  ist,  infiziert  mit  10 — 20  g  Gartenerde  und  kultiviert  bei 
o7°.  Das  Gasgemisch  besteht  dann  aus  Stickstoff,  Kohlensäure  und 
Stickoxydul.  Letzteres  kann  bis  90'^/o  vorhanden  sein,  so  daß  ein  glühen- 
der Span,  in  die  vorsichtig  geöffnete  Flasche  gebracht,  sich  entzündet.  Zur 
Analyse  fängt  man  die  Gase  am  besten  über  gesättigter  Chlorkalzium- 
lösung auf.  Auch  Fieinkulturen  von  denitrifizierenden  Bakterien,  z.  B.  von 
B.  pyocyaneus  oder  B.  Stützen,  bilden  Stickoxydul. 

Die  eben  genannten  Bakterienarten  vermögen  das  Stickoxydul  auch 
weiter  in  Reinkultur  zu  zerlegen.  Es  entsteht  hierbei  aus  Stickoxydul 
2  N2O  -f  C  =  2  No  +  CO2  unter  Volumen  Vermehrung  IV2  Volumen  Stickstoff 
und  Kohlensäure.  Die  Folge  davon  ist  Druckerhöhung  bei  Kultur  im  ge- 
schlossenen Kolben.  Für  die  Versuche  eignet  sich  eine  Nährlösung  der 
Zusammensetzung  100  Leitungswasser,  0"5  Asparagin  und  O'Oö  Ko  HrO^, 
von  der  50  cm^  in  einen  mit  Gashahn  verschließbaren  Stehkolben  gebracht 
werden,  in  dem  die  Luft  durch  Stickoxydul  (bereitet  aus  salzsaurem  Hydro- 
xylarain  und  Kaliumnitrit)  verdrängt  wird.  Nach  etwa  einer  Woche  ist 
das  Stickoxydul  bei  37°  in  Stickstoff  und  Kohlensäure  umgewandelt.  Auch 
soll  das  Stickoxydul  z.B.  für  B.  Stutzeri  gleichzeitig  Stickstoff-  und  Sauer- 
stoffquelle sein  können,  wenn  die  Nährflüssigkeit  keine  Stickstoffnahrung 
enthält. 

Weiterhin  kann  Stickoxydul  mit  Wasserstoff  unter  dem  Einfluß  von 
Bakterien  vereinigt  werden,  die  hierbei  unter  Verbrauch  der  in  der  Nähr- 
flüssigkeit gebotenen  Kohlensäure  eine  Chemisynthese  volb:iehen.  Hierbei 
findet  Volumenverminderung  (N.,  0  +  Hg  =  H.2  0 -1- N,)  bis  auf  die  Hälfte 
statt.  Um  diesen  Vorgang  einzuleiten,  bedient  man  sich  des  Kulturappa- 
rates von  Söhnr/en  (vgl.  S.  97ö),  den  man  mit  100  Leitungswasser,  0-02 
K,HP04,  002  NH.Cl  und  O'l  NaHCO,  anfüllt.  Mau  verdrängt  dann  die 
Hauptmenge  der  Nährflüssigkeit  durch  Einleiten  einer  :Mischung  von  Stick- 
oxydul   und    Wasserstoff    in    gleichem    Verhältnis.    Nach    10  Tagen    ver- 


')  A.Koch  und  H.  Petit,   Über  den  verschiedenen  Verlauf  der  Denitrifikation  im 
Boden  und  in  Flüssigkeiten.    Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  26  (lUlO).  S.  3:55. 

•-)  Beijerinck  und  Minkmann,  Zentralbl.  f.  Bakteriol.  II.  Abt.  Bd.  25  (,1910).  S.  30. 


o 


ggg  Hans  Pringsheim. 

sch-svindet  bei  Infektion  mit  Erde  alles  Stickoxydul  und  aller  Wasserstoff, 
so  daß  nur  das  halbe  Volumen  Stickstoff  zurückbleibt.  Die  wirksamen  Bak- 
terien wurden  noch  nicht  in  Reinkultur  gewonnen. 

4.  Nitrifikation. 

Die  Umwandlung  von  Ammoniaksalzen  in  salpetersaure  Salze  durch 
Mikroorganismen  gehört  zu  den  best  untersuchten  Vorgängen  der  Mikro- 
biologie durch  die  klassischen  Untersuchungen  Winogradskys^)  Sie  ragt 
besonders  hervor  durch  schwierige  Lösung  des  Problems  der  Keinkulti- 
Aierung  der  hier  wirksamen  Bakterien,  die  nachzumachen  auch  jetzt  noch 
keine  leichte  Aufgabe  ist. 

Die  Oxydation  erfolgt  in  zwei  Phasen,  Verwandlung  von  Ammoniak 
in  salpetrige  Säure  durch  die  Nitritbildner  und  Verwandlung  von  salpetriger 
Säure  in  Salpetersäure  durch  die  Nitratbildner.  Von  beiden  Formen  sind 
an  verschiedenen  Orten  der  Erde  morphologisch  differente  Arten  isoliert 
worden,  die  sich  jedoch  in  bezug  auf  die  Kultivierung  und  die  physiolo- 
gische Funktion  analog  verhalten.  Diese  Funktion  ist  bezüglich  der  Oxy- 
dation der  Stickstoff  Substanzen  eine  durchaus  spezifische;  weder  Ammoniak 
noch  salpetrige  Säure  kann  durch  andere  Stickstoffsubstanzen,  wie  Harn- 
stoff, Asparagin  etc.  ersetzt  werden.  Im  Gegenteil  hemmen  solche  Körper 
die  Nitrifikation  in  ausgesprochener  Weise. 

Die  bei  dem  Vorgang  frei  werdende  Energie  wird  von  den  Bakterien 
zur  Assimilation  der  Kohlensäure  verwandt,  welche  auch  im  Dunklen  ohne  die 
Mitwirkung  der  Sonnenenergie  vor  sich  geht.  Auch  andere  Kohlenstoff- 
([uellen  hemmen  die  Nitrifikation  in  einem  sonst  nur  Giftstoffen  zukom- 
menden Maße  in  Flüssigkeitskulturen.  Nur  in  einer  Weise  müssen  die 
Winogradski/scheii  Angaben  modifiziert  werden.  Im  Boden  tritt  nämüch 
die  Hemmung  durch  organische  Substanzen  zurück.  2)  Hier  wird  Trauben- 
zucker sogar  verbraucht.  Welche  Rolle  er  dabei  spielt,  ist  noch  nicht  ganz 
klar,  denn  er  vermag  die  Kohlensäure  nicht  zu  ersetzen. 

Anhäufung  und  Kultur  der  Nitrit-  und  Nitratbildner. 3) 

Beimpft  man  eine  Nährlösung  folgender  einfacher  Zusammensetzimg: 
Leitungswasser  1000.  (NH^isSOi  1,  K2HPO4  1,  mit  Erde  unter  Zusatz  von 
5 — 10^  basisch-kohlensaurer  Magnesia,  so  setzt  zuerst  Nitritation  ein, 
die  später  durch  die  Nitratation  abgelöst  wird.  Die  wirksamen  Organismen 
häufen  sich  im  Magnesiabodensatz  an.  Impft  man  aus  solchen  im  Gang 
befindlichen  Kulturen  ab,  so  wird  es  vom  Zeitpunkte  der  Überimpfung 
abhängen,  ob  man  die  Nitrit-  oder  Nitratbildner  anhäuft.  Um  die  ersteren 


*)  Zusammenfassimg  in  Lafars  Handbuch  der  technischen  Mykologie.  Bd.  HI. 
S.  132. 

'^)  V.  Bazareivski,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Nitrifikation  und  Denitrifikation  im 
Boden.  Diss.  Göttingen  1906.  —  LcsJie  C.  Coleman,  Untersuchungen  über  Nitrifikation. 
Zentralbl.  f.  Bakt.  H.  Abt.  Bd.  20  (1908).  S.  401. 

^)  Ich  halte  mich  an  die  Vorschriften  von    Winogradskij,  a.  a.  0. 


Methodik  der  Stoffwcchseluntersuchung  bei  Mikroorganismen.  Og7 

ZU  isolieren,  muß  man  daher  eine  Prüfung-  auf  (•licinisclu'iii  Wej^e  vor- 
nehmen. Man  prüft  auf  Ammoniak  mit  dem  AVi-.s/er.schen  Keaffcnz.  auf 
Nitrit  mit  dem  TrommsdorJ/'i^dwn  (/inkjodidstärkclösiin^j  nnd  anf  Xiti'it 
und  Nitrat  mit  Dipheuvkimin-SchwefeLsäure.  Am  he.sten  verwendet  man 
für  die  Tüpfeh-eaktionen  PorzelJanphitten  mit  schalenarti}j;en  Vertiefnnj^en. 
In  jede  Vertiefung  gießt  man  l—i^/^cm^  des  Reagens  mit  je  ein  paar 
Tropfen  verdünnter  Schwefelsäure.  Bringt  man  dazu  je  eine  l'latinöse  Knltnr- 
flüssigkeit,  so  breitet  sich  etwa  am  4.  Tage  im  TrommsdorJ/ i^chcn  Pieageus 
von  der  P)erührungsstelle  aus  ein  blauer  Schleier  aus.  Die  Intensität  der 
Reaktion  nimmt  in  den  nächsten  Tagen  zu,  bis  an  der  P>erührungsst('lle 
ein  gesättigter  dunkell)lauer  Fleck  entsteht,  der  sich  über  die  ganze  (Jber- 
fläche  ausbreitet.  Man  beginnt  dann  mit  dem  AV.ss/crschen  Reagens  in 
derselben  Weise,  das  zu  dieser  Zeit  noch  einen  deutlich  gelben  Fleck  gibt, 
der  allmählich  heller  wird  und  schließlich  verschwindet.  Ehe  dieser  Punkt 
erreicht  ist,  ist  natürlich  die  Zeit  zum  Überimpfen  für  die  Nitritl)ildner 
gekommen,  denn  jetzt  wird  die  Diphenylaminreaktion  positiv,  auch  wenn 
man  etwa  vorhandenes  Nitrit  durch  Kochen  mit  Harnstoff  in  saurer  Lö- 
sung zerstört  hat,  denn  die  Nitritbildner  sind  in  Erscheinung  getreten.  Diese 
kann  man  sich  auf  einfachere  Weise  dadurch  anhäufen,  daß  man  das  Ammon- 
sulfat  von  vornherein  durch  ein  pro  Mill.  salpetrigsaures  Natrium  ersetzt, 
wobei  schon  nach  zwei  Umimpfungen  alle  ammonoxydierenden  Organismen 
aus  der  Kultur  verschwunden  sind.  Bezüglich  der  ^Morphologie  der  P.ak- 
terien  vgl.  man  die  Winogradski/sche  Abhandlung,  die  ausgezeichnete  Photo- 
gramme enthält. 

Reinkultur. 

Nitritbildner:  Die  Plattenkultur  gelingt  weder  auf  (ielatine  noch 
auf  gewöhnlichem  Agar,  weil  der  Gehalt  an  Kohlenstoffsubstanzen  hindernd 
wirkt.  Man  verwendet  Kieselsäuregallerte. 

Zur  Bereitung  der  löslichen  Kieselsäure  mischt  man  gleiche 
Raumteile  Wasserglas  (vom  spez.  Gew.  1-05 — 1'06)  und  Salzsäure  (spez. 
Gew.  110),  indem  man  die  Wasserglaslösung  in  die  Salzsäure  eingießt.  Gb 
Kali-  oder  Natronwasserglas  verwendet  wird,  ist  gleichgültig,  nur  muß  es 
farblos  und  klar  sein,  sonst  bekommt  man  keine  haltltare  Kicselsäurelösung 
nach  dem  Dialysieren.  Die  Dialyse  wird  in  Pergamentpai)ierschläuchen 
vorgenommen,  deren  Zustand  vorher  genau  auf  Durchlochungen  zu  i^rüfen 
ist:  man  klemmt  das  eine  Ende  des  Schlauches  mit  einer  Schraubenklemme 
fest,  füllt  den  Schlauch  mit  Wasser  und  hängt  ihn  in  vertikaler  Riclitnng 
auf.  Nur  solche  Schläuche  sind  tauglich,  die  an  der  Oberfläche  keine  Spur 
einer  Durchsickerung  von  Wasser  merken  lassen.  Schnelle  Dialyse  ist  für 
die  Haltbarkeit  der  (iallerte  wichtig,  weshalb  man  nur  kleine  Mengen  auf  ein- 
mal dialysiert.  Gewöhnlich  genügt  es,  einen  Tag  lang  gegen  scimell  fließen- 
des Leitungswasser  und  einen  Tag  gegen  :■>— 4mal  gewechseltes  destilliertes 
Wasser  zu  dialysieren.  .Die  Dialyse  ist  fertig,  wenn  man  mit  Silbernitrat 
höchstens  ganz  geringe  Trübung  erhält.    Die  Lösung  ist  in  .»sorgfältig  ge- 


ggg  Haus  Pringsheim. 

waschenen  Flaschen  mit  eingeschliffenem  Stopfen  aufzubewahren.  Wenn 
man  richtig  verfährt,  so  erhält  man  eine  vollständig  klare  Lösung,  ohne 
die  geringste  Opaleszenz,  welche  ungefähr  2^'^  Kieselsäure  enthält,  etwa 
8  Monate  haltbar  ist  und  ganz  gut  das  Sterilisieren  bei  115 — 120"  C  verträgt. 
Um  daraus  einen  festen  Nährboden  für  den  Nitritbildner  zu  bereiten, 
bedient  man  sich  folgender  Flüssigkeiten: 

1.  Ammonsulfat  o  g. 
Kaliumphosphat  1  _r/. 
Magnesiumsulfat  0"5  g. 
DestiUiertes  Wasser  100  g. 

2.  Ferrosulfat  2«/oige  Lösung. 
'6.  Gesättigte  Kochsalzlösung. 

4.  Magnesiamilch,  d.  h.  eine  Aufschwemmung  von  gut  durchsiebter 
kohlensaurer  Magnesia. 

50  cm^  der  Kieselsäurelösung  werden  in  einem  Kölbchen  mit  2*  5  cm 
der  ersten  und  1  cni^  der  zweiten  Lösung  versetzt.  Von  der  dritten  wird 
nur  ein  Tropfen  ganz  zuletzt  in  jede  fertig  gegossene  Platte  gebracht. 
Magnesiamilch  setzt  man  so  viel  hinzu,  daß  das  Gemisch  ein  milchiges 
Aussehen  bekommt.  Gleichzeitig  mit  den  Salzen  impft  man  eine  Öse  voll 
einer  guten,  nach  viermaliger  Umzüchtung  erhaltenen  Kultur  ein,  welche 
den  Nitritbildner  vor\s1egend  im  Zustande  freier  Zellen  und  nicht  von 
Zooglöen  enthält.  Das  kann  man  an  einer  Trübung  der  Anhäufungskulturen 
beobachten. 

Beim  Gebrauch  der  Platten  gibt  die  Gallerte  manchmal  allmählich 
Wasser  ab.  Darum  stellt  man  die  Schalen  anfangs  umgekehrt  im  Thermo- 
staten auf  und  entfernt  das  sich  im  Deckel  ansammelnde  Wasser  mit 
sterilem  Filtrierpapier. 

Es  lohnt  sich  nicht,  die  Platten  früher  nach  den  Kolonien  des 
Nitritbildners  zu  durchsuchen,  als  sie  eine  starke  Nitritreaktion  geben. 
Erst  dann,  wenn  ein  aus  der  Platte  herausgeschnittenes  kleinstes  Stück 
Gallerte,  in  Jodstärke  oder  Diphenylamin  eingetragen,  ganz  dunkelblau 
wird,  hat  man  die  Sicherheit,  daß  die  Platte  schon  Kolonien,  wenn  auch 
mikroskopisch  kleine,  trägt.  Die  Nitritreaktion  tritt  am  5. — 6.  Tage  auf 
und  erreicht  am  10. — 12.  die  Höchststärke.  Zuerst  treten  dunkle  aus  Zoo- 
glöen bestehende  Kolonien  auf,  die  sich  allmählich  in  weiße  der  Einzel- 
zellen verwandeln. 

Da  die  Kolonien  immer  sehr  klein  bleiben,  so  muß  man  noch  einen 
besonderen  Kunstgriff  gebrauchen,  um  ein  mehr  augenfälliges  Wachstum 
zu  erreichen  und  so  die  Abimpfung  zu  erleichtern.  Das  wird  durch  wieder- 
holte Ammongaben  erreicht;  an  zwei  einander  diametral  gegenüberliegen- 
den Stellen  der  Schale  werden  aus  der  Gallerteschicht  kleine  Segmente 
herausgeschnitten  und  in  die  so  gebildeten  Vertiefungen  werden,  so  oft  es 
nötig  ist,  ein  paar  Tropfen  einer  10%igen  Ammonsulfatlösung  hineinge- 
bracht, wobei  man  vor  jedem  Zusatz  die  angesammelte  überschüssige 
Flüssigkeit  aus  den  Vertiefungen  mit  einem  sterilen  Papierstreifen  entfernt. 


Methodik  (Irr  Stoffwechseluntersuchung  bei  Mikroorganismen.  989 

Die  Oxydation  licht  danu  sehr  eiierj^isch  vor  sicii,  was  man  an  der  raschen 
Auflösung-  der  Magnesia  in  der  Umgebung-  der  einzelnen  Kolonien  erkennt. 

Man  studiert  die  Platten  sorg-fältig  bei  einer  Vergrößerung  von  50 
bis  luO,  wählt  eine  Reihe  oberflächlich  gelegener  heller  Kolonien  aus 
und  bezeichnet  sie  für  die  Entnahme  des  Impfstoffes.  Diese  g:eschieht  am 
besten  unter  der  Kontrolle  des  Präpariermikroskops:  man  sticht  die  Ko- 
lonien mit  der  haarfein  ausgezogenen  Spitze  eines  (Jlasröhrchens  an,  worauf 
man  diese  durch  einen  iStoß  gegen  den  Boden  des  zur  Aussaat  bestimmten 
Kölbchens  abbricht.  Dazu  bedient  man  sich  kleiner  iMlenmeyerkolbchen, 
die  10  cm^  der  g-ew'öhnlichen  Lösung  mit  Magnesiazusatz  enthalten.  Je 
mehr  solcher  über  impf  ungen  auf  einmal  gemacht  werden,  desto  besser, 
denn  es  gehngt  bei  weitem  nicht  jede,  nicht  jede  erweist  sich  auch  als 
rein,  selbst  w^enn  sie  eine  gute  Xitritration  zeigt.  Zur  Prüfung  auf  Rein- 
heit impft  man  einige  Tropfen  aus  dem  nitritierten  Kölbchen  in  gewöhn- 
liche alkalische  Bouillon  und  läßt  mindestens  10  Tage  im  Thermostaten 
stehen.  Wenn  dann  die  Bouillonröhrchen  noch  ganz  klar  sind,  so  soll  man 
berechtigt  sein,  die  Reinzucht  für  gelungen  zu  halten. 

Coleman  (1.  c.)  bezweifelt  aber,  ob  es  irgend  einen  Nährboden  gibt, 
der  ganz  sicheren  Aufschluß  über  die  Reinheit  gibt.  In  seinen  Kulturen 
waren  die  Nitritbildner  von  einem  ]\likrokokkus  begleitet,  der  auf  Bouillon 
nicht  oder  nur  unsicher  wächst.  Er  empfiehlt  deshalb  zur  Prüfung  der 
Reinheit  der  Nitritkulturen  Heydenagar,  auf  dem  durchschnittlich  -JOnial 
so  viel  Kolonien  wachsen  wie  in  den  üblichen  Nährböden.  Dieser  wird  wie 
folgt  bereitet  1):  Zusammensetzung:  1/  destilliertes  Wasser,  Vl'h  y  Agar, 
■4:-5  g  Albumose  (Nährstoff  ,,Heyden-  geliefert  von  der  chemischen  Fabi-ik 
,,von  Heyden"  in  Radebeul  bei  Dresden).  Bei  der  Herstellung  wird  die 
Albumose  auf  das  Wasser  geschüttet,  darin  eingequirlt  und  die  Lösung 
erst  dem  völlig  klar  gekochten  Agar  zugegeben,  dann  noch  einige  Minuten 
gekocht  und  wie  früher  angegeben  filtriert. 

Die  Isolierung  auf  gefaultem  Agar,  Magnesiagipsplatten  oder  Papier- 
scheiben ist  im  Original  (  Winogmdski/,  S.  158)  nachzulesen. 

Nitratbildner. 

Hier  gelingt  die  IsoUerung  wegen  der  geringeren  Empfindlichkeit 
gegen  organische  Substanzen  nach  mehrfacher  Anhäufung  in  Nitritlösung 
auf  einem  Agar  folgender  Zusammensetzung: 

Natriumnitrit "2  g 

Soda  (wasserfrei) 1  y 

Kaliumphosphat  ....    Messerspitze 

Agar 15/7 

Flußwasser 1  / 

Das  Wachstum  der  Kolonien  auf  Nitritagar  ist  ungemein  lang- 
sam.   Darum   läßt   man  die    Platten   etwa  ;>  Wochen  bei  HO"  stehen.   Mau 

1)  Hesse  und  Niedner,  Methodik  ilcr  bakteriologischen  Wasseruntersuchung.  Zeit- 
schrift f.  Hyg.  Bd.  29.  8.  454.  1898. 


C)QQ  Haus  Pringsheim. 

muß  sich  sehr  in  acht  nehmen,  den  spezifischen  Erreger  nicht  mit  anderen 
meist  unscheinbaren  Botlenbakterien  zu  verwechseln,  welche  auf  dem  Agar 
etwas  ähnliche  Kolonien  bilden.  Doch  zeichnet  sich  der  Nitritbildner  vor 
ihnen  durch  sein  langsameres  Wachstum  aus ,  so  daß  man  gut  tut,  die 
allerkleinste  Art  von  Kolonien  für  die  ersten  AbimpfuEgen  zu  verwenden. 
Man  verfährt  in  der  Weise,  daß  man  5 — 6  Platten  mit  sehr  verschiedenen 
Impfmengen  gleichzeitig  anlegt.  Das  Schwinden  der  Nitritreaktion  ist  dann 
ein  Anzeichen,  daß  die  Nitratbildner  auf  den  Platten  zur  Entwicklung  ge- 
langt sind.  Man  wählt  dann  bei  100 — löOfacher  Vergrößerung  die  glän- 
zend scharf  konturierten  und  etwas  bräunlichen  Kolonien  aus,  von  denen 
man  in  derselben  Weise,  wie  bei  den  Nitritbildnern  besprochen,  abimpft 
und  auf  Reinheit  prüft. 

Will  man  das  Verhältnis  des  oxydierten  Ammoniaks  oder  Nitrits  zur 
Menge  der  assimilierten  Kohlensäure  ermitteln ,  so  bestimmt  man  den 
Kohlenstoff  am  beciuemsten  auf  nassem  Wasser.  Man  vertreibt  zuerst  die 
Kohlensäure  der  Karbonate  durch  Kochen  mit  Schwefelsäure  und  verbrennt 
dann  mit  Kaliumbichromat  und  Schwefelsäure,  w  ie  im  Bd.  I,  S.  o59  angegeben. 

F.  Schwefelwasserstoff. 

Die  Bildung  und  Verarbeitung  des  Schwefelwasserstoffes  durch  Bak- 
terien spielt  in  der  Natur  eine  große  Rolle.  Dieser  Stoff  Umsatz ,  den  wir 
als  Kreislauf  des  Schwefels  zu  bezeichnen  pflegen  und  in  den  sich  noch 
einige  Zwischenstufen,  wie  die  Oxydation  von  Schwefel,  von  Thiosulfaten 
und  Tetrathionaten  einschieben,  wird  durch  sehr  verschiedenartige  Orga- 
nismen hervorgerufen.  Es  handelt  sich  hier  um  Prozesse,  die  im  großen 
ganzen  auch  im  Laboratorium  ohne  Schwierigkeit  einzuleiten  sind.  Dagegen 
ist  die  Trennung  der  verschiedenen  Species,  speziell  der  den  Schwefel- 
wasserstoff veratmenden  Formen  schwierig.  Die  Reinkultur  gerade  dieser 
ist  noch  nicht  gelungen,  wodurch  naturgemäß  der  Erforschung  ihres  Stoff- 
wechsels Hemmnisse  in  den  Weg  gestellt  werden ! 

Die  Reduktion  der  Sulfate  und  die  Hydrogenation  des  Schwefels  be- 
dürfen der  Energiezufuhr,  die  durch  Zersetzung  organischer  Substanzen 
geliefert  wird.  Andrerseits  gestattet  die  bei  der  Oxydation  des  Schwefel- 
wasserstoffs, des  Schwefels  und  des  Thiosulfats  freiwerdende  Energie  die 
Assimilation  der  Kohlensäure.  ^)  Daß  dieser  Vorgang  mit  gleichzeitiger 
Dentrifikation  verbunden  sein  kann,    haben  wir  schon  gesehen  (vgl.  E.  2). 

Geruch  nach  Schwefelwasserstoff  macht  sich  in  einer  sehr  großen  Zahl 
unserer  Kulturen  bemerkbar.  Er  stammt  aus  dem  im  Eiw^eiß  enthaltenen 
Schwefel.  Da  er  hieraus  wohl  ebenso  von  anaeroben  wie  von  aeroben  Orga- 
nismen gebildet  werden  kann,  ist  die  Frage  noch  unentschieden,  ob  es 
sich  um  eine  Reduktion  oder  Spaltung  handelt?  Wahrscheinlich  wird  der 
Prozeß  nicht  einheitlich  verlaufen.    Das  Studium   der  Wirkung   von  Rein- 


*)  Vgl.  W.  Omelianski,  Der  Ki-eislauf  des  Schwefels  in  Lafars  Handbuch  der  tech- 
nischen Mykologie.  Bd.  3.  S.  914. 


Methodik  der  Stoffwecbscluntersiicliiingr  lioi  Mikroorganismen.  991 

kulturell  auf  scli\veielhaltij>-e  Ei\vcilJahl)au[)ru(liikl('  kann  hier  vielleicht 
einige  Aufklärung  geben.  Wir  begnügen  uns  mit  der  .\ngabe  einer  Me- 
thode zum  Nachweis  schwefelwassersoffbildender  I.akterien. 

1.  Erkennung  der  Schwefelwasserstoffbildner  auf  IMatten. ') 

Hierfür  eignet  sich  eine  Fleischpeptongelatine  mit  äVo  Eisentartrat 
oder  Eisensaccharat.  Die  Kolonien  der  Schwefelwasserstoffbilduer  umgeben 
sich  auf  ihr  mit  einem  scliwarzen  Hof  von  Schwefelei.sen.  .\uch  kann  man 
den  schwach  alkalischen  Nährstoffen  Bleikarbonat  zusetzen,  wodurch  •••erade 


t-. 


das  Wachstum  der  schwefelwasscrstoffbildenden  Arten  wenig  gehemmt 
wird,  weil  etwa  gelöste  Spuren  von  Bleisalz  sofort  durch  den  Schwefel- 
wasserstoff in  unlösliches  Schwefelblei  übergeführt  werden,  welches  dann 
durch  seine  Braunfärbung  die  schwefelwasserstoffbildenden  Kolonien  kennt- 
lich macht.  2) 

2.  Reduktion  der  Sulfate  zu  Schwefelwasserstoff. 

Die  Reduktion  der  Sulfate  zu  Schwefelwasserstoff  ist  eine  Eigen- 
schaft, die  nur  bestimmten  Mikroorganismen  zukommt.  Sie  kann  nicht 
ohne  weiteres  durch  die  Wirkung  des  Wasserstoffes  in  statu  nascendi  er- 
klärt werden,  denn  nicht  alle  wasserstofferzeugenden  Anaerobier  haben 
auch  die  Fähigkeit  der  Siüfatreduktion.  Andrerseits  üben  auch  starke 
Schwefelwasserstoffbildner  keine  re<Iuzierende  Wirkung  auf  andere  Sub- 
stanzen, z.B.  Nitrate,  aus.  Der  Mechanismus  dieser  Reduktion  ist  also 
noch  unklar.  Man  kann  sulfatreduzierende  Pjakterien  wie  folgt  anhäufen: 
Anhäufung  des  anaeroben  Spirillum  desulfuricans.  •')  Als 
geeignete  Kulturi lüssigkeit ,  welche  neben  Sulfaten  stets  genügende  Mengen 
organischer  Substanzen  enthalten  muß,  erweist   sich  die  Zusammensetzung 

Leitungswasser 100 

K2HPO4 005 

Natriumlaktat O'ö 

Asparagin 0"1 

MgSO.V  7H.,0  (oder)  Gips 0-1 

Ferrosulfat Spur. 

Das  Impfmaterial  ist  Grabenschlamm.  Ist  es  arm  an  lleduktions- 
spirillen,  so  empfiehlt  es  sich,  nur  Vm  his  ViVo  Laktat  zu  geb(>n  und  i-twas 
Natriumsulfat  zuzusetzen,  worauf  später  in  eine  Flüssigki'it  ohne  Sulfat 
übergeimpft  wird.  Man  kultiviert  in  vollen  Stöpselflaschen  bei  2ö— SO**. 
Von  organischen  Substanzen  erweisen  sich  Laktate,  Succinate  und  Malaie 

*)  A.  Fromme,  Über  die  Beziehung  des  metallischen  Eisens  zu  dtMi  Bakterien  und 
über  den  Wert  des  Eisens  zur  Wasserreinigung.  Zentralbl.  f.  Bakt.  Bd.  12  (1892).  S.  274. 

-)  Beijerinck,  Schwefelwasserstoffbildung  in  den  Stadtgraben  und  AufsteUung  der 
Gattung  Aerobakter.  Zentralbl.  f.  Bakt.  IL  Abt.  Bd.  6.  S.  1Ü3  (I'.IIKJ). 

^)  Beijerinck,  Anhiwitung  des  anaeroben  Spirillum  desulfuricans,  Trennung  von 
Aerobien.  Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  1  (1895).  S.  1,  49,  1(J4.  -  mn  Deldeu ,  Beitrag 
zur  Kenntnis  der  Sulfatrcduktion  durch  Bakterien.  Ebenda.  II.  .\bt.  Bd.  11.  S.  81  (1903). 


c\C)^  Hans  Pringsheim. 

geeignet,  nicht  Zucker,  aus  dem  Säure  gebildet  wird.  Von  Stickstoffver- 
bindungen werden  auch  Pepton  und  Ammonsalze  assimiliert.  Dagegen 
hindern  Nitrate  die  Sulfatreduktion.  Die  Konzentration  des  Schwefelwasser- 
stoffes kann  eine  ziemlich  hohe  werden,  ohne  daß  die  Sulfatspirillen  ab- 
getötet werden,  z.B.  bis  zu  246  w?//  H2  S  pro  Liter. 

Bei  der  Kultur  auf  Gelatine  mit  derselben  Nährlösung  erscheinen 
die  Spirillen  als  kleine  schwarze  Pünktchen,  umgeben  von  einem  Hof  von 
Schwefeleisen.  Doch  sind  solche  Kulturen  stets  durch  eine  andere  Sulfat 
nicht  reduzierende  Form  verunreinigt.  Diese  läßt  sich  durch  einen  Zusatz 
von  ^/^cm^  Schwefelwasserstoffwasser  zu  oOcm»  der  Nährgelatiue  aus- 
schalten. Die  Spirillenkolonien  entwickeln  sich  dann  in  Tiefen  von  IY2  und 
mehr  Zentimeter  unter  der  Oberfläche.  Nach  wiederholten  Umimpfungen 
kann  man  sie  so  von  dem  Begieitbakterium ,  Aerobacter  coli,  rein  er- 
halten. Eine  Seewassorform,  Microspira  aestuarii,  läßt  sich  bei  einem  Zu- 
satz von  ßoy'o  Kochsalz,  0'25%  MgSOi  ^^^^  1%  Natriumlaktat  gewinnen. 
Auch  dieses  Spirillum  ist  beweglich.  Es  bildet  noch  mehr  Schwefelwasser- 
stoff, bis  952  mg  Hg  S  pro  Liter. 

3.  Reduktion  von  Sulfiten,  Thiosulfaten  und  Schwefel. 

Während  die  Sulfatreduktion  auf  die  besprochenen  Arten  beschränkt 
zu  sein  scheint,  wird  die  Pieduktion  der  oben  genannten  Substanzen  viel 
leichter  und  von  zahlreichen  Mikroorganismenarten ,  z.  B.  auch  Hefe ,  be- 
sorgt. Die  Koligruppe  zeigt  diese  Reduktion  in  Lösungen,  die  ö7o  Trauben- 
zucker, O'lVo  Asparagin,  OOP/o  KgHPO^  und  005%  Natriumthiosulfat 
enthalten,  schon  nach  24  Stunden.  1) 

Die  Hydrogenisation  des  Schwefels  ist  ein  sekundärer  Prozeß,  der 
sich  infolge  vieler  Reduktionen  abspielt.  Man  kann  sie  folgendermaßen 
einleiten.  2)  Man  macht  in  einem  Kölbchen  Fleischwasser  durch  Kochen 
luftfrei  und  fügt  Ol"/«  Ferrolaktat  oder  il/oArsches  Salz  als  Lidikator  zu. 
Ein  zweites  Kölbchen  enthält  überdies  Schwefelblume.  Beimpft  man  mit 
einem  Tropfen  Grabenwasser  oder  etwas  Gartenerde,  so  findet  keine 
Sulfatreduktion  statt.  Doch  tritt  bei  Ijeiden  Proben  bei  30°  schon  in 
24  Stunden  infolge  von  Schwefeleisenbildung  Schwärzung  auf.  In  dem 
Kölbchen  ohne  Schwefel  erreicht  die  Schwärzung  bald  eine  gewisse  Grenze, 
während  sie  in  dem  mit  Schwefel  versetzten  Kölbchen  viel  länger  fort- 
schreitet und  unter  Ausscheidung  einer  großen  Menge  eines  schwarzen 
Niederschlages  die  Flüssigkeit  tiefschwarz  werden  läßt. 

4.  Oxydation  von  Schwefelwasserstoff. 

Die  Festlegung  der  Lebensbedingung  der  „  Schwefelbakterien  ^^  durch 
Winogradsktj  war  von  ganz  besonderer  Bedeutung,    weil  hier  zum  ersten 


')  Beijerinck,  Phenomenes  de  reduction  produits  per  les  microbes.  Archives 
neerlandaises.  II.  T.  9.  p.  131  (1904). 

-)  Beijerinck,  Über  Spirillum  desulfuricans  als  Ursache  von  Sulfatreduktion. 
Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  1.  S.  1  (1895). 


Methodik  der  StoffwcchselunteisuclHiiig  liei  Mikroorgaiiisnioii.  99;', 

Male  gezeigt  wurde,  daß  es  Lebewesen  gil)t,  die  mit  Hilfe  der  i)ei  der 
Oxydation  anorganischer  Stoffe  freiwerdenden  Energie  im  Dunkeln  Kohlen- 
säure binden  können.  Die  Ausführung  dieser  Studien  ist  umso  bewunderungs- 
würdiger, weil  die  verschiedenen  Formen  der  Schwefelbakterien,  die  be- 
wegliche Deggiatoa,  die  unbeweglichen  Tliiothrixarten.  die  farblosen,  nicht- 
fädigen  Schwefelbakterien  und  die  roten  Schwefelbakterien,  bisher  nocb 
nicht  in  Reinkultur  erhalten  wurden.  Die  Intersuchung  be.schriinkte  sieb 
daher  auf  das  Verhalten  in  einem  mit  Deckglas  bedeckten  Tro[)fen  auf 
einem  gewöhnlichen  Objektträger,  welcher  zwischen  den  IJeobachtungen  in 
einer  feuchten  Kammer  gehalten  wurde.  Einige  in  den  Tropfen  gestreute 
Deckglassphtter  dienten  dazu,  den  Deckglasdruck  aufzuheben,  da  die  liak- 
terien  sehr  empfindlich  sind.  Auch  wird  so  der  Zutritt  do^^  für  alle  diese 
Arten  nötigen  Sauerstoffes  erleichtert. 

Rohkulturen  im  größeren  Maßstabe  erhält  man,  wenn  man  einige 
Stücke  des  zerschnittenen  frischen  Wurzelstockes  der  in  jedem  Teiche  an- 
zutreffenden und  auch  an  Flußufern  nicht  seltenen  Rlumenbinse  (Butomus 
umbellatus)  samt  dem  daran  hängenden  Schlamme  in  ein  tiefes  Gefäß  mit 
3 — bl  Wasser  bringt  und  nach  Zusatz  von  ein  Paar  Gramm  (ups  bei 
Zimmertemperatur  unbedeckt  stehen  läßt.  Nach  Al)lauf  von  ö — 7  Tagen 
kann  man  schon  die  P^ntwickhing  von  Schwefelwasserstoff  bemerken, 
welcher  durch  die  im  Schlamm  enthaltenen  sulfatreduzierenden  Rakrerien 
gebildet  wird.  Damit  sind  nun  die  Lebensl)edingungen  für  die  Entwicklung 
der  gleichzeitig  vorhandenen  Schwefelbakterien  geschaffen.  Schon  nach  ;'.  bis 
6  Wochen  kann  man  deren  Anwesenheit  mikroskopisch  festst<'llen  und 
nach  und  nach  vermehren  sie  sich  so  stark,  daß  sie  auch  dem  unbe- 
waffneten Auge  sichtbar  werden.  In  diesem  bunten  Gemisch  von  Schwefel- 
bakterien fehlen  gewöhnlich  die  roten  Arten  nicht,  häufiger  aber  treten 
die  farblosen  langfädigen  auf.  Bezüglich  der  Morphologie  der  einzelnen 
Arten  muß  auf  die  Angaben  von  (Jmdianski  in  Lnfars  llandbiudi  ver- 
wiesen werden. 

Diese  Bakterien  verbrennen  den  Schwefelwasserstoff  zu  freiem 
SchAvefel,  den  sie  häufig  in  großer  Menge  in  ihren  Zellen  ablagern.  Fehlt 
ihnen  der  Schwefelwasserstoff,  so  gewinnen  sie  ihre  Lehensenergie  durch 
fernere  Oxydation  des  gespeicherten  Schwefels  zu  Schwefelsäure,  die  durch 
vorhandene  Karbonate  neutralisiert  wird.  Doch  können  sie  so  nur  1  bis 
2  Tage  leben,  dann  sterben  sie  ab. 

5.  Oxydation  der  Tbiosulfate. 

Die  Oxydationskraft  der  ..Thionsäurebakterien"  ist  bedeutend  schwäclu-r 
als  die  der  Schwefelbakterien ,  da  sie  nur  imstande  sind .  die  Tbiosulfate 
zur  Tetrationssäure  und  Schwefelsäure  zu  oxydieren.  Bei  ihnen  findet 
niemals  intrazelluläre  Ausscheidung  von  Schwefel  statt. 

Die  Isolierung  Solcher  Bakterien  gelingt,  wenn  man  eine  Auflösung 
von  Ol — l°/o    unterschwefligsaurem  Natrium    in  Seewasser  oder  in  einer 

Abderhalden,  üandbuch  der  bincheraiechen  Arbeitsmethoden.   V.  (53 


994  Hans  Pringsheim.  Methodik  der  Stoff wechseluntersuchimg  etc. 

Salzlösung  folgender  Zusammensetzung:  3Vo  NaCI,  0-25Vo  MgClj,  OlVo 
KNO3  und  O'ö"  0  K2  HPO4  mit  Zusatz  von  etwas  Magnesiumkarbonat,  mit 
geeignetem  Material,  z.  B.  kleinen  Mengen  schwefehvasserstoffhaltigen 
Schlammes  aus  dem  Meerboden  in  der  Nähe  der  Küste  (bei  Neapel)  be- 
impft.M  Nach  1 — 2  Tagen  zeigt  sich  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  ein 
weißes  Häutchen,  welches  zum  Teil  aus  Tropfen  öligen  amorphen  Schwefels, 
zum  Teil  aus  einfachen,  stäbchenförmigen  Bakterien  zusammengesetzt  ist. 
Auf  Agar  mit  derselben  Nährlösung  lassen  sich  die  Bakterien  mit  gleicher 
Leichtigkeit  wie  jede  andere  Art  auf  Platten  rein  kultivieren,  wobei  die 
Kolonien  nach  1 — 3  Tagen  je  nach  der  Menge  des  ausgeschiedenen 
Schwefels  weiß,  opak  oder  durchscheinend  und  irisierend  aussehen. 

Die  Bakterien  entwickeln  sich  nur  in  Gegenwart  freier  Kohlensäure 
oder  von  Karbonaten,  die  durch  andere  organische  Substanzen  nicht  zu 
ersetzen  sind.  Hemmend  wirken  solche  nicht  in  dem  Maße  wie  bei  den 
Schwefelbakterien.  Die  Oxydation  erfolgt  nach  der  Gleichung 

3  Naa  S,  O3  +  5  0  =  Na.,  S^  Og  +  2  Na,,  SO^. 

Die  Schwefelausscheidung  ist  ein  sekundärer  Prozeß,  veranlaßt  durch  die 
Reaktion  der  Tetrathionsäure  auf  das  Thiosulfat. 

Eine  Süßwasser  form  oxydiert  das  Thiosulfat  in  anderer  Weise 
Nag  S.2  O3  +  0  ^NaoSOi  +  S  unter  Schwefelabscheidung.  -)  Man  isoliert  sie 
durch  Beimpfung  der  Nährlösung: 

H2O 100 

Na.3  S2  O3  +  5H,  0 O-ö 

NaHCOa 0-1 

K-,  HPO4 002 

NHiCl 0-01 

MgCL O-Ol 

in  dünner  Schicht  mit  Grabenschlamm ,  ohne  vorherige  Sterilisation.  Nach 
2 — 3  Tagen  bei  28— 30^  bedeckt  sich  die  Oberfläche  der  P'lüssigkeit  mit 
freiem  Schwefel,  der  dicht  von  Bakterien  durchsetzt  ist. 

Die  Reinkultur  gelingt  mit  einem  Zusatz  von  2<'/o  Agar.  Das  Thio- 
sulfat läßt  sich  durch  Schwefelkalzium  ersetzen.  Etwas  schwieriger  gelingt 
der  Versuch  mit  Tetrathionat  nach  der  Gleichung 

NX  S4  Oe  +  Na,  CO,  +  0  =  2  Naa  SO4  +  CO,  +  S.,. 

')  A.  Nathansohn ,  Über  eine  neue  Gruppe  von  Schwefelbakterien  und  ihren 
Stoffwechsel.  Mitteil.  d.  zool.  Stat.  Neapel.  Bd.  15.  S.  G.öö  (1902). 

^)  Beijerinck,  Über  die  Bakterien,  welche  sich  im  Dunkeln  mit  Kohlensäure  als 
Kohlenstoffquelle  ernähren  können.  Zentralbl.  f.  Bakt.  II.  Abt.  Bd.  11  (1904).  S.  593. 


Die  gasometrisclie  Bestiinmuiig  von  priiiiärciii  alipha- 
tischen Aminostickstoff  und   ihre  Anwendung   auf 
physiologisch-chemischem  Gehiete. 

Von  Donald  I).  van  Slyke,  Rockefeller-Institut  für  medizinische  Forschung, 

New-York. 

Einleitung. 

Es  ist  seit  langem  bekannt,  daß  aliphatische  Aminogruppen  mit 
salpetriger  Säure  nach  folgender  Gleichung  reagieren: 

RNH^  +  HNO2  =  ROH  +  H,0  +  N,. 

Da  bei  dieser  Reaktion  der  Stickstoff  in  Gasform  auftritt,  so  ist  das 
Eintreten  eines  Gleichgewichtes  unmöglich  und  der  Prozeß  verläuft  (|uan- 
titativ  von  links  nach  rechts.  Sachs  und  Kormann^)  haben  diese  Reaktion 
zuerst  als  Grundlage  einer  Methode  zur  (piantitativen  Bestimmung  von 
Amino-Gruppen  benutzt;  darnach  sind  noch  verschiedene  andere  Methoden-), 
die  auf  demselben  Vorgang  basieren,  bekannt  geworden.  Das  im  folgenden 
beschriebene  Verfahren  zeichnet  sich  jedoch  vor  den  schon  bekannten 
Methoden  durch  Einfachheit.  Schnelligkeit  der  Ausführung!  und  (iurcli 
Genauigkeit  aus,  so  daß  das  Verfahren  zum  allgemeinen  (Jebrauch  in  der 
Chemie  und  Biologie  anwendbar  ist.  3) 


*)  Sachs  uiul  Kormann,  Zeitsclir.  f.  aiialyt.  Chemie.  14.  380(1875). 

•*)  König,  Chemie  der  menschlicheu  Nahriings-  und  Geiiußmittel.  4.  .\iifl.  III.  hd. 
pag.  274. 

^)  Diese  Methode  wurde  zuerst  vnrgetragon  vor  der  (iesellsciiaft  für  oxporimeii- 
telle  Biologie  und  Medizin,  im  Dezember  190'.);  t^oit  dieser  Zeit  ist  sie  beständig  im 
Gebrauch.  Eine  vorläufige  Mitteilung  über  dieses  Verfahren  und  seine  Anwendung  wurde 
vernffoMtlicht  in  den  Berichten  der  deutscli.  ehem.  Ges.  43.  .3170  (IfllO);  Diumtd  D.  rmi 
Sli/kr,  Kine  Methodo  zur  (luantitativen  Bestimmung  der  aliphatischen  .\minogruppen  ; 
einige  Anwendungen  derselben  in  der  Chemie  der  Proteine,  des  Harns  und  der  Enzyme. 
Ein  vollständiger  Bericht  erschien  im  Journal  Biol.  Chcmistry  9.  18.t(1011):  Donald  I>. 
van  Sli/ke,  A  Methode  for  q'uantitative  Determination  of  Alipliatic  Amino  Groups,  .Vppli- 
cations  to  the  Study  of  l'rotcolysis  and  Proteolytic  Products. 

03^ 


qgg  Donald  D.  van  Slyke. 

Die   Bestimmung   von    Stickstoff    in   a-Aminosäuren   kann  nach  der 
neuen  Methode  in  wenigen  Minuten  ausgeführt  werden.   Die  Fehlergrenze  . 
beschränkt  sich  dabei    auf    ±  Oi  cm^  Gas,    das    ±  O'Oö  mg  Aminostick- 
stoff  entspricht. 

Methode  zur  quantitativen  Bestimmung  von  Aminogruppen. 

Prinzip  der  Methode. 

Die  salpetrige  Säure  zersetzt  sich  in  Lösung  von  selbst  unter  Bildung 
von  Stickoxyd.  Diese  Reaktion  wird  bei  der  in  Frage  kommenden  Methode 
benutzt,  um  alle  Luft  aus  dem  Apparat  mittels  Stickoxyds  zu  verdrängen. 
Nachdem  dies  geschehen  ist,  wird  die  Aminosubstanzlösung  eingeführt,  worauf 
die  Entwicklung  von  Stickstoff  und  gleichzeitig  von  Stickoxyd  stattfindet. 
Das  Oxyd  wird  durch  alkalische  Permanganatlösung  absorbiert  und  der  reine 
Stickstoff  darauf  in  einer  besonderen  Gasbürette,  wie  sie  aus  der  Fig.  231 
ersieh thch  ist,  gemessen. 

Reagentien. 

Das  Permanganat  wurde  als  absorbierendes  .Mittel  für  das  Stickoxyd 
gewählt,  nachdem  alle  Lösungen,  welche  in  der  Literatur  für  solche  Zwecke 
empfohlen  worden  sind,  durchgeprüft  waren.  Eine  alkalische  Permanganat- 
lösung, wie  sie  ursprünglich  von  Hans  Meyer  angewandt  wurde,  gewährt 
in  jeder  Hinsicht  eine  vollkommen  zufriedenstellende  Absorptionslösung. 
Sie  ist  durchaus  beständig,  kann  in  konzentrierter  Lösung  gebraucht  werden 
und  oxydiert  das  Stickstoffoxyd  zu  Nitrat  mit  einer  solchen  Schnelligkeit, 
daß  das  Gas  ungefähr  ebenso  schnell  absorbiert  wird,  wie  Kohlensäure  durch 
Kaliumhydratlösung.  Für  die  Bestimmungen  wird  zum  konstanten  Gebrauch 
vorteilhaft  eine  Lösung  benutzt,  die  50  Gramm  Kaliumpermangat  und 
25  Gramm  Kaliumhydrat  im  Liter  enthält.  Das  Mangandioxyd ,  das  sich 
durch  Pieduktion  in  außerordentlich  feiner  Verteilung  bildet,  beeinträch- 
tigt nicht  den  Gebrauch  einer  Hempelscheu  Absorptionspipette  für  die 
Lösung,  und  es  können  zahlreiche  Bestimmungen  ausgeführt  werden,  ohne 
daß  die  Lösung  erneuert  werden  muß.  Um  Anhaften  von  Mangandioxyd 
in  Kapillaren  zu  verhindern,  ist  es  empfehlenswert,  bei  Nichtgebrauch  des 
Apparates  (vgl.  Fig.  2;')1)  das  Verbindungsrohr  von  G  und  H  mit  Wasser 
zu  füllen  und  nicht  mit  Permanganat  stehen  zu  lassen.  Da  die  alkalische 
Lösung  sowohl  Kohlensäure  als  auch  Stickstoff  absorbiert,  so  beeinträchtigt 
die  Gegenwart  von  Carbonat  in  der  Aminosubstanzlösung  den  Ausfall  der 
Bestimmung  nicht. 

Für  die  Zersetzung  der  Aminosubstanz  wird  ein  großer  Überschuß 
von  Nitrit  angewandt,  aus  dem  die  salpetrige  Säure  durch  eine  äquivalente 
Menge  einer  schwachen  Säure  (Essigsäure)  in  Freiheit  gesetzt  wird. 
Der  große  Überschuß  des  Reagenzes  führt  die  Reaktion  rasch  zu  Ende. 
Der    Gebrauch     einer    schwachen    Säure    an    Stelle    von    Mineralsäuren, 


Die  gasometr.  Bestimmung  von  primär,  aliphatischen  Aminostickstoff  etc.     997 

die  bei  früheren  Metlioden  heniitzt  wurden ,  verursaeht  Kntwickluiifr  von 
einem  verhältnisniäßii>-  kleinen  Volumen  Stickoxyd  und  läßt  aullcrdcni 
nicht  befürchten,  daß  bei  noch  komplexen  proteolytischen  riodukten 
eine  Säurehydrolyse  eintreten  kann.  Handelt  es  sich  darum,  eine  in 
Wasser  allein  nicht  leicht  lösliche   Aminosubstanz  in    Lösiniti-  zu    brin{^a*n, 

so  mag'  man  Mineralsäuren  gebrauchen  von  nicht  mehr  als  "-Konzentration 

oder  Essigsäure  von  irgend  einer  Konzentration  l)is  zu  oO^/o  oder  eiidiicli  fixes 

AlkaH  bis  zu  einer  Konzentration  von    .    Um  Tyrosin  und  Lysinpikrat  in 

Lösung  zu  bringen,  fügt  man  für  gewöhnlich  einige  Tropfen  Natriumhydi'at- 
lösung  hinzu. 

Korrektur  betreffs  Verunreinigung  der  Ueageiiiien. 

Da  das  käufhche  Natriumnitrit  oft  Verunreinigungen  enthält,  die 
Spuren  von  Stickstoff  entwickeln,  wenn  das  salpetrige  Salz  angesäuei't 
worden  ist,  so  muß  das  Nitrit  immer,  bevor  es  gebraucht  wird,  geprüft 
werden:  darnach  wird,  wenn  nötig,  eine  Korrektur  für  das  Iteagenz 
angebracht,  die  bei  den  einzelnen  Resultaten  in  Betracht  zu  ziehen  ist. 

Es  sei  hier  erwähnt,  daß  z.  B.  ein  käufliclies,  als  chemisch  rein  be- 
zeichnetes Nitrit  0"2  cm^  Stickstoff  in  5  Minuten,  0"o  cni^  in  einer  halben 
Stunde  und  0'5  cm'^  in  2  Stunden  lieferte. 

Der  Apparat. 

Die  Zusammensetzung  des  Apparates  i)  ist  aus  folgender  Abbildung 
ersichtlich : 

Die  Reaktion  wird  in  D  ausgeführt,  in  einer  Flasche  von  35 — 37  cm^ 
Inhalt.  Sie  ist  mit  einem  vierfach  durchbohrten  Gummistopfen  versehen, 
der  beständig  die  Glasröhren  trägt,  wie  es  die  Figur  zeigt.  Der  Stopfen 
wird  an  seiner  Stelle  durch  einen  geeigneten  Di'aht  oder  beiinemer  durch 
eine  speziell  für  diesen  Zweck  konstruierte,  von  dem  P'abrikanteu  gelieferte 
Schraubeneinrichtung  festgehalten. 

Alle  Glasröhren,  die  durch  den  Stopfen  führen,  sind  Kapillaren  von 
6 — 7  mm  äußerem  Durchmesser.  Sie  haben  alle  1  mm  lichte  Weite,  aus- 
genommen ist  nur  das  Rohr  J.  welches  2—4  ^^//^/  haben  .•^oll.  Der  Zylinder 
A  von  ungefähr  40  cm^  Volumen  ist  mit  2  Marken  versehen,  welche  5  und 
25  cm3  Inhalt  anzeigen.  Die  10  cm^  fas.sende  Bürette  B  enthält  die  Lösung 
der  zu  analysierenden  Aminosubstanz.  Das  liohr  C  dient  zum  Auslassen 
des  Gases  und  verbindet  D  mit  der  Gasbürette.  während  der  Stickstoff  ent- 
wickelt wird.  Das  untei-e  Ende  von  C  befindet  sich  genau  in  demselben  Niveau 
wie  die  untere  Fläche  des  Stopfens.  Der  kleine  Zylinder  /.'.  von  2  nti^  In- 


0   Der  Apparat  wird  geliefert  von  K.  Machlctt  and  i^o».   143  E.  23  St.  New  York 
City  {S  12)  und  von  Robert  Goetze,  Leipzig  (M.  25). 


998 


Donald  D.  van  Slyke. 


Fig.  231. 


halt,  enthält  etwas  Amylalkohol,  der  dann  gebraucht  wird,  wenn  viskose 
Lösungen,  wie  solche  von  Proteinen,  zur  Analyse  vorliegen.  Zusatz  von 
einem  Tropfen  Amylalkohol  verhindert  das  Schäumen  solcher  Lösungen 
während  der  Stickstoffontwicklung.  Die  Gasbürette  F  ist  für  40  cni^  be- 
rechnet und  in  Zehntel-Kubikzentimetern  eingeteilt.  Unter  der  Marke, 
welche  den  Stand  von  40  cm  (von  oben  gerechnet)  anzeigt,  erweitert  sich 
das  Kohr  sackartig;  an  diesem  breiten  Gefäß  sind  nur  Teile  von 
10  Kubikzentimetern  markiert.  Dieser  Gefäßteil  faßt  ein  Volumen,  das  die 
zuerst  in  Freiheit  gesetzte  Menge  von  Stickstoff  und  Stickoxyd  aufzuneh- 
men imstande  ist;  in  dem 
oberen  engen,  feiner  gra- 
duierten Teil  der  Bürette 
mißt  man  dagegen  den 
reinen  Stickstoff,  nachdem 
das  Oxyd  absorbiert  worden 
ist.  Das  Wasser  der  Gas- 
bürette löst  etwas  Stick- 
oxyd, dadurch  wird  die 
Bürette  rein  gehalten,  in- 
dem zufällig  eingetretene 
Tropfen  Permanganat  re- 
duziert werden.  Drei  Stücke 

Gummischläuche ,  aus 
neuem .  weichem  Gummi, 
mit  kapillarer  Öffnung  und 
mit  einer  Wandung  von 
3  oder  4  mm  Dicke  ver- 
binden C  und  G  mit  der 
Gasbürette.  In  der  Hempel- 
schen  Pipette  befindet  sich 
die  Absorptionslösung, 
nämlich  die  bereits  be- 
schriebene alkalische  Per- 
manganatlösung. 

Wenn  sich  die  Röhren 
der  Pipette    nach   langem 
Gebrauche    mit    Mangan- 
dioxyd  beschlagen   haben,    so   werden   sie  davon   mittelst  Natriumsulfat- 
lösung und  verdünnter  Salzsäure  gereinigt. 

Sind  zahlreiche  Aminosubstanzen  nach  der  beschriebenen  Methode 
zu  untersuchen,  so  ist  es  vorteilhaft,  je  2  Stück  von  den  35  «»^-Flaschen 
(beide  mit  Stopfen  versehen),  von  den  10  c/y^^-Büretten  usw.  zu  gebrauchen. 
Während  nun  eine  Bestimmung  ausgeführt  wird,  kann  bereits  eine  andere 
begonnen  Averden.  Auf  diese  Weise  kann  man  sechs  gewöhnliche  (a-Amino-) 
Bestimmungen  in  einer  Stunde  vornehmen. 


Die  gasonietr.  Bestimmung  von  primär,  aliphatischen  Aminostickstoff  etc.     999 

Die  Bestimmung. 

Der  ganze  Prozeß  der  Bestiinmung  ist  in  drei  Ktappeii  einzuteilen: 
1.  Vertreibung  der  Luft  aus  dem  Apparat  durch  eine  Atiiios|)liiire  reinen 
Stickoxyds;  2.  Zersetzung-  der  Aminosuhstanz :  H.  AI>sor[)ti()n  von  Stirk- 
oxyd  und  Messen  des  reinen  Stickstoffes.  Die  vollständige  liestininiung  ei-- 
f ordert  im  allgemeinen  ungefähr  zehn  Minuten. 

Vertreibung  der  Luft  durch  Stickoxyd.  Die  Lösuui:- der  Aniino- 
substanz,  die  nicht  mehr  als  20  nuj  Aminostickstoff  enthalten  soll,  wird  in 
die  Bürette  B  eingefüllt;  in  A  werden  ö  oir^  Wasser  gegeben.  Dann  gielit  man 
in  i)  2^cm''^  der  Natriumnitritlösung  (30^  Nitrit  auf  100  <v»-'  Wasser)  und 
hierauf  7  cm^  (1/4  Vol.)  Eisessig,  worauf  sogleich  eine  schnelle  Entwicklung  von 
Stickoxyd  beginnt.  Nun  setzt  man  den  (lummistopfen,  dei-  die  verschie- 
denen Glasröhren  trägt,  in  den  Hals  von  D  ein  und  befestigt  ihn  an  der 
Flasche  mittelst  des  Drahtes  bzw.  der  Schrauben.  Der  Halm  c  des  Ver- 
bindungsrohres ü  muß  von  Anfang  an  offen  sein.  Um  das  noch  vorhan- 
dene geringe  Volumen  Luft  aus  D  zu  vertreiben,  läßt  man  aus  A  \Va>ser 
zufließen,  bis  die  Flasche  D  vollständig  angefüllt  ist  und  bis  die  Flüssig- 
keit bereits  in  C  aufsteigt.  Um  auch  die  in  der  salpetrigen  Säui-elösnng 
gelöste  Luft  zu  entfernen,  schließt  man  nun  den  Hahn  e,  öffnet  a  un<l 
schüttelt  D,  während  man  die  Röhren  A,  B  und  C  an  den  oberen  Enden 
mit  der  linken  Hand  hält.  Das  Schütteln  verursacht  eine  schnelle  Ya\\- 
wlcklung  von  Stickoxyd,  das  sich  in  dem  oberen  Teil  von  D  sammelt  und 
10 — 15  cni^  der  Lösung  nach  A  zurück  treibt.  Der  Hahn  e  wird  jetzt 
wieder  geöffnet  und  das  Stickoxyd,  zusammen  mit  der  Luft,  die  es 
aus  der  Lösung  getrieben  hat,  durch  die  aus  A  eintretende  Flüssig- 
keit aus  D  entfernt.  Um  sich  zu  vergewissern,  daß  jede  Spur  Luft  ver- 
trieben ist,  schließt  man  c  und  wiederholt  den  ganzen  Prozeß  noch  ein- 
mal. Nachdem  man  nun  wieder  c  geschlossen  hat,  schüttelt  man  I>  ein 
di'ittes  Mal  und  läßt  in  D  einen  Gasraum  von  ungefähr  20  cw/ 3  entstehen, 
damit  für  die  Aminosubstanzlösung  aus  B  Raum  geschaffen  wird.  Nun 
schheßt  man  «,  öffnet  c  und  verbindet  C  mit  der  Gasbürette  /*',  die  bereits 
mit  Wasser  bis  zum  oberen  Ende  des  \\']bindungsschlauches  gefüllt  ist. 
Dann  öffnet  man  den  Hahn  /  zur  Verbindung  von  F  und  D.  Die  eben 
beschriebenen  Handhabungen  erfordern  ungefähr  zwei  Minuten. 

Zersetzung  der, Aminosuhstanz.  Nachdem  rund  /'verbunden 
sind,  läßt  man  die  Aminosubstanzlösung  von  B  in  D  einfließen  und  mischt 
sie  durch  Schütteln  mit  der  salpetrigen  Säurelösung.  Es  beginnt  sofort 
eine  schnelle  Entwicklung  von  Stickstoff,  dem  Stickoxyd  beigemischt  ist. 
Nachdem  die  Reaktion,  faUs  a-Aminosäuren  vorliegen,  5  Minuten  gedauert 
hat  oder,  bei  den  meisten  anderen  Aminoderivaten.  etwas  länger,  wird  die 
Entwicklung  des  Stickstoffes  durch  kräftiges  Schütteln  von  D  zu  Ende 
geführt. 

Wenn  Proteine  oder  andere  Substanzen,  die  viskose  L()sungen  er- 
zeugen, in  der  Aminosubstanzlösung  vorhanden    sind,   läßt   man  gelegent- 


]^QO0  Donald  D.  vau  Sl\  ke. 

lieh  einen  Tropfen  Amylalkohol  aus  E  (vgl.  Fig.  281)  hinzufließen,  um  das 
Sdiäumen  \vährend  der  sehneilen  Stickstoffentwieklung  zu  verhindern. 
Falls  man  bei  einem  Verdauungsversuch  die  Bestimmung  von  Proteinen  oder 
ihren  partiellen  Hydrolysenprodukten  vornimmt,  erfordert  die  Reaktion  nach 
Versuchen  mit  verschiedenen  Polypeptiden i)  nur  5—10  Minuten,  wenn 
man  die  Lösung  durch  mehrmaliges  Schütteln  je  eine  Minute  lang  gut 
durchmischt.  Unter  diesen  Bedingungen  scheint  durchaus  keine  (iefahr 
für  eine  andere  Zersetzung  der  komplexen  Substanzen  als  die  der  Des- 
amidierung  zu  bestehen.  Die  desamidierten  Produkte  der  Proteine  und  ihrer 
primären  Hydrolysenprodukte,  sowie  der  höchstmolekularen  Polypeptide 
sind  indöslich.  Infolgedessen  entstehen  bei  der  Einwirkung  der  salpetrigen 
Säure  auf  Lösungen  der  unverdauten  Proteine  oder  auf  Produkte  des  ersten 
Stadiums  der  Verdauung,  sowie  auch  auf  sehr  hochmolekulare  künstliche 
Polypeptide  Niederschläge.  Diese  Fällung  wirkt  in  keiner  Weise  störend 
auf  die  Bestimmung  ein.  Falls  Ammoniak  vorliegt,  das  nicht  so  schnell 
wie  primäre  Aminogruppen  reagiert,  werden  während  des  Verlaufes 
der  5  Minuten  bei  20°  ungefähr  nur  lö^/o  seines  Stickstoffs  in  Freiheit 
gesetzt. 

Absorption  des  Stickoxydes  und  Messung  des  Stickstoffes. 
Nachdem  die  Reaktion  beendet  ist,  öffnet  man  den  Hahn  a,  stellt  die 
Birne  sehr  niedrig  und  laut  dadurch  alles  Gas  aus  D  und  C  in  i^  ein- 
treten. Dann  hebt  man  die  Birne  hoch  und  treibt  hierdurch  das  Gas  aus 
F  in  if,  wobei  man  sorgfältig  darauf  achtet,  daß  nichts  in  der  Verbin- 
dungskapillare von  G  und  der  Pipette  zurückbleibt.  Das  Stickoxyd  wird 
durch  Schütteln  des  Gases  mit  der  Permanganatlösung  absorbiert.  Der 
reine  Stickstoff  wird  dann  in  F  zurückgeführt,  indem  man  die  Perman- 
ganatlösung durch  G  bis  /  fließen  läßt.  Die  Oberfläche  des  Wassers  in 
der  Birne  wird  darauf  in  dasselbe  Niveau  des  Meniscus  der  Flüssigkeit  in 
F  gebracht  und  das  Volumen  des  Gases  in  F  abgelesen.  Die  Absorption 
erfordert  gewöhidich  ungefähr  1  Minute;  die  Absorptionsdauer  ist  etwas 
von  dem  Volumen  des  Stickstoffes  abhängig,  ferner  kommt  es  darauf  an, 
ob  die  Permanganatlösung  frisch  ist,  und  ob  man  vollständig  durch- 
geschüttelt hat.  Für  den  Anfang,  wenn  man  noch  nicht  geübt  ist,  ist  es 
ratsam,  sich  genau  zu  überzeugen,  ob  die  Absorption  vollständig  vor  sich 
gegangen  ist.  Zu  diesem  Zwecke  wiederholt  man  die  zum  Absorbieren  er- 
forderliche Operation  und  sieht  zu.  ob  sich  danach  das  Gasvolumen  ver^ 
mindert  hat.  Dann  bestimmt  man  die  Zimmertemperatur  neben  dem 
Apparat  und  den  Atmosphärendruck  und  berechnet  aus  diesen  Daten  und 
dem  abgelesenen  Volumen  das  Gewicht  des  Stickstoffgases  nach  den  ge- 
wöhnlichen Tabellen  zur  Bestimmung  des  über  Wasser  gemessenen  Stick- 
stoffes. Da  bei  der  Reaktion  die  doppelte  Menge  des  Stickstoffes  der  vor- 


*)  Nach  noch  unveröffentlichten  Versuchen  von    Emil  Abderhalden    und    D.  ran 
Shjkc  in  der  Zeitschrift  für  physiologische  Chemie. 


Die  gasometr.  Bestimmung  von  primär,  aliphatischen  Amiuostickstoff  etc.   lUOl 

haiideiien  AminoiiTuppoii  zur  Messung  fiolanj^t,  so  sind  die  crlialtcnou  Re- 
sultate au  Stickstoffj^ewicht  duicli  2  zu  dividieren.  Es  erzeugt  jedes  Milli- 
gramm Amiuostickstoff  je  nach  dem  henschenden  l)rucke  und  der  Tempe- 
ratur 11  Vi^  cw^  Stickstoffgas.  Da  also  durch  die  Verdoppelung  das  zu 
messende  Stickstoffvolumeu  relativ  hoch  ist,  so  kann  man  auch  mit  vei-- 
hältuismäiiig  kleinen  Mengen  Substanz  sehr  genaue  Itesultate  erzielen. 
Auf  Gruiul  seiner  Genauigkeit  und  der  he(iuemeii  und  schnellen  Aus- 
führung ist  die  Methode  für  die  analytische  Prüfung  «h-r  Iteiidieit  von 
Aminosäuren  außerordentlich  empfehlenswert. 

Bei  der  oben  beschriebeneu  Methode  besteht  die  einzige  Fehlergrenze. 
vorausgesetzt  dal»  die  Reagenticu  rein  sind,  darin,  dab  die  (>2  rm^ 
Luft,  welche  die  \0  cm'^  dvr  Aminosubstanzlösung  bei  dem  gewölmlichen 
Atmosphärendruck  gelöst  enthalten.,  in  Betracht  zu  ziehen  sind.  Da  aber 
der  Sauerstoff  dieser  Luft  sich  mit  dem  Stickoxyd  (NU)  unter  Bildung 
von  Stickstoffdioxyd  (NO2)  verbindet,  welches  durch  das  Permanganat  ab- 
sorbiert wird,  sind  also  in  Wirklichkeit  nur  0"16  cm^  Stickstoffgas  zu  dem 
zur  Messung  gelangenden  Gasvolumen  hinzugefügt.  Die  Koi-rektur.  die 
sich  dann  bloß  auf  0*09  mg  Aminostoff  beläuft,  kann  üi)rigens  vermieden 
werden,  wenn  man  zur  Darstellung  der  Aminosubstanzlösung  Wassei-  l)e- 
nutzt,  das  durch  vorheriges  Kochen  oder  durch  kurzes  (wenige  Sekunden 
langes)  Schütteln  in  einer  evakuierten  Flasche  luftfrei  gemacht  worden  ist. 
Einfacher  bestimmt  mau  die  gesamte  erforderliche  Korrektur  sowohl  tui- 
Luft  als  auch  für  Beagentien,  indem  mau  eine  Koutrollbestimmung  aus- 
führt, bei  der  man  anstatt  der  Aminosubstanzlösung  nur  10  cw»  Wasser 
benutzt. 

In  betreff  der  Korrektur,  die  auf  Grund  von  unreinen  Beagentien 
in  Betracht  gezogen  werden  muß.  sei  hier  auf  den  Abschnitt  ..über  Beagen- 
tien" verwiesen. 

Die  Zeit,  die  bei  verschiedenen  Arten  von  Amiuoderivat t'U 
zur  Erlangung  der   quantitativen  Reaktion  erforderlich  ist. 

Die  Aminogruppen,  die  sich  in  der  a-Stellung  zum  Carboxyl  befinden, 
wie  z.  B.  in  den  natürlichen  Aminosäuren,  reagieren  bereits  in  .'>  Minuten 
bei  20«  quantitativ.  Die  e-Aininogruppe  im  Lysin  erfordert  eine  halbe 
Stunde  zur  vollständigen  Beaktion.  Lysin  ist  die  einzige  natürliche  Amino- 
säure, die  mehr  als  5  Minuten  für  den  Beaktionsverlauf  verlangt,  .\mmoniak 
und  Methylamin  brauchen  lV-2 — 2  Stunden  zur  quantitativen  Beaktion  und 
Harnstoff  erfordert  dazu  sogar  8  Stunden.  Li  1  Stunde  liefert  er  50»/o 
seines  Stickstoffes.  Der  Beaktionsgang  entspricht  eiuei-  monomolekularen 
Gleichung.  Die  Aminogruppen  in  Purinkörpei-n  und  in  Pyrimidiueu  vei- 
langen  2—5  Stunden  bei  20". 

Im  Falle  aus  irgend  einem  Grund  Zweifel  bestehen .  ob  die  Beaktion 
sich  auch  vollständig  abgespielt  hat,  kann  mau .  wie  folgt ,  prüfen.  ( '  un<l 
F  werden  verbunden  gelassen,  a  geöffnet,  während  das  Stickoxyd  absor- 
biert und  darauf  der  Stickstoff  gemessen  wird.  Das  Gas.  das  sich  dann 
inzwischen    im    oberen  Teile    des  Gefäßes  D  angesammelt  hat,    wird    zu- 


1002  Donald  D.  van  Slyke. 

sammen  mit  dem.  welches  aus  der  Lösung  in  D  durch  Schüttehi  entfernt 
werden  kann,  in  F  eintreten  gelassen  und  dann  vom  Stickoxyd  durch 
Absorption  befreit.  Hierauf  wird  der  Stickstoff  nochmals  gemessen.  Wenn 
jetzt  keine  Vermehrung  des  ursprünglichen  Stickstoffvolumens  festzustellen 
ist,  so  war  die  Reaktion  bereits  vor  der  ersten  Messung  vollständig  gewesen. 

Die  Reaktionsfähigkeit  der  verschiedenen  Arten   von  Amino- 
substanzen  unter  den  Bedingungen  der  Bestimmung. 

Aminosäuren.  Glykokoll,  Alanin,  Valin,  Leucin.  Phenylalamin, 
Tyrosin,  Asparaginsäure.  Glutaminsäure  und  Cystin.  alle  diese  Säuren  ent- 
halten nur  7.-Amin  OS  tick  Stoff  und  reagieren  mit  ihrem  gesamten  Stick- 
stoff in  5  Minuten  unter  den  gewöhnlichen  Bedingungen.  Lysin  erfordert, 
wie  bereits  erwähnt,  30  Minuten  bei  20"  zur  vollständigen  Reaktion,  weil 
die  £-Aminogruppe  träger  reagiert  als  die  a-Gruppe :  die  Resultate  sind  dabei 
aber  doch  gänzlich  zuverläßlich.  Die  Guanidingruppe  reagiert,  trotzdem 
sie  ein  Stickstoffatom  enthält,  das  im  groüen  und  ganzen  doch  die  Eigen- 
schaften einer  NHg-Gruppe  besitzt,  gar  nicht,  sowohl  im  Guanidin  selbst 
als  auch  im  Kreatin  und  im  Arginin.  Infolgedessen  reagiert  im  Arginin 
von  den  vier  Stickstoffatomen  nur  eins,  und  zwar  das  Stickstoffatom  in 
a-Stellung.  Der  Stickstoff  des  Indolringes  im  Tryptophan,  der  des  Pyrrolidin- 
ringes  im  Prolin  und  Oxyprolin  und  ferner  des  Imidazolkerns  im  Histidin 
reagiert  nicht.  Die  Diaminotrioxydodekansäure  von  Abderhalden  ist  nicht 
untersucht  worden:  sie  ist  aber  übrigens  nur  einmal  aufgefunden  worden 
und  ist  daher  auch  nicht  als  ein  gewöhnlicher  Bestandteil  der  Proteine 
zu  betrachten.  Fassen  wir  die  an  Aminosäuren  gesammelten  Resultate 
zusammen,  so  ergibt  sich  folgendes:  Jede  bekannte  Aminosäure,  die 
aus  Eiweiß  durch  Säurehydrolyse  erhalten  worden  ist,  reagiert 
quantitativ  mit  einem  Stickstoffatom,  ausgenommen  ist  dabei 
bloß  das  Lysin,  das  mit  zwei  Stickstoffatomen  reagiert,  und 
das  Prolin  und  Oxyprolin,  die  überhaupt  nicht  in  Reaktion 
treten.  Alle  Aminosäuren  reagieren  mit  ihrem  gesamten  Stick- 
stoff mit  Ausnahme  des  Tryptophans,  das  mit  der  Hälfte,  des  Histi- 
dins,  das  mit  einem  Drittel,  des  Arginins.  das  mit  einem  Vierteides 
gesamten  Stickstoffs  reagiert,  und  des  Prolins  und  Oxy prolins,  die, 
wie  erwähnt,  gar  nicht  reaktionsfähig  sind. 

Asparagin  reagiert  nur  mit  seiner  primären  Aminogruppe,  dagegen 
selbst  im  Verlauf  einiger  Stunden  nicht  mit  seinem  Säure- 
amidstickstoff. 

Die  Analysenresultate  sind  mittelst  des  beschriebenen  Verfahrens  bei 
allen  Aminosäuren  mit  Ausnahme  des  Glykokols  und  des  Cystins  ab- 
solut genau.  Die  beiden  genannten  Säuren  unterliegen  einer  tieferen  Zer- 
setzung als  nur  der  Desamidierung,  da  sie  Spuren  von  CO.,  und  auch  von 
Gasen  liefern .  die  nicht  durch  alkalische  Permanganatlösung  absorbiert 
werden.    Das  Gas,    das  vom  Glykokoll   geliefert  wird,    beträgt  gewöhnlich 


Die  gasometr.  Bestimmung  von  primär,  aliphatisclien  Aniiiiostickstoff  etc.  lOOH 

1030/0  der  theoretisch  berechneten  Menge,  so  daß  also  bei  dm  (;iyk(»i<(>ll- 
analysen  19-2»/o  Sticlcstoff  anstatt  IB'GOVo  erhalten  werden.  Mit  ("vstin 
erhält  man  107%  des  theoretischen  Gasvolnniens:  die  Analyse  liefert 
hier  also  12-5  anstatt  ITGÖVo  -Stickstoff.  Das  Hesnltat  ist  hierbei  das- 
selbe, ob  man  die  Reaktion  nnr  ö  Minuten  oder  eine  halbe  .Stunde  verlaufen 
läßt.  Es  geht  ohne  weiters  daraus  hervor,  daß  die  vollstäudiy  auorniale 
Zersetzung  des  Cystins  während  der  ersten  5  Minuten  stattfindet.  Daraus 
dürfte  geschlossen  werden,  daß  das  überschüssige  (Jas  nicht  von  der  7x\- 
setzAnig  der  Oxysäure,  die  durch  Desamidierung  geliefert  wird,  herstammt, 
sondern  viel  w'ahrscheinlicher  von  einer  anormalen  teihveisen  Zersetzung 
des  sich  intermediär  bildenden  Diazokörpers. 

Polypeptide.  Die  salpetrige  Säure  reagiert  meist  normalerweise  mit 
Polypeptiden  nach  folgender  Gleichung: 

R— CO  .  N— R' .  COOH  +  2HNO2  =  R— CO  .  N-  RCoOH  +  i'il.,  o  ^  N., 

NH.,         H  OH  NO 

Das  Stickstoffgas  wird  dabei  nur  durch  Picaktion  mit  der  einen  freien 
NHo-Gruppe  entwickelt;  der  sekundäre  Stickstoff  der  Polypeptide  wird 
unter  Bildung  von  Nitrosamingruppen  gebunden  und  bleibt  infolgedessen, 
soweit  es  für  unsere  gasvolumetrische  Bestimmung  in  Betracht  kommt, 
inaktiv.  Dies  wurde  an  einer  großen  Zahl  verschiedenartiger  Polypeptide 
festgestellt.  Eine  Ausnahme  hiervon  wurde  nur  an  Glycylpolypeptiden  be- 
obachtet, bei  denen  die  NHg-Gruppe  sich  am  Glycinrest  befindet.  Solche 
Polypeptide  geben,  unabhängig  von  der  Länge  der  Kette,  statt  1  Mok'kül 
1-25  Molekül  Stickstoff  ab.  Offenbar  hängt  dieser  abnorme  Reaktionsver- 
lauf mit  dem  anormalen  Verhalten,  welches  das  Glycin  selbst  bei  der 
Reaktion  zeigt,  zusammen.  1) 

Proteine  und  intermediäre  proteolytische  Produkte.  Die 
natürlichen  Eiweißkörper  reagieren  nur  mit  einer  Spur  ihres  Stickstoff- 
gehaltes, die  jedenfalls  zum  Teil  der  c-Aminogruppe  des  Lysins  ent- 
stammt. 2)  Die  primären  Produkte  der  Hydrolyse  enthalten  mehr  freie 
Aminogruppen  und  bei  den  sekundären  ist  diese  Menge  noch  reichlicher. 
So  reagiert  z.  B.  Eieralburain  nur  mit  2'98Vo  seines  Stickstoffs  und  Edestin 
mit  2*47%-  Heteroalbumose  •^)  und  Protoalbumose  reagieren  je  mit  ()";»7ü 
und  die  Deuteroalbumosen  mitlO— ^14"/o  dires  Stickstoffs.  Diese  Resultate 
sind  vereinbar  mit  der  üsrAerschen  Theorie  über  die  Struktur  des  Ei- 
weißes, nach  der  bekanntlich  die  kleineren  Moleküle  den  größeren  Teil 
ihres  Stickstoffs  in  Form  von  freien  Aminogruppen  besitzen. 


')  Vgl.  die  (lemuäclist  in  der  Zeitschrift  für  pliysiol.  Clieniio  von  /•;»;//  Ahdtr- 
halden  und  1).  lan  Sli/kc  erscheinende  Arbeit. 

ä)  S.  J.  Levites,  Über  die  Ücsaniidoprdteine.  Biocliem.  Zeitschr.  20.  224  (li)Oit).  — 
Zd.  Skraup,  Annalen  der  Chemie  und  IMiarniazie  3(50.  379  (l'.KH!).  —  Zd.  Skraup,  Annaion 
der  Chemie  und  Pharmazie.  360.  S.  379  (1906). 

3)  P.Ä.Leieiu,  D.D.  van  Sbjke  and  F.  J.  lUrrhnrd .  Tlie  I'artial  Hydrolysis  of 
Proteins.  Journal  of  Biol.  Chem.  8.  272  (1910). 


IQQ^:  Donald  D.  van  Slyke. 

Purin-  und  Pyrimidin-Riboside.i)  Diese  Komplexe  sind  des- 
halb von  Interesse,  weil  sie  in  Verbindung  mit  Phosphorsäure  mindestens 
eine  Klasse  von  Nukleinsäuren  zusammensetzen.  Man  fand,  daß  Cytidin 
( Cytosin-Riboside)  und  Adenosin  (Adenin-Riboside)  in  zwei  Stunden  oder 
mehr  genau  die  Menge  Stickstoff  gas  liefern,  die  sich  für  eine  Amino- 
gruppe  berechnet.  -)  Dagegen  verhält  sich  Guanosin  gleich  dem  Cystin 
abnorm  und  liefert  P/s  Atome  des  vorhandenen  Stickstoffs. 


Messung  der  Schnelligkeit  und  des  Unifanges  der  Proteolyse 
mittelst  der  Aminostickstoffbestimmung. 

Wie  Emil  Fischer  und  seine  Schüler  gezeigt  liaben.  sind  die  Eiweiß- 
körper als  Ketten  von  Aminosäuren,  wie  sie  in  Polypeptiden  vorkommen,  zu 
betrachten.  Bei  der  Hydrolyse  werden  die  CO — NH- Verbindungen  gesprengt, 
indem  dabei  aus  jeder  Verkettung  eine  freie  Aminogruppe  entsteht.  In- 
folgedessen ist  in  einem  partiell  hydrolysierten  Protein  das  Verhältnis  des 
schon  in  Freiheit  gesetzten  Aminostickstoffs  zu  dem  durch  vollständige 
Hydrolyse  freigemachten  ein  Maß  für  die  Menge  der  gespaltenen  Peptid- 
verkettungen  oder  für  den  Umfang  der  stattgefundenen  Hydrolyse. 

Die  bisher  ausgeführten  Versuche  sind  ganz  im  Einklang  mit  der 
Fischerschen  Erklärungsweise  über  die  Struktur  der  Eiweißkörper  ausge- 
fallen und  zeigen,  daß  der  \'erlauf  der  Proteolyse  in  geeigneter  Weise 
durch  die  Aminobestiminuugen  verfolgt  werden  kann.  Außer  der  Bequem- 
lichkeit, mit  welcher  dieses  Verfahren  ausführbar  ist,  hat  es  noch  vor  den 
beim  Studium  der  Proteolyse  bis  jetzt  allgemein  gebrauchten  empirischen 
Methoden,  wie  Fällung  mit  Gerbsäure,  Aussalzen,  Viskositätsmessun- 
gen usw.  den  Vorteil,  daß  es  eine  direkte  genaue  chemische  Aus- 
legung der  Resultate  zuläßt:  es  gibt  die  Menge  der  gespaltenen  Peptid- 
bindungen  an.  Der  Umfang  der  stattgehabten  Hydrolyse  wird  nach  folgen- 
der Gleichung  berechnet: 

Prozent  der  Hydrolyse  ■=  —         "^ " 

A,      Aq 

A  bedeutet  dabei  den  jeweils  gefundenen  x\minostickstoff.  Ao  den  Amino- 
stickstoff  des  unangegriffenen  Proteins  vor  der  Hydrolyse,  A^  den  Amino- 
stickstoff  nach  vollständiger  Hydrolyse.  ^) 


')  /'.  A.  Levene  und  W.  A.  Jacobs:  Über  die  Hefe-  und  Nukleinsäure.  III.  Ber. 
der  Deutsch.  Chem.  Gesellsch.  43.  3150  (1910). 

-)  Donald  D.  van  Sli/ke,  Journal  of  Biol.  Chemistry  9.  195  (1911)  loc.  cit. 

*)  Da  Aq  verhältnismäßig  klein  ist,  kann  es  bei  der  Berechnung  unberücksichtigt 
bleiben,  falls  die  Bedingungen  eine  experimentelle  Bestimmung  seines  Wertes  verhindern, 
•wie  z.  B.,  wenn  das  unverdaute  Eiweiß  unlöslich  ist ;  annähernde  Resultate  werden  dann 
nach  der  Gleichung  erhalten: 

Uli  100^ 

Hydrolyse  = 


A,. 


Die  gasomctr.  Bestimmung  vnn  primär,  aliphatisciien  Araiuostickstoff  etc.   1005 


Tabelle  I. 
Verdauung  von  Edestiii  ilurcli  Trypsin. 
150  c;«*AVasser,  6//  lufttrockenes  Edestin,  05//  Soda,  O'B  r/  Grübler!«  Trjpsin.   Tempe- 
ra tur  . 57".    Von  Zeit    zu  Zeit   wurden  5  cw^   für   die    Aminostickstoff-Bestinunung    ent- 


nonimeu. 


...       j                             Kul)ikzontimeter  Ndas. 

btunden                     reduziert  auf  0»  u.  700  mm           i'rozente  von   X 

-. 

i;mfttii({  d»r  Hydrolyge 
in  I'rozont 

0 

2 

4  .'..'..'!  ! 

20 

80 

1-97') 

7-62 

8-92 
12-62 
19-56 

3-68  •) 

14-93 

17-47 

24-75 

38-35 

OfjO 

14-77 
18-15 
27  40 
47-30 

Vollständige  Hydro- 
lyse mittelst  Salz- 
säure   

40-25 

79-00 

10000 

Tabelle  II. 

Hydrolyse  von  Eieralbti  min  durch  Natronlauge. 

100  cm^  HjO,  2.(7  lufttrockenes  Albumin,  bg  NaOH,  Temperatur  60".    Für  die  Amino- 

stickstoffbestimmung  wurden  je  5  cm^  entnommen. 


Standen 


Kubikzentimeter  N-Iias, 
reduziert  auf  0"  u.  760  »im 


Prozente  des  Total-N 


Umfang  der  Hydrolyse 
in  Prozent 


0 

0-5 

4-5 

25 

48 

96       

144 

Vollständige  Hydro- 
lyse mittelst  Salz- 
säure   


0-78 
1-85 
5-04 
10-11 
1209 
15-85 
17-75 


2-85 
715 
19-45 
39-02 
46-62 
6110 
68-42 


000 
5-19 
19-9:) 
4370 
5302 
70-70 
83  20 


22-10 


85-20 


10()(XJ 


Zur  vollständiiJ-en  Hydrohse  werden  die  Proteine  ;iin  liiickflul'.kühler 
mit  20''/oiS6i' Salzsäure  (1  Vol.  Wasser  und  1  \'ol.  konzentrierte  Salzsäure) 
gekocht,  bis  die  Menge  des  Aminostickstoffs  das  .Maximum  erreicht  hat. 
Dieser  Punkt  wird  bequem  so  bestimmt,  daß  man  in  Intervallen  von  einiLn-n 
Stunden  mit  einer  Pipette  abgemessene  Proben,  die  nngefiiiir  Ol  y  Stick- 
stoff enthalten,  entnimmt  und  diese  für  die  Aminobestimnnnigen  auf  je 
10  cm3    verdünnt.    Falls    die    Prol)en     mehr    als    POO  «w»   l)etragen.    .soll 


')  077  cm'  des  Stickstoffs  oder  r5°/o  entstammen  dabei  dem  Aminostickstoff 
des  zugefügten  Trypsins.  Vom  Edestiii  selbst  reagieren  nur  24'  „  Stickstoff  mit  der 
salpetrigen  Säure.  Da  das  zugesetzte  Trypsin  reicli  an  Stickstoff  war,  können  nicht  79"  „ 
als  die  Menge  des  Aminostickstoffs  in  bydrolysiertem,  reinen  Edestin  angcnnmmon 
werden. 


IQQQ  Donald  ü.  van  Slyke. 

die  Säure  mit  einer  konzentrierten  Lösung  von  Alkali  neutralisiert  werden, 
ehe  sie  bis  auf  10  cwM^erdünnt  wird.  Der  Kolben,  in  dem  die  Lösung  ge- 
kocht wird,  soll  tariert  sein  und  vor  der  Entnahme  einer  jeden  Probe 
gewogen  werden,  um  die  Konzentrationsänderung  der  Lösung,  die  durch 
Verdampfung  durch  den  Rückflußkühler  vor  sich  gehen  kann,  festzu- 
stellen. 

Die  oben  beschriebene  Methode  zur  Verfolgung  des  Verlaufes  der 
Hydrolyse  eignet  sich  sehr  gut  zur  Bestimmung  der  relativen  Leichtigkeit, 
mit  der  verschiedene  Eiweißkörper  durch  Säuren,  Alkalien  oder  Fermente 
hydrolysiert  werden  und  sie  dürfte  ferner  ein  geeignetes  Mittel  zur  Fest- 
stellung der  Wirksamkeit  von  proteolytischen  Fermenten  sein. 

Quantitative  Bestimmung  des  Prolins,  das  nach  der  Estermethode 
bei  der  Protein-Hydrolyse  erhalten  wird. 

Der  Prolingehalt  kann  schnell  und  genau  durch  Bestimmung  des  totalen 
und  des  Amino-Stickstoffs  des  in  Alkohol  löslichen  Gemisches  von  Aminosäuren 
festgestellt  werden.  Jede  Aminosäure,  deren  Ester  mit  dem  Prolinester 
überdestilliert,  gibt  bei  der  Behandlung  mit  salpetriger  Säure  bei  der  oben 
beschriebenen  Aminobestimmung  allen  Stickstoff  ab.  Prolin  reagiert  hier- 
bei dagegen  gar  nicht.  Infolgedessen  kann  man  den  Prolingehalt  der 
Mischung  durch  Subtraktion  des  Aminostickstoffs  vom  totalen  Stickstoff- 
gehalt bestimmen,  die  erhaltene  Differenz  bezieht  sich  also  auf  den  Pro- 
linstickstoff.  \) 

Untersuchung  von  Verdauungsgemischen. 

Die  Aminostickstoffbestimmung  ist  mit  Vorteil  bei  Untersuchung 
des  Inhalts  des  Verdauungskanales  benutzt  worden,  um  die  Verdauung 
von  Eiweißkörpern  zu  verfolgen.-)  Der  Inhalt  der  einzelnen  abge- 
trennten Teile  des  Verdauungskanals  wird  durch  Zentrifugieren  von  den 
festen  Bestandteilen  befreit  und  auf  die  gleiche  Weise  gewaschen.  Dann 
bestimmt  man  den  Stickstoff  der  Lösung  und  der  unlöslichen  Teile.  In 
der  Lösung  wird  auch  der  Aminostickstoffgehalt  festgestellt.  Hiernach 
mischt  man  einen  aliquoten  Teil  der  Lösung  mit  einem  gleichen  Volumen 
konzentrierter  Salzsäure  und  hydrolysiert  vollständig  durch  Kochen.  Die 
hydrolysierte  Lösung  wird  dann  von  der  überschüssigen  Salzsäure  durch 
Abdampfen  befreit  und  der  Rückstand  auf  ein  bestimmtes  geeignetes  Vo- 


')  Für  die  Anwendung  der  Methode  bei  der  Hydrolyse  des  Kaseins  vgl.  van  Slyke, 
Ber.  der  Deutsch.  Chem.  Ges.  43.  3174  (1910)  loc.  cit.  ;  D.  D.  van  Slyke,  Quantitative  De- 
termination of  Prolin  obtianed  by  tlie  Ester  Method  in  Protein  Hydrolysis.  Prolin  Con- 
tent of  Casein.  Journal  of  Biolog.  Chem.  9.  205(1911);  Oshorne  und  Guest,  Hydrolysis 
of  Casein.  Journal  of  Biolog.  Chem.  9.  844  (1911). 

^)  Van  Slyke  und  White,  Digestion  of  Protein  in  stomach  and  intestine  of  the 
dogfish.  Journal  of  Biolog.  Chem.  9?  209  (1911). 


I 


Die  gasometr.  Bestimmung  von  primär,  aliplnitisclien  Aminostirkstoff  etc.   1007 

lumen  gebracht,  worauf  in  aliiiuotcn  Teilen  die  Aniiiiohe.stimiiimi;:«'!!  aus- 
geführt werden.  Anstatt  die  Lösung  einzudampfen,  kann  man  auch  einfach 
vollständig  mit  Natronlauge  neutralisieren.  (Iimii  auf  ein  abgemessenes 
Volumen  bringen  und  die  liestimmuiig  voi-iiehnien.  Mau  erhiilt  dabei  das 
Verhältnis  von  ( A m i n o s t i c k s t o f  f  na c h  H y d r o  1  y s e ) :  ( A  m  i n o s t i c k- 
stoff  vor  Hydrolyse),  das  die  Durchschnittsgröße  der  l'olypejjtide 

—  in  bezug  auf  Aminosäure-Radikale  —  in  der  Verdauungslösuug  angibt. 
Hierdurch  erhält  man  ein  bestimmtes  chemisches  Kennzeichen  über  die 
Ausdehnung  der  stattgehabten  Verdauung. 

Die  obige,  bei  'der  zitierten  Arbeit  gebrauchte  Technik  ist  die  ein- 
fachste Methode  zur  Behandlung  des  fraglichen  Problems.  Dieses  Verfahren 
könnte  so  vervollkommnet  werden,  daß  man  die  Peptone  mit  Phosphor- 
wolframsäure —  so  wie  es  von  Abderhalden  ausgeführt  wurde  —  oder  mit 
Gerbsäure  ausfällt.  Sowohl  der  Niederschlag  als  auch  das  Filtrat  kann  dann 
auf  Gesamtstickstoff  und  auf  Aminostickstoff  vor  und  nach  der  Hydrolyse 
analysiert  werden.  Noch  weiteren  Aufschluß  würde  man  bei  Anwendung 
der  im  nächsten  Abschnitt  beschriebenen  Methode  zur  Analyse  der  Pro- 
teine erhalten,  und  zwar  unter  Ausdehnung  derselben  sowohl  auf  den  Nieder- 
schlag als  auch  auf  das  Filtrat.  Dabei  würde  bestimmt  werden,  welcher 
Teil  des  ursprünglichen  Eiweißmoleküls  in  der  Fällung  und  auch  im 
Filtrat  vorhanden  war.  Man  kann  dadurch  die  Anteile,  die  schneller 
hydrolysiert  worden  sind,  und  die,  welche  widerstandsfähiger  waren,  be- 
stimmen. 

Bestimmung  des  Aminostickstoffes  im  Urin. 

A.  Gesamtaminostickstoff  im  Urin.i) 

Die  Methode  besteht  darin,  daß  man  den  Urin  mit  Schwefelsäure 
unter  Druck  erhitzt,  wodurch  der  Harnstoff  zu  Ammoniak  =)  zersetzt  wird 
und  durch  vollständige  Hydrolyse  die  Aminosäuren,  die  in  Form  von  Ei- 
weiß, Peptonen,  Hippursäure  usw.  gebunden  sind,  gleichzeitig  freigemacht 
werden.  Das  Ammoniak  wird  dann  abdestilliert.  Bei  diesem  Verfahren 
werden  also  Ammoniak  und  Harnstoff  entfernt,  die  sonst  teilweise  mit  den 
Aminosäuren  bestimmt  würden.  Dann  stellt  man  den  Aminostickstoff  fest. 

—  Die  Methode  wird  wie  folgt  ausgefühit: 

Zu  75  cm  Urin,  in  einem  Reagensglas  von  100 — HO  cm^  Inhalt  be- 
findlich, fügt  man  25  crn^  konzentriei'te  Schwefelsäure.  Der  Urin  wird  dann 
in  einem  Autoklaven  auf  175"  für  l'A,  Stunden  erhitzt.  Darauf  wird  er 
in  einen  Jenaer  Erlenmeyerkolben  von  ;^00  cni^  Inhalt  gespült,  mit  6-  7  (ji 
Ca(0H)2  versetzt  und  bis  zum  Verschwinden  allen  Ammoniaks  gekocht. 
Man  prüft  hierzu  die  Dämpfe  mittelst  Lackmuspapieres.  Um  das  Schäumen 
während    des  Kochens    zu    vermeiden,    fügt  man    ein  Stückchen    Paraffin 


»)  Donald  D.  van  Sinke,  Bericht  d.  Deutsch,  ehem.  Gesellsch.   43.  H1T<.)  ( litlüi  :  1.  «•. 
-)  Benedict  und  Gebhort,  Journ.  Americ.  Chemie.  Suc.  190U.  Lcvinc  nudMii/n;  idem. 


XQQ^  Donald  D.  van  Slyke. 

von  BohnengTöße  hinzu.  "Wenn  die  Lösung  ammoniakfrei  ist,  filtriert  man 
durch  einen  Faltenfilter  in  eine  Abdampf  schale  und  wäscht  dann  den 
C'alciumhydrat-  und  -sulfatniederschlag  zehnmal  mit  heißem  Wasser.  Das 
Filtrat  wird  auf  dem  Wasserbad  fast,  aber  nicht  ganz,  zur  Trockne 
verdampft.  Da  die  Lösung  sehr  wenig  Substanz  gelöst  enthält,  so  geht  die 
Verdampfung  rasch  vor  sich  und  ist  in  ungefähr  2  Stunden  vollendet.  Die 
Lösung  wird  dann  von  der  geringen  Menge  der  sich  abgeschiedenen  Cal- 
cium salze  durch  ein  kleines  Filter  in  einen  25  cm^-Ko\hen  filtriert,  der 
Rückstand  in  der  Schale  und  das  Filter  werden  mehrere  Male  mit  Wasser- 
mengen von  je  3 — 5  cm^  ausgewaschen.  Der  25  cm^-Meßkolben  wird  darauf 
bis  zur  Marke  mit  Wasser  gefüllt.  Dann  werden  je  10  cm^  für  zwei 
Aminostickstoffliestimmungen  entnommen,  von  denen  jede  väe  gewöhn- 
lich in  5 — 6  Minuten  ausgeführt  ist.  Die  Kontrollbestimmungen  geben  für 
gewöhnlich  sehr  genau  übereinstimmende  Resultate. 

Um  die  Urine  für  die  Aminobestimmungen  vorzubereiten,  ist  ein 
voller  Arbeitstag  erforderlich.  Es  können  aber  zu  gleicher  Zeit  so  viele 
Proben  auf  einmal  präpariert  werden,  wie  der  Autoklav  aufnehmen  kann, 
und  außerdem  erfordert  das  Erhitzen  im  Autoklaven  und  auf  dem  Wasser- 
bade, das  die  meiste  Zeit  in  Anspruch  nimmt,  keine  besondere  Aufmerk- 
samkeit. Bei  der  Ausführung  der  Aminobestimmungen  einer  Serie  von 
Proben  wird  sehr  viel  Zeit  gespart,  wenn  man  zwei  Zersetzungsflaschen 
{jD  in  der  Fig.  231)  mit  je  den  entsprechenden  Röhren  (Büretten  usw.) 
zur  Verfügung  hat. 

Es  kann  mit  ziemlicher  Bestimmtheit  angenommen  werden,  daß  der 
nach  obiger  Methode  bestimmte  Aminostickstoff  aus  den  a-Aminosäuren 
stammt.  Dafür  spricht  der  schnelle  Verlauf  der  Reaktion  mit  salpetriger 
Säure,  der  als  charakteristisch  für  die  in  x-Stellung  zum  Carboxyl  befind- 
lichen Aminogruppen  anzusehen  ist. 

Normaler  menschlicher  Urin  enthält  1-5 — 2'5*'/'o  seines  Stickstoffs  in 
Form  von  freien  und  gebundenen  Aminosäuren.  Untersuchungen  einer 
Serie  pathologischer  Harne  haben  bisher  Abnormalitäten  nur  in  Fällen  von 
Nephritis  nachgewiesen,  die  natürlich  auf  Grund  des  Eiweißes  höhere 
Resultate  ergeben  müssen.  In  einigen  derartigen  Fällen  waren  20'^/o  des 
Totalstickstoffes  in  dieser  Form  vorhanden,  der  Überschuß  war  gänzhch 
auf  hydrolysierte  Aminosäurekomplexe  zurückzuführen,  da  die  Menge  der 
freien  Aminosäuren  normal  war. 

B.  Freier  Aminostickstoff  im  Urin,  i) 

Von  den  zwei  stickstoffhaltigen  Substanzen,  Ammoniak  und  Harn- 
stoff, die  bei  der  Bestimmung  des  a-Aminostickstoffs  störend  wirken  können, 
muß  der  Ammoniak  entfernt  werden.  Der  Harnstoff  reagiert  nämlich  so 
langsam,  daß  nur  ungefähr  3%  desselben  in  5  Minuten  bei  20*'  zersetzt 
werden.  Der  Prozeli  verläuft  gemäß  der  gewöhnlichen  monomolekularen  Reak- 


')  Donald  D.  can  Slyke,  Berichte  d.  Deutsch,  ehem.  Gesellsch.  43.  3170  (1910) ;  1.  c 


Die  gasometr.  Bestimmung  von  primär,  aliphatisclien  Aminostickstoff  etc.   lOOSJ 

tion  selbst  bei  Gegenwart  von  reagierenden  Aminosäuren  (durch  den  groben 
Überschuß  von  Nitrit  wird  die  Konzentration  desselben  nahezu  konstant  ge- 
halten).   Dieser    Umstand  ermöglich    esi),    die    Besti luiig    des   Amino- 

siiurestickstoffs  vorzunehmen,  ohne  den  Harnstoff  vorher  zu  entfernen,  so 
dab  also  eine  hydrolytische  Behandlung  unnötig  ist.  Die  so  erhaltenen  Re- 
sultate sind  natürhch  nicht  an  Genauigkeit  mit  denjenigen  vergleichbar,  die  er- 
zielt werden,  wenn  der  Harnstoff  vorher  entfernt  worden  ist.  Sie  -ind 
aber  doch  bis  O'S^/o  des  Gesamtstickstoffs  des  Urins  zuverliissig  und  ge- 
nügend, um  irgend  eine  erhel)liche  Vermehrung  des  Aminostickstoffs  nach- 
zuweisen. Die  Methode  wird,  wie  folgt,  ausgeführt: 

100  cm^  Urin  werden  mit  4:  g  Natriumhydrat  versetzt  und  mittelst 
mehrstündigen  Durchleitens  eines  kräftigen  Luftstroms  vom  .Vmmoniak 
befreit.  Es  ist  ziemlich  schwierig,  das  Ammoniak  auf  diese  Weise  voll- 
ständig zu  verjagen.  Die  zurückbleibenden  Spuren  beeinflussen  aber  die 
Resultate  nicht  merklich,  denn  das  Ammoniak  reagiert  mir  langsam  mit 
salpetriger  Säure,  und  infolgedessen  wird  es  fast  vollständig  mit  <hMii 
Harnstoff  anstatt  mit  den  Aminosäuren  bestimmt. 

Nachdem  das  Ammoniak  entfernt  worden  ist.  wird  der  Urin  mit 
Essigsäure  angesäuert,  auf  dem  Wasserbade  konzentriert  un<l  schlieljjich 
auf  ein  Volumen  von  50  cm^  gebracht.  Mit  je  10  cm'^  führt  man  zwei 
Aminobestimmungen  aus,  und  zwar  die  eine  genau  im  Verlauf  von  sechs 
Minuten,  die  andere  während  zwölf  Minuten,  gerechnet  von  dem  Zeitpunkte, 
bei  dem  der  Urin  mit  der  salpetrigen  Säure  gemischt  wird.  Bei  diesen 
Bestimmungen  läßt  mau  die  Lösungen  5  und  11  Minuten  lang  ruhig 
stehen  und  schüttelt  erst  während  der  letzten  Minuten  um.  Der  Unter- 
schied zwischen  den  beiden  Piesultaten  repräsentiert  die  Menge  Stickstoff, 
die  vom  Harnstoff  während  6  Minuten  abgegeben  worden  ist.  Duich 
Subtraktion  dieser  Differenz  von  dem  Ergebnis,  das  man  bei  der  Bestim- 
mung in  6  Minuten  erhalten  hat,  wird  die  Stickstoffmeuge,  die  aus  den 
Aminosäuren  stammt,  gefunden. 

Für  die  Genauigkeit  des  Verfahrens  ist  es  wichtig,  dal)  genau  die- 
selben Volumina  alP  dei'  erforderlichen  Lösungen  bei  beiden  Amino- 
bestimmungen benutzt  und  daß  l)eide  bei  gleicher  Temperatur  ausgeführt 
werden.  Mit  besonderer  Sorgfalt  muß  man  auch  darauf  achten,  daß.  nach- 
dem die  Luft  im  Apparat  durch  Stickoxyd  während  des  ersten  Stadiums 
der  Bestimmung  vertrieben  worden  ist,  dasselbe  Volumen  von  salpetriger 
Säurelösung  in  der  Zersetzungsflasche  {D  in  der  Fig.2)>l )  hinterbleibt.  Dies 
\\'ird  leicht  so  bewerkstelligt,  daß  man  die  Lösung  aus  D  in  den  Zylimler 
Ä  genau  bis  zur  Marke  von  25  cm^  zurücktreibt,  ehe  der  Urin  in  />  ein- 
gelassen wird. 

Falls  die  Temperatur  unter  11)"  ist,  muß  die  Zeit  der  Reaktion  auf 
7  und  14  Minuten  ausgedehnt  werden  und  bei  einer  Temperatur  unter 
150  auf  8  und  16  Minuten. 


\)  Dieser  Gedanke  wurde  zuerst  von  Dr.  7'.  .1.  Lerem  ausgesprochen. 

Abderhalden,   Handbuch  der  biochemigchen  Arbeitsmethoden.  V.  64 


1010  Donald  D.  van  Slj  ke.  Die  gasometrische  Bestimmung  etc. 

Die  folgenden  Analysen  eines  normalen  menschlichen  Urins  mögen 
als  praktisches  Beispiel  angeführt  werden. 

Der  Totalstickstoffgehalt  für  100  cw^  war  1-127^.  Die  Bestimmung 
des  gesamten  Aminostickstoffs  nach  der  oben  beschriebenen  Hydi-olyse  im 
Autoklaven  ergab  9'10  und  9'20,  im  Durchschnitt  9'lb  cm^  Stickstoffgas 
bei  21»  und  768  wm  Druck.  Diese  von  '600  cm^  Urin  gelieferte  Menge  er- 
gibt einen  totalen  Aminostickstoffgehalt  von  0'0175^  für  100  cm^  oder 
von  VbS'^/o  des  gesamten  Stickstoffs. 

Die  Bestimmung  des  freien  Aminostickstoffs  gab  die  folgenden  Re- 
sultate bei  einer  Temperatur  von  240  uj^]  einem  Druck  von  768  mm. 

12  Minutenbestimmung 6"87  cm^  Stickstoff 

6  „  5'11    V 

Aus  dem  Harnstoff  in  6  Minuten   geliefert  1*76  cm^  Stickstoff 


Aus  den  Aminosäuren  geliefert      ....  3"35  cm^  Stickstoff 


Diese  Menge,  die  aus  20  cm^  Urin  geliefert  wurde,  entspricht  einem 
Gehalt  freien  Aminostickstoffes  von  0*0095^  für  100  cm 3,  oder  0-8 Vo  des 
Gesamtstickstoffs.  Der  Unterschied  zwischen  dieser  Bestimmung  und  der 
des  totalen  Aminostickstoffs  gibt  an,  daß  0*7 "/o  des  Stickstoffs  durch 
Hydrolysieren  im  Autoklaven  als  Aminostickstoff  abgespalten  worden  waren. 


Die  Analyse  von  Eiweißkörperu  diircli  Bestiiniiuiui,^  der 
cliemiscli  cliarakteristisclien  Gruppen  der  verscliiedeuen 

Aminosäuren.  0 

Von  Donald  1).  Tau  Slyke,  Ilockefeller  Inst,  for  med.  Research,  New- York. 

Die  im  folgenden  skizzierte  Analyse  ermöiilielit  (Inrcli  eine  Methode,  die 
nur  wenig-  Material  erfordert  und  doch  annähernd  (juantitativc  Kcsultate 
Uefert,  einen  Einblick  in  die  Zusammensetzung  der  Eiweillkörper  zu  er- 
langen. Sie  verlangt  nur  2"5 — 3"0  g  Substanz  und  unterrichtet  über  die  Art 
von  98 — lOC/o  der  stickstoffhaltigen  Produkte  der  vollständigen  Säure- 
hydrolyse, Sie  gestattet  einerseits  den  Verlauf  der  Hydrolyse  zu  vei-folgen 
und  den  Punkt  zu  bestimmen,  bei  welchem  die  letztere  vollständig  ist. 
Andrerseits  schließt  sie  die  Bestimmung  folgender  Produkte  ein:  Ammoniak, 
Melaninstickstoff.  Arginin,  Histidin.  Lysin,  unzerstörtes  Cystin. 
Aminostickstoff  von  nicht  mit  Phosphorwolframsäure  fällbaren 
Substanzen  (die  Gruppe  der  primären  Mono-Aminosäuren,  wie  Leucin. 
Alanin  usw'.)  und  den  Kicht-Aminostickstoff  von  Substanzen,  die 
nicht  mit  Phosphorwolframsäure  gefällt  werden  (ProHn,  Oxyprolin 
und  Indolstickstoff  vom  Tryptophan).  Dieses  Verfahren  kann  daher  zur 
Untersuchung  von  Proteinen  dienen,  wenn  Mengen  von  Material  y.wv  \vy- 
fügung  stehen,  die  zu  gering  sind,  um  eine  Isoherung  der  einzehu-n  Amino- 
säuren zuzulassen.  Da  außerdem  diese  Analyse  quantitativ  die  .Mengen  an- 
zeigt, welche  von  dem  Stickstoff  des  Eiweißes  auf  die  einzelnen  (iruppm 
von  Aminosäuren  entfallen,  kann  sie  zur  Kontrolle  <ler  bisher  isolierten 
Mengen  der  einzelnen  Aminosäuren  dienen. 

Das  Verfahren  beruht  auf  der  Bestimmung  der  charakteristischen 
chemischen  Gruppen  der  Aminosäuren.  Durch  Fällung  mit  IMiosphor- 
wolframsäure  unter  genau  bestimmten  Bedingungen  werden  die  Amino- 
säuren in  zwei  Fraktionen  getrennt:  die  basischen  Körper,  die  nieder- 
geschlagen werden,  und  die  anderen  Aminosäuren,  die  nicht  fallen.  Die 
Mengen  der  verschiedenen  Arten,  die  in  jeder  Fraktion  vorhanden  sind, 
werden  durch  Bestimmung  der  charakteristischen  chemischen  (iruppen 
festgestellt. 


*)  übersetzt  aus  dem  Euglischeu  von  K.   K(iutzsch-li&x\\u. 

G4 


1QX2  Donald  D.  vau  Slyke. 

Die  Phosphorwolfram säure  wurde  als  Fällungsmittel  der  basischen 
Substanzen  von  Drechsele)  eingeführt.  Er  entdeckte  mit  ihrer  Hilfe  das. 
Lysin.  Hedin  fand  dann  damit  Arginin-)  und  Histidin^)  unter  dem 
Basengemisch  und  Winterstein  das  Cystin. •*)  Oshorne,  Leavenirorfh  und 
Brautlecht^)  zeigten  später  an  Hand  einer  großen  Serie  von  Eiweiß- 
analysen, daß  nur  der  Stickstoff  dieser  Basen,  und  zwar  von  denselben 
fast  sämtlicher,  ins  Phosphorwolframat  übergeht,  wenn  die  Fällung  der 
Produkte  der  vollständigen  Hydrolyse  in  verdünnten  Lösungen  statt- 
findet. Dies  konnte  auch  vom  Verfasser  6)  bestätigt  werden.  Die  einzige 
Aminosäure,  die  mit  den  obigen  vier  Säuren  in  verdünnter  Lösung  gefällt 
werden  konnte,  ist  das  Tryptophan.  Kontrollversuche  haben  ergeben,  daß  es 
mehr  als  SO^o  eines  Proteins  ausmachen  mußte,  um  nach  der  Hydrolyse 
überhaupt  etwas  davon  unter  den  augewandten  Bedingungen  niederzuschlagen. 

Prinzip  der  Methode. 

Nach  der  Entfernung  des  Ammoniaks  durch  Vakuumdestillation 
werden  Arginin,  Histidin,  Lysin  und  Cystin  mit  Phosphorwolfram  säure 
niedergeschlagen.  Die  Fällung  wird  gelöst,  und  diese  vier  Basen  werden  auf 
Grund  ihrer  verschiedenen  charakteristischen  chemischen  Eigenschaften  be- 
stimmt. Durch  Bestimmung  des  Aminostickstoffs  und  des  (Tcsamtstick- 
stoffs  dieser  Fraktion  erhält  man  den  Nichtaminostickstoff,  der  die  Menge 
des  vorhandenen  Histidins  (2/3  Nichtamino-N)  und  des  Arginins  (-^4  Nicht- 
amino-N)  angibt.  Der  übrige  Stickstoffgehalt  der  Fraktion  besteht  aus  den  zwei 
Basen  Lysin  und  Cystin,  die  nur  Aminostickstoff  enthalten.')  Von  diesen 
beiden  Aminosäuren  wird  der  Gehalt  an  Cystin  durch  eine  Schwefelanalyse 
bestimmt,  das  Lysin  durch  Subtraktion  des  Cystins  von  der  Summe  beider 
Substanzen.  Von  dem  anderen  Paar  Aminosäuren  wird  das  Arginin  durch 
Zersetzung  mit  Lauge,  welche  die  Hälfte  des  Stickstoffs  als  Ammoniak 
abspaltet,  bestimmt  und  der  Gehalt  des  Histidins  wieder  durch  Subtraktion 
festgestellt.  Die  Aminosäuren  im  Fil träte  der  Basen  werden  in  zwei  Unter- 
fraktionen geteilt:  1.  die  Säuren,  die  nur  primären  Aminostickstoff  ent- 
halten; 2.  diejenigen,  die  sekundären  Stickstoff  besitzen,  wie  er  im  Pyrro- 
lidinring   (Prolin,    Oxyprolin)    oder   im  Indolkern  (Tryptophan)    vorkommt. 


*)  Archiv  für  Anat.  u.  Physiologie.  1893,  254. 

^)  -S".  G.  Hedin,  t)ber  ein  neues  Spaltungsprodukt  der  Hornsubstanz.  Zeitschr.  f. 
physiol.  Chemie.  20.  186  (1895). 

^)  S.  G.  Hedin,  Zur  Kenntnis  der  Spaltungsprodukte  der  Proteinkörper.  Zeitschr. 
f.  physiol.  Chemie.  22.  191  (1896). 

^)  E.  Winterstein,  Über  eine  Methode  zur  Abscheidung  der  organischen  Basen 
aus  den  Phosphorwolframsäureniederschlägen  und  über  das  Verhalten  des  Cystins  gegen 
Phosphorwolframsäure.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie  34.  153  (1901/02). 

^)  Oshorne,  LeavemvortJi  and  Brmitlecht ,  Different  Forms  of  Nitrogen  in  Proteins. 
Americ.  Journ.  Physiol.  23.   194  (1908). 

*)  Donald  D.  van  Sli/ke,  vgl.  die  demnächst  im  Journal  of  Biol.  Chera.  (1911) 
erscheinende  Arbeit. 

')  Vgl.  S.  1013,  Tabelle  I. 


Die  Aiuilyse  von  Eiweißkiirperii  etc. 


101 H 


Das  Schema  der  Analyse  ist  aus  der  folgenden  Tabelle  ersichtlich. 
Es  ist  möglich,  daß  in  der  Untert'raktion  des  Filtrats,  die  nur  Aminostick- 
stoff  enthält,  noch  einige  bis  jetzt  unbekannte  Säuren  vorkommen,  denn 
die  Hauptverluste  bei  der  Aufarbeitung  bei  früheren  Isolierungsversuchen  sind 
zweifellos  in  diesem  Anteil  zu  suchen.  Da  jedoch  die  Methoden,  mit  welchen 
die  meisten  dieser  Aminosäuren  isoliert  werden  müssen,  bis  jetzt  unvermeid- 
bare Verluste  mit  sich  bringen ,  so  kann  man  auch  annehmen .  dal»  die 
Unvollkommenheit  der  Resultate  bei  den  Isolierungsmethoden  nicht  auf 
das  Vorkommen  von  noch  unbekannten  a-Aminosäuren  zurückzuführen  ist, 
wie  übrigens  auch  aus  den  von  Oshorne  gezeitigten  Ph'gebnissen  hei'vorzu- 
gehen  scheint.  (Vgl.  Tabelle  I.) 

Tabelle  I. 

(S)  Cystin  S  —  CH,  —  CH(XH.;)  -  COOK 

I 

S  -  CH,  —  CH(NH3)  —  COOH 
(Kein  S)  Lysin  XH,  -  (CH„)^  -  CH(NH,)  -  COOH 

(Gnanidiurest)  Argiuiu  N*)  H  =  C  (N*)  H„)  -  X* '  H  (GH., ),  —  CH  ( NH, )  —  GOCH 

GH 

/     \ 
Ni)H         N') 

I  I 

(Kein  Guauidinrest)  HistidinCH     =     G  — CH,  —  GH(NH,)  — ClXMI 


c  ii, 


(    Nur 
Amiuo- 

N 
enthal- 
tend 


CK 


Nicht 
Amino- 

N 
haltig 


l. 


rr- 


Nur 
Amino- 

N 
enthal- 
tend 


Glutaminsäure  ....  HOOG-GH,  — GH,  — CH(NH,)-CÜOH 

Asparaginsäure .     .     .     .  HOOG  — CH' -  CH{NH,)- GOGH 

Tvrosin OH     -CgH^  — CH,  — GH(NH,)-GOOH 

Phenvlalanin     ....  C6H5-CH,-GH(NH,)-CÖOH 

Serin' OH- CH2-GH(NH.,)-G00H 

Lß^^^'^'i ??='"^CH_CH,  — CH(NH.,)-C00H 


gh!>ch 


Nicht 
Amino- 

N 
enthal- 
tend 


V 


Isoleucin 


Valin CH3 


GH  (NH.,)— COOH 


Alanin 


^.jj  >CH  — CH(NH,)  — COOH 

Gh'-CH(NH,)-COOH 
Glvcocoll GH,  (NH,)  — COOH 

Prolin CH,  —         CH, 

I  I 

GH,  —  N*)  H  -  CH  -  COOH 
Oxvprolin OH-CH      —     GH, 

I  r 

CH,N*)H-GH— COOH 
(Tryptophan CgHgN*) -GH(NH,)-GOOH 


Die  ausführliche  Methode. 

Hydrolyse.  Eine  Eiweißhydrolyse  ist  bereits  mit   nur   1  //  Substanz 
erfolgreich   ausgeführt   worden    (vgl.  Hämoglobin-Hydrolyse),   aber   im  all- 

»)  Nichtaminostickstoff  (mit  salpetriger  Säure  nicht  reagierend;    zu  dieser   Stick- 
stoffgruppe gehört  auch  die  eine  NH,-Gruppe  des  Guanidinrcstes  vom  Arginiu). 


i(ji  1  Donald  D.  van  Slyke. 

g-eineinen  sind  für  eine  befriedigende    Durchführung   2o  bis  3  (/  erforder- 
lich und  falls  eine  genügende  Menge  Material  zur  Verfügung  steht,  so  ist 
es   sehr    empfehlenswert,    die  Analyse    doppelt    auszuführen,    also  6^  zu 
gebrauchen.  Das  Protein  wird  in  10  oder  20  Teilen  20''/oiger  Salzsäure  gelöst 
und  in  einem  tarierten  Kolben  am  Rückflußkühler  gekocht.   Nach   Verlauf 
von  8  oder  10  Stunden  wird  die  Hydrolyse  unterbrochen,  die  Lösung  ge- 
kühlt, und  dann  werden  Portionen  von  1  oder  2  cm^  (die  etwa  01^  Protein  ent- 
sprechen) mittelst  einer  empfindlichen  Pipette  entnommen.  Die  Proben  werden 
auf  10  ««3  verdünnt  und  dann  zur  Bestimmung  des  Aminostickstoffs  benutzt. 
Die  verschiedenen  Bestimmungen  sollen  alle   unter    gleichen  Bedingungen 
ausgeführt  werden,    da    sonst    durch    das  Ammoniak   des  Amidstickstoffs 
Irrtümer  entstehen  könnten.    Für   gewöhnlich   erhält   man    die    zufrieden- 
stellendsten Resultate   bei  Ausführung   der   Bestimmungen   in  6  Minuten, 
und  zwar  so,  daß  die  Mischung  von  hydrolysiertem  Eiweiß  und  salpetriger 
Säure  5  Minuten  stehen  bleibt  und  darauf   eine  jNIinute   lang    geschüttelt 
wird.  Unter  solchen  Bedingungen,  bei  denen  eine  konstante  Zimmertempe- 
ratur anzunehmen  ist.   wird  in  jedem  Falle  die  gleiche  Menge  Ammoniak 
(150/0  bei  20")  zersetzt.  Nachdem  man  dem  Hydrolysengemisch  die  Probe  für 
die    Aminostickstoifbestimmung    entnommen    hat,    wird   der  Kolben  samt 
der  zurückbleibenden  Hydrolysenflüssigkeit  gewogen,  dann  kocht  man  wieder 
8 — 10  Stunden  und  wiegt   nochmals,    ehe   die    nächste    Probe   genommen 
wird.  Durch  diese  Ge^^^chtsbestimmungen    stellt  man  die  etwa  durch  Ver- 
dampfung entstandene  Veränderung  der  Konzentration    der   Lösung   fest. 
Falls  eine  Konzentration  vor  sich  gegangen  ist,  so  muß  man  eine  Korrektur 
für   die  Volumverminderung   in   Prozenten   anbringen.    —    Die   Hydrolyse 
wird   solange    fortgesetzt,   bis   die    Probebestimmungen    einen    konstanten 
Aminostickstoffgehalt  ergeben.  Dies  wird  gewöhnüch  nach  über  24  Stunden 
erreicht  sein.  Es  ist  unbedingt  erforderUch,  die  Vollständigkeit  der  Hydro- 
lyse  (mittelst  fder  Aminobestimmungen)   zu   kontrollieren ,    da  sonst ,   wie 
Osborne  küi'zlich  gezeigt  hat,  auf  Grund  unvollständiger  Hydrolyse  Fehler- 
quellen resultieren. 

Bestimmung  des  Ammoniaks  (Amid-Stickstoff).  Die  Be- 
stimmung des  Ammoniaks,  das  bei  der  Säurehydrolyse  aus  Eiweiß  ent- 
steht, verdient  besondere  Beachtung,  seitdem  Osborne,  Leavemvorth  und 
Brautlechf  gezeigt  haben,  daß  der  Ammoniakstickstoff  gewöhnüch  gleich 
ist  dem  der  Dicarbonsäuren,  Glutaminsäure  und  Asparaginsäure,  mit  denen 
er  ursprünglich  im  Eiweißmolekül  in  Form  von  Säureamid-Radikalen  ge- 
bunden anzusehen  ist.^) 

Damit  die  nachfolgenden  Bestimmungen  in  keiner  Weise  durch 
noch  vorhandenes  Ammoniak  beeinflußt  werden,  ist  es  unbedingt  nötig, 
bei  der  Bestimmung  des  Ammoniaks  jede  Spur  von  Ammoniak  zu  entfernen. 
Die  Behandlung  mit  Alkah  muß  man  dabei  aber  so  vorsichtig    ausführen, 


*)  Osborne,  Leavemvorth  and  Brautlecht,  Different  Forms  of  Nitrogen  in  Proteins. 
Americ.  Journ.  of  Biolog.  23.  194  (1908). 


Die  Analyse  von  Eiweißkörpern  etc. 


1015 


daß  ^vedel•  das  Arginin  noch  das  Cystin  angegriffen  werden.  Wie  Denis ») 
gezeigt  hat.  gibt  Cystin  beim  Kochen,  bei  100",  .schon  mit  einem 
so  schwach  alkalischen  Mittel  wie  ^Magnesiumoxyd  einen  Teil  seines  Stick- 
stoffs als  Ammionak  ab.  Wir  konnten  dies  für  Cystin  durchaus  bestätigten, 
fanden  dagegen  auch,  daß  Arginin  nicht  angegriffen  wird.  Auf  (irund  dieser 
Empfindlichkeit  des  Cystins  muß  man  das  Übertreiben  des  Ammoniaks  bei 
Zimmertemperatur  vornehmen,  indem  man  entweder  die  Lnftmetliode  von 
Denis  oder  die  Vakuumdestillation  benutzt.  Nach  verschiedenen  Versuchen, 
beide  Verfahren  zweckmäßig  zu  modifizieren,  hai)en  wir  als  betiueniste  und 
sicherste  Methode  die  folgende  angewandt : 

Die    Lösung    des     hydrolysierten    Eiweißes    wird    in    einen    kleinen, 
doppelhalsigen   Destillierkolben   gebracht   und   unter   vermindertem   Druck 

Fig.  232. 


A^' 


jo-öocc.  /iO/Zg  SO^ 


konzentriert,  bis  möglichst  alle  Salzsäure  vertrieben  ist.  Dann  wird 
der  Rückstand  mit  warmem  Wasser  aufgenommen  und  die  Lösuni,'-  in 
einen  Meßkolben  von  100  oder  250  cm^  Inhalt  —  je  nach  der  Mentre  des 
hydrolysierten  Eiweißes  —  gefüllt.  Hierauf  werden  der  Lösuni;  Proben 
entnommen,  die  ungefähr  0"2f/  Protein  entsprechen  und  mit  diesen  Kjel- 
dahlbestimmungen  ausgeführt,  die  als  Basis  der  Pen-chnung  der  nach- 
folgenden Bestimmungen  und  auch  zur  Kontrolle  der  (ienanii^keit  derselben 
dienen.  Die  Summe  der  einzelnen  Bestimmungen  soll  fast  genau  gleich 
100°  0  <l6S  direkt  nach  Kjeldahl  gefundenen  Gesamtstickstoffs  sein. 

Zur  Bestimmung  des  Ammoniaks  wird  uuter  Zusatz  von  Kalk 
unter  verminde)-tem  Druck  destilliert.  Hierzu  sind  keine  besonderen  Appa- 
rate erforderlich;  man  gebraucht  nur  einen  doppelhalsigen  Destillierkoll)en 


*)  Denis,  Amid.  Nitrogen  in  Proteins.  Journ.  of  Biolog.  Cheni.  8.  365. 


IQ'HJ  Donald  D.  van  Slyke. 

von  1  Liter  Inhalt,  einen  gewöhnlichen  Destillierkolben  von  1  Liter  und 
einen,  der  200  cm^  faßt.    Die  Anordnung  der  Gefäße  ist  aus  der  Fig.  232 

ersichtlich.    Als   Indikator    bei    der  Titration    mit  j^  Säure    benutzt    man 

AUzarinsulfonat.  Die  Lösung  oder  ein  aliquoter  Teil,  der  ungefähr  einer 
INIenge  von  3g  hydrolysierten  Proteins  entspricht,  wird  in  den  doppel- 
halsigen  Kolben  gebracht  und  auf  etwa  200  cni^  verdünnt.  Dann  fügt  man 
100  cm^  Alkohol  hinzu,  um  das  Schäumen  während  des  DestiUierens  zu 
vorhindern,  setzt  eine  lOVoig©  Calciumhydratsuspension  im  geringen  Über- 
schuß hinzu,  der  sich  durch  bleibende  Trübung  und  alkalische  Reaktion 
der  Lösung  bemerkbar  macht,  und  verbindet  hierauf  sogleich  die  einzelnen 
Teile  des  Apparates,  wie  es  aus  der  beigegebenen  Abbildung  ersichtlich 
ist.  Es  wird  nun  bis  zu  einem  Druck  von  30  mm  oder  weniger  evakuiert. 
Dann  wird  der  Claissensche  DestiUierkolben  in  ein  Wasserbad  von  40  bis 
500  gebracht  und  die  Lösung  eine  halbe  Stunde  lang  destilliert.  Falls  die 
Destillation  zu  rasch  vor  sich  gehen  sollte,  so  läßt  man  etwas  Luft  durch 
den  Sperrhahn  in  den  Claissenkolben.  Ist  die  Destillation  beendet,  so  wird 
der  Destillierkolben    aus   dem  Wasserbade   entfernt,   wonach  das  Vakuum 

durch  Öffnen  des  Sperrhahns  unterbrochen  wird.  Die  ^  Säure  des  vorge- 
legten Kolbens  und  des  kleineren  Sicherheitskolbens  wird  jetzt  in  ein  Becher- 
glas oder  in  einen  Erlenmeyerkolben  von  1/2  ^  Inhalt  gespült  und  mit  —  Na  OH 

zurücktitriert.  Die  Menge   der  t^  Säure  in  dem  größeren  Kolben  beträgt, 

falls  ein  Eiweißkörper  tierischer  Herkunft  vorliegt,  gewöhnlich  30  cm\  und 
wenn  es  sich  um  ein  Protein  pflanzlichen  Ursprungs  handelt,  60  cms^  da 
manche  Pflanzeneiweißstoffe  mehr  Ammoniak  als  die  tierischen  Proteine 
enthalten. 

Melaninstickstoff.  Während  der  Destillation  werden  die  gesamten 
schwarz  gefärbten  Produkte  oder  Melanine,  die  bei  der  Hydrolyse  der  Pro- 
teine entstehen,  durch  den  ungelösten  Kalk  adsorbiert.  Man  filtriert  von 
letzterem  mittelst  eines  Faltenfilters  und  wäscht  mit  Wasser,  bis  das  Wasch- 
wasser chlorfrei  ist.  Die  ungelöste,  rückständige  Masse  und  das  Filter 
werden  dann  der  Kjeldahlbestimmung  unterworfen,  und  zwar  benutzt  man 
dabei  35  cm^  Schwefelsäure,  um  die  beträchtliche  Menge  organischer  Materie 
des  Filters  aufzuschUeßen.  Bei  dieser  Bestimmung  kommt  dem  Kalk  die 
gleiche  Funktion  zu  wie  dem  Magnesiumoxyd  bei  der  Aufteilung  des 
Proteinstickstoffs  nach   Osborne  und  Harris.  ^) 

Das  Fällen,  Waschen  und  Wiederlösen  der  Basen.  Das  Filtrat 
des  Melanins  wird  mit  Salzsäure  neutralisiert,  wieder  in  den  Vakuum- 
Destillierkolben  gebracht  und  darin  auf  ungefär  100  cm^  konzentriert. 
Dann  spült  man  es  in  einen  200  cm^  Erlenmeyerkolben,  fügt  18  cm^  kon- 
zentrierte Salzsäure  und  eine  15 (/Phosphorwolframsäure  enthaltende  Lösung 


0  Osborne  and  Harris,  Journ.  Americ.  Chem.  Soc.  25.  323  (1903). 


Die  Analyse  von  Eiweißkörpern  etc. 


IUI  7 


aiif; 


hinzu.  Diese  Lösuiisi-  wird  mit  Wasser  auf  200  riu-^  verdünnt  und 
in  einem  Wasserbad  erhitzt,  bis  die  Basenfälhni}j'-  nahezu  oder  vollstiindig; 
wieder  aufi^elöst  ist.  Durch  Abkidilen  werden  die  Basen  in  Foiin  von 
kristallisiertem  oder  körnigem  rho>plior\v()ltramat  wieder  ab<ieschie(len.  das 
man  nun  bequem  auswaschen  und  filtrieren  kann.  Die  obigen  Fiiiliniirs- 
bedingungen  sind  praktisch  diejenigen  von  Oshome  und  Harris,  nur  mit 
dem  Unterschied,  daß  man.  um  den  Calciumsuifatniederschlag;  zu  vermeiden, 
anstatt  der  Schwefelsäure  eine  entsprechende  Menge  Salzsäure  lienutzt.  Die 
Lösung  läßt  man  zur  vollständigen  Niederschlagsbildung:  48  Stunden  " 
stehen.  In  kürzerer  Zeit  g-eht  die  Ab- 
scheidung- des  Histidins  nur  unvoll-  Fig.  233. 
kommen  vor  sich. 

In  betreff  des  Auswaschens  ist 
zu  bemerken,  daß  der  Niederschlag 
gänzlich  von  der  Mutterlauge,  welche 
Aminosäuren  enthält,  befreit  werden 
muß.  ]\Ian  muß  aber  darauf  bedacht 
sein,  eine  möglichst  geringe  Menge 
Waschlösung  zu  benutzen,  da  sonst  der 
Niederschlag,  der  in  der  Lösung  wenn 
auch  schwer,  so  doch  meßbar  löslich 
ist,  in  bemerkensw^erter  Menge  durch 
das  Auswaschen  gelöst  Aüirde.  Um  dies 
zu  vermeiden,  verfährt  man  in  folgender 
Weise,  wobei  man  den  Niederschlag 
bereits  quantitativ  mit  100 — 200  crn^ 
Lösung  befriedigend  auswaschen  kann. 
Man  schneidet  sich  ein  gehärtetes 
Filter  zurecht,  das  man  genau  für  eine 
l'Dcm  breite  Biichner-Nutsche  paßt.  Das 
Filter  präpariert  man  sich  so,  daß  es 
sowohl  den  Boden  als  auch  die  Wan- 
dung der  Nutsche  bedeckt  (vgl.  Fig.  233).  Den  an  der  Wandung  an- 
hegenden Teil  faltet  man  in  ungefähr  20  kleine  Falten.  Auf  das  Filter 
bringt  man  nun  die  Fällung  samt  Mutterlauge,  saugt  den  Niederschlag 
möglichst  trocken  und  preßt  denselben  gut  aus.  Dann  wird  das  Filtrat  aus 
der  Saugflasche  in  ein  Becherglas  gegossen.  Auf  den  im  Filter  befindlichen 
Niederschlag  gießt  man  10 — 12  cm^  der  Waschflüssigkeit,  die  2-5"/o  Bhos- 
phorwolframsäure  und  3-5%  Salzsäure  enthält;  Niederschlag  und  Lösung 
werden  tüchtig  umgerührt,  bis  sich  eine  breiartige  Masse  gebildet  hat. 
Man  muß  dabei  sorgfältig  alle  Klumpen  gut  zerteilen,  damit  der  Niederschlag 
durch  und  durch  zu  einer  feinen  Snspensionsmasse  wird.  Krst  dann  wird, 
wie  am  Anfang,  trocken  gesaugt.  Das  Auswaschen  wird  in  dersellxMi  WiMse 
wiederholt,  bis  das  Filtrat  frei  von  Calcium  ist,  was.  je  nach  der  Menge 
des  Niederschlages,  nach  8-  bis  lömaligem  Auswaschen  erreicht    ist.   Mit 


]^Q[j^  Donald  D.  vau  Slyke. 

den  ersten  3  oder  4  Portionen  Waschflüssigkeit  spült  man  die  noch  in  dem 
Fällungskolben  haften  gebliebenen  Reste  des  Niederschlags  heraus.  Die 
übrigen  Portionen  werden  sorgfältig  mittelst  einer  Spritzflasche  oder  einer 
Pipette  in  einem  feinen  Strahl  um  —  bezw.  auf  —  den  Ptand  des 
Filters  gespritzt,  so  daß  der  letztere  seinem  ganzen  Umfang  nach  vom 
oberen  Pand  an  bis  herab  ausgewaschen  wird.  Falls  nach  den  ersten 
4  Auswaschungen  noch  einige  Körnchen  des  Niederschlags  im  Kolben  haften 
geblieben  sind,  so  läßt  man  sie  einfach  darin  zurück,  da  sie  bereits  ge- 
nügend ausgewaschen  wurden.  Die  nächsten  Mengen  der  Waschflüssigkeit 
werden  jedenfaüs  zum  Auswaschen  des  Filterpapiers  und  des  darauf  befind- 
lichen Niederschlages  in  der  eben  beschriebenen  Weise  benutzt.  Im  Falle 
die  Waschflüssigkeit  etwas  trübe  durchgeht,  was  ziemlich  häufig  bei  den 
letzten  Auswaschungen  der  Fall  ist,  so  wird  das  trübe  Filtrat,  ehe  es  mit 
den  anderen  filtrierten  Flüssigkeiten  vermischt  wird,  durch  ein  kleines 
Faltenfilter  filtriert.  Die  für  die  Fällung  und  für  die  Bereitung  der  Wasch- 
lösung benutzte  Phosphorwolframsäure  muß  mit  Äther  und  Wasser  nach 
der  Methode  von  Winterstein'^)  gereiniut  werden. 

Um  das  Waschwasser  auf  Calcium  zu  prüfen,  benutzt  man  eine 
Lösung  von  Oxalsäure  in  3°/üiger  Natronlauge.  Zu  ungefähr  1  cm'^  dieser 
Lösung  fügt  mau  2  oder  3  Tropfen  des  Filtrats,  schüttelt  gehnde  um,  bis 
die  obere  Schicht  (das  Filtrat)  alkahsch  geworden  ist.  Das  Auswaschen 
wird  so  lange  fortgesetzt,  bis  eine  Probe  des  Filtrats  mit  der  Oxalatlösung, 
auch  nachdem  es  einige  Minuten  gestanden  hat,  keine  Spur  einer  Fällung 
in  der  oberen  Schicht  ergibt. 

Nachdem  das  Auswaschen  beendet  worden  ist,  wird  der  Niederschlag 
so  vollständig  wie  möglich  mit  Hilfe  eines  Spatels  und  einer  Spritzflasche 
mit  destilliertem  Wasser  in  ein  Bechergias  von  mehr  als  einem  Liter  In- 
halt gebracht.  Nachdem  der  Niederschlag  vom  Filter  auf  mechanische  Weise 
so  vollständig  wie  nur  irgend  möglich  entfernt  worden  ist,  wird  das  Filter- 
papier in  einer  Schale  ausgebreitet  und  mit  Wasser,  das  mit  wenigen 
Tropfen  einer  207oi»en  Kalilauge  alkalisch  gemacht  wurde,  ausgewaschen. 
Hierdurch  werden  die  Anteile  des  Niederschlages,  die  in  die  Fasern  des 
Filtrierpapieres  eingedrungen  sind,  aufgelöst.  Das  kleine  Fallenfilter, 
das  zur  Filtration  der  trüben  Anteile  der  Waschflüssigkeit  benutzt 
worden  ist,  wird  in  ähnlicher  Weise  von  anhaftendem  Niederschlag  befreit. 
Falls  einige  Körnchen  der  Fällung  in  dem  Fällungskolben  zurückgeblieben 
sind,  werden  diese  entweder  herausgewaschen  oder  aufgelöst  und  zu  dem 
anderen  Teil  der  im  großen  Becherglas  befindlichen  Flüssigkeit  gebracht. 
Zu  dem  Inhalt  desselben  fügt  man  einige  Tropfen  Phenolphthaleinlösuiig  und 
dann  unter  Umrühren  tropfenweise  oO^/oige  Natronlauge.  Sobald  die  Lösung 
rot  geworden  ist,  wird  mit  dem  Zusatz  von  Alkali  aufgehört,  bis  die  Färbung 
wieder  verschwunden  ist.  Der  gesamte  Niederschlag  wird  sogleich  auf  diese 
Weise  in  Lösung  gebracht.  Die  Lösung  muß  zuletzt  rot  sein;  sie  darf  aber 


1)  E.  Winterstein,  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  34.  155  (1901/02) ;  1.  c. 


Die  Analyse  vou  Eiweißkörpern  etc.  lOl'J 

nicht  mehr  denn  3  oder  4  Tropfen  Alkali  im  €berschnli  enthalten,  als  zur 
Neutralisation  erforderlich  ist.  Vaw  «größerer  CberschuD  an  Alkali  ist  \ve};en 
der  Empfindlichkeit  des  Cystins  und  Ar^inins  fic-ren  Alkali  zu  vermeiden. 
Die  Lösung  wird  auf  uniicfähr  SOO  oh^  verdünnt  uiul  dann  eine 
20Voi8'e  Lösunii-  von  kristallinischem  IJariumchlorid  je  in  Men.iicn  von 
wenii-en  Kubikzentimetern  hinzugesetzt.  Nach  jemali^cm  Zusatz  von 
Bariumchlorid,  prüft  man  einen  Tropfen  der  Lösunii'  mittelst  neutraler 
Natrium sulfatlösunii.  Das  ChlorI)arium  wird  solange  zuj^esetzt,  bis  die  I.ösunjj^ 
keine  Reaktion  auf  Baryum  mehr  «iibt.  Falls  die  Lösuni,'  ihre  rote 
Färbung  während  der  Fällung  verliert,  setzt  man  noch  2  oder  .".  Tropten 
der  Alkalilösung  hinzu,  denn  die  Fällung  ist  nur  vollständig,  wenn  die  Lösung 
schwach  alkalisch  reagiert.  Die  Dariumchloridlösung  inuC»  solange  hinzu- 
gesetzt werden,  bis  eine  Probe  sofort  einen  körnigen  Niederschlag 
von  Bariumsulfat  liefert.  —  Falls  noch  nicht  genug  Bariumchlorid  zur 
vollständigen  Fällung  des  Phosphorwolframates  hinzugesetzt  ist,  so  kann 
auch  mit  Natrium sulfat  eine  bemerkenswerte  Trübung  erhalten  werden. 
Andrerseits  ist  ein  größerer  Überschuß  von  Bariunichloridlösung  als  wenige 
Kubikzentimeter  zu  vermeiden,  denn  es  würde  sonst,  wenn  man  die  Lösung 
später  zur  Argininbestimmung  kocht,  unangenehme  Kluinpenbihlung  statt- 
finden. Die  vor  der  Fällung  voi'genommene  \'erdünnung  ist  nötig,  um  Verluste 
an  Basen  durch  Adsorption  mittels  Bariumphosphorwolframats  zu  vermeiden. 

Die  Bariumphosphorwolframatfällung  wird  nun  filtriert  und  mit  Wasser 
gewaschen.  Filtration  und  Auswaschen  werden  in  der  für  die  Phosphor- 
wolframate  der  Basen  bereits  beschriebenen  Weise  ausgeführt,  nur  mit  dem 
Unterschied,  daß  hier  nicht  so  kleine  Wassermengen  zu  gebrauchen  sind. 
Es  kann  hierbei  gewöhnlich  für  beide  Filtrationen  mit  \'orteil  dieselbe 
Nutsche  und  dasselbe  gehärtete  Filter  benutzt  werden. 

Das  Auswaschen  wird  solange  fortgesetzt,  bis  die  Lösung  chhuidtrei 
abläuft.  Das  Filtrat  wird  dann  im  Vakuum  konzentriert,  und  zwar  in  dem 
doppelhalsigen  DestiUierkolben,  der  früher  für  die  Bestimmung  des  Amid- 
stickstoffs  gebraucht  w'urde.  Man  konzentriert,  bis  das  Volumen  der  Lösung  auf 
bOcm^  reduziert  ist.  Während  des  Einengens  scheidet  sich  noch  eine  geringe 
Menge  Bariumphosphorwolframat  aus,  das  vorher  nicht  ausgefallen  war.  Von 
diesem  wird  in  einen  doppelhalsigen  Destillierkolben  von  '200  cin-^  abfiltrieit, 
das  Filter  mit  Wasser  ausgewaschen,  bis  es  chlorfrei  ist.  die  Lösung  dann 
konzentriert  und  endlich  in  einen  Meßkoll)en  von  hO  cin^  Inhalt  übergeführt. 

Bestimmung  des  Arginins.  Die  Bestimmung  des  Arginins  beruht 
auf  der  zuerst  von  Oshorne,  Leavenworth  und  Braidhrht ')  angegebenen 
Tatsache,  daß  Arginin,  wenn  es  mit  verdünnter  Alkalilösung  gekocht  wii-d, 
die  Hälfte  seines  Stickstoffs  in  Form  von  Ammoniak  abgilit.  Dieser  Keaktions- 
verlauf  findet  seine  Erklärung  darin,  daß  Arginin  beim  Erhitzen  mit  alkali- 
schen Lösungen,  wie  Schulze  und  Winicrste'm-)  gezeigt  haben,  in  je  1  Molekid 


')  Oshorne,  Leavenworth  and  Brautlechi.  Differeut  fornis  of  Nitroiren  in  l'roteins. 
Americ.  Joiirn.  l'hysiol.  23.  180  (1908). 

•-)  E.  Winterstein,  Zeitschr.  f.  pliysiol  Chem.  34.  VSd  ;  1.  c. 


1020 


Donald  D.  vau  Slyke. 


Harnstoff  und  Ornithin  zerfällt.  Der  Harnstoff  wird  dann  zu  Ammoniak  zer- 
setzt. Die  Reaktion  verläuft  unter  den  folgenden  Bedingungen  (luantitativ. 
Zur  ihrer  Ausführung  werden  von  den  50  cm'^  der  die  Basen  ent- 
haltenden Lösung  2d  rm^  in  einen  200  cm ^  fassenden  Jenaer  Kjeldahl- 
kolben  des  aus  Fig.  284  ersichtlichen  Apparates  gebracht.  Das  obere  Ende  des 

Kondensrohres  des  auf  den  Kolben  anzubrin- 
genden Bückflußkühlers  ist  durch  Glasschliff 
mit  dem  i^o^mschen  Kugelapparat,  wie  aus  der 
Figur  zu  ersehen  ist,  verbunden,  oder  auch  mit 
einem  dicken  Stück  Gummischlauch,  das  aller- 
dings weniger  geeignet  ist.  aber  doch  ebenfalls 


Fig.  234. 


l 


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/ 


Nj 


^9(2  oäura 


genügt.  In  die  Foliw^zXxtTi  Kugeln  bringt  man 

15  cw»  —  Säure  mit  etwas  Alizarinsulf onat  als 

Indikator.  Zu  der  im  Kolben  befindlichen  Lösung  fügt  man 
12-5^  festes  Kaühvdrat  und  ein  kleines  Stückchen  porösen 
Porzellans,  um  Stoßen  zu  verhindern.  Nun  wird  die  Lösung 
genau  6  Stunden  lang  gelinde  gekocht.  Hierauf  wird  der 
Fo/iwsche  Kugelapparat  vom  Kondensrohr  entfernt ;  durch 
das  letztere  gießt  man  100  cm^  Wasser  in  den  Kjeldahl- 
kolben.  Die  Lösung  im  Kolben  enthält  noch  eine  geringe 
Menge  Ammoniak;  der  größere  Teil  ist  dagegen  während 
des  sechsstündigen  Kochens  bereits  in  das  Kugelgefäß 
gelangt  und  dort  von  der  vorhandenen  Säure  al)Sorbiert 
worden.  Um  auch  die  geringe  noch  im  Kolben  zurück- 
gebliebene Menge  Ammoniak  zu  entfernen,  verbindet  man 
den  Destillierkolben  mit  dem  Kühler  eines  gewöhnlichen 
Kjeldahlapparates  und  treibt  das  Ammoniak  in  der  üblichen 
Weise  über.  Die  Vorlage  enthält  die  Säure  aus  dem  Folin- 
schen  Kugelapparat,  so  daß  dann  sämtlicher  aus  der 
Argininbestimmung    resultierender    Ammoniak    in    einer 

TTT  Säurelösung   gesammelt  ist.    W^ährend   der  Destillation 

10  *    '^^ 

darf  man  nicht  mehr  als  100  cm'^  Wasser  verkochen  lassen, 
da  in  zu  stark  konzentrierter  alkahscher  Lösung  außer  der 
gewünschten  Zersetzung  Nebenzersetzungen  vor  sich  gehen. 

Der  Überschuß  der  —  Säure  in  der  Vorlage    wird  in  der 

gewöhnlichen  Weise  zurücktitriert.  Für  die  Berechnung  ist 
zu  bemerken,  daß  jeder  durch  Ammoniak  neutralisierte 
Kubikzentimeter  0'0028  g  Argininstickstoff  der  zersetzten  Lösung  entspricht 
oder  0"0056  g  der  gesamten  Lösung  der  Basen.  Falls  auch  Cystin  vorhanden 
ist,  werden  17Vo  seines  Stickstoffs  als  Ammoniak  während  der  Arginin- 
bestimmung entwickelt;  es  muß  also  dann  eine  entsprechende  Korrektur  in 
bezug  auf  die  Argininwerte  angebracht  werden.  Die  Korrektur  ist  jedoch  bei 
den  meisten  gewöhnlichen  Proteinen,  die  Keratine  ausgenommen,  zu  ver- 


-Die  Analyse  von  Eiweißkiirperii  etc.  lU2  l 

nachlässigen.  Da  sich  das  Cystin  unter  den  Bedingung oii  der  Bestinimunjj: 
ganz  konstant  verhält,  wird  die  Genauigkeit  der  Argininlx'stiniiiinng  auch 
bei  den  Keratinanalysen  nicht  wesentlich  beeinflußt  Die  Cystinbestinmiung, 
bei  welcher  die  Korrektur  genau  ausgeführt  werden  kann,  findet  sich 
weiter  unten  beschrieben. 

Der  200  cm3-Kjeldahlkoli)en  sollte  nicht  für  lueiir  als  für  2  oder 
?}  Argininbestimmuugen  benutzt  werden,  da  das  Glas  durch  das  starke 
Alkali  angegriffen  wird.  Leider  sind  Kupferkolbeu  bei  der  IJestininiung 
nicht  gebrauchsfähig. 

Bestimmung  des  Gesamtstickstoffs  der  Basen.  Die  für  die 
Arginiubestimmung  gebrauchte  Lösung  wird  aus  dem  200  rm^-Kjeldahl- 
kolben  in  einen  Kolben  von  500  cm^'  Inhalt  gebracht.  Dann  setzt  man 
:>5a»3  konzentrierte  Schwefelsäure  vorsichtig  unter  Abkühlung  und  iy-Ji)  (/ 
Kupfersulfalt  hinzu.  Die  Lösung  wird  nun  wie  bei  einer  gewülinliciien 
Kjeldahlbestimmung  behandelt  und  so  der  Stickstoffgehalt  bestimmt.    Die 

hierbei  durch  —  Säure  neutralisierten  Kubikzentimeter  werden  zu  den  i)ei 

der  Arginiubestimmung  verbrauchten  addiert.  Diese  Summe,  multipliziert 
mit  0"0028,  liefert  in  Grammen  den  Tptalstickstoffgehalt  der  Basen.  Der 
Gebrauch  derselben  Portion,  sowohl  für  die  Arginin-  als  auch  für  die  Ge- 
samtstickstoffbestimmung der  Basen,  erlaubt  also  für  beide  Bestim- 
mungen je  die  ganze  Hälfte  der  vorhandenen  Lösung  zu  verwenden  und 
gibt  infolgedessen  auch  genauere  Resultate,  als  wenn  man  die  Lösung 
wieder  aufteilen  und  jede  Bestimmung  in  einem  besonderen,  kleineren  Teil 
ausführen  würde. 

Bestimmung  des  Cystins.  Die  ]\Ienge  des  in  dem  Basengemisch 
vorhandenen  Cystins  wird  durch  Bestimmung  des  organischen  Schwefeis 
der  Lösung  festgestellt.  Für  diese  Bestimniung  ist  das  be(iuemste  und 
genaueste  Verfahren  das  von  Benedict,  das  sich  auf  Oxydation  durch  \'er- 
brennung  mit  Kupfernitrat  gründet,  i)  Wir  haben  uns  der  von  Denis «) 
vorgeschlagenen  Modifikation  bedient.  Die  Oxydation  ist  dabei  durchaus 
vollständig;  keine  Spur  Kohle  oder  irgend  euier  unlöslichen  Masse  bleibt 
zurück.  Wir  fanden,  daß  man  die  Schwefelbestinimung  unbesorgt  mit  der 
Basenlösung  vornehmen  kann,  ohne  vorher  das  vorhandene  Bai-iumchlorid 
zu  entfernen.  Zur  Bestimmung  l)ringt  man  10  cin^  der  Lösung  mit  .')  rin^ 
Dmisscher  Flüssigkeit  in  eine  Porzellanabdampf schale  von  7 — 10  cm  Durch- 
messer, verdampft  die  Mischung  auf  dem  ^¥asserbade  zur  Trockne,  erhitzt 
nach  und  nach  bis  zur  Rotglut  und  erhält  10  Minuten  laug  bei  dieser  Tem- 
peratur, wie  es  von  Benedict  vorgeschrieben  wurde.  Der  Rückstand  wird 
dann  in  10  cm^  10"/oiger  Salzsäure  gelöst  und  diese  Lösung  auf  ungefähr 


')  StanJei/  B.  Benedict,  The  Estimatiou  of  Total  Sulphur  in  Trine.  Jourii.  of 
Biol.  Chem.  6.  363  (1909). 

2)  W.  Denis,  The  Determination  of  Total  Sulphur  in  Urine.  Joiirn.  of  Biol. 
Chem.  8.  401  (1910/11).  ßie  Dcnissche  Lösunsr  enthält  25//  kristalliuisches  Kupfer- 
nitrat,  10//  Ammoniumuitrat  und  20//  Xatriumchlorid  auf  lOOcm'. 


■fQC)9  Donald  D.  vau  Slyke. 

150  cm»  verdünnt.  Nun  wird  zum  Sieden  erhitzt  und,  damit  sicher  ein 
Überschuß  an  Bariurachlorid  vorhanden  ist ,  werden  noch  10  cm^  einer 
50/oig-en  Chlorbariumlösung-  zugefügt.  Das  Bariumsulfat  wird  gewaschen  und 
wie  gewöhnlich  gewogen.  Jedes  Milligramm  Bariumsulfat  entspricht  O'Oihng 
Cystiustickstoff  in  der  untersuchten  Lösung  oder  Oo  mg  in  der  gesamten 
Basenlösung.  Für  das  Gewicht  des  erhaltenen  Bariumsulfates  muß  noch 
eine  Korrektur  angebracht  werden,  welche  die  Menge  Schwefel,  die  bei 
einer  entsprechenden  l)linden  Analyse  gefunden  wird,  berücksichtigt.  Für 
die  Reagenzien,  die  von  uns  gebraucht  wurden,  betrug  die  Korrektur 
1-bnig  Bariumsulfat.  Solche  Beagenzien,  die  eine  bedeutend  größere  Kor- 
rektur erfordern,  sollten  nicht  benutzt  werden,  denn  das  Cystin  ist  häufig 
in  so  geringen  Mengen  vorhanden,  daß  es  überhaupt  nur  wenige  Milli- 
gramme Bariumsulfat  liefert. 

Das  in  der  Basenlösung  wirklich  vorhandene  Cystin ')  kann  nach  der 
obigen  Methode  sehr  genau  bestimmt  werden,  denn  eine  Differenz  von 
0-5  mg  für  das  gewogene  Bariumsulfat,  wie  sie  für  gewöhnhch  bei  Doppel- 
bestimmungen nicht  höher  resultiert,  verursacht  für  den  gesamten  Prozent- 
gehalt  des  berechneten  Cystinstickstoffs  nur  einen  Fehler  von  0-l"/o.  Das 
ursprünglich  vorhandene  Cystin  wird  durch  die  Hydrolyse  mit  Säuren  nach 
und  nach  angegriffen  und  in  eine  nicht  durch  Phosphorwolfi-amsäure  fäll- 
bare Form  übergeführt;  während  16stündigen  Kochens  mit  20"/oiger  Salz- 
säure werden  41%  des  Cystins  in  dieser  Weise  verändert  und  während 
24stündigen  Kochens  öO^/o-  Ferner  bleibt  bei  der  Basenfällung  eine  Menge 
unangegriffenen  Cystins,  das  V2%  des  Eiweißstickstoffs  ausmacht,  in  Lösung. 
Infolgedessen  repräsentiert  die  Menge  Cystin,  die  durch  die  obige  Methode 
nach  der  Hydrolyse  durch  24stündiges  oder  längeres  Kochen  erhalten 
wird,  weniger  als  die  Hälfte  des  wirklich  in  dem  betreffenden  Eiweiß  vor- 
handenen. Der  Niederschlag  des  Basengemisches  enthält,  da  die  Eiweiß- 
körper für  gewöhnlich  nicht  reich  an  Cystin  sind,  deshalb  auch  nur  eine 
kleine  Menge  seines  Stickstoffs  oder  überhaupt  keinen  in  Form  von  Cystin. 
Dies  erklärt  auch,  warum  die  Anwesenheit  von  Cystin  in  den  Phosphor- 
wolframat -Niederschlägen  meistens  übersehen  worden  ist,  ehe  von  Winter- 
stein^)  auf  diese  Tatsache  aufmerksam  gemacht  wurde. 

Amin ostick Stoff  der  Basen.  Für  diese  Bestimmung,  die  in  der 
gewöhnUchen  Weise  ausgeführt  wird,  benutzt  man  10  cm^  der  Lösung.  Da 
die  £-Aminogruppe  des  Lysins  verhältnismäßig  langsam  reagiert,  muß 
die  Bestimmung  bei  20"  eine  halbe  Stunde  lang  oder,  wenn  die  Temperatur 
niedriger  ist,  während  etwas  längerer  Zeit  ausgeführt  werden.  Während 
ebenso  langer  Zeit  muß  auch  die  blinde  Bestimmung  mit  den  Reagentien 


^)  Mörner  faud,  daß  Cystin  durch  109stüudiges  Kochen  mit  lO^oiger  Salz- 
säure seine  spezifische  Drehung  von  —  223''  auf  —  134*"  vermindert,  und  daß  es  sich 
dabei  zum  Teil  in  eine  augenscheinlich  löslichere  Form  als  das  natürliche  Cystin  dar- 
stellt, verwandelt.  —  K.  A.  H.  Mörner,  Zur  Kenntnis  der  Bindung  des  Schwefels  in  den 
Proteinen.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  34.  207  (1901/02). 

^)  loc.  cit. 


Die  Analyse  von  Eiweißkorperu  etc.  1023 

vorgenommen  werden.  Das  Cystin  liefert  :in  Gas  107Vo  der  Stickstoff- 
menge,  die  es  eigentlich  geben  sollte.  Man  muß  desluill)  für  das  Cystin  eine 
entsprechende  Korrektur  bei  den  Aminobestimmungen  anbringen.  Sie  kann 
jedoch  bei  den  Kiweillkörpern,  die  keine  Keratine  sind,  veniachliissigt  werden. 

Berechnung  des  Histidins.  Der  Nicht-Aniiiiostickstoif  der  Hasen 
stammt  aus  dem  Arginiu,  das  V*  seines  Stickstoffs  in  einer  Form  enthalt, 
die  nicht  mit  salpetriger  Säure  reagiert,  und  aus  dem  Histidin,  das  -1^ 
seines  Stickstoffs  in  Nicht-Aminoform  besitzt.  Deshali)  iiiul'i  man  zur  Be- 
rechnung des  Histidiu-Stickstoffs  »/+  des  Argininstickstoffs  von  dem  Total- 
Nichtaminostickstoff  abziehen  und  die  Differenz  mit  V2  ninltiplizieren. 

Die  Berechnung  kann,  wie  folgt,  ausgeführt  werden:  Bez<'ichnet  man 
mit  D  den  gesamten  Nicht-Aminostickstoff  der  Basen  (Unterschied  zwischen 
Totalstickstoff  und  Aminostickstoff)  und  mit  Äry  den  Arginiustickstoff, 
der,  wie  vorher  beschrieben,  bestimmt  wurde,  so  hat  man  folgende  l-Oi-niel 
aufzustellen : 

Histidin- N  =|(D— ^  Arg)  =  1-667 i)— 1-12Ö. -Iry. 
2  4 

Die  Bestimmung  des  Histidins  kann  mehr  als  jede  der  anderen 
3  Aminosäuren  der  basischen  Fraktion  fehlerhaft  sein,  da  sie  durch  Fehler 
entweder  in  der  Bestimmung  des  Arginins .  des  Totalstickstoffs  oder  des 
Aminostickstoff s  beeinflußt  werden  kann.  Fehler  von  -(-  P/o  bei  diesen  einzelnen 
Bestimmungen  würden  Fehler  von  —  1-125,  -f  Tö,  und  —  l'ö°/o  für  deu  Histi- 
dinstickstoff  verursachen.  Da  aber  jene  Bestimmungen  genau  ausgeführt  werden 
können,  so  kann  man  für  das  Histidin  doch  konstante  Resultate  erhalten. 
Tatsächlich  stimmen  Doppelbestimmungen  für  das  Histidin  gewöhnlich 
innerhalb  P/o  iiberein. 

Berechnung  des  Lysins.  Das  Lysin  wird  durch  Differenzrechnung 
unter  Heranziehung  des  für  die  anderen  3  Aminosäuren  berechneten  Stick- 
stoffgehaltes bestimmt.    Oder: 

Lysin-N  =  Total-N— (Arginin-N  -f  Cystin-X  -|-  Histidin-K). 

Auf  den  ersten  Blick  sollte  es  scheinen,  daß  die  Bestimmung  des 
Lysins  mehr  als  die  des  Histidins  Ungenauigkeiten  in  sich  schließen  würde, 
da  bei  der  fraglichen  Berechnung  die  Resultate  der  3  anderen  Aminosäuren 
dieser  Fraktion  in  Betracht  kommen.  Dies  trifft  jedoch  nicht  zu.  Die  Ge- 
nauigkeit des  Lysinresultates  hängt  hauptsächlich  von  den  Bestimmungen 
des  Cystins  und  des  Aminostickstoffs  dieser  Fraktion  ab,  die  beide  sehr 
genau  durchgeführt  werden  können. 

Ein  Fehler  von  -[-1%  bei  irgend  einer  der  4  unmittelbaren,  mit  dem 
Basengemisch  vorgenommenen  Bestimmungen  würde  für  den  Lysinstick- 
stoff  in  folgender  Weise  zum  Ausdruck  kommen:  Handelt  es  sich  um 
Amino-N,  so  würde  dies  für  den  Lysinstickstoff  4-  l-5°/o  verursachen ,  bei 
dem  Cystin-N  würde  —  l«/o,  bei  dem  Total-N  müßte  —  V«°/o  »"d  \h'\  dem 
Arginin-N  4-  VsVo  ^i"'  den  Stickstoff  des  Lysins  in  Rechnung  zu  stellen  sein. 

Bestimmung  des  Totalstickstoffs  im  Filt  rate  der  Basen. 
Zu  dem  mit  der  Waschflüssigkeit  vereinigten  Filt  rate  des  Basen-Phosphor- 


j^(j.>_j.  Donald  D.  vau  Slyke. 

wolfraiiiatniederschlages  fügt  man  öOVoige  Natronlauge,  bis  die  Lösung 
durch  Kaikabscheidung  schwach  trübe  wird.  Dann  wird  wieder  durch  Zu- 
satz von  wenig  Essigsäure  geklärt.  Was  den  Zusatz  des  Alkahs  betrifft, 
so  ist  es  sehr  wichtig,  daß  der  Neutralpunkt  höchstens  durch  einen  Über- 
schuß von  wenigen  Tropfen  überschritten  wird,  da  sich  sonst  durch  die  Säure- 
wirkung ein  unlöslicher  Niederschlag  bilden  kann.  Die  Lösung  wird  nun  in 
einen  doppelhalsigen  Destillierkolben  gebracht  und  unter  vermindertem  Druck 
eingeengt,  bis  das  Salz  eben  auszukristaUisieren  beginnt.  Dann  spült  man  in 
einen  150  cw^-Meßkolben,  verdünnt  bis  zur  Marke  und  entnimmt  für  zwei 
Kjeldahlbestimmungen  je  2b  an^.  Für  jede  dieser  Bestimmungen  verwen- 
det man  ]  5  g  Kaliumsulfat,  35  cm^  konzentrierter  Schwefelsäure  und  0"25  g 
Kupfersulfat.  Die  Schwefelsäure  muß,  wegen  der  heftig  stattfindenden  Ent- 
wicklung von  Salzsäuregas,  vorsichtig  unter  einer  Kappe  hinzugesetzt 
werden.  Die  Zersetzung  muß  man  noch  3  Stunden  lang ,  nachdem  die  Lösung 
bereits  klar  geworden  ist,  fortsetzen.  Unter  diesen  Bedingungen  beein- 
trächtigt die  Phosphorwolframsäure  keinesfalls  die  Genauigkeit  der  Be- 
stimmung. 

Bestimmung  des  Aminostickstoff s  im  Filtrate  der  Basen. 
Für  die  Aminobestimmungen  benutzt  man  Portionen  des  Filtrats  von  je 
10  cm^  und  nimmt  die  Ausführung,  wie  gewöhnlich,  während  6 — 10  Minuten 
vor.  Das  Volumen  des  von  einer  bestimmten  Menge  Aminostickstoffs  abgege- 
benen Stickstoffs  ist  2'5mal  so  groß  als  das  Volumen,  das  der  neutraüsierten 

^  -Säure  entspricht,  die  sich  bei  einer  Kjeldalilbestimmung  bei  der  gleichen 

Menge  ergibt.  Deshalb  werden  die  Mengen  (25  und  10  cm^),  welche  für 
die  Bestimmungen  des  gesamten  und  des  Aminostickstoffs  genommen 
werden,  Piesultate  von  ähnhcher  Genauigkeit  geben.  Da  gewöhnlich  25 — 35  cm^ 
Gas  oder  Säure  mit  einem  Fehler,  der  0*2  cm^  nicht  überschreitet,  ge- 
messen werden,  so  ist  der  prozentuale  Fehler  bei  diesen  Bestimmungen 
nur  sehr  gering. 

Reinheit  der  Pteagenzien.  Da  einige  der  Berechnungen  auf  Un- 
terschiede der  einzelnen  Bestimmungen  beruhen,  ist  es  unl)edingt  erforder- 
Uch,  daß  die  letzteren  genau  sind.  Mau  muß  daher  auch  jedes  Reagens, 
das  entweder  für  die  Kjeldahl-  oder  für  die  Aminobestimmung  gebraucht 
wird,  durch  blinde  Analysen  prüfen;  falls  dabei  irgend  eine  Spur  Stick- 
stoff gefunden  wird,  so  muß  eine  entsprechende  Korrektur  angebracht 
werden.  Eine  geringfügige  Korrektur  ist  für  gewöhnlich  nötig,  sowohl  für 
das  käufliche  Alkali,  das  beim  Übertreiben  des  Ammoniaks  bei  den  Kjel- 
dahlbestimmungen gelDraucht  wird,  als  auch  für  das  bei  den  Aminobe- 
stimmungen erforderliche  Natriumnitrit.  Die  Genauigkeit  der  Normallösungen 
und  die  Zuverlässigkeit  des  Apparates  sollte  ebenfalls  durch  Bestimmungen 
mit  reinen  Substanzen  ausgeprüft  werden.  Natürlich  ist  es  auch  wichtig, 
daß  Pipetten,  Meßkolben  und  Büretten  genau  kalibriert  sind.  Die  zu  ver- 
wendende Phosphorwolframsäure  wird  mit  Äther  und  Wasser  nach  der 
Methode  von  Winterstein  gereinigt. 


Die  Analyse  von  Eiweißkörpern  etc. 


102.') 


Korrektur  für  die  Löslichkeit  der  IJaseii.  Die  infoljzc 
der  Löslichkeit  der  Basen  erforderliche  Korrektur  kann  direkt  nach  den 
unten  gemachten  Angaben  (vgl.  Tabelle  II)  vorgenoinineii  werden,  wenn  die 
Fällung  in  der  vorgeschriebenen  Wei.se  in  einer  Lüsunii  von  2(i()r/y/^  Vo- 
lumen ausgeführt  wurde.  AVenn  auch  die  Konzentration  der  in  Lösung 
bleibenden  Phosphoi'wolframsäure  bei  der  Fällung  der  Basen  etwas  ab- 
hängig ist  von  der  Menge  der  letzteren,  so  da(j  die  Fällungsbedingnngen 
nicht  absolut  konstante  sind,  so  scheinen  diese  Unterschiede  jedoch  nicht 
bedeutend  genug  zu  sein,  um  eine  bemerkenswerte  Änderung  in  der  Lös- 
lichkeit der  Uasen  hervorzurufen.  Werden  die  Basen  in  Lösungen  von 
einem  größeren  oder  geringeren  Volumen  als  200  cm^  gefällt,  so  steht  die 
Löslichkeitskorrektur  natürlich  im  direkten  Vei'hältnis  zum  Volumen  der 
Lösung.  Die  Menge  Stickstoff,  die  von  dem  Niederschlag  durch  das  in  der 
früher  beschriebenen  Weise  vorgenommene  Auswaschen  weggelöst  wird,  ist, 
nach  Kontrollbestimmungen  zu  urteilen,  nicht  der  Beachtung  wert. 

Tabelle  II. 

Löslich  k ei  ts  werte  der  Basen   bei  Fällung  ans    einer  Lösiinj;  von  2(K)  cih\ 

Zu  den  einzelnen  Baseumeneen  ist  hinzuzufügen  : 


Total  X 

Araino  N 

Nichtamiuo  N    i 

00032 
00038 
00005 
00026 

0-00()R 
0-0U13 
0-0005 
0()l)2() 

0(X)24 
00025 
OOOOO 

OOO(K) 

00052 

üO<»4i) 

Arginin  N 

Histidin  N 

Lysin  N 

Cystin  N 

Summe    (abzuziehen    von    den   Filtrat- 
Resultaten)      


Genauigkeitsgrenzen  der  Bestimmungen.  Die  maximalen  und 
mittleren  Unterschiede,  welche  Doppelanalysen  bei  (iliadin.  Edestin,  Haaren. 
Gelatine,  P'ibrin  und  Hämocyanin  ergeben  haben,  sind,  in  Frozentgehalt 
des  Totalstickstoffs  der  Proteine  ausgedrückt,  aus  folgendei-  Zusammen- 
stellung ersichtlich: 

Tabelle  III. 


Maximaler  Unti-r- 
■  schied  zwischen 
DoppelbPstimrauDKon 


UurrhschnittP- 
differenz 


Ammoniak  N 

Melanin  N 

Cystin  N 

Arginin  N 

Histidin  N 

Lysin  N 

Amino  N  im  Filtrate.  der  Basen 
Nicbtamino  N  im  Filtrat  .    .    .    . 


0-37 
0'5() 
011 
1-27 
214 
1-23 
1-60 
1-20 


(0-93) 

((rno) 


012 

0-20 
005 
0-73 
0  7i) 
061 
063 
()-6S 


Abderhalden,   Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V. 


65 


1026 


Donald  D.  van  Slyke.  Die  Analjse  von  Eiweißkörperu  etc. 


Die  höchsten  Unterschiede  für  Histidin  (bei  Edestin-Analysen)  und 
für  Aminostickstoff  des  Filtrates  (bei  Haaranalysen)  sind  etwa  zweimal 
so  groß  als  irgend  eine  andere,  bei  den  obigen  Analysen  gefundene  Ab- 
weichung. Die  nächst  niederen  Werte,  die  in  Klammern  gesetzt  sind,  be- 
laufen sich  auf  Unterschiede,  die  bei  Doppelbestimmungen  normalerweise 
zu  erwarten  sind. 

Als  Beispiele  für  Analysenresultate  von  Eiweißkörpern  seien  die 
Ergebnisse  von  den  unten  angegebenen  7  Eiweißstoffen  angeführt.  (Ta- 
belle IV.)  Die  Menge  des  im  Gliadin  gefundenen  Lysins  ist  so  gering,  daß 
sie  noch  innerhalb  der  Fehlergrenze  hegt.  Das  negative  Resultat  an  Cystin 
bei  Gelatine  und  Hämoglobin  besagt,  daß  durch  die  Phosphorwolframsäure 
nichts  davon  niedergeschlagen  worden  ist;  im  Filtrat  könnte  doch  0-5o/o 
in  unveränderter  Form  vorhanden  sein.  Bei  den  Resultaten  sind  die  für  die 
Löslichkeiten  der  Basen  erforderlichen  Korrekturen  angebracht :  alle  Werte, 
mit  Ausnahme  derjenigen  beim  Hämoglobin,  sind  Durchschnittszahlen  von 
Doppelbestimmungen.  Die  einzelnen  Resultate  drücken  aus,  wieviel 
Prozent  Stickstoff  in  den  betreffenden  Aminosäuren  oder  Gruppen  in 
den  Proteinen,  bezogen  auf  den  Total  stickst  off,  vorhanden  sind. 

Tabelle  IV. 


Gliadin 
(Weizen) 

Edestin 
(Hanf) 

Haar 
(Hund) 

Gelatine 

Fibrin 
(Merck) 

Häraocy- 

anin 
(Liraulus) 

Hämo- 
globin 
(Rind) 

2552 

9-99 

1005 

2-25 

8  32 

5-95 

5-24 

0-86 

1-98 

7-42 

007 

317 

1-65 

3-6    ; 

1-25 

1-49 

6-60 

0-00 

0-99 

0-80 

0-0 

5-71 

27-05 

15-33 

14-70 

13-86 

15-75 

7-7 

5-20 

5-75 

3-48 

4-48 

4-83 

13-23 

12-7 

0-75 

3-86 

5-37 

6-32 

11-51 

8-49 

10-9 

51-98 

47.55 

47-5 

56-3 

54-2 

51-3 

570 

8-50 

1-7 

3-1 

14-9 

2-7 

3-8 

2-9 

99-77 

99-37 

98-85 

99-02 

99-58 

100-95 

(1000) 

Ammoniak  N        ... 

Melanin  X 

Cystin  N 

Arginin  N 

Histidin  N 

Lysin  K 

Amino-N  des  Filtrats 

Nichtamiuo-N  des  Fil- 
trats (Prolin,  Oxy- 
prolin,  72  Trypto- 
phan)   

Summe: 


Um  aus  den  obigen  Zahlen  der  Stickstoffprozente  zu  berechnen, 
wieviel  Gramm  Aminosäure  auf  100  ^  Protein  entfallen,  können  die  fol- 
genden mittleren  Faktoren  herangezogen  werden,  die  sich  ergeben,  wenn 
man  für  jedes  Protein  ITVo  Stickstoff  annimmt.  Der  Stickstoffwert  für 
Arginin  wird  mit  0'528  multipliziert,  derjenige  für  Histidin  mit  0*626,  der 
für  das  Lysin  mit  0'886  und  der  des  Cystins  mit  1-46. 


Die  Zimtzsclie  Methode  der  Gasanalyse. 

Von  Franz  Müller,  IJorlin. 

In  Band  III,  Abt.  I,  dieses  Handbuchs  (S.  610)  ist  auf  die  Be- 
stimmung der  Kohlensäure  nach  dem  Thermobarometerpi'inzip  hi^ge^Yiesen 
worden.  Eine  genauere  Beschreibung  des  Prinzips  war  auf  8.  575  gegeben, 
die  des  Apparates  von  Zuntz  unterblieb  dagegen,  da  sie  in  einem  späteren 
Abschnitt  des  Handbuchs  bei  dei'  Besprechnog  der  Methodik  des  Energie- 
stoffwechsels erfolgen  sollte.  Auf  S.  lloG  (Band  III.  Abt.  2)  ist  zwar  der 
von  Zuntz  angegebene  Analysenapparat  skizzenhaft  wiedergegeben  (Fig.  323), 
aber  die  Analyse  selbst  nicht  eingehender  beschrieben  worden.  Das  soll  im 
Folgenden  kurz  nachgeholt  werden. 

Das  von  iV.  Zuntz  ausgearbeitete  gasanalytische  Verfahren  ist  eine 
Modifikation  der  Hempehchen  Anordnung.  M 

Der  Analysenapparat  (s.  Fig.  235) ^j  besteht  aus  mehreren  (lasbiiretten, 
in  denen  die  Messung  der  Gasvoluniina  und  4  ripetten,  in  denen  die  .\b- 
sorption  der  Kohlensäure  und  des  Sauerstoffes  stattfindet.'')  Die  ersteren, 
7  an  der  Zahl,  stehen  in  einer  mit  Spiegelscheiben  versehenen,  mit  Wasser 
gefüllten  Wanne.  Die  mittlere  lUirette  dient  als  thermobaronietrisclier  Kon- 
trollapparat, die  übrigen  6  bilden,  zu  je  dreien  symmetrisch  angebracht, 
zwei  gleiche  Gruppen  zur  gleichzeitigen  Anstellung  von  2  Analysen.  In  den 
2  seitlich  am  weitesten    nach    außen  stehenden,    die  von  99() — lült)  cm^ 


1)  In  der  Arbeit  von  A.  Loeivy  (Pfl.  Arch.  42,  S.  267,  1888)  ist  die  Metliodik  noch 
fast  gleich  der  Hempelschan:  HetnpehchQ  Bürette  und  Absorptionspipetto  für  Kohlen- 
säure. In  der  Arbeit  von  Katzenstein  (Pfl.  Arch.  49,  S.  335)  finden  wir  schon  das  sog. 
Thermobarometcr  nach  N.  Zuntz''  Angaben,  al)er  in  der  Form,  daß  ein  unten  geschlos- 
senes Glasrohr  von  dcmsellien  Kaliber  wie  die  IIenipoll)ürette  oben  mit  einem  im  rechten 
Winkel  stehenden  engen,  feingeteilten  Rohr  von  1  cnr^  Inlialt  in  Verbindung  stellt.  In 
diesem  befindet  sich  ein  gefärbter  "Wassertnipfen,  der  bei  Weciisel  von  Temperatur  und 
Druck  in  dem  Köhrcheu  wandert.  Die  endgiltige  Form  findet  sich  bei  .('/.  Mik/hus  Lci-y 
(Pfl.  Arch.  55,  S.  14  ff.  und  Tafel  I,  1894). 

^)  Der  Apparat  kann  von  den  Vereinigten  Fabriken  für  Laburatoriumsbedarf, 
Berlin  N.,  fertig  bezogen  werden. 

^)  Die  auf  Fig.  235  dargestellte,  sehr  zweckmäßige  Form  der  Absorptionspipetten 
wurde  von  J.  Paecktner  angegeben.  (Inaug.-Diss.  Gießen.  Verlag  li.  6'c/ioc/r-Berlin,  1909. 
Fig.  1   u.  1«.) 

65* 


Die  Zuntzsche  Methode  der  Gasanalyse.  1029 

in  Zwanzigstel  gc^^il^  sind  und  ebenso  wie  die  anderen  5  an  der  oberen 
kapillaren  Verjüngung  nahe  dei-  Ei-weiteiung  ihre  Nullmarke  tragen,  werden 
die  zu  untersuchenden  Parallelproben  eines  Kohlensäure.  Sauerstoff  und 
Stickstoff  (und  eventuell  brennbare  Gase)  enthaltenden  Gemisches  durch 
allmähliches  Herabsinkenlassen  des  sie  erfüllenden  Wassers  aufgesammelt. 
Dies  geschieht  durch  vorsichtiges  Öffnen  dei-  Klemmschi-aube  unten  am 
Schlauch  zum  Niveaurohr.  Das  Wasser  muß  so  langsam  sinken,  daß  keine 
Tropfen  an  der  Wand  hängen  bleiben  (etwa  20  Minuten).  Darauf  läßt  man 
die  100  cm'^  (las  einige  Minuten  stehen  und  liest  untei-  Einstellung  des 
Niveaurohres  in  Augenhöhe  (s.  Bd.  II].  S.  öTö)  sowohl  in  den  zwei  seit- 
lichen Röhren,  wie  im  mittleren  Theiinobarometerrohr  den  Stand  ab.  P.ei 
kohlensäurereicheren  Geraischen  (über  0'5)  darf  das  Gemisch  vor  der  Ab- 
lesung nicht  länger  als  etwa  10  Minuten  in  den  Büretten  stehen.  Das  ge- 
messene Volumen  wird  dann  in  die  2  äußeren  Pipetten  eingeführt,  indem 
das  alle  Röhren  erfüllende,  deuthch  schwefelsaure  Wasser,  welches  mit 
einem  Tropfen  Rosolsäure  gelb  gefärbt  ist,  durch  Heben  des  Niveaurohres 
gerade  bis  an  die  obere  Nullmarke  (in  Niveaustellung)  herangeführt  wird. 
Diese  zwei  Pipetten  sind  mit  etwa  40"/oiger  wässeriger  Kalilauge  gefiült. 
Kohlensäurearme  Gemische  bis  zu  etwa  O'öVo  werden  darin  nach  einer 
Minute  kohlensäurefrei,  solche  mit  mehreren  Prozent  Kohlensäure  nach 
etwa  5  Minuten.  Die  Absorptionsfläche  ist  durch  eine  große  Reihe  von  in 
der  inneren  (ilocke  befindlichen  Glasröhren  vergrößert.  Die  Einstellung  der 
Kahlauge  in  den  die  Pipetten  mit  den  Büretten  verbindenden  Kapillar- 
rohren war  so.  daß  die  Lauge  gerade  die  Hälfte  des  horizontalen 
Teils  des  Kapillarrohrs,  das  dann  nach  unten  abbiegt,  erfüllte.  Nachdem 
man  den  zum  Niveaurohi-  führenden  Schlauch  wieder  durch  die  Schraub- 
klemme verschlossen  hat,  öffnet  man  die  Verbindungen  zwischen  den 
Kalilaugepipetten  und  dem  zweiten  Röhrenpaar.  Bei  tiefhängendem  Niveau- 
rohr und  ganz  wenig  geöffneter  Klemmschraube  läßt  man  das  Wasser  in 
den  Büretten  wieder  so  langsam  absinken,  daß  sich  an  der  Wand  keine 
Tropfenbildung  zeigt.  Sobald  der  weite  Teil  mit  (ias  erfüllt  ist,  schüeßt 
man  die  oberen  Verbindungen  zu  den  Kalipipetten  ab.  öffnet  die  untere 
Klemmschraube  an  dem  langen  Schlauch  und  reguliert,  mit  der  einen  Hand 
das  Niveaurohr  senkend,  mit  der  anderen  einen  oberen  Quetschhahn  öffnend, 
das  Eintreten  des  Gases  in  den  engen  Teil  der  einen  Bürette,  bis  die  Lauge 
wiederum  mitten  in  dem  horizontalen  Kapillarstück  oben  über  den  Pipetten 
erscheint.  Darauf  schheßt  man  den  Quetschhahn  und  macht  dasselbe  auf 
der  anderen  Seite,  i) 

^)  Die  Bürettenröliren  dürfen  keine  größeren  Kaliberfclüer  als  005 — 006  cm^  im 
ganzen  liesitzen,  da  sonst  nach  Auffangen  einer  100  ciu^  etwas  ül)orstoigonden  Gasmcngc 
eine  kohlensäurearmc,  durch  die  Kalilaugeupipetten  gegangene  Luft  in  den  nur  zwisciien 
90'0 — 10000  (nicht  tiefer!)  geteilten  zweiten  Röhren  die  unterste  Marke  üherschreiten 
kann,  zumal  wenn  diese  zweiten  Röhren  seihst  einen  größeren  (negativen)  Kaliliorfclih-r 
haben.  Die  Büretten  werden  alle  vor  dem  (iohrauch  durch  Auswägen  mit  Wasser 
(20  Minuten-Ablauf)  nachgeaicht  und  der  Fehler  in  einer  stets  bereitliegenden  Tabelle 
verzeichnet  (s.  Berechnung  Bd.  III,  S.  576). 


1030 


Franz  Müller. 


Nachdom  das  kohlonsäurefreie  Gemisch  abgelesen,  wird  es  unter 
Heben  des  Niveaurohres  in  die  inneren  zwei  Pipetten  unter  Lüftung-  der  die 
Verbindung'  absperrenden  Quetschhähne  eingefüllt.  Wiederum  muß  das 
saure  Wasser  gerade  an  der  Nullmarke  am  oberen  Ende  der  Büretten 
stehen.  Dieses  zweite  Pipettenpaar  aus  braunem  Glas  enthält  dünne,  etwa 
3  mm  dicke  Phosphorstangen,  die  zum  Teil  bis  oben  heran  in  die  Ver- 
engerung der  inneren  Glocke  reichen.  Sie  stehen  in  destilliertem  Wasser. 
Wie  in  Band  III,  S.  626.  erörtert  (dort  siehe  auch  die  Herstellung  der 
Phosphorstangen),  verläuft  die  Sauerstoffabsorption  über  12 — 14"  C  und  bei 
einem  Sauerstoffgehalt  bis  öO^/o  sicher  in  10  Minuten,  solange  die  Phos- 
phorstangen noch  nicht  mit  brauner  Schicht  bedeckt  sind.  Unter  14"  dauert 
sie  dagegen  etwa  eine  halbe  Stunde,  unter  10"  ist  sie  nicht  mehr  aus- 
führbar. Man  muß  dann  die  Pipetten  mit  einem  heizbaren  Außenmantel, 
in  dem  Wasser  auf  25°  erwärmt  wird,  umgeben. 

Nach  beendeter  Og-Absorption  wird  das  Bestgas  nach  vorherigem  Ab- 
klemmen des  unteren  Schlauches  zum  Niveaurohr  und  Öffnen  der  oberen 
Quetschhähne,  durch  vorsichtiges  Öffnen  der  unteren  Schraube  ganz  lang- 
sam in  die  dritte  Gruppe  von  Büretten  eingelassen.  Diese  sind  von  75  bis 
85  cm.^  in  Zwanzigstel  geteilt,  da  zwischen  78  und  81  crn^  Gasrest  bei 
Luft  oder  Atemgas  zurückbleiben.  Nachdem  das  Gas  den  weiten  Teil  der 
Bohre  erfüllt  hat,  schließt  man  die  oberen  Quetschhähne,  öffnet  die  untere 
Schraube  und  führt  den  Best,  wiederum  unter  Leitung  des  Niveaurohres 
mit  der  Hand,  in  den  engen  Teil  der  Büretten  über,  bis  das  Wasser  aus 
den  Phosphorpipetten  in  der  Mitte  des  horizontalen  kapillaren  Glasrohres 
über  den  Pipetten  erscheint. 

Die  kapillaren  Verbindungsstücke  sind  immer  mit  Besten  der  vorigen 
Analyse  gefüllt.  Das  macht  bei  geringen  Abweichungen  und  dem  engen 
Kaliber  der  Kapillaren  keine  Fehler.  Sie  werden  dagegen  deutlich,  wenn 
luft-  und  sauerstoffreiche  Gemische  abwechselnd  analysiert  werden.  Dann 
nniß  eine  Analyse  ohne  Ablesung  durch  das  ganze  System  geführt  werden, 
bevor  die  erste  brauchbare  Bestimmung  beginnt. 

Wenn  sauerstoffreichere  Gemische  (über  25"  o)  "ach  dieser  Methode 
untersucht  werden  sollen  und  Phosphor  zur  Alisorption  benutzt  wird,  so 
muß  die  Mischung  zuvor  mit  Stickstoff  verdünnt  werden.  Nach  Vorgang 
von  Durig  absorbiert  man  zunächst  den  größten  Teil  des  Sauerstoffs  durch 
Kupferlösung.  ^)  Zu  diesem  Zweck  stellt  man  von  dem  aus  den  Kalilauge- 
pipetten herabreichenden  Kapillarrohr,  bevor  es  das  zweite  Bürettenpaar 
erreicht,  eine  kapillare  Abzweigung  nach  hinten  her.  Dies  Kapillarrohr 
gabelt  sich  dann  rechtwinklig  bei  horizontaler  Lage.  Der  eine  Schenkel 
führt  zu  einer  mit  ammoniakalischer  Kupferlösung  und  Kupfernetzen  ge- 
füllten Pipette  (auf  der  Kupferlösung  schwimmt  zum  Abschluß  gegen  Luft 


*)  Durifi  empfiehlt  auch  Xatriumhydrosulfit  (s.  Bd.  III.  S.  628).  Li  Bd.  III  ist  ebenso 
■wie  im  Inhaltsverzeichnis  des  Bandes  versehentlich  Natriumtbiosulfat  an  Stelle  von 
Natriumhydrosulphit  mehrfach  bei  der  Korrektur  stehen  geblieben,  während  die  Formeln 
richtig  sind. 


Die  Ziintzsche  Methode  der  (Jasanalyse.  lOHl 

Paraffinum  li(iuidum),  der  andere  zu  einer  mit  staiker  Scliwefelsäure 
gefüllten  Pipette.  Das  von  Kohlensäure  befreite  (ieniisch  wird  durch 
Heben  des  Niveaurohres  zunächst  in  die  Kupferlösung  gebracht  (etwa 
10  Minuten),  darauf  wieder  in  die  gleichen  Püretten  zurück,  dann  in 
Schwefelsäure,  um  es  vollkommen  von  jeder  Spur  von  Ammoniakdampf  zu 
befreien,  da  sonst  die  Phosijhorabsorption  unmöglich  wird,  zum  drittenmal 
in  die  gleichen  Püretten  und  zuletzt  erst  in  die  Phosphoipii)etteu.  Wenn  der 
verbleibende  Stickstoffrest  klein  ist  und  selbst  die  obersten  S])itzen  der 
Phosphorstangen  nicht  erreicht,  also  nicht  von  den  letzten  Resten  von 
Sauerstoff  befreit  w^erden  kann,  empfiehlt  es  sich,  in  dem  dritten  Püretten- 
paar  einen  Rest  von  Stickstoff  von  der  vorigen  Analyse  aufzubewahren, 
abzulesen  und  nach  dem  soeben  gewonnenen  Rest  in  die  l'hosphor- 
pipetten  hineinzuleiten.  Dadurch  wird  Kontakt  mit  den  Thosphorstangen 
ermöglicht. 

Pei  Gemischen  mit  weniger  als  Tö^/o  und  mehr  als  lUVo  Stickstoff 
kann  man  natürhch  nicht  die  in  der  Fig.  2oö  abgebildete  Form  der  Stick- 
stoffbüretten  beibehalten.  Man  muß  vielmehr  Püretten  wählen,  die  nach 
dem  kapillaren  Anfangsstück  eine  oder  mehrei  e  Erweiterungen  von  je  etwa 
10  cm^  Inhalt  haben  und  dann  in  der  ganzen  Länge  bis  herunter  an  den 
Rand  derAVanne  geteilt  sind.  Ihr  Gesamtinhalt  soll  etwa  80 — -^Ocm^  betragen. 
So  ist  man  in  der  Lage,  Gemische  mit  etwas  über  10 — 40",  „  Stickstoff  zu 
bestimmen.  Hat  man  Stickstoff  ärmere  (unter  10'Vo)i  so  bleibt  die  kuglige 
Erweiterung  mit  einem  Stickstoffrest  der  vorigen  Analyse  erfüllt  und  man 
füllt  zu  dieser  gemessenen  Menge  den  kleinen  Rest  der  neuen  Analyse 
hinzu  (s.  folg.  Peispiel),  oder  man  benutzt  die  abgebildete  Röhi-enform 
und  einen  Rest  von  75  cm^  N. 

Wünscht  man  den  Apparat  sowohl  für  Luft-  wie  für  Ausatmungsgas 
und  sauerstoffreiche  Gemische  zu  benutzen,  so  muli  das  erwähnte  enge 
Stickstoffrohr  zwischen  den  aus  den  Phosphorpipetten  austretenden  Ka])illar- 
röhren  und  den  zu  den  großen  Stickstoffbüretten  leitenden  Kai)illaren  an- 
geordnet werden.  Die  großen  Stickstoffbüretten  werden  dann  durch  Ab- 
klemmen unten  außer  Petrieb  gesetzt,  i) 

Die  Analysenwanne  ist  mit  stubenwarmem  Wasser  gefüllt ,  das  mit 
Hilfe  eines  Doppelgebläses  stets  vor  jeder  Ablesung  gut  durchmischt  wird. 
Um  gute  Resultate  zu  erhalten,  ist  es  unbedingt  erforderlich,  daß  die  aus 
der  Wanne  herausragenden,  mit  (ras  gefüllten  (ilasteile  einen  sehr  ge- 
ringen Inhalt  besitzen  (Kapillaren  von  '/-^  ''""  lichter  Weite)  und  daß  die 
Temperatur  des  Raumes  während  des  Verlaufs  einer  Analyse  nicht  stark 
wechselt. 

Die  gröbsten  Fehler,  beim  Anfänger  regelmäßig,  entstehen  durch  zu 
schnelles  Herablassen  des  sauren  Wassers  bei  Aufsammeln  der  einzelnen 


')  Eine  andere  Form  zur  Analyse  von  hochprozentigem  Sauerstoffhombengas  zeigt 
Fig.  236.  Die  oben  genannten  Modifikationen  wurden  für  das  Tierphysiologische  Institut 
der  liind-wirtschaftlichen  Hochschule  und  den  Referenten  von  C.  lilcckinan»  und  Burger, 
Berlin  N.,  Auguststraße  3a,  hergestellt. 


1032 


Franz  Müller. 


Fig.  236. 


■~^j 


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-   .ll  '      'llp"    1 

AM    '     i 

■ilii  Ir  I ' & 

IUI.".:' 


dlitjfiiili^ 


Gasproben.  Aber  selbst  wenn  man  die 
Büretten  im  Laufe  von  15 — 20  Min.  sich 
hat  mit  Gas  erfüllen  lassen,  soll  man 
vor  der  Ablesung  immer  noch  einipe 
^Minuten  warten,  bis  das  Wasser  an  der 
Wandung-  der  engen  Rohrteile  voll- 
kommen her  abgeflossen  ist ;  eine  Vor- 
sicht, die  bei  der  Analyse  stickstoff- 
armer Gemische  im  Stickstoffrohr  ganz 
besonders  zu  beachten  ist.  Die  Ablesung, 
d.  h.  die  Messung,  geschieht  mit  Hilfe 
des  Xiveaurohres  nach  den  im  Band  III. 
S.  575  gegebenen  Prinzipien.  Dabei  darf 
man  sich  nicht  wundern,  wenn  verschie- 
dene Beol)achter  um  O'Ol — 0'02  diffe- 
rierende Zahlen  ablesen.  Doch  muß  die 
Abweichung  regelmäßig  eintreten  und 
für  Bürette  und  Thermobarometer  im 
gleichen  Sinne  verlaufen.  Ist  dies  nicht 
der  Fall,  so  ist  entweder  die  Ablesung 
falsch  oder  noch  nicht  vollkommener 
Temperaturausgleich  erreicht. 

Von  mehreren  Seiten  ist  an  Stelle 
der  die  einzelnen  Abteilungen  des  Appa- 
rats trennenden  Schläuche  mit  Quetsch- 
hähnen die  Verwendung  von  Glashähnen 
empfohlen  worden.  Wir  können  zur  Ver- 
wendung von  Glashähnen  nicht  raten, 
dagesen  verwenden  wir  nur  noch,  um 
die  Schläuche  zu  schonen,  Stellquetsch- 
hähne. Ist  der  Apparat  außer  Gebrauch, 
so  wird  die  Klemmschraube  unten  am 
Niveaurohr  geschlossen  und  die  oberen 
Schlauchverbindungen  durch  Öffnen  der 
SteUquetschhähne  geöffnet.  So  schont 
man  die  Gummiverbindungen  außer- 
ordentlich und  kann  bei  Verwendung 
von  gutem  roten  ( iummi  ( 1  mm  lichte 
Weite  und  2  mm  Wandstärke)  den  Ap- 
parat jahrelang,  ohne  Erneuerung  der 
Schläuche,  benützen. 

rndichtigkeiten  in  den  Schläuchen 
treten  am  leichtesten  an  den  Stellen 
auf,  in  die  Kahlauge  gelangen  kann. 
Das  muß  man  möglichst  vermeiden,  und 


Apparat  zur  Analyse  des  hoehproz.  Sauerstoffs. 


Die  Zuiitzsche  Methode  der  Gasaiialyse. 


lo:5:-i 


wenn  es  einmal  passiert,  mit  saurem  Wasser  <?ut  auswaschen.  Auch  klemme 
man  die  Schläuche  nicht  dicht  am  Glas  ah  und  verwende  nur  vollkommen 
rund  abgeschmolzeue  Kapillarstücke. 

Nicht  vermeiden  läßt  sich,  daß  sich  allmählich  in  dem  die  Röhren 
erfüllenden  sauren  Wasser  Pilze  bilden:  man  erschwert  es  durch  Zusatz 
einer  reichlichen  Menge  Kupfer sulfat  zu  der  durch  Ilosolsäure  gclhgefärbten 
Lösung,  sowie  dadurch,  daß  man  immer  nur  frisch  filtriertes  Wasser  in 
das  Niveaurohr  eingießt  und  das  in  ihm  angesammelte  immer  wieder 
filtriert.  Haben  sich  aber  an  der  Innenwand  der  Köhren  Pilzkulturen  ge- 
bildet, die  das  Anhaften  von  Tropfen  an  der  Wand  auch  bei  langsamem 
Herunterlassen  der  Lösung  begünstigen,  so  bleibt  nichts  übrig,  als  die 
Röhren  durch  Chromsäure  und  Schwefelsäure  zu  reinigen. 

Beispiele  der   Genauigkeit,   die   man  mit  dieser  Methodik    unschwer 
erreichen  kann,  bieten  folgende  Analvsen: 


I.  Respirations versuch. 
Mit  älteren,  reparierten  Röhren  mit  sehr  hohen  Kaliberkorrekturen. 


(ias- 

proben 

Ablesung 

Kohr- 
korrektur 

TB- 
korrektur 

Resultat 

% 

TB 
Ablesung 

Resultat 

TB- 

korrektur 

,,    ,                    das 
korrektur  |   Ablesung 

99-75 
96-45 
79-53 

100-33 
96-45 
8003 

96-40 
79-91 

10000 
9608 
79-64 

93-85 
93-90 
9400 

10000 
96-09 
79-63 

9617 
79-69 

10009       100-08 
96-22        96-20    i 
79-81         79-89 

Endresultat:  3-92%  CO.,  und  1644 «/o  0.,. 
IL  Sauerstoff  re  iche  Gemische. 


TB 

Ablesung    '     ^b  e  un. 
cm*         1 

Kohrkoirek- 

tur  (Fehler    B  korrigiert 
der  Büret-     infolge  TB- 
tenkali-      j    Änderung 
brierung) 

Differenz  N              ^ 
cm'                       "> 

i 

Gasprobe  A,  1    .    . 

-  CO3 

N-Rest  in    Stick- 
stoffl)ürcttc  .    . 

-f  N-Rest  der  Gas- 
probe    .... 

93-95 
93-98 

9401 

9405 

100-02 
98-90 

13-08 

23-08 

100-04 
98-88 

12-95 

22-87 

98-85 
12-94 
22-84 

9-90 

100-00 
98-81 

9-90 

Gasprobe  A,  2    .    . 

N-Rest    in    Stick- 
stoffbürette  .    . 

-f  N-Rest  der  Gas- 
probe   .... 

94-11 
94-12 
94-18 

100-07 
1306 
23-07 

100  09 
12-93 
22-86 

12-93 

22-84 

9-91 

1(X)-(.MJ 
9-90 

lOU 


Franz  Müller.  Die  Zuntzsche  Methode  der  Gasanalyse. 


TB- 

Thermo- 

barometer 

Ablesung 


B 
Gasprobe 

Ablesung 


Eohrkorrek- 

tur  (Fehler 

der  Bttret- 

tenkali- 

brierung 


B  korrigiert 

infolge  TB- 

Änderung 


Differenz  N 


Gasprobe  B,  1    . 

N-Rest  in  Stick- 
stoffbürette  . 

N-Rest  der  Gas- 
probe    .    . 


94-63 
94-65 
94-69 


100-00 


2910 


10002 


28-88 


28-87 


28-87 


100-00 


28-87 


Gasprobe  B.  2    . 

N-Rest  in  Stick- 
stoffbürette  . 

N  -  Rest  der  Gas- 
probe    .    .    . 


94-67 
94-68 
94-69 


99-98 


29-07 


100  00 


28-85 


28-85 


28-85 


10000 


28-85 


Bedenkt  man,  daß  3  Doppelanalysen  von  Luft  oder  Respirationsgas 
etwa  70  Minuten  erfordern,  da  man  während  der  Absorption  im  Phosphor 
schon  eine  neue  Probe  einlassen  und  abmessen  kann  und  die  Gase  aus  den 
Pipetten  zugleich  in  4  Büretten  einlassen  kann,  und  daß  eine  Doppelana- 
lyse von  sauerstoffreichem  Gemisch  auch  nicht  über  eine  halbe  Stunde 
dauert  (20"  Zimmertemperatur  angenommen),  so  dürfte  wohl  schwerlich 
eine  andere  Methodik  schneller  und  bequemer  arbeiten 
keit  von  O'Ol— O'OS  Vol.-Vo  CO2  und  von  O'0 1—0-02  Vol. 
für  die  meisten  Fälle. 


Auch  die  Genauig- 


(h 


genügt 


Fig.  237. 


B 


Nene  Apparate  für  Stoffwecliselversuclie.'' 

\'oii  Wilhelm   Völtz,  Charl()ttoiil)iiri;-. 

A.  Stoffwecliselapparate  für  Hunde. 

i.  Harntrichter  für  männliche  Hunde. 

In  diesem  Haiulbuch-)  ist  bereits  ein  Harnt richtcr  für  ausjjewach- 
sene  Hnnde  beschrieben  worden.  Die  foli>-ende  l-'ig.  237  zeif^t  einen  in  der 
Form  etwas  abweichenden  Harntrichter  für  jnnge  Hunde. 

Während  der  obere  Rand  (U's  Harntrichters  für  ausgewachsene  Hunde 
entsprechend  der  Aufgeschüiztheit  des  Al)domens  bei  letzteren  etwas 
konvex  oder  jedenfalls  gradlinig  sein 
muß,  um  ein  gutes  AnUegen  zu  bewirken, 
muß  derselbe  an  den  Harntrichtern  für 
junge  Hunde  konkav  sein,  um  der  kon- 
vexen Profihinie  des  Hinterleibes  genau 
anzuliegen.  Die  Form  dieses  Trichters 
ist  in  der  Fig.  237  wiedergegeben.  Der 
Harn  fließt  von  Fig.  237  A  durch  das 
Rohr  Fig.  237  C  und  einen  auf  letzteres 
auf  gestreiften  Gummi  schlauch  in  die 
Harnflasche.  Fig.  237  ^  und  B'  Ösen 
zur  Aid)ringung  des  Riemens  und  derC-' 
Schnalle,    die    auf    dem    Rücken    des 

Tieres  in  der  Lendengegend  befestigt  werden,  wie  in  der  früheren  l'ubli- 
kation  (I.e.)  genauer  angegeben.  In  den  beiden  seitlichen  Trichterwiincb'n 
muß  je  eine  Öffnung  voi-hand(>n  sein,  wie  aus  der  Fig.  237  ersichtlich, 
um  den  Luftzutritt  zum  Innenraum  des  Trichters  zu  ermöglichen,  denn 
bisweilen  schließt  letzterer  so  vollkommen,  daß  bei  Nichtvorhandensein 
solcher  Öffnungen  eventuell  eine  Stauung  von  Harn  im  Trichter  ein- 
treten könnte. 


M  Sämtliche  Apparate  sind  bei  den  Vereinigten  Fabriken  für  Laboratorinmsbetiarf. 
Berlin  N.  39,  Schanihorststr.  22,  erliältlich. 

■'')  W.  Völtz,  Stüffwe'chselversucho  an  IIiukIimi,  Wicdorkänorn  und  Vögeln  etc. 
S.  1040-1063.  1910. 


1036 


AVillielm  Völtz. 


ß 


2.  Harntrichter  für  Hündinnen. 

Ein  trichterförmiges  Rohr  umschließt  mit  dem  oberen,  vorspringen- 
den,  abgerundeten   Eande  (Fig.  238  A)  die  A'ulva.    Um    dieses    Rohr    am 

Tierkörper  gut  zu  fixieren, 
wird  an  dasselbe  ein  Mantel 
gelötet,  dessen  Form  aus  der 
Fig.  238  ersichtlich  ist. 

Der  in  den  Trichter  ge- 
lassene Harn  fließt  durch  das 
Rohr  C  (Fig.  238)  und  den  auf 
dasselbe  gestreiften  Gummi- 
schlauch in  die  Harnflasche. 
B,  B\  B2  und  B^  (Fig  238) 
Ösen  zur  Anbringung  von 
Riemen.    Die    mit  B    korre- 


ß^ 


ß'- 


Fi!?.  239. 


a  Halsriemen.  —  b  Eückenrienien.  —  c  Bauchriemen  vom  Hals  zum  Trichter.  —  d  Ver- 
bindnngsriemen  zwischen  Kückenstück  und  vorderen  Teil  des  Harntrichters.  —  e  Verbin- 
dungsriemen  zvrischen  Kückenstück  und  hinteren  Teil  des  Harntrichters.  — /Harntrichter, 
—  g  Wulst  des  Harntrichters,  der  die  Vulva  umschließt.  —  h  Vulva.  —  i  Harnflasche, 
die  man  sich  unterhalb  des  Standes  der  Tiere  zu  denken  hat. 

spondierende   vierte  Öse   auf   der  rechten  Seite  des  Trichters  ist  auf  der 
Fig.  238  nicht  zu  sehen. 


Neue  Apparate  für  Stoff wcclisclversiiche.  1087 

Die  Fig.  239  zeigt  die  Anhiiu'-iniu  des  Trichters  zwischen  den 
Schenkeln  einer  Hündin  und  die  An()r(hiung-  des  Iliemenzeuges,  iiin  den 
Trichter  zu  fixieren. 

Der  Bauchriemen  (Fig.  239,  o)  wird  an  der  vordersten  Öse  (Fig.  238  5») 
des  Harntrichters  befestigt,  zwischen  den  vorderen  Kxtreinitäten  des 
Tieres,  dem  lUustbein  aufUegend,  (hhchgetuhrt  und  an  (h-r  unteren  Seite 
des  Halsbandes  angeschnallt.  Der  Hiickenriemen  (Fig.  230.  h)  verliiuft  auf 
der  Rückenmitte  von  der  Schwanzwurzel  bis  zum  hinteren  oberen  Rande 
des  Halsbandes. 

Der  Harntrichter  paßt  Hündinnen  verschiedener  Größe  so  gut.  daß 
derselbe,  auch  wenn  die  Tiere  laufen,  seine  Lage  nicht  ändert.  Nim-  für 
sehr  kleine  oder  sehr  große  Tiere  sind  entsprechend  kleinere  oder  größere 
Trichter  zu  verwenden. 

Die  Trichter  bestehen  aus  Messingblech,  sind  iiuieii  verzinnt  und 
außen  vernickelt.  Die  Benutzung  eines  solchen  Ti'ichtei-s  ist  not- 
wendig, wenn  es  sich  um  Tiere  handelt,  die  auf  (h'r  Tretbahn  tiiglich 
Laufarbeit  leisten  sollen.  Die  Anbringung  des  Schlauches  au  ilcu  Trichter 
und  die  seithche  Herausführung  desselben  aus  der  Tretbahn  zur  llarn- 
flasche.  wie  sie  in  der  früheren  Publikation  (1.  c.)  für  männliche  Hunde 
beschrieben  ist,  behindert  die  Tiere  so  gut  wie  gar  nicht,  schließt  dagegen 
auch  den  kleinsten  Harnverlust  aus.  der  andernfalls  leicht  eintreten  kann 
und  der  eventuell,  wenn  man  das  Tier  nicht  unausgesetzt  scharf  beobachtet, 
nicht  wahrgenommen  wird. 

B.  Apparate  für  Stoffwechselversuche  an  Schafen. 

1.  Der  Stoff  Wechselkäfig  (Fig.  240). 

Derselbe  besteht  aus  einem  eisernen,  entsprechend  starken  IJaliini'U 
mit  Eisenblechwänden  und  ist  mit  einer  geeigneten  Farbe  gestrichen,  die 
vor  Rost  schützt.  Abweichend  von  der  bisher  meist  üi)lichen  .Vnordnung 
sind  die  aus  emailhertem  Eisenblech  bestehenden  (iefäße  zur  .Vufnahme 
des  Futters  und  des  Trinkwassers  nebeneinander  angebracht  ( l'ig.  240.  h  be- 
ziehungsweise Ä'). 

Diese  Behälter  werden  durch  eine  seitliche  Türöffnung  (Fig.  240.  d)  in 
die  vordere  Abteihnig  des  Käfigs  geschoben,  welche  durch  eine  mit  2  Offnungen 
zum  Durchstecken  des  Kopfes  versehene  Scheidewand  (Fig.  240.  /)  von  dem 
hinteren  Teile  des  Käfigs  getrennt  wird,  der  als  Stand  für  das  Tiei-  i>e- 
stimmt  ist.  Die  Kanten  der  Gefäße  sind  in  allen  Teiii'u  abgerundet,  um 
eine  möghchst  leichte  Reinigung  derselben  bewirken  zu  können.  Das  Wasser- 
gefäß (Fig.  240.  h^)  kann  auch  durch  eine  besondere  kleine  Tüi'  (Fig.  240,  e) 
von  vorn  herausgezogen,  bzw.  eingebracht  werden.  Zwischen  beiden  Krii)pen 
ist  eine  Scheidewand  (Fig.  240.  m)  vorhanden,  damit  das  Tier  nicht  ohne 
weiteres  zu  beiden  Behältern  gelangen  kann.  Fs  muß  vielmehr  zu  dem  Zweck 
jedesmal  den  Kopf  erst  aus  der  einen  (Öffnung  (Fig.  240.  l  l)zw.  Fig.  240.  i') 


1038 


^Vilhelm  Völtz. 


herausstecken,  um  dann  durch  die  andere  Öffnung  an  den  Inhalt  des  betreffen- 
den Gefäßes  heranzukommen.  Diese  Öffnungen  (Fig.  240,  i  bzw.  i')  können 
durch  eine  besondere  Vorrichtung  (Fig.  240.  ä;)  vergrößert  resp.  verkleinert 
werden.  Über  beiden  Klippen  befinden  sich  trichterförmige  feste  Einsätze 
(Fig.  240,  g  und  g'),  welche  im  unteren  Teil  ein  geringeres  Lumen  be- 
sitzen als  die  darunter  stehenden  Behälter.  Durch  diese  Konstruktion  wird 
bewirkt,  daß  Futterbestandteile,   welche   das  Tier  mit  den  Lippen  heraus- 


Fig.  'J40. 


hebt  und  wieder  fallen  läßt,  sofort  wieder  restlos  in  das  betreffende  Gefäß 
zurückfallen.  Die  vor  und  über  den  Futtergefäßen  befindhche  A'orderwand  des 
Käfigs  besteht  aus  Gitterstäben,  um  das  Schaf  leicht  beobachten  zu 
können.  Um  bequem  zu  beiden  Abteilungen  des  Käfigs  gelangen  zu 
können,  sind  2  entsprechende  Türen  an  einer  Seite  vorgesehen,  von  denen 
die  eine  (Fig.  240,  b)  nach  links,  die  andere  (Fig.  240,  d)  nach  rechts  ge- 
öffnet werden  kann.  Außerdem  befindet  sich  auf  der  Rückseite  des  Käfigs 


Neue  Apparate  für  Stoffwechselvorsurlie. 


1039 


eine  Tür  (Fig.  240,  n).  Der  vom  Ihiriitrichtcr  aht'iihiciKlc  Sclilaiich  wird 
durch  eine  am  Boden  des  Käfigs  befindliche,  auf  der  Fig.  240  nicht  sicht- 
bare (")ffnnHg  hindurchgezogen,  um  von  hici-  in  die  auf  ciucr  (hiruntcr 
befindlichen  Platte  (Fig.  240,  /)  stehende  Harnf lasche  gesteckt  zu  wei-den, 

2.  Harntrichter  (Fig.  241)  und  Kotfänger  (Fig.  242)   für  männliche 

Schafe. 

Der  bisher  meist  übliche  Hai-ntrichter  hatte  insofern  einen  Nachteil, 
als  beim  Liegen  des  Tieres  die  Last  des  Körpers  zum  Teil  auf  dem 
Rande  des  mit  steilen  Wänden  versehenen  Trichters   ruhte,    so    daiJ    bis- 


Fig.  241. 


Fig.  242. 


E' 


F 


E 


weilen,  wenn  nicht  durch  besondere  Polsterung  des  Randes  Hautabschür- 
fungen verhütet  wurden,  letztere  schwer  zu  vermeiden  waren.  Diesem 
Übelstand  ist  abgeholfen  durch  den  in  Fig.  241  dargestellten  Harntrichter, 
welcher  mit  seiner  ganzen  Fläche  dem  Leib  des  Tieres  aufliegt  und  nur 
eine  entsprechencU\  schlitzartige,  sich  nach  vorn  erweiternde  Offnuiiu  zui' 
Aufnahme  des  Penis  (Fig.  241.  D)  aufweist. 

Die  im  vorderen  Teil  des  Trichters  erweiterte  Offming  geht  in  ein 
Ansatzrohr  über  (Fig.  241,  D'),  über  das  ein  Schlauch  zwecks  Ableitung  des 
Urins  zur  Flasche  gestreift  wird.  Um  ein  .Vbklemmen  des  Schlauches  zu 
verhindern,  ist  das  Ansatzrohr  mit  einem  halbkreisföi-migen ,  vorn  offenen 
starken  Fuß  (Fig.  241,  F)  versehen,  auf  dem  der  Trichter  ruht,  wenn  das 
Tier  liegt.  E,  E'  und  E"  Ösen  zur  Anbringung  der  Hienien. 


1040 


Wilhelm  Völtz. 


Durch  eine  entsprechende,  gleich  zu  beschreibende  Vorrichtung  ist 
an  diesem  Harntrichter  der  Kotfänger  (Fig.  242)  angebracht,  welcher 
zwischen  den  Hinterschenkeln,  deren  äußeren  Form  er  genau  angepaßt  ist. 
befestigt  wird.  l)ersell)e  wird  durch  Riemen  in  dieser  Lage  fixiert.  An  dem 
hinteren  Rand  des  Kotfängers  ist  ein  Ring  mit  einer  Anzahl  Schnallen 
zur  Befestigung  des  Kotbeutels  angelötet.  Zwei  seitliche  Metallflügel  ver- 
hindern ein  Abgleiten  des  Kotes  über  den  äußeren  Rand  des  Ringes, 
welches  andernfalls  leicht  eintreten  wtii'de,  wenn  des  Tier  liegend  den  Kot 
absetzt.  Am  vorderen  Ende  des  Kotfängers  ist  durch  ein  Scharnier  die 
\'erbindung  mit  einer  Gabel  hergestellt,  welche  das  Skrotum  umfängt  und 
mit  dem  Harntrichter  (Fig.  241)  in  entsprechender  Weise  verbunden  ist.  Die 
besondere  Anbringung  des  Riemenzeuges  mittelst  eines  Kummets  ist  aus 
der  betreffenden  Abbildung  für  weibliche  Schafe  (Fig.  245 j  zu  ersehen. 

3.  Harntrichter,  Kotfänger  und  Vorrichtungen  zum  Anbringen  der- 
selben bei  weiblichen  Schafen. 

^  Die  Form  des  Harntrichters  für  weibliche  Schafe  zeigt  die  folgende 
Fig.  243,  die  im  Prinzip  dem  Harntrichter  für  Hündinnen  entspricht,  außer- 
dem  jedoch  gleichzeitig  durch  einen  besonderen  ringförmigen  Ansatz  mit 

Fiff. 243. 


2  Flügeln  (Fig.  243^  und  Ä')  und  einer  Anzahl  Schnallen  (Fig.  2435  und  B') 
die  iVnbringung  des  Kotbeutels  und  die  Sammlung  des  Kotes  ermöglicht. 
Fig.  243 D  ringförmiger  Wulst,  der  die  Vulva  umschheßt,  Fig.  243^,  E' 
und  E"  Ösen  zur  Anbringung  der  Riemen. 

Dieser  Trichter  ist   ebenso  wie   der   bereits   beschriebene    für   Hün- 
dinnen und  Hunde  aus  Messing  gefertigt,  außen  vernickelt,  innen  verzinnt. 


Neue  Apparate  für  Stoffwechsclversuche. 


1041 


Fig.  2U. 


Die  Stellung  des  angebrachten  Trichters  zeigt  die  Fig.  244. 

Trotz  der  beim  Schaf  sehr  geringen  pjitferiiuiig  von  Vulva  und'Aiius 
gelingt  die  Gewinnung  und 
Trenining  von  Harn  und  Fäzes 
mittelst  des  in  Fig.  244  darge- 
stellten Trichters  leicht  quan- 
titativ. Der  Trichter  bleibt 
nicht  nur  beim  Stehen  und 
Liegen  des  Tieres  unverändert 
in  seiner  Lage,  sondern  er 
wird  auch  nicht  aus  derselben 
entfernt,  wenn  man  das  Tier 
laufen  läßt. 

In  Fig.  245  ist  die  Be- 
festigung des  kombinierten 
Harn-Kotfängers  mittelst  Rie- 
menzeuges so  dargestellt,  daß 
auf  eine  besondere  Erläute- 
rung    der     Einzelheiten      wohl        «  Anns.  -  /rvulva.  -  Wnlst  des  Hai  ntnchters  «Inrch- 

verzichtet  werden  darf.  ^^'°'"^°^-  "  "  ""TefK:tbenteis''°''"'''-  "  •'""'"^''' 


Fig.  245. 


n  Kummet.  —  b  Rückenrieraen.  —  c  Bauchriemen  vom  Kummet  zum  'rrichter.  —  <l  Vor- 
bindungsriemen zwischen  Kückenstück  und  vorderem  Teil  des  Harntrichters.  —  e  Verbin- 
dunfjsriemen  zwischen  Rückenstück  und  liinterera  Teil  des  Harntrichters.  —  /  Hing  zum 
An?chnalleu  dos  Kotbentels.  —  g  Kotbcutel.  —  /(  Wulst  des  Hanitrichters,  der  die  Vulva 
umschließt.  —  (  Harnflasche,   die  man  sich  unterhalb  des  Standes  des  Tieres  zu  denken^hat. 


Es  sei  nur  hervorgehoben,  daß  die  \'erwendung  eines  Kummets,  wie 
solches  in  Fig.  246  noch  besonders  zur  Darstellung  gebracht  wird,  weseiit- 


Abderhalden,  Handbach  der  biocbemiBchen  Arbeitsmetboden.  V. 


66 


1042 


^Yilhelm   Völtz. 


Vis.  24G. 


liehe  \'orzüi;e  vor  dem  bisher  meist  ül)licheii  Halsriemen  besitzt.  Das 
Kummet  kann  entweder  aus  Holz.  z.  B.  aus  Eschenholz  oder  aus  Weißbuchen- 
holz Jetc.  oder  auch  aus  Metallrohr  gefertigt  werden.  Dasselbe  paßt  Tieren 
verschiedener   Größe    und   es   ist    im    allgemeinen   nicht    erforderlich ,    ein 

verstellbares  Kummet 
zu  benutzen;  ist  das 
aus  besonderen  Gründen 
erwünscht,  so  kann  die 
Verstellbarkeit  z.  B.  in 
der  Weise  erfolgen,  wie 
aus  Fig.  246.  d  er- 
sichtlich. 

Wenn  ülirigens 
das  Kummet  so  wie  es 
in  der  Fig.  246  darge- 
stellt ist,  am  lebenden 
Tier  fixiert  sein  soll,  ist 
es  erforderlich,  um  eine 
Verletzung  des  Tieres 
zu  verhüten ,  eine  ge- 
eignete Lederkappe  über 
die  beiden  oberen  Enden 
des  Kummets  zu  knö- 
pfen, die  in  der  Fig.  246 
nicht  zur  Darstellung 
ist ,  um  die 
der  Stellvor- 
richtung nicht  zu  ver- 
decken. Durch  die  Ver- 
wendung eines  Kum- 
mets   werden    jegliche 

Druckschäden ,  also 
Hautabschürfungen  etc., 
ausgeschlossen  i )  und  vor 
allem  bleibt  der  Rücken- 
riemen stets  in  seiner 
Lage  fixiert. 

Um  die  Zeichnimg 

Fig.  245  nicht  allzusehr 

ist  die  Harnflasche,  ebenso  wie  in  Fig.  239  bei  der  Hündin 

den  Vorder-  und   Hinterfüßen  des  Tieres  gezeichnet  worden.    In 

ist  das  natürlich  nicht  angängig,  sondern  der  Schlauch  muß. 


gebracht 
Zeichnung 


zu  vergrößern, 

zwischen 

Wirklichkeit 


')  Die  natürlich  bei  der  Verwendung  eines  gepolsterten  Riemens  auch  nicht  ein- 
treten können. 


Neue  Apparate  für  Stoff wechselversuche.  1043 

wie  bereits  beschrieben,  durch  eine  besondere,  ;ini  Uodcn  hctindüchc  Öff- 
nung in  die  unter  demselben  stehende  Flasche,  bzw.  bei  Hunden  scitHch 
aus  der  Tretbahn  geführt  werden. 

BezügUch  des  Materials  der  zu  verwendentk'U  Schläuche  möchte  ich 
bemerken,  daß  sich  der  reine  Taragummi  nach  meinen  Erfahrungen  hierzu 
am  besten  eignet.  Schläuche  aus  anderen  (iummisorten.  speziell  mit  hojiem 
(iehalt  an  anorganischen  Bestandteilen,  werden  insbesondere  (hiicli  den 
lirin  von  Wiederkäuern  bald  brüchig  und  unbrauchbar. 

C.  Stoffwechselkäfig  für  Ratten. 

Zu  einem  Stoffwechselkäfig  für  Batten  kann  man  zweckmäl.iig  eine 
Flasche  mit  abgesprengtem  Boden  l)enutzen.  wie  sie  in  der  Fig.  247  zur 
Darstellung  gebracht  wird. 

Der  Durchmesser  des  Bodens  dieser  Flasche  beträgt  zirka  2i>  cm.  Die 
sich  nach  dem  Flaschenhals  zu  trichterartig  verjüngende  Flasche  erhält 
2  aus  Glasstäben  gefertigte  Einsätze,  deren  unterer  (Fig.  247,  E),  auf 
welchem  der  Kot  liegen  bleibt,  etwa  nur  3  mm  breite  Öffimngen  aufweist, 
welche  den  Harn  durchfließen  lassen.  Der  obere,  mit  (ilasfüßen  versehene 
Einsatz  (Fig.  247,  D),  welcher  einen  Abstand  von  zirka  3 — 5  cm  von  dem 
unteren  Einsatz  (Fig.  247,  E)  hält,  dient  als  Boden  für  das  \'ersuchstier. 

Die  (Ilasstäbe  sind  hier  weiter,  zirka  8 — 10  mm.  voneinander  ent- 
fernt, um  Kot  und  Harn  hindurchfallen  zu  lassen.  Letzterer  fließt  durch 
den  unteren  Einsatz  (Fig.  247,  E)  in  das  imter  den  Käfig  gestellte  Becher- 
glas (Fig.  247.  K).  Zirka  20  mm  über  dem  oberen  Einsatz  (Fig.  247.  D) 
weist  der  Käfig  2  runde  Öffnungen  von  je  30 — 35  mm  Durchmesser  auf, 
um  das  Hindurchstecken  des  Kopfes  zwecks  Futter-  und  Wasseraufnahme 
zu  ermöghchen.  Einige  kleinere  Durchbohrungen  von  zirka  10  mm  Durch- 
messer (zirka  8 — 10  cm^  über  dem  oberen  Einsatz)  sorgen  füi'  genügende 
Luftzufuhr.  Fig.  247,  G  und  G'  bzw.  Fig.  248  zeigen  die  ais  Futter- 
gefäße dienenden  Glasnäpfe,  welche  bei  der  aus  den  Figuren  ersichtlichen 
Stellung  zirka  25  cm^  fassen.  Die  Anbringung  dieser  Futternäpfe  erfolgt 
in  der  Weise,  daß  Glasleisten  mit  Falz  zu  beiden  Seiten  und  unterhalb 
der  Öffnimg  z.  B.  mit  Kanadabalsam  oder  Natronwasserglas  aufgekittet 
werden,  welche  das  Hineinschieben  und  somit  Fixieren  der  (ilasränder  der 
Näpfe  gestatten. 

Die  Auswechslung  der  Gläser  und  Beinigung  derselben  geschieht  in 
sehr  leichter  Weise,  auch  ist  der  Käfig  leicht  und  vollkommen  zu  reinigen. 
Bekanntlich  fressen  die  Batten  das  Futter  vorzugsweise  aus  den  \(U-dei- 
pfoten  und  verstreuen  es  während  des  Fressens  zum  Teil  vor  dem 
Futternapf.  Um  mm  ein  Durchfallen  von  Futterbestandteilen  durch  den 
Glaseinsatz  nach  Möglichkeit  zu  verhindern,  wird  zweckmäßig  eine  um- 
ränderte Platte,  der  aus  Fig.  247,  H  ersichtlichen  Form,  die  ich  als  Futter- 
tisch bezeichnen  möchte,  vor  dem  Futternapf  angebracht.  Der  ai)gesprengte 
Boden    der    Flasche  (Fig.  247,  B)    dient  als   Deckel    des   Käfigs    und  weist 


1044 


Wilhelm  Völtz. 

Fig.  247. 

,B 


Fig.  248. 


einige  Öffnungen  auf,  um  den  Lufteintritt  zu  gestatten:  erforderlichenfalls 

kann  eine  kontinuierliche  Ventilation  des  Käfigs, 
z.  B.  mittelst  einer  kleinen  Wasserstrahlpumpe, 
leicht  erfolgen.  Um  ein  Abgleiten  und  Herabfallen 
des  Deckels  auszuschließen,  kittet  man  zweckmäßig 
unterhalb  desselben  an  den  unteren  äußeren 
Flaschenrand  zirka  3  darübergreifende  Glas-  oder 
Porzellanleisten  (Fig.  247,  C).  Statt  des  als  Deckel 
dienenden  Glasbodens  der  Flasche  kann  ein  Deckel 

aus  engmaschigem  Drahtnetz  benutzt    werden.    Der  Käfig  Avird  auf  einen 


Neue  Apparate  für  Stoffweehselversuche. 


1045 


gut  passenden  eisernen  Dreiful).  wie  derselbe  in  l'i^-.  247. /' dargestellt 
ist,  gesetzt.  Es  sei  schließlich  noch  bemerkt,  dali  vor  die  (H'tiiiinjien  eng- 
maschiges Drahtnetz  zu  bringen  ist.  um  kleinen  Insekten  das  Kindringen 
in  den  Käfio'  zu  wehren. 

D.  Korsett  aus  Drahtnetz  für  Hunde. 

Nach  der  Austuhrung  von  \ivisektionen  speziell  im  iJereiche  des 
Abdomens,  also  beispielsweise  nach  der  Anlegung  von  Magen-  und  Darm- 
fisteln,   Einführung  von  Kanülen  etc.,    ist  es  zumeist  sehr   schwierig,    die 


Fig.  249. 


"  Drahtnetz.    —   b  l>'  Verschlüsse.    —   c  c'  Scharniere.    —    dtl'  runde  Blecheinfassung.    — 
«Kette.  —  /  Karabinerhaken  zum  Befestigen  ara  Halsbande,  —g  Halsband  mit  zwei  Ringen. 


Hunde  so  zu  bandagieren,  daß  sie  nicht  an  das  Operationsfeld,  sei  es  mit 
den  Zähnen,  oder  wenn  sie  einen  Maulkorb  tragen,  mit  den  Tfoten  ge- 
langen können.  Ein  Freilassen  so  ojierierter  Tiere  nach  Heilung  der 
Wunde,  welches  im  Interesse  der  längeren  (iesunderhaltnim  sehr  i'rwiinscht 
wäre,  ist  zumeist  ausgeschlossen,  wenn  man  niii-  ll;iiiilai:en  ans  Eeinen, 
IJaumwoUe  etc.  auch  mit  darüber  angebrachter  Lederbinde  anwendet.  Das 
in  der  folgenden  Fig.  249  dargestellte  Korsett  beseitigt  diese  l'belstände 
und  verhindert  auch  vor. allem,  dal)  die  Tiere  durch  .Vrtgenossen.  mit  (U'Uen 
sie  zusammen,  z.  R  in  einem  dazu  bestimmten  Kaum,  im  Freien  unter- 
gebracht sind,  an  den  operierten  Organen  verletzt  werden. 


1046 


^Yilhelm  Voltz. 


Das  Korsett  Fig.  249,  a  ist  leicht  um  2  ventral  aniiebrachte  Schar- 
niere (Fig.  249.  c  und  &)  auseinander  zu  klappen.  Es  wii-d  auf  dem  Rücken 
durch  eine  entsprechende  \'orrichtnn»-,  z.B.  durch  Karabinerhaken  (Fig.  249,  h 
und  b'),  befestigt  und  weiterhin,  um  ein  Abstreifen  über  das  Becken  zu  ver- 
hindern' ).  durch  2  Ketten  am  Halsband  fixiert.  Für  männliche  Hunde  muß  dieses 
Korsett  einen  entsprechenden  Schlitz  aufweisen,  um  eine  Verletzung  des 
Penis  auszuschließen  und  denselben,  ohne  daß  er  vom  Korsett  berührt 
wird,  hindurchtreten  zu  lassen.  Auf  die  vorderen  und  hinteren  Ränder 
(Fig.  249,  d  und  d'}  dieses  Drahtnetzes  ist  Metallrohr  mit  rundem  Quer- 
schnitt mid  zirka  10 — Ib  mm  Stärke  aufzulöten,  damit  eine  Verletzung 
der  Ellenl)0gen,  der  hinteren  Winkel  der  Schulterblätter  und  der  Knie, 
die  andernfalls  leicht  vorkommen  würde,  verhindert  wird.  Durch  das  Korsett 
werden  die  Bandagen  gut  fixiert.  So  ausgerüstete  Hunde  kann  man  nach 
Heilung  der  Wunde  frei  umherlaufen  lassen  und  sie  dadurch  länger  für 
^>rsuchszwecke  gesund  erhalten,  als  es  l)ei  dauerndem  Aufenthalt  im  engen 
Käfig  und  Laboratorium  oder  Stall  möglich  wäre. 


E.  Apparate  zur  quantitativen  Bestimmung   des  Alkohols  der 
Atmung  an  Hunden  bei  Ruhe  und  Muskelarbeit.') 

1.  Eine  Glasglocke   mit   Gummikappe   zwecks   Bestimmung 


des    exhalierten    Alkohols    bei    Ruhe 
der    Glocke    (1)     wird    eine    Gummikappe 


Fig. 250. 


(Fig.  250).  Über  die  Öffnung 
{2)  gestreift,  durch  die  (a) 
der  Kopf  des  Tieres  hindurch- 
gesteckt werden  kann.  Der 
innere  Rand  der  Gummikappe 
umfängt  den  Hals  des  \'er- 
suchstieres.  Einige  Öffnungen 
in  der  Kappe  (2  b),  in  die 
kurze  Glasröhren  gesteckt 
werden,  gestatten  den  Luft- 
zutritt zum  Innenraum  der 
(xlocke.  Der  Gummikappe 
gegenüber  wird  die  Mitte  der 
Glocke  durchbohrt,  um  einen 
Gummistopfen  mit  Glasrohr 
einzufügen  (5),  durch  welches 
die  an  dem  Kopf  des  Tieres 
vorbeistreichende  Luft  durchgesaugt  Avird,  welche  sodann  die  zur  Oxy- 
dation des  Alkohols  eingeschalteten  P)ichromatschwefelsäurevorlagen  und 
zuletzt  die  Luftpumpe  passiert.  Da  Hunde  lediglich  durch  die  Maulhöhle 
und  die  Nase  AVasserdampf  und  somit  Alkohol  ausatmen,  gelingt  es,  durch 


1  Glasglocke.  —  2  üummikapiie.  —  a  Öffnung  zura  Durch- 
stecken des  Kopfes.   —  ?  h  Glasröhrpn  zur  Luftzufuhr.  — 
3  Glasrohr  zur  Luftableitung. 


*)  Ein  Abstreifen  über  das  Vorderteil  des  Körpers  kommt  nicht  in  Frage. 

^)  Siehe  auch  Pflügers  Archiv  für  die  gesamte  Physiologie,  Bd.  142,  S.  48—52.  1911. 


Neue  Apparate  für  Stoffwechselversiiche. 


1047 


(liose  Anordiiniifi'  den  oxhaliertcii  Alkohol  (|uaiitit;itiv  zu  l)cstiminc!i.  Die 
Glasglocke  ist  übrigens  nur  hei  Kuheversuehcn  zu  verwenden,  weil  dem 
Tier  die  physil-caliselie  Wärmeregulation  hei  Arheit  in  dem  imgekidilti'n 
Raum  nur  sehr  unvollkommen  möglieh  ist. 

2.  Auf  demselben  Prinzip  beruht  die  Konstruktion  .-iner 
Blechraaske,  welche  für  die  Arbeitsversuche  noch  mit  Kiihlmantel  ver- 
sehen wird.  Die  Fig.  251  zeigt  das  \orderteil  eines  mit  entsprechendem 
Geschirr  (2)  und  Maske  (1)  armierten  Hundes. 

Die  Dlechhaube  (i)  gestattet  eben  das  Ilimluichsteckeii  des  Kopfes. 
Der  Maulhöhle  gegenüber  trägt  die  Haube  ein  Ansatzrohi-  (7).  durch  das 
die  von  der  Luftpumpe  angesaugte  und  am  Halse  (6")  lunl  Kopf  drs  Tieres 
vorbeiströmende  Luft  abgeleitet  wird  und  sodami  die  \'orlagen  und  sehlielj- 
lich  die  Pumpe  pas- 
siert. Um  dem  Hund  Fig.  251. 

die  physikalische 
Wä  rmeregulation  bei 
der  Mukelarbeit  zu 
erleichtern,  bzw.  in 
genügender  Weise  zu 
ermöglichen,  ist  um 
den  vorderen  Teil 
der  Maske  ein  Blech- 
mantel ( 5)  gelötet,  der 
für  Wasserkühlung 
bestimmt  ist  und  zu 
dem  Zweck  zwei  An- 
satzrohre [4  und  5) 
trägt,  auf  die  Giimmi- 
schläuche  gestreift 
werden ;  durch  das 
Rohr  4  strömt  das 
Wasser  während  der  Arbeitsversuche  kontinuierlich  ein.  durch  das  Rohr  .5 
ab.  Durch  eine  Öse  (8)  wird  schließhcli  eine  Selinur  gezogen,  an  der  die 
Maske  bei  der  Laufarbeit  in  zweckmäßiger  Höhe  aufgehängt  werden  kann, 
um  dem  Tier  das  Tragen  derselben  zu  erleichtern. 

3.  Anordnung  der  Apparatur  während  eines  A  ibeit  sver- 
suches  auf  der  Tretbalni  (Fig.  252).  Die  Vorderwand  der  Tretbahn  {13) 
ist  fortgedacht,  um  eine  bessere  Übersicht  zu  gestatti-n. 

Die  Armierung  des  Tieres  mit  Harntrichter.  Oeschirr  und  der  mit 
Wasserkühlung  versehenen  Maske  ist  bereits  beschrieben  wonh'U.  Die  .\n- 
ordnung  der  \'orlagen  ist  derart  getroffen,  daß  eine  ([Uantitative  Ti-i'iinung 
der  bei  Arbeit  einerseits  und  während  der  RidiepauscMi  andererst'its  aus- 
geatmeten Alkoliolmengen  leicht  möglich  ist.  wie  aus  der  Figur  ersichtlich. 
Zu  dem  Zweck  ist  der  .über  das  Ansatzrohr  (7)  gestreifte  Schlauch  zu- 
nächst mit  einem  T-Stück  verbunden.    Je  nach  der  Schaltunu-  der  an  den 


1  Maske  (Blechhaube).  —   ^  Geschirr.    —  ^  Wai<Berroantel.  4  Wasser- 
zufluß.   —    5  Wasserabfluß.    —    6  Luftzufuhr.  —    '  Luftableituof^    — 
<v  Öse  zur  Anbringung  einer  Schnur. 


1048 


"Wilhelm  \'öltz.  Neue  Apparate  für  Stoffwechselversuche. 


beiden  anderen  Schenkeln  des  T-Eohres  l)efindlichen  Glashähne  muß  der 
exhalierte  Alkohol  die  Vorlagen  A^,  A^  und  ^3,  wie  im  vorliegenden  Fall 
bei  einem  Arbeitsversuch,  bzw.  die  Vorlagen  E^.  i?.,  und  E^  während  der 
liuhepausen  passieren.  Statt  der  je  zwei  Hähne,  welche  vor  und  liinter 
den  Vorlagen  in  den  beiden  T-Rohren  vorhanden  sind,  könnte  man  sich 
ebensogut  eines  Zweiweghahnes  bedienen.  Als  ^'orlagen  werden  je  2  Wasch- 

Fig. 252. 


1  Maske  (Blechhaube).  —  '2  Geschirr.  —  3  Wassermantel.  —  4  Wasserzufluß.  —  5  Wasser- 
abflnß.  —  5  Luftzufuhr.  —  7  Luftleitung.srohr  zu  den  Vorlagen.  —  S  Glaswolle.  —  ."^  Zur 
Luftpumpe.    —    1(>  Harntrichter  mit  Schlauch.    —    11  Harnflasche.   —   12  Tonrenzähler.  — 


13  Tretbahn.  —  14  Motor.  —  A^,  A-^  und  A^  Vorlagen  für  die  Arbeitsversnche.  —  JR], 
und  i?j  Vorlagen  für  die  Euheversuche. 


7^, 


flaschen.  wie  sie  für  Kipp^ohQ  Apparate  üblich  sind,  benutzt  und  dahinter 
noch  eine  längere  Glasröhre  geschaltet.  Um  ein  Hinüberspritzen  der  bei 
starker  Luftströmung  mitgerissenen  Tropfen  aus  einer  A'orlage  in  die 
nächste  zu  verhindern,  wird  in  die  oberen  Teile  der  Vorlagen  Glaswolle 
eingeführt  und  als  letzte  Vorlage  ein  Glasrohr  benutzt,  welches  schon  durch 
seine  Länge  ein  Hinüberreißen  von  Tropfen  der  Lösung  ausschließt. 


I 


Ergänzungen  zur  Asclienanalyse. 

(Band  I,  S.  872—428.) 
Von  Georg  Lockemaun,  IJerlin. 

Herstellung  einer  Asche. 

Zu  S.  377.  M 

Zu  S.  380.  Zur  Durchfühninfj;  einer  möglichst  langsamen  Er- 
hitzung und  gleichmäßigen  Veraschung  hat  Edmond  J.  Aps-)  einen 
Apparat  konstruiert,  der  dann  von  der  Firma  Br.  Hodes  u.  (iöJ>eI^)  in 
Ilmenau  modifiziert  und 

in  den  Handel  gebracht  Fig.  253. 

wurde. 

Auf  einem  Dreifuß, 
dessen  Ring  R  (siehe 
Fig.  253)  ein  rinnenför- 
miges  Kugellager  ent- 
hält .  wird  eine  die 
Stützen  für  die  Tiegel- 
haltor  tragende  Ring- 
scheibe *S'  mit  schräger 
Seitenfläche  mittelst 
eines  Keilantriebes  K  in 
Bewegung  gesetzt;  die 
kleine  ^'ollscheibe  s  ver- 
hindert das  Hochkippen 
von  S.  Die  Träger  T 
sind  an  der  Spitze  ein- 
gekerbt ,    um    Dreiecke 

von  verschiedener  Seitenlänge  aufnehmen  zu  können.  Die  Flamme  (h's  mit 
gebogenem   Aufsatz   versehenen   Brenners   besiiült    den   Tiegel   /   von   der 

*)  Die  Angaben  beziehcu  sich  auf  Bd.  1  des  Handlmclios. 

-)  Edm.  J.  Aps,  ¥Ai\  neuer  Apparat  zur  sielieren  und  langsamen  Veraschung. 
Chemiker-Zeitung.  Bd.  34  (1910).  S.  1374. 

')  Apparat  zur  sicheren  und  gleichmäßigen  Veraschung.  Chcniiker-Zeitunir.  Bd.  ."iö 

(1911).  S.  488. 


IQqQ  Georg  Lockemann. 

Seite,  so  daß  auf  der  Gegenseite  stets  wieder  Sauerstoff  zutreten  kann. 
Es  lassen  sich  mehrere  Dreifüße  der  angegebenen  Konstruktion  neben- 
einander aufstellen,  ohne  daß  eine  weitere  Antriebsvorrichtung  nötig  ist, 
da  dann  die  Ringschichten  S  sich  gegenseitig  in  Bewegung  setzen;  die 
Scheibe  s  fällt  dann  weg. 

Bei  diesem  Apparat  wird  eine  Überhitzung  einzelner  Stellen  vöUig 
vermieden:  durch  Änderung  der  Drehungsgeschwindigkeit  und  der  Flammen- 
größe läßt  sich  die  Yeraschungstemperatur  beliebig  regulieren.  Auch  hoch- 
siedende Flüssigkeiten,  wie  konz.  Schwefelsäure,  Glyzerin  usw.,  lassen  sich 
auf  diese  Weise  leicht  abrauchen  und  die  darin  eventuell  gelösten  Stoffe 
können  so  ohne  weiters  verascht  w^erden.  Das  Verflüchtigen  von  x\lkali- 
salzen,  sowie  das  durch  zu  schnelles  Erhitzen  verursachte  Verspritzen  von 
dcki'epitierendem  Kochsalz  wird  ebenfalls  vermieden. 

Zu  S.  380.  Um  die  vollständige  Oxydation  der  einzuaschenden 
Substanz  zu  beschleunigen,  kann  man  sie  mit  Ammoniumnitrat,  von 
dessen  vollständiger  Flüchtigkeit  man  sich  zunächst  überzeugt,  vermischt 
erhitzen.  Das  Ammoniumnitrat  wird  entweder  als  festes  Salz  mit  dem  or- 
ganischen Material,  bezw.  der  teils  verkohlten  Asche  mit  Hilfe  eines  Platiii- 
spatels  oder  starken  Platindrahtes  (der  natürlich  wieder  völhg  zu  reinigen 
ist,  vielleicht  mit  einem  Stückchen  aschefreien  Fließpapiers,  das  dann  mit 
verbrannt  wird)  innig  verrührt  oder  in  wässeriger  Lösung  zugesetzt  und 
unter  wiederholtem  Umrühren  zur  Trockne  verdampft.  Beim  Glühen  ver- 
brennen dann  die  kohligen  Bestandteile  verhältnismäßig  leicht.  Nach  An- 
gabe von  Lassar-Cohn  kann  man  die  angekohlte  Substanz  auch  mit  S^/oiger 
Wasserstoff  superoxydlösung,  von  deren  restloser  Flüchtigkeit  man  sich 
natürhch  auch  überzeugen  muß,  durchfeuchten  und  dann  ebenso  verfahren. 

Qualitative  Analyse  einer  Asche. 

Zu  S.  890. 

I.  Basische  Bestandteile. 

Für  die  Prüfung  auf  die  basischen  Bestandteile  einer  Asche 
werden  in  den  meisten  Fällen  allerdings  nur  Eisen,  die  Erdalkalien 
nebst  Magnesium  und  die  Alkalien  in  Betracht  kommen.  Hierbei  ist 
zu  beachten,  daß,  wenn  es  sich  um  eine  am  Schluß  alkalisch  reagierende 
Schmelze  handelt,  das  Eisen  sich  als  braunes  Oxyd  unlösUch  abscheidet 
und  beim  Aufnehmen  der  Schmelze  mit  Wasser  oder  verdünnten  Säuren 
einfach  abfiltriert  werden  kann.  Ist  dieses  nicht  der  Fall  und  geht  das 
Eisen  mit  verdünnter  Salzsäure  z.  B.  in  Lösung,  so  ist  es  als  Ferro- 
verbindung  leicht  durch  die  mit  Kaliumferricyanid  (rotem  Blutlaugen- 
salz) entstehende  dunkelblaue  Fällung  (TurnbuUsblau)  oder  als  Ferri- 
verbindung  durch  die  mit  Kaliumferrocyanid  (gelbem  Blutlaugensalz) 
entstehende  dunkelblaue  Fällung  (Berlinerblau)  und  die  durch  Kalium- 
rhodanid  hervorgerufene  rote  Färbung  zu  erkennen.  Bei  Anstellung  dieser 
Reaktionen  ist  gewisse  Vorsicht  geboten. 


Ergänzungeu  zur  Aschenanalyse. 


lO.')! 


Zu  S.  399.  Man  darf  z.  B.  nicht  die  zur  Üherführuiifi:  von  Ferro-  in 
Ferriverbindungen  mit  Salpetersäure  gekochte  Lösung  in  der  Hitze  mit 
Kaliumfcrrocyanid  versetzen,  da  dann  auch  ohne  Anwesenheit  von  Eisen- 
salzen durch  die  oxydierende  Wirkung  der  heilien  Sali)eters;iure  auf  das 
Ferrocyanid  Blaufärbung  entstehen  kann.  Ebenso  mul»  die  llliodanreaktion 
in  der  Kälte  und  unter  Ausschluß  gröiierer Mengen  von  Salpetersäure  ani:e- 
stellt  werden,  denn  sonst  kann  auch  einerseits  bei  völliger  Abweseidieit 
von  Eisen  eine  rotbraune  Färbung  auftreten,  andrerseits  kann  die  durch 
Eisen  ^virklich  hervorgerufene  IJotfäi'bung  wieder  zerstört  werden. 

War  das  Eisen  als  unlösliches  Oxyd  abgeschieden,  so  läßt  es  sich 
durch  Erhitzen  mit  konzentrierter  Salzsäure  oder  70Voiger  Schwefel- 
säure, auf  jeden  Fall  aber  durch  Schmelzen  mit  Kalium  bis  ulfat  in 
Lösung  bringen.  In  welchem  Zustande  das  Eisen  ursprünglich  in  der  unter- 
suchten Substanz  vorhanden  war,  das  läßt  sich  natürlich  aus  der  in  der 
Aschenlösung  ermittelten  Oxydationsstufe  nicht  ohne  weiters  schließen. 

Zu  S.  391.  Zum  Nachweis  der  einzelnen  Erdalkalien  und  Al- 
kalien durch  die  Spektralanalyse  bedient  man  sich  am  l)esten  der  von 
E.  Beckmann'^)  angegebenen  Methode.  Diese  besteht  darin,  daß  man  die 
zu  untersuchende  Lösung  durch  geeignete  Entwicklung  von  Oasbläschen 
fein  versprüht  und  diesen  salzhaltigen  Sprüh- 
nebel mit  dem  für  die  Bunsenflamme  eii'or- 
derlichen  Luftstrom  in  die  Flamme  führt. 
Dadurch  wird  im  Gegensatz  zu  der  alten 
Platindrahtmethode  erreicht,  daß  die  Flamme 
ihrem    ganzen   Umfange    kontinuierUch 


Fig.  254. 


m 


gefärbt  wird  und  somit  eine  eingehende 
Betrachtung  durch  das  Spektroskop  ermög- 
Ucht.  Einige  Ausführungen  der  neueren 
Beckniannschen  Spektrallampen  sind  in 
den  Fig.  254,  255  und  256  wiedergegeben. 

Zur  Gasentwicklung  (Wasserstoff) 
benützt  man  am  vorteilhaftesten  kleine 
Zinkstücke,  die  durch  einige  ^linuten  langes 
Hin-    und    Herrütteln    in    einer    i.V/oigen 

Kupfersulfatlösung   und   nachheriges  Abwaschen   mit  Wasser  aktiviert 
werden. 

Fig.  254   zeigt    einen    gewöhnlichen  Bunsenbrenner,    der  mit   einem 
chemischen    Zerstäuber    aus    Glas 2)    versehen    ist.    Die    Luftzu- 


Spektrallampo  mit  chemiBcheTn  Zerstiiuber. 
'/j  wirkliche  (jröOe. 


M  E.  Beckmann,  Über  Spektrallampen  V.  Neue  einfache  Spektrallampen  für  das 
chemische  Practicum.  Zeitschr.  f.  physikal.  Chemie.  Bd.  57  (1907).  S.  (Ul.  —  Fiirh.'ii  von 
Blaiumeu  für  das  analytische  Practicum.  Zeitschr.  f.  angewandte  rhemic  Bd.  20  (l'.M)7). 
S.  561. 

-)  Die  hier  beschriebenen  Vorrichtungen  sind  von  der  Firma  n.  I'nßlcr,  Leipzig. 
Brüderstraßo  55,  oder  von  dein  Mechaniker  (r.  llUdelirandt,  Leipzig.  Brüderstraße  34. 
zu  beziehen. 


1052 


Georg  Lockemaiin. 


führungsöffnung  des  Brenners  liegt  innerhalb  der  kugligen  Erweiterung  c. 
Bringt  man  in  den  U-förmigen  Teil  e  des  Zerstäubers  die  zu  untersuchende 
Salzlösung  und  gibt  dazu  etwas  verkupfertes  Zink  und,  wenn  nicht 
schon  Siiure  vorhanden,  etwas  Salzsäure  bis  zur  schwachen  Wasser- 
stoffentwicklung, so  zeigt  die  entleuchtete  Bunsenf lamme  alsbald  die 
charakteristische  Färbung.  Salpetersäure  ist  natürlich  zu  vermeiden  und 
Schwefelsäure  wäre  bei  den  Erdalkalien  selbstverständlich  auch  nicht  an- 
gebracht. Der  Säurezusatz  muß  so  geregelt  werden,  daß  durch  die  ent- 
wickelten Gasbläschen  nur  eine  trübe  Emulsion  entsteht,  jedenfalls  aber 
die  Flüssigkeit  sich  nicht  mit  Schaum  iiedeckt ;  zu  heftige  Entwicklung 
kann  durch  Eintauchen  des  Zerstäubers  in  kaltes  Wasser  oder  durch  Ver- 


Eig. 255. 


Fig.  256. 


Lufl 


Verwenduufj  eines  Bunsenbrenners 
mit  Luftzufuhr  von  unten. 


dünnen  der  Entwicklungsflüssig- 
keit mit  Wasser,  bezw.  durch 
vorsichtigen    Zusatz    von   etwas 


Brenner  aus  Porzellan  oder  Kaliglas  mit  Stativ. 
Vi  wirkliche   Größe. 


Ammoniak  gemäßigt  werden.  Auf  diese  Weise  kann  man  mit  den  geringsten 
Mengen.  eventueU  weniger  als  einem  Tropfen  Salzlösung  Färbungen  hervor- 
rufen. Für  gewöhnhch  wird  es  sich  empfehlen,  vielleicht  5  cm^  Flüssigkeit 
zu  verwenden. 

Eine  Beckmannsche  Spektrallampe  mit  chemischer  Zerstäubung  kann 
man  sich  auch  ohne  besondere  Apparatur  herstellen,  Avenn  man  einen  Brenner 
benützt,  dem  nach  Marshai  oder  Allihn  die  Luft  von  unten  zugeführt  wird. 
Man  braucht  dann  den  Brenner  nur,  wie  in  Fig.  255  dargestellt  ist,  mit  Hilfe 
eines  Drahtdreiecks  über  eine  Schale  zu  setzen,  in  der  die  Gasentwicklung 
vor  sich  geht.  Benützt  man  hierzu  ein  kleines  Uhrgias,  so  kann  man  den 
Brenner  ohne  weiters  darüber  auf  den  Tisch  stellen.  Die  in  Fig.  256  wieder- 
gegebene Spektrallampe  besteht  aus  einem  Brennrohi-  R  aus  Porzellan  oder 


Ergänzuugeu  zur  Aschenanaljse. 


105Ü 


Fig.  268. 


Kaliglas,  dem  durch  ein  passend  gebogenes  (ilasrolir  a  v(»ii  unten  (oder 
durch  einen  seitlichen  Tubus)  das  Leuchtgas  zugeführt  wird.  Kine  Klemme 
K  und  eine  einfache  Feder  F  halten  den  lircnncr  in  beliebiger  Höhe 
fest,  während  die  zu  prüfende  FUissigkeit  in  einem  passenden  Scjiälclien 
darunter  gesetzt  wird.  Dieser  Brenner  hat  den  ^'ol■zug,  dall  er  nicht  durcii 
Rost  angegriffen  wird  und  leicht  in  allen  seinen  Teilen  zu  reinigen  ist. 

Den    Sprühnebel   der  Salzlösung   kann    man    auch    von    außen    der 
Flamme  zuführen,  z.  B.  in  der  von  G.  Lockemann  angegebenen  Anordnung 
von  Fig.  257.  Die  angesäuerte  Salzlösung  mit  einigen  Stückchen  verkupferten 
Zinks  bringt  man  in  ein  gewöhnliches  Glühröhrchen   li  und    dieses    be- 
festigt man  mit  Hilfe  einer 
Fig. 267.  passend  geformten  Klam- 

mer K^)  an  dem  schräg 
gestellten  Bunsenbrenner. 
Statt  der  Klammer  kann 
man  auch  einen  breiten, 
doppelt  durchbohrten  Kork- 
stopfen benützen.  Das  (ilüh- 
röhrchen  ist  so  an  den 
Brenner  anzusetzen ,  daß 
seine  obere  Kante  etwas 
(ca.  1  mm)  über  die  Breinier- 
öffnung  hinausragt,  damit 
das  Brennerrohr  nicht 
durch  verspritzte  Säure- 
tröpfchen angegriffen  wird. 
Für  die  Spektral  b  e- 
obachtung  benützt  man 
am  vorteilhaftesten  ein 
kleines  Hand  Spektro- 
skop mit  Skala  und  Ver- 
gleichsprisma 2),  welches 
man  in  ein  mit  Kugelgelenk 
versehenes,  verstellbares  Stativi)  einklemmt  wie  es  in  Fig.  '2h><  angegeben 
ist.  Man  muß  das  Spektroskop  in  der  Höhe  einstellen,  daß  man  oberhalb 
des  inneren  Flammenkegels  (welcher  die  grünen  und  blauen  Kohlenstoff- 
linien  gibt)  in  die  Flamme  blickt.  Die  für  die  einzelnen  Elemente  charak- 
teristischen Linien  sind  in  der  Spektraltafel  wiedergegeben.  Am  rat- 
samsten ist  es,  zunächst  die  Spektra  der  einzelnen  Metalle  genau  zu  stu- 
dieren und  auch  bei  der  analytischen  Prüfung  Vergleichslösungen  in'reit 
zu  halten,  deren  Spektrum  man  durch  das  Vergleichsprisma  unter  Anwen- 
dung einer  zweiten  Spektrallampe  (seitwärts  rechtwinklig  zur  Si)ektroskop- 
achse  aufgesteUt)  betrachtet. 

')  Zu  beziehen  von  Mechauiker  G.  Hildvhnindf,  Leipzig.  Brihlerstraßo  34. 

-)  Zu  beziehen  von  F.  Schinidf  rf-  Jlaensch,   Berlin  S.  42,    Prinzessinneustraße  16. 


^Xi' 


Anwendung  eines  Glüh- 

röhrchens  für  die  chemische 

Zerstäubung. 


Stativ  mit  Spektroskop. 
*/9  der  wirklichen   Größe. 


2Q54  Georg  Lockemaun. 

Natrium  salze  färben  die  nichtleuchtende  Flamme  intensiv  gelb;  in 
diesem  Licht  erscheinen  Krystalle  von  Kaliumdichromat  fahlgrau.  Im  Spek- 
trum die  gelbe  i>-Liuie.  Kaliuiiisalz  gibt  in  reinem  Zustande  eine 
blauviolette  Flamme,  die  leicht  durch  andere  Flammenfärbungen  (besonders 
Natrium)  verdeckt  wird.  Durch  Indigolösung  oder  ein  gutes  Kobalt- 
glas betrachtet,  erscheint  die  Kahumflamme,  auch  bei  Gegenwart  anderer 
Salze  karminrot.  Im  Spektrum  ist  besonders  die  fast  am  Ende  des 
sichtbaren  Teils  liegende  rote  Linie  charakteristisch;  die  am  anderen 
Ende  des  Spektrums  liegende  blauviolette  Linie  ist  schwer  zu  erkennen. 
Die  Lithiiimflamme  ist  karminrot;  im  Spektrum  hegt  die  rote 
Linie  zwischen  der  Kalium-  und  der  Natriumlinie. 

Calciumsalze  färben  die  Flamme  oraugerot;  im  Spektrum  sind 
eine  orangerote  (zwischen  Lithium-  und  Natriumlinie)  und  eine  grüne 
Linie  besonders  charakteristisch;  außerdem  gibt  es  noch  eine  blaue 
Linie.  Stroiitiumsalze  geben  eine  rote  Flammenfärbung;  im  Spektrum 
erscheint  eine  gelbe,  mehrere  i'ote  und  eine  besonders  charakteristische 
blaue  Linie.  Die  Flammenfärbung  der  Baryumsalze  ist  grün;  im  Spek- 
trum ist  außer  gelben  und  roten  Linien  besonders  eine  Serie  grüner 
Linien  charakteristisch. 

Stellt  man  die  Spektralbeobachtungen  im  Dunkelzimmer  an,  so 
gewinnen  sie  dadurch  an  Schärfe.  Aber  auch  im  gewöhnlichen  Arbeitsraum 
ist  die  Empfindlichkeit  ziemlich  groß,  wenn  man  nur  einen  dunklen 
Hintergrund  auswählt.  Nach  den  Versuchen  von  E.  Beckmann  lassen  sich 
auf  diese  Weise  folgende  Mengen  noch  be(i[uem  spektroskopisch  erkennen. 

3"0  mg Kalium 

0"1    „ Lithium 

LO Calcium 

2'0   ,. Strontium 

15*0 Baryum. 

Die  Natriumlinie  erscheint  ja  immer  im  Spektroskop,  da  die  in 
die  Flamme  fliegenden  feinen  Staubteilchen  stets  natriumhaltig  sind  und 
nach  Kirchhoff  und  Bunsen  schon  Vsoooooo  '^'^9  Natriumsalz  genügen,  um 
eine  für  das  Auge  noch  deutlich  erkennbare  gelbe  Linie  hervorzurufen. 
Diese  dient  zur  Orientierung  für  die  Lage  der  übrigen  SpektraUinien. 

Magnesium  Verbindungen  verbrennen  zu  weißem,  nichtflüchtigem 
Oxyd  und  geben  daher  keine  Flammenfärbung. 

(Zu  S.  392.)  Ist  bei  der  Analyse  auch  auf  Schwermetalle  Rück- 
sicht zu  nehmen,  so  muß  der  ganze  Analysengang  durchgemacht  werden. 
Wenn  auch  einige  der  Metalle  hierbei  nur  ausnahmsweise  in  Betracht 
kommen  dürften,  so  sei  doch  der  Übersichtlichkeit  halber  der  chemische 
Nachweis  aller,  außer  den  selteneren  Metallen,  kurz  besprochen.  Eine 
([ualitative  Analyse  kompliziert  zusammengesetzter  Stoffe  in  allen  Einzel- 
heiten sicher  und  zuverlässig  auszuführen,  erfordert  allerdings  ein  erheb- 
liches Maß  von  Übung  und  Erfahrung. 


Zu:  G.  Lockemann, 

Erflänzunr/pn  zur  Afichenanafi/se. 


lltiiiilliuch   der  fiiochemi.schen 
Arhi  if.vniftho'ltn.   V.  Bd. 


Verlag  von  Urban  &  Schwarzenberg.   Berlin  und  Wien. 


Prnck   vnn  liottlieb  (iiot«!  ti  Cie.  in  Wien. 


Ergänzungen  zur  Aschenanalyse. 


1055 


Bei  der  Aschenanalyse  wird  es  sich  fast  aussrliljci'.lich  um  den 
Nachweis  einer  sehr  beschrankten  Anzalil  von  Metallen  handeln. 

Analysengang  zum  Nachweis  der  basischen  Aschenbestandteile. 

Zunächst  ist  es  ratsam,  Vorprcjben  mit  einer  Phosphorsalz- oder 
Boraxperle  anzustellen.  An  einer  Platindrahtö.se  von  2 — !^  nun  I>iirrh- 
mes.ser  schmilzt  man  etwas  Phosphorsalz  (Natrinmammoiiiiimphosi»liat  = 
NaNH^  IIPO^  4H,())  zunächst  vorsichtig'  am  Ilaude  der  Flamme,  bis  das 
Krystallwas.ser  und  das  beim  Cberi>au<'-  des  Salzes  in  Natrium metaphosphat 
(NaPOj)  frei  werdende  Wasser  und  Ammoniak  entwichen  sind:  dann  all- 
mählich stärker,  sodaß  sich  in  der  Öse  ein  ruhiger  Schmelzflnb  bildet,  der 
beim  Abkühlen  zu  einer  „Perle"  erstarrt.  Eine  Boraxperle  stellt  man  aus 
Borax  (Nag  B4  O7  lOH^j  O)  in  entsprechender  Weise  her.  Diese  Sakperlen 
haben  die  Eigenschaft,  in  der  Schmelzhitze  gewisse  Metallsalze  mit  charak- 
teristischen Farben  zu  lösen  (unter  Bildung  des  betreffenden  Phosphats  oder 
Borats)  oder  durch  Nichtlösen  (Trübung.  Ausscheidung)  die  (iegenwart  be- 
stimmter Stoffe  anzuzeigen.  Bei  den  Farbenreaktionen  unterscheidet  man  das 
Verhalten  in  dem  O  x y  d  a  t  i  0  n  s-  und  dem  B  e  d  u  k  t  i  0  n  s  r  a u  m  der  Flamme. 
Bei  der  nichtleuchtendeu  Bunsenflamme  stellt  der  äußere  Flamm en- 
mantel  mit  der  von  innen  und  außen  reichlich  zuströmenden  Luft  den 
Oxydationsraum  dar;  durch  passende  Einschränkung  der  Luftzufuhr 
(Regulierung  der  unteren  Öffnungen)  erhält  man  einen  leuchtenden 
Zipfel  des  inneren  Kegels,  den  man  als  Reduktionsraum  für  die 
Perlenprobe  braucht. 

Zur  Ausführung  der  Proben  tupft  mau  mit  dei-  heißen  Perle  auf  die 
gepulverte  Substanz  und  erhitzt  dann  in  der  Flamme. 

Die  Perlenreaktionen  seien  der  Übersichtlichkeit  halber  tabellarisch 
zusammengestellt : 


Verhalten  der 
Phosphorsalzperle : 


im  Oxydationsraum 


im  Bednktiousraum 


rot 
gelbrot 


grün    .    .    , 

blau  . 

violett    .    . 
ffrau-trübe 


Nickel 

Eisen  (kalt:  heller) 

Chrom 

Kupfer  (kalt:  blau) 

K  u  p  f  e  r 

Kobalt 

Mangan 


Kupfer  (CujO) 
Nickel 

Chrom 

Eisen  (fast  farblos) 

Kobalt 

einige  Sohwermetalle 


weiß-trübe 


•I 


farblos  durchsichtig    mit 
fester  Ausscheidung    .    . 


Krdalkalit'ii  (hei  viel  Sulistaiiz) 
Zinn  usw. 

Kiesel  Skelett  bei  Silikaten. 


Die  Boraxperle   gibt  dieselben  Erscheinungen,    nnr   daß    bei   Nickel 
die  Reduktionsperle  grau  getrübt  und  daß  Kieselsäure  stärker  gelöst 


]^Q5ö  Georg  Lockemanu. 

vdrä.  Also  ist  zur  Prüfimg  auf  Silikate  besonders  die  Phosphorsalzprobe  zu 
empfehlen. 

Für  die  qualitative  Aschenanalyse  benützt  man  natürlich  nur  einen 
kleinen  Teil,  um  die  Hauptmenge  für  die  quantitativen  Bestimmungen 
zurückzubehalten.  Die  Substanz  ^^ird  in  einer  Reibschale  möglichst  fein 
zerrieben  und  dann  gelöst.  Zunächst  versucht  man  die  Substanz  durch 
Erwärmen  mit  Wasser  in  Lösung  zu  bringen.  Gelingt  dieses  nicht  ganz, 
so  setzt  man  Salpetersäure  oder  Salzsäure  hinzu  und  erwärmt  weiter. 
Die  Anwendung  von  Königswasser  (1  Teil  konz.  Salpetersäure  4-  3  Teile 
konz.  Salzsäiu-e)  wird  bei  Aschenanalysen  kaum  in  Frage  kommen. 

Sollte  die  Vorprobe  in  der  Phosphorsalzprobe  ein  Kieselskelett  er- 
geben haben,  so  muß  die  Kieselsäure  zunächst  abgeschieden  werden. 
Das  geschieht,  indem  man  die  Substanz  mit  Salzsäure  in  einer  Schale 
auf  dem  Wasserbade  wiederholt  zur  Trockne  verdampft.  Dadurch  wird 
die  Kieselsäure  amorph  abgeschieden.  Der  Rückstand  wird  mit  etwas 
konzentrierter  Salzsäure  versetzt,  nach  einiger  Zeit  mit  heißem  Wasser 
aufgenommen  und  filtriert. 

Für  die  Analyse  kann  man  nun  entweder  den  wässerigen  Auszug 
und  die  Säurelösung  des  im  Wasser  unlöslichen  Teiles  getrennt  vonein- 
ander benutzen  oder  gleich  die  gesamte  Lösung.  In  beiden  Fällen  ist  der 
Untersuchungsgang  derselbe,  nur  ist  bei  der  getrennten  Untersuchung  in 
den  einzelnen  Lösungen  die  Anwesenheit  mancher  Stoffe  von  vornherein 
ausgeschlossen.  So  würde  man  z.  B.  bei  Gegenwart  von  Phosphorsäure 
oder  Kohlensäure  in  der  wässerigen  Lösung  nicht  auf  die  Erdalkahen, 
andererseits  nach  vorherigem  Ausziehen  der  Substanz  mit  Wasser  in  der 
Säurelösung  nicht  auf  die  Alkalien  zu  prüfen  brauchen. 

Für  den  folgenden  Analysengang  ist  der  Fall  angenommen,  daß  alle 
Bestandteile  in  einer  einheitlichen  Säurelösung  untersucht  werden. 

Als  Säure  ist  am  vorteilhaftesten  verdünnte  Salpetersäure  zu 
verwenden.  Bei  Benutzung  von  Salzsäure  würden  natürlich  (zu  S.  392) 
Silber  und  Blei  (dieses  in  der  Kälte)  als  Chloride  ungelöst  bleiben. 

Untersuchung  der  salpetersauren  Lösung. 

Griippenfälhnigen. 

Die  Gruppenreaktionen  werden  jedesmal  erst  mit  kleinen  Proben  der 
Lösungen  angestellt  und  nur  wenn  wirklich  Fällung  erfolgt,  mit  der 
Hauptmenge. 

I.  Grruppe  (Salzsäure). 

Mit  verdünnter  Salzsäure  entsteht  ein  weißer  Niederschlag  bei 
Gegenwart  von  Blei-  und  Silber  salzen.  Mercurosalze  kommen  bei  einer 
Glühasche  nicht  in  Betracht,  da  sich  alle  Quecksilberverbindungen  in  der 
Hitze  verflüchtigen.  Eine  besondere  Prüfung  der  ursprünglichen  Substanz 
auf  Quecksilber  ist  weiter   unten   angegeben.   Lst    ein    Chloridnieder- 


Ergänzungen  zur  Asclieuanulyse.  lOÖ" 

sclilaii'  entstanden,  so  wii-d  er  zuniiclist  mit  kaltem  Wasser  ausge- 
waschen und  dann  mit  heilJem  Wasser  heiiaudelt.  h/.\\.  direkt  luit 
Wasser  gekocht.  Blei  würde  dabei  in  Lösung  geiien  und  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  als  weißes  Sulfat  oder  mit  Kaliumcliromat  als 
gelbes  Chromat  ausfallen;  auch  scheidet  sich  das  llleichlorid  selbst 
beim  Abkühlen  der  wässerigen  Lösung  kiTstallinisch  wiedei-  ab.  l)ie  Hlei- 
niederschläge  sind  alle  (außer  dem  Sulfid)  in  Natronlauge  löslich  und 
werden  durch  Ansäuern  mit  Essigsäure  wieder  ausgeschieden. 

Bleibt  beim  Behandeln  mit  heii'.em  Wasser  ein  Teil  des  Chlorid- 
niederschlages  ungelöst,  so  liegt  Silber  vor.  Das  Silberchlorid  ist  be- 
sonders dadurch  charakterisiert,  dal)  es  in  wenig  Ammoniak  löslich 
ist  und  auf  Ansäuern  mit  Salpetersäure  wieder  ausfüllt. 

Tl.  Oriippe  (Schwefelwasserstoff). 

In  dem  Filtrat  der  ersten  Gruppe  (bzw.  der  urspi-ünglichen  sauren 
Lösung)  entsteht  beim  Eiideiten  von  Schjwefelwasserstoff  (längere  Zeit 
in  die  erwärmte  Lösung)  ein  Sulfidniederschlag  bei  (iegenwai't  von  I'.lei, 
Wismut,  Kupfer.  Cadmium.  Arseii,  Antimon.  Zinn.  Blei  würde 
hier  natürhch  nur  noch  ausfallen,  wTim  es  durch  Salzsäui-e  in  der  ei-sten 
Gruppe  nicht  vollständig  abgeschieden  wäre.  Außerdem  käme  in  der 
zweiten  Gruppe  noch  Quecksilber  in  Betracht,  auf  das  man  ja  aber  eine 
Probe  der  ursprünglichen  Substanz  vor  dem  Veraschen  nach  beson- 
derem Verfahren  prüfen  muß  (siehe  weiter  unten). 

Der  entstandene  Sulfidniederschlag  wird  abfiltriert,  das  Filtrat 
nochmals  mit  Schwefelwasserstoff  geprüft,  bis  keine  Fällung  mehr  entsteht. 
Es  ist  vorteilhaft  (besonders  bei  Arsen),  die  mit  Schwefelwasserstoff  ge- 
sättigte Lösung  vor  dem  Filtrieren  längere  Zeit  (vielhMcht  bis  zum  nächsten 
Tage)  stehen  zu  lassen,  damit  sich  das  Sulfid  vollständig  abscheidet.  Der 
Gesamtniederschlag  wird  nun  mit  schwefelwasserstoffhaltigem  Wasser 
wiederholt  ausgewaschen  und  dann  (gleich  auf  dem  Filten  mit  einer 
erwärmten  Lösung  von  Natrium-  oder  Kaliumpolysnlfid  behandelt. 
Die  Alkahsulfide  sind  dem  sonst  gebräuchlichen  Ammoninni-iilfide  voizu- 
ziehen,  da  hier  einerseits  auf  (Quecksilber,  dessen  Suli'id  durch  die  Alkali- 
sulfide gelöst  wird,  keine  Bücksicht  genommen  zu  werden  braucht  und  da 
andererseits  Ammoniumsulfid  etwa  vorhandenes  Kupfer  zum  Teil  mit- 
lösen und  dadurch  die  Analyse  komplizieren  würde.  Lst  die  (n'genwart 
von  Kupfer  ausgeschlossen,  so  kann  man  natürlich  ebensogut  .\mmonium- 
polysulfid  verwenden. 

Die  Sulfide  von  Blei,  W'ismnt.  Kupfer  und  ('.idin  inm  wniden 
bei  dieser  Behandlung  ungelöst  zurückbleiben.  Die.se  wenleu  dann  in 
heißer,  verdünnter  Salpetersäure  gelöst.  In  der  abgekühlten  Lösung 
würde  verdünnte  Schwefelsäure  das  Hlei  als  w  ei  des  Sulfat  aus- 
fällen, das  abfiltriert,  sich  durch  seine  Löslichkeit  in  Natronlauge  und 
AViederfällung  beim  Ansäuern  noch  näher  charakterisieren  läßt. 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  G7 


2Q58  Georg  Lockemann. 

Im  Filtrat  fällt  x\ mm oniak  etwa  vorhandenes  Wismut  als  weißes 
Hydroxyd,  dessen  Lösuni>  in  möglichst  wenig  Salzsäure  mit  viel 
Wasser  verdünnt  einen  Niederschlag  oder  eine  Trül)ung  von  weißem 
basischen  Salz  gibt  und  mit  alkalischer  Natriumstannitlösung 
(Zinnchlorür  mit  überschüssiger  Natronlauge)  schwarzes,  metallisches 
Wismut   abscheidet. 

Ist  das  ammoniakahsche  Filtrat  farblos,  so  kann  kein  Kupfer  zu- 
gegen sein,  (ladmium  würde  aus  dieser  Lösung  durch  Schwefelwasser- 
stoff als  gelbes  Sulfid  gefällt  werden,  das  sich  vom  Arsensulfid  durch 
seine  Unlöslichkeit  im  Ammoniumsulfid  unterscheidet. 

Würde  die  Lösung  durch  Zusatz  von  Ammoniak  jedoch  blau  ge- 
färbt, so  ist  Kupfer  zugegen.  Diese  Blaufärbung  ist  noch  in  sehr  großer 
\'erdünnung  zu  erkennen.  Zur  weiteren  Charakterisierung  kann  man  auch 
noch  eine  andere  ebenfalls  sehr  empfindliche  Reaktion  ausführen,  indem 
man  die  mit  Salzsäure  oder  Salpetersäure  schwach  angesäuerte  Lösung 
mit  Kaliumferrocyanid  versetzt;  dadurch  wird  rotbraunes  Cupri- 
ferrocyanid  gefällt,  oder  bei  Anwesenheit  von  sehr  wenig  Kupfer  statt 
des  Niederschlages  noch  eine  rote  Färbung  hervorgerufen.  Die  empfind- 
Uchste  Reaktion  auf  Kupfer  erhält  man  nach  Rud.  Uhlenhuth  i)  mit  einer 
alkalischen  Lösung  von  1.2-Diamidoanthrachinon-o-sulfosäure. 
die  auf  folgende  Weise  bereitet  wird :  0'5  g  der  genannten  Sulfosäure 
werden  in  500  cw?^  Wasser  unter  Zusatz  von  40  cm^  Natronlauge  von 
40"  Be  (550/0  NaOH)  gelöst.  Setzt  man  diese  Lösung  zu  der  zu  prüfenden 
(schwach  alkalischen)  Flüssigkeit,  so  tritt  bei  dem  geringsten  Kupfergehalt 
sofort  eine  Blaufärbung  auf,  die  noch  bei  0"0019  w?^  Cu  in  1  cm^  Lösung 
gut  sichtbar  sein  soll.  Die  äußerste  Grenze  liegt  bei  0'00019  mg  Cu  in 
1  cm3  (=:  1-9:10,000.000).  Die  Reaktion  scheint  eindeutig  zu  sein,  da  an- 
dere Metallsalze  eine  solche  Blaufärbung  nicht  geben. 

Soll  bei  Gegenwart  von  Kupfer  noch  auf  ('admium  geprüft  werden, 
so  wird  die  blaue  ammoniakahsche  Lösung  mit  Kali  um  Cyanid  versetzt, 
wodurch  unter  Komplexsalzbildung  Entfärbung  eintritt,  und  Schwefel- 
wasserstoff eingeleitet.  Cadmium  würde  dann  als  gelbes  Sulfid  ausfallen. 

Die  Alkalipoly  Sulfidlösung  des  ursprünglichen  Schwefelwasserstoff- 
niederschlages kann  die  Sulfide  von  Arsen,  Antimon  und  Zinn  enthalten, 
welche  dann  beim  Ansäuern  mit  verdünnter  Salzsäure  wieder  aus- 
fallen, abfiltriert  und  nachgewaschen  werden.  Der  Niederschlag  hat  bei 
Anwesenheit  von  Arsen  oder  Zinn  eine  gelbe,  bei  Antimon  eine  orangerote 
Farbe. 

Beim  Erwilrmen  mit  (möglichst  konzentrierter)  Ammonium- 
karbonatlösung  geht  Arsen  in  Lösung  und  kann  nach  längerem  Er- 
wärmen mit  Wasserstoffsuperoxydlösung  (Oxydation  zu  Arsensäure) 
dui'ch  Zusatz  von  Magnesiamixtur  als  krystallinisches  Magnesium- 
ammonium arseniat   gefällt   werden.    Die  Krystalle,   deren  Abscheidung 


*)  Rudolf  Uhlenhuth,  Eine  neue  Reaktion  auf  Kupfer.  Chemiker-Zeitg.  34  (1910).  887. 


I 


Ergänzungen  zur  Aschenanalyse.  1059 

durch  Zusatz  von  Alkohol  und  durch  Koibcii  der  (ilaswaiidiiii;;  mit  ciiiciii 
(ilasstabe  boschlonnigt  werden  kann,  erscheinen  unter  dem  Mikioskop  in 
denselben  Formen  wie  das  entsprechende  Phosphat,  nändicli  meist  als 
kleine  Stäbchen,  die  scheren-,  stern-  oder  büschelförmi«,^  zusammeuf^e- 
lajj-ert  sind. 

.Sollte  auf  Zusatz  von  Magnesianiixtur  auch  nach  län<;erer  Zeit  kein 
Niederschlag  entstehen,  so  verdampft  man  die  Lösung  zur  'J'rockne.  nimmt  den 
Ilückstand  mit  etwas  verdünnter  Schwefelsiiure  auf  und  ])rüft  im  J/ar.s7j sehen 
Apparat  (siehe  weiter  unten).  Bleibt  auch  diese  l*r()l)e  negativ,  so  kann 
die  ursprüngliche  Substanz  trotzdem  Arsen  enthalten,  welches  dann  viel- 
leicht bei  der  Veraschung  unter  der  reduzierenden  Wirkung  dei-  vei- 
kohlenden  organischen  Stoffe  ausgetrieben  wurde. 

Zur  genauen  Prüfung  auf  Arsen  muß  man  daher  einen  Teil  des  ur- 
sprünglichen Objekts  nach  dem  weiter  unten  beschriebenen  Verfahren  be- 
sonders untersuchen. 

Ein  beim  Behandeln  mit  Ammoniumkarbonat  ungelöst  bleibe  ml  er 
Ilückstand  ^^ird  mit  wenig  konzentrierter  Salzsäure  erhitzt  und  da- 
durch (außer  etwa  vorhandenem  Schwefel)  gelöst.  Nach  längerem  Kochen 
zur  Vertreibung  des  Schwefelwasserstoffs  wird  mit  Wasser  verdünni  und 
nach  dem  x^bkühlen  etw^as  metallisches  Eisen  (ein  paar  kleine  Nägel 
oder  etwas  Eisendraht)  hinzugesetzt.  Etwa  vorhandenes  Antimon  scheidet 
sich  dann  als  schwarzer  Metallschwamm  auf  dem  Eisen  ab.  dvr  v(un  Eisen 
entfernt  und  in  möglichst  wenig  Königswasser  gelöst  die  charakteristischen 
Pveaktionen  gibt:  in  einer  mit  Wasser  verdünnten  Prol)e  der  Lösung  wird 
durch  Schwefelw^asserstoff  das  orangerote  Antimonsulfid  gefällt: 
eine  andere  Probe  gibt  mit  sehr  viel  Wasser  eine  w'eiße  Trübung  oder 
Fällung  von  basischem  Antimonsalz,  in  Weinsäure  löslich  (t^nterschied 
von  Wismut). 

Sehr  kleine  Mengen  von  Antimon  werden  am  sichersten  im  Mars  fi- 
schen Apparat  erkannt.  Der  Antimonspiegel  .setzt  sich  meist  auch  schon 
vor  der  erhitzten  Stelle  des  Glührohres  ab;  der  auf  Porzellan  abgeschiedene 
Antimonfleck  ist  zum  Unterschied  von  Arsen  von  einer  mattschwarzen 
Farbe  und  in  Natriumhypochloritlösung  nicht  lösHch. 

Die  von  Eisen  und  Antimon  abgegossene  oder  abfiltrierte  Lösung 
kann  Zinn,  durch  das  Eisen  zu  Stannochlorid  reduziert,  enthalten.  Sie 
gibt  dann  mit  Schwefelwasserstoff  einen  braunen  Niederschlag  von 
Stannosulfid  (Zinnsulfür),  mit  Mercurichlorid  einen  wi'il'.en  Nieder- 
schlag von  Mercurochlorid  (Quecksilberchloilir).  bzw.  einen  grauen  Nieder- 
schlag von  metallischem  Quecksilber. 

Die  Trennung  des  Antimons  von  Zinn  und  Arsen  kaini  am-h 
auf  folgende  Weise  ausgeführt  werden:  die  durch  Behandeln  iler  Sulfide 
mit  Alkalipolysulfid  erhaltene  Lösung  wird  in  einer  Schale  auf  dem  Wasser- 
bade zur  Trockne  verdampft,  der  Ilückstand  wiederholt  auf  dem  Wasser- 
bade mit  konzentrierter  oder  rauchemler  Salpetersäure  behandelt,  schließ- 
lich in  Wasser  gelöst  und  mit  etwas  reiner  Soda  und  reinem  Natrium- 


;[Q(30  Georg  Lockemann. 

nitrat  zur  Trockne  verdampft.  Dieses  Salzgemisch  wird  allmählich  in  etwas 
schmelzendes  Natriiimnitrat  (in  einem  Porzellantieüel)  eingetragen,  wo- 
durch Antimon.  Zinn  und  Arsen  in  die  Natriumsalze  ihrer  Säuren  über- 
geführt werden.  Beim  Behandeln  der  abgekühlten  Schmelze  mit  Wasser 
gehen  Zinn  und  Arsen  in  Lösung,  während  Antimon  als  Natrium- 
antimoniat  ungelöst  bleibt.  Nach  dem  Filtrieren  werden  die  einzelnen 
Metalle  in  der  oben  beschriebenen  Weise  uiiher  charakterisiert. 

III.  (xruppe  (Ammoniak). 

Das  Filtrat  der  zweiten  Oruppe  wird  gekocht,  bis  der  Schwefel- 
wasserstoff vertrieben  ist,  und  mit  etwas  verdünnter  Salpetersäure 
weiter  erhitzt,  damit  etwa  vorhandenes  Eisen  von  Ferro-  (durch  HgS  re- 
duziert) zu  Ferrisalz  und  die  letzten  Spuren  Schwefelwasserstoff  oxydiert 
werden.  Den  etwa  abgeschiedenen  Schwefel  filtriert  man  ab.  Auch  wenn 
kein  Schwefelwasserstoff  eingeleitet  \Yurde.  muß  man  zunächst  mit  Salpeter- 
säure oxydieren.  Die  Lösung  wird  mit  Ammonium chlorid  (um  eventuell 
Mangan  und  Magnesium  in  Lösung  zu  halten)  und  Ammoniak  in  gerin- 
gem Überschuß  versetzt,  gehnde  erwärmt  und  filtriert.  Der  Niederschlag, 
der  mit  ammoniakaUschem  Wasser  nachgewaschen  wird,  kann  enthalten  : 
Eisen  (Mangan),  Chrom,  Aluminium  und  bei  Gegenwart  von  Phosphor- 
säure auch  die  Phosphate  von  Mangan,  Magnesium,  Calcium  (Stron- 
tium, Baryum).  Auch  bei  Abwesenheit  von  Phosphorsäure  wird  Mangan 
mit  dem  Eisen  zusammen  schon  mehr  oder  weniger  gefällt. 

Der  Niederschlag  wird  in  verdünnter  Salzsäure  (auf  dem  Filter) 
gelöst  und  diese  Lösung  in  überschüssige  Natronlauge  gegeben.  Dabei 
scheidet  sich  Eisen  (eventueU  mit  etwas  Chrom  und  Mangan)  als  braunes 
Hydroxyd  oder  als  helles  Phosphat  eventuell  neben  den  Phosphaten  von 
Mangan,  Magnesium  und  den  Erdalkalien  ab,  während  Chrom  und  Aluminium 
in  Lösung  bleiben.  j\Ian  prüft  nun  zunächst  den  Niederschlag  auf  Phosphor- 
säure, indem  man  eine  Probe  in  Salpetersäure  löst  und  mit  Ammonium- 
molybdatlösuug  (und  konzentrierter  Salpetersäure)  gelinde  erwärmt.  Ein 
gelber  Niederschlag  oder  (bei  sehr  geringen  Mengen)  eine  intensive  Gelb- 
färbung zeigt  die  Gegenwart  von  Phosphaten  an.  Je  nach  dem  Ausfall 
dieser  Pieaktion  muß  man  zur  weiteren  Prüfung  verschieden  verfahren. 

Bei  Abweseiilieit  von  Phosphorsäure  kann  die  Hauptraenge  des 
(braunen)  Niederschlages  nur  aus  Eiseiihydroxyd  bestehen,  dem  eventuell 
etw'as  Chrom  und  Mangan  beigemischt  sein  könnten.  Eine  Probe  des 
Niederschlages  in  Salzsäure  gelöst  gibt  die  charakteristischen  Eisen- 
reaktionen: mit  Kaliumferrocyanid  Berlinerblau,  mit  Kaliumrho- 
danid  dunkelrote  Färbung  (siehe  oben  S.  1050 — 1051). 

Zur  Prüfung  auf  Chrom  wird  eine  andere  Probe  des  Niederschlages 
mit  etwas  Soda  und  Salpeter  geschmolzen  (am  einfachsten  auf  einem 
Platinblech  oder  auch  in  einem  kleinen  Porzellan tiegel);  entsteht  beim  Auf- 
nehmen der  Schmelze  mit  Wasser  eine  gelbe  Lösung  (filtrieren!),  so  ist 
Chrom  zugegen;  die  mit  Essigsäure  angesäuerte  Lösung  gibt  mit  Bary- 


Ergänzungen  zur  Aschenanalyse.  1061 

umchlorid  und  mit  Bleiacetat  .uclhc  Frilliiiiufu,  nii!  fiiii;jcii  'rr()|)ti'ii 
Wasserstoffsuperoxydlösuiii^  oiiio  Hhiufärbmi}^'.  die  heim  Scliüttclii  mit 
Äther  in  diesen  übergeht  aber  bahl  wieder  versch\vin(h't. 

Um  auf  Man^aji  zu  prüfen,  erhitzt  man  eine  dritte  I'robe  des 
Niederschlages  mit  etwas  Bleisuperoxyd  und  konzentiierter  Salpeter- 
säure. Entsteht  eine  rotviolette  Lösung,  die  besondei's  gut  zu  er- 
kennen ist,  wenn  sich  das  IJlei  abgesetzt  hat  und  vielleicht  iidch  mit  etwas 
AVasser  verdünnt  wurde,  so  ist  Mangan  zugegen:  durch  Wasserstoff- 
superoxyd wird  die  Lösung  unter  Hauerstoffentwicklung  entfärbt. 

Das  Filtrat  des  mit  Natroidauge  erhaltenen  Niederschlags  kann 
noch  Chrom  und  Aluminium  enthalten.  Eine  grüne  Färbung  zeigt  die 
Gegenwart  von  Cliroin  an,  welches  nach  dem  \'ei(lüiinen  mit  W  asser 
beim  Kochen  als  grünes  Chromhydroxyd  ausfällt.  Eine  I'robe  des 
Niederschlags  gibt  beim  Kochen  mit  Natronlauge  und  Wasserstoff- 
superoxyd eine  gelbe  Lösung,  mit  der  man  die  vorhin  erwähnten  charak- 
teristischen Chromatreaktionen  ausführt. 

Im  Filtrat  vom  Chromniederschlage  (oder  bei  Abwesenheit  von  Chrom 
im  ursprünghchen)  prüft  man  auf  Aluiiiiiiiuin,  indem  man  mit  (ungefähr 
gleichem  Volumen)  Ammoniumchlo'rid  versetzt  und  erwärmt:  Aluminium 
scheidet  sich  dann  als  weißesHydroxyd  aus,  welches  beim  Glühen  mit  etwas 
Kobaltnitrat  (auf  dem  Platinblech  oder  vor  dem  Lötrohr  auf  Holzkohle) 
das  charakteristische  vergilimeinnichtfarbige  Blau  iThcMiards-lUaui  gibt. 

Bei  Anwesenheit  von  Pliosphorsäure  in  dem  mit  Natronlauge 
erhaltenen  Niederschlage  mulJ  diese  zunächst  entfeiiit  werden,  damit  man 
auf  die  Basen  prüfen  kann.  Der  Niederschlag  wird  in  konzentrierter 
Salpetersäure  gelöst  und  mit  feingeschnittener  Zinnfolie  (Stanniol)  in 
einer  Porzellanschale  (unter  dem  Abzüge)  eingedampft,  eventuell  unter 
wiederholtem  Zufügen  von  konzentrierter  Salpetersäure,  bis  ein  teigartiger 
Bückstand  bleibt.  Dieser  enthält  (außer  Nitraten)  die  Phosi)horsäure  als 
uidösliches  Zinnphosphat  und  das  überschüssige  Zinn  als  Metazinnsäure 
(HoSniJg).  Er  wird  mit  kaltem  und  dann  mit  heißem  Wasser  ausgelaugt, 
um  die  Erdalkalinitrate  zu  extrahieren,  und  filtriert.  Sollte  das  Filtrat 
noch  Phosphate  enthalten  (Prüfung  mit  Ammoniummolybdati.  dann  mülite 
die  Behandlung  mit  Zinn  und  Salpetersäure  wiederholt  werden.  Tritt  auf 
Zusatz  des  Molybdats  etwa  Blaufärbung  ein  (durch  Beduktioii  dei-  Molybdän- 
säure), .so  ist  das  ein  Zeichen,  daß  etwas  Zinn  in  Lösung  gegangen  ist. 
Dieses  muß  durch  Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  gefällt  werden:  die 
filtrierte  Lösung  ist  dann  zunächst  wieder    mit   Salpetersäure    zu    kochen. 

Die  auf  diese  Weise  von  Phosphorsäure  befivite  Lösung  wird  mit 
Ammonium  Chlorid  und  Ammoniak  in  geringem  Cberschuß  versetzt,  ge- 
linde erwärmt,  und  der  entstandene  Niederschlag  wird  filtriert.  Dieser  wird 
in  der  oben  beschriebenen  AVeise  (bei  Abwesenheit  von  Phosphorsäure  i  auf 
Eisen,  Chrom  und  Mangan  geprüft.  Das  ammoniakalische  Filtrat 
untersucht  man  auf  Mangan,  die  Erdalkalien  und  Magnesium,  wie 
weiter  unten  angegeben  ist  (R'..  V..  W.  (u-uppe). 


2Qg2  Georg  Lockemann. 


IV.  Gruppe  (Ammoniumsulfid). 


Das  ammoniakalische  Filtrat  vom  Niederschlag  der  dritten  Gruppe 
wird  mit  Ammoniumsulfid  (nicht  Polysulfid)  in  möglichst  geringem  Über- 
schuß versetzt.  Dabei  können  sich  die  Sulfide  ausscheiden  von:  Zink, 
Mangan,  Kobalt.  Nickel.  Die  Farbe  des  Niederschlages  gibt  schon  darüber 
Auskunft,  ob  etwa  Zink  allein  vorliegt  (weiß),  ob  auf  Zink  und  Mangan 
(rötlich)  oder  auf  alle  vier  Metalle  (schwarz)  zu  prüfen  ist.  Beim  Be- 
handeln des  Niederschlages  mit  kalter  verdünnter  Salzsäure  werden 
Zink  und  Mangan  gelöst.  Die  eventueU  vom  unlöslichen  schwarzen  Päick- 
stand  filtrierte  Lösung  Avird  zunächst  gekocht,  bis  aller  Schwefelwasser- 
stoff ausgetrieben  ist  und  dann  nach  dem  Abkühlen  in  überschüssige 
Natronlauge  eingegossen.  Dabei  fällt  Mangan  als  Hydroxydul  aus,  während 
Zink  als  Natriumzinkat  in  Lösung  bleibt.  In  dieser  (filtrierten)  Lösung 
entsteht  beim  Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  ein  weißer  Nieder- 
schlag von  Zinksulfid  (außer  Germaniumsulfid  das  einzige  weiße  Sulfid). 
Tränkt  man  etwas  Fließpapier  mit  der  Zinklösung  und  gleichzeitig 
mit  etwas  Kobaltnitratlösung,  so  erhält  man  nach  dem  Trocknen  beim 
Verbrennen  eine  grüne  Asche  (Bin manns- Grün). 

Der  in  überschüssiger  Natronlauge  entstandene  Niederschlag  von 
Maiia^aiihydroxydul  färbt  sich  an  der  Luft  bald  dunkler.  Er  gibt  die 
oben  angegebenen  charakteristischen  Eeaktionen. 

War  der  Sulfidniederschlag  schwarz  und  blieb  beim  Behandeln 
mit  verdünnter  Salzsäure  ein  schwarzer  Bückstand,  so  liegt  Nickel  oder 
Kobalt  vor.  Man  löst  in  Königswasser,  dampft  die  überschüssige  Säure 
ab,  verdünnt  mit  Wasser  und  prüft  in  zwei  getrennten  Teilen.  Einen  Teil 
macht  man  mit  Natronlauge  schwach  alkalisch,  säuert  dann  mit  Essig- 
säure an  und  fügt  ziemlich  viel  Kaliumnitritlösung  hinzu.  Kobalt 
würde  sich  allmählich  als  gelber,  kristallinischer  Niederschlag  von 
Kaliumkobaltnitrit  ausscheiden.  Außerdem  ist  die  Blaufärbung  der 
Phosphorsalzperle  für  Kobalt  charakteristisch  (s.  oben  S.  1055). 

Einen  anderen  Teil  der  Lösung  neutralisiert  man  mit  Natron- 
lauge und  versetzt  dann  mit  ziemlich  viel  Kaliumcyanidlösung.  Beim 
Erwärmen  mit  überschüssigem  Brom  wasser  würde  sich  Nickel  als  schwarzes 
Hydroxyd  ausscheiden. 

Die  Metalle  der  vierten  analytischen  (}ruppe  werden  nur  sehr  selten 
in  Aschen  organischer  Stoffe  vorkommen.  In  erster  Linie  würde  wohl 
Mangan  zu  berücksichtigen  sein,  Zink  nur  in  toxikologischen  Fällen  oder 
bei  absichtlichen  Zusätzen  bzw.  bei  toxikologischen  Tierversuchen.  Aber 
Kobalt  und  Nickel  sind  in  geringen  Spuren  sehr  weit  verlu-eitet.  So 
konnte  K.  Kraut  i)  mit  Hilfe  des  von  L.  Tschugaeff'^)  angegebenen  empfind- 


^)  K.  Kraut,  Über  die  A^erbreitung  des  Nickels  und  Kobalts  in  der  Natur.  Zeitsclir. 
f.  angew.  Ckemie.  19  (1906).  1793. 

^)  L.  Tsclmgaeff,  Über  ein  neues,  empfindliches  Reagens  auf  Nickel.  Berichte  d. 
Deutsch,  ehem.  Gesellsch.  38  (1905).  2520. 


Ergänzungen  zur  Aschenanalyse.  lOOH 

liehen  Nickolreacons  x-Dimothyl<;lyoxim  (CH3.C(NOH).C(N()H).Cll3), 
das  sich  auch  ziiiii  Nachweis  kleiner  Spuren  von  Kohalt  cifinet,  in  Aschen- 
proben von  Torf  und  Mraunkohlen  und  in  anderen  Naturprodukten  sowohl 
Nickel  wie  auch  Kobalt  nachweisen. 

Nach  Kraut  verfährt  man  in  der  Weise,  daß  man  etwa  1  //  Asciie 
mit  b  cm^  Salzsäure  von  etwa  25%  5  Minuten  kocht,  die  Lösun;z  auf 
100  c/«3  verdünnt,  mit  10  cm^  Ammoniak  übersättigt  und  filtriert.  Wird 
das  Filtrat  mit  10  hm»  kaltgesättigter  Dimethylglyox  imlösuniz  (wenij^'er 
als  lg  im  Liter  enthaltend)  fast  bis  zur  Trockne  eingedam|)ft,  so  bleibt 
bei  Gegenwart  von  Nickel  ein  an  einzelnen  Punkten  oder  durch  die  ganze 
Masse  rotgefärbter  Rückstand.  Bei  Abwesenheit  fremder  Substanzen 
ist  auf  diese  Weise  noch  0*001  mg  Ni  deuthch  zu  erkennen.  Hei  grölleren 
Mengen  scheidet  sich  in  ammoniakalischer  Lösung  auf  Zusatz  des  Crlyoxims 
das  Nickelglyoximin  in  roten  Nadeln  aus.  Auf  Kobalt  prüft  man, 
indem  man  der  abfiltrierten  ammoniakalischen  Lösung  Amnion  in  msul- 
fid  hinzufügt:  bei  Gegenwart  von  Kobalt  entsteht  dann  eine  blau  violette 
bis  tief  rote  Farbe.  Auch  diese  Reaktion  ist  sehr  empfindlicb. 

y.  (jrnjjpe  (Ammoniumkarbonat). 

Das  Filtrat  vom  Niederschlag  der  vierten  Gruppe  wird  zur  Entfernung 
des  Ammoniumsulfids  mit  verdünnter  Salzsäure  schwach  angesäuert, 
einige  Zeit  gekocht,  bis  sich  der  ausgeschiedene  Schwefel  zusammengeballt 
hat,  und  dann  filtriert.  Das  Filtrat  wird  mit  Ammoniak  schwach  alkalisch 
gemacht  (war  der  Zusatz  von  Ammoniumsulfid  nicht  nötig,  so  benutzt 
man  natürlich  gleich  das  ammoniakalische  Filtrat  der  dritten  Gruppe),  mit 
Ammoniumkarbonatlösung  versetzt  und  einige  Zeit  erwärmt.  Ein  ent- 
stehender Niederschlag,  der  mit  Wasser  ausgewaschen  wird,  kann  die 
Karbonate  von  Baryum,  Strontium,  Calcium  enthalten. 

Es  wird  sich  empfehlen,  zunächst  eine  Probe  des  Niederschlages  in 
verdünnter  Salzsäure  gelöst  spektralanalytisch  zu  untersuchen,  wie 
das  oben  geschildert  ist.  Da  geringe  Mengen  Baryum,  besonders  neben 
anderen  Elementen,  spektroskopisch  schwer  zu  erkennen  sind,  so  muli  man 
auf  dieses  Element  in  allen  Fällen  noch  einmal  in  essigsaurer  Lösung  i  bzw. 
nach  Zusatz  von  Natriumacetat)  mit  Chromatlösung  ])riifen. 

Zum  chemischen  Nachweis  der  einzelnen  Erdalkalien  löst  man 
die  Hauptmenge  des  Niederschlages  in  heißer  verdünnter  Essigsäure. 
Gibt  nun  eine  Probe  dieser  Lösung  mit  Kaliumdichromatlösung  einen 
gelben  Niederschlag,  so  liegt  Bar.vnni  vor  und  es  wird  die  gesamte 
Lösung  mit  Kaliumdichromat  und  Natriumacetat  einige  Zeit  er- 
wärmt, der  Niederschlag  abfiltriert  und  mit  Wasser  ausgewaschen.  Eine 
Probe  des  gelben  Niederschlages  in  Salzsäure  gelöst  gil)t  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  die  für  Baryum  charakteristische,  in  Säuren  unlös- 
liche Fällung  von  Bary umsulfat. 

In  dem  gelben  Filtrate  werden  durch  Erwärmen  mit  Ammoniak 
und  Ammoniumkarbonat  Strontium  und  Calcium  gefällt,  wenn  die  spek- 


\{)Q4:  Georg  Lockemanu. 

troskopische  Prüfung  deren  Anwesenheit  verriet  oder  eine  Probe  des  Fil- 
trats  die  Karbonatfällung  gab.  Der  Niederschlag  wird  nach  dem  Fil- 
trieren und  Auswaschen  in  wenig  Essigsäure  gelöst  und  in  zwei  ge- 
trennten Proben  untersucht:  Eine  Probe  dieser  Lösung  (oder  bei  Abwesen- 
heit von  IJarvum  eine  Probe  der  essigsauren  Lösung  vom  ursprünglichen 
Karbonatniederschlag)  versetzt  man  mit  Gypswasser :  Strontium  scheidet 
sich  dann  allmählich  als  Sulfat  ab.  Ist  dieses  der  Fall,  so  versetzt  man  die 
andere  Probe  der  Lösung  in  der  Wärme  mit  verdünnter  Schwefelsäure, 
filtriert  das  Strontiumsulfat  nach  einiger  Zeit  ab  und  fügt  zu  dem  Filtrat 
Ammoniak  und  Ammoniumoxalat.  Dadurch  wird  Calcium  als  fein 
krystallinisches  Oxalat  gefällt,  das  in  Essigsäure  unlöslich  ist.  Calcium 
läßt  sich  auch  in  einer  Lösung  neben  Baryum  und  Strontium  nach- 
weisen, indem  man  die  Lösung  mit  Ammoniak  alkalisch  macht  und  dann 
mit  einer  gesättigten  Lösung  von  Kaliumferrocyanid  versetzt.  Calcium 
fällt  dann  allmählich  als  weißes  krystallinisches  Calciumferrocyanid 
aus,  während  Baryum  und  Strontium  eine  derartige  Pveaktion  nicht  geben. 

Tl.  Gruppe. 

Das  Filtrat  der  fünften  Gruppe  kann  außer  den  aus  den  Gruppen- 
reagenzien stammenden  Ammonsalzen  noch  Magnesium,  Kalium,  Na- 
trium und  Lithium  enthalten. 

Eine  Probe  der  ammoniakalischen  Lösung  versetzt  man  mit  Natri- 
umphosphat; entsteht  (besonders  nach  einigem  Reiben  der  Glaswandung 
mit  dem  Glasstabe)  ein  krystallinischer Niederschlag,  der  unter  dem  Mikroskop 
die  charakteristischen  Krystallformen  zeigt  (mit  einer  Kontrollfällung  von 
Magnesium  vergleichen!),  so  ist  Magnesium  vorhanden. 

Auf  die  Alkalien  wird  am  besten  in  der  oben  beschriebenen  Weise 
spektralanalytisch  geprüft.  Zu  diesem  Zweck  ist  die  Lösung,  wenn  sie 
sehr  voluminös  geworden  war,  zunächst  einzudampfen,  der  Rückstand  zum 
Vertreiben  der  Ammonsalze  gelinde  zu  erhitzen  und  dann  in  AVasser 
oder  verdünnter  Salzsäure  zu  lösen. 

Nach  Vertreibung  der  Ammonsalze  kann  man  auf  Kalium  in  salz- 
saurer Lösung  mit  Platinchlorid  prüfen,  das  mit  Kalium-  (wie  mit 
Ammonium-)  Salzen  einen  gelben  krystallinischeu  Niederschlag  von 
Kaliumplatinchlorid  gibt. 

Außerdem  fällt  Weinsäure  und  Natriumacetat  farbloses  krystal- 
linisches Kaliumbitartrat. 

II.  Saure  Bestandteile. 

Zu  S.  400. 
Für  die  Prüfung  auf  die  sauren  Bestandteile  läßt  sich,  wenn  die 
Asche  völlig  in  Wasser  löshch  ist,  ohne  weiters  die  wässerige  Lösung 
benutzen;  für  die  meisten  hier  in  Betracht  kommenden  Reaktionen  ist 
auch  eine  Lösung  in  verdünnter  Salpetersäure  brauchbar.  Will  man  eine 
für  alle  Reaktionen  brauchbare  Lösung  haben,  kocht  man  die  Asche,  falls 


Ergänzimgen  zur  Aschenanalyse.  lOfiö 

sie  selber  in  AVasser  nicht  v(311i,i>  löslich  ist.  einige  Zeit  mit  Natrium- 
carbonatlösunj^'  und  filtriert.  Die  sauren  Bestandteile  sind  dann  alle  als 
Natriunisalze  in  der  Lösunfi'  und  Averden  darin  nach  Ansäiieiii  mit  Kssij,'- 
säiire  oder  Salpetersäure  und  Vertreiben  dci-  Kohlcn.siurc  durch  Kiliit/cn 
nachiitn^iesen. 

Hier  soll  nur  noch  einmal  der  Nachweis  einiger  Siiui-en  kuiz  be- 
sprochen werden.  Für  Chloride  ist  besonders  charakteristisch,  ilall  der 
weiße,  käsige  Silberniederschlag  in  Ammoniak  sehr  leicht  lösMcli  ist 
und  beim  Ansäuern  mit  Salpetersäure  wieder  erscheinl.  l>t  der 
Silberniederschlag  in  salpetersaurer  Lösung  nicht  rein  weiß  (gelblich)  und 
in  Ammoniak  schwerer  oder  teilweise  unlöslich,  so  liegen  inich  Hroinide 
und  Jodide  vor.  Diese  werden  in  kleinen  Mengen  am  sichersten  dadurch 
erkannt,  daß  man  die  Halogene  in  Freiheit  setzt  und  mit  Chloiofoi-ni  aus- 
schüttelt; dabei  löst  sich  Brom  mit  brauner,  Jod  mit  violetler  Farbe. 

Zu  S.  401.  Durch  Chlorwasser  werden  beide  frei  gemacht,  und  es 
ist  schwer,  auf  diese  Weise  wenig  Jod  neben  Brom  zu  erkennen.  Setzt  man 
vorsichtig  Chlorwasser  hinzu,  so  erscheint  im  Chloroform  zunächst  zwar 
nur  die  violette  Jodfarbe;  sie  verschwindet  jedoch  mit  überschüssigem 
Chlorwasser  sofort  (unter  Bildung  von  last  farblosem  Jodtrichlorid).  um  der 
braunen  Bromfarbe  Platz  zu  machen. 

Aber  man  hat  mehrere  Reagenzien,  die  nur  Jod  in  Freiheit 
setzen,  so  daß  man  mit  deren  Hilfe  auch  die  kleinste  Jodmenge  leicht  er- 
kennen kann.  Derartige  Reagenzien  sind:  Wasserstoffsuperoxyd. 
Kaliumbichromat,  Kalium nitrit,  die  man  tropfenweise  zu  der  sauren 
Lösung  hinzusetzt.  Auch  eisenchloridhaltige  Salzsäure  (Obermei/ersches 
Reagens  =  4 ^  Fe CI3  in  1^  rauchender  Salzsäure)  läßt  sich  zu  die.^em 
Zweck  verwenden.  Zur  weiteren  Prüfung  auf  Brom  fügt  man  dann  Chlor- 
wasser hinzu. 

Zu  S.401.  Zum  Nachweis  von  Fluor  verfährt  man  nach  G.  Tamnmnn'^) 
in  der  Weise,  daß  man  die  Substanz  mit  etwas  Quarzpulver,  innig  gemengt, 
in  einen  kleinen  Ballon  mit  dreifach  durchbohrtem  Stopfen  bringt,  durch  einen 
Scheidetrichter  konzentrierte  Schwefelsäure  hinzulaufen  läßt  und  er- 
hitzt. Ein  Strom  trockner  Luft  durch  ein  nach  unten  führendes  Rohr 
nimmt  das  etwa  gebildete  Siliciumfluorid  durch  eine  in  der  dritten 
Korkbohrung  steckende  enge,  zweifach  gelegene  Röhre  mit  in  ein  (iefäß 
mit  Wasser.  Dicht  über  dem  benetzten  Teile  der  Röhre  wii'd  das  (ias  durch 
die  Feuchtigkeit  zersetzt  und  scheidet  gallertartige  weil'e  Kieselsäure  au 
der  Röhrenwandung  ab.  So  ist  noch  O"!  mg  Fluor  deutlich  nachweisbar. 

Zu  S.  401.  Die  Bildung  von  Siliciumfluorid  kann  mau  auch  zum  Nachweis 
von  Kieselsäure  benutzen.  Man  bringt  den  beim  mehrfachen  Abdampfen  mit 
Salzsäure  unlöslich  ])leibenden  Rückstaiul  mit  etwas  Kalium-  oder  Cal- 
ciumfluorid   zunächst    in    einen    Platintiegel,    gießt    konzentrierte 


1)  G.  Tammami,  Über  das  Vorkommen  des  Fhiors  in  Organismen.    Zeitsciirift  f. 
physiolog.  Chemie.  12  (1888).  322. 


]^066  Georg  Lockemaun. 

Schwefelsäure  hinzu  und  erhitzt  gelinde,  während  man  über  dem  Tiegel 
ein  Stück  Glas  (Uhrglas  oder  dgi.)  mit  einem  oder  einigen  Tropfen  Wasser 
hält.  Die  Kieselsäure  scheidet  sich  dann  in  dem  Wassertropfen  als  weiße 
Trübung  ab. 

Zur  Prüfung  auf  Borsäure  taucht  man  in  die  salz  saure  Lösung 
einen  Streifen  gelben  Curcumapapiers.  Dieser  nimmt  besonders  beim 
Trocknen  eine  braunrote  Färbung  an,  die  beim  Betupfen  mit  Ammoniak 
in  Blau  übergeht. 

Eine  weitere  charakteristische  Borsäurereaktion  ist  die  Grünfärbung 
der  Flamme  durch  flüchtige  Borverbindnngen.  Man  mischt  die  Substanz  mit 
Methylalkohol  und  konzentrierter  Schwefelsäure  in  einem  Reagenz- 
glase und  erhitzt  vorsichtig:  die  entweichenden  Dämpfe  werden  entzündet 
und  geben  (bei  Gegenwart  des  flüchtigen  Borsäureesters  B(OCH3)3)  eine 
grüngesäumte  Flamme.  Am  besten  läßt  sich  dieser  Versuch  mit  Hilfe 
einer  Beckmannschen  Spektrallampe  ausführen  (siehe  oben),  indem 
man  das  Gemisch  mit  Alkohol  und  konzentrierter  Schwefelsäure  in  den 
gläsernen  Zerstäuber  bringt.  Der  Luftstrom  führt  die  Borsäureesterdämpfe 
mit  in  die  Flamme,  welche  dann  im  ganzen  grün  gefärbt  wird. 

Ln  Anschluß  hieran  sei  noch  der  Nachweis  von  Quecksilber  und 
Arsen  besprochen,  für  die  besondere  Prüfuugsmethoden  erforderlich  sind. 

Nachweis  von  Quecksilber. 

Da  sich  die  Quecksilberverbindungen  beim  trocknen  Erhitzen  ver- 
flüchtigen, so  ist  die  Glühasche  zur  Prüfung  auf  Quecksilber  ungeeignet 
und  man  muß  dazu  einen  besonderen  Teil  der  ursprünglichen  Sub- 
stanz verwenden.  Um  das  Quecksilber  eventuell  aus  komplexorganischen 
Verbindungen  erst  frei  zu  machen,  ist  es  notwendig,  die  organische 
Substanz  in  geeigneter  Weise  auf  nassem  Wege  zu  zerstören.  Das  ge- 
schieht am  einfachsten  nach  dem  Verfahren  von  B.  Fresenius  und  L.  d.  Babo  \) 
durch  Behandeln  mit  Salzsäure  und  Kaliurachlorat.  Man  versetzt  die 
Flüssigkeit  oder,  falls  es  sich  um  Fleisch  u.  clgl.  handelt,  die  zerkleinerte 
und  mit  Wasser  angerührte  Substanz  in  einem  Erlenmeyerkolben  mit  kon- 
zentrierter Salzsäure,  fügt  etwas  Kaliumchlorat  hinzu  und  erhitzt  auf 
dem  Wasserbade.  Das  weitere  Hinzufügen  von  Kaliumchlorat  geschieht  am 
bequemsten  in  der  Weise,  daß  man  eine  gesättigte  wässerige  Lösung 
(ca.  5"/o  KCIO3)  aus  einem  Tropf trichter  allmählich  hinzutropfen  läßt.  Den 
Tropftrichter  kann  man  nebst  einem  Steigrohr  in  einem  doppelt  durch- 
bohrten Stopfen  auf  den  Kolben  aufsetzen  oder  in  einem  einfach  durch- 
bohrten Stopfen  auf  einen  Kolben  mit  seitlichem  Ansatz,  der  dann  das 
Steigrohr  aufnimmt. 

Den  Zulauf  der  Kaliumchloratlösung  regelt  man  so,  daß  dauernd 
möglichst    alles  Chlor    in   dem  Zerstörungsgemisch    verbraucht    wird   und 

*)  i?.  Fresenius  und  L.  v.  Baho ,  Über  ein  neues,  unter  allen  Umständen  sicheres 
VerfaLreu  zur  Ausmittlung  und  quantitativen  Bestimmung  des  Arsens  bei  Vergiftuugs- 
fällen.  Liebigs  Annalen.  49  (1844).  308. 


Ergänzungen  zur  Asdienanalyse.  10<»7 

nichts  oder  wonig  entweicht.  Das  naszierende  Chh)r  löst  die  organischen 
Verbinchingen  auf  und  führt  alhnählich  alles  oder  den  grollten  Teil  der 
Substanz  in  eine  gelbliche  Lösung  über.  Nötigenfalls  niui;  noch  etwas  Salz- 
säure nachgefügt  werden.  Zum  Schlul'.  treibt  man  durch  liingeres  Erhitzen 
und  eventuell  durch  Einleiten  von  Kohlensäure  (\:\^  üboi-schüssige  Chlor 
aus  und  filtriert  von  nicht  gelösten  Teilen  ab. 

In  dieser  Lösung  kann  man  nun  das  (Quecksilber  w'w  amlere  Schwer- 
metalle durch  Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  fällen.  Der  schwarze 
Mercurisulfidniederschlag,  der  abfiltriert  und  mit  schwefelwasserstoff- 
haltigem  Wasser  ausgewaschen  wird  (mit  reinem,  kaltem  Was.ser  geht  er 
leicht  kolloidal  in  Lösung),  ist  in  verdünnter  Salpetersäure  auch  beim 
Erwärmen  unlöslich,  löst  sich  aber  in  Königswasser.  Diese  Lösung  (bei 
Verwendung  größerer  Säuremengon  wird  der  ÜberschulJ  erst  wieder  abge- 
dampft) mit  Wasser  verdünnt  gibt  die  charakteristischen  Quecksilber- 
reaktionen : 

In  einer  Probe  fällt  Zinnchlorürlösung  weißes  Mercurochlorid 
oder  graues  Quecksilber. 

Ein  Stück  Blech  oder  Draht  aus  Kupfer  oder  Messing  überzieht 
sich  in  der  Lösung  mit  grauem  metallischen  Quecksilber,  welches 
beim  Reiben  mit  etwas  Fließpapier  oder  Daumwolle  spiegell)lank  wiid.  Rollt 
man  das  getrocknete  Blech  oder  den  Draht  zusammen  und  erhitzt  das 
verquickte  Metall  vorsichtig  in  einem  (iUihröhrclien,  so  entweicht  das  Queck- 
silber und  setzt  sich  in  dem  kälteren  Teil  des  Röhrchens  als  grauer  Be- 
schlag ab.  Unter  der  Lupe  oder  dem  Mikroskop  kann  man  die  einzelnen 
Quecksilberkügelchen  erkennen.  Bringt  man  auf  den  Boden  des  Olührölir- 
chens  zunächst  ein  Stückchen  Jod  und  dann  darüber  das  verquickte  Metall. 
so  kann  man  durch  gelindes  Erwärmen  (am  besten  über  der  kleinen  Zünd- 
flamme eines  Bunsenbrenners)  das  Jod  verdampfen  und  durch  Einwirkung 
der  Joddämpfe  auf  das  Quecksilber  Qu  eck  Silber  Jodid  Itilden,  welches 
dann  beim  stärkeren  Erhitzen  sublimiert  und  sich  an  der  kühleren  (ilas- 
wandung  als  gelber,  allmählich  rot  werdender  Beschlag  ansetzt. 

Man  braucht  auch  das  Quecksilber  nicht  erst  mit  Schwefelwasserstoff 
auszufällen,  sondern  kann  die  Zerstörungslösung  gleich  mit  Kupfer  oder 
Messing  in  der  angegebenen  Weise  prüfen;  indem  man  (nach  völligem 
Au.streiben  des  Chlors)  die  Lösung  mit  dem  Metall  I  -2  Stunden  auf  <lem 
Wasserbade  erwärmt. 

Bei  Harn  kann  man  auch  meistens  das  Behandeln  mit  Salzsäure  und 
Kaliumchlorat  unterlassen,  indem  man  nur  mit  Salzsäure  versetzt  und 
dann  die  Prüfung  ausführt.  I\nthält  der  Harn  sehr  wenig  Quecksilbe]-,  so 
verfährt  man  nach  A.Almen^}  am  besten  in  der  Weise,  daß  man  nach 
Zusatz  von  Natronlauge  und  Traubenzucker  einige  Zeit  kocht.  Da- 
durch wird  das  Quecksilber  reduziert  und  von  den  sich  ausscheidenden 


1)  A.  Almht,  Eine  Methode  zum  Nachweis  von  mininiakMi  Mengou  (^)uocksilbcr 
im  Harn  und  in  Gemengen  von  orLranisclien  Substanzen.  Svenska  Lakaresalskapets 
förhandlingar.  1885.  142;  Referat  Mali/s  Jahreslterichte  der   l'iercliemie.  1886.  221. 


1068 


Georsr  Lockeuiaun. 


'ö 


Phosphaten  beim  Abkühlen  mit  niedergerissen.  Nach  vollständigem  Ab- 
sitzen gießt  man  die  Flüssigkeit  vorsichtig  ab,  filtriert  den  Rest  und  löst 
den  Niederschlag  in  heißer  Salzsäure  (unter  Zusatz  von  etwas  Sal- 
petersäure). In  dieser  Lösung  wird  dann  das  Quecksilber  ganz  ebenso  nach- 
gewiesen, wie  oben  angegeben.  (Empfindlichkeit:  1  Teil  Quecksilber  in 
10,000.000  Teilen  Harn  oder  Milch.) 

Nachweis  toii  Arsen. 

Wie  für  die  Prüfung  auf  Quecksilber  benutzt  mau  auch  für  die  Prü- 
fung auf  Arsen  am  vorteilhaftesten  einen  Teil  der  ursprünglichen 
organischen  Substanz,  da  bei  der  Veraschung,  wenn  diese  ohne  Zusatz 
von  Oxydationsmitteln  (Ammonnitrat  usw.)  ausgeführt  wird,  das  Arsen  als 
flüchtiges  Trioxyd  teilweise  oder  ganz  entweicht. 

Die  einfachste  Methode  ist  der  biologische  Arsennachweis  nach 
E.  Gosio  ^ ).  Dieser  besteht  darin,  daß  man  einen  besonderen  Schimmelpilz, 
den  Penicillium  brevicaule.  der  besonders  gut  auf  feuchten  Brotkrumen 
gedeiht,  auf  der  zu  prüfenden,  mit  Wasser  und  Brot  gemischten,  steriH- 
sierten  Substanz  ansiedelt.  Harn  läßt  man  z.  B.  direkt  durch  trockenes  Brot 
aufsaugen.  Bei  Anwesenheit  von  Arsen  wird  dann  durch  die  biologische 
Tätigkeit  des  Schimmelpilzes  ein  giftiges  Gas  von  knoblauchartigem 
Geruch  (organische  Arsenverbindung,  wahrscheinlich  Diäthylarsin 
(CjHslaAsH-)  entwickelt.  In  günstigen  Fällen  soll  sich  noch  O'OOl  mg  ASoOg 
durch  einen  deutlichen  Geruch  (nach  zwei  Tagen)  erkennbar  machen;  in 
Wirküchkeit  scheint  die  Methode  aber  nicht  so  empfindhch  zu  sein.  Sie 
bietet  auch  sonst  nicht  die  objektive  Sicherheit  wie  andere  chemische  Re- 
aktionen. Ferner  ist  zu  berücksichtigen,  daß  der  Pilz  Penicillium  brevicaule 
zwar  nicht  mit  schwefel-,  phosphor-,  antimon-.  wismuthaltigen  Verbin- 
dungen, wohl  aber  mit  Selen-  und  Tellur  Verbindungen  Gase  von  ähn- 
lichem, knoblauchartigem  Geruch  entwickelt. 

Diese  biologische  Nachweismethode  hat  den  grolJen  Vorzug,  daß  man 
die  organische  Substanz  ohne  weitere  chemische  Eingriffe  (ohne  .Zer- 
störung" j  der  Prüfung  unterwerfen  kann ;  doch  ist  sie  aus  den  angeführten 
Gründen  nur  mit  besonderer  Vorsicht  anzuwenden. 


^)  R.  Gosio,  Zur  Frage,  wodurch  die  Giftigkeit  arsenhaltiger  Tapeten  bedingt  \Yird. 
Berichte  d.  Deutsch,  ehem.  Gesellsch.  30  (1897).  1024.  Weitere  Arbeiten  hierüber:  F.  Ahba, 
Über  die  Feinheit  der  biologischen  Methode  beim  Nachweis  des  Arseniks.  Zentralbl.  f. 
Bakter.  u.  Parasitenk.  II.  4  (1898).  806  ;  W.  ScJioItz,  Über  den  Nachweis  von  Arsen  auf 
biologischem  Wege  in  den  Hautschuppen,  Haaren,  Schweiß  und  Urin.  Berl.  klin. 
Wochenschr.  36  (1899).  913;  B.  Abel  und  P.  BiMenherg ,  Über  die  Einwirkung  von 
Schimmelpilzen  auf  Arsen  und  seine  Verbindungen.  Der  Nachweis  von  Arsen  auf  bio- 
logischem Wege.  Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infektionskrankh.  32  (1899)  449;  Marpmann,  Über 
die  biochemische  Arsenreaktion.  Pharmaz.  Zentralh.  41  (1900)  666;  B.  Galli-VaUerio  und 
C.  Strzyzowshi,  Über  den  biologischen  Arsennachweis.  Pharm.  Post.  33  (1900).  637,  649. 

^)  P.  Biginelli,  Zusammensetzung  und  chemische  Konstitution  des  arsenikhaltigen 
Gases  der  Tapeten.  Atti  R.  Accad.  dei  Lincei  Roma  (5.)  9  (1900).  II.  210  und  242; 
Referat:  Chem.  Zentralbl.  1900.  IL  1067  u.  1100. 


Ergänzungen  zur  Aschenanalyse.  lUO'J 

Zur  Scheidung  des  Arsens  von  anderen  Stoffen  kann  man  sich  in 
vielen  Fällen  des  ursprünglich  von  Schneider  und  von  F//se  antrcgchenen  I)e- 
stilliorverfahrens  bedienen,  welches  auf  der  grol'.en  Fliiclitigkcit  des 
Arsenchlorürs  beruht.  Dieses  Verfahren  ist  dann  durcli  JJ.  Fisr/i,r^}  auch 
für  Arsensäure  brauchbar  gemacht,  indem  er  Kisenchlorür  als  Ucduktioiis- 
mittel  verwendete,  und  von  verschiedenen  auderen  Forschern')  weiterhin 
modifiziert.  Die  Substanz  wird  mit  starker  Salzsäure  und  etwas  Kisen- 
chlorür (man  kann  natürlich  auch  ein  anderes  Ferrosalz.  /..  U.  Fciro- 
sulfat  verwenden)  in  einem  Destillierkolben  erhitzt  und  das  Destillat 
(AsCI;,)  unter  guter  Kühlung  in  Wasser  oder  in  einer  anderen  geeigneten 
Flüssigkeit  aufgefangen.  So  läßt  sich  Arsen  z.  11.  auch  von  Antimon  und 
Zinn  scharf  trennen.  Vorteilhaft  ist  der  Zusatz  von  etwas  P>rom Wasser- 
stoff bzw.  Kaliumbroniid,  wodurch  nach  B.  Biinsen")  die  lleduktion  sein- 
beschleunigt  wird. 

Zur  Untersuchung  größerer  Harnmengen  vei-fährt  man  z.  B. 
in  der  Weise,  daß  man  den  Harn  zunächst  auf  dem  Wasserbade  möglichst 
weit  eindampft,  ihn  nötigenfalls  mit  Salzsäure  und  Kaliumchlorat  be- 
handelt, das  überschüssige  Chlor  vertreibt,  den  Rückstand  mit  konzen- 
trierter Salzsäure  (..für  forensische  Zwecke"),  einigen  Grammen  Ferro- 
sulfat  und  wenig  Kaliumbroniid  versetzt  und  in  einem  geeigneten  De- 
stillationsgefäß mit  angeschlossenem  guten  Kühler  erhitzt.  Im  Destillat 
wird  dann  das  Arsen  durch  Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  oder 
durch  eine  andere  charakteristische  Reaktion  nachgewiesen. 

Diese  Methode  ist  wohl  für  größere  Arsenmengen  geeignet,  aber  in 
den  Fällen  unbrauchbar,  wo  es  sich  darum  handelt,  auf  die  kleinsten  Sparen 
Arsen  zu  prüfen.  Denn  die  Salzsäure  ist  auch  in  ihren  reinsten  Präparaten 
immer  noch  arsenhaltig,  so  daß  man,  wenn  man  nur  genügend  scharfe 
Nachweismethoden  benutzt,  auf  diese  Weise  stets  eine  Arsenreaktion  er- 
halten muß.  (Siehe  weiter  unten.) 

Ein  Verfahren  zum  schnellen  Nachweis  kleiner  Arsenmengen 
in  einer  Flüssigkeit  hat  C.  E.  Carlson*)  angegeben.  Beim  Einleiten  vim 
Schwefelwasserstoff  scheidet  sich  bei  sehr  kleinen  Arsenmengen  der  Sul- 
fidniederschlag nicht  sofort,  sondern  erst  nach  längerem  Stehen  (12  bis 
24  Stunden)  ab.  Schüttelt  man  aber  solch  eine  mit  Schwefelwasserstoff 
behandelte,  bzw.  mit  Schwefelwasserstoffwasser  versetzte  Lösung  mit  Ath\  1- 
äther,   so  ballt  sich  das  Schwefelarsen  zu  kleinen  Flocken    zusammen. 


1)  E.  Fischer,  Scheidung  und  Bestimmung  des  Arsens.  Berichte  d.  Dcutscli.  ehem. 
Gesellsch.  13  (1880).  1778;  Liehigs  Annal.  208  (1881).  1%. 

^)  F.  Huf  Schmidt,  'Luv  Trennung  des  Arsens  von  Zinn  und  Antimon  Berichte 
d.  Deutsch,  ehem.  Gesellsch.  17(1884).  2245;  Alex.  Classen  u.  Hob.  Ludin<j,  guantitutive 
Analyse  durch  Elektrolyse.  Ihid.  18  (1885).  1112;  Martin  Hohmcr,  Schci.lune  des  Arsens. 
Ihid.  34  (1901).  33. 

3)  R.Bunsen,  Liehigs  Annal.  192  (1878).  321. 

*)  C.  E.  Carlson  (Lund),  Eine  neue  Methode  zum  h>iclitfii  Nachweis  und  zur 
raschen  Ausscheidung  von  Arsen  und  gewissen  Metallsalzen  aus  Flüssigkeiten.  Zeitschr. 
f.  physiolog.  Chemie.  68  (1910).  243. 


j^QYO  Georg  Lock 0 mann. 

welche  in  der  Ätherschicht  herumschwimmen.  In  100  cm^  Lösung  ist  auf 
diese  Weise  noch  O'l  w^r  As  in  ein  paar  ^Minuten  nachzuweisen:  durch  Zu- 
satz von  Alkohol  läßt  sich  die  Empfindlichkeit  noch  steigern.  Bei  einem 
Arseugehalt  von  0"015  mg  As  in  100  cm^  lOVoiger  Salzsäure  sieht  man 
nach  dem  Schütteln  mit  Schwefelwasserstoffwasser  und  Äther  an  der  Grenz- 
fläche eine  goldig  schimmernde  Zone:  wird  nun  aber  Alkohol  hinzugegossen, 
so  rollt  sich  das  Arsensulfür  zusammen  und  schlägt  sich  in  leicht  kennt- 
lichen Flocken  nieder.  Diese  gelben  Flocken  verschwinden  beim  Um  schütteln, 
erscheinen  aber  auf  erneuten  Zusatz  von  Alkohol  wieder. 

Zum  Nachweis  des  Arsens  im  Harn  verfährt  Carhon  in  der 
Weise,  daß  er  das  Arsen  zunächst  in  der  oben  geschilderten  Weise  mit 
Salzsäure  abdestilliert.  Um  das  Übergehen  von  gelbgefärbten  Harnbestand- 
teilen zu  vermeiden  (die  das  Erkennen  des  Arsens  erschweren  würden), 
setzt  er  einige  Gramm  Eisenchlorid  hinzu:  z.  B.  zu  dem  Abdampfrück- 
stand von  500  cm^  Harn  60 — 70  rm»  konzentrierte  Salzsäure 
(spez.  Gew.  1'19),  10  g  Ferrichlorid  und  bg  Ferrosulfat.  Dieses  Ge- 
misch wird  in  einem  Kolben  von  etwa  700  cm"  Inhalt  erhitzt,  der  durch 
ein  zweifach  gebogenes  Glasrohr  mit  einer  Pipette  (ca.  )30  cm^)  verl)unden 
ist;  diese  taucht  unten  in  eisgekühltes  Wasser.  Es  wird  so  lange  destil- 
liert, bis  der  Pipettenbauch  heiß  geworden  ist.  Das  Destillat  wird  im 
Scheidetrichter  mit  15  cm^  Schwefelwasserstoffwasser  und  nach 
15  Minuten  mit  15  cw^  Alkohol  versetzt,  1 — 2  Minuten  kräftig  geschüttelt. 
Auf  Zusatz  von  Alkohol  erscheinen  dann  bei  Gegenwart  von  Arsen  schöne 
gelbe  Flocken.  Bleibt  die  Probe  negativ,  so  kann  dieses  auch  durch  or- 
ganische Substanz  verursacht  sein.  —  Andere  Metalle,  wie  Quecksilber, 
Blei  und  Kupfer,  zeigen  ein  ähnliches  Verhalten,  jedoch  sind  sie  schon  in- 
folge der  anderen  Farbe  ihrer  Sulfide  nicht  mit  Arsen  zu  verwechseln. 

Das  empfindlichste  Verfahren  zum  Nachweis  sehr  kleiner 
Arsenmengen  besteht  in  der  Überführung  in  Arsenwasserstoff  und 
Zerlegung  dieses  Gases  durch  eine  konzentrierte  Silberlösung  nach  H.  W. 
Gutzeit  1)  oder  durch  Glühen  in  einem  schwer  schmelzbaren  Glasrohr  nach 
Marsh-Liebig-). 

Die  Giitzeitsche  Eeaktioii  wird  in  der  Weise  ausgeführt,  daß  man 
in  einem  Reagenzglase  (oder  anderem  passenden  Gefäß,  Erlenmeyerkolben 
z.  B.)  die  zu  prüfende,  mit  Salzsäure  angesäuerte  Lösung  mit  einigen  Zink- 
stückchen zusammenbringt,  in  die  Öffnung  einen  losen  Wattebausch  hinein- 
schiebt und  dann  einen  Papierstreifen  mit  einem  Tropfen  konzentrierter 
Silbernitratlösung  (1:1)  darüber  legt.   Der   mit   dem  Wasserstoff  ent- 


^)  H.  W.  Gutzeit,  Bemerkungen  zur  Revision  der  Pharmacopoea  Germanica. 
Pharmazeut.  Zeitung.  1879.  263.  Ferner:  Poleck  und  Thiimmel,  Über  die  Arseuprobe 
der  Pharmacopoe   und  einige  neue  Silberverbindungeu.    Archiv  d.  Pharm.    22  (1884).   1. 

^)  James  Marsh,  Beschreibung  eines  neuen  Verfahrens,  um  kleine  Quantitäten 
Arsenik  von  den  Substanzen  abzuscheiden,  womit  er  gemischt  ist.  Edinburgh  New  Philos. 
Journ.  21  (1836).  229;  Liebigs  Anual.  d.  Pharm.  23  (1837).  207,  mit  Nachschrift  von 
P.  Mohr  und  J.  Liebig. 


Ergäuzuiigen  zur  Asclienanalyse.  lUTl 

wirkolte  Arsenwasserstoff  färbt  den  Silhornitratflock  zitronen  «reih  unter 
IJilduni^-  einer  r)oi)pelverl)indun^-  (A^g  As  +  ;5AgN(Jg):  um  den  f^n-liuMi  Fleck 
bildet  sich  ein  schwarzer  Hand  durch  Zersetznn"- der  Doppelverltindun;:. 
Jieim  liefeuchten  mit  Wasser  wird  der  ^^anze  i^-elbe  Fleck  schwarz  (Silber- 
abscheidung). Diese  G^w^^ei^sche  Probe,  die  recht  empfindlich  ist  (nach 
Becknrts^)  bis  zu  0'002  mg  AS2O3),  läßt  sich  nur  mit  kleiner  Fliissiü-keits- 
menge  anstellen:  auch  ist  ihr  Wert  etwas  dadurch  beeintriichtitrt.  daß 
andere  Gase  (z.  F).  H2S,  H3P)  mit  Silbernitrat   ähnliche  Färbun.L'en  flehen. 

Statt  Silbernitrat  läßt  sich  nach  Thomson'-)  auch  (Quecksilber- 
chlorid benutzen;  dieses  gibt  mit  Arsenwasserstoff  eine  •.»■elbbraune 
Verbindung.  Ch.  B.  Sanier  und  0.  F.  Bhick^)  emi)fehlen  Streifen  von 
M7w/»/a»schem  Zeichenpapier  mit  ö^/oiger  Lösung  von  (^)uecksilberchi()rid 
zu  sättigen  und  zu  trocknen;  mit  diesen  Streifen  lassen  sich  auch  (pianti- 
tative  Bestimmungen  ausführen. 

Der  Arsennaclnveis  nach  Marsh-Liebig  ist  im  Laufe  der  Jahre 
von  den  verschiedensten  Forschern  modifiziert  und  in  neuerer  Zeit  zu  der 
empfindlichsten  und  zuverlässigsten  Methode  ausgebildet  worden.  Sie  ist  in 
all  den  Fällen  nicht  zu  umgehen,  wo  es  sich  darum  handelt,  ganz  geringe 
Spuren  Arsen  mit  Sicherheit  nachzuweisen.  Für  diesen  Zweck  sind 
aber  auch  die  gewöhnlichen  Zerstörungsverfahren  für  die  organische  Sub- 
stanz und  die  Abscheidungsverfahren  für  das  Arsen  nicht  zu  gebrauchen, 
da  die  dazu  erforderlichen  Reagenzien  nicht  vöUig  arsenfrei  zu  erhalten 
sind.  Das  gilt  in  erster  Linie  für  die  Salzsäure:  denn  bei  genauer  Prü- 
fung findet  sich  auch  in  den  reinsten  Präparaten  („für  forensische 
Zwecke"  od.  dgl.)  der  besten  Firmen  immer  noch  Arsen,  soliald  man  nur 
mehr  als  etwa  20  cm^  untersucht.  Auch  in  größeren  Mengen  Schwefel- 
säure und  Salpetersäure,  wie  sie  z.  P.  für  das  NtumannsiihQ  Säuregemisch- 
Veraschungsverfahren  notwendig  sind,  ist  soviel  Arsen  enthalten,  daß 
dieses  bei  ganz  genauen  Untersuchungen  störend  wirkt. 

(Zu  S.  393.)  Für  solche  Fälle  ist  von  G.  Lockemann*)  ein  Verfahren 
angegeben,  welches  darin  besteht,  daß  man  die  organische  Substanz  nach 
Vorbehandlung  mit  wenig  Salpetersäure-Schwefelsäuregemisch  der  Sal- 
peterschmelze (mit  gereinigtem  Natrium-Kaliumnitiat)  unterwirft  und  in 
der  neutralisierten  Lösung  dieser  Schmelze  durch  Adsorption  mit  Eisen- 
hydroxyd das  Arsen  abscheidet:  dieses  wird  dann  im  Marshsdmn  Apparat 
nachgewiesen. 


')  H.  Bechnrts,  Jahresber.  d.  Pliarm.  1883/84.  475. 

-)  Thomson,  Royal  Commissiou  011  Aisenical  roisouini:.  F'iiial  Hi-port.  2  58. 
(London  1903). 

»)  Ch.  R.  San  (/er  und  O.  F.  Black,  Bestimmung  von  Arsen  liuicli  die  f.«//c<  »/sehe 
Methode.  Journ.  Soc.  Chem.  Ind. 26(1907).  1115;  Zoitsehr. f. anorgan. Chemie.»« (1908).  121. 

■*)  Dieses  Verfahren,  welches  in  der  ursprünglichen  Form  [G.  Lockemann,  Über 
den  Arsennachweis  mit  dem  J/orsÄschen  Apparate.  Zeitschrift  für  angewandte  Chemie. 
18  (190.-)).  416]  in  Band  1  dieses  Werkes,  S.  393— 39(j,  beschrieben  war.  ist  inzwischen 
in  mehrfacher  Beziehung  n'iodifiziert  und  soll  deswegen  hier  in  der  neuesten  Form 
noch  einmal  geschildert  werden. 


j^Q'j'2  Georg  Lockemann. 

Die  für  dieses  Salpeterschmelzverfahren  erforderlichen  Säuren 
erweisen  sich  in  den  hier  in  Betracht  kommenden  geringen  Mengen,  wenn 
man  die  reinsten  Kahlbauvischeii  Präparate  verwendet,  meistens  als  arsen- 
frei. Die  Alkalinitrate  werden  nötigenfalls  in  der  weiter  unten  beschrie- 
benen Weise  gereinigt. 

Prüfung  und  Peinigung  der  Chemikalien. 

Die  Schwefelsäure  prüft  man,  indem  man  sie  in  etwa  20''/oiger 
Lösung  in  den  Marshschen  Apparat  bringt  (s.  unten ),  und  zwar  mindestens 
in  solchen  Mengen,  wie  sie  für  die  einzelnen  Untersuchungen  zur  Xer- 
wendung  kommen. 

Die  rauchende  Salpetersäure  ist  natürhch  ohne  weiteres  zur 
Prüfung  im  Mars/iSichen  Apparat  nicht  zu  gebrauchen.  Eine  gemessene 
Menge  ( 10 — 20  cm^)  wird  mit  etwa  10%  konzentrierter  Schwefelsäure 
vermischt  und  in  einer  Porzellan  schale  auf  dem  Wasserbade  (mit  Por- 
zellanringen) vorsichtig  abgedampft.  Die  Erhitzung  wird  so  lange  fortge- 
setzt, bis  eine  Tüpfelprobe  des  Rückstandes  mit  Diphenylamin-Schwefel- 
säure  (1  Teil  Diphenylamin  in  100  Teilen  konzentrierter  Schwefelsäure) 
keine  Blaufärbung  mehr  ergibt. 

Der  Abdampf uugsrückstand  (Schwefelsäure)  wird,  mit  W' asser  ver- 
dünnt, im  Marshschen  Apparat  geprüft. 

Die  Nitrate  von  Natrium  und  Kalium  enthalten  meistens  Spuren 
von  Arsen,  die  sich  nach  dem  Eisenfällungsverfahren  nachweisen  lassen. 
In  neuerer  Zeit  liefert  allerdings  die  Firma  Kahlhaum  auch  Präparate, 
die  sich  in  den  hier  in  Betracht  kommenden  Mengen  als  arsenfrei  er- 
weisen. Jedoch  ist  es  immer  ratsam,  oder  bei  genauen  Versuchen 
notwendig,  sich  selbst  von  der  Arseufreiheit  zu  überzeugen,  da  auf  irgend 
eine  unkontrollierbare  Weise  geringe  Verunreinigungen  hineingeraten  sein 
könnten.  Die  Peinigung  der  Nitrate  wie  die  anderer  neutraler  Salze 
von  Arsen  geschieht  auf  Grund  der  von  G.  Lockemann  und  M.  Paucke 
ausgeführten  Untersuchungen  ^ )  durch  Fällung  von  Eisenhydroxyd  in 
ihren  abgekühlten  Lösungen.  Das  Arsen  wird  auf  diese  Weise  durch  die 
Adsorptionswirkung  des  Eisenhydroxyds  aus  der  Lösung  entfernt.  Hierzu  ist 
eine  Eisenlösung  und  eine  Ammoniaklösung  von  bestimmtem  Gehalt  nötig. 

Für  die  Eisenlösung  verwendet  man  am  besten  den  Eisenammoniak- 
alaun, das  krystahisierte  Ferriammoniumsulfat  (FeNHi  (804)3,  ISHgO). 
Von  diesem  Salz  Averden  226  (genau  225'6)  g  mit  destilliertem  Wasser  zu 
1  l  gelöst ;  1  cm^  dieser  Lösung  entspricht  50  mg  Fe  (0H)3  oder  10  cm^ 
entsprechen  O'ö  g  Fe(0H)3.  Nimmt  man  das  reinste  Kahlbaumsche  Prä- 
parat, so  ist  in  20  cm^  einer  derartigen  Lösung  kein  Arsen  nachzuweisen. 
Natürlich  könnte  man  auch  Lösungen  von  behebig  anderem,  aber  bekanntem 
Eisengehalt  verwenden. 


*)  G.  Lockemann  und  M.  Fauche,  Über  die  Adsorption  von  Arsen  durch  Aluminium- 
und  Eisenhydroxyd.  Zeitschr.  f.  Chemie  u.  Industrie  d.  Kolloide.  Bd.  8  (1911).  273. 


Ergänzungeu  zur  Aschenatuilyse.  1073 

Der  Ammoniaklüsunj>'  «ilbt  man  eine  derartige  Konzentration,  dai; 
zur  Fällung  eines  Volumens  Eisenlösung  das  glciclic  \'olnmen  Ammoniak- 
lösung erforderlich  ist.  Es  hat  sich  bei  den  oben  crwiihntcn  systcmatischi-n 
Versuchen  über  die  Adsorption  des  Arsens  durch  Eiscnliydroxyd  heraus- 
gestellt, daß  die  Adsorption  am  besten  verläuft,  wenn  genau  die  stöchio- 
metrischen  Mengen  Ammoniak  zur  Anwendung  kommen,  dal'.,  mit  anderen 
Worten,  ein  größerer  Überschuß  des  Fällungsmittels  nachteilig  wirkt.  I>cr 
Eisenlösung  von  dem  angegebenen  Gehalt  würde  eine  Lösung  iMpiivalcnt 
sein  von  2o-'J  </  Ammoniak  im  Liter,  d.  i.  1-404  noi-mal.  Da  nun  beim 
längeren  Aufbewahren  und  wiederholten  Offnen  der  Flasche  immer  ein 
gewisser  Teil  Ammoniak  sich  verflüchtigt  und  da  andi-erseits  ein  ge- 
ringer Überschuß  für  die  Adsorptionswirkung  nicht  besondei-s  nachteilig 
ist,  so  wird  man  die  Ammonialdösung  in  der  Weise  am  einfachsten  her- 
stellen, daß  man  eine  lü«/oige  Lösung  auf  das  4fache  verdünnt,  sodaß 
man  eine  Lösung  von  ca.  2"5''/o^H3=  1-47  n  erhält.  Man  iniift  durch 
Titration  mit  Normalsäure  (Lackmus  oder  Methylorange  als  Indikator): 
wenn  10  ok^  Ammoniaklösung  ca.  I4"5  (zwischen  14  und  lö)  mi^  1  n-Sänre 
verbrauchen,  dann  ist  die  Lösung  i'ichtig  eingestellt. 

Da  nun  die  Ammoniaklösungen  durchweg  auch  einen  gewissen 
Arsengehalt  haben,  so  ist  es  ratsam,  entweder  die  ursprüngliche  Ammoniak- 
lösung zunächst  längere  Zeit  mit  frisch  gefälltem,  ausgewaschenem  Eisen- 
hydroxyd zu  schütteln  oder  die  (iebrauchslösung  dauernd  über  einer  ge- 
wissen Menge  Eisenhydroxyd  aufzubewahren,  wobei  die  Flasche  von  Zeit 
zu  Zeit  umzuschüttein  und  die  jedesmal  zu  verwendende  Menge  Ammoniak- 
lösung zunächst  zu  filtrieren  ist.  Zur  Prüfung  der  Ammoniaklösung  ver- 
dampft man  ein  bestimmtes  Volumen  auf  dem  Wasserbade  nicht  ganz  zur 
Trockne;  der  Rückstand  wird  mit  etwas  verdünnter  Schwefelsäure  aufge- 
nommen und  in  den  Marshschen  Apparat  gebracht. 

Diese  Eisen-  und  Ammoniaklösungen  werden  auch  für  die  Ab- 
scheidung des  Arsens  zum  Nachweis  und  zu  seiner  Bestimmung  benutzt 
(s.  unten). 

Die  Reinigung  des  Natrium-  und  Kaliumnitrats  führt  mau 
nun  in  der  Weise  aus.  daß  man  diese  Salze  in  Wasser  löst.  z.  II.  .')0(i  y 
NaNO;^  in  650  cm^.  500  -/  KNO3  in  3  /  Wasser,  zu  den  Lösungen  je  eine 
bestimmte  Menge  Eisenlösung,  z.  B.  25  cm.^,  hinzufügt  und  sie  unter  Um- 
rühren in  Eis  abkühlt.  In  der  Kälte  wird  daini  durch  Zusatz  des  gleichen 
Volumens  Ammoniaklösung  das  Eisenhydroxyd  ausgefällt  und  nach  kurzem 
Stehen  durch  ein  Faltenfilter  filtriert.  Das  Filtrat  wird  in  gleicher  Weise, 
aber  nur  mit  10  ciu^  Eisen-  und  Ammoniaklösung  behandelt.  Dieser  zweite 
Eisenhydroxydniederschlag  dient  zur  Prüfung,  ob  die  Salpeterlösungen 
nunmehr  arsenfrei  sind.  Er  wird  auf  dem  Filter  mit  kaltem  Wasser  aus- 
gewaschen, bis  das  ablaufende  Waschwasser  mit  Diphenylamin-Schwefel- 
säure  bei  der  Tüpfelprobe  auf  Porzellan  keine  P.laufärbung  mehr  gibt. 

Das  Eisenhydroxyd  wird  sodann  in  etwa  25  cw'  heißer  20"  ois-'t"i" 
Schwefelsäure    gelöst,    und    diese    Lösung    wird    nach    dem    .Vbkühlen    im 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  68 


1074 


Georff  Lockemann. 


■■o 


3Iarshschen  Apparat  geprüft  (s.  unten).  Sollte  bei  dieser  Kontrolle  noch 
Arsen  gefunden  ^verden,  so  müßten  die  Salpeterlösungen  noch  einmal  mit 
einer  größeren  Menge  Eisen-  und  Ammoniaklösung  behandelt  werden,  bis 
die  letzte  Kontrolle  die  Arsenfreiheit  erweist. 

Die  Fällung  des  Eisenhydroxyds  kann  man  auch  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  ausführen,  doch  wird  die  AdsorptionsTNirkung  durch  die  Eis- 
kühlung noch  gesteigert. 

Die  auf  diese  Weise  gereinigten  und  geprüften  Salpeterlösungen 
werden  nun  teils  als  Lösungen  aufbewahrt  (etwa  zur  Hälfte),  teils  zur  Ge- 
winnung der  festen  Salze  eingedampft.  Durch  Bestimmung  des  spezifischen 
Gewichtes  kann  man  leicht  den  Salzgehalt  der  durch  die  lieinigungs- 
methode  etwas  verdünnten  Lösungen  erfahren.  Ist  man  den  hier  ge- 
machten Angaben  gefolgt,  so  wird  man  durch  Vermischen  äquivalenter 
Lösungsmengen  (etwa  der  Hälften  der  beiden  Lösungen)  eine  Lösung 
von  etwa  23o/o  Natriumkaliumnitrat  erhalten. 

Die  anderen  Hälften  der  Lösungen  engt  man  in  Schalen  auf  dem 
Wasserbade  ein,  bis  der  größte  Teil  der  Salze  ausgeschieden  ist.  Nach 
dem  Erkalten  trocknet  man  die  Salze  an  der  Luft  auf  mehrfachen  Lagen 
Fheßpapier  und  mischt  gleiche  Teile  miteinander.  Dieses  Salzgemisch  wird 
in  einer  Pulverflasche  aufbewahrt,  um  für  die  Salpeterschmelze  verwendet 
zu  werden. 

Zerstörung    der     organischen     Substanz     nach     dem     Salpeter- 
schmelzverfahren. 

Der  erste  Teil  des  Zerstörungsverfalirens,  die  Säurebehandlung, 
muß  je  nach  Art  des  Untersuchungsobjektes  etwas  modifiziert  werden, 
wie  das  aus  den  weiter  unten  beschriebenen  Beispielen  hervorgeht. 

Für  die  eigentliche  Salpeterschmelze  lassen  sich  Geräte  aus 
Kupfer,  Nickel,  Silber  nicht  verwenden,  da  sie  durch  den  schmelzenden 
Salpeter  angegriffen  werden.  Auch  die  Quarzgefäße  sind  für  diesen  Zweck 
unbrauchbar;  sie  zerspringen  beim  Abkühlen,  selbst  wenn  man  die  Haupt- 
menge der  Schmelze  heiß  ausgießt. 

Porzellantiegel  haben  sich  dagegen  noch  besser  bewährt.  Zwar 
zerspringen  sie  auch  meistens,  wenn  man  die  ganze  Schmelze  darin  er- 
kalten läßt ;  gießt  man  aber  die  Hauptmasse  des  Schmelzflusses  aus  (etwa 
in  eine  Schale  mit  Wasser),  so  bleibt  der  Tiegel  beim  weiteren  Abkühlen 
unversehrt.  Man  kann  auch  so  verfahren,  daß  man,  statt  den  Schmelzfluß 
auszugießen,  in  die  eben  erstarrende  Schmelzmasse,  während  der  Tiegel  auf 
einer  Porzellanunterlage  (umgekehrtem  Tiegeldeckel  oder  Schale)  steht, 
vorsichtig  zunächst  wenig,  allmählich  mehr  kaltes  Wasser  hineinspritzt, 
so  daß  man  auf  diese  Weise  sogleich  eine  heißgesättigte  Salzlösung 
erhält,  i) 


*)  Dieses  Verfahren  wurde  von  Dr.  Hans  Winkler  ausprobiert. 


Ergänzungen  zur  Aschenanalysc.  1075 

Am  geeignetsten  iür  die  Salpetersclmicl/c  sind  jedoch  die  l'hitin- 
geräte,  da  diese  völlig  widerstandsfiihig  sind,  voraus}.M'setzt.  dali  man  niclit 
zu  stark  erhitzt.  Der  Platintiegcl  oder  die  I'iatinsclialc  wird  anf  ein 
sauberes  Tondreieck  (am  besten  mit  riatinhlechen  iimwiekdt)  gesetzt  und 
mit  einer  niclit  zu  großen  Flamme  erhitzt,  sodali  die  Salzschinelze  eben  noch 
im  Flui»  bleibt;  dann  wird  das  Tlatin  nicht  angegriffen.  Wegen  des  guten 
Wärmeleituiigsvermügens  ist  bei  Platin  schon  kein  so  starkes  Ki-liitzeii  not- 
wendig wie  bei  Porzellan,  um  die  Wärme  auch  auf  die  oberen  Teile  der  Seiteii- 
wandungen  zu  verteilen  und  das  Schmelzen  der  Masse  im  (iange  zu  hallen. 

An  einigen  Beispielen  soll  das  Zerstörungsverfahren  näher  er- 
läutert werden. 

1.  Harn. 

a)  Säurebehandlung.  Der  Harn  (in  einzelnen  Proben  od«'r  die 
ganze  Tagesmeuge)  wird  zunächst  gemessen  und  mit  Salpeter  ven^Jetzt. 
indem  man  10 — 15%  seines  Volumens  von  der  oben  beschriebenen  Sal- 
peterlösung (230/0  (NaKlNOg)  oder  2-5— S-öo/o  festes  Natriunikaliumnitrat 
hinzufügt;  dann  wird  das  Gemisch  in  einer  nicht  zu  grolien  Poizellanschale 
unter  wiederholtem  Xachfüllen  airf  dem  Wasserbade  eingedami)ft.  Bei 
Flüssigkeiten  ist  das  Vermischen  mit  Salpeter  von  vornherein  deshalb  vor- 
teilhaft, weil  dann  der  Trockenrückstand  die  organische  Substanz  gleich 
möglichst  innig  mit  dem  Salpeter  gemischt  enthält. 

Der  Abdampfrückstand  wird  (auf  einem  Wasserbade  mit  Poizellan- 
ringen  und  unter  einem  gut  ziehenden  Abzüge)  nach  und  nach  mit  einem 
Gemisch  von  9  Teilen  rauchender  Salpetersäure  und  1  Teil  konzentrierter 
Schwefelsäure  (Säuregemischj  behandelt.  Sollte  der  Abdampfrückstand 
schon  ganz  trocken  sein,  so  muß  er  zunächst  erst  wieder  etwas  ange- 
feuchtet werden,  da  sonst  die  Pieaktion  mit  dem  Säuregemisch  zu  lebhaft 
werden  und  zur  Entzündung  der  Masse  führen  kann.  \o\\  der  Säure  fügt 
man  tropfenweise  (aus  einem  INIeßzyHnder)  mit  wiederholten  Pausen  unter 
möglichst  gleichmäßiger  Verteilung  auf  den  ganzen  Schaleninhalt  so  viel 
hinzu,  daß  im  ganzen  etwa  P/^  der  Harnmenge,  jedoch  niclit  unter  örm» 
gebraucht  werden.  Man  erhidt  einen  gelbbraunen  Piückstand,  der  dann 
"weiterhin  mit  Salpeter  geschmolzen  wird. 

h)  Die  Salpeterschmelze  führt  man  in  der  Weise  aus,  daß  man 
in  einer  Schale  oder  einem  Tiegel  aus  Platin  oder  Porzellan  (s.  oben)  zu- 
nächst 5  —  10.^  gereinigtes  Natriumkaliumnitrat  nnt  möglichst  kleiner 
Flamme  zum  Schmelzen  bringt  und  dann  den  Abdanii)fiückstand  von  der 
Säurebehandlung  in  kleinen  Portionen  mit  einem  Platinspaiel  eintrugt, 
wobei  man  jedesmal  so  lange  wartet,  bis  nach  dem  Aufblähen  der  Schmelz- 
masse völlige  oder  fast  völlige  Veraschung  eingetreten  ist.  War  der  Ab- 
dampfrückstand gar  zu  trocken,  so  kann  bei  zu  schnellem  Hintragen  bi.s- 
weilen  Entzündung  eintreten.  Um  dieses  zu  vermeiden,  feuchtet  man  die 
Masse  etwas  an;  vielleicht  ist  es  auch  notwendig,  noch  etwas  Salpeter 
hinzuzufügen. 

CS* 


1076  Georg  Lockemaun. 

2.  Blut. 

a)  Säurebehaiullung.  Zur  vollständigen  Zerstörung-  des  Blutes  ist. 
wegen  des  hohen  Gehaltes  an  Eiweiß,  Hämoglobin  und  anderen  orga- 
nischen Stoffen  entsprechend  mehr  Salpeter  erforderlich.  Eine  Reihe  von 
Versuchen  zeigte,  daß  für  50  an^  Blut  150 — 200  cm'"  der  237oig(?n  Salpeter- 
lösung notwendig  sind,  also  das  3 — 4fache  Volumen  an  Lösung  oder  für 
1  Teil  Blut  Vi — 1  Teil  feste  Salpetermischung. 

Blutserum  braucht  etwas  weniger;  es  genügt  das  2 — ofache  Volumen 
an  Salpeterlösung  oder  V2 — V*  Teile  feste  Salpetermischung. 

Das  zu  untersuchende  Blut  oder  Serum  wird  mit  der  erforderlichen 
Menge  Salpeterlösung  vermischt  und  in  einer  PorzeUanschale  unter  wieder- 
holtem Umrühi'en  (da  sich  immer  wieder  eine  Decke  von  gerinnendem 
Eiweiß  abscheidet)  auf  dem  Wasserbade  eingedampft.  Bevor  das  Gemisch 
ganz  trocken  ist,  wird  es  vorsichtig  tropfenweise  mit  dem  Säuregemisch 
versetzt;  man  fügt  im  ganzen  etwa  10 — 20%  des  ursprünghchen  Blut- 
oder Serumvolumens  hinzu,  unter  möglichster  Verteilung  auf  die  ganze 
Masse.  Dabei  tritt  unter  Aufblähen  und  A'erfärben  der  Masse  ziemlich 
starke  Pieaktion  ein.  War  der  Abdami)frückstand  schon  völlig  trocken,  so 
muß  er  vor  der  Säurebehandlung  zunächst  erst  wieder  etwas  angefeuchtet 
werden,  da  sich  sonst  die  ganze  Masse  entzünden  kann. 

h)  Die  Salpeter  schmelze  wird  in  der  gleichen  Weise  ausgeführt 
v/ie  beim  Harn  angegeben.  Das  Eisen  des  Hämoglobins  scheidet  sich  in 
dem  unteren  Teil  der  Schmelze  als  rotbraunes  Oxyd  ab. 

3.  Organteile  (Fleisch). 

a)  Säurebehandlung.  Feste  (Jrganteile  (Fleisch)  werden  zunächst 
mit  sauberen  Messern  oder  Scheren  möglichst  zerkleinert  und  dann  in 
einer  Porzellanschale  auf  dem  Wasserbade  allmählich  mit  dem  Säuregemisch 
versetzt;  im  ganzen  wird  auf  1  Teil  Fleisch  etwa  Y2  Teil  Säuregemisch 
verwendet.  Dabei  verwandeln  sich  die  Organteile  unter  Aufblähen  in  eine 
dickflüssige  gelbhche  Masse.  Durch  zu  schnelles  Hinzufügen  der  Säure  kann 
unter  Rauchentwicklung  Verkohlung  eintreten. 

Der  Rückstand  der  Säurebehandlung  A^ird  dann  mit  soviel  Salpeter- 
lösung verrührt,  als  der  5 — 6fachen  Menge  der  ursprünghchen  Substanz 
entspricht,  so  daß  die  V|^ — iV^fache  Menge  festes  Salpetergemisch  zur 
Anwendung  kommt.  Beim  Eindampfen  dieser  Mischung  bleibt  zuletzt  ein 
gelber  krystallinischer  Rückstand. 

h)  Die  Salpeterschmelze  wird  in  der  gleichen  Weise  wie  unter 
1  und  2  ausgeführt. 

Abscheidung  des  Arsens  durch  Eisenhydroxyd. 

Zur  Abscheidung  des  Arsens  aus  der  Zerstörungsmasse  verfährt  man 
folgendermaßen :  Die  Salpeterschmelze  wird  mit  AVasser  in  ein  Becherglas 
gebracht  (hat  man  ein  Platingefäß  für  die  Schmelze  verwendet,  so  setzt 
man  dieses  am  besten  noch  heiß  in  kaltes  Wasser,  die  erstarrende  Schmelze 


Ergänzungen  zur  Aschenaaalysc.  1077 

löst  sich  dann  leicht  von  der  Wandung  ab)  und  unter  Erwärmen  «relöst. 
Dabei  fütit  man  unter  Umrühren  allmählich  aus  einem  Meljzylimh'r  ver- 
dünnte (20"/o)  Schwefelsäure  hinzu,  solange  sich  noch  Kohlensäure  und 
Stickoxvde  entwickeln:  man  prüft  mit  einem  Tropfen  auf  Lackinuspapier  und 
setzt  soviel  Säure  hinzu,  daß  die  Reaktion  schwach  sauer  bleibt.  Sind  dann 
alle  Gase  unter  Erhitzen  ausgetrieben,  so  läßt  man  erkalten,  fügt  einige 
Tropfen  Methylorange  hinzu  und  neutralisiert  die  Lösung  mit  Ammoniak. 

Da  die  Adsorptionswirkung  des  Eisenhydroxyds  mit  sinkender  Tem- 
peratur zunimmt,  so  ist  es  ratsam,  die  Lösung  durch  Einsetzen  in  Eis 
abzukühlen;  jedoch  ist  das  nicht  unbedingt  erforderlich.  Man  lädt  dann 
von  der  oben  erwähnten  Eisenlösung  (am  be^iuemsten  aus  einer  Bürette) 
eine  bestimmte  Anzalil  Kubikzentimeter  hinzulaufen,  und  nachdem  diese 
mit  der  Lösung  gleichmäßig  vermischt  sind,  fügt  man  dasselbe  N'olumen 
von  der  eingestellten  Ammoniaklösung  unter  rmrühren  hinzu. 

Bei  der  Bearbeitung  von  Harn  und  Fleisch  wird  in  der  ersten  Fäl- 
lung der  größte  Teil  des  Eisens  als  helles  Ferriphosphat  abgeschieden.  Da- 
durch wird  die  Adsorptionskraft  des  Eisens  für  Arsen  beeinträchtigt,  iiiul 
man  wii'd  in  solchen  Fällen  —  natürhch  je  nach  Menge  und  Arsengehalt 
des  Untersuchungsobjekts  und  nach  Menge  der  angewendeten  Eisenlösung 
—  das  Arsen  größtenteils  vielleicht  erst  in  der  zweiten  Fälhmg  finden. 

Der  Eisenniederschlag  wird  nach  etwa  halbstündigem  Stehen  abfiltriert 
und  zur  Entfernung  der  anhaftenden  Salpeterlösung  mit  kaltem  Wasser 
ausgewaschen,  bis  das  Waschwasser  mit  Diphenylamin  keine  Salpeter- 
reaktion mehr  gibt.  Dieses  Auswaschen  geht  bei  gewöhnlichen  Eisen- 
hydroxydfällungen ziemlich  schnell,  (hiuert  jedoch  bei  den  weniger  durch- 
lässigen Phosphatfällungen  länger.  Das  Waschwasser  fängt  man  gesondert 
auf  und  engt  es  auf  dem  Wasserbade  ein.  um  es  dann  der  Hanptlösung 
vor  der  zweiten  oder  (z.  B.  bei  den  phosphorhaltigen  ()l)jekten,  die  mehrere 
Fällungen  erfordern)  zusammen  mit  den  eingeengten  Waschwässern  der  fol- 
genden Fällungen  vor  der  letzten  Fällung  wieder  zuzufügen.  Man  muß  die 
Eisenfällungen  natürlich  so  lange  wiederholen,  bis  sich  der  letzte  Nieder- 
schlag als  ganz  oder  fast  arsenfrei  erweist. 

Es  würde  sich  z.B.  empfehlen,  bei  der  Verarbeitung  von  '  »  Liter 
Harn  von  der  Eisen-  und  der  Ammoniaklösung  folgende  Mengen  für  die 
einzelnen  Fällungen  zu  verwenden:  1.  20  c;;/».  2.  Ibrm^,  '^.  W  rni\  even- 
tuell 4  5  cmA  War  weniger  Substanz  in  Arbeit  genommen  und  ist  vor 
allein  kein  starker  Phosphatniederschlag  zu  erwarten,  so  wird  man  zuerst 
20  oder  10  cm^  nehmen  und  die  zweite  (Kontroll-)Fällnng  mit  :)cm'  aus- 
führen. Für  die  Bemessung  der  Eisenmengen  ist  natürlich  auch  der  Arsen- 
gehalt maßgebend.  Unter  normalen  Verhältnissen  würden  10  cm»  der  Eisen- 
lösung (entsprechend  tiOO  mg  Fe(0H)3)  genügen,  um  aus  100  cm '  Lösung 
etwa  2b  mg  Arsen  bei  25"  oder  etwa  nömg  ArsiMi  bei  0"  völlig  zu  ad- 
sorbieren. 

Die  einzelnen  Eisenfällungen  werden  nach  Beendigung  des  Auswaschens 
in   heißer  20'Voi8'ei'  Schwefelsäure    gelöst   und    die    Lösung    mit    derselben 


1078 


Georg  Lockemanii. 


Säure  auf  ein  bestimmtes  Volumen  (z.  B.  50  oder  100  cm^)  aufgefüllt.  Diese 
schwefelsauren  Lösungen  werden  dann  zur  Prüfunii  im  Marshschen  Apparat 
benutzt. 

ArsennachAveis  im  Marshschen  Apparat. 

Der  im  Hauptkapitel  dieses  Buches  (Bd.  I,  S.  394 — 396)  beschriebene 
und  abgebildete  Apparat  von  G.  Lockemann  zum  Nachweis  des  Arsens 
nach  Marsh-Liehig  enthält  zum  Trocknen  der  Gase  weder  Baumwolle 
oder  ähnhches  Stopfmaterial  noch  gekörntes  oder  geschmolzenes  Chlor- 
calcium  oder  gar  Ätzkali,   da   alle   diese  Stoffe  auf  Arsenwasserstoff  zer- 

Fig.  259. 


Arsenappaiate  nach    G.  Lorkemann. 

setzend  wirken.  Zum  Trocknen  der  Gase  wird  das  krystallisierte  Cal- 
ciumchlorid  (CaClg,  6H2O)  benutzt.  Durch  diese  und  die  übrigen  Ver- 
suchsbedingungen  ist  die  Empfindlichkeit  des  Arsennachweises  auf 
O'OOOl  mg  =  O'l  iiimff  (Milliogramm)  As  gesteigert. 

Als  Kühlgefäü  benutzt  mau  statt  der  Porzellanschale  m  (Abb.  Bd.  I, 
S.  395)  vorteilhafter  ein  Becherglas:  dieses  wird,  wie  Fig.  259  zeigt, 
auf  ein  etwa  10  cm  breites  und  18  cm  langes  Brett  gestellt,  welches  auf 
dem  Stativring  mit  einigen  von  unten  eingetriebenen  Nägeln  befestigt  ist. 
Das  Becherglas  faßt  mehr  Kühlflüssigkeit  als  eine  Schale  und  ist  auf  dem 
Tragbrett  verschiebbar,  so  daß  seine  Stellung  der  jeweiligen  Lage  des  Kiihl- 
fadens  angepaßt  werden  kann. 


Ergänzungen  zur  Ascheuanalyse.  1079 

Hat  man  eine  größere  Zalil  von  Arsenuntersuchungen  auszu- 
führen, so  empfiehlt  es  sich,  mehrere  Apparate  zu  je  zweien  reclits  und 
links  von  einem  Stativ  (s.  Fig.  259)  aufzustellen  und  das  Verdrängen  der 
Luft  durch  Einleiten  von  Wasserstoff,  der  in  einem  Kipp^vhm 
Apparat  entwickelt  wird,  zu  beschleunigen.  Der  Kij)p><c\\v  Ap|)aiat  wiid 
für  diesen  Zweck  am  besten  mit  einer  Zinkkupferlegierung  beschickt, 
welche  90Vo  Zn  und  lOVo  Cu  enthält i),  und  als  Säure  benutzt  man  die 
^.Salzsäure  für  forensische  Zwecke-.  Das  Zink  mit  dem  hohen  Kupfer- 
gehalt hat  nämlich  die  Eigenschaft,  Arsen  zurückzuhalten,  so  dali  man  auf 
diese  Weise  trotz  eines  gewissen  Arsengehalts  der  Salzsäure  reinen  Wasser- 
stoff erhält.  ^lan  wäscht  das  Gas  dann  nur  mit  gewöhnlichem  Wasser 
oder  mit  verdünnter  Sodalösung.  Benutzt  man  dagegen  zur  W'asserstoff- 
entwicklung  im  Kijjpschen  Apparat  das  gewöhnliche  Zink  und  die  gewöhn- 
liche ..reine"  Salzsäure,  so  ist  es  notwendig,  außerdem  noch  eine  oder 
zwei  W' aschflaschen  mit  mögüchst  konzentrierter  Kaliumpermanganatlösung 
vorzuschalten-),  um  den  mitentwickelten  Arsenwasserstoff  vor  dem  Ein- 
leiten in  den  Marshschen  Apparat  zu  absorbieren.  Die  letzte  Waschflasche 
wird  mit  einem  Gabelrohr  verbunden,  von  welchem  aus  Gummischläuche 
zu  den  schräg  nach  unten  umgebogenen  oberen  Enden  dei-  Steigi-ohre 
(siehe  Fig.  259)  zweier  nebeneinander  aufgestellter  J/a/-.vÄscher  Api)a- 
rate  führen.  Zur  gleichmäßigen  Regulierung  des  doppelten  Gasstromes  kann 
man  die  beiden  Gummischläuche  mit  Schraubenquetschhähnen  versehen. 

Bei  der  Ausführung  des  Arsennachweises  verfährt  man  nun 
folgendermaßen :  In  die  Entwicklungsgefäße  der  Marshschen  Apparate  l)ringt 
man  5 — 6  Stückchen  verkupferten  Zinks,  hergestellt  aus  garantiert 
arsenfreiem  Stangenzink  ..Kahlbaum",  welches  zerkleinert  in  einer  V2%i?^'n 
Kupfersulfatlösung  etwa  1  Minute  hin  und  her  gerüttelt  und  dann  mit 
Wasser  mehrmals  abgespült  wurde.  Die  Apparate  werilen  geschlossen  und 
aus  den  Hahntrichtern  läßt  man  10  n«^  Wasser  hineinlaufen,  so  daß  die 
unteren  Öffnungen  der  Steigrohre  ganz  in  Wasser  eintauchen.  Sodann 
werden  die  Glühröhren  mit  Gummistopfen  in  die  Ansätze  der  Trocken- 
rohre eingesetzt  und  auf  dem  anderen  Ende  zwischen  Klammern  befestigt. 
Nachdem  die  oberen  Öffnungen  der  Steigrohre  mit  den  vom  Kipp^vheu 
Apparat  herführenden  Gummischläuchen  verbunden  sind,  öffnet  man  den 
Hahn  des  Kippsdwn  Apparates  und  überzeugt  sich  zunächst,  ob  die  Mdrsh- 
schen  Apparate  völlig  dicht  halten.  Ist  dieses  der  Fall,  so  bricht  man  die 
Spitzen  der  Glühröhren  ab  und  leitet  etwa  V2  Stunde  lang  den  Wasser- 
stoffstrom  durch  die  Apparate.  Alsdann  läßt  man  aus  den  1  lahntrichtern 
lOcws  40Voi8'e  Schwefelsäure  in  die  Entwicklungsgefäße  fließen,  welche, 
durch  die  darin  vorhandene  gleiche  Wassermeuge  auf  die  h.dbe  Konzen- 
tration verdünnt,    mit    den  Zinkstückchen  alsbald  Wasserstoff   entwickelt. 


^)  Die  Firma  Kahlbaum  stellt  diese  Legierung  für  den  genannten  Zweck  in  Stan- 
gen her. 

-)  II.  Becklchen  und  G.  Lockonauii,  Cber  die  Roiniguni:  des  Wasserstoffgases  von 
seinem  Arsengebalt.  Zeitschr.  f.  angewandte  Chemie.  Bd.  21  (iVlUb).  433. 


1080  Georg  Lockemann. 

Nach  Entfernung  der  Gummischläuche  von  den  Steigrohren  sind  die  Appa- 
rate gebrauchsfertig. 

Die  Gasflammen  werden  entzündet  mid  richtig  eingestellt,  die 
Drahtnetzschutzhiillen  aufgesetzt  und  die  feuchten  Kühlfäden  um  die  ver- 
engten Stellen  der  Glühröhren  zwei-  bis  dreimal  herumgeschlungen,  während 
das  obere  Becherglas  ganz  mit  Eis  und  Wasser  gefüllt  wird.  Bemerkt  man 
nach  einiger  Zeit  im  Innern  der  gekühlten  Stelle  weder  Wassertropfen  noch 
Arsenspiegel  (zur  Prüfung  des  verwendeten  Zinks  und  der  Schwefelsäure 
muß  man  natürlich  zu  Anfang  einer  Versuchsserie  einige  blinde  Versuche 
auf  die  Dauer  von  etwa  2  Stunden  durchführen),  so  bringt  man  von  den  zu 
prüfenden  Lösungen  abgemessene  Mengen,  etwa  i/io  oder  1/4,  in  die  Hahn- 
trichter und  läiit  sie  unter  Nachspülen  mit  20°/oiger  Schwefelsäure  in  die 
Apparate  laufen. 

Benutzt  man  keinen  Klppschen  Apparat,  so  läßt  man  in  die  Ent- 
wicklungsgefäße zu  Anfang  nicht  Wasser,  sondern  gleich  20''/oige  Schwefel- 
säure laufen  und  wartet  mindestens  ^/^  Stunden,  bis  man  die  Flamme 
entzündet.  Die  vorher  geschilderte  Methode  hat  außer  der  schnellen  Ver- 
drängung der  Luft  noch  den  ^^orzug,  daß  das  Zink  zu  Anfang  geschont 
wird  und  dann  für  die  Gasentwicklung  nach  Zusatz  der  zu  prüfenden 
Lösung  frisch  zur  Verfügung  steht. 

Nach  2  Stunden,  während  welcher  Zeit  man  die  (Tasentwicklung 
(nötigenfalls  unter  weiterem  Zusatz  von  Säure)  und  die  Kühlung  (unter 
Nachfüllen  von  Eisstücken  und  vielleicht  auch  Anfeuchten  der  Kühlfäden 
mit  Hilfe  eines  pipettenartigen  Glasrohres,  das  man  in  das  Kühlwasser  ge- 
taucht hat)  kontrolliert,  wird  der  Versuch  abgebrochen. 

Bei  zuverlässigen  Untersuchungen  ist  es  natürlich  erforderlich,  Kon- 
trollversuche mit  sämtlichen  Chemikalien  in  den  gleichen  Mengen  anzu- 
stellen, wie  sie  für  die  Verarbeitung  der  Untersuchungsobjekte  erforderlich 
waren.  Denn  erweisen  sich  die  einzelnen  Chemikalien  bei  ihrer  Prüfung 
vielleicht  auch  als  arsenfrei ,  so  ist  es  doch  nicht  ausgeschlossen ,  daß 
durch  die  Häufung  ganz  geringer  und  im  einzelnen  nicht  erkennbarer  Arsen- 
spuren in  der  Gesamtmischung  schließhch  nachweisbare  Mengen  vorzu- 
finden sind,  die  dann  bei  der  Beurteilung  der  Arsenspiegel  mit  zu  berück- 
sichtigen wären. 


'ö"- 


Quantitative  Analyse. 

Zu  S.  40L 

Zur  Zerstörung  der  organischen  Substanz  für  die  Bestim- 
mung von  Halogenen.  Schwefel,  Phosphor.  Arsen  wird  sich  in  \ielen 
Fällen  die  Natrium superoxydmethode  von  H.  Fringsheim  ^)  anwenden 
lassen,  die  bereits  in  Band  I,  S.  368 — 371  näher  beschrieben  ist. 


*)  Neueste  Beschreibung  des  Verfahrens :  H.  Pringsheini,  Über  den  Gebrauch  des 
Katriumsuperoxyds  zur  quantitativen  Analyse  organischer  Verbindungen.  Bcr.  d.  Deutsch, 
ehem.  Gesellsch.'  41  (1908).  4267. 


Ergiinzuugeu  zur  Asrhoiiaualyse.  lOSl 

Zu  S.  417.  Fürdio  ("lilorl)estiminun^-  ist  zu  honierkcn.dali  man  l)ei 
Anwendung  des  Goochschen  Tiegels  das  Halogcnsillier  vorteilhafterweise 
nicht  glüht,  sondern  bei  100  HO"  trocknet  nnd  so  nach  dorn  Ahkiihlcn 
im  FAsikkator  zur  Wägnng  bringt.  Auf  diese  Weise  kann  man  natürlich 
eine  ganze  Reihe  von  Halogenbcstimmnngen  hintereinander  mit  demselbeu 
(^?ooc7?sc]ien  Tiegel  ausführen,  ohne  das  Asbosttilter  crncnern  zu  müssen, 
und    darin    liegt  gerade  die  Hauptanncdmdichkeit   dieser    Arbeitsmethode. 

Zu  S.422.  Für  dieSchwefelbestimmungim  Harn  mittelst  Natrium- 
superoxyd sind  auch  besondere  Vorschriften  gegeben.  Nach  G.Moc/rfd-oirsJci^) 
bringt  man  in  eine  Nickelschale  1 — 2g  Natriumsuperoxyd  und  labt 
dO  oii^  Harn  langsam  darauf  tropfen;  dabei  findet  mäbiges  Scliiiumen, 
aber  kein  Verspritzen  statt.  Das  Gemisch  wird  bis  zur  Sirupdicke  einge- 
dampft und  dann  vorsichtig  mit  weiteren  2-  -:■>  g  Nao  0.,  in  kleinen  .Mengen 
unter  Umrühren  versetzt.  Ist  die  Reaktion  ruhiger  geworden,  so  wird  die 
Schale  vom  Wasserbade  entfernt  und  zunächst  mit  kleiner  Spiritus- 
flamme erwärmt,  bis  die  Wasserdampfentwicklung  aufhört,  dann  mit 
stärkerer  Spiritusflamme,  nötigenfalls  unter  nochmaligem  Zusatz  von  1  bis 
Sg  Na2  O2.  Wenn  die  Masse  braun  und  dickflüssig  wird,  ist  die  Reaktion 
beendigt.  Nach  dem  Erkalten  wird  in  heißem  Wasser  gelöst,  filtriert,  mit 
Salzsäure  schwach  angesäuert  und  mit  Baryumchlorid  gefällt. 

E.  Abderhalden  und  C.  Funk-)  benutzen  zu  dem  gleiclien  Zweck  die 
Pringshei)ii?,cl[ie  Methode,  indem  sie  10  o^?-' Harn  mit  wenig  Soda  und 
0'4  r/  reinem  Milchzucker  in  einem  Nickel tiegeP)  auf  dem  Wasser- 
bade zur  Trockne  verdampfen,  den  Rückstand  mit  6'4  ^  Natriumsuper- 
oxyd mit  einem  Platinspatel  gut  vermischen,  den  Tiegel  in  Wasser  stellen 
und  den  Inhalt  mit  einem  glühenden  Eisennagel  entzünden  und  im  übrigen 
wieder  verfahren,  wie  angegeben. 

C.  G.  L.  Wolf  und  E.  Östcrherg*)  empfehlen  dagegen  für  Srhwefel- 
und  Phospliorbestimmungen  in  organischen  Sui)stanzen  ein  Zer- 
störungsverfahren, bei  dem  sie  die  von  S.  B.  Benedict^)  urs])rünglich 
für  Harn  vorgeschlagene  Oxydationslösung  von  Kupfernitrat  und  Kalium- 
chlorat  benutzen.  Dieses  Reagens  wird  hergestellt,  indem  200//  krystal- 
Usiertes  Kupfernitrat  und  50  g  Kalium-  oder  Natriumchlorat  in  1  /  Wasser 
gelöst  werden.  Um  die  Oxydation  vollkommen  zu  machen,  wird  die  Sub- 
stanz zunächst  in  einem  etwa  300  cm^  fassenden.  l)irnenf(irmigen  Kolben 
mit  langem  Hals  mit  20  cm^  rauchender  Salpetersäure  anfangs  ge- 
linde, dann  stärker  erhitzt,  bis  alles  gelöst  ist    und    keine  Salpeterdämi)fe 


')  G.  Modrakotvski ,  Über  die  Schwefclbcstimnimiir  im  Harn  mittels  Natrium- 
superoxyd. Zeitschr.  f.  physioloir.  Chemie  38  (1903).  5(52. 

2)  E.  Abderhalden  und  C.  Fioik,  Die  Sclnvefelbestimmunj,'  im  Irin.  Zeitschr.  f. 
physiolog.  Chemie.  58  (1908).  331  und  59  (1909).  121. 

^)  Von  F.  Köhler.  Leipzig,  Josepbinenstr.  3ö.  zu  bezielicii. 

■»)  C.  G.  L.  Wolf  und  F.  Östcrhcrcf ,  Die  (luantitative  Bostimmumr  von  Schwefel 
und  Phosphor.  Bioclicm.  Zeitschr.  29  (1910).  429. 

=)  S.  R.  Benedict.  Über  die  Bestimmunir  des  Oesamtschwefcls  im  Harn.  .lourn.  of 
BioIo£T.  Chem.  6  (1909).  363. 


1082 


Geor?  Locke  manu. 


mehr  entweichen.  Nötigenfalls   muß  noch   mehr  Salpetersäure  hinzugefügt 

werden. 

Der  Rückstand  wird  mit  Wasser  in  eine  150  cm^  fassende  Porzellan- 
schale (oder  einen  Tiegel)  gespült,  mit  20  cm^  der  Benedi  ersehen  Lösung 
versetzt  und  im  Sandbade  zur  Trockne  verdampft.  Dann  wird  auf  offener 
Flamme  erhitzt  und.  wenn  der  Gefäßboden  rotglühend  ist,  noch  20  Minuten 
laug  das  Glühen  fortgesetzt.  Nach  dem  Abkühlen  fügt  man  25  cm^  Salz- 
säure (1:4)  hinzu  und  erwärmt,  bis  der  ganze  schwarze  Bodensatz  auf- 
gelöst ist.  Die  Lösung  wrd  in  einen  Erlen meyerkolben  von  1/2  ^  Inhalt 
übertragen,  mit  150  cm^  Wasser  verdünnt  und  1/4  Stunde  gekocht.  Man 
läßt  über  Nacht  stehen,  filtriert  (Kieselsäure)  und  fällt  dann  mit  Bar yum- 
chlorid. 

Zu  S.  4 1 9.  Für  die  P  h  0  s  p  h  0  r  b  e  s  t  i  m  m  u  n  g  wird  das  Filtrat  vom  Baryum- 
sulfat  auf  250  011^  eingeengt,  mit  10  cm^  konzentrierter  Schwefelsäure 
versetzt  und  filtriert.  Dieses  vom  überschüssigen  Baryum  befreite  Filtrat  wird 
wie  bei  dem  Verfahren  von  A.  Xeumann^)  mit  60  cm^  5Voig'er  Ammonium- 
nitratlösung auf  60 — 70"  erwärmt  und  mit  Überschuß  von  Ammonium- 
molybdatlösung  versetzt.  Nach  dem  Abkühlen  wird  durch  ein  mit  150/oiger 
Ammoniumnitratlösung  befeuchtetes  Filter  filtriert  und  mit  eiskaltem  Wasser 
ausgewaschen,  bis  das  Waschwasser  neutral  reagiert.   Der  Niederschlag 

wird  in  einer  gemessenen  Menge  -  n-Natronlauge  (etwa  2  cm^  Über- 
schuß) gelöst,  gekocht,  bis  alles  Ammoniak  vertrieben  ist  und  dann  mit 
—  n-Salzsäure  titriert  (Phenolphtaleiu  als  Indikator).  1  cm^  —n-Natron- 
lauge entspricht  0-2536  (^  P2O5  oder  0-11075^  P. 

Zu  S.  425.  Zur  Bestimmung  des  Arsens  verfährt  man  je  nach  den 
Mengen  verschieden.  Handelt  es  sich  um  größere  Arsenmengen  (von  min- 
destens einigen  Milligrammen),  so  zerstört  man  die  organische  Substanz 
mit  Salzsäure  und  Kaliumchlor at  ^^ie  oben  beschrieben  (S.  1066)  und 
fällt  das  Arsen  nach  Vertreiben  des  überschüssigen  Chlors  durch  mehr- 
maliges Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  in  der  Wärme;  dieses  Ein- 
leiten  von  Schwefelwasserstoff  muß  so  lange  fortgesetzt  werden,  bis  in  der 
vorher  filtrierten  Lösung  kein  Niederschlag  mehr  erscheint.  Da  nun  bei 
phosphorhaltigen  organischen  Substanzen  (z.  B.  Harn)  durch  Schwefelwasser- 
stoff auch  Phosphor  Verbindungen  (die  durch  Chlor  nicht  völlig  zer- 
stört wurden)  mit  ausgefällt  werden  und  diese  bei  der  Arsenbestimmung 
ein  viel  zu  hohes  Resultat  verursachen  würden,  so  ist  es  notwendig,  den 
ursprünghchen  Schwefelwasserstoffniederschlag  noch  einmal  besonders  zu 
behandeln,  um  das  Arsen  vom  Phosphor  zu  trennen.  Zu  diesem  Zweck 
wird  der  auf  einem  Filter  gesammelte  Sulfidnieder  schlag  mit  warmem 


')  A.  Netimann,  Einfache  Veraschungsmethode  (Säuregemischveraschung)  und  ver- 
einfachte Bestimmung  von  Eisen,  Phosphorsäure,  Salzsäure  und  anderen  Ascheubestand- 
teilen  unter  Benutzung  dieser  Säuregemiscliveraschung.  Zeitschr.  f.  physiolog.  Chemie. 
37  (iyu2).  115. 


Eriräuziingcu  zur  Asclienanalysc.  108H 

Ammoniak  gelöst  und  in  einer  Por/ollunschale  auf  dcni  Wasserbade  zur 
Trockne  verdampft.  Alsdann  wird  mehrmals  rauchende  Salpetersilure 
hinzugefügt  und  damit  abgedampft,  um  die  organische  Substanz  zu  zer- 
stören. SchlieiUich  wird  der  Rückstand  mit  etwas  Ammoniak  aufge- 
nommen, in  einen  Erlenmoyerkolhen  gespült,  mit  Salzsiiure  augesäuert 
und  nun  in  der  Wärme  durch  wiederholtes  Einleiten  von  Schwefel- 
wasserstoff das  Arsen  (dieses  Mal  ohne  Thosphor)  gefällt. 

Das  nach  längerem  Stehen  abfiltrierte  Scliwefelarsen  wird  in  .\ni- 
moniak  gelöst,  die  Lösung  in  einer  Schale  zur  Trockne  verdampft  und  mit 
Salpetersäure  ebenso  behandelt  wie  das  erstemal,  jetzt  um  alles  Arsen  zu 
Arsensäure  zu  oxydieren.  Der  Rückstand  wird  mit  Ammoni  ak  aufgenommen, 
in  ein  Recherglas  gespült,  mit  Magnesiamixtur  und  Alkohol  (etwa  der 
Hälfte  der  wässerigen  Lösung)  versetzt  und  über  Nacht  stehen  gelassen.  Am 
nächsten  Tage  gießt  man  die  Lösung  durch  ein  Filter,  löst  den  Magiiesia- 
niederschlag  in  möglichst  wenig  -warmer,  verdünnter  Salzsäure,  indem  man 
das  Becherglas  wiederholt  damit  ausspült  und  die  Lösung  durch  das  Filter 
gibt.  Das  Filtrat  wird  mit  starkem  Ammoniak  alkalisch  gemacht,  mit 
5 — 10  cm»  Magnesiamixtur  und  mit  Alkohol  (etwa  der  Hälfte  des 
Volumens)  versetzt.  Am  nächsten  Tag  wird  der  Magnesiumamnionium- 
arseniat-Niederschlag  in  einem  CroorÄschen  Tiegel  abfiltriert,  mit  ver- 
dünntem alkoholischen  Ammoniak  ( l  Teil  l()"/oiges  Ammoniak  +  2 Teile 
Alkohol  +  3  Teile  Wasser)  ausgewaschen,  getrocknet  und  unter  Einsetzen 
in  einen  größeren  Porzellantiegel  mit  aufgelegtem  Deckel  antangs  gelinde, 
schließlich  im  Gebläse  geglüht.  Auf  diese  Weise  kommt  der  Niederschlag 
als  Magnesiumpyroarseniat  (Mg-^ASgOy)  zur  Wägung:  1  Gewichtsteil 
dieses  Niederschlages  entspricht  0"6o75  Teilen  AsA\  oder  0'4829  Teilen  As. 

Bei  sehr  kleinen  Arsenmengen  (1  mg  und  darunter)  ist  <lie 
Fällung  mit  Schwefelwasserstoff  und  Bestimmung  als  Magnesiumsalz  nicht 
möglich.  In  solchen  Fällen  wendet  man  am  besten  das  von  (j.  Lorhwttnn 
angegebene  Verfahren  an  (s.  oben  S.  1074  u.  f.).  Die  organische  Substanz  wird 
durch  das  Salpeterschmelzverfahren  zerstört,  und  in  der  neutrali- 
sierten, abgekühlten  Lösung  wird  das  Arsen  durch  Adsorption  mit 
Eisenhydroxyd  gefällt.  Die  in  SO^oiger  Schwefelsäure  zu  einem  bestimmten 
Volumen  gelösten  Arsen-Eisenniederschläge  werden  portionsweise  im  Marsli- 

schen  Apparat  geprüft,  indem  man  Tnö  ^^^^' Tu  ^*^^^'  T  "■'^^^'  ^^'  Gesamt- 
lösung untersucht.  Die  erhaltenen  Arsenspiegel  vergleicht  man  dann  mit 
Spiegeln  einer  mit  abgemessenen  Arsenmengen  hergestellten  Normal- 
skala.M  Am  besten  lassen  sich  die  ganz  kleinen  Arsenmeugen,  etwa  bis  zu 
0-010— 0-0 15  mr/  =  10— 15mm//(Milliogramm)As,  schätzen.  Es  ist  daher  rat- 
sam, von  den  Eisenlösungen  nur  so  viel  für  die  Prüfung  im  .Vc</-.»V/schen  .\i)parat 
zu  verwenden,  daß  die  Arsenspiegel  unteihalb  dieser  Grenze  bleiben.  Ndtigeii- 


>)  Abbildung  einer  solchen  Normalskala  bei  G.  Lockentann .  über  »Ion  Arsen- 
nachweis mit  dem  Marsh^chen  Apparate.  Zeitschr.  f.  aiitfcwandte  Chemie.  18  iHH».")). 
zwischen  Seite  424—425. 


X()i34  Georg  Lockemaun. 

falls  ist  ein  Teil  der  Eisenlösung  noch  mit  20Voiger  Schwefelsäure  auf  das 
10-  oder  lOOfache  zu  verdünnen.  Wenn  man  dann  mehrere  Proben  mit  ver- 
schiedenen Mengen  prüft  und  jeden  so  erhaltenen  Arsenspiegel  für  sich 
durch  Vergleich  mit  den  Normalspiegeln  wertet,  so  erhält  man  durch  entspre- 
chende Umrechnung  auf  das  Ganze  Zahlen,  deren  Mittelwert  dann  den 
wirklichen  Arsengehalt  der  Lösung  mit  ziemlicher  Genauigkeit  angi1)t. 

Zu  S.  426.  Für  die  Quecksilberbestimmung  schlägt  neuerdings 
C.  Sichert'')  ein  Verfahren  vor,  bei  dem  im  Gegensatz  zu  den  früher  von 
verschiedenen  Seiten  angegebenen,  auf  der  Amalgamierung  von  Metallen 
beruhenden  Methoden  das  Quecksilber  als  Sulfid  zur  Wägung  kommt.  Die 
Zerstörung  der  organischen  Substanz  mrd  entweder  mit  Salzsäure  und 
Kaliumchlorat  oder  nach  dem  Ncumann?,Q\iQY{  Verfahren  ausgeführt.  Zur 
Quecksilberbe Stimmung  im  Harn  wird  z.  B.  der  Zerstörungsrückstand 
vom  iS^Mmawwschen  Verfahren  vorsichtig  mit  Wasser  verdünnt  und  zum 
Verjagen  der  Salpeterdämpfe  gekocht.  Unter  Kühlung  wird  dann  starkes 
Ammoniak  (triplex)  bis  zur  stark  alkalischen  Reaktion  hinzugefügt  und 
darauf  mit  Salzsäure  angesäuert  (Lackmuspapier).  Nachdem  nun  die  salz- 
saure Lösung  zur  Abscheidung  von  Kieselsäure  (aus  den  Gefäßen)  20  Minuten 
gekocht  hat.  läßt  man  einen  Tag  stehen,  filtriert  und  wäscht  mit  heißem 
Wasser  aus.  Bei  mäßiger  Wärme  wird  dann  20  Minuten  lang  Schwefel- 
wasserstoff eingeleitet;  bei  sehr  wenig  Quecksilber  entsteht  nur  eine 
gelbe,  kolloidale  Lösung  des  Sulfids,  das  sich  dann  aber  beim  weiteren 
Erwärmen  (bis  zum  Verjagen  des  Schwefelwasserstoffs)  ausscheidet.  Nach 
Absitzen  des  Niederschlages  wird  durch  einen  (?oocÄschen  Tiegel  filtriert, 
mit  heißem  Wasser  und  schließlich  mit  Alkohol  nachgewaschen.  Der  über- 
schüssige Schwefel  wird  mit  Schwefelkohlenstoff  herausgelöst,  dieser  mit 
Alkohol  und  Äther  ausgewaschen:  der  Niederschlag  bei  100 — 110"  getrocknet 
und  schließlich  gewogen.  1  Teil  des  Quecksilbersulfidniederschlags 
entspricht  0-8617  Teilen  Quecksilber. 

Die  Quecksilberbestimmung  in  Fäces  führt  man  in  der  Weise 
aus,  daß  man  eine  gewogene  Fäcesmenge  mit  Alkohol  verreibt,  auf  dem 
Wasserbade  abdampft  und  dieses  nochmals  wiederholt  bis  ein  trockenes 
Pulver  zurückbleibt,  das  dann  beliebig  lange  haltbar  ist.  Eine  gewogene 
Menge  dieses  trockenen  Fäcespulvers  wird  mit  der  doppelten  Menge  Wasser 
verrührt  und  vorsichtig  mit  rauchender  Salpetersäure  versetzt,  bis  alles 
gelöst  ist.  Diese  Lösung  wird  dann  mit  Schwefelsäure-Salpetersäuremischung 
nach  Neumann  behandelt  und  im  übrigen  weiter  so  verfahren  wie  beim 
Harn.  Die  Fehler  dieser  Bestimmungsmethode  bewegen  sich  in  Zehntel- 
milligrammen. 

Zu  S.  427.  Für  die  Fluorbestimmung  läßt  sich  das  von  G.  Tammann^) 
angegebene  Verfahren  benutzen.  Die  Substanz  wird  in  der  oben  (s.  S.  1065) 

^j  Conrad  Siebert,  tfber  die  Bestimmung  des  Quecksilbers  im  Haru  uud  Fäces. 
Biochem.  Zeitschr.  25  (1910).  328. 

^)  G.  Tmmnann ,  Über  das  Vorkommen  des  Fluors  in  Organismen.  Zeitschr.  f. 
pbysiolog.  Chemie.  12  (1888).  322. 


Ergänzungen  zur  Asclicnanulyse.  lOHo 

beschriebenen  Weise  i)elian(l('lt.  Die  in  der  Wjrhiuc  b/w.  in  dem  Ablcitunj;«- 
rohr  gebildete  Kieselsäure  wird  durch  Kalihiugc  lierausgespült  und  luit 
der  alles  Fluor  enthaltenden  Flüssigkeit  zur  Trockne  verdampft.  Der 
Rückstand  wird  mit  Salzsäure  aufgenommeiu  das  gebildete  Kaliuni- 
silicofluorid  wird  mit  Alkohol  gefällt,  nach  einigem  Stehen  filtriert,  ge- 

wascheii  und   mit -^n-Kalilauge  titriert. 

Beim  einfachen  Einäschern  der  organischen  Stoffe  entweicht  das 
Fluor.  Auch  bei  Zusatz  der  ßOfachen  Menge  Natriumkarbonat  ist  ein  Ver- 
lust von  10%  F  zu  erwarten. 

Daher  dürfte  in  vielen  Fällen  die  Methode  von  Lem-Denßen^) 
empfehlenswert  sein,  bei  der  das  Fluor  nicht  entweichen  kann,  sondera 
durch  überschüssigen  Kalk  in  Calciumfluorid  übergeführt  und  als  solches 
gewogen  wird.  In  einem  Platintiegel  von  der  Gröt'ie  eines  Fingerhufs 
wird  die  abgewogene  Substanz  mit  reinem  Calciumoxyd  vermischt  inid 
der  Tiegel  wird  mit  Calciumoxyd  bis  oben  angefüllt.  p]in  zweiter  größerer 
Platintiegel  wird  umgekehrt  darüber  gestülpt  und  das  (ianze  dann  umge- 
kehrt, so  daß  der  Boden  des  kleineren  Tiegels  nach  oben  weist.  Der 
Zwischenraum  wird  ebenfalls  mit  Calciumoxyd  bis  fast  an  den  liand  des 
äußeren  Tiegels  angefüllt.  Mittelst  eines  Ringbrenners  erhitzt  man  die 
Tiegel  allmähhch  bis  zur  beginnenden  Rotglut.  Nach  dem  Erkalten  bringt 
man  den  TiegeUnhalt  in  ein  Becherglas  von  etwa  1  Liter  Inhalt,  löscht 
mit  Wasser  vorsichtig  ab  und  gibt  so  lange  verdünnte  Essigsäure 
hinzu,  bis  keine  Gasentwicklung  mehr  stattfindet.  Alsdann  wird  etwa  ein 
Zehntel  des  Volumens  Alkohol  zugesetzt,  nach  mehrstündigem  Stehen  das 
Calciumfluorid  abfiltriert  und  mit  alkoholhaltiger  verdünnter  Essigsäure 
so  lange  ausgewaschen,  bis  das  Filtrat  mit  Ammoniumoxalat  keinen  sofort 
auftretenden  Niederschlag  mehr  gibt.  Das  Calciumfluorid  wird  auf  dem 
Filter  getrocknet,  in  einem  Platintiegel  bei  gelinder  Rotglut  geglüht  und 
dann  zur  Wägung  gebracht.  Zur  Kontrolle  führt  man  es  in  Calci  ums ulfat 
über  und  w\ägt  noch  einmal. 

Zu  S.  428.  Für  die  kolorimetrische  Bestimmung  von  Jod  neben 
Brom  ist  das  Jod  durch  eines  der  im  qualitativen  Teil  (s.  S.  100.'))  angege- 
benen Reagenzien,  welche  die  Bromide  nicht  angreifen,  in  Freiheit  zu 
setzen.  Chlorwasser  ist  für  diesen  Zweck  auf  jeden  Fall  zu  vermeiden. 


0  E.  Deußen,  Eine  neue  quantitative  Bestimmung  des  Fluors    und  über  die  Zu- 
sammensetzung des  Eisenfluorids.  Wiener  Monatshefte.  1907.  S.  114"i. 


Fig.  260. 


Ultraiiltratiou. 

Von  H.  Bechhold,  Frankfurt  a.  M. 

Ultrafiltration  nennt  man  die  P'iltration  durch  Gallertfilter.  Sie  dient 
zur  Trennung  der  Kolloidlösung-en  von  Wasser  und  Kristalloiden ,  sowie 
zur  Scheidung  von  Kolloidgemischen  verschiedener  Teilchengröße.  Bei  Kennt- 
nis der  Porengröße  der  Iltrafilter  gibt  die  Ultrafiltration  auch  Auskunft 
über  die  Teilchengröße  der  untersuchten  Kolloide. 

Ultrafilter.  Zur  Ultrafiltration  kann  man  sackartige  Membranen 
benutzen,  welche  man  sich  aus  Kollodium  anfertigt.  Dieselben  müssen  stets 
feucht  sein  und  feucht  aufbewahrt  werden.  Man  gießt  z.  B.  über  einen 
Glaszylinder  mit  kugeligem  Boden  Kollodium  in  gleichmäßiger  Schicht  auf. 

läßt  unter  ständiger  Drehung  abtropfen,  bis 
sich  oberflächhch  eine  dimne  feste  (jberhaut 
gebildet  hat.  Dann  taucht  man  rasch  in 
Wasser,  wodurch  das  Kollodium  gelatiniert. 
Nachdem  der  größte  Teil  des  Lösungsmittels 
(Alkohol-Äther)  sich  im  Wasser  gelöst  hat 
(je  nach  Dicke  der  Schicht  Minuten  bis 
Stunden),  kann  man  den  Sack  von  der  Glas- 
unterlage lostrennen.  Zu  dem  Zweck  führt 
man  in  der  gewünschten  Höhe  einen  scharfen 
Schnitt  rings  um  die  Peripherie,  stülpt  den 
Rand  vorsichtig  um.  indem  man  wiederholt 
mit  Wasser  benetzt  und  zieht  gewissermaßen 
„die  Haut  über  die  Ohren"  ab.  Für  kleine 
Ultrafilter  lassen  sich  Reagenzröhren  als 
Glasunterlage  verwenden;  doch  kann  man 
bei  Benutzung  größerer  Glaszyhnder  auch 
Säcke  von  6  cm  Durchmesser  und  mehr  her- 
stellen. Statt  das  Kollodium  auf  die  äußere 
Fläche  eines  Glaszylinders  zu  gießen,  kann 
man  auch  einen  Hohlkörper,  z.  B.  ein  Reagenzglas,  einen  Kolben  etc.,  da- 
mit ausschwenken.  Die  weitere  Behandlung  ist  die  gleiche.  Zur  Loslösung 
der  Haut  von  der  Glasunterlage  gehört  in  beiden  Fällen  eine  gemsse 
Geschicklichkeit. 


Sackartiges  Ultrafilter  nach  Schoep. 


Ultrafiltration. 


1087 


Zur  Anwendung  dieser  Säcke  werden  sie  an  ihrem  oberen  Ende  innen 
oder  auüen  über  einen  Ring  gezogen  (Glas.  Holz  oder  dg!.),  mit  Hindladen 
oder  Seide  vorsichtig  daran  festgebunden.  Der  King  wird  in  einem  Stativ 
befestigt  und  der  Sack  ist  nun  gebraiidisfcrtig  (vgl.  Fig.  2(;<>).  Srhoe//^) 
hat  durch  Zusatz  von  (Jlyzerin  und  Rizinusöl  zu  dem  Kollddinni  die  Durch- 
lässigkeit der  Membranen  erhöht,  was  besonders  für  die  l-ütration  anor- 
ganischer Kolloide  von  Bedeutung  ist. 

Die  geschilderte  Art  von  Utrafiltern  wird  besonders  in  Frankreich 
angewandt  (Malfita7io,  Duclaux),  doch  ist  ihre  Leistung  nur  eine  geringe. 
Die  Filtration  erfolgt  sehr  langsam  (wenige Kubikzentimeter  in  einer  Stunde), 
auch  halten  sie  nur  sehr 

geringen  Druck  aus,  so  Kig.  ^ei. 

daß  ihre  Anwendbarkeit 
äußerst  beschränkt  ist. 

H.  Bechhold  2)  ver- 
wendet als  Ultrafilter 
flache  Scheiben  aus  Fil- 
trierpapier, die  mit  einer 
Gallerte  imprägniert 
sind.  Durch  diese  Papier-     -^ 


unterläge  gewinnen  die  "^z^ 
Filter  eine  große  Festig- 
keit    und    können    im 
BechholdschQR    Ultra- 
filtrationsapparat 

unter    Umständen 
Drucke    von   20  Atmo- 
sphären und  mehr  aus- 
halten. DsiBechholdiand, 

daß    die  Durchlässigkeit         Olastrog  zur  Herstennn«  von  Ultrafiltem   im   Vaomini  nach   Bechhold. 

bzw.  Dichte  der  Ultra- 
filter  abhängig   ist   von   der  Konzentration  der  zur  Herstellung  benutzten 
Gallerte,  so  ist  nach  Bechhold  die  Möglichkeit  geboten.    Filtei*   von   jeder 
gewünschten  Porenweite    herzustellen.    Die  Filter  können  käuflich  bezogen 
werden.  3) 

Da  es  jedoch  in  manchen  Fällen  erwünscht   sein  könnte ,   die  Filter 
selbst  anzufertigen,  so  sei  die  Herstellung  hier  kurz  beschrieben.*) 


')  Bull,  de  la  Soc.  chim.  de  ßelgiiiuo.  24  (19101.  Nr.  10. 

'-)  H. Bechhold,  Kolloidstudieii  mit  der  Filtratioiismethode.  Zeitschr.  f.  pliys. Chem. 
60  (1907).  257—318;  Die  Gallertfiltration  (Ultrafiltration).  Kolloidzcitsclir  2.  \\.\  u.  2: 
Ultrafiltration.  Biochem.  Zeitschr.  6.  H.  5  6. 

")  Schleiche}-  ((■  Schiill  in  Düren  (Rheinland)  versenden  Hcchhold^che  L'itrafilter 
in  Packungen  von  10  Stück  (Durchmesser  9  cm)  in  Aluminiunidosen,  die  mit  Wasser  ge- 
füllt und  (hirch  Gummiring  verschlossen  sind  ;  die  Firma  führt  G  Sorten  von  verschiedener 
Dichte  auf  Lager. 

■•)  Ausführlich  bei  Bechhold,  1.  c. 


IQQQ  H.  Bechhold. 

Als  Filterpapier  erwiesen  sich  am  zweckmäßigsten  die  Sorten  Nr.  566 
und  Nr.  575  von  Schleicher  &  Schüll.  Diese  werden  in  Scheiben  von  9  cm 
Durchmesser  geschnitten  und  nach  Entfernung  aller  Luft  im  \'akuum  unter 
Atmosphärendruck  mit  der  Gallerte  imprägniert.  Dies  geschieht  in  einem 
Giastrogi)  (Fig.  261). 

Auf  dem  rechteckigen  Trog  T  ist  der  Deckel  D  luftdicht  aufge- 
schliffen. An  der  Querstange  S  sind  eine  Anzahl  Filterscheiben  F  aufge- 
hängt. Der  Deckel  D  hat  2  Tuben.  Durch  Tubus  I  gehen  2  Röhren,  die 
eine  führt  nach  der  Luftpumpe  L,  die  andere  zum  Vakuummeter  V.  Ist  die 
Luft  aus  dem  Trog  entfernt,  so  läßt  man  durch  den  mit  Hahn  versehenen 
Trichter  TV,  dessen  Rohr  bis  auf  den  Boden  führt,  die  Gallertflüssigkeit 
eintreten,  bis  sie  die  Filter  bedeckt,  schließt  den  Hahn  zum  Trichter  und 
öffnet  den  Hahn,  durch  den  ursprünglich  die  Luft  ausgepumpt  wurde;  so 
wird  die  Gallertflüssigkeit  unter  Atmosphärendruck  in  die  Filter  gepreßt. 
Nach  einiger  Zeit  (bei  niederen  Konzentrationen  10 — 20  Minuten,  bei  hohen 
Konzentrationen  1 — 2  Stunden)  nimmt  man  den  Deckel  ab,  hebt  die  Stange 
mit  den  Filtern  aus  der  Flüssigkeit  und  läßt  unter  ständig  drehender  Bewegung 
jedes  einzelnen  Filters  abtropfen.  Schließlich  gelatiniert  man  rasch  das 
ganze  Filter,  indem  man  es  in  eine  geeignete  Flüssigkeit  taucht.  Bei  Eis- 
essigkollodium genügt  Wasser;  arbeitet  man  mit  Gelatine,  so  muß 
der  ganze  Imprägniertrog  in  einem  Bad  mit  lauem  Wasser  stehen.  Die 
Härtung  der  Gelatinefilter  erfolgt  derart,  daß  man  die  an  der  Luft  ge- 
latinierten, noch  feuchten  Filter  in  eine  mit  Eis  gekühlte,  2 — 4Voi8e  Form- 
aldehvdlösung   taucht  und  einige  Zeit  im  Eisschrank  stehen  läßt. 

Die  Filter,  auf  welche  Art  sie  immer  gewonnen  sein  mögen,  werden 
dann  mehrere  Tage  in  fhei'endem  Wasser  gewaschen  und  in  Wasser  auf- 
gehoben, dem  man  etwas  Chloroform  zusetzt,  um  Schimmelbildung  zu  unter- 
drücken. 

Bechhold  verwendet  meist  Eisessigkollodium  (Lösung  von  Kollodium- 
wolle in  Eisessig-).  Die  Lösungen  können  durch  Verdünnen  mit  Eisessig 
auf  jede  gewünschte  Dichte  gebracht  werden. 

Sollen  nicht  wässerige  Lösungen  (z.  B.  in  Benzol,  Alkohol  etc.)  ultra- 
filtriert werden,  so  muß  man  das  Wasser  in  den  Filtern  sukzessive  durch 
das  Lösungsmittel  verdrängen.  (Man  verdrängt  z. B.  erst  das  Wasser  durch 
Azeton,  dieses  dann  durch  Benzol  usf.) 

Der  Ultrafiltrationsapparat. 

Sehr  poröse  Filter  sind  bei  geringem  Druck  durchlässig  und 
können  dann  in  ähnhcher  Weise  wie  jedes  andere  Filter  benutzt  werden. 
Bei    dichteren    Filtern     muß    jedoch    ein    Druck     von    über     einer     bis 


*)  Zu  beziehen  von  den  Vereinigten  Fabriken  für  Laboratoriiimsbedarf,  Berlin. 

^)  Die  Chemische  Fabrik  auf  Aktien  (vorm.  Schering),  Berlin,  liefert  auf 
Bestellung  Lösungen  mit  einem  Gehalt  von  10"/o  Kollodiumwolle  und  272^/0  Kalium- 
carbonic,  welche  sich  durch  ihre  geringe  Kontraktion  beim  Gelatinieren  auszeichnen. 


Ultrafiltration. 


10H9 


Fig.  262. 


ZU  20  Atmosphären  ausgeübt  werden,  um  üherhaiipt  ein  I'iltnit  xii  er- 
langen. Zu  diesem  Zweck  hat  Bevhhold  einen  Apparat  konstruiert,  dn-  in 
Fig.  262,  263  und  2U  wiederi^egeben  i)  ist;  Fig.  262  und  26;',  eignen  sich 
mehr  für  mittlere,  Fig.  264  für  sehr  hohe  Di-ucke.  Apparat  Fig.  262 
besteht  aus  einem  zylindrischen  (icliUi  IL  in  dem  der  eigentliche 
Trichter  Tr  aufsitzt.  Zwischen  die  unteren  Ausbuchtungen  von  7V  und  // 
werden  die  runden  Filter- 
scheiben Fi  gepreßt.  Die  Dich- 
tung erfolgt  durch  zwei 
Gummiringe  GG.  Zum  Schutz 
gegen  das  Reißen  eines  Fil- 
ters hegt  dasselbe  auf  einem 
Nickeldrahtnetz  oder  einer 
mit  \äelen  Löchern  vei'sehenen 
vernickelten  Platte  A'  auf  und 
ist  gegen  zu  starke  Ausbuch- 
tung bei  Druck  nochmals  durch 
die  mit  mehreren  großen 
Löchern  durchsetzte  Platte  P 


Sc?2r 


P  IJ"    a  F 


Fig.  263. 


Fig.  264 . 


G.]>i^  a  p  ^^ 


geschützt.  Der  Trichter  Tr  ist  oben  konisch  abgedreht  und  wird  durch 
denDekelZ>  mit  Konusverschluß  und  Gummidichtung  abgeschlossen.  Dm-ch 
Andrehen  des  Schraubenversciüusses  iichr  wird  sowohl  der  Deckel  oben 
als  auch  das  Filter  unten  mit  einer  Handbewegunij-  dicht  verschlossen. 
Durch  den  Deckel  führt  ein  kleiner  Ansatz  mit  .Schraubenwindung,  an  dem 
das  Rohr  zum  Druckgefäß  befestigt  wird.  —  Fig.  2()4,  hauptsachlich  für 
Drucke  über  10  Atmosphären,  hat  Flanschenverschluß;  dies  ist  natürlich  etwas 


')  Alle  diese  Apparate  werdeu  hergestellt  von  den  \  ereiuigteu  Fabriken  für  La- 
boratoriumsbedarf, Berlin,  Scharnhorststraße. 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.   \'.  (5<) 


1090 


H.  Bechhold. 


umständlicher.  Da  in  Fig.  264  die  entsprechenden  Buchstabenbezeichnungen 
wie  in  Fig.  262  gewählt  sind,  so  erübrigt  eine  besondere  Beschreibung.  — 
Fig.  26:>  zeigt  den  Apparat  mitPaihrer,  der  in  den  meisten  Fällen  dem 
ohne  liührer  vorzuziehen  ist,  da  die  Filtration  ungleich  rascher  vor 
sich  geht  und  auch  das  Filtrat  eine  gleichmäßigere  Zusammensetzung  er- 


rig.  266. 


Ultrafiltrationsapparat  nach  Bechhold. 


hält.  Bei  Unterlassung  einer  Rührung  können  sich  Gelschichten  auf  dem 
Ultrafilter  absetzen,  die  ihrerseits  wieder  als  Filter  wirken.  Allerdings  er- 
fordern die  Vorbereitungen,  nämlich  die  Dichtung  der  Stopfbüchse  gegen  hohen 
Druck,  große  Sorgfalt.  In  diesem  Apparat  erfolgt  die  Zuführung  des  Druckes 
durch  einen  seitlichen  Ansatz. 


Ultrafiltratioii.  lO'.tl 

Der  Druck. 

Der  Druck  kann  durch  eine  Handkiitpuiiipe  /uiiclühit  wcnlfii.  Dies 
Verfahren  eiiznet  sich  iiesonders  bei  wissensciiuftlichen  rntcrsuchiiniren 
über  die  Filtorwirkung-,  kurz,  wo  es  sicii  iini  die  Messung'  sehr  feiner  Ab- 
stufungen des  Druckes  handelt  und  wo  keine  hinge  Druckwirkung  gefor- 
dert wird.  Bei  praktischen  lltrafiltrationen  wird  man  einen  Stalil/\  linder 
mit  Preljluft,  komi)rimiertom  Stickstoff.  Kohlensäure  oder  dgl.  v(»r/.i('hen. 
Zwischen  Stahlzyliuder  und  Ultrafiltrationsapparat  müssen  ein  Keduzicr- 
ventil  und  zwei  Manometer  M  geschaltet  sein;  das  eine  (für  sehr  hohe 
Drucke)  soll  den  Druck  im  Stahlzylinder  anzeigen,  das  andere,  hinter  dem 
Reduzierventil,  den  niederen  Druck  im  Ultrafiltrationsapparat.  Durch  fin 
weiteres  Reduzierventil  nebst  entsprechendem  Manometer  Heben  sicii  übrigens 
meines  Erachtens  so  feine  Druckdifferenzen  einstellen,  dab  sich  diese  An- 
ordnung auch  statt  der  Handluftpumpe  für  wissenschaftliche  Messungen 
verwenden  keße. 

Fig.  265.  welche  den  zusammengestellten  Apparat  zeigt,  weist  iio<h 
einen  Hahn  H  auf,  der  den  Zweck  hat,  den  Druck  plötzlich  al)zulassen 
und  so  die  Ultrafiltration  zu  unterbrechen. 

Die  Eichung  des  Ultrafilters. 

In  vielen  Fällen  ist  es  wertvoll,  einen  Mabstab  für  die  Leistung  des 
Ultrafilters  zu  besitzen,  da  sich  hieraus  Rückschlüsse  über  TeilchengrölJe 
des  untersuchten  Kolloids  ergeben. 

Hierzu  eignen  sich  o  Methoden: 

1.  Hämoglobinmethode.  Man  stellt  sich  eine  1  "/oige  Hämoglobin- 
lösung (Haemoglobin.  in  lamellis  Merck)  her  und  sieht  zu,  ob  das  in  Frage 
kommende  Filter  Hämoglobin  durchläßt  oder  nicht.  Hält  es  dieses  zurück,  so 
ist  es  auch  undurchlässig  für  die  meisten  anorganischen  Kolloide  (mit  Aus- 
nahme von  frischer  Kieselsäure).  Den  Grad  der  Durchlässigkeit  für  Hämo- 
globin erkennt  man  aus  der  mehr  oder  minder  starken  Rotfärbung  des  Filtrats. 

Für  die  DurchUissigkoit  von  Ultrafiltern  hat  Bechhold  nachstehende  'l'ulielle  auf- 
gestellt, welche  die  abnehmende  Teilchengröße  von  Kolloiden  in  Lösung  darstellt  und  auf 
Grund  von  Ultrafiltrationen  mit  Ultrafilteru  von  verschiedener  Porenweite  gewonnen  ist. 
Suspensionen.  l7o'e<^     Hänioglnbinlösung      (Mol.-(;ew. 

Berlinerblau.  ca.  KJ.UOÜ). 

Platinsol  (nach  Bredig).  Serumalbumin    (Mol.-(iew.    ra.  äOOO    bis 

Kolloides  Eisenoxyd.  l.'i.OOO). 

Kasein  (in  Milch).  Diplitherieto.xiii. 

Kolloides  Arsensulfid.  Protalbumosen. 

Goldlösung  (Zsigmondy)  Nr. 4  (ca.  40  u.ijl).  Kolloide  Kieselsäure. 

Bismon  (koll.  Wismutoxyd  nach  T'aal).  Iiysall)insäure. 

Lysargin  (koll.  Silber   nach  l'aal).  Deiiteroalbumosen  .J. 

Kollargol    (koll.  Silber  von  i/eyrfe«)  (ca.  Deuteroalbumosfii    li   (Mol. -(iew.    zirka 

■l{)[vx).  '  24(X)). 

Goldlösung  (Zsif/niondijj  Nr.  0  (ca.  1  bis  Deuteroalbunioseii  ('. 

4  aa).  •  Lackmus. 

rVoige  Gelatinelösung.  Dextrin  (Mol.-(;ew.  ca.  IHm). 

Kristalloide. 

69* 


1092  H.  Becbhold. 

2.  Luftdurchblasmetliode.  1)  Diese  Methode  gestattet  die  Ermitt- 
lung von  angenäherten  absohiten  Werten  für  die  größten  Poren  eines 
Ultrafilters.  Sie  beruht  auf  folgendem  Prinzip:  Vm  durch  eine  Kapillare, 
die  in  Wasser  taucht  und  vollkommen  benetzt  wird,  Luft  zu  pressen,  ist 
ein  gewisser  Druck  erforderlich,  der  abhängig  ist  von  der  Oberflächen- 
spannung von  Wasser  gegen  Luft,  also  einer  Konstanten,  und  dem  Ptadius 
der  Kapillare. 

Wenn  D  der  Durchmesser  der  Kapillare  ist,  p  der  Druck  in  Atmo- 
sphären und  ß  die  Kapillaritätskonstante,  so  gilt  folgende  Formel: 

D  =  —Aß—. 
p  .  1-038.105 

Setzt  man  ß  =  7"  7  bei  18°,  so  erhält  man 

D  =  — ^_ 
p.POSIllO^ 

Auf  Grund  dieser  Formel  kann  man  aus  dem  Maximaldruck,  der 
erforderlich  ist,  um  Luft  durch  die  Poren  der  vollkommen  nassen  Filter  zu 
pressen,  den  kleinsten  Durchmesser  der  betreffenden  Poren  ermitteln. 

Die  praktische  Durchführung  des  Versuches  gestaltet  sich  in 
der  Weise,    daß    man    den  Plltrierapparat    umdreht,    eine    dünne  Schicht 

^.    „,.  Wasser   auf   das    Filter   bringt  (einige 

Flg.  26/.  ovo 

Millimeter  hoch)  und  beobachtet,  bei 
welchem  höchsten  Druck  Luftblasen  zu 
entweichen  beginnen.  Die  schematische 
Skizze  Fig.  266  zeigt  den  Filtrierapparat 
in  normaler  Lage  (T  =  Trichter,  F  = 
Ultrafilter,  L  =  Lufteintritt).  Fig.  267 
zeigt  ihn  in  der  Lage  zum  Durchpressen  von  Luft;  über  dem  Filter  be- 
findet sich  eine  dünne  Wasserschicht. 

Nach  dieser  Methode  ermittelt,  besaßen  die  größten  Poren  eines 
Filters,  das  gerade  Hämoglobin  zurückhielt,  50 — 99  [v.a  Durchmesser. 

3.  Methode  der  Durchflußgeschwindigkeit  von  Wasser. 
Diese  Methode  gestattet  die  Ermittlung  von  angenäherten  absoluten  Werten 
für  den  mittleren  Porendurchmesser  von  Ultrafiltern.  Die  Methode  be- 
ruht auf  dem  etwas  umgeformten  PoiseuiUeschen  Gesetz  für  den  Durch- 
fluß von  Flüssigkeiten  durch  kapillare  Röhren.  2) 

D  =  Porendurchmesser,  Q  =  Durchflußmenge  von  Wasser  durch  die 
Oberfläche  F,  bei  konstantem  Druck  S.  —  Pt  ist  das  Verhältnis  der  leeren 
(wasserhaltigen)  Räume  zu  den  festen;  es  ergibt  sich  aus  dem  Prozent- 
gehalt der  Gallerten  an  fester  Substanz  (ein  ö^oiges  Filter  enthält  auf 
5  volle  95  leere  Räume).  L  ist  die  Länge  der  Kapillaren  (d.h.  nicht  kleiner 

^)  Bechhold,  Durchlässigkeit  von  ültrafiltern.  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  64  (1908). 
328 — 342.  —  Bei  praktischen  Versuchen  nach  Methode  2  und  3  ist  jedenfalls  diese 
Arbeit  vorher  nachzusehen,  da  sich  die  Einzelheiten  der  Methodik  nicht  in  aller  Kürze 
wiedergeben  lassen. 

2)  Bechhold,  I.e.  f  j 


l 


Ultrafiltration.  1093 

als  die  Dicke  des  nassen  Filters),  k  ist  ein  konstanter  i-aktor,  abiiau^ng 
von  Temperatur  und  Art  der  Flüssigkeit.  Dann  gilt  die  Formel: 

Q(R+1)L 

k  .  S  .  F  .  K  • 

Richtet  man  es  ein,  daß  alle  Versuche   unter   gleichen  Bedinguni;en 

vorgenommen  werden,  so  vereinfacht  sich  die  Formel,  indem  ,-— 5— p-  eine 
Konstante  wird. 

Zur  praktischen  Durchführung  sind  2  Personen  erforderlich:  die 
eine  muß  den  Druck  regeln,  die  andere  in  gleichen  Zeiten  (mit  Stopuhr)  das 
filtrierte  Wasser  bestimmen.  Unter  den  Apparat  wird  ein  Trichter  gesetzt, 
dessen  Abfluß  durch  Gummirohr  und  Quetschhahn    vcrschliolibar  ist. 

Den  Ultrafiltrationsapparat  füllt  man  mit  Wasser,  läßt  Druckluft  zu 
bis  ein  bestimmter  Druck  erreicht  ist.  In  diesem  Moment  schließt  man 
den  Quetschhahn  unter  dem  Trichter  so,  dal)  alles  Wasser,  welches  bei 
konstantem  Druck  filtriert,  im  Trichter  aufgefangen  wird.  Sobald  eine  be- 
stimmte Zeit  (z.  B.  eine  Minute)  abgelaufen  ist,  mul»  sofort  der  gesamte 
Druck  abgelassen  werden.  —  Auf  diese  Weise  mißt  man,  wieviel  Wasser  in 
einer  bestimmten  Zeit  durch  ein  bestimmtes  Filter  filtriert.  Hat  man  vor- 
her den  gleichen  Versuch  mit  einem  Filterpapier  gemacht,  dessen  Poren- 
größe bekannt  ist,  das  z.  B.  Blutkörperchen  oder  Bakterien,  die  mikrosko- 
pisch meßbar  sind,  gerade  teilweise  zurückhält,  so  kann  man  auf  Grund  der 
erwähnten  Formel  die  mittlere  Porenweite  des  ritrafiltei's  berechnen. 

Auf  Grund  dieser  Methode  zeigten  Ultrafilter,  welche  Hämoglobin 
gerade  zurückhielten,  einen  mittleren  Poi-endurchmesser  von  30 — 36  [>.[>.. 

Adsorption  des  Filters. 

Bei  Ultrafiltrationsversuchen  ist  darauf  zu  achten,  ob  nicht  das  Ultra- 
filter durch  Adsorption  zu  Störungen  \'eranlassung  gibt.  Es  empfiehlt  sich 
deshalb  in  einem  \'orversuch  die  zu  prüfende  Lösunj^-  mit  einem  zer- 
schnittenen Filter  zu  schütteln  und  sie  dann  zu  untersucheu.  Ist  der  Ge- 
halt nach  dem  Schütteln  der  gleiche  oder  fast  der  gleiche,  so  tritt  keine 
Adsorption  auf.  Wird  der  Ultrafiltrationsversuch  durch  Adsorption  gefälscht, 
so  empfiehlt  es  sich,  eine  andere  Gallerte  zur  Ultrafiltration  zu  verwenden. 

Während  z.  B.  Arachnolysin  durch  Eisessigkollodium  sehr  stark  ad- 
sorbiert wird,  wird  es  durch  Formolgelatine  sehr  wenig  adsorbiert. 

Auf  alle  Fälle  empfiehlt  es  sich,  bei  I'ltrafiltrationsversuchen  (juan- 
titativ  zu  arbeiten  und  sowohl  am  Filterrückstand  wie  am  Filtrat  die  Ver- 
änderungen zu  prüfen,  die  durch  den  Versuch  erzielt  wurden. 

Ultrafiltrationen  bei  höherer  Temperatur. 

Umgibt  man  den  Trichter  mit  einem  weiten  P.lechmantel.  der  die 
entsprechenden  Durchlässe  besitzt,  so  kann  man  auch  bei  höherer  Tem- 
peratur ultrafiltrieren.  Den  Blechmantel  erhitze  ich  seitlich  durch  einen 
Bunsenbrenner  in  der  Art  wie  einen  Heißwassertrichter. 


]^()94  H.  Bechhold.  Ultrafiltration. 

Anwendung  der  Ultrafiltration. 

Die  Ultrafiltnition  dient,  wie  bereits  eingangs  erwähnt,  zur  Trennung 
der  Kolloide  von  Kristalloiden.  Sie  kann  also  in  vielen  Fällen  die  Dialyse 
ersetzen.  \'or  dieser  hat  sie  den  Vorzug  eines  weit  rascheren  Arbeitens 
und  erlaubt  die  Trennung  ohne  die  bei  der  Dialyse  unvermeidUche  starke 
Verdiinnung  des  Dialysats. 

In  dieser  Richtung  wurde  sie  angewandt  zur  Trennung  von  Globulin 
und  den  es  in  Lösung  haltenden  Elektrolyten,  der  Verdauungsprodukte 
des  Kasein  durch  Pankreatin  ( Bechhold  i). 

Das  wichtigste  neue  Anwendungsgebiet  der  Ultrafiltration  besteht 
darin,  daß  sie  die  Trennung  von  Kolloiden  verschiedener  Teilchengrölie 
gestattet  (fraktionierte  Ultrafiltration)  oder  von  solchen  Stoffen,  über 
deren  kristalloide  bzw.  kolloide  Natur  man  noch  im  Unklaren  ist.  Es  sei  hier 
verwiesen  auf  die  Trennung  der  verschiedenen  Albumosen  durch  Bechhold '), 
die  Studien  über  die  Natur  der  Stärkelösungen  durch  Fonard  -),  die  Versuche 
zur  Aufklärung  des  zellfreien  Gärungsprozesses  durch  A.  v.  Lehedew.  3) 

Unveröffentlicht  sind  noch  die  Untersuchungen  von  Grosser  über  Milch 
sowie  die  Trennung  des  Diphtherietoxins  vom  Toxon  durch  Bechhold. 

Grosser  gelang  durch  Ultrafiltration  ein  einfacher  Nachweis  zur  Unter- 
scheidung von  gekochter  und  ungekochter  Milch. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  die  Ultrafiltration  für  das  Studium 
von  Gleichgewichten  in  Lösungen,  da  bei  dieser  Methode  keinerlei 
Änderung  im  Gleichgewicht  zwischen  den  kristalloiden  und  kolloiden  Be- 
standteilen durch  Verdünnung  der  Lösung  vor  sich  geht.  Voraussetzung 
ist  natürlich ,  daß  man  nur  kleine  Mengen  filtriert  (gewissermaßen  das 
Differential  bestimmt),  so  daß  keine  Konzentrationsänderungen  auftreten. 
Darauf  beruhen  die  zahlreichen  Untersuchungen  über  das  Eisenoxydhydrosol 
von  Duclaux  und  Malfitano. 

Für  die  Lösung  rein  biologischer  Fragen  wurde  die  Ultrafiltration 
schon  verschiedentlich  herangezogen.  So  von  Burian  ^)  zum  Studium  der 
Funktion  der  NierenglomeruU  von  Bechhold^)  für  das  Problem  der  „Inneren 
Antisepsis"  und  der  Pulsationen  bei  den  Sekretionen.  »5) 

Schließlich  sei  noch  erwähnt,  dal)  man  durch  Ultrafiltration  keim- 
freie Flüssigkeiten  erhalten  kann  und  ein  optisch  leeres  Wasser,  das 
sich  zu  ultramikroskopischen  Zwecken  eignet  (Bechhold). 

Die  Frage  der  Verwendung  von  L^ltrafiltern  zum  Studium  des 
„filtrier baren  Virus"  wurde  auf  der  5.  Tagung  d.  fr.  Verein,  f.  Mikro- 
biologie^) (Dresden  1011)  diskutiert  (Doerr). 


0  1.  c. 

2)  Compt.  reud.  146.  317.  318;  146.  978/981;  147.  813/816;  147.  931/933. 

^)  Biochem.  Zeitschr.  20.  H.  12. 

*)  Pfliifiers  Archiv  d.  Physiol.  136.  741  —  760. 

5)  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  52  (1907).  177—180. 

*)   Van  Bemmelens  Festschrift.  1910. 

')  Centralbl.  f.  Bakteriol.  1.  Aht.  Beilage  Bd.  50  (1911). 


Tabellen  zur  Herstellung  von  Lösiiii.i!;eii  mit  bestimmter 

Hlonenkonzentration. 

\()ii  Peter  Koiia,  Berlin. 

Wie  in  diesem  Band.  S.  817  auseinandergesetzt  wurde,  sind  hei  der  külori- 
metrischen  Methode  der  Bestimmung  derWasserstoffionenkou/cnfraticm  einer 
bestimmten  Lösung  Vergleichsflüssigkeiten  mit  genau  bekannter  Wasser- 
stoffionenkonzeutration  anzuwenden,  deren  Farbe  nach  Zusatz  eines  pas- 
senden Indikators  mit  der  Farbe  der  zu  untersuchenden  Lösung,  mit  dem- 
selben Indikator  versetzt,  verglichen  wird.  Um  solche  Lösungen  von  be- 
stimmter H-Konzentration  leicht  darzustellen,  schlagt  Sörenscn  i)  folgende 
Standardlösungen  vor: 

1.  Eine  O'l  n-Salzsäure  (in    den  Tabellen  mit  ..HCl"  bezeichnet). 

2.  Eine  Ol  n-Natriunihydroxydlösung  (in  den  Tabellen  mit  „NaC)li- 
bezeichnet). 

3.  Eine  Lösung,  die  in  einem  Liter  7"505  Ghkokolljund  ö'Hö  (/  reines 
NaCl  enthält.  (In  den  Tabellen  mit  „GlykokoU"  bezeichnet.) 

4.  Eine  Lösung,  die  9"078  f/  KH,  PO4  im  Liter  enthält ,  d.  h.  eine 
Vi5  molare  Lösung.  (In  den  Tabellen  mit   ..prim.  Phosphat"  bezeichnet.) 

5.  Eine  Lösung,  die  IVHlö  g  Na.,  HPO4  2H.,  ()  im  Liter  enthält, 
d.  h.  eine  Vis  molare  Lösung.  (In  den  Tabellen  mit  ..sek.  Phosphat" 
bezeichnet.  2) 

H.  Eine  Ol  molare  Lösung  sekundären  Natriumeitrats:  diese  wird 
durch  Lösen  von  21"008(7  kristallisierter  Zitronensäure  in  '200  cm ^  n-Na- 
tronlösung  und  Verdünnen  mit  Wasser  auf  ein  Liter  hergestellt.  Mii  den 
Tabellen  als  ..Citrat"  bezeichnet.) 

7.  Eine  alkalische  Borsäurelösung,  hergestellt  durch  Lösen  von 
0-2  mol.  Borsäure  (12-404  </)  in  100  rw»  n-Natronlösung  und  Ver- 
dünnung mit  Wasser  auf  ein  Liter.  (In  den  Tabellen  als  ..Borat"  bezeichnet.} 

Ausführliche  Angaben  über  die  genaue  Herstellung  dieser  Lösungen 
finden  sich  in  der  erwähnten  Arbeit  von  Sörenscn.  Hie  von  Ka/ilhaum  i>e- 
zogenen  garantiert  reinen  Reagenzien  entsprechen  den  gestellten  Anfor- 
derungen. 


')  S.  P.  L.  Sörenscn.  Euzymstiulien.    II.  Biochom.  /eitsihr.  21.   131  (liK»9). 
2)  Die  in  diesem  Band,  S.  317  gegebene  rhosphutreihe    bezielit    sich  auf    solchr 
»/j5  molare  Lösungen. 


1096 


Peter  Rona. 


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1098  Peter  Rona.  Tabellen  zur  Herstellimg  von  Lösungen  etc. 

Die  den  verschiedenen  Mischungen  der  betreffenden  Standardlösungen 
entsprechenden  Wasserstoffionenexponenteni)  sind  in  den  vorstehenden, 
von  Sörensen  ausgearbeiteten  Tabellen  dargelegt.^) 

Eine  andere  wichtige  Anwendung  von  Lösungen  von  bekannter,  stets 
leicht  reproduzierbarer  Wasserstoffionenkonzentration  ist,  einem  System, 
z.  B.  einem  Ferment-Substratgemisch,  eine  gewisse  H'Konzentration  zu  er- 
teilen, die  während  des  ganzen  Verlaufs  der  Ferment-  (oder  sonstigen) 
Reaktion  festgehalten  wird.  Dazu  eignen  sich  mit  Vorteil  die  Ammonium-, 
Phosphat-  und  Acetatgemische,  die  natürlich  auch  als  Vergleichslösungen 
bei  der  kolorimetrischen  Methode  ausgezeichnete  Dienste  leisten.  Ausführ- 
liches hierüber  ist  im  Band  III,  S.  1337  von  L.  Michaelis  zu  lesen  und 
wir  verweisen  hier  nur  auf  den  betreffenden  Abschnitt. 


1)  Vgl.  diesen  Band,  S.  320. 

^)  Graphisch  sind  die  Befunde  in  einer  Kurveutafel,  an  welcher  die  einer  be- 
stimmten Zusammensetzung  der  Lösungen  entsprechenden  Werte  der  Wasserstoffionen- 
exponenten  und  die  entsprechenden  elektromotorischen  Kräfte  direkt  abzulesen  sind, 
dargestellt.  Sie  ist  im  Verlage  von  J.  Springer,  Berlin,  erschienen. 


Die  Methoden  der  biologischen  Mikrochemie. 

Von  A.  B.  Macalhiin,  Toronto. 

I.  Einleitung. 

Biologische  Untersuchungen  mittelst  mikrochemischer  Methoden  sind 
mit  besonderen  Schwierigkeiten  verbunden,  die  bei  der  Bestimmung  der 
Zusammensetzung  von  anderen  anorganischen  und  organischen  Sul)staiizen. 
Mischungen  und  Lösungen  nicht  auftreten.  In  dem  h'tzten  Falle  ist  auf 
mikrochemischem  Wege  z.  B.  einfach  festzustellen,  ob  ein  gewisses  Element 
oder  eine  bestimmte  Substanz  in  einem  Tropfen  von  nicht  weniger  als  1  nun^ 
vorhanden  ist.  Auf  Zusatz  der  betreffenden  Reagenzlüsung  kann  durdi  \'er- 
dampfen  konzentriert  oder  sogar  zur  Trockne  gebracht  werden,  sei  es  auf 
dem  Objektträger  oder  im  Uhrglas.  Die  Reaktion  wird  auf  diese  Weise 
äußerst  empfindlich  gemacht.  Ein  solches  Konzentrieren  kann  aber  bei  der 
mikrochemischen  Untersuchung  von  Zellen  oder  Geweben  nicht  angewandt 
werden,  denn  die  Verteilung  der  Salze  oder  überhaupt  der  Bestandteile  der 
Gefäß-  oder  Zellflüssigkeit,  bzw.  der  Flüssigkeit,  weiche  mit  dem  kolloi- 
dalen Material  des  Zellzytoplasmas  verbunden  ist,  würde  dabei  \'er;inde- 
rungen  erleiden.  Diffusion  und  Wiederverteilung  sind  bei  einer  gewühidichen 
mikrochemischen  Untersuchung  ohne  Einfluß,  aber  bei  irgend  einer  mikro- 
chemischen Untersuchungsmethode  auf  biologischem  Gebiete  würden  diese 
Erscheinungen  die  erhaltenen  Resultate  ziemlich  wertlos  gestalten.  Es  muß 
daher  die  Aufgabe  der  biologischen  Mikrochemie  sein,  Diffusion  und 
Wiederverteilung  der  betreffenden  P^lemente  und  \'erbindnniren  bis  zu  einem 
Minimum  so  weit  wie  nur  irgend  möglich  einzuschränken.  Dies  ist,  wie 
eine  kurze  Betrachtung  zeigen  wird,  in  verschiedener  Hinsicht  keine  leichte 
Aufgabe.  Es  gibt  wenig  Reaktionen,  die,  auch  nur  annähernd,  sofort  ein- 
treten, und  überhaupt  keine,  die  augenblicklich  vor  sich  gehen.  Außerdem 
iniden  von  denjenigen,  welche  sich  sofort  abspielen,  mir  sehr  wenige 
Niederschläge,  und  noch  viel  weniger  sind  überhaupt  in  der  biologischen 
Mikrochemie  brauchbar.  Durch  diesen  Umstand  allein  sind  schon  zahl- 
reiche Einschränkungen  gegeben. 

Es  ist  allerdings  nicht  bei  jeder  mikrochemischen  .Methode  auf  bio- 
logischem Gebiete    unbedingt  Schnelligkeit  der  Reaktion  erforderlich.    Ein 


IIQQ  A.  B.  Macallum. 

Beispiel  bildet  die  Hämatoxylinreaktion  auf  Eisen.  Die  Verbindungen  des 
letzteren  sind  in  den  Zellen  gewöhnlich  von  unlöslicher  Art  und  so  wird 
bei  alkoholgehärteten  Prcäparaten  solcher  Zellen  die  Verteilung  verhindert, 
welche  während  des  Lebens  statthat.  Solche  Verbindungen  werden  durch 
das  Hämatoxyhn  nicht  verändert;  sie  verändern  aber  mehr  oder  weniger 
langsam  dieses  Produkt,  indem  sie  es  in  eine  tief  gefärbte  unlösliche  Sub- 
stanz verwandeln,  welche  auch  genau  dort,  wo  sich  jene  Verbindungen  be- 
fanden, auftreten.  Eine  solche  Reaktion  steht  indessen  einzig  da  und  daher 
wird  die  allgemeine  Forderung  für  die  biologische  Mikrochemie,  daß  die 
betreffende  Reaktion  wenigstens  annähernd  augenbUcklich  eintreten  sollte, 
nicht  beschränkt. 

Eine  andere  Schwierigkeit  liegt  in  der  Undurchlässigkeit  der  Zellen 
und  Gewebe,  wodurch  das  schnelle  Eindringen  der  Reagenzien,  sei  es  im 
ganzen  oder  nur  des  einen  oder  anderen  Bestandteiles  derselben  erschwert 
wird.  Während  des  Lebens  der  Zellen  schränkt  diese  mehr  oder  weniger 
große  Undurchlässigkeit  die  Austauschmöglichkeit  zwischen  dem  Inneren 
und  der  Außenwelt  ein  und  die  Reagenzien,  die  bei  mikrochemischen 
Methoden  gebraucht  werden,  sind  von  diesem  Einfluß  nicht  völlig  ausge- 
nommen. Ehe  ein  Reagens  imstande  ist,  in  das  Innere  einer  Zelle  in  ge- 
nügender Weise  einzudringen,  um  überhaupt  die  erforderliche  Reagenz- 
wirkung hervorzubringen,  können  Diffusionsströmungen  vor  sich  gehen,  die 
bewirken,  daß  die  Reaktion,  welche  zuletzt  stattfindet,  nicht  die  ursprüng- 
liche Verteilung  der  Bestandteile  der  Zelle  veranschaulichen.  Diesen  stören- 
den Einfluß  gänzlich  zu  beheben  ist  unmöglich.  Man  kann  nur  darnach 
streben,  ihn  so  einzuschränken,  daß  das  Resultat  nicht  weiter  beeinflußt 
wird.  Zu  diesem  Zwecke  muß  man  die  Reagenzien  in  der  Weise  zu  den 
isoherten  Zellen  bringen,  daß  alle  Teile  jeder  einzelnen  ZeUe  auf  einmal 
erreicht  werden.  Bei  den  isolierten  Zellen  kann  ein  Reagens  unter  ge- 
wöhnlichen Umständen  so  rasch  durchdringen ,  daß  die  Wiederverteilung 
seiner  Salze  bis  auf  ein  Minimum  eingeschränkt  bleibt. 

Es  ist  indessen  hin  und  wieder  nötig,  die  Verteilung  eines  Elementes 
oder  einer  Verbindung  sowohl  unmittelbar  ohne  Zelle,  als  auch  in  der 
Zelle  zu  kennen.  Natürlich  ist  die  Isolierung  der  individuellen  Zellen  eines 
Gewebes  hier  ohne  Nutzen,  denn  diese  ruft  neue  außerzellulare  Bedingun- 
gen hervor  und  verändert  so  die  Zusammensetzung  an  der  Oberfläche  der 
Zelle.  Um  dies  so  viel  wie  möglich  zu  vermeiden,  müssen  kleine  Partikel- 
chen frischen  Gewebes  von  einem  Durchmesser  von  nicht  mehr  als  20  y. 
angewandt  werden.  Zu  diesem  Zwecke  wird  das  Kältemikrotom  gebraucht, 
und  die  Teilchen  werden,  während  noch  flach  und  gefroren,  sogleich  mit 
dem  Reagenz  zusammengebracht.  Das  letztere  gelangt  auf  diese  Weise 
zu  allen  Teilen  der  Schnitte  und  auch  fast  ebenso  schnell  in  das  Innere 
der  Zellen  und  selbst  zum  Kern. 

Gegen  diese  Methode  kann  allerdings  eingewandt  werden,  daß  das  Ge- 
frieren die  Verteilung  der  Salze  in  den  Geweben  verändert.  Das  Gefrieren 
beeinflußt  nämlich  etwas  die  Lokalisierung  der  Salze  in  den  Zell  dementen, 


Die  Methoden  der  biologischen  Mikrochemie.  llOl 

wenn  das  AYasser  in  dem  Zytoplasma  reichlich  vorhanden  ist.  Die  Bildung,' 
von  Eiskristallen  kann  seine  feine  Struktur  zerstören,  und  solche  Ver- 
änderungen m()gen  beim  Auftauen  im  lleatrens  nicht  verschwinden.  Ferner 
schlielien  die  gebildeten  Kiskristalle  nicht  die  in  dem  Wasser  gelüsten 
Substanzen  ein,  von  dem  die  Kristalle  herrührten,  uii-l  hierin  liegt  eine 
Möghchkeit,  daß,  wenn  der  betreffende  Schnitt  im  Reagens  taut,  diese  ge- 
lösten Stoffe  wo  anders  als  in  ihrer  ursprünglichen  Lage  beobachtet  werden 
können.  Diese  Schwierigkeiten  sind  indessen  derart,  dal'i  sie  die  Resultate 
mikrochemischer  Untersuchungen  frischer  Zellen  kaum  oder  nicht  beeinflussen. 
Schon  nach  wenig  l'bung  ist  man  fähig,  zwischen  einer  so  veränderten  Ver- 
teilung und  dem  normalen  Zustande  zu  unterscheiden.  Weitaus  bei  der  grülUen 
Mehrzahl  der  Fälle  liegen  Zellen  vor,  deren  Wassergehalt  im  N'erhältnis  zu 
dem  vorhandenen  Kolloid  nur  gering  ist,  so  daß  bei  dem  Gefrierprozeb  die 
Rildung  von  Eiskristallen  meßbarer  Dimension  nicht  stattfindet. 

Jedenfalls  steht  aber  fest,  daß  man  bei  mikrochemischen  For- 
schungen auf  biologischem  Gebiete  die  größte  Aufmerksamkeit  verwenden 
muß,  sowohl  in  bezug  auf  die  Auswahl  der  Methoden  als  auch  in 
betreff  der  aus  den  erhaltenen  Resultaten  zu  ziehenden  Schlüsse.  Auf 
Empirismus  und  nur  auf  allgemeine  Erfahrungen  gegründete  Schlüsse 
müssen  vermieden  werden  und  Folgerungen  dürfen  a  priori  nur  nach 
außerordentlich  sorgfältiger  Prüfung  all  der  betreffenden  in  Betracht  kom- 
menden Bedingungen  gezogen  werden.  Außerdem  muß  der  Forscher  der 
biologischen  Mikrochemie  umfassende  Kenntnisse  auf  dem  Gebiete  der 
anorganischen,  organischen  und  physikalischen  Chemie  besitzen.  Wäre  dies 
immer  der  Fall  gewesen,  so  würden  manche  Fehler,  die  man  in  der  Literatur 
findet,  vermieden  worden  sein.  Und  endlich  ist  für  solche  Untersuchungen 
viel  Geduld  erforderlich. 

II.  Die  Methoden. 

Die  ^lethoden  der  biologischen  Mikrochemie  sind  bisher  nur  so  weit 
ausgearbeitet  worden,  um  organisch  und  anorganisch,  gebundenes  Eisen, 
Kalium,  Calcium  in  organischen  Verbindungen,  Kupfer,  Chlor,  Jod,  Rhos- 
phorsäure,  organischen  Phosphor  in  Kernverbindungen  und  Schwefelsäure 
als  Sulfat  örthch  bestimmen  zu  können. 

Im  Folgenden  sollen  die  verschiedenen  Methoden  zur  Bestimmung 
der  genannten  Elemente  in  der  Reihenfolge,  wie  letztere  eben  angeführt 
wurden,  besprochen  werden. 

A.  Eisen,  anorganisch  und  organisch. 

Um  das  Eisen  in  Geweben  zu  lokalisieren,  müssen  die  letzteren  ge- 
härtet werden,  und  zwar  so,  daß  die  Anordnung  der  Eisenverbinduiigen 
nicht  beeinflußt  wird. 

Für  diesen  Zweck  ist  Alkohol  das  beste  Fi.\ierungsmittel.  Er  ändert 
die  Zusammensetzung  der  organischen  und  anorganischen  Eisenverbindungen 


-II  Q9  A.  B.  Macall  um. 

in  keiner  Weise.  Eine  solche  Beeinflussung  wird  dagegen  durch  Behandeln 
der  Gewebe  nach  der  Halhchen  Methode  i)  hervorgerufen ,  nach  welcher 
zwei  verschieden  konzentrierte  Lösungen  von  Ammonium sulfid  in  Alkohol 
zum  Härten  eisenhaltiger  (jewebe  verwendet  werden.  Hall  benutzte  das 
Sulfid,  da  er  glaubte,  dali  Alkohol  allein  Eisenverbindungen  aus  Geweben 
zu  extrahieren  vermag,  und  daß  daher  die  mit  Alkohol  fixierten  Gewebe 
fehlerhafte  Präparate  in  bezug  auf  ihren  Eisengehalt  darstellen.  Diese  An- 
nahme trifft  jedoch  nicht  zu.  Es  ist  wohl  richtig,  daß,  wenn  man  ein 
Eisensalz  als  härtendes  Agens  anwendet,  gerade  so  wie  man  auch  Kalium- 
bichromat  oder  Chromsäure  benutzt,  durch  nachfolgende  Behandlung  des 
gehärteten  Gewebes  mit  Alkohol  ein  großer  Teil  des  derart  angewandten 
Eisensalzes  extrahiert  wird.  Die  Eisenverbindungen  aber,  die  in  den  leben- 
den Geweben  vorkommen,  werden,  vielleicht  nur  mit  Ausnahme  des  Hä- 
matins,  auf  diese  Weise  nicht  extrahiert,  denn  sie  bestehen  aus  Phosphat, 
Karbonat,  Oxyd  und  vermutlich,  wenigstens  spurenweise,  aus  Sulfat  —  alle 
Verbindungen,  die  in  der  Ferriform  vorliegen  und  die  selbst  in  verdünntem 
Alkohol  von  50Vo  unlöslich  sind.  Außerdem  wird  das  Eisensalz,  das  durch 
die  Darmepithelzellen  eines  Tieres  absorbiert  wird ,  das  mit  beträcht- 
lichen Mengen  eines  löshchen  Eisensalzes  gefüttert  wurde,  mit  90°/oigeni 
Alkohol  nicht  extrahiert,  wie  durch  Kontrollpräparate  bewiesen  worden  ist. 
Dies  beruht  auf  der  Tatsache,  daß  der  Charakter  der  absorbierten 
Verbindungen  durch  das  Zytoplasma  der  lebenden  Zellen  verändert  wird, 
und  daß  sie  dadurch  unlöslich  oder  vielmehr  viel  weniger  lösUch  in  Wasser 
und  vollständig  unlöslich  in  konzentriertem  Alkohol  werden.  Die  Verbin- 
dungen, die  nicht  in  erwähnter  Weise  zur  Absorption  gekommen  sind, 
können  in  die  Epithelzellen  diffundieren.  Die  Oberfläche  der  Schleimhaut 
muß  daher  vor  der  Behandlung  mit  Alkohol  schnell  mit  Wasser  abgespült 
oder  zwischen  Fheßpapier  abgepreßt  werden,  um  anhaftende  Flüssigkeit 
mit  ihrem  Eisengehalt  zu  entfernen. 

Das  Eisen  des  Hämatins  wird  bei  fortgesetzter  Behandlung  mit 
Ammonsulfid  in  Ferrosulfid  übergeführt.  Außerdem  zersetzt  das  Ammonium- 
sulfid selbst  in  Alkohol  Hämoglobin  und  macht  in  geringen  Mengen  Hä- 
matin  frei,  das,  bevor  es  zersetzt  wird,  diffundiert.  Hier  hegt  also  eine 
Fehler(iuelle  vor.  Der  Hauptfehler  beim  Ammoniumsulfidverfahren  liegt 
jedoch  darin,  daß  Ammoniumsulfid  organische  Eisenverbindungen  angreift 
und  Eisen  in  Freiheit  setzt.  Das  letztere  findet  sich  dann  mitunter  in  dem 
Eisen  der  anorganischen  Verbindungen. 

Von  Swirski^)  und  Tartakowsky ^)  wurde  für  die  Untersuchung  auf 
Eisen  zum  Härten   von  Gewebspräparaten   eine   4Voige  Formollösung   als 


^)  Winf.  S.  Hall,  Über  das  Verhalten  des  Eisens  im  tierischen  Organismus.  Arch. 
f.  Auat.  und  Physiol.,  Physiol.  Abt.  1896.  S.  49. 

^)  G.  Stoirski,  Über  die  Resorption  uud  Ausscheidung  des  Eisens  im  Darmkauale 
des  Meerschweinchens.  Arch.  für  die  ges.  Physiol.  74.  S.  466  (1899). 

")  S.  Tartakowsky,  Die  Resorptionswege  des  Eisens  beim  Kaninchen.  (Eine  mikro- 
chemische Studie.)  Arch.  für  die  ges.  Physiol.  100.  S.  586  (1903). 


Die  Methoden  der  biologischeu  Mikrochemie.  1108 

zuverlässig  empfohlen.  Indessen  behauptet  Falkenhcrg '),  «laß  Fonnollüsung 
wegen  Säuregehaltes  die  Eisensalze  in  den  (iewehen  zersetzt  und  folglich 
eine  Veränderung  in  der  Verteilung  des  frei  gemachten  Eisens  bedingt. 
Nishimura-)  dagegen,  welcher  lOVoige  Formollösung  für  eisensalzrciche 
Leberpräparate  benutzte,  fand,  dal»  selbst  nach  '24  Stunden  die  al>filtriorte, 
härtende  Flüssigkeit  keine  merkliche  Eisenreaktion  zeigte.  Er  empfahl  des- 
halb noch  aus  verschiedenen  anderen  Gründen  den  (iebrauch  von  Forniol- 
lösung  zur  Härtung  des  erwähnten  Materials. 

Sowohl  Nishimura  als  auch  Falkenherg  halten  den  Alkohol  als  ein 
geeignetes  Härtmigsmittel  für  eisenhaltige  Gewebe.  Ersterer  gibt  allerdings 
an,  daß  es  in  gewissem  Grade  Schrumpfung  hervorruft,  eine  Wirkung,  die 
durch  Formol  nicht  erhalten  wird.  Was  aber  die  Verteilung  des  Eisens  in 
den  fraglichen  Präparaten  betrifft,  so  sollen  die  beiden  Ilärtungsmethodeii 
keine  Unterschiede  aufweisen.  Nach  Ahderhaldcn  s)  trifft  dies  jedoch  nicht 
zu.  Er  fand,  daß  durch  die  Härtung  mit  Alkohol  die  Eisenreaktion  in  den 
Geweben  so  beeinflußt  wird,  daß  es  unmöghch  ist.  sich  ein  genaues  Bild 
über  die  Verteilung  des  Eisens  zu  machen. 

Nach  unseren  eigenen  Beobachtungen  ist  für  eisenhaltige  Organe 
Alkohol  das  Härtungsagens,  welches  am  einwandfreiesten  erscheint.  Formol 
in  4 — lOVoiger  Lösung  steht  in  dieser  Hinsicht  dem  Alkohol  nach,  denn, 
wenn  Eisensalze  in  Alkohol  löslich  sind,  sind  sie  es  ebenso  und  vielfach 
noch  reichlicher  in  Formollösung.  Aus  theoretischen  Gründen  erscheint  der 
Gebrauch  von  Alkohol  oder  Formol  nicht  geeignet  bei  der  Härtung  der 
Darmschleimhaut  von  Tieren,  die  mit  leicht  löslichen  Eisensalzen  gefüttert 
wurden,  denn  in  solchen  Fällen  würden  vermutlich  die  in  Alkohol  oder 
Formol  löslichen  Eisensalze  durch  das  eine  oder  das  andere  Mittel  extra- 
hiert werden.  Wie  schon  erwähnt,  werden  die  Eisensalze,  die  vom  Zyto- 
plasma  der  Epithelzellen  der  Darmzotten  absorbiert  werden,  von  dem  Ei- 
weiß des  Zytoplasmas  zurückgehalten,  so  daß  Alkohol  allein,  direkt  ange- 
Avandt,  sie  nicht  extrahiert.  Wenn  solche  Zellen  in  fi'ischem  Zustande  bei 
Anwendung  schwachen  Ammoniumsulfides  aufgehen,  so  wird  die  Verteilung 
des  in  dem  Zytoplasma  vorhandenen  Eisens  in  keiner  Weise  verschieden 
sein  von  der,  die  bei  einem  alkoholgehärteten  Material  eines  gleichen  Prä- 
parates gefunden  wird. 

Jedenfalls  ist  es  vorteilhafter,  sich  für  die  Härtung  anderer  Agenzien 
zu  bedienen,  und  zwar  sind  am  geeignetsten  Formol  und  .\tzsublimat. 
Das  erstere  wird  in  einer  Konzentration  von  4 — 6"/o  angewandt.  Indem 
man  es  auf  kleine  Stücke  des  Gewebes  2  Tage  lang  einwirken  läßt,  erhält 
man  brauchbare  Präparate.  Nachdem  die  Gewebe  in  Wasser  getaucht 
worden  sind,  um  den  Überschuß  des  Formalins  zu  entfernen,  können  sie 
mit  dem  Kältemikrotom  geschnitten  werden.  Die  nachfolgende  Behandlung 

')  Falkenherg,  Zentralbl.  für  allgem.  Path.  15.  S.  662  (1904). 
')  Nishimura,  Zentral-bl.  für  allgem.  Path.  21.  S.  10  (1910). 

^)  E.  Ahderhaldcn,  Die  Resorption  dos  Eisens,  sein  Vorhalten  im  Organismus  und 
seino  Ausscheidung.  Zeitschrift  für  Biologie.  39.  S.  113  (lUOO). 


1104 


A.  B.  Macallum. 


zur  Untersuchung  auf  den  Eisengehalt  ist  dieselbe,  wie  sie  bei  dem  mit 
Alkohol  behandelten  Material  angewendet  wird.  Sie  ist  weiter  unten  be- 
schrieben. 

Ätzsublimat  in  gesättigter  Lösung  kann  zu  gewöhnlichen  Härtungs- 
zwecken bei  histologischen  Untersuchungen  und  bei  Schnitten  angewandt 
werden,  die  entweder  mittelst  der  Paraffinmethode  oder  mit  dem  Ge- 
friermikrotom hergestellt  werden.  Die  auf  diese  Weise  gehärteten  Gewebe 
sind  nicht  für  die  Behandlung  mit  Ammoniumsulfid  geeignet.  Das  vorhan- 
dene Mercurisalz  gibt  mit  dem  Sulfid  das  dunkle  Mercurisulfid ,  welches 
das  entwickelte  Ferrosulfid  verdecken  kann.  Ferner  reagieren  die  Eisen- 
salze in  solchen  Präparaten  nicht  gut  mit  reinen,  wässerigen  Hämatoxy- 
linlösungen. 

Die  einzige,  zuverlässige  Methode  zur  Demonstrierung  des  Eisens  ist 
diejenige  mit  der  Säure-Ferrocyanidmischung ,  welche  so,  wie  es  bei  den 
Alkoholpräparaten  beschrieben,  gebraucht  werden  kann. 

Ferner  ist  auch  das  Halhche  Agens  brauchbar.  Es  wird,  wie  schon 
erwähnt,  in  zwei  Konzentrationen  angewandt.  Die  eine  Lösung  enthält 
30  Yol.-Teile  Ammoniumsulfid  und  70  Vol.-Teile  Alkohol  und  die  andere 
5  Vol.-Teile  Sulfid,  25  Teile  Wasser  und  70  Vol.-Teile  Alkohol.  Die  erste 
wird  für  die  Behandlung  der  Darmschleimhaut,  die  letztere  für  die  Leber, 
die  Milz  und  die  Niere  benutzt.  Man  läßt  sie  2 — 3  Tage  auf  kleine  Stück- 
chen der  Organe  einwirken,  dann  wird  mit  reinem  Alkohol  gewaschen, 
und  derselbe  so  oft  erneuert,  bis  das  freie  Sulfid  völlig  entfernt  worden 
ist.  Hierauf  wird  das  Gewebe  in  Paraffin  eingebettet  und  dann  zerteilt, 
oder  es  wird  mit  dem  Gefriermikrotom  in  kleine  Teilchen  geschnitten. 
Solche  Stückchen  kann  man  mit  Ammoniumsulfid  übergießen  (1  Teil  Sulfid, 
2  Teile  Wasser)  und  dann  in  Glyzerin  einlegen  oder  auch  1/2  Stunde  lang 
mit  Säure-Ferrocyanidlösung  behandeln,  darauf  mit  Wasser  abspülen,  mit 
Alkohol  entwässern,  mit  Xylol  klären  und  in  Balsam  einbetten. 

Die  anderen  Reagenzien,  die  zuweilen  für  diese  Zwecke  gebraucht 
werden,  z.  B.  Pikrinsäure,  MüUersches  Reagens,  Chromsäure,  bieten  keine 
besonderen  Vorteile;  entweder  beeinträchtigen  sie  die  Zusammensetzung 
und  die  Verteilung  der  Eisenverbindungen  oder  die  Deutlichkeit  der  Eisen- 
reaktion, sei  es  die  Berlinerblauprobe  oder  die  Ferrosulfidreaktion.  Sie  sind 
weniger  einwandfrei  als  Ammoniumsulfid,  da  sie  nicht  nur  organische 
Eisenverbindungen  zersetzen,  sondern  auch  zur  Verteilung  des  in  Freiheit 
gesetzten  Eisens  beitragen. 

Von  den  verschiedenen  Gesichtspunkten  aus  betrachtet,  ist  Alkohol 
jedenfalls  das  geeignetste  Reagens  zum  Härten  von  eisenhaltigen  Geweben. 
Es  ist  zum  Nachweis  der  Verteilung  der  Eisensalze,  sowohl  in  tierischen 
als  in  pflanzlichen  und  auch  in  pathologischen  Geweben,  gut  geeignet. 

Anwendung:  Die  Gewebe  oder  Organe  werden  in  kleine  Stücke 
geschnitten,  die  nicht  mehr  als  5  mm  im  Durchmesser  haben,  und  sofort, 
nachdem  sie  dem  Tiere  oder  der  Pflanze  entnommen  sind,  in  absoluten 
Alkohol    gelegt.    Nach  Verlauf    von  24  Stunden    wird    der  Alkohol    durch 


I 


Die  Methoden  der  liinlon^isrlien  Mikroclicmio.  llOo 

frischen  ersetzt  und  dies  wird  am  Ende  des  zweiten  Tages  wiederholt. 
Die  Behandhins  mit  Alkoliol  soll  auf  keinen  Fall  weniger  als  4H  Stunden 
dauern.  Ein  längeres  Verweilen  in  Alkohol  beeinträchtigt  nicht  den  Wert 
der  Präparate.  Die  zur  Behandlung  erforderlichen  (Jefäl'je  müssen  dui-ch- 
aus  sauber  sein  und  die  zu  verwendenden  Schneidinstrumente  IVei  von 
liost  oder  von  irgend  einer  Eisenverbindung. 

Liegen  Protozoen  oder  Protophyten  zur  Untersuchung  vor,  so  muli 
man  zu  der  betreffenden  Flüssigkeit  soviel  Alkohol  zufügen,  daC.  eine 
Konzentration  von  907o  resultiert.  Nach  24  Stunden  köimen  die  Orga- 
nismen durch  i]  oder  4  Minuten  langes  Zentrifugieren  mittelst  einer  ge- 
wöhnlichen khnischen  Zentrifuge  abgetrennt  werden:  dann  wird  mit  Alkohol 
dekantiert  und  frischer  Alkohol  zugefügt.  Wenn  das  T^ntei-snchungsmaterial 
genügend  gehärtet  ist,  wird  es  mit  den  geeigneten  Peagenzien  zur  Dcuieii- 
stration  des  organischen  und  anorganischen  P]isens  behandelt. 

Handelt  es  sich  um  Gewebe,  so  müssen  sie,  nachdem  sie  genü^^cnd 
gehärtet  sind,  so  zerteilt  Averden,  wie  es  für  histologische  Studien  gebi-äuch- 
lich  ist.  Sind  es  pflanzliche  Präparate  (Blatt,  Stengel),  so  muß  die  Zerteilung 
mit  freier  Hand  vorgenommen  werden,  und  zwar  mir  einem  Messei*,  das 
mit  Alkohol  l)efeuchtet  ist.  Solche  Präparate  müssen  in  Alkohol  aufbewahrt 
werden,  bis  man  sie  zur  Demonstration  des  vorhandenen  Eisens  benutzt. 
Zur  Gewinnung  von  Schnitten  tierischer  Gewebe  und  Organe  dienen  die 
beiden  folgenden  Methoden: 

1.  Die  Paraffinmethode  und  2.  die  Behandlung  mit  dein  Kälte- 
mikrotom. 

1.  Bei  dem  ersten  Verfahren  wird  das  Material  aus  absolutem 
Alkohol  in  Chloroform  übergeführt  und  darin  für  einen  Tag  belassen,  dann 
legt  man  es  in  eine  gesättigte  Lösung  von  Paraffin  und  Chloroform  und 
läßt  es  darin  bei  ob°  wieder  einen  Tag,  und  endlich  wird  es  ebensolange 
in  schmelzendem  Paraffin  bei  öö"  C  belassen.  (Das  vei'wendete  Paraffin 
darf  nicht  höher  als  bei  53°  C  schmelzen.)  Das  Schneiden  der  Präparate 
zu  einer  Stärke  von  5—15  p.  v>ird  in  der  gewöhnlichen  Weise  vorire- 
nommen.  Das  anhaftende  Paraffin  wird  durch  Xylol  und  das  letztere  durtdi 
absoluten  .Alkohol  entfernt.  Die  Schnitte  werden  bis  zur  ('ntersuchung  in 
Alkohol  aufbewahrt. 

2.  Werden  die  Präparate  mittelst  des  Gefrierprozesses  dargestellt,  so 
wird  das  Material  eine  halbe  Stunde  lang  in  völhg  reines  destilliertes 
Wasser  gelegt  und  dann  werden  mit  einem  Mikrotom  Schnitte  hergestellt; 
hierzu  bedient  man  sich  als  Gefriermittel  vorteilhaft  flüssiger  Kohlen- 
säure. Die  Dicke  der  Schnitte  sollte  nicht  mehr  als  20  u-  betragen,  mög- 
lichst aber  noch  weniger.  Die  so  dargestellten  Präparate  werden  bis  zur 
nachherigen  Behandlung  in  absolutem  Alkohol  aufbewahrt. 

a)  Der  Nachweis  von  auorj;aiiisclieii  Eiseiiverbind untren. 

Um  das  Vorhandensein  und  die  Verteilung  von  anorganischem  Eisen 
in  den  nach  einer  der  obigen  Methoden    dargestellten  Präparaten  nachzu- 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  70 


IIOQ  A.  B.  Macallum. 

weisen,  müssen  die  Schnitte  24  Stunden  lang  in  eine  frisch  bereitete, 
O'öVoigß  wässerige  Lösung  reinen  Hämatoxylins  M  aufbewahrt  werden.  Die 
braungelbe  Farbe,  die  sie  darnach  aufweisen,  kann  teilweise  durch  Aus- 
waschen mit  destiUiertem  Wasser  beseitigt  werden,  oder  am  sichersten, 
indem  die  Präparate  in  absoluten  Alkohol  gebracht  und  dann  mit  dem 
gleichen  Aolumen  Äther  versetzt  werden.  Waren  die  Schnitte  lange  genug 
in  der  Flüssigkeit  —  1 — 2  Stunden  lang  — ,  so  ist  das  von  dem  Gewebe 
unangegriffen  gebliebene  Hämatoxylin  vollständig  extrahiert.  Die  blau- 
schwarze Mischung  dagegen  widersteht  der  Extraktion  energisch.  Es  ist 
jedoch  nicht  nötig,  die  Extraktion  weiter  fortzusetzen,  denn  eine  leicht 
braungelbe  Nuance  des  Schnittes  führt  zu  keiner  Verwechslung,  da  sie  in 
sehr  bemerkbarem  Kontrast  mit  der  Färbung  steht,  welche  durch  die  p]in- 
wirkung  des  Hämatoxyüns  auf  anorganischem  Eisen  —  wo  es  auch  im 
Präparate  vorhanden  sein  mag  —  hervorgerufen  wird.  Auf  diese  Weise 
behandelte  Präparate  können  mit  Eosin  oder  Safranin  gefärbt  werden. 
Nachdem  sie  so  oder  so  behandelt  worden  sind,  werden  sie  durch  absoluten 
Alkohol  dehydriert,  mit  Xylol  behandelt  und  in  Benzol  eingebettet. 

Oberall,  wo  anorganisches  Eisen  in  den  Schnitten  vorkommt,  sei  es 
als  Oxyd,  als  Phosphat,  als  „Albuminat"  oder  in  Form  irgend  einer  anderen 
unbekannten  Verbindung,  gibt  es  den  blauen  oder  blauschwarzen  Flecken 
des  EisenhämatoxA'lins  nach  Heidenhain.  Die  Färbung  tritt  genau  an  dem 
Orte  auf,  an  welchem  die  anorganischen  Eisenverbindungen  in  den 
Schnitten  vorhanden  sind;  sie  ist  eine  außerordentlich  genaue  mikro- 
chemische Reaktion  für  anorganisches  Eisen. 

Eine  weniger  wirkungsvolle,  aber  doch  noch  recht  genaue  Probe  auf 
Eisen  in  den  Präparaten  ist  die,  welche  auf  der  Bildung  von  Berlinerblau  be- 
ruht. Zur  Ausführung  dieser  Reaktion  werden  die  Schnitte  unmittelbar 
nach  Entfernung  aus  dem  Alkohol  30  Minuten  lang  in  einer  Mischung 
gleicher  Volumina  O'öo/oiger  Salzsäurelösung  und  FöVoiger  Ferrocyankalium- 
lösuug  belassen.  Dann  werden  sie  mit  destilliertem  Wasser  gewaschen, 
um  jede  Spur  Säure  zu  entfernen,  hierauf  mit  absolutem  Alkohol  ent- 
wässert, mit  Xylol  behandelt  und  nun  in  Balsam  eingebettet.  Überall, 
wo  anorganisches   Eisen  in  den  Schnitten  vorkommt,   tritt   eine   deutliche 


*)  Dieses  Reagens,  das  vom  Verfasser  vor  14  Jahren  für  den  mikrochemischen 
Nachweis  von  anorganischem  Eisen  in  Geweben  eingeführt  wurde,  ist  außerordentlich 
empfindlich,  fast,  oder  vielmehr  ganz  so  scharf,  wie  es  sonst  bei  der  Reagenzglasprobe 
Ammoniumsulfid  und  Säure-Ferrocyanidmischung  für  Eisen  in  Lösung  sind.  Es  ist  aber 
wertlos  bei  Gegenwart  von  freier  Säure,  wie  bei  dialysiertem  Eisen  (Liquor  ferri  dialysati). 
oder  bei  Überschuß  von  löslichen  Eisensalzen,  wie  z.  B.  Eisenalaun.  Dagegen  ist  es 
außerordentlich  wertvoll,  wenn  es  sich  um  den  Nachweis  von  äußerst  kleinen  Mengen 
von  Eiseusalz  in  den  Geweben  handelt.  Außerdem  hat  es  den  besonderen  Vorteil,  daß 
es  gegen  anorganische  Eisenverbindungen  vollständig  indifferent  ist.  Nähere  Mit- 
teilimgen  über  die  Eigenschaften  dieses  Eisenreagenzes  vergleiche  bei  A.  B.  Macallum^ 
A  new  method  of  distinguishiug  between  organic  and  inorganic  Compounds  of  iron. 
Journal  of  Physiol.  22.  p.  92  (1907). 


Die  Methoden  der  biologischen  Mikrochemie.  1  1  u7 

Berliiierblau-Reaktion   auf,   währoiid    liiii^'-e^^en    an    den   eiscnfroien    Stollen 
der  Schnitte  nicht  die  geringste  Farbreaktion  zu  Ix-mcrkcn  ist. 

Wenn  das  ^laterial  mit  irgend  einer  H(ilhv\n-n  KUissigkeit  gehörtet 
wurde,  ist  das  vorhandene,  anorganische  Eisen  als  Ferrosnlfid  fixiei-t.  In 
Schnitten  derartiger  Präparate  verhlalit  die  anfänglich  dunkelgrüne  Färlmng 
dieser  Verbindung  bald  mehr  oder  weniger.  Man  niuli  sie  deshalb  mit 
verdünnter  Ammoniumsulfidlüsung  behandeln,  wodurch  die  Iteaktion  deut- 
lich erkennbar  gemacht  wird  (1  Teil  Ammoniumsulfidlüsung  und  J  Teile 
Wasser).  Dann  wird  mit  destilliertem  Wasser  gewaschen  und  ;-iU  Minuten 
lang  in  einer  Mischung  gleicher  Volumina  0-5%iger  Salzsäurelüsung  und 
einer  Tö^/oigen  Ferrocyankaliumlüsung  aufbewahrt.  Hierauf  wird  gut  mit 
Wasser  gewaschen,  mit  Xylol  geklärt  und  dann  in  Kanadabalsam  einge- 
bettet. Das  vorhandene  Eisen  wird  als  blaue  \erbindung.  die  in  jeder 
Hinsicht  dem  Berlinerblau  gleicht,  nachgewiesen. 

Gerade  wie  in  den  Hämatoxylinpräparaten  kann  man  auch  bei  den 
Berlinerblauproben  eine  Kontrastfärbung  hervorrufen.  Zu  diesem  Z\\ecke 
werden  die  Schnitte  unmittelbar,  nachdem  sie  zur  Entfernung  der  Säure- 
Ferrocyanidmischung  gewaschen  w^orden  sind,  oO  Minuten  lang  in  eine 
Lösung  von  Safranin  (1%  in  H0%  Alkohol)  gelegt.  Hierauf  wird  einige 
Male  mit  Alkohol  gewaschen,  vollständig  mit  absolutem  Alkohol  entwäs.sert, 
dann  mit  Xylol  geklärt  und  in  Balsam  eingebettet.  Die  rote  Färbung  des 
Safranins  steht  im  augenfälligen  Gegensatz  zu  der  Berlinerblau- Eisen- 
reaktion. Die  Berlinerblaufärbung  solcher  Eisenpräparate  neigt  zum  \'er- 
blassen.  Man  kann  diesen  Vorgang  bedeutend  einschränken .  indem  man 
die  Schnitte  im  Dunkeln  aufbewahrt.  Helles  Sonnenlicht  vermau'  die 
Berlinerblauprobe  in  wenigen  Wochen  gänzhch  zu  bleichen. 

Vorübergehend  haltbare  Präparate  können  gewonnen  werden,  indem 
man  die  frisch  aus  dem  Alkohol  entnommenen  Schnitte  behandelt  uml  sie 
auf  den  Objektträger  in  einer  Mischung  gleicher  Teile  Ammoniumsulfids 
und  Glyzerins  einlegt.  Das  Eisen  wird  so  als  ein  dunkelgrüner  durcii  die 
Struktur  des  Schnittes  hindurchschimmernder  Fleck  nachgewiesen. 

Sowohl  bei  dieser  Methode,  als  auch  bei  der,  bei  welcher  das  Eisen 
mit  der  BerUnerblaureaktion  nachgewiesen  wird,  läuft  man  Gefahr,  die 
leichter  angreifbaren  organischen  Eisenverbindungen,  welche  spurenweise 
in  den  Schnitten  vorhanden  sind,  mit  einzuschlieben.  Ammoniumsulfid 
macht  das  Eisen  aus  einer  so  beständigen  organischen  Verbindung  wie 
ViteUin  des  Eidotters  schneller  frei  als  Ferrosnlfid,  und  man  muH  daher 
darauf  bedacht  sein,  daß  in  solchen  Präparaten,  besonders  in  denjenigen 
der  Duodenalschleimhaut  von  Tieren  (Meerschweinchen  und  Kaninchen),  die 
mit  Eisensalzen  gefüttert  wurden,  bei  Anwendung  dieses  Reagenzes  mehr 
Eisen  nachgewiesen  wird,  als  wenn  man  die  direkt  aus  dem  Alkohol  ent- 
nommenen Schnitte  nur  mit  reiner,  wässeriger  Hämatoxylinlösung  be- 
handelt. Bei  solchen  organischen  Verbindungen  setzt  auch  die  Salzsäure 
des  Säure-Ferrocyanidreagenzes  das  Eisen  in  Freiheit  und  infolgedes.^^en 
kann    mittelst    der  Berlinerblaureaktion    ebenfalls    mehr  Eisen    angezeigt 

70=' 


IIQQ  A.  B.  Macallum. 

werden,  als  dem  Eisen  der  vorhandenen  anorganischen  Eisenverbindungen 
entspricht. 

Wenn  daher  Ammoniumsulfid  oder  das  Säure-Ferrocyanidreagens 
zum  Nachweis  von  anorganischen  Eisenverbindnngen  in  einem  Gewebe  ge- 
braucht werden,  müssen  die  erhaltenen  Resultate  immer  durch  Präparate 
desselben  Gewebes  oder  Organes,  die  mit  wässeriger  Hämatoxylinlösung 
in  der  bereits  beschriebenen  Weise  behandelt  worden  sind,  kon- 
trolhert  werden. 

b)  Der  Nachweis  tou  organischen  oder  „maskierten"  Eisen- 

verhindungen. 

Der  Nachweis  des  organischen  oder  „maskierten"  Eisens  ist  im 
ganzen  ein  viel  schwierigerer  Prozeß  als  der  zur  Bestimmung  von  anor- 
ganischen Eisenverbindungen.  Er  besteht  in  der  vorsichtigen  Infreiheit- 
setzung  von  festgebundenem  Eisen  aus  seinen  \'erbindungen  durch  ver- 
längerte Einwirkung  von  frisch  präpariertem  saurem  Ammoniumsulfid, 
NH4HS,  in  Glyzerin  auf  die  isolierten,  bei  einer  Temperatur  von  umgefähr 
60"  C  gehärteten  Zehen.  Da  dieses  Pieagens  außerordentlich  wirksam  auf 
Eisen  ist^),  müssen  die  bei  dieser  Methode  verwendeten  Gefäße,  Objekt- 
träger, Deckgläser  und  Flüssigkeiten  unbedingt  frei  von  Eisen  sein.  Dies 
ist  eine  schwer  zu  erfüllende  Anforderung!  In  Anbetracht  der  Wichtigkeit, 
welche  die  zu  lösenden  Probleme  auf  dem  Gebiete  der  Zytochemie  haben, 
muß  ihr  aber  unbedingt  in  jeder  Beziehung  nachgekommen  werden.  Man 
braucht  eine  Lösung  von  saurem  Ammoniumsulfid  und  von  Glycerin  in 
Wasser  in  einer  Konzentration  von  öO^/o-  iJas  Sulfid  wird  dargestellt  durch 
Einleiten  von  Schwefelwasserstoff,  der  zuvor  eine  Waschflasche  passiert 
hat,  in  eine  Ammoniaklösung  von  der  Dichte  0-96.  Die  Flasche,  die  das 
Ammoniak  enthält,    muß  von  jeder  Spur  Eisen  befreit  worden   sein,    und 


^)  Im  Reagenzglas  kann  man  mit  Ammoniumsulfid  noch  1  Teil  Eisen  in  lOOOÜOO 
Teilen  "Wasser  nachweisen.  Diese  Reaktion  ist  noch  ganz  deutlich,  -nenn  man  sie  mit 
Kontrollpi-oben  vergleicht,  die  mittelst  Wassers  und  Ammoniumsulfids  angestellt  sind. 
Das  Säure-Ferrocyanidreagens  ist  von  gleicher  Empfindlichkeit.  Durch  das  Mikroskop 
wird  der  Nachweis  der  Empfindlichkeitsgrenze  beider  Reagenzien  beträchtlich  verstärkt. 
Es  ist  sehr  gut  möglich,  daß  ein  Schnitt,  nach  der  einen  oder  andern  Methode  be- 
handelt, dem  bloßen  Auge  kein  Eisen  erkennen  läßt,  während  er,  unter  dem  Mikroskop 
bei  gutem  Licht  betrachtet,  unendlich  kleine  Mengen  Eisen  anzeigt.  Schorl  (Zeitschr.  für 
analyt.  Chemie.  46.  S.  659)  fand,  daß  mittelst  dieser  Reaktion,  nach  der  gewöhnlichen 
analytischen  mikrochemischen  Methode  untersucht,  bei  Verwendung  eines  Mikroskops, 
dessen  lineare  Vergrößerung  70  beträgt,  noch  die  Gegenwart  von  0000002  wr/  Eisen 
nachgewiesen  werden  kann,  während  bei  der  Reagenzglasprobe  mit  dem  bloßen  Auge 
nur  0"01  7)ig  durch  dieselbe  Reaktion  feststellbar  sind.  Bei  biologisch-mikrochemischen 
Untersuchungen  steht  die  Empfindlichkeit  allerdings  nicht  in  Proportion  zur  mikro- 
skopischen Vergrößerung,  aber  man  kann  doch  als  sicher  annehmen,  daß  die  Empfind- 
lichkeit zehnmal  vermehrt  ist.  Andererseits  ist  Amniouiumsulfocyanid  viel  weniger 
empfindlich  bei  der  Reagenzglasprobe  als  Ammoniumsulfid  oder  das  Säure-Ferrocyanid- 
gemisch,  und  für  biologisch-mikrochemische  Untersuchungen  ist  es  überhaupt 
unbrauchbar. 


Die  Methoden  der  biologischen  Mikrochemie.  1100 

zwar  durch  Auswaschen  mit  einer  heillcn  Lösiin;,'-  von  SchwetVlsiini-e  und 
Salzsäure.  Das  Einleiten  des  Gases  in  die  AinnioniaklüsMU;;  wird  so  lange 
fortgesetzt,  bis  der  Ammoniakgeruch  versehwunden  und  der  (leruch  des 
Schwefelwasserstoffes  deutlich  geworden  ist.  Das  jleagens  ist  jetzt  ge- 
brauchsfertig. Zur  Aufbewahnmii  wird  die  Flasche  mit  einem  (iIasstoi)f<'n 
gut  verschlossen. 

Das  Glyzerin  soll  absolut  rein  sein  oder  wenigstens  frei  von  allen 
anorganischen  Verbindungeu.  10  cdi'^  davon  sollten  beim  Ver(lami)f<'n  in 
einem  Platintiegel  über  einer  lUmsenflamme  keinen  Ilückstaiid  hinter- 
lassen. Für  den  Gebrauch  wird  es  mit  dem  gleichen  NOliimen  reinen,  de- 
stillierten Wassers  verdünnt. 

Die  Objektträger  und  Deckgiäschen  müssen  mit  Alkohol  gereinigt 
werden.  Dann  werden  sie  einige  Minuten  lang  in  heiße  Salzsäure  —  durch 
Verdünnen  der  konzentrierten  Säure  mit  2  Volumen  Wasser  hergestellt  — 
gelegt.  Hierauf  wäscht  man  mit  destilliertem  Wasser  und  trocknet,  worauf 
sie  gebrauchsfertig  sind. 

Durch  dieses  Verfahren  wird,  wie  meine  Erfahrungen  beweisen,  sicher 
jede  Spur  Eisen  von  den  Gläsern  entfernt.  Sollte  man  sich  selbst  da- 
von überzeugen  wollen,  so  kann  man  sich  Kontrollpräparate  be- 
dienen, die  unter  Benutzung  von  Siliciumobjektträgeru  und 
Deckgläschen  hergestellt  sind.  Diese  Siliciumgiäser  sind  sehr  teuer: 
man  wird  infolgedessen  nur  wenige  davon  gebrauchen.  Man  wird  über- 
haupt bald  zu  der  Überzeugung  kommen,  daü  sie  zu  entbehren  sind,  und 
daß  an  ihrer  Stelle  einwandfrei  die.  wie  oben  beschrieben,  gereinigten 
gewöhnlichen  Glasobjektträger  zu  benutzen  sind. 

Die  Methode  zur  Darstellung  der  Präparate  ist  eine  einfache.  Fin 
Schnitt  von  dem  in  Alkohol  aufbewahrten  Präparate  wird  auf  dem  ( )bjekt- 
träger  mittelst  einer  Gänsekielspitze  in  einen  Tropfen  verdünnten  <il\- 
cerins  übertragen,  um  den  Gebrauch  metallischer  Nadeln  zu  vermeiden. 
Man  bedient  sich  nun  eines  kleinen  Seziermikroskops.  Das  Zerzupfen  muß 
so  vorgenommen  werden,  daß  viele  Zellen  des  Präparates  is(»Jiert  werden. 
Nachdem  dies  erreicht  ist,  wird  ein  Tropfen  der  sauren  AmmoniumsuU'id- 
lösung  zugefügt  und,  nachdem  das  Glyzerin  und  das  Sulfidreagens  mittelst 
Piührens  mit  dem  Gänsekiel  durchgemischt  sind,  wird  mit  eint-m  Deck- 
gläschen, das  groß  genug  ist,  um  das  gesamte  Präjjarat  einzuschließen, 
bedeckt.  Die  passendste  Größe  für  die  Deckgläser  beträgt  20— '22  wm 
im  Quadrat.  Es  muß  eben  auf  dem  Objektträger  liegen,  das  heißt,  es  muß 
nicht  auf  der  einen  Seite  höher  als  auf  der  andei-n  sein,  denn  dann  würden 
Reagens  und  Glyzerin  während  des  nachfolgenden  Konzentrierens  von  der 
geneigten  Seite  zurückgehen.  Fnter  solchen  rmständen  würde  ein 
unbrauchbares  Präparat  entstehen.  Sollte  irgend  ein  Teil  des  Präi)arates 
eine  schiefe  Lage  des  Deckgläschens  verursachen  können,  so  entfernt  man 
es.  ehe  man  zudeckt. 

Jetzt  wird  das  Präparat  sorgfältig  unter  dem  Mikroskop  beobachtet, 
um  festzustellen,    wie    weit    schon    eine   Eisenreaktion    stattgefiniden  hat. 


XUO  A.  B.  Macallum. 

Eine  solche  Reaktion  kann  normalerweise  in  den  Schnitten  gewisser  Or- 
gane, wie  z.  B.  der  Milz  und  der  Leber  und  Niere  in  pathologischen. 
Zuständen  auftreten.  In  andern  und  gesunden  Organen,  z.  B.  Pankreas, 
Magenschleimhaut,  Speicheldrüsen,  Hoden  und  Ovarien,  wird  dabei  ge- 
wöhnlich keine  lleaktion  beobachtet.  Solche  Präparate  geben  nach  dieser 
Methode  wertlose  Resultate. 

Die  Präparate  werden  nun.  mögen  sie  frei  von  unmittelbar  demon- 
strierbarem Eisen  sein  oder  nicht,  in  einen  Trockenkasten  bei  60°  für 
einige  Tage  bis  zwei  Wochen  belassen.  Bei  richtiger  Behandlung  beginnen 
die  Kerne  der  isolierten  Zellen  spätestens  am  Ende  des  zweiten  Tages 
eine  schwache  Grünfärbung  aufzuweisen.  Die  Färbung  nimmt  von  Tag  zu 
Tag  an  Intensität  zu,  bis  sie  dunkelgrün  geworden  ist.  Eine  intensivere 
Färbung  erscheint  in  der  Regel  nicht.  Man  bemerkt  jetzt  deutlich ,  daß 
die  Kernreaktion  durch  das  Chromatin  des  Kerns  begrenzt  ist.  In  gewissen 
Fällen,  z.  B.  bei  pankreatischen  Zellen  und  den  Hauptzellen  der  Magen- 
drüsen, kann  im  Protoplasma,  das  sich  in  der  Nähe  des  Kerns  befindet 
oder  ihn  direkt  begrenzt,  eine  Reaktion  erhalten  werden.  In  den  Nerven- 
zellen   zeigen    die  Nißhchen  Granulationen  die  Gegenwart  von  Eisen  an. 

Um  zu  beweisen,  daß  die  dunkelgrüne  Färbung  in  diesen  Präparaten 
tatsächlich  auf  der  Bildung  von  Ferrosulfid  beruht,  nehme  man  folgende 
Operation  vor:  Man  läßt  unter  das  Deckgläschen  etwas  Wasser  eindrin- 
gen, um  das  Glyzerin  und  das  Sulfid  wegzuwaschen.  Darnach  läßt  man 
einen  Tropfen  einer  Mischung  von  gleichen  Teilen  0'5"/oiger  Salzsäure- 
lösung und  l-o"/oiger  Kaliumferricyanidlösung  unter  das  Deckglas  fließen. 
Dieser  Versuch  läßt  sich  nicht  immer  erfolgreich  durchftihren,  denn  die 
Waschflüssigkeit  kann  die  isolierten  Zellen  entfernen.  Ist  dies  jedoch  ver- 
mieden worden,  so  tritt  die  tiefblaue  Färbung  ein,  welche  in  seiner  Deut- 
lichkeit unverkennbar  ist. 

Um  Präparate  mit  isolierten  Zellen  zu  erhalten,  kann  man  an  Stelle 
der  beschriebenen  Schnitte  kleine  Stücke  des  zu  untersuchenden  Materials 
benutzen,  indem  man  sie  auf  dem  Objektträger  in  der  Glyzerinsulfid- 
mischung auszieht.  Wenn  das  Auszupfen  sorgfältig  vorgenommen  wird, 
können  die  Präparate  ebensogut  sein,  me  die  oben  erwähnten  Schnitte. 
Die  letzteren  bieten  aber  den  Vorzug,  die  Art  der  Verteilung  des  vor- 
handenen anorganischen  Eisens  gut  beobachten  zu  lassen.  Ferner  werden 
Verwechslungen  zwischen  diesem  Eisen  und  demjenigen,  das  erst  durch 
verlängerte  Einwirkung  des  Sulfids  auf  die  isolierten  Zellen  auftritt, 
vermieden. 

Bei  der  Untersuchung  der  Verteilung  des  organischen  Eisens  in 
Protozoen  und  Protophyten  brauchen  diese  nur  in  Alkohol  gehärtet  zu 
werden.  Die  Härtung  wird  gewöhnlich  durch  mindestens  48stündiges  Be- 
lassen in  Alkohol  erreicht.  Wenn  der  Vorrat  dieser  Organismen  ein  ge- 
nügender ist,  so  wird  die  Flüssigkeit,  in  welcher  sie  sich  befinden,  mit 
950/oigem  Alkohol,  und  zwar  mit  der  neunfachen  Menge  ihres  Volumens 
gemischt.    Nach  Verlauf    von    24  Stunden    wird  die  klare  Flüssigkeit   ab- 


Die   Methoden  der  Itiologisclien  Mikrocliemie.  1111 

gegossen,  und  es  wird  \vieder  absoluter  Alkoliol  zugesetzt.  Nach  nochmals 
24  Stunden  wird  der  ülierstehendc  Alkohol  abgegossen  und  durch  frischi-n 
absoluten  Alkohol  ersetzt.  Diesen  lälit  man  imii  zwei  Tage  lanL»^  einwirken. 
Die  geliiirteten  Organismen  werden  jetzt  mit  einei-  rij)ette,  und  zwar  mit 
einer  möglichst  geringen  Menge  Alkohol  aufgenommen  unil  tropfenweise 
auf  den  Objektträger  gebracht.  Nachdem  der  Alkohol  zum  {.'röl'.ten  Teil 
verdunstet  ist,  fügt  man  das  Sulfidreagens  und  das  (ilyzeiin  hinzu,  bedeckt 
mit  einem  Deckgläschen  und  bringt  nun  das  Präparat  in  einen  auf  ♦•()" 
erwärmten  Trockenkasten,  damit  die  Reaktion  mit  dem  organischen  Kisen 
eintreten  kann.  Hierzu  sind  Tage  erforderlich,  l'm  das  M;i\imMm  der  ili'- 
aktion  zu  erreichen,   können  selbst  zwei  Wochen  vergehen. 

Bei  größeren  Organismen  kann  die  Entwicklung  der  Keaktioii  auf 
organisches  Eisen  viel  längere  Zeit  in  Anspruch  nehmen,  als  es  bei  kleineren 
Organismen  der  Fall  ist.  Dies  beruht  auf  dem  geringeren  KindriuLMinirsver- 
mögen  des  Keagens.  Bei  homogenen  Membranen  wird  die  Diffusion  in  den 
gehärteten  Organismus  verhindert  und  die  Reaktion  tritt  üi)erliaupt  nicht 
ein.  Dies  letztere  ist  der  Fall  bei  Vaucheriapräparaten  und  häufig  bei 
Cladophora-  und  Spirogyrapräparaten.  Wenn  jedoch  die  Kerne  und 
andere  eisenhaltige  Teile  des  Zytoplasmas  in  diesen  Präparaten  aus  der 
einschhelJenden  Membran,  durch  Bruch  derselben,  in  Freiheit  gesetzt  werden, 
wird  die  Reaktion  ohne  Schwierigkeit  oder  ohne  besonderen  Aufschub 
erhalten. 

Zuweilen  ist  es  vorteilhaft,  das  organische  Eisen  in  Schnitten  (von 
5—10  i>^  Dicke)  des  alkoholgehärteten  Gewebes  im  ganzen  nachzuweisen. 
Zu  diesem  Zwecke  werden  die  Schnitte  1 — 4  Taye  lant^-  in  schwefelsäure- 
haltigem Alkohol,  der  aus  4  Vol.  reiner  konzentrierter  Schwefelsäure  (sjiez. 
Gew.  1-84)  und  100  Vol.  absolutem  Alkohol  besteht,  gelegt.  Die  mit  (das- 
stopfen  verschließbare  Flasche,  in  der  Flüssigkeit  und  Schnitte  aufbewahrt 
werden,  mul'.  natürlich  vorher  zur  Entfernung  jeder  Spur  v(tn  Eisen 
sorgfältig  gereinigt  werden.  Die  Temperatur  während  des  Härtungspro- 
zesses soll  andauernd  35—40»  C  betragen.  Die  Säure  setzt  das  Eisen  lanir- 
sam  aus  den  vorhandenen,  organischen  Verbindungen  in  Freiheit.  Der 
Säurealkohol  extrahiert  das  Eisen  aus  den  Schnitten  allerdings  lanirsamer, 
als  es  in  Freiheit  gesetzt  wird.  Am  Ende  des  zweiten  Taires  hat  die  Re- 
aktion gewöhnlich  ihr  Maximum  erreicht,  und  die  Schnitte  könni'u  jetzt 
nach  der  einen  oder  der  anderen  Weise  zum  Nachweis  des  in  Freiheit 
gesetzten  Eisens  behandelt  werden.  Nach  dem  einen  \  eifahren  werden  die 
Schnitte  mit  absolutem  Alkohol  gewaschen,  um  jede  Spur  Säure  zu  ent- 
fernen, dann  24  Stunden  lang  in  einer  0-5«/oigen  Hämatoxylinlösung  be- 
lassen, hierauf  mit  Alkoliol  entwässert,  mit  Xylol  ireklärt  und  in  Balsam 
eingebettet.  Nach  dem  anderen  Brozeli  bringt  man  die  Schnitte  sofort  für 
eine  halbe  Stunde  lang  in  eine  frisch  bereitete  Mischun;::  gleicher  \'olumina 
O-öVoigei"  Salzsäure  und  l'öo/oiger  Ferrocyankaliundösunir.  wasciit  sie 
darauf  sorgfältig  mit  destilliertem  Wasser,  färbt  sie  mit  Eosin,  entwässert 
und  bettet  dann  in  beschriebener  Weise  ein.  Die  Kontrastfärbung  mittelst 


]^]^]^9  A.  B.  Macalluin. 

Eosins  erlaubt,  die  Verteilung  des  in  Freiheit  gesetzten  Eisens  mit  der 
Berlinerl)laureaktion  deutlich  nachzuweisen. 

Je  länger  die  Schnitte  in  dem  Säurealkohol  belassen  werden,  nachdem 
bereits  die  maximale  Wirkung  eingetreten  ist,  je  größer  ist  die  Menge  des 
durch  die  Flüssigkeit  extrahierten  Eisens.  Es  ist  möglich,  daß  am  zehnten 
Tag  überhaupt  kein  Eisen  mehr  in  den  Schnitten  vorhanden  ist.  Es 
muß  hervorgehoben  werden,  daß  das  für  die  in  Freiheitsetzung  des 
organischen  Eisens  gebrauchte  Reagens  unter  Umständen  nicht  ein- 
deutige Resultate  liefert.  Allein  die  Tatsache,  daß  es  das  Eisen,  das 
es  in  Freiheit  setzt,  auch  extrahiert,  läßt  andeuten,  daß  etwas  von 
dem  extrahierten  Eisen  an  Stellen  der  Präparate  gebracht  werden  kann, 
wo  es  ursprünghch  in  Form  einer  organischen  Eisenverbindung  nicht  vor- 
handen war.  Es  müssen  daher  derartige  Präparate,  in  welchen  das  Eisen 
entweder  durch  die  Hämatoxylin-  oder  durch  die  Berlinerblaureaktion  nach- 
gewiesen wird,  ein  falsches  Bild  über  die  ursprüngliche  ^>rteilung  des  or- 
ganischen Eisens  in  den  Schnitten  geben  können.  In  der  Praxis  indessen 
dürfte  man,  wie  die  Versuche  gezeigt  haben,  kaum  Gefahr  laufen,  auf  Grund 
dieser  Umstände  bemerkenswerten  Irrtümern  zu  begegnen.  Aber  immer- 
hin müssen  die  Resultate  der  eben  beschriebenen  Methode  durch 
solche  kontrolliert  werden,  die  man  durch  verlängerte  Einwir- 
kung des  Glyzerinreagenzes  bei  60°,  wie  oben  beschrieben  wurde, 
erhält.  Diese  letztere  Methode  ist  die  einzige  zuverlässige.  Es  ist 
notwendig,  dies  ganz  besonders  zu  betonen,  wie  wir  es  übrigens  schon 
wiederholt  getan  habend),  denn  auf  Grund  einer  vor  einigen  Jahren  ver- 
öffentUchten  ungenügenden  Zusammenfassung  unserer  Methoden  wird  das 
Säurealkoholverfahren  häufig  in  der  Literatur  als  das  einzige  beschrieben, 
das  wir  zum  Nachweis  der  \'erteilung  des  organischen  Eisens  in  Zellen 
und  Geweben  gebraucht  haben  sollen. 

Um  sich  selbst  zu  überzeugen,  daß  Eisen  in  organischer  Bin- 
dung in  den  einzelnen  Zellen  der  tierischen  und  pflanzlichen  Gewebe  vor- 
handen ist,  und  um  sich  zu  vergewissern,  daß  das  ganze  Eisen  mittelst  der 
Sulfidglyzerinmethode  nachgewiesen  wird,  kann  man  folgendes  ^'erfahren 
anwenden:  Die  Zellen  eines  in  Alkohol  gehärteten  Präparates  werden  auf 
einen  Objektträger  aus  Siliciumglas  gebracht  und  in  Alkohol  zerzupft. 
Dann  läßt  man  den  Alkohol  verdunsten  und  erhitzt  den  Objektträger  sorg- 
fältig über  einer  Bunsenflamme,  bis  die  organische  Substanz  verbrannt  ist. 
Den  Objektträger  läßt  man  nun  abkühlen  und  bringt  dann  auf  die  Stelle, 
an  der  die  A'erbrennung  stattgefunden  hat,  einen  Tropfen  einer  frisch 
bereiteten  Säureferrocyanidmischung.  AVenn  man  nun  den  Tropfen  unter 
dem  Mikroskop  beobachtet,  so  bemerkt  man,  daß  an  denjenigen  Stellen, 
wo  sich  die  Zellen  befanden,  die  Berlinerblaureaktion  eintritt. 


*]  Vgl.  Quart.  Jouru.  of  Microsc.  Sei.  Vol.  38.  p.  17.3  (1895).  Ä.  B.  MacalJum,  Die 
Methoden  und  Ergebnisse  der  Mikrochemie  in  der  biologischen  Forschung.  Ergebnisse 
der  Physiologie.  Jahrg.  7.  589  (1907). 


Die  Methoden  der  biologischen  Milcrochemie.  lllii 

Mittelst  dieser  Methode  kann  man  aucii  zei^^en .  dali  die  Kerne  or- 
ganisches Eisen  enthalten.  Die  Kerne  der  Ovarieneier  der  Anipliihien  sind 
so  groi).  daß  man  sie  aus  dem  sie  unischliellenden  Zytoplasnia  isolieren 
kann.  Man  legt  sie  hierzu  auf  einen  ()l)jekttriig(ir  aus  Siliciiiniglas.  Es  ge- 
nügt bereits  ein  Kern,  falls  er  vollstiindig  vom  Cytojjlasnia  hclri'it  ist.  I'in 
jede  fremde  Zuführung  von  Eisen  zu  verhindern,  bedient  man  sich  zu 
dieser  Bloßlegung  dünner  Gänsekiele  oder  Glasnadeln.  Am  Objckttriiger 
bringt  man  vorher  an  der  Unteiiläche  ein  kleines  Kreuz  (  +  )  an.  Diese 
Marke  soll  anzeigen,  an  welcher  Stelle  die  mikroskopisch  kleine  .Menge  der 
Asche,  die  bei  der  Veraschung  des  Kernes  hinterbleibt,  zu  lagern  kommt. 
Man  stößt  nun  den  Kern  sorgfältig  mittelst  einer  Gänsekielspitze  bis  an 
die  Stelle  der  angebrachten  Mai'ke  und  erhitzt  dann  den  Objektträger, 
sobald  die  Flüssigkeit  verdunstet  ist,  über  einer  Bunsenflamme  bis  zur  voll- 
ständigen Verbrennung.  Nachdem  abgekühlt  ist.  fügt  man  eine  frisch  be- 
reitete Säureferrocvauidmischung  hinzu.  Nach  wenigen  Minuten  tritt  an  der 
zu  erwartenden  Stelle  die  Berliuerblaureaktion  auf. 

Mau  kann  diese  Probe  bei  Kernen  verschiedener  Herkunft  anstellen. 
Es  erfordert  nur  eine  gewisse  (Gewandtheit  (die  sich  übrigens  bei  einiger 
Übung  bald  einstellt),  um  immer  das  beschriebene  Besultat  zu  erhalten. 
Es  gelingt  auf  diese  Weise,  sogar  ein  langes  Chromatinfä serchen  von  dem 
Zellkern  einer  Speicheldrüse  einer  Chironomuslarve  zu  isolieren  und,  wie 
wir  uns  oft  überzeugen  konnten,  in  der  Asche  die  Berliuerblaureaktion 
nachzuweisen. 

B.  Kalium. 

Die  organischen  Kaliumverbindungeu,  die  für  gewölmlich  im  Labora- 
torium dai-gesteUt  werden,  besitzen  das  Metall  nicht  in  ..maskierter"  Form. 
Das  Kalium  wird  aus  ihnen  wie  ein  anorganischer  Bestandteil  leicht  in 
Freiheit  gesetzt.  Pyrrolkalium ,  C4H4NK,  beispielsweise  wird  in  Gegenwart 
von  Wasser  sogleich  in  Pyrrol  und  Kaliumhydrat  zerlegt  und  ganz  analoge 
Resultate  werden  bei  Kaliumalkyl-  und  Arylverbindungen  mit  den  .Mkylaten 
und  Arylaten  erhalten.  In  dieser  Beziehung  bestellt  zwischen  Kalium  un«! 
Elementen,  wie  (^Hiecksilber,  Magnesium  und  Eisen  ein  ausgesprochener  (Jegeii- 
satz.    So  wird    das  Quecksilber    in  Diiiiroflis  Mercuri-Beuzoi'säureanhydrid 

oder  im  Mercuri-Nitrophenol  von  Haiitzsch  und  Au/d\) 

/Hg— U 

C6H3<  I 

\()  —  N( ) 
durch   Natriumhydrat,    Kaliumjodid    oder  Ammoniumsulfid    nicht    in    Frei- 
heit gesetzt. 


n  A.  Ilantzsch  und   -S'.  .1/.  Ai)ld,  Ühev  Meirnri-NitropluMitdc   HiTicliti-  d.  Deutsch, 
ehem.  Gcsellsch.  39.  I.  11U5  (19ÜÜJ. 


]^]^J4  ■^-  ß-  Macallum. 

Magnesium  wird,  nach  WiUstätter^).  im  Chlorophyll  (Rhodophyllin) 
sehr  energisch  zurückgehalten.  Jedes  Atom  Magnesium,  welches  in  diesen 
Verbindungen  mit  dem  Stickstoff  von  jedem  der  zwei  Pyrrolringe,  wie  fol- 
gende Formel  zeigt,  verbunden  ist: 

-CxN-Mg-N<^Z 

und  das  einen  integrierenden  Bestandteil  des  Chlorophyllmoleküls  ausmacht, 
ist  fest  gebunden.  Die  Bindung  dieses  Magnesiums  wird  von  WUlstätter 
ganz  ähnlich  derjenigen  des  Eisens  im  Hämatin  formuliert : 

OH 
In  J'errocyaniden  und  in  Ferricyaniden  ist  das  Eisen   ebenfalls  sehr 
fest  gebunden.  Es  liegt  hier  wahrscheinhch  in  folgender  Form  vor: 

~^>Fe=Fe<^~  oder  ~^^^-^<%'Z 

Die  Festigkeit  der  Bindung  des  Quecksilbers,  Magnesiums  und  Eisens 
in  den  erwähnten  V^erbindungen  und  die  mutmaßliche  Art  ihrer  Bindung 
deuten  an,  dali  Di-  und  Polyvalenz  Hauptfaktoren  für  das  Zustandekommen 
maskierter  Verbindungen  sind  und  daß  diese  Faktoren  in  der  Weise  wirken, 
daß  sie  ..sterische  Hinderung"  hervorrufen,  welche  das  Quecksilber-,  Mag- 
nesium- oder  Eisenatom  gegenüber  den  Angriffen  der  Reagenzien,  die  ge- 
wöhnlich zu  ihrem  Nachweis  benutzt  werden,  schützt.  Wenn  diese  Er- 
klärung ül)er  die  „maskierte"  Bindung  richtig  ist,  so  ist  daraus  zu  folgern, 
daß  unmöglich  irgend  ein  monovalentes  Element  der  Kationenreihe  eine 
organische  Verbindung  zu  bilden  vermag,  in  der  es  durch  die  gewöhnUch 
gebrauchten  Reagenzien  nicht  nachgewiesen  werden  könnte;  demnach  würde 
auch  die  MögUchkeit  der  Existenz  einer  solchen  Verbindung  mit  Kalium 
ausgeschlossen  sein.  Diese  Tatsache,  daß  wir  keine  derartigen  Kalium- 
verbindungen kennen,  dürfte  vielleicht  schon  genügen,  die  obige  Schluß- 
folgerung praktisch  als  richtig  anzusehen. 

Diese  Annahme  ist  für  die  mikrochemischen  Studien  des  KaUums  in 
tierischen  und  pflanzlichen  Zellen  von  Bedeutung.  Das  Fehlen  von  Beweisen 
über  das  Vorkommen  von  „maskierten"  organischen  Kaliumverbindungen, 
ferner  die  Schwierigkeit,  mit  der  man  die  Bildung  solcher  Verbindungen 
erklären  könnte,  machen  es  jedenfalls  sehr  unwahrscheinlich,  daß  sie  unter 
den  Produkten  lebender  Wesen  vorkommen.  Solange  nicht  irgend  eine 
Andeutung  über  die  Existenz  derartiger  Verbindungen  vorliegt,  dürfte 
als  sicher  anzunehmen  sein,  daß  das  Kalium  in  den  Zellen  und  (jeweben 
mittelst  der  mikrochemischen  Methode  unmittelbar  nachweisbar  ist.  Dieser 
Umstand  gestattet  den  Nachweis  des  Kaliums  in  Zellen  und  Geweben  ver- 


^)   WUlstätter,  Über  die  BiiuUmg  des  Eisens  im  Blutfarbstoff.  Berichte  d.  Deutsch, 
ehem.  Gesellsch.  42.  III.  3985  (19uy). 


Die  Metliodeii  der  liiologischon  Mikiucliemie.  11  lä 

hältnismäßig  leicht.  Möge  das  Kalinm  in  ihnen  in  orfranischor  od.T  in  an- 
organischer Form  vorhanden  sein,  so  liil'it  es  sich  doch  jech-nfalls  in  iihli;-lier 
Weise  unmittelbar  auffinden.  Die  einzige  Schwierigkeit  i)esteht  darin,  dal', 
die  Kaliumsalze  sehr  schnell  diffundieren.  M.m  niui;  daher  alle  l'rozesse, 
die  zum  Nachweis  niitig  sind,  .so  ausführen,  dai;  die  Diffusion  auf  ein 
Minimum  eingeschränkt  wird. 

Zum  Nachweis  des  Kaliums  gehrauchen  wir  das  Kohaltnutrium- 
hexanitrit,  Co  Na,  (N02)6.  Fügt  man  eine  Lösung  dieser  \'eil)indung  zu 
einer  Kaliumsalzlösung,  so  entsteht  sofort  eine  orangefarbige  Fidhuiir.  Die 
Zusammensetzung  des  erhaltenen  Niederschlages  kann  entsprechend  der 
Konzentration  der  beiden  Lösungen  etwas  verschieden  sein:  abei-  er  besteht 
immer  ans  dem  Hexanitrit  des  Kobalts,  Natriums  und  Kaliums. 

Diese  Reaktion  wurde  zuerst  im  Jahre  ISSI  von  dr  KmhukU  und 
Ciirtni(m-)  zum  Nachweis  des  Kaliums  vorgeschlagen.  Der  erstere.  welcher 
eine  lOVoige  Natriumnitritlösuug  unter  Zusatz  von  etwas  Kobaltchhtrid  und 
Essigsäure  benutzte,  fand,  daß  diese  Fällungsprobe  auf  Kalium  emi)find- 
licher  ist  als  diejenige  mit  Platinchlorid.  Er  stellte  ferner  fest,  dali  auch 
mit  Ammoniumsalzen  eine  ähnliche,  allerdings  viel  weniger  empfindliche 
Reaktion  eintritt,  daß  dagegen  die  Salze  des  :Magnesiums,  Calciums.  Raryums, 
Strontiums  und  Eisens  nicht  reagieren.  Er  gab  auch  an.  daß  man  mittelst 
Kaliumchlorids  bei  einer  Verdünnung  von  1  zu  2000  keinen  Niederschlag 
mehr  erhält.  Curiman  beobachtete  gleichfalls,  daß  das  Kobaltnatriumhexa- 
nitrit  mit  Lithium,  Magnesium,  Baryum,  Strontium  oder  Calcium  keinen 
Niederschlag  liefert,  daß  es  dagegen  mit  Ammoniak,  Rubidium.  Cäsium  und 
besonders  mit  Kalium  bei  Gegenwart  von  Sulfaten,  Phosphaten,  Nitraten. 
Acetaten  und  Chloriden  Fällung  erzeugt,  und  daß  nur  die  (Jegenwart  von 
Jod  und  Jodiden  für  die  P)ildung  dieses  Niederschlages  hinderlich  ist. 

BiUmann^)  hat  im  Jahre  1910  gefunden,  daß  man  mittelst  eines  be- 
sonders zweckmäßig  präparierten  Reagenzes  das  Kalium  noch  nieder- 
schlagen kann,  wenn  das  Chlorid,  in  einer  zweifach  normalen  Natrium- 
chloridlösung, in  einer  Verdünnung  von  1  zu  27.öß8  vorhanden  ist.  während 
man  noch  1  Teil  Kalium  in  Gegenwart  von  4000  Teilen  Natrium  in  einer 
10"/oigen  Lösung  von  Natriumchlorid  nachzuweisen  imstan<ie  ist.  Im  ersteren 
Falle  würde  das  Reagens  noch  1  Teil  Kalium  in  02.060  Teilen  Lösung  an- 
zeigen. Adie  und  Wood*)  untersuchten  ebenfalls  das  Kobaltreagens  auf 
seine  Empfindhchkeit  gegenüber  Kaliumlösuugen.  Sie  fanden,  dal'i  die  Lös- 
lichkeit des  Niederschlages,  dem  siedie  Zusammensetzung  CoNaK,j(N()2'6n...O 
gaben,  in  einer  lOV^igen  Essigsäurelösung  geringer   als    1   zu  20.(Kt(i  ist. 


M  L.  L.  de  Koninck,  Neue  Reaktion  auf  Kali,  /i-itsolirift  f.  analytische  Chemie. 
20.  390  (1881). 

'-)  ('.  Cnrfma» ,  Natriinnkobaltnitrit  als  Koageiis  auf  K'alimii.  Ki'rii-hto  d.  Deutsch, 
ehem.  Gesellsch.  14.  lOäl  (1881). 

')  Billmann,  Über  die  Darstellung  des  Xatriunikolialtnitrits  und  seine  Anwenduuir 
zum  Nachweis  von  Kalium.  Zeitschrift  f.  analytische  Chemie.  39.  2S4  iISKX)). 

*)  Adie  and  Wood.  Journal  of  Cliem.  Soc.  77.  lUTü  ilUOüi. 


1115  ^-  ß-  Macallum. 

Ein  Jahr  später  bediente  sich  van  Leent  0  des  erwähnten  Reagenzes  zur 
Bestimmung'  des  Kaliums  im  Meerwasser.  Nach  ihm  wird  das  Kalium  aus 
dem  Wasser  mittelst  des  Kobaltreagenzes  als  Hexanitrit  des  Kobalts, 
Natriums  und  Kaliums  niedergeschlagen.  Das  Kalium  wird  dabei  in  Per- 
chloratform angenommen.  Die  erhaltenen  Resultate  stimmten  sehr  gut  mit 
denjenigen  iiberein.  welche  die  Bestimmungen  mittelst  Platinchlorids  er- 
geben hatten.  Autenrieth  und  Bernheim-)  studierten  die  Zuverlässigkeit 
des  Kobaltreagenzes  durch  Versuche  mit  Kaliumchloridlösungen  von  be- 
kanntem Gehalt  und  erhielten  dabei  außerordentlich  gut  stimmende  Werte. 
Sie  gebrauchten  dann  das  Reagens  zur  Bestimmung  des  Kaliums  im  Urin 
und  gelangten  dabei  ebenfalls  zu  befriedigenden  Resultaten.  Nach  Drushel^) 
endhch  leistet  das  Reagens  ausgezeichnete  Dienste  zur  Bestimmung  des 
Kaliums  sowohl  bei  gewöhnlichen  Analysen  als  auch  bei  der  Untersuchung 
tierischer  Flüssigkeiten. 

Für  den  Nachweis  des  Kahums  in  lebenden  Geweben  auf  mikro- 
chemischem Wege  wurde  die  Kobaltnatriumnitritverbindung  zuerst  von 
A.  B. Macallum^)  gebraucht.  Er  benutzte  ein  Präparat,  das  eine  Modifi- 
kation des  von  Erdniann'')  empfohlenen  Reagenzes  darstellte.  Zu  seiner 
Gewinnung  werden  20  g  Kobaltnitrit  •■')  und  Hö  </  reinen  Natriumnitrits  in 
75  cm^  verdünnter  Essigsäure  gelöst  (10  cm^  Essigsäure  auf  75  cni^  ver- 
dünnt). Es  findet  dabei  eine  lebhafte  Entwicklung  von  Stickstoff peroxyd 
statt.  Enthält  das  verwendete  Natriumnitrit  Spuren  von  Kaliumsalz  bei- 
gemischt, so  tritt  nach  Verlauf  einiger  Stunden  Abscheidung  von  Kobalt- 
Natrium-KaHumhexanitrit  ein,  das  durch  Filtration  entfernt  wird.  Das 
Filtrat  wird  dann  auf  100  cm^  aufgefüllt  und  in  einer  mit  gut  schließenden 
Glasstopfen  versehenen  Flasche  aufbewahrt.  Um  das  Reagens  mögüchst 
lange  Zeit  empfindlich  zu  erhalten,  bewahrt  man  es  im   Eisschrank  auf. 

Macallum  fand,  daß  dieses  so  dargestellte  Präparat  in  einer  P/oigen 
Kochsalzlösung  noch  1  Teil  Kalium  in  70.000  Teilen  der  Lösung  augen- 
blicklich niederschlägt,  und  daß  unter  dem  Mikroskop  sogar  ein  kristallinischer 
Niederschlag  bei  einer  Verdünnung  von  1  zu  255.000  derselben  Kochsalz- 
lösung beobachtet  Mird.  Bei  solchen  Verdünnungen  beträgt  das  Volumen 
des  erforderlichen  Reagenzes  neun  Zehntel. 


*)  Van  Leen  f.  Ül)er  die  Alischeiduug  und  Bestimmung  von  kleinen  Mengen  Kalium 
in  Salzgemischen.  Zeitschrift  f.  analyt.  Chemie.  40.  569  (1901). 

^)  W.  Ätitenrieth  und  Bernheim,  tj'ber  eine  einfache  Methode  der  Bestimmung 
des  Kaliums  im  Harn.  Zeitschrift  f.  physiol.  Chemie.  37.  29  (1902). 

^)  W.  Ä.  Di-ushel,  Die  volumetrische  Bestimmung  von  Kalium  als  Kohaltnitrit. 
Zeitschrift  f.  anorg.  Chemie.  56.  223.  1908.  —  Die  Anwendung  der  Kobaltnitritmethode 
zur  Bestimmung  des  Kaliums  in  Böden.  Ebenda.  59.  97.  1908  und  61.  137. 

■*)  A.  B.  Macalhim,  On  the  distribution  of  potassium  in  animal  and  vegetable  cells. 
Journ.  of  Physiol.  32.  95  (1905). 

^)  H.  Erdmann,  Lehrbuch  der  anorganischen  Chemie.  1898.  S.  630. 

^)  Das  von  mir  für  die  Bereitung  des  Reagenzes  gebrauchte  Kobaltnitrit  stammte 
von  Baker  und  Adamson  Chemical  Co.,  Easton,  Penn.,  U.  S.  A. 


Die  Methodeu  der  Itiologisclicu  Mikrochemie.  1117 

Wird  eine  geringe  Menge  dieses  Reagenzes  zn  einer  kaliunilösung 
gefügt,  so  entsteht  sogleich  ein  orangcgeihei-  Xicdersehlag.  der  Kristalle 
von  dodekaedrischer  Form  in  wechselnder  mikroskopischer  (iröC.fMind  von 
chromgelber  Farbe  bildet.  Die  Zusammensetzung  dieses  .\ied<'rschla;/es 
wechselt  etwas  mit  der  Zusammensetzung  der  zu  untersuchenden  Kaliu'ln- 
salzlösung.  Gilbert^),  der  die  Zusammensetzung  des  natriumhaltigen  Nieder- 
schlages genau  untersuchte,  fand,  daß  die  Menge  des  Natriums  von  dn- 
Konzentration  der  Lösung  abhängig  ist.  Er  brachte  für  die  Fällun<:  folgende 
Formulierung  in  Vorschlag:  Co(m)3,H(K/Na)N'0.,,  nll.,0,  wobei  der  Wert 
für  n  entweder  I7.,  oder  2'/^  beträgt. 

Der  Niederschlag  ist  nur  sehr  wenig  löslich  in  kaltem  Wasser:  er 
löst  sich  aber  in  Natriumnitritlösungen  auch  bei  Gegenwart  von  Natrium- 
acetat.  Er  löst  sich  nicht  in  verdünnten  Lösungen  des  Niederschlags- 
reagenzes und  in  SOVoigem  Alkohol,  mit  welchem  man  den  Niederschlag  zur 
Befreiung  von  Spuren  des  Kobaltdo|)pelsalzes  waschen  kann.  Es  wurde 
ferner  gefunden,  daß  der  Niederschlag  unlöslich  ist  in  Lösungen  von 
Kahumnitrit.  Das  letztere  kann  jedoch  zur  Iieiniiiung  der  Fällunj.j-  nur  dann 
gebraucht  werden,  nachdem  bereits  jede  Spur  der  Natriumverbindung, 
CoNa3(NO.,)6,  entfernt  ist,  da  natürlich  das  letztere  zu  weiterer  Nieder- 
schlagsbildung beitragen  würde.  Das  Fällungsreagens  ist  selbst  außerordent- 
lich leicht  löslich  und  infolgedessen  Avird  es  aus  dem  Niederschlage  sehr 
schnell  durch  AVaschen  mit  Wasser  entfernt.  Wenn  man  eiskaltes  Wasser 
zum  Auswaschen  benutzt,  so  ist  die  Menge  des  in  Lösung  gehenden  Nieder- 
schlages nur  äußerst  gering.  Man  kann  sich  daher  zur  Entfernung  von 
Spuren  des  nicht  mit  Kalium  verbundenen  Kobaltsalzes  sehr  kalten  Wassers 
bedienen.  Nach  Drushel  soll  hingegen  zum  Auswaschen  des  Niederschlages 
zwecks  Entfernung  des  Reagenzes  eine  halbgesättigte  Kochsalzlösung  dem 
kalten  Wasser  vorzuziehen  sein,  da,  wie  er  behauptet,  sich  doch  1  Teil  des 
Niederschlages  in  25.000 — 80.000  Teilen  Wasser  bei  Zimmertemperatur  löst. 

Das  Kobaltreagens  fällt  ebenfalls,  aber  weniger  leicht.  Ammoniak  aus 
seinen  Lösungen.  Die  Kristalle  der  Ammoniumverbindung  ähneln  in  Form 
und  Größe  außerordentlich  denjenigen  des  Kaliumsalzes,  von  dem  sie  sich 
aber  durch  größere  Löslichkeit  auszeichnen.  Auf  (xinnd  der  bemerkenswerten 
Löslichkeit  des  Ammoniumsalzes  selbst  in  eiskaltem  Wasser  wird  es  auch 
nur  unvollständig  aus  seinen  Lösungen  niedergeschlagen.  Aus  einem  Gemisch 
des  Kalium-Natrium-Kobaltsalzes  und  des  Ammoniumdoj)pelsalzes  kann  man 
das  letztere  einfach  durch  Behandeln  mit  eiskaltem  Wasser  entferni'n. 

Die  Tatsache,  daß  Ammoniumverbindungen  mit  dem  Kobaltreagens 
einen  Niederschlag  liefern,  ließ  es  nicht  unmöglich  erscheinen,  daß  auch 
Aminosäuren  und  Amide  mit  dem  Reagens  in  ähnlicher  Weise  reagieren. 
Man  fand  jedoch,  daß  weder  (dykokoll,  Taurin,  Leucin,  Tvmsin.  Sarkosin. 
Glukosamin,    Asparaginsäure  noch  Glutaminsäure  mit    dem    Kobaltdoppel- 


*)  G-ilbert,  Die  Bestimmung  des  Kaliums  nach  quantitativer  Abscheidung  desselben 
als  Kaliumnatriumkobaltnitrit.  In.-Diss.  Tübingen  1898. 


1118 


A.  B.  Macallum. 


salz  einen  Niederschlag-  geben.  Außerdem  bildet  es  weder  mit  Harnstoff, 
Asparagin,  AUoxan,  AUantoin,  Guanidin  noch  mit  den  Purinkörpern  unlös- 
liche Salze.  Anders  verhält  sich  dagegen  das  Kreatin.  Es  wird  von  dem 
Kobaltsalz  noch  aus  0-4o/oiger  Lösung  sogleich  niedergeschlagen  und  aus 
0'20/oiger  Lösung  nach  Verlauf  weniger  Minuten  gefällt.  Der  Kreatinnieder- 
schlag  bildet  orangegelb  gefärbte  Kristalle,  die  in  jeder  Hinsicht  dem 
Kaliumkobaltnatrium  ähneln.  Kreatinin  und  Cholin  geben  dagegen,  selbst 
in  konzentrierten  Lösungen,  keine  Fällung.  Oxalsäure  und  (Jxalatlösungen 
liefern  auf  Zusatz  eines  Kobaltsalzes  fast  augenblicklich  einen  Niederschlag. 
Dieser  Umstand  ist  bei  Untersuchung  von  pflanzlichen  Flüssigkeiten  von 
Bedeutung.  Da  die  letzteren  auch  Oxalate  enthalten,  so  ist  es  bei  der 
Analyse  von  Pflanzengeweben  oft  erforderlich,  unterscheiden  zu  können,  ob 
die  erhaltene  Kobaltfällung  ein  Kaliumsalz  oder  Kobaltoxalat  darstellt.  Diese 
Beurteilung  ist  sehr  leicht,  denn  Form  und  Farbe  der  Kristalle  der  beiden 
\'erbindungen  sind  ganz  verschieden.  Man  kann  außerdem  eine  Kontrolle 
auch  dadurch  ausführen,  daß  man  eine  Probe  des  zu  untersuchenden  Pflanzen- 
materials mit  einer  einfachen  Lösung  von  Kobaltacetat  behandelt.  Wenn 
auf  diese  Weise  die  Stelle,  an  der  sich  nur  Oxalat  befindet,  nachgewiesen 
ist,  kann  man  dann  durch  Vergleich  mit  anderen  Präparaten,  die  mit  dem 
Doppelsalz.  CoNa3(N03)6,  behandelt  worden  sind,  bestimmen,  wo  in  den  be- 
treffenden Präparaten  Kalium  salze  und  wo  Oxalate  auftreten.  Jedenfalls 
bietet  in  der  Piegel  die  Anwesenheit  von  Oxalsäure  und  Oxalaten  keine 
Schwierigkeiten,  denn  sie  sind  in  den  Zellen  nur  in  äußerst  geringen  Mengen 
vorhanden,  während  das  Kalium  fast  immer  recht  reichlich  vertreten  ist, 
selbst  auch  im  Gefäßfasergewebe.  Man  kann  infolgedessen  für  gewöhnlich 
die  Oxalate  unberücksichtigt  lassen. 

Als  einzige  organische  Verbindung,  die  mit  dem  Kobaltreagens  einen 
Niederschlag  liefert,  der  zur  Verwechslung  mit  dem  Kaliumsalz  führen 
könnte,  ist  (bisher)  also  nur  das  Kreatin  zu  betrachten.  Was  die  Menge 
des  Kreatins  in  tierischen  Präparaten  betrifft,  so  sei  hier  angeführt,  daß 
die  in  den  Muskeln  von  Vertebraten  vorhandene  Menge  eine  sehr  ver- 
schiedene sein  kann.  Im  Froschmuskel  sind  0'21 — 0'39'Vo^)  und  in  Muskeln 
des  Kaninchens  0*4  "/o  enthalten.  Nach  Vcdenciennes  und  Freniy  ^)  findet 
sich  in  den  Muskeln  von  Mollusken  Kreatin  nur  in  spärlichen  Mengen  vor. 
Sie  fanden  es  auch  in  den  Muskeln  der  Crustaceen.  Nach  Krukenherg  ^) 
dagegen  ist  in  den  Muskeln  der  Avertebraten  überhaupt  kein  Kreatin 
vorhanden   und  Henze*)   konnte   davon   auch   keine  Spur  in  den  Muskeln 

*)  F.  Nmvrocki,  Über  die  quantitative  Bestimmung  des  Kreatins  in  Muskeln. 
Zeitschr.  f.  analyt.  Chemie.  4.  330  (1865). 

^)  Valenciennes  und  Freniy,  Recherches  sur  la  composition  des  muscles  dans  la 
Serie  des  animaux.  Comptes  Rendus.  41.  753  (1865). 

^)  Krukenherg,  Vergleichende  Physiologische  Vorträge.  Heidelberg  1866.  S.  316. 
—  Derselbe,  Untersuchungen  aus  dem  Physiolog.  Institut  der  Universität  Heidelberg. 
HI  (1880)  und  IV  (1881). 

*)  Martin  Henze,  Beiträge  zur  Muskelchemie  des  Octopoden.  Zeitschrift  f.  physiol. 
Chemie.  43.  477  (1905). 


Die  Methoden  der  biologischen  Mikrochemie.  1119 

von  Octopus  nachweisen.  A.  B.  Marnllum  konnte  es  elien.'^owonifi:  in 
den  Musiveln  dQs  Ilunimer.s  und  der  Krahhe  auffiiideii. 

Da  der  mit  dem  Koljaltdoppel.salz,  CoNa.  (N(),)n.  erzeii^^te  Kreatin- 
niedersclila»-  viel  leiciiter  löslieh  ist  als  die  Kalium verllindunjL,^  so  kann  man 
aus  Muskelfasern,  in  denen  man  eine  Fällunf,^  vorj,n'nommen  hat,  das  Kreatin- 
salz,  zum  größten  Teile  wenigstens,  durch  häufiges  Waschen  mit  eiskaltem 
Wasser  entfernen.  Das  letztere  i.'^t  jedoch  hei  Untersuchung  von  Muskel- 
fasern der  Vertebraten  nicht  unbedingt  nötig,  denn  das  Kreatin  und  Ka- 
hum  finden  sich  in  diesen  Geweben  in  ganz  iihnlicher  Weise  verteilt. 

Die  Form  der  Kristalle  und  die  orangegelhe  l-'arbe  des  Kaliumsalzes 
erleichtern  seineu  Nachweis  außerordentlich ,  wenn  es  in  den  /ii  unter- 
suchenden Geweben  in  bemerkenswerten  Mengen  vorhanden  ist.  Wenn  es 
dagegen  in  sehr  geringen  Mengen  oder  nur  in  Spuren  in  einem  (Jewehe 
oder  in  einer  Zelle  auftritt,  bleibt  der  kristallinische  Niederschlag  aus  und 
es  ist  auch  mögUch,  daß  selbst  keine  gelbe  Färbung  zu  beobachten  ist. 
Man  muß  daher  dann  eine  etwas  andere  Methode  anwenden,  um  die  Gegen- 
wart des  Kobaltsalzes  deutlich  nachweisen  zu  können.  Eine  solche  Methode 
wurde  von  Macallum  aufgefunden.  Sie  besteht  in  der  Anwendung  einer 
sauren  Ammoniumsulfidlösung  (1  Teil  Sulfidreagens  und  1  Teil  Wasser), 
die  mit  dem  Kobalt  augenblicklich  unter  Bildung  von  schwarzem  Koijalt- 
sulfid  reagiert.  W^enn  also  nach  solcher  Behandlung  in  einem  Gewebe  die 
schwarze  Fällung  auftritt,  so  ist  dadurch  bewiesen,  daß  KaliumsaLc  vor- 
handen war.  Da  der  schwarze  Niederschlag  sehr  leicht  wahrzunehmen  ist, 
so  ist  es  daher  auch  nicht  schwer,  sich  über  Vorkommen  und  Verteilung 
selbst  von  Spuren  von  Kalium  zu  vergewissern. 

Das  Kobaltreagens  muß  bei  der  Untersuchung  von  Zellen  und  (ie- 
weben  in  der  Weise  gebraucht  werden,  daß  es  auf  einmal  in  alle  Teile  der 
betreffenden  Präparate  eindringen  kann.  Bei  einzelligen  Organismen, 
wie  bei  Infusorien  oder  Hefezcllen,  ist  dies  leicht  zu  bewerkstelligen. 
Die  Flüssigkeit,  in  der  sie  sich  befinden,  wird  mit  ungefähr  zwei 
Volumina  des  Reagenzes  gemischt  und  die  Masse  dann  wenigstens 
eine  halbe  Stunde,  aber  nicht  länger  als  zwei  Stunden,  stehen  ge- 
lassen. Durch  diese  Behandlung  wird  die  erwünschte  Wirkung,  die  Zellen 
zu  fixieren,  erreicht.  Das  Eindringen  des  Keagenzes  und  die  FiUlung  des 
Kaüumsalzes  sind  bereits  in  weniger  als  Va  Minute,  in  einigen  Sekuntlen, 
vollständig  erfolgt.  Die  Mischung  wird  nun  ungefähr  fünf  Minuti'u  lang 
zentrifugierti),  dann  wird  die  überstehende  Flüssigkeit  abgegossen,  mit 
eiskaltem  Wasser  versetzt,  wieder  drei  Minuten  lang  zentrifugiert.  worauf 
die  Flüssigkeit  wieder  abgegossen  wird.  Dieser  Prozeß  wird  4-  oder  önial 
wiederholt.  Wenn  dann  das  Kobaltreagens  auf  diese  Weise  völlig  entfernt 
worden  ist,  wird  der  Niederschlag  mit  der  ö-  oder  ♦'.fachen  Menge  seines 
Volumens  absoluten  Alkohols  Übergossen  und  zur  vollständigen  Härtung  so 


')  Zu  diesem  Zwecke  genügt   eine  kleine  Zentrifuge,  wie  man  sie  zur  Trennung 
des  Salzes  und  der  Kristalle  im  Urin  benutzt. 


1120  A.  B.  Macall  Lim. 

1  Tag  stellen  gelassen.  Man  saugt  dann  mittelst  einer  Pipette  einen  kleinen 
Teil  des  Niederschlages  auf  und  bringt  daA'on  ein  wenig  auf  einen  Glas- 
objektträger; hierauf  wird  mit  einem  Tropfen  einer  Mischung  gleicher 
Vol.  unverdünnten  Glyzerins  und  konzentrierten  Ammoniumsulfids  i)  ver- 
setzt, gut  durcheinandergerührt  und  endlich  mit  dem  Deckgläschen  zuge- 
deckt. Das  Präparat  kann  jetzt  auf  die  Verteilung  des  Kaliums  geprüft 
werden,  das  durch  das  Vorhandensein  des  Kobaltsulfides  nachgewiesen 
wird.  Wenn  das  Präparat  vor  störenden  äußeren  Einflüssen  (Staub)  ge- 
schützt ist,  so  kann  es  monatelang  unverändert  aufbewahrt  werden. 

Bei  Untersuchung  faserartiger  Wgen  verfährt  man  so,  daß  man  sie 
mit  einer  Zange  aus  ihrer  Flüssigkeit  entnimmt  und  sofort  in  das  Pieagens 
legt,  wo  man  sie  V2  Stunde  lang  beläßt.  Dann  wäscht  man  sie  wiederholt 
mit  eiskaltem  Wasser,  bis  sie  vom  Reagens  vollständig  befreit  sind.  Zum 
Einlegen  ins  Wasser  und  zum  Herausnehmen  bedient  man  sich  meder  der 
Zange.  Die  Fäserchen  werden  jetzt  auf  dem  Objektträger  in  Wasser  aus- 
einandergezupft, worauf  dieses  schnell  durch  Abtupfen  mit  Filtrier- 
papier entfernt  wird.  Nachdem  man  noch  einen  Tropfen  der  (ilyzerin- 
mischung  zugefügt  hat.  wird  das  Präparat  mit  dem  Deckgläschen  bedeckt. 
In  der  eben  beschriebenen  Weise  kann  man  die  ziemüch  häufig  in 
Kolonien  solcher  fadenartiger  Algen  vereinigt  auftretenden  Vorticellen 
präparieren,  um  in  ihnen  die  Verteilung  des  Kaliums  nachzuweisen. 

Liegen  Spermatozoen  von  Vertebraten  zur  Untersuchung  auf  Ver- 
teilung des  Kaliums  vor,  so  kann  man  die  Präparation  in  der  folgenden 
besonderen  Weise  vornehmen.  Man  mischt  den  frischen  Samen  schnell  und 
vollständig  mit  dem  Pieagens,  und  zwar  mit  der  3fachen  Menge  seines 
Volumens  und  rührt  die  Menge  V2  Stunde  lang  mit  einem  Glasstab 
durcheinander.  Das  Pieagens  wird  nun  mittelst  einer  Saugpumpe  auf  einem 
gehärteten  Filter  und  auf  einem  fein  durchlöcherten  Platinkonus  abfiltriert. 
Dann  wäscht  man  das  Präparat  auf  dem  Filter  wiederholt  mit  eiskaltem 
Wasser  aus,  bis  das  Filtrat  keine  Kobaltreaktion  mehr  zeigt.  Nachdem 
man  hierauf  das  Absaugen  unterbrochen  hat,  wird  eine  Mischung  gleicher 
Teile  Glyzerin  und  Ammoniumsulfid  auf  das  Filter  gegossen  und  dann 
ein  Teil  der  Masse  sorgfältig  auf  einen  Objektträger  gebracht,  in 
einem  Tropfen  der  Mischung  ausgezupft  und  endhch  mit  dem  Deckgläs- 
chen bedeckt.  Nach  dieser  Methode  erhält  man  sehr  interessante  und  ein- 
zigartige Präparate. 

Für  die  Untersuchung  von  Geweben  und  vielzelliger  Präparate  muß 
man  sich  einer  anderen  Methode  bedienen.  Das  Pieagens  muß  so  bald  wie 
irgend  möglich  mit  den  einzelnen  Zellen  und  Bestandteilen  des  betreffen- 
den Gewebes  in  Berührung  gebracht  werden,  um  Diffusion  und  Verteilung 
der  Kahumsalze  zu  verhindern  oder  wenigstens  auf  ein  Mindestmaß  zu 
beschränken.  Für  diesen  Zweck  bringt  man  gewöhnlich  das  zu  untersuchende 
Gewebe  mit  einer  kleinen  Menge  des  Reagenzes  auf  ein  Uhrgias  und  zupft 


*)  Das  Verfahren  zur  Darstellung  dieser  Lösung  vgl.  S.  1109. 


Die  Methoden  der  biologischen  Mikruchoniie.  1  ll'l 

es  hier  gut  auseinander.  Nachdem  das  Ilea'-ens  7,  Stunde  auf  die  isolierten 
Fasern  eingewirkt  hat,  gießt  man  den  Cberschulj  der  Kohaltlüsung  ah  und 
fügt  eiskaltes  Wasser  hinzu.  Nach  5  Minuten  wird  dies  elienfalls  abge- 
gossen und  durch  frisches  eiskaltes  Wasser  ersetzt.  .Man  wiederholt  diese 
Operation  4— ömal  oder  bis  das  Waschwasser  endlich  farblos  erscheint, 
d.  h.  bis  es  auf  Zusatz  einiger  Tropfen  Ammoniunisulfids  keine  Reaktion 
auf  Kobalt  melir  gibt.  Das  rückständige  Zellenmaterial  wird  dann  mit  einer 
ripette  aufgesaugt  und  auf  einen  Objektträger  gebracht:  man  versetzt 
hierauf  mit  einem  Tropfen  der  Glyzerin-Ammoniumsulfidmischung,  bedeckt 
mit  einem  Deckgläschen  und  untersucht. 

Liegen  einzellige  Organismen  vor,  so  verliert  man  durch  das  be- 
schriebene Dekantieren  mit  Wasser  einen  groIJen  Teil  der  kleineren  (Je- 
w^ebspartikelchen.  Um  dies  zu  verhüten,  kann  man  sich  mit  \orteil  einer 
Zentrifuge  bedienen.  Durch  wiederholtes  Zentrifugieren  mit  eiskaltem 
Wasser,  das  nach  jeder  Drehungsperiode,  die  3 — 5  Minuten  lang  dauern 
soll,  erneuert  wird,  erhält  man  schlielihch  ein  Sediment,  von  dem  man 
mittelst  der  Pipette  genügend  charakteristische  Gewebsproben  zum  Einlegen 
in  die  Glyzerinsulfidmischung  entnehmen  kann. 

Nach  der  beschriebenen  Methode  kann  man  in  den  isolierten  Zellen 
und  Gewebsteilen  ziemlich  genau  die  Verteilung  der  Kalinmsalze  itestimmen. 
Aber  wenn  die  Präparate  als  gänzUch  typisch  (natürlich)  gelten  sollen,  so 
kann  man  gegen  die  erw^ähnte  Art  der  Präparierung  einen  ernsthaften 
Einwand  erheben :  auf  der  Oberfläche  der  isolierten  Zellen  und  Fasern  hat 
nämlich  das  Fluidum  nicht  dieselbe  Zusammensetzung  wie  die  normale 
Lymphe,  welche  die  Oberfläche  der  intakten  Gewebe  und  (Jrgaiie  während 
des  Lebens  umgibt.  Physikalische  Bedingungen,  vor  allem  Oberflächeu- 
tensionen,  verursachen  Lösungsverdichtungen,  auch  solche  der  Kaliumsalz- 
lösungen auf  der  äußersten  Oberfläche  des  Zellgewebes.  Eine  derartige 
Verdichtung  kann  nur  selten  in  den  ausgezupften  Geweben  nachgewiesen 
werden.  Dieser  Einwand  kann  nicht  gegen  solche  Schnitte  frischen  (iewebes 
erhoben  werden,  die  mit  dem  Gefriermikrotom  geschnitten  und  noch  im 
gefrorenen  Zustande  in  das  Kobaltreagens  gebracht  worden  sind.  Hei 
diesem  Verfahren  wird  die  Diffusion  der  Lösungen  vor  dem  Ein- 
dringen des  Reagenzes  sehr  beträchtlich  vermindert  oder  iiberhaui)t  voll- 
ständig verhindert,  denn  das  Pieagens  dringt  aiigeni)licklicli  in  alle  Teile 
der  Schnitte  ein.  Solche  Präparate,  welche  die  X'erteilung  der  Kaliumsalze 
zeigen,  können  nicht  nur  innerhalb,  sondern  auch  außerhalb  der  Zellen  er- 
halten werden,  und  zwar  in  einer  Weise ,  daß  auch  die  örtliche  lümzen- 
tration  beobachtet  werden  kann,  die  nach  dem  Gihhs-Thonisonsvhvn  Lehr- 
satz, d.h.  auf  Grund  der  Adsorption  oder  Oberflächenkondensation  von 
Lösungen,  dank  der  Oberflächenspannung,  stattfindet. 

Wie  schon  in  der  Einleitung  dieser  Arbeit  (vgl.  S.  11(10)  gezeigt  worden 
ist,  kann  mittelst  des  Gefrierprozesses,  nach  theoretischen  (iründen,  eine 
geringe  Veränderung  in  der  Verteilung  der  Salze  in  einem  Zelli:efüge  her- 
vorgerufen werden:  praktisch  ist  aber  eine  solche  \erteilungsänderung  nicht 

Abderhalden,  Handbuch  der  biocheraiBchon  Arbeitsmethoden.  V.  71 


H22  ^-  ß-  Macallum. 

oder  höchstens  in  einem  so  geringen  Maße  nachgewiesen  Avorden,  daß  der- 
artige Präparate  als  einwandfrei  angesehen  werden  können. 

Auf  Grund  der  Vorteile,  welche  die  Gefriermethode  für  die  Demon- 
strierung der  Kaliumsalze  in  Geweben  und  Organen  bietet,  ist  sie  jeden- 
falls dem  Verfahren,  bei  dem  die  Gewebselemente  ausgezupft  werden,  ehe 
sie  der  Wirkung  des  Kobaltreagenzes  unterliegen,  bei  weitem  vorzuziehen. 

]\Iit  derart  präparierten  Schnitten  hat  Macallum  den  Gibbs- 
Thomsonschen  Satz  bei  Vorgängen  des  Lebensphänomens  untersucht. 
Er  stellte  die  bei  seinen  l'ntersuchungen  gebrauchten  gefrorenen 
Schnitte  in  folgender  Weise  dar:  Das  Messer,  das  dabei  benutzt  wird, 
kühlt  man  unter  0»  C  ab  —  je  niedriger  dabei  die  Temperatur  ist. 
um  so  besser.  Zu  diesem  Zweck  bespritzt  man  es  mit  flüssiger  Kohlen- 
säure oder  mit  etwas  flüssiger  Luft.  Ein  Stück  des  zu  untersuchenden 
gänzlich  frischen  Gewebes  oder  Organes  wird  jetzt  auf  die  Platte  des 
Kohlensäure-Gefriermikrotoms  ^)  gebracht  und  mit  Kohlensäure  so  lange 
behandelt,  bis  das  Gewebe  ganz  fest  gefroren  ist.  Nun  schneidet  man  und 
bringt  die  Schnitte  sogleich  —  während  sie  noch  fest  gefroren  sind  — 
in  das  Reagens.  Das  Messer  muß  eine  Temperatur  unter  0"  haben,  damit 
die  Schnitte  darauf  flach  liegen  und  flach  bleiben  können,  bis  sie  in  das 
Reagens  eingelegt  werden.  Sollte  während  des  Schneidens  die  Temperatur 
des  Messers  über  O**  C  steigen,  so  müßte  man  sofort  wieder  abkühlen,  ehe 
man  weitere  Schnitte  ausführt.  Wenn  ein  Schnitt  sich  zusammenzieht  (zu- 
sammenrollt), ist  er  nahe  am  Schmelzpunkt :  dann  kann,  noch  ehe  er  mit 
dem  Reagens  zusammenkommt,  eine  Veränderung  in  der  Verteilung  seiner 
Salze  vor  sich  gehen,  besonders  kann  Diffusion  der  Kalisalze  über  die  ge- 
schnittene Oberfläche  stattfinden.  Derartige  Schnitte  müssen  verworfen 
werden.  Man  sollte  nur  solche  benutzen,  die,  wie  wir  schon  erwähnten,  flach 
und  gefroren  in  das  Reagens  gebracht  werden  können. 

Man  läßt  die  Schnitte  nun  für  mindestens  1/2  Stunde  oder  für  einige 
Stunden  in  dem  Reagens  liegen.  Der  größte  Teil  des  Reagenzes  wird  dann 
mittelst  einer  Pipette  abgesaugt.  Man  fügt  eiskaltes  W^asser  hinzu  und 
rührt  nun  die  Schnitte  herum.  Man  entfernt  es  dann  in  vorerwähnter 
W^eise,  setzt  frisches  eiskaltes  Wasser  hinzu  und  beseitigt  dieses  wieder 
nach  3 — 5  Minuten.  Dieser  Prozeß  wird  5-  oder  6mal  wiederholt.  Das  Aus- 
waschen soll  aber  im  ganzen  nicht  mehr  als  20  Minuten  in  Anspruch 
nehmen ;  dies  genügt  vollständig,  um  selbst  die  geringsten  Spuren  des  Re- 
agenzes zu  entfernen. 

Die  Schnitte  werden  jetzt  sofort  flach  auf  einen  gläsernen  Objekt- 
träger gebracht  und  in  einen  Tropfen  einer  Mischung  gleicher  Teile  Gly- 
zerins und  Ammoniumsulfids  eingebettet.  Nachdem  man  dann  mit  einem 
Deckgläschen  bedeckt  hat,  kann  das  Präparat  untersucht  werden.  Die  Prä- 
parate können  unbeschränkte  Zeit  lang  aufbewahrt  werden,  wenn  die  Ränder 


^)  Das  Kohlensäure-Gefriermikrotom,  das  vom  Verfasser  gebraucht  wird,  stammt 
von  der  Firma  Jung  in  Heidelberg. 


Die  Methoden  der  liiologisclicu  Mikrochemie.  112;'» 

der  Deckgläschen  mit  dem  Objektträger  sor^^fältijj^  mittelst  einer  Lösimj? 
von  hartem  Balsam  in  Pienzol  verkittet  worden  sind.  Nadi  Xcnlnnstunf^ 
des  Benzols  bildet  der  Balsam  an  den  lländern  des  Präparates  einen  festen, 
luftdichten  fberzug. 

Die  Gefriermethode  wurde  bisher  angewandt  zum  Studium  der  Ver- 
teilung des  Kaliums  in  Muskeln  (Herzmuskeln,  gestreift  und  glatt)  im 
Nervengewebe  (Rinde  des  Großhirns  und  Kleinhirns,  Kückenmark.  Schädel- 
und  Spinalganglien),  in  Leber,  Pankreas.  Niere,  Milz.  Schilddrüse.  Ovarium, 
Hoden  und  Nebennieren  von  "Wirbeltieren  und  in  Gotyledonen ,  Stengeln 
und  Wurzeln  von  Pflanzen.  Die  dabei  erhaltenen  Resultate  sind  aul'ter- 
ordenthch  interessant.') 

C.  Calcium. 

Calcium  kann  als  zweiwertiges  Element  zweifellos  sowohl  in  organischer 
oder  „maskierter"  Verbindung  als  auch  in  anorganischer  Form  in  (Jeweben 
auftreten.  Das  Vorkommen  in  organischer  oder  maskierter  Bindung  ist  im 
\'itellin,  dem  Hämatogen  von  Bunge,  der  darin  neben  Calcium  auch  Eisen 
fand,  nachgewiesen  worden  —  ein  Befund,  der  \o\\  HugouneHq  und  Morel! '-) 
bestätigt  wurde.  Miescher^)  behauptet,  daß  die  eigentümliche,  eisenhaltige 
Substanz  Karvogen,  die  er  aus  den  Köpfen  der  Spermatozoen  des  Salms 
isoliert  hat,  das  Calcium  ebenfalls  als  fest  gebundenen  Bestandteil  enthält. 
Calcium  ist  ferner  in  zahlreichen  Nucleoproteiden  aufgefunden  worden.  Es 
ist  hier  an  die  Nucleinoxydase  der  Leber  zu  erinnern,  die  von  Spit:rr*) 
extrahiert  wurde,  an  das  aus  der  Niere  von  Lümibenj-')  isolierte  Nudeo- 
proteit  und  an  das  von  Halliburton  •^)  ebenfalls  aus  der  Niere  erhaltene 
Nucleoalbumin.  In  der  Asche  all  dieser  Substanzen  ist  Calcium  aufgefunden 
worden. 

Bietet  das  Vorkommen  von  derartigen  maskierten  Bindungen  schon 
an  und  für  sich  eine  Schwierigkeit  für  den  Nachweis  der  \'erteilung  des 
Calciums  in  Tier-  und  Pflanzenzellen,  so  wird  dieselbe  hier  noch  ganz  be- 
deutend durch  den  Umstand  erhöht,  daß  uns  unter  dem  Mikroskop  auch 
für  das  anorganische  Calcium  keine  sehr  empfindliche  Reaktion  zu  Gebote 
steht.  Die  empfindlichsten  und  gleichzeitig  die  fast  augenblicklich  vor  sich 


')  Diese  Ergebnisse  werden  nilchsteus  veröffentlicht. 

-)  Huf/oioienq  und  Morel,    Recherches    sur    rümatosene.    Comptes  Rondus.    140. 

1065  (1905). 

^)  F.  Miescher,  rhysioloffisch-chemische  Untersuchungen  iiherdie  Laclisniilcli.  IJcar- 
beitet  und  herausgegeben  von  0.  Sclioiiedrhcnf.  Arch.  f.  experinuMit.  l'athol.  u.  IMianuak. 

37.  100  (1906). 

*)  Spitzer,  Die  Bedeutung  gewisser  Nucleoproteide  für  die  owibitive  Leistung  der 

Zelle.  Arch.  f.d.  ges.  Physiol.  67.  615  (1896). 

5)  Inqolf  Lönnherg,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Eiweißkörper  der  Nieren  luid  iler 
Harnblase,  "skandin.  Arch.  f.  Physiol.  3.  1  (1901). 

'^)  W.  D.  HaUihurton,  The  proteids  of  kidney  and  livcr  cells.  Journ.  of  l'hysiol. 
13.  807  (1892). 


]^]^24  ^-  ^-  Macalluni. 

gehenden  Keaktionen  auf  Calciumsalze  im  Reagenzglas  sind  die  mittelst 
der  Fluoride,  die  noch  1  mg  Calcium  in  122.7001)  Teilen  Wasser  bei  18° 
niederschlagen.  Als  Karbonat  wird  1  mg  Calcium  in  192.300  -)  Teilen 
Wasser  bei  der  erwähnten  Temperatur  gefällt  und  das  Oxalat  ist  nach  den 
Beobachtungen  von  HoUeman,  Kohlrausch  und  Böse  ^)  über  die  elektrische 
Leitfähigkeit  so  schwer  löslich,  daß  nur  1  mg  Calcium  von  653.600  Teilen 
Wasser  bei  18"  gelöst  wird,  während  nach  den  Angaben  von  Herz  und 
Mühs^)  bei  26—27"  107.300  Teile  Wasser  1  mg  Ca  in  Form  des  Oxalats 
lösen.  Alle  diese  Niederschläge  sind  weiß  oder  farblos  und  infolgedessen 
leisten  sie  unter  dem  Mikroskop  keine  großen  Dienste,  wenn  das  Calcium- 
salz  nicht  so  reichlich  vorhanden  ist,  daß  es  in  Form  eines  deutlich 
kristallinischen  oder  körnigen  Niederschlages  auftritt.  Es  ist  außerdem 
auch  kein  Calciumdoppelsalz  bekannt,  das  unlöshch  und  gefärbt  ist,  oder 
das  durch  nachfolgende  Behandlung  in  ein  geeignetes  gefärbtes  Produkt 
übergeführt  wird,  wie  es  beim  Kalium  mittelst  der  Kobaltreaktion  ge- 
schehen kann. 

Calciumsalze  verändern  wohl  die  Farbe  einerfrisch  bereiteten  wässerigen 
Lösung  reinen  Hämatoxylins.  Die  dabei  entstehende  rote  \'erbindung  ist 
aber  leicht  löslich.  Diese  Reaktion  ist  als  Reagenzglasprobe  sehr  empfind- 
Hch  und  sie  kann  auch  zum  Nachweis  von  Calcium  salzen  in  lebenden 
Zellen  benutzt  werden ;  da  aber  das  Reagens  in  ähnlicher  Weise  von  Al- 
kalien und  ihren  Karbonaten  beeinflußt  wird,  so  kann  diese  Probe  durch- 
aus nicht  als  eine  für  Calcium  eigentümliche  Reaktion  gelten.  Außerdem 
muß  das  Calciumsalz,  um  mit  dem  Hämatoxylin  reagieren  zu  können,  in 
Lösung  vorliegen  und  infolgedessen  kann  bereits  vor  der  Einwirkung  auf 
Hämatoxylin  Diffusion  stattfinden,  die  übrigens  durch  den  Zusatz  des 
Reagenzes  noch  erhöht  wird.  Die  in  lebenden  Zellen  und  Geweben  mit 
Hämatoxylin  erhaltene  Farbreaktion  bietet  demnach  durchaus  keinen  be- 
stimmten Anhaltspunkt  für  die  ursprüngliche  Verteilung  der  Calciumsalze. 
Wenn  außerdem  das  Calcium  in  einer  unlöslichen  Form  als  Oxalat.  Kar- 
bonat, Fluorid  oder  Phosphat  in  den  Zellen  vorhanden  ist,  so  reagiert  es 
mit  der  hinzugefügten  Lösung  des  Hämatoxylins  nur  sehr  langsam,  und 
das  leicht  lösliche  rotgefärbte  Reaktionsprodukt  entfernt  sich  durch  Diffu- 
sion von  seinem  Entstehungsorte. 


^)  Berechnet  aus  der  Leitfähigkeitsbestimmung  von  Kohlrausch  und  Rose,  Lös- 
lichkeit einiger  schwerlöslicher  Körper  im  Wasser,  beurteilt  aus  der  elektrischen  Leitungs- 
fähigkeit der  Lösungen.  Zeitschrift  f.  physikal.  Chemie.  12.  231  (1893);  F.  Kohlrausch, 
Die  Löslichkeit  einiger  schwerlöslicher  Salze  im  Wasser  bei  18°.  50.  356  (1905). 

^)  Berechnet  nach  den  Resultaten  von  Kohlrausch  und  Rose,  Löslichkeit  einiger 
schwerlöslicher  Körper  im  Wasser,  beurteilt  aus  der  elektrischen  Leitungsfähigkeit  der 
Lösungen.  Zeitschr.  f.  physik.  Chemie.  12.  231;  loc.  cit. 

*)  Berechnet  nach  den  Resultaten  von  HoUeman,  Kohlrausch  und  Rose,  Zeitschr. 
f.  physik.  Chemie.  12.  129  und  :^41;  loc.  cit. 

*)  Berechnet  aus  den  Bestimmungen  nach  Herz  und  Mühs,  Ber.  d.  deutsch,  ehem. 
Gesellsch.  36.  3715  (1903). 


Die  Methoden  clor  liiologischcn  Mikroclieniie.  112") 

Eine  spezielle,  charakteristische  Farhreaktion  tui-  di-n  v(»rlie«r('iid<'n 
Zweck  wurde  von  Grandis  und  Mainani^)  einjieführt.  Das  von  ihnen  ge- 
brauchte lieagens  war  Purpurin  oder  1.2,4-Trihy(lroxvanthrachiiion: 


CO    OH 

Eine  in  95"/oigeni  Alkohol  gesättigte  Lösung  dieser  Substanz  gibt 
mit  Calciumsalzen.  und  zwar  besonders  mit  Calciumchlorid  einen  in  Alkohol 
und  in  Wasser  unlöslichen  Niederschlag.  Die  Lösung  zeigt  keine  Neigung, 
andere  Gewebsteile  zu  färben ,  als  diejenigen,  die  Calcium  enthalt«'!!,  vo!-- 
ausgesetzt,  daß  man  sie  nicht  zu  lange  einwirken  labt. 

Die  oben  genannten  Forscher  bedienten  sich  zum  Nachweis  des  Cal- 
ciums in  Geweben  mittelst  des  erwähnten  Chinon-Reagenzes  folgender 
Methode :  Das  Gewebe  kann  dabei  im  frischen  oder  gehärteten  Zustande 
untersucht  werden.  Im  ersten  Falle  werden  mit  Hilfe  der  Gefriei'inethode 
Schnitte  des  Gewebes  bereitet.  Im  andei'n  Falle  werden  die  in  .Mkohol  ge- 
härteten Gewebe  mittelst  der  Einbettmethode  zei'Iegt.  Die  so  erhaltenen 
Schnitte  werden  in  eine  gesättigte  alkoholische  Purpurinlösung  gelegt  und 
darin  belassen ,  bis  sie  stark  rot  gefärbt  sind ,  was  für  gewöhnlich  nach 
5 — 10  Minuten  der  Fall  ist.  Die  tiefe  Fäi'bung  ist  nicht  gleiclünälJig.  Sie  ist 
auf  die  verkalkten  Teile  beschränkt.  Die  Schnitte  werden  nun  in  eine  0"7r)"/„ige 
Natriumchloridlösung  gebracht.  Hier  findet  eine  doppelte  Fmsetzung 
zwischen  dem  Calciumsalz  und  dem  Chloi'id  statt,  wobei  in  sehr  giMÜnger 
Menge  Calciumchlorid,  Natriumphosphat  und  Karbonat  entstehen.  Da.  wo 
sich  die  Spuren  Calciumchlorid  bilden,  wird  Purpurin  gefällt. 

Es  ist  übrigens  nicht  unl>edingt  nötig,  die  Schnitte  mit  Nafi-iinn- 
chlorid  zu  behandeln,  denn  in  den  fraglichen  Geweben  ist  genug  Calciuin- 
chlorid  vorhanden,  um  die  Purpurinfällung  zu  ermöglichen.  Die  Anwendung 
der  Natriumchloridlösung  bietet  jedoch  den  Vorteil,  die  Fäi-bung  deut- 
licher und  schärfer  erscheinen  zu  lassen.  Wenige  Mi!mten  der  Einwirkung 
genügen  bereits,  um  diese  Wirkung  hervorzurufen.  Hieiaut  werden  die 
Schnitte  in  TOVoigen  Alkohol  gelegt  und  der  letztere  wird  so  oft  erneuert 
bis  er  kein  gefärbtes  Produkt  mehr  extrahiert.  Dann  wird  mit  absoluten! 
Alkohol  entwässert  und  in  Balsam  eingebettet. 

Die  eben  beschriebene  Proi)e  kann  in  gewissen  Fällen  zweifellos  gute 
Dienste  leisten,  nämlich  falls  das  Calcium  in  einem  Schnitte  sehr  i-eichlich 
vorhanden  ist,  wie  z.  B.  in  einem  verkalkten  Fötusknochen.  Sie  ist  aber 
bei  weitem  nicht  empfindlich  genug,  um  das  Calcium  in  ileui  /ellpioto- 
plasma  anderer  Gewebe    nachzuweisen,    denn    das  Purpuriii    wird    bereits 


*)  Grandis   und  Mainani,    Sur   une   röactiou  coloree,   (lui   permot   de  reveler  les 
sels  de  calcium  döposes  dans  les  tissus  organi(iues.  Arcliiv  iinl.  de  Hioloi:.  34.  73  (l'.»00). 


1126 


A.  B.  Macallum. 


nicht  mehr  gefällt,  wenn  das  Calcium  im  Verhältnis  von  1  Teil  zu  800 
Teilen  Wasser  zugegen  ist.  Außerdem,  je  mehr  sich  die  Verdünnung  der 
Lösung  dieser  Konzentrationsgrenze  nähert,  je  langsamer  geht  die  Reak- 
tion vor  sich. 

Es  ist  hier  auch  zu  bemerken,  daß  das  Natriumchlorid  nur  mit 
einem  sehr  winzigen,  ja  vielleicht  fast  unendlich  kleinen  Teil  des  als  Kar- 
bonat und  Phosphat  vorhandenen  Calciums  reagiert,  und  daß  folglich  die 
Menge  des  nach  eben  10  Minuten  gebildeten  und  vorhandenen  Calcium - 
Chlorides  niedriger  ist  als  diejenige,  welche  die  Löslichkeit  des  Purpurins 
beeinträchtigen  könnte.  Dieser  ITmstand  vermindert  folglich  den  Wert  des 
Reagenzes  sehr  beträchtUch  für  allgemeine  Zwecke. 

Von  Grandis    und    Mainani    wurde    ferner    Pyrogallol    als    Calcium- 
reagens  empfohlen.    Da    es    die  Eigenschaften    einer   schwachen  Säure  be- 
sitzt, wirkt    es    auf    das  Calcium    in    den    kalkhaltigen  Ablagerungen  und 
bildet  Calciumpyrogallat.    Dieses  Salz    ist  ziemlich   unlöslich,   während  die 
entsprechenden  Natrium-    und  Calcium  salze   löslich  sind.   Nach  dem  Pyro- 
gallolverfahren  werden  die  Gewebsschnitte    mit    einer  Pyrogallollösung  be- 
handelt. Das  gebildete  Calciumpyrogallat    wird  dabei,  indem   es  Sauerstoff 
aus  der  Luft  absorbiert,  intensiv  braun,    so  daß   sich  auf  diese  Weise  die 
Verteilung  des  Calciums  in  dem  Schnitte  bemerkbar  macht.    Die  Schnitte 
müssen  nun  sehr  rasch  mit  W^asser  gewaschen,    ebenso  schnell  entwässert 
und  in  Balsam  eingebettet  werden.  Da  Natrium-,  Kalium-  und  Magnesium- 
pyrogallat  nur  schwierig    extrahierbar    sind,    so  nehmen  auch  oft  die  Ge- 
webe, die  nicht  stark  mit  Calcium    imprägniert   sind,    eine  leichte  braune 
Färbung  an.   Aus  diesem  Grunde  kann   nach   eben  beschriebener  Methode 
das  Vorkommen    der  Calciumsalze    nur    da    sicher   nachgewiesen    werden, 
wo  die  braune  Färbung   sehr   ausgesprochen  auftritt,   und  in  WirkUchkeit 
könnte  man,   um  sicher    zu   gehen,    nur  da  das  Auftreten    von   Calcium- 
salzen    annehmen,    wo    man    sie    auch    unter    Nichtberücksichtigung    der 
Farbreaktion  bereits,   nach  dem  Charakter   der  Gewebe   zu   schheßen,   zu 
erwarten  hat. 

V.  Kossa'^)  führte  folgende  Modifikation  der  Pyrogallolreaktion  ein: 
1  g  Pyrogallussäure  wird  in  40  cm^  Wasser  gelöst ;  zu  der  Lösung  fügt 
man  Q-q  g  festes  Natriumhydrat,  worauf  die  Lösung  braun  wird.  Die 
Schnitte  werden  fünf  Minuten  in  dieser  Flüssigkeit  belassen,  dann  heraus- 
gezogen und  vollständig  mit  destilliertem  Wasser  gewaschen,  um  die  ge- 
färbte Flüssigkeit  zu  entfernen.  Die  intensiv  braun  gefärbten  Calcium- 
fällungen  werden  bei  mehrtägigem  Aufbewahren  im  Wasser  bräun- 
lich-schwarz. 

V.  Kossa  führte  auch  noch  eine  andere  und  indirekte  Methode  für 
den  Nachweis  des  Calciums  in  pathologischen  Geweben  ein.  Nach  diesem 
^'erfahren  werden  die  Gewebsschnitte  fünf  ^Minuten  lang  in  einer  5Voigen 


*)  V.  Kossa,  Über  die  im  Organismus  künstlich  erzengten  Verkalknngeu.  ZiegJcrs 
Beiträge.  29.  163  (1901). 


Die  Methodeu  der  biologischen  Mikrocliomip.  |  ]  -j 


Silboriiitratlösung-  belasson.  dann  mit  (lestilliortem  Wasser  «gewaschen  und 
in  der  i>ewühnlichen  Weise  fixiert.  Chorall.  wo  in  derartigen  Präparaten 
kalkhaltii^e  Ablagerungen  vorkommen,  tritt  eine  gelbe  Fiirbung  auf,  die 
auf  Bildung  von  unlöslichem  Silberi)hosphat  beruht,  das  aus  der  Thosphor- 
säure,  mit  welcher  das  Calcium  in  solchen  I)ei)ots  verbunden  ist.  und 
dem  Silber  entsteht.  Im  Lichte  geht  die  gelbe  Fiirbung  wegen  der  >ich 
abspielenden  Reduktion  des  Silbersalzes  bald  ins  Orauf  und  schließlich  ins 
Tiefschwarze  über.  Der  Reduktionsvorgang  wird  nach  v.  Kossn  durch  die 
Anwesenheit  gewisser  organischer  Verbindungen  in  den  geringen  Ai)lage- 
rungsmengen  erklärt.  Bei  dieser  Reduktion  spielt  ülirigens  auch  die  Luft 
eine  Rolle,  denn  unter  Luftabschluß  findet  dieser  Prozel'.  nicht  oder 
höchstens  nur  in  sehr  geringfügigem  Maße  statt.  Jedenfalls  kann  nach 
diesem  Silbernitratverfahren  kalkhaltige  Substanz  überall,  wo  sie  voi-kommt, 
auch  bemerkt  werden,  sei  es  durch  die  Färbung  oder  die  reduzierte 
Silberverbindung,  die  sich  auf  ihr  oder  in  ihr  bildet. 

Schmorl^),  Klotz-)  und  andere  haben  die  Anwendung  dieser  Re- 
aktion weiter  verfolgt.  Nach  dem  zuletzt  genannten  Forscher  werden  die 
Schnitte  o — 12  Stunden  lang  im  Reagens  belassen,  worauf  sie  mit  Wasser 
gewaschen  und  in  Balsam  eingebettet  werden.  Er  zeigte,  daß  in  solchen 
Schnitten  auch  die  Kohlensäure  mit  dem  Silber  reagiert,  wenn  auch  lani:- 
samer,   und   daß   infolgedessen   die  Calciumkarbonatkörnchen    in    den  Ab- 


lagerungen mit  Silberkarbonat  bedeckt  werden,  das  im  Sonnenlicht  Kohlen- 
dioxyd abgibt  und  dabei   ,, reduziertes''  (schwarzes)  Silberoxyd  zurückläßt. 

Bei  diesem  Verfahren  werden  sehr  kleine,  in  gewöhnlichen  Zellen  vor- 
handene Mengen  Calcium  nicht  nachgewiesen,  und  außerdem  findet  dabei 
auch  mit  Chloriden,  Phosphaten,  Sulfaten  und  Karbonaten  anderer  Basen, 
die  in  den  kalkhaltigen  Ablagerungen  vorhanden  sein  können .  auf  ( Jrund 
von  Absorption  Reaktion  statt.  In  kalkhaltigen  Depots  kommen  außer 
Kalkseifen  auch  Seifen  anderer  Basen  vor.  Die  Fettsäuren  dieser  Seifen 
vereinigen  sich  nun  mit  dem  Silber  des  Reagenzes  unter  ]5ildung  einer 
„reduzierbaren"  Silberverbindung.  —  Aus  alledem  geht  hervor,  daß  die  von 
V.  Kossa  eingeführte  Methode  bei  Untersuchung  kalkiger  Degeneration 
zw'eifellos  Nutzen  gewährt,  daß  sie  aber  mit  manchem  Mangel  liehaftet  ist, 
der  zu  Irrtümern  führen  kann,  und  daß  daher  bei  ihrer  .Vnwendung  jeder 
besondere  Fall  eine  sorgfältige  Berücksichtigung  der  etwaigen  Fehleniuellen 
erfordert. 

Um  die  Verteilung  des  Calciums  in  Zellen  und  Ciewel>en  l>ei  anderen 
Fällen  als  bei  Verkalkungen  oder  bei  kalkiger  Degeneration  nachzuweisen, 
wurde  von  Ä.  B.  Macallum  eine  besondere  Methode  angewandt,  bei  der  die 
Gegenwart  dieses  Elementes  indirekt  bestimmt  wird.   Sie  ist  eine  .Modifi- 


')  Schinorl,  Pathologisch-anatomisclie  riitersucliuntrsmotbode.  2.  Auflage.  Leip- 
zig 1901.  • 

-)  0.  Klotz,  Studios  niinn  calcaiieous  degeiieratinn.  .loiirii.  of  Experitii.  Medic.  7. 
633  (l'.)Oö). 


]^2^28  '■^-  ^-  Macallum. 

kation  des  für  den  Nachweis  der  Lokalisation  der  Schwefelsäure,  die  als 
Sulfat  in  der  Niere  vorhanden  ist,  weiter  unten  beschriebenen  Verfahrens. 
Die  dabei  zu  gebrauchenden  Reagenzien  sind :  1.  scliwefelsäurehaltiger 
Alkohol,  der  aus  2  Vol.  Schwefelsäure  (spez.  Gew.  r84)  und  100  Vol.  ab- 
soluten Alkohols  besteht:  2.  eine  Bleiacetatlösung  in  :.^ -Verdünnung:  ;-3.  eine 

Lösung  von  Glyzerin-Ammoniumsulfid,  die  durch  Verdünnung  von  reinem 
Glyzerin  mit  einem  äquivalenten  Volumen  sauren  Ammoniumsulfids  be- 
reitet ist. 

Die  Ausführung  des  Verfahrens  gestaltet  sich .  wie  folgt :  Wenn  es 
sich  um  einzellige  Gefüge  handelt,  werden  sie  noch  ganz  frisch  in  den 
Säurealkohol  gebracht  und  20  Minuten  darin  belassen,  hierauf  wird  etwa 
5 — 6mal  sorgfältig  mit  absolutem  Alkohol  gewaschen,  um  jede  Spur  freier 
Säure  zu  entfernen,  dann  zur  Abtrennung  der  Organismen  zentrihigiert 
und  schließlich  für  eine  halbe  Stunde  in  die  Bleiacetatlösung  gebracht.  Nun 
wird  sorgfältig  mit  destilliertem  Wasser  gewaschen,  um  das  unveränderte 
Reagens  vollständig  zu  beseitigen,  wozu  man  ^^ieder  die  Zentrifuge  be- 
nutzt. Dann  bringt  man  wieder  eine  kleine  Menge  des  Sediments  auf  einen 
Objektträger,  fügt  einen  Tropfen  Glyzerinsulfid  hinzu  und  bedeckt  mit 
einem  Deckgläschen.  Wenn  ein  anderes  Gewebe  auf  seinen  Calciumgehalt 
zu  untersuchen  ist,  werden  die  Schnitte  nach  der  beim  Nachweis  der  Ver- 
teilung des  Kaliums  beschriebenen  Methode  dargestellt.  Man  läßt  die  Schnitte 
gefrieren  und  bringt  sie  flach  in  den  schwefelsäurehaltigen  Alkohol ,  wo 
sie  20  Minuten  lang  verbleiben.  Dann  werden  sie  sorgfältig  mit  absolutem 
Alkohol  gewaschen,  um  die  freie  Snure  voUständig  zu  entfernen  und  nun 
30  Minuten  in  die  Bleiacetatlösung  gelegt.  Nachdem  sie  dann  mit  destil- 
liertem Wasser  so  lange  gewaschen  worden  sind,  bis  keine  Spur  unan- 
gegriffenen  Bleiacetats  mehr  vorhanden  ist,  werden  sie  auf  Objektträger 
in  das  Glyzeriusulfidreagens  eingelegt. 

Sowohl  in  diesen  Schnitten,  als  auch  in  den  Präparaten  der  einzelligen 
Organismen  wird  die  ursprüngliche  Verteilung  des  Calciums  durch  das 
Auftreten  des  Bleisulfidniederschlags  nachgewiesen.  Der  säurehaltige  Al- 
kohol führt  das  anorganische  Calcium  in  Calciumsulfat  über,  welches  völlig 
unlöslich  in  Alkohol  ist.  Das  Calciumsulfat  reagiert  mit  dem  Bleiacetat 
unter  Bildung  von  Bleisulfat,  das  in  Wasser  unlöslich,  aber  farblos  ist. 
Das  Bleisulfat  gibt  dann  mit  dem  Ammoniumsulfid  die  schwarze  Blei- 
sulfidreaktion. 

Bei  diesem  Verfahren  liegt  vielleicht  eine  Fehlerquelle  darin,  daß  der 
schwefelsäurehaltige  Alkohol  die  Phosphorsäure  aus  den  Phosphaten  nicht 
extrahiert.  Die  letzteren  können  sich  nämlich  mit  dem  Blei  unter  Bildung 
von  Bleiphosphat  verbinden,  das  sich  in  Wasser  noch  weniger  löst  als  Blei- 
sulfat. Um  diesen  möglichen  Fehler   zu  vermeiden,    sollte    man   nach   der 

Behandlung   mit    Bleiacetat    2    oder  o  Minuten  lang  mit  -^-Salpetersäure 

waschen,  wodurch  das  Bleiphosphat  rasch  extrahiert,  das  vorhandene  Blei- 


Die  Methoden  der  ])iologiscl)en  Mikrnrlicmie.  1129 

snlfat  aber  nicht  beeinträchti^ut  wird.  Nachdem  die  Schnitte  zur  l'.eseiti- 
gunii-  der  Säure  gewaschen  sind,  werden  sie  auf  ciiicii  ( )l)jekttr;itr('r  ge- 
braclit,  mit  der  Glyzerinsulfidmischung  beh.-nuh'lt  und  mit  einem  heck- 
gläschen  zugedeckt. 

Die  beschriebene  Reaktion  ist  nicht  so  empfindiicli.  wie  sie  es  theo- 
retisch sein  sollte  und  die  Methode  schließt  manche  FehlermüLdichkeit  ein. 
Als  erste  ist  der  Diffusion  zu  gedenken,  die  vor  sich  geht,  wenn  die 
Schnitte  zunächst  in  den  säurehaltigen  Alkohol  gelegt  werden  und  ferner, 
wenn  sie  aus  dem  Alkohol  in  die  Bleiacetatlösung  komiiien.  I»;d)ei  kann 
eine  geA\1sse  Wiederverteilung  der  Caiciumsalze  stattfinden.  Kine  der  an- 
deren Fehlerquellen  könnte  auf  der  Reaktion  zwischen  dem  C'alciumsulfat 
und  dem  Bleiacetat  beruhen,  falls  dasselbe  nicht  an  der  Stelle,  wo  das 
erstere  wirklich  lokalisiert  ist.  aufzutreten  vermag.  Andrerseits  löst  sich 
aber  Calciumsulfat  nur  in  einem  iMalie  von  weniger  als  1  Teil  in  2.».)U0.(X)(J 
absoluten  Alkohols,  während  sich  Dleisulfat  nur  im  Verhältnis  von  413  Teilen 
zu  1.000.000  Teilen  Wasser  löst,  i)  Auf  Grund  dieser  Tatsache  ist  demnach 
keine  Fehlermöglichkeit  anzunehmen. 

Nach  Ä.  B.  Macallum  leistet  die  eben  erörterte  Methode  zum  Nach- 
Aveis  anorganischer  Cakium  Verbindungen  in  (ieweben  ausgezeichnete 
Dienste.  Sie  wird  sich  zweifellos  auch  anderen  bei  der  Destimmunu-  der 
Verteilung  des  Calciums  in  Zellen  und  Geweben  nützlich  erweisen.  .Man 
muß  aber  bei  ihrem  Gebrauch  immer  darauf  bedacht  sein,  daß  sie  Fehler- 
möglichkeiten in  sich  einschließt. 

D.  Kupfer. 

Das  Auftreten  von  Kupfer  als  Bestandteil  von  Zellen  und  Geweben 
ist  heute  für  gewisse  Avertebraten  und  Vertebraten  sicher  erwiesen.  Kujjfer 
findet  sich  im  Blut  von  G-rustaceen  und  im  Blut  und  Orgauen  von  Mollusken, 
besonders  von  Cephalopoden.  Bei  Vertebraten  kommt  es  im  Pigment  ge- 
wisser Flügel- und  Schwanzfedern  des  Turako  (Turacus^)  vor.  Im  Pflanzen- 
reich wurde  es  bisher  nur  in  sehr  beschränktem  Maße  nachgewiesen.  Es 
ist  gelegentlich  nur  in  der  Asche  einiger  Pflanzen,  /..  V>.  in  '•V^w  die  llaujjt- 
nahrung  des  Turako  (Pisangfresser)  bildenden  Bananen  und  im  Pisang 
aufgefunden  worden.  Halliburton'^)  fand  ferner  auch  in  iler  .\sche  der 
Nucleoproteide  der  Leber  außerordentlich  geringe  Mengen  Kupfer.  Sloutzoff*) 


^)  Berechnet  aus  der  elektrischen  Loitfahisikeit  von  PbSO^  durch  Kohlrausch  und 
Hose.  Zeitschr.  f.  physikal.  Chemie.  12.  241  (1893):  loc.  cit. 

■-)  Ä.H.Church,  Researches  on  Tnracin,  an  animal  piginent  containinij  copper. 
Trans.  Roy.  Soc.  I,ö9.  627  (1809);  vgl.  auch  Researches  on  Tiiraciu  etc.  Proc.  Hoy.  Soc. 
51.  399  (1892). 

^)  W.  D.  HaUiburton,  The  proteids  of  kidney  and  liver  cells.  Joiirn.il  of  Physiol. 
13.  806  (1892). 

*)  B.  Slowtzof,  Über  die  Biiulnnsr  des  Kupfers  durch  die  Lchcr.  llojmristcrs 
Beiträge.  2.  307  (1902). 


ll'^Q  A.  B.  Macallum. 

konnte  Kupfer  bei  Kaninchen,  die  vier  Tage  lang  täglicli  mit  je  0*200  g 
Kupfersulfat  gefüttert  worden  waren,  in  Leber,  und  zwar  häufig  in  Ver- . 
bindung  mit  ihren  Nucleinen  nachweisen.  Es  trat  hier  aber  nicht  in  fest 
gebundener  Form  auf,  denn  die  Verbindung  wurde  leicht  von  O'SVoiger 
Salzsäurelösung  angegriffen  und  durch  Pepsin  und  Salzsäure  unschwer 
zerlegt. 

Das  Auftreten  von  organischen  oder  „maskierten"  Kupferverbindungen 
ist  für  das  Turacin,  das  Pigment  des  bereits  erwähnten  Turako,  ferner 
auf  Grund  entsprechender  Pteaktionen  für  die  kupferhaltige  Verbindung 
Hämocyanin  aus  dem  Blute  der  Mollusken  und  Crustaceen  erwiesen.  In 
Hämocyanin  ist  nach  Henze'^)  das  Kupfer  so  fest  gebunden,  daß  es  erst 
nach  Behandlung  mit  verdünnter  Salzsäure  oder  Essigsäure  die  charakteristi- 
sche Kupferreaktion  mit  FerrocyankaUum,  und  dann  auch  nur  nach  und 
nach,  zu  liefern  vermag. 

Wenn  demnach  also  auch  „maskierte"  Kupferverbindungen  vorkommen, 
so  sind  bisher  jedoch  nur  mikrochemische  Pieaktionen  zum  Nachweis  von 
anorganischem  Kupfer  ausgearbeitet  worden.  Mit  Ausnahme  des  Turacins 
bietet  aber  keine  „maskierte"  Verbindung  bei  der  Demonstrierung  irgend 
welche  besondere  Schwierigkeiten,  denn  das  Freimachen  des  Kupfers  wird 
leicht  sowohl  mit  Ammoniumsulfid  bewerkstelligt  als  auch  mit  einer  Mischung 
von  gleichen  Volumina  0-5o/oiger  Salzsäure  und  l-5°/oiger  Ferrocyankalium- 
lösung.  Die  Säure  setzt  das  Kupfer  in  Freiheit  und  das  Ferrocyanid  schlägt 
es  da  nieder,  wo  es  freigemacht  wurde. 

Zum  Nachweis  der  anorganischen  Kupferverbindungen  bedient  man 
sich  der  von  Boyce  und  Herdman-)  eingeführten  Pteaktionen.  Nach  ihnen 
werden  die  Gewebe  (Gewebe  der  Auster)  in  absolutem  Alkohol  gehärtet  und 
in  Paraffin  eingebettet  oder  schnell  durch  destiUiertes  Wasser  gezogen  und 
in  eine  neutrale,  frisch  dargestellte  Lösung  von  Gummi  arabic.  gebracht, 
um  sie  dann  mit  dem  Gefriermikrotom  zu  schneiden.  Die  so  bereiteten 
Schnitte  werden  nun  nach  einer  der  folgenden  drei  Methoden  behandelt. 
Nach  der  einen  Methode  werden  sie  in  eine  l'57oige  Lösung  von  Ferro- 
cyankaUum gebracht,  die  eine  deutliche  braunrote  Ferrocyankupferreaktion 
gibt.  Zusatz  von  einem  gleichen  Volumen  O'ö^/oiger  Salzsäurelösung  zu 
dem  Ferrocyanidreagens  beschleunigt  den  Reaktionsvorgang,  der  sich  in 
einigen  Fällen  überhaupt  erst  nach  Zufügen  der  Salzsäure  abspielt.  Die 
Schnitte  werden  dann  mit  destiUiertem  Wasser  gewaschen,  mit  absolutem 
Alkohol  entwässert,  in  Zedernöl  geklärt  und  in  Balsam  eingebettet.  In  der- 
artigen Präparaten  kann  man  unter  dem  Mikroskop  die  Verteilung  des 
Kupfers  da.  wo  es  reichlich  vorhanden  ist,  durch  die  Anwesenheit  von 
rotbraunen  Körnchen  und  dort,  wo  es  nur  in  außerordentlich  geringen  Mengen 
auftritt,  durch  eine   schwache,  gelbrote  Farbe  nachweisen. 

^)  M.  Henze,  Zur  Kenntnis  des  Hämocyanins.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  33.  370. 
—  Derselbe,  Über  den  Kupfergehalt  der  Cephalopodenleher.  417  (1901). 

-)  Boijcc  and  llerdman ,  On  a  greeu  leucocytosis  in  oysters  associated  with  the 
presence  of  copper  in  oysters.  Proc.  Roy.  Soc.  62.  30  (1898). 


Die  Methodon  dvv  Inologischen  Mikrochemie.  1  1 ;;  1 

Die  zweite  ^lethode  besteht  darin,  daß  man  zu  dru  ;iiis  dem  .Vlkolnd 
entnommenen  Schnitten  etwas  saures  Ammoidumsiiifid  fü^rt.  das  in  dm 
Schnitten  mit  dem  kupferhaltiiien  Material  ein    dunkles  (idhliraun  liefert. 

Bei  der  dritten  Methode  werden  die  Schnitte  in  eine  verdünnte  lliima- 
toxylinlösung,  die  auf  einem  Uhrglas  durch  Zusatz  weniirer  Kristalle  zu 
etwas  \Yasser  dargestellt  wird,  gebracht,  wo  sie  bald  eine  deutlich  dunkel- 
blaue Färbung  hervorrufen,  die  sich  lediglich  auf  diejenigen  (iefüge  be- 
schränkt, in  denen  die  Kupferverbindung  oder -Verbindungen  vorkommen. 
Die  Schnitte  werden  dann  mit  Wasser  gewaschen,  entwässert  und  in 
Balsam  eingebettet.  Unter  dem  Mikroskop  werden  die  kupferhaltigen  (Je- 
websteilchon  als  duidcelblaues  Produkt  nachgewiesen.  Die  Verteilung  dieser 
Färbung  in  den  Präparaten  ist  dieselbe,  wie  die  bei  der  Ileaktifin  mit  dem 
Ferrocyanidreagens. 

Da  das  Kupfer  auf  das  Hämatoxylin  in  derselben  Weise  einwirkt, 
wie  es  die  anorganischen  Eisenverbindungen  tun,  so  scheint  hierin  bei  dieser 
Pteaktion  eine  Verwechslungsmöglichkeit  in  betreff  des  Eisens  und  Kupfers 
gegeben  zu  sein.  Man  kann  aber  die  Resultate  der  Hämato.\ylinreaktion 
leicht  durch  den  Gebrauch  des  Säureferrocyanidreagenzes,  mit  dem  das  Eisen 
eine  Berlinerblaufärbung,  das  Kupfer  dagegen  eine  rotbraune  Farbe  liefert, 
nachkontrollieren. 

Ä.  B.  MacaUuiu  hat  selbst  die  Methode  von  Boyc<'  und  Hträntan  ge- 
braucht, und  er  hat  auch  den  Vorzug  gehabt,  die  Präparate  dieser  Forscher 
prüfen  zu  können.  Nach  seinen  Erfahrungen  kann  er,  also  auf  direkten 
Kenntnissen  fniiend,  die  Ferrocyanid-  und  die  Hämato.xylinmethode  emp- 
fehlen. Beide  sind  nach  ihm  sehr  empfindliche  und  leicht  ausführbare 
mikrochemische  Pieaktionen  auf  Kupfer. 

E.  Chlor. 

Chlor  kann  sowohl  in  ..maskierter'^  oder  Halidverbindung  als  auch 
in  Haloidform  auftreten,  in  der  es  leicht  nachwei.sbar  ist.  In  maskierter 
Form  kommt  es  gewöhnhch  als  Alkyl-  oder  Arylchlorid  vor.  .Us  Beispiele 
der  ersteren  sind  Trichloressigsäure,  Chlormethan  und  Chloi-oform  zu  nennen. 
Das  Chlor  dieser  Verbindungen  reagiert  nicht  direkt  mit  Sjlbeniitrat  unter 
Bildung  von  Chlorsilber  und  das  Chlor  wird  aus  diesen  \erliindungen  auch 
nur  durch  Erhitzen  mit  einer  Lösung  von  kaustischem  Alkali  in  Freiheit 
gesetzt,  das  sich  mit  ihm  zu  Chlorid  verbindet.  Es  gibt  bekanntlich  noch 
andere  organische  Verbindungen  wie  die  Chloramine.  z.  B.  Methylchloramin, 
in  denen  das  Chlor  mit  dem  Stickstoff  direkt  verbunden  ist.  In  der  Kegel 
sind  aber  diese  P)indungen  so  lose,  dal'i  das  Chlor  aus  ihnen  leicht  frei- 
gemacht werden  kann. 

Cber  das  Vorkommen  von  derartigen  maskierten  (  Idorverbindinigen 
in  tierischen  und  pflanzlichen  Zellen  liegt  bis  jetzt  noch  nicht  viel  direktes 
Beweismaterial  vor.  Bis  heute  ist  nur  eine  Verbindung')  aus  tierischen  (>r- 


')  E.  7?oo.<.- (Zur  Kenntnis  des. Todntliyrius.  Zeitsclir.  f.  physi.d.  Chemie,  25.  1  [lSy8|) 
fand  in  der  Schilddrüse  öpuren  einer  dem  Jodothyrin  analogen  Chlorverliindunp. 


W^2  "^-  ^-  Macallum. 

ganen  isoliert  worden,  in  der,  nach  schwachen  Anzeigen  zu  schließen,  solch 
gebundenes  Chlor  vorhanden  ist.  Die  Tatsache  aber,  daß  Jod  mit  Spongin 
oder  mit  dem  Protein  der  Schilddrüse  eine  ..maskierte"  Verbindung  bildet, 
läßt  annehmen,  daß  auch  analoge  Chlorverbindungen  in  Zellen  und  Ge- 
weben auftreten  können.  Infolgedessen  soUten  die  mikrochemischen  Me- 
thoden zum  Nachweis  der  Lokahsation  des  Chlors  in  Zellen  sowohl  der 
Demonstrierung  von  Halid-  als  auch  von  Haloidchlor  angepaßt  werden. 

Es  ist  wahrscheinUch,  daß  die  Halidverbindungen.  wenn  sie  in  Zellen 
vorkommen,  immer  nur  in  außerordentlich  geringer  Menge  auftreten:  da- 
her erscheint  auch  das  Prol)lem  ihrer  Demonstrierung  bis  jetzt  wenigstens 
nur  als  ein  untergeordnetes. 

Der  Nachweis  des  Haloidchlors  bietet  keine  Schwierigkeit,  denn  die  dabei 
zu  verwendende  Reaktion  ist  eine  der  empfindUchsten  und  sich  am  raschesten 
abspielenden,  die  wir  auf  dem  Gebiete  der  biologischen  Mikrochemie  kennen. 
Das  gebrauchte  Reagens,  Silbernitrat,  bildet  mit  dem  Haloidchlor  den 
äußerst  schwerlöslichen  Niederschlag  von  Silberchlorid.  Dieses  Reagens  ist, 
der  Geschichte  nach,  seit  dem  Jahre  1854  im  Gebrauch  M-  und  zwar  haupt- 
sächhch,  um  die  Umrisse  der  Zelleu  und  Interzellularräume  mittelst  einer 
Ablagerung  von  „reduziertem"  Silber  zu  kennzeichnen,  das  sich  entwickelt, 
wenn  die  mit  Silbernitrat  behandelten  Präparate  dem  Lichte  ausgesetzt 
werden.  Das  erhaltene  Resultat  wurde  gewöhnlich  auf  Bildung  einer  un- 
löshchen  Verbindung  aus  Silber  und  einem  Eiweißkörper,  ..Albuminat'\  in 
der  interzellularen  Zementsubstanz  und  den  Grenzstrukturen  der  Inter- 
zellularräume zurückgeführt.  Einige  Forscher  wiesen  aUerdings  auch  die 
Annahme  nicht  von  der  Hand,  daß  in  der  betreffenden  Ablagerung  Silber- 
chlorid auftrete,  aber  erst  Sclvweigger-Seidcl  führte  den  Niederschlag  voll- 
ständig auf  Chlorsilber  zurück.-)  Man  glaubte  zunächst  die  Tatsache,  daß 
Albumine  und  Gelatine,  in  gewöhnlicher  Weise  dargestellt,  mit  Silbernitrat 
einen  im  Sonnenlicht  reduzierbaren  Niederschlag  liefern,  als  Rechtfertigung 
der  Annahme  vorbringen  zu  können,  daß  die  in  den  Geweben  beobachtete 
..reduzierte"  Verbindung  ein  Albuminat  sei.  Im  Jahre  1905  konnte  nun 
Ä.  B.  Macallum^)  nachweisen,  daß  Gelatine  oder  die  Eiweißkörper  des 
Eiereiweißes,  sorgsam  gereinigt  und  von  jeder  Spur  Chlorid  befreit 
—  durch  Lösen  in  Wasser,  Fällen  aus  diesen  Lösungen  durch  Sättigen 
mit  Ammoniumsulfat  und  durch  mehrmalige  Wiederholung  dieser  Opera- 
tionen — ,  nach  Zusatz  einer  Silbernitratlösung  in  verdünnter  Salpeter- 
säure  selbst   im   hellen  Sonnenlichte    keine    Reduktion    verursachen.    Dies 


*)  Zur  Geschichte  der  Anwendung  dieses  Keagenzes  vgl.  Macallum,  Ou  the  nature 
of  the  silver  reaction  iu  animal  and  vegetable  tissues.  Proc.  Roy.  Soc.  Vol.  76.  217  (1905); 
Die  Methoden  und  Ergebnisse  der  Mikrochemie  in  der  biologischen  Forschung.  Ergeb- 
nisse der  Physiologie.  7.  552  (1908). 

-)  Yerliandlungen  der  Köaigl.  Sächsisch.  Gesellsch.  d.  Wissenschaft.  Math.-Physikal. 
Klasse.  20.  305  (1S68). 

^)  Ä.  B.  Macallum,  ün  the  nature  of  the  silver  reaction  in  animal  and  vegetable 
tissues.  Proceediugs  Roy.  Soc.  Vol.  76.  217  (1905). 


Die  Methodeu  der  biologischen  Mikrochemie.  11H8 

findet  seine  Erkiärun-  darin,  dal.l  durch  die  Fiillun-  mit  Aniiiioiiiiini- 
siilfat  alle  Chloride  entfernt  werden,  und  dall  durrh  die  vorhandene  Salpeter- 
säure die  r.ildunii-  von  Phosphatniedorschlä-icn  oder  einem  anderen  Silher- 
salz  oder  endlich  von  einer  solchen  Nerhindun^-  des  .SiÜM'rs  nnt  den  Ei- 
weißkörpern oder  ihren  wesentlichen  Konstituenten,  die  durch  das  Sonnen- 
licht angegriffen  werden,  verhindert  wird.  Maadlum  zeigte  ferner  auch, 
daß  das  Sili)er  in  Form  des  Karhonats,  Sulfats,  Formats,  Oxalats,  Acetats, 
Laktats,  Tartrats,  Citrats,  Succinats,  \alerats.  ( )leats,  Stearats,  ralmitats, 
Glyzerinphosphats  und  endlich  als  Aminosäuresalze  von  dem  Sonnenlicht 
in  Gegenwart  von  Salpetersäure  nicht  angegriffen  wird.  Das  gleiche  Resul- 
tat ergaben  auch  die  Purine,  Lecithine.  Harnstoff,  Leucin.  Tvrosin.  Indol, 
Skatol  und  Derivate.  Andrerseits  reduzieren  alierSulfocvauiirwasserstoffsäure. 
Taurin  und  Kreatin,  die  saure  Lösung  des  Silbersalzes  im  Sonnenlicht  und 
auch  Cyanursäure  wirkt  ähnlich,  aber  weniger  leicht,  während  Alloxan  und 
Alloxantin  augenscheinheh  unmittelbar  Reduktion  zu  metallischem  Silber 
hervorrufen. 

Da  diese  Verbindungen  mit  Ausnahme  des  Kreatins  in  den  Geweben 
nur  in  verschwindend  geringen  Mengen  vorkommen,  so  ist  es  auch  ein- 
leuchtend, daß  sie  den  Wert  des  Silbersalzes  als  Reagens  für  Chloride  incht 
beeinflussen  können.  Kreatin  findet  sich  natürlich  in  dem  gestreiften 
Muskelgewebe  und  in  der  Niere  von  ^'ertebraten ,  es  ist  aber  jedenfalls 
nicht  in  den  Geweben  von  Avertebraten  vorhanden.  Es  kann  daher  auch 
nur  in  dem  gekennzeichneten  Maße  bei  der  Untersuchung  auf  Verteihmg 
von  Chloriden  in  Geweben  zu  Irrtümern  führen. 

Aus  alledem  geht  genügsam  hervor,  daß  das  in  verdünnter  Salpeter- 
säure gelöste  Silbernitrat  ein  Reagens  darstellt,  das  zum  Nachweis  der 
Verteilung  der  Chloride  und  des  Chlors  organischer  Verbindungen,  welches 
mittelst  Salpetersäure  leicht  in  Freiheit  gesetzt  wird,  geeignet  ist.  Dieses 
Reagens  ist  außerordentlich  empfindlich.  Nach  A.  B.  MacaUum  ist  mittelst 
der  ReagenzglasproI)e  noch  1  Teil  Chlor  als  Chlorid  in  l.iiOO.OCK)  Teilen 
Wasser  nachzuweisen.  Nach  Kohhausch  und  Bose^),  die  sich  bei  dieser  l'.e- 
stimmung  der  elektrolytischen  Leitfähigkeit  bedienten,  lösen  sich  LT  Teile 
Silberchlorid  in  1,000.000  Teilen  Wasser  bei  18"  C,  d.  i.  also  1  Teil  Chlor 
als  Chlorsilber  in  2,o80.000  Teilen  Wasser.  Das  Silbersul)chlorid.  das  bei 
der  Einwirkung  des  Lichtes  auf  das  Chlorid  resultiert,  ist  noch  viel  schwerer 
löslich  als  das  letztere.  Verfasser  konnte  unter  dem  Mikroskop  bei  einer 
Restimmung  noch  Subchloridteilchen  nachweisen,  bei  der  das  Chlor  des 
Chlorids  sich  wie  1  Teil  zu  3,000.000  Teilen  Lösung  verhielt.  Die  Reakti(»n 
wäre  in  der  Tat  noch  viel  empfindlicher,  wenn  auch  wirklich  alles  erzeugte 
Silberchlorid  durch  die  Einwirkung  des  Sonnenlichts  in  Subchlorid  über- 
geführt würde.   Carei/  Lea-)  hat  bereits  bestimmt,  (bili  von  dem  L'e.'^amten 

')  KohJrausch  und  Rose,  loc.  cit.  Zeitschr.  f.  physikal.  Chemie.  12.  241  (IHlOl. 

^)  Über  die  Zusammensetzung  der  aus    dem    ("hlorsillier   unter  dem    KinfhiU   dos 

Lichtes  hervorgehenden  \'erbiudung  vgl.  MacaUum,  Ou  the  uature  of  tlie  ^ilver  reaction 
iu  animal  aud  vegetable  tissues.  Proc.  Roy.  Soc.  B.  76.  217—223. 


iy^4r  ^-  ^-  Macallum. 

Silberchlorid  nicht  mehr  als  1°/q  in  Suhchlorid  übergeführt  wird  und  daß 
sich  dieses  letztere  mit  nicht  mehr  als  8  Teilen  unreduziertem  Chlorid 
vereinigt.  Das  vorhandene  Chlor  wird  also  in  Form  einer  gefärbten  Ver- 
bindung nachgewiesen,  die  im  besten  Falle  ein  Neuntel  des  gebildeten  ge- 
samten Silberchlorids  enthält. 

Das  bei  den   fraglichen  Untersuchungen    anzuwendende  Reagens  ist 

eine  :^ -Silbernitratlösung   in  destilliertem  AVasser,    frei    von    jeder   Spur 

Chlorid  und  Ammoniak,  der  25  cm^  60",  oig^r  Salpetersäure,  auf  den  Liter 
bezogen,  zugesetzt  sind.  Handelt  es  sich  um  die  Untersuchung  von  Zellen 
und  Geweben,  so  wird  dieses  Reagens  immer  in  vollständig  frischem  Zu- 
stande benutzt.  Liegen  einzellige  Organismen  vor.  so  werden  diese  für 
V'o  Stunde  in  das  Reagens  gebracht.  Eine  Portion  der  Mischung  wird  auf 
einen  Objektträger  gelegt,  eine  gleiche  Menge  von  konzentriertem,  reinem 
Glyzerin  wird  hinzugefügt,  ein  Deckglas  aufgesetzt  und  das  Präparat 
1/2  Stunde  lang  dem  hellen  Sonnenlicht  exponiert.  Die  Organismen  und 
das  Reagens  können  auf  dem  Objektträger  gemischt  werden.  Das  Präparat 
wird  zugedeckt,  damit  es  vor  Staub  und  Verdunstung  geschützt  ist.  Wenn 
die  Imprägnierung  vollständig  vor  sich  gegangen  ist,  wird  es  zum  ..Redu- 
zieren" für  V2  Stunde  in  Sonnenlicht  gebracht;  während  des  Reduktions- 
verlaufes soll  sorgfältig  irgendwelche  Verdunstung  vermieden  werden.  Jetzt 
wird  ein  Tropfen  konzentrierten  Glyzerins  zugesetzt,  das  Ganze  sorgsam 
mit  einer  Gänsekielspitze  umgerührt  und  dann  ein  großes  Deckglas  dar- 
über gelegt. 

Die  Färbung,  die  durch  den  Reduktionsprozeß  hervorgerufen  wird, 
variiert  beträchtüch.  Sie  kann  violett,  rötlich-violett  und  bei  reichlichen 
Mengen  bläulich-violett  sein.  Sie  kann  aber  auch  rötlich-braune  oder  gelb- 
braune Abstufungen  zeigen,  wenn  dünne  Schichten.  Membranen  oder  Ab- 
lagerungen vorhanden  sind.  Die  Farbnuancen  sind  zweifellos  davon  abhängig, 
ob  die  ..reduzierte"  Silberverbindung  in  sehr  feiner  oder  in  anderer  Form 
vorhanden  ist. 

Handelt  es  sich  um  die  L^ntersuchung  von  Geweben,  so  kann  man, 
wie  folgt,  verfahren :  Stückchen  der  Gewebe  werden  im  Reagens,  und  zwar 
am  besten  auf  dem  Objektträgerglas  zerzupft.  Zu  diesem  Zwecke  muß 
man  sich  wieder  einer  Gänsekielspitze  oder  Glasnadel  bedienen.  Das  Prä- 
parat wird  dann  mit  einer  genügenden  Menge  Reagens  für  V2  Stunde  bei- 
seite gestellt,  nachdem  es  vorher  zum  Schutze  vor  Staub  und  Vertrocknung 
mit  einem  Glas  bedeckt  worden  ist.  Dann  wird  ein  Tropfen  Glyzerin  zu- 
gesetzt und  wieder  zugedeckt.  Die  besten  Präparate  werden  unter  Anwen- 
dung von  gefrorenen  Schnitten  frischen  Gewebes  erhalten,  die  man  nach 
dem  zum  Nachweis  des  Kaliums  beschriebenen  Schnittverfahren  darstellt. 
Die  Schnitte  werden  dabei  gefroren  und  flach  in  das  Reagens  gelegt,  wo 
man  sie  eine  halbe  Stunde  liegen  läßt,  dann  werden  sie  auf  einen  Glas- 
objektträger gebracht  und  in  Glyzerin  eingebettet.  Bei  derartigen  Präpa- 
raten  kann   man   das  Vorkommen   der  Chloride   nicht   nur  in  den  Zellen 


Die  Methoden  <l(r  l)i(ilogi8eheii  Mikmclieiiiie.  113.') 

drinnen,  sondern  auch  auf  ihrer  AulJenseite  demonstrieren.  Dieser  l'nistand 
ist  von  hoher  liedeutung-;  setzt  er  uns  doch  in  den  Stand.  r.c/.iehun<ren 
der  Zellen  zu  den  Chloriden  ihrer  Um^chuiif^  zu  erkennen. 

Am  hosten  sind  die  Präparate,  wenn  das  Kea^'ens  .schnell  einp-druniien 
ist  und  wenn  sie  wenigstens  1/2  'Stunde  lang  dem  vollen  Sonnenlichte  aus- 
gesetzt worden  sind.  Bei  Glyzerinpräparaten  kann  die  Farbe  hei  Feridialten 
des  Lichtes  bleiben;  bei  Gegenwart  von  Sonnenlidit  kommt  ab-i-  die  Fär- 
bung bald  wieder  zum  Vorschein.  Bei  der  Darstellung  der  Präparate  soll 
man  sorgfältig  darauf  achten,  daß  das  Pveagens  mit  den  einzelnen  Zellen 
der  Gewebe  so  bald  wie  irgend  möglich  in  I'.eriihrunu-  kommt  und  auch 
die  inneren  Teile  einer  jeden  Zelle  erreichen  kann.  In  (;efrieri)r;i]iaraten  werden 
viele  der  Zellen  radial  geschnitten  und  auf  diese  Weise  wird  das  Reagens 
in  Beridirung  mit  den  Außenseiten  der  Zellen  gebracht.  Aus  diesen)  Grunde 
sind  häufig  die  gefrorenen  Schnittpräparate  außerordentlich  wertvoll.  Durch 
augenblickliche  Niederschlagsbildung  weisen  sie  die  Verteilung  der  Chloride 
im  Zytoplasma  nach.  Solche  Präparate  enthalten  in  der  Kegel  in  reich- 
licher Menge  zerteilte  Kerne,  die  das  sofortige  Eindringen  des  Reagenzes 
in  den  Kerninhalt  ermöglichen. 

Manchmal  verursacht  die  Gegenwart  von  für  das  Reagens  undurch- 
lässigen Hüllen  (Scheiden)  eine  Verzögerung  im  Reaktionsverlauf.  Dies  ist 
besonders  der  Fall  bei  Marknervenfasern,  die  mit  einem  Neurilemm  ver- 
sehen sind,  bei  denen  das  Reagens  hauptsächlich  nur  durch  die  Rtinvicr- 
schen  Knoten  zu  der  Achse  gelangen  kann.  Infolgedessen  erhält  man  dann 
in  den  Achsen  auf  der  Seite  eines  jeden  Knotens  eine  Streifung  —  von  den 
Histologen  als  FromniannschQ  Linien  bezeichnet.  Sie  sind  auf  Veränderung 
der  metastabilen  und  labilen  Bedingungen  der  Silberchloridlösung  zurück- 
zuführen. Bei  dem  metastabilen  Stadium  findet  die  Entwicklung  der  ("ber- 
sättigung  bis  zum  höchsten  Grade  statt;  im  labilen  Zustande  geht  Diffu- 
sion durch  die  Achse  vor  sich,  wobei  eine  Zwischenzone  (zwischen  den  Streifen) 
entsteht.  Wenn  der  entscheidende  Konzentrationspunkt  der  vordringenden 
Lösung  erreicht  ist,  beginnt  die  Fällung.  Sie  hält  an.  bis  die  Lösung  zu 
dem  metastabilen  Zustand  zurückgekehrt  ist.  Auf  diese  Weise  wird  ein 
Streifen  gebildet.  Dieser  Prozeß  wiederholt  sich  häufig  so  lange .  al> 
Diffusion  stattfindet.  Da  aber  die  Silbersalzlösung  immer  mehr  und  mehr 
verdünnt  wird,  so  wird  dann  auch  der  kritische  Konzentrationspunkt  lang- 
samer erreicht  und  auf  diese  Weise  werden  die  zuletzt  gebildeten  streifen 
voneinander  durch  breiter  und  breiter  werdende  Zwischenstreifungen  ge- 
trennt. 1) 

Die  erwähnten  Erscheinungen  werden  auch  bei  anderen  Mrnktur- 
arten  als  bei  Nervenfasen  beobachtet.  Wenn  ein  Stückchen  eines  (ifwebes. 
z.  B.  von  der  Leber,  der  Magenschleimhaut  oder  Muskel  eine  Woche  lang 


»)  Vollständige  f^rkläning  dieses  betreffenden  Phänomens  vgl.  bei  .1.  Ji.  Macallum 
and  T.  L.  Menten,  On  tlie  "distribution  of  cblorides  in  nerve  cell«  and  filires.  Troc. 
Roy.  Soc.  Vol.  77.  181-185  (1906). 


ll'^Q  A.  B.  Macallum. 

in  dem  Reagens  gelegen  hat,  so  wird  man  dann  bei  der  mikroskopischen  Unter- 
suchung ebenfalls  Streifungen  obiger  Art  nachweisen  können.  Man  kann  so  in. 
den  Gangliennervenzellen  Streif ungen  erhalten,  die  ganz  so  wie  die  der 
Achsen  gezeichnet  sind.  In  derartigen  Gewebsstückchen  dringt  das  Reagens 
nur  langsam  ein.  Es  findet  Diffusion  der  Chloride  in  die  Nervenzellen 
statt  und  Zonen,  die  metastabile  und  labile  Zustände  der  Silberchloridlösung 
anzeigen,  werden  gebildet. 

F.  Jod. 

Das  Jod  als  Jodid  findet  sich  in  tierischen  oder  pflanzlichen  Geweben 
nur  in  außerordentlich  geringer  Menge  vor ;  daher  ist  bis  jetzt  auch  noch 
keine  Reaktion  zu  seiner  Demonstrierung  entwickelt  worden.  Als  organische 
Verbindung  kommt  es  dagegen  im  tierischen  und  pflanzUchen  Organismus 
in  solchen  Mengen  vor^),  daß  seine  Gegenwart  makrochemisch  nachge- 
wiesen werden  kann.  Über  seine  Bindung  kann  man  bis  heute,  nur  einige 
einzelne  Fälle  ausgenommen,  noch  nichts  aussagen.  In  der  Skelettkoralle 
von  Gorgonia  Cavolinii  kommt  es  als  Dijodtyrosin  2)  vor.  In  den  Hy- 
drolysenprodukten des  Jodspongins  ist  Tyrosin  aber  nicht  gefunden  wor- 
den. Kach  der  von  Harnack'^)  bestimmten,  fest  gebundenen  Jodmenge 
(8*20<'/o )  kann  man  schUeßen,  daß  es  mit  jeder  der  im  Molekül  vorhandenen 
Aminosäuren,  und  möglicherweise  in  ihren  Alkylgruppen.  verbunden  ist.  In 
dem  Jodothyrin  von  Baumann  kommt  das  Jod  in  sehr  verschiedenen 
Mengen  vor.  In  einigen  dieser  Präparate  finden  sich  mehr  als  907o  dieses 
Halogens.  Es  ist  darin  so  fest  gebunden,  daß  es  nur  durch  Schmelzen  und  Ver- 
aschen mit  Natriumhydrat  und  Natriumnitrat  oder  durch  längeres  Kochen 
mit  konzentrierter  Salzsäure  in  Freiheit  gesetzt  werden  kann.  *) 

Diese  Beobachtungen  machen  es  sehr  wahrscheinUch,  daß  das  Jod 
in  organischen  Verbindungen  lebender  Materie  so  fest  gebunden  ist,  wie  das 
Chlor  in  der  Trichloressigsäure  oder  im  Chloroform.  Es  muß  also  jeden- 
falls jede  für  den  Nachweis  des  Jods  in  jodhaltigen  Verbindungen  der 
Tier-  oder  Pflanzenzellen    anzuwendende  Methode  auf  die  Schwierigkeiten, 


')  Golenkin  (Bull.  Soc.  d'Hist.  naturelle  de  Moscou.  1894.  p.  297)  fand  in  Seealgen, 
in  Bonnemaisonia  asparagoides,  freies  Jod  in  den  Vakuolen  von  eigentümlichen, 
kleinen  Zellen,  welche  die  sprießenden  Keime  und  die  Zystocarpen  dieser  Form  be- 
decken. Dies  läßt  darauf  schließen,  daß  das  Jod  in  den  Zellen  der  Alge  als  ein  Jodid 
auftritt,  das  aus  dem  Seewasser  absorbiert  wird.  Es  ist  auch  noch  zu  bemerken,  daß 
freies  Jod  in  den  Sekreten  gewisser  Coleopteraarten  zu  finden  ist.  (Vgl.  von  Fürth, 
Vergleich. -ehem.  Physiol.  1903.  364.) 

^)  Wheeler  and  Jamieson,  Synthesis  of  jodgorgoic  acid.  Am.  Chem.  Jouru.  33. 
365  (190.Ö).  —  M.  Henze,  Zur  Cliemie  des  Gorgonins  und  der  Jodgorgosäure.  Zeitschrift 
f.  physiol.  Chem.  38.  60  (1903).  —  Derselbe,  Zur  Kenntnis  der  jodbindendeu  Gruppe 
der  natürlich  vorkommenden  Jodeiweißkörper.  51.  64  (1907). 

^)  Erich  Harnack,  Über  das  Jodospongin,  die  jodhaltige  eiweißartige  Substanz 
aus  dem  Badeschwamm.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  24.  412  (1898). 

■*)  F.  Baumann,  Über  das  normale  Vorkommen  von  Jod  im  Tierkörper.  1.  Mit- 
teilung. Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  21.  319  (1896). 


Die  Methoden  der  Iiiologischen  Mikrochemie.  11. '.7 

die  derartige  JJiiulnngsarten  liietcn,  bedacht  sein.  Nach  Justus^)  koiiimcn 
solche  Jodverbiudung-en  übrigens  viel  liiiuti-^cr  und  in  viel  gröljcrcn  Men- 
gen in  den  Körperorganen  vor,  als  vermutet  wurde.  Ks  ist  demnach 
zweifellos  von  Interesse,  zu  ermitteln,  auf  welche  Weise  sie  in  den  (ie- 
weben  mikrochemisch  bestimmt  werden  können.  Mit  dieser  Auf-abe  hat 
sich  bereits  Jastus^)  beschäftigt.  Er  wandte  dabei  folgende  .MetlK.de  ;in  : 
Die  zu  prüfenden  Organe  werden  zunächst  in  Alkohol  jjehärtet  und  dann 
in  Celloidin  eingebettet;  darauf  werden  Schnitte  von  der  Dicke  einiger 
Mikromillimeter  gemacht,  die  man  schlielilich  sorgfältig  zui-  Beseitigung 
aller  Alkoholspuren  mit  Wasser  wäscht.  Nun  werden  die  Schnitte  j  2  Mi- 
nuten lang  in  frisch  bereitetem,  grün  gefärbtem  Chlorwasser  in  einem  ge- 
schlossenen tiefäß  belassen;  dann  mittelst  Platin-  oder  (dasnadeln  in  eine 
verdünnte  Silbernitratlösung  gebracht,  die  \  cm^  einer  l'^/„igen  Sillier- 
nitratlösung  in  500  cm^  Wasser  enthält,  un<l  2 — 3  Stunden  darin  liegen 
gelassen,  wobei  sie  eine  gelbgrüne  Farbe  annehmen.  Es  bildet  sich  dabei 
ein  flockiger,  weißer  Niederschlag  von  Chlorsilber  auf  den  Schnitten,  die 
deshalb  vor  dem  Sonnenlicht  geschützt  werden  müssen.  Die  Schnitte 
werden  nun  mit  W^asser  gewaschen  und  für  2 — 8  Stunden  in  eine 
warme  gesättigte  Lösung  von  Natriunichlorid  gelegt,  in  der  bekanntlich 
das  Chlorsilber,  aber  nicht  das  Jodsilber,  löslich  ist.  Es  wird  jetzt 
also  das  Silberchlorid  extrahiert,  wonach  auf  den  Schnitten  eine  durch 
das  zurückbleibende  Jodsilber  verursachte  Färbung,  die  zwischen  llellg«'lb 
und  Kanariengelb  variiert,  bemerkbar  ist.  Man  wäscht  nun  sorgfältig  mit 
destilliertem  Wasser,  um  das  vorhandene  Kochsalz  vollständig  zu  entfernen 
und  führt  dann  die  Präparate  in  eine  4 — ö^/oige  Quecksilberchloridlösung 
(Mercuriclilorid)  über,  in  der  sich  in  wenigen  Sekunden,  indem  das  Jod- 
silber, AgJ,  in  rotes  Mercurijodid,  IlgJo,  umgesetzt  wird,  die  gelbe  Färbumr 
über  (ielbrot  und  Rosa  in  Zinnoberrot  verwandelt. 

Da  das  Chlor  des  oben  benutzten  Chlorwassers  ein  aktiveres  Element 
darstellt  als  das  Jod,  so  wird  infolgedessen  das  letztere  aus  seiner  Stellunir  ver- 
trieben und  in  Freiheit  gesetzt.  Vermutlich  bildet  das  Jod  mit  einem  Kat- 
ion in  den  Geweben  oder  in  dem  Chlorwasser  ein  Jodid.  Wenn  die  Silber 
nitratlösung,  die  zum  Fi.xieren  dieses  Jods  Itenutzt  wird,  stdir  verdünnt  ist, 
wird  sie  fast  ausschließlich  das  Jod  niederschlagen,  wiihrend  nur  eine  ge- 
ring-fügige Menge  des  Silbers  zur  Bildung  von  Chlorsilber  verbraucht  wird. 
Dies  steht  mit  der  allgemeinen  Kegel  im  Einklang,  daß  Silbernitrat  aus 
einer  Mischung  von  gelösten  Haloiden  die  Salze  der  schwereren  llaloirene 
zuerst  niederschlägt.  Dieser  Umstand  bietet  insofern  einen  Vorteil,  da  ilas 
Silberchlorid  nur  schwer  aus  den  Schnitten  entfernt  werden  kann.  Da  das 
Chlorsilber  im  Licht  reduziert  wird,  und  ila  das  entstehende  Produkt    nur 


')  Justtis,  t)ber  den  physiologisciien  Jodgehalt   der  Zelle.  2.  Mitteilung.  Virchons 
Archiv.  176.  1  (1905). 

=)  Justiis,  Über  den  physiologiscbcMi  Judgcbalt    Avt  ZoHo.    Virchoirs  Archiv.    \~,{) 

.001  (.1902). 

Abderhalden  .  Handbiuh    der   biochemischon  Arboitsmethodon.  V.  72 


W^Q  A.  B.  Macallum. 

schwer  beseitigt  werden  kann,  so  ist  es  folglich  um  so  besser,  je  weniger 
am  Anfang  gebildet  wird. 

Die  Schnitte  werden  nun  in  konzentriertes,  chemisch  reines  Glyzerin 
eingelegt.  Zum  Einbetten  kann  man  nicht  eins  der  gewöhnlichen  anderen 
jNIittel  gebrauchen,  denn  die  in  diesen  Fällen  erforderlichen  Klärungs- 
flüssigkeiten, wie  ätherische  Öle,  Zedernöl,  Nelkenöl  und  selbst  Balsam, 
reduzieren  die  Quecksilberjodidverbindungen.  Alkohol  und  Xylol  sind  eben- 
falls nicht  geeignet.  Sogar  in  Glyzerin  verändern  die  Präparate  bereits 
nach  höchstens  24  Stunden  ihre  Farbe. 

Die,  wie  beschrieben,  eingebetteten  Schnitte  können  nun  unter 
dem  Mikroskop  mit  einem  Ähbescheii  Kondensator  geprüft  werden,  indem 
das  Diaphragma  weit  aufgemacht  wird.  Das  vorhandene  Mercurijodid  wird 
auf  diese  Weise  als  rote  Verbindung  nachgewiesen. 

Daß  die  für  diese  Präparate  zu  gebrauchenden  Reagenzien  absolut 
frei  von  Jod  sein  müssen,  dürfte  hier  wohl  nicht  erst  hervorzuheben  sein. 

Verfasser  besitzt  auf  dem  Gebiete  der  beschriebenen  Methode  eine 
nur  sehr  beschränkte  Erfahrung,  und  er  kann  folglich  auch  nicht  über  den 
Wert  dieses  Verfahrens  ein  entscheidendes  Urteil  fällen.  Von  theoretischem 
Gesichtspunkte  aus  könnte  es  in  zweifacher  Hinsicht  kritisiert  werden.  Zu- 
nächst fragt  es  sich,  ob  es  genügt,  das  Präparat  nur  1 — 2  Minuten  dem 
Chlorwasser  auszusetzen,  um  eine  solche  Menge  Jod  aus  den  maskierten 
Verbindungen  frei  zu  machen,  daß  es  dann  wirklich  nachgewiesen  werden 
kann.  Auf  Grund  dieses  Bedenkens  hat  Macallum  auch  bei  dem  Gebrauch 
dieser  Methode  die  fragliche  Zeit  zur  Einwirkung  des  Chlorwassers  auf 
10  Minuten  ausgedehnt.  Allerdings  wird  dadurch  der  zweite  vorzubringende 
Einwand  nur  noch  verstärkt.  Dieser  beruht  nämlich  darauf,  daß  das  frei 
gemachte  Jod,  das  in  Form  von  Jodid  vorhanden  ist,  von  der  Stelle,  wo 
es  in  Freiheit  gesetzt  wird ,  an  einen  anderen  Ort  des  Präparates  und 
selbst  in  das  Chlorwasser  diffundieren  muß.  Es  kann  also  demnach  die 
unter  dem  Mikroskop  beobachtete  Verteilung  des  roten  Quecksilberjodids 
in  einem  Gewebsschnitt  nicht  als  sicheres  Merkmal  für  die  wirkliche  ur- 
sprüngliche Verteilung  des  Jods  in  derartigen  Geweben  gelten. 

Trotz  dieser  Einwände  muß  man  die  Methode  von  Justus  zum  mikro- 
chemischen Nachweis  der  Lokalisation  des  organischen  Jods  in  Geweben 
gebrauchen,  denn  es  ist  bis  heute  noch  keine  bessere  zu  diesem  Zwecke 
bekannt.  Die  damit  erhaltenen  Resultate  dürfen  aber  jedenfalls  nur  mit 
Vorbehalt  unter  Berücksichtigung  der  oben  ausgeführten  Einwendungen 
verwertet  werden. 

G.  Phosphor  in  Phosphorsäure  und  in  Nucleinverbindungen. 

Phosphor  findet  sich  in  Tier-  und  Pflanzenzellen  in  anorganischer  Form 
in  Phosphaten  und  in  „maskierter"  oder  organischer  Form  in  den  Phos- 
phatiden, Phosphorproteinen,  Nucleinsäuren  (Nucleoproteiden).  Über  die  Art, 
in  der  Phosphor  in  Phosphorproteinen,  im  Vitellin,  Kristallin  und  Caseino- 


Die  Methoden  der  biologischen  Mikrochemie.  11H9 

gen  gebunden  ist,  können  wir  noch  nichts  aussa<ren.  Wir  wissen  aber, 
daß  er  im  Lecithin,  in  der  Xucleinsäure  in  l"(.nii  der  Kster  der  I'hos- 
phorsäure  vorkommt.  Nach  den  Untersudiungen  von  Lerem  mu\  Mumlel^). 
Levene  und  Jacobs  -)  und  anderen  kann  für  die  Zusammensetzung;  <ler  ein- 
fachsten Xucleinsäuren,  z.  P».  der  Inosin-  und  (luanylsäure.  folgendes  Schema 
angenommen  werden : 

HO. 
0=  \P  — Zucker-rurin. 

I 
OH 

In  den  komplizierteren  Xucleinsäuren,  z.B.  in  der  Hefcnucleinsäure. 
ist  eine  Verkettung  mehrerer  Moleküle  des  einfachen  Esters,  wie  folgt,  an- 
zunehmen: 

.OH 
0=P<(  —  Zucker-Adenin 

0=P<(  —  Zucker-Guanin 

0=P<  —  Zucker-Cvtidin 

0=P<^  —  Zucker-Uridin. 
\0H 

Cytidin  und  Uridin  sind  Verbindungen  von  noch  unbekannter  Kon- 
stitution. Wir  wissen  aber,  daß  sie  bei  der  Hydrolyse  mit  Säuren  Cytosin 
und  Uracil  liefern  (Levene  und  Jacohs). 

Es  ist  noch  nicht  bestimmt,  wie  das  Proteinniolekid  im  Nucleoproteid 
mit  dem  Phosphorsäureestcr  verl)unden  ist.  Man  weil»  nur.  daLi  es  lose 
gebunden  ist,  was  schon  aus  der  Leichtigkeit,  mit  der  es  bei  der 
peptischen  und  pankreatischen  Verdauung  gespalten  wii-d,  hervorgeht.  Aus 
diesem  Grunde  sollte  das  Proteinmolekül  bei  der  rntersuchung  auf  Phos- 
phorsäure in  der  Praxis  keine  Schwierigkeiten  bieten. 

Die  betreffenden  Bestimmungen  sind  aber  doch  mit  gewissen  Schwierig- 
keiten verknüpft,  die  in  der  Konstitution  des  Esters  bedingt  sind.  In 
diesem  sind  die  Eigenschaften  der  Phosphorsäure-Atomgruppe  durch  Kräfte 
modifiziert,  die  gewöhnlich  auf  sogenannte  „sterische  Ilindi-rnisse"  zurück- 
geführt werden.  Die  erwähnte  Atomgruppe  gibt  nicht  die  Ueaktionen  der 
Phosphorsäure.  Sie  ist  in  Säuren  unlöslich  und  bildet  mit  löslichen  .\lkalien 
oder  mit  löslichen  Baryum-  und  Calciumsalzen  keine  Phosi)hate.  ausge- 
nommen nur  nach  mehr  oder  wenigi'r  lang(hiuernder  P.ehandluugsweise. 
Ferner  gibt  sie  auch  die  Ammoniuinmolybdatreaktion  nur  schwer. 


*)  P.  A.  Levene  und  Mandel,  Über  die  Konstitution  der  Tiiymo-Nucleinsäiiri'.  licr. 
d.  Deutsch,  chom.  Gesellsch.  41.  190;')  (1908). 

'^)  P.  A.  Levene  und  W.  A.  Jacohs,  Ber.  d.  Deutsch,  ehem.  OsoUsch.  41.  2703 
(190S):  42.  1198.  2102,  2469,  2474  und  2703  (1909);  Über  die  Hefo-Nucloins:iure.  III. 
43.  3150  (1910). 

72* 


W^Q  A.  B.  Macallum. 

Die  Phosphorsäure  wird  indessen  aus  dem  Ester  durch  Erwärmen  der 
Nukleinsäure  oder  der  Xukleoproteide  mittelst  Barytwassers  oder  mit  Na- 
triumhydrat- oder  Kaliumhydratlösungen  in  Freiheit  gesetzt.  Die  Säure  ver- 
bindet sich  dabei  mit  der  freimachenden  Base  zu  Phosphat.  Nach  Oshome 
und  Harris^)  wird  aus  der  Triticonukleinsäure  durch  2°/oig'e  Schwefelsäure 
in  einer  halben  Stunde  22"8''/o  ihrer  gesamten  Phosphormenge  als  Phos- 
phorsäure frei  gemacht.  Schmiedeberg  ^)  fand,  daß  die  aus  den  Köpfen  der 
Spermatozoen  des  Lachsen  isolierte  Nukleinsäure  bei  halbstündigem  Erhitzen 
mit  50/oiger  Salzsäure  ll-43"/o  und  möglicherweise  19'9Vo  des  Phosphors  als 
Phosphorsäure  freigemacht  wird.  Scott  ^)  äußerte  sich  später  dahin,  daß  diese 
Angaben  nicht  zurecht  beständen.  Er  meinte,  daß  ]\Iineralsäuren,  z.  B.  Sal- 
peter- und  Salzsäure,  den  Phosphor  auf  die  angegebene  Weise  nicht  aus 
den  Nukleoproteiden  frei  machen.  Seine  Ausführungen  haben  sich  aber  nicht 
als  zutreffend  erwiesen.  Auch  A.  B.  Macallum^)  konnte  zeigen,  daß  aus 
Hefenukleinsäure  oder  aus  Hammarstens  Pankreasnukleoproteid  durch  die 
Einwirkung  von  oO^oigei"  Salpetersäure  bei  oö"  bereits  Phosphorsäure  erhalten 
wird,  und  daß  die  Menge  der  letzteren  nach  2  Tagen  noch  bedeutend  ver- 
mehrt ist.  Dasselbe  Ergebnis  wurde  auch  von  Ncismifh  und  Fidlm^'")  mit 
den  Nukleoproteiden  der  Hoden  des  Ochsen  erhalten.  Diese  Resultate  stehen 
übrigens  im  Einklang  mit  der  nach  den  Untersuchungen  von  Levene  und 
Jacob  anzunehmenden  Konstitution  der  Nukleinsäuren.  Diese  Autoren  ließen 
verdünnte  Schwefelsäure  in  Konzentrationen  von  2 — 5%  auf  verschiedene 
Nukleinsäuren  einwirken,  um  die  Zuckerpurinverbindung  aus  dem  Molekül 
zu  lösen.  Dabei  wurde  die  Phosphorsäure  als  solche  frei  gemacht.  Die  Tem- 
peratur betrug  dabei  entweder  12b°  C  oder  150^'  C  während  einer  Ein- 
wirkungsdauer von  4 — 8  Stunden  oder  auch  nur  50°  C,  aber  dann  während 
2 — 3  Tagen.  Sie  konnten  dabei  bestimmt  feststellen,  daß  Mineralsäuren  aus 
der  Hefenukleinsäure  Purin-  und  Pyrimidinverbindungen,  d-Piibose  und 
Phosphorsäure  in  Freiheit  setzen,  und  daß  selbst  ganz  verdünnte  Lösungen 
dieser  Säuren  praktisch  zu  demselben  Resultat  führen.«}  Es  ist  daher  an- 
zunehmen, daß,  wenn  verdünnte  Lösungen  der  Mineralsäuren  bei  50"  C  und 
darüber  Phosphorsäure  freimachen,  dasselbe  auch  durch  stärkere  Lösungen 
von  Salpetersäure  von  35"  C  bei  mehrtägiger  Einwirkung  auf  Nukleine  und 
Nukleinsäuren  geschieht. 


*)  T.  B.  Oshome  und  ./.  F.  Harris,  Die  Nukleinsäure  des  ^^'eizenembryos.  Zeit- 
schrift f.  physiol.  Chem.  36.  85  (1902). 

-)  Schmiedeberg ,  Über  die  Nukleinsäure  der  Lachsmilch.  Archiv  f.  exp.  Pathol. 
und  Pharmakogn.  43.  57  (1899). 

*)  F.  H.  Scott,  On  methods  supposed  to  localize  phosphorus  in  cells.  Jouru.  of 
Physiolog.  35.  119  (1907). 

*)  A.  B.  Macallum,  The  action  of  nitric  acid  on  the  phosphorus  of  uucleoproteids 
and  paranucleoproteids.  Proc.  Soc.  Experim.  Biolog.  and  Med.  4.  70  (1907). 

'")  G.  Nasmith  and  E.  Fidlar,  A  criticism  of  the  nitro  molybdate  method  for  the 
detectioü  of  phosphorus  in  tissues.  Journ.  of  Physiolog.  37.  278  (1908). 

^)  P.  Ä.  Levene  und  W.  A.  Jacobs,  Über  die  Hefe-Xukleinsäurc.  III.  Bericht  d. 
Deutsch,  chem.  Gesellschaft.  43.  3150  (1910). 


Die  Methoden  tlcr  biologiscliPii  Mikrorliomio.  1141 


Ganz  anders  als  den  erwähnten  Substanzen  j-o^^enüher  verliält  sich 
nun  die  Salpetersäure  zum  Caseino^^en.  A.  B.  M(frallum')  fand,  daß  eine 
Salpetersäure  vom  spez.  Gew.  1-2  (HNO3  -  320/0)  Ihm  :',5o  C  selbst  nach 
zweiwöchentlicher  Einwirkunii-  nicht  die  geringste  Menge  Phosphor  als  Phos- 
phorsäure freimacht,  und  daß  nach  2  Monaten  nur  winzig  kleine  Spuren 
der  letzteren  nachzuweisen  sind.  Daraus  geht  also  zweifellos  hervor,  dal) 
zwischen  der  Art  der  Phosphorliindung  in  Nukleinverhindungen  und  andrer- 
seits derjenigen  in  den  Phosphorproteiden  ein  wesentlicher  l'nterschied 
besteht. 

Nach  dem  oben  Gesagten  ist  es  klar,  dal»  das  Pieagens,  das  /um 
raakrochemischen  Nachweis  der  Phosphorsäure  zu  benutzen  ist.  .nicli  unter 
gewissen  Bedingungen  bei  der  mikrochemischen  Untersuchung  die  Pho.s- 
phorsäure  aus  den  betreffenden  Nukleinverhindungen  frei  macht  und 
demonstriert.  Das  Reagens,  das  für  diesen  Zweck  gebraucht  wird, 
ist  das  Salpetersäuremolybdat  von  Fresenius.  Es  wird  so  dargestellt, 
daß  genau  1  Teil  reiner  Molybdänsäure  (MqOj)  in  4  Teilen  starken  Am- 
moniaks (spez.  Gew.  0'88)  gelöst  wird,  und  daß  dann  langsam  lö  Teile 
Salpetersäure  vom  spez.  Gew.  1-2  hhizugesetzt  werden.  Diese  Lösung  zeigt 
eine  hellgelbe  Färbung  und  liefert  bei  eintägigem  Stehen  einen  geiing- 
fügigen  Satz,  von  dem  die  klare  Flüssigkeit  abgegossen  wird.  Man  be- 
wahrt sie  in  einer  mit  Glasstopfen  verschlossenen  Flasche  auf. 

Das  erwähnte  Reagens  soll,  wenn  es  in  reichlicher  Menge  zu  einer 
Zwanzigstelnonnallösung  eines  Phosphates  gefügt  wiixl,  sofort  einen  Nieiler- 
schlag  von  Ammoniumphosphormolybdat  erzeugen.  Wenn  sich  dagegen  der 
Niederschlag  bei  Zimmertemperatur  erst  nach  einiger  Zeit  bildet,  ist 
das  Reagens  für  unsere  Zwecke  nicht  gebrauchsfähig,  denn  eine  \'er- 
zögerung  in  der  Bildung  der  Fällung  kann  Diffusion  und  Wiederverteilung 
der  Phosphorsäure  nach  sich  ziehen. 

Der  bei  dieser  Reaktion  gebildete  Niederschlag  besteht  aus  Am- 
moniumphosphormolybdat, welches,  wenn  das  vorhandene  Phosphat  reich- 
lich und  frei  von  Proteinen  vorhanden  ist,  in  Form  von  oktaedrischen 
Kristallen  auftritt,  das  aber  andrerseits,  wenn  eine  Mi-schung  von  Pliosplior- 
säure  oder  Phosphaten  mit  Eiweißlösungen  vorliegt,  einen  mehr  odei- 
weniger  amorphen  Charakter,  der  durch  die  Gegenwart  des  Eiweißes  be- 
dingt wird,  zeigt.  In  dem  letzteren  Falle  kann  nian  nur  nach  mehrmaligem 
Wiederlösen  des  amorphen  Produktes  in  Ammoniak'  und  Fällen  mit  Sal- 
petersäure die  charakteristischen  Kristalle  erhalten. 

Die  gelbe  Färbung  des  Niederschlages  genügt  bereits,  um  seine  Gegen- 
wart in  dem  Reagensglas  odei-  in  einem  Schnitte  zu  erkennen,  falls  die 
Phosphorsäure  in  beträchtlicher  Menge  vorhanden  ist.  Wenn  sie  aber  in 
Lösungen  oder  in  einem  Gewebe  oder  Zellelement  nur  in  sehr  geringfügigen 
Mengen  auftritt,  kann  die  gelbe  Farbe  allein  nicht  ausreichend  sein,  um 
eine  deutliche  Unterscheidung  zwischen  der  Phosphorsäiirereaktion  und  der 


')  Ä.  B.  Macallum,  loc.  cit. 


1142  A.  B.  Mac  all  um. 

gelben  Xanthoproteinreaktion  zu  gestatten,  die  in  Geweben  durch  Ein- 
wirkung der  Salpetersäure  des  Reagenzes  stattfindet. 

Im  Reagensglas  ist  der  Grad  der  Empfindlichkeit  derart,  daß  man 
noch  einen  erkennbaren  Niederschlag  in  einer  Lösung  erhält,  in  der  1  Teil 
P2O5  in  40.000  Teilen  vorhanden  ist.  Der  Empfindlichkeitsgrad  kann 
unter  Zuhilfenahme  einer  additioneilen  Reaktion  bedeutend  erhöht 
werden.  Das  dabei  zu  gebrauchende  Reagens  ist  das  Phenylhydrazinhydro- 
chlorid.  Die  Reaktion  beruht  auf  der  Eigenschaft  dieser  Substanz,  die 
Molybdänsäure  in  ^'erbindung  mit  der  Phosphorsäure,  der  Phosphormolyb- 
datsverbindung,  in  Gegenwart  von  Salpetersäure  zu  dem  blauen  Oxyd  des 
Molybdäns  zu  reduzieren.  Wird  eine  1  — 2"/oi8'e  Lösung  des  Phcnylhydrazin- 
hydrochlorids  im  Reagensglas  zu  einer  Mischung  des  salpetersauren  Molyb- 
dänreagenzes und  eines  Phosphates  gefügt,  so  findet  augenblickUch  Re- 
duktion der  Molybdänsäure  zu  dem  blauen  Oxyd  statt,  das,  mit  dem  Gelb 
des  Niederschlages  zunächst  dunkelgrün  erscheint,  aber  nach  einigen  Se- 
kunden deutlich  blau  wird.  Für  diese  Reaktion  ist  nicht  erforderhch,  daß  das 
Phosphormolybdat  in  Niederschlagsform  vorliegt.  Sind  nur  Spuren  von 
Phosphorsäure  vorhanden,  die  nicht  zu  einer  Niederschlagsbildung  genügen, 
so  erhält  man  auf  Zusatz  weniger  Tropfen  der  Phenylhydrazinlösung  sofort 
eine  deutliche  grüne  Färbung.  Diese  Reaktion  ist  so  empfindhch,  daß  sie 
noch  1  TeilP.205  in  i;-35.000  Teilen  Wasser,  das  mit  salpetersaurem  Molyb- 
datreagens,  und  zwar  mit  der  vierfachen  Menge  seines  Volumens  gemischt 
ist,  anzeigt,  daß  sie  also  1  Teil  in  über  675.000  Teilen  der  Mischung, 
oder  auf  Phosphor  bezogen,  1  Teil  P  in  o,000.000  Teilen  der  Lösung  nach- 
weist. Unter  dem  Mikroskop  ist  die  Reaktion  auch  bei  weitem  empfind- 
licher. Diese  große  Empfindlichkeit  ist  hauptsächhch  auf  den  Umstand 
zurückzuführen,  daß  in  der  Ammoniumphosphormolybdänverbindung  18  bis 
24  Moleküle  M0O3  auf  je  ein  Molekül  P2O5  entfallen.  So  sind  also  bei 
Vorhandensein  von  nur  1  Molekül  P2O5  bereits  18 — 24  Moleküle  M0O3 
gegenwärtig,  die  der  reduzierenden  Wirkung  des  Phenylhydrazins  aus- 
gesetzt werden.  Wie  sich  das  Phosphorpentoxyd  dabei  verhält,  kann  noch 
nicht  erklärt  werden. 

Das  Phenylhydrazin  wirkt  in  der  erwähnten  Weise  auf  das  salpeter- 
saure Molybdat  allein  nicht  ein,  so  lange  es  dem  letzteren  auch  ausgesetzt 
werden  mag.  Das  Phenylhydrazin  wird  allerdings  durch  die  Salpetersäure 
unter  Bildung  von  rötlichen  oder  violettgefärbten  Verbindungen  oxydiert, 
diese  sind  aber  keineswegs  mit  der  Farbe,  die  durch  Reduktion  der  Molyb- 
dänsäure entsteht,  zu  verwechseln.  Wird  der  Molybdänsäure  Alkohol  in  ge- 
wisser Konzentration  zugefügt,  so  entsteht  auf  Zusatz  des  Phenylhydra- 
zins eine  grünlichblaue  oder  blaue  Färbung.  Zugabe  von  Kaliumhydrat- 
und  von  Natriumhydratlösungen  verursachen  einen  ähnlichen  Effekt.  Die 
blaue  Farbe  der  Alkoholmischung  verblaßt  für  gewöhnlich  innerhalb 
24  Stunden.  Sie  scheint  auf  der  Bildung  einer  aromatischen  Verbindung 
zu  beruhen  und  nicht  etwa  direkt  auf  einer  Veränderung  der  Molybdän- 
säure. 


Die  Methoden  der  biologischen  Mikrochemie.  11 -iü 

Bei  Vorhandensein  von  (Uohulinen  und  Alhinninen  verursacht  das 
Phenylhydrazin,  in  Gegenwart  von  Pliosphorsäiire  und  Phosphaten,  keine 
Keduktion  des  Salpetersäuremolybdatreagenzes. 

A.  B.  Macallum^)  hat  mit  Lösungen  von  Eialbuniiu  und  Kiglohulin, 
die  mittelst  wiederholten,  mindestens  achtmaligen  Fidlungen  dei-  Lösungen 
der  Proteine  des  Weißes  vom  Ei  durch  Sättigen  mit  reinem  Ammonium- 
sulfat gewonnen  worden  waren,  mit  dem  Salpetersäuremolyhdatreagens  und 
Phenylhydrazin  keine  Reaktion  erhalten.  Selbst  nach  einwöchentlicher  Ein- 
wirkung des  Salpetersäuremolybdats  bei  35"  auf  reines  Eialbuniiu  und  Ei- 
globuhn  ruft  das  Phenylhydrazin  keine  Reduktion  der  Molybdiiusäurc  hervor. 
Es  ist  daher  anzunehmen,  daß  reine  Proteine  die  fragliche  IJeaktion  auf 
Phosphorsäure  nicht  beeinflussen. 

Gewebe  und  Zellen,  die  in  Alkohol  gehärtet  wurden,  halten  selbst 
nach  tüchtigem  Auswaschen  mit  Wasser,  leicht  noch  Spuren  von  Alkohol 
zurück,  und  zwar  besonders  nahe  der  Ränder  der  Präparate.  Infolgedessen 
liefern  die  Schnitte  der  letzteren  häufig,  nachdem  sie  mehrere  Tage  lang 
mit  dem  Salpetersäuremolyhdatreagens  behandelt  worden  sind  und  dann 
mit  einer  Phenylhydrazinlösung  versetzt  werden,  eine  blaue  Reaktion  längs 
der  Ränder,  wo  naturgemäß  der  Alkohol  zuerst  in  das  Gewebe  eingedrungen 
ist.  Durch  dieses  Zurückhalten  von  etwas  Alkohol  erwächst  also  der  Eutcr- 
suchung  des  mit  Alkohol  gehärteten  Gewebes  in  bezug  auf  die  fragliche 
Reaktion  zweifellos  ein  Nachteil. 

Die  besten  Resultate,  auf  die  man  sich  ohne  weiteres  verlassen  kann, 
werden  an  frischen  Geweben  und  Zellen,  und  zwar  in  einer  für  das  be- 
treffende L^ntersuchungsobjekt  jeweils  angepaßten  Weise  erhalteu.  Wenn  es 
sich  nur  darum  handelt,  den  anorganischen  Phosphor,  das  ist  die  Phos- 
phorsäure der  Phosphate,  zu  bestimmen,  so  gebraucht  mau  eine  Methode, 
die  etwas  verschieden  ist  von  der,  welche  zum  örtlichen  Nachweis  vom 
Phosphor  der  Phosphorsäureester,  wie  in  der  Nukleinsäure  und  im  Lecithin, 
benutzt  wird. 

Im  ersteren  Falle  wird  das  Material  möge  es  unizellular  oder  in  l'orm 
gefrorener  Schnitte  frischen  Gewebes  vorliegen,  in  das  Salpetersäurcmolyb- 
datreagens,  dem  eben  vorher  etwas  einer 'i^/oigen  PhenylhydrazinhydrochJDrid- 
lösung  zugesetzt  wurde,  gelegt.  Es  genügt,  wenn  man  1  rm'''  der  Phenylhydra- 
zinlösung zu  je  5  cm^  des  Reagenzes  bringt.  Auf  diese  Weise  werden  die 
Phosphate  bereits  nach  wenigen  Sekunden  erkenntlich  gemacht.  Das  Phenyl- 
hydrazin reduziert  auf  einmal  alle  Molybdänsäure  im  Keagens.  das  sich  in 
Kontakt  mit  der  Phosphorsäure  befindet  und,  da  das  blaue  Molybdänoxyd 
unlöslich  ist,  so  kann  sein  Vorkommen  in  einem  Schnitte  über  die  Ver- 
teilung der  Phosphorsäure  ohne  weiteres  unterrichten.  Nach  \'erlauf  weniger 
Minuten,  nach  denen  sich  bereits  das  Maximum  der  lleaktion  entwickelt 
hat,  werden  die  Schnitte   in  Wasser  gewaschen,    dann    auf  einen  Ubjekt- 


*)  über  die  Art  und  Weise,  in  der  die  wiederholte  FälluiiiLr  vorgeuoinraen  werden 
kann,  vgl.  Macallum,  Proc.  Roy.  Soc.  B.  76  (1.  c).  224— 22r)  (1905). 


2;[44  ^-  ^-  Macallum. 

träger  gebracht  und  in  Glyzerin  eingebettet.  Wenn  es  sich  dagegen  um 
unizellulare  Gebilde  handelt,  so  benutzt  man  zu  ihrer  Abtrennung  eine 
einfache  Zentrifuge.  Durch  wiederholtes  Zentrifugieren  einer  Suspension  in 
destilliertem  Wasser  werden  die  Zellen  dann  von  dem  Salpetersäuremolybdat- 
reagens  befreit.  Nun  werden  sie  mittelst  einer  Pipette  auf  einen  Objekt- 
träger gebracht  und  hier  in  Glyzerin  eingebettet.  Derartige  Präparate 
sind  nicht  sehr  lange  haltbar,  nicht  länger  als  wenige  Wochen.  Sie  sind 
aber  andrerseits  sehr  wertvoll,  da  sie  in  sehr  empfindlicher  Weise  und 
sehr  deutlich  die  Verteilung  der  Phosphorsäure  zeigen. 

Für  den  Nachweis  des  Phosphors  der  Phosphorsäureester  kann  die 
beschriebene  Methode  unter  Berücksichtigung  einer  gewissen  Modifikation 
gebraucht  werden.  Dabei  kommt  es  zunächst  darauf  an,  daß  alle  Spuren 
der  Phosphate  entfernt  werden.  Da  Ammoniumphosphormolybdat  in  Am- 
moniak sehr  leicht  löslich  ist,  so  ist  das  zu  prüfende  und  bereits  einige 
Minuten  lang  mit  Salpetersäuremolybdat  behandelte  Material  frei  an  an- 
organischem Phosphor,  nachdem  es  wiederholt  mit  einer  lO^oigen  Am- 
moniaklösung extrahiert  v^orden  ist.  Nun  werden  die  Präparate,  möge  es 
sich  um  einzellige  Organismen  oder  um  gefrorene  Schnitte  von  frischen 
Geweben  oder  Organen  handeln,  in  eine  neue  Portion  des  Salpetersäure- 
molybdatreagenzes  in  eine  absolut  reine  Glasstopfenflasche  gebracht,  die 
in  einem  Wärmeschrank  bei  35"  C  für  1 — 4  oder  5  Tage  aufbewahrt  wird. 
Darauf  werden  die  Präparate  in  destilliertem  Wasser  gewaschen  und, 
nachdem  sie  3  oder  4  Minuten  lang  mit  einer  2Voigen  Phenylhydrazin- 
hydrochloridlösung  behandelt  worden  sind,  auf  einen  Objektträger  gebracht 
und  in  Glyzerin  eingebettet.  Die  Schnitte  der  alkoholgehärteteu  Gewebe 
werden,  nachdem  sie  mit  Phenylhydrazin  behandelt  sind,  gäuzUch  in  Wasser 
gewaschen,  mit  Alkohol  entwässert,  in  Zedernöl  oder  in  Xylol  geklärt  und 
schließhch  in  Balsam  eingebettet. 

Die  Gegenwart  von  Lecithin  in  derartigen  Gewebspräparaten  verur- 
sacht eine  Komplikation.  Obgleich  das  Lecithin  auf  Grund  seiner  Unlös- 
Uchkeit  und  demnach  seiner  Impermeabilität  für  das  Reagens  nicht  leicht 
von  der  Salzsäure  des  Pieagens  angegriffen  wird,  so  gibt  es  doch  nach  einer 
gewissen  Zeit  etwas  von  seinem  Phosphor  als  Phosphorsäure  ab,  wodurch 
zu  Mißverständnissen  in  bezug  auf  Bestimmung  der  Phosphorsäure,  die 
auch  aus  Nukleinsäuren  und  Nukleoproteiden  stammt,  Veranlassung  ge- 
geben ist.  Man  darf  jedenfalls  solche  Präparate  allein  nicht  für  stichhaltig 
ansehen.  Man  muß  sich  vielmehr  noch  einer  anderen,  und  zwar  der  fol- 
genden Methode  bedienen :  Gefrorene  Schnitte  von  fiischem  Gewebe  werden 
vier  oder  fünf  Stunden  lang  in  absolutem  Alkohol  belassen,  dann  dieselbe 
Zeitdauer  in  Äther,  worauf  sie  zum  allergrößten  Teile,  wenn  nicht  voll- 
ständig, vom  Lecithin  befreit  sind.  Nun  werden  sie  für  1 — 3  Tage  lang 
bei  35"  C  in  das  Salpetersäuremolybdatreagens  gelegt,  darnach  mit  der 
2*'/oigen  Phenylhydrazinlösung  behandelt,  in  Wasser  gewaschen,  in  Alkohol 
entwässert,  in  Xylol  oder  in  Zedernöl  geklärt  und  endlich  in  Balsam  ein- 
gebettet. 


Die  Methoden  der  l)ioloLnscheii  Mikrochemie.  1140 

In  solchen  Präparaten  wird  die  durch  das  Jloat^ons  freigcniachti- 
Phosphorsälire  durch  eine  blaue  oder  hlauj^rüne  Färhunt»-  von  reduziertem 
M0O3  angedeutet.  Es  ist  hierbei  allerdings  noch  eine  Jiemerkmig  einzu- 
fügen. Nicht  selten  geben  nämlich  die  Fibrillen  von  Collagengewebe  nach 
erwähnter  Behandlungsweise  ebenfalls  eine  blaue  Reaktion,  während  jedoch 
die  Collagenfasern  nach  Benshi/s^)  Annahme  keine  Phosphate  enthalten.  2) 
Benslptj  machte  deshalb  auch  darauf  aufmerksam,  dal'i  die  Üehandlung  mit 
dem  Salpetersäuremolybdatreagens  und  dai-auf  folgende)-  Einwirkung  des 
Phenylhvdrazinhydrochlorids  durchaus  nicht  als  zuverlässige  Methode  zum 
Nachweis  von  „maskiertem"  Phosphor  in  Geweben  angesehen  werden 
könne.  Wir  geben  wohl  zu,  daß  die  fragliche  Methode  nicht  fehlerlos  ist, 
und  daß  sie  mit  gewisser  Voi'sicht  gebraucht  werden  muß :  .andrerseits 
sind  wir  aber  nach  unseren  heutigen  Kenntnissen  über  diesen  Puidvt  be- 
rechtigt, die  Annahme  von  Btnsleij,  daß  Zytoplasma  und  Collagengefüge 
frei  von  anorganischen  und  organischen  l*hosphorverbindungeu  seien,  kaum 
als  begründet  ansprechen  zu  können.  Es  mag  ferner  bemerkt  werden,  daß 
M0O3  durch  die  Gegenwart  von  Phosphorsäureester  so  beeinflulit  werden 
kann,  daß  Phenylhydrazinlösungen  es  reduzieren,  und  daß  infolgedessen, 
wenn  eine  kolloidale  Lösung  von  M0O3  auf  einen  Gewebsschnitt  einwirkt, 
und  wenn  nach  Reduktion  mit  dem  Phenylhydrazin  eine  blaue  Färbung  im 
Präparate  auftritt,  dadurch  kein  Beweis  für  die  l/nzuverlässigkeit  derSalpeter- 
säuremolybdatmethode  als  Probe  auf  organischen  Phosphor  gegeben  ist. 

H.  Schwefelsäure  als  Sulfate. 

Der  Nachweis  von  Schwefelsäure,  die  in  Form  von  Sulfaten  in  (Je- 
Aveben  vorhanden  ist,  kann  z.  P.  im  Falle  von  Ausscheidungen  von  Sulfaten 
in  der  Niere  oder  bei  der  Absorption  von  Sulfaten  im  Darm  vorzunehmen 


^)  über  Erwägungen  und  Kritik  der  Bensley^chün  Ansichten  vgl.  ,-i.  D.  MaraUiini, 
Ergebnisse  der  Physiologie.  Die  Methoden  und  Ergebnisse  der  Mikrochonn'e  in  der 
biologischen  Forschung.  7.  637—644  (1908). 

2)  Bensley  versichert,  daß  durchaus  kein  Grund  vorliegt,  anzunehmen,  daß  Collagen- 
fasern  Phosphate  enthalten.  Daraufhin  möchten  wir  jedoch  fragen,  ob  auch  nur  irgend 
ein  stichhaltiger  Grund  diese  Annahme  zu  stützen  vermag.  Im  Gegenteil!  ^/(\(7/r/(7/ (Ha- 
bilitationsschrift, Leipzig  1892)  nimmt  an,  daß  die  Retikularstruktur  des  drüsenartigen 
Gewebes  in  Lymphdrüsen,  Magenschleimhaut,  Leber,  Milz  und  Niere  aus  Collagen  und 
einer  von  ihm  Retikulin  benannten  Substanz  besteht,  die  O'-'M^/o  Phosphor  enthalt.  Tehb 
behauptet  dagegen,  daß  das  Retikulin  von  Siegfried  in  ^Virkllchk('it  nur  ein  künstliches 
Derivat  des  Collagens  darstellt,  und  daß  der  gefundene  Phosphor  nur  auf  das  ange- 
wandte Darstellungsverfahren  zurückzufüiiren  ist.  Siegfried  (Journ.  of  Pliy^inl.  28.  319) 
bleibt  jedoch  trotzdem  bei  seiner  Annahme  bestehen.  Morochowet:  (Vorhandlungen  des 
naturhistorisch-mediz.  Vereins  Heidelberg.  Bd.  1)  fand,  daß  das  Cornealgewobe  20-4«/o 
Leimsubstanz  und  1 7(,  Asche  enthält.  Gelatine,  die  bekanntlich  eine  leinuutige  Substanz 
ist,  weist  immer  anorganische  Salze  und  unter  diesen  auch  Phosphate  auf.  Wenn  auch 
bisher  noch  keine  sorgfältigen  und  eingehenden  Untersuchungen  iiher  die  Zusammen- 
setzung von  Bindegeweben  ausgeführt  worden  sind,  so  kann  man  doch  sicher  annehmen,  daß  sie 
—  beständig  von  Flüssigkeit,  die  anorganisches  Material  gelöst  enthält,  umgeben  —  nicht 
nur  völlig  rein  organisch  zusammengesetzt  sind. 


1146 


A.  B.  Macallum. 


sein.  A.  B.  Macallum  hat  für  diesen  Z^Yeck  folgende  ^^irksame  Methode 
gefunden : 

Das  zu  untersuchende  Organ  (Niere  oder  Darm)  muß  vollständig 
frisch  sein  und  mittelst  eines  Kohlensäure-Gefriermikrotoms  geschnitten 
werden.  Jeder  Schnitt  wird,  während  er  gefroren  und  noch  flach  ausge- 
breitet ist,  in  eine  ^  -Lösung  von  Bleiacetat  gebracht  und  darin  mindestens 

10  Minuten  lang  liegen  gelassen.  Die  Bleiverbindungen,  welche  dann  im 
Schnitte  vorhanden  sind,  bestehen  hauptsächüch,  wenn  nicht  ausschUelilich, 
aus  dem  Acetat,  Chlorid,  Phosphat  und  Sulfat.  Sie  werden  alle,  mit  Ausnahme 

des  Sulfates,  durch  Auswaschen,  zuerst  mit  Wasser,  dann  mit  ^  -Salpeter- 
säure in  2 — 5  Minuten  entfernt.  Die  Säure  wird  schließhch  auch  in  Wasser 
ausgewaschen  und  nun  der  betreffende  Schnitt  auf  einen  Objektträger  ge- 
bracht, dann  eingebettet,  und  zwar  mit  einem  Tropfen  Glyzerin  und  Am- 
moniumsulfid, das  durch  Sättigen  einer  Ammoniumlösung  vom  spez.  Gew. 
0-96  mit  Schwefelwasserstoffgas  bereitet  wurde.  Nachdem  man  ein  Deck- 
gläschen aufgesetzt  hat,  ist  das  Präparat  zur  mikroskopischen  Untersuchung 
bereit.  Die  Verteilung  des  Bleisulfates  im  Schnitte  wird  durch  die  Blei- 
sulfidreaktion nachgewiesen,  die  je  nach  der  vorhandenen  Konzentration 
des  Bleisulfates  braun  bis  tiefschwarz  ausfallen  kann. 

Das  ßleisulfat  weist  nur  eine  sehr  geringe  Löslichkeit  auf.  46  Teile 
PbSO^  lösen  sich  in  1,000.000  Teilen  Wasser  bei  18«  C.  i)  Diese  Schwer- 
löslichkeit   wird    praktisch    durch    die  ^"J^ -Salpetersäure  nicht   beeinflußt, 

während  aber  Salpetersäure  irgend  ein  vorhandenes  Bleiphosphat  und  Blei- 
chlorid schnell  löst.  Auf  diese  Weise  wird  durch  die  Sulfidreaktion  nur  das 
Bleisulfat  nachgewiesen. 

Die  beschriebene  Methode  hat  sehr  gute  Dienste  geleistet  beim  Lokali- 
sieren der  Sulfate  in  der  Niere,  nach  Injektion  von  Sulfaten  in  den  Kreis- 
lauf, ^lit  ihrer  Hilfe  sind  auch  sehr  interessante  Resultate  betreffs  der 
Ausscheidung  von  solchen  Sulfaten  durch  die  Darmschleimhaut  bei  Tieren, 
in  deren  Kreislauf  Sulfate  gebracht  worden  waren,  gezeitigt  worden. 

I,  Salzsäure. 

Die  Salzsäure  des  Magensaftes  wird  von  der  ^Magenschleimhaut  ab- 
gesondert. Bis  vor  kurzem  hatte  man  noch  keinen  direkten  Beweis  für  die 
Gegenwart  von  Salzsäure  in  der  Schleimhaut  unter  der  freien  Oberfläche 
der  letzteren,  obgleich  man  schon  sehr  lange  darnach  gefahndet  hatte. 
Bereits  im  Jahre  1849  hatte  Claude  Bernard  dieses  Problem  zu  lösen 
versucht.  Erst  1009  ist  die  Lösung  dieser  Frage  Miss  M.  P.  Fitz  Gerald^-)  ge- 


*)  Berechnet  aus  der  elektrischen  Leitfähigkeit  von  Kohlrausch  und  Böse,  Zeit- 
schrift f.  physikal.  Chem.  12.  241,  loc.  cit.  (1893). 

-)  Miss  Fitz  Gerald  führte  diese  Untersuchungen  in  meinem  Laboratorium  au 
der  Universität  Toronto  aus.  Die  Resultate  finden  sich  in  ihrer  Veröffentlichung  in  Proc. 
Roy.  See.  Bd.  83.  56  (1910). 


Die  Methoden  der  biologischen  Mikruchcmic.  1147 

luDgen.  Der  Untersuchungsgang,  dem  sie  folgte,  war  in  der  Hauptsache  der 
bereits  von  Claude  Bernard  angewandte,  nur  mit  dem  Unterschiede,  (hiß 
sie  anstatt  Eisenlactats  das  Doppelsalz  Ammonium-Eisencitrat  benutzte. 
Dieses  Salz,  das  25 — 26Vo  Eisen  enthält,  ist  in  Lösuug  ab.sohit  neutral. 
Diese  Flüssigkeit  kann  mit  einer  Ferrozyankaliumhisuug  gemischt  wenh-n, 
ohne  daß  dieselbe  auch  nach  Verlauf  einiger  Tage,  eine  iieriinerbhiu- 
reaktion  liefert.  Die  Gegenwart  von  Phosphorsiiure  oder  KoIileusiUire  in 
der  Lösung  gibt  ebenfalls  nicht  zur  JJildung  der  blauen  \'erbindung  \  er- 
anlassung.  Sobald  aber  Salzsäure  selbst  in  einer  so  niedrigen  Konzentra- 
tion wie  0"036Vo  M  vorhanden   ist,  tritt  die  blaue  Reaktion  sofort  ein. 

Die  gebrauchten  Lösungen  bestanden  aus  einer  Fö^/oigen  Ferro- 
zyankalium-  und  einer  2"25'*/oigen  Eisen-,  Ammouiumciti-atlösung.  Von 
diesen  Lösungen  wurden  gleiche  Volumina  gemischt  und  von  dieser  Mischung 
Kaninchen  10 — Ab  cm^  und  Meerschweinchen  IH — 22  nn^  subkutan  nach 
verschiedenen  Intervallen  injiziert.  Dann  tötete  man  die  Tiere  nach 
verschiedenen  Zwischenräumen  nach  der  Injektiou  rasch ,  nahm  den 
Magen  heraus,  öffnete  ihn,  entfernte  durch  Waschen  mit  Wasser  schnell 
die  Nahrungsreste  und  brachte  ihn  dann  in  eine  reichliche  Menge 
absoluten  Alkohols.  Nach  Verlauf  von  24  Stunden  wui'de  tler  Alkohol 
gewechselt  und  nach  48  Stunden  war  das  Organ  zur  Untersuchung  bereit. 
Man  kann  jetzt  einen  blauen  Fleck  von  begrenzter  Ausdehnung  auf 
der  Oberfläche  der  Schleimhaut,  in  der  Region  der  kleineren  Curvatur, 
beobachten.  Nun  macht  man  Schnitte  von  diesem  Teil  und  von  anderen 
Cardiateilen ,  entweder  mit  freier  Hand  oder  mit  dem  Gefriermikrotom, 
entwässert,  klärt  mit  Xylol  und  bettet  in  Xylolbalsam  ein.  Unter  dem  Mi- 
kroskop betrachtet,  laut  sich  allerdings  bei  den  meisten  der  Schnitte  unter 
der  (Jberfläche  der  Schleimhaut  keine  blaue  Färbung  erkennen,  bei  einigen 
kann  man  aber  doch  die  begrenzte  Zone  bemerken,  in  der  eine  blaue  Ab- 
lagerung im  Lumen  des  oberen  Drittels  und  in  einem  Teile  des  mittleren 
Drittels  der  Drüsenröhrchen  und  in  den  Kanälchen,  die  sich  vom  Lumen 
in  die  Parietalzellen  erstrecken.  Nicht  selten  erscheint  bei  manchen  Tieren 
eine  deutliche  blaue  Reaktion  nur  in  den  Lymphgefäßen  in  dem  driisen- 
artigen  Gewebe  zwischen  den  Drüsenschläuchen. 


»)  Nach  der  Veröffentlichung  der  Miss  Fifz  Ocraldschou  Arbeit  (1.  c.)  hat  Verf.  fest- 
stellen können,  daß,  bei  sorgfältiger  Ausfübrung.  noch  bei  Gegenwart  von  0-014°/o  Salz- 
säure in  einer  Lösung  von  Ferrozyankalium  und  Eisen-,  Ammoniumeitrat  Berlinerblau 
gebildet  wird. 


Arbeitsinetlioden  zur  Untersiiclumg  des  intermediären 

Stoffwechsels. 

\on  Otto  Neubauer,  München. 

Einleitung. 

Die  Untersuchung-  des  intermediären  Stoffwechsels  setzt  sich  als  Auf- 
gabe, den  Aufbau  der  im  Yerdauungskanal  resorbierten  Xahrungsstoffe  zu 
Körperstoffen  (Oewebssubstanzen),  den  Umbau  von  Körperstoffen  in  andere 
und  endlich  ihren  Abbau  zu  den  in  den  Exkreten  erscheinenden  Endpro- 
dukten aufzuklären.  Zur  Erreichung  dieses  Zieles  Avendet  sie  so  ziem- 
lich alle  biochemischen  und  experimentellen  Methoden  an.  die  in  den  übrigen 
Kapiteln  dieses  Werkes  beschrieben  sind.  Aon  einer  besonderen  Technik 
kann  hier  nur  in  dem  Sinne  gesprochen  werden,  als  die  Art  der  Frage- 
stellung, die  zweckentsprechende  Anordnung  des  Versuchsplanes  und  die 
kritische  Verwertung  der  A'ersuchsergebnisse  mancherlei  Besonderheiten 
zeigen,  die  häufig  in  ähnlicher  Weise  wiederkehren.  Andrerseits  verlangt 
jedes  neue  Problem  eine  besondere  Anwendungsweise  der  Untersuchungs- 
methoden; dementsprechend  kann  im  folgenden  nur  ein  Überblick  über 
die  Wege  geboten  werden,  die  zu  den  bisher  gewonnenen  Ergebnissen  ge- 
führt haben,  nicht  eine  auch  für  neue  Forschungen  immer  ausreichende 
Arbeitstechnik. 

Leider  haben  die  Resultate  der  einzelnen  Versuche  in  diesem  schwie- 
rigen Gebiet  selten  absolute  Beweiskraft,  sondern  meist  nur  den  Wert  von 
Wahrscheinlichkeitsgründen.  Dieser  Mangel  kann  zum  Teil  dadurch  aus- 
geglichen  werden,  daß  die  Ergebnisse  einer  Methode  durch  die  anderer 
Methoden  kontrolliert  werden.  Die  Geschichte  der  Frage  der  Zuckerbildung 
aus  Eiweiß  hat  gezeigt,  wie  unter  dem  Drängen  einer  strengen,  die  höch- 
sten Anforderungen  stellenden  Kritik  vorläufige  Ergebnisse  durch  fortge- 
setzte Arbeit  endgültig  gesichert  werden  können. 

In  vielen  Fällen  müssen  Erwägungen  allgemeinerer,  erkenntnis- 
theoretischer Art  herangezogen  werden.  So  hat  das  Prinzip,  daß  die  ein- 
fachste Erklärung  der  bekannten  Tatsachen  auch  als  die  wahrscheinlichste 
zu  gelten  hat,  wiederholt  Anwendung  gefunden,  und  sich  besonders  bei 
der  Verwertung   pathologischer  Prozesse  für  die  Aufklärung  intermediärer 


Arbeitsmctlioilen  zur  Untersuchiiug  des  intermediären  Stoffwechsels.         114<| 

Stoffwo('lisolvor^an<>o  als  trm'litl)ar  erwiesen  ( Azotnnkiirperaiissrlieidmij,', 
Alkaptüiuirie).  Natürlich  darf  niemals  vergossen  werden,  dal'.  derartij,'(» 
Schhißt'olgerungon  auch  irreführen  können  und  (hiH  ihnen  nicht  ih-r  NVert 
erwiesener  Tatsachen  heigemessen  wenU'n  darf,  sondern  inii-  die  licch'Utnng 
von  Arheitshvpothesen,  die  weiterer  Prüfuni»-  zn  unterziehen  >ind. 


Die  Grundlage  für  die  Untersuchung  (h's  internuMharen  Stoffwechsels 
hildet  die  genaue  Kenntnis  dei'  chemischen  Kigenschaften  der 
Körpersubstauzen,  respektive  der  mit  ihnen  im  allgemeinen  identi.schen 
Nahrungsstoffe,  mit  Einschluß  ihrer  Derivate.  Eine  systematische  Foiscliung 
auf  diesem  Gebiete  konnte  infolgedessen  erst  mit  der  Zeit  einsetzen,  als 
die  Chemie  der  Kohlehydrate,  Fette,  Eiweitiköritcr  und  Nukleinsnbstaiizen 
aufgeklärt  war. 

Der  chemische  Aufbau  einei'  Substanz  läßt  in  manchen  Fällen  ohne 
weiteres  ihre  Deziehungen  zu  anderen  Köipersubstanzen  erkennen;  so  ist 
die  Entstehung  der  Homogentisinsäure  aus  den  aromatischen  Kernen  des 
Eiweißes,  der  Diamine  aus  den  Diaminosäureii.  der  (Jlykuronsänre  aus 
dem  Zucker  schon  nach  der  chemischen  Formel  durchaus  wahrscheiidich. 
Jedoch  kann  eine  solche  Überlegung  auch  zu  falschen  Schlüssen  führen; 
so  hat  sich  die  \ermutung.  daß  die  Zuckerbildung  aus  Eiweiß  von  dem 
kohlehydratartigen  Komplex  der  Eiweißkörper  abhängt,  als  unrichtig  er- 
wiesen. 

Mit  der  Kenntnis  der  chemischen  Eigenschaften  eines  Körpers  ist 
ferner,  da  die  (iesetzt'  der  Chemie  in  ihrem  vollen  Umfange  auch  für  den 
lebenden  Körper  gelten,  von  vornherein  eine  Orientieinng  darüb«'r  ge- 
geben, welche  Umsetzungen  im  Organismus  zu  erwarten  sind.  Man  kann 
im  allgeiueinen  annehmen,  daß  Reaktionen,  die  in  vitro  sehr  h'icht  ein- 
treten, auch  im  Körper  in  idinlicher  Weise  ablaufen.  BeLspieh' dafür  geben: 
die  Oxydationen  von  Aldehyden  zu  Säui'en.  von  Harnsäure  zu  .\llantoin. 
die  Abspaltung  von  Kohlensäure  aus  Ketonsäuren  und  Diaminosänren.  die 
Abspaltung  von  Ammoniak  aus  Amiden.  der  Übergang  von  Cy>tiii  in  Cystein. 
die  Umlagerung  von  Fiuchtzucker  in  Traubenzucker,  die  llvdrolyse  von 
Eiweißkörpern,  Fetten,  Polysacchariden  und  Nukleinsäuren. 

Besonders  nahe  liegt  es.  solche  Reaktionen,  die  aul'ierhalb  des  Kör- 
pers bei  gewöhnlicher  Temperatur  ohne  Einwirkuui;  von  Keagenzien  sozu- 
sagen automatisch  stattfinden,  auch  im  Organismus  anzunelnneii.  Das  sind 
vor  allem  eine  Reihe  von  sogenannten  (ileichgewichtsreakt  inuen  (um- 
kehrbaren Iveaktionen).  Wenn  kohlensaures  AmnH)niak.  dessen  Ilildimg  im 
Tierkörper  aus  dem  al)gesi)altenen  Amiuoniakrest  iler  Amim»säuren  und 
der  allenthalben  verfügbaren  Kohlensäure  wohl  ohne  weiteres  vorausgesetzt 
werden  darf,  sich  aulierhalb  des  Köi'pers  von  selbst  zniu  Teil  in  karbamin- 
saures  .\mmoniak  umlagert,  so  wiid  mau  mit  Wahrscheinlichkeit  annehmen 
dürfen,  daß  auch  im  Organismus  ein  ähnlicher  NOrgang  eintritt.  Zwingend 
ist  al)er  eine  solche  Schlußfolgerung  keineswegs;  es  ist  \\(»hl  möLdich.  daß 


\\p)()  Otto  Neubauer. 

im  Tiorkörper  der  Ablauf  solcher  Gleichgewicht sreaktionen  irgend  welche 
Hemmungen  erfährt.  Durch  die  morphologische  Struktur,  durch  welche  in 
den  Geweben  lauter  kleinste,  voneinander  mehr  weniger  abgeschlossene  Räume 
geschaffen  sind,  deren  Wände  eine  für  verschiedene  Stoffe  verschiedene 
Durchlässigkeit  besitzen,  muß  der  Ablauf  solcher  umkehrbarer  Reaktionen 
in  hohem  Maße  beeinflußt  w^erden. 

Auch  sonst  muß  man  sich  hüten,  extra  corpus  gewonnene  Erfahrun- 
gen ohne  weiteres  auf  den  Organismus  zu  übertragen:  so  wird  die  leicht 
oxydierbare  Oxalsäure  im  Tierkörper  nicht  verbrannt,  im  gesunden  Or- 
ganismus kommt  es  nicht  zum  Zerfall  von  Azetessigsäure  in  Azeton  und 
Kohlensäure.  Andrerseits  vollbringt  der  Organismus  oft  mit  großer  Leich- 
tigkeit Leistungen,  die  der  Chemiker  im  Laboratorium  nicht  oder  nur 
sehr  unvollkommen  nachahmen  kann:  die  Verbrennung  von  Bernsteinsäure, 
die  Oxydation  von  Purinbasen  zu  Harnsäure,  die  LTmwandlung  von  Eiweiß 
in  Zucker,  von  Zucker  in  Fett,  den  Abbau  des  Blutfarbstoffes  zu  Galleu- 
farbstoff, die  Synthese  der  Hippursäure  aus  Benzoesäure  und  Glykokoll. 
Allerdings  ist  mit  der  Ausbildung  der  Laboratoriumstechnik  die  Zahl  der- 
jenigen biochemischen  Vorgänge,  die  nicht  nachgeahmt  werden  können, 
immer  kleiner  geworden.  So  ist  durch  Einführung  des  Wasserstoffsuper- 
oxyds als  Oxydationsmittel  auch  die  Überführung  von  Fettsäuren  in 
ß-Oxyfett  säuren,  die  im  Reagensglas  lange  Zeit  als  undurchführ- 
bar galt,  möglich  geworden.  Diese  Erfahrung,  daß  hier  die  Oxydation 
durch  Wasserstoffsuperoxyd  in  analoger  Weise  verläuft  wie  die  Oxydation 
im  Tierkörper,  hat  die  Anregung  dazu  gegeben,  durch  genaues  Studium  der 
Einwirkung  dieses  Oxydationsmittels  auf  verschiedene  Substanzen  des  Tier- 
körpers neue  Anhaltspunkte  für  die  w'eitere  Erforschung  des  intermediären 
Stoffwechsels  zu  gewinnen.  Über  die  Technik  solcher  Oxydationen  mit 
Wasserstoffsuperoxyd  siehe  dieses  Werk  Bd.  IV,  S.  714.  Etwas  ähnüches 
gilt  von  der  Einwirkung  des  Sonnenlichtes  auf  organische  Substanzen  ^ ) 
und  von  dem  elektrolytischen  Al)bau.-) 

Die  Kenntnis  der  chemischen  Struktur  der  Körpersubstanzen  erlaubt 
es  ferner,  bereits  bekannte  Prozesse  in  der  Weise  weiter  aufzuklären,  daß 
man  sie  sich  in  verschiedene  Phasen  zerlegt  denkt.  Die  Annahme,  daß  die  Zer- 
setzungen im  Organismus  in  zeitlich  zerlegbaren  Stufen  verlaufen,  hat 
sich  als  Arbeitshypothese  bestens  bewährt.  Wenn  z.  B.  als  festgestellt  gelten 
kann,  daß  die  Ketonsäuren  im  Körper  in  die  um  1  C-Atom  ärmeren  Fett- 
säuren übergehen,  R  —  CO  -  COOH  -(-  0  =  R  —  COOH  +  CO,,,  so  ergibt  sich 
aus  dieser  Bruttoformel,  daß  hier  eine  Oxydation  und  eine  Kohlensäure- 
abspaltung vorliegt.  Da  nun  Ketonsäuren  ohne  Spaltung  einer  weiteren 
Oxydation  nicht  zugänglich  sind,  so  muß  angenommen  werden,  daß  zu- 
nächst die  Kohlensäureabspaltung,  dann  erst  die  Oxydation  eintritt ;  mit  an- 


*)  Neilberg,  Chemische  Umwandlungen  durch  Strahlenalten.  Biochem.  Zeitschr. 
Bd.  13.  S.  305  (1908);  Bd.  27.  S.  271  (1910);  Bd.  29.  S.  279  (1910). 

'')  Neuberg,  Scott  und  Lachmann,  Elektrolytischer  Abbau  von  Mono-  und  Disac- 
eharidsäuren  sowie  von  Oxyaminosä:uren.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  24.  S.  152  (1910). 


Arbeitsmethodou  zur  Untersuchung  des  intermediären  StoffwccIiseU.         11;')! 

deren  Worten,    daß  als  intermetliiiros  Produkt  der  Alddivd    aiittritt.   der 
dann  die  Oxydation  zur  Fettsäure  erfährt. 

Entscheidend  für  das  Studium  des  intermediären  Stoffwechsels  sind 
aber  nur  diejenigen  Methoih-n.  die  am  h'bcndcii  ( )rganismus  (am  }z«'SundfMi 
und  am  kranken)  oder  mit  isolierten  ()r{^anen  arbeiten. 

I.  Untersuchungen  am  normalen  Organismus. 

A.  Chemische  Untersuchung  frischer  normaler  Organe. 

Alle  Substanzen,  die  in  normalen  Organen  nachweisbar  sind.  niii--en. 
soweit  sie  nicht  als  solche  im  Darmkanal  resorbieif  worden  sind,  inid  so- 
weit sie  sich  nicht  durch  völlig  unveränderten  Übertritt  in  die  Kxkrete 
als  Endprodukte  des  Stoffwechsels  erweisen,  als  Zwischenpi'oflnkte  betrachtet 
werden. 

Um  zu  sicheren  Resultaten  zu  kommen,  ist  es  nin-rlaHlich.  dall  die 
Organe  sofort  nach  dem  Tode  untersucht  werden,  da  manche  Stoffe  sonst 
sehr  leicht  weiter  verändert  werden,  z.B.  Glykogen,  Cystein.  Im  alige- 
meinen empfiehlt  es  sich,  das  frische  Organ  sofort  auf  Siedetemperatin- 
zu  erhitzen,  um  die  vorhandenen  Fermente  unwirksam  zu  machen.  Cber 
die  Methodik  der  chemischen  Untersuchung  der  Organe  siehe  die  entspre- 
chenden Kapitel  dieses  Wei'kes.  Als  intermediäre  Produkte  sind  auf  diesem 
Wege  sichergestellt:  Traubenzucker,  Olykogen.  Milchsäure.  Fett.  Fettsäuren, 
Glyzerin,  Inosit,  Glykokoll,  Arginin,  Hypoxanthin.  Kreatin.  Adrenalin.  Thy- 
reojodin,  ferner  die  spezifischen  Eiweißstoffe  der  Gewebe,  Diese  sind,  da 
sie  von  den  Eiweißkörpern  der  Nahrung  in  ihrer  t[uantitativen  Zusammen- 
setzung größtenteils  sehr  bedeutend  abweichen,  ebenfalls  als  Produkte  des 
intermediären  Stoffwechsels  aufzufassen,  die  aus  dem  Nahrungseiweiß  erst 
durch  eingreifende  Umbauprozesse  entstehen  müssen. 


* 


Günstige  Bedingungen  für  das  weitere  Studium  solche)'  l'mbanpro- 
zesse  bietet  die  Untersuchung  von  Organismen,  bei  wi'lciicn  durch 
längere  Zeit  keine  Nahrungsaufnahme  stattfindet.  Fs  kommt  da  we- 
niger die  Entziehung  der  Nahrung  bei  höheren  Tieren  in  Betracht .  weil 
in  diesen  Fällen  die  Abbaupi'ozesse  bei  weitem  übeiwiegen.  Das  klassische 
Objekt  für  solche  Untersuciiungen  ist  der  Lachs'),  der  wiUirend  seines 
monatelangen  Aufenthaltes  in  den  Flüssen  keine  Nahrunu'  aufnimmt  und 
doch  während  dieser  Zeit  seine  mächtigen  Geschlechtsorgane  aufbaut:  so 
wachsen  die  Eierstöcke,  die  bei  dem  im  Dezember  gefangenen  „Winter- 
lachs" nur  0*4<'/o  des  Körpergewichtes  ausmachen,  bis  Anfang  .Vugust  auf 
3— 6Vo  ^"id  dann  bis  zur  Laichzeit  (erste  Hälfte  November)  auf  D)— 27Vo 
des  Körpergewichtes  heran.  Das  Material  wird  von  dem    stark  abmagern- 


*)  F.  Miescher,  Die  histochomischeu  und  physiologisclien  Arbeiten.  Leipzig  18U7. 
S.  116,  192,  304,  359. 


2152  ^^^^  Neubauer. 

den  Seitenriimpfmuskel  geliefert.  Zum  Studium  dieser  mächtigen  Stoff- 
wanderung sind  vergieichende  Organuntersuchungen  an  Basler  Rheinlachsen 
gleicher  Körperlänge,  die  zu  verschiedenen  Zeiten  (vor  allem  z^Yischeu 
Anfang-  August  und  erster  Hälfte  November)  gefangen  sind,  geeignet. 

Tierische  Organismen,  an  welchen  Umbauprozesse  ohne  störende 
Nahrungsaufnahme  untersucht  werden  können,  sind  ferner  befruchtete,  sich 
entwickelnde  Eier.  A. Kossei ^)  verglich  den  Purinbasengehalt  im  Dotter 
frischer  und  14  Tage  lang  bebrüteter  Hühnereier  und  bewies  auf  diesem 
Wege,  daß  bei  der  Entwicklung  des  Hühnerembryos  eine  Synthese  von 
Purinbasen  stattfindet.  Lafayette,  B.Mendel  und  S.  Leavenworth'^)  de- 
monstrierten in  ähnlich  angeordneten  A>rsuchen  an  Hühner-  und  Enten- 
eiern auch  die  Neuentstehung  furfurolbildender  Substanz  (Pentosen). 
B.  A.  Levene  ^)  verglich  die  Verteilung  des  Stickstoffes  in  unbebrüteten 
1,  10,  19  Tage  lang  bebrüteten  Hühnereiern;  vor  der  Untersuchung  wurde 
das  Eigelb  mechanisch  vom  Eiweiß  abgetrennt.  Abderhalden  \m&  Kempe  ^) 
haben  zur  Prüfung  der  Frage,  ob  im  tierischen  (Organismus  ein  Umbau 
von  Aminosäuren  stattfindet .  den  ( iehalt  von  Hühnereiern  an  Tyrosin. 
Glutaminsäure  und  Glykokoll  (nach  totaler  Hydrolyse)  in  verschiedenen 
Stadien  der  Bebrütung  verglichen,  konnten  aber  keine  ül)erzeugenden  Unter- 
schiede feststellen. 

Bei  solchen  ^'ergleichen  und  Versuchen  an  Hühnereiern  verschiedener 
Stadien  sollen  Eier  aus  demselben  Hühnerhofe  von  der  nämlichen  Hühner- 
rasse und  von  möglichst  gleichem  Gewicht  verwendet  werden;  am  besten 
Eier  derselben  Henne. 'M  Die  Schale  und  die  Schalenhaut,  die  bei  der  Bil- 
dung des  Hühnchens  nur  in  sehr  geringem  Maße  \'erwendung  finden  ^), 
wurden  meist  nicht  mit  untersucht.  Der  Eiinhah  (Eiweiß,  Eigelb  und  der 
sich  entwickelnde  Embryo)  werden  entweder  innig  gemischt  und  zusammen 
untersucht  oder  man  untersucht  den  Embryo  getrennt.  Das  reife  Hühn- 
chen wird  sofort  nach  dem  Auskriechen  getötet ,  zerschnitten .  auf  einer 
Glasplatte  fein  zerhackt  und  in  einer  Pieibschale  zu  einer  gleichmäßigen 
homogenen  Masse  zerrieben.  Aliquote  Teile  dienen  zu  der  quantitativen 
Bestimmmig. '') 


*)  A.  Kossei,  Weitere  Beiträge  zur  Chemie  des  Zellkerns.  Zeitschr.  f.  phys.  Chem. 
Bd.  10.  S.  248  (1886). 

^)  Lafaijette,  B.  Mendel  und  .S'.  Leavenworth ,  Chauges  in  the  Purine-,  Pentose- 
and  Cholesterolcontent  of  the  developing  &gg.  Americ.  Journ.  of  Physiol.  Bd.  21.  S.  77  (1908). 

^)  B.  A.  Levene,  Embryochemische  Untersuchungen.  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  Bd.  35. 
S.  80  (1902.) 

•*)  Abderhalden  und  Kempe,  Vergleichende  Untersuchungen  über  den  Gehalt  von 
befruchteten  Hühnereiern  in  verschiedenen  Entwicklungsperioden  an  Tyrosin,  Glykokoll 
und  Glutaminsäure.  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  Bd.  53.  S.  398  (1907). 

'")  Tangl  und  Mitiich,  Beiträge  zur  Energetik  der  Ontogenese.  V.  Mitt.  Arch.  f. 
d.  ges.  Phys.  Bd.  121.  S.  437  (1908). 

^)  S.  aber  Tangl,  Untersuchungen  über  die  Beteiligung  der  Eischale  am  Stoff- 
wechsel des  Eiiuhaltes  während  der  Bebriltung.  Arch.  f.  d.  ges.  Phys.  Bd.  121.  S.  423  (1907). 

')  Liebermann ,  Embryochemische  Untersuchungen.  Arch.  f.  d.  ges.  Phys.  Bd.  43. 
S.  71  (1888). 


Arbeitsmetbodeu  zur  Untersucluiiig  des  interiiiediaicii  Stoffwechsels.         lir)H 

Tan(/l  und  Farkas  ^)  haben  UntiTsiicliuii;.;!'!!  an  Kischcicni  aiij;rstt'llt; 
sie  iaiiden  im  bebrüteteii  Forelleiiei  ein  Objekt,  in  wclclicni  eine  NeubiMuiif^ 
von  Fett  stattfindet. 

Auch  Insekteneier  sind  zu  solchen  Untersuchunj^en  Iieran<i-ez()^r<'n 
worden.  So  die  Eier  des  Seidenspinners.  ISomlnx  mori.-')  Hie  Eier  (der 
soj^cnannte  Samen)  des  Tieres  werden  im  linicni  <U's  Mutterleibes  be- 
fruchtet und  zu  400 — 500  vom  Weibchen  im  Summer  ab!.icle^^t.  Sie  ent- 
wickeln sich  im  Sommer  nur  bis  zu  einer  f^ewissen  Stufe  und  ruhen  dann 
in  diesem  Stadium  den  ganzen  Winter.  Sie  können  aus  Seidenraiij)enzucht- 
anstalten  in  größerer  Menge  und  in  gleichartiger  Qualität  bezogen  wenlen. 
Im  Januar  oder  Februar  kann  man  die  Eier  dann  zur  weiteren  Knt Wick- 
lung anregen,  indem  man  sie  in  ein  geheiztes  Zimmer  (22 — 25«  C)  bringt. 
Die  Räupchen  schlüpfen  in  zwei  Wochen  aus.  Tichoinirof  konnte  (hirch 
Vergleichen  der  Zusammensetzung  der  Eier  vor  der  liebrütung  und  nach 
IStägiger  Bebrütung  die  Xeuentstehung  von  Turiidiasen  feststellen. 

Die  Insekten  sind  auch  im  Chrysaliden-iruppen-iStadium  geeig- 
nete Objekte  zum  Studium  chemischer  Umbauprozesse.  Im  Puppenstadium 
erfahren  die  Insekten  bekanntlich  eine  tiefgreifende  Metamorphose,  indem 
fast  alle  Organe  sehr  bedeutende  \'er;lnderuiigen  durchmachen,  deren  Ei'gebnis 
die  geschlechtsreife  Form  ist;  dabei  \Yerden  aus  der  Aulienwelt  keine 
Nährstoffe  aufgenommen.  Während  dieser  Zeit  finden  neben  uewebs- 
einschmelzenden  Abbauprozessen  auch  gewebsbildende  Aufbauprozi-sse  in 
großem  Umfange  statt.  Eine  solche  Neubildung  ist  unter  andei'em 
die  Entstehung-  des  Chitins.  An  den  Puppen  des  Seidenspinners  haben  ge- 
arbeitet: 0.  Kellner ,  E.  Bataillon  und  E.  Couvreur,  Kotakc  und  Sera 
und  K.  Farkas.  '^) 

Ferner  ist  von  Abderhalden  und  seinen  Mitarbeitern*)  auch  an  diesem 
Objekt  die  Frage  geprüft  worden,  ob  eine  Neul)ildung  von  Aminosäuren 
im  Organismus  vorkommt;  sie  haben  untersucht,  ob  l)ei  der  l'nxhiktion 
der  an  Tyrosin,  GlykokoU  und  Alanin  reichen  Seide  diese  .Vniinosjturen  neu- 
gebildet werden   oder  ob  die  sich  einspinnende  Ilaupe  diese  Hausteine  aus 


')  Tangl  und  Farka»,  Beiträge  zur  Energetik  der  Ontogenese.  W.  Mitt.  Arcli.  f. 
d.  ges.  Phys.  Bd.  104.  S.  (524  (1904). 

2)  Tichomiroff,  Chemische  Studien  über  die  Entwicklung  der  Insekteiieier.  Zeit- 
schrift f.  phys.  ehem.  Bd.  9.  S.  518  (1885). 

ä)  0.  Kellner,  Chemische  Untersuchung  ülter  die  P-ntwicklung  und  Kriiühruiig  des 
Seidenspinners.  Landwirtschaft!.  Versuchsstationen.  Bd.  30.  S.  .V.)(1883);  Bd.  33.  S.  381 
(1887).  —  E.  Bataillon  und  E.  Couvreur,  La  fonction  glycogi^iique  chez  le  ver  a  soie 
pendant  la  metamorphose.  Compt.  rend.  de  la  soc.  de  biol.  B<1.  44.  8.409  (1892).  — 
Couvreur,  Sur  la  transformation  de  la  graisse  en  glycogene  diez  if  vor  a  soie  pendant 
la  metamorphose.  Ebenda.  Bd.  47.  S.  796  (1895).  —  Kotah  und  Svra ,  Findet  eine 
Umwandlung  von  Fett  aus  Glykogen  bei  der  Seidenraupe  wiihreinl  der  Metamorphose 
stattV  Zeitschr.f.phvs.Chem.  Bd.  62.  S.  115  (1900).  —  Farkas,  Beiträge  zur  Energetik 
der  Ontogenese.  Ilf.  Mitt.  Arch.  f.  d.  ges.  Phys.  Bd.  98.  S.  490  (1903). 

*)  Abderhalden  und  Dean,  Studien  üi)er  die  Bildung  der  Seide.  Zeitschr.  f.  phys. 
Chem.  Bd.  59.  S.  170  (1909).  —  Abderhalden  und  Weicbardt,  Die  Monoaminosäuren 
des  Körpers  des  Seidenspinners.  Ebenda.  Bd.  59.  S.  174  (1909). 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  73 


]^]^54  ^tto  Neubauer. 

ihrem  Körporbestaiul  hergibt,  also  l)ei  der  Verpuppuug  an  ihnen  verarmt; 
das  letztere  ist  der  Fall: 

Hydrolysierte  Seidenraupen  enthielten,  in  Prozent  des  Gesamt-N: 
'  lO-20/o  Glykokoll.  8-70/0  Alanin,  4-3 Vo  Tyrosin. 

Hydrolysierte  Schmetterlinge : 

3-50/0  Glykokoll,  3-2o/o  Alanin,  1-GVo  Tyrosin. 

Weinland^)  bevorzugt  als  Untersuchungsobjekt  die  Puppe  der  Heisch- 
t'hege  (Calliphora  vomitoria).  die  sich  im  Gegensatz  zum  Seidenspinner 
auch  im  rauheren  Klima  während  des  Sommers  in  beliebiger  Menge  züchten 
läßt.  P>ei  der  Züchtung  verfährt  er  in  der  Weise,  daß  er  Pferdefleisch, 
das  im  Groben  von  Fett  befreit  ist,  durch  die  Heischhackmaschine  schickt. 
Auf  den  Brei,  dem  zum  Aufsaugen  der  oft  reichlich  sich  abscheidenden 
Flüssigkeit  Filtrierpapier  beigegeben  wird,  werden  einige  Exemplare  der 
Fleischfliege  gesetzt.  Nach  einem  bis  spätestens  zwei  Tagen  hat  das  Tier 
seine  Eier  abgelegt.  Wenn  die  Larven  nach  weiterem  Ablauf  von  fünf  oder 
mehr  Tagen  die  für  die  Verpupp ung  nötige  Größe  erreicht  haben,  gibt  man 
ihnen  Gelegenheit,  den  Behälter  zu  verlassen  und  sich  an  hchtgeschützten 
Stellen,  z.  B.  unter  dunklem  Papier,  zu  sammeln  und  zu  verpuppen.  Das 
Puppenstadium  dauert  13 — 14  Tage.  Durch  reichhche  Wärmezufuhr  kann 
es  eventuell  abgekürzt  werden.  Zu  Beginn  der  \  erpuppung  und  nach  ver- 
schiedenen Zeitintervallen  werden  Proben  von  100 — 1000  Stück  entnommen 
und  chemisch  untersucht  (Fettgehalt,  Glykogen.  Stickstoffgehalt  usw^). 
Weinland  fand  eine  Zersetzung  von  Fett  und  N-haltiger  Substanz  sowie 
Bildung  von  Kohlehydraten  (Chitin).  Das  zersetzte  N-haltige  Material  war 
ausreichend,  um  die  Neubildung  von  Kohlehydrat  zu  decken. 

*  * 

* 

Weitere  Aufschlüsse  für  die  Kenntnis  intermediärer  Stoffwechselvor- 
gänge bringen  ferner  Untersuchungen  an  Organen  von  Tieren,  die  vorher 
unter  einseitige  Ernährungsbedingungen  gesetzt  worden  sind.  Man 
kann  z.  B.  manche  Körpersubstanzen,  die  bei  gewöhnlicher  Ernährung  zuge- 
führt werden,  aus  der  Nahrung  ausschalten.  Bleibt  trotzdem  der  Körperbestand 
erhalten  und  das  Tier  dauernd  gesund,  so  ist  bewiesen,  daß  es  imstande  ist,  die 
betreffenden  Substanzen  aus  anderen  Nahrungsbestandteilen  zu  bilden.  So 
läßt  sich  zeigen,  daß  der  Organismus  bei  vöUig  oder  fast  völhg  purinfreier 
Nahrung  (Milch,  Eier)  erhalten  werden  kann,  trotzdem  täglich  Purinkörper 
mit  dem  Harn  ausgeschieden  werden;  er  muß  also  imstande  sein,  die 
für  die  Zellkerne  wichtigen  Purinsubstanzen  synthetisch  aufzubauen.  Be- 
sonders schlagend  sind  diese  Versuche,  wenn  sie  an  wachsenden  Tieren 
ausgeführt  werden  und  diese  sich  trotzdem  in  normaler  Weise  weiterent- 
wickehi.  Burian  und  Schur ^)   haben  von  zwei  Tieren  (Kaninchen,  Hunde) 


')  E.  Weinland,  Über  die  Stoff  umsetzungeu  wäbrend  der  Metamorphose  der  Fleisch - 
fliege.  Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  47.  S.  18ß  (1906). 

^)  Burian  und  Schur,  Über  Xukleiubildung  im  Säugetierorganismus.  Zeitschr.  f. 
phys.  Chem.  Bd.  23.  S.  55  (1897). 


Arbeitsmethoden  zur  Intersuchiiiip  dos  intermediären  Stoffwechsels.         Hoo 

desselben  Wurfes  d;is  eine  sofort  j-ctütct  und  den  l'urinlia.s('nf:clialt  des 
Körpers  bestimmt.  Das  andere,  gleich  j^n-oße  Tier  \vur<l<'  erst  nach  lio- 
endii>nng'  der  Stilluiiijsperiode  fjretötet  und  zur  Analyse  verwendet.  Ks  er- 
gab sieh,  daß  außer  dem  Körpergewicht  auch  <ler  l'urinbasengehalf  des 
Organismus  sehr  bedeutend  zugenommen  hatte,  tiotzdem  die  Tiere  nur 
Milch,  also  purinfreie  Nahrung,  aufgenomnieii  hatten.  Daraus  schließen  sie 
mit  Kecht.  daß  irgend  eine  (irui)pe  im  Kiweir,niolekid  der  ('mwaiidlunL'' 
in  die  Puringruppe  des  Nukleins  fidiig  ist. 

In  analoger  Weise  läßt  sich  die  synthetische  i;ildun;i  d<-s  lllutfarb- 
stoffes  im  Organismus  erschließen;  ferner  die  Synthese  von  KiweiCi  aus 
zugeführten  hydrolytischen  Spaltungsprodukten,  da  der  Körper  auch  mit 
weit  abgebautem  Eiweiß  erhalten  werden  kann.  Durch  gleichzeitige  \ Cr- 
folgung  der  Stickstoffl)ilanz  gewinnen  diese  \ersuche  noch  bi-deuteml  an 
Keweiskraft  (siehe  weiter  unten). 

Dagegen  ergaben  analog  angelegte  \'ersuche.  daß  der  Kör|»er  incht 
imstande  ist,  aus  N-freiem  Material  und  aus  anorganischen  N-\ Crbindungen 
Aminosäuren  und  P^iweiß  aufzubauen,  wenigstens  nicht  in  einer  fiii-  die 
Erhaltung  des  Organismus  nötigen  Quantität  und  Qualität.  Denn  ziii-  Ei- 
haltung  des  Lebens  erwäes  sich  in  allen  bis  jetzt  durchgeführten  Experi- 
menten die  Zufuhr  vollwertige]'  Eiweißkörper  odei*  der  Summe  ihrer 
hydrolytischen  Spaltungsprodukte  als  unbedingt  notwendiii-. 

In  gleicher  Weise  läßt  sich  zeigen,  daß  unter  den  Eiiioiden  der 
Nahrung  lebenswichtige  Stoffe  vorhanden  sind,  die  der  Organismus  aus 
anderem  Nahrungsmaterial  nicht  bilden  kann.  Stvpp  *)  füttei'te  wcilie  Mäuse 
mit  Brot,  das  getrocknet,  zerschrotet  und  12  Stunden  laiiii  im  So.rhlH<v\\i'\\ 
Apparat  mit  O^o^/ßigem  Alkohol  und  Äther  extrahiert  woniin  \\;ii-.  Zur 
völligen  Entfernung  des  Äthers  wurde  das  Brot  in  Wasser  eingeweicht  und 
der  Äther  mitsamt  dem  Wasser  bei  40"  im  Luftstrom  verjagt.  Mit  solchem 
fett-  und  Hpoidfreiem  Brot  gefütterte  Mäuse  konnten  nicht  länger  als 
höchstens  29  Tage  am  Leben  erhalten  werden.  Zulage  von  reinem  Fett 
änderte  nichts  an  diesem  Ergebnis,  wohl  aber  Zusatz  des  .Mkuhnläther- 
extraktes  aus  getrockneter  Magermilch. 

Eine  erschöpfende  Erkenntnis  aller  derjenigen  lebenswichtigen  Körper- 
substanzen, die  der  Organismus  nicht  selbst  aufbauen  kann,  sondern  die 
ihm  unbedingt  mit  der  Nahrung  zugeführt  werden  müssen ,  wird  erst  dann 
erreicht  sein,  wenn  es  gelingt,  aus  chemisch  reinen  Stoffen  eine  Nahrung 
zusammenzusetzen,  mit  der  Tiere  dauernd  am  Leben  erhalten  werden  kömien. 
Das  ist  bisher  noch  nicht  möglich  gewesen.'^)  Als  \'eisuchstierc  wurden 
meistens  Mäuse  gewählt,  weil  bei  ihrer  Kleinheit  die  IJeschaltung  des 
nötigen  Futterquantums  keine  Schwierigkeiten  verursacht.  Nach  Hnnh^ues 


*)  Sfcpp,  Versuche  ül)er  FiUtorung  mit  liiioidfroitM-  Nalimn':.  niocheni.  Zeitschr. 
Bd.  39.  S.  452  (1909).  —  l<'iitteruugsversuche  mit  lipoidfroier  Nahnin-:.  Vcrliandl.  d. 
28.  Kongresses  f.  innere  Mediz-in.  1911.  S.  234. 

-)  Lunin,  Über  die  Bedeutung  der  anorganischen  Salze  filr  die  l-,rnalirunir  deis 
Tieres.  Zcitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  5.  S.  31   (1881). 

73* 


11  qQ  Otto  Neubauer. 

lind  Hansen^).  Falfa  und  Noeggerath-)  sind  aber  Ratten  für  solche  Ver- 
suche geeigneter.  Die  Versuche  müssen  eventuell  monatelang  fortgeführt 
werden.  Zur  Zusammensetzung  der  künstlichen  Nahrung  stehen  derzeit  zur 
\'erfügung: 

als  Salze:  veraschte  Milch  oder  künstlich  zusammengesetzte  Salz- 
mischungen.   z.B.  Na  CK  KCl.    Knochenasche  je  50,   Na  carb.  10  Teile  s), 

als  Kohlenhydrate:  Stärke,  Traubenzucker,  Rohrzucker, 

als  Fett:  gereinigtes  Tierfett, 

als  Eiweißkörper:  Albumin  aus  Rlut.  Fibrin.  Hämoglobin,  Kasein, 
Eiereiweiß  (Merck),  Edestin  (Höchster  Farbwerke), 

ferner  nukleinsaures  Natron  (Boehringer  oder  Merck),  Cholesterin 
(Merck),  Lezithin. 

Als  besonders  ergebnisreich  haben  sich  die  \'ersuche  erwiesen,  durch 
Verabreichung  einer  einseitig  zusammengesetzten  Nahrung  die  Mutter- 
substanzen der  eigentlichen  Reservestoffe  des  Tierkörpers  (Fett  und 
Glykogen)  festzustellen. ») 

So  gelingt  es ,  einer  geistreichen  Idee  von  Kühne  folgend ,  in  über- 
zeugender Weise  die  xlblagerung  von  Nahrungsfett  in  den  Fettdepots 
des  Körpers  nachzuweisen :  wenn  man  ein  Tier  mit  einem  körperfremden 
Fett  mästet,  so  läßt  sich  dieses  nachher  im  Fettgewebe  wiederfinden.  Um 
die  Bedingungen  für  einen  solchen  Versuch  möglichst  günstig  zu  gestalten, 
ist  es  zweckmäßig,  das  Tier  vorher  von  seinem  eigenen  Fett  zu  befreien. 
Bei  Hunden  ist  das  durch  länger  dauernden  Hunger  bis  zur  Abnahme  des 
Körpergewichtes  um  gut  ein  Drittel  zu  erreichen.  Dann  erhält  das  Tier 
möglichst  viel  von  dem  heterogenen  Fett  neben  einer  knapp  ausreichen- 
den Menge  von  Eiweiß  (fettarmes  Fleisch).  EventueU  muß  das  Fett  mit 
der  Schlundsonde  beigebracht  werden.  Zur  \'ermeidung  von  Diarrhöen 
wird  Zugabe  von  Ca  carb.  empfohlen.  Nach  2 — 4wöchentlicher  Fütterung 
wird  das  Tier  getötet,  das  Fett  der  Fettdepots  durch  Auslassen  ge- 
wonnen und  mit  dem  gewöhnlichen  Hundefett  verglichen.  Dieses  besteht 
aus  rund  TOVo  Olein,  30%  Palmitin  und  Stearin.  Jodzahl  41 — 83.  Seine 
Fettsäuren  haben  einen  Schmelzpunkt  von  39 — 41",  einen  Erstarrungs- 
punkt von  35°  C.  eine  Jodzahl  von  ca.  50.  Über  die  Untersuchungsmethoden 
des  Fettes  siehe  dieses  Werk  Bd.  II,  S.  199  und  Bd.  V.  S.  477. 

Als  körperfremde  Fette  eignen  sich  für  diese  Versuche: 

Hammeltalg.  Er  kennzeichnet  sich  durch  folgende  Eigenschaften: 
weiße  Farbe,  feste  Konsistenz  bei  gewöhnhcher  Temperatur,  Schmelzpunkt 


')  Henriques  und  Hansen,  tiber  Eiweißsynthese  im  Tierkörper.  Zeitschr.  f.  pliysiol. 
Chemie.  Bd.  43.  S.  417  (1904). 

^)  Falta  und  Noeggerath,  Fütterungsversuche  mit  künstlicher  Nahrung.  Beitr. 
zur  ehem.  Physiol.  u.  Pathol.  Bd.  7.  S.  313  (1905). 

')  Lebedeff,  Über  Fettansatz  im  Tierkörper.  Zeutralbl.  f.  d.  med.  Wissensch.  Bd.  20. 
S.  129  (1882).  —  J.  Munk,  Zur  Lehre  von  der  Resorption,  Bildung  und  Ablagerung 
des  Fettes  im  Tierkörper.   Virchows  Archiv.  Bd.  95.  S.  407  (1884). 


Arbeitsmethoden  zur  Untcrsncluing  dos  intermediären  Stoffwecliscls.         ll.")? 


44 — 51.  Jodzalil  82  86.  ¥a-  oiithült  vorwiegend  Stcaiin  iicImii  l'.ilniitiii 
und  wenig'  Olein  (IßVo)-') 

lvül)ül  i.st  flüssiij-,  enthält  viel  olein.  daneiten  ancli  Krucin  ((ilyzeritl 
der  Krukasäure).  Munk-)  hat  tolüende  Methoden  cinvc^ehlaL'en .  um  es  aus 
dem  flüssigen  Anteil  des  Fettes  zu  isolieren:  Ahkidilcn  mmI'  O  (Irad.  wohoi 
sieh  das  Erucin  abscheidet .  \erseit'en  mit  alkoholischer  Natronlaiigr.  flter- 
iuhriing  der  Seifen  in  Pflaster  durch  Kochen  mit  lllciznckerlösung.  Extrak- 
tion des  erukasauren  Bleis  mit  warmem  Äther:  ans  dem  Hleisalz  wird  die 
Fettsäure  durch  Zersetzen  mit  verdünnter  Schwefelsäure  auf  dem  Wasser- 
bad und  Extraktion  mit  Äther  in  Freiheit  gesetzt  und  aus  kaltem  .Mkolioj 
umkristallisiert.  Der  Schmelzpunkt  für  die  reine  Erukasäure  soll  88 — 84" 
betragen.  Doch  gelang  es  Mioik  nicht,  die  Säure  völlig  rein  zu  erhalten. 
Ein  anderes  ^'erfahren  zur  Identifiziei'img  der  Erukasäure  ist  folgendes: 
Die  aus  dem  Fett  gewonnenen  Fettsäuren  werden  aus  wenig  kaltem,  ab- 
solutem Alkohol  umkiistallisieit .  in  Alkohol  gelöst,  mit  alkoholischer  lllei- 
zuckerlösung  gefällt:  der  Niederschlag  winl  abfiltrieit .  mit  Alkohol  ge- 
waschen, bis  im  Filtrat  kein  lUei  mehr  nachweisbar  ist.  der  Niederschlag,' 
über  Schwefelsäure  getrocknet  und  sein  Hleigehalt  als  l'bSO,  bestimmt. 
Erukasauros  Blei  verlangt  28-5"/o  I>l^'i-  oleinsaures  Blei  L'f'.s-J"  „ .  stearin- 
saures Blei  26'78^o.  palmitinsaures  Blei  28-8T°  o- 

Palmöl^)  enthält  kein  Stearin,  besteht  zur  Il.dffe  an-  l'almitin 
und  Olein. 

Kokosbutter*)  (reich  an  Glyceriden  niederer  Fettsäuren,  Jodzahl  8). 

Sesamöl  (s.  dieses  Werk,  Bd.  II.  S.  220). 

Leinöl'^)  (s.  dieses  W^erk,  Bd.  II.  S.  281). 

Lebertran  (hohe  Jodzahl,  185- -176). 

Jodfette")  (jodiertes  Schweinefett  oder  Jodipin).  Die  Bestimmunir  des 
Jodgehaltes  im  Körperfett  erfolgt  entweder  nach  \ei-aschiing  gewichts- 
analytisch als  PdJ.2  oder  zweckmäßiger  iiach  folgendem  N'erfahren:  Ol— 2y 
des  Fettes  werden  mit  alkoholischer  Kalilauge  verseift,  wobei  das  Jod  ab- 
gespalten wird.  Nach  dem  Ansäuern  dei-  wässerigen  Seifenlösung  und  Zu- 
satz einiger  Tropfen  von  schwefliger  Säure  (zui-  Verhinderimg  der  Ab- 
scheidung von  freiem  Jod)  wii-d  von  den  ai)geschie(lenen  Fettsäuren 
abfiltriert.  Die  Fettsäuren  werden  nochmals  mit  wässeriger  Kalilauire  ver- 
seift; nach  abermaliger  Abscheidung  mittels  Schwefelsäure  durch  dasselbe 


1)  Radziejewski ,  Experimentelle  Beiträ?«'  zur  Fcttre8orpti(»n.  l'irrlioirs  Archiv. 
Bd.  43.  S.  268  (186K):  Bd.  56.  S.  211  (1872).  —  J.  Munk,  a.  a.  O. 

=  )  J.  Munk  und  Roscnsfcin,  Zur  Lehre  von  der  Resorption  im  Karni.  Virchoirs 
Arehiv.  Bd.  123.  S.  330  (1881). 

•')  Suhhotin,  Beitrage  zur  Physiologie  des  Fettgewehes.  Zeitsrhr.  f.  Biologie.  Bd.  6. 

S.  73  (1870).  —  Munk,  -a.  a.  0. 

*)  Rosenfeld,    Die    Herkunft    des    Fettes.    Verhaiidl.  d    IT    l\oni.Mvs>cs    f    innrre 

Medizin.  1895.  S.  430. 

»)  Lebedeff,  a.  a.  0.       . 

«)  //   winternitz,    Üher  .Tndfette  und    ihr  Verhalten   im  ()nraiiisnui>.    Zeitschr.  f. 

physiol.  Chemie.  Bd.  24.  S.  42.5  (1898). 


j]^58  ö^^o  Neubauer. 

Filter  filtriert,  mit  Wasser  gewaschen ;  die  vereinigten  Filtrate  werden  auf 
ein  bestimmtes  \'olumen  gebracht ,  in  einem  alicjuoten  Teil  das  Jod  kolori- 
metrisch  bestimmt. 

Walrat,  das  Subbothi  verwendete,  ist  für  diese  Versuche  nicht 
geeignet.  Es  steht  den  echten  Fetten  offenbar  schon  zu  ferne. 

Mit  derselben  Methodik  (Zufuhr  eines  leicht  nachweisbaren  körper- 
fremden Fettes)  laßt  sich  nach  Joannovicz  und  Pick^)  zeigen,  daß  die 
Leber  eine  sehr  wichtige  Rolle  bei  der  Fettresorption  spielt :  nach  Zufuhr 
von  Lebertran  (je  100  cni^  an  drei  aufeinanderfolgenden  Tagen)  enthalt 
sie  sehr  große  Mengen  von  Fett  mit  hoher  Jodzahl;  da  das  nach  Aus- 
schaltung der  Leber  aus  dem  Pfortaderkreislauf  (EcMche  Fistel)  nicht 
mehr  der  Fall  ist,  so  kann  man  annehmen,  daß  der  Leber  Nahrungsfett 
direkt  mit  dem  Pfortaderblut  zugeführt  wird. 

Ferner  läßt  sich  auf  diesem  Weg  der  Nachweis  erbringen,  daß  der 
Organismus  imstande  ist,  zugeführte  Fettsäuren  zum  synthetischen 
Aufbau  von  Lipoiden  zu  verwenden.  Joannovicz  und  Pick^)  haben  in 
ihren  Versuchen  auch  die  Jodzahl  der  in  den  Leberphosphatiden  (Aceton- 
fällung  des  Ätherextraktes)  vorhandenen  Fettsäuren  untersucht  und  ge- 
funden, daß  sie  nach  Lebertranfütterung  ebenfalls  ansteigt  (Hunger- 
hund: 120,  normal  gefütterter  Hund:  102,  mit  Lebertran  gefütterter 
Hund:  151).  Ferner  hat  man  in  den  Nieren  amerikanischer  Rinder  ein 
eigenartiges  Phosphatid ,  das  Karnaubon,  gefunden ;  die  für  dieses  Phos- 
phatid charakteristische  Fettsäure,  die  Karnaubasäure,  die  sonst  im  Tier- 
körper nicht  vorkommt,  ist  nun  auch  in  den  Raumwollpreßkuchen,  die  als 
Mastfutter  dienen,  reichUch  enthalten,  ^j 

Diese  Methode ,  die  Ablagerung  von  Nahrungsstoffen  im  (Organismus 
nachzuweisen,  ist  aber  nur  bei  den  fettartigen  Stoffen  anwendbar.  Es  ge- 
lingt nicht  etwa,  körperfremde  Kohlenhydrate  oder  gar  Eiweißkörper  in 
unveränderter  Form  als  Reservestoffe  zum  Ansatz  zu  bringen.  Übrigens 
zeigen  die  Hammeltalg-  und  Rübölversuche  von  Abderhalden  und  Brahm  3), 
daß  im  wesentlichen  nur  das  Fett  der  Fettdepots  die  charakteristischen 
Eigenschaften  des  Nahrungsfettes  zeigt,  während  das  eigentliche  ..Zellfett" 
in  seiner  Zusammensetzung  von  der  xVrt  des  aufgenommenen  Nahrungs- 
fettes unabhängig  ist;  das  „Zellfett"  wurde  in  der  Weise  gewonnen, 
daß  das  getrocknete ,  mit  Äther  extrahierte  Fleisch  durch  fünftägige  A'er- 
dauung  mit  Magensaft  oder  durch  fünfstündiges  Kochen  mit  der  zehnfachen 
Menge  2''/üigei'  Salzsäure  aufgeschlossen  wurde.  Dann  wurde  filtriert,  das 


')  Joannovicz  und  E.  P.  Pick,  Experimentelle  Untersuchungen  über  die  Bedeutung 
der  Leber  bei  der  Fettresorption  unter  normalen  und  pathologischen  Verhältnissen. 
Wiener  klin.  Wochenschr.  Jg.  23.  S.  573  (1910). 

^)  Dunham  und  Jacobson,  Über  Carnaubon.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  64. 
S.  302  (1910);  s.  auch  »). 

")  Abderhalden  und  Brahm,  Ist  das  am  Aufbau  der  Körperzellen  beteiligte  Fett 
in  seiner  Zusammensetzung  von  der  Art  des  aufgenommenen  Nahrungsfettes  abhängig? 
Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  62.  S.  330  (1909). 


Arbeitsmethode»  zur  Untersuehuug  des  intermediäroii  Stoffwechsels.  1  !.'){> 

P'iltrat  und  der  gotrockiictc  Filtc  rnickstaiid  mit  Atlicr  cxtraliiiTt.  Das 
extrahierte  Fett  wurde  mit  alkoiiolischcr  Natididaii^c  verseift;  die  Krtt- 
saiireii  wurden  abgeschieden  und  ihr  Schmclzpind^t  und  I-'-rstarruii'rspunkt 
festgestellt. 

Ein  anderer  Weg,  um  die  Muttersubstanzen  des  Köriterfettes  kennen  zu 
lernen,  besteht  darin,  daß  man  ein  Tier  mögliehst  fettarm  macht:  wcini 
es  dann  gehngt.  durch  reichliche  Zufuhr  einer  Substanz  eine  Anreicherung 
des  Körpers  an  Fett  zu  erzielen,  so  darf  man  schlielien.  dali  diese  gebildete 
Substanz  als  Muttersubstanz  des  Fettes  einzusehen  ist:  Mast met hi)de. 

F.  Hof'mann'^)  hat  mit  dieser  Methode  den  Ansatz  von  Nahi  iing.s- 
fett  im  Körper  bewiesen.  Er  hat  gezeigt,  daß  eine  einseitig  fettreiche 
Nahrung  die  im  Körper  voi-hancU'iie  Fettmenge  vermehrt. 

Ein  kräftiger,  ausgewachsener  (aber  nicht  alter),  lungere  /ejt  mit 
Fleisch  gefütterter  Hund  machte  eine  SOtägige  Hungerperiode  durch,  während 
deren  er  von  26"5  auf  16 /v/.  also  um  mehr  als  ein  Drittel  seines  Körper- 
gewichtes abnahm ;  nach  F^rfahrungen  an  Kontrolltieren  kann  angeuDnimen 
werden,  daß  er  nach  dieser  Vorbehandlung  fast  fettfrei  ist.  Dann  wird  er 
durch  5  Tage  mit  wenig  Fleisch  und  großen  Mengen  Speck  gefüttert  und 
getötet.  Die  Fettbestimmung  in  der  Nahrung,  im  Kot  und  im  Darminhalt 
ergil)t,  daß  während  der  Fütterungsperiode  1854//  Fett  inid  H9-7</  Eiweiß- 
stickstoff resorbiert  worden  ist. 

Der  Körper  des  Tieres  enthält      ....  \?>h)\(j      Fett 
Davon  könnte    aus    dem    verfütterten    Ei- 
weiß stammen  höchstens \'Mg-) 

Von  dem  verabreichten  Fett  sind  also  zum 

Ansatz  gekommen  annähernd    ....  i'l'l'l'j      Fett. 

Die  Bestimmung  des  Fettes  in  der  Nahrung  uml  in  den  (Geweben 
erfordert  besondere  Genauigkeit.  Methoden  siehe  dieses  Werk  Ild.  U, 
S.  199  und  Ikl.  V,  S.  477. 

In  analoger  Weise,  wurde  die  Bildung  von  Fett  aus  Kohlen- 
hydraten bewiesen.  Man  macht  die  Tiere  mögUchst  fettarm,  mästet  dann 
mit  einem  kohlenhydratreichen,  aber  möglichst  fettarmen  und  eiweii'.armen 
Futter,  tötet  die  Versuchstiere  nach  einei"  angemessenen  Zeit  und  bestimmt 
die  Zunahme  des  Körperfettes  durch  \'ergleich  mit  Kontrolltieren,  die 
schon  am  Ende  der  Unterernährungsperiode  O'espektive  Hungerperiode) 
getötet  worden  sind.  Ist  die  Zunahme  an  Fett  grölier.  als  aus  den  gering«'n 
Fettmengen  der  Nahrung  und  dem  während  der  Mastperiode  zers«'tzten 
Eiweiß    (dessen    Meiiüe    aus    dem  N-(iehalt    i\v<.  Harnes    bererhnef    wird-) 


')  Franz  Hof  manu ,    Der  Übergang    von   Nuliniiigsfett    in    die  Zellen    des     Tier- 
körpers!  Zeitschr.  f.  Biologie.  Bd.  8.  S.  I.ö3  (1H72). 

-')  Unter  Zugrundelegung    der   JJennehcrf/schQn  Zalil :    ans  100.*/  Kiweiß    können. 

rein  rechnerisch,  im  Maximum  51-3U//  Fett  neben  33-4.") . 7  V  und  27-4  .7  CO,  entstehen. 
(Neue  Beitrage  zur  Begründiing  einer  rationellen  Fütterung  der  Wiederkaner.  I.and- 
wirtschaftl.  Versuchsstationen.  22.  393.) 


\XQO  Otto  Neubauer. 

erklärt  werden  kann,  so  ist  die  Bildung  von  Fett  aus  Kolilenhydrat  er- 
wiesen. Am  geeignetsten  für  derartige  Versuche  sind  Tiere,  bei  denen 
eine  Fettmast  erfahrungsgemäß  besonders  leicht  zu  erzielen  ist .  also  vor 
allem  Schweine  und  Gänse.  Gänse  haben  vor  größeren  Tieren  noch  den 
A'orteil.  daß  eine  verläßliche  Fettbostimmung  im  Gesamtorganismus  sehr 
viel  leichter  durchführbar  ist. 

Als  Beispiel  diene  ein  Versuch  Chanieicskis  ^)  an  zwei  Gänsen  vom 
Gewicht  2381^  (Kontrolltier)  und  3706^  (Versuchstier).  Nach  einer  fünf- 
tägigen Hungerperiode  wurde  das  Kontrolltier  getötet,  der  Eiweißgehalt 
(456-47(/)  und  der  Fettgehalt  (92-41  ^  =  3-25Vo)  bestimmt. 

Das  eigentüche  Versuchstier  wird  dann  durch  15  Tage  mit  einem 
Gemisch  von  Gerste  und  Reis  von  bekanntem  Eiweiß-  und  Fettgehalt  ge- 
mästet. In  den  gesammelten  Exkrementen  wird  bestimmt:  das  nicht 
resorbierte  Fett  (15-9^),  der  Gesamtstickstoff  (40-8^),  der  als  U  vor- 
handenene  N  (11-4.9)  und  der  ätherlösliche  (O'-ig).  Der  nicht  als  Ü-N  oder 
als  ätherlöslicher  N  vorhandene  Stickstoff  (290<7)  wird  als  nicht  resor- 
bierter Nahrungs-N  betrachtet.  Am  Schluß  der  ]\Iastperiode  wird  das  Tier 
getötet,  dann  der  Eiweiß-  und  Fettgehalt  bestimmt.  Es  ergibt  sich  fol- 
gende Bilanz: 

Gehalt    des  Versuchstieres    bei  Beginn    der  ]\Iästung    (berechnet    aus  den 
Zahlen    des  Kontrolltieres,    unter    Berück- 
sichtigung des  Körpergewichtes)     .     .     .  483-8^  Eiweiß     97-7^      Fett 

Gehalt    des  Versuchstiers  am  Schlüsse  der 

Mästung  (direkt  bestimmt)     ....     .  489-2^       ,,       542-9.9^)      ,. 

Masteffekt 5-4y  Eiweiß  445-2^      Fett 

=  0-8^  N. 
Von  diesem  Fett  ist  gedeckt : 
Durch  Fett    aus    der  Nahrung:    zugeführt  mit  der  Nahrung  24*6.  zurück- 
gefunden im  Kot  159 .  also  wirklich  resorbiert 8-7^ 

Aus  Eiweiß:  zugeführter  Nahrungs-N 45-8 

nicht  resorbiert 29'0 

resorbierter  N 16'8 

als  Eiweiß  angesetzter  N ^ 0^8 

bleibt   zur   Fettbildung   im    günstigsten    Fall    zur 

Verfügung  Eiweiß  entsprechend Iß'O^'  N. 

Diese  bedeuten  100,7  Eiweiß;    aus  diesen  können  sich  nach 

Henneberg  (s.  oben)  höchstens  bilden .     bV4:g 

Durch  Fett  und  Eiweiß  gedeckter  Teil  des  Mastfettes 60-1^ 

Masteffekt  (s.  oben) ■     •  445-2  </ 

Ungedeckt,  also  aus  Kohlenhydrat  entstandenes  Fett 385-1  </ 

0  Chaniewshi,  Ülter  Fettlüldung  aus  Kohlenhydrat  im  Tierorganismus.  Zeitschr. 
f.  Biologie.  Bd.  20.  S.  189  (1884). 

^)  Im  Original  ein  Druckfehler. 


Arbeitsmethoden  zur  rntersuchiing  des  iiitermi'diarou  StoffwcchselB.         HCl 

Die  r.ildung-  von  Fett  aus  Kiwcii;  li.il  sich  da^n'^-ii  aiil  (licsciii 
eiiifat'lion  Füttci'iiiiuswog'  iiodi  iiiclit  cinwaiKltrci  hcwciscn  lassen.  Da  <lir 
.Mödichkoit  eines  Cbert>angs  von  EiweilJ  in  Fett  hente  nicht  nnhr  he- 
zweifelt  weiden  kann  (sind  doch  die  hei(h-n  Teil.stivckcn  Fi\veii;-/in-ker. 
Zückcr-Fett  exakt  festgelegt),  so  liegt  das  offenbar  daiaii .  dal'i  «lir  \'er- 
suchsbedingungen  zu  ungünstig  waren. 

Franz  Hof  mann  ^)  glaubte  in  dvw  wachsenden  Fliej.M'ninaden  ein  Ob- 
jekt gefunden  zu  hal)en .  an  dem  sicii  dir  lliidung  von  Fett  ans  Kiweil» 
analytisch  denionsti-ieren  ließe.  Er  setzte  Fliegeiu'ier  auf  defibriniertos 
lUut.  dessen  Fettgehalt  bestimmt  wai\  inul  untersuchte  dann  den  IVtt- 
gehalt  der  erwachsenen  Maden,  (iegen  diese  \'ersuche  eihob  J'f/ii(/>r  unter 
anderem  den  prinzii)iellen  Finwand.  daCi  hier  die  MitwirknuL;-  von  l'.akterien 
nicht  auszuschlielJen  sei. 

In  ausgedehntester  Weise  wurde  die  Mästungsniethode  benutzt,  um  die 
Quellen  des  zweiten  wichtigen  Re.servestoffe.s.  des  (ilykogens.  zu  erforschen. 
Auch  hier  geht  man  in  analoger  Weise  vor.  indem  man  das  Tier  zuerst  mög- 
lichst glykogenfrei  macht  und  dann  die  zu  pi-iifende  Sid)stanz  in  großer  Mengte 
zuführt.  Findet  man  dann  eine  Zunahme  des  (Mykoucnuchaltcs  gegenüber 
Kontrolltieren,  so  wird  man  annelunen.  können .  daU  die  verfütterte  .Sub- 
stanz in  Glykogen  übergegangen  ist.  Fs  ist  jedoch  wichtiL!.  zu  beachten. 
daß  solche  Schlußfolgerungen  nicht  durchaus  zwingend  sind.  .Man  kann  ein- 
wenden, daß  die  verfütterte  Substanz  vielleicht  nicht  selbst  in  (ilykogen  über- 
gegangen ist.  sondern  zu  anderen  Zwecken  im  Organismus  verwendet  worden 
ist  und  dadurch  andere,  im  Köij)ei'  vorhandene  Stoffe  zur  (dykogenbildung 
disponibel  gemacht  hat  (Er.sparnistheorie).  Auch  noch  in  amlerer  Wei.se 
kann  eine  solche  ..indirekte"  (dykogenbildung  zustande  kiminien :  man 
hat  gefunden,  daß  auch  Substanzen,  die  als  Fuergietriiger  gar  nicht  ernst- 
hcli  in  IJetracht  kommen  (Harnstoff.  Ammoniaksab:e.  .\mide.  Narkotika. 
Antipyretika.  Adrenalin),  eiiu'  (ilykogenvermehrung  bewirken  können.  Man 
hat  also  bei  einem  positiven  Ausfall  des  (ilvkogenmästungsver.suches  imnu-r 
noch  an  die  Möglichkeit  zu  denken,  daß  die  verabreichte  Substanz  kein 
echter  (ilykoge]d)ildner  ist,  sondern  ein  ..Pseudoglykogenbildner" -» :  In-i  dei- 
Deutung  sind  vor  allem  die  (luantitativen  \('rh;dtiüsse  mal'igebend. 

Es  ist  selbstverständlich,  daß  die  Kontroiltiei-e  den  eigentlichen  \er- 
suchstieren  möglichst  ähnlich  sein  sollen  an  Hasse.  (Jröße.  Fruidirunirszu- 
stand  und  daß  eine  große  Anzahl  von  Kontrolltieren  zu  unter.-^uchen 
ist.  Der  Ennittlung  der  günstigsten  \('rsuchsbe(lingungen  ist  eine  große 
Anzahl  von  Arbeiten  gewidmet  worden  :  es  liandelt  sich  voi-  allem  darum, 
durch  eine  geeignete  Vorbehandlung  das  (ilykogen  nniglichst  vollständig 
und  sicher  aus  dem  Körpei-  zu  entfernen,  so  daß  dei'  (ilvkogengehalt  der 


')  F.  Jlof mann,  Der  Übergaiifr  von  Nulirunsrsfett  in  dii-  Zollen  de.*  Tierkorpers 
Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  8.  S.  153  (1872). 

-)  Crcnur,  Physiologie  des  (ilykogens  in  Aslifr-S|.ijn.  V.xx  il  l'h\-i..I  IM  I 
Biochemie.  S.  8U3  (19U2). 


1162 


Otto  Neubauer. 


Kontrolltiere  auf  ein  Minimum  reduziert  ist.  Die  zur  Verfügung  stehenden 
Methoden  sind: 

a)  Im  Hunger  nimmt  der  Glykogengehalt  rasch  ab;  doch  hat  schon 
Claude  Bernard  gezeigt,  daß  man  durch  Hunger  Tiere  nicht  sicher  gly- 
kogenfrei  machen  kann.  Der  Glykogengehalt  hungernder  Tiere  ist  auch  bei 
scheinbar  gleichen  Lebensbedingungen  sehr  großen  individuellen  Schwan- 
kungen unterworfen  und  ganz  unberechenbar.  ^)  Pffiiger-)  fand  bei  einem 
Hunde  am  28.  Hungertag  noch  4-785Vo  Glykogen  in  der  Lel)er  und 
0'158  in  den  Muskeln,  also  im  ganzen  Körper  von  33'6  %  noch  ö2-b  g 
Glykogen. 

b)  Kohlenhydratfreie  Kost.  Mit  ihr  ist  noch  weniger  als  durch 
vollständiges  Hungern  wirkliche  Glykogenfreiheit  zu  erzielen.  Als  A'orberei- 
tung  für  den  \'ersuch  ist  aber  eine  derartige  Ernährung  sehr  wohl  brauch- 
bar. Eine  möglichst  kohlenhydratarme  Kost  ist  die  reine  Fleischfettkost. 
Doch  ist  zu  berücksichtigen,  daß  das  Fleisch  immer  geringe  Mengen  von 
Glykogen  enthält,  besonders  das  Pferdefleisch,  weniger  das  Ochsenfleisch ; 
sehr  arm  an  Kohlehydraten  ist  nach  Pflüger  ^)  das  Kabhaufleisch,  das  in 
der  Regel  nur  einige  Hundertstel  Prozent  Glykogen  enthält;  in  manchen 
Fällen  allerdings  bis  zu  0-3"/o-  Her  Kohlenhydratgehalt  des  Fleisches  muß 
also  in  jedem  entscheidenden  Versuch  eigens  bestimmt  werden. 

c)  Durch  anstrengende  Muskelarbeit  wird  ebenfalls  der  Glykogen- 
gehalt beträchtlich  herabgesetzt;  das  Verfahren  hat  den  Vorteil,  relativ 
wenig  eingreifend  zu  sein,  ist  aber  nicht  im  Stande,  das  Glykogen  bis  auf 
die  letzten  Spuren  zu  entfernen.  Die  Methode  wurde  besonders  bei  Hunden 
angewendet  in  Form  der  Tretbahnarbeit.  ^) 

d)  Schwere  Krämpfe  wirken  offenbar  in  analoger  Weise.  7ii<^^^)  hat 
gezeigt,  daß  spezieU  Strychnin  ein  Mittel  ist,  um  Kaninchen  glykogenfrei 
zu  machen.  Methodik  siehe  weiter  unten.  Beim  Frosch  versagt  die  Me- 
thode oder  muß  wenigstens  durch  längere  Zeit  angewendet  werden. 

e)  Einwirkung  von  Kälte,  z.B.  Eintauchen  in  kaltes  Wasser,  so  daß 
die  chemische  Wärmeregulierung  in  Anspruch  genommen  wird,  ß) 

/;  Phlorhizin.  Mering  hatte  ursprünglich  angegeben,  daß  es  mit 
Hilfe    von  Phlorhizin    gelingt,    Tiere   rasch  glykogenfrei  zu  machen;  doch 


1)  E.  KüJz,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Glykogens.  Festscbr.  f.  C.  Ludwig,  Mar- 
burg 1890.  —  Äldcliojf,  Über  den  Einfluß  der  Karenz  auf  den  Glykogenbestand  von 
Muskel  und  Leber.  Zeitscbr.  f.  Biol.  Bd.  25.  S.  137  (1889). 

*)  Pflüger,  Über  den  Glykogengehalt  der  Tiere  im  Hungerzustand.  Arch.  f.  d. 
ges.  Physiol.  Bd.  91.  S.  119  (1902). 

')  Pfliiger,  Prof.  Dr.  Mohrfi  neue  Versucbe  über  die  Entstehung  von  Glykogen  aus 
Eiweiß.  Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  126.  S.  .jlG  (1909). 

'')  Bendix,  Über  phvsiol.  Zuckerbildung  nach  Eiweißdarreichung.  Zeitschrift  für 
physiol.  Chem.  Bd.  32.  S.  479  (1901). 

5)  Külz,  a.  a.  0. 

«)  E.  Külz,  Über  den  Einfluß  der  Abkühlung  auf  den  Glykogengehalt  d.  Leber. 
Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  24.  S.  46  (1881). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  intermediären  Stoffwechsels.         116H 

stellte    sich  später  heraus,  daß  man  inanchmal  docli  ikk  h   icclit    bctriicht- 
liche  Mengen  von  (Glykogen  finden  kann.') 

g)  Viele  Gifte,  wie  Phosphor,  Arsrn.  vermögen  den  (Üykogengehalt  der 
Organe  zu  vermindern,  setzen  aber  gleichzeitig  so  schwere  anderweitige 
Veränderungeu,  daß  einfache  \'ersiichsbedingungen  nicht  gegeben  sind. 

Iii  praxi  ist  es  empfehlenswert,  diese  Verfahren  miteinaiKh'i*  zu  kom- 
binieren; besonders  wichtig  ist  es.  dal»  man  ti;inii  im  riditigen  Zeitjjunkt 
den  eigentlichen  \ersuch  beginnt,  respektive  das  Kontrolitier  tötet,  im 
aUgemeinen  möglichst  bald  nach  dem  letzten  glykogenvermindernden  Ein- 
griff. Wartet  man  längere  Zeit,  so  kann  sich  (Jlykogen  wieder  neu  gel)il(h't 
haben.  Diese  Tatsache,  die  der  Aufmerksamkeit  der  Autoren  lange  ent- 
gangen ist,  dürfte  viele  \'erschiedenheiten  in  den  \'ersu(  lisresnitaten  er- 
klären. Narkotika  sollen  nicht  verwendet  werden,  da  untei'  ihrem  Kinflnl) 
besonders  leicht  eine  Neubildung  von  (ilykogen  stattfindet. 

Beispiele  derartiger  erprobter  Kombinationen  sind  folgende  \or- 
schriften: 

5ewf?ä' 2) :  Hunde  werden  etwa  8  Tage  lang  mit  sehr  fettreiciier  Nah- 
rung (Schmalz),  der  nur  sehr  wenig  Hackfleisch  zugefügt  ist,  gefüttert, 
wobei  sie  stark  an  Gewicht  abnehmen.  Es  folgen  2  Tage  vollständiger 
Karenz;  am  darauffolgenden  Tage  laufen  dii'  Tiere  auf  der  \'on  Zuntz 
konstruierten  Tretbahn  4  Stunden  in  schnellem  Tempo  bergan  (im  Mini- 
mum lOl-in  mit  einer  Steigung  von  mehr  als  2000 //o.  In  Leber  und 
Muskel  finden  sich  dann  nur  noch  Spuren  von  Kohlehydraten. 

E.  Pflüger,  der  an  den  Methoden  der  Glykogenverarmung  sehr  strenge 
Kritik  geübt  hat,  hat  schließlich  folgende  Methode  s)  für  geeignet  erklärt: 

Man  läßt  Hunde  von  b—lOhj  10  Tage  lang  hungern  (Wasser  wird 
gegeben);  an  den  ,')  letzten  Hungertagen  erhält  das  Tier  jeden  Morgen 
eine  subkutane  Einspritzung  von  1  g  I'hlorhizin ;  7  Stunden  nach  der  letzten 
Injektion  wird  das  Tier  getötet.  Die  Leber  enthält  nun  weniger  als  O'l 
(0-0567)  Vo'  die  Muskulatur  weniger  als  O'B  (durchschnittlich  0-198)''/o  <  Glykogen. 
Das  Maximum  von  Kohlenhydrat,  das  in  einem  solchen  10  kg  schweren 
Hund  noch  vorhanden  sein  könnte,  berechnet  sich  nach  rjliigcr  folgemler- 
maßen: 

In  der  Leber,  Gewicht  ;-U0  y,  rrozentgehalt  O-Oöfu      Ol  t»:-;  g 
In  dem  ülirigen  Körper,  wemi   man  den  Gehalt 
der  Muskeln  dafür  einsetzt,  was  sicher  viel  zu 

hoch  ist l^'-'      !f 

Freier  Zucker  der  Säfte •     •   lO'O      // 

2*J-493<7 


')  KiiJz  uiul  Wrifihf,  Zur  Kenntnis  der  Wirkun-x  des  riilnihidzins  u.  l'liloretins. 
Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  27.  S.  181  (18Ü0). 

^)  Bendix,  tjber  die  physiologische  Znckerhildung  nach  EiweiÜdarrcichung.  Zeit- 
schrift f.  physiol.  Chemie.  Bd.  32.  S.  471)  (U)01). 

3)  Pf/rn/cr  und  Juiikersdorf,  ("her  die  Muttersubstnnz  dos  (ilykoL'ons.  .\rrli,  f. 
d.  ges.  Physioi.  Bd.  13L  S.  201  (1910). 


1\ß4:  ö^^'^  Neubauer. 

Bei  Kaninchen  ist  die  auf  die  Untersnchimgen  von  KüJz  gegrün- 
dete Methode,  wie  sie  auch  von  FrenUtd  und  0.  Simon '^)  benutzt ' wurde, 
zu  empfehlen :  Die  Kaninchen  werden  zunächst  ?>  Tage  lang  mit  Milch  ge- 
füttert ,  um  den  Darm  von  dem  voluminösen  Pflanzenfutter  zu  befreien ; 
dann  läßt  man  sie  24  Stunden  hungern;  darauf  wird  in  viertelstündigen 
Pausen  je  1  cni^  einer  0'01^/oigen  Lösung  von  Strjxhnin.  nitricum  subkutan 
injiziert,  bis  spontan  Krämpfe  auftreten.  Nach  dem  Ablaufen  der  Krämpfe 
werden  neue  Konvulsionen,  z.  B.  durch  leichtes  Ziehen  an  der  Pfote,  aus- 
gelöst. Wenn  die  Krämpfe  schwächer  werden,  wird  neuerdings  injiziert. 
Bisweilen  ist  die  Einleitung  künstlicher  Atmung  zur  Erhaltung  des  Lebens 
notwendig.  Dieser  Zustand  wird  durch  mehrere  (5 — 6)  Stunden  unterhalten. 
Die  Vergiftung  muß  sich  in  lebhaften  Krämpfen  äußern,  wenn  man  sicher 
sein  will,  daß  das  Glykogen  vollständig  zum  Schwund  gelangte.  Die  Emp- 
findlichkeit gegen  das  (xift  ist  bei  verschiedenen  Tieren  verschieden.  In 
der  Regel  braucht  man  für  ein  Kaninchen  mittlerer  Größe  6 — 10  Spritzen. 
Zur  richtigen  Dosierung  ist  einige  Erfahrung  nötig;  anfangs  geht  wohl 
jedem  Experimentator  eine  Reihe  von  Tieren  zugrunde. 

\'iele  Autoren  experimentierten  an  Hühnern,  die  mehrere  Tage  ge- 
hungert hatten.  Doch  ist  zu  berücksichtigen,  daß  auch  nach  6tägigem 
Hunger  der  Glykogengehalt  der  Hühnerleber  bis  zu  V/q  betragen  kann 
und  der  Glykogengehalt  der  gesamten  Muskulatur  noch  1"7  g.  ^-) 

Schöndorff^)  iiowic  Blumetithal  und  Wohlgenmth  arbeiteten  an  Fröschen, 
welche  mehrere  Wochen  lang  ohne  Nahrung  gehalten  worden  waren.  Der 
Glykogengehalt  der  Tiere  betrug  dann  etwa  0"2— 0"4"/o. 

Trotzdem  es  für  die  meisten  der  angeführten  \"orbereitungsmethoden 
festgestellt  ist,  daß  sie  die  Tiere  fast  glykogenfrei  machen,  so  sind  doch 
bei  jeder  neuen  Ilntersuchungsreihe  neuerliche  Kontrollversuche  nötig,  weil 
auf  diese  Weise  Zufälligkeiten  in  den  äußeren  Bedingungen  am  besten  aus- 
geschlossen werden. 

Nach  x\l)schluß  der  Vorperiode  erhält  das  Tier  die  zu  prüfende  Sub- 
stanz, und  zwar  in  möglichst  reiner  Form.  Während  dieser  eigentlichen 
Versuchsperiode  muß  der  N-Gehalt  des  Harns  und  des  Kotes  kontrolliert 
werden,  um  ein  Urteil  über  den  Eiweißzerfall  zu  gewinnen.  Diese  Periode 
darf  nicht  zu  kurz  sein,  weil  sonst  eventuell  keine  genügende  Glykogen- 
menge  sich  bildet.  Sie  darf  aber  auch  nicht  zu  lang  ausgedehnt 
werden,  weil  die  Versuchsbedingungen  sonst  wieder  ungünstig  werden;  denn 
je  länger  diese  Periode  dauert,  desto  größer  wird  die  Glykogenmenge,  die 
aus  dem  zerfallenden  Körpereiweiß    entstanden    sein    könnte;    diese  wird 


*)  Frentzel,  Über  Glykog-enbildung  im  Tierkörper  nach  Fütteruns;  mit  Holzzucker. 
Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  56.  S.  273  (1894).  —  0.  Simon,  Zur  Physiologie  der 
Glykogenbüdung.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  35.  S.  315  (1902). 

^)  E.  Külz,  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Glykogens.  Festschrift  für  C  Ludwig. 
Marburg  1890. 

^)  Schöndorff,  Über  die  Entstehung  von  Glykogen  auf  Eiweiß.  Arch.  f.  d.  ges. 
Physiol.  Bd.  82.  s!  60  (1900). 


Arbeitsmethoden  zur  rntersuclmug  des  iatermediären  Stoffwechsels.         116ä 

aus  dem  X-Gehalt  dos  Hanis  berechnet  unter  Zii<i:run(lele^nnf.^  di-i-  An- 
nahme, daß  einem  Teil  X  nielit  mehr  als  f)  Teile  Zucker  entsprechen  (lürt- 
ten  (siehe  weiter  unten).  Auch  aus  dem  (ilyzerin  des  wahrend  dieser  Zeit 
zerfallenden  Körperfettes  könnte  (Myko^i'U  entstanden  sein:  doch  ist  diese 
Menge  hei  dem  relativ  niedrij>-en  (iehalt  des  Fettes  an  ( ;iy/eriii  nicht  jj-ntü. 
Dali  auch  die  Fettsauren  des  widirend  dieser  Zeit  zerfallenden  Körperfettes 
als  (ilykoi^enbildner  in  Betracht  kommen,  ist  nicht  anzuiH-hmen.  Wollte  man 
auch  diese  Möglichkeit  mit  in  Kechnung  ziehen,  so  wäre  der  positive 
Nachweis,  daß  ein  Stoff  ein  Glykogenbildner  ist.  nur  iu  seltenen  F.il- 
len  möglich. 

Dann  wird  das  Tier  getötet  und  sein  Glykogengehalt  bestimmt.  Hei 
größeren  Tieren  erstreckt  sich  die  Untersuchung  auf  Leber  und  Muskeln,  bei 
kleineren  dient  am  besten  der  ganze  oder  der  halbe  Körper  zur  llotiuiniinig. 

Ungemein  wichtig  ist  natürlich  die  Verwendung  einer  einwandfieien 
Methode  der  Glykogenbestimmung.  Über  die  Methoden  siehe  dieses  W  eik. 
Band  II,  S.  159  und  1070. 

Negative  Versuche  an  kachektischen  Tieren  beweisen  nichts.  Man 
soll  die  vorausgehende  Hungerperiode  nicht  so  lange  ausdehnen,  daß  die 
prämortale  N-Steigerung  eintritt.  Aus  diesem  Grunde  vilt  Crem/r  ^).  für  die 
Versuche  von  vornherein  fette  Tiere  zu  verweiRh'ii.  Die  Temperatur  ist 
regelmäßig  zu  messen.  Narkotika  sind  zu  vermeiden. 

Unter  Anwendung  dieser  „direkten  Fütterungsniet  hode"  ist 
von  Külz  und  durch  die  Arbeiten  der  Foi^schen  Schule  gezeigt  worden, 
daß  vor  allem  die  gärfähigen  Kohlenhydrate  und  ihre  I'olysaccharide 
außerordentlich  starke  Glykogenbildner  sind.  So  konnte  eine  Kaninchen- 
leber in  einem  8V2Stündigen  Versuch  mit  Traubenzucker  bis  auf  Ur8ä"/o 
Glvkoüen  gebracht  werden.  Die  meisten  übriuen  Kohlenhvdrate  bewirken 
ebenfalls  eine  Glykogenvermehrung.  die  aber  viel  geringer  ist.  so  daß  eine 
indii-ekte  Wirkung  nicht  ausgeschlossen  ist.  Auch  eine  Keihe  von  N-fi-eien 
Stoffen,  die  chemisch  den  Zuckerarten  nahestehen,  bewirken  eine  \"er- 
mehrung  des  Glykogens  (Glyzerin,  Milchsäure).  Durch  Fett  (Fettsäuren) 
konnte  niemals  eine  GIvkogenvermehrung  erzielt  werden;  auch  nicht  duich 
Alkohol. 

Vor  allem  ist  aber  mit  Hilfe  dieser  Methode  exakt  bewiesen  worden, 
daß  auch  das  Eiweiß  ein  Glykogenbildner  ist,  zidetzt  tniter  lleachtnng 
aller  nur  erdenklichen  Fehlerquellen  von  Pßliger  und  Junkcrsdorf.-)  Sie 
fütterten  Hunde,  die  in  der  oben  angegebenen  Weise  mit  Hunger  und 
Phlorhizin  vorbehandelt  waren,  mehrere  Tage  mit  Kabliaufleisch.  töteten 
sie  und  fanden  in  der  Leber  durchschnittlich  ü-46Vo-  i"  '•*'"  Muskeln 
durchschnittUch  l'OOVo  Glykogen.  Von  den  tmtersuchten  Kiweißspaltnngs- 
produkten  hat  (ilykokoU  unsichere,  Leucin  negative  Kesultate  ergeben. 


*)  Cremer,  Physiologie  des  Glykogens  in  Asber-Spiro.  Ergebnisse  der  Physiologie. 
Bd.  1.  Biochemie.  S.  803  (1900). 

-)  Pßiif/cr  und  Junkersdorf,  t)ber  die  Muttersubstanzen  des  (Uykogens.  Arch.  f. 
d.  ges.  Physioi.  Bd.  131.  S.  218  (Tabelle)  (1910). 


l  ißß  Otto  Neubauer. 

Zur  Untersuchung  der  Entstehung  von  Eiweiß  im  Körper  ist  diese 
Mastmethode  nicht  anwendbar,  da  eine  Eiweißmästung  überhaupt  nicht 
oder  nur  in  einem  ganz  geringen  Grade  mögUch  ist.  Ol)  die  geringen 
Mengen  von  Stickstoff,  die  im  Körper  zurücl^behalten  werden,  wenn  von 
einer  eiweißarmen  zu  einer  eiweißreichen  Kost  übergegangen  wird,  und  die 
von  Voit  als  ^'ermehrung  des  ..zirkulierenden  Eiweißes"  gedeutet  worden 
sind,  wirklich  als  Eiweiß  zurückbleiben,  ist  noch  nicht  erwiesen.  Aber  wenn 
es  sich  auch  wirklich  um  Eiweiß  handelt,  so  ist  seine  Menge  zu  klein,  als 
daß  eine  quantitative  Organuntersuchung  sie  nachweisen  könnte.  Sollte  es 
sich  aber  um  andere  X-haltige  Substanzen  handeln,  so  wäre  von  weiteren 
chemischen  Organuntersuchungen   vielleicht    eine  Aufklärung  zu  erwarten. 

B.  Untersuchung  normaler  Körperflüssigkeiten  (Blut,  Chylus). 

Im  intakten  Organismus  ist  eine  chemische  Untersuchung  der  Or- 
gane im  allgemeinen  nicht  möglich,  wenn  auch  gelegenthch  einzelne  Organ- 
stückchen dem  lebenden  Organismus  entnommen  und  der  Analyse  unter- 
worfen Avordeu  sind.  (Z.  B.  Untersuchung  auf  Glykogen  in  Leberstückcheu, 
die  mittelst  eines  Troikarts  entnommen  waren,  i) 

Ein  einziges  Organ  ist  ohne  Gefährdung  der  Gesundheit  auch  beim 
Menschen  einer  genauen  chemischen  Untersuchung  zugänghch:  das  Blut. 
Es  kann  ohne  Schaden  in  Mengen  bis  zu  etwa  300  cin^  durch  Aderlaß  oder 


^t'^ 


besser  durch  A'enaepunktion  gewonnen  werden.  Nach  Desinfektion  der  Haut 
der  Ellbogenbeuge  wird  um  den  Oberarm  eine  Gummibiiide  so  angelegt, 
daß  die  Venen  sich  stark  füllen,  der  Badialpuls  aber  gut  fühlbar  bleibt. 
Dann  wird  eine  nicht  zu  dünne  Punktionsnadel  durch  die  Haut  flach  in 
eine  Cubitalvene  eingestochen,  das  ausfließende  Blut  in  einem  Meßzylinder 
aufgefangen.  Schröpfkopfblut  ist  zu  chemischen  Untersuchungen  weniger 
geeignet. 

Je  nach  der  besonderen  Art  der  Fragestellung  wird  das  Gesamtblut 
oder  das  Blutserum  oder  das  Blutplasma  zur  Untersuchung  herangezogen. 
Das  Blutserum  scheidet  sich  beim  einfachen  Stehen  des  Blutes  in  einem 
hohen  Gefäße  (Meßzylinder)  in  der  Kälte  ab  und  kann  abgegossen  werden. 
Will  man  Plasma  haben,  so  beschickt  man  den  Meßzylinder,  in  dem  das 
Blut  aufgefangen  werden  soll,  mit  einer  gerinnungshemmenden  Substanz: 
entweder  mit  Hirudin  (käuflich  bei  Sachsse  &  Cie.  in  Leipzig,  teuer,  min- 
destens 1mg  pro  100  cni^  Blut)  oder  mit  gesättigter  Mg  SOi-Lösung  (ca. 
35Voige  Lösung  des  wasserhaltigen  Salzes,  ein  A'olumen  auf  3  ^'ol.  Blut) 
oder  mit  einer  Lösung  von  neutralem  Ammoniumoxalat  oder  Natriura- 
oxalat  oder  Natriumzitrat  oder  Fluornatrium  (von  diesen  Salzen  auf  je 
100  cm3  Blut  10  cm^  einer  2 — 4Voi8eu  Lösung),  Durch  Rühren  mit  einem 
Glasstab  ist  schon  während  des  Eingießens  des  Blutes  für  möglichst  rasche 
Mischung  zu  sorgen.  Beim  Stehen,  rascher  beim  Zentrifugieren,  scheidet 
sich  das  Plasma  ab.  Ein  Kachteil  dieser  Methoden  besteht  darin,  daß  das 


')  Frerichs,  Über  den  Diabetes.  Berlin  1884.  S.  272. 


Arbeitsmethoden  zur  Untersucliung  dos  iiiterinediärfn  Stoffwechsels.         1  HJT 

IJlutplasiiia  in  iiiclit  iiciiau  /ii  hcstiminciKlcr  Weise  vei-düiiiit  wird.  Will 
man  (inantitativ  arbeiten,  so  müssen  also  die  ab^^esetzti'n  llliitküriicrcheii 
durch  wiederholtes  Waschen  mit  einer  ph.vsioloj^isclien  Lösung'  und  Ab- 
zcutrifui^ieren  L>ewasclien .  die  Waschwässci-  mit  dnn  ria>ma  vi-reinipt 
werden. 

Zur  Kenntnis  intermediärer  Stoft'wechs('lvori;;in.ü('  haben  Hlutuntcr- 
suchungen  bisher  verhältnismäßig  \venij>- beij^etra^«')!.  Das  lic^-t  «rnilltcnteils 
daran,  daß  das  lUut  Zwischenprodukte  des  Abbaues  niii-  in  relativ  ^»-erin^'er 
Menge  enthält  und  daß  es  auch  bei  einseitiger  EiMiährung  seine  Zusammen- 
setzung kaum  ändert,  solange  die  Nieren  intakt  sind. 

Nur  der  Fettgehalt  ist  leicht  beeinflußbar.  Cl)er  die  J!estinimung.s- 
methoden  siehe  dieses  Werk.  IUI.  \'.  S.  KH.  Der  (iehalt  des  Dlutserums 
au  Neutralfett  ist  nicht  nur  nach  reichlicher  Aufnahnu'  von  I'ett  oder 
Fettsäuren  vermehrt,  sondern  auch  bei  manchen  anderen  Zuständen,  in 
denen  dann  ein  gesteigerter  Transport  des  Fettes  aus  den  Fettdepots  in 
andere  Organe  anzunehmen  ist.  (Hunger,  schwerer  Diabetes.  \  ergittungen.) 

Der  Zuckergehalt  des  Blutes  schwaidvt  innerhalb  viel  engerer  (Jrenzen; 
beim  ^lenschen  zwischen  0*08 — 0'12Vo  i"i  Gesamtblut:  die  IJestimmung 
muß  sofort  nach  der  p]ntnahme  des  Blutes  angesetzt  werden,  fbei'  die 
Methoden  siehe  Bd.  W  .S.  ITIi.  Nach  reichlicher  Zuckeraufnalune  kann  der 
Blutzuckerwert  auch  beim  Gesunden  ansteigen;  doch  sind  solche  l'nter- 
siu'hungen  zur  Feststellung  der  Muttersubstanzen  der  Kohlehydrate  und 
ihrer  Wanderung  im  gesunden  Organismus  bisher  kaum  herangezogen 
worden,  um  so  mehi"  allerdings  zur  Aufklärung-  des  Wesens  der  patholo- 
gischen Glykosurien. 

Der  Nachweis  resp.  die  Bestimmung-  der  anderen  Blutbestandteile 
(Milchsäure,  Glykokoll.  Harnsäure.  Oxalsäure  usw.)  hat  für  die  Lehre  vom 
intermediären  Stoffwechsel  bisher  ebenfalls  nur  sehr  wenig-  geleistet.  \"or 
allem  sind  die  Bestimmungsmethoden  für  diejenigen  Stoffe  noch  un- 
genügend, die  als  Zwischenprodukte  des  Eiweißstoffwechsels  im  Blute 
vorkommen  könnten.  So  ist  es  vielleicht  zu  erklären,  dal»  es  noch  nicht 
gelungen  ist,  nach  einer  reichlichen  EiAveißmahlzeit  eine  Veränderung:  der 
N-haltigen   Bestandteile  des  Gesamtblutes  nachzuweisen. 

Abderhalden  und  seine  Mitarbeiter  i)  haben  die  Untersuchung  der 
Eiweißkörper  des  Bhites  dazu  benutzt,  um  etwas  über  den  ( )rt  zu  er- 
fahren, an  welchem  das  Nahrungseiweiß  zu  Körpert'iweitt  umgebaut  wird. 
Sie  fanden,  daß  bei  Ernährung  mit  einseitig-  zusammengesetztem,  z.  B. 
sehr  glutamiusäurereichem  Eiweiß  (Gliadin)  der  (Jehalt  der  Üluteiweiß- 
körper  an  Glutaminsäure  sich  nicht  wesentlich  ändert;  da  dasselbe  Be- 
sultat  auch  an  Hunden  mit  AVAscher  Fistel  erhalten  wurde,  so  darf  ge- 
schlossen   werden,    daß    der  Aufbau    des   Körpereiweißes    aus    den  resor- 


*)  Abderhalden  und  Samuehj,  Beiträge  ziir  P'rairo  nach  der  Assimilation  dos 
Nahrungseiweiß  im  tierischen  Organismus.  Zeitsclir.  f.  physiid.  Chcin.  Bd.  -Wi.  S.  Vy^  (1905). 
—  Ähdrrhalden,  C.  Funk  und  London,  AVeiterer  Beitrag  zur  Krage  nach  der  .\ssiniilation 
des  Nahrungseiweiß  im  tierischen  Orgauismus.  Ebenda.  Bd.  51.  S.  2G\)  (1907). 


11QQ  Otto  Neubauer. 

bierten  Aminosäuren  Avahrscheinlich  schon  in  der  Darmschleimhfiut  erfolgt. 
Abderhalden  hebt  hervor,  daß  die  Methodik  noch  weiterer  Ausbildung-  bedaif. 

Man  hat  ferner  versucht,  die  Stoffwechselfunktion  eines  bestimmten 
Organes  dadurch  festzulegen,  daß  man  die  Zusammensetzung  des 
Blutes  im  zuführenden  und  im  abführenden  Gefäß  miteinander 
verglich;  z.  B.  den  Zuckergehalt  des  Pfortaderblutes  und  des  Lebervenen- 
blutes. \o\\  dem  Vergleich  des  Blutes  einer  Extremitätenarterie  mit  dem  einer 
Extremitätenvene  könnte  man  Aufschhisse  über  die  chemischen  Prozesse 
in  der  Muskulatur  erwarten.  Jedoch  sind  auch  die  Ergebnisse  dieser  Me- 
thodik weit  hinter  den  Erwartungen  zurückgeblieben.  Die  in  der  Zeiteinheit 
durch  die  Organe  strömende  Blutmenge  ist  so  groß,  daß  die  Differenz  in 
der  Zusammensetzung  des  zufließenden  und  des  abfließenden  Blutes  so  gering 
wird,  daß  ihre  Bestimmung  in  die  Versuchsfehler  der  Methoden  fällt.  M 

Nur  der  NHg-Gehalt  des  Blutes  scheint  nach  den  Untersuchungen 
der  Nencki-Pawlowsche^i  Schule  in  verschiedenen  Gefäßgebieten  erhebliche 
Verschiedenheiten  darzubieten.  2)  Die  Bestimmung  nach  der  Methode  von 
Nencki  und  Zaleski  ergab  bei  normalen  Hunden: 

Im  Hunger     In  der  Verdauuugs- 
periode 
In  100  cm^  Blut 

In  der  A.  cruralis  durchschnittlich    .     .     .     0'42  0"41  mg 

„     ,.     Pfortader 1-29  1-85  „ 

„     „     V.  iMac,  comni 0'80  0"70  „ 

Diese  Zahlen  können  so  gedeutet  werden,  daß  beim  Abbau  der  Ei- 
weißkörper resp.  ihrer  Spaltungsprodukte  in  der  Darmschleimhaut  NH3 
frei  wird,    das    der  Leber  zugeführt  und  dort  entweder  zum  Wiederaufbau 

von  Eiweiß  oder  zur  U-Bildung  verwendet  wird.  Doch  haben  Biedl  und 
Winterberg  ^)  bei  gleicher  Versuchsanordnung  sehr  viel  geringere  Differenzen 
gefunden,  denen  sie  keine  entscheidende  Bedeutung  beizumessen  vermögen 
(im  Karotisblut  0-62,  im  Pfortaderblut  0*89  mg). 

Über  die  Technik  der  Untersuchung  ,.überlebenden  Blutes"  siehe 
unten. 

Aufschlüsse  über  die  Funktion  der  Darm  Schleimhaut,  speziell  über 
die  Fettsynthese  in  diesem  Organ  sind  ferner  durch  Untersuchung  des 
Chylus  zu  gewinnen.  J.  Munk^)  hat  großen  Hunden  von  20 — 38  kg,    die 


^)  Flügge,  Über  den  Kachweiß  des  Stoffwechsels  in  der  Leber.  Zeitschr.  f.  Biol. 
Bd.  13.  S.  133  (1877). 

^)  Nencki  und  Zaleski,  trber  die  Bestimmung  des  Ammoniaks  in  tierischen  Flüssig- 
keiten und  Geweben.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  33.  S.  193  (1901).  —  Horodijnski, 
Salaskin  und  Zaleski,  Über  die  Verteilung  des  Ammoniaks  im  Blut  und  den  Organen 
normaler  und  hungernder  Hunde.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  35.  S.  246  (1902). 

^)  Biedl  und  Winterherg ,  Beiträge  zur  Lehre  von  der  Ammoniak  entgiftenden 
Funktion  der  Leber.  Arch.  f.  d.  ges.  Phys.  Bd.  88.  S.  140  (1902). 

*)  J.  Munk,  Zur  Kenntnis  der  Bedeutung  des  Fettes  und  seiner  Komponenten  für 
den  Stoffwechsel.   Virchows  Archiv.  Bd.  80.  S.  10  (1880). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuclmiij;  des  iatLTiiit'di:ireu  Stdff wechseis. 


ur.'j 


mindestens  36  Stunden  lang-  gehungert  hatten.  ;')()( )  //  mageres  Pferdetlcisch 
und  in  der  (hircli  Abkochen  dessclhcii  mit  200  cm»  Wasser  hergestellten 
Fleischbiühc  die  Fettsäuren  von  100  r/  Fett  verabreicht,  f)  Stunden  s|>;ifer 
in  tiefer  Morphiumnarkose  den  Ductus  thoracicus  am  Hals  freigelegt  und 
unmittelbar  vor  seiner  Einmündung  in  den  \'ereinigiuigswinkel  der  \'.  sub- 
clavia und  V.  jug.  comm.  sin.  eine  (ilaskanüle  eingebunden.  ..l)ie  Operation 
ist.  wofern  man  zunächst  dem  inneren  Kande  der  Jugularis  folgt  und  sich 
weiter  unten  an  der  hinteren  Wand  der  \'ene  hält,  incht  gei-ade  schwer 
auszuführen.  Man  sieht  dann  über  dei-  oberen  l{rustapj>ertur  an  der 
äußeren  Seite  der  Karotis  den  JJrustgang  schief  und  zuweilen  in  einem 
Bogen  nach  vorne  gegen  den  Vereinigungswinkel  i\vv  \.  jug.  und  \ .  sub- 
clavia ziehen,  kann  ihn  hier  in  einer  Länge  von  mehreren  Zentimetern 
freilegen,  unterbinden  und  eine  Kanüle  in  ihn  einführen.  Wenn  sich  kurz 
vor  seiner  Einmündungsstelle  der  linke  groiJe  HalsKmphstamm  in  ihn  er- 
gießt, so  wird  dieser  abgeklemmt.  Man  kann  so,  wenn  nicht  (Jerinnungen 
eintreten,  Chylus  in  reichlicher  Menge  gewinnen.  Kleinere  (Jerinnsel  in  der 
Kanüle  kann  man  meist  durch  vorsichtige  Sondierung  mit  einei-  feinen 
Federfahne  oder  einem  Draht  entfernen"  (vielleicht  empfiehlt  sich  auch 
ein  Betupfen  der  Kanüle  mit  etw'as  Hirudin).  Der  in  der  6.  und  7.  \'er- 
dauungsstunde  aufgefangene  Chylus  wui'de  gemessen  und  auf  Fett.  Fett- 
säuren und  Seifen  untersucht. 

Ein  aliquoter  Teil  der  Menge  wird  mit  ,\ther  erschöpft. 


Wässerige  Lösung 
hält  die  präformierten 
Seifen,  wird  mit  Schwe- 
felsäure angesäuert,  mit 
Äther  extrahiert .  der 
Ätherrückstaud  im  \'a- 
kuum  getrocknet  und 
als  Fettsäure  gewogen. 


ent-   ;  Ätherextrakt   wird   abgedampft.    Rückstand    mit 


starker  Sodalösung  gekocht  und 

extrahiert. 


dann  mit  Äther 


Wässerige  Lösung  mit 
Schwefelsäure  angesäu- 
ert, Fettsäuren  extra- 
hiert und  gewogen. 


Ätherisches  P>xtrakt 
(Neutralfett  und 
Cholesterin)  get rock- 
net  imd  gewogen.  l)urch 
Verseif ung  und  Extrak- 
tion di-r  Seifenlösung 
mit  Äther  kann  das 
Cholesterin  vom  Fett 
getrennt  werden. 


Ein  Versuch  an  einem 

38  k(/   schweren    Himd 

ergab    in    der  6.  \'er- 

dauuuüsstunde: 


Xeutralfett  ....  2-94  y 
Freie  Fettsäuren  .  .  O'-^lög 
Fettsäure  aus  Seifen  .     O'lTöy 


Ein  Konti'ollver>uch  bei  einen» 
34  /y/  schweren  Hund,  »ler  nur 
lUX)  'j  mageres  l'ferdefh'isch 
erhalten  hatte,  in  <ler  7.  X'er- 
daiumusstunde: 


Oi47;')f7 


Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen   Arbeitsmethodon.   V. 


74 


WlQ  Otto  Neubauer. 

Dieser  Versuch  beweist,  daß  die  verfütterten  Fettsäuren  auf  dem 
Wege  von  der  Darniliölile  bis  zum  Brustgang  einer  Synthese  mit  Glyzerin 
unterlegen  sind. 

Gelegentliche,  allerdings  recht  seltene  pathologische  Vorkommnisse 
ei'lauben  es,  analoge  Versuche  auch  am  Menschen  aufzuführen. 

J.  Mank  und  Rosenstem^)  haben  einen  solchen  Versuch  bei  einem 
Mädchen  mit  einer  Chylusfistel  am  Unterschenkel  angesteUt.  Die  Patientin 
erhielt  am  vorhergehenden  Tage  fast  fettfreie  Nahrung  (Brot  und  Bier), 
am  Versuchstage  17  ^  nach  Reimer  und  Will  (Berichte  d.  Deutsch,  ehem. 
Ges.  Bd.  19.  S.  3320  [1887])  dargestellte  Erukasäure  in  Oblaten,  dann  wieder 
bis  zum  nächsten  Morgen  fast  fettfreie  Nahrung.  Die  am  ^'ortage  klare 
Lymphe  nahm  von  der  4.  Stunde  an  chylöse  Beschaffenheit  an  und  ent- 
hielt nun  Fett  in  einer  Menge  entsprechend  40"/^  der  gegebenen  Eruka- 
säure. Durch  Bestimmung  der  ilfemZschen  Zahl  erwies  es  sich  als  Neu- 
tralfett mit  geringer  Beimengung  freier  Fettsäuren,  ohne  Beimengung  von 
Seifen.  Der  Nachweis  der  Erukasäure  wurde  in  der  oben  S.  1157  ange- 
gebenen Weise  geführt. 

Gelegenheit  zu  derartigen  Untersuchungen  bieten  ferner  die  Fälle  von 
Chylurie.  Der  Umstand  jedoch,  daß  der  Chylus  hier  dem  Urin  beige- 
mischt ist  und  die  Menge  des  in  den  Harn  übertretenden  Chylus  sehr 
starken  Schwankungen  unterworfen  zu  sein  pflegt,  beeinträchtigt  hier  die 
Einfachheit  und  Beweiskraft  der  Versuche.  Die  Menge  des  beigemischten 
Chylus  kann  nach  dem  Eiweißgehalt  des  Harnes  geschätzt  werden.  (Der 
Eiweißgehalt  des  Chylus  ist  mit  S^/sVo  anzunehmen. 2) 

Auch  an  Kranken  mit  chylösem  Aszites  lassen  sich  derartige  Unter- 
suchungen ausführen.  3) 

C.  Untersuchung  der  Exkrete  des  normalen  Organismus. 

Bei  der  Untersuchung  des  intermediären  Stoffwechsels  am  lebenden 
Organismus  ist  man  im  allgemeinen  auf  die  Untersuchung  der  Ausschei- 
dungen ange\^iesen.    speziell   auf   die    des  Harns  und  der  Ausatmungsluft. 

Die  Substanzen,  die  sich  in  den  normalen  Exkreten  finden,  sind 
allerdings  in  der  Regel  nicht  als  Zwischenprodukte,  sondern  als  Endpro- 
dukte des  Stoffwechsels  anzusehen;  doch  gilt  diese  Regel  keineswegs  aus- 
nahmslos. Bei  allen  in  den  Exkreten  sich  findenden  Stoffen  ist  demnach 
zunächst  die  Frage  aufzuwerfen,  ob  sie  intermediäre  Produkte  sind 
oder  Endprodukte.  Die  Entscheidung  ergibt  sich  meist  aus  folgender 
Regel:  Stoffwechsel-Endprodukte  erscheinen,  in  den  lebenden  Or- 
ganismus   eingeführt,    quantitativ    oder    nahezu   quantitativ   in 


*)  J.  Munk  und  Rosenstein,  Zur  Lehre  von  der  Resorption  im  Darm,  nacli  Unter- 
suchungen an  einer  Chylusfistel  beim  Menschen.  Virchows  Archiv.  Bd.  123.  S.  239  (1891). 

^)  Magnus-Leinj ,  tJber  europäische  Chylurie.  Zeitschr.  f.  klin.  Medizin.  Bd.  66. 
S.  482  (1908). 

^)  Minkowski,  Über  die  Synthese  des  Fettes  aus  Fettsäuren  im  Organismus  des 
Menschen.  Archiv  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  21.  S.  373  (1886). 


Arbeitsmotluiden  zur  rntcrsucliuiif,'  dos  iiitcrmediüron  Stoffweclisfls  ]  l  7  | 

den  Exkretoii  wieder;  Zwisclicni.rodiiki  c  (Msclicin.-ii  dii^n-f^rcn 
nicht  oder  nur  zu  eiiimi  gewissen  llniclif  eil  im  ll.uii  wieder,  sie 
vermehren  aber  die  xMenge  eines  oder  inclii.  icr  aii<lcrcr  Ilarn- 
bestandteile. 

1.  ünter,suchuni;:eii  an    llarnbestandteiirn ,  die  als  Stollweehs»!- 

endi»r(Mlnkte  an/nsehen  sind. 

Endprodukte  sind  also  dadincli  chaiaktcrisicrf.  dal)  sie  inivcrandcrt 
in  den  Ilaiii  ühergehen.  die  ^Nleiiuc  anderer  Bestandteile  ahci'  nieht  be- 
einflussen. 

Kill  Beispiel:  Ve>yJoegh^)  nahm  während  eines  Sclbstversuclis  bei 
gleiehinäläiger  Kost  an  einem  Tage  Q-b  (j  Kreatinin  in  ;;  Portionen.  Die 
Kreatiiiinausscheiduug  betrug  1-95 — 1-96 — 1-90—  2-iJö  2*0(>—  IV6  1-91  </ 
Kreatinin.  (Jegenüber  dem  Mittel  aus  der  \oy-  und  Nacliperiode  (1-93^) 
ist  die  Kreatininausscheidung  am  Versuchstage  und  am  tollenden  Tage 
um  (y-i^  g  vermehrt.  Das  aufgenommene  Kreatinin  ist  also  (luantitativ  im 
Harn  wieder  erschienen.'^) 

Das  Kreatinin  ist  hier  innerlich  genomineii  worden.  In  manchen 
Fällen  empfiehlt  es  sich  aber,  bei  solchen  Versuchen  die  Substan/  subkutan 
oder  intravenös  zu  verabfolgen,  da  bei  .\ufnalinie  per  os  leicht  ein  Teil 
unresorbiert  bleibt  oder  im  Darmkaiial  durch  Bakterien  zerstört  werden 
kann.  Zweifellos  ist  aber  eine  quantitative  Ausscheidung  nach  stouiachaler 
Darreichung,  da  diese  mehr  den  natürlichen  Verhältnissen  entspricht,  be- 
weisender. Subkutane  und  intravenöse  Injektion  können  unter  l'mständen 
wesentliche  Störungen  des  Stoffwechsels  verursachen. 

Die  quantitative  Bestimmung  solcher  Endprodukte  im  Harn  bei  ver- 
schiedenartiger Ernährung  gestattet  in  vielen  i^Vdlen  einen  Sclilnll  darauf. 
aus  welchen  Mutter  Substanzen  sie  hervorgehen. 

Man  gibt  in  der  Vor-  und  Nachperiode  eine  konstante  Ko>t .  der 
man  in  der  Hauptperiode  das  zu  prüfende  Nahrungsmittel  in  möglichst 
reiner  P^orm  zulegt;  die  Ausscheidung  der  Endprodukte  im  Harn  wird  ver- 
folgt. \'ermehrung  eines  Harnbestandteiles  wird  schließen  lassen .  dab  er 
aus  der  zugeführten  Substanz  hervorgegangen  ist.  Es  kann  übrigens  auch 
das  umgekehrte  \'erfahren  eingeschlagen  werden:  Weglassung  oder  Ein- 
schränkung eines  Nahrungsstoffes  in  der  Haiiptiieriode.  In  beiden  Fällen 
wird  man  die  äußeren  Bedingungen  möglichst  gleichmiißig  gestalten  (z.  B. 
Vermeidung  von  Muskelanstrengungen). 


')  Hooffenhui/ze  und  Verploeqh,  Beolt:ichtiiM{,'eii  ülier  die  Krcatiniuausscheidun^'en 
beim  Menschen.  Zeitschr.  f.  phys.  ("hemic.  Bd.  57.  8.  201  (1UÜ8). 

-)  Ein  weiteres  Beispiel  bieten  Versuche  über  die  Rolle  des  ,\ll;iiifnins  iai  Stoff- 
wechsel des  Hundes.  Poduschka,  Quantitative  Versuche  über  Allaiitoinausscheidung. 
Archiv  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  44.  S.  (;4  (l'.)OO),  Wirrhowski.  Die  Bedeutung  des 
Allantoins  im  Harnsäurestoffwechsel.  Beitr.  z.  ehem.  I'hysiid.  11.  l'ath.  Bd.  11.  S  lOU 
(1907).  Ein  mit  verläßlichen  •  Methoden  durchgeführter  Versuch,  der  die  quantitativ 
unveränderte  Ausscheidung  eingeführten  Harnstoffs  beweist,  scheint  in  drr  Literatur 
nicht  zu  existieren. 

74* 


\l'i2  Otto  Neubauer. 

Diese  Methode  wird  freilich  nur  in  dem  Pralle  Aufschluß  bringen 
können,  wenn  die  Zersetzung  der  Körpersubstanz  keine  feststehende  Größe 
ist,  sondern  von  der  mit  der  Nahrung  zugeführten  Menge  abhängig  ist.  Das 
trifft  nicht  für  alle,  aber  doch  für  manche  Nahrungsstoffe  zu,  speziell 
für  die  N-haltigen. 

Besonders  die  GnHie  des  Eiweißumsatzes  wird  in  erster  Linie  von 
der  Quantität  des  zugeführten  Eiweißes  bestimmt  (C.  Volt)\  deswegen  ist 
es  so  einfach,  den  exakten  Nachweis  zu  führen,  daß  der  Harnstoff  des 
Harns  aus  den  Eiweißkörpern  entsteht .  die  Harnsäure  dagegen  andere 
Muttersubstanzen  haben  muß. 

Die  Menge  der  vom  Menschen  ausgeschiedenen  Harnsäure  steigt 
nach  Zufuhr  von  zellkernreicher  Nahrung,  von  Nukleinsäure  und  von  reinen 
Purinbasen  bedeutend  ani),  sie  nimmt  bei  Aufnahme  einer  zellkernarmen 
Kost  sehr  beträchtlich  ab.  Diese  Beobachtungen  l^eweisen,  daß  die  Stoffe 
der  Zellkerne  als  Muttersubstanzen  der  Harnsäure  anzusehen  sind,  während 
die  Basen  wahrscheinlich  als  Zwischenprodukte  gelten  dürfen.  Beim  Tier 
(Hund,  Kaninchen,  Schwein)  erweisen  ähnlich  angelegte  Versuche  das 
AUantoin  als  Endprodukt  des  Nukleinstoffwechsels.  Beispiel-):  Ein  gleich- 
mäßig gefütterter  Hund  erhält  an  drei  aufeinanderfolgenden  Tagen  je  8  </ 
thymoiuikleinsaures  Natron  mit  einem  Purin-N-Gehalt  von  0*4 1  g  per  os. 
Es  ergibt  sich: 

Mittel  aus  ö  Vortagen  0-0017  PBN,  00021  ÜN.  0-114  AU-N,  0-1178  (Summe) 
Mittel  aus  3  Versuchs- 
tagen     ....  0-0095     „      0-0153    „     0-512      „      0-5368 
Mittel  aus  2  Nachtagen  0-0020     „      00019    „     0-115      „      0-1189 

Der  Basen-N  des  nukleinsauren  Natrons  ist  also  quantitativ  (rech- 
nungsmäßig zu  102''/o)  iii^  Harn  wieder  erschienen,  und  zwar: 

zu  2''/o  in  Form  von  Basen, 
zu  3Vo  in  Form  von  U, 
zu  950/0  in  Form  von  AUantoin. 

Diese  ^Methode,  die  Muttersubstanzen  der  Harnbestandteile  festzu- 
stellen, ist  jedoch  durchaus  nicht  immer  anwendbar. 

a)  Die  Grölie  der  Ausscheidung  mancher  Endprodukte  ist  im  wesent- 
lichen unabhängig  von  der  Art  der  Nahrung.  So  wird  vor  allem  die  Ver- 
brennung der  Kohlenhydrate  und  noch  mehr  die  der  Fette  nicht  von  der  Zu- 
fuhr dieser  Substanzen  bestimmt.  Werden  sie  im  Überschuß  zugeführt,  so 
wird  nicht  wesentlich  mehr  zersetzt,  sondern  der  Überschuß  wird  als 
Pveservestoff  abgelagert.  Unabhängig  von  der  Nahrungszufuhr  ist  ferner 
die  Ausscheidung  des  Kreatinins  im  Harn,  vielleicht  auch  die  Ausscheidung 
des  neutralen  Schwefels. 


')  Weintraud,  Über  Harnsäurebildung  l)eim  Menschen.  Archiv  f.  Anatomie  und 
Phys.  Abt.  f.  Physiol.  (1895).  S.  382. 

^)  Schittenhelm,  LTber  die  Umsetzung  verfütterter  Nukleinsäure  beim  Hund.  Zeitschr. 
f.  physiol.  Chemie.  Bd.  62.  S.  86  (1909). 


Arheitsmetliodcii  zur  riitfisucliiiiii,'  ilcs  iiitormpfliäron  Sfoffwuchsols.         |  17;; 

b)  Auch  die  Aussdiciduiij^^sprodiikti' .  deren  Men^^c  sich  im  ;dl;.M'- 
meiiien  als  al)htingi<^-  erweist  von  der  Art  und  Men^«-«'  der  Nahrunir.  hraiichm 
nicht  völlii«'  aus  dein  Harn  zu  versch\vin(h'n .  wenn  ihre  Mnitrisuhstanz 
dem  Körper  nicht  mehr  zuyci'iihit  wird.  So  wird  auch  hei  eiweilifreier 
Kost  immer  Ilaiiistoff  ausiiescliie(h'ii.  Ain-h  die  Ausscheithin^r  (h-r  Harn- 
säure und  der  rurini)asen  sini<t  hei  nukh'int'iciei-  Kost  nicht  his  ani  U 
herah.  In  heiden  FiilU'ii  wird  das  r.ihliin;:sin:iterial  i»ttenhar  (h-m  IJestaiide 
der  Gewebe  entnomnnMi. 

Es  ist  unter  Anderen  von  Foliu^)  die  Anschauung»-  vertreten  wor(h*n. 
daß  diese  von  der  Kost  nicht  heeinfhiljharen  Reste  (h-r  Ausscheidun^^spro- 
(hikte  ebenso  wie  die  von  der  Ernährun,y-  überhaupt  unalihiin.LML'-en  Stoffe 
(Kreatinin,  neutraler  Scliwefel)  als  Ausdruck  des  Stoffwechsels  der  (ie- 
webe  (des   „endogenen  Metabolismus'')  zu  betrachten  sind. 

c)  Unter  Umständen  können  .\nderungen  der  Ernährung  indirekt  die 
Menge  gewisser  Aus.scheidungsprodukte  beeinflussen.  Es  sei  hier  nur  an 
die  sparende  Wirkung  der  Kohlenhydrate  und  Fette  auf  die  Eiweiltzer- 
setzung  hingewiesen. 

d)  Täuschungen  kömien  auch  durch  die  im  Darm  voi-  sich  gehen- 
den Zersetzungsprozesse  veranlaßt  werden:  einerseits  in  iler  \Vei.<:o, 
daß  ein  Teil  des  zugeführten  Stoffes  zerstört  wird:  andrerseits  .><o.  daß 
die  Produkte  der  Darmfäuluis  zum  Teil  resorl)iert  werden  und  dann 
unverändert  mehr  weniger  verändert  in  den  Hain  übertreten,  haß 
ein  Harnbestandteil  als  l*rodukt  der  Darmfäuluis.  nicht  als  Stoffwechsel- 
produkt des  Körpers  selbst  zu  deuten  ist.  darf  man  amiehmeii.  wenn  seine 
Menge  mit  dem  Grade  der  Darmfäulnis  wechselt ,  wenn  sie  ix-i  notorisch 
starker  Darmfäulnis  (wie  sie  z.  B.  pathologische  Zustände  darbieten)  be- 
deutend zunimmt,  bei  Abnahme  der  Darmfäulnis  geringer  wird  oder  ganz 
verschwindet.  Eine  verminderte  Darmfäuhiis  findet  man  häufig  bei  Diarrhöen. 
Man  hat  auch  versucht,  die  Dai'mfäulnis  experimentell,  durch  inm-rliche  .\n- 
wendung  von  desinfizierenden  Mitteln  herabzusetzen,  jedoch  mit  sehr  ge- 
ringem Erfolg.-)  Diese  Mittel  wirken  in  der  Hegel  nur  dann,  wenn  sie 
Diarrhöen  herbeiführen.  Baumann^)  veiiuhr  so.  dall  er  ein«'ii  Hmid  am 
2.  und  4.  Hungertag  je  2^  Kalomel  gab,  so  daß  Diarrhöen  eintraten.  Der 
Harn  des  o.  und  6.  Tages  war  frei  von  Indoxyl .  Ätherschwefelsäuren  und 
Hippursäure;  diese  Stoffe  entstammen  demnach  beim  Fleischfresser  aus- 
schließUch  der  Darmfäidnis:  die  aromatischen  (»xysäureii  waren  an 
Menge  vermindert ;  sie  dürften  (h'innach  nur  zum  Teil  auf  die  Darmfäuhiis 
zurückzuführen  sein;  die  Kynurensäure  wurde  nicht  beeinflußt,  ist  also 
als  echtes  Stoffwechselprodukt  anzu.sprechen.  Die  Heeinfhissung  der  Darm- 


V)  0.  Folin,  A  Theory  of  Protein  Metabolism.  American  .loiiru.  of  Phvsiol.  Bd.  13. 

S.  117  (1905). 

-)  D.  Gerhardt,  Über  Darmfäuluis.  Kr?el)niiJse  der  rbysioloirio.  .Tl'.  3.  Al"t.  Biooliomie. 

S.  153  (1904). 

^)  Baumanii,    Die  aromatischen    Nfrliindiintren  im   Harn    und   Uarnifiiuhiis.    Zeit- 
schrift f.  physiol.  Chemie.  I5d.  10.  S.  129  (1885). 


1174 


Otto  Neubauer. 


fäuluis  durch  Änderung'  der  Kost  ist  recht  unsicher.  Sehr  gering  ist  die 
Darmfäidnis  bei  Säuglingen.  Man  könnte  erwarten ,  daß  sich  im  Harn  von 
Neugeborenen  Fäuhiisprodukte  überhaupt  nicht  vorfinden;  trotzdem  hat 
man  solche  gefunden;  sie  entstammen  offenliar  den  bakteriellen  Zersetzungen 
im  Verdauungskanal  der  Mutter. 

Um  die  Darmfäulnis  sicher  auszuschalten,  haben  Nuttal  und  Thier- 
f eider '^)  Tiere  von  vornherein  steril  aufgezogen.  Das  Verfahren  besteht 
im  wesentlichen  darin,  daß  reife  Meerschweinchenembryonen  unter  sterilen 
Kautelen  durch  Kaiserschnitt  gewoimen  und  unter  einer  Glocke  mit  steriler 
Milch  ernährt  werden.  Nach  Beendigung  des  Versuches  ist  die  Sterihtät 
des  Darmtraktes  bakteriologisch  zu  kontrollieren.  Die  beiden  Autoi'en 
konnten  so  zeigen,  daß  der  Harn  frei  von  Phenol,  Kresol,  Indol,  Skatol, 
Drenzkatechin  war,  daß  er  aber  aromatische  (Jxysäuren  enthielt. 

2.  Uiitersuclmiii;eii  an  Zwisclieiiprodukten  des  Stoffwechsels,   die  im 

iiorinaleii  Harn  vorkommen. 

Daß  eine  im  Harn  ausgeschiedene  Substanz  als  intermediäres  Stoff- 
wechselprodukt anzusehen  ist,  muß  dann  angenommen  werden,  wenn  sie, 
in  den  Organismus  eingeführt,  nur  zu  einem  beschränkten  Teil  oder  gar 
nicht  im  Harn  wieder  erscheint,  dagegen  die  Menge  eines  anderen  Harn- 
bestandteiles vermehrt.  Dieser  vermehrte  Harnbestandteil  ist  dann  als 
weiteres  Abbauprodukt  anzusehen. 

Beispiel'^): 

Eine  Versuchsperson  erhält  bei  gleichmäßiger  purinfreier  Kost  an 
zwei  aufeinanderfolgenden  Tagen  je  Vbg  Hypoxanthin  (entsprechend  zwei- 
mal 0-618^  N). 


Im  Harn   wurcTe 
bestimmt 

der  Basen-N   . 

der  Ü-N    ... 


Vorperiode 

0-01.38  0-0134  0-0162 
0155  013.S  0160 


Versiiehsperiode 

00163  00184 
0-327     0-541 


Nachperiode 

001.»  0-0131  0-0131  0-0150 
0-317     0-198    0156     0146 


Gegenüber  dem  Mittel  der  \  or-  und  den   beiden   letzten  Tagen  der 
Nachperiode  von 

0-0141^  Basen-N  0-151^  Ü-N 

betrug  die  Mehrausscheidung: 

am  1.  Versuchstag     ....  0-0022  (/  Basen-N,    0-176y  Ü-N 
2.  „  ....  0-0043,(7        „  0-390^     „ 

1.  Nachtag 0-0014^        „  0-166^     „ 

2.  n        -  .  0-047^     „ 


Summe  der  Mehrausscheidung 


0-0079.^  Basen-N,    O'lldg  U-N 


^)  Nuttal  und  Thierfelder,  Tierisches  Lehen  ohne  Bakterien  im  Verdauungskaual. 
Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  21.  S.  109  (1895);  Bd.  22.  S.  62  (1896)  (genaue  Be- 
schreihung  der  Versuchsauordnung). 

-)  Krüger  und  Schmidt,  Die  Entstehung  der  Harnsäure  aus  freien  Purinbascn 
Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  36.  S.  558  (1902). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  intermediunii  Stoffwechsels.         117;") 

also  nehoii  einer  uiibodoutciKlcii  NCnnchnm^  des  riiriiilKiscii-N  eine  sehr 
eihehliche  \'ernieliniiii>-  des  U-N.  Deiimacli  ist  llypoxaiitliiii  kein  Stol'f- 
Aveeliselendprodukt. 

Die  P'rage  nach  (h-n  M  uttersnhstanzen  (h-iariiyer  im  Haine  vor- 
kommender Zwisfhenpiochikte  laßt  sich  in  vielen  Fällen  in  ;dinlicher  W.-iM-  ent- 
scheiden, wie  das  für  die  im  Urin  vorhandenen  Endprodukte  oben  anirc^'oben 
worden  ist.  Doch  gibt  hier  die  \'erfutternng-  der  mutmalilichen  Mnttersnbstanz 
li.iufig  keine  so  klar  überzeugenden  Resultate,  da  der  grollte  Teil  bis  zum 
Endprodukt  abgebaut  wird.  Siehe  z.  1!.  die  geringe  Steigerung  der  I'urin- 
basen-  und  Hariisäureausscheidung  nach  Nerabreichung  von  Nukleinsiiure 
an  einen  Hund  (S.  1172).  Die  Hauptsteigerung  betrilit  das  EndprcMbikf.  das 
Allantoin. 

Bei  solchen  im  normalon  Harn  erscheinenden,  iutermediareu  Protlukteii  wird 
mau  sich  ferner  eiue  Vorstellung  darüber  bilden  müssen,  warum  der  Altbau  zu  dem 
Endprodukt  nicht  vollständig  erfolgt,  warum  z.B.  nicht  der  gesamte  Hason- 
stickstotf  der  gegebenen  Nukleinsäure  (in  Versuch  S.  1172)  als  .Mlantoin  ausgeschieden 
wird,  sondern  immer  ein  Teil  der  vollständigen  ümwandliuig  entgeht.  Man  wird  dabei 
au  folgende  Möglichkeiten  zu  denken  haben : 

a)  Das  unvollständig  voränderte  Produkt  hat  noch  eine  ln-soudere  Funktion  zu 
erfüllen  :  z.  B.  das  XH3  als  Neutralisationsmittel  für  auszusclieidende  Säuren.  In  diesem 
Falle  wurde  diese  Deutung  so  bewiesen,  daß  die  Funktion  durch  .Mkalidarreichung 
anderweitig  versehen  wird.  Tatsächlich  sinkt  dann  die  NHg-Ausscheitlung  im  Harn  bis 
auf  Spuren,  z.  B.  00086  f/  Nri.,-N  iJannei/). 

b)  Daß  die  abbauenden  Kräfte  des  Organismus  nicht  genügen,  respektive  daß  die 
Zeit  zur  völligen  Veränderung  nicht  ausreicht.  In  diesem  Falle  wird  man  erwarten 
dürfen .  daß  diese  Insuffizienz  bei  Stellung  gesteigerter  Anforderuniren  noch  stärker  her- 
vortritt, daß  dann  also  ein  relativ  größerer  Anteil  als  intermediäres  Produkt  ausL'c- 
schiedeu  wird. 

Für  die  Ausscheidung  der  Purinbasen  im  normalen  Harn  trifft  das  z.B.  nicht 
zu  ;  wenn  man  einer  purinfreien  Kost  nukleiureiche  Nahrungsmittel  zulegt,  so  steigt 
die  Menge  der  Purinbasen  im  Harn  in  viel  geringerem  Grade  als  die  der  Hanisäure. 

c)  Daß  ein  intermediäres  Produkt  in  verschiedenen  Orgauen  entsteht,  aber  nur 
in  einem  bestimmten  Orsan  zu  seinem  Endprodukt  abL'ebnut  wird.  .\uf  dem  Transport 
von  dem  Entstehuugsorte  zum  Abitauorgan  durch  das  zirkulierende  Blut  wird  ein  Teil 
der  unvollständig  zersetzten  Substanz  in  die  Niere  kommen  uml  kann  ditrt  als  harn- 
fähigcr  Stoff  in  den  Harn  übertreten. ') 

d)  Die  Stoffwechselprodukte  der  Niere  selbst  werden  vielleicht,  ohne  daß  sie  (ie- 
legenheit  haben,  in  einem  anderen  Organe  vollständig  abgebaut  zu  werden,  in  den  Harn 
ausgeschiedeu. 

e)  Man  kanu  sich  vorstellen,  daß  ein  unvollständig  verändertes  l'rodukt  neben 
dem  Endprodukt  aus  dem  (irundc  in  Aim  Sekieten  erscheint,  weil  seine  rmwandlung 
in  das  Endprodukt  eiue  „umkehrbare  Reaktion"  ist.  die  einem  bestimmten  tileich- 
gewichtszustaiid  zustrebt.-')  Ob  diese  Auffassung  bei  nornialcn  Harubestandteilen  tat- 
sächlich   zu    Recht    besteht,    ist    zweifelhaft.    Für    die    pathologische  .\zetoiikor|ieraiis- 


')  Maf/nics-Levi/,  Physiologie  des  Stoffwechsels.  /•.  Xoonieii.s  Handbuch  der  Patho- 
logie des  Stoffwechseis.  Bd.  1.  S.  11  (1907). 

-)  0.  Xcnhouer,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  tler  diabetischen  Azidose.  Verhandl. 
des  27.  Kongresses  f.  innere  Mediziu.  S.  566  (1910).  —  LichtiiU:,  Ül»er  chemische 
•  ;i(>ichgewichte  im  St<tffwech.sel.  Verhandl.  d.  2-<.  Kongresses  f.  innere  Medizin.  S.  n.34 
(1911).  —  0.  Neuhaucr,e\iQ\A-A.  DiskussiuusltiMii.i  k'in^r  S.  4-^S  und  03.».  -  Lichtirit:, 
ebenda.  Diskussionsbemerkung  S.  487. 


j^j^'jg  Otto  Neubauer. 

Scheidung  trifft  sie  wahrscheinlich  zu.  In  speziellem  Fall  können  folgende  Beweisgründe 
für  sie  beigebracht  werden: 

1.  Der  Nachweis,  daß  beide  Substanzen  für  gewöhnlich  in  einem  annähernd  kon- 
stanten ,  relativen  Mengenverhältnis  im  Harn  erscheinen  ; 

2.  der  Nachweis,  daß  nicht  nur  nach  Einführung  der  intermediären  Substanz  das 
Endprodukt  an  Menge  zunimmt,  sondern  auch  umgekehrt  Darreichung  des  Endproduktes, 
Vermehrung  des  intermediären  Produktes  zur  Folge  hat ; 

3.  der  Nachweis  dieser  Umkehrbarkeit  an  isolierten  Organen. 

Für  den  Fall  der  Azetonkörper  haben  sich  diese  Beweisgründe  beibringen  lassen 
(s.  unten). 

3.  Methoden,  welclie  auf  der  Kontrolle  der  N-Bilauz  beruhen. 

Da  neben  den  Eiweißkörpeni  und  ihren  Abbauprodukten  andere 
^^-haltige  Substanzen  im  Organismus  quantitativ  nur  eine  geringe  Rolle 
spielen,  so  erlaubt  die  \'erfolgung  der  X-Einnahme  und -Ausgabe  wichtige 
Schlüsse  auf  den  Eiweißstot'1'wechsel.  Über  die  Technik  solcher  Eiweiß stot'f- 
wechselversuche  siehe  dieses  Werk  Bd.  III,  S.  1005. 

Bekanntlich  setzt  sich  jedes  normale,  nicht  wachsende  Tier,  das  mit 
einer  gleichmäßigen  ausreichenden,  vor  allem  nicht  zu  eiweißarmen  Nahrung 
gefüttert  wird .  innerhalb  einiger  Tage  ins  N-Gleichgewicht .  d.  h.  der  N  der 
Sekrete  (Urin  und  Kot)  ist  gleich  dem  N  der  eingeführten  Nahrung. 
Steigert  man  dann  die  Eiweißmenge  in  der  Nahrung,  so  bleibt  zunächst 
die  N-Ausfuhr  hinter  der  Einfuhr  zurück  (positive  N-Bilanz),  bis  nach 
einigen  Tagen  wieder  N-Gleichgewicht  eintritt.  Umgekehrt  verhält  es  sich, 
wenn  man  die  Mengen  des  Nahrungseiweißes  herabsetzt  (negative  N-Bilanz, 
dann  wiederum  N-Gleichgewicht).  Geht  die  Eiweißzufuhr  aber  unter  ein 
gewisses  Minimum  herunter,  so  vermag  sich  der  Körper  nicht  mehr  ins 
N-Gleichgewicht  einzustellen ,  sondern  die  N-Bilanz  bleibt  dauernd  negativ. 
Dieses  Verhalten  gibt  ein  Mittel  an  die  Hand,  um  zu  untersuchen,  ob 
dem  gewöhnlichen  Nahrungseiweiß  nahestehende  Substanzen  aj_s 
vollständiger  Ersatz  für  dieses  eintreten  könnten. 

0.  Löwi^)  hat  auf  (xrundlage  dieses  Verhaltens  eine  Versuchsanord- 
nung geschaffen,  die  es  ermöglicht,  den  synthetischen  Aufbau  von 
Eiweiß  aus  seinen  Bausteinen  nachzuweisen.  Es  gelang  ihm,  mit  ver- 
dautem, keine  Biuretreaktion  mehr  gebendem  Pankreas  Hunde  nicht 
nur  im  N-GleichgCAncht  zu  halten ,  sondern  sogar  zum  N-Ansatz  zu  bringen. 
Die  Versuchstechnik  ist  seither  besonders  durch  die  Bemühungen  Abder- 
haldens bedeutend  verbessert  worden. 

Als  Versuchsobjekte  dienen  am  besten  Hunde.  Sie  erhalten  nach 
einer  Hungerperiode  zunächst  ein  gleichmäßiges .  aus  Fleisch .  Fett  und 
Kohlehydraten  bestehendes,  zur  Erhaltung  des  N-Gleichgewichtes  eben  aus- 
reichendes Futter  (statt  dessen  kann  mau  den  ^'ersuch  auch  unmittelbar 
nach  einer  Hungerperiode  beginnen). 


*)  Otto  Löivi,    Über  Eiweißsynthese  im  Tierkörper.    Arch.  f.  exp.  Patli.  u.  Pharm. 
Bd.  48.  S.  303  (1902). 


Arbeitsmethoden  zur  üatersiichung  des  intcrniediüron  Stoff weclisels.         1177 

In  (lor  oi^ciitliclu'ü  Versiichspcriodc  wird  das  Fleisch  durch  niö^'- 
lichst  weit  ant'.ucspaltciies  Eiwcili  ersetzt.  Am  besten  «.Mht  man  dieses 
in  Form  tVrmeiitativ  anti>espalteiieii  Fleisches.  Mütriichst  fett- 
l'reios  rterdelleisch  wird  0  Wochen  lan^^  mit  lliindcnmaLM-nsalt  ver- 
daut, dann  die  Reaktion  durch  Zusatz  von  NallCO;,  leicht  alkalixh 
gemacht  und  nunmehr  Pankreassait.  eventuell  auch  Pankreatin  (Hhena- 
nia).  zugegeben.  Nach  14  Tagen  setzt  man  noch  .in  llxtrakt  aus 
Darmschleimhaut  hinzu,  bricht  nach  weiteren  4  Wochen  die  N'erdau- 
ung  ab  und  filtriert.  M  Frtahrungsgeniäl)  genügt  diese  Dehandlung  zur 
beinahe  völligen  Aufspaltung,  l'm  alter  zu  sicheren  Versuchsicsultaten  zu 
kommen,  ist  es  nach  Ahderhaldcn  durchaus  notwendig,  in  je(|em  Falle 
durch  genaue  Untersuchung  des  Verdauungsproduktes  festzustellen,  dal",  es 
wirklich  vollständig  oder  doch  nahezu  vollständig  aufgi-spalten  ist.  I'ehlen 
der  Kiuretreaktion  allein  beweist  das  noch  nicht.  Kompliziertere  Produkt«" 
(Polypeptide)  dürfen  nur  in  so  geringer  Menge  vorhamlen  sein,  dali  sie 
zur  Aufrechterhaltung  des  N-Gleichgewichtes  keinesfalls  ausreichen  können. 

Die  Kontrolle  des  Verdauungsi)roduktes  geschieht  am  einfachsten 
durch  die  Formoltitrationsmethode  von  Sürnisni-):  man  initersucht. 
ob  die  Menge  der  Aminosäuren  in  dem  Verdauungsprodukt  lieim  Kochen 
mit  Salzsäure  noch  zunimmt. 

bg  des  trockenen  Präparates  werden  in  100  n;/»  Wasser  gelöst. 

a)  In  h  cm'^  diesi'r  Lösung  wird  der  X-(  ichalt  nach  K/chhi/i/  be- 
stimmt. 

0)  25  cm^  derselben  Lösung  werden  gegen  Lackmuspapier  nniglichst 
genau  neutralisiert  und  auf  200cv)r*  verdünnt.  In  40  rw^  dieser  Lösung 
wird  NH3  nach  Krüger-Reich- Schittcnhelni  bestimmt,  andere  A^)  ou^  zur 
Formoltitrierung  benutzt  und  so  die  Menge  des  Aminosäuii'U-N  und  MIj-N 
bestimmt. 

c)  Weitere  25  em3  werden  durch  6  Stunden  langes  Kochen  mit25rw' 
konzentrierter  Salzsäure  hvdrolysiert.  die  dunkelbraune  Flüssigkeit  auf  dem 
Wasserbade  bis  zur  Trockene  eingedampft:  der  Kückstand  wird  mit  Wasser 
in  einen  100  cm^  Meßkolben  gebracht,  mit  AgXOa  entfärbt,  auf  litUc/«» 
aufgefüllt  und  filtriert.  \'om  Filtrat  werden  50  cw-'  in  einem  loo  r/// »-Kol- 
ben genau  gegen  Lackmuspapiei-  neutralisiert  und  bis  zur  Marke  verdünnt. 
Von  dieser  Lösung  werden  wieder  40  «w^  zur  NTIs-llestimmimg.  40  c;«^ 
zur  Formoltitrierung  verwendet. 

Die  Menge  des  Aminosäuren-N  nml»  bei  h)  und  o  amiähernd  gleiche 
W^erte  ergeben. 

M  Abderhalden  und  Olinijer,  Weiterer  Beitrag  zur  Fraire  iiaoli  dor  Verwertung 
von  tief  abjjebautem  Eiweiß  im  tierisciien  Or-ranismiis.  7.  Mitteilung.  Zeit-.-ln-  f  pliys. 
Chem.  Bd.  57.  S.  74  (1908). 

-}  Jlenriques  und  Gjaldhäk,  über  ([uantitative  Bestininiunir  der  im  l'rotein  oder 
in  dessen  Abbaupro.bikteu  vorliandencii  pcjitisrhon  Bindungen.  Zeitsclir.  f.  pbysiol.  Chom. 
Bd.  67.  S.  8  (1910).  —  Ahdcrhahh»  und  Unna,  Weiterer  Beitrag  etc.  l."i.  Mitl.  Zeit- 
schrift für  physiol.  Chemie.  Bd.  67.  S.  405  (1910). 


1178 


Otto  Neubauer. 


Die  komplizierten  rrüfim£;smethoden ,  die  Ahderhalden^)  in  seinen 
älteren  Versuchen  zur  Kontrolle  verwendete,  sind  durch  die  Formoltitrations- 
methode  wohl  entbehrUch  geworden. 

Zur  ^>rfütterung  wird  das  Verdauungsprodukt  in  feste  Form  über- 
aeluhrt,  indem  man  es  unter  vermindertem  Druck  bei  40''  bis  zur  Trockene 
eindampft.  (Bei  höherer  Temperatur  würde  das  Tryptophan  zersetzt  werden !) 
Gegenwärtig  bringen  die  Höchster  Farbwerke  Meister,  Lucius  und  Bri'ming 
ein  solches  nach  den  Angaben  von  Abderhalden  dargestelltes,  leicht  wasser- 
löshches  Produkt  unter  dem  Namen  „Erepton"  in  den  Handel,  das  durch 
sukzessive  Einwirkung  von  Magensaft,  Pankreassaft  und  Darmsaft  auf 
ganz  mageres  Rindfleisch  gewonnen  ist.  Es  ist  vollständig  gespalten  und 
enthält  nur  O'öVo  Fett. 

Die  Hunde  pflegen  dieses  abgebaute  Fleisch,  besonders  w^enn  es  mit 
Stärke  und  Fett  gereicht  wird,  gut  zu  vertragen.  (In  einem  Experiment, 
in  dem  Kohlenhydrate  und  Fett  weggelassen  w^urde,  hat  Abderhalden  r>  g 
Knochenasche  pro  Tag  zugesetzt.)  In  der  Regel  bleiben  die  Tiere  ganz 
munter,  A'erdauungsstörungen  (Erbrechen,  Diarrhöen)  können  vollständig 
fehlen.  Sie  treten  besonders  dann  ein.  wenn  der  Abbau  der  Proteine  ein 
unvollständiger  war,  oder  w^nn  sich  w^eitergehende  Zersetzungsprodukte  ge- 
bildet haben.  Tiere,  die  zum  Erbrechen  neigen,  scheidet  man  natürlich 
möglichst  von  den  Versuchen  aus. 

Mit  dem  aufgespaltenen  Eiweiß  wird  das  Tier  möglichst  lange  Zeit 
(einige  Wochen)  gefüttert  und  die  N-Bilanz  beobachtet.  Erhaltenbleiben 
des  N-Oleichgewichtes  durch  längere  Zeit  beweist,  daß  der  Organismus 
imstande  ist,  Eiweiß  aus  den  Bausteinen  aufzubauen.  Noch  beweisender 
sind  Versuche,  in  welchen  N-Ansatz  mit  gleichzeitiger  Zunahme  des  Körper- 
gewichts erzielt  wird,  was  am  ausgiebigsten  bei  wachsenden  Tieren  gelingt. 
Als  Beispiel  diene  einer  der  zahlreichen  Versuche  Abderhaldens  2) :  Ein  Hund 
von  7450^  erhält  durch  7  Tage  21  g  verdautes  Fleisch  (gleich  2-9  g  N), 
4:b g  Fett,  ?>0 g  Stärke  und  20^  Zucker;  dann  durch  w'eitere  25  Tage 
27  g  verdautes  Fleisch,  70  g  Fett.  Er  retiniert  während  dieser  32  Tage 
14*o8^  N,  sein  Körpergewicht  steigt  auf  S'610  g. 

Statt  des  verdauten  Fleisches  kann  man  auch  autolysiertes  Pan- 
kreas 3)  verwenden  oder  Kasein  *),  das  durch  kombinierte  Verdauung  mit 
Pepsin-HCl,   Pankreatin    und    Darmextrakt    aufgespalten    ist.    Kasein    hat 


')  Abderhalden  und  Olinger,  "Weiterer  Beitrag  etc.  7.  Mitt.  Zcitschr.  f.  physiol. 
Chemie.  Bd.  ä?.  S.  74  (1908). 

-)  Abderhalden,  Messner  und  Windrath,  Über  die  Verwertung  etc.  9.  Mitt.  Zeit- 
schrift f.  physiol.  Chem.  Bd.  59.  S.  41  (19ü9). 

■^  0.  Löiri,  Über  Eiweißsynthese  im  Tierkörper.  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm. 
Bd.  48.  S.  303  (1902).  —  Henriqiies,  Die  Eiweißsynthese  im  tierischen  Organismus.  Zeit- 
schrift für  physiol.  Chem.  Bd.  54.  S.  406  (1908).  " 

*)  Abderhalden  und  Rona,  Über  die  Verwertung'  der  Abbauprodukte  des  Kaseins 
im  tierischen  Organismus.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  44.  S.  198  (1905).  —  Abder- 
halden und  Olinger,  Weiterer  Beitrag  etc.  7.  Mitt.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  57. 
S.  74  (1908). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  intermediären  Stoffwechsels.         HT'J 

goi-oniiber  dem  Fleisch  den  Xurtcil.  ein  niiier  Kiwcil'.körpcr  zu  sein;  (loch 
ist  in  diesen  N'ersnchcn  ein  wesentlicher  N-Ansatz  nicht  zu  erwarten,  da 
ein  solcher  ancli  mit  nnjicspaltenem   Kasein  kanin  zn  erreichen  ist. 

Auch  durch  Säure  hy(lroly>ierte  Kiweilikürper  köiuM-n  Nerwendinig 
linden,  z.  K  durch  Säure  hydrolysiertes  Fleisch.')  Fein  zerhacktes  l'tenh'- 
fleisch  wird  eine  Woche  lang  mit  lOVoi^'Pi' ^Schwefelsäure  und  zum  Scldul'. 
2  Stunden  lang  mit  2ö«/oi?pr  Schwefelsäure  auf  lÜO"  (Wasserhadi  erhitzt. 
Die  SchAvefelsäure  wird  durch  Baryt  entfernt,  (ierinjje  Meniien  von  l'.aryt 
bleiben  leicht  in  Lösung:  um  sie  zu  entfernen,  bestimmt  man  dm  nucji 
vorhandenen  Ba-Gehalt  nach  Veraschung  einer  Probe  inid  xfzt  dann  zn 
dem  Gemisch  die  entsprechende  Menge  Schwefelsäuic  l)as  Filtrat  wird 
unter  vermindertem  Druck  zur  Trockene  verdampft.  \ Or  der  N'erfütterung 
wird,  da  das  Tryptophan  bei  der  Hydrolyse  mit  Säure  verändert  wird, 
noch  0-5"/o  Tryptophan  zugesetzt. 

Henriques  und  Hansen  ''■■  »)  gelang  es  in  ähnlichen  N'ersuchen.  an 
weißen  Ratten  N-Anlagerungen  zu  erzielen.  Die  Tiere  wurden  in  einem 
eigens  konstruierten  Stoffwechselkäfig  2)  gehalten.  Sie  erhielten  Pankreas, 
das  mit  Trvpsin  und  P^repsin  verdaut  und  dami  noch  6  Stunden  lamr  mit 
20%iger  Schwefelsäure  gekocht  worden  war.  (Die  Tryptoj)hanreaktion  war 
noch  positiv.)  Das  pulverisierte  und  getrocknete  Material  wurde  mit  Zucker, 
anorganischen  Salzen  (NaCl,  KCl,  kohk-nsaures  Natron  und  Knochenasche) 
und  fein  verteilter  Zellulosemasse  vermischt,  die  Mischung  mit  Schweine- 
fett verrührt,  bis  das  Ganze  erstarrte  und  eine  völlig  gleichartige  Masse 
l)ildete.  Platten  als  Versuchsobjekte  bieten  zwar  den  \orteil.  daU  man  mit 
geringen  Nahrungsmengen  auskommt,  sind  aber  deswegen  weniger  ireeig- 
net  als  Hunde,  weil  bei  so  geringen  N-Ausscheidimticn  <lie  Fehler  dt-r 
Methoden  besonders  schwer  ins  Gewicht  fallen  (AJxhrJuiliUiu. 

Auch  am  Menschen  lassen  sich  solche  Versuche  anstellen.  So  lieirt 
ein  Versuch  vor,  in  welchem  es  gelang,  bei  einer  \'ersuchsperson  widirend 
15  Tagen  zum  größten  Ted  vom  Rektum  aus  mit  völlig  abgebautem  Fleisch 
eine  bedeutende  N-Retention  herbeizuführen  und  da<  Köriierirewicht  zu 
heben.  ^) 

Durch  diese  \'ersuche  läßt  sich  also  die  Fiweißsynthese  au>  »F-n 
einfachen  iiausteinen  beweisen.  Einzelne  negative  \'ersuche  besairen 
wenig.  Sie  können  dadurch    erklärt   werden,    daß    die  Aminosäuren    durch 


')  Abderhalden,  Weiterer  Beitrag  etc.  8.  Mitt.  Zeitschr.  f.  physiol.  Cbeni.  Bd.  57. 
S.  .S48  (1908).  —  Ähderhnlden  und  (hkar  Frank,  Weitcit-r  Beitrat:  etc.  l'J.  Mitt.  Zeit- 
schrift f.  physiol.  Chem.  Bd.  64.  S.  Iö8  (li)Ü'.)). 

'^)  Henriques  und  Hansen,  Über  Eiweißsynthese  im  Tiorktirper.  Zoitsclir.  f.  phys. 
Chem.  Bd.  43.  S.  417  (1905). 

')  Henriques  und  Hansen,  Weitere  rntcrsudiungen  iihi-r  Kiweiüsynthese  im  Tier- 
körpor.    Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.    Bd.  48.    S.  IIH  (19U(;).  Ilniriqms,    Die  Eiweiß- 

synthese im  tierischen  Organismus.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  IM.  54.  S.  4ü(;  (1908). 

*)  Abderhalden,  Franz.  Frank  und  Srhitlenhrhn,  Ciier  die  Verwertung  von  tief 
abgebautem  Eiweiß  im  menschlichen  Organismus.  Zeitschr.  f.  pliysi(d.  Chem.  Bd.  «»2. 
S.  215  (1909). 


XlgQ  Otto  Neubauer. 

die  ^'orbehanclhing  weitergehend  verändert  woi'den  sind.  Es  ist  kaum  daran 
zu  zweifeln,  daß  es  schließlich  auch  gelingen  wird,  durch  ein  (xemisch  rein 
dargestellter  Aminosäuren  und  Diaminosäuren  N-Gleichgewicht  und  N-An- 
satz  zu  erzielen. 

Die  Untersuchung  der  X-Bilanz  erlaubt  ferner  die  Beantwortung  der 
Frage,  ob  der  Organismus  imstande  ist,  einzelne  Aminosäuren  in  ge- 
nügender Menge  synthetisch  aufzubauen.  Wenn  sich  zeigen  ließe, 
daß  ein  Eiweißkörper,  dem  einzelne  Bausteine  der  gewöhnlichen  Eiweiß- 
körper fehlen,  imstande  ist,  den  Körper  durch  längere  Zeit  im  X-Gleich- 
gewicht  zu  erhalten,  so  müßte  man  schließen,  daß  der  Organismus  den 
fehleiiden  Baustein  selbst  produziert  hat  (durch  Synthese);  nur  bei  einigen 
wenigen  Aminosäuren:  Glykokoll,  Alanin,  Serin,  Asparaginsäure ,  Tyrosin, 
Phenylalanin  und  Oxyprolin  wäre  eine  einfache  direkte  Entstehung  aus 
anderen  Aminosäuren  denkbar.  Als  derartige  „unvollkommene"  Eiweiß- 
körper stehen  zur  \'erfügung: 

Leim  (es  fehlen  Tyrosin,  Tryptophan,  Gystin). 

Gliadin  (es  fehlt  Lysin). 

Zein  (es  fehlen  Tryptophan,  Lysin.  Glykokoll.  Oxyprolin). 

Seide  (sehr  geringer  Leuzingehalt). 

In  jedem  einzelnen  Fall  ist  der  zu  verfütternde  Eiweißkörper  vor  dem 
Versuch  auf  seine  Eeinheit  respektive  auf  das  Fehlen  des  betreffenden 
Bausteines  zu  prüfen.  Bis  jetzt  sind  alle  Versuche,  das  Nahrungseiweiß 
durch  solche  ..unvollkommene"  Ei  weiß  kör  per  völlig  zu  ersetzen,  ne- 
gativ ausgefallen,  so  daß  also  eine  ausgiebige  Synthese  von  Aminosäuren 
(mit  Ausnahme  des  ("llykokolls  und  vielleicht  desAlanins)  unwahrscheinlich 
erscheint.  Der  Einwand,  daß  die  Ergebnisse  dieser  Versuche  vielleicht 
auf  der  großen  Widerstandsfähigkeit  dieser  Eiweißkörper  gegen  die  Fer- 
mente des  Verdauungstraktes  beruhen  könnten,  kann  dadurch  ausgeschaltet 
werden,  daß  man  nach  dem  Vorschlage  Abderhaldens  an  Stelle  der  Ei- 
weißkörper die  Summe  ihrer  Spaltungsprodukte  verfüttert.  A'öllig  gesichert 
würde  das  Versuchsergebnis  weiter  dadurch,  daß  Zulage  der  fehlenden 
respektive  in  ungenügender  ^lenge  vorhandenen  Bausteine  den  aufge- 
spaltenen unvollkommenen  Eiweißkörper  dem  Nahrungseiweiß  gleichwertig 
machen  müßte.  Doch  ist  dieser  Beweis  bisher  noch  in  keinem  Falle  völlig 
gelungen.!) 

Statt  zu  solchen  Versuchen  natürliche  „unvollkommene"  Eiweißkörper  zu 
verwenden,  kann  man  auch  einen  Eiweißkörper,  der  alle  Bausteine  enthält, 
hydrolytisch  aufspalten  und  einen  einzelnen  Baustein  aus  dem  Gemisch 
der  Spaltungsprodukte  entfernen.  So  kann  man  aus  dem  Verdauungsge- 
misch  des  Kaseins   die  Hauptmenge   des  Tryptophans  durch  Fällung  mit 


')  Bona  und  Müller,  Über  deu  Ersatz  von  Eiweiß  durch  Leim.  Zeitschr.  f.  phys. 
Chein.  Bd.  50.  S.  263  (1907).  —  Ahderhalden  und  Manoliu,  Weiterer  Beitrag  etc. 
14.  Mitt.  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  Bd.  65.  S.  336  (1910). 


Arbeitsmethoden  ziii  rntersiiclimig  des  intermediären  Stoffwcrhselg.         llHl 

Hii-Snlfat  in  schwdclsanri'r  Lösung  ausfüllen:  ans  dmi  Kiltrat  wird  »li«- 
Schwctclsiiure  (|uantitativ  mit  Ilaryt.  das  H^^  mit  I1.,S  entfernt.  H.S  durch 
einen  i>uftstrom  vertrieben.  Die  wirklich  <|inintitative  Knifernuii^r  dieser 
i^iftiii  wirkenden  Stoffo  ist  nni)e(lin<'t  niitiji-.  Als  Kontrolle  dient  ein  \er- 
such  mit  dem  vollständigen  \'erdaiuni!.isprodnkt  von  Kasein  und  ein  \  er- 
.sucli  mit  Entfei'minii-  und  nachträglichem  Wieder/.nsatz  von  Tryittophan. 
Es  ist  bisher  noch  nicht  goiihickt,  diese  ;>  N'ersnche  :in  demselben  Tier 
auszuführen;  doch  i^eht  auch  aus  den  bisher  v(n-lie;i^endeii  \ Cr^uchen  her- 
vor, daß  ohne  Tivptophanzufuhr  das  N-(il(i(liiie\\iclif  nicht  erhalten  wer- 
den kann.  M 

Eine  analoi^c  \'ersuchs;iiior(hiuiiii'  wird  auch  die  l'JitMJieidunt:  der 
Frage  ermöglichen,  ol»  der  Körpei'  imst;nide  ist.  die  .\mino>;iuren  i\cT 
Eiweiljkörper  aus  nahestehenden  N-fnicn  Siotfcn.  etwa  aus  den  ent- 
sprechenden Ketonsäuren  oder  Oxysäuren.  in  genügentler  Menge  aiif/.u- 
bauen. 

4.  31etliodeii,  welche  auf  der  Kontrolle  der  i'-liiliiii/  beruhen. 

Ähnlich  wie  eine  längere  Zeit  andauernde,  mit  Körperi:e\\icht>- 
zunahme  einhergehende  Uetention  von  N  als  Zeichen  eines  Eiweili- 
ansatzes  gedeutet  werden  kann ,  wird  man  auch  bei  einer  aus- 
giebigen Retention  von  C  (ohne  entsprechende  gleichzeiti;i-e  lletention 
von  N)  auf  den  Ansatz  von  Glykogen  oder  Fett  schlielien  dürfen,  ha 
nun  Glykogen  erfahrungsgemäß  nur  in  beschränkter  Menge  aufgestapelt 
werden  kann,  so  köniu'u  wiiklich  bedeutende  C-Hetentionen  als  Zeichen 
eines  Fettansatzes  gelten.  Diesen  Gedanken^iang  hat  die  Pcttaikn/rr- 
Foi^sche  Schule  benutzt,  um  die  Entstehung  von  Fett  aus  Eiweiß  darzu- 
tun. 2)  Die  älteren  ^■ersuche  sind  an  Hunden  ansgefidirt.  die  sich  bei  Füt- 
terung mit  großen  Mengen  mageren  Pferdefleisches  im  N-(;h'ichgewicht 
befanden.  Außer  der  Kontrolle  des  N-(ileichgewichtes  durch  Hestimmung  der 
N-Einnahmen  (Analyse  des  Fleisches)  und  Ausgaben  (Analyse  von  Harn 
und  Kot)  ist  zur  Aufstellung  der  C-Bilanz  festzustellen: 

1.  Die  Menge  des  eingeführten  C,  und  zwar  nur  die  .Men^e  de>  in 
der  Form  von  Eiweiß  eingeführten  C.  Von  dem  C-Gehalt  des  Fleisches  i.st 
also  der  C-Gehalt  des  im  Fleisch  noch  vorhandenen  Fettes  und  (ilykogens 
abzuziehen.  Diese  C-Einfuhr  wurde  in  den  \'ersuchen  nicht  je.lesmal  dii-ekt 
bestimmt,  sondern  aus  dem  N-Gehalt  durch  Multiplikation  mit  dem  Fak- 
tor 3'68  berechnet. 

PjUhjer'^)  hat  aber  gezeigt,  daß  dieser  Faktor  niedriirer  angesetzt 
werden    muß,    mit  3-2.    Der  Vergh'ich    der  C-Einluhr  mit  der  OAusfuhr 


')  Abderhalden,  Weiterer  Beitrag  etc.  H.  Mitt.  Zeitschr.  f.  pl.y«.  n.em.  Hd.  «<. 
S.  348  (1908);  10.  Mitt.  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  Bd.  61.  S.  194  (1^)09). 

-)  Petfenkofer  und  Voit,  Über  die  /orsetzuiiirsvortranpe  im '1  lorkörpor  bo.  hiltt.- 
rung  mit  Fleisch.  Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  7.  S.  487  (1H71). 

■')  I'ßihicr,  Über  die  P^utsteluiiig  von  Fett  aus  Eiweiß  im  Körper  der  licre.  Aroh. 
f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  51.  S.  229  (1892). 


■J]g2  Otto  Neubauer. 

gibt  die  C-Bilanz.  Voit,  der  mit  dem  Faktor  o"68  arbeitete,  berechnete 
eine  so  erhebliche  C-Iletention,  daß  die  Annahme  eines  Fettansatzes  kaum, 
zu  umgehen  Avar.  Pßüger  erhielt  aber  bei  der  Durchrechnung  der  Voit- 
schen  Versuche  unter  Zugrundelegung  des  Faktors  ?/2  nur  ganz  unwesent- 
liche C-Retentionen,  die  innerhalb  der  Fehlergrenzen  der  Methoden  lagen. 
Dagegen  gelingt  der  Nachweis  einer  erhebhchen  C-Retention  bei 
starker  Überernährung  mit  Fleisch,  wobei  dann  auf  das  Bestehen  von 
X-Gleichgewicht  kein  Wert  gelegt  wird.  Besser  als  Hunde  i)  eignen  sich 
nach  Cremer  zu  solchen  Versuchen  Katzen  2):  besonders  nach  einer  länge- 
ren Hungerperiode  kann  man  diesen  Tieren  sehr  große  Fleischmengen  bei- 
bringen; weibliche  Katzen  lassen  sich  auch  katheterisieren. 

Beispiel : 

Ein  Kater  erhält  nach  einer  Hungerperiode  8  Tage  laug  täglich  450  g  Fleisch 
und  wird  dann  getötet.  Schlußgewicht:  S'l  kg. 

Die  tägliche  N-Ausscheidung  beträgt  130  g. 

Daraus    berechnet    sich    der  C  des    im  Körper    zer- 
setzten Fleisches  1.30  X  320 416  C 

Ausgeschiedener    C    in    Harn,    Kot,    Ausatmungsluft 

7-5+  1-4 +  25  4 848  C 

Täglich  retinierte  (angesetzte)  C-Menge 13  g  C; 

in  der  ganzen  Stägigen  Periode  also  584^  C  entsprechend  67'1  //  Fett  oder  130^ 
Glykogen.  Daß  diese  große  Menge  von  C  nicht  in  Form  von  Glykogen  angesetzt  wor- 
den sein  kann,  ergibt  die  Untersuchung  des  getöteten  Tieres ;  es  enthält  höchstens 
35  g.  Da  andere  X-freie  oder  N-arme  Substanzen,  die  sich  in  so  großer  Menge  im  Or- 
ganismus anhäufen  könnten,  nicht  bekannt  sind,  so  darf  man  aus  dem  Versuch  mit 
größter  Wahrscheinlichkeit  auf  die  Entstehung  von  Fett  aus  Eiweiß  schließen. 

D.  Methoden,   welche    den   Übertritt   von    Zwischenprodukten    des 
normalen  Stoffwechsels  in  die  Exkrete  bewirken. 

1.  Der  Versuch,  intermediäre  Produkte  durch  Einleitung 
einer  kräftigen  Diurese  auszuschwemmen^),  gelingt  im  allgemeinen 
nicht.  Durch  Einleitung  einer  Diurese  wird  nur  die  Menge  der  normalen 
Endprodukte  des  Harns  vorübergehend  etwas  gesteigert.  Auch  bei  den 
extremsten  Formen  der  Polyurie,  wie  sie  sich  z.  B.  beim  Diabetes  insipidus 
findet,  ist  die  relative  Zusammensetzung  des  Harns  im  wesentlichen  nor- 
mal. Ein  einziger  Stoff  macht,  soweit  bisher  bekannt,  eine  Ausnahme:  der 
Inosit.  Während  er  im  normalen  Harn  nur  in  Spuren  vorkommt,  ist  er 
in  polyurischen    Harnen    verschiedener    Ätiologie    häufig    in    reichlicheren 


*)  Erwin  Yoit,  Über  die  Fettbildung  aus  Eiweiß.  Münchn.  med.  Wochenschr. 
Bd.  39.  S.  460  (1892). 

-)  Cremer,  Über  Fettbildung  aus  Eiweiß  bei  der  Katze.  Münchn.  med.  Wochen- 
schrift. Bd.  44.  S.  811  (1897);  Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  38.  S.  .309  (1899). 

^)  H.  Lüthje  (Zur  Frage  der  Eiweißsynthese  im  tierischen  Körper.  Archiv  f.  d. 
gesamte  Physiologie.  Bd.  113.  S.  548  [1906])  hat  zum  Zweck  der  Ausschwemmung  inter- 
mediärer Produkte  das  Glyzerin  vorgeschlagen ;  bei  einem  18 — 20  kg  schweren  Hunde 
kann  man  so  tägliche  Urinmengen  von  11 — 12  1  erzielen. 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  interracdiiiren  Stoffwechsels.         1  |  H;\ 

Moiigen  ijofuiidoii  worden:  so  Ixm  Diahotcs  iiisipidiis.  Diabetes  melitii-. 
Schniiiipfiiiere  und  vor  allem  aueli  hei  Polyurie  inlolirc  von  reieldiclier 
Flüssiiikeitsaufnahnie.  So  hat  F.  SfraiaO)  lici  :;  gesunden  .Menschen  diireh 
Trinkenlassen  von  zirka  10/  Wasser  innerhall)  l'J  L'4  Stunden  eine  er- 
hebliche Inositausscheidung'  im  Harn  eizielt.  K.  A'/V/cM  machte  ahnliche 
Versuche  am  Kaninchen:  er  ließ  durch  f)  Stunden  aus  einer  lUirette  l«/o 
NaCl-Lösung  in  die  \'.  jugularis  eiidauien  (alle  f)  Mimiten  20-  HO  n»*).  Aus 
dem  Harn  {\01{)  cm^)  konnten  '62  mg  abgeschieden  werden. 

Ahihrhaldm^)  hat  die  rberschwemmung  des  Körpeis  mit  grolieu 
^^■  asser  mengen  dazu  benützt,  um  Aufklärung  daiüber  zu  eilialteii.  in  welcher 
Form  der  bei  eiweiltreicher  Kost  im  Köri)er  zurückbleibende  (und  bei 
einer  anschließenden  Hungerperiode  wieder  im  Harn  erscheinende!  Stick- 
stoff im  Körper  retiniert  wird  (von  C.  Voit  als  ..ziikulierendes  KiwciU" 
gedeutet).  Es  gelang  bei  Hunden,  die  reichlich  mit  Kiweil'.  gefüttert 
worden  waren  und  dabei  N  retiniert  hatten,  durch  Kinführung  von  1  / 
AVasser  (mit  der  Schlundsonde)  während  des  letzten  Futtertages  eine  be- 
deutende Menge  von  N  auszuschwemmen  (Steigermig  der  N-.Vus.Ncheidung 
von  41)6  auf  (röo^):  am  ersten  Hungertage  blieb  dann  die  sonst  zu  be- 
obachtende vermehrte  N-Ausscheidung  aus.  Da  es  wenig  wahrscheinlich 
ist.  daß  die  reichliche  Wasserzufuhr  einen  gesteigerten  Kiweil'izerfall  be- 
wirkt, so  ist  zu  schließen,  daß  der  N  nicht  in  Form  von  Kiweiß  re- 
tiniert war. 

In  dem  Atophan  (Phenylcinchoninsäure)  scheinen  Xicohür  und 
Dohrn  ^)  ein  Mittel  gefunden  zu  haben,  das  es  gestattet,  einen  bestimmten 
Stoff,  die  Harnsäure,  aus  dem  Körper  auszuschwemmen:  in  (ial)en  von 
3 — 4  y  (per  os)  steigert  es  beim  Menschen  die  U-Ausscheidung  sehr  be- 
deutend: ebenso  beim  Huiule  iO'ö  g  subkutan,  mit  Soda  gelöst),  unter 
gleichzeitigem  Sinken  des  Allantoins:  beim  Huhn  setzt  es  eine  Störung  der 
U-Synthese.*)  Von  dem  näheren  Studium  sind  noch  Aufklärungen  id)er  den 
intermediären  Nukleinstoffwechsel  zu  erwarten. 

2.  Man  hat  Nahrungsstoffe  (resp.  Stoffe,  die  bei  der  \erdauung  im 
Darmkanal  aus  ihnen  entstehen)  in  exzessiv  großer  Menge  zugeführt, 
in  der  Erwartung,  daß  so  großen  Anfordeinngen  gegenüber  die  Abi)au- 
vorrichtungen  des  Organismus  nicht  mehr  völlig  ausreichen  würden,  so  daß 
uuverbrannte  Zwischenprodukte  in  den  Harn  übertreten. 


')  F.  Strauß,  Die  einfache  zuckerlose  Harnruhr.  Dissertation  Tahin!:en.  187(». 
—  E.  Kidz,  trber  das  Auftreten  vou  Inosit  im  KaiiinchcnJiarn.  /entraDdatt  f.  d.  med. 
Wissensch.  Bd.  13.  S.  932  (1875). 

')  Abderhalden,  Studien  über  den  Eiweißstoffwechscl.  Zeitschr.  f.  physiol.  (.hemie. 
Bd.  59.  S.  177  (1909). 

^)  Nicolaier  und  Dohrn,  Über  die  Wirkung  der  t'liinolinkarbonsäuren  tmd  ihrer 
Derivate  auf  die  Ausscheidung  der  Harnsäure,  l).  Arch.  f.  klin.  Med.  Hd.  93.  S.  331  (1908). 

*)  Frank  und  Baudi,  Über  den  Angriffspunkt  des  Atophans  l>tM  seiner  Kinwir- 
kung  auf  die  Harnsäureausscheidung.  Bcrl.  klin.  W  ocl\ensclir.  lid.  48.  Nr.  32  (1911).  — 
Starkenstein,  Über  die  Boeinfhissung  des  ruriust.iffwechseis  durch  Thenjlcinchonin- 
säure  (Atophan).  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  65.  S.  177  (19111. 


1134  Otto  Neubauer. 

P.  Mayer  i)  hat  nach  Verfütterimg  großer  IMengen  von  Traubenzucker 
an  Kaninchen  (40^  innerhalb  6  Stunden)  eine  Steigerung  der  Glykuron- 
süure-  und  der  Oxalsäureausscheidung  beobachtet  und  betrachtet  deshalb 
diese  beiden  Säuren  als  normale  Oxydationsprodukte  des  Zuckers. 

Nach  Zufuhr  großer  Mengen^^  von  Tyrosin  hat  BUndtrmann'^)  bei 
einem  Kaninchen  Oxyphenylmilchsäure  im  Harn  gefunden. 

Neuberg  und  Langstein  ^)  haben  aus  dem  Harn  hungernder  Kaninchen 
nach  der  Verfütterung  von  20 — 30  g  Alanin  Milchsäure  (2  g  Zinksalz) 
isolieren  können. 

Baumgarten  und  Popper*)  haben  gefunden,  daß  Hunde,  bei  ge- 
mischter Kost,  nach  intraperitonealer  Injektion  von  Buttersäure  oder 
Isovaleriausäure  (als  NHg-Salz  1—2  g  pro  kg)  erhebhche  Mengen  von 
Aceton  ausscheiden. 

Nach  Blum^)  kann  man  beim  normalen  Hund  auch  vom  subkutanen 
Gewebe  aus  durch  Überschwemmung  des  Körpers  mit  Buttersäure,  Iso- 
valeriausäure oder  Capronsäure  Acetonkörperausscheidung  erzielen;  man 
wählt  junge,  glykogenarme  Tiere  (5 — 5  kg  Körpergewicht)  und  injiziert 
10 — 22  g  buttersaures  Natrium. 

Die  Ergebnisse  dieser  Methodik  sind  jedoch  nicht  völlig  überzeugend. 
Wenn  der  zu  untersuchende  Stoff  in  so  großen  Mengen  durch  den  Darm- 
kanal eingeführt  wird,  so  unterliegt  er  zunächst  der  Einwirkung  der  bak- 
teriellen Darmzersetzung,  wobei  Stoffe  entstehen  können,  die  in  den  Harn 
übergehen  und  dort  als  unvollkommen  zersetzte  intermediäre  Produkte 
imponieren.  Aber  auch  in  den  Geweben  selbst  können,  wenn  bei  außer- 
ordentlichen Anforderungen  die  gewöhnlichen  Abbaumechanismen  nicht  aus- 
reichen, an  ihrer  Stelle  abnorme  Veränderungen  der  in  abundanter  Menge 
gegebenen  Substanz  stattfinden. 

3.  Ein  weiteres  Verfahren,  um  intermediäre  Produkte  in  den  Harn 
überzuleiten,  beruht  auf  folgendem:  Viele  eingeführte,  körperfremde  Stoffe 
erscheinen  im  Harn  „gepaart''  mit  Atomenkomplexen,  die  offenbar  dem 
Bestände  des  Organismus  entstammen.  ]\lit  dieser  Paarung  wird  in  der 
Regel  eine  Entgiftung  der  zugeführten  Substanz  erreicht.  Es  liegt  die  An- 
nahme nahe,  daß  diese  aus  dem  Körper  herausgenommenen  Komplexe 
Produkte  des  intermediären  Stoffwechsels  sind;    es  gelänge  also  in  dieser 


')  P.  Mai/er,  Über  unvollkommene  Zuckeroxydation  im  Organismus.  Deutsche 
mediz.  Wochenschr.  Bd.  27.  S.  243  und  262  (1901).  —  Experimentelle  Untersuchungen 
über  den  Abbau  des  Zuckers  im  Tierkörper.  Verhandlungen  d.  19.  Kongr.  f.  inn.  Med. 
S.  393  (1901). 

2)  Blendermann,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Bildung  und  Zersetzung  des  Tyrosins 
im  Organismus.  Zeitschr.  f.  phys.  Chemie.  Bd.  6.  S.  234  (1882). 

^)  Neuherg  und  Längstem,  Ein  Fall  von  Desamidieruug  im  Tierkörper.  Arch.  f. 
Anat.  u.  Physiol.Abt.  f.  Physiol.  1903.  Suppl.  S.  514. 

^)  Baumyarten  und  Popper,  Experimentelle  Untersuchungen  über  Acetonurie  beim 
Hund.  Zentralblatt  f.  Physiol.  Bd.  20.  S.  377  (1906). 

^)  Blum,  Über  den  Abbau  der  Fettsäuren  im  Organismus  und  über  die  gegen- 
seitigen Beziehungen  der  Acetonkörper.  Münch.  med.  Wochenschr.  Bd.  57.  S.  683  (1910). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchiiiig  des  iuterimnliureii  Stoff« ocliscls.         HHö 

Weise.  Zwisehenproilukte  aus  den  Geweben  mit  der  clieniisclu'n  An^'<-I 
gleichsam  herauszufischen.  Doch  ist  in  jedem  speziellen  l":dl  die  i'.e- 
rechtiüun^  dieser  Auffassung'  einer  he.^^onderen  l'riifun;^'  zu  unterwerfen; 
denn  es  ist  auch  möglich,  dali  der  vom  ( >rL':inismus  ;:elieferte  ..l'aarlini^^ 
erst  unter  dem  Einflul)  der  eingegebenen  Substanz  entstanden  ist. 

Auch  die  Muttersubstanzen  dieser  Taarlinge  können  festgestellt 
werden,  wenn  es  gelingt,  die  ([uantitativen  Verhältnisse  der  Paarung  durch 
gleichzeitige  Zufuhr  von  Nahrungssubstanzen  oder  bekannten  intermediären 
Produkten  zu  beeinflussen. 

Abgesehen  von  der  Synthese  mit  Schwefelsäure,  welche  sicher  ein 
Endprodukt  des  Stoffwechsels  ist,  kommen  folgende  Paarun«,'en  in  lletracht: 

1.  Die  Paarung  mit  Glykuronsäure,  welcher  zahlreiche,  in  den 
Organismus  eingeführte  Substanzen  unterliegen;  besonders  Kaninchen 
zeigen  eine  Neigung  zu  dieser  Art  der  Entgiftung. 

Schniicdehet^g  und  B.  Mei/er^)  haben  die  Auffassung  vertreten,  dal»  die 
Glykuronsäure  im  normalen  Organismus  als  Zwischenprodukt  bei  der  \  er- 
brennung  des  Traubenzuckers  auftritt  und  nun  infolge  der  Paarun;:  der 
weiteren  Zersetzung  entgeht.  Sundvlk  und  besonders  Emil  Fischer  und 
Pilotij  haben  dagegen  die  Vermutung  ausgesprochen,  dal»  die  eingeführte 
Substanz  sich  wahrscheinlich  zunächst  mit  Traubenzucker  verbindet  und 
daß  das  so  gebildete  (ilukosid  eine  Oxydation  zur  gepaarten  (ilykunui- 
säure  erfahre.  Eür  diese,  vom  Standpunkt  des  Chemikers  eiideuchtende 
Erklärung  haben  sich  aber  bisher  noch  keine  entscheidenden  1  leweise  bei- 
bringen lassen.  Man  hat  die  Frage  in  der  Weise  zu  studieren  versucht, 
dalj  man  untersuchte,  ob  zugeführte  Glukoside  im  Körper  in  die  ent- 
sprechenden gepaarten  (ilykuronsäuren  übergehen.  Man  hat  zum  Teil  po- 
sitive Resultate  erbalten.-)  Diese  lassen  aber  immer  noch  die  Deutunt:  zu, 
daU  zunächst  eine  Aufspaltung  des  (ilukosides  und  dann  erst  .sekundär 
eine  Synthese  des  freigewordenen  Paarlings  mit  (ilykuronsäure  stattge- 
*funden  habe.  Bei  diesen  Versuchen  sind  vor  allem  auch  die  Isomeriever- 
hältnisse  der  Glukoside  und  der  gepaarten  Glykuronsäuren  (a- und  ä-Eormi 
zu  berücksichtigen. 

Man  hat  auch  die  Frage  aufgeworfen,  ob  denn  der  Traubenziu-ker 
überhaupt  als  Muttersubstanz  der  (ilykuronsäure  angesehen  werden  kann. 


')  Schmiedebery  uud  IL  Mci/er,  Über  Stoffwechselprodukte  nach  Kainpforfütteningr. 
Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  3.  S.  422  (1879). 

2)  Brahm,  tJbcr  Chinosol,  sein  Veiluilteii  im  TicrkorpiT  und  libcr  lii««  Bildnng 
gepaarter  (ilvkuronsaure.  Zeitschr.  f.  phys.  (heni.  Bd.  2«.  S.  4;5i»  (IS'.iUl.  Miinrh,  tWr 
das  Verhalten  einiger  künstlicher  Hexosen  im  Tierkörper.  Zeitschr.  f.  phys.  Chemie.  Bd  1*9. 
S.  493  (1900).  —  Falck,  t)ber  das  Verhalten  einiger  Clykosi.ie  si.wi.-  über  die  Knt- 
stehuni,'  gepaarter  (ilykuronsiuiren  im  Tierkörper.  Münchn.  med.  Wochcnschr.  Bd.  49. 
S  1489  (1902)  —  Jliidebrainlt,  Über  Svntiiesen  im  Tierkorper.  Arch.  f.  cxp.  Pathohtnie 
U.Pharmakologie.  Bd.  44.  S.  308  (1900);  Bd.  45.  S.  110  (1901).  -  (M.er  eine  experi- 
mentelle Stoffxvechselabnormitat.  Zeitschr.  f.  phys.  Chemie.  Bd.  35.  S,  150(1902).  -  Zur 
Frage  der  glykosidischen  Struktur  gepaarter  Glykunuisauren.  Zeitsclir.  f.  physiüi.  Chem 
Bd.  7.  S.  439  (1906). 

Abderhalden,   Handbuch  dir  biochemischen  Arboitgmotb..dcn.   V.  76 


21 1^(3  Otto  Neubauer. 

Nach  der  chemischen  Koüstitution  muß  das  ja  von  vornherein  als  recht 
wahi'scheinlich  erscheinen.  Die  Frage  läßt  sich  auf  dem  Wege  untersuchen, 
daß  man  feststellt,  ob  die  Menge  Glykuronsäure.  die  ein  Tier  zur  Paarung 
beistellen  kann,  abhängig  ist  von  seinem  (iehalt  an  Kohlenhydrat.  i)ie  Ver- 
suche sind  zweckmäßig  so  anzuordnen,  daß  man  zunächst  dem  in  nor- 
maler Weise  ernährten  Tiere  eine  genügende  Menge  einer  zur  Glykuron- 
säurepaarung  befähigten  Substanz  zuführt  und  im  Harn  die  Menge  der 
ausgeschiedenen  gepaarten  Säuren  bestimmt  (durch  die  Stärke  der  Links- 
drehung). Die  Autoren  haben  in  der  Regel  Chloralhydrat  oder  Kampfer 
gegeben;  gegen  die  Wahl  dieser  Substanzen  ist  jedoch  einzuwenden,  daß 
damit  recht  komplizierte  \'ersuchsbedingungen  geschaffen  werden,  weil 
diese  beiden  Substanzen  gar  nicht  direkt  zur  Glykuronsäurepaarung  heran- 
gezogen werden  können,  sondern  zuerst  im  Organismus  eine  vorbereitende 
Veränderung  erfahren  müssen.  (Reduktion  zu  Trichloräthylalkohol.  Oxy- 
dation zu  Kampferöl.)  Das  Chloralhydrat  ist  ferner  aus  dem  Grunde  un- 
geeignet, weil  es  den  Glykogenstoffwechsel  beeinflußt  (Nebelthau).  Der 
Kampfer  scheint  ebenfalls  eine  eigenartige  Wirkung  auf  den  Kohlenhydrat- 
stoffwechsel zu  haben,  wenigstens  kommt  0.  Löiri  zu  der  Annahme,  daß 
er  die  Zuckerausscheidung  beim  Phlorhizindiabetes  direkt  beeinflußt.  Ge- 
eigneter für  derartige  Versuche  dürften  Paarhnge  sein,  die  unmittelbar,  ohne 
vorausgehende  Veränderung,  zur  Synthese  herangezogen  werden  und  die  eine 
relativ  geringe  Giftwirkung  haben,  so  daß  größere  Dosen  verwendet  werden 
können:  Menthol,  Borneol,  Thymol,  Naphthol,  eventuell  auch  tertiärer  Butyl- 
alkohol.  Dann  wird  das  Tier  durch  eine  der  oben  beschriebenen  Methoden  mög- 
lichst glykogenfrei  gemacht  (z.  B.  Kombination  von  Hunger  und  Phlorhizin, 
Hunger  und  Arbeit).  Darauf  wird  ihm  die  gleiche  Dosis  des  Glykuronsäure- 
paarlings  verabreicht  und  der  Harn  untersucht.  Nach  P.  Mat/er^)  ergibt  sich, 
daß  nun  weniger  gepaarte  Glykuronsäure  ausgeschieden  wird  als  vom  gefütterten 
Tier.  Dann  erhält  dasselbe  Versuchstier  ein  drittes  Mal  dieselbe  Dosis  des  Paar- 
lings,  gleichzeitig  mit  einer  großen  Menge  Traubenzucker.  P.  Mayer  fand,  daß 
dann  wieder  etwa  dieselbe  Menge  gepaarter  Säure  ausgeschieden  wird  wie  vom 
gefütterten  Tier,  und  schheßt  daraus,  daß  Glykuronsäure  aus  Zucker  entsteht. 

In  gleichem  Sinne  sprechen  die  Resultate  von  Hildebrandt.  2)  Er 
zeigte,  daß  Kaninchen  bei  gleichzeitiger  Verabreichung  von  Zucker  Thymo- 
tinpiperidid  in  größerem  Ausmaße  an  Glykuronsäure  paaren  und  deswegen 
auch  besser  entgiften.  Auch  für  Thujon  stellte  er  eine  entgiftende  Wirkung 
gleichzeitiger  Zuckergaben  fest. 

Eine  etwas  andere  Methodik  wählte  0.  LoewiJ)  Er  unterhielt  bei 
Hunden,    um   sie    glykogenfrei   zu   machen,    einen   maximalen    Phlorhizin- 


^)  Paul  Mayer,  Experimentelle  Untersuchungen  über  Kohlenhydratsäuren.  Zeitschr. 
f.  klin.  Med.  Bd.  47.  S.  68  (1902). 

^)  H.  Hildebrandt,  tlber  einige  Synthesen  im  Tierkörper.  I.  Mitt.  Arch.  f.  exp. 
Path.  u.  Pharm.  Bd.  44.  S.  278  (1900). 

^)  0.  Loewi,  Einfluß  des  Kampfers  auf  die  Zuckerausscheidung  im  Phlorizindia- 
betes.  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  47.  S.  56  (1903). 


Arbeitsmethoden  zur  riitcrsuchuii«,'  des  iiitcnnediiireii  Stdffworhsols.  llS? 

diabetes,  dann  reichte  er  Kanipfci-  (auch  hier  wiirc  wohl  die  Wahl  eines 
anderen  Paarlinos  vorzuziehen),  (h*r  als  Kaniijhoj^dykiinmsaure  aiisfreschiedcn 
wurde.  Wenn  nun  die  (Jlykuronsäure  aus  (h-ni  Zucker  staniintf.  so  nuidte 
während  der  Kampferperiode  die  Men<,^e  des  aus^^escIiiiMh-ncn  Zuckers  ub- 
nchmen.  In  den  Loenii^chen  Versuchen  fand  min  tatsiiciihch  ein  Sinken  der 
Zuckei-ausscheidunu'  statt:  doch  war  diese  durch  yleich/ejiiire  Kinschriin- 
kung-  des  Eiweii'iumsatzes  zu  erkiiiren.  Die  N'ersuchshedin^^'unjien  he;:en 
hier  also  recht  kompliziert.  Loeivi  g:laid)t.  aus  dem  Versuch  schlier.en  zu 
dürfen,  dal»  die  (Uykuronsänic  nicht  aus  Zucker  (MJer  zuckerhildenden 
Komplexen  entsteht. 

IL  Paarung  mit  (ilykokoll.  8ie  tritt  hrj  rincr  Anzahl  von  aroma- 
tischen Säuren  ein;  sie  ist  zum  Studium  intermediärer  Stoffwechselvor- 
tiänse  wiederholt  herangezogen  worden.  Als  Paarling  wurde  p-wölndich  «lie 
einfachste  der  hierher  gehörigen  Substanzen,  die  Penzoesäure.  verwendet. 
(Paarungsprodukt:  Hippursäure.)  Geeignete  Versuchstiere  sind:  Kaninchen 
und  Schaf:  bei  Hunden  und  iMenschen  findet  die  (ilykokollpaarung  in 
kleinerem  Umfange  statt. 

Wiener^)  hat  als  erster  die  quantitative  X'erfolgung  der  (ilykokoll- 
paarung in  systematischer  Weise  dazu  verwertet,  um  Aufschlüsse  id»er  die 
Pedeutnng  des  Glykokolls  im  intermediären  Stoffwechsel  zu  erhalten.  Kr 
hat  in  einer  Pieihe  von  Versuchen,  in  welchen  eine  einmalige  Ddse  von 
!■() — Po6  r/ Benzoesäure  pro  Kilogramm  Kaninchen  per  os  gej^^eben  wurde. 
im  Harn  der  folgenden  vier  Tage  regelmäßig  rund  O'S  y  Penzoesäure  in 
gepaarter  Form  als  Hippursäure  gefunden.  Dieser  Maximalwert  tritt  bei 
einer  Dosis  von  mindestens  VO  g  Benzoesäure  pro  Kilogramm  Tier  in  Er- 
scheinung. Er   entspricht   einer   Menge  von   0"49  (nicht  Oi^-i  g)  (ilyk(»k(tll. 

Wiener  betrachtete  diese  Menge  als  den  ..( Jlykdkollvorrat"  des  Tieres. 
Darunter  verstand  er  die  Menge,  über  welche  das  Tier  im  Zeitpunkte  der 
Darreichung  verfügt,  vermehrt  um  die  Menge,  welche  es  in  den  nächsten 
Stunden  (solange  noch  freie  Benzoesäure  im  Blute  kreist)  bildet.-)  l>amit 
wäre  eine  Methode  gegeben,  um  die  Mnttersubstanzen  des  (Jlykokolls  kennen 
zu  lernen:  wenn  nach  Zufidir  einer  Substanz,  z.  B.  Peucin.  ti.i-  Tiir  mehr 
als  0''S g  Benzoesäure  zu  paaren  vermag,  so  wäre  das  ein  Zeichen,  dali 
sein  (ilvkokollvorrat  durch  die  einceuebene  Sul)stanz  vermehrt  worden  ist. 


*)  Wiener,  Über  das  Glykokoll  als  intermediäres  Stoffweelisclpnulukl.  .\roh.  f, 
exp.  Patli.  u.  rharm.  Bd.  40.  S.  ;^13  (18117):  Üi>er  den  (ilyl<okollviirrat  dt-s  tierischeu 
Organismus.  Pra^rer  medizin.  Wochenschr.  Bd.  26.  Nr.  50  (litOl);  Hd.  27.  Nr.  24  (liK.)2). 
—  Siehe  ferner  B. Colin,  Üi)er  den  (JIyk(dvollvorrat  im  tierisclien  (>rj.'anisnius.  KcstM-lirift 
zur  P'eier  des  6U.  Geburtstages  von  Max  Jajl)'.  1901.  S.  321:  Zur  Kraire  des  ülvknktdl- 
vorrats  im  tierischen  Organismus.  Prager  med.  Wochensciir.  Bd.  27.  8.269  (1902); 
Zur  Frage  der  Glykok(»lll)ibliuig  aus  Leucin  im  tierisclii-n  Organismus.  Arcli.  f.  exp. 
Path.  u.  Pharm.  Bd.  48.  8.  177  (1902). 

-)  Mehr  (ilykokoll  erhält  man.  wenn  die  Beuzoosäure/ufuhr  nicht  auf  einmal  er- 
folgt, sondern  in  mehreren  Dosen  üiter  den  Tag  verteilt,  l'nrhr  und  Lusk,  «>n  thc 
maximuin  production  of  hippuric  acid  in  rabldts.  .Vnierif.  .lourn.  of  Physinl.  Bd.  3. 
S.  472  (1900). 

75» 


\]^^  Otto  Neubauer. 

Eine  Bestätigung  kann  noch  dadurch  geliefert  werden,  daß  nun  das  Tier 
eine  sonst  letale  Dosis  von  Benzoesäure  (annähernd  l'l  g  pro  Kilogramm 
Kaninchen)  überlebt. 

Es  hat  sich  jedoch  herausgestellt,  daß  diese  im  Prinzip  richtige  Me- 
thodik doch  gewisser  Vorsichtsmaßregeln  bedarf.  Es  hat  sich  ergeben,  daß 
der  „Glykokollvorrat"  verschiedener  Kaninchen,  auf  1  kg  Körpergewicht 
berechnet,  nicht  immer  gleich  groß  ist.  Wiener  hat  selbst  einen  Versuch 
mitgeteilt,  in  welchem  r0381  g  Benzoesäure  pro  Kilogramm  ausgeschieden 
wurden.  1)  Nach  den  eingehenden  gründlichen  Studien  von  Wiechowskl^) 
ist  dagegen  der  Umfang  der  Hippursäuresynthese  pro  Kilogramm  Tier  bei 
demselben  Individuum  und  bei  gleichmäßiger  Zufuhr  von  Benzoesäure 
konstant.  2)  Man  wird  also  nach  Wiechouskis  Vorschlägen  derartige  Ver- 
suche künftig  in  folgender  Weise  ausführen  müssen: 

Das  Tier  erhält  zunächst  eine  Benzoesäuregabe,  um  das  dauernde 
kleine  Glykokolldepot  des  Organismus  zu  erschöpfen. 

24  Stunden  später  wird  in  einem  Vorversuch  das  normale  Ausmaß 
der  Hippursäuresynthese  für  das  Tier  bestimmt.  Es  wird  Benzoesäure  als 
Na-Salz  auf  einmal  subkutan  oder  intravenös  injiziert.  Zur  subkutanen  In- 
jektion empfiehlt  Wiechoicski  eine  47oige  Lösung;  konzentriertere  Lösun- 
gen sind  schmerzhaft  und  weniger  genau  zu  dosieren.  Man  läßt  die  Lösung 
den  aufgespannten  Tieren  aus  einer  Bürette  mit  Injektionsnadeln  langsam 
unter  Massage  unter  die  Rückenhaut  fließen.  L^m  Diarrhöen  zu  vermeiden 
und  um  vergleichbare  Werte  zu  erhalten  verwendete  Wiechoicski  stets  0"8  g 
Benzoesäure  pro  Kilogramm  Tier.  In  dem  quantitativ  gesammelten  Harn 
wird  der  N,  die  Hippursäure  und  die  nicht  gepaarte  Benzoesäure  quanti- 
tativ bestimmt  (Methoden  siehe  dieses  Werk,  Band  III.  S.  829,  ferner 
Wiechowski.  a.  a.  0.).  Ein  Teil  der  verabreichten  Benzoesäure  mvd  weder 
in  freiem  Zustand,  noch  als  Hippursäure  wieder  gefunden  („Defizit"). 

Im  Hauptversuch  erhält  nun  das  Tier  wieder  benzoesaures  Natron 
in  gleicher  Dose  und  gleicher  Konzentration  wie  im  Vorversuch,  und 
außerdem  die  auf  ihr  Glykokollbildungsvermögen  zu  untersuchende  Substanz. 
Eine  Änderung  der  pro  Kilogramm  berechneten  Hippursäurewerte 
darf  aber  nach  Wiechowski  noch  nicht  ohne  weiteres  auf  eine  Änderung 
des  GlykokoUbestandes  bezogen  werden.  Durch  die  Zufuhr  der  Sub- 
stanz könnte  auch  die  synthetische  Energie  des  Tierkörpers  beeinflußt 
worden  sein.  Wiechowski  schlägt  vor,  die  Entscheidung  in  der  Weise  zu 
treffen,  daß  man  an  demselben  oder  an  einem  anderen  Tiere  ^'orversuch 
und  Hauptversuch  unter  gleichzeitiger  Darreichung  von  GlykokoU  wiederholt. 
Als  Grundlage  für  derartige  Experimente  wäre  übrigens  eine  längere  Reihe 
von  Versuchen  mit  gleichzeitigex  Darreichung  von  Benzoesäure  und  GlykokoU 
(zum  Studium  der  svnthetischen  Energie  des  Kaninchens)  erwtüischt. 


')  H.  Wiener,  t)ber  den  Glykokollvorrat  des  tierischen  Organismus.  Prager  mediz. 
Wochenschr.  Bd.  26.  Nr.  50  (190i).  Im  Original  ein  Druckfehler  (1-3381). 

^)  Wiechowski,  Die  Gesetze  der  Hippursäuresynthese.  Beiträge  z.  ehem.  Phys.  u. 
Path.  Bd.  7.  S.  204  (1905). 


Arbeitsmothodeii  zur   l  utersucluiiij.'  des  interniodiaren  Stoffwcrhscls.         11H9 

Versucht'  mit  Eiiilialtuii^  aller  dieser  Kaiiteleii  lie<reii  noch  iii<ht  vor. 
Trotzdem  erlauben  auch  die  hisherlj^en  Experimente  eini^rc  SdiUlsse 
auf  die  Quellen  des  (ilykokolls.  Aus  den  \  ersuchen  von  Wirrlmuski  und 
von  MaiinuH-Ucy  eri>ii)t  .sich,  dal)  ein  sehr  grolier  Teil  des  (Jesanit-N  als 
(ilykokoU  (llippuisäure)   im   Flani  vorhanden  sein  kann,  bis  zu  ()4''/o. 

Kaninchen,  22.')0 /y,  erhält  sul)kut;iii  173//  Ik'nzoesäiire  i:leioh  ((«//  pro  Kiln  al« 
Na-Salz. 

Gesamt-N  in  24  Stunden  0-828  //,  in  8  Stunih'ii  also  0  27(i  //. 

Ausj^escliiedenc.  ^eljundene  Hen/.ncsäiire  \h{\  fi ,  gleich  OlTM'.ty  tii)  k.ik<dl-N, 
gleich  64'3'"o  des  auf  8  Stunden  entfalhiiden  (iesanit-N. 

Der  Berechnung  darf  die  N-Ausscheidung  von  8  Stunden  ziignindp  gelobt  »er- 
den, weil  in  anderen  Versuchen  gezeigt  worden  ist.  daÜ  liei  der  angewendeten  Dose  die 
Ilippursäureausscheidiuig  in  der  G.  bis  '.).   Stunde  vollendet  ist. 

Daß  ein  .so  i>TOlier  Anteil  dos  N-(iehaltes  des  HaruN  aU  dlvkokoll 
erscheinen  kann,  i.st  nur  unter  der  Annahme  verständlich,  dal',  ilas  Kiweil'. 
die  Quelle  (wenigstens  die  Haupt(|uelle)  des  (ilvkokolls  ist.  Da  auch  das 
hungernde  Kaninchen  reichlich  Glykokoll  bildet,  so  sind  jedenfalls  dicEiwcili- 
körpor  der  Gewebe  als  Muttersubstanzen  des  (ilykokolls  anzusehen.')  Hei 
der  hydrolytischen  Spaltung  liefern  die  Eiweiljkörjx'r  der  (iewebe  aber 
durchschnittlich  nicht  mehr  als  o.  höchstens  4"  o  Glykokoll.  Das  führt  zu 
dem  Schlüsse,  dal')  entweder  (U»r  Abbau  dei'  Eiweibkörpei-  in  dm  ( ieweben 
nicht  mit  einer  hydrolytischen  Aufspaltung  beginnt  oder,  was  viel  wahr- 
scheinlicher ist.  daß  die  beim  hydrolytischen  .\bbau  der  Gewebe  entstehen- 
den Aminosäuren  zum  Teil  in  <ilykokoll  übergehen.  Es  könnte  das  durch 
einfachen  Abbau  oder  aber  durch  Synthese  des  abgespaltenrn  Ammoniaks 
mit  stickstofffreien  Ijausteiuen  entstehen. 

Es  ist  auch  an  die  Möglichkeit  zu  denken,  dali  der  Eiweiliabbau  unter  dem 
Einfluß  der  Benzoesäurezufuhr  anders  verlauft  als  im  normalen  Ori^anismus. 

Magnus-Levi/^)  hat  die  Frage  diskutiei't .  ob  die  nenzoesänre  sich 
vielleicht  an  verschiedene  Aminosäuren  bindet,  diese  dadurch  v(m-  dem  nor- 
malen Abbau  schützt  und  einem  abnormen,  zui'  llip|)ursäurebiliiunL'  fidin-n- 
den  Abbau  aussetzt:  dann  müßten  injizierte  Üenzoylaminosäuren  auch  zu 
Hippursäure  abgebaut  wei'deii:  das  ist  jedoch  nicht  der  Fall:  sie  werden 
unzersetzt  ausgeschieden. 

III.  :\Iethylierung.  Diese  Synthese  hat  deshalb  ein  besonderes  In- 
teresse, weil  sie  vielleicht  im  normalen  Stoffwechsel  eine  Rolle  >\nr\\.  Jajft^ 
und  sein  Schüler  Dornor-^)  haben  gezeigt,  daß  man  durch  sftunachale  In- 
jektion von  (iuanidinessigsäure  ((ilykocyamiin  beim  Kaninchen  eine  \'er- 
mehrung  der  Kreatinausscheidung  erzielen  kann:  das  entspricht  einer  Me- 
thylierung  dei'  eingegebenen  Substanz:  darnach  i-t  es  nicht  unwahr.schein- 


M  Parker  und  Lvsk,  a.  a.  0. 

2)  Magnus  Leri/,  über  das   Verhalten   l.enzo\  liertir   Aminosäuren  im  Oriranismus. 

Biochem.  Zeitschr.  Bd.«.  S.  541  (1907). 

•')  Jaf^'e,  Untersuchungen  über  die  Entstehung  des  Kreatu»  im  (»rganismus.  /.eit- 
schrift  f.  ph\P.  Chem.  Bd.  48.  S.  430  (tyO(3).  -  Dorner,  /iir  Hildun::  von  Kreatin  und 
Kreatinin  im  Organismus,  besonders  des  Kaninchens.  Ebenda.  Bd.  52.  S.  22.i  (rJ07). 


j^jqQ  Otto  Neubauer. 

lieh,  daß  Guauidinessigsäure  ein  Zwischenprodukt  bei  der  normalen  Krea- 
tiubildung-  ist. 

IV.  Das  Studium  einer  anderen  im  normalen  Organismus  stattfinden- 
den S}iithese,  der  Bildung  der  Tauroch  Ölsäure  der  Galle,  hat  wertvolle 
Aufschlüsse  über  den  Cystinstoff Wechsel  gebracht,  v.  Berguumn^)  arbeitete 
an  Hunden  mit  vollständigen  Gallenfisteln  (siehe  dieses  Werk,  Bd.  o  I, 
S.  HO);  die  Galle  wurde  in  einem  am  Hals  aufgehängten  Gummibeutel  2) 
(juantitativ  aufgefangen ;  die  24stttndige  Menge  wurde  gemessen,  mit  einem 
Vielfachen  des  Volumens  OßVoigen  Alkohols  auf  ein  rundes  Volumen  (z.  B. 
500  em^)  aufgefüllt,  unter  Vermeidung  einer  Volumänderung  durch  ^'er- 
dunsten  filtriert,  und  dann  in  einem  aliciuoten  Teil  des  Filtrates  (z.  B.  in 
bO  cm^)  der  S-Gehalt  bestimmt  (siehe  dieses  Werk,  Bd.  1,  S.  870);  der 
gefundene  Wert  kann  als  Maß  des  Taurocholsäuregehaltes  betrachtet 
werden.  Zufuhr  von  Cystin  allein  bewirkt  keine  Steigerung  der  Taurochol- 
säureproduktion;  dagegen  wird  diese  durch  Eingabe  von  Cholsäure  (als 
Na-Salz)  beträchtlich  vermehrt,  so  daß  geschlossen  werden  muß,  daß  dem 
Organismus  ein  gewisser  Vorrat  von  Taurin  resp.  seiner  Muttersubstanz 
zur  Verfügung  steht;  es  läßt  sich  nun  weiter  zeigen,  daß  dieser  Vorrat 
durch  fortgesetzte  Cholsäuredarreichung  erschöpft  und  dann  durch  Cystin- 
zul'uhr  wieder  ersetzt  werden  kann. 

Z.  B.  8'6  ÄJß'  schwerer  Hund,  ernährt  rait  200.(7  Fleisch,  150  r/  Reis  und  bO  g 
Kasein.  S  in  der  Galle  in  24stimdigen  Perioden:  o'o92-0-107 -0230 -0192— 0157 
0-113-0-237*-0-215-0139-0-139— 0-074— 0-099.  Die  fettgedruckten  Zahlen  betreifen 
Tage,  an  -welchen  2-0  g  cholsaures  Na  gegeben  wurde  ;  an  dem  mit  *  bezeichneten  Tage 
erhielt  das  Tier  außerdem  1*2  g  Cystin. 

Damit  ist  erwiesen,  daß  Cystin  die  Muttersubstanz  der  Taurinkom- 
ponente  der  Taurocholsäure  ist. 

Kaninchen  sind  zur  Anlegung  von  Gallenfisteln  nicht  geeignet;  die 
Bestimmung  des  prozentischen  Taurocholsäuregehaltes  in  der  Galle  des 
getöteten  Tieres  s)  ist  aber  nur  ein  sehr  unvollkommener  Ersatz  für  fort- 
laufende ((uantitative  Bestimmungen  in  der  24:Stündigen  Menge. 

Andere  Synthesen  im  Organismus,  wie  die  Paarungen  mit  Essigsäure, 
Karbaminsäure,  Ornithin,  Merkaptursäure,  sind  bisher  für  die  Erforschung 
des  intermediären  Stoffwechsels  noch  nicht  verwertet  worden. 

E.  Untersuchung   der   Schicksale   in    den   Tierkörper  eingeführter 

Substanzen. 

1.  Schicksale  intermediärer  Stoffwechselprodukte. 

Die  Untersuchung  der  Veränderungen  eingeführter  Substanzen  im  Tier- 
körper liefert  wichtige  Anhaltspunkte  zur  Beantwortung  der  Frage,  ob  eine 

*)  G.  V.  Bergmann,  Die  Überführung  von  Cystin  in  Taurin  im  tierischen  Organis- 
mus. Beitr.  z.  ehem.  Physiol.  u.  Path.  Bd.  4.  S.  192  (1904). 

^)  Dastre ,  Operation  de  la  fistule  biJiaire.  Archive  de  Physiologie.  Vol.  22. 
p.  714  (1890). 

*)  Wohlgemuth,  Über  die  Herkunft  der  schwefellialtigen  Stoff  Wechselprodukte  im 
tierischen  Organismus.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  40.  S.  81  (1908). 


Arbeitsmethoden  zur  rntcrsuchiing  des  interniodiiinn  Stoff  Wechsels  ll'.'l 

Substanz  ein  Produkt  (h'yi  iiitcmicdiiiron  Stoffwechsels  ist.  Als  Zwisdicn- 
produkte  des  Stoff  weehsels  können  nur  solche  Stoff«'  ^'elten.  die, 
in  den  Organismus  eingeführt,  zu  normalen  Kndprodukten  des 
Stoffwechsels  abgebaut  werden  (soweit  sie  nicht  etwa  als  Kesen-o- 
stoffe  abgelagert  werden).  Substanzen,  welche  diese  I{e<iiiignngen  nicht  er- 
füllen, besonders  solche,  die  größtenteils  oder  vollständig  unveri'mdert  in 
die  Exkrete  übergehen,  können  nicht  als  wesentliche  Produkte  des  inter- 
mediären Tnisatzes  der  Körperstoffe  gedeutet  werden:  .so  z.H.  Methyl- 
alkohol, Azeton.  Ameisensäure.  Oxalsäure.^ 

Gewisse  Einschränkungen  dieses  allgemeinen  Satzes  wird  man  aller- 
dings zugeben  müssen.  Es  ist  wohl  möghch,  dali  Substanzen,  wenn  sie  im 
intermediären  Stoffwechsel  allmählich  entstehen.  ..in  statu  nascendi"  h'ich- 
ter  weiter  zersetzt  werden,  als  wenn  sie  von  aulien  auf  einmal  in  gröderer 
Menge  dem  Körper  zugeführt  werden.  Es  ist  zu  berücksichtigen,  dali  die 
von  außen  zugeführten  Substanzen  zu  einem  gewis.sen  Teile  vielleicht  gar 
nicht  in  die  eigentlichen  Stätten  des  Stoffwechsels,  in  denen  der  .Mibau 
stattfindet,  hineingelangeu,  besonders  dann,  wenn  der  Abbau  der  betreffen- 
den Substanz  nur  in  ganz  bestimmten  Organen  stattfindet. 

So  ist  die  Tatsache  beachtenswert,  daß  Hämoglobin  nach  intravenöser 
Injektion  schon  ganz  kleiner  Dosen  (0-Ö2  g  pro  Kilogramm  Kaninchen  ■) 
unverändert  in  die  Galle  und  eventuell  auch  in  den  Harn  übertritt  (eben- 
so wie  Hämoglobin,  das  z.  B.  infolge  Einwirkung  eines  Ulutgiftes  aus  den 
Ervthrocyten  in  das  Plasma  ausgetreten  ist):  es  wäre  natürlich  falsch, 
daraus  schließen  zu  wollen,  daß  Hämoglobin  kein  /wischenprodukt  des 
normalen  Stoffwechsels  ist:  das  in  gehöriger  Weise  in  den  roten  lilut- 
körperchen    gebundene  Hämoglobin    geht  eben  nicht  in  die  Sekrete  über. 

Die  Umkehrung  des  Satzes,  daß  eine  Substanz,  die  im  <  »rganismus 
zu  Endprodukten  des  normalen  Stoffwechsels  abgebaut  wird,  als  Produkt 
des  intermediären  Stoffwechsels  zu  gelten  hat,  ist  selbstverständlich  unzuhissig. 

Ob  eine  eingeftihrte  Substanz  im  Körper  vollständig  verbrannt  wor- 
den ist,  ist  schwer  mit  Sicherheit  festzustellen:  abgesehen  von  di-r  Inter- 
suchnng  des  Harns  auf  die  unveränderte  Substanz  und  auf  die  zu  ver- 
mutenden Abbauprodukte  bietet  die  Bestimmung  des  N-  und  C-Gehaltes 
des  Harns  eine  gute  Kontrolle:  das  Erscheinen  einer  fi-emden  Substanz 
im  Urin  wird  in  der  Regel  den  sonst  ziemlich  ktuistanten  Faktor  f:N 
verändern.  ^) 


1)  .7.  Pohl,  über  die  Oxydation  des  Methyl-  und  Äthylalkohols  im  Tierk..rper. 
Arch.  f.  exp.  Path.  n.  Pharm.  Bdisi.  S.  281  (1891);  Über  den  oxydativen  Abbau  der 
Fettkörper  im  tierischen  Organismus.  Arch.  f.  exp.  Patli.  u.  Pbarm.  M:\r  N^  413  (\m>); 
P^xperimenteilor    Beitrag    zum    Oxalsaurestoffwechsel.    Zeitscbr    f.  »xp    I'ath.  u.  1  barm. 

Bd.  8.  S.  3U8  U-»l*in)-  ,        .,,,.,  .     ,■ 

=>)  Stern,  Über  das  Auftreten  von  Oxyhämofflobin  in  drr  Callo.    \  nchoug  Archiv. 

Bd.  123.  S.  :^3  (1891).  ....  ,         „,      •  1        I 

')  Spiro,    Zur  Lehre    vom  Kohlenhydratstoffwechsel.    Beitr.  x.  ehem.  Physiol.  und 
Path.  Bd.  10.  S.  277  (1907).   -  Friedman >i.  Zur  Kenntnis  »les  Abbaues  der  Karbonsäuron 
Ebenda.  Bd.  11.  S.  153  (1908). 


1192  Otto  Neubauer. 

Neben  dem  Harn  dürfen  die  übrigen  Sekrete  und  Exkrete  des  Kör- 
pers nicht  vergessen  werden:  Exspirationsluft  Speichel.  Magensaft,  Darm- 
saft, Pankreassaft.  Galle,  Schweiß.  Die  Derivate  des  Blutfarbstoffs  werden 
z.  B.  in  erster  Linie  durch  die  Galle  ausgeschieden;  so  konnte  0.  Neu- 
bauer'^) schon  nach  Injektion  von  0'003  g  Hämatoporphyrin  pro  Kilogramm 
Hund  diesen  Farbstoff  mit  Leichtigkeit  in  der  Galle  nachweisen,  dagegen 
nicht  im  LTrin. 

Bei  Substanzen,  die  nicht  (luantitativ  im  Harn  wieder  erscheinen,  muli 
ferner  an  die  Möglichkeit  gedacht  werden,  dal)  sie  zum  Teil  in  den  Geweben 
retiniert   worden   sind   und   später  allmählich  zur  Ausscheidung  gelangen. 

Die  zu  prüfende  Substanz  muß  dem  Körper  von  außen  zugeführt 
werden.  Es  stehen  dazu  mehrere  Wege  zur  A'erfügung. 

Der  Weg  per  os  (mit  dem  Futter,  in  Gelatinekapseln,  Stärkekapseln, 
durch  die  Schlundsonde)  hat  unleugbare  Vorzüge.  Die  Beibringung  auch 
größerer  Mengen  ist  meist  verhältnismäßig  einfach;  die  Aufnahme  in  die 
Körpersäfte  erfolgt  ziemlich  allmählich,  so  daß  also  keine  plötzliche  Über- 
schwemmung des  Körpers  stattfindet:  sie  führt  von  vornherein  in  das  für 
den  Stoffwechsel  wichtigste  Grgan:  in  die  Leber;  auch  wasserunlösliche 
Stoffe  werden  meist  vom  Darm  recht  gut  resorbiert.  Nachteile  des  Fütte- 
rungsweges sind:  bei  Hunden  das  häufig  auftretende  Erbrechen.  Dieses 
läßt  sich  manchmal  vermeiden,  wenn  man  sich  nach  der  Fütterung  mit 
dem  Tier  beschäftigt,  es  nach  der  Fütterung  eine  Zeitlang  auf  den  Hinter- 
beinen stehen  läßt.  Zu  dem  Verfahren  der  Unterbindung  des  Ösophagus 
am  Halse  wird  man  nur  in  Ausnahmsfällen  schreiten.  Ein  weiterer  Nach- 
teil ist.  daß  manche  Substanzen  vom  Darmkanal  schlecht  resorbiert  wer- 
den, besonders  wenn  Diarrhöen  eintreten.  Man  wird  eventuell  die  Fäzes 
auf  unresorbiertes  Material  untersuchen.  Es  kann  aber  auch  die  gegebene 
Substanz  im  Magen  und  Darm  verändert  werden,  einmal  unter  dem  Einfluß 
der  Verdauungssäfte,  vor  allem  aber  durch  die  Tätigkeit  der  Darrabakte- 
rien.  So  ist  es  zu  erklären,  daß  z.  B.  per  os  gegebene  Oxalsäure  nur  zu 
einem  geringen  Bruchteile  im  Harn  wieder  erscheint. 

Die  subkutane  Injektion  vermeidet  vor  allem  den  letztgenannten 
Einwand  gegen  die  stomachale  Zufuhr.  Sie  erfolgt  meist  in  wässeriger 
Lösung;  ölige  Lösungen  werden  oft  nur  sehr  langsam  resorbiert.  Säuren 
werden  in  der  Regel  in  der  Form  ihrer  Na-Salze  injiziert;  die  Na-Salze 
schwacher  Säuren  sind  häufig  so  stark  hydrolytisch  dissoziiert,  daß  sie  in- 
tensiv alkalisch  reagieren  und  infolgedessen  starke  Schmerzen  und  Nekro- 
sen an  der  Injektionsstelle  verursachen.  In  manchen  Fällen  verdient  dann 
die  Lösung  der  Säuren  in  organischen  Basen,  wie  Piperazin  oder  Lysidin. 
den  Vorzug.  So  können  Harnsäure,  Xanthin,  Hypoxanthin.  Allantoin,  Tyro- 
sin,  Leucin  als  Piperazinsalze  gelöst  werden. 2)  Zum  Beispiel:  Harnsäure  0"5, 


^)  0.  Neubauer,  Hämatoporphyrin  und  Sulfonalvergiftung.  Arch.  f.  exp.  Path.  u. 
Pharm.  Bd.  43.  S.  456  (1900). 

-)  Salkoicski,  Kleinere  Mitteilungen  physiologisch-chemischen  Inhalts.  Arch.  f.  d. 
ges.  Physiol.  Bd.  56.  S.  349  (1894). 


Arbeitsmethoden  zur  riitersuclumg  des  iiitermodiären  Stoffwechsels  119;-; 

Piperazin  lU  A(\\\'.\  30-0,  eventuell  vorwondet  man  Liclitliisliclir  Ix.pin'lsalze 
(z.  li.  bei  Koffein.  Theohroniin  etc.).  Hei  der  sulikutanen  Injektion  wird  der 
( )i-iianismus  oft  mit  dem  injizierten  Stoffe  rasch  üIxTscIiwemnit .  und  es 
kiiiiuen  dann  aueh  relativ  Icielit  verhrennliehc  Kilijx-i-  «Tranhcnzurkm  zu 
einem  liewissen  Teil  in  den  Harn  übersehen;  durch  Injektion  in  mehn-n'n 
Dosen  kann  man  diesem  Obelstand  einigermal'.en  ablieHVn.  Auf  jeden  Kall 
wird  man  aus  dem  Auftreten  einer  miiCigen  Men^^e  unveränderter  Sub- 
stanz im  Harn  nicht  schlier.eii  dürfen,  dali  die  Substanz  kein  intennediiires 
Produkt  ist. 

Für  die  intravenöse  Injektion  gilt  das  in  noch  hühereni  MaHe.  Sie 
hat  aber  den  Vorteil,  dal)  auf  diesem  Weizc  auch  manche  Substanzen  bei- 
iiebiacht  werden  können,  die  wegen  ihrer  stark  reizenden  Kigeuschaften 
auf  anderem  Wege  nicht  gut  einführbar  sind  (z.  li.  Harnsriurelösungeni. 
\  or  allem  werden  stark  alkalische  Lösungen  intravenös  besser  ertragen  als 
subkutan.  Technik  der  intravenösen  Injektion  siehe  die.s«'s  Werk.  i'.d.  :-5, 
I.  S.  120. 

Die  übrigen  zur  Verfügung  stehenden  Wege,  die  rektale  Ajjplikation. 
die  intraperitoneale  und  die  intraai-terielle  Einspritzung,  sowie  das  Fin- 
atmenlas.sen  kommen  nur  in  besonderen  Fällen  in  Iletracht. 

Außer  auf  die  Verbrennlichkeit  ist  auf  eine  etwaige  (nftw  irkuiig 
der  Substanz  zu  achten.  .Man  darf  den  Satz  aufstellen,  daü  intermediäre 
Stoffwechselprodukte  im  allgemeinen  nicht  giftig  sind:  aus 
diesem  Grunde  können  Oxalsäure,  CO.  HCN  keine  in  größi'rer  Menge  auf- 
tretenden Stoff  Wechselprodukte  sein.  Auch  dieses  (Jesetz  hat  seine  Auf- 
nahmen: Adrenalin.  Thvreojodin  sind  starke  Oifte.  und  doch  sind  >ie  sicher 
intermediäre  Produkte.  Aber  es  sind  intermediäre  Produkte,  die  doch 
nur  in  sehr  geringer  Menge  auftreten.  Andere,  weniger  giftige  Sub- 
stanzen könnten  sogar  auch  in  größerer  Quantität  im  Stoffwechsel 
eine  Rolle  spielen .  so  vielleicht  der  Äthylalkohol.  Es  kommt  hier  die 
Möglichkeit  in  Petracht .  dali  eine  Substanz  zwar  bei  subkutaner  In- 
jektion oder  bei  Darreichung  per  os  sich  als  giftig  erweist,  daß  sie  abt-r 
ihre  giftigen  Eigenschaften  nicht  zur  Oeltung  bringen  kann,  wenn  sie  im 
Stoffwechsel  in  einem  bestimmten  Organe  entsieht,  weil  >ie  vielleicht 
rasch  weiter  verändert  wird  oder  weil  sie  ihre  (üftwirkung  nur  in  einem 
anderen  entfernten  Organ,  etwa  im  Zentralnervensystem,  entfalten  köinite. 


2.  Schicksale  körperfVenider  Substanzen. 

Auch  die  rntersuchung  des  Schicksales  von  Substanzen,  die  nicht  zu 
Endprodukten  verln'annt  werden,  die  also  nicht  als  Zwischenprodukte  ge- 
deutet werden  können,  ist  für  die  Frforschinig  des  Stoffwechsels  v(mi  Wert. 
Das  Studium  der  Veränderungen,  wt-lche  solche  körperfremde  Stoffe  im 
Organismus  erfahren,  hat  wichtige  Aufklärungen  auch  für  das  S«'hicksal 
der  Körpersubstanzen  gebracht.  Das  chemische  Hüstzeug,  mit  welchem  der 


1194 


Otto  Neubauer. 


Org-anismus  körperfremde  und  körpereigene  Substanzen  angreift,  ist  ja 
schlielJlich  dasselbe.  Daß  die  körperfremden  Substanzen  in  vielen  Fällen 
nicht  vollständig  verbrannt  werden,  ist  für  das  Studium  geradezu  ein 
großer  Vorteil.  Denn  gerade  diese  Endprodukte  der  körperfremden  Sub- 
stanzen dürften  vielfach  den  Zwischenprodukten  beim  Abbau  der  Körper- 
substanzen entsprechen.  Andererseits  muß  man  immer  die  Möglichkeit  im 
Auge  behalten,  daß  fremde  Substanzen  vom  Organismus  mitunter  auch 
prinzipiell  ganz  anders  behandelt  werden  als  die  körpereigenen.  Die  Über- 
tragung der  an  den  ersteren  gewonnenen  Erfahrungen  auf  letztere  bleibt 
also  immer  nur  ein  Analogieschluß,  der  zu  seiner  Sicherstellung  weiterer 
Stützen  bedarf.  Je  ähnlicher  die  untersuchte  Substanz  einer  Substanz  des 
Körpers  ist,  desto  berechtigter  wird  ein  solcher  Analogieschluß  sein.  Doch 
ist  zu  beachten,  daß  mitunter  schon  ganz  geringfügige  Unterschiede,  z.  B. 
Unterschiede  in  der  optischen  Aktivität,  in  der  geraden  oder  ungeraden 
Anzahl  der  C-Atome,  in  der  verschiedenen  Stellung  einer  OH-Gruppe  im 
Benzolring  usw.  prinzipielle  Unterschiede  des  Verhaltens  im  Organismus 
bedingen. 

Im  Folgenden  seien  einige  Beispiele  für  die  Verwertung  solcher  Unter- 
suchungen angeführt : 

Untersuchungen  von  Knoop^)  an  der  Reihe  der  einbasischen  vom 
Benzol  sich  ableitenden  Fettsäuren  mit  verschieden  langer  saurer 
Seitenkette 


CßH, 
CeH, 

CßH, 


Phenylvaleriansäure 
Phenylbuttersäure 
Phenylpropionsäure 
Phenylessigsäure 


ClI,  .  CH2 .  CH2 .  CH, .  COOH 

GH., .  GH, .  GH., .  G(,)bH 

GHo .  GHo .  GOGH 

GHo .  GOOH 

GOGH  Benzoesäure 

haben  folgendes  ergeben : 

Die  Säuren  mit  einer  ungeraden  Anzahl  von  G-Atomen  in  der  Seiten- 
kette (Phenylvaleriansäure,  Phenylpropionsäure,  Benzoesäure)  werden  als 
Benzoesäure,  gebunden  an  Glykokoll,  ausgeschieden. 

Die  Säuren  mit  einer  geraden  Anzahl  von  G  (Phenylbuttersäure, 
Phenylessigsäure)  dagegen  als  Phenylessigsäure,  ebenfalls  mit  Glykokoll 
gepaart.  Daraus  geht  hervor,  dali  der  Abbau  der  Phenylvaleriansäure  und 
der  Phenylpropionsäure  zu  Benzoesäure  jedenfalls  nicht  über  Phenylbutter- 
säure und  Phenylessigsäure  erfolgt,  andrerseits  der  Abbau  der  Phenyl- 
buttersäure nicht  über  Phenylpropionsäure.  Es  werden  also  beim  Abbau 
der  Seitenkette  die  G-Atome  offenbar  immer  paarweise  abgespalten. 

Untersuchungen  von  DaJän-)  haben  ferner  ergeben,  daß  die  am  ß-G 
oxydierten  Säuren  das  Schicksal  der  nichtoxydierten  Säuren  teilen,  also 
z.  B.  die   Phenyl-ß-Milchsäure   und   die  Benzoylessigsäure   das  der  Phenyl- 


')  Knoop,  Der  Abbau  aromatischer  Fettsäuren  im  Tierkörper.  Freiburg  1904. 
^)  Dakin,  The  mode  of  Oxydation    in  the  animal  organism   of  pheuyl  derivatives 
of  fatty  acids.  Journ.  of  biol.  ehem.  Yol.  6.  p.  203  (1908);  Vol.  6.  p.  221  (1909). 


Arbeitsmethüdeu  zur  Untersuchung  des  intermediären  Stoffwechsels.         1 19;'» 

Propionsäure.  Ferner  hat  er  gezeigt,  daß  nach  Ziifiihr  großer  Mengen  von 
Phenvlvaleriansäure  und  Phenvlpropionsäurc  rh('nyl-;s-.Mih"hs;iinc  im  liani 
auftritt.  Daraus  kann  geschlossen  werden,  daß  der  paarweisen  Ahspaltuiijz 
der  C-Atome  regehniißig  eine  Oxydation  am  [i-C  vorausgeht. 

Diese  aromatischen  Fettsäuren  spielen  als  intermediäre  Trodiikte 
zwar  keine  Rolle.  Analoge  Untersuchungen  an  den  für  den  Stoffwechsel 
wichtigen  aliphatischen  Fettsäuren  sind  aber  aus  dem  (iruiule  nicht  durch- 
führbar, weil  sie,  wenigstens  beim  Gesunden,  bis  zu  den  Kndprodukten 
CO2  und  H., O  verbrennen.  Man  ist  aber  berechtigt,  zunächst  mit  einer 
gewissen  Reserve,  die  an  den  aromatischen  Fettsäuren  gewonnenen  Kr- 
fahrungen  auf  aliphatische  zu  übertragen.  Die  rntersuchungen  über  das 
Schicksal  der  aliphatischen  Fettsäuren  bei  pathologischen  Zust  inden  (Aceton- 
körperausscheidung)  und  an  der  isolierten  Leber  ergeben  mm  tatsächlich 
die  Bestätigung  der  so  gefundenen  Gesetze. 

Auch  für  die  Erkenntnis  des  Abbaues  der  Amiuosäuren  des  Ei- 
weißes können  Untersuchungen  an  körijerfremden  aromatischen  Substanzen 
als  Grundlage  dienen.')  Die  im  Körper  nicht  vorkommende  riienylamino- 
essigsäure  geht  im  Organismus  in  die  entsprechende  Ketonsäure  (I'henyl- 
glyoxylsäurc)  über :  C,  H,  .  CHNH., .  COOH  — y  Cß  H, .  Co .  C( )( )H. 

ÄhnUche  Erfahrungen  lassen  sich  an  anderen  körperfremden  .Vmino- 
säuren  gewinnen.  2) 

Die  Isolierung  der  a-Ketonsäuren  aus  dem  Harn  und  aus  (ie- 
websextrakten  beruht  auf  ihrer  LösUchkeit  in  Äther,  ihrer  Fähigkeit,  mit 
NaHSOj  Verbindungen  einzugehen,  die  in  Äther  nicht  mehr  lö>lich  sind, 
aber  durch  Miueralsäuren  sehr  leicht  wieder  zersetzt  werden  können,  ferner 
auf  ihrer  Eigenschaft,  mit  Phenylhydrazin  kristaUisierte  Verbindungen  zu 
geben.  So  läßt  sich  die  Phenylglyoxylsäure  im  Harn  in  der  Weise  nach- 
weisen, daß  der  (eventuell  vorher  eingeengte  oder  mit  .Vmmonsulfat  ver- 
setzte) mit  Mineralsäuren  angesäuerte  Urin  mit  Äther  extrahieit  wird.  Der 
Ätherextrakt  wird  filtriert:  sein  Rückstand  mit  etwas  llisnlfitlange  auf- 
uenommen  und  mit  Äther  extrahiert.  Während  die  Keton>äure  in  der 
IJisulfitlauge  zurückbleibt,  gehen  die  nicht  oxydierten  Fettsäuren  und 
eventuell  vorhandene  Alkoholsäuren  in  den  Äther  über  und  köinien  aus 
diesem  gew^onnen  werden:  die  Gegenwart  von  Alkoholsäuren  verrät  sich 
in  der  Regel  durch  optische  Aktivität:  die  Üxysäuren  sind  ferner  in  Wasser 
meist  bedeutend  leichter  löslich  als  die  Fettsäuren.  Die  P.isulfitlösung  winl 

*)  0.  NeubaKer,  Über  den  Abbau  der  Aminosäuren  im  {.'esnndon  und  kranken 
Organismus.  Deutsches  Archiv  f.  klin.  Medizin.  Bd.  95.  S.  211  (1909l. 

-)  Blum,  tFber  den  Abbau  aromatischer  Säuren  im  menscliliclifu  OrL'anisnuis.  Arch. 
f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  59.  S.  290  (1908).  —  F/atoir,  Über  den  Abbau  von  Amino- 
sänreu  in)  Organismus.  Zeitschr.  f.  physiol.  ("liemie.  Bd.  64.  S.  3(u  (1910).  —  ElUnger 
und  Kotake,  Synthese  der  p-Oxymandelsäure  und  ihr  angebliches  Vorkommen  im  Harn 
bei  akuter  gellier  Leberatrophie.  Zeitschr.  f.  physi(d.  Chemie.  Bd  (>.').  S.  402  (19ini.  — 
Fromhcrz,  Über  das  \eriialtcn  ik-r  p-(  ).\yplienyhimin..essisrsäure  im  Tierkorper.  Zeitschrift 
f.  physiol.  Chemie.  Bd.  70.  S.  351  (1911). 


j^96  ^^^^  Neubauer. 

mit  überschüssiger  Salzsäure  auf  dem  Wasserbad  erwärmt  und  daun  die 
freige^vordene  Ketonsäure  mit  Äther  extrahiert.  Der  Ätherrückstand  wird 
mit  Wasser  aufgenommen  und  mit  einer  heißen  Lösung  von  salzsaurem 
Phenylhydrazin  in  verdünnter  Salzsäure  versetzt.  Man  erhält  einen  kristal- 
linischen Niederschlag  des  Hydrazons  der  Phenylglyoxylsäure. 

Ein  analoges  Verfahren  führt  bei  den  anderen  Ketonsäuren  zum  Ziel;  bei 
den  gut  kristallisierenden  ist  eine  Überführung  in  das  Hydrazon  nicht  nötig. 

Eine  vorläufige  Orientierung  über  die  Gegenwart  von  a-Ketonsäuren 
wird  ferner  durch  eine  Reihe  von  Farbenreaktionen  ermöglicht: 

1.  mit  Thiophen;  versetzt  man  z.  B.  eine  Lösung  von  Phenyl- 
glyoxylsäure in  thiophenhaltigem  Benzol  mit  konzentrierter  Schwefelsäure 
und  verdünnt  mit  destilliertem  Wasser,  so  erhält  man  eine  schön  violett- 
rote Färbung  fClaisen); 

2.  Färbung  mit  FeClg:  Phenylbrenztraubensäure  grim,  p-Oxyphenyl- 
brenztrauliensäure  vorübergehend  grün; 

o.  mit  Nitroprussidnatrium:  eine  wässerige  Lösung  von  p-Oxyphenyl- 
brenztraubensäure  färbt  sich  bei  Zusatz  einer  Nitroprussidnatriumlösung 
und  Natronlauge  rubinrot;  beim  Ansäuern  mit  Essigsäure  grün. i) 

Auch  hier  hat  die  Folgerung,  daß  die  Aminosäuren  des  natürhchen 
Eiweißes  in  analoger  Weise  zu  den  Ketonsäuren  abgebaut  werden .  zunächst 
nur  den  Wert  eines  Analogieschlusses.  Aber  auch  hier  ergibt  sich  eine 
weitere  Stütze  für  diese  Anschauung,  und  zwar  aus  dem  Studium  des 
Verhaltens  der  Tyrosinabkömmlinge  bei  der  Alkaptonurie.^) 

Durch  Tierversuche  mit  körperfremden  Substanzen  ist  es  ferner 
Knoop^)  zum  erstenmal  gelungen,  die  prinzipiell  wichtige  Frage,  ob  der 
Körper  imstande  ist,  Aminosäuren  synthetisch  aufzubauen,  in  positivem 
Sinne  zu  entscheiden. 

Ein  Hund  erhält  im  Laufe  von  2  Tagen  ca.  20  p'  Benzylbrenztraubensäure 
Cg  Hj  .  CH,  .  CHg  .  CO  .  COOH  als  Na-Salz  subkutan.  Aus  dem  Ätherextrakt  des  ange- 
säuerten Harns  kristallisiert  neben  Hippursäure  und  rechtsdrehender  a-Oxysäure 

C,  Hj  .  CH,  .  CHj.  CHOH  .  COOH 

Acetyl-phenylaminobuttersäure 

Cß  H5  .  CH^.  CH2 .  CHNH  (OC  .  CH3) .  COOH 

in  kleiner  Menge  (0'44.9)  aus. 

Auch  die  Gesetze ,  nach  denen  im  Körper  Substanzen  mit  verzweigter 
C-Kette  und  solche  mit  ..doppelten  Bindungen"  abgebaut  werden,  sind  in 
erster  Linie  an  körperfremden  Substanzen  ermittelt  worden. 


^)  Jajfe,  siehe  bei  Kotake,  Über  das  Verhalten  der  p-Oxyphenylmilchsäure  und 
p-Oxyphenylbrenztraubensäure  im  Tierkörper.  Zeitscbr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  69. 
S.  41G  (1910). 

^)  0.  Neubauer,  Über  den  Abbau  der  Aminosäuren  im  gesunden  und  kranken  Or- 
ganismus. Deutsches  Archiv  f.  klin.  Medizin.  Bd.  95.  S.  211  (1909). 

^)  Knoop ,  Über  den  physiologischen  Abbau  der  Säuren  und  die  Synthese  einer 
Aminosäure  im  Tierkörper.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  67.  S.  489  (1910).  —  Knoop 
und  Kerteß ,  Das  Verhalten  der  a-Aminosäuren  und  a-Ketonsäuren  im  Tierkörper. 
Ebenda.  Bd.  71.  S.  252  (1911). 


Arbeitsmethoden  zur  rntersuchung  des  intermediären  Stoffwechsels.         ll'.lT 

Paul  Ehrlich^)  hat  die  sultkutaiie  oder  intravonöso  Injektion  v(in 
verküpbaren  FarhstoftVii  dazu  IxMiiitzt.  um  auf/ukliin-n .  in  welchen  (ie- 
wehen  (his  stärkste  Sa  uerstol'fhcdürf  ii  i  s  herrsclit,  also  die  aus!ziebi},'Sten 
( )xydatiünspn)zesse  stattinuh-n. 

Als  geeignet  erwies  sich  das  AlizarinltJau  S  (kiluiliches  I'riiparatj. 
Durch  Verreiben  mit  Wasser  und  Filtrieren  wird  eine  konzentrierte  (IT^'o) 
Lösung  hergestellt;  von  dieser  werden  erwachsenen  Kaninchen  etwa  Trm' 
(mittlere  letale  Dosis)  subkutan  injiziert:  nach  IT) — 20  Minuten  wird  «las 
Tier  getötet,  seine  Organe  auf  den  Fari)stoftgelialt  untersucht.  i)urch  Ver- 
wendung entbluteter  Tiere  und  durch  kurzes  Finlegen  in  siedendes  Wasser 
wird  die  IJeurteilung  der  Farbe  erleichtert.  Das  farblose  Heduktiduspnidukf 
des  Farbstoffes  kann  sichtbar  gemacht  werden,  indem  man  kleine  Stückchen 
der  Organe  in  Lösung  von  Borax  und  etwas  Chromat  einlegt,  wodurch 
das  lleduktionsprodukt  zum  Farbstoff  oxydiert  wird.  Als  Statten  des  ener- 
gischesten Reduktionsvermögens,  die  schon  innerhalb  des  Lebens  Alizarin- 
blau reduzieren,  erweisen  sich:  Leber,  Nierenrinde,  Lunge,  Hanl'rsdw 
Drüse  und  ein  Teil  der  glatten  Muskulatur  (obere  Darmpartien). 

Ein  zweiter  \on  Ehrlich  verwendeter  Farbstoff  ist  das  Indophenol, 
das  leichter  reduzierbar  ist.  Es  wird  als  Judophenolweili  verwendet,  indem 
lOcni^  der  käuflichen  Paste  (eine  in  40  Teilen  wasserlö.sliche  Sn-Veriiindnng 
des  Leukoindophenols ,  Fabrik  Cassela  t*c  Co.)  in  140 cm'  Wasser  und 
3 — 4cw3  Essigsäure  unter  Erwärmen  gelöst,  Kaninchen  subkutan  injiziert 
werden.  Es  ist  empfehlenswert,  der  (schmerzhaften)  Injektion  eine  leichte 
Ätherisierung  voranzuschicken.  In  den  Organen  des  getöteten  Tieres  ist 
das  Indophenol  an  der  Farbe  zu  erkennen.  Das  Leukoindophenul  wird 
sichtbar  gemacht  durch  Einlegen  der  (frischen  oder  gekochten)  Organe  in 
eine  konzentrierte  Lösung  von  neutralem  chromsauren  Kalium:  man  findet 
es  in  Lungen,  Nierenrinde.  Magen-  und  Darmschleimhaut  und  in  »ler 
Muskulatur,  nur  wenig  in  der  Leber. 

II.  Untersuchungen  am  kranken  Organismus. 

Die  Untersuchungen  am  pathologischen  Objekt  halten  sich  für  die 
Erkenntnis  intermediärer  Stoffwechselvorgänge  als  besonders  wichtig  er- 
wiesen. Die  Beobachtungen  am  kranken  Menschen  haben  eine  große  Beihe 
von  Fragestellungen  ergeben,  deren  weitere  Verfolgung  zu  wichtigen  .\nf- 
klärungen  geführt  hat. 

Bei  krankhaften  Zuständen  treten  in  den  Exkreten,  speziell  im  Harn, 
häufig  Substanzen  auf,  die  normalerweise  hier  gar  nicht  oder  doch  nur 
in  Spuren  vorhanden  sind.  Jede  solche  Beobachtung  gibt  Veraidassung, 
folgende  drei  Fragen  aufzuwerfen. 

1.  Aus  welcher  Muttersubstanz  geht  der  Stoff  hervor?  Die 
Beantwortung  dieser  Frage  ist,  da  die  pathologischen  l'rodukte  in  letzter 


»)  Paul  Ehrlich,  Das  Sauerstoffhedürfnis  des  Organismus.  Berlin  1885. 


1198  Otto  Neubauer. 

Linie  doch  aus  Substanzen  der  Nahrung  entstehen,  in  der  Regel  verhält- 
nismäßig einfach  und  sicher  durch  quantitative  Verfolgung  der  Ausschei- 
dungsverhältnisse bei  Änderung  der  Nahrungszufuhr  zu  lösen.  Vermehrte 
Zufuhr  der  Muttersubstanz  wird  die  Menge  des  pathologischen  Produktes 
in  den  Exkreten  im  allgemeinen  steigern  (Steigerung  der  Zuckeraus- 
scheidung bei  Diabetes  durch  Kohlenhydrat  und  Eiweiß,  der  x\cetonaus- 
scheidung  durch  Fettzufuhr,  der  Homogentisinsäureausscheidung  durch 
Eiweißzufuhr).  Auch  die  Zufuhr  der  intermediären  Produkte  wird  im  all- 
gemeinen die  gleiche  Wirkung  haben  (Aminosäuren  bei  Diabetes.  Butter- 
säure bei  Acetonurie.  p-Oxyphenylbrenztraubensäure  bei  Alkaptonurie). 

Einen  al)Solut  zwingenden  Beweis  für  die  Auffassung  eines  Stoffes 
als  Muttersubstanz  vermag  diese  Versuchsanordnung  allerdings  nicht  zu 
erbringen.  Es  besteht  immer  die  Möglichkeit,  daß  die  zugeführte  Substanz 
eine  Vermehrung  in  der  Ausscheidung  des  pathologischen  Produktes  auf 
indirektem  Wege  verursacht.  So  steigert  Zufuhr  von  Schilddrüsensubstanz 
durch  Erhöhung  des  Eiweißzerl'alls  die  Ausscheidung  der  Homogentisin- 
säure  (nicht  veröffentlichte  Versuche  des  Referenten).  Es  ist  auch  der  Fall 
denkbar,  daß  ein  eingeführter  Stoff  einen  anderen  Bestandteil  des  Körpers 
vor  der  normalen  vollständigen  Zersetzung  schützt,  so  daß  eine  größere 
Menge  des  unvollständig  zersetzten  pathologischen  Körpers  im  Harn  er- 
scheint. So  hat  Pflüger '^)  versucht,  die  Zuckerausscheidung,  die  KüJz  bei 
einem  mit  Kasein  ernährten  Diabetiker  beobachtete,  auf  eine  derartige 
zuckersparende  Wirkung  des  Eiweißes  zurückzuführen.  Doch  hat  sich  bis 
jetzt  noch  in  keinem  Falle  diese  Erklärung  als  wahrscheinhch  erweisen 
lassen. 

Die  x\nnahrae  eines  direkten  Überganges  einer  zugeführten  Substanz 
in  das  pathologische  Endprodukt  erscheint  dann  besonders  gestützt,  wenn 
einfache  quantitative  Beziehungen  zwischen  der  Menge  der  zugeführten 
und  der  ausgeschiedenen  Substanz  bestehen.  Unter  Umständen,  wie  bei 
der  Alkaptonurie  und  beim  maximalen  Diabetes,  ist  die  Stoffwechselstörung 
eine  absolute:  die  Menge  des  ausgeschiedenen  pathologischen  Produktes 
entspricht  der  Menge  der  eingeführten  Sulistanz. 

Bei  einzelnen  Stoffen  versagt  diese  Methode,  indem  die  Menge  des 
ausgeschiedenen  Produktes  sich  als  unabhängig  von  der  Ernährung  erweist 
(Pentosurie,  Bence- Jonesscher  Eiweißkörper).  Das  erscheint  verständlich, 
denn  eine  eingeführte  Substanz  muß  ja  nicht  sofort  der  Zersetzung  an- 
heimfallen, sondern  kann  —  unverändert  oder  verändert  —  zur  Ablagerung 
kommen.  Ferner  kann  es  sein,  daß  ein  pathologisches  Produkt  nur  aus 
der  Zersetzung  von  Gewebssubstanz  hervorgeht,  also  nur  ein  Produkt  des 
endogenen  Stoffwechsels  ist. 

Als  2.  Frage  ist  zu  beantworten,  ob  der  betreffende  Stoff  auch  nor- 
malerweise aus  dieser  Muttersubstanz  entsteht,  ob  er  also  ein  physio- 
logisches Zwischenprodukt  ist,  das  nur  infolge  einer  Hemmung  nor- 


')  I'flüger,  Glykogen.  Archiv  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  96.  S.  373  (1903). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersiichtiiijr  des  iiitermediilren  Stoff wcclisels.         ]  199 

inaler  Stoffwcchsolprozesse  nicht  zur  weitorcii  Vcrarlieitini'^'  kommt,  oder 
üb  sclion  seine  ISildnnp:  AusdnK^k  einer  patholo^nsdH-n  \'('i-;iii(lernnfr,  einer 
„rerversitiit-  des  Stoffwechsels  ist.  Znr  LösnriL!  dics.-r  l'ia<;e  sind  Cntcr- 
suchungen  am  normalen  Organismns  nötii:. 

3.  Ist  das  Produkt  als  intermediäres  l'rodnkt  di-.s  normalen  Stoff- 
wechsels erkannt,  so  ergibt  sich  die  weitere  PYage.  wie  es  beim  (Jesun- 
I  den  weiter  zu  den  Endprodukten  verarbeitet  wird.  Auch  diese 
Frage  muß  am  gesunden  Organismus  oder  bei  pathohtgischen  /u<t;inden 
anderer  Art  studiert  werden.  Ist  dagegen  das  ausgeschiedene  l'rodnkt  als 
ein  schon  seiner  Entstehung  nacdi  pathologisches  l'rodnkt  erkannt,  so  mul) 
entschieden  werden,  an  welchem  Tunkte  die  pathologische  Verän- 
derung des  Stoffwechsels  eingesetzt  hat. 

Nicht  selten  erscheinen  gleichzeitig  mehrere  pathologische  Produkte 
im  Harn.  z.  B.  Acetonkörper.  Dann  ist  außer  den  besprochenen  Frauken  die 
genetische  Beziehung  dieser  Substanzen  untereinander  anfzukläri'U. 

A.  Glykosurie  (Diabetes  melitus). 

Die  dauernde  Traubenzuckerausscheidung  des  Menschen,  der  natür- 
liche Diabetes  melitus.  ist  diejenige  Krankheit,  die  zuerst  zum  Stu- 
dium des  intermediären  Stoffwechsels  in  ausgedehntem  Maße  herangezogen 
worden  ist.  Er  hat  die  Anregung  gegeben  zum  Studium  der  Frage  nach 
den  Muttersubstanzen  des  Traubenzuckers  im  Organismus.  Es  wurde  dabei 
an  zwei  alte  ärztliche  Erfahrungstatsachen  angeknüpft:  daß  die  (Jlnkose- 
ausscheidung  der  Diabetiker  in  erster  Linie  al)hängig  ist  von  der  Zufuhr 
zuckerhaltiger  oder  stärkehaltiger  Nahrungsmittel,  daß  ferner  manche  Dia- 
betiker (..schwere  Form"  Seecjem)  auch  bei  kohlenhydratfn-iei-  Fleisch- 
fettkost noch  beträchtliche  Mengen  von  Zucker  ausscheiden:  davon  spricht 
schon  Claude  Bernard  als  von  einer  altbekannten  Tatsache.  Die  erstge- 
nannte Beobachtung  hat  Veranlassung  gegeben,  den  Fbergang  verschiede- 
ner Kohlenhydrate  in  Traubenzucker  exakt  nachzuweisen.  Die  zweite  hat 
immer  Avieder  zu  der  Überzeugung  gedrängt,  dali  Zucker  im  Körper  auch 
aus  nicht  zuckerartigen  Substanzen  entstehen  kann. 

Nicht  alle  Fälle  von  menschlichem  Diabetes  sind  für  derartige  l'nter- 
suchungen  geeignet.  Wenig  geeignet  sind  ganz  leichte  Fälle,  bei  denen  nur 
geringe  Ausschläge  zu  erwarten  sind,  andrerseits  aber  auch  ganz  schwere 
Fälle,  bei  welchen  eine  für  die  Zwecke  des  Versuches  berechnete  K«tst  dem 
Patienten  nachteilig  sein  könnte;  vor  allem  Fälle  mit  bedeutenderen  K(»m- 
plikationen.  wie  Fieber,  schwerer  Tuberkulo.se.  Verdauungsstörnng(>n.  Ne- 
phritis, ferner  alle  psychisch  sehr  erregbaren  Menschen.  Ferner  sind  die- 
jenigen Menschen  auszu.schalten.  bei  welchen  sich  die  Zuckerausscheidung 
als  relativ  unabhängig  von  der  Art  der  Ernährung  erweist:  ferner  alle  F;ille. 
bei  welchen    sie    häufige,    scheinbar    unmotivierte  Schwankungen  aufweist. 

Wie  bei  anderen  Stöffwechselversuchen  ist  auch  hier  eine  Vorperiode. 
eine  Ilauptperiode    und    eine  Nachperiode    zu    untersuchen.  \V;ihrend    der 


]200  Öt*o  Neubauer. 

ganzen  Zeit  bekommt  der  Patient  eine  möglichst  gleichmäßige  Diät.  Um 
möglichst  starke  Ausschläge  zu  erhalten,  ist  es  zweckmäßig,  eine  Diät  zu 
reichen,  bei  welcher  die  Zuckerausscheidung  der  Vorperiode  und  Nach- 
periode niedrig  ist,  also  eine  kohlenhydratarme,  abgewogene  Fleischfett- 
kost. Da  nur  wenige  Menschen  eine  absolut  gleichartige  Fleischfettkost 
durch  längere  Zeit  ohne  Appetitstörungen  ertragen,  so  wird  man  meist 
einen  gewissen  Wechsel  z.  B.  in  der  Art  des  Fleisches,  des  Käses,  des 
Salates  gestatten  müssen;  geringe  Mengen  kohlenhydratarmen  Gemüses 
wird  man  dem  Patienten  schon  wegen  der  sonst  drohenden  Obstipation 
meist  zubilligen  müssen,  in  manchen  Fällen  auch  eine  geringe  Menge  von 
Weißbrot  oder  von  Milch.  Der  Kalorienwert  soll  dem  Bedürfnis  des  Patien- 
ten entsprechend  gewählt  werden,  lieber  etwas  knapp  als  zu  reichlich.  Der 
Kaloriengehalt  der  Nahrung  wird  meist  aus  Tabellen  berechnet:  N-Gehalt 
und  Kohlenhydratgehalt  w^erden  bestimmt.  Um  dem  Patienten  die  Lockungen 
der  Diätsünde  zu  ersparen,  um  eine  genügende  Kontrolle  ausüben  zu 
können  und  zur  besseren  Fernhaltung  psychischer  Insulte  ist  eine  Iso- 
lierung in  Einzelzimmern  dringend  zu  raten.  Muskelanstrengungen  sind 
zu  vermeiden,  Bettruhe  nicht  unzweckmäßig.  Differente  Medikamente  sollen 
womöglich  nicht  gegeben  werden;  Natron,  wenn  nötig,  in  täglich  genau 
gleicher  Menge.  In  prinzipiell  wichtigen  Versuchen  ist  eine  Überwachung 
der  Diät  durch  den  Arzt  selbst  geboten,  wenn  auch  das  Mißtrauen,  das 
Pßüger  und  Cremer  den  zuckerkranken  Menschen  entgegenbringen,  wohl 
etwas  zu  weit  geht.  Tägliche  Wägungen  und  Temperaturmessungen  sind 
selbstverständlich.  Das  Wohlbefinden  des  Patienten  ist  dauernd  zu  kon- 
troUieren;  besondere  Aufmerksamkeit  ist  dem  Stuhlgang  zuzuwenden,  der 
bei  solch  gleichmäßiger  Kost  häufig  Neigung  zur  Verstopfung,  zuweilen 
auch  zu  Diarrhöen  zeigt. 

Die  Vorperiode  hat  so  lange  anzudauern,  bis  die  Zuckeraus- 
scheidung (polarimetrisch  und  titrimetrisch  bestimmt)  sich  auf  ein  gewisses 
Niveau  eingestellt  hat.  Der  Urin  wird  in  24stündigen  Perioden,  die  am 
Morgen  beginnen,  gesammelt.  Außer  der  Zuckerausscheidung  und  dem  spe- 
zifischen Gewicht  ist  in  jedem  Falle  auch  der  N  zu  bestimmen,  dessen 
Ausscheidung  ebenfalls  konstant  werden  muß.  Am  besten  ist  es,  wenn  sich 
N-Gleichgewicht  erzielen  läßt. 

Wichtig  ist  es,  besonders  dann,  wenn  die  Versuche  mit  N-haltigem 
Material  gemacht  werden  sollen,  auch  den  N-Gehalt  des  Kotes  zu  kon- 
trollieren (siehe  dieses  Werk,  Bd.  5,  I.  Teil,  S.  341).  Ferner  ist  es  zweck- 
mäßig, möghchst  viele  andere  Urinbestandteile  zu  bestimmen;  so  bei  gleich- 
zeitiger Azidose  Aceton  und  Oxybuttersäure;  ferner  NH3,  die  Chloride, 
Phosphate  usw.  (siehe  dieses  Werk,  Bd.  5,  I.  Teil,  S.  281).  Je  mehr  Harn- 
bestandteile bestimmt  werden,  und  je  gleichmäßiger  ihre  Ausscheidung  ver- 
läuft, desto  sicherer  sind  die  Resultate  des  Versuches  verwertbar. 

Während  der  Hauptperiode  wird  dem  Patienten  zu  seiner  Standard- 
kost die  auf  Übergang  in  Zucker  zu  prüfende  Substanz  zugelegt  (super- 
poniert);    oder   sie  wird,   speziell   wenn   es   sich   um  Untersuchung  ver- 


Arbeitsmethoilen  zur  Untersucliiiiitj:  ilcs  intcriiiodiürcn  Stnffwccliscls.         l^Ol 

schiedener  Eiweißarten  handelt,  an  Stelle  eines  in  der  Standardkost  ent- 
haltenen Nahruniisteiles  ^ej^ehen  (substituiert).  Diese  Versuchsanordnunj,' 
hat  den  Vorteil,  daß  dabei  eine  Änderunti-  der  Kalorit-nzufnlir,  die  an  und 
für  sich  eine  Ändenin«^-  in  der  Ausscheidun.ü:  des  Zuckers  herbeiführen 
könnte,  vermieden  wird;  die  Suporpositionsmethode  er^nbt  daf^'c^^en  liilufi^r 
stärkere  Ausschläge.  Die  Dauptperiode  dauert  einen  oder,  was  bei  weitem 
vorzuziehen  ist,  zwei  oder  mehrere  Ta^e;  bei  eintäüi<>:er  Dauer  spricht  die 
Nachwirkung-  des  vorheri^ehenden  Taftes  zu  sehr  mit. 

Die  Nachperiode  gleicht  der  Vorpeiiode  und  soll  auch  dieselben  Werte 
für  die  Ausscheidungsprodukte  liefern.  Auch  sie  soll  niüglichst  lang  .sein, 
ein  Tag  ist  auf  jeden  Fall  ungenügend. 

In  der  Literatur  findet  sich  nur  eine  verschwindend  kleine  Anzahl 
von  Versuchen  an  menschhchen  Dial)etikern.  die  nach  diesen  strengen  An- 
forderungen angestellt  und  völlig  glatt  verlaufen  sind,  so  daß  es  kaum 
möghch  ist,  einen  Versuch  anzuführen,  der  als  Musterbeispiel  dienen  kann. 
Das  liegt  in  der  Regel  nicht  an  den  Untersuchern,  sondern  an  der 
Schwierigkeit  des  zu  untersuchenden  Objektes.  Die  Perioden  gleichmäßiger 
Kost  können  mit  Rücksicht  auf  die  Patienten  oft  nicht  so  hinire  ausge- 
dehnt werden,  wie  es  wünschenswert  wäre.  Appetitlosigkeit.  MaL'-en-  und 
Darmstörungen,  mangelnde  Geduld  des  Patienten  sind  häufige  l'rsachen, 
daß  die  Versuche  vorzeitig  abgebrochen  werden  müssen.  In  anderen  Fällen 
treten  ganz  unmotivierte  Schwankungen  der  Zuckerausscheidung  ein,  .so 
daß  eine  Konstanz  nicht  zu  erzielen  ist.  Ungemein  häufig  ändert  sich  im 
\'erlaufe  eines  Versuches  —  häufig  wohl  sogar  als  Folge  des  Versuches  — 
die  Toleranz  des  Patienten  für  Kohlenhydrate,  so  daß  die  Xachperiode 
nicht  mehr  dieselben  Werte  liefert  wie  die  ^'orperiode.  In  vielen  Fällen 
treten  in  einzelnen  Versuchsperioden  sehr  erhebliche  Iletentionen  oder  auch 
Ausschwemmungen  von  N  ein.  die  ihrer  Natur  nach  noch  völlig  rätselhaft 
sind.  Es  ist  klar,  daß  bei  der  Deutung  derartiger  Versuche,  besonders  bei 

der  Berechnung  des  Quotienten-;^  (s.  unten),  große  Vorsicht  nötig  ist.  Dazu 

kommt,  daß  der  Diabetes  des  Menschen  offenbar  keine  einheitliche  Krankheit 
vorstellt,  so  daß  derselbe  Eingriff  in  verschiedenen  Fällen  häufig  verschieden 
wirkt.  Ferner  kommen  individuelle  Verschiedenheiten  in  Betracht.  Anspruch 
auf  allgemeine  Gültigkeit  können  also  nur  Versuchsresultate  haben,  welche 
an  einer  Reihe  verschiedener  Fälle  in  einwandfreier  Weise  gewonnen  sind. 
So  kommt  es,  daß  nur  wenige  an  menschlichen  Dial)etikern  ange- 
stellte \ersuche  wirkhch  beweiskräftig  sind,  liesonders  in  iiuantitativer 
Hinsicht.  Deswegen  sind  sie  aber  keineswegs  wertlos.  Sie  liefern  zum  min- 
desten wichtige  Anregungen,  die  dann  durch  exakt  auszuführende  Unter- 
suchungen am  experimentellen  I)ial)etes  des  Tieres  gesichert  werden  können. 
Man  muß  sich  nur  hüten,  aus  unvollkommenen  Versuchen  bindende  (Jeset/.e 
ableiten  zu  wollen.  Andrerseits  kann  angemerkt  werden,  daß  die  beim 
menschlichen  Diabetes  gewonnenen  Erfahrungen  durch  die  \ersuche  am 
Tier  so  gut  wie  immer  Bestätigung  erfahren  haben. 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemiBohen  Arbeitsmethoden.  V.  76 


;[202  ^^^^  Neubauer. 

Derartige  Versuche  beim  schweren  menschlichen  Dialietes  zeigen 
immer  wieder,  daß  auch  bei  nahezu  völligem  Ausschluß  der  Kohleidiydrate 
aus  der  Kost  erhebliche  Mengen  von  Zucker  im  Harn  ausgeschieden  wer- 
den können.  Dieser  Zucker  muß,  da  große  Kohlenhydratdepots  im  Körper 
nicht  zur  Verfügung  stehen,  aus  nicht  kohlenhydratartigem  Material  stam- 
men. Da  als  solche  Zuckerquelle  offenbar  in  erster  Linie  das  Eiweiß  in 
Betracht  kommt,  so  pflegt  man  nach  Minkowski  diesen  nicht  aus  zuge- 
führtem Kohlenhydrat  stammenden  Zucker  (D)  zu  dem  gleichzeitig  im  Harn 
erscheinenden  N,  der  als  Maß  für  die  gleichzeitig  zersetzte  Eiweißmenge 
angenommen  wird,  in  Beziehung  zu  setzen.  Die  Berechnung  dieses  wichtigen 

Quotienten  -^r^-  geschieht  bei  Hungernden  oder  vollständig  kohlenhydratfrei 

Ernährten  einfach  durch  Einsetzung  der  im  Harn  gefundenen  Werte  für 
Zucker  und  Stickstoff.  Wenn  dagegen  mit  der  Nahrung  Kohlenhydrate  auf- 
genommen worden  sind,  so  wird  deren  Menge  von  der  im  Harn  gefundenen 
abgezogen.  Man  macht  also  bei  der  Berechnung  dieses  Faktors  drei 
Annahmen: 

1.  daß  die  Kohlenhydrate  der  Nahrung  quantitativ  im  Harn  wieder 
erscheinen:  das  wird  in  der  Regel  nicht  zutreffen,  da  ein  absoluter  Dia- 
betes beim  Menschen  jedenfalls  zu  den  Seltenheiten  gehört.  Infolgedessen 
wird  der  berechnete  Quotient  meist  etwas  zu  niedrig  ausfallen.  Der  Fehler 
wird  natürhch  um  so  geringer  sein,  je  geringer  die  Menge  der  zugeführten 
Kohlenhydrate  ist,  er  kommt  bei  Fleischfettkost  kaum  in  Betracht.  Daraus 
ergibt  sich,  daß  die  Berechnung  um  so  richtiger  ist,  je  weniger  Kohlen- 
hydrate die  Standardkost  enthält. 

2.  daß  keine  Kohlenhydrate  ausgeschieden  werden,  die  aus  den  auf- 
gespeicherten Kohlenhydratvorräten  des  Körpers  stammen.  Der  Einwand, 
daß  diese  Annahme  nicht  zulässig  ist,  ist  namentlich  von  Pflüger  immer 
wieder  betont  worden.  Er  trifft  besonders  kurzdauernde  Versuche.  Gewisse 
Glykogen  Vorräte  sind  auch  beim  schweren  Diabetes  immer  vorhanden  i); 
doch  dürften  sie  nicht  ausreichen,  um  durch  längere  Perioden  Harnzucker 
zu  liefern.  Wegen  dieser  Fehlerquelle  ist  es  zweckmäßig,  schon  längere 
Zeit  vor  dem  Versuch  den  Patienten  mit  mögUchst  kohlenhydratarmer  Kost 
zu  ernähren. 

3.  daß  die  N-Menge  des  Harns  wirklich  der  Menge  des  zersetzten 
Eiweißes  entspricht.  Diese  Annahme,  deren  Richtigkeit  für  den  Gesunden 
nicht  bezweifelt  werden  kann,  trifft  beim  Zuckerkranken  wahrscheinhch 
nicht  immer  zu.  Häufig  wird  die  Beobachtung  gemacht,  daß  bei  Dialieti- 
kern  w^ährend  langer  Perioden  N  retiniert  wird,  und  zwar  augenscheinlich 
nicht  in  Form  von  Eiweiß,  bis  zu  25  g  pro  Tag.  ^)  Perioden  solcher  N-Re- 


*)  Naunyn,  Der  Diabetes  melitus  in  Nothnagels  Spezielle  Pathologie  und  Thera- 
pie. 1898.  S.  1.58. 

^)  Lüthje,  Kasuistisches  zur  Klinik  und  zum  Stoffwechsel  des  Diabetes  melitus. 
Zeitschr.  f.  klin.  Medizin.  Bd.  43.  S.  229  (1901). 


Arbeitsniothodoii  zur  riitcrsiicIimiL:  dos   intpriiifdiarfn  Stoffwechsels.  120.-5 

tentionen  werden  für  den  (Jnoticntcn   .,  fälschlich  cim-ii  m  hohen  \V<rf  <t- 

^ 

geben.  Deswegen  hat  die.ser  «^»noticiit  bei  liestchcn  v(mi  .\-(  il.-ichifcwicht  eine 
größere  Sicherheit.  Auch  rerio(h'n  von  N-Ausschwcniniuiig  koiiiiiicii  vor. 
Ferner  ist  es  bekannt,  dall  der  N  der  Nahrung  l:iiit,'siuner  aiisgischiedcn 
wird  als  der  aus  der  Nahrung  stamniondc  /nckcr.  Man  wiid  deshalb  den 

Quotienten  —  niemals  fiii-  kurze  Perioden  berechnen  dürfen. 

Unter  der  Annahme,  dali  der  gesamte  ("  des  im  Kür|MT  zer>etzteii 
Eiweißes  als  Traubenzucker  im  Harn  erscheint,  kann  man  tiir  den  <,>M(>tientrn 

den  Maximalwert  8'27  berechnen.  Ivs  könnten  also  bei  kohlen- 
hydratfreier Kost  für  je  1  (/  ausgeschiedenen  N  H-H //  Ihirnzncker  auf 
Eiweiß  zurückgeführt  werden.  Die  Autoren  rechnen  aber  mit  Mi, in;/ 
von  dem  Eiweiß-C  denjenigen  Teil  ab,  der  zur  liildung  von  Harnstoff 
nötig  ist,  also  auf  2  N  1  C.  Dann  erniedrigt  sich  der  durch  die  Eiweill- 
zersetzung  erklärbare  Wert  auf  1-2 ;  jedoch  mul)  darauf  hingewiesen  wer- 
den, daß  der  zm-  Harnstoffbildung  nötige.  C  ja  sehr  wohl  der  /er>etziing 
der  Fette  entstammen  könnte. 

Andrerseits  ist  es  sehr  wenig  wahrscheinlich.  dalJ  der  gesamte  (' 
des  Eiweißes  zu  Kohlenhydrat  umgebildet  werden  kann.  So  mul'i  hervor- 
gehoben werden,  daß  in  diesen  schweren  Fällen  von  menschlichem  Diabetes 
ganz  regelmäßig  auch  erhebliche  Mengen  von  Acetonkörpern  aus  dem  Ei- 
weiß hervorgehen.  Ferner  dürfte  ein  Teil  des  abgebauten  Eiweißes  im 
Körper  noch  andere,  für  den  P'ortbestand  des  Lebens  unerläßliche  Funk- 
tionen zu  erfüllen  haben.  ^)    Mau    ist   ziemlich  allgemein  zu  der  Annahme 

gekommen,    daß    ein  Wert  für  ^  ,  der  größer  ist  als  5,  darauf  hinwt'isen 

würde,  daß  Zucker  auch  aus  anderweitigem  Material  als  aus  Eiweiß  her- 
vorgegangen sein  muß  (Fett!).  2)  Solche  höhere  Werte  sind  zwar  von  ver- 
schiedenen Autoren  beobachtet,  aber  in  der  Kegel  nicht  in  längeren  l'erio- 
den  und  unter  Verhältnissen,  unter  denen  eine  vollständige  Aus.scheidung 
des  aus  dem  Eiweiß  stammenden  N  nicht  garantiert  ist.  »j 


*)  Landergren,  Untersuchungen  über  den  Eiweißumsatz  des  Meuschen.  Skandinuv. 
Aich.  f.  Physiol.  Bd.  14.  S.  112  (1903). 

'-')  S.  auch  Hühner,  Die  Gesetze  des  Energieverhraudis  hei  licr  Krnalnunii.  Leip- 
zig und  Wien.  li)Ü2.  S.  3S3.  —  Falla,  tjber  die  (lesetze  der  Ziickerau-ischeiilung  !)piiii 
Diabetes  melitus.  VI.  Mitt.  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  65.  S.  4(3:5  (l'.WH).  -  Koinesfalls 
ist  es  gestattet,  den  von  Minkowski  für  den    hungernden    oder   mit    Fleiscli    gefattirten 

D 

pankreas-diabetischen  Huud    gefundenen    Quotienten-  ^  =  28   zur  Deutung    von  Sutff- 

■wechselversuchen  an  menschlichen  Diabetikern  heranzuziehen. 

')  F.Miillir,  Beiträge  zur  Kenntnis  (b'S  Mucins  und  einiger  damit  verlMuidener 
Eiweißstoffe.  Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  42.  S.  538  (lülU;. 

7C* 


;[204  ^^^^  Neubauer. 

Die  Verwertung  des  Quotienten  -:j^  ist   also  nur   verläßlich   bei   einer 

nahezu  oder  völlig-  kohlenhydratfreien  Kost,  bei  Berechnung-  aus  genügend 
langen  Versuchsperioden  und  bei  bestehendem  Stickstoffgleichgewicht. 

Werden  nun  in  der  Hauptperiode  des  Versuches  verschiedene  Sub- 
stanzen zur  Standardkost  zugelegt,  so  wird  sich  ein  Übergang  in  Zucker 
in  einer  Steigerung  der  Zuckerwerte  und  eventuell  auch  in  einer  Verän- 
derung des  Verhältnisses  ^  geltend  machen. 

Zufuhr  von  Kohlenhydraten  führt  in  der  Regel  zu  einer  erheb- 
lichen Steigerung  der  Traubenzuckerausscheidung.    Der  Quotient  -—  steigt 

dabei,  wenn  von  der  ausgeschiedenen  Traubenzuckermenge  nun  auch  das 
neu  zugeführte  Kohlenhydrat  abgezogen  wird,  nicht,  ja  er  wird  sogar,  wenn 
der  Diabetes  kein  absoluter  ist,  sinken  müssen. 

Bei  Zufuhr  von  nicht  kohlenhydratartigen  X-freien  Substanzen  wird, 
wenn  ein  Übergang  in  Traubenzucker  im  Organismus  stattfindet,  eine 
Steigerung  nicht  nur  der  Zuckerausscheidung,  sondern  auch  des  Quotienten 

^j^  eintreten    (Milchsäure,    Glyzerin).     Fett    hat    in    solchen   Fällen    fast 

immer  negative  Resultate  ergeben,  i)  Ein  strikter  Beweis  dafür,  daß  Fett 
nicht  in  Zucker  übergeht,  kann  daraus  aber  nicht  abgeleitet  werden; 
denn  die  Größe  des  Fettabbaues  ist  im  allgemeinen  von  der  Größe  der 
Fettzufuhr  unabhängig.  Die  Erfahrungen  bei  der  Untersuchung  der  Aceton- 
körperausscheidung  scheinen  allerdings  zu  zeigen,  daß  diese  Unabhängig- 
keit keine  absolute  ist. 

Zufuhr  von  Eiweißkörpern  ergibt  bei  schweren  Fällen  von  Diabetes 
regelmäßig  eine  Steigerung  der  Zuckerausscheidung;  verschiedene  Eiweiß- 
arten  wirken   verschieden   stark.  2)    Da   auch    die    N-Ausscheidung   steigt, 

so  kann  der  Quotient  -^  unverändert  bleiben.   Er  kann  aber  auch  geringe 

Änderungen  nach  der  einen  oder  nach  der  anderen  Seite  darbieten.  Man 
hat  auch  versucht,  einen  Ausdruck  für  die  aus  dem  zugeführten  Eiweiß 
stammende  Zuckermenge   zu  gewinnen,  indem  man  den  Quotienten  Mehr 

ausgeschiedener  Traubenzucker:  Mehr  ausgeschiedener  N  als  ^  berechnet 

hat.  Es  ist  aber  klar,  daß  bei  nicht  völlig  idealer  Gleichmäßigkeit  der 
ausgeschiedenen  Mengen  eine  derartige  Berechnung  so  zahlreiche  Fehler- 
quellen hat,  da(i  ihr  kein  besonderer  Wert  beigemessen  werden  kann. 


')  Lüthje,  Stoffwechselversuch  an  einem  Diabetiker  mit  besonderer  Berücksichti- 
gung der  Frage  der  Zuckerbildung  aus  Eiweiß  und  Fett.  Zeitschr.  f.  klin.  Medizin. 
Bd.  39.  S.  425  (1900). 

-)  Falta,  Über  die  Gesetze  der  Zuckerausscheiduug  beim  Diabetes  melitus. 
I.  Mitt.  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  61.  S.  297  (1907). 


Arbeitsmethoden  zur  Uutersuchuiig  des  iiitcniiediärcii  Stoffwechsels.         1200 

Eine  Steij^erung-    der   Zuckerausscheidung   und    .nicli   eine  Kiliiiliung 

des   Quotienten  --  beweist  noch  nicht  absolut  einen  rbci^rang  der  <rebild('tcn 

Substanz  in  /ucker.  Die  zugefiihrte  Substanz  kann  auch  indirrkt  ge- 
wirkt haben,  z.  P>.  durch  Beeinflussung  der  diabetischen  Stoffwrchselstörung. 
Bei  den  KiweitUersuchen  spricht  der  oft  beinahe  vülhge  raranehsniiis  der 
Menge  des  zersetzten  Kiweilles  und  der  ausgeschiedenen  I)-Meni:e  ent- 
schieden für  einen  direkten  Cbergang. 

D 

Manche  Autoren  berechnen  den  Quotienten   y  i"  anderer  Weise.    Auf  Grundlage 

der  Untersuchungen  von  Kuwagawa  und  Miura  und  von  Lander gren^)\\ä.\i  frigon*)  die 
Annahme  für  berechtigt,  daß  ein  gewisser  Teil  des  zersetzten  Pawoißes  im  OrL'anismus 
eine  zur  Erhaltung  des  Lebens  unbedingt  notwendige  Funktion  zu  erfiilleu  hat  und  in- 
folgedessen für  die  Zuckerbildung  nicht  disponibel  ist.  Die  diesem  Teil  des  Eiweißes 
entsprechende  X-Menge  bezeichnet  er  mit  q;  nur  der  Rest,  Gosamt-N  minus  q.  kommt 
für  die  Zuckerbilduug  in  Betracht.  Der  Zuckerbildung  aus  diesem  Eiweißanteil  ent- 
spricht also  nicht  der  Quotient-— -,  sondern  der  beträchtlich  größere  Quotient  ^^^ .  Unter 

JN  A  — q 

der  Annahme,  daß  für  denselben  Dial)ctiker  dieser  Quotient  und  das  zum  Leben  not- 
wendige Eiweißmiuimum  q  konstante  Werte  sind,,  glaubt  Gigon  diesen  (^luotienten  da- 
durch ermitteln  zu  können,  daß  er  in  mindestens  zwei  Perioden  mit  verschieden  starker 
Eiweißzersetzung  die  Werte  für  Stickstoff  und  Zucker  bestimmt. 

_D__     D, 

N  — q~N7^* 
Aus  dieser  Gleichung  läßt  sich  sowohl  q  als  auch  der  als  Ausdruck  für  die  Zucker- 
bildung aus  Eiweiß  anzusehende  Faktor  ^^ berechnen;  q  =  — ,- — ,— ^. 

X  —  q  D  —  D, 

Im  allgemeinen  dürfte  diese  Art  der  Berechnung  nicht  liesoudors  zu  empfehlen 
sein  ;  denn  abgesehen  von  der  Unsicherheit  der  theoretischen  Grundlagen  ist  die  Annahme 

des  Koustantbleibens  von  q  und  von  ^-^ unter  verschiedeneu  Versuchsbedingungen  und 

N  —  (| 

während  einer  längeren  Versuchsperiode  doch  sehr  hypothetisch  und  bringt  jedenfalls 
in  die  Berechnung  ein  neues  Element  zur  Unsicherheit. 

Da  manche  Substanzen  sehr  rasch  eine  Steigerung  der  Zuckeraus- 
scheidung bewirken,  so  ist  es  in  bestimmten  Fällen  möglich  und  zweckmäßig, 
in  kürzeren  als  24stündigen  Perioden  zu  untersuchen,  z.  I'..  in  4-  und 
6stündigen  Perioden.  Wenn  die  Substanz  morgens  gegeben  wird,  genügt 
es  häufig,  nur  tag.süber  in  kürzeren  Perioden  zu  untersuchen,  und  die  Nacht- 
periode auf  10  oder  12  Stunden  auszudehnen.  Die  ein/einen  Perioden  sind, 
da  die  Zuckerausscheidung  beim  Diabetiker  im  Laute  eines  Tages  erheb- 
liche Schwankungen  zeigt,  nicht  untereinander,  sondern  mit  den  ent- 
sprechenden Perioden  der  Normaltage   (Vortag.  Nachtag)   zu    vergleiehen. 


')  Landergren,  Untersuchungen  über  den  Eiweißumsatz  des  Menschen.  Skandi- 
navisches Archiv  für  die  Physiologie.  Bd.  14.  S.  112  (HK)3). 

*)  Gigon,  Die  Menge  des  aus  Eiweiß  entstehemlen  Zuckers  beim  Dialietcs. 
Deutsches  Archiv  für  klinische  Medizin.  Bd  1)6.  S.  31{\  (190Ü).  (Auf  S.  381  hat  sich  ein 
Druckfehler  eingeschlichen;  statt  q  =3*4  muß  es  heißen:  q  =  124.  Die  oben  gegebene 
Darstellung  des  Gedankenganges    ist    gegenüber  Gigons  Darstellung   etwas  vereinfacht.) 


1206  ^^^^  Neubauer. 

Diese  Versuchsanoi'dnnng'  liefert  Iiäiifig-  größere  Ausschläge  und  verlangt 
im  allgemeinen  eine  kürzere  Versuchsdauer.  Andrerseits  besteht  der  Nach- 
teil, daß  die  Analysen  sich  an  den  Versuchstagen  häufen.  Als  Beispiel 
sei   auf   eine  Versuchsreihe  Gigons  mit  verschiedenen  Kohlenhydraten  und 

mit    Kasein   hingewiesen,  i)    Eine   Berechnung   des  Faktors  — -  ist   für    so 

kurze  Perioden  natürlich  nicht  statthaft. 

Die  experimentell  beim  Tier  erzeugten  Diabetesformen  ver- 
meiden den  größten  Teil  der  Fehlerquellen,  welche  den  Versuchen  beim 
spontanen  menschlichen  Diabetes  anhaften.  Der  Experimentator  ist  im- 
stande, eine  ihrer  Art  und  ihrem  Grade  nach  immer  gleichmäßige  Krank- 
heit zu  erzeugen,  welche  —  wenigstens  beim  Phlorhizindiabetes  und  beim 
Pankreasdiabetes  2)  —  einer  maximalen  Störung  zum  mindesten  nahe- 
kommt. Spontane  Schwankungen  der  Toleranz  wie  beim  menschlichen 
Diabetes  finden  in  der  Regel  nicht  statt.  Die  Überwachung'  ist  einfacher; 
doch  soll  auch  hier  die  Kontrolle  womöglich  durch  Männer  der  Wissen- 
schaft ausgeübt,  nicht  unverläßlichen  Wärtern  anvertraut  werden.  Die  In- 
dividualität des  A'ersuchsobjektes  spielt  eine  geringere  Bolle:  die  psvchische 
Beeinflussung  und  die  Rücksicht  auf  das  Wohlbefinden  des  kranken  Menschen 
kommen  in  Wegfall.  Die  Ernährung  kann  eine  sehr  viel  gleichmäßigere 
und  einfachere  sein;  es  gehngt,  die  verschiedenen  Nährstoffe  in  fast  reiner 
Form  zuzuführen.  Die  einzelnen  Perioden  können  länger  gewählt  werden, 
Vor-  und  Nachperiode  können  als  Hungerperiode  eingerichtet  werden, 
wobei  der  Einfluß  einer  in  der  Hauptperiode  gegebenen  Substanz  natür- 
lich viel  augenfälliger  hervortritt.  Man  kann  ferner  dem  Versuch  eine  Be- 
handlungvorausschicken, bei  welcher  der  vorhandene  Glykogenvorrat  fast  völhg 
zum  Schwinden  gebracht  wird  (Hunger,  Arbeit  usw.,  s.  oben  S.  1162).  Nach 
Abschluß  des  ^^ersuches  kann  das  Tier  getötet  werden,  und  man  kann  sich 
durch  Untersuchung  der  Organe  Aufklärung  über  die  vorhandenen  Kohlen- 
hydratdepots  verschaffen.  Die  quantitative  Abgrenzung  des  Urins  ist  ge- 
nauer durchzuführen  (Katheterismus  mit  anschließender  Ausspülung  der 
Blase  mit  Trikresollösung). 

Es  soll  nicht  verschwiegen  w^erden,  daß  Untersuchungen  beim  ex- 
perimentellen Diabetes  des  Tieres  gegenüber  den  Untersuchungen  am 
Diabetes  des  Menschen  auch  manche  Nachteile  haben.  Sowohl  beim  Pan- 
kreas-wie  beim  Phlorhizindiabetes  besteht  (im  Gegensatz  zum  schweren  Diabe- 
tes des  Menschen)  nicht  bloß  eine  Störung  des  Kohlenhydratstoffwechsels, 
sondern  auch  eine  beträchtliche  Steigerung  des  Eiweißzerfalles.  Ferner  sind 
am  Tier  gewonnene  Resultate  nicht  ohne  weiteres  auf  den  menschlichen 
Organismus,   dessen   Stoffwechselgesetze   doch    am    meisten    interessieren. 


')  Falta  und  Gigon,  Über  die  Gesetze  der  Zuckerausscheidung  beim  Diabetes 
melitus.  II.  Mitteüung.  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  61.  S.  338  (1907). 

^)  Die  anderen  Arten  des  experimentellen  Diabetes  kommen  für  experimentelle 
Zwecke  kaum  in  Betracht.  (CO-Diabetes  s.  weiter  unten.) 


Arbeitsmethoden  zur  Uutersucluuig  des  iiitormcdiäreii  Stoffwi-chsels.        12(>T 

iil)ertra.i>l)ar.  Man  darf  fonicr  iiiclit  ver;icsscii.  dall  auch  dir  Foiincii  dos 
experüncntdlcii   Diabetes  iliieni   Wesen  nach  iioeli  iin^rekliirt  sind. 

Die  eine  Hauptt'oim  des  experimentellen  Dialietes.  die  zur  Lösun«; 
von  Stoffwechselfraj^en  vielfach  N'erweudunj^-  <::elunden  hat,  ist  der  von 
MeiitKj  und  Minkowski  entdeckte  rankreasdiahetesj)  Fast  alle  \er- 
suche  wurden  am  Hund  ausL>eführt.  Die  Methode  dci-  l'ankreasexstirpation 
beim  Hund  ist  wiederholt  jj^enau  beschrieben  worden.-)  Ks  ist  notwendii.', 
nach  dem  Tode  dui'ch  Sektion  des  Versuchstieres  die  NdllstilndiL'^keit  der 
Exstirpation  zu  kontrollieren.  Einige  Tajie  nach  der  ( »|».'ration  kann,  wenn 
die  l'ankreasexstirpation  eine  totale  ist,  der  \ frsuch  b(';.;oiiii(n   werden. 

Im  übrigen  ist  die  Anlage  des  Versuches  so  wie  beim  Diabetes  des 
Menschen.  Temperaturmessung  darf  nicht  vergessen  werden.  Die  \  ersuche 
können  bei  völligem  Hunger  durchgeführt  werden:  will  man  die  Tiere  aber 
einige  Zeit  am  Leben  erhalten,  so  müssen  sie  gefüttert  werden,  und  zwar 
ist  es  für  die  Versuchszwecke  im  allgemeinen  geboten,  sie  mit  möglichst 
reinem  Eiweiß  zu  füttern.  Als  kohlenhydratarme  Nahrung  empfiehlt  sich 
Kindfleisch  oder  uRch  Fjiüger  besonders  Kabliaufleisch  (s.  oben  S.U •'••_>): 
der  Kohlenhydratgehalt  ist  jedesmal  besonders  zu  bestimmen.  Das  EiweiLi 
wird  infolge  Mangels  des  Pankreassekretes  nur  schlecht  ausgenützt.  Sand- 
mei/er^)  hat  gezeigt,  daß  man  die  Verwertung  des  Fleisches  durch  gleich- 
zeitige \'erfütterung  von  rohem  Pankreas  bedeutend  verbessern  kann. 
Pankreas  ist  gewöhnlich  glykogenfrei.  Will  man  das  im  Pankreas  meist 
reichlich  vorhandene  Fett  vermeiden,  so  gibt  man  dem  Tiere  einen  kalt 
hergestellten  Pankreasaufguß.  Auch  Kaseinpräparate,  z.  B.  Nutrose,  kann 
man  zur  Ernährung  verwenden.*)  Auch  diese  Präparate  sind  auf  die  Ab- 
wesenheit von  Kohlenhydraten  zu  prüfen.  Beigemengtes  Fett  kann  durch 
Äthere.xtraktion  entfernt  werden.  Durch  Zusatz  von  Fleischextrakt  oder 
Fett  kann  die  Xutrose  schmackhafter  gemacht  werden.  Eventuell  kann  die 


*)  Mering  und  Minkowski,  Diabetes  melitus  nach  Pankrease.xstirpatiou.  Arch. 
f.  exp.  Piith.  11.  Pharm.  Bd.  26.  S.  371  (1889). 

-)  Minkowski,  Untcrsuchungeu  ül)i'r  den  Diabetes  luelitus  iiacli  K.\stirpation  des  Pan- 
kreas. Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  31.  S.  85  (1893).  —  Witz,!,  Die  Technik  tler 
Pankreasexstirpatioü  beim  Hund.  Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  KKi.  S.173  (190n).  Die  voll- 
ständigo  Exstirpation  des  Pankreas  bietet  für  die  Versuche  den  Vorteil,  daü  die 
Störung  des  Zuckerstoffwechsels  den  höchsten  (irad  erreicht.  Doch  ilberleben  die  Tiere 
diese  Operation  meist  nur  2-4  Wochen,  während  welcher  die  Tiere  auch  noch  unter 
dem  Einflüsse  der  Wunde  stehen.  (Eiterungen.)  Länger  dauernde  Vrrsuche  kaiui  man 
an  Tieren  ausführen,  welchen  man  nach  Samimeißr  [Über  die  Eidgcn  der  partiellen 
Pankreasexstirpatioü  beim  Hund.  Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.Sl.  S.  12  (189.'))]  nur  den  gmUten  Teil 
des  Pankreas  exstirpiert  hat.  Der  Dialietes  tritt  hier  erst  später  infolge  au'^rhließcnder 
.Vtrophie  des  Restes  ein,  zu  einer  Zeit,  zu  der  sich  die  Tiere  von  der  Operatinn  bereits 
völlig  erholt  haben.  Sic  können  oft  mehrere  Monate  am  Leiten  gehalten  werden. 

*)  Sandmei/rr,  Über  die  Folgen  der  partiellen  l'ankreasexstirpation  beim  Hund. 
Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  31.  S.  12  (1S9.Ö). 

*)  Über  die  Herstellung  einer  kalten  Nutrosesuppe  siehe  I'ßiUnr,  l'rsprung  des 
im  Pankreasdiabetes  ausgesc'hiedenen  Zuckers.  Arch.  f.  d.  ges.  Physiologie.  Hd.  108- 
S.  123  (19Ü5). 


1208  Otto  Neubauer. 

Nahrung  mit  der  Schlundsonde  beigebracht  Averden:  das  Erbrechen,  das 
sich  nachher  leicht  einstellt,  kann  man  häufig  durch  Beschäftigung  mit 
dem  Tiere,  Fütterung  beim  Stehen  auf  den  Hinterfüßen  usw.,  verhindern. 
Der  N-Gehalt  der  Nahrung  soll  bestimmt  werden. 

Durch  längerdauernde  Fütterung  mit  möglichst  reiner  Eiweißnahrung 
gelingt  es  festzustellen,  daß  Zucker  im  Körper  aus  nicht  zuckerartigem 
Material  entsteht.  Dieser  Beweis  ist  dann  erbracht,  wenn  die  ausgeschiedene 
Zuckermenge  größer  ist,  als  die  zugeführten  Kohlenhydrate  und  die  Zucker- 
vorräte des  Körpers  ausmachen  können;  nsich  Schöndorß'^)  kann  der  Gly- 
kogengehalt  des  Körpers  höchstens  40  g  Glykogen  pro  Kilogramm  Körper- 
ge\Nicht  betragen,  was  44  g  Traubenzucker  entspricht.  In  den  Versuchen 
von  Lüthje^)  und  Pfliiger^)  ist  es  gelungen,  diesen  Beweis  zu  erbringen: 
auf  die  Tabellen  dieser  Versuche  sei  als  auf  klassische  Beispiele  für  eine 
richtige  Versuchsanordnung  verwiesen. 

Daß  dieser  aus  Kohlenhydraten  nicht  ableitbare  Zucker  höchstwahr- 
scheinlich aus  Eiweiß  stammt,  ist  schon  deswegen  sehr  wahrscheinlich, 
weil  die  Zuckerausscheidung  wie  beim  menschlichen  Diabetes  auch  beim 
Pankreasdiabetes  mit  der  X-Ausscheidung  parallel  geht.  Dementsprechend 

ist  der  Quotient  ^  beim  totalen  Pankreasdiabetes  von  Minkowski  an- 
nähernd konstant  gefunden  worden:  etwa  2'8.  Pßüger  hat  allerdings  immer 
wieder  betont,  daß  auch  in  einem  Parallelgehen  der  Zuckerausscheidung 
mit  der  N-Ausscheidung  kein  sicherer  Beweis  für  die  Entstehung  aus  Ei- 
weiß gefunden  werden  kann:  das  Eiweiß  könne  vielleicht  nur  anregend 
auf  die  Zuckerl )ildung  wirken  oder  den  aus  anderen  Quellen  (Fett) 
stammenden  Zucker  sparen.  Absolut  sicher  wäre  der  Beweis  nur  zu  führen, 
wenn  in  einem  Falle  die  ausgeschiedene  Zuckermenge  so  groß  wäre,  daß 
die  gesamte  Kohlenhydrat-  und  Fettvorräte  des  Körpers  und  die  mit  der 
Nahrung  zugeführten  Fette  zur  Erklärung  nicht  ausreichen.  (Aus  100  g 
Fett  können  theoretisch  192  g  Traubenzucker  entstehen.)  Eine  so  hohe 
Zuckerausscheidung  ist  bisher  aber  noch  nicht  erzielt  worden.  (Die  defini- 
tive, auch  von  Pßüger  anerkannte  Entscheidung  über  die  Frage  der  Zucker- 
bildung aus  Eiweiß  wurde  mit  der  Methodik  der  Glykogenmästuag  ge- 
troffen. ) 

Als  weitere  Beispiele  für  den  Übergang  von  verabreichten  Sub- 
stanzen in  Zucker  beim  Pankreastier  seien  angeführt :  Die  Versuche  von 
Embden  und  Salonion ^}  mit  Aminosäuren:   die  Untersuchungen  von  Min- 


*)  Schöndorff,  Über  den  Maximalwert  des  Gesamtglykogens  von  Hunden.  Arch. 
f.  d.  gesamte  Physiol.  Bd.  99.  S.  191  (1903). 

^)  Lüthje,  Die  Zuckerbildung  aus  Eiweiß.  Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  79. 
S.  498  (1904);  Zur  Frage  der  Zuckerbilduug  aus  Eiweiß.  Arch.  f.  d.  ges.  Phvs.  Bd.  106. 
S.  160  (1904). 

^)  Pflüger,  Ein  Beitrag  zur  Frage  nach  dem  Ursprung  des  im  Pankreasdiabetes 
ausgeschiedenen  Zuckers.  Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  108.  S.  115  (1905). 

*)  Embden  und  Salomon,  Über  Alaninfütteruugsversuche  am  pankreaslosen  Hund. 
Beiträge  zur  ehem.  Physiol.  u.  Pathol.  Bd.  5.  S.  507  (1904);  Fütterungsversuche  am  pan- 


Arbeitsmethodcu  zur  üntersuchuug  des  intenucdiären  Stoffwechsels.  12U9 

kowski^)  und  Sandmeyer"^)  mit  verschiodeneii  Kolili-nlivdrateii:  die  rntcr- 
suchimgen    Lüthjes  ^    mit    Glyzerin:    der    musterf-iilti^^e .    in    T.il.rll,.    HI 

wiedergegebene   Versuch   zeigt    sein-   schön  (his  enornn'  Ansteigen  von  -^ 

auch    für    eine    längere    Periode.    (Durchschnitt    ;uis    eim-r    sechstiigigen 
Periode:  13-0.)*) 

Bezüglich  der  negativen  Ergebnisse  der  Fettzufuhr  gilt  das  beim 
Menschendiabetes  Gesagte. 

Andere  Tiere  sind  für  die  I'aukreasexstirpation  weniger  geeignet.  Minkowski 
hat  auch  bei  einer  Katze  und  bei  einem  Schwein  durcli  I';inkreasexstirpation  Dialietos 
erzielt.  Beim  Kaninchen  sind  die  anatomischen  Verhältnisse  sehr  ungCinstig.  Man  miili 
gleichzeitig  ein  großes  Stück  des  Darmes  resezieren;  trotzdem  stellt  sich  nnr  eine  vor- 
übergehende Glykosurie  ein. 

He'don  hat  einen  dauernden  leichten  Diabetes  bei  Kaninchen  sich  ciitwickoln 
sehen,  wenn  er  durch  Injektion  von  Öl  in  den  Ductus  \Virsunj:iauus  eine  allmähliche 
Atrophie  des  Panki-eas  bewirkte.^) 

Bei  Vögeln  ist  der  Eintritt  eines  richtigen  Pankreasdiabetes  nicht  mit  Sicherheit 

zu  erzielen.^) 

Auch  bei  Kaltblütern  tritt  nach  Pankreasexstirpation  Diabetes  ein.  z.  B.  bei 
Fröschen:  die  24stündige  ürinmenge  der  Frösche  wird  in  der  Weise  gewonnen,  daß 
die  Haut  um  den  Anus  mit  einer  Pinzette  hochgehoben  und  dann  mit  eim-m  dicken, 
weichen  Faden  abgebunden  wird;  nach  24  Stunden  wird  die  Lijratur  entfi-mt.  Kur 
physiologische  Versuche  ist  der  Pankreasdiabetes  der  Frösche  wenig  geeignet.  Auch 
Schildkröten  können  pankreasdiabetisch  gemacht  werden. 

Die  zM'eite,  für  experimentelle  l'ntersuchung  wichtige  Art  des  Diabetes 
ist  der  von  Mering  entdeckte  Phlorhizindiabetes.')  Dali  phlorhizin- 
diabetische  Tiere  geeignete  Versuchsobjekte  sind,  um  den  fbergang  ver- 
fütterter Stoffe  in  Traubenzucker  zu  prüfen,  haben  zuerst  Cnnifr  und 
Ritter^)  gefunden. 


kreaslosen  Hund.  Ebenda.  Bd.  6.  S.  63  (1905).  —  Älmagia  und  Embden,  Über  die  Zuckeraus- 
scheidung pankreasloser  Hunde  nach  Alanindarreichung.   Ebenda.    Bd.  7.    S.  21(8  (lOOG). 

')  Minkowski,  Untersuchungen  über  den  Diabetes  nielitus  nach  Exstirpation  des 
Pankreas.  Arcb.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  31.  S.  85  (1S<)3). 

^)  Sandmei/er,  tlber  die  Folgen  der  partiellen  Pankreasexstirpation  beim  Hund. 
Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  31.  S.  12  (1S95). 

^)  Lüthje,  Die  Zuckerbildung  aus  Glyzerin.  Deutsch.  Arcli.  f.  kliu.  .Med.  Bd.  60. 
S.  98  (1904). 

*)  Weitere  Literatur  siehe  bei  Cremer,  Physiologie  des  Glykogens.  Ergebnisse 
der  Physiologie.  Bd.  1.  Biochemie.  S.  803  (1902). 

^)  Hedon ,  Production  du  diabete  Sucre  chez  le  lapin  par  la  destniction  du  pau- 
creas.  La  semaine  med.   Vol.  13.  p.  144  n.  394  (1893). 

")  Weinfraud ,  Über  den  Pankreasdiabetes  der  Vcigd.  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm. 
Bd.  34.  S.  303  (1894);  Kanner,  über  den  Diabetes  nielitus  der  V(igel  nach  Pankreas- 
exstirpation. Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  37.  8.275(1896);  Der  Zuckerverbrauch 
im  Diabetes  melitus  des  Vogels  nach  Pankreasexstirpation.  Ebenda.   Bd.  39.  S.  219  (1H<»7). 

')  Mering,  Über  experimentellen  Diabetes.  VeriiaiKlluntrcn  des  h.  Kongesses  für 
innere  Medizin.  1886.  S.  185. 

*)  Cremer  und  Ritter,  Phlorhizinversuche  am  Karenzkaninchen.  Zeitschr.  f.  Biol. 
Bd.  20.  S.  256  (1892). 


1210  Otto  Neubauer. 

Gegenüber  dem  Pankreasdiabetes  bietet  der  Phlorhizindiabetes  eine 
Reihe  von  Vorteilen:  die  Einfachheit  der  Technik,  die  MögUchkeit,  Tiere 
zum  \'ersuch  zu  verwenden,  die  nicht  eine  eingreifende  und  zu  allen  mög- 
lichen Störungen  (Abszeßbildung)  führende  Operation  durchgemacht  haben, 
sondern  bis  zum  Beginn  des  Versuches  völlig  normal  gewesen  sind;  die 
Möglichkeit,  die  Versuche  beliebig  lange  auszudehnen  und  an  demselben 
Tiere  zu  wiederholen.  Ferner  scheint  der  Phlorhizindiabetes  einen  höheren 

Grad   von  Störung  darzubieten  als  der  Pankreasdiabetes  (der  Quotient  ^^ 

ist  in  der  Piegel  höher).  Die  Nachteile  bestehen  in  folgendem:  der  Phlorhi- 
zindiabetes weicht  in  seinem  Wesen  von  dem  menschlichen  Diabetes  offen- 
bar recht  weit  ab;  das  Phlorhizin  bedingt  in  größeren  Dosen  auch  noch 
andere  Störungen,  Steigerung  des  Eiweißstoffwechsels,  Fettdegeneration 
der  Leber,  Durchfälle,  Erbrechen,  Krämpfe,  Nierenerkrankung,  Pupillen- 
veränderung, plötzlichen  Tod:  an  den  Injektionsstellen  treten  häufig 
Abszesse  auf,  die  zu  Störungen  im  Wohlbefinden  des  Tieres  führen. 

Das  Phlorhizin  wurde  von  den  meisten  Autoren  aus  der  Chemischen 
Fabrik  Merck  bezogen;  die  einzelnen  Präparate  scheinen  in  ihrer  Wirk- 
samkeit voneinander  abzuweichen.  Manche  erzeugen  bei  den  Hunden 
Tetanus  und  Tod.  Deshalb  dürfte  es  sich  empfehlen,  jedesmal  die  Rein- 
heit des  Präparates  zu  prüfen,  durch  IJestimmung  des  Schmelzpunktes 
(108**;    erstarrt    wieder    bei    130**    und    schmilzt    zum    zweiten    Male    bei 

170 — 171»)  und  der  spezifischen  Drehung  in  97Voi8'eni  Alkohol.  [7.]'^"^"  = 
—  (49^40  -f-  2-41  p)o. 

Eventuell  ist  das  Präparat  durch  Lösen  in  Essigäther  oder  Aceton 
und  Ausfällen  mit  Chloroform  zu  reinigen.  1) 

Die  Phlorhizin  versuche  werden  am  besten  an  Hunden  ausgeführt. 
Das  Mittel  wird  subkutan  injiziert,  in  sodaalkaUscher  oder  in  alkoholischer 
Lösung.  Cremer  machte  darauf  aufmerksam,  daß  Phlorhizin  sich  in 
w  ässeriger  Piperazin-  oder  Lysidinlösung  leicht  löst  2) ;  bei  Stoffwechsel- 
versuchen wäre  in  diesem  Falle  der  N-Gehalt  des  Lösungsmittels  zu  be- 
rücksichtigen. Da  nach  den  Phlorhizininjektionen  leicht  Abszesse  auftreten, 
so  ist  vorherige  Reinigung  der  rasierten  Haut  mit  Äther  und  Verwendung 
einer  ausgekochten  Spritze  geboten. 

Es  ist  zweckmäßig,  die  Versuche  an  Tieren  mit  ..totalem"  Phlorhizin- 
diabetes anzustellen.  ^lan  muß  zu  diesem  Zwecke  die  Injektionen  in  relativ 
kurzen  Zeitintervallen  wiederholen.  ^)  Lusk  hat  auf  Grund  dieser  Erkenntnis 
eine  für  experimentelle  Zwecke  geeignete  Methode  ausgearbeitet:  der 
Hund  erhält  alle  8  Stunden  subkutan  2g  Phlorhizin,  gelöst  in  2b  cm'^  einer 


M  Cremer,  Studien  ül)ei-  das  Phlorhizin  und  verwandte  Körper.  Zeitschr.  f.  Biol. 
Bd.  36.  S.  123  (1898). 

-)  Cremer,  a.  a.  0. 

■^)  Cremer  und  Bitter,  Phlorhizinversuche  am  Karenzkaninchen.  Zeitschr.  f.  Biol. 
Bd.  29.  S.  256  (1892). 


Arbeitsmethoden  zur  rntersuchung  des  iiiterniediärcn  Stoffwechsels.         1  iM  1 

PAii^on  Lösung  von  kohlensaurem  Natron  von  40".')  In  il<r  Nacht  kann 
der  /wischenraum  zwischen  LMnjcktioiien  10  Stunden  Itctrajren.  Hohmcr-) 
gab  einem  ;'.2/.//  schweren  Ihnid  zweimal  tiiglicii  ()'.)  v  l'ldorhizin  in 
17"/oiger  alkoholischer  Lösung. 

Am  ersten  Tag  der  Behandlung  mit  l'hlorhizin  erfolgt  immer  ein«' 
Aussehwemmung  von  Zucker  aus  dem  Körper,  \iele  Autoren  finden  es 
zweckmäßig,  vor  der  ersten  Injektion  oder  nach  derselben  <len  (dykoj^'en- 
gehalt  des  Körpers  möglichst  herabzusetzen:  zur  Verwendum.'  gelangen 
dabei  die  oben  (S.  1162)  bei  den  Glykogenm:istungsversu<'hen  lieschriebenen 
Methoden.  Lusk  empfiehlt,  dem  Tier  am  zweiten  Tage  ein  kaltes  l'.ail  zu 
geben  und  es  dann  in  einem  groiJen  kalten  Zimmer  bei  ü"  durch  ♦>  Stunden 
zu  lassen,  so  daß  Kälteschauer  eintreten;  am  folgenden  Tag  kann  die  \'er- 
suchsreihe  beginnen.  FjiiupT  und  Junk-crsdorf  geben  an,  daß  man  einen 
5 — 101'^  schweren  Hund  durch  zehntägiges  Hungern .  wenn  gleichzeitig  an 
den  drei  letzten  Hungertagen  je  !</  Phlorhizin  subkutan  gegeben  wiril, 
vollständig  giykogenfrei  machen  kann,  ^i  Btndix  füttert  die  \'ersuchstiere 
8  Tage  lang  mit  P^ett,  läßt  sie  dann  2  Tage  lang  hungei-n,  in  der  Tret- 
mühle Arbeit  leisten  und  injiziert  dann  alle  6  Stunden  l'hlorhiziu.*)  Crtuier 
macht  darauf  aufmerksam,  daß  eine  vorausgehende  llungerperiode  den 
Nachteil  hat,  daß  nachher  leicht  X-Retentionen  stattfinden.  ^I 

Der  ganze  Versuch  wird  entweder  bei  vollständigem  Hunger  durch- 
geführt oder  das  Tier  erhält  eine  kohlenhydratfreie  Nahrung  (s.  oben  S.  1162). 

Als  Dauer  der  einzelnen  Versuchsperioden  wurde  von  den  Autoren 
vielfach  eine  Zeit  von  8  oder    12  Stunden    gewählt.    Für   eine    verläßliche 

Berechnung   des   Quotienten  ^,-  sind   jedoch   solche    Perioden   entschieden 

zu  kurz. 

Am  Ende  jeder  \'ersuchsperiode  wird  die  Blase  mit  dem  Katheter 
entleert  und  mit  0-2Voiger  Trikresollösung  ausgespült.  Bei  der  Zuckerbe- 
stimmung im  Harn  ist  zu  beachten,  daß  die  nach  der  ^■ergärung  zurück- 
bleibende Linksdrehung  zur  l)eobachteten  Rechtsdrehung  addiei-t  werden 
muß;  sie  ist  bedingt  durch  die  Gegenwart  von  unverändertem  rhlorhi/in. 
Phlorhizin-Glykuronsäure«),  eventuell  auch  Oxyl'uttersänre.  Konirollunter- 
suchungen  mittels    einer  Beduktionsmethode  sind  unbedingt  zu  empfehlen. 


')  liiiu/cr  und  Lusk,  Über  die  Entstehung  von  Dextrose  aus  Aminosäuren  bei 
der  Phlorhi/inglykosurie.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  G6.  S.  lOlj  (1910). 

')  liohnur,  Über  Zuckerbildung  aus  verschiedenartigem  EiweiÜ.  Zeitsclir.  f.  Hiol. 
Bd.  54.  S.  455  (1910). 

^)  Pfliigcr  und  Junkersdorf,  Über  die  Muttersubstanzeu  des  Cilykogeiis.  Archiv 
f.  d.  ges.  Piiysiol.  Bd.  118.  S.  203"  (1910). 

*)  Bendix,  Ül)er  die  pliysiologisdie  Ziickerliildunir  n;icli  Eiweilldarreichung.  Zeit- 
schrift f.  physiol.  Chemie.  Bd.  32.  S.  479  (1901). 

^)  Cremer,  Physiologie  des  (Jlykogens.  Ergebnisse  der  I'hysiologie.  Jg.  1.  Biochemie. 
S.  803  (1902).  "  '      .  ' 

")  SchüUcr,  Über  Phlorhizin-  und  i'hloretin-Glykuronsäure.  Zeitschr.  f.  Biol. 
Bd.  56.  S.  274  (1911)  (Versuche  au  Kaninchen). 


1212 


Otto  Neubauer. 


Aus   den   D-   und  N-Werten    wird   der  Quotient  ^  berechnet.   Die 

Kautelen  sind  dabei  dieselben  wie  beim  menschlichen  Diabetes  und  l>eim 
Pankreasdiabetes  (keine  zu  kurzen  Perioden,  keine  X-Reteution i.  In  der 
Regel  beträgt  der  Quotient  bei  Hungernden  oder  mit  Fleisch  ernähi-ten 
Phlorhizintieren  etwa  o'öö:  mit  manchen  Phlorhizinpräparaten  soll  sich  nur 
ein  Quotient  von  2"7 — 3"2  erzielen  lassen.  D  Ob  der  im  Phlorhizinmolekül 
enthaltene  Zucker  als  eingeführtes  Kohlenhydrat  in  Abzug  gebracht  werden 
soll,  ist  strittig. 

Andere  Versuchstiere:  F.  Kraus-)  hat  Versuche  au  Katzen  angestellt,  die 
täglich  \'2 g  Phloretin  pro  Kilogramm  Köi-pergewicht  mit  der  Schlundsoude  erhielten. 
Auch  bei  Kaninchen  kann  man  durch  Phlorhiziuinjektion  Diabetes  erzielen.*)  Doch 
ist  nach  Lusk  und  nach  Cremer  dieser  Phlorhizindiabetes  der  Kaninchen  nicht  so  voll- 
ständig vrie  der  des  Hundes  und  daher  für  Vei"suchsz wecke  weniger  geeignet.  Auch 
gehen  Kaninchen  häufig  an  Phlorhizinvergiftimg  zugrunde.  Phloretin  ist  zur  Erzeugung 
von  Glykosurie  bei  Kaninchen  nicht  brauchbar. 

Hühner  bekommen  nach  Phlorhiziuinjektion  ebenfalls  Diabetes. 

Cremer  schnitt  die  Rückeuhaut  vou  Fröschen  mit  der  Schere  ein.  brachte 
Phlorhizin  in  Substanz  in  die  aufgehobene  Tasche  und  vernähte  sie  wieder.  Der  Harn 
enthielt  Zucker.  Die  wirksame  Dosis  beträgt  *  ,  mg :  größere  Mengeu  als  50  mg  führen 
in  wenig  Stimden  den  Tod  herbei.*! 

Auch  beim  Menschen  kann  man.  vrie  es  scheint,  durch  Phlorhizininjektion  ohne 
Schaden  (?)  einen  längere  Zeit  dauernden  Diabetes  unterhalten.  Doch  ist  der  menschliche 
Phlorhizindiabetes  zur  Untersuchung  von  Stoffwechselfragen  bisher  nicht  herangezogen 
worden. 

Die  Zahl  der  Versuche .  in  welchen  die  Phlorhizinmethode  angewendet 
worden  ist ,  um  den  Übergang  von  Substanzen  in  Zucker  darziitun .  ist 
sehr  groß.  Doch  sind  durchaus  nicht  alle  Versuche  unter  Einhaltung  der 
nötigen  Kautelen  ansestellt.  Literatur  siehe  bei  Crenipr,  Phvsiologie  des 
Glykogens.  Ergebnisse  der  Physiologie.  Jg.  I.  Biochemie  S.  803  1^1902)  und  bei 
Einher  und  Lusk,  Über  die  Entstehimg  von  Dextrose  aus  Aminosäuren 
bei  Phlorhizin glykosurie.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  tJG.  S.  106  il910i. 

In  Verbindung  mit  anderen  Eingriffen  iz.  B.  Phosphorvergiftung) 
kann  der  Phlorhizindiabetes  vielleicht  zur  Aufklärung  des  Zucker abb aus 
herangezogen  werden  (siehe  unten). 


B.  Andere  Meliturien. 

Die  menschliche  Pathologie  kennt   eine  Reihe    von  Zuständen,    bei  welchen  ver- 
schiedene Zuckerarten  im  Harn  abffeschieden  werden  :  Fruktose .  Galaktose ,  Saccharose. 


\)  Ringer  und  Lusk,  Über  die  Entstehung  von  Dextrose  aus  Aminosäui-en  bei 
der  Phlorhizinglykosurie.  Zeitschr.  f.  phvsiol.  Chemie.  Bd.  66.  S.  106  (1910). 

")  F.  Kraus,  Über  die  Frage  der  Zuckerbildun?  aus  Eiweiß  im  diabetischen 
Organismus.  Berliner  kliu.  Wochenschr.  Jg.  41.  S.  4  (1904). 

^)  Cremer  und  Bitter,  Phlorhizinversuche  am  Karenzkaninchen.  Zeitschr.  f.  Biol. 
Bd.  29.  S.  256  (1893). 

*)  Cremer,  Phlorhizindiabetes  beim  Frosch.  Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  29.  S.  175  1 1892). 
—  Leschke,  Der  Phlorhizindiabetes  der  Frösche.  Archiv  f.  Anat.  u.  Physiol.  Abteilimg 
f.  Physiol.  Jg.  1911.  S.  437. 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  intennediären  Stoffwechsels.         1213 

Laktose,  l'eutose  usw.  Bei  Versuchen  an  solchen  Kranken  sind  etwa  dieselben  Kautelen 
zu  beobachten  wie  bei  Diabetikern.  Doch  haben  die  Untersuchuniren  an  diesen  Zu- 
ständen zur  Aufklärung  intermediärer  Stoffwechselprozesse  bisher  kaum  etwas  beige- 
tragen.  Experimentell  sind  diese  Zustände  nicht  zu  erzeugen. 

Die  interessanteste  von  diesen  Anomalien  ist  wohl  die  Tentosurie.  Die  Menge 
der  ausgeschiedenen  i-Arabinose  ist  von  der  Nahrung  unabhängig ;  sie  entstammt  dem- 
nach offenbar  vollständig  dem  endogenen  Stoffwechsel. ') 

C.  Acetonkörperausscheidung. 

Unter  der  Bezeichnung  Acetonkörper  faiit  man  nach  (icchnuydm 
drei  Substanzen  zusammen,  die  "anz  rer-ehnäl'jig-  gleichzeitiji-  unter  patho- 
logischen Verhältnissen  in  den  Exkreten  auftreten  :  O.wbuttersiiure,  Acetessig- 
säure,  Aceton. 

Der  größte  Teil  der  Untersuchungen  ist  an  kranken  Menschen, 
speziell  an  schwer  Diabetischen  ausgeführt.  J!ei  solchen  Patienten  treten 
oft  große  Mengen  dieser  Stoffe  auf  und  das  ist  für  die  Genauigkeit  der 
(juantitativen  Bestimmungen  von  Vorteil.  Dem  gegenüber  stehen  allerdings 
gewisse  Schwierigkeiten  bei  der  Heranziehung  solcher  Kranken  zur  Lösung 
von  Stoffwechselproblemen  (s.  oben  S.  1201).  Die  kohlenhydratfreie  Diiit, 
welche  die  günstigsten  Versuchsbedingungen  herstellen  würde,  ist  bei  solchen 
Kranken  häufig  undurchführbar:  es  muß  eine  gewisse  Menge  von  Kohlen- 
hydraten zugebilligt  werden.  Sehr  häufig  ist  auch  die  Darreichung  größerer 
Mengen  von  Na  bicarbonicum  während  des  Versuches  im  Interesse  des 
Kranken  geboten. 

Die  Acetonkörperausscheidung  bei  vollständigem  Hunger  kann 
beim  Mensehen  aus  naheliegenden  Gründen  nur  ausnahmsweise  zu  Ver- 
suchen über  den  intermediären  Stoffwechsel  herangezogen  werden  (Hunger- 
künstler 2),  Geisteskranke,  üsophagusverschluß). 

Zu  Untersuchungen  geeignet  ist  ferner  die  Acetonkörperausscheidung 
des  Gesunden  bei  kohlenhydratfreier  Kost.  Diese  Form  der  Acetonurie 
ist  in  der  Regel  nicht  so  hochgradig  wie  die  der  schwer  Diabetischen,  aber 
doch  manchmal  recht  beträchtlich.  Sie  bietet  den  großen  Vorteil .  dali  die 
Versuche  an  —  von  der  einseitigen  Ernährung  abgesehen  —  normalen 
Individuen  angestellt  werden  können,  daß  infolgedessen  Selbstversuchc  in 
ausgedehntem  Maßstabe  anwendbar  sind.  Die  Acetonausscheidung  ist  hier, 
da  sie  von  Schwankungen  der  Kohlenhydratausnutzung  unabhängig  ist,  sehr 
viel  gleichmäßiger  als  bei  Diabetikern.  Eine  indirekte  Wirkung  auf  die 
Acetonkörperausscheidung  infolge  Beeinflussung  des  Zuckerstoff  Wechsels  durch 
eingeführte  Stoffe  kommt  in  Wegfall.  Es  bestehen  bedeutende  individuelle 
Unterschiede:  Kinder  und  jugendliche  Individuen,  angeblich  auch  Fett- 
leibige, neigen  zu  einem  höheren  Grade  von  Acetonkörperproduktion. 


')  Bial  und  G.  Hlumenthal ,  Beobachtungen  und  Versuche  bei  der  chronischen 
reutosurie.  Deutsche  med.  Wocheuschr.  Jg.  27.  S.  349  (19U1 ). 

-)  Boenniger  und  Mohr,'  Untersuchungen  über  einige  Fragen  des  Hiiugerstoff- 
wechsels.  Zeitschr.  f.  exp.  Pathol.  u.  Therap.  Bd.  3.  S.  675  (190()). 


]^214  ö^t^  Neubauer. 

Die  Kost  soll  praktisch  frei  sein  von  verwertbaren  Kohlenhydraten. 
Auch  die  Eiweißzufuhr  soll  nicht  zu  groß  gewählt  werden ,  weil  Eiweiß  Ver- 
brennung die  Acetonkörperausscheidung  einschränkt.  Wieviel  Fett  mit  der 
Kost  zugeführt  wird ,  hängt  von  dem  Zweck  des  Versuches  ab.  Handelt  es 
sich  um  das  Studium  von  Körpern,  die  die  Acetonproduktion  voraussichtlich 
einschränken  werden ,  so  ist  eine  reichliche  Fettdarreichung  zur  Erzielung 
hoher  Werte  in  der  Vor-  und  Nachperiode  zweckmäßig.  Wenn  umgekehrt 
eine  Steigerung  der  Acetonproduktion  durch  einen  eingegelienen  Stoff  nach- 
gewiesen werden  soll,  so  wird  man  in  der  Vor-  und  Nachperiode  nicht  zu 
viel  Fett  nehmen  lassen.  Für  ^^ele  Versuche  wurde  eine  dem  Energie- 
gehalt nach  ungenügende  Nahrung  gewählt:  dann  können  aber  länger- 
dauernde Versuche  ohne  Störung  des  Wohlbefindens  nicht  gut  durchgeführt 
werden;  man  wird  also  besser  das  Kalorienbedürfnis  voll  decken. 

Ein  gutes  Beispiel  für  eine  reichhche  kohlenhydratfreie  Kost  ist 
folgendes ij:  Frühstück  (9  Uhr  15  Min):  mageres  Kalbfleisch  150^,  Butter 
(30^,  Wasser.  Mittag  (5  Uhr):  mageres  Kalbfleisch  150^.  Schweizerkäse  60, 
Butter  60,  Schinkenspeck  60,  Salat  15.  Bordeaux  200.  Abend  (9  Uhr): 
magerer  Schinken  125,  Schweizerkäse  60,  Butter  60,  Schinkenspeck  60, 
Bordeaux  100.  Das  sind  in  Summa  163  ^Eiweiß.  306//  Fett  und  ?>00  cm^ 
Wein,  entsprechend  8650  Kalorien.  Für  deutsche  Verhältnisse  wird  man  die 
Zeiten  der  Nahrungsaufnahme  entsprechend  verschieben. 

Ein  Beispiel  für  eine  kohlenhydratfreie  Kost  mit  ungenügender 
Kalorienzufuhr  findet  sich  bei  Hirschfeld-):  200g  Schabefleisch.  6  Eier. 
40.(/  Butter,  11  schwarzer  Kaffee.  Das  sind  11g  Eiweiß  und  12 c/  Fett, 
entsprechend  987  Kalorien. 

Bei  einer  solchen  kohlenhydratfreien  Kost  stellt  sich  eine  Ausscheidung 
von  Acetonkörpern  ein ,  die  im  Laufe  der  nächsten  Tage  ansteigt.  Die 
Schnelligkeit  und  Dauer  des  Anstieges  dürfte  außer  von  individuellen  Ver- 
hältnissen hauptsächlich  von  dem  Kohlenhydratvorrat  im  Körper  abhängen. 
Forssner  empfiehlt  daher,  schon  vor  der  Einführung  der  konstanten  Kost 
kohlenhydratarme  Nahrung  zu  nehmen,  um  am  Beginn  des  Versuches 
durch  ausgiebige  Muskeltätigkeit  die  Kohlenhydratvorräte  möglichst  zu  ver- 
kleinern. Andrerseits  liegt  eine  Angabe  von  v.  Xoorden  vor,  daß  gerade 
brüske  Entziehung  der  Kohlenhydrate  eine  starke  Azidose  zur  Folge  hat. 
Das  Maximum  der  Acetonausscheidung  ist  in  der  Regel  am  7.  bis  8.  Tage 
erreicht,  sie  kann  aber  auch  noch  bis  zum  15.  Tage  etwas  ansteigen.  Später 
pflegt  die  Stoffwechselstörung,  wohl  infolge  von  Angewöhnung,  an  Inten- 
sität wieder  abzunehmen.  Auf  diesen  typischen  Ablauf  der  Kurve  ist  bei 
der  Deutung  von  Versuchsresultaten  Rücksicht  zu  nehmen:  jedenfalls  sind 
die  ersten  Tage  mit  ihren  rasch  sich  ändernden  Werten  zur  Anstellung 
von  Versuchen  nicht  geeignet.   Die  Lebensweise  soll   im  übrigen  möglichst 


*)  G.  Forssner,  Über  die  Einwirkuug  des  Nahrungsfettes  auf  die  Acetonkörper- 
ausscheidung. Skandinav.  Arch.  f.  Physiol.  Bd.  22.  S.  349  (1909). 

-)  Hirschfeld ,  Beobachtungen  über  die  Acetonurie  und  das  Coma  diabeticum. 
Zeitschr.  f.  klin.  Medizin.  Bd.  31.  S.  212.  (1897). 


Arbeitsmetliodoii  zur  Untersiidiuiig  des  intermediären  Stoffwechsels.         1215 

re^elmäßis"  sein.    Bettriilic  ist  nicht  nötiii.    doch    sind   stiirkcrc  Miiskchm- 
strengiiniien  zu  nioidoii. 

Die  Untersuclmnu-  des  in  •i4stün(lij4cn  l'eriuden  ^esaninielten  llurns 
hat  die  Menge  der  Oxyiiuttersäure  und  des  Acetons  zu  ermitteln.  Cber 
die  Bestimmungsniethoden  siehe  dieses  Werk,  III.  Band .  S.  <)(H). 

Der  nach  den  gebräuchlichen  Methoden  für  ,. Aceton"  ermittelte  Wert 
entspricht  der  Summe  des  freien  Acetons  und  der  Acetessigsäure.  Eine 
getrennte  Bestimmung  heider  ist  meist  überflüssig.  Vm  einen  Wert  für 
die  Gesamtmenge  der  drei  pathologischen  Produkte  im  Harn  zu  erhalten, 
rechnet  man  zweckmäßig  die  ,.Aeeton"-Zahl  auf  ().\\ buttersäure  um  (ein 
Teil  Aceton  entspricht  MO  Teilen  Oxybuttersäure)  und  addiert  sie  zu 
dt'ui  für  Oxybuttersäui-e  gefundenen  Wert :  ..Gesamtacetonkörper  berechnet 
als  Oxybuttersäure".  Da  Acetonwerte  und  Oxybuttersäurewerte  miteinander 
ziemlich  parallel  verlaufen  i),  so  kontrollieren  sie  sich  gegenseitig.  Wenn 
die  Oxybuttersäure  durch  Polarisation  des  Ätherextraktes  l)estimmt  wird,  so 
kann  man  damit  —  durch  Titrieren  eines  aliiiuoten  Teiles  des  ätherischen 
pAtraktes  —  eine  Bestimmung  der  ätherlöslichen  Säuren  des  Urins  ver- 
binden: der  gefundene  Wert  wird  im  allgemeinen  mit  dem  Oxybuttersäure- 
gehalt  parallel  gehen  und  gibt  eventuell  Aufschluß  über  das  Schicksal  ein- 
geführter fremder  Substanzen. 

Eine  Bestimmung  des  Acetons  in  der  Ausatmungsluft  wäre  wünschens- 
wert, ist  aber  schwer  durchführbar.  ■Man  hat  vorgeschlagen,  im  Laufe  jeden 
Tages  einige  quantitative  Stichproben  auszuführen-)  und  aus  dem  Mittel 
die  in  24  Stunden  ausgeatmete  Menge  zu  berechnen.  Doch  sind  die 
Schwankungen  so  groß,  daß  der  Wert  solcher  Durchschnittszahlen  sehr 
zweifelhaft  ist.  Jedenfalls  dürfen  aus  derartigen  Bestimmungen  in  der  At- 
mungsluft allein  niemals  sichere  Schlußfolgerungen  gezogen  werden. 

Bestimmungen  des  N,  womöglich  auch  des  NH3  und  der  Azidität  im 
Harn  sollten  nicht  unterlassen  werden;  unter  Umständen  sind  auch  X-Be- 
stimmungcn  im  Kot  notwendig. 

Die  Zufuhr  der  auf  ihre  Wirkung  zu  untei'suchenden  Substanz  wird 
in  der  Regel  per  os  erfolgen;  womöglich  soll  die  Zufuhr  am  nächsten  und  am 
ül)ernächsten  Tag  wiederholt  werden,  bis  wieder  Konstanz  der  Aceton- 
körperausscheidung  eingetreten  ist.  Bei  der  Prüfung  schwierig  herzustellen- 
der oder  teurer  Sul)stanzen  ist  eine  derartige  Ausdehnung  der  Haupt- 
periode auf  eine  längere  Zeit  leider  meist  nicht  möglich.  Sehr  häufig 
müssen  Säuren  auf  ihre  Wirksamkeit  geprüft  werden :  sie  werden  in  Form 
ihrer  Na-Salze  gegeben:  wenn  es  sich  um  verbrennbare  Säuren  handelt,  so 
wird  dann  im  Körper  Alkali   frei,   das  an  und  füi-  sich  steigernd  auf  die 


')  O.Neubauer,  Ein  Beitra<r  zur  Kenntnis  der  dirilietisclion  Azidose.  \Crli;indl. 
d.  27.  Konirresses  f.  innere  Medizin.   1910.  S.  öliO. 

-)  Mittels  des  von  Johannes  Miillcr  beschriebenen  und  abfrel)ihleten  Apparates. 
iJber  die  Ausscheidung^  des  Acetons  uiul  die  Bestinimuni:  desselben  in  der  .VtiMubift 
und  den  Ilautansdüustuugen  des  Menschen.  Arch.  f.  exp.  rathohn/if  und  riiarni.  Hd.  40. 
S.  351  (1898). 


1216  ^^^^  Neubauer. 

Acetonkörperaiisscheiduni;'  ^^^^keD  würde.  Es  ist  daher  geboten,  bei  der- 
artigen Versuchen  in  der  Vor-  und  Nachperiode  äquivalente  Mengen  von 
Na  bicarbouicum  zu  geben.  Die  Verfolgung  der  NHg -Ausscheidung  gibt 
dann  indirekt  auch  Aufschluß  darüber,  ob  die  gereichte  Säure  im  Organis- 
mus verbrannt  worden  ist. 

Für  manche  Untersuchungen  hat  es  sich  als  zweckmäßig  erwiesen, 
kürzere  als  24stündige  Perioden  zu  verwenden.  Forssner  i)  wählt  für  seine 
Acetonbestimmungen  am  Tage  2stündige  Perioden,  in  der  Nacht  Sstündige. 
Zur  Bestimmung  der  Oxybuttersäure,  für  welche  die  so  gewonnenen  geringen 
Harnportionen  natürlich  nicht  ausreichen,  werden  entweder  die  entspre- 
chenden Perioden  verschiedener  Tage  vereinigt,  oder  sie  wird  in  24stündi- 
gen  Perioden  bestimmt.  (Mischung  ahquoter  Teile  der  einzelnen  Harn- 
portionen.) Der  Urin  von  6stündigen  Perioden  ist  übrigens  meist  auch  für 
Oxybuttersäurebestimmungen  ausreichend.  Bei  der  Untersuchung  so  kurzer 
Perioden  läßt  sich  nach  Forssner  und  nach  eigenen  Erfahrungen  des  Pief. 
der  Einfluß  der  Fettzufuhr  in  viel  schlagenderer  Weise  nachweisen,  als 
das  bei  24stündigen  Perioden  möglich  ist. 

Untersuchungen  an  anderen  Arten  der  pathologischen  Ace- 
tonurie  (Infektionskrankheiten,  Darmkrankheiten.  Phosphorvergiftung, 
periodische  i\.cetonurie  der  Kinder)  können ,  da  die  Versuchsbedingungen 
sich  nicht  genügend  gleichmäßig  gestalten  lassen,  höchstens  einen  orien- 
tierenden Wert  beanspruchen. 

Sehr  häufig  sind  die  Ergebnisse  der  Untersuchungen  an  Menschen 
nicht  überzeugend,  weil  die  Ausschläge  an  den  Versuchstagen  zu  gering 
sind,  oder  weil  bedeutende  Schwankungen  auch  in  der  Vor-  und  Nach- 
periode stattfinden.  Besonders  gilt  das  für  Versuche  an  Diabetikern. 
Viele  in  der  Literatur  mitgeteilte  Versuche   leiden   an  diesem  Übelstande. 

Die  experimentelle  Acetonkörperausscheidung  beim  Tier 
ist  erst  im  Laufe  der  letzten  Jahre  häufiger  verwendet  worden.  Im  allge- 
meinen kann  man  beim  A'ersuchstier  keine  so  hohe  „Azidose"  erzielen  wie 
beim  Menschen. 

Einfach  kohlenhydratfreie  Kost  ist  außer  beim  Menschen  nur  noch 
beim  Affen  wirksam.  -)  Doch  sind  Affen  —  w^ohl  wegen  ihres  hohen  Preises 
—  zu  planmäßigen  Untersuchungsreihen  noch  nicht  verwendet  worden. 

Das  Schwein  reagiert  erst  auf  vollständige  Nahrungsentziehung  mit 
Acetonkörperausscheidung. 

Bei  den  übrigen  \'ersuchstieren  (Hunde,  Kaninchen,  Ziegen)  ist  Hun- 
ger allein  in  der  liegel  nicht  imstande,  eine  beträchtUche  Acetonurie  her- 
vorzurufen. (Nach  eigenen  Erfahrungen  des  Referenten  bestehen,  wenigstens 
bei  Hunden,  auch  hier  bedeutende  individuelle  Verschiedenheiten.)  Hier  ge- 


*)  Forssner,  a.  a.  0.  —  Allard,  Über  den  zeitlichen  Ablauf  der  Azidosekörperaus- 
scheidung  beim  Diabetes.  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  57.  S.  1  (1907). 

^)  Baer,  Verhalten  verschiedener  Säugetierklasseu  bei  der  Kohlenhydratentziehung. 
Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  54.  S.  153  (1906). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersucbuug  des  iuterinediäreu  Stoffwechsels.        1217 

liiiiit  das  erst  durch  KombiiKition  mit  IMilorhiziniiijt'ktiou ')  oder  durch 
Heranziehen  des  Pankreasdialtetes.  Jun^e  Hunde  neigen  nach  Blum  mehr 
zur  Acetouausscheiduni»'   als  iiltere. 

Baer  und  Blum-)  i>eben  folgendes  \erfahreu  an:  Hunde  erhalten 
nach  Htägigeni  Hungern  bei  beliebiger  Wasserzufuhr  subkutan  Phlorhiziu.  Die 
Menge  wechselt  nach  der  Größe  des  Tieres  und  der  Stärke  der  Azidose, 
die  erzielt  werden  soll.  Sie  beträgt  meist  l'O — Vhy  bei  Hunden  von  ö  bis 
10  kg  Körpergewicht.  Das  Phlorhiziu  wird  in  2*5  cm^  Alkohol  gelöst  und 
nach  Verdünnung  mit  dem  gleichen  Volumen  Wasser  eingespritzt.  \'or  der 
Phlorhizineinspritzung  wird  der  Urin  durch  Katheterisieren  entleert.  Am 
ersten  Tag  ist  die  Azidose  meist  noch  sehr  schwach.  .Vm  dritten  \'ersuch.s- 
tag  werden  meist  0*2 — 0'5  g  Aceton  und  ()•;->—  4"3  g  Oxybuttersäure  ausge- 
schieden. Vielleicht  wird  es  sich  in  Zukunft  auch  hier  als  zweckmäßiger 
erweisen,  die  Injektion  zwei-  bis  dreimal  im  Tage  zu  wiederholen,  um  eine 
maximale  Phlorhizinwirkung  zu  erhalten.  (Siehe  oben  S.  1210.) 

Auch  Kaninchen  und  Ziegen  zeigen  bei  gleichzeitiger  Einwirkung 
von  Xahrungsentziehung  und  Phlorhizininjektion  Acetonausscheidung.  3) 
Doch  gehen  die  Kaninchen  an  der  Phlorhizinwirkung  leicht  zugrunde. 

Beim  Pankreasdiabetes  der  Hunde  kann  eine  schwere  Azidose  auf- 
treten: die  Tiere  können  sogar  unter  dem  Bilde  eines  typischen  Coma 
diabeticum  zugrunde  gehen.*)  In  anderen  Fällen  wieder  kommt  es  gar 
nicht  zur  Ausscheidung  von  Acetonkörpein.  Die  maßgebenden  Bedingun- 
gen sind  noch  unaufgeklärt.  Zur  Untersuchung  intermediärer  Stoffwechsel- 
vorgänge ist  diese  Form  der  Acetonkörperausscheidung  noch  nicht  heran- 
gezogen worden. 

In  \ersuchen  an  (nicht  zu  großen)  Tieren  kann  auch  das  Aceton  der 
Ausatmungsluft  mitbestimmt  werden,  indem  man  die  Tiere  in  einen  nach 
Art  eines  Bespiratiousapparates  gebauten  Raum  setzt.  &)  Die  durchgesaugte 
Luft  wird  durch  destilliertes  Wasser  geleitet,  in  welchem  nach  Abschluß  des  Ver- 
suches die  Acetonmenge  direkt  nach  Messinger- Huppert  titriert  werden  kann. 

Die  Geschichte  der  Acetouurieforschunff  bietet  eine  Reihe  von  lehrreichen  Bei- 
spielon  dafür,  wie  die  Technik  der  Fragestcll  nng  einzurichten  ist.  um  das  Vorkommen 
pathoh)gischer  Produkte  in  den  Exkreten  zur  Aufklärung  intermediärer  Stoffwechsel- 
prozesse zu  verwerten. 

Die  erste  Frage  ist  die  nach  der  Muttersubstanz  der  Aceton  kör  per.  Die 
Grundlage  für  ihre  Beantwortung  liefern  2  Beobachtimgen,  die  von  vornherein  die  Möglich- 
keit ausschließen  lassen,  daß  die  Kohlenhydrate  als  Quellen  dieser  Substanzen  anzusehen 
sind;  nämlich: 


')  Geelmui/den,  Über  Acetonurie   bei  Phlorhizinvergiftunir.   Zoitschr.  f.  phys.  Chem. 
Bd.  26.  S.  381  (1898). 

')  Baer  und  Blum,  Über  die  Einwirkung  chemischer  Substanzen  auf  die  Zucker- 
ausscheidung und  die  Azidose.    Beitr.  zur.  chem.  Physiol.  u.  Path.    Bd.  10.    S.  80  (1907). 

^)  Baer,  a.  a.  0. 

*)  Allard,  Die  Azidose  beim  Pankreasdiabetes.  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  59. 
S.  388  (1908). 

^)  Leo  Schwarz,  über  die  Oxydation  des  Acetons  und  homologer  Ketnne  der  Fett 
säurereihe.  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  40.  S.  172  (1898). 

Abderh  aldeu  ,   Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  77 


1218  ^**^  Neubauer. 

1.  Die  Tatsache,  daß  alle  Zustände,  die  mit  Acetonausscbeiduug  einbergehen,  das 
Gemeinsame  baben,  daß  Kohlenhydrate  in  geringerer  Menge  zur  Verbrennung  kommen 
als  beim  Gesunden  (für  den  Diabetes  allerdings  nicht  allgemein  anerkannt):  vor  allem 
die  Beobachtung,  daß  schon  einfache  Entziehung  der  Kohlenhydrate  in  der  Nahrung  zur 
Azidose  führt. 

2.  Die  Beobachtung,  daß  Zufuhr  von  Kohlenhj-draten  die  Acetonkörperausscheidung*) 
regelmäßig  herabsetzt  (wenigstens  beim  Nichtdiabetiker).  Auch  nicht  kohlenhydratartige 
Stoffe,  die  im  Körper  in  Zucker  übergehen,  bewirken  eine  solche  Herabsetzung  (z.  B. 
Glyzerin,  Alanin).  Mau  könnte  daran  denken,  diese  Wirkung  mit  zur  Entscheidung  der 
Frage  heranzuziehen,  ob  eine  Substanz  ein  Zuckerbildner  ist.  In  der  Tat  liefert  sie 
manchmal  eine  erwünschte  Kontrolle  bei  der  Beantwortung  dieser  Frage ;  eine  ent- 
scheidende Bedeutung  kann  aber  die  Feststellung  einer  Acetonkörpervcrminderung 
schon  deshalb  nicht  haben,  weil  es  sich  herausgestellt  hat,  daß  sie  auch  durch  Substanzen, 
die  offenbar  nicht  in  Zucker  übergehen  (Alkohol,  Glutarsäure),  verursacht  werden  kann. 

Anknüpfend  an  die  Tatsache,  daß  die  Prozesse,  die  mit  Acetonkörperausscheidung 
einhergehen,  häufig  Zeichen  eines  gesteigerten  Eiweißzerfalles  darbieten,  bat  man  lange 
Zeit  die  Eiweißkörper  als  Muttersubstanz  der  Acetonsubstanzen  angesehen.  Doch  er- 
gaben sich  bald  Tatsachen,  die  mit  dieser  Auffassung  nicht  übereinstimmten. 

1.  Die  Ausscheidung  der  Acetonkörper  geht  mit  dem  Eiweißzerfall  (N-Ausschei- 
dung)  nicht  parallel.  Auch  ohne  N- Verlust,  ja  bei  N-Ausatz,  können  Acetonkörper  aus- 
geschieden werden. 

2.  Die  quantitative  Durchrechnung  durch  Magnus-Levy")  ergab,  daß  wenigstens 
in  einzelnen  E'ällen  die  zersetzte  Eiweißmenge  nicht  ausreicht,  um  die  Gesamtmenge  der 
ausgeschiedenen  Acetonkörper  zu  erklären.  Nach  seiner  Berechnung  können  100  ^^  Ei- 
weiß höchstens  100  g  Oxybuttersäure  liefern  (100  g  Eiweiß  enthalten  53  g  C,  davon  sind 

ca.  7  g,  als  zur  Bildung  des  U  nötig,  abzuziehen^);  bleiben  46  g\  Oxybuttersäiu'e  enthält 
46"27o  C).  In  einem  Falle  von  Coma  diabeticum  (VI)  fand  er  innerhalb  dreier  Tage  im 
Harn  43'3  5'  N,  entsprechend  271  g  zersetztem  Eiweiß;  die  Menge  der  Acetonkörper,  be- 
rechnet als  Oxybuttersäure,  betrug  342  g.  Das  zersetzte  Eiweiß  reichte  somit  zu  ihrer 
Erklärung  nicht  aus. 

3.  Zufuhr  von  Fett  und  Fettsäuren  steigert  die  Acetonkörperausscheidung.  *•  ^)  Bei 
diesen  Versuchen  ergab  sich  zunächst,  daß  Buttersäure  besonders  leicht  in  Acetonkörper 
übergeht.  Das  war  der  erste  Anhaltspunkt  für  die  Annahme  einer  damals  in  vitro  noch 
nicht  ausführbaren  Oxydation  einer  Fettsäure  in  ß-Stellung.  ^)  Die  bei  weiteren  Ver- 
suchen ermittelte  Tatsache,  daß  nur  Fettsäuren  mit  einer  geraden  Anzahl  von  C- Atomen, 
die  in  einer  geraden  Kette  angeordnet  sind,  Acetonbildner  sind,  also  z.  B.  die  normale 
Buttersäure,  normale  Capronsäure,  Isovaleriansäure,  nicht  aber  die  normale  Valeri ansäure, 
geben  ferner  eine  wichtige  Bestätigung  der  auf  einem  ganz  anderen  Wege  (siehe  oben 
S.  1194)    gewonnenen    Erkenntnis,    daß    die    Fettsäuren     im    Körper    durch    paarweise 


^)  Rosenfeld,  Grundgesetze  der  Acetonurie  und  ihre  Behandlung.  Zentralbl.  für 
innere  Medizin.  Bd.  16.  S.  1233  (1895).  —  Hirschfeld,  Beobachtungen  über  die  Acetonurie 
und  über  das  Coma  diabeticum.  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  28.  S.  176  (1895). 

^)  Magnus-Levy,  Die  Oxybuttersäure  und  ihre  Beziehung  zum  Coma  diabeticum. 
Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  42.  S.  221  (1899). 

")  Ebenso  wie  bei  der  Berechnung  der  Zuckerbilduug  aus  Eiweiß  (siehe  oben 
S.  1203)  kann  auch  hier  die  Frage  aufgeworfen  werden,  ob  dieser  Abzug  berechtigt  ist; 
er  ist  übrigens  für  das  wesentliche  Ergebnis  der  Rechnung  in  dem  nachstehend  zitierten 
Falle  nicht  ausschlaggebend. 

*)  Geelmwjden ,  Über  Aceton  als  Stoffwechselprodukt.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem. 
Bd.  23.  S.  431  (1897);  Über  die  Acetonurie  bei  Phlorhizinvergiftung.  Ebenda.  Bd.  26. 
S.  381  (1898). 

^)  Leo  Schivarz,  Über  Acetonausscheidung.  Verhandlungen  des  18.  Kongresses 
für  iunere  Medizin.  1900.  S.  480;  Untersuchungen  über  Diabetes.  Deutsches  Arch.  f.  klin. 
Med.  Bd.  76.  S.  233  (1903). 


Arbeitsmethoden  zur  Uutersuchuug  des  intermediären  Stoffwechsels.         1 2  1  i( 

Abspultiiug  von  C-Atomen  abgebaut  \Yerden.  Damit  ist  ferner  vorständlich  geworden,  warum 
im  Organismus  nur  die  Fettsäuren  mit  einer  geraden  /alil  von  C  weit  vcrliroitot  sind. 

War  damit  das  Fett,  und  zwar  der  Fettsäureanteil  ilessclheu  (da  das  Glyzerin 
acetoniierabsetzend  wirkt)  als  Quelle  der  Acetonkörper  festgestellt,  so  war  doch  die 
Mogliclikcit,  daß  auch  Kiweiß  als  Muttersubstanz  in  Betracht  kimnnt.  nicht  widerlegt. 
Bereclinungeu  von  Maf/nus-Lcn/^)  haben  freilich  ergeben,  daß  die  Menge  des  zersetz- 
ten Fettes  unter  gewissen  Voraussetzungen  zur  Deckung  der  gefundenen  .Vcetonkörper 
ausreichen  würde.  Einen  neuen  Anstoß  erhielt  die  Frage,  als  Untersuchungen  an  der 
künstlich  durchbluteten  Leber  ergaben,  daß  auch  einzelne  Aminosäuren  Aceton  bilden 
können  ;  Untersuchungen  am  lebenden  Organismus  haben  tlann  bestätigt,  daß  unter  den 
Spaltprodukten  des  Eiweißes  sich  solche  finden,  die  Acetonkörper  bilden  (Lcucin,  wahr- 
scheinlicli  auch  Phenylalanin  und  Tyrosin)  und  solche,  welche  die  entiretreugesetzte 
Wirkung  haben,  zum  Teil  wohl  deshalb,  weil  sie  Zuckerbildner  sind  (Alanin).  Solche 
Untersuchungen  mit  Aminosäuren  haben  gezeigt,  daß  gerade  die  Aminosäuren  mit  einer 
ungeraden  Anzahl  in  gerader  Kette  angeordneter  C-Atome  Acetonbildner  sind,  z.  B.  Leu- 
ziu.^)  Diese  Beobachtung  lieferte  auch  die  Basis  für  die  Vorstellung,  daß  die  Aminosäuren 
über  die  Stufe  der  nächstfolgenden  P'cttsäuren  abgebaut  werden.  Diese  Beobachtungen  er- 
klären ferner,  daß  Eiweißzulagen  zwar  im  allgemeinen  die  Acetonausscheidung  ein- 
schränken, daß  diese  Wirkung  aber  bei  verschiedenen  Eiweißkörpern  verschieden  stark 
ausgesprochen  ist.*) 

Die  Prüfung  des  Einflusses  verschiedener  anderer,  besonders  körperfremder  Sub- 
stanzen auf  ihre  Fähiirkeit,  in  Acetonkörper  überzugehen,  hat  ferner  Aufklärung  über 
das  Schicksal  von  Substanzen  mit  verzweigter  C-Kette  im  Organisnuis  gebracht.^) 

Die  zweite  Hauptfrage  war  die,  ob  die  Acetonkörper  Substanzen  sind,  die  auch 
im  normalen  Stoffwechsel  als  Zwischenprodukte  auftreten.  Diese  Frage  war 
für  joden  der  drei  Körper  besonders  zu  beantworten,  wobei  in  erster  Linie  die  Erfahrungen 
über  die  Verbreuulichkeit  dieser  Substanzen  im  gesunden  und  im  kranken  Organismus 
zu  berücksichtigen  waren. 

Da  das  Aceton  im  normalen  Organismus  schwer  verbrennlich  ist.  in  den  Ex- 
kreten  des  Gesunden  sieh  aber  nur  in  Spuren  findet,  so  kann  es  nicht  als  normales  inter- 
mediäres Produkt  betrachtet  werden.  5)  (S.  oben  S.  119L)  Bei  der  leichten  Zersetzlichkeit 
der  Acetessigsäure  zu  Aceton  und  C0._.  kann  es  kaum  zweifelhaft  erscheinen,  ilaß  das 
Aceton  einer  im  kranken  Körper  eintretenden  sekundären  Zersetzung  der  Acetessig- 
säure seinen  Ursprung  verdankt. 

Die  beiden  anderen  Substanzen,  Acetessigsäure  und  Oxy buttersäure,  sind  im 
normalen  Organismus  verbrennbar;  im  Organismus  des  Patienten  mit  Acetonkörperaus- 
scheidung  ist  ihre  Verbreuulichkeit  bedeutend  herabgesetzt.  Das  führte  zu  folgender 
Überlegung:  Da  die  im  pathologischen  Organismus  nachgewiesene  Störung  der  Ver- 
breuulichkeit dieser  Substanzen    als   zureichender  Grund    erscheint,    warum    sie    ausge- 


*)  Magnus-Levy,  L'ntersuchungen  über  die  Acidosis  im  Diabetes  melitus.  Arch.  f. 
exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  45.  S.  484  (1901). 

-)  Baer  und  Blum,  Über  den  Abbau  von  Fettsäuren  beim  Diabetes  melitus. 
Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  55.  S.  89  (190(i);  Bd.  56.  S.  92  (1907):  Bd.  59.  S.  321 
(1908);  Bd.  62.  S.  129  (1910). 

^)  Borchardt,  Eiweißstoffwechsel  und  Acetonkörperausscheidung.  Arch.  f.  exp. 
Path.  u.  Pharm.  Bil.  53.  S.  388  (1905). 

*)  Baer  und  Blum,  Über  den  Abbau  von  Fettsäuren  beim  Diabetes  melitus.  Arch. 
f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  55.  S.  89  (190(5);  Bd.  56.  S.  92  (190(i):  Bd.  59.  S.  321  (1908); 
Bd.  62.  S.  129  (1910).  —  E.  Friedman»,  Zur  Kenntnis  des  Abbaues  der  Karbonsäuren 
im  Tierkörper.  IIL  Mitteilung.  Beitr.  z.  ehem.  Phys.  u.  Path.  Bd.  11.  S.  177  (1908). 

5)  Geelmui/den,  Über  Aceton  als  Stoffwechselprodukt.  Zeitschr.  f.  physiol.  ("hem. 
Bd.  23.  S.  431  (1897).  —  Leo  Scliirar:,  Über  die  Oxydation  des  Acetons  und  homologer 
Ketoue  der  Fettreihe.  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  40.  S.  1G8  (1898). 


]^220  Otto  Neubauer. 

schieden  werden,  so  ist  die  Annahme,  daß  schon  ihre  Bildung  ein  krankhafter,  „per- 
verser" Prozeß  ist,  überflüssig  geworden  und  würde  dem  Prinzip,  daß  eine  Erklärung 
möglichst  einfach  sein  soll,  nicht  entsprechen.  Die  einfachste  Erklärung  bleibt  also,  hier 
eine  Hemmung  normaler  Stoffwechselvorgänge,  ein  Stehenbleiben  auf  einer  intermediären 
Stufe  anzunehmen.  Natürlich  ist  eine  solche  Überlegung  nicht  zwingend.  Die  gegebene 
Erklärung  wird  verlassen  werden  müssen,  wenn  sich  Tatsachen  ergeben,  die  mit  ihr  nicht 
in  Einklang  zu  bringen  sind. 

Im  vorliegendeil  Falle  ist  es  ein  Punkt,  der  durch  die  Annahme  einer  einfachen 
Hemmung  zunächst  nicht  erklärt  werden  kann:  Die  Tatsache,  daß  gleich  zwei  Sub- 
stanzen, die  als  Zwischenprodukte  des  normalen  Stoffwechsels  gedeutet  werden  können, 
im  Harn  erscheinen.  Es  müssen  also  Hemmungen  auf  zwei  verschiedenen  Stufen  des 
Abbaues  angenommen  werden.  Die  Annahme  zweier,  voneinander  unabhängiger  Hem- 
mungen ist  aber  zu  kompliziert,  um  wahrscheinlich  zu  sein.  Die  Idee,  daß  diese  beiden 
Hemmungen  zueinander  in  einer  gewissen  Beziehung  stehen  könnten,  führte  zur  Prüfung 
der  Frage,  ob  hier  vielleicht  Gleichgewichtszustände  eine  Rolle  spielen.')  Mau  konnte 
sich  vorstellen,  daß  der  normale  Abbau  etwa  den  Weg  ßuttersäure-Oxybuttersäure- 
Acetessigsäure  —  COg  +  H^O  einschlägt  und  daß  nun  eine  Hemmung  des  normalen 
Acetessigsäureabbaues  dazu  führt,  daß  sekundär  auch  die  Bildung  der  Acetessigsäure  aus 
der  Oxybuttersäure  gehemmt  sei.  Für  diese  Auffassung  der  Beziehung  Oxybuttersäure- 
Acetessigsäure  als  einer  Gleichgewichtsreaktion  lassen  sich  folgende  Gründe  beibringen : 

1.  daß  tatsächlich  ein  Gleichgewichtszustand  zwischen  beiden  Substanzen  be- 
obachtet werden  kann,  insofern  als  die  Menge  der  Acetessigsäure  und  der  Oxybutter- 
säure im  Harn  in  einem  annähernd  konstanten  Verhältnis  zueinander  stehen'); 

2  die  Beobachtung,  daß  nicht  nur  Zufuhr  von  Oxybuttersäure  eine  Vermehrung 
der  Acetessigsäureausscheidung  bedingt,  sondern  auch  umgekehrt  Acetessigsäuredar- 
reichung  eine  Oxybattersäurevermehruug^- ^); 

3.  auch  an  isolierten  Organen  hat  sich  nicht  nur  die  Oxydation  der  Oxybutter- 
säure zu  Acetessigsäure,  sondern   auch  der  umgekehrte  Prozeß  feststellen  lassen.  ^) 

Die  Lösung  der  dritten  Hauptfrage:  Auf  welchem  Wege  die  Acetonkörper 
im  gesunden  Organismus  weiter  zu  COg  und  H2O  verbrannt  werden,  ist  noch 
nicht  gefunden.  Sicher  scheint  nur,  daß  zum  Ablauf  dieses  Prozesses  eine  gleichzeitige 
Verbrennung  von  Kohlenhydraten  nötig  ist.  Man  kann  sich  vorstellen,  daß  der  Zucker 
oder  eines  der  Abbauprodukte  des  Zuckers  eine  Verbindung,  etwa  eine  Kondensation 
mit  den  Acetonkörpern  eingehen  müssen,  um  sie  für  den  Körper  angreifbar  zu  machen.'*) 
Wenn  diese  Idee  richtig  ist,  so  könnte  ihre  Verfolgung  weitere  Aufklärung  nicht  nur 
über  den  Abbau  der  Acetonkörper,  sondern  auch  der  Kohlenhydrate  bringen.  Jeden- 
falls wird  jede  Hypothese  über  die  Verbrennung  der  Acetonkörper  auf  die  Mitwirkung 
der  Kohlenhydrate  Rücksicht  nehmen  müssen,  und  umgekehrt  wird  eine  Theorie  über 
den  Abbau  des  Zuckers  nur  dann  befriedigend  sein,  wenn  sie  gleichzeitig  die  rätselhafte 
Rolle  des  Zackers  bei  der  Acetonkörperverbrennung  zu  erklären  vermag.  Geclnmyden*) 
denkt  au  die  Glykurousäure    als    an   das  nächste  Abbauprodukt  des  Zuckers,  und  ver- 


*)  0.  Neubauer^  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  diabetischen  Azidose.  Verhandlun- 
gen des  27.  Kongresses  f.  inn.  Med.  1910.  S.  566. 

^)  L.  Blum,  Über  den  Abbau  von  Fettsäuren  im  Organismus  und  über  die  gegen- 
seitigen Bezielmngen  der  Acetonkörper.  Münchener  med.  Wocheuschr.  Jg.  57.  S.  682  u. 
1796  (1910) ;  Über  den  Abbau  von  Fettsäuren  im  Organismus.  Verhandlungen  des 
27.  Kongr.  f.  inn.  Med.  1910.  S.  575.  —  Dakin,  Die  Bildung  von  Beta-Oxybuttersäure 
im  tierischen  Organismus.  Münchener  med.  Wochenschr.  Jg.  57.  S.  1450  (1910). 

^)  Friedmann  und  Mause,  Zur  Kenntnis  des  Abbaues  der  Karbonsäuren  im 
Tierkörper.  XII.  Mitteil.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  27.  S.  474  (1910). 

■*)  Geelmuijden,  Über  den  Acetongehalt  der  Organe  an  Coma  diabeticum  Ver- 
storbener nebst  Beiträgen  zur  Theorie  des  Acetonstoffwechsels.  Zeitschr.  f.  physiol. 
Chemie.  Bd.  41.  S.  128  (1904). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchunfr  des  intermediiiri'ii  Stoffwechsels.         1:^21 

weist  auf  ihre  acetonheralisotzenile  \\  irkuuir.  riiveröffeiitlichte  Versuche  d(!S  Referenten 
mit  Breuztrauheui-uure,  die  aucii  als  Ahhauprodukt  des  /uckers  in  Betradit  kommt, 
hallen  keine  acetonherabsetzende  Wirkung  erkenneu  lassen. 

MI)ikoirfiki  u.  A.  haben  den  (iedanken  geäul3ert,  die  Acetonkorper  könnten  als  inter- 
mediäre Produkte  bei  der  Bildung  viin  /ucker  aus  Fett  aufzufassen  sein  ;  zur  Prufunir 
dieser  Frage  hat  man  untersucht,  ob  Darreichung  von  Acetessigsiiure  die/uckerausscheidung 
diabetischer  Tiere  steigert;  nach  Versuchen  von  Porr/es  und  Salomon^)  un  pankreas- 
diabotiselien  Hunden,  von  (icclnniiidm-)  au  piilorliizindialictisidicn  Kaninchen  scheint  das 
in  der  Tat  zuzutreffen;  docli  sind  die  bisher  vorliegenden  Kesultate  noch  nicht  zwingend. 

Barr  und  Bhim^)  haben  eine  Methode  anfiiP/^^i.fft ,  die  es  ?estattet, 
die  diiiTh  Phlorhizin  erzeui>ten  Stofhvechsel.^törunL:''n  in  indirekter  Wei.se 
zur  Aufklärung  des  Schicksales  von  Dikarbonsäuren  im  Körper  heranzu- 
ziehen. Sie  haben  die  Beobachtung  gemacht,  dali  die  Dikarbonsäuren  mit 
ö  und  6  C-Atomen,  Glutarsäure  und  Adipinsäure,  als  Na-Salze  subkutan  in- 
jiziert, bei  Hunden  mit  schwerem  Phlorhizindiabetes  ein  starkes  Herab- 
gehen oder  \'erschwinden  der  Glykosurie  und  der  Azidose  und  gleichzeitig 
starkes  Sinken  der  X-Ausscheidung  bewirken.  In  weiteren  rntersuchnngen 
haben  sie  festgestellt,  daß  diese  Wirkung  auch  den  vollständig  hvdro- 
xylierten  Dikarbonsäuren  mit  5  und  6  C-Atomen  zukommt  (Zuckersäure, 
Trioxyglutarsäuren).  ja  auch  der  vollständig  hydroxyliertcn  Dikarbonsäure 
mit  4  C ,  der  Weinsäure ,  trotzdem  die  entsprechende  nicht  hydroxylierte 
Dikarbonsäure,  die  Bernsteinsäure,  wirkungslos  ist.  Sie  glauben  annt'hmen 
zu  dürfen,  daß  Glutarsäure  und  Adipinsäure  deshalb  wirksam  sind,  weil 
sie  im  Körper  in  die  vollständig  hydroxyliertcn  Säuren  übergehen,  während 
Bernsteinsäure  unwirksam  ist,  weil  sie  nicht  zu  Weinsäure  oxydiert  wird. 

Baer  und  Bhim  setzten  sich  nun  das  Ziel,  den  Weg  zu  finden,  der 
von  den  unoxydierten  Bikarbonsäuren  zu  den  höchst  hydroxyliertcn  Dikar- 
bonsäuren führt.  Sie  untersuchten  deshalb  verschiedene  teilweise  hydro- 
xylierte Dikarbonsäuren;  die  Zwischenprodukte  mußten  elienfalls  wirksam 
sein.    Bei   den  Säuren   mit   5  C-Atomen  ergaben  sich  folgende  Resultate: 

Glutarsäure     .     .     .  COOH  -  GH.,      -  CH,       -GH.,      -C(H)H     wirksam 
a-Oxyglutarsäure .     .  COOH  -  GH()H  -  GH.,       -  CH3      -  COOH  unwirksam 
[i-Oxyglutarsäure  .     .  COOH  -  GH,      -  CHOH  -  GH,       -  GOOll     wirksam 
a-v-Dioxvglutarsäure    COOH  -  CHOH  -  GH,       -  CHOH  -  GOOll 
Trioxyglutarsäure     .  COOH  -  CH(  )H  -  GH(  )H  -  CIK  )H  -  G(  >(  )H 

Danach  erfolgt  also  die  Oxvdation  der  Glutarsäure  zu  Ti-ioxvulutar- 
säure  jedenfalls  nicht  über  die  (unwirksame)  z-Oxyglutarsäure ,  sondern 
entweder  über  die  ß-Oxyglutarsäure  oder  (weniger  wahrscheinlich)  über  die 
x-v-Dioxyglutarsäure. 

^)  Porges,  Über  den  Abbau  der  Fettsäuren  im  Organismus.  Ergebnisse  d.  Physiol. 
Jg.  10.  S.  46 "(1910). 

-')  GcclniKi/doi,  Über  das  Verhalten  der  Acetonkcirper  im  intermediären  Stoff- 
Avechsel.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  73.   S.  17G  (l'.Hll. 

')  ßaer  und  Plnm ,  Über  die  Einwirkung  chemischer  Substanzen  auf  die  Zucker- 
ausschüidung  und  ilic  Azidose.  I.  Mitteilung.  Beitr.  zur  chem.  Physiol.  u.  Pathul.  Bd.  10. 
S.  80  (1S)U7).  —  II.  Mitteilung  Ebenda.'  Bd.  11.  S.  102  (H)()8).  —  III.  Mitteilung. 
Archiv  f.  d.  exp.  Pathol.  u.  Pharm.  B.l.  65.  S.  1  (lUll). 


1222 


Otto  Neubauer. 


Als  Beispiel  sei  ein  Versuch  mit  ß-(Jxyglutarsäure  ang-eführt : 
Hund,   7800^,    3  Tage  Hunger,    dann  am  Vortag  und  an  den  drei 

Versuchstagen    1-2  g   Phlorhizin    subkutan.    Am    o.  Versuchstag    subkutan 

l'4g  Oxvglutarsäure  mit  NaHCOg  neutralisiert. 


Versuchstag 

Zucker 
9 

9 

Aceton 
9 

/i-Uxybutter- 

säiire 

9 

I. 

II. 

III. 

17-0 

140 

<     1-0 

7-23 
7-34 
1-34 

0-440 
0-570 
0-044 

1-95 
4-06 
0-14 

D.  Alkaptonurie. 

Diese  seltene  Stoff  Wechselanomalie,  die  sich  in  der  Ausscheidung  von 
Homogen tisinsäure  (H)  durch  den  Harn  äußert,  bietet  Gelegenheit  zu 
Studien  über  den  Abbau  des  Eiweißes,  insbesondere  seiner  aromatischen 
Bausteine.  Die  H  entstammt  dem  rhenvlalanin  und  Tyrosin  des  zersetzten 
Eiweißes,  und  die  Annahme,  daß  sie  auch  beim  Gesunden  als  intermediäres 
Produkt  auftritt,  ist  zwar  nicht  erwiesen,  aber  doch  recht  wahrscheinlich.  ^) 

Die  Größe  der  H-Ausscheidung  scheint  bei  gleicher  Ernährung  in 
allen  Fällen  fast  gleich  zu  sein;  wahrscheinlich  deshalb,  weil  die  Stoff- 
wechselstörung in  der  Regel  eine  maximale  ist.  Trotzdem  ist  anzuraten, 
in  jedem  neuen  Falle  erst  den  Grad  der  Störung  festzustehen.  Man  kann 
so  vorgehen,  daß  man  zunächst  die  H-Menge  bestimmt^  die  dem  „endo- 
genen Stoffwechsel"  entstammt.  Man  gibt  zu  diesem  Zwecke  am  besten 
zunächst  eine  fast  N-freie  Kost  von  ausreichendem  Kalorienwert,  z.  B.: 
Schwarzer  Kaffee  oder  Tee  400  cm^.  Reissuppe  ?>00  cm^,  Kartoffeln  (in 
irgendwelcher  Zubereitung  unter  Verwendung  von  Butter)  300 y,  Weißbrot 
150  (/,  Gemüse  (Spinat)  150^,  geräucherter  Speck  60g,  süßes  Obst  (Kompott) 
250^,  Zucker  60g,  Butter  (zur  Zubereitung  der  Speisen,  auf  Brot)  100,^,  Wein 
350^.  Diese  Kost  liefert  ca.  3000  Kalorien  und  enthält  nur  ca.  3'8^N. 

Im  Harn  werden  N  und  H,  eventuell  auch  andere  Bestandteile  bestimmt. 
(Methoden  siehe  dieses  Werk,  Bd.  H,  S.  834.)  Die  Werte  für  N  und  H  werden 
ähnhch  wie  N  und  D  bei  den  (ilykosurien,  zueinander  in  Beziehung  gesetzt, 
indem  man  den  Quotient  H:N  berechnet,  wobei  X  gewöhnlich  gleich  100 
gesetzt  wird.  2)  Man  erhält  für  H  meist  Werte  zwischen  40  und  60. 

Sobald  die  Zahl  konstant  geworden  ist,  geht  man  zu  einer  anderen 
Kost  über,  indem  man  z.  B.  täglich  300^  Fleisch  (gleich  100^  Eiweiß) 
zulegt,  bis  wieder  Konstanz  erzielt  ist.  Da  auch  das  Nahrungseiweiß  H 
liefert,    so  steigt    nicht    nur  N,    sondern    auch  H    au    (exogene  H).    Der 


*)  Eine  kurze  Übersicht  über  den  gegenwärtigen  Stand  der  Frage  nach  der 
Stellung  der  H  im  intermediären  Stoffwechsel  siehe  in  Abderhaldens  Biochemischem 
Handlexikon.  Bd.  IV.  2.  S.  373. 

*)  Langstein  und  Erich  Meyer,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Alkaptonurie.  Deutsches 
Archiv  f.  klin!  Medizin.  Bd.  78.  S.  101  (1903). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersucluing  des  intcrmediärpu  Stoffwechsels.  ]  003 

Quotient  H:  N  ändert  sicli  uiclit  wcMMitlicli,  aiilJer  wenn  Kiwcil'tkürfxT  lic- 
geben  werden ,  die  besonders  reicli  oder  besonders  arm  an  ai'oniatischeii 
Aminosäuren  sind  (Kasein,  Leim).  Auch  der  Berechnung  des  Quotienten  H  :N 
dürfen  keine  zu  kurzen  Perioden  zugrunde  gelegt  wcnim,  jcdeiilalls  nicht 
solche  unter  24  Stunden;  bei  brüsker  Koständerung  noch  längere. 

Die  Anordnung  von  Versuchen  zur  Aufklärung  der  Miittersubstanzen 
der  H  geschieht  analog  wie  bei  der  gleichen  Fragestellung  beim  Znckfr  und 
bei  den  Acetonkörpern.  Als  Standardkost  empfiehlt  sich  eine  ziemlich 
eiweißarme  Diät.  Empfehlenswert  ist  z.  V>.  eine  Znsammensetzung,  die 
längere  Zeit  auch  bei  einem  der  am  meisten  untersuchten  Fälle  von  .\lkap- 
tonurie  (Körpergewicht  11  Jcfj)  Anwendung  gefunden  hat  und  die  sich  des- 
halb auch  zum  Vergleich  anderer  Fälle  mit  diesem  Patienten  eignen  dürfte'): 
1/2^  Kaffee  mit  Milch,  90g  Weißbrot,  500/y  Zucker.  100//  Kindfleisch, 
160(7  Kartoffelgemüse ,  120^7  grüner  Salat,  110_^  Pfannkuchen,  l^)Og 
Kompott,  100g  Wurst,  10g  Preilielbeeren ,  800^  Rotwein,  '/j  /  Bier. 
Stickstoffgehalt  12-37^,  Kalorienwort  ca.  2300  Kalorien.-) 


*)  0.  Neubauer,  Über  den  Alibau  der  Aminosäuren  im  fresuuden  und  kranken 
Organismus.  Deutsches  Archiv  f.  klin.  Medizin.  Bd.  95.  S.  223.  (190Ü). 

^)  Es  dürfte  überhaupt  zweckmäßig  sein,,  wenn  mau  sich  allgemein  auf  mehrere 
bestimmte,  überall  leicht  zusammenstcUbare  Kostformen  einigen  würde,  um  einen  quan- 
titativen Vergleich  verschiedener  Fälle  von  Stoffwechselstörungeu  zu  ermöglichen.  Als 
eine  solche  Diät  würde  sich  z.  B.  diejenige  eignen,  die  O.  FoJi»  (Analyse  of  thirty 
,,uormal"'  urines.  Americ.  Journ.  of  Physiol.  Vol.  1.3.  p.  45  [1905])  der  Analyse  der  l'rine 
von  5  gesunden  Personen  zugrunde  gelegt  hat:  Vollmilch  500  cin^.  Rahm  (Fettgehalt 
18— 227„)  300  em^,  Eier  450  r/,  Horlicks  Malzmilch  (ein  amerikanisches,  leicht  ir.sliches 
Nährpräparat;  Generalvertretung  von  Horlicks  Malzmilch  Co.  für  Deutschland  in 
Halle  a.  S.)  200  g,  ferner  Zucker  200  r/-,  Kochsalz  6.17  und  Wasser,  um  das  Ganze  auf 
2  I  zu  bringen ;  außerdem  noch  Wasser  zum  Trinken  i)00  cm*. 

In  flüssiger  Mischung  enthielt  diese  Kost:  X  1895  .9,  entsprechend  Eiweiß  119«/, 
Fett  zirka  148  r/,  Kohlenhydrate  225//,  Cl  G14  .(7,  SO,,  3-75  f/,  P,0^ö-78.9. 

Die  Untersuchung  der  Urine  ergab  folgende  "Werte: 


Durchschnitt 


Maximum 


Minimum 


Harnmenge  in  cm^ 

Acidität  in  cm^   '    Säure 

Gesamt-N  in  9 

U-N 

NH,-N 

Kreatinin-N 

Ü-N  

Rest-N       

Gesamt-S  als  SO3  berechnet,  in  17  . 
Sulfatschwefelsäure  SO,  berechnet  in 


Äthcrschwefelsäure 

„neutraler  Schwefel"  .,  „  n    »  • 

Phnsphoisäure,  als  P.. O5  berechnet.  \n  g 

Chlor  in    r/ 

Das  Körpergewicht  der  Versuchspersonen  (Durchschnitt  t)31   Ma.\imum 
nimum  565 ä-.^)  zeigte  bei  dieser  Ernährung  nur  unwesentliche  Änderungen. 


1430 

617 
160 

139 
0-70 
0-58 
0\2 
01)0 
331 
2  92 
022 
017 
3-87 
61 


1812 

669 

18-2 

16-2 
0-85 
0-66 

015 
0-85 
3-7H 
325 
0-25 
019 
4-50 
6-9 


1196 

554 

14 

12' 
U 
0 

0 
0 
3 

0 
0 
3 


8 

8 
55 

50   I 

OS    ; 

41 
11 
67 
19 
13 
44 
•6    i 

70  5  Mi- 


1224  Otto  Neubauer. 

In  der  Hauptperiode  wird  die  zu  prüfende  Substanz  zugelegt.  Im 
allgemeinen  hat  die  Einverleibung  einer  in  H  übergehenden  Substanz  eine 
beträchthche  Vermehrung  von  H  und  gleichzeitige  Steigerung  des  Quotienten 
H :  N  zur  Folge.  Die  Beachtung  dieses  Quotienten  schützt  vor  einer  Täuschung 
infolge  einer  durch  die  gegebene  Sub .stanz  bewirkten  Steigerung  des  Ei- 
weißzerfalls. Die  Ergebnisse  solcher  Versuche  und  die  Schluljfolgerungen 
über  den  Abbau  des  Tvrosins,  des  Phenvlalanins  und  der  übrigen  Amino- 
Säuren,  die  sich  an  sie  geknüpft  haben,  können  hier  übergangen  werden. 
Der  Gedankengang  war  vielfach  ein  ähnlicher  wie  bei  den  Untersuchungen 
über  die  Acetonkörper. ') 

Auch  zur  Aufklärung  verschiedener  anderer  Punkte  des  Eiweißstoff- 
wechsels kann  die  Alkaptonurie  herangezogen  werden.  Beim  Gesunden  ver- 
fügen wir  zur  Kontrolle  des  Eiweißstoffwechsels  eigentlich  nur  über 
die  Bestimmung  des  Harn-N  (daneben  höchstens  noch  über  die  des  Harn-S). 
Der  N  des  Harns  entstammt  aber  nicht  nur  dem  Eiweiß,  sondern  auch 
anderen  Quellen,  und  verschiedene  Beobachtungen  sprechen  dafür,  daß  die 
N-Ausscheidung  durchaus  nicht  immer  ein  quantitativer  Ausdruck  für  den 
Eiweißzerfall  ist  2)  (Retention  von  N-haltigen  „Schlacken").  Beim  Alkapto- 
nuriker  bietet  mm  die  Verfolgung  der  H-Ausscheidung  eine  erwünschte, 
einfach  auszuführende  Kontrolle. 

Es  hat  sich  ergeben ,  daß  beim  Übergang  von  eiweißreicher  zu  eiweiß- 
armer Nahrung  und  umgekehrt  die  H-Ausscheidung  viel  rascher  der  Verände- 
rung des  Eiweißgehaltes  der  Kost  folgt  als  die  N-Ausscheidung.  ^')  Daraus  er- 
geben sich  Folgerungen  über  die  Natur  des  „zirkulierenden  Eiweißes". 
Wenn  es  sich  bei  diesem  überhaupt  um  echtes  Eiweiß  handelt,  so  muß  es  zum 
mindesten  ärmer  an  aromatischen  Gruppen  sein  als  das  gewöhnliche  Eiweiß.  In 
gleichem  Sinne  spricht,  daß  der  durch  vermehrte  Flüssigkeitszufuhr  aus- 
schwemmbare N  nicht  von  einer  gleichzeitigen  H-Vermehrung  begleitet  ist.  *) 
Auch  zur  Entscheidung  der  Frage,  ob  bei  einer  bestimmten  Kost  im 
wesentlichen  das  zugeführte  Nahrungseiweiß  oder  das  Körpereiweiß  zerfällt, 
wurde  ein  bei  der  Alkaptonurie  durchführbarer  Versuchsplan  entworfen. 

Die  Alkaptonurie  ist  zu  Untersuchungen  über  den  Stoffwechsel  des- 
wegen besonders  geeignet,  weil  die  Versuchsindividuen  im  wesentlichen 
als  gesund  zu  betrachten  sind,  weil  die  Störung  eine  relativ  einfache, 
gleichmäßige,  wahrscheinlich  maximale  ist.  und  weil  eine  Pieihe  von  anderen 
Methoden  zur  Verfügung  stehen,  um  die  gewonnenen  Ergebnisse  zu  kon- 
trollieren (Untersuchungen  am  Gesunden,  Übergang  von  H  und  ihren 
Muttersubstanzen  in  Acetonkörper). 


^)  S.  Biochemisches  Handlexikon.  Bd.  IV.  2.  S.  373. 

-)  Abderhalden,  Lehrbuch  der  physiologischen  Chemie.  Berlin  und  Wien  1906. 
S.  682  ff. 

'')  Langstein  und  Erich  Meyer,  a.  a.  0. 

*)  Abderhalden  und  Bloch,  Untersuchungen  über  den  Eiweißstoffwechsel,  aus- 
geführt an  einem  .Ä.lkaptonuriker.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  53.  S.  464  (1907). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  intermediären  Stoffwechsels.        122Ö 

E.  Cystinurie. 

Die  Cystinurie  ist  eine  chronische  Stoff\veclis('lan()ni:ilie.  hei  der 
Cystin  in  erheblicher  j\Ienge  mit  dem  Harn  ausi?eschie(len  wird.  Neben  dem 
Cystin  können  sich  dabei  im  Harn  auch  andere  Aminosäuren  (Tyrosin. 
Leuzin,  eine  tryptophanälinliche  Substanz),  noch  öfter  aber  Diamine  (Pu- 
treszin,  Kadaverin)  finden.  Die  letzteren  sind  zweifellos  aus  Diaminosäuren 
entstanden:  für  das  Histidin  ist  eine  analoge  .Störung  noch  nicht  festge- 
stellt. 1) 

Die  Cystinurie  hat  sich  bisher  nicht  in  so  ausgedehntem  Mal'.e  zum 
Studium  des  intermediären  Eiweibstoffwechsels  heranziehen  lassen  wie  etwa 
die  Alkaptonurie.  Die  Störung  ist  in  einzelnen  Fällen  verschieden  hoch- 
gradig (tägHche  Cystinmenge  von  Spuren  bis  1*5  ,y).  Auch  zeigen  die  ein- 
zelnen Fälle  in  ihrem  Verlaufe  häufig  Intensitätsschwankungen,  können  so- 
gar vollständig  ausheilen.  Die  Größe  der  Cystinausscheidung  scheint  von 
der  Art  der  Nahrung  meist  unai)hängig  zu  sein  2),  so  daß  es  sich  im 
wesentlichen  um  eine  Störung  des  ..endogenen"  Eiweißstoffwechsels  handeln 
dürfte.  Auch  sonst  haben  sich  gerade  die  Störungen  des  endogenen  Stoff- 
wechsels den  Bestrebungen,  sie  zur  Erforschung  des  intermediären  Stoff- 
wechsels zu  verwerten,  bisher  als  schwer  zugänglich  erwiesen  (z.  D.  die 
Pentosurie).  Selbst  verabreichtes  Cystin  ist  manchmal  auf  die  Menge  des 
ausgeschiedenen  Cystin s  ohne  Einfluß.  3) 

Loeiry  und  Neuherg^)  haben  die  interessante  Entdeckung  gemacht 
daß  in  manchen  Fällen  von  Cystinurie  zugeführte  Aminosäuren  (Leuzin. 
Tyrosin.  Asparaginsäure  und  auch  C'ystin  selbst)  nicht  wie  beim  (Jesunden 
verbrannt  werden,  sondern  annähernd  ([uantitativ  im  Harn  wieder  er- 
scheinen. In  analoger  Weise  können  Diaminosäuren  (Lysin.  Arginin)  als 
Diamine  (Kadavarin.  Putreszin)  ausgeschieden  werden.  In  dem  Falle  von 
Loewy  und  Neuberg  konnte  auch  nach  Eingabe  von  \0h  g  durch  lang- 
dauernde Pankreasverdauung  vollständig  aufgespaltenem  Fibrin  eine  Aus- 
scheidung von  Tyrosin,  Tryptophan  und  Clykokoll  und  vermutlich  auch 
Histidin  nachgewiesen  werden.  Zufuhr  von  Eiweiü  oder  von  Polypeptiilen 
führte  dagegen  nicht  zur  Ausscheidung  von  Aminosäuren.  Diese  Erfahrung 
steht  in  einem  gewissen  Gegensatz  zu  der  modernen  Anschauung  von  der 
vollständigen  Aufspaltung  der  Eiweil.^körper  der  Nahrung  im  Nerdauungs- 
kanal.  Da  zudem  das  Verhalten  in  verschiedenen  Fällen  von  Cystinurie 
nicht    das    gleiche    ist,    so    wird   man   weitere  rntersuchungen   abwarten 


')  Groß,  Über  Cystinurie.  Sitzungsberichte  der  Gesellschaft  für  Morpholoiric  und 
Physiologie  in  München.  Bd.  24.  «.  i)7  (li)().S). 

'■')  Mester,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Cystinurie.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  14. 
S.  109  (1889).  —  H.  Leo,  Über  Cystinurie.  Zeitschr.  f.  klin.  Med.   Bd.  Ifl.    S.  :VJ:>  (1889). 

*)  Aisberg  und  Folin,  Proteinmetal)olism  in  (.'ystinuria.  Auieric.  Journ.  of  the  med. 
Sciences.  1906.  Februar.  —  T'Ä/e^e,  Concerning  cystinuria  and  diamines.  Journ.  of  Physiol. 
\'o\.  30.  p.  68  (1907-1908).     ' 

■*)  Löiri/  und  Xeuherf/,  I'bcr  Cystinurie.  Zeitschr.  f.  pliysiol.  Chem.  Bd.  43.  S.  338 
(1904);  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  2.  S.  488  (1907). 


1226  Otto  Neubauer. 

müssen,  ehe  man  diesen  Tatsachen  einen  entscheidenden  Wert  für  die 
Beurteihmg  des  normalen  intermediären  Stoffwechsels  beimißt. 

In  jedem  Falle  von  Cystiniirie,  der  zu  Stoffwechselversnchen  heran- 
gezogen werden  soll,  wird  man  also  bei  einer  konstanten  Kost  die  Cystin- 
mengen  im  Harne  und  ihre  Abhängigkeit  respektive  Unabhängigkeit  von 
der  Ernährung  zu  kontrollieren  haben.  Weiter  wird  festzustellen  sein,  ob 
Amine  oder  Diamine  zugegen  sind  oder  ob  sie  nach  Einführung  von  Amino- 
säuren respektive  Diaminosäuren  auftreten.  Über  die  Methoden  des  Nach- 
weises siehe  dieses  Werk,  Bd.  III,  S.  810. 

Wegen  der  nahen  Beziehung  des  Cystins  zum  Taurin  der  Galle  ist 
eventuell  auch  zu  untersuchen,  ob  durch  Beeinflussung  der  Taurocholsäure- 
synthese,  z.  B.  durch  Cholsäurezufuhr,  eine  Änderung  der  Cystinausscheidung 
zu  erzielen  ist.  ^) 

F.  Störungen  der  Stoffw^echselfunktion  der  Leber. 

Krankheiten  des  Menschen,  bei  welchen  die  Annahme  einer  schweren 
Störung  der  Stoffwechselfunktion  der  Leber  gerechtfertigt  ist,  sind  selten. 
Es  kommen  hauptsächlich  in  Betracht:  die  akute  gelbe  Leberatrophie,  die 
Phosphorvergiftung  und  wohl  auch  die  Eklampsie.  Bei  diesen  Krankheiten 
findet  man  im  Harn  eine  Reihe  von  pathologischen  Produkten,  deren 
genaueres  Studium  Aufschlüsse  über  den  intermediären  Stoffwechsel  ver- 
spricht: Albumosen,  Aminosäuren  (Leuzin,  Tyrosin,  Alanin,  Glykokoll); 
ferner  eine  aromatische  Säure,  die  früher  als  p-()xymandelsäure  aufgefaßt, 
neuerdings  als  1-p-Oxyphenylmilchsäure  erkannt  wurde,  und  die  nach  ihrer 
Formel  zweifellos  als  Abbauprodukt  des  Tyrosins  anzusehen  ist  -) ;  ferner 
Milchsäure  und  eine  vermehrte  Menge  von  flüchtigen  Fettsäuren.  Weiter 
hat  man  bei  diesen  schweren  Lebererkrankungen  eine  bedeutende  Steige- 
rung des  NHj-Gehaltes  im  Harn  gefunden  und  zunächst  daran  gedacht, 
daß  darin  ein  Ausdruck  der  Störung  der  harnstoffbildenden  Funktion  der 
Leber  zu  erblicken  sei.  Nach  den  Untersuchungen  Münzers  »)  dürfte  sie  jedoch 
im  wesentlichen  aus  der  gleichzeitigen  Säuerung  zu  erklären  sein. 

Es  ist  noch  unbekannt,  wie  weit  die  beobachteten  Stoffwechselstörun- 
gen  bei  diesen  schweren  Leberkrankheiten  als  Folge  eines  einfachen  Aus- 
falls der  physiologischen  Leberfunktion  aufzufassen  sind ,  und  wie  weit  pa- 
thologische Prozesse  in  der  erkrankten  Leber  (autolytische  Vorgänge)  für 
sie  verantwortlich  gemacht  werden  müssen. 

Eine  eingehende  experimentelle  Prüfung  der  durch  diese  Befunde  an- 
geregten Fragen  ist  am  kranken  Menschen  kaum  möglich  wegen  der  Selten- 
heit, des  unregelmäßigen  Verlaufes  und  der  kurzen  Dauer  dieser  Krankheiten, 


')  Simon  und  Campbell,  Über  Fütterungsversucbe  mit  Cholalsäure  bei  Cystinurie. 
Beitr.  z.  ehem.  Physiol.  u.  Path.  Bd.  5.  S.  401  (1904). 

^)  S.  ßiochem.  Handlexikon.  Bd.  IV.  S.  380  (1911). 

^)  Münzer,  Die  harnstoffbildende  Funktion  der  Leber.  Arcb.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm. 
Bd.  33.  S.  164  (1894) ;  Die  Bedeutung  der  Ammoniaksalze  für  die  Pathologie.  Prager 
med.  Wochenschr.  Jg.  22.  S.  171  (1897). 


Arbeitsmethoden  zur  rntcrsuchuniu:  des  iuterinediüreii  Stoffwechsels.         l'J'Jl 

sowie  woiion  der  Rücksiehtnalimc.  die  der  schwere  Zustand  der  Patienten 
erfordert.  Zum  eingehenden  Studium  ist  das  Tierexperiment  heranzuziehen. 

Hei  denjenigen  Lebererkrankungen,  hei  weh-hen  das  Leberparenchym 
vollständig  oder  zu  einem  großen  Teil  erhalten  hleilit  (i.cherzirrhose.  Kar- 
zinom, Icterus  catarrhalis  etc.),  treten  Störungen  des  Stoffwechsels  infolge 
Insuffizienz  der  Leber  nicht  in  den  Vordergrund.  In  einigen  Füllen  wurde 
allerdings  Milchsäure  im  Harn  gefunden,  auch  eine  Vermehrung  des  NHj  als 
Folge  der  Säuerung  festgestellt  (Münzer).  Hei  der  Leberzirrhose  beherr- 
schen vielmehr  die  Störungen  infolge  Einengung  des  Pfortaderkreislaufs  das 
Krankheitshild.  Es  liegen  viele  Angaben  vor.  daß  zugefidu-te  Lävulose, 
Galaktose,  Aminosäuren  bei  verschiedenen  Leberkrankheiten  schlechter 
verwertet  werden.  Es  ist  noch  nicht  entschieden,  ob  das  als  Ausdruck  einer 
eigentlichen  Herabsetzung  der  Leberfunktion  aufgefaßt  werden  muß  oder 
ob  nicht  vielmehr  die  Erklärung  zutrifft,  daß  in  diesen  l-'ällen  ein  Teil  des 
resorbierten  Materiales  die  Leber  gar  nicht  passiert,  sondern  durch  die 
Anastomosen  direkt  ins  Hohlvenenblut  kommt. 

Die  experimentelle  Phosphorvergiftung  des  Tieres  erzeugt  im 
Prinzip  dieselben  Störungen  wie  die  Phosphorvergiftung  des  Menschen. 
Sie  ist  schon  häufig  zum  Studium  von  Stoffwechselfragen  herangezogen 
worden.  Über  die  Technik  der  Phosphorvergiftung  siehe  unten  S.  128:J. 

Abderhalden  und  h'ergeU  •)  haben  Kaninchen  an  mehreren  aufeinan- 
derfolgenden Tagen  je  1—5  mg  P  als  Ol.  phosphoratum  sultkutan  injiziert 
und  nachher  mit  Hilfe  der  Naphthalinsulfochloridmethode  Aminosäuren, 
speziell  Glykokoll.  aus  dem  Harn  gewonnen. 

Kotake-)  vergiftete  zwei  Hunde  von  7 — 8  ä-^  Körpergewicht  mit  je 
\0g  P  in  Pillenform;  am  nächsten  Tage  bekamen  sie  die  doppelte  Dosis. 
Am  folgenden  Tage  gingen  sie  zugrunde.  Aus  dem  Harn  ließ  sich  l-(  )xy- 
pheuylmilchsäure  gewinnen. 

Takeda  ^)  gelang  es,  P-vergiftete  Hunde  relativ  lange  Zeit  am  Leben 
zu  erhalten  und  aus  ihrem  Harn  Basen  zu  isolieren;  vor  allem  das  Butyro- 
betain,  das  offenbar  aus  Glutaminsäure  entstanden  ist.  Er  erreichte  dieses 
Resultat,  indem  er  seinen  Tieren  etwa  jeden  3.  bis  4.  Tag  P.  in  ( )livenöl 
gelöst,  subkutan  injizierte.  Nur  zwischen  der  L  und  2.  Injektion  ließ  er  eine 
längere  Pause,  5—6  Tage.  Die  Einzeldose  war  für  Hunde  von  12—15% 
Ic^,  für  einen    Hund    von  24  Ay/  2 — ?j  cg.   Lebensdauer    bis  zu  42  Tagen. 

Jastrowitz*)  vergiftete  einen  \?>-2kg  schweren  Hund,  indem  er  ihm 
jeden  4.  Tag  50  mg  P  per  os  einführte  und  fand,  daß  dieser  Hund  eiuL'e- 
führtes  Glykokoll  viel  schlechter  verbrannte  als  ein  normales  Tier. 

')  Abderhalden  und  Bcrgcll,  über  das  Auftreten  von  Monoaniiuosiuiron  im  Harn 
von  Kaninchen  nach  Phosphorvergiftuu<r.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  39.  S.  464  (1903). 

^)  Kotake,  über  1-Oxyphenylmilchsaure  und  ihr  \'ork(inimen  im  Harn  bei  Phos- 
phorveririftung.  Zeitschr,  f.  physiol.  (hcm.  Bd.  65    S,  397  (1910). 

')  Takeda,  Untersuchungen  über  einige  nach  Phosphorvergiftungon  im  Harn  auf- 
tretende Basen.  Arch.  f.  d.  ges:  Physiol.  Bd.  133.  S.  3(55  (1910). 

*)  Jafttroirifz,  Versuche  über  Glykokollabbau  bei  Lel)crsch;idigungon.  Arcli.  f.  exp. 
Path.  u.  Pharm.  Bd.  59.  S.  463  (19^8).  " 


]^228  ^^^^  Neubauer. 

Ernst  Neubauer^)  hat  untersucht,  ob  sich  nicht  an  P-vergifteten 
Kaninchen  die  Quelle  der  im  Harn  ausgeschiedenen  Milchsäure  feststellen 
läßt.  Die  Tiere  bekamen  eine  einmalige  Dose  von  10 — 15  mg  P  subkutan. 
Es  zeigte  sich,  daß  zugeführte  Milchsäure  den  Milchsäuregehalt  des  Harns 
nicht  beträchtlich  steigerte,  daß  somit  das  Phosphortier  die  Fähigkeit, 
Milchsäure  zu  verbrennen,  nicht  verloren  hat.  Dementsprechend  vermochten 
Fütterungsversuche  mit  anderen  Substanzen  (Zucker,  Alanin)  keinen  siche- 
ren Aufschluß  über  die  Muttersubstanz  der  Harnmilchsäure  zu  geben.  Da- 
nach wäre  diese  also  als  pathologisches  Produkt  nur  des  endogenen  Stoff- 
wechsels anzusehen. 

Maiulel  und  Lmk  -)  kombinierten  bei  Hunden  P-Vergiftung  mit  Phlo- 
rhizin-Diabetes,  indem  sie  entweder  omal  täglich  Phlorhizin  gaben  und  vom 
3.  Tage  ab  Phosphoröl  in  P/oig^r  öliger  Lösung  (1—5  cm s),  oder  indem 
sie  umgekehrt  ein  phosphorvergiftetes  Tier  nachträghch  mit  Phlorhizin  be- 
handelten. Sie  fanden,  daß  die  Phlorhizinvergiftung  die  Milchsäureausschei- 
dung verhindert;  das  spricht  wohl  in  dem  Sinne,  daß  die  Milchsäure  im 
Harn  P-vergifteter  Tiere  aus  Zucker  hervorgeht  oder  wenigstens  aus  einem 
Komplex,  der  bei  der  Phlorhizinvergiftung  Zucker  liefert. 

Die  schwerste  Schädigung  der  Leberfunktion  wird  natürlich  durch  die 
vollständige  Exstirpation  des  Organs  gesetzt. 

Relativ  einfach  ist  diese  Operation  bei  Kaltblütlern  auszuführen. 
Johannes  Müller'^)  unterband  bei  Fröschen  durch  eine  gemeinsame  Liga- 
tur alle  zur  Leber  führenden  und  von  ihr  abgehenden  Blutgefäße  sowie 
den  Gallengang,  schnitt  dann  die  Leber  heraus  und  vernähte  die  Bauch- 
Avunde.  Die  Tiere  bheben  4  Tage  lang  am  Leben.  Moleschotts*)  Frösche 
lebten  sogar  bis  zu  20  Tagen.  Nehelthau^)  exstirpierte  265  Fröschen  die 
Lebern,  sammelte  während  4  Tagen  ihren  Harn  und  erhielt  aus  diesem 
0-1279.^  eines  Zinksalzes,  das  wahrscheinUch  milchsaures  Zink  war. 

Schröder^')  hat  an  der  zoologischen  Station  in  Neapel  Leberexstir- 
pationen  beim  Katzeuhai  (Scyllium  catulus)  ausgeführt.  Das  Tier  wird 
in  Rückenlage  auf  einem  Tisch  fixiert.  Dann  wird  in  der  linea  alba  ent- 
sprechend dem  vordersten  Teile  der  Bauchhöhle  ein  3 — 4  cm  langer  Schnitt 
gemacht.  Man  zieht  die  Eingeweide  heraus,  legt  um  alle  Gefäße  starke 
Ligaturen    und    exstirpiert    die  Leber.    Nach    sorgfältigem  Verschluß    der 

*)  Ernst  Neubauer,  Über  das  Schicksal  der  Milchsäure  l)ei  uormalen  und  phos- 
phorvergifteten Tieren.  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  61.  S.  387  (1909). 

^)  Mandel  and  Lusk,  Lactic  acid  in  intermediary  metabolism.  American.  Joiirn. 
of  Physiol.  Vol.  16.  p.  129  (1906). 

**)  Johannes  Müller,  Handbuch  der  Physiologie  des  Menschen.  4.  Aufl.  Koblenz 
1844.  Bd.  1.  S.  131. 

*)  Moleschott,  Untersuchungen  über  die  Bildungsstätte  der  Galle.  Arch.  f.  physiol. 
Heilkunde.  B.  11.  S.  479  (1852). 

^)  E.  Nebelthau,  Tritt  beim  Kaltblütler  nach  Ausschaltung  der  Leber  im  Harn 
Fleischmilchsäure  auf?  Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  25.  S.  123  (1889). 

")  Schröder,  Über  die  Harustoffbildung  der  Haifische.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem. 
Bd.  14.  S.  576  (1890). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  intermediären  Stoffwechsels.         1229 

Wunde  wird  das  Tier  in  ein  Bassin  gesetzt  und  ist  nach  kurzer  Ztdt  in 
nichts  von  einem  normalen  Exemplar  zu  unterscheiden.  Es  lebt  noch  etwa 
4   Tage. 

Ueim  Vogel  gelingt  eine  vollständige  Ausschaltiuig  der  Leber  durch 
Unterbindung  aller  lUutgefäße  und  des  Gallengangs,  wie  sie  z.  B.  von  Stern 
an  der  Taul)e  ausgeführt  worden  ist.  ^)  Doch  hörte  dann  die  Harnsekre- 
tion auf. 

Viel  günstigere  Resultate  liefert  das  Verfahren,  das  Minkowski  in 
seinen  berühmten  Experimenten  eingeschlagen  hat -):  die  Exstirpatiun  der 
Leber  bei  Gänsen.  Bezüglich  der  Technik  siehe  die  Originalpublikation.  Das 
Pfortaderblut  gelangt  durch  die  Vena  Jacobsonii  in  die  llohivrnc:  die  Tiere 
überleben  die  Operation  viele  Stunden  lang  und  sezernieren  noch  reiclilich 
dünnflüssigen  Harn.  Die  von  Minkoirski  und  anderen  Autoren  3)  mit  Hilfe 
dieser  Methodik  gefundenen  Tatsachen  (Abnahme  der  Harnsäure,  Auftreten 
von  NHa  und  Fleischmilchsäure.  Zunahme  der  Fleischmilchsäure  nach  Ein- 
gabe von  Glykokoll  und  Asparagin säure  etc.)  sind  für  die  Kenntnis  des 
intermediären  Stoffwechsels  des  Vogels  grundlegend  geworden. 

Beim  Säugetier  stößt  der  Versuch,  die  Leber  auszuschalten,  auf 
außerordentlich  große  Schwierigkeiten,  weil  zwischen  Pfortadergei)iet  und 
unterer  Hohlvene  keine  Gefäßanastomose  besteht.  Nach  einfacher  Ai)bindung 
der  Pfortader  respektive  des  ganzen  Hilus  hepatis  gehen  Hunde  in  läng- 
stens 100  Minuten  zugrunde;  wie  man  annimmt,  infolge  einer  Art  ..^'er- 
blutung"  in  das  Pfortadergebiet. 

Pavi/  und  Siau*)  gehen  deshalb  in  der  Weise  vor,  daß  sie  gleich- 
zeitig mit  der  Leber  alle  Organe  des  Pfortadergebietes  entfernen. 

Das  Abdomen  des  Tieres  (Hunde,  Katzen)  wird  geöffnet,  das  Piektum 
zwischen  zwei  Ligaturen  abgeschnitten.  A.  mesenterica  sup..  int',  und  coeliaca 
werden  unterbunden  und  durchtrennt  und  ebenso  alle  \'erl)indungen  mit 
der  Leberpl'orte :  sodann  wird  die  Kardia  abgebunden  und  durchtrennt, 
Magen,  Darm,  Pankreas  und  Milz  entfernt.  Darauf  wird  ein  Leberlappen 
nach  dem  anderen  hervorgezogen,  an  seiner  Basis  abgebunden  und  möglichst 
nahe  an  der  Ligatur  abgeschnitten.  Man  muß  darauf  achten,  daß  die  \"ena 
Cava  nicht  mitgefaßt  wird.  Die  Beste  der  Leber,  die  in  der  Nähe  der  \'ena 


')  Stern,  Beiträf.'C  zur  Pathologie  der  Leber  und  des  Ikterus.  1.  Mitt.  Arch.  f.  d. 
exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  19.  S.  39  (1885).  S.  auch  Scafjidi,  Über  Vcrauderungou  des  Gas- 
stot'f wechseis  nach  Ausschaltung  des  Leberkreislaufs.  Biochem.  Zcitschr.  Bd.  14.  S.  I."i6 
(1908).  (Versuche  an  Enten.) 

-)  Minkowski,  Über  den  Einfbiß  der  Leberexstirpation  auf  den  Stoffwechsel.  Arch. 
f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  21.  S.  41  (188(5). 

')  Katisch,  Der  Zuckerverbrauch  im  Diabetes  melitus  des  Vogels  nach  Pankreas- 
oxstirpation.  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  39.  S.  21'.)  (1897).  —  S.  Ldiu/,  Über  die 
Schwefelausscheidunir  nacli  Leberexstirpation.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  29.  S.  305 
(1900).  —  Über  die  Stickstoffausscheiduug  nach  Leberexstirpation.  Ebenda.  Bd.  32. 
8.320(1901). 

*)  rai-ji  and  Siuu ,  The  infhiences  of  ablation  of  tbc  liver  on  thc  sugar  contents 
of  the  blood.  Journ.  of  Pbysiol.   Vol.  29.  p.  375  (19U3). 


]^  230  ^**^  Neubauer. 

Cava  zurückbleiben,  sind  bei  sauberem  x\rbeiten  außerordentlich  gering.  Die 
Hunde  bleiben  etwa  4  Stunden  am  Leben.  Länger  dauernde  ^'er suche 
sind  hier  also  nicht  durchführbar  (wohl  aber  z.  B.  Blutzuckerbestimmun- 
gen). Ferner  darf  man  nicht  vergessen,  daß  diesen  Tieren  nicht  nur  die 
Leber,  sondern  auch  andere  wichtige  Organe  fehlen. 

Slosse'^)  hat  bei  kleinen  Hunden  die  Organe  des  Pfortadergebietes 
durch  Unterbindung  der  ?*  Darmarterien  (A.  coeliaca.  A.  mesenterica 
sup.  und  inf.)  ausgeschaltet.  Das  Tier  liegt  mit  der  rechten  Seite  auf  einer 
gepolsterten  Unterlage;  auf  seiner  Unken  Seite  wird  ein  Längsschnitt  ge- 
führt, der  unter  der  letzten  Rippe  beginnt  und  sich  bis  nahe  zum  Darm- 
bein erstreckt.  Die  Wunde  durchsetzt  die  Cutis,  die  Scheide  des  Sacrolum- 
bahs  an  ihrem  von  der  Wirbelsäule  abgewendeten  Rande  und  gelangt 
damit  hinter  das  parietale  Blatt  des  Peritoneums  auf  die  vor  den  Lenden- 
wirbeln gelegenen  Weichteile.  Sorgfältige  Blutstillung  ist  nötig,  um  die 
Arterien  auffinden,  umschlingen  und  unterbinden  zu  können.  Die  Technik 
muß  vorher  an  der  Leiche  eingeübt  werden.  Nach  dem  Schließen  der  Bauch- 
wunde erholt  sich  das  Tier  zunächst,  nach  etwa  2  Stunden  treten  aber 
schwere  Krankheitserscheinungen  ein  und  nach  meist  5 — 6  Stunden  geht 
das  Tier  zugrunde. 

0.  Porges-)  hat  bei  großen  Kaninchen  mit  der  Leber  gleichzeitig 
das  ganze  Gebiet  der  Aorta  abdominalis  ausgeschaltet.  Nach  24- 
bis  48stündigem  Hungern  erhielten  die  Tiere  große  Dosen  von  Urethan 
per  os;  V2  Stunde  später  wurden  sie  aufgebunden;  dann  wurde  die  Trachea 
herauspräpariert,  die  Bauchhöhle  durch  einen  Kreuzschnitt  geöffnet,  die 
Aorta  und  die  V.  cava  inferior  samt  den  Lebervenen  unmittelbar  am  Durch- 
tritt durch  das  Zwerchfell  unterbunden,  schließüch  die  Pfortader  ligiert, 
die  Bauchhöhle  geschlossen.  Dann  wurde  die  Trachea  geöffnet  und  eine 
Trachealkanüle  eingeführt. 

In  der  Exspirationsluft  wurde  der  respiratorische  Quotient  bestimmt; 
er  war  gegenüber  den  Kontrolltieren  erhöht  (ca  0'9);  daraus  wurde  ge- 
schlossen, daß  in  den  so  verstümmelten  Tieren  fast  nur  Kohlenhydrate 
zur  Verbrennung  kommen. 

0.  Borges  und  Salomon'^)  wendeten  dann  eine  ähnliche  Versuchs- 
technik auch  bei  hungernden  pankreasdiabetischen  Hunden  an. 

Eine  weitgehende  Ausschaltung  der  Leberfunktion,  welche  die  Tiere 
längere  Zeit  überleben,  gehngt  dadurch,  daß  man  durch  Anlegen  einer 
künstüchen  Kommunikation  zwischen  Vena  portae  und  Vena  cava  ähn- 
üche   Verhältnisse   schafft,    wie    sie   bei  den  Vögeln   gegeben   sind  (Eck- 


*)  Blosse,  Der  Harn  nach  Unterbindung  der  drei  Darmarterien.  Arch.  f.  (Auat.  u.) 
Physiol  1890.  S.  482. 

^)  0.  Porges,  Über  den  respiratorischen  Quotienten  nach  Ausschaltung  der  Ab- 
dominalorgane. Biochem.  Zeitschr.  Bd.  27.  S.  131  (1910).  —  0.  Porges  und  H.  Salomon, 
Über  den  respiratorischen  Quotienten  pankreasdiabetischer  Hunde  nach  Ausschaltung 
der  Abdominalorgane.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  27.  S.  143  (1910). 


Arbeitsmethodcu  zur  Untersuchung  des  intermediären  Stoffwechsels.         1231 

sehe  Fistel).  Technik  siehe  Rd.  III,  8.  114.')  Die  Ausschaltunii'  der 
Leber  aus  dem  Stoffwechsel  ist  dabei  allerdings  keine  vollständige,  da  ja  die 
A.  hepatica  noch  Blut  einstninien  lälit:  aber  gerade  deshalb  bleuten  die  Tiere 
länü'ere  Zeit  am  Leben  und  können  zu  Stoff  Wechsel  versuchen  verwendet 
werden.  Namentlich  die  russischen  Autoren  haben  an  solchen  Tieren  die 
harnstoffbildende  Funktion  der  Leber  untersucht.-)  Aus  der  Beobachtunf.«-. 
daß  solche  Hunde  nach  reichlicher  Fleischfütterung  in  ihrem  Harn  Carba- 
minsäure  ausscheiden  und  Vergiftungssymptome  darbieten ,  welche  denen 
nach  Kinfiihrung  von  Carbamaten  in  die  Blntbahn  iihnlich  sind,  haben  diese 
Autoren  die  Ansicht  gewonnen,  daß  die  Carbaminsi'iure  die  Vorstufe  des 
Harnstoffes  ist,  deren  Umwandlung  in  Harnstoff  der  Leber  obliege. 

Die  Ausschaltung  der  Leber  durch  die  i-VA-sche  Operation  liefert  eine 
allgemein  anwendbare  Methode,  um  zu  beurteilen,  ob  ein  Stoffwechselvor- 
gang ausschließlich  an  die  Leber  gebunden  ist.  So  haben  Abderhalden  und 
London »)  die  Rolle  der  Leber  bei  der  Synthese  der  Eiweißkörper  aus  den 
Aminosäuren  untersucht.  Es  gelang  ihnen,  bei  einem  nach  Eck  operierten 
Hunde  mit  vollständig  abgebautem  Eiweiß  N-Eetention  zu  erzielen.  Die 
Funktion  der  Leber  ist  also  bei  der  Eiweißsynthese  jedenfalls  nicht  un- 
ersetzbar. 

"Will  man  die  Leber  völlig  ausschalten,  so  muß  man  die  £'cÄsche 
Operation  mit  Unterbindung  der  Leberarterie  kombinieren.  Dann  tritt  der 
Tod  aber  innerhalb  weniger  Stunden  ein,  so  daß  die  Tiere  zu  Stoffwechsel- 
versuchen kaum  benutzt  werden  können. 

Einen  einfachen  AVeg,  um  die  Funktion  der  Leber  auszuschalten,  ohne 
sie  zu  exstirpieren,  bietet  die  Methode  der  Säure  Verödung  nach  /•;.  J'ich-*): 
Man  legt  den  Ductus  choledochus  unter  antiseptischen  Kautelen  frei,  bindet 
eine  Glaskaniile  ein  und  läßt  aus  einer  langen,  mit  einem  Quetschhahn 
versehenen    Bürette    unter    einem    Druck,    der    einer    40^100'»/    hohen 

Wassersäule  entspricht,  ^  -Schwefelsäure  einlaufen,  etwa  6—7  cm»  pro  Kilo- 
gramm Tier.  Fr.  Pick  zieht  -JJ, -Schwefelsäure   vor,    Ib— 20  cni^   pro   Kilo- 

^  40 

gramm.  ^)  Dann  wird  der  Duct.  choledochus  abgebunden  und  die  Bauchhöhle 

geschlossen. 


1)  Eine  Modifikation  der  Methode  wurde  neuerdings  von  Fischlir  und  Schröder 
angegeben:  Eine  einfachere  Ausführung  der  ^cfcscheu  Fistel.  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm. 

Bd.  61.  S.  428  (1909). 

-)  M.  Hahn,  0.  Mri.9sen,  M.  Ncneki  und  J.  PaiHoir,  Die  Ecki^chc  Fistel  zwischen 
der  unteren  Hohlvene  und  der  Pfortader  und  ihre  Folgen  für  den  Organismus.  Arch.  f. 
exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  32.  S.  161  (18921 

»)  Abderhalden  und  London,  AVeitere  Versuche  zur  Frage  nach  der  Verwertung 
von  tief  abgebautem  Eiweiß  im  tierischen  Organismus,  ausgeführt  an  einem  Hunde  mit 
einer  Eckschm  Fistel.  Zeitschr.  f.  pliysiol.  Chem.  Bd.  54.  S.  80  (1907). 

*)  E.  Pick,  Versuche  über  funktionelle  Ausschaltung  der  Leber  bei  Säugetieren. 
Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  3d.  32.  S.  382  (1893). 

')  Friedel  Pick,  Über  die  Beziehungen  der  Leber  zum  Kohlenhydratstoffwechsel. 
Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  33.  S.  305  (1894). 


1232  Otto  Neubauer. 

Hunde,  die  in  dieser  Weise  behandelt  sind,  befinden  sich  durch  etwa 
15^27  Stunden  relativ  wohl  und  gehen  dann  unter  charakteristischen  Er- 
scheinungen zugrunde.  Der  Grad  der  Leberverödung  ist  jedesmal  durch  die 
Sektion  zu  kontrollieren.  x\.uch  an  Katzen  kann  der  Eingriff  ausgeführt 
werden.  Kaninchen  pflegen  die  Operation  nur  ganz  kurze  Zeit  zu  über- 
leben. 

Ein  Nachteil  der  Methode  ist  es,  daß  infolge  der  Notwendigkeit,  alle 
Gallengänge  zu  unterbinden,  Gallenretention  und  schwerer  Ikterus  eintritt. 
Ferner  ist  die  Leberzerstörung  keine  vollständige;  die  resorbierte  Säure 
kann  ihrerseits  Vergiftungserscheinungen  hervorrufen.  Die  Methode  ist  zum 
Studium  des  Kohlenhydratstoffwechsels  und  zur  Untersuchung  der  harnstoff- 
bildenden Funktion  der  Leber  herangezogen  worden,  i' '-) 

G.  Schädigungen  des  Verdauungstraktes. 

Die  Untersuchungen  bei  krankhaften  Störungen  des  Verdauungs- 
apparates kommen,  soweit  lediglich  die  resorptiven  Funktionen  gestört 
sind,  für  das  Studium  des  intermediären  Stoffwechsels  nicht  in  Be- 
tracht. Die  Darmschleimhaut  ist  aber  höchstwahrscheinüch  auch  der  Sitz 
der  ersten  Veränderungen  des  resorbierten  Materiales,  die  also  bereits  dem 
intermediären  Stoffwechsel  zuzurechnen  sind.  Manche  Beobachtungen  spre- 
chen dafür,  daß  auch  diese  P'unktionen  bei  Krankheiten  beeinträchtigt  sein 
können  (Albumosurie  bei  Darmkrankheiten,  stark  ausgesprochene  Aceton- 
urie  bei  manchen  Darmaffektionen,  Übertritt  verschiedener  Kohlenhydrate 
in  den  Harn  bei  magendarmkranken  Säuglingen  usw.j.  Für  das  Studium 
des  intermediären  Stoffwechsels  sind  diese  Zustände  aber  noch  nicht  me- 
thodisch herangezogen  worden. 

Bei  Tieren  dürfte  eine  vollständige  Ausschaltung  des  Darmes  auf 
operativem  Wege  gelingen. 

H.  Fettige  Degeneration, 

Das  Studium  der  fettigen  Degeneration  hat  bei  der  Diskussion  der 
Frage,  ob  Eiweiß  im  Organismus  in  Fett  übergehen  kann,  eine  große  Rolle 
gespielt.  Neben  gelegentlichen  Untersuchungen  an  menschlichen,  fettig  de- 
generierten Organen  ist  hier  besonders  das  Tierexperiment  herangezogen 
worden.  Fettige  Degeneration  kann  bei  Tieren  durch  verschiedene  Gifte 
erzeugt  werden:  P,  As,  Sb,  Phlorhizin,  Ol.  Pulegii,  Terpentinöl,  Safrol,  Apiol, 
Rosmarinöl,  Chloroform,  Alkohol,  Benzol,  Thymol,  Nitrobenzol,  Jodoform, 
Bakterientoxine  (z.  B.  Diphtherietoxiu);  ferner  durch  Pankreasexstirpation 
und  durch  Inanition. 


*)  Fnedel  Pick,  Über  die  Beziehungen  der  Leber  zum  Kohlenhydratstoffwechsel. 
Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  33.  S.  305  (1894). 

")  V.  Lieblein,  Die  Stickstoffausscheidung  nach  Leberverödung  beim  Säugetier. 
Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  33.  S.  318  (1894). 


Arbeitsmethodeu  zur  Untersuchung  des  intermodiäreu  Stoffwechsels.        1233 

Die  Vergiftunfj-  mit  Phosphor  hat  weitaus  am  häufigsten  An- 
wendung gefunden.  Die  Hauptsehwierigkeit  Hegt  in  der  Art  der  Applikation 
untl  in  der  Dosierung  des  Giftes. 

Zur  Darreichung  per  os  wird  der  V  in  riHenforni  gebracht  oder 
er  wird  als  Emulsion  gegeben;  jedoch  bekommen  die  Tiere  (Ilnndei  da- 
nach leicht  Erbrechen,   besonders  wenn  sie  gefüttert  worden  sind. 

H.  Leo'^)  hat  die  Darreichung  per  anum  empfohlen:  ein  kleines 
Reagensgläschen,  in  dem  sich  ein  Stück  P  befindet,  wird  zur  Hälfte  mit 
kochendem  Wasser  gefüllt,  hierauf  mit  einem  Korkstöpsel  verschlossen  nnd 
bis  zur  Abkühlung  des  AYassers  energisch  geschüttelt.  Dadurch  wird  der 
durch  das  heiße  Wasser  verflüssigte  Phosphor  auf  das  feinste  verteilt  und 
setzt  sich  nach  dem  Abkühlen  als  Pulver  ab.  Dieses  wird  dann  mittels  eines 
Katheters  in  das  Rectum  des  Tieres  eingeführt. 

Die  subkutane  Darreichung  hat  mit  der  Schwerlüslichkeit  des  P  in 
Wasser  zu  rechnen.  Die  meisten  Autoren  haben  zur  Injektion  1  Voigt' oder 
2Voige  Lösungen  in  Mandelöl  oder  in  Olivenöl  oder  auch  Emulsionen  mit 
Gummilösung  verwendet.  Zu  beachten  ist,  daß  bei  Untersuchungen  über 
den  Fettgehalt  der  ( )rgane  Injektionen  von  öligen  Lösungen  \'ersuchsfehler 
verursachen  können.  Da  die  Lösungen  und  Emulsionen  von  P  regelmäßig 
stark  sauer  reagieren,  so  soll  durch  Sodazusatz  neutrale  oder  schwach  al- 
kalische Reaktion  hergestellt  werden.  Die  Resoi'ption  öliger  Lösungen  aus 
dem  Unterhautfettgewebe  ist  von  allen  möglichen  unl)erechenbaren  Zufällig- 
keiten abhängig,  so  daß  die  Intensität  der  Wirkung  nicht  genau  voraus- 
zubestimmen  ist. 

Auch  intravenöse  Apphkation  wurde  in  Anwendung  gezogen  2),  führt 
aber  leicht  zu  Ölembolien  in  den  Lungen.  H.  Met/er^)  zog  daher  die  Ein- 
spritzung in  eine  Arterie  vor:  das  P-Öl  wird  mit  kohlensaurem  Natron 
möglichst  fein  emulgiert  und  in  peripherer  Richtung  in  die  Arteria  femo- 
ralis  injiziert,  so  daß  es  durch  die  Kapillaren  dei'  P'xtremität  gleichsam 
hindurchfiltriert. 

Das  Abwägen  des  Phosphors  (gelber  Phosphor)  muß  unter  Wasser 
erfolgen.  Der  Gehalt  der  Lösungen  und  Emulsionen  an  P  bleibt  nicht  kon- 
stant. Auch  der  P-Gehalt  des  Ol.  phosphorat.  der  Apotheken  ist  nicht  ver- 
läßlich. H.  Meyer  hat  den  Gehalt  der  Emulsionen  regelmäßig  durch  ( )\y- 
dation  mit  Salpetersäure  und  Fällen  mit  Mg-Mixtur  bestimmt. 

Die  zu  wählende  Dose  ist  natürlich  verschieden  nach  Art  und  Größe 
des  Tieres,  nach  der  Apphkationsweise  und  nach  dem  Grade  der  Vergiftung, 
die  erzeugt  werden  soll. 


')  //.  Leo,  Fettltihlung  und  Fetttransport  bei  Phosphoriutoxikatiou.  Zeitsclir.  für 
physiol.  Chem.  Bd.  9.  S.  4G9  (1885). 

-)  L.  Hermann  und  Brnnner,  Ein  \'ersuch  zur  Lehre  von  der  akuten  IMiosplior- 
vergiftuug.  Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  3.  S.  1  (1870). 

^)  H.  Mei/er,  Über  die  AVirkuiig  des  Phosphors  auf  den  tiiTischcu  ürgauismus. 
Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pbarui.  Bd.  14.  S.  313  (18'.)1 ). 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  78 


]^234  ö***^  Neubauer. 

Bei  Hunden  wurden  sowohl  bei  stomachaler  wie  bei  subkutaner  Appli- 
kation in  der  Regel  10 — 40  mg  verwendet  (bei  Tieren  von  etwa  10%  Kör-, 
pergewicht).  Der  Tod  tritt  dann  meist  etwa  in  4 — 6  Tagen  ein.  Wakemann^) 
ist  es  bei  wiederholten  (6 — 1:3)  Injektionen  kleinerer  Dosen  von  P-Öl  (meist 
jeden  dritten  Tag  0'5 — 0*8  cm^  IVooigen  Phosphoröls)  gelungen,  die  Tiere 
ziemlich  lange  am  Leben  zu  erhalten  (s.  auch  Ta/^ec^as  Versuche  oben  S.  1227). 

Bei  Mäusen  erzeugten  Kraus  und  Sommer-)  P-Vergiftungen  durch 
tägliche  Darreichung  von  3  mg  P  in  Pillenform.  Tod  nach  5 — 7  Tagen. 

Bei  Kaninchen  kommen  ähnliche  Dosen  zur  Anw-endung:  5  bis  10 
bis  40  mg  in  öliger  Lösung  subkutan.  Tod  gew^öhnlich  am  5.  bis  7.  Tage. 

Bei  Hühnern  wurde  neben  der  subkutanen  Injektion  (10  mg)  auch 
die  orale  Applikation  gewählt.  Fraenkel  und  Eoehmann  ^)  verfuhren  in  der 
Weise,  daß  sie  täghch  ein  Stückchen  Phosphor  (8 — 10 — 20  mg)  unter  Wasser 
abschnitten,  in  dem  mit  Wasser  gefüllten  Pyknometer  wogen  und  dann  dem 
Tiere  mit  einer  Brotpille  in  den  Hals  schoben.  Die  Tiere  gingen  nach 
4 — 8  Tagen  zugrunde. 

Bei  Fröschen  kann  man  den  Phosphor  entweder  unter  die  Haut 
oder  in  den  liückenlymphsack  einspritzen,  oder  man  injiziert  die  warme 
P-Emulsion  mittelst  einer  Fravaz&chen  Spritze  und  eines  Gummischlauches 
in  den  Magen.  *)  Erbrechen  tritt  nicht  ein.  Leo  hat  auch  bei  Fröschen  die 
Applikation  per  anum  bevorzugt.  Nach  einer  Dosis  von  1 — 4  mg  bleiben 
die  Tiere  noch  1 — 8  Tage  am  Leben.  Bei  vergleichenden  Untersuchungen 
über  Fettdegeneration  bei  Fröschen  hat  man  vor  allem  auf  die  sehr  ver- 
schiedene Ausbildung  der  Fettkörper  Rücksicht  zu  nehmen.  Man  soll  aus 
diesem  Grunde  nur  gleich  große  Tiere  gleichen  (reschlechtes,  am  besten 
Männchen,  zu  diesen  Versuchen  heranziehen.  Polimanti  ^)  empfiehlt  vor 
Anstellung  des  Versuches  die  Fettkörper  zu  exstirpieren :  man  öffnet  die 
Bauchhöhle,  bindet  mit  einer  FadenschUnge  das  Organ  erst  auf  der 
einen,  dann  auf  der  anderen  Seite  ab.  schneidet  ab  und  schheßt  die 
W^unde. 

P-vergiftete  Tiere  verweigern  im  allgemeinen  die  Nahrungsaufnahme; 
schon  aus  diesem  Grunde  ist  es  meist  zweckmäßig,  die  Versuche  von  vorn- 
herein im  vollständigen  Hungerzustande  auszuführen,  eventuell  schon  eine 
längerdauernde  Karenzperiode  vorausgehen  zu  lassen.  Übrigens  wird  bei 
der  P- Vergiftung  die  fettige  Degeneration  durch  Darreichung  von  Kohlen- 
hydraten  nicht   hintangehalten.    Bei   extrem    fettarm   gemachten   Tieren 


1)  Wakemann,  Über  die  chemische  Veränderung  der  Leber  bei  der  Phosphorver- 
giftung. Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  44.  S.  335  (1905). 

^)  Kraus  und  Sommer,  Über  Fettbilduug  bei  Phosphorintoxikation.  Beiträge  zur 
chem.  Physiol.  u.  Path.  Bd.  2.  S.  86  (1902). 

^)  Fraenkel  und  Roehmann,  Phosphorvergiftung  bei  Hühnern.  Zeitschr.  f.  physiol. 
Chem.  Bd.  4.  S.  439  (1880). 

*)  Athanasiu,  Die  Erzeugung  von  Fett  im  tierischen  Körper  unter  dem  Einfluß 
von  Phosphor.  Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  74.  S.  511   (1899). 

^)  Polimanti,  Über  die  Bildung  von  Fett  im  Organismus  nach  Phosphorvergiftung. 
Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  70.  S.  349  (1898). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersucliiing  des  iuteimediüren  Stoffwechsels.         l!^85 

erzeugt  Phosphor  (wie  auch  andere  ähnlit-he  Gifte)  keine  Verfettung  mehr: 
ein  Beweis,  daU  es  sich  bei  der  Verfettung  nicht  um  eine  Bihiung  von  Fett 
aus  Eiweiß  handelt.')  Das  Ansteigen  des  Fettgehaltes  des  Blutes  hei  der 
Phosphorvergiftung  spricht  ebenfalls  dafür,  daß  das  Fett  durch  'I'ransport 
ans  den  Depots  in  die  inneren  Organe  gelangt. 

Zu  berücksichtigen  ist,  daß  die  Störung  bt  i  dei'  i'hosphorveruiftunti 
sich  nicht  allein  auf  die  fettige  Degeneration  beschränkt,  somk'i  ii  daß  auch 
schwere  Störungen  des  Kohlenhydrat-  und  des  Eiweißstoffwechsels  vorhan- 
den sind.  ÄhnUchcs  gilt  wohl  auch  von  den  meisten  andeiTU  Giften,  mit 
denen  man  fettige  Degeneration  hervorrufen  kann. 

Daß  man  mit  Phlorhizin  eine  hochgradige  Verfettung  der  Leber  er- 
zeugen kann,  hat  Bosenfeld'^)  beschrieben.  Plr  gab  Hunden  von  3 — b  kg 
Körpergewicht,  die  ö  Tage  gehungert  hatten,  am  6.  und  T.Tage  10  g 
Phlorhizin  pro  Kilogramm  Körpergewicht  in  AVasser  und  tötete  die  Tiere 
I  am  8.  Tage.  Er  fand  dann  regelmäßig  eine  Fettleber  mit  einem  Fettgehalt 
von  25 — 75 Vo-  ^vii  Trockensubstanz  berechnet.  Werden  die  Tiere  am  Leben 
gelassen,  so  heilt  die  Fettleber  wieder.  Darreichung  von  Glykogenbildnem 
beschleunigt  diese  Heilung,  wie  sie  auch  von  vornherein  die  Entstehung 
der  Fettleber  zu  verhindern  vermag.  Nach  Roseufeld^)  ist  damit  sogar 
eine  Methode  gegeben,  um  festzustellen,  ob  eine  Substanz  ein  (Tl\kogen- 
bildner  ist. 

Um  mit  Alkohol  Leberverfettung  mit  Sicherheit  zu  erzeugen,  hat 
Rosenfeld  folgende  Methode  angegeben:  Man  läßt  Hunde  5  Tage  lang  hun- 
gern und  gibt  ihnen  dann  täglich  3V2 — 4  cm^  Alkohol  pro  Kilogramm  ohne 
sonstige  Nahrung.  P'.rtragen  sie  mehr  als  4  solche  Dosen,  so  haben  sie 
eine  Fettleber  von  durchschnittlich  227o-  -■'^uch  diese  \'erfettung  heilt  aus. 

Auch  die  von  Falk*)  beschriebene  Verfettung  der  inneren  ( h'gane 
durch  Ol.  pulegii  ist  zu  Versuchen  herangezogen  worden.  Das  Mittel  wirkt 
analog  wie  Phosphor. 

Andere  Gifte,  durch  die  ebenfalls  Verfettung  erzielt  werden  kann, 
wurden  oben  genannt,  sind  aber  zu  Stoffwechselversuchen  kaum  herange- 
zogen worden. 

Auch  durch  reichliche  Blutentziehungen  gehngt  es.  \erfettung  zu 
erzeugen. 

Liften  &)  hat  hungernde  Meerschweinchen  mehrere  Tage  lang  einer 
Überhitzung  (36 — 37")   ausgesetzt   und    so  fettige  Degeneration  erzielt. 


»)  G.  Rosenfeld,  Fetthildung  II.  Eigohiiisso  d.  Physiol.  Jg.  II.  Biochoiu.  S.  hO  (15K)3). 

*)  G.  Eosenfeld,   Die  Fettlelier  beim  rhbirhizindiabetes.  Zoitschr.  f.  klin.  Medizin. 
Bd.  28.  S.  256  (1895). 

=*)  G.  Rosen  fei  ci,  Beiträge  zur  Pathologie    des.  Alkohols.    ZeutnilM.  f.  innere  Med. 
Bd.  21.  S.  1049  (19Ü0). 

*)  Falk,  Über  Oleum  pirlegii.  Therapeutische  Monatshefte.    Bd.  4.    S.  448  (1890). 

'^)  Liften,  Über  die  Einwirkung    erhöhter  Temperatur  auf  den  Organismus.    I'/V- 
d,ows  Archiv.  Bd.  70.  S.  10  (1877). 

78* 


1936  Otto  Neubauer. 

Nach  Mottram  ^)  bewirkt  bei  Meerscliweinchen  und  bei  Kaninchen  schon 
kurzdauernder  Hunger  (24 — 48  Stunden)  eine  beträchtliche  Fettzuuahme 
in  der  Leber. 

Um  die  Wanderungen  des  Fettes  im  Organismus,  besonders  bei  der 
pathologischen  Verfettung,  verfolgen  zu  können,  hat  Lebedef-)  zuerst  ver- 
sucht, den  Versuchstieren  mit  der  Nahrung  ein  Fett  beizubringen,  das  sich 
von  dem  Körperfett  unterscheidet  und  deshalb  in  den  Organen  leicht  er- 
kannt und  bestimmt  werden  kann. 

Er  fütterte  einen  11-6%  schweren  Hund  l^'a  Wochen  lang  mit 
Fleisch  und  Leinöl  (2680  (jr  Fleisch,  2015  (/  Leinöl).  Dann  ließ  er  ihn,  um 
den  Darmkanal  von  Nahrungsfett  zu  befreien,  24  Stunden  hungern,  gab 
80  mg  P  in  Lösung  und  nach  2  Tagen  nochmals  dieselbe  Dosis  ;  35  Stunden 
später  ging  das  Tier  zugrunde.  Das  Fett  aus  dem  UnterhautzeUgewebe, 
den  Muskeln  und  den  inneren  Organen  wurde  durch  Extraktion  mit  Alko- 
hol und  Äther  gewonnen,  durch  Lösen  in  einer  kleinen  Menge  Äther  ge- 
reinigt und  in  folgender  Weise  untersucht: 

Eine  gewogene  Menge  wird  durch  alkoholische  Natronlauge  verseift; 
die  Natronseifen  werden  in  die  Bleiseifen  übergeführt;  aus  diesen  wird 
durch  Äther  das  Ölsäure  und  leinölsaure  Blei  extrahiert ;  aus  der  ätherischen 
Lösung  werden  die  freien  Ölsäuren  durch  HCl  abgeschieden,  der  Äther 
durch  Destillation  entfernt  und  das  Wasser  vorsichtig  von  den  Ölsäuren 
getrennt ;  durch  das  Gemisch  beider  Ölsäuren  wird  salpetrige  Säure  durch- 
geleitet; dabei  wird  die  Ölsäure  in  feste  Elaidinsäure  umgewandelt,  während 
die  Leinölsäure  flüssig  bleibt  (auch  die  Unlöslichkeit  des  leinölsauren  Ba 
in  Äther  kann  zur  Trennung  der  Leinölsäure  von  der  Ölsäure  verwendet 
werden).  Auf  diese  Weise  wurde  im  Leberfett  54 Vo  Leinölsäure  gefunden: 
damit  war  bewiesen,  daß  das  Fett  der  fettig  degenerierten  Organe  wenig- 
stens zu  einem  großen  Teil  aus  dem  Nahrungsfett  stammt,  also  nicht 
aus  dem  Körpereiweiß  entstanden  ist. 

Lehedeffs  Methode  zum  Nachweis  der  P'ettwanderung  ist  dann  be- 
sonders von  Rosenfeld  weiter  ausgebildet  und  zu  zahlreichen  Experimenten 
herangezogen  worden.  L^m  die  Versuche  recht  beweisend  zu  gestalten, 
sollen  die  Fettdepots  des  Tieres  vom  Körperfett  möglichst  befreit  und  dann 
durch  das  körperfremde  Fett  angefüllt  werden.  Darauf  wird  die  Leber  durch 
längeres  Hungern  wieder  mögüchst  fettfrei  gemacht  und  erst  dann  die 
Vergiftung  eingeleitet.  Als  Kontrolltiere  dienen  Hunde,  die  ebenso  vorbe- 
handelt ,  aber  nicht  vergiftet  worden  sind.  Als  körperfremde  Fette  können 
die  oben  S.  1157  erwähnten  Fette  Verwendung  finden.  Beispiele  für  solche 
Versuche  bei  Rosenfeld,  Fettbildung  H.  Ergebnisse  der  Physiologie  H, 
Biochemie  S.  64  ff.  (1903). 


^)  Mottram,  Fettiufiltratioii  der  Leber,  durch  Hunger  verursacht.  Zeitschr.  f. 
Biol    Bd.  52.  S.  280  (1909). 

-)  Lebedef,  Woraus  bildet  sich  das  Fett  in  Fallen  der  akuten  Fettbildung V  Arch. 
f.  d.  ges.  Physiol".  Bd.  31.  S.  11  (1883). 


Arbeitsmethoden  zur  Untcrsucluuig  des  intermediären  Stuffweclisels.         12H7 

Leick  und  Winckkr  i)  IuiIjou  mit  dersclhon  .Mi'tliode  auch  für  die  Hcrz- 
vorfcttunf''  bei  l'-\'eriiiftuni>-  die  Kntstcliun^-  auf  dem  Wciie  der  Fcttein- 
Avandcrung-  aus  don  Depots  siclierj^estellt.  Zur  l'utersucliuug  des  verfetteten 
Herzmuskels  sind  nur  die  mittleren  Scliiehten  des  Herzmuskels  heranzuziehen.'-) 

Über  die  Fettbestimmunt;-  in  den  fettig  degenerierten  ( )rganen  und 
über  die  Methoden  der  Charakteiisierung  des  Organfettes  siehe  dieses 
Werk.  Bd.  II,  S.  199  und  Bd.  V,  S.  477.  /u  beachten  ist,  da(i  nach  Rosrn- 
fdd  speziell  in  der  Niere  des  Menschen  die  makroskopische  und  mikro- 
skopische Schätzung  des  Fettgehaltes  vollständig  versagt:  der  ..\'erfettung" 
im  morphologischen  Sinn  entspricht  nicht  immer  eine  wirkliche  Vermehrung 
des  Fettgehaltes. 

J.  Störungen  der  Respiration. 

Die  menschliche  Pathologie  bietet  häufig  Gelegenheit,  den  Stoffwechsel 
bei  Sauerstoffmangel  zu  untersuchen.  Eine  Erschwerung  der  \'ersorgung 
der  Gewebe  mit  0  kann  durch  verschiedene  Momente  verursacht  sein : 
Durch  Atmung  in  verdünnter  Luft ,  durch  Störung  der  äußeren  Respiration 
(Lähmungen  und  Krämpfe  der  Atmungsmuskel,  Stenose  der  Atmungswege, 
Erkrankungen  der  Lunge,  des  Herzens):  durch  Erkrankung  des  ()-Trägers 
im  Blut  (CO- Vergiftung,  schwere  Anämien)  und  endlich  durch  Störung 
der  Kespiration  der  Gewebe  (Blausäurevergiftung).  Bei  all  diesen  Prozessen 
hat  man  öfters  Stoffe  im  LTrin  gefunden,  welche  als  intermediäre  Stoffe, 
als  Produkte  einer  unvollständigen  Oxydation  gedeutet  worden  sind. 

So  besonders  die  Milchsäure  bei  schweren  Herzfehlern  ( Voges, 
Zueher),  bei  hochgradiger  Anämie  (Hoppe- Sei/ler),  in  der  Agone  firisaua), 
bei  der  CO-Vergiftung  (Münzer  und  Palma);  vielleicht  gehört  auch  die 
Milchsäureausscheidung  nach  dem  epileptischen  Anfall  (Araki,  liohde) 
hierher.  Über  den  Nachweis  der  Milchsäure  im  Urin  und  im  Blut  siehe 
dieses  Werk.  Bd.  II,  S.  28  und  Bd.  V,  S.  1254. 

Ferner  Traubenzucker;  sehr  häufig  wurde  dieser  bei  der  CO-\"er- 
giftung  gefunden;  bei  schwerer  Dyspnoe  dagegen  in  der  Kegel  nicht.  Samujn 
erwähnt  zwei  Fälle,  in  welchen  nach  lang  bestehender  Dyspnoe  der  Zucker- 
gehalt des  Blutes  vermehrt  war.  Faul  Mayer  hat  angegeben,  daß  bei 
dyspnoischen  Zuständen  verhältnismäßig  oft  Glykurousäure  als  unvoll- 
ständiges Oxydationsprodukt  des  Zuckers  im  Harn  gefunden  wird. 

Frerichs  und  Wühler  l)etrachten  die  Oxalsäure  als  Produkt  einer 
unvollständigen  Oxydation  der  Harnsäure. 

van  Hoogenhuyze  und  Verploegh^)  haben  ihre  Kreatinin-  und  Ivn>atin- 
ausscheidung   in    Utrecht,   auf   dem    Col   d"ol"u    (2000///)   und   auf  der 


')  Leick  und  Wincklcr,  Die  Herkunft  des  fettes  hol  F'ettmetaniorphnse  des  Herz- 
leisches.  Archiv  f.  exp.  Patliol.  u.  IMiarm.  Bd.  48.  8.163  (l')02|. 

'-)  Krehl,  Über  fettige  Degeneration  des  Herzens.  Deutsches  Archiv  f.  kliu. 
ledizin.  Bd.  51.  S.416  (1893). 

^)  lati  Jloor/enhui/zc  und  \'erplo('(ih ,  t)bi'r  den  Einfluß  von  Sauerstoffarniiit  .nif 
ie  Kreatininausschcidung.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  59.  S.  IUI  (1909). 


2^238  ^^^'^  Neubauer. 

Margheritahütte  (4560/«)  bei  gleicher  Kost  verglichen.  In  der  Höhe  war 
die  Kreatininausscheidimg  gesteigert.  Sie  sehen  dies  als  eine  Folge  des 
Sauerstoffmangels  an,  da  auf  dem  Col  d'Olen  bei  Einatmung  von  reinem 
Sauerstoff  die  Kreatininmenge  wieder  sank. 

Eingehende  Untersuchungen  ermögUchen  erst  Tierexperimente. 

Um  Fl espirations Störungen  bei  Tieren  künstlich  hervorzurufen, 
bediente  sich  Senator  ^)  der  Einschnürung  des  Thorax  durch  eine  elastische 
Binde,  die  nach  Bedürfnis  mehr  weniger  fest  angezogen  werden  konnte. 
Das  Verfahren  hat  vor  anderen  (z.  B.  dem  früher  geübten  der  Einspritzung 
von  Öl  in  die  Luftröhre)  den  Vorteil,  daß  es  jede  Körperverletzung  ver- 
meidet. Senator  beobachtete  bei  seinen  Tieren  wiederholt  Glukosurie ;  auch 
fiel  auf,  daß  der  Harn  stärker  sauer  wurde. 

Simanowsky  und  Schoumoff^)  behinderten  die  Atmung  der  Tiere 
durch  Umschnürung  der  Trachea;  sie  fanden,  daß  solche  Tiere  eine  Störung 
des  Oxydationsvermögens  darbieten,  indem  sie  von  eingegebenem  Benzol 
einen  viel  kleineren  Teil  zu  Phenol  oxydieren  als  normale. 

Reale  und  Boeri^)  hinderten  die  Atmung  von  Hunden  durch  ein 
Sayresches  Gipskorsett:  sie  fanden  eine  Steigerung  der  Oxalsäureaus- 
scheidung. 

F.  Hoppe-Seyler  und  seine  Schüler  Stroganow  und  Äraki  erzeugten 
Dyspnoe  durch  ungenügende  0-Zufuhr.  Sie  brachten  die  Versuchstiere  in 
einen  ziemlich  luftdichten  Holzkasten  oder  unter  eine  Glasglocke.  Sie  sorgten 
dafür,  daß  die  ausgeatmete  CO2  durch  Kalilauge  absorbiert  und  immer 
wieder  durch  atmosphärische  Luft  ersetzt  wurde;  der  0-Gehalt  nahm  infolge- 
dessen langsam  ab  und  die  Dyspnoe  entwickelte  sich  ganz  allmählich.  Bei 
einem  Gehalt  der  Atmungsluft  von  ungefähr  3"5Vo  0  tritt  der  Tod  ein. 
Abbildung  des  Apparates  siehe  bei  Stroganow  und  bei  Hoppe-Segler.  *) 
Man  kann  zu  derartigen  Versuchen  auch  N  und  0  (oder  atmosphärische 
Luft)  aus  Bomben  in  beliebiger  Weise  mischen  und  durch  die  Glasglocke 
durchleiten. 

Äraki  ^)  fand  mit  der  Hoppe-Seglerschen  Versuchsanordnung  bei 
Hunden  und  Hühnern  fast  immer  Zucker  und  Milchsäure  im  Harn. 


')  Senator,  Experimentelle  Untersuchungen  über  den  Einfluß  der  Respirations- 
störungen auf  den  Stoffwechsel.   Virchows  Archiv.  Bd.  42.  S.  1   (1868). 

-)  SimanoivsTcij  und  Schoxitnojf,  tlber  den  Einfluß  der  Alkalien  und  des  Morphiums 
auf  die  physiologische  Oxydation.  Archiv  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  34.  S.  251  (1884). 

^)  Reale  und  Boeri,  t)ber  die  Bildung  der  Oxalsäure  im  Organismus  bei  Sauer- 
stoffmangel. Wiener  med.  Wochenschr.  1893.  S.  1545. 

■*)  Stroganow,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Oxydationsprozesse  im  normalen  und  Er- 
stickungsblute.  Arch.  f.  d.  ges.  Phys.  Bd.  12.  S.  18  (1862).  —  Hoppe-Setßer ,  Bemerkungen 
zu  der  Mitteilung  von  Herrn  D.  Äraki.  Zeitschr.  f.  phys.  Chemie.   Bd.  19.  S.  476  (1894). 

')  Äraki,  Über  die  Bildung  von  Milchsäure  und  Glykose  im  Organismus  bei 
Sauerstoffmangel.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  15.  S.  335  (1891).  —  tfber  die  chemi- 
schen Änderungen  der  Lebensprozesse  infolge  von  Sauerstoffmangel.  Ebenda.  Bd.  19. 
S.  422  (1893). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  intermediären  Stoffwechsels.        1239 

P.  Mai/cr^)  erzeugte  hei  einem  Kaiiiiichcii  Hyspuoe.  iiuieiii  ei'  in 
die  Trachea  ein  Cilasrohr  mit  (iummisclilaiah  und  (^)uet.scliliuhn  eiiiband. 
Im  Harn  der  nächsten  12  Stunden  koimte  er  nicht  nur  Zucker,  sondern 
auch  erhebliche  Mengen  von  gepaarter  (ilykuronsäure  nachweisen.  Er 
faßt  die  Glykuronsüure  als  Prochikt  einer  unvollkommenen  Zuckerver- 
brennung auf. 

Störungen  des  O-Austausches  der  Gewebe  dui'ch  experimentell  gesetzte 
Anämie  suchte  Araki-)  durch  ausgiebige  Aderlässe  zu  erreichen  (bei 
Kaninchen  60 — 100 cw/'',  bei  mittelgrolien  Hunden  bis  zu  ca.  800 cm^;.  Er 
konnte  aber  keine  abnormen  Substanzen  im  Harn  finden. 

Ferner  gibt  es  eine  Reihe  von  Giften,  deren  Wirkung  als  Folge 
gestörter  0-Atmung  aufgefaßt  wird. 

In  erster  Linie  steht  hier  das  Kohlenoxyd,  das  bekanntlich  mit 
dem  Hb  des  Blutes  eine  feste  Verbindung  eingeht,  so  daß  dieses  seiner 
Funktion  als  0-Überträger  nicht  mehr  nachkommen  kann.  Im  Harn 
der  vergifteten  Tiere  hat  man  fast  regelmäßig  Zucker  {likhardson^) 
und  Milchsäure  (Araki'^)  gefunden.  Zuntz  deutete  die  Befunde  bei  CO- 
Vergiftung  als  Folgen  einer  Beeinträchtigung  der  Oxydationsvorgänge; 
doch  ist  diese  Auffassung  nicht  sicher  bewiesen  (es  ist  auch  die  Hippur- 
säuresynthese  gehemmt). 

Zur  experimentellen  CO-\'ergiftung  hat  man  Hunde,  Kaninchen  und 
Hühner  verwendet.  Die  Verwendung  von  Leuchtgas  ist,  da  dieses  auch  noch 
andere  giftige  Stoffe  enthält,  zu  verwerfen.  Besser  ist  schon  die  Verwendung 
von  Kohlendunst,  z.  B.  das  Aufstellen  eines  mit  Steinkohlen  gefüllten  AVind- 
ofens.  *)  Am  richtigsten  ist  es,  reines  CO-Gas  herzustellen,  entweder  durch 
Erhitzen  von  konzentrierter  Ameisensäure  oder  von  gelbem  Blutlaugensalz 
mit  konzentrierter  Schwefelsäure.  Das  gebildete  Gas  wird  mit  konzen- 
trierter Schwefelsäure  und  Kalilauge  gewaschen  und  in  einem  Gasometer 
aufbewahrt. 

Die  Vergiftung  erfolgt  entweder  in  der  Weise,  daß  man  das  Tier 
in  einen  abgeschlossenen,  mit  Cü-haltiger  Luft  gefüllten  I\aum  bringt  (Glas- 
glocke. Kasten),  oder  indem  man  das  in  einem  Gasometer  vorrätig  ge- 
haltene CO  durch  eine  aus  Tierblase  bestehende  Maske  inhalieren  läßt:  die 
Einatmung  erfolgt  nicht  direkt  aus  dem  Gasometer,  sondern  aus  einer  je 
nach  P)edarf  gefüllten  Tierblase,  die  mit  der  Maske  durch  ein  T-I{(»hr  ver- 


')  P.  Mayer,  Über  unvollkonimcno  Zuckcroxydatiou  im  Organismus.  Deutsche 
med.  Wocheuschr.  Jg.  27.  S.  243  u.  2(52  (15)01). 

-)  Araki,  Über  die  chemischen  Andcrunireu  der  Lebensprozesse  infolge  von 
O-Mangel.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  19.  S.  422  (1893). 

^)  Hichanlson,  Lccturo  on  diabetes  delivered  at  the  Grosvenorplace.  Medic.  Times 
and  Gazette.  Vol.  1.  p.  233  (1862). 

*)  Eiefel  und  Polcck,  Über  Kohlendunst  und  Leuchtgasvergiftung.  Zeitschr.  f. 
Biol.  Bd.  16."  S.  277  (1880). 


1240  Otto  Neubauer. 

blinden  ist  {Straub'^).  Die  Dosierung  ist  ziemlich  schwierig.  Sie  muß  nach 
den  eintretenden  Vergiftungserscheinungen  geregelt  werden.  Die  ^'ergiftung 
•darf  nicht  zu  schwach  sein,  wenn  es  zu  den  charakteristischen  Erscheinungen 
der  Stoffwechselstörung  kommen  soll.  Hunde  läßt  man  so  lange  CO  einatmen, 
bis  Krämpfe  eintreten;  dann  muß  man  aussetzen,  weil  sonst  die  Tiere  zu- 
grunde gehen.  Wenn  Herzstillstand  droht,  so  muß  künstliche  Atmung  einge- 
leitet werden.  In  der  Regel  erholen  sich  die  Tiere  sehr  rasch  wieder  von 
der  Vergiftung.  Es  empfiehlt  sich,  die  Vergiftung  im  Laufe  von  1 — 1 1/2  Stunden 
4 — 5mal  zu  wiederholen.  Nach  der  3.  und  4.  Vergiftung  muß  man  eine  etwas 
längere  Pause  eintreten  lassen.  Das  Tier  kann  jeden  Tag  zu  neuen  Versuchen 
verw^endet  werden,  da  weder  chronische  Vergiftung,  noch  Angewöhnung 
eintritt.  1) 

Will  man  mit  Sicherheit  (Hvkosurie  erzeugen,  so  verwendet  man 
reichlich,  speziell  mit  Eiweiß,  gefütterte  Tiere. 

Hungertiere  (3 — Stägiges  Hungern)  bekommen  durch  CO  keine  Gly- 
kosurie.  Sie  sind  daher  geeignet  zur  Entscheidung  der  Frage  nach  der 
Quelle  des  bei  der  Vergiftung  ausgeschiedenen  Zuckers.  Man  kontrolliert 
zunächst,  daß  das  Tier  bei  CO-Vergiftung  im  Huugerzustande  keinen 
Zucker  ausscheidet  und  gibt  dann  erst  die  zu  prüfende  Substanz.  So  wurde 
gefunden,  daß  beim  CO-Diabetes  in  Zucker  übergehen:  Fleisch,  Eier- 
eiweiß, Leim,  Asparaginsäure,  Glutaminsäure,  die  alkohollöslichen  Pro- 
dukte aus  Pankreas  verdautem  Fibrin;  dagegen  nicht:  Traubenzucker  (!), 
Milchzucker,  Stärke  (!),  alkohoUösUches  „Pepton'",  die  basischen  Substanzen 
der  Eiweißverdauung,  Leuzin. 

Milchsäure  findet  sich  im  Harn  der  CO-vergifteten  Tiere  dagegen 
auch  im  Hungerzustande.  2)  Es  ist  festgestellt,  daß  CO-vergiftete  Tiere  im 
Gegensatz  zu  normalen  zugeführte  Milchsäure  nur  sehr  schlecht  verbrennen, 
daß  also  wohl  eine  Hemmung  der  Abbauprozesse  vorliegt.  Die  CO-Vergif- 
tung dürfte  sich  deshalb  zu  Studien  über  die  Quellen  dieses  wichtigen 
intermediären  Stoffwechselprozesses  eignen. 

Auch  bei  vielen  anderen  Stoffwechselgiften  hat  man  angenommen,  daß  sie  durch 
Beeinträchtigung  der  0-Atniung  wirken.  ^) 

So  sollen  die  Blutgifte  (Nitrite,  Amylnitrit,  Nitrobenzol,  Anilin,  Toluylendiamin. 
Pyrogallol,  Galleusäuren,  Arsenwasserstoff  usw.)  durch  Zerstörung  der  roten  Blutkörper- 
chen dazu  führen,  daß  die  Gewebe  nicht  mehr  genügend  mit  0  versorgt  werden. 


*)  Straub,  Über  die  Bedingungen  des  Auftretens  der  Glykosurie  nach  der  CO-Ver- 
giftung. Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  38.  S.  139  (1897).  —  Bosenstein,  Über  den  Ein- 
fluß der  Nahrung  auf  die  Zuckerausscheidung  beim  CO-Diabetes.  Arch.  f.  exp.  Pathol.  u. 
Pharm.  Bd.  40.  S.  363  (1898).  —  Yamossy,  Beitrag  zur  Kenntnis  des  Kohlenoxyddiabetes. 
Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Pharm.  Bd.  41.  S.  273  (1898).  —  S.  Weber,  Über  die  Beeinflussung 
des  Stoffwechsels  durch  einige  pharmakologisch  wichtige  Stoffe.  Ergebnisse  der  Physio- 
logie. Jg.  III.  Biochemie.  S.  233  (1904). 

^)  Araki,  Über  die  Bildung  von  Milchsäure  und  Glykose  im  Organismus  bei  Sauer- 
stoffmangel. Zeitschr.  f.  physiol.  äiem.  Bd.  15.  S.  335  (1891). 

^)  S.  0.  Loewi,  Arzneimittel  und  Gifte  in  ihrem  Einfluß  auf  den  Stoffwechsel  in 
V.  Noordens  Handbuch  der  Pathologie  des  Stoffwechsels.  Bd.  2.  S.  692  (1907). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  intermediären  Stoffwechsels.        1241 

Andere  Gifte  dürften  die  O-Atmung  dadurch  stören,  daß  sie  die  Atmung  und 
Zirkulation  beeinträchtigen :  Narkotika  in  großen  Dosen  (Athor,  Aceton.  Chloroform, 
Morphium),  Curare;  die  Krampfgifte  (Strychnin)  außerdem  auch  noch  dadurch,  daß 
sie  gleichzeitig  durch  die  Ausliisung  der  Kriinipfo  eine  Steigerung  des  ()- Bedürfnisses 
verursaclien. 

Von  der  Blausäure  wird  angenommen,  daß  sie  direkt  die  Oxydationsenergie 
der  Zellen  beeinträchtigt.') 

Auch  die  Stoffwechsclgifte,  welciie  (wie  der  Piiosphor)  eine  Verfettung  der  Organe 
bedingen  (s.  oben  S.  1232),  setzen  die  Oxydationsprozesse  herab. 

Es  ist  bemerkenswert,  dal»  man  bei  all  dicken  verschiedenen  Ver- 
giftungen geradeso  wie  bei  Dyspnoe  so  häufig  Zucker  und  Milch- 
säure im  Harn  gefunden  hat:  danach  ist  es  in  der  Tat  wahrscheinlich,  da!) 
bei  diesen  Vergiftungen  Störungen  der  ( )xydationsprozesse  vorliegen :  doch 
sind  die  Verhältnisse  sicher  viel  komplizierter  als  bei  der  einfachen  Be- 
hinderung der  äulieren  Atmung.  Das  ist  wohl  der  Orund .  warum  diese 
Vergiftungen  zur  Erforschung  des  intermediären  Stoffwechsels  so  wenig 
herangezogen  worden  sind,  mit  Ausnahme  der  T-Vergiftung,  bei  der  aber 
die  besondere  Schädigung  der  Leber  einen  sehr  wesentlichen  Anteil  an 
dem  Krankheitsbilde  hat. 

Die  meisten  Autoren  haben  das  Auftreten  der  genannten  patholo- 
gischen Produkte  (Zucker.  Milchsäure,  ^'ernlehrung  der  Oxalsäure,  des 
Kreatinins,  der  Glykuronsäure)  im  Harn  bei  P)ehinderung  der  Atmung  so 
aufgefaßt,  daß  diese  Stoffe  Zwischenprodukte  des  normalen  intermediären 
Stoffwechsels  seien,  die  aber  infolge  des  gesetzten  ( )-Mangels  der  weiteren 
Oxydation  entgehen.  Demgegenüber  muß  aber  betont  werden,  daß  mög- 
licherweise unter  dem  Einfuß  des  O-Mangels  die  Stoffwechselprozesse  von 
vornherein  ganz  anders  verlaufen  als  unter  den  gewöhnlichen  Lebensbedin- 


gungen. 


K.  Anoxybiose. 


Die  gleiche  F'rage  ergibt  sich,  wenn  man  die  Erfahrungen,  die  beim 
Leben  unter  vollständigem  Ausschluß  des  O  gewonnen  worden  sind,  zur 
Aufklärung  intermediärer  Vorgänge  verwerten  will.  Nur  dann,  wenn  die 
Besonderheiten  des  anoxybiotischen  Stoffwechsels  so  zu  erklären  sind,  daß 
infolge  Sauerstoffmangels  die  Abbauprozesse  vorzeitig  ahgebrochen  werden, 
darf  man  seine  Endprodukte  mit  den  Zwischenprodukten  des  oxybiotischen 
Stoffwechsels  identifizieren. 

Warmblüter  sind  zu  Versuchen  unter  vollständig  ano.xybiotischen 
Bedingungen  nicht  geeignet,  weil  sie  bei  vollständigem  Sauerstoffmangel 
sofort  zugrunde  gehen.  Eine  Ausnahme  machen  nur  die  ..heterothermen" 
Tiere  während  des  Winterschlafes,  währenddessen  sie  sich  wie  Kaltblüter 
verhalten. 2)  In  diesem  Zustande  bleiben  sie  im  sauerstoffreien  Baum  o'mo 


^)  Zillessen,  Über  die  Bildung  von  Milchsäure  und  Glykose  in  den  Orgauen  bei 
gestörter  Zirkulation  und  liei  der  Blausäurevergiftung.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  15. 
S.  387  (1891). 

^)  Siehe  Merzbacher,  Allgemeine  Physiologie  des  Winterschlafs.  Ergebnisse  der 
Physiologie.  Jg.  3.  Biophysik.  S.  214  (1904).' 


]^942  ö**o  Neubauer. 

Zeitlang    am  Leben.    So  hSitKoeninck^)  Fledermäuse  in  einem  abgesperr- 
ten Raum  von  140  cw^  entsprechend  etwa  2^  cm^  Sauerstoff   bis    zu  zwei. 
Tagen   am   Leben    erhalten.    Ähnliche  Erfahrungen    haben  RekjnauU   und 
Reiset  an  winterschlafenden  Murmeltieren  gemacht. 

Anoxybiotisch  verlaufen  ferner  die  Prozesse  bei  der  Autolyse  von 
Warmblüterorganen  (siehe  unten). 

Darauf,  daß  Kaltblüter  in  ()-freier  Luft  zu  leben  vermögen,  hat 
Pflügev^)  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  gelenkt.  Er  brachte  Frösche, 
nachdem  er  ihre  Lungen  unter  Hg  gut  ausgedrückt  hatte,  in  reinen  N 
unter  eine  mit  schmelzendem  Eis  gekühlte,  durch  Hg  abgeschlossene  Glas- 
glocke. Die  Tiere  blieben  mindestens  IIV2  Stunden  am  Leben,  bei  vöUiger 
Integrität  ihrer  wesentlichen  Funktionen;  dann  traten  Lähmungen  auf, 
doch  erholten  sich  die  Tiere  wieder,  wenn  sie  an  die  Luft  gebracht  wurden. 

E.  Lesscr  3)  hält  die  Frösche  (Winterfrösche)  in  Rezipienten  von 
IV2 1  Lihalt,  die  unter  Wasser  oder  Hg  versenkt  sind  ;  es  wird  reiner 
N  hindurchgeleitet.  Zur  Verwendung  kommt  N  aus  Bomben;  er  muß  von 
beigemengtem  ()  gereinigt  werden,  indem  er  durch  ein  Pettenkofersche& 
Rohr  mit  Cu-Spiralen  und  NH3  und  CO3  (NH4)2  geleitet  wird;  zur  völligen 
Entfernung  des  Sauerstoffes  passiert  er  dann  noch  zwei  Gaswaschflaschen, 
die  mit  alkahscher  Pyrogallollösung  (KOH  75 Vo  mit  10 Vo  Pyrogallussäure) 
gefüllt  und  in  heiße  Wasserbäder  (70  und  90")  versenkt  sind;  weitergeht 
der  Gasstrom  durch  eine  mit  öVoig^i'  ^^^^  gefüllte  und  durch  kaltes 
Wasser  gekühlte  Gaswaschflasche.  Lesser  hat  unter  diesen  Bedingungen 
den  Gaswechsel  und  die  Wärmeabgabe  untersucht  und  eine  Abnahme  von 
Glykogen  festgestellt.  Eine  Untersuchung  des  Harns  auf  abnorme  Produkte 
liegt  noch  nicht  vor. 

Daoeo-en  sind  an  niederen  Tieren  eine  Reihe  von  solchen  Stoff- 
Wechseluntersuchungen  ausgeführt  worden. 

Bunge  *)  hat  in  den  Eingeweidewürmern  Tiere  gefunden,  die  normaler 
Weise  ohne  0  leben.  Er  verwendete  den  im  Dünndarm  der  Katze  lebenden 
Spulwurm,  Ascaris  mystax,  der  relativ  widerstandsfähig  ist  und  sich  lebhaft 
bewegt.  Ein  10  cm^  langes,  12  cm^  fassendes  Reagensglas  wird  etwa  zu 
einem  Drittel  mit  Hg  gefüllt:  das  Hg  wird  gekocht.  Sobald  es  sich  ein  wenig 
abgekühlt  hat.  wird  der  übrige  Raum  mit  iVoiger  NaCl-Lösung  gefüllt. 
Auch  diese  Lösung  wird  durch  Kochen  von  Luft  befreit.  Sobald  die  Lösung 
auf  Körpertemperatur  abgekühlt  ist,  werden  Spulwürmer,  die  dem  Darm 
einer  soeben  getöteten  Katze  entnommen  sind,  in  das  Reagensglas  gebracht; 


1)  Koeninck,  Versuche  und  Beobachtungen  au  Fledermäusen.  Arch.  f.  Anatomie  u. 
Physiol.  Abt.  f.  Physiol.  1899.  S.  389. 

2)  Pßih/er,  Physiologische  Verbrennung  im  lebenden  Organismus.  Arch.  f.  d.  ges. 
Physiol.  Bd.  10.  S.  251  (1875). 

ä)  E.  Lesser,  Das  Verhalten  des  Glykogens  der  Frösche  bei  Anoxybiose  und  Resti- 
tution. Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  56.  S.  467  (1911). 

■»)  Bunge,  Das  Sauerstoffbedürfnis  der  Darmparasiten.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem. 
Bd.  8.  S.  48  (1883).  —  Weitere  Untersuchungen  über  die  Atmung  der  Würmer.  Ebenda. 
Bd.  14.  S.  318  (1889). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  intermodiaron  Stoffwechsels.        124;'> 

dieses  wird  dann  mit  dem  Djuinicn  verschlossen.  imi^M'kehrt.  in  eine  Hl»-- 
Wanne  ^etancht  und.  in  senkrechter  SteHnn^'  fixiert,  hei  ;-i5— 89°  gehahen. 
Die  Tiere  bleiben  4—6  Taj^^e  am  Lehen.  \'eisn(Iie.  die  Tiere  durch 
Halten  in  Nährlösungen  länuer  am  Loben  /n  erhalten,  scheiterten  daran, 
dali  die  Lösungen  sich  bakteriell  zersetzten. 

Die  gröüte  der  bekannten  Ascarisarten.  A.  niegaloceithala  des  Pferdes, 
erwies  sich  leider  als  sehr  wenig  resistent. 

Als  sehr  bequemes  Versuchsobjekt  bezeichnet  Bunt/r  die  im  Darm 
des  Hechtes  lebende  Ascaris  acus,  weil  sie  bei  Zimmertemperatur  am  Leben 
erhalten  werden  kann  (4 — 6  Tage). 

Die  wichtigsten  Untersuchungen  sind  an  Ascaris  lumbricoides 
aus  dem  Darm  des  »Schweines  angestellt.  Schon  liuuf/r  fand,  dal»  bei  diesem 
Tier  als  Zersetzungsprodukt  neben  CO.,  eine  flüchtige  Fettsäure  auftritt. 
Wc/)iland^)  konnte  die  Tiere  aus  dem  Schlachthofe  meist  ziemlich  reich- 
lich erhalten.  \'or  Beginn  des  Versuches  wurden  sie  in  erwärmter  NaCl- 
Lösung  gewaschen  und  auf  Filtrierpapier  getrocknet.  Dann  wurden  die 
Würmer  in  ein  verschließbares  Gefäü  gebracht,  das  fast  vollständig  mit 
ausgekochter  P/oig^r  NaCl-Lösung  gefüllt  war  (gewöhnlich  '60 — 90//  Asca- 
ris in  700 — 900  cm^  Wasser)  In  dem  fest  verschlossenen  Oefäße  wurden 
sie  bei  Körpertemperatur,  meist  auch  vor  Licht  geschützt  gehalten,  lebten 
so  4 — 6  Tage;  durch  Durchleiten  von  CO.,  kann  man  ihre  Lebensdauer 
etwas  verlängern.  Soll  der  Gaswechsel  untersucht  werden,  so  bringt  man 
die  Tiere  in  einen  fest  ver.schlossenen,  bis  auf  einen  geringen  Kaum  mit 
NaCl-Lösung  gefüllten  Kolben,  in  den  zwei  Glasriihren  führen:  die  eine,  i)is 
auf  den  Boden  reichende,  dient  zur  Gaszufuhr;  sie  wird  durch  ein  kleines 
Holzstückchen  so  weit  verengt,  daü  die  Tiere  nicht  hineinkriechen  können; 
die  andere  Glasröhre  reicht  nur  in  den  über  der  Flüssigkeit  stehenden  (Ja.s- 
raum  und  dient  zur  Abfuhr  des  Gases.  Im  übrigen  ist  die  \'ersuchsanord- 
nung  so  wie  bei  anderen  Bespirationsversuchen. 

Auch  außerhalb  des  K(»rpers  lebende  Würmer  können  unter  anow- 
bioti.schen  Bedingungen  gehalten  werden,  z.  l».  Anguillula  aceti.  Gordius 
aijuaticus.  Zu  Versuchen  geeignet  ist  auch  der  Blutegel.-) 

Lesser  ^)  verwendete  zu  vergleichenden  \'ersuchen  ül)er  oxybiotischen 
und  anoxybiotischen  Stoffwechsel  Regenwürmer.  Lumbricus  herculius  Savign. 
(=  L.  terrestris  L.)    und    Allolobophora   foetida  Savign,    Die  Tiere  wurden 


^)  Weinland,  Über  den  Glykogeiigehalt  einiger  parasitärer  Würmer.  Zeitschr.  f. 
Biol.  Bd.  41.  S.  C'J  (1901).  —  Über  Ivohlenhydratzersetzung  ohne  Sauerstoffaufnalinien 
bei  Ascaris,  einem  tierischen  Gärungsprozeß.  El)cnda.  I5d.  42  S.  5.'i  1 11)01).  —  Über 
die  von  Ascaris  lumbricoides  ausgeschiedene  Fettsäure.  Kbenda.  Bd.  45.  S.  113  (liK>4). 
—  Über  die  Zersetzung  stickstoffhaltiger  Substanzen  bei  Ascaris.  Kbenda.  Bd.  4ö. 
S.  517  (1904). 

*)  I'iitter,  Der  Stoffwechsel  des  Blutegels  (Ilirudo  medicinali^-).  Zeitschr.  f.  allg. 
Physiol.  Bd.  6.  S.  217  (19(J7). 

^)  E.  Lesser,  (Chemische  Prozesse  bei  Regenwürmeni.  I.  -Mitt.  Zeitschr.  f.  Biol. 
Bd.  50.  S.  421  (1908).  —  II.  Mitt.  Ebenda.  Bd.  52.  S.  2S2  (1909).  -  HI.  Mitt.  Kbenda. 
Bd.  53.  S.  533  {l\nO).  —  IV.  Mitt.  Ebenda.  Bd.  54.  S.  1  (1910). 


1244  Otto  Neubauer. 

von  Fischern  gesammelt.  Um  sie  erdfrei  zu  machen,  hält  man  sie  in  einem 
verdunkelten  Raum  in  hohen,  offenen  Präparatengläsern,  ohne  Wasser  und 
ohne  Nahrung.  Täglich  werden  sie  einzeln  mit  destilliertem  Wasser  ge- 
waschen, dann  auf  Fließpapier  getrocknet  und  in  ein  reines  Gefäß  ge- 
setzt. Nach  8 — 10  Hungertagen  ist  die  Hauptmenge  der  Erde  aus  dem 
Darm  ausgeschieden.  Die  Versuche  werden  im  Hungerzustande  durchgeführt. 
Zur  Untersuchung  des  anoxybiotischen  Stoffwechsels  kommen  die  Tiere 
für  5 — 6  Stunden  in  den  oben  (S.  1242)  zur  Untersuchung  von  Fröschen 
bestimmten  Rezipienten.  Reiner  N  wird  durchgeleitet,  das  austretende  Gas 
analysiert.  (Abbildung  des  verwendeten  Respirationsapparates  siehe  Mittei- 
lung IV,  S.  4. )  Außer  der  anoxybiotischen  Periode  wird  auch  die  darauffolgende 
„Restitutionsperiode"  untersucht.  Durch  Analyse  der  Tiere  vor  und  nach 
dem  anoxybiotischen  Versuch  läßt  sich  eine  starke  Abnahme  des  Glykogens 
nachweisen:  gleichzeitig  häuft  sich  in  den  Tieren  eine  flüchtige  Fettsäure, 
wahrscheinlich  Valeriansäure  an,  die  als  Abbauprodukt  des  Glykogens  an- 
zusehen ist.  Wichtig  ist,  daß  in  der  Restitutionsperiode  der  respiratorische 
Quotient  erhöht  ist:  das  macht  es  unwahrscheinlich,  daß  die  während  des 
Lebens  ohne  Sauerstoff  abgelagerte  Fettsäure  nachher  vollständig  oxydiert 
wird.  Das  spricht  gegen  die  Annahme,  daß  der  anoxybiotische  Stoffwechsel 
als  ein  wegen  des  0-Mangels  vorzeitig  abgebrochener  normaler  Stoffwechsel- 
vorgang zu  deuten  ist. 

Sehr  zahlreiche  Untersuchungen  über  den  Stoffwechsel  unter  anoxy- 
biotischen Verhältnissen  sind  an  der  Hefe  und  an  höheren  Pflanzen  aus- 
geführt. 1) 

L.  Andere  Stoffwechselstörungen. 

Es  gibt  uoch  eine  große  Reibe  von  Stoffwechselstörungen,  die  bisher  zum  Studium 
des  intermediären  Stoffwechsels  noch  nicht  herangezogen  werden  konnten.  Zum  Teil 
liegt  das  daran,  daß  die  chemische  Natur  des  betreffenden  pathologischen  Produktes 
noch  nicht  aufgeklärt  ist  (Körper  der  Ehrlichschen  Diazoreaktion,  Substanz  der  Char- 
cof-Let/den^cheii  Kristalle),  zum  Teil  daran,  daß  es  sich  mehr  um  quantitative  als  um 
qualitative  Änderungen  des  Stoffwechsels  handelt.  Dies  dürfte  z.  B.  in  der  Hauptsache 
für  diejenigen  Krankheiten  gelten,  welche  mit  einem  pathologisch  gesteigerten  Eiweiß- 
zerfall einhergehen  (Fieber,  Karzinose,  Basedowsche  Krankheit,  verschiedene  Vergiftun- 
gen). Die  Erwartung,  daß  man  in  diesen  Fällen  im  Harn  unvollständig  zersetzte  Pro- 
dukte des  intermediären  Stoffwechsels  auffinden  würde,  hat  sich  im  allgemeinen  nicht 
erfüllt,  wenn  auch  gewisse  Befunde  [wie  das  veränderte  Verhältnis  von  C:N  im  Harn ^) 
und  die  erhöhte  Oxyproteinsäureausscheidnng  bei  Karzinose^)]  daraufhinweisen,  daß  solche, 
derzeit  aber  noch  nicht  genügend  bekannte  Produkte  vorkommen  können.  In  manchen  mit 
gesteigertem  Eiweißzerfall  einhergehenden  pathologischen  Prozessen  (Oxalsäurevergiftung, 
Phlorhizinvergiftung,  Krebskrankheiten  usw.)  hat  man  eine  Vermehrung  der  Phenole  und 
des  Indoxyls  des  Harns  gefunden    und  diese  Substanzen    als  Produkte    eines  abnormen 


*)  Literatur  siehe  bei  Lesser,  „Das  Leben  ohne  Sauerstoff".  Erg.  d.  Physiol.  Jg.  8. 
S.  742   (1909). 

-)  Mac/mis- Ahleben,  i)ber  die  Ausscheidung  des  Kohlenstoffs  im  Harn.  Hab. -Schrift. 
Berlin.   1909! 

')  Salomon  und  Saxl,  Über  einen  Harnbefund  bei  Karzinomatösen.  Beitr.  z.  Kar- 
zinomforschung. Heft  2.  1910. 


Arbeitsmetiioiloii  zur  Untorsucluuig  iks  iiitermcdiäroii  Stnffworlisols.         1  :i4ö 

Eiwoißzeifalls  gedeutet.  Doch  ist  diese  Deutung  sehr  anfechtliar  und  kann  zur  Auf- 
klärung des  intci'mediiiren  Stoffwechsels  nicht  verwertet  werden. 

Auch  hei  der  Steigerung  des  Purin^t(lffwochsels,  wie  sie  z.  H.  licj  der  Leukämie 
beobachtet  wird,  und  wie  sie  auch  künstlich  durch  Köntgeuhestrahluug  erzeugt  werden 
kann,  sind  nur  <iuantitative  Veränderungen  des  Stoffwechsels  bekannt  gi-worden. 

Etwas  Ähnliches  gilt  von  den  Stoffwechselstörungen,  die  bei  den  Erkrankungen 
der  „Drüsen  mit  innerer  Sekretion"  eintreten,  wenn  man  von  der  Zuckerausscheidung 
absieht. 

Auch  die  urämische  Stoffwechselstörung  hat  sich  bisher  zur  EntscheiduuL'  vnn 
Fragen  des  intermediären  Stoffwechsels  nicht  heranzielR'u  lassen. 

III.  Untersuchungen  an  isolierten  Organen. 

Vorsuche  an  isolierten  Oraanen  können  die  Untersnchnn.ucn  am  in- 
takten Organismus  ergänzen  und  kontrollieren.  Sie  bieten  den  \orteiK 
daß  zur  völligen  Zersetzung'  der  Körpersubstanzen  wohl  hiiufig  die  .Mit- 
wirkung' mehrerer  Organe  nötig  ist,  und  daß  infolgedessen  in  isolierten  Or- 
ganen leichter  intermediäre  Produkte  gefaßt  werden  können:  so  geht  die 
Zersetzung  der  Buttersäure,  des  Leuzins  in  der  isolierten  Leber  nicht  bis 
zu  CO2  und  H2O,  sondt'rn  nur  bis  zur  Stufe  der  Acetessigsäiire  ;  bei  der 
Zersetzung  von  Zuckei-  und  Alanin  durch  die  überlebende  Leber  entsteht 
Milchsäure,  die  wohl  auch  im  intakten  Organismus  entstehen  düiite,  hier 
aber  weiter  verbrannt  wird.  Ferner  geben  die  Untersuchungen  an  ein- 
zelnen Organen  gleichzeitig  Aufschluß  über  die  Lokalisation  der  ge- 
fundenen Stoffw^^chselvorgänge.  Ein  Nachteil  dieser  Methoden  ist  es,  daß 
ein  aus  dem  Zusammenhang  mit  den  übi-igen  Körperteilen  gerissenes  Organ 
nicht  mehr  als  völlig  normal  betrachtet  werden  kann .  und  dab  sich  auch 
bei  den  besten  Verfahren  sehr  bald  Absterbeerscheinungen  geltend  machen. 
Man  wird  also  immer  darauf  gefaßt  sein  müssen,  dali  die  hier  beobachteten 
Vorgänge  von  den  normalen  Lebenserscheinungen  abweichen. 

Wenn  man  von  der  bereits  oben  besprochenen  sofortigen  chemischen 
Untersuchung  frischer  Organe  absieht,  kommen  am  frischen  Organe  zwei 
prinzipiell  verschiedene  Methoden  in  Betracht :  die  Untersuchung  des  durch 
künstliche  Zirkulation  und  Respiration  überlebend  gehaltenen  Organes 
(Durchströmungsmethode)  und  die  Untersuchung  des  völlig  isolierten, 
sich  selbst  überlasseuen  Organs  (Autolyse).  Dazu  kommt  noch  die  l'nter- 
suchung  der  fermentativen  Eigenschaften  von  Organpulvern  und  Organ- 
extrakten. 

A.  Durchströmungsmethoden. 

Diese  Methoden  streben  an ,  das  isolierte  ( )rgan  möglichst  voll- 
kommen „überlebend"  zu  erhalten.  Das  Organ  soll  in  gleicher  Weise 
arbeiten  wie  im  intakten  Organismus,  abgesehen  von  den  Wechselbezie- 
hungen zu  anderen  Organen,  mit  Ausnahme  des  lllutes.  Die  gebräuch- 
lichen Durchströmungsapparate  sind  in  diesem  Werke,  üd.  111,  S.  i\'2]  be- 
schrieben. 


1246 


Otto  Neubauer. 


Eine   neue  Form  des  Brodiesdien  Apparates ,    welche    das   Arbeiten 
mit  kleinen  Blutmengen  gestattet,  und  deshalb   besonders  dann  von  Vorteil. 
ist,  wenn  man  Organe  kleinerer  Tiere  mit  arteigenem  Blut   speisen   will, 
ist  von  Friedmann  ^)  angegeben  worden. 

Der  Hauptunterschied   gegenüber    dem    ursprünglichen    Brodieschen 
Apparat  besteht  in  der  Ausführung-  des  Blutreservoirs.  Dieses  (s.  Fig.  268  Ä) 

besteht  aus  zwei  aneinander  ge- 
^'■g-  -öS-  schmolzenen  und  durch  ein  eng- 

maschiges Silbernetz  voneinander 
getrennten  Glaskugeln.  Es  be- 
findet sich  in  einem  mit  Wasser 
gefüllten  Wärmekasten,  der  zwei 
mit  Gummistopfen  versehene  Öff- 
nungen zum  Eintritt  der  Zu- 
leitungs-  und  Aldeitungsröhren 
l)esitzt.  Das  Blut  strömt  in  die 
untere  größere  Kugel  des  Blut- 
reservoirs ein  und  fließt  durch 
ein  an  dem  tiefsten  Punkt  ange- 
schmolzenes, rechtwinkelig  ge- 
bogenes iVnsatzstück  wieder  aus. 
Es  passiert  dann  den  Blasen- 
fänger B  (eine  kleine  Kugel  in 
die  zwei  gebogene,  kapillar  aus- 
gezogene Röhren  münden,  das 
zuführende  an  der  höchsten,  das 
abführende  an  der  tiefsten  Stelle 
der  Kugel:  Luftblasen  können 
durch  einen  angeschmolzenen 
Glashahn  aus  dem  Blasenfänger 
entfernt  werden);  darauf  gelangt 
es  in  eine  kleine  Ausbuchtung  mit 
einem  Thermometer  und  dann  in 
das  Organ.  Das  aus  dem  Organ  abfließende  Blut  strömt  durch  einen 
Gummischlauch  und  ein  Glasrohr  (a)  in  einen  rechtwinkelig  gebogenen 
Vorstoß  (s.  Fig.  269).  In  diesen  führen  noch  zwei  andere  Röhren;  die  eine 
von  ihnen  (b)  dient  dazu ,  das  aus  dem  Blasenfänger  abgelassene  und 
das  von  dem  Organ  äußerlich  abtropfende,  in  einem  Zylinder  gesammelte  Blut 
anzusaugen :  die  andere,  mit  Gummischlauch  und  Quetschhahn  armierte  (c) 
vermittelt  die  Kommunikation  mit  der  äußeren  Luft.  Der  Vorstoß  enthält 
ein  leicht  auswechselbares,  mit  Gummi  an  eine  kurze  weite  Glasröhre  (^) 
befestigtes  Gazesieb  (s) ,    das  dazu  bestimmt  ist,   feine  Gerinnsel    zurück- 


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^)  E.  Friedmann,  Zur  Technik  der  Durchströmung  überlebender  Organe.  Biochem. 
Zeitschr.  Bd.  27.  S.  87  (1910). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  inteniiediilren  Stoffwechsels.         1247 


Fig.  269. 


zuhalten.  In  den  uii  teren  Teil  des  Vor.stolJes  i.st  eine  KapillarerAv  eint^escliniolzen, 
(liircli  die  der  0  während  der  Durchhlutnn^  cin^eleilct  wird.  Da.s  verjiinj;te 
Hilde  des  Vorstoßes  führt  das  Uliit  zur 
Pumpe  zurück.  Die  obere  kleinere  Ku- 
izel  des  Blutreservoirs  A  (s.  Fig.  268) 
dient  zum  Abfangen  des  ersten  Schaums. 
In  ihrem  Hals  befindet  sich  ein  doppelt 
durchbohrter  Gummistopfen .  durch 
dessen  eine  Bohruii«^'  ein  rechtwinkelifi' 
iieboiienes,  kai)illar  aus»-ezogenes  Rohr 
auf  die  tiefste  Stelle  der  unteren  Kuiiel 
führt.  Es  dient  als  Ansatzstück  beim 
Kinleiten  des  Sauerstoffes  zu  Ik'iiinu 
der  Durchl)lutun<T ,  bis  der  gewünschte 
Druck  hergestellt  ist.  Durch  die  zweite 
Bohrung  geht  ein  kuzes,  mit  einem 
(iiimniistopfen  versehenes  Rohr,  das  in 
den  Hals  des  Schaumreservoirs  S  mün- 
det. Dieses  ist  eine  Glaskugel,  die  noch 
zwei  Ansatzstücke  trägt :  eines  an  ihrem 
tiefsten  Punkte   zum   Ablassen  des  aus 

dem  Sehaura  sich  absetzenden  Blutes  und  ein  zweites  an  ihrem  höchsten 
Punkte,  das  in  den  Hals  der  Saugflasche  mündet,  in  der  gegebenen  Falles 
noch  übersteigender  Schaum  aufgefangen  wird,  und  die  mit  einem  Über- 
druckventil und  einem  Manometer  verbunden  ist. 

Ein  weiterer  Vorteil  des  Frkdnianuschen  Apparates  besteht  darin, 
dal^  die  Durchblutungs pumpe  (Konstruktion  derselben  siehe  das  Original) 
nicht,  wie  das  beim  ^roc^ieschen  Apparat  der  Fall  ist,  mit  den  übrigen 
Teilen  in  fester  Verbindung  steht. 

Eines  relativ  einfachen ,  bei  Vorhandensein  eines  Elektromotors  leicht 
zu  improvisierenden  Apparates  bedienten  sich  0.  Xcufxiucr  und  Gro/J.^) 
Als  ..Herz"  verwenden  sie  ein  einfaches  Klvsopomp  H,  das  durch 
einen  Elektromotor  vermittelst  eines  Exzenters  K  rhythmisch  komprimiert 
wird.  Zwischen  „Herz"  und  Organ  ist  ein  Manometer  M  niid  (in  Luft- 
fänger L  eingeschaltet,  der  gleichzeitig  zur  Messung  der  Bluttemperatur 
dient.  Das  abfließende  Blut  wiid  durch  Einleitung  von  0  aus  einer  Bombe 
arterialisiert  und  in  einer  If  oM///scheii  Flasche  mit  :'.  Tiibiissen  aufge- 
fangen. Aufsätze  wirken  als  Schaumfänger  (s.  Fig.  270). 

Die  Menge  des  durchströmenden  Blutes  soll  den  Verhidtnissen 
im  lebenden  Organismus  möglichst  entsprechen.  Zur  Richtschnur  seien 
die  durch  ]00  r/  Organ  pro  Minute  strömenden  Blutmengen  zusammen- 
gestellt. 


*)  Otto  Neubauer  und    Walther  <h-oß,    Über    den  Tyrosinabbiiu   in  d(M-  künstlich 
durchbluteten  Leber.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  67.  S.  21«)  (1910). 


1248 


Otto  Neubauer. 


Für  das  Gesamttier,  also   für   Aorta   respektive   A.  pulmoiialis ,   hat 
Zujitz^)  beim  Pferde  berechnet: 

in  der  Ruhe 8'3cm3 

bei  mittlerer  Arbeit 15'2  „ 

bei  maximaler  Arbeit 70 

Für  das  Herz  des  Hundes  geben  Bohr  und  Henriques^)  an: 


im  Mittel 30 


cnf 


Fig.  270. 


Elektromotor 


Thermometer 


Für  den  .Skelettmuskel  (nach  Chauveau  und  Kaufmann  ^) : 

in  der  Ruhe 16  cm^ 

bei  der  Arbeit 76   ,, 

Für  die  Niere  des  Hundes  fanden  Landergren  und   Tigerstedt ») : 

nach  24stündigem  Hungern bOcm^ 

nach  Einführen  harntreibender  Mittel  .     .     .     .  96  „ 

Für  die  Leber  (Pfortader)  berechnet  Ref.  aus    den 
Zahlen  von  Bech^) 70  „ 

1)  Zuntz,  Der  Stoffwechsel  des  Pferdes.  Berlin  1898. 

-)  Bohr  und  Henriques,  Über  die  Blutmeuge ,  welche  den  Herzmuskel  durch- 
strömt. Skandiuav.  Archiv  f.  Physiol.  Bd.  5.  S.  232  (1895). 

')  Landergren  und  Tigerstedt,  Studien  über  die  Blutverteilung  im  Körper.  IL  Ab- 
handlung. Skandinav.  Archiv  f.  Physiol.  Bd.  4.  S.  241  (1893). 

*)  Salaskin,  t)ber  das  NHg  in  physiologischer  und  pathologischer  Hinsicht  und 
die  Rolle  der  Leber  im  Stoffwechsel  N-haltiger  Substanzen.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie. 
Bd.  5.  S.  2448  (1898). 


Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  des  intermediären  Stoffwechsels.         1240 

Untersuchungen  an  solchen  künstlich  (lurchslrünitcn  Organen  können 
in  mannigfacher  Weise  zur  Aufklilrung  interinediärei-  Stoft'wechseljirozesse 
dienen.  Diirchströmnngsversnche  ohne  weiteren  Zn.^atz  .*^in(l  imstande,  die 
rein  analytischen  rntersuchungeii  frischer  Organe  zu  ergiinzen.  In  künst- 
lich durchbluteten  Organen  häufen  sich  mitunter  /wischenprodiikte,  die  sonst 
weiter  verbrannt  werden,  in  größerer  Menge  an  inid  werden  so  leichter 
nachweisbar:  z.  B.  Acetessigsäure  *),  Milchsäure'^),  Harnsäure,   /ncker-^) 

Weitere  Aufklärungen  können  Versuche  bringen,  in  welchen  dem 
durchströmenden  l>lute  Substanzen  zugesetzt  werden,  z.  l\.  solche,  welche 
als  intermediäre  Produkte  bereits  bekannt  sind  und  deren  Tbergang 
in  andere  Substanzen  man  prüfen  will,  z.  B.  Übergang  in  (ihkogen  *), 
Milchsäure,  Acetessigsäure^),  Oxybuttersäure  "),  Harnstoff -j.  Aminosäuren"), 
Harnsäure.  '■•)  Durch  vergleichende  quantitative  Untersuchung  des  Blutes 
vor  und  nach  der  Durchströmung  wird  festgestellt,  ob  die  zugesetzte 
Substanz  angegriffen  worden  ist,  und  ob  das  vermutete  Kndiirodukt  an 
Menge  zugenommen  hat.  Als  Kontrollversuche  müssen  Durchströmungen 
ohne  Zusatz  in  genügender  Zahl  angestellt  werden.  Ferner  muß  auch  das 
durchströmte  Organ  selbst  untersucht  werden,  zur  Kontrolle  auch  gleich- 
artige nicht  durchströmte  Organe. 

Durchblutungen  mit  körperfremden  Substanzen  können 
—  ähnlich  wie  die  Einführung  körperfremder  Substanzen  in  den  (iesamt- 
organismus  —  dazu  dienen,  um  die  chemischen  Methoden  kennen  zu  lernen, 
welche  dem  Organisnms  zur  Verfügung  stehen,  i") 


')  Emhden  und  Lattes,  ffber  die  Acetessigsäurebildung  in  der  Leiter  des  dia- 
betischen Hundes.  Beitr.  z.  ehem.  Physiol.  u.  Pathol.  Bd.  11.  b.  337  (1908). 

'^^   Wyssokowitsch,  Archiv  f.  (Anat.  n.)  Physiol.   1887.  Suppl.  S.  91. 

*)  G.  Embden ,  Über  Zuckerbilduag  bei  künstlicher  Durchldutung  der  glykogeu- 
freien  Leber.  Beitr.  z.  ehem.  Physiol.  u.  Pathol.  Bd.  6.  S.  44  (1904). 

*)  E.  Ki'dz,  t)bcr  Glykogenbildung  im  künstlich  durchblutotcu  Muskel.  Zeitschr. 
f.  Physiol.  Bd.  27.  S.  237  (1890).  —  Weitere  Literatur  s.  unten. 

^)  Literatur  s.  unten  ! 

^)  Friedmann  und  Mause,  Zur  Kenntnis  des  Abbaues  der  Karbonsäuren  im  Tier- 
körper. XIL  Mitt.  Biochom.  Zeitschr.  Bd.  27.  S.  474  (1910). 

'')  r.  Schröder,  Über  die  Bildungsstätte  des  Harnstoffs.  Archiv  f.  cxp.  Pathol.  u. 
Pharm.  Bd.  15.  S.  364  (1882).  —  Die  Bildung  des  Harnstoffes  in  der  Leber.  Ebenda. 
Bd,  19.  S.  373  (188;")).  —  Salomon,  über  die  Verteilung  der  Amni<uii;iksäurc  im  tieri- 
schen (Organismus  und  über  den  Ort  der  Harnstoff bildung.  Virchoirs  Archiv.  Bd.  97. 
S.  149  (1884).  —  Schoetidorfl',  In  welcher  Weise  beeinflußt  die  Eiweilinahrung  den  Eiweiß- 
stoffwechsel?   Archiv  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  54.  S.  420  (1893). 

*)  Emhden  und  Schmitz.  Über  synthetische  Bildung  von  Aminnsäuren  in  der 
Leber.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  29.  S.  423  "(1910). 

^)  Kowalewski/  und  Salaskin,  Ül»er  die  Bildung  von  Harnsäure  in  der  Leber 
der  \öge\.  Zeitschr.  f.  physiol.  (Jhomi(>.  Bd.  33.  S.  210(1901).  —  Siehe  auch  Eri>dinann  und 
Mandel,  Über  die  Bildung  der  Harnsäure  in  der  \r)gellelier.  Archiv  f.  exp.  I':ith<>l.  u. 
Pharm.  Supplementband.   1908.  Festschrift  f.  Schmiedchen/.  S.  199. 

")  Friedmann,  Zur  Kenntnis  des  Al)baues  der  Karbonsäuren  im  Ticrkurper 
5.  Mitt.  Beitr.  z.  ehem.  Physiol.  u.  Pathol.  Bd.  11.  S.  \b\  (1902):  7.  Mitt.  el)enda.  Bd.  11 
S.  3G5  (1908);  8.  Mitt.  ebenda.  Bd.  11.  S.  371  (1908). 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitetnethodi>n.  V.  79 


1250 


Otto  Neubauer. 


Vor  den  Experimenten  am  intakten  Organismus  haben  diese  Versuche  den 
Vorteil,  daß  sie  gleiehzeitig  auch  über  den  0  r  t  der  beobachteten  chemischen  Pro- 
zesse Aufklärung  bringen.  So  wurde  mittelst  der  Durchblutungsmethode  für  die 

Leber  allein  festgestellt:  U-Synthese  i) ,  U-Bildungi),  oxydative  Desami- 
nierung2),  Pveduktion  von  a-Ketonsäuren 2) ,  Abspaltung  von  CO.,'''),  Ace- 
tvherung  ^) ,  Atherschwefelsäurepaarung  *) .  Hippursäuresynthese  &),  Syn- 
these von  Oxybuttersäure  aus  Acetaldehyd.  ^) 

Einige  wichtige  Versuchsanordnungen  mit  Anwendung  der  Durch- 
blutungsmethoden seien  im  folgenden  beschrieben: 

1.  Glykogenbildung  in  der  Schildkrötenleber.') 

Unter  den  Kaltblütern  ist  die  europäische  Landschildkröte,  Testudo 
europaea,  zur  Ausführung  von  Leberdurchblutungen  brauchbar,  speziell  zu 
Untersuchungen  über  Glykogenbildung  wurde  dieses  Objekt  empfohlen.  Das 
1 — 11/4  kg  schwere  Tier  wird  in  Rückenlage  fixiert;  die  Verbindung  zwischen 
Haut  und  Brustschild  wird  mit  der  Säge  durchtrennt;  nachdem  dann  alle 
Verbindungen  mit  der  Haut  vorn  und  hinten  mit  einem  scharfen  ^lesser 
durchschnitten,  und  ebenso  alle  Muskeln  an  der  Lmenfläche  des  Brust- 
schildes gelöst  sind  (das  Messer  muii  dabei,  um  stärkere  Blutung  zu 
vermeiden,  dicht  dem  Knochen  entlang  geführt  werden),  wird  das  Brust- 
stück entfernt.  Man  sieht  nun  das  unversehrt  gebliebene  Peritoneum  mit 
den  beiden,  das  Blut  in  die  Leber  führenden  Venae  umbihcales.  ^lan  unter- 
bindet sie  an  der  Stelle,  vvo  sie  zur  Leber  aufsteigen  und  bindet  in  die 
linke  eine  Glaskanüle  ein,  durch  welche  später  die  Durchströmungsflüssig- 
keit einfließen  kann.  Dann  wird  der  Herzbeutel  eröffnet  und  in  das  mittlere 
der  drei  Gefäße  des  Bulbus  arteriosus  eine  Kanüle  so  weit  eingeführt,  daß 
ihre  Spitze  im  Ventrikel  selbst  liegt.  Aus  ihr  fließt  bei  der  Durchströmung 
das  Blut  aus.  Hierauf  wird  der  rechte  Leberlappen  vorsichtig  von  seinen 
Verbindungen  gelöst,  eine  Partie  desselben  mit  einem  schmalen  Band  ab- 
gebunden, abgeschnitten  (mit  Schonung  des  ziemhch  weit  nach  rechts 
reichenden   Sinus  venosus),   gewogen,    sein  Glykogengehalt  bestimmt.    Als 


*)  Literatur  s.  oben. 

^)  0.  Neubauer  und  H.  Fischer,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Leberfunktionen. 
Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  67.  S.  230  (1910). 

^)  0.  Neuhauer  und  0.  Warhurg,  Über  eine  Synthese  mit  Essigsäiu-e  in  der 
künstlich  durchbluteten  Leber.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie.  Bd.  70.  S.  1  (1910). 

*)  Emhden  und  Glaessner,  Über  den  Ort  der  Ätherschwefelsäurebüdung  im  Tier- 
körper. Beitr.  z.  ehem.  Physiol.  u.  Pathol.  Bd.  1.  S.  310  (1902). 

^)  E.  Friedjnamt.  und  H.  Tachan,  Über  die  Bildung  des  Glykokolls  im  Tierkörper. 
I.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  35.  S.  88  (1911). 

«)  E.  Friedmann,  Zur  Kenntnis  des  Abbaues  der  Karbonsäuren  im  Tierkörper. 
5.  Mitt.  Beitr.  z.  ehem.  Physiol.  u.  Path.  Bd.  11.  S.  202  (1908). 

'')  K.  Grube,  Untersuchungen  über  die  Bildung  des  Glykogens  in  der  Leber. 
Archiv  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  118.  S.  1  (1907).  —  i)ber  die  kleinsten  Moleküle,  welche  die 
Leber  zur  Synthese  des  Glykogens  verwerten  kann.  Ebenda.  Bd.  121.  S.  636  (1908). 


Arbeitsmethodeu  zur  Untersuchung  des  intormcdiän>n  Stoffwechsels.         12Ö1 

I)urchleituiigsfliissi<ikeit  diont  L'imjersdw  Lösung  (1/  enthiilt  6y  NaCl. 
ü-2  KCl,  0-2  CaClo,  Ol  XaHCOa),  der  die  zu  priilondeii  Stoffo  /ui-esotzt 
worden.  Die  DuR'liströmuniisflüssiijk'eit  hefiiidot  sich  in  oiiior  Flascln',  die 
uiiton  mit  einem  Tubus  versehen  ist  und  auf  einem  verstellharen  Stativ 
steht:  die  Durchleitung-  geschieht  hei  einem  Druck  von  löO-  200i»>;/  Wasser. 
Die  Schnelligkeit  der  Durchströmung  wird  durch  die  Herztätigkeit  seihst 
reguliert.  Nach  2 — 3  Stunden  wird  die  Durchleitung  beendet,  der  durch- 
strömte Leberlappen  aus  seinen  Verbindungen  gelöst,  gewogen  und  zur 
Glykogenbestimmung  angesetzt.  Bei  der  Deutung  der  Versuche  ist  zu  be- 
rücksichtigen, daß  der  Unterschied  in  dem  Glykogen^ehalt  beider  Leber- 
lappen von  vornherein  ziemlich  groß  sein  kann  (bis  zu  H2Vo  ^)- 

2.  Acetessigsäurebildung  in  der  Hundelelier  (nach  Knibdcn-). 

Ein  etwa  6 — 9 /.;(/  schwerer  Hund  (letzte  Fütterung  vor  24  Stunden) 
wird  in  leichter  Äthernarkose  durch  Verblutung  aus  beiden  Femoralarterien 
getötet;  die  Leber  wird  herausgenommen  und  in  den  Durchsti-ömuntrsapparat 
eingeschaltet.  8 — 10  Minuten  nach  dem  Tode  ist  die  Durchblutung  im 
Gang.  Als  Durchblutungsflüssigkeit  dienen  16U0  ein^  defibriniertes  Kinder- 
l)lut.  Die  zu  untersuchende  Substanz  beginnt  man  zuzusetzen,  sobald  die 
Temperatur  des  durchströmenden  Blutes  400  erreicht  hat,  was  meist  in  etwa 
5 — 7  Minuten  der  Fall  ist;  der  Zusatz  erfolgt  portionenweise,  inner- 
halb 20  Minuten.  In  genau  gemessenen  Teilen  des  Blutes  vor  und  nach 
der  Durchströmung  werden  Bestimmungen  des  Acetons  ausgefülu-t:  das 
Blut  wird  nach  der  von  Schenck  (dieses  Werk,  Band  II.  S.  1S4)  für  die 
Blutzuckerbestimmung  angegebenen  Methode  mit  HCl  und  Sublimat  ge- 
fällt und  in  einem  verschlossenen  Gefäß  aufbewahrt:  400-  i)0()  rm'^  des 
Filtrates.  die  etwa  66 ^y'.,  cm^  Blut  entsprechen,  werden  bis  annähernd  auf 
die  Hälfte  ihres  Volumens  abdestilliert,  und  das  Destillat  nach  M('sshi</er- 

Huppert  (siehe  dieses  Werk,  Band  111,  S.  906)  mit   —-J- Lösung   titriert. 

Eine  getrennte  Bestimmung  von  Aceton  und  Acetessigsäure  ist  möglich, 
aber  im  allgemeinen  nicht  nötig.  Aus  den  gewonnenen  Zahlen  wii-d  die 
Menge  des  während  der  Durchströmung  gebildeten  Acetons  in  .Millit:rammen 
berechnet.  In  Versuchen,  in  welchen  kein  Zusatz  gemacht  wurde,  schwankt  diese 
Menge  zwischen  16  und  27  w?//;  eine  wesenthch  stärkere  Steigerung  bedeutet, 
daß  die  zugesetzte  Substanz  in  Aceton  (Acetessigsäure)  übergegangen  ist.  Als 
solche  Acetessigsäurebildner  haben  sich  erwiesen  =^):  Oxybuttersäure,  Leuzin, 


')  Schöndorf  und  Grehc,  Zur  Frage  der  Entstehung  von  tilvkogcn  aus  P'orui- 
aldehyd.  Archiv  f.d.  ges.  Physiol.  Bd.  138.  S.  525  (1911). 

-)  Embdeu  und  Eiif/el,  Über  die  Acetessigsäure  in  der  l-ohor.  Beitr.  z.  ehem. 
Physiol.  u.  Path.  Bd.  11.  H.  7  (lUOcS). 

*)  Almayia  und  Emhden,  Über  das  .\uftreten  einer  flüchtigen,  jodofornilnldenden 
Substanz  bei  der  Durchblutung  der  Leber.  Beitr.  z.  ehem.  Physiol.  u.  Pathol.  Bd.  6.  S.  59 
(1905).  —  Emhden  und  Kalherioh,  Über  Acetonbildungen  der  Leber.  Kbonda.  Bd.  S.  S.  121 
11906).  —  Emhden,  Salamoii  und  Schmidt,  Über  Acettuibiidung  in  der  Leiter.  II.  Mit- 
teilung. Ebenda.  Bd.  8.  S.  129  (1906).  —  Emhden  und  Mars,  Über  Acctoubildung  in  der 

79* 


1252  Otto  Neubauer. 

Leuzinsäiire.  Lsovaleriansäure,  Isoamylamin,  Isoamylalkohol,  Isovaleraldehyd, 
Isoleuziu,  Methyläthylessigsäure,  Tyrosin,  rhenylalaiiin,  Phenylmilchsäure, 
p-Oxyphenylbreuztraiibeiisäure  und  Homogentisinsäure;  eine  große  Reihe 
von  anderen  Stoffen  vermehrte  die  Menge  des  Acetons  nicht.  Aus  diesen 
Befunden  ergeben  sich  wichtige  Schlüsse  auf  die  Wege  des  Abbaues  von 
Fettsäuren  und  Aminosäuren  im  Organismus,  Schlüsse,  welche  die  am 
lebenden  Objekt  gewonnenen  Resultate  in  glücklicher  Weise  bestätigen. 

JS'eiibauer  und  Groß  i)  ziehen  es  vor,  statt  Rinderblutes  das  Blut  des 
Versuchstieres  zu  verwenden.  Die  Tiere  werden  durch  subkutane  Morphiumin- 
jektion betäubt,  eine  erhebliche  Blutmenge  aus  der  Arteria  femoralis  ent- 
nommen, defibriniert  und  im  Verhältnis  1 : 2  mit  Bingerscher  Lösung  und 
der  Lösung  der  zu  prüfenden  Substanz  verdünnt.  Von  dieser  Flüssigkeit  wird 
etwas  mehr  als  das  Dreifache  des  zu  erwartenden  Lebergewichtes  (=  2'5  bis 
4"OVo  des  Körpergewichtes)  abgemessen  und  in  den  Apparat  gefüllt.  Dann 
wird  die  Leber  rasch  herausgenommen,  gewogen  und  in  die  Zirkulation  ein- 
geschaltet. Nach  einigen  Minuten  wird  der  über  das  Dreifache  des  Leber- 
gewichtes hinausgehende  Überschuß  an  Strömungsflüssigkeit  weggenommen; 
er  dient  zur  Bestimmung  des  Acetongehaltes  vor  der  Durchströmung.  Für 
1/3  kg  Leber,  entsprechend  1 1  Durch  Strömungsflüssigkeit,  wurde  z.  B.  in  zwei 
Kontrollversuchen  ohne  Zusatz  gefunden:  vor  der  Durchströmung  16"9 
respektive  10"4  mg  Aceton;  nach  90  Minuten  dauernder  Durchströmung  'dij6 
respektive  25-9  mg. 

3.  Bildung  von  Milchsäure  in  der  Hundeleber  (nach  Embden^) 

An  künstlich  durchbluteten  Lebern  läßt  sich  feststellen,  daß  Milch- 
säure aus  Kohlenhydraten  (Glykogen,  Traubenzucker.  Lävulose),  ferner 
aber  auch  aus  dem  Eiweißspaltungsprodukt  Alanin,  sowie  aus  Glycerin 
entstehen  kann. 

Zunächst  läßt  sich  zeigen,  daß  bei  der  Durchblutung  der  stark  gly- 
kogenhaltigen  Leber  mit  defibriniertem  Rinderblut  während  1  bis  2  Stunden 
der  Gehalt  des  Blutes  an  Milchsäure  sehr  erheblich  zunimmt.  Bei  der 
Durchblutung  der  glykogenfreien  oder  der  sehr  glykogenarmen  Leber  mit 
Blut  ohne  besonderen  Zusatz  kommt  es  nicht  zu  einer  Milchsäurevermeh- 


Leber.  III.  Mitt.  Ebenda.  Bd.  11.  S.318  (1908).  —  Embden  unä  Engel,  Über  Acetsäure- 
büdung  der  Leber.  Ebenda.  Bd.  11.  8.323  (1908).  —  Embden,  Über  das  Verhalten  der 
optisch  isomeren  Leuzine  in  der  Leber.  Ebenda.  Bd.  11.  S.  348  (1908).  —  Wirth,  Über 
den  Abbau  des  Isoleuzins  in  der  Leber.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  27.  S.  20  (1910).  —  Sachs, 
Über  den  Chemismus  des  Leiizinabbaues  in  der  Leber.  Ebenda.  Bd.  27.  S.  27  (1910).  — 
Schmitz,  Über  das  Verhalten  der  p-Oxyphenylmilchsäure  und  der  p-Oxyphenylbrenztraubeu- 
säure  in    der  überlebenden  Leber.  Ebenda.  Bd.  28.  S.  117  (1910). 

*)  Neuhauer  und  Groß,  Zur  Kenntuis  des  Tyrosiuabbaues  in  der  künstlich  durch- 
bluteten Leber.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.  Bd.  67.  S.  219  (1910). 

^)  Die  Technik  dieser  wichtigen  Methode  ist  bisher  noch  nicht  veröffentlicht 
worden;  Herr  Prof.  G.  A'möc^e«  war  so  liebenswürdig,  die  nachfolgende  Beschreibung  für 
dieses  Werk  zur  Verfügung  zu  stellen. 


Arl)eitsmetbodeii  zur  Uiiter8ucliuii<r  des  intermediären   Stoffweehsels.         125."i 

run<'-,   im    Gegenteil   öfters   zu   einer  <r;inz  wesentlichen  Verminderung 
der  von  vornherein  im  IHnte  vorhandenen  Miiehsänre. 

Vorbereitunfj;-  der  Versurhstiere. 

Für  die  Versuche  werden  Hunde  im  (iewiehte  von  etwa  7  10  A-^ 
angewendet.  Ihre  Vorbereitung;'  zum  \ersuch  ist  verschieden,  je  nachdem 
der  Versuch  an  der  glykogenieichen  oder  an  der  givkogenfreien  Leher 
angestellt  werden  soll. 

Zur  Erzielung  einer  glykogenreicheu  Lelx'r  weiilen  die  Tiere 
zunächst  mit  einer  reichlichen,  gemischten  Kost  ernährt.  2— 2V2  Tage 
vor  dem  Versuch  wird  mit  der  \'erabreichung  grolier  Rohrzuckermengen 
in  konzentrierter  wässeriger  Lösung  mittelst  Schlundsonde  begonnen.  Pro 
Tag  erhalten  die  Tiere  etwa  300-  400 .y  Rohrzucker.  Während  der  letzten 
24  Stunden  wird  außer  Rohrzucker  keine  Nahrung  verabreicht.  Die  letzte 
Rohrzuckergabe  erfolgt  etwa  H— 5  Stunden  vor  dem  Versuch.  Der  ( ;i\  koiren- 
gehalt  der  Leber  ist  alsdann  ein  sehr  hoher  (bis  20"  n  des  feuchten  Leber- 
gewichts). Es  gibt  Hunde,  die  auf  die  RohrzuckereingieUung  mit  starken 
Durchfällen  reagieren.  Diese  sind  zum  Versuche  ungeeignet. 

Die  Durchströmung  der  abnorm  glykogenhaltigen  Leber  bietet  keine 
besonderen  Schwierigkeiten.  Nur  mul,)  man  bei  der  \'orbereituiig  der  Durch- 
blutung die  Leber  besonders  schonend  behandeln,  da  dei-  hohe  (ilykogen- 
gehalt  das  Organ  sehr  zerreiiihch  macht. 

Die  Vorbereitungen  eines  Versuchs  an  der  glykogenfreien 
Leber  sind  nicht  ganz  so  einfach.  Um  giykogenfreie  Hundeiebern  zu  erhalten, 
wurde  die  Methodik  befolgt,  die  G.  Enibden  schon  früher  beim  Studium 
der  Zuckerbildung  in  der  überlebenden  Leber  verwendet  hat.')  Der  Hund 
erhält  3  Tage  vor  dem  Versuch  keine  Nahrung  (dagegen  Wasser).  Un- 
mittelbar vor  dem  Versuch  wird  das  Tier  mit  Strychnin  vergiftet.  Es  erhält 
zunächst  etwa  img  Strychnin.  nitricum  subkutan.  Die  Krämi)fe  sollen  nur 
ganz  allmählich  einsetzen.  Sobald  sie  stärker  werden,  wird  an  dem  vorher 
in  Äthernarkose  tracheotomierten  Tier  künstliche  Atmung  eingeleitet. 

Sind  40  Minutennach  der  ersten  Strychnininjektion  (hMitliche  Krämpfe 
(oder  wenigstens  eine  sehr  starke  Steigerung  dei-  Reflexerregbarkeit) 
noch  nicht  eingetreten,  so  wird  nochmals  1  iii(/  oder  Ob  mg  gegeben, 
(irößere  Dosen  führen  leicht  zum  Tode  während  *\q':>^  ersten  stärkeren 
Krampfanfalles. 

Hat  das  Tier  1 — 11/2  Stunden  Krämpfe  gehabt,  so  wird  es.  falls 
nicht  während  dieser  Zeit  der  Tod  spontan  eingetreten  ist,  durch  Ent- 
bluten aus  den  FemoralgefälJen  getötet. 

Vor  der  Durchblutung  wird  ein  kleines  Läi)pchen  der  Leber  mit 
einem  nassen,  starken  P)indfaden  abgebunden  und  mit  dei-  Schere  abge- 
treiuit.  Mit  dem  Läppchen  (dessen  Gewicht  iniiuh'stens   10 — \bg  betragen 


')  G.  Emhden,  Über  Znckerliildnnsr  bei  kimstlicber  I)iirchltliitiiiig  der  glykofrenfreieu 
Leber.  Beiträge  z.  ehem.  Pbys.  u.  l'ath.  Bd.  6.  S.  44  (UH)4). 


X2Ö4i  ö**°  Neubauer. 

soll)  wird  sofort  eine  Glykogeubestimmung  nach  Pfliiger  angesetzt.    War 
die  Vorbereitung  des  Tieres  richtig,  so  läßt  sich  Glykogen  in  dem  Läppchen  ■ 
nicht  oder  nur  in  Spuren  nachweisen. 

In  neuerer  Zeit  hat  sich  herausgestellt,  daß  die  Milchsäurebildung  bei  der  Durch- 
blutung der  Leber  nicht  nur  dann  ausbleibt,  wenn  das  Organ  glykogeufrei,  sondern 
auch,  wenn  es  recht  gh-kogenarm  ist.  Es  scheint,  daß  im  allgemeinen  einfacher  vier- 
tägiger Hunger  ohne  Strychninisierung  einen  ausreichenden  Grad  von  Glykogenarmut 
hervorruft.  Doch  möchten  wir  dieses  Verfahren  vor  Anstellung  weiterer  zahlreicher  Ver- 
suche nicht  als  sicher  bezeichnen. 

Bekanntlich  kann  man  durch  Phlorhizinverabreichung  an  Hungerhunde  die  Leber 
ziemlich  leicht  von  Glykogen  befreien.  Es  ist  aber  nicht  zweckmäßig,  sich  dieses  Ver- 
fahrens zu  bedienen,  weil  die  bei  der  Durchströmuug  der  phlorhiziudiabetischen  Leber 
auftretenden  erheblichen  Mengen  von  ß-Oxybuttersäure  eine  exakte  Milchsäurebestimmung 
unmöglich  machen. 

Bestimmung  der  Milchsäure  in  Blut  und  Leber. 

Blut  und  Leber  werden  in  gleicher  Weise  verarbeitet.  Die  Ent- 
eiweißung  des  Blutes  resp.  der  möglichst  fein  zerkleinerten  Leber  erfolgt 
nach  Schencfc  (dieses  Werk,  Bd.  II,  S.  184)  mit  Salzsäure  und  Sublimat. 
Die  gewonnenen  Flüssigkeiten  bleiben  über  Nacht  im  Eisschrank.  Am 
nächsten  Morgen  wird  abgenutscht  (ohne  Nachwaschen). 

Die  Filtrate  werden  mit  Schwefelwasserstoff  a'ou  Quecksilber,  dann 
sofort  durch  einen  kräftigen  Luftstrom  von  Schwefelwasserstoff  befreit. 
Aliquote,  gemessene  Teüe  werden  weiter  verarbeitet.  Die  Milch säurebe- 
stimmungen  im  Blute  werden  stets  doppelt  vorgenommen,  und  zwar  ge- 
wöhnüch  an  je  1200 cm^  Blutfiltrat,  entsprechend  200 cin^  Blut.  Bei  der 
Leber  reicht  das  Material  für  Doppelbestimmungen  im  allgemeinen  nicht 
aus.  Die  für  die  Einzelbestimmung  abgemessene  Filtratmenge  wird  mit 
starker  Natronlauge  genau  neutralisiert  und  dann  mit  verdünnter  Salz- 
säure ganz  schwach  angesäuert.  Das  ist  nötig,  weil  sonst  bei  dem  nun 
folgenden  Einengen  die  Reaktion  leicht  alkahsch  wird,  wobei  der  stets  im 
Filtrat  vorhandene  Zucker  unter  Bildung  ätherlösücher  Säuren  (speziell 
auch  Milchsäure)  zersetzt  werden  könnte. 

Die  Einengung  des  Filtrats  erfolgt  im  Vakuum  bei  einer  50"  nicht 
übersteigenden  Temperatur  des  Heizwassers  bis  auf  etwa  100  cm^.  Die 
eingeengte  Flüssigkeit  muß  vöUig  klar  und  nahezu  farblos  sein.  (Trübung 
ist  meist  dadurch  bedingt,  daß  die  Lösung  alkahsch  geworden  ist  und 
infolgedessen  die  Phosphate  ausgefallen  sind.)  Nachdem  man  sich  nach 
der  Einengung  davon  überzeugt  hat,  daß  die  Flüssigkeit  neutral  oder  ganz 
schwach  sauer  reagiert  (ist  alkahsche  Reaktion  eingetreten,  so  wird  die 
Bestimmung  verworfen),  wird  sie  in  einen  Extraktionsapparat  nach  Lind 
(dieses  \yerk,  Bd.  3,  II,  S.  931)  übergespült,  mit  Ib  cm^  einer  kouzen- 
trierten  Phosphorsäurelösung  (Gehalt  an  P., O5  ca.  GO^/o)  angesäuert,  mit 
Ammonsulfat   in  Substanz  gesättigt  und  mit  Äther  extrahiert. 

Die  Extraktion  wird  nach  HO  Stunden  unterbrochen  und  die  äthe- 
rische Lösung  im  Kolben  weiterverarbeitet. 


Arbeitsmethoden  zur  üntersuchuug  des  iiiterniediaren  Stoffwechsels.        1255 

Zur  Kontrolle  dor  Vollstiiiidi^kcif  der  Kxtraktioii  wird  ein  neues 
Extraktionskölhchen  mit  dem  Apparat  verbunden  und  nochmals  10  Stunden 
extiahiert.  In  diesem  zweiten  Atiierextrakt  läl'it  sich  oft  jrar  keinem 
Milchsäure  mehr  naehweisen ,  manchmal  sind  noch  minimale  Spuren 
vorhanden. 

Das  erst  gewonnene  Extrakt  bleibt  kurze  Zeit  stehen  und  wird  dann 
unter  Nachwaschen  mit  Äther  in  cinni  Kilenmeverkolben  l'illriert.  Etwa 
am  f5odcn  und  den  Wänden  des  Extraktionskülbehens  haftenden  Tröpfchen 
-wässeriger  Flüssigkeit  werden  die  ätherlöslichen  Substanzen  und  das  Wasser 
durch  öfters  wiederholtes  Sehütteln  mit  nicht  zu  kleinen  Athcrmeiigen 
entzogen.  Der  filtrierte  Ätherextrakt  wii'd  unter  Zusatz  von  -JOo«^  Wasser 
auf  dem  Wasserbade  zur  Verjagung  des  Äthers  destilliert.  i)ie  gewonnene 
Flüssigkeit  wird  nach  Zusatz  von  200— HüO  cm^  Wasser  mit  reinem  lilei- 
karbonatM  im  Überschuß  versetzt  und  etwa  eine  Stunde  auf  dem  lebhaft 
siedenden  Wasserbade  erwärmt.  Die  Flüssigkeit  bleibt  über  Nacht  im  Eis- 
schrank  stehen  und  wird  dann  unter  Dekantieren  vom  llleiniedei-schlay 
und  gründlichem  Waschen  mit  kaltem  Wasser  filtriert.  Durch  die  l'.leibe- 
handlung  wird  die  stets  bei  der  Ätherextraktion  in  incht  unerheblicher 
Menge  mitgerissene  Phosphorsäure  quantitativ  entfernt. 

Das  Filtrat  wird  mit  Schwefelwasserstoff  entbleit,  vom  Sulfidideder- 
schhig  unter  Nachwaschen  mit  heißem  Wasser  abfiltiiert,  durch  einen 
Luftstrom  vom  Schwefelwasserstoff  befreit  und  nun  während  einer  Stinide 
mit  reinem  Zinkkarboiuit^)  erwärmt.  \om  überschüssigen  Zinkkarbenat 
wird  unter  Nachwaschen  mit  heiliem  Wasser  abfiltriert,  das  Filtrat  zunächst 
in  einer  Porzellanschale  auf  etwa  20  cm^  eingeengt,  dami  von  einem  sich 
stets  ausscheidenden  Niederschlag  —  wiederum  unter  Nachwaschen  mit 
heiliem  Wasser  —  nochmals  abfiltriert  und  nunnudir  in  gewoLtcneii  Wä^e- 
schälchen  auf  ein  kleines  Volumen  eingeengt.  Die  KristaUisation  des  Zink- 
laktats  erfolgt  im  nicht  evakuierten  Exsikkator. 

Bei  manchen  Versuchen  (z.  B.  bei  der  Gewimiung  von  Zinklaktat  aus 
Muskelpreßsaft  oder  aus  Blut  nach  Durchströmung  der  glykogenreichen 
Leber)  ist  die  Kristallisation  des  Zinklaktats  sehr  vollständig  und  eine 
Bestimmung  des  Kristallwassers  und  des  Zinkgehaltes  liefert  völlig  oder 
luihezu  richtige  Ergebnisse. 

In  anderen  Fähen  ist  aber  das  Zinklaktat  sehr  stark  verunreinigt 
und  die  Kristallisation  eine  sehr  unvollkommene. 


')  Auch  die  reinsten,  im  Handel  vorkommenden  Präparate  von  Hleikarhonät  ent- 
halten fast  immer  merkliche  Mengen  von  wasserlöslichen,  alkalisdi  reagierenden  Ver- 
uiirciiiii.nintren.  Ks  ist  unbedingt  notwendig,  die  letzteren  durch  selir  oft  wiederholte 
BehandiuuiJ  des  Präparats  mit  heißem  Wasser  zu  entfernen,  bis  destilliertes  Wasser 
mit  einer  Probe  des  Präparats  geschüttelt,  nach  dem  Filtrieren  gegen  empfindliches 
Lackmuspapier  nicht  miOir  alkalisch  reagiert. 

-)  \on  den  käuflichen  Zinkkurbonatpräparaten  gilt  ganz  das  in  Fußnote  1  für  das 

Bleikarbonat  Gesagte. 


1256  ^**^  Neubauer. 

Es  A^^rd  daher  die  Wäguiig  des  schließlich  gewonnenen  Zinksalzes 
stets  nach  Trocknung  bei  107— 108"  bis  zur  Gewichtskonstanz  vorge- 
nommen, und  außerdem  an  dem  wieder  aufgelösten  Zinksalz  eine  Milch- 
säurebestimmung nach  V.  Fürth  und  Charnass'^)  ausgeführt. 

Dieses  Verfahren,  das  v.  Fürth  und  Charnass  ausarbeiteten,  nachdem  Embden 
die  Unzulänglichkeit  der  aus  dem  Laboratorium  r.  Fürths  veröffentlichten  Methode 
Jerusalems  dargetan  hatte,  beruht  bekanntlich  darauf,  daß  die  Milchsäure  bei  schwefel- 
saurer Reaktion  durch  Kaliumpermanganat  zu  Acetaldehyd  oxydiert  wird.  Der  Acetal- 
dehyd  wird  möglichst  im  Augenblick  seiner  Entstehung  abdestilliert  und  in  einer  ge- 
kühlten \Yasservorlage  aufgefangen. 

Die  Titration  des  aus  der  Milchsäure  gebildeten  Aldehyds  geschieht  nach  dem 
Verfahren  von  Ripper. 

Hierbei  wird  eine  gemessene,  überschüssige  Menge  einer  Kaliumbisulfitlösuug  ^) 
von  bekanntem  Titer  der  Aldehydlösung  zugefügt  und    nach    genügend    langem  Stehen 

die  nicht  an  Aldehyd    gebundene    Bisulfitmenge  mit  —-Jodlösung  zurücktitriert. 

Die  Berechnung  der  Milchsäuremenge  geschieht  auf  Grund  folgender  Überlegungen. 
Aus  einem  Molekül  Milchsäure  entsteht  ein  Molekül  Aldehyd,  das  zu  seiner  Bindung 
ein  Molekül  Bisulfit  erfordert.  Ein  Molekül  Bisulfit  verbraucht  bei  der  Oxydation  zu 
Schwefelsäure  zwei  Atome  Jod. 

Demzufolge  entspricht  ein  Molekül  Milchsäure  2  Atonien  Jod,  jeder  Kubik- 
zentimeter   einer  Normal-Jodlösung  also  einem    halben   Kubikzentimeter  einer   Normal- 

Milchsäurelösung.  1  cw^  einer  —-Jodlösung  entspricht  danach  4'5  mg  Milchsäure. 

V.  Fürth  und  Charnass  erhielten  bei  der  Anwendung  ihrer  Methode  auf  reines 
milchsaures  Lithium  Aldehydwerte,  die  86l7o  ^i^  93'^ Vo  'Ißs  angewendeten  Laktats 
entsprachen;  der  mittlere,  aus  einer  größeren  Anzahl  von  Analysen  ermittelte  Fehler 
betrug  annähernd   117o- 

Durch  einige  Abänderungen  gelingt  es  leicht,  diese  Methode  ganz  wesentlich 
exakter  zu  gestalten,  so  daß  die  Werte  nur  7'^  (,  bis  27o  zii  niedrig  werden.  Bei  Milch- 
säuremengen von  mindestens  0'08  g  lassen  sich  Vei'luste,  die  47o  überschreiten, 
anscheinend  mit  Sicherheit  vermeiden. 

Auf  die  in  Frage  kommenden  methodischen  Versuche,  welche  von  Herrn  Apotheker 
Schmidt  und  Herrn  Dr.  Max  Oppenhcimer  ausgeführt  wurden,  soll  an  dieser  Stelle 
nicht  eingegangen  werden.  Es  soll  vielmehr  nur  das  Verfahren,  wie  es  jetzt  bei  allen 
Milchsäurebestimmungen  nach  v.  Fürth  und  Charnass  in  unserem  Laboratorium  zur 
Anwendung  kommt,  kurz  geschildert  werden: 

Das  in  der  oben  angegebenen  Weise  gewonnene,  bis  zur  Gewichts- 
konstanz bei  107 — lOS**  getrocknete  und  gewogene,  mehr  oder  weniger 
stark  verunreinigte  milchsaure  Zink  wird  in  heißem  Wasser  gelöst  und 
in  einen  Kjeldahldestillationskolben  von  etwa  800  cm^  übergespült.  Auf  etwa 
ungelöst  bleibende  \'erunreinigungen  wird  keine  Rücksicht  genommen.  Die 
Lösung,  deren  Volumen  nicht   mehr   als   etwa   bOcm^  betragen   soll,   und 


^)  V.  FürthxmA  Charnass,  t)ber  die  quantitative  Bestimmung  der  Milchsäure  durch 
Ermittlung  der  daraus  abspaltbaren  Aldehydmenge.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  96.  S.  199 
(1910). 

^)  Nicht  einer  Kaliumhydrosulfitlösung,  wie  v.  Fürth  und  Charnass  an  ver- 
schiedenen Stellen  fälschlich  angeben. 


Arbeitsmethoden  zur  Untersucluuig  des  iiitorniediärcii  Stnffwr^chscls  120? 

deren  Milchsäuregehalt  zweekinäljig  nicht  grölJer  sein  soll  al>  0.2//.  wird 
mit  oOOcmä  Schwet'elsäure  von  Ooo/o  sowie  etwas  Talkmii  vci>ct/,t.  l)ei- 
Destillationskolben  ist  durch  ein  Stutzerücht's  Aufsatzrohr  mit  einem 
Schlani>enkühler  verbunden,  dessen  unteres  Ansatzrohr  in  eine  eis!_n-knhlte 
Vorlage  von  H  Fassungsvermögen  taucht.  Die  \'orlage  eiithidt  etwa  \:A}r>n^ 
Wasser  und  außerdem  eine  genu'ssene  Menge  titrierte)-,  annidiernd  '5  nor- 
maler Disullitlösung.  die  zur  IJindung  des  bei  der  O.xvdation  mit  rerman- 
ganat  entstehenden  Aldehyds  mehr  als  ausreichen  niiili. 

Die  Kaliumpermanganatlösung  tropft,  wie  v.  Fürth  und  c/iunmss 
es  angegeben  haben,  nachdem  lebhaftes  .Sieden  eingetreten  ist  und  keine 
Luft  mehr  aus  der  Vorlage  entweicht,  aus  einem  Tropftrichter  in  die  zu 
oxydierende  Lösung. 

Sehr   wesentlich    ist  es.    daß  hierbei  sehr    stark  verdünnte, 

N_ 
100 


und  zwar  77^-Permanganatlösung  angewandt  wiid.  l^ei  Anwendung 


von    "    -Permauganatlösung    gelangt    man  nur    zu  Aldehydausbeuten,    wie 
sie  auch  v.  Fürth  und  Charnass  gew'onnen   haben. 

Die  Zahl  der  pro  Minute  zufließenden  Tropfen  -j—  -rermanganatlösung 

soll  etwa  90  bis  120  betragen.  Die  Flüssigkeit  muß  so  lebhaft  sieden,  daß 
während  der  Oxydation  keine  erhebhche  Volumänderung  eintritt. 

Durch  den  Talkumzusatz  wird  jeder  Siedeverzug  verhindert,  was 
ebenfalls  nicht  mnvesenthch  sein  dürfte. 

Sobald  sich  —  gegen  Ende  der  Oxydation  —  die  Flüssigkeit  bräunlich 
zu  färben  beginnt,  wird  das  Tempo  des  Zutropt'ens  der  Permanganat- 
lösung  mögUchst  verlangsamt  und  etwa  10  Minuten  unter  langsam 
zunehmender  Färbung  der  Flüssigkeit  —  weiterdestilliert.  Dann  winl  tue 
Destillation  unter  den   üblichen    (juantitativen  Kautelen   unteibrochen    und 

die  nicht  an  Aldehyd  gebundene  Pisulfitmenge  nach  Stärkezusatz  mit  ^- 

Jodlösuug  titriert. 

Der  Titer  der  Bisullitlösung  wird  bei  jeder  P)estimmung  neu  fest- 
gestellt. M    Die  Differenz    der    bei   dieser   Titerstellung    inid    der    bei    der 

eigenthchen  Titration  verbrauchten  Anzahl  Kubikzentimeter  J"^-Jodlösung  ent- 

spricht  der  vorhandenen  Milchsäuremenge;  jeder  Kiihikzentimeter  ^-  Jod- 
lösung entspricht,  wie  bereits  oben  erwähnt,  4*5  m(j  .Milchsäure. 

Wir  haben  im  allgemeinen,  wie  ans  dem  Obenstehenden  hervorgeht, 
vor  Anwendung   der  Permanganatmethode  die    Milchsäure    in  Form    ihres 


')  Durch  einfaches,   mehrstündiges  Stehen  einer  stark    verdiinntcn  Hisidfitl(>sun!i: 

N 

0  cm^  —  -Bisulfitlösi 
5 

Titeränderung  nicht   statt. 


(z.  B.  20  ctn^  —  -Bisulfitlösung  auf  löO  cm'-^  Wasser)  in  eisgekühlter  Vorhigo  findet  eine 


1258  Ott<^  Neubauer. 

Zinksalzes  —  so  gut  wie  möglich  —  isoliert  und  zur  Wägung  gebracht. 
Das  ist  überall  da  notwendig,  wo  man  mit  der  Möglichkeit  rechnen  muß, 
daß  die  zu  untersuchende  Flüssigkeit  neben  Milchsäure  noch  andere  äther- 
löshche  Substanzen  enthält,  die  bei  der  Anwendung  des  Permanganat- 
verfahrens  in  ähnhcher  Weise  wie  Milchsäure  flüchtige  bisulfitbindende 
Substanzen  bilden.  Hat  man  sich  bei  einer  bestimmten  Versuchsanordnung 
davon  überzeugt,  daß  solche  Substanzen  (z.  B.  ß-Oxybuttersäure  oder 
Brenztraubensäure)  nicht  auftreten,  so  kann  man  das  Permanganat- 
verfahren  sehr  wohl  direkt  auf  das  Ätherextrakt  nach  Entfernung  des 
Äthers  durch  Destillation  unter  Wasserzusatz,  Neutralisation  der  Flüssig- 
keit mit  Natronlauge  und  starker  Einengung  (zur  Entfernung  von  aus  dem 
Äther  stammenden  Alkoholspuren)  anwenden. 

Sehr  nützlich  erweist  sich  die  eben  geschilderte  Anwendung  des 
Permanganatverfahrens  auch  bei  der  zur  Kontrolle  der  Vollständigkeit  der 
ersten  Extraktion  der  Milchsäure  mit  Äther  stets  ausgeführten  zweiten 
Extraktion. 

ANHAiSG.  Bestimmung  der  Milchsäure  im   Muskelpreßsaft. 

Einfacher  als  Blut  und  Leber  läßt  sich  —  wegen  seines  größeren  Milchsäiire- 
reichtums  und  seines  geringeren  Eiweißgehaltes  —  Muskelpreßsaft  zur  Milchsäure- 
hestiuimung  vorbereiten.  Er  wird  mit  dem  gleichen  Volumen  Salzsäure  von  2%  i'ud 
Sublimat  von  57o  versetzt,  wodurch  stets  völlige  Enteiweißung  eintritt.  Das  Filtrat 
kann  nach  der  Befreiung  von  Quecksilber  und  Schwefelwasserstoff  ohne  vorhergehende 
Einengung  —  zweckmäßig  nach  Sättigung  mit  Ammonsulfat  —  im  Lindschen  Apparat 
bei  phosphorsaurer  Reaktion  extrahiert  werden.  Die  weitere  Behandlung  des  Ather- 
extrakts  bietet  keine  Besonderheiten. 


Methoden  zur  Untersuchung  des  Gaswechsels  von  künstlich  durch- 
bluteten (Jrganen  siehe  dieses  Werk,  Band  III,  S.  444. 

Durchblutungen  an  pathologisch  veränderten  Organen  könnten  wich- 
tige Aufklärungen  über  den  krankhaft  veränderten  Stoffwechsel  bringen, 
sind  aber  bisher  nur  in  geringer  Zahl  ausgeführt  worden.  ^) 

Auf  ein  sehr  günstiges  (Jbjekt,  bei  welchem  ohne  künstliche  Zirku- 
lation der  Stoffwechsel  isoHerter  überlebender  Warmblüterzellen  untersucht 
werden  kann,  hat   Otto    Warhurg^-)  aufmerksam  gemacht:   die  Blutkörper- 


*)  Emhden  und  Lutfes,  Über  die  Acetessigsäurebildung  in  der  Leber  des  diabeti- 
schen Hundes.  Beitr.  z.  ehem.  Phys.  u.  Path.  Bd.  11.  S.  327  (1908).  —  Grieshach,  Über  Acet- 
essigsäurebildung in  der  Leber  des  diabetischen  Hundes.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  27.  S.  34 
(1910).  —  Zuelzer,  Experimentelle  Untersuchungen  über  den  Diabetes.  Berliner  klin. 
Wochenschr.  Bd.  44.  S.  474  (1907).  —  Lattes,  Über  die  Zuckerbildung  in  der  künstlich 
durchbluteten  Leber  Diabetischer.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  20.  S.  215  (1900). 

^)  Otto  Warburg,  Zur  Biologie  der  roten  Blutzellen.  Zeitschr.  f.  physiol.  Chem. 
Bd.  59.  S.112  (1909).  —  Über  Beeinflussung  der  Sauerstoffatmung.  Bd.  70.  S.  313  (1911). 
—  Ferner  briefliche  Mitteilung  vom  19.  Oktober  1911. 


Arbeitsmethoden  zur  l'ntersuchiini?  des  intermediären  Stoffwechsels.         12n9 

chen  von  Vögeln.  ^lan  kann  Gänsen  erhobliclie  Mengen  von  nintkörpcrclH'n 
mittelst  Kanüle  aus  der  Flügelvene  entnehmen,  ohne  sie  zn  töten  (z.  IJ.  in 
24  Tagen  660  cm^  Hlut  bei  10  Entnahmen).  Um  das  Blut  steril  zu  ge- 
winnen, macht  man  am  besten  einen  kleinen  Hautsehnitt,  sticht  dann  die 
Kanüle  einer  30  cni^  fassenden  Glasspritze  in  die  Vene  und  fidlt  nun  die 
Spritze  2-  oder  3mal,  ohne  dabei  die  Kanüle  aus  der  Vene  herauszuziehen; 
der  Hautsclinitt  wird  mit  zwei  Stichen  verniiht.  Wenn  man  mit  einem  starken 
Aderlaß  beginnt  (lOOcmS),  so  treten  sehr  bald  junge  Zellen  in  die  IJlut- 
bahii  über;  die  Stoff  Wechselprozesse  verlaufen  gerade  in  solchen  jungen 
Zellen  intensiver. 

Die  Gerinnung  kann  durch  Hirudin  verhindert  werden.  Man  kann 
auch  das  Fibrin  durch  Schütteln  abscheiden.  Durch  Zentrifugieren  mit 
0-9 Voiger  Kochsalzlösung  oder  EingersdiQT  oder  Friet/en^Acz/scher  Lösung») 
kann  man  die  Blutkörperchen  rein  erhalten.  Über  die  Untersuchung  der 
Sauerstoffatmung  au  diesem  Objekt  siehe  das  Original. 

Über  Untersuchungen  an  Seetieren  siehe  dieses  Werk.  Band  111, 
S.  1064. 


B.  Untersuchungen  an  isolierten  Organen  ohne  künstliche 

Zirkulation  (Autolyse). 

Sie  sind  technisch  erhebhch  einfacher,  erlauben  Ausschluß  der  Bak- 
terienwirkung durch  aseptisches  oder  antiseptisches  Arbeiten  und  kömien 
infolgedessen  viel  länger  ausgedehnt  werden  als  die  Durchströmungsver- 
suche. Auf  der  anderen  Seite  sterben  die  Organe  der  Warmbüter  beim 
Weglassen  der  Zirkulation  sehr  rasch  ab.  Man  glaubt  jedoch  zu  der  Annahme 
berechtigt  zu  sein,  daß  eine  Reihe  von  Stoffwechselvorgängen,  die  während 
des  Lebens  eine  Rolle  spielen,  auch  noch  nach  dem  Tode  der  Zelle  eine  Zeit- 
lang weiter  ablaufen ;  ja  für  manche  fermentative  Prozesse  darf  man  vor- 
aussetzen,  daß  sie  nach  dem  Absterben  der  Zellen  und  besonders  nach  der 
Vernichtung  des  morphologischen  Aufbaues  (durch  Zerkleinerung,  \'errei- 
bung  mit  Kieselgur  usw.)  sogar  ausgiebiger  verlaufen  und  —  da  andere 
Lebensprozesse  in  Wegfall  kommen  —  zur  Anhäufung  intermediärer  Pro- 


')  Äü« (/ersehe  Lösung  s.  dieses  Werk.  Bd.  3.  I.  S.  325  ff.  Die  Friccienthahche 
Lösung  enthält  im  Liter  6.9  NaCl,  4.9  NaHCO,,  03  g  KCl,  OS  ff  Ca(H,POJ,  und  2  g 
Glukose;  A= — O'äß";  bei  Verwendung  von  Gänseblut  muß  sie.  dessen  iiiedrigerom  os- 
motischen Druck  entsprechend,  verdünnt  werden.  Sie  darf  gegen  riienulphthaloin 
nicht  alkalisch  reagieren.  Beim  Kochen  in  offenen  Gefäßen  nimmt  sie  alkalische  Beak- 
tiou  an  und  ist  dann  unbrauchbar.  Tabletten  zur  Herstellung  der  Fricdenfhalschen  Lö- 
sung können  aus  der  Victoria- Apotheke.  Berlin  SW.,  Friedrichstraße  19  bezogen  werden 
(r.  Szili/  und  Friedcnfhal,  Über  Reaktionsl)estimnunigen  im  natürlichen  Serum  und  über 
Herstellung  einer  zum  Ersatz  des  natürlichen  Serums  geeigneten  Salzlösung.  Arch.  für 
[Anat.  u.]  Physiol.  Jg.  1903.  S.  550). 


1^260  ^^^^  Neubauer. 

dukte  führen.  Man  hat  daher  von  solchen  der  Autolyse  überlassenen  Or- 
ganen und  Organbreien  wichtige  Aufschlüsse  über  den  intermediären  Stoff- 
wechsel erwartet.  Doch  spricht  manches  dagegen,  daß  die  am  autolysierten 
Organ  gefundenen  Tatsachen  ohne  weiteres  auf  den  lebenden  Organismus 
übertragen  werden  dürfen;  z.  B.  die  Erfahrung,  daß  der  Hauptprozeß  bei 
der  Autolyse,  die  Eiweißspaltung,  erst  einige  Stunden  nach  dem  Tode, 
gleichzeitig  mit  dem  Eintritt  der  dem  lebenden  Gewebe  fremden,  sauren 
Reaktion  einsetzt,  i) 

Die  Prozesse  bei  der  Autolyse  verlaufen  zum  weitaus  überwiegenden 
Teil  anoxybiotisch.  Man  hat  auch  versucht,  durch  Durchleiten  von  Luft 
oder  0,  mit  oder  ohne  Blutzusatz,  die  Bedingungen  denen  des  lebenden  Or- 
ganismus ähnlicher  zu  machen. 

Über  die  Methodik  der  Autolyse  siehe  dieses  Werk,  Band  III,  S.  432. 

Bei  der  einfachen  Autolyse,  also  beim  Stehenlassen  des  Organs  ohne 
jeden  Zusatz  (abgesehen  von  einem  Antiseptikum),  beobachtet  man  haupt- 
sächhch  hydrolytische  Prozesse  (Spaltung  von  Eiweiß,  Kohlenhydraten,  Fett, 

Nukleinsäuren),  daneben  aber  auch  oxydative  (Purinsubstanzen  zu  U  und 
AUantoin)  und  reduktive  (H-Entwicklung) ,  sogar  Synthesen  (Buttersäure- 
bildung?). 

Weit  zahlreicher  sind  noch  die  Prozesse,  die  man  beim  Zusatz  ver- 
schiedener Substanzen  (Körpersubstanzen  und  körperfremde  Substan- 
zen) zum  Organbrei  beobachten  kann. 

Eine  sehr  große  Anzahl  von  derartigen  Versuchsergebnissen,  und  zwar 
gerade  von  solchen,  die  für  den  intermediären  Stoffwechsel  von  Bedeutung 
schienen,  hat  sich  aber  als  irrtümlich  (offenbar  infolge  von  Analysenfehlern) 
herausgestellt.  Weder  der  Nachweis  der  Bildung  von  Fett  aus  Zucker,  noch 
der  der  Entstehung  von  Zucker  aus  Fett,  ja  nicht  einmal  die  Sicherstellung 
einer  Synthese  von  Fett  aus  Fettsäuren  und  (ilyzerin  in  der  Darmschleim 
haut   ist  im  Brei  von  Säugetierorganen  bisher  gelungen.  ^) 

Dagegen  hat  Weinland  ^)  die  Bildung  von  Fett  aus  eiweißartiger 
Substanz  im  Brei  von  Fliegenmaden  festgestellt. 

Die  auf  Pferdefleisch  gezüchteten,  in  wenigen  Tagen  zu  geeigneter  Größe 
herangewachsenen  Larven  (s.  S.  1154)  werden  zunächst  gründlich  gewaschen, 
in  der  Reibschale  sorgfältig  verrieben,  etwa  15  Minuten  lang,  bis  der  Brei 


*)  J.  Pohl,  Über  AUantoinausscheidung  bei  Intoxikationen.  Arch.  f.  exp.  Path.  u. 
Pharm.  Bd.  48.  S.  367  (1902).  —  H.  Wiener,  Über  den  Einfluß  der  Reaktion  auf  auto- 
lytische  Vorgänge.  Zentralblatt  f.  Pbysiol.  Bd.  19.  Nr.  11  (1905). 

^)  Abderhalden  und  Rona,  Bildung  von  Zucker  aus  Fett.  Zeitschr.  f.  physiol. 
Chem.  Bd.  41.  S.  303  (1904).  —  Frank  und  Ritter,  Einwirkung  der  überlebenden  Dünn- 
darmschleimhaut auf  Seifen,  Fettsäuren  und  Fett.  Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  47.  S.  249  (1906). 

^)  Weinland,  Fett  aus  eiweißartiger  Substanz  im  Brei  von  Calliphora-Larven. 
Zeitschr.  f.  Biol.  Bd.  51.  S.  197  (1910). 


Arbeitsmethoden  zur  LntcrBuchiing  des  iutcrmediären  Stoffwechsels.         12H1 

homogen  erscheint.  Dann  wiid  Wittc-l'cpton  (prewöhnlich  nnpciiihr  die 
Hälfte)  portionenweise  nnter  Znsatz  von  etwas  Wasser  (frewöhnlich  etwas 
mehr  als  Witte-Pepton)  mit  dem  Larvenhrei  so  lange  znsaniim'ngcriehcn, 
bis  ein  homogener,  ziemlich  (liinncr  Ihci  von  alkalischer  Kcaktion  ent- 
standen ist.  Dieser  wird  auf  Wagegliischen  (zur  rntcrsncliung  der  (ias- 
entwicklung  in  Rezipienten)  verteilt,  gewogen  und  bei  Zimmertemperatur 
oder  im  Brutschrank  stehen  gelassen.  Zur  Fettbestimmung  werden  die 
Proben  bei  lOO^  getrocknet  und  in  der  Mühle  fein  pulverisiert.  Üakterien- 
wirkung  als  Ursache  von  Fettzunahme  erscheint  dadurch  ausgeschaltet, 
daC)  Kontrollversuche  mit  dem  Inhalt  von  Sangmagen  und  Darm  negativ 
ausgefallen  sind. 

Sehr  erfolgreich  waren  rntersuchungen  an  autolysierendeii  ( »rganen 
über  den  Abbau  der  Nukleinsäure,  respektive  der  Purinl»asen.  .'^iehe 
dieses  Werk,  Band  III,  S.  420. 

Von  besonderem  Interesse  ist  die  Oxydation  von  Bernstein- 
säure zu  Äpfelsäure')  durch  überlebende  Gewebe  (BatteUi  und  Stern). 

Muskelgewebe  vom  Hund  oder  Pferd,  3 — 4  Stunden  nach  dem  Tode 
des  Tieres  entnommen,  wird  in  einer  Fleischhackmaschine  fein  zeriieben 
und  5-  oder  6mal  mit  Wasser  gut  ausgewaschen,  indem  man  die  doppelte 
Menge  Wasser  zusetzt,  5  Minuten  lang  kräftig  durchschüttelt  und  L'Ut 
durch  ein  Leinwandtuch  preßt.  Zu  100  y  dieses  Muskelrückstandes  fügt 
man  500  cm^  Wasser  und  3  y  Bernsteinsäure  als  Na-Salz.  Die  Gewebssus- 
pension  wird  in  eine  große  Flasche  gebracht,  diese  mit  Hilfe  einer  Wasser- 
strahlpumpe schnell  evakuiert  und  dann  mit  0  gefüllt,  indem  man  sie  mit 
einem  0-Behälter  in  Verbindung  setzt.  Die  Flasche  wird  dann  bei  38  40" 
geschüttelt,  bis  die  0-Auf nähme  völlig  aufhört,  was  oft  schon  in  weniger 
als  einer  Stunde  der  Fall  ist.  Dann  wird  sie  in  siedendes  Wa.sser  getaucht, 
bis  die  Temperatur  90"  erreicht  hat.  Man  filtriert,  fällt  das  Filtrat  voll- 
ständig mit  essigsaurem  Blei  aus,  zentrif ugiert ,  wäscht  den  Niederschlag 
in  der  Zentrifuge  mehrmals  mit  öOVoigero  Alkohol,  rührt  den  Niederschlag 
mit  Wasser  an,  zersetzt  ihn  mit  HoS  und  verjagt  den  überschüssigen  ILS 
aus  dem  Wasserbad.  Durch  Zusatz  von  P.a(()H).,  bringt  man  das  Schwefel- 
blei zur  Abscheidung,  filtriert  dann  und  engt  das  Filtnit  auf  ein  kleines 
\'olumen  ein;  das  äpfelsaure  Ba  setzt  sich  allmählich  in  Form  von  weiiien 
Plättchen  ab.  —  Die  entstehende  Äpfelsäure  wird  zum  Teil  weiter  o.xydiert. 
Auch  Fumarsäure  und  Zitronensäure  werden  durch  Organbrei  oxydiert.*) 
Diese  Verbrennungen  sind  nach  BatteUi  und  Stern  deshalb  besonders 
interessant,  weil  es  scheint,  daß  sie  durch  denselben  Prozeß  bewirkt  werden, 
welcher  auch  der  „Hauptatmung"  der  Gewebe  zugrunde  liegt.  (S.  dieses 
Werk,  Bd.  III,  S.444.) 


')  BatteUi  und  Stern,  Oxydation  der  Bernsteinsäuro  durch  Tierpcwebc.  Biochora. 
Zeitschr.  Bd.  30.  S.  172  (1910). 

-)  BattclU  und  Stern,  Oxydation  der  Zitronen-,  .\pfi'l-  und  Fumarsäure  durch 
tierische  Gewebe.  Biochem.  Zeitschr.  Bd.  31.  8.479  (1911). 


1262  Otto  Neubauer.  Arbeitsmethoden  zur  Untersuchung  etc. 

Die  Untersuchungen  an  intakten  und  zerkleinerten  Organen  werden 
oft  zweckmäßig  durch  Versuche  mit  Preßsäi ten,  Urganpulvern,  Organ- 
extrakten und  mehr  weniger  rein  dargestellten  Organfermenten  ersetzt. 
Die  Voraussetzung,  daß  Fermente,  die  sich  in  den  Organen  finden,  auch 
im  Stoffwechsel  eine  Funktion  haben,  ist  vermutlich  richtig,  aber  nicht  be- 
wiesen. Bedeutungsvoll,  w^enn  auch  nicht  unmittelbar  den  normalen  inter- 
mediären Stoffwechsel  betreffend,  ist  die  Erfahrimg,  daß  nach  parenteraler 
Zufuhr  von  Eiweißkörpern  und  zusammengesetzten  Zuckerarten  spezifische, 
den  Abbau  einleitende  Fermente  auftreten  (  Weinland,  Abderhalden  und  Mit- 
arbeiter). Die  Technik  der  Fermentuntersuchungen  ist  ausführhch  in  Bd.  III 
und  V,  S.  575  dargestellt. 


Methodisches  aus  der  Biochemie  der  Pllaiizcii. 

Von  Erust  ü.   I*riiii;:sli('ini,  Halle  a.  S. 

A.  Sand-  und  Wasserkultur  höherer  Pflanzen. 
a)  Allgemeine  Betrachtungen. 

Die  oTüne  Landpflaiizo  nimmt  aus  der  Luft  nur  die  Koldeiisänre  auf. 
Alle  anderen  Stoffe  stammen  normalerweise  aus  dem  KidlKMicn.  Wasser- 
stoff und  Sauerstoff  zum  grolien  Teil  aus  dem  Wasser,  der  Stickstoff  und 
die  Aschenbestandteile  aus  den  Bodensalzen.  Beide  werden  durcli  die  Wurzeln 
aufgenommen. 

Um  zu  prüfen,  welche  von  den  stets  oder  unter  Umsti^nden  vorge- 
fundenen Elementen  zum  normalen  Gedeihen  unbedingt  erforderlich  sind, 
müssen  Methoden  ange^Yendet  werden,  die  es  gestatten,  nur  ganz  be- 
stimmte Stoffe  zuzuführen,  andere  aber  fortzulassen.  Das  natürliche  Kultur- 
substrat, die  Erde,  ist  ein  aus  verwitterten  Gesteinen  und  zersetzten 
Pflanzen-  und  Tierstoffen  zusammengesetztes  Gemenge  höchst  komjilizierter 
chemischer  und  physikahscher  Struktur.  An  dieses  ist  die  Pflanzenwurzel 
ihrer  ganzen  Lebensweise  nach  angepaßt.  P'ür  einigermalien  exakte  Stoff- 
wechselversuche ist  natürhche  Erde  nicht  brauchbar,  weil  es  nicht  gelingen  kann, 
ihre  Zusammensetzung  den  oben  gestellten  Forderungen  entsprechend  zu 
variieren.  Man  ist  also  stets  auf  Surrogate  angewiesen,  die  alle  von  den 
normalen  weit  abw^eichende  Verhältnisse  bieten.  Wollte  man  es  selbst  ver- 
suchen, aus  den  Bestandteilen  des  Kultur-  oder  ..Humus "bodeus.  .soweit 
sie  bekannt  sind,  eine  möglichst  natürliche  Erde  zusammenzumischen,  so 
würde  man  nur  sehr  schwer  den,  wie  wir  sehen  werden,  in  cliemisclier 
Beziehung  sehr  strengen  Forderungen  des  Versuches  nachkommen  können, 
und  zudem  doch  nur  unvollkommen  die  r)edingungen  erreichen,  wie  sie 
die  Natur  bietet. 

Man  ist  deshalb  darauf  angewiesen,  entweder  ein  aus  festen  Teilchen 
zusammengesetztes  lockeres  Substrat  zu  benutzen,  in  dessen  I'oren  die 
Lösung  der  entsprechenden  Stoffe  kapillar  festgehalten  wird,  odei-  die 
Wurzeln  in  Wasser  mit  den  nötigen  Substanzen  zu  versorgen. 

b)  Sandkultur. 

Einen  festen  Körper  zu  finden,  der  den  zu  stellenchMi  Forderungen 
völlig   entspricht,    ist    kaum    möglich.    Der   betreffende    Stoff    soll    niindidi 


2^2(34  Ernst  G.  Pringsbeim. 

feinkörnig  sein,  um  Wasser  festhalten  zu  können  und  eine  mögliehst 
große  Adsorptionsfläche  zu  bieten,  und  er  muß  chemisch  absolut  indifferent 
sein,  damit  er  die  Versuchsresultate  nicht  trübe.  Auch  soll  er  im  ange- 
feuchteten Zustande  noch  Luft  enthalten. 

Salm-Horstmar^)  benutzte  Koble  aus  reinstem  Kandiszucker,  künstlicbe  Kiesel- 
säure, gepulverten  Bergkrystall  und  geglübten  Bacbsand,  andere  Forseber  Bimsstein, 
Scbwefel,  Gips  und  dergleichen.  Von  allen  diesen  Stoffen  ist  nur  der  Sand  in  genügender 
Menge  zu  beschaffen,  um  umfangreichere  Versuche  damit  anzustellen.  Außerdem  haben 
die  anderen  Substrate  alle  den  oder  jenen  Fehler. 

Die  Sandkultur  dagegen  ist  besonders  durch  Hellriegel  zu  hoher  YoU- 
kommenheit  ausgebildet  worden.  In  seinen  ,. Beiträgen  zu  den  naturwissen- 
schaftlichen Grundlagen  des  Ackerbaues"  2)  findet  sich  eine  genaue  Be- 
schreibung seiner  Methode,  die  hier  kurz  wiedergegeben  werden  soll.  Die 
ausführliche  Begründung  der  Vorschriften  muß  im  Original  nachgelesen 
werden. 

Das  Haupterfordernis  ist  ein  möglichst  reiner,  feinkörniger  Quarz- 
sand. Er  wird  geglüht,  geschlämmt,  mit  Säuren  behandelt  und  ausgewaschen. 
Doch  verlasse  man  sich  auch  dann  nicht  auf  seine  Reinheit,  sondern 
analysiere  ihn,  besonders  auf  Alkalien  und  Eisen,  falls  es  auf  Ausschluß 
dieser  Elemente  ankommt.  3) 

Auch  die  Kulturgefäße  dürfen  keine  Nährstoffe  abgeben.  Salm-Horstmar 
benutzte  deshalb  Zinngefäße,  die  mit  Wachs  überzogen  waren  (a.  a.  0.  S.  5). 
Man  wird  aber  vorziehen,  Glas  zu  verwenden,  schon  seiner  Durchsichtig- 
keit wegen.  Heute  verfügt  man  über  chemisch  sehr  indifferente  Glassorten. 
Noch  sicherer  und  dabei  billiger  sind  aber  gewöhnhche  gläserne  Blumentöpfe 
oder  Akkumulatorengefäße,  die  innen  mit  einem  indifferenten  Überzug, 
wie  Harz,  Paraffin,  vielleicht  auch  einem  Lack  zu  überziehen  sind  (Hell- 
riegel a.  a.  0.  S.  767).  Alle  diese  Überzüge  müssen  in  fließendem  Wasser 
lange  ausgewaschen  werden,  wenn  sie  nicht  die  Wurzeln  schädigen  sollen. 

Die  Gefäße  sollen  nicht  zu  klein  sein,  also  etwa  1 — 2  /  fassen,  je 
nach  der  Zahl  und  Größe  der  Pflanzen.  Die  für  die  Wurzeln  sehr  wichtige 
Durchlüftung  findet  dadurch  statt,  daß  auf  den  Boden  der  Kulturgefäße  eine 
Schicht  weißer  Quarzkieseln  kommt,  deren  Zwischenräume  durch  ein 
Bodenloch  oder  eine  senkrecht  nach  oben  führende  Glasröhre  mit  der 
Atmosphäre  in  Verbindung  stehen.  Auf  die  Steinchen  kommt  eine  Lage 
gereinigte  Watte  und  darüber  der  Sand. 

Würde  man  den  trockenen  Sand  im  Kulturgefäße  mit  Wasser  be- 
gießen, so  würde  dieses  nur  einzelne  Regionen  bis  zur  Sättigung  durch- 
nässen, andere  aber  trocken  lassen.  Man  mischt  also  vorher  die  zu  ver- 
wendende Nährsalzlösung  zu  dem  Sande,  und  zwar  soviel,  daß  er  bröckehg 


')  Salm-Horstmar ,  Versuche  und  Resultate  über  die  Nahrung  der  Pflanzen. 
Braunschweig  1856.  S.  762  ff. 

")  Hellriegel,  Beiträge  zu  den  naturwissenschaftlichen  Grundlagen  des  Acker- 
baues. Braunschweig  1883. 

^)  Der  Sand  kann  von  Hugershojf,  Leipzig,  Karolinenstraße  13,  bezogen  werden. 


Methodisches  aus  der  Biochemie  der  Pfhuizon.  1  2()f) 

zusammenhält  ohne  zu  khunpen  oder  zu  zerfallen.  P.eim  Kinfüllen  sucht 
man  das  lockere  Gefüge  des  Erdhodens  niö<rlichst  iiuclizuahmen.  indem  man 
den  feuchten  Sand  in  kleinen  Portionen  mit  den  lliiiidcn  ciiihrockt. 

Die  Keimuni^  der  Samen  läßt  man  auf  Flii-lipapier  vor  sich  ^zehcn,  das  mit 
destilliertem  Wasser  getränkt  ist.  Am  besten  ist  es.  eine  oder  zwei  Pagen 
Fließpapier  auf  eine  umgelegte  Glasschale  zu  legen  und  diese  in  einen 
Teller  mit  Wasser  zu  stellen,  so  daß  das  Papier  ins  Wasser  taucht.  P.ei 
größeren  Samen  kommt  noch  eine  Lage  Papier  darüber,  so  daß  sie  von 
beiden  Seiten  feucht  gehalten  werden.  Cber  das  (ianze  wird  eine  Glasglocke 
gestülpt.  Auch  empfiehlt  es  sich,  grobe  Samen  vor  dem  Auslegen  zum 
Keimen  in  einer  flachen  Schicht  wiederholt  gewechselten  destillieiten  Wassers 
24  Stunden  quellen  zu  lassen.  Noch  becjuemer  ist  es  vielleicht .  als  Keim- 
bett feuchten  Sand  zu  benutzen,  in  den  die  Samen  halb  eingedrückt  werden. 

Zur  Aussaat  in  die  Kulturgefäße  benutze  man  möglichst  gleich  ge- 
keimte Samen,  deren  Wurzeln  eben  hervortreten.  Sie  kommen  in  gleichem 
Abstände  auf  die  geebnete  Oberfläche  des  Sandes  und  werden  dann  mit  einer 
Schicht  Saud  (die  für  diesen  Zweck  zurückblieb)  bedeckt,  und  zwar  wenige 
MiUimeter  bis  5  cm  hoch,  je  nach  ihrer  Größe.  Stets  säe  man  mehr  Samen 
aus  als  Pflanzen  stehen  bleiben  sollen  und  treffe  nach  einiger  Zeit  eine 
neue  Auswahl.  Die  im  Wachstum  zurückgebliebenen  Exemplare  werden  dicht 
unterm  Boden  abgeschnitten.  Will  man  später  Analysen  machen,  so  darf  der 
Oberschuß,  besonders  bei  großen  Samen,  nicht  zu  bedeutend  sein. 

Das  Gießen  kann  mit  reinem  destillierten  Wasser  geschehen.  Dieses 
darf  keine  schädlichen  Stoffe,  wie  etwa  Kupferspuren  aus  Destillierblasen 
enthalten.  Falls  bestimmte  N-Gaben  vorgesehen  sind,  bedenke  man  auch 
die  NHg-Aufnahme  aus  der  Luft.  Besser  wird  es  meist  sein,  nicht  alle 
zuzuführenden  Salze  dem  Sande  von  Anfang  an  zuzusetzen,  sondern  min- 
destens einen  Teil  zurückzuhalten  und  ganz  allmählich  mit  dem  Gieß- 
wasser zu  geben.  Gäbe  man  nämlich  die  ganze,  für  den  vollen  Entwicklungs- 
zyklus notwendige  Salzmenge  auf  einmal,  so  könnte  leicht  eine  sch;idliche 
Konzentration  erreicht  werden.  Das  natürliche  Bodenwasser  ist  eine  sehr 
verdünnte  Lösung.  Im  Erdboden  werden  die  lokal  entnommenen  Stoffe 
durch  Diffusion  aus  der  Nachbarschaft  sowie  durch  Lösung  schwerlöslicher 
oder  an  Colloiden  adsorbierter  Bestandteile  ergänzt.  In  Saiidkulturen  aber 
soll  die  Konzentration  VV/o^  bezogen  auf  die  Gesamtsalze,  nicht  wesentlich 
übersteigen,  da  der  Sand  nur  geringe  Adsorptionskraft  hat.  Schließlich  ist 
noch  zu  beachten,  daß  man  die  tägliche  W\asserration  voisichtig  in  feinem 
Strahle  etwa  aus  der  Spritzflasche  zufließen  lasse,  damit  keine  Zerstörung 
der  Porosität  und  ungleiche  Benetzung  und  Fortspülnng  des  leicht  schwemm- 
baren  Sandes  stattfinde.  Bei  sehr  exakten  \'ersnchen  wird  man  die  zu 
ergänzende  Wassermenge  mit  der  Wage  feststellen,  indem  man  so  lange 
gießt,  bis  das  Anfangsgewicht  (oder  —  wegen  der  hinzugekommenen 
Pflanzenmasse  —  etwas  mehr)  erreicht  ist. 

Da  es  unmöglich  ist;  in  bezug  auf  Licht  und  Wärmt«  völlig  gleich- 
mäßige Bedingungen  herzustellen,  muß  man  dafür  sorgen,  ilaß  wenigstens 

Abderhalden,  Handbach  der  biochemischen  ArbeitBiiiethodrn.  V.  80 


1266  Ernst  G.  Pringsheim. 

alle    Kulturgefäße    einer    Yergleichsserie    gleiche    Bedingungen     erhalten. 
(Siehe  weiter  unten!) 

c)  Wasserkultur. 

Die  Bedingungen,  die  die  Wurzel  in  Wasser  vorfindet,  weichen  noch 
mehr  von  den  natürlichen  ab.  als  bei  Sandkulturen.  Zunächst  ist  die 
Durchlüftung  schwieriger,  dann  ist  die  Wurzel  im  Wasser  noch  empfind- 
licher gegen  allerlei  schädliche  Einflüsse,  wie  zu  hohe  Konzentration, 
Spuren  giftiger  Verunreinigungen  u.  dgl.  Dafür  kann  man  aber  solche 
Schädigungen  an  der  geringen  Längenzunahme,  knotigen  Verdickungen 
oder  Pilz-  und  Bakterienvegetation  an  den  Wurzeln  in  dem  durchsichtigen 
Medium  ohne  weiteres  sehen.  Dazu  kommt  noch  die  größere  Exaktheit,  die 
in  chemischer  Beziehung  erreicht  werden  kann  und  die  größere  Bequem- 
lichkeit. Denn  die  umständliche  Bearbeitung  des  Sandes,  die  doch  nie  zur 
völligen  Reinheit  führt,  fällt  hier  fort.  Deshalb  wird  man  immer  dann,  wenn 
die  Versuchspflanze  in  einer  Vorprobe  ihre  Eignung  zur  Wasserkultur  ge- 
zeigt hat.  diese  vorziehen.  Merkwürdigerweise  scheint  diese  Fähigkeit  mit 
den  biologischen  Eigentümlichkeiten  der  Pflanzen  nichts  zu  tun  zu  haben. 
So  geben  z.  B.  Mais  und  Buchweizen  besonders  gute  Resultate.  Es  ist  aber 
doch  die  Frage,  ob  nicht  Gewächse,  die  normalerweise  in  sehr  feuchtem 
Boden  oder  selbst  im  Wasser  wachsen,  die  Ausführung  der  Versuche  noch  er- 
leichtern würden.  Bei  der  nötigen  Vorsicht  vertragen  aber  zahlreiche  Pflanzen 
das  Wachsen  in  flüssigem  Medium  sehr  gut. 

Handelt  es  sich  z.B.  darum,  die  Kieselsäure  auszuschließen,  so  ist 
überhaupt  die  Sandkultur  ausgeschlossen. 

Die  Wasserkulturmethode  verdankt  ihre  Ausbildung  hauptsächlich 
J.  Sachs  und  W\  Knop.  i)  Für  das  Material  der  Kulturgefäße  und  die 
Reinheit  des  Wassers  gilt  das  oben  Gesagte,   nur  in  noch  höherem  Maße. 

Die  Keimpflänzchen  müssen  älter  als  bei  Sandkulturen  sein.  l)evor 
sie  in  die  Kulturgefäße  gebracht  werden.  Denn  da  Megen  der  Gefahr  des 
Verfaulens  nur  ihre  Wurzeln  eintauchen  dürfen,  so  müssen  diese  lang  genug 
sein,  um  das  Pflänzchen  mit  Wasser  versehen  zu  können.  Man  läßt  die 
Samen  wiederum  anquellen  und  dann  entweder  in  Sägespänen  oder  in 
feuchter  Luft  keimen. 

Die  Sägespäne,  die  meist  benutzt  werden,  geben  immer  Spuren  von 
Stoffen  ab  und  bedingen  dadurch  kleine  Fehler.  Sie  sollen  von  weichem, 
harzfreiem  Holze  stammen  und  zur  Verwendung  als  Keimbett  mit  soviel 
destilliertem  Wasser  versetzt  und  zwischen  den  Händen  so  verrieben  werden, 
daß  sie  ganz  locker  in  Blumentöpfe  oder  Holzkisten  eingefüllt  werden 
können. 


*)  W.  Knop,  über  die  Ernährung  der  Pflanzen  durch  wässerige  Lösungen  unter 
Ausschluß  des  Bodens.  Die  landwirtschaftlichen  Versuchsstationen.  Bd.  2.  1860.  S.  615, 
sowie  Jahresbericht  für  Agrikulturchemie.  1861  ff.  Vgl.  auch  Nohbe,  Entwicklungs- 
fähigkeit und  Tragweite  der  Wasserkulturniethode.  Die  landwirtschaftlichen  \'ersuchs- 
stationen.  1868.  Bd.  10.  S.  1. 


Methodisches  aus  der  üidchoniio  der  rflanzcn.  I'-Ji] 


)  I 


Die  Samen  briiiüit  man  in  die  Sjl^^ospiine;  sie  werden  locker  zujzedcekt 
oder  in  ein  vorgebohrtes  Loch  ^eniü;  eingedrückt.  Für  die  KciinniiL!-  in 
feuchter  Luft,  bei  der  eine  Stoffaufnahme  von  Anfang  an  ganz  vermieden 
wird,  benutzt  man  etwa  ausgespannten  Tüll,  auf  den  die  ang('(|uollenen 
Samen  kommen.  Sie  werden  mit  einer  (Hocke  Ix-deckt  und  von  /eit  zu 
Zeit  gelüftet  und  nach  Bedarf  bespritzt. 

Sind  die  Wurzeln  3 — 10  cw  lang,  so  kommen  die  Keindinge  in  die 
Kulturgefäße.  Hier  muli  nun  für  eine  besondere  Befestigung  gesorgt  werden, 
die  insofern  Schwierigkeiten  macht,  als  das  eigentliche  Befestiyungsorgan. 
die  Wurzel  dazu  nicht  benutzt  wTrden  kann.  Aus  den  (Jetreidekörnern 
treten  nach  unten  nur  Wurzelorgane  aus.  Sie  können  daher  dicht  über 
der  Wasseroberfläche  befestigt  werden.  Bei  den  dikotylen  Keimlingen  miil' 
darauf  geachtet  werden,  ob  natüiiicherweise  die  KotyledoniMi  im  Boden 
bleiben  (Erbsen,  Feuerbohnen,  Pferdebohnen)  oder  durch  Streckung  des 
zwischen  ihnen  und  der  Wurzel  befindlichen  Stengelstückes  (des  Hypo- 
kotyls)  sich  erheben  (Kürbis,  Buchweizen,  Buschhohne.  Sonnenrose). 
Danach  hat  die  Befestigung  zu  geschehen.  Denn  niemals  darf  ein  Stengel- 
organ ins  Wasser  tauchen,  sonst  würde  es  faulen.  Da  das  hypokotyle  ( llied 
sich  noch  längere  Zeit  streckt,  muß  man  wiederholt  nachsehen  und  die 
Befestigung  entsprechend  korrigieren.')  Die  obersten  Teile  der  Wurzeln 
brauchen  nicht  ganz  ins  Wasser  zu  tauchen. 

Die  Kulturgefäße  sind  entweder  weithalsige  Flaschen  oder  besser  oben 
offene  Zyhnder.  Im  ersteren  Falle  verwendet  man  einen  Kork,  der  eine 
weite  Durchbohrung  zur  Aufnahme  der  Pflanze  erhält.  Außerdem  wird 
radial  von  dem  Loche  aus  ein  Streifen  Kork  herausgeschnitten,  der  das 
seitliche  fjnführen  des  Stengels  erlaubt  und  nachher  wieder  eingefügt 
wird.  Der  Kork  wird  mit  geschmolzenem  Paraffin  getränkt,  um  das  Wachs- 
tum von  Schimmelpilzen  zu  verhindern.  Zylinder  erhalten  einen  Deckel. 
Er  kann  aus  Glas  sein  und  bekommt  dann  in  der  Mitte  ein  gröiieres  Loch 
zur  Aufnahme  des  Korkes  und  daneben  ein  kleineres,  durch  das  ein  Holz- 
stab zur  späteren  Befestigung  der  Pflanze  gesteckt  wird.  Auch  kann  man 
lackierte  Zinkblechdeckel  verwenden,  die  mit  übergreifendem  Band  oder 
drei  heruntergebogenen  Zungen  versehen  sind,  um  seitliches  Kutschen  zu 
verhüten.  Besser  sind  die  von  Pfeffer'^)  empfohlenen  Porzellandeckel  mit 
einem  kurzen  Tubus  in  der  Mitte  zur  Aufnahme  des  durchbohrten  paraffi- 
nierten  Korkes,  einem  Schlitz  zum  F^inführeu  der  Pllanze  und  einem 
kleineren  Loche  für  den  Stab,  respektive  ein  Glasrohr,  das  zur  Durch- 
lüftung dienen  kann.  Der  seitliche  Schlitz  wird  mit  einem  paraffinierten 
Korkstreifen  geschlossen.  Solche  Wasserkulturgefäl'.e  liefern  Greiticr  und 
Friedrichs,  Stützerbach,  Thüringen  (Fig.  271).  llol/deckel  sind  nicht  zu 
empfehlen,  weil  sie  sich  ziehen. 


M  J.  Sachs,  Bericht  ültfer  die  physioUigische  Tütiirkeit  an   der  Versuchsstation  iu 
Tharaudt.  Die  Luid\virtsclial'tlicli(Mi   Vcrsuclisstatidiifii.  Ud.  2.  ISCiü.  S.  23. 
-)  FfeJ/'rr.   rflaiizeupliysioldirio.  2.  Aufl.  Hd.  1.   I.cipziir  ISitT.  S.  413. 

80* 


1268 


Ernst  G.  Pringsheim. 


Fig.  271. 


Die  jungen  Keimlinge  werden  in  der  Durchbohrung  des  Korkes  in 
Einzahl  mit  Watte  befestigt,  und  zwar  so,  daß  die  sich  nicht  erhebenden 
Reservestoffbehälter,  wie  z.  B.  das  Endosperm  beim  Mais  oder  die  Kotyle- 
donen   der  Bohne,    sich    in  feuchter   Luft  befinden   ohne   ins  Wasser  zu 

tauchen.  Bei  Pflanzen 
mit  sich  streckendem 
Hypokotyl  wird  dieses 
mit  Watte  in  der  Öffnung 
befestigt. 

Die  Kulturgefäße 
müssen  verdunkelt  wer- 
den, damit  ein  Wachs- 
tum von  Algen  verhin- 
dert werde.  Dazu  eignen 
sich  am  besten  Zink- 
blechstiicke,  die  zu  einem 
Zylinder  gebogen  sind 
oder  heller  Flanell. 
Dunkle  Stoffe  oder 
schwarzes  Papier  sollen 
nicht  verwendet  werden, 
weil  sonst  eine  zu  große 
Erwärmung  des  Wassers 
eintreten  könnte ,  die 
überhaupt  zu  vermeiden 
ist.  Doch  ist  schwarzes 
Glanzpapier ,  mit  der 
weißen  Seite  nach  aus- 
wärts genommen,  recht 
günstig. 

Das  verdunstete 
Wasser  ist  durch  destil- 
liertes zu  ersetzen.  Die 
Nährlösung  ist  manch- 
mal aufzurühren.  Das 
geschieht  am  besten 
unter  gleichzeitiger 
Durchlüftung.  Ein  bis 
auf  den  Boden  reichen- 
des Glasrohr  wird  mit  einer  Wasserstrahldruckpumpe  oder  einer  Druck- 
flasche verbunden  und  täglich  einmal  ein  paar  Minuten  ein  Luftstrom 
durch  die  Nährlösung  geschickt. 

Auch  hier  soll,  wie  bei  der  Sandkultur,  nicht  die  ganze  Nährsalz- 
menge auf  einmal  gegeben  werden.  Man  erneuert  vielmehr  die  ganze 
Lösung  wiederholt.  Das  geschieht  am  besten  so,  daß  man  ein  frisches  Gefäß 


Wasserkultxir  von  Buchweizen,  A  obne  Kalium,  B  in  vollstän- 
diger Nährlösung.   C  ohne  Eisen.  (Aus  Pfeffer,  Pfianzenphysio- 
logie,  2.  Aufl.,  Bd.  T.) 


Methoilisches  aus  der  Bioclieinie  der  Pflanzen.  12(10 

bereit  stellt  und  die  Pflanze  mit  dem  Deckel  hinüber  hebt.  Bei  kleineren 
und  mittleren  Pflanzen  kommt  man  mit  2 — ö  /  P'liissif^keit  aus.  Besser  sind 
große  Gefäße  von  10 — 20nnhalt.M  Man  kann  dann  mit  sehr  verdünnten 
Lösungen  von  etwa  0"1— U'2<'/o  Gesamtgehalt  an  Salzen  arbeiten.  Höhere 
Konzentrationen  als  etwa  0*3  bis  höchstens  0'5°/o  werden  in  Wasserkultur 
nicht  vertragen. 

d)  Regeln,  die  für  Wasser-  und  Sandkulturen  gelten. 

Die  Einzelheiten  in  der  Zusammensetzung  der  Nährsalz- 
mischungen  bleiben  dem  jeweiligen  Experimentator  vorbehalten,  der  mit 
ihrer  Hilfe  durch  mannigfache  Variation  gewisse  Eragen  zu  lösen  unter- 
nimmt. Einige  allgemeine  Regeln,  die  man  nicht  außer  Acht  lassen  darf, 
können   aber  doch  aus  den  bisherigen  Erfahrungen  gezogen  werden. 

Die  Reaktion  der  Lösung  soll  schwach  sauer  sein,  was  z.  B.  durch 
Verwendung  von  Monophosphaten  erreicht  wird.  Sonst  dürfen  auch  einige 
Tropfen  verdünnter  Phosphorsäure  zugesetzt  werden.  Es  ist  zu  bedenken, 
daß  ein  an  sich  neutrales  Salz  durch  Verbrauch  der  Säure  oder  der  Base 
..physiologisch  alkalisch  oder  sauer"  wirken  kann.  Stärkei-e  H-  oder  OH- 
lonenkonzentration  ist  aber  durchaus  zu  vermeiden.  Durch  gegenseitige 
Kompensation  der  einzelnen  Nährsalze,  also  solcher,  deren  Base,  und 
solcher,  deren  Säure  vorzugsweise  aufgebraucht  wird,  können  stärkere  Ab- 
weichungen von  der  günstigen  Reaktion  vermieden  werden. 

Sehr  schwer  lösliche  Ausfällungen  sollen  in  der  kombinierten  Lösung 
nicht  entstehen.  Einigermaßen  in  kohlensäurehaltigem  Wasser  lösliche 
Niederschläge  werden  besonders  bei  häufigem  Aufrühren  von  der  Pflanze 
allmählich  ausgenutzt.  In  Sandkulturen  schaden  sie  erst  recht  nichts.  Zu 
solchen  Niederschlägen  wird  das  gleichzeitige  Zugegensein  von  Ca-.  Mg- 
und  Fe-Salzen  mit  Phosphaten  führen.  Sie  lassen  sich  schwer  ganz  ver- 
meiden. Durch  \'erwendung  geringer  Mengen  von  Mg-Salz  und  sauerer 
Phosphate  sind  sie  aber  auf  ein  ^linimum  zu  beschränken.  Auch  kann  man 
nach  Sachs-)  die  miteinander  ausfallenden  Stoffe  in  getrennten  Lösungen  geben 
und  die  Pflanzen  periodisch  in  der  einen  und  der  anderen  kultivieren. 
Knop^)  hat  sogar  jedes  Salz  für  sich  gelöst  und  die  Pflanzen  aus  einem 
Kulturgefäß  der  Reihe  nach  in  die  anderen  übertragen.  Doch  wird  man 
meist  vorziehen,  gemischte  Lösungen  zu  verwenden,  was  bei  Sandkulluren 
unvermeidlich  ist. 

Da  in  den  Salzen  immer  zwei  Nährelemente  im  Anion  und  Kation 
enthalten  sind,  muß  beim  Fortlassen  des  einen  ein  entsprechendes  anderes 
Salz  gegeben  werden.  Dabei  ist  aber  zu  bedenken,  daß  die  einzelnen  Kom- 


*)  J.  Worfr)iann,  Notiz  iil)er  Wassorknlturen.  Bntan.  Ztg.  1892.  S.  643. 

■')  Sachs,  Bericht  ül)er  die  physiologische  Tätigkeit  an  der  Versuchsstation  iu 
Tharandt.  Die  landwirtschaftlichen  Versuchsstationen.  1800.  Bd.  2.  S.  22  u.  224. 

')  Knop,  Über  die  P>nährnng  der  Pflanze  durcli  wässerige  Lösungen  bei  Aus- 
schluß des  Bodens.  Ebenda.  S.  273. 


\210  Ernst  G.  Pringsheim. 

ponenten  eines  unschädlichen  Gemisches  einzeln  giftig  wirken  können,    so 
z.  B.  Kalziiimsalze  ohne  Magnesiumsalze  u.  dgl.  Man  sieht,  daß  nur  bei  Be-  • 
nutzung  aller  Erfahrungen  ein  günstiges  Resultat  zu  erzielen  ist. 

Viel  Sorgfalt  ist  bei  allen  vergleichenden  Kulturversucheu  auf  die 
Qualität  und  vor  allem  die  Gleichmäßigkeit  des  .Samenmateriales 
zu  legen.  Denn  es  ist  kaum  möglich,  so  viele  Einzelkulturen  anzulegen, 
daß  alle  individuellen  Differenzen  sich  ausgleichen.  Deshalb  tut  man  gut,  nach 
vorsichtiger  Auswahl  mit  Hilfe  des  Augenscheines  und  der  Wage  noch  die 
Keimung  außerhalb  der  Kulturgefäße  so  weit  vor  sich  gehen  zu  lassen, 
daß  man  ein  gewisses  Urteil  über  die  individuellen  Differenzen  gewinnt. 
Hellriegel  berechnet  (a.  a.  0..  S.  773),  daß  man  hundertmal  so  viel  Samen 
zur  Auswahl  haben  müsse  als  nachher  für  die  eigentlichen  Versuche  Verwen- 
dung finden  sohen. 

Schließlich  sei  noch  dai'auf  hingewiesen,  daß  die  im  Samen  vorhan- 
denen Reservestoffe  stets  Fehler  bedingen,  die  um  so  kleiner  sind,  je  mehr 
das  Erntegewicht  das  Samengewicht  übertrifft.  Man  bevorzuge  also  kleine 
Samen  von  Pflanzen  mit  reichlicher  Stoffproduktion. 

Will  man  ein  mciglichst  üppiges  Wachstum  bekommen  und  die 
Pflanzen  bis  zur  Samenreife  kultivieren,  so  ist  auf  geeignete  Wärme- 
und  Lichtverhältnisse  zu  achten.  Die  Jahreszeit  spielt  eine  große  Rolle. 
Man  wähle  sie  möglichst  den  natürlichen  Verhältnissen  entsprechend.  Für 
Kulturpflanzen  halte  man  sich  mit  der  Zeit  der  Aussaat  an  die  landwirt- 
schaftliche oder  gärtnerische  Praxis.  Im  Winter  w4rd  auch  bei  Verwendung 
eines  geheizten  Gewächshauses  die  Produktion  organischer  Substanz  aus 
Mangel  an  Licht  stets  sehr  gering  sein. 

Ist  es  irgend  angängig,  so  stelle  man  die  Kulturgefäße  ins  Freie, 
wo  sie  von  allen  Seiten  gleichmäßiges  und  ungeschwächtes  Licht  haben. 
Bei  Regen  müssen  sie  aber  unter  Dach  gebracht  werden.  Für  Versuche 
im  großen  kommen  die  Kulturen  auf  Wagen,  die  auf  Schienen  in  ein 
Schutzgewächshaus  geschoben  werden  können.  Hellricgel  hat  eine  solche 
Anlage  mit  verschiedenen  Nebeneinrichtungen  ausführlich  beschrieben,  i) 
Gewöhnlich  wird  man  sich  damit  begnügen  müssen,  die  Gefäße  auf  ein 
Brett  vor  einem  Südfenster  zu  stehen.  Das  ist  immer  noch  besser  als  ein 
geschlossenes  Gewächshaus. 

Da  das  Licht,  selbst  im  Freien,  niemals  alle  Pflanzen  ganz  gleich- 
mäßig treffen  wird,  so  verhüte  man  gegenseitige,  ungleiche  Beschattung 
von  Vergleichskulturen  durch  wiederholtes  Umstellen  der  Gefäße. 

Im  Freien  ist  für  Bestäubung  zur  Erzielung  reichlichen  Fruchtan- 
satzes nicht  besonders  zu  sorgen,  da  Wind  oder  Insekten  freien  Zutritt 
haben.  Doch  überzeuge  man  sich  zur  Blütezeit  jedenfalls  sorgfaltig,  ob 
auch  Befruchtung  stattfindet,  und  helfe  eventuell  nach. 

Will  man  die  Gesamternte  analysieren,  so  breche  man  den  Versuch  ab, 
bevor  größere  Teile  der  Pflanzen  abgestorben  sind.  Der  Zeitpunkt  muß  freilich 


')  Hellriegel,  Grundlagen  des  Ackerbaues.  Braunschweig  1883.  S.  483  ff. 


Methodisches  aus  der  Biochemie  der  Pflanzen.  lliTl 

stets  iiulividuellcm  P^rmcsseu  üborlMsscii  bloil)eii.  Die  Früchte  resp.  Samen 
Avird  man  im  allgemeinen  gesondert  ernten.  Falls  Analysen  nicht  ausge- 
führt Averden  können,  so  begnüge  man  sich  doch  nicht  mit  dem  hlolicn 
Augenschein,  sondern  bestimme  mindestens  das  Ti'ockengewicht.  Manchmal 
ist  scheinbar  ganz  gutes  Wachstum  zu  verzeichnen,  das  aber  allein  durch 
\Yasseraufnahme  zustande  gekommen  ist.  Das  Trockengewicht  betrügt  dann 
bei  der  Ernte  nicht  mehr  oder  selbst  Nveniger  als  das  der  ausgelegten 
Samen,  ^'ergleichskulturen  in  Erde  sollten  immei'  angesetzt  und  unter  den 
gleichen  Bedinaunüen  gehalten  werden. 


fe 


B.  Methoden  zum  Studium  der  Kohlensäureassi- 
milation chlorophyllhaltiger  Pflanzen. 

Bei  der  Assimilation  chlorophyllhaltiger  Pflanzenteile  am  Lichte  wird 
Kohlensäure  gespalten,  wobei  Sauerstoff  frei  wird  und  organische  Stoffe 
gebildet  werden.  Demgemäli  kann  man  drei  (Jruppen  von  .Metlmtlen  unter- 
scheiden, die  dazu  dienen,  eine  Kohlensäureassimilation  nachzuweisen. 
Man  prüft: 

a)  die  Entstehung  von  Sauerstoff: 

b)  das  Verschwinden  der  Kohlensäure; 

c)  die  Bildung  organischer  Stoffe. 

a)  Nachweis  des  entstehenden  Sauerstoffes. 

Der  Nachweis  des  entstehenden  Sauerstoffes  stellt  die  am  häufigsten 
benutzte  Methode  zur  Orientierung  über  stattgehabte  Kohlensäureassimi- 
lation dar.  Natürlich  muß  hierbei,  wie  bei  allen  anzuführenden  Methoden 
berücksichtigt  werden,  daü  stets  gleichzeitig  durch  die  Atmung  umgekehrt 
Kohlehydrate  verschwinden,  Sauerstoff  verbraucht  und  Kohlensäure  frei 
gemacht  wird.  Wirklich  trennen  lassen  sich  die  beiden  entgegengesetzten 
Prozesse  bisher  nicht.  l\Ian  kann  jedoch  durch  Parallelversuche  im  Dunkeln 
die  Größe  der  Atmung  angenähert  bestimmen  und  unter  der  Voraussetzung, 
daß  sie  am  Lichte  in  derselben  Stärke  weiter  geht,  die  (iröße  des  Fehlers 
berechnen.  Auch  läßt  sich  durch  Wahl  einer  zweckmäßig  nicht  zu  hohen 
Temperatur  das  Verhältnis  der  Atmung  zur  Assimilation  verkleinern :  denn 
mit  der  Temperatur  steigt  die  erstere  in  viel  höherem  Maße  als  die  letztere.') 

Zum  (|ualitativen  Nachweis  von  Sauerstoff  sind  sehr  viele  chemische 
Methoden  möglich,  von  denen  einige,  bisher  hauptsächlich  angewandt.«  be- 
sprochen werden  sollen: 

BoussDKjaidt')  führte  hierfür  den  weißen  Phosphor  ein.  Als  Er- 
kennungszeichen für  das  Vorhandensein  von  Sauerstoff  dient : 

•)  Pfeifer,  rtlanzenphysiolo?ie.  -^  .ViiU.  Hd.  l.  LeipziL'  18i»7.  S.  321. 
■')  Boussinyault,  Sur  les  f«)iictioiis  (hs  fciiilks.  Ami.  d.  sciences  natur.  1861).  \.  sir. 
T.  10.  p.  331. 


1272  Ernst  G.  Pringsheim. 

1.  das  Leuchten  im  Dunkeln. 

2.  das  Auftreten  von  Nebeln, 

3.  die  Verminderung  des  Gasvolumens. 

Der  Phosphor  kann  mit  der  Pflanze  in  einem  Gefäße  eingeschlossen 
werden,  da  die  entstehende  unterphosphorige  und  phosphorige' Säure  nach 
Boussingault  diese  nicht  schädigt.  Das  kann  allerdings  wohl  nur  für  kurze 
Zeit  gelten,  da  diese  Säuren  sich  im  Zellsaft  lösen  und  stark  reduzierend 
wirken  müssen.  Bequem  für  den  Gebrauch  ist  die  Möglichkeit,  durch  den 
Phosphor  selbst  im  Dunkeln  den  Sauerstoff  im  Versuchsgefäß  fortnehmen 
zu  lassen  und  dann  nach  einer  assimilatorisch  wirksamen  Belichtung  schon 
geringe  Mengen  von  0  an  der  Entstehung  von  Nebeln  oder  am  Leuchten 
nachweisen  zu  können. 

Im  allgemeinen  wird  man  jedoch  vorziehen,  ungiftige,  leicht  oxydable 
und  womöglich  Farbenumschläge  gebende  Stoffe  zu  verw^enden. 

Beijerinck^)  benutzt  im  Anschluß  an  Regnard  Indigweiß.  Dieses 
wird  hergestellt  durch  Reduktion  von  neutralem,  indigschwefelsaurem  Na- 
trium mit  saurem  Sulfit  in  geringem  Überschuß.  Wird  nur  gerade  bis 
zur  Entfärbung  reduziert,  so  findet  am  Lichte  eine  Blaufärbung  auch  ohne 
hinzugekommenen  Sauerstoff  statt. 

Nach  L.  und  K.  Linsbauer  ^)  soll  man  eine  konzentrierte  Lösung  von 
saurem,  schwefligsaurem  Natrium  5  Minuten  mit  Zinkstaub  schütteln, 
mit  Kalkmilch  neutralisieren,  absetzen  lassen  und  mit  der  klaren  Flüssig- 
keit eine  tiefblaue  Lösung  von  Indigokarmin  durch  tropfenweises  Zusetzen 
entfärben.  In  der  gelblichen  Flüssigkeit,  die  eine  Stopfenflasche  ganz  füllt, 
bewirkt  eine  Wasserpflanze  (auch  Moos  oder  Fadenalgen)  am  Lichte  das 
Auftreten  blauer  Schlieren,  die  .unmittelbar  die  Sauerstoffproduktion  demon- 
strieren. Der  Kalkmilchzusatz  wird  jedenfalls  sehr  vorsichtig  zu  geschehen 
haben,  weil  sonst  keine  freie  Kohlensäure  in  der  Lösung  verbleibt.  In 
alkalischen  Flüssigkeiten  findet  keine  Kohlensäureassimilation  statt. 

Andere  Rezepte  für  Sauerstoffindikatoren  mit  Hilfe  von  Indigo  findet 
man  im  III.  Bande  bei  den  Methoden  zur  Kultur  anaerober  Bakterien  (Seite 
1241  ff.). 

Neben  der  Indigomethode  verwendet  Beijerinck  (a.  a.  0.)  in  seinen 
Versuchen  mit  mikroskopischen  Algen  deren  Wachstum  selbst  als  Re- 
agens auf  x\ssimilation.  Hierfür  sind  die  in  Bd.  III.  1,  S.  120411  beschrie- 
benen Methoden  der  Bakteriologie  maßgebend.  Eine  Gelatine-  oder  Agar- 
gallerte  mit  den  nötigen  Nährsalzen  enthält  fein  verteilte  x\lgen.  Diese  ver- 
mehren sich  nur  in  assimilatorisch  wirksamem  Lichte,  und  zwar  mit  scharfen 
Grenzen.  Die  beUchteten  Stehen  werden  allmähhch  tief  grün  oder  braun, 
je  nachdem  grüne  Algen  oder  Diatomeen  verwendet  werden. 

Das  Resultat,  daß  das  Wachstum  auf  die  belichteten  Stellen  be- 
schränkt bleibt,  hat  seine  Ursache  einmal  in  der  mangelhaften  Ernährung 


M  Beijerinck,   Kulturversuclie  mit  Zooclilorellen,    Licheuengonidieu  uud  anderen 
niederen  Algen.  Botanische  Zeitung.  48.  Jahrg.  189Ü.  8.741  ff. 

-)  L.  und  K.  Linsbauer,  Vorschule  der  Pflanzenphysiologie.  Wien  1906. 


Methodisches  aus  der  ßiocheuiie  der  I'flanzm.  \9 


(.) 


im  Dunkeln  und  dann  in  dem  Felden  des  8auerstut'tes.  Gute  Resultate 
sind  aber  nur  mit  solchen  Algen  zu  erzielen,  die  im  Dunkeln  ^^ir  nicht 
zu  wachsen  vermögen.  Manchen  genügen  die  ()rfj:auischen  Stoffe  des  Agars 
oder  der  Gelatine,  um  eine  Vermehrung  auch  (»line  Licht  /u  ermöglichen. 
Immer  wird  es  sich  empfehlen,  die  algenhaltige  Galleite  in  dünner  Schicht 
zwischen  Glasplatten  einzuschließen,  um  Sauerstoffzufuhr  von  aul'.en  zu 
vermeiden  und  gleichmäliige  Delichtung  zu  ermöglichen. 

In  geeigneter  Ausführung  können  solche  Versuche  sogar  (|uantitative 
Resultate  ergeben,  i)  Durch  Zählung  der  von  einer  Zelle  ausgegangenen 
Kolonien  bekommt  man  niimlich  ein  relatives  Maß  für  die  Stiirke  der 
Assimilation  bei  der  gegebenen  Helligkeit  oder  Lichtfarbe. 

Ferner  hat  Beijerinck  noch  eine  Methode  des  Sauerstoffnachweises 
in  die  Pflanzenphysiologie  eingeführt  (a.  a.  ().  S.  744),  die  wegen  ihrer 
groben  Empfindlichkeit  ganz  besonders  brauchbar  ist.  Er  weist  niimlich 
().2  mit  Hilfe  von  Leuchtbakterien  nach,  die  bei  Sauerstoffinany:el  ihre 
Lichtproduktion  einstellen,  bei  Sauerstoffzutritt  aber  momentan  aufleuchten. 
Am  besten  werden  für  den  Zweck  dicht  gesähte  Plattenkulturen  von  Leucht- 
bakterien in  Meerwasseragar  verwendet.  Reinkulturen  solcher  sind  von 
Kral'-)  oder  Hugershoff^)  zu  beziehen.  Geeignet  ist  besonders  Micrococcus 
phosphoreus  Cohn.  Die  zu  prüfenden  (Objekte  können,  falls  sie  aus  dem 
Meere  stammen  (Tange,  Rotalgen),  zusammen  mit  den  Leuchtl»akterien 
in  den  Agar  eingeschmolzen  werden,  der  sich  in  einem  parallel  wand  igen 
engen  Gefäße  befindet.  Sonst  müssen  Pflanzen  und  Bakterienkidturen  in 
einem  möglichst  kleinen  Luftvolumen  zusammen  eingeschlos.seu  werden. 
Durch  die  Atmungstätigkeit  der  Organismen  verschwindet  im  Dunkeln  der 
Sauerstoff,  die  Leuchtbakterien  werden  lichtlos.  Nach  kurzer  Relenchtung 
aber  senden  sie  im  Dunkeln  wieder  Licht  aus.  Mo/isih*)  ])rüfte  das  .\ssi- 
milationsvermögen  zerriebener  grüner  Pflanzenteile,  indem  er  den  Drei  mit 
einer  leuchtbakterienhaltigen  Bouillon  vermischte.  Diese  enthielt  auf  1  / 
verdünnten  Rindfleischsaftes  10  (/ Pepton.  10,^  Glyzerin  und  ;i<)  7  Kochsalz. 
Die  Flüssigkeit  wurde  in  schmale  Zylinder  mit  eingeriebenem  Stopfen  ge- 
füllt und  unter  Vermeidung  von  Luftblasen  eingeschlossen. 

Ähnlieh  wie  mit  reduziertem  Indigo  läßt  sich  auch  mit  Hlutiarb- 
stoff  arbeiten.  Diese  Methode  hat  Hoppr-Sei/Icr'')  erdacht.  Nach  ihm  schließt 
man  etwa  Elodeazweige  mit  verdünntem  faulenden  Blut  in  einer  (dasröhre 
ein.  Es  zeigt  sich  zunächst,  spektroskopisch  betrachtet,  der  Absorptions- 
streifen   des    Hämoglobins.   Am  Lichte  wird    das   Hämoglobin    durch    den 


*)  Meinhold,  Beiträge  zur  Physinloirie  der  Diatomeen.  Cohn.s  IJeitr.  zur  K'"l. «..'!•' 
d.  Pflanzen.  1911. 

■'I  Krals  Bakter.  Museum.  Prof.  Kraus  und  Doz.  I'rihram,  Wien.  IX  .  /imraer- 
manngasse  3. 

^)  Huf/ershoß',  Leipzig,  Karolinenstr.  13. 

*)  t)ber  Kohleusäure-Assimilationsversuche  mittelst  der  Leuchthakterienmethodo. 
Botan.  Zeitung.   1904.  Bd.  62.  S.  4. 

")  Hoppe-Sri/lcr,  Einfacher  Versucli  zur  Demonstration  der  Suuei-stoffausscheiduug 
durcli  Pflanzen  im  Sonnenlichte.  Zcitschr.  für  pliysiolog.  Cheuiic.  1879.  Bd.  2.  S.  325. 


]^274  Ernst  G.  Priiigsheim. 

bei  der  Atmung  entstehenden  Sauerstoff  oxydiert,  und  es  ersclieinen  die 
beiden  Absorptionsstreifen  des  Oxyhämoglobins,  während  der  Absorptions- 
streifen des  Hämoglobins  verschwindet.  Im  Dunkeln  wirkt  die  Atmung  der 
Pflanze  mit  den  reduzierenden  Fäulnisprozessen  zusammen,  den  alten  Zu- 
stand wieder  herzustellen.  Der  Wechsel  kann  während  mehrerer  Tage 
beliebig  oft  bewirkt  werden. 

Dasselbe  Reagens  hat  später  Engelmann  auch  für  mikroskopische 
Beobachtung  verwendet.^)  Er  schheßt  einen  Faden  von  Spirogyra  oder 
dergleichen  unter  dem  Deckglase  mit  einem  Tropfen  wenig  oder  gar  nicht 
verdünnten  defibrinierten  Rinderblutes  ein.  Das  Blut  wird  vorher  durch 
einen  Wasserstoff-  oder  Kohlensäure-Strom  reduziert,  so  daß  es  venöse  Farbe 
annimmt.  Bald  wird  das  Blut  in  der  Nähe  des  beleuchteten  Fadens  bis  auf 
1/2 — 2  mm  hell  arteriell  rot.  Die  Grenze  zum  venösen  Blute  ist  ganz  scharf.  Im 
Dunkeln  kehrt  die  alte  Farbe  schnell  zurück,  und  zv^ar  zuerst  wieder  in  der 
Nähe  des  Fadens.  Wird  ein  Spektralokular  zu  Hilfe  genommen,  so  beobachtet 
man  schon  nach  10 — 20  Sekunden  das  Auftreten  der  Oxyhämoglobinlinien 
im  Lichte.  Wird  der  grüne  Faden  mit  einem  Mikrospektrum  beleuchtet, 
so  treten  Erscheinungen  auf,  ähnlich  den  unten  bei  der  Bakterienmethode 
beschriebenen.  So  viel  wie  diese  leistet  die  Hämoglobinmethode  jedoch  nicht. 

Ferner  eignet  sich  das  Pyrogallol  zum  Nachweis  von  Sauerstoff. 
Man  kann  die  Braunfärbung  oder  die  Volumverminderung  nach  Einführung 
geeigneter  Lösungen  von  Kalilauge  und  Pyrogalliissäure  als  Zeichen  stattge- 
habter Assimilation  benutzen.  Wird  z.  B.  aus  einem  bis  zum  Halse  gefüllten 
Kolben  mit  Wasser  durch  Kochen  der  Sauerstoff  vertrieben,  dann  Öl  aufge- 
gossen und  erkalten  gelassen,  so  kann  man  nachher  ein  paar  Kohlensäure- 
blasen oder  etwas  KHCO3  und  ein  Stück  einer  Wasserpflanze  einführen.  Am 
Lichte  bildet  sich  sehr  rasch  Sauerstoff,  der  durch  Zugießen  von  Kalilauge  und 
Pyrogallussäurelösung  an  der  Dunkelbraunfärbung  zu  erkennen  ist.  Ein  im 
Dunkeln  aufbewahrter  gleich  behandelter  Kolben  färbt   sich  nur  gelblich.  2) 

Durch  dasselbe  Reagens  läßt  sich  in  einem  durch  Quecksilber  ab- 
gesperrten Luftvolumen  der  Sauerstoff  quantitativ  absorbieren  und  so 
eudiometrisch  bestimmen. 

Die  hierfür  in  Betracht  kommenden  Methoden  sind  dieselben,  die  in 
Bd.  HI,  S.  490  ff.  bei  der  Atmung  besprochen  worden  sind.  Auch  wären 
die  auf  S.  622 ff.  desselben  Bandes  beschriebenen  gasanalytischen 
Methoden  größtenteils  für  unsere  Zwecke  brauchbar.  Besondere  Anpassungen 
an  die  Zwecke  des  Studiums  der  Assimilation  sind  kaum  zu  erwähnen. 

Eine  besonders  große  Rolle  haben  aber  bei  den  Untersuchungen  über 
Kohlensäureassimilation  zwei  weitere  Methoden  gespielt,  nämlich  die  ..Blasen- 
zählmethode-  und  die  Evgehvannsche  ..Bakterienmethode",  von  denen 

M  Engelmann,  t)ber  Blutfarbstoff  als  Mittel  zur  Untersuchung  des  Gaswechsels 
chromophylliialtiger  Pflanzen  im  Lieht  und  im  Dunkeln.  Biologisches  Zentralhlatt.  1888. 
Bd.  8,  S.  33. 

-)  Nach   Versuchen  von  Ängelstein  im  Halleschen  Boian.  Institut. 


Methotliselies  aus  der  Biür!"".!-  .1-i    I'flaiizi-ii.  127.') 

die  erstere  sich  durch  hetiueiiK'  Amvondltarkcit  und  die  zwcito  durch  iiire 
Feinheit  auszeichnet. 

Die  Rlasenziihlmelhode  beruht  daruut,  dai;  ahj;('schnittene  Blätter 
oder  Zweige  von  Wasserpflanzen  in  kohlcnsäurchaltigeni  Wasser  am  Lichte  aus 
der  Schnittflache  IJlasen  ausscheiden.  Danändich  hei  der  Assiniilatiim  aus  der 
gelösten  Kohlensäure  der  schwerer  lösliche  Sauerstoff  ent.sttdit,  niuU  dieser 
in  Gasform  auftreten,  falls  das  Wasser  nicht  ganz  sauerstofifrei  ist. 

Sachs  ^}  zeigte,  dali  die  Zahl  der  in  der  Zeiteinheit  abgeschiedenen 
Gasblasen  ein  Maß  für  die  relative  Assimilationsstärke  unter  verschieilenen 
Umständen  abgeben  kann.  Bei  einer  bestimmten  Konfiguration  der  Schnitt- 
fläche entweicht  das  Gas  aus  den  Interzellularen  geeigneter  l'flanzen.  wie 
Elodea,  l'otamogeton,  Ceratophyllum,  Hydrilla  etc.  in  Form  {ili-ichmäliig 
grolJer  Blasen,  die  langsam  genug  aufeinanderfolgen,  um  gezählt  werden 
zu  können.  Falls  die  Blasen  zunächst  zu  klein  und  deshalb  zu  häufig  sind, 
so  muß  durch  Erneuerung  der  Schnittfläche  eine  Verbesserung  solange  ver- 
sucht werden,  bis  die  Pflanze  den  Anforderungen  entspricht. 

\'ergleichsversuche  sind  mit  einer  und  dersell)en  Pflanze  anzustellen, 
da  zwei  ganz  gleiche  Stücke  nicht  zu  bekommen  sind.  Auch  darf  der  \er- 
suchszweig  bei  Änderung  der  Bedingungen  seine  Lage  zum  Lichte  nicht 
wechseln,  weil  sonst  die  Menge  des  aufgefangenen  Lichtes  sich  ändern 
würde.  Man  befestigt  am  besten  die  Pflanzenstücke  mit  dem  Schnittende 
nach  oben  an  einem  Glasstabe.  Die  Schnittfläche  darf  nicht  zu  tief  ver- 
senkt sein  und  muß  einen  konstanten  Abstand  vom  Wassersjjiegel  haben, 
da  der  Druck  des  Wassers  der  Blasenabscheidung  entgegenwirkt.  Bei  Be- 
rücksichtigung dieser  Fehlerquellen  wird  man  an  einem  und  demselben 
Pflanzenstengel  nahezu  konstante  Blasenabscheidung  durch  Stun«Ien  be- 
obachten können,  vorausgesetzt,  daß  die  Temperatur,  die  Beleuchtung  und 
die  Kohlensäuretension  im  Wasser  gleichmäßig  bleiben. 

Sachs  (a.  a.  0.,  S.  363/04)  hat  schon  die  der  Methode  eigentündichen 
Vorzüge  klar  erkannt.  Gegenüber  einer  Volumbestimmung  des  ausge- 
schiedenen Gases  z.  B.  ist  die  geringere  Versuchsdauer  der  Blasenzidd- 
methode  von  Vorteil  Denn  so  geringe  Volumina,  wie  sie  sich  au  der  Zahl 
der  Blasen  erkennen  lassen,  sind  volumetrisch  kaum  zu  iiestimmen. 

Die  kurze  Versuchsdauer  ermöglicht:  1.  die  Anstellung  zahlreicher 
Versuche:  2.  die  Verwendung  <\es  natürlichen  Tageslichtes,  das  für  kurze 
Zeit  konstant  gesetzt  werden  kann:  H.  die  schnelle  Erledigung  <lcr  \er- 
suche.  ohne  daß  in  der  Zeit  eine  Veränderung  der  Pflanze  zu  l)efürchten 
wäre  und  damit  4.  einen  häufigen  Wechsel  von  zu  \ ergleichenden  und 
sich  gegenseitig  kontrollierenden  Versuchsbedingungen. 

Wo  es  die  Fragestellung  erlaubt,  wird  man  freilich  nicht  das  wech- 
selnde Sonnenlicht,  sondern  das  konstantere  künstliche  verwenden,  (ie- 
eignet  ist  z.  B.  eine  Auerlampe.  Vm  hellere  Beleuchtung  zu  erzielen,  kann 


')  Sacha,  l'ber   dio  AufMsuiii:   und   Wicderbildiiiii:   des  Aiii>lmns    in  den  (  liloru- 
pliyllkoniorn  bei  wecliseliidcr  lieleiiclitimg.  Botaii.  Ztg.  hStU.  IM.  22.  S.  ;163  ff. 


J976  Ernst  G.  Priugsheim. 

man  einen  wassergefüllten  großen  Glaszylinder  als  ..Zylinderlinse"  benutzen 
und  in  den  Brennstreifen  die  Pflanzen  bringen.  Man  erreicht  so  gleichr 
zeitig,  daß  die  ultraroten  Stralilen  absorbiert  werden,  die  eine  der  Assi- 
milation verderbliche  und  die  Resultate  fälschende  Erwärmung  hervorrufen 
könnten. 

Die  Zählung  der  Blasen  geschieht  am  bequemsten  mit  Hilfe  einer 
Sekundenarretieruhr  oder  der  akustischen  Signale  eines  Metronoms.  Doch 
kann  man  auch  mit  der  gewijhnlichen  Taschenuhr  arbeiten,  die  man  neben 
der  Pflanze  aufhängt,    so   daß   beide  mit  einem  Blicke  zu  übersehen  sind. 

Um  Konstanz  der  Kohlensäuretension  zu  erreichen,  hat  Sachs  (a.  a.  0. 
S.  364)  Kohlensäure  eingeleitet.  Dasselbe  haben  die  meisten  späteren  Experi- 
mentatoren getan.  Eine  Übersättigung  mit  Gasen  ist  aber,  wie  wir  jetzt  wissen, 
zu  vermeiden,  weil  sie  eine  von  der  Assimilation  unabhängige  Blasenab- 
scheidung bewirken  kann,  i)  Man  läßt  daher  besser  das  zu  verwendende 
Wasser  mindestens  einen  Tag  im  Versuchsraume  stehen  und  sorgt  dafür, 
daß  es  sich  während  des  Versuches  nicht  wesentlich  erwärme.  Der  Er- 
schöpfung an  Kohlensäure,  die  gar  nicht  so  schnell  vor  sich  geht,  beugt 
man  besser  durch  größere  Wassermenge  und  eventuell  durch  Wechsel 
des  Wassers  vor.  Jedenfalls  prüfe  man,  ob  unter  den  gewählten  Bedingungen 
die  Blasenabscheidung  im  Dunkeln  bald  aufhört.  Ist  das  nicht  der  Fall, 
so  können  die  Versuche  nicht  als  korrekt  gelten. 

Destilliertes  Wasser  gibt  sehr  geringe  Blasenzahlen ,  selbst  wenn  es 
an  Kohlensäure  angereichert  ist.  Besser  ist  Leitungs-  oder  Brunnenwasser, 
deren  Gehalt  an  Bikarbonaten  einen  größeren  Vorrat  an  verarbeitbarer 
Kohlensäure  gewährleistet.  -) 

Pfeffer  3)  weist  darauf  hin,  daß  das  abgeschiedene  Gas  niemals  reiner 
Sauerstoff  sei.  Ihm  ist  durch  Diffusion  stets  Stickstoff  und  Kohlensäure  bei- 
gemischt, und  zwar  um  so  mehr,  je  geringer  die  Assimilationstätigkeit  ist. 
Dieser  Umstand  beeinträchtigt  nach  Pfeffer  die  Genauigkeit  der  Resultate, 
indem  die  Differenzen  in  der  Assimilation,  die  unter  günstigen  und  ungünstigen 
Bedingungen  beobachtet  sind ,  geringer  erscheinen ,  als  sie  wirklich  sind 
(a.a.O.,  S.Öl.  52).  Die  Beimengung  von  Stickstoff  und  Kohlensäure  kann  selbst 
so  weit  gehen,  daß  der  Sauerstoff  nur  den  vierten  Teil  des  Gasvolumens  aus- 
macht, wie  das  Angelstein ^)  im  Winter  fand.  Nach  Reinke°)  ist  dagegen  die 
Blasenzahl  allein  von  dem  Überdrucke  in  den  Interzellularen  abhängig,  so  daß 


*)  H.  Devaux,  Du  mecanisme  des  echanges  gazeux  chez  les  plantes  aquatiques 
submerg^es.  Ann.  d.  sciences  nat.  Bot.  Ser.  VII.  T.  9.  1889.  p.  35  und  Kniep  u.  Minder, 
Über  den  Einfluß  verschiedenfarbigen  Lichtes  auf  die  Kohlensäureassimilation.  Zeitschrift 
f.  Botanik.  Bd.  1.  1909.  S.  636. 

^)  Angelstein,  Untersuchungen  über  die  Assimilation  submerser  Wasserpflanzen. 
Cohns  Beiträge  zur  Biologie  d.  Pflanzen.  1910. 

^)  Pf^ff^^t  Diß  Wirkung  farbigen  Lichtes  auf  die  Zersetzung  der  Kohlensäure  in 
Pflanzen.  Arbeiten  aus  dem  botan.  Inst,  in  Würzburg.  Bd.  1.  1871.  S.  1. 

*)  Angelstein,  a.  a.  0.  S.  116. 

^)  Beinke,  Untersuchungen  über  die  Einwirkung  des  Lichtes  auf  die  Sauerstoff- 
ausscheidung der  Pflanzen.  Botan.  Ztg.  1884.  Bd.  42.  S.  25  und  26. 


Methodisches  aus  der  Hiochemie  der  Pflanzen.  ]  •) 


<  ( 


die  Diffusion  keinesfalls  die  Gasahsrheidiinii:  venm-hrt.  Bei  fjeriu^rer  Assinii- 
lution  wäre  danach  im  Gegenteil  die  Blasen/ahl  ^^erin^ren  weil  durch  Diffusicni 
Sauerstoff  verloren  geht.  KxpcriinentcU  scheint  die  Fra-«-  nicht  hcarhcit.-t 
zu  sein. 

Wenn  aber  auch  die  P.lasi'nzählmethode  in  ihrem  Wcrfi-  ilurcli  diese 
Fehleniuellen  etwas  beeinträchtigt  ist,  so  sind  doch  die  Kesidtatc  bei  He- 
rücksichtiü-ung-  des  Gesagten  durchaus  brauchbar,  jedenfalls  mindestens 
ebensogut  wie  die  durch  (lasanalyse  gewonnenen,  die  teilweise  deui^elben 
F'ehlern  unterliegen. 

Die  Methode  ist  besonders  zu  verwenden,  wenn  es  sich  um  <lie  Wirk- 
samkeit verschiedenfarbigen  Lichtes,  um  die  IJiauchbarkeit  irgendwelclx-r 
Lösungen,  um  den  Einfluli  von  Temperatur  und  Helligkeit  u.  dgl.  handelt. 
Hierbei  ist  zu  berücksichtigen,  daß  man  nach  dem  Wechsel  der  \'ersuchs- 
bedingungen  einige  Zeit  warten  muß,  bis  Konstanz  der  Hlasenzahl  einge- 
treten ist.  Wird  z.B.  die  Helligkeit  herabgesetzt,  so  wird  erst  noch  ein 
paar  Minuten  mehr  (ias  abgeschieden,  als  es  den  neuen  Bedingungen 
entspricht.  Sollen  die  Lösungen  gewechselt  werden,  so  muß  die  I'flanze  be- 
sonders gut  befestigt  sein,  etwa  mit  Bast  an  einem  Glasstab,  der  unver- 
rückl)ar  an  einem  Stativ  angeklammert  ist.  Das  Wassergefäß  steht  auf 
einem  Holzklotz.  Beim  Wechseln  wird  dieser  fortgezogen,  so  daß  das  Gefäß» 
mit  einem  anderen  vertauscht  werden  kann,  ohne  daß  die  Stellung  der 
i'flanze  verändert  wird.  Das  Gleichgewicht  stellt  sich  auch  hier  erst  nach 
einigen  Minuten  ein,  wenn  die  in  der  Pflanze  enthaltene  Flüssigkeit  sich 
mit  der  Außeulösung  ausgeglichen  hat. 

Schließlich  sei  noch  betont,  daß  nur  in  den  Frühlings-  und  Sommer- 
monaten das  Material  in  brauchbarem  Zustande  ist.  Außerhalb  dieser  Zeit 
Hefern  auch  gesund  aussehende  Pflanzen  bei  günstigem  liichte  keine  guten 
Resultate. 

Um  den  Fehlern  zu  entgehen,  die  durch  wechselnde  Blasengröße  ent- 
stehen könnten,  hat  Kohl^)  eine  Methode  ersonnen,  die  es  gestattet,  das 
Volumen  des  in  Blasenform  abgeschiedenen  Gases  mikrometriseh  zu  be- 
stimmen. Er  benutzt  ein  Präparat,  das  aus  einem  Elodeablatte  und  einem 
kleinen,  mit  dem  Rasiermesser  herausgeschnittenen  Stengelfragmente  be- 
steht. Das  Objekt  wird  auf  den  Boden  eines  kleinen  flachen  Schülchens 
durch  Auflegen  eines  Glasplättchens  unter  Wasser  festgehalten.  Die  am 
Lichte  aus  den  Interzellularen  hervortretende  Gasmasse  nimmt  annähernd 
Kugelgestalt  an,  so  daß  aus  dem  mikrometrisch  festgestellten  Durehmesser 
das  Volumen  leicht  zu  berechnen  ist  Durch  diese  Methode  die  sich  zu- 
dem sehr  zweckmäßig  eines  in  der  Hauptsache  flachen,  dünnen  Assimilations- 
organes  bedient  —  sind  gewiß  manche  Vorteile  gegelu'u ,  die  aber,  wie  es 
scheint,  noch  nicht  zu  irgendwelcher  Anwendung,  außer  dui-ch  den  Autor, 
geführt  haben. 


')  Kohl,    Die    assirailatwische  Knergie    der    hlaueii    und    vi.dotton    Strahlen    .los 
Spcktniiiis.  Berichte  d.  deutsch,  botan.  (iesellsch.  Hd.  15.   18^t7.  S.  120  ff. 


1278 


Ernst  G.  Prinffsheim. 


Fip.'i72. 


Die  En(/elmami?,che  Bakterienraethode ')  dient  dem  Studium  ver- 
schiedener Faktoren  bei  der  Kohlensäurespaltunsr  im  Lichte,  die  auf  andere 
Weise  schwer  anzugreifen  sind.  Besonders  groß  ist  die  Feinheit  der  j\Ie- 
thode.  Sie  beruht  auf  der  Beobachtung  der  physiologischen  Pteaktionen  von 
Mikroorganismen   und   besonders   Bakterien    als   Reagens    auf    Sauerstoff. 

(Vgl.  S.I291.) 

Die  Methode  erfordert  die  Anwendung  eines  guten  Mikroskopes  und 
verschiedener  Xebenapparate.  Auch  setzt  sie  einige  Übung  im  mikroskopi- 
schen Arbeiten  voraus. 

Es  wird  die  Sauerstoffproduktion  eines  kleinen  Pflanzenteiles  im 
Lichte  aus  den  Bewegungserscheinungen  von  Bakterien  erschlossen,  die 
dem  mikroskopischen  Präparate  beigegeben  werden.  Das  Deckglas,  das  das 
Präparat  einschließt,   v.ird  mit  Vaseline  oder  Wachs  luftdicht  aufgekittet. 

Im  Dunkeln  verzehren  die  Bakterien  im  Verein 
mit  dem  eingeschlossenen  zu  prüfenden  Pflanzen- 
teile den  Sauerstoff.  Sie  werden  dadurch  unbe- 
weglich. Am  Lichte  wird  Sauerstoff  produziert, 
und  die  Bewegung  beginnt  sofort  wieder.  Außer- 
dem sammeln  sich  die  Bakterien  um  die  Sauer- 
stoffi|uelle  auf  Grund  ihrer  chemotaktischen 
Reizbarkeit  (Fig.  272). 

Die  Methode  gestattet: 

1.  festzustellen,  ob  irgend  ein  Organismus 
übej-haupt  Sauerstoff  produziert; 

2.  mikroskopische  Objekte  auf  ihre  Assi- 
milationsfäliigkeit  zu  untersuchen,  auch  wenn 
diese  so  gering  ist,  daß  sie  auf  andere  Weise 
nicht  nachgewiesen  werden  kann: 

3.  den  Ort  der  Sauerstoff  abscheidung  selbst 
innerhalb  der  Zelle  zu  lokaUsieren; 
4.  die  Prüfung  verschiedenfarbigen  Lichtes,  dessen  Wellenlänge,  Ab- 
sorption und  assimilatorische  Wirksamkeit  gemessen  werden  kann. 

Als  Reagens  auf  Sauerstoff  sind  die  verschiedensten  mikroskopischen, 
beweglichen  Organismen  verwendbar,  z.  B.  auch  Infusorien  {Engelmann, 
1881,  S.  441).  Besser  aber  sind  Bakterien,  und  von  diesen  wieder  besonders 
die  gewöhnlichen  Fäulnisbakterien,  die  unter  dem  Namen  Bacterium  termo 

')  Th.  W.  Engelmann,  Neue  Methode  zur  Untersuchung  der  Sauerstoffausschei- 
dung pflanzlicher  und  tierischer  Organismen.  Bot.  Ztg.  39.  Jahrgang  1881.  S.  441;  Pflügers 
Archiv.  Bd.  25.  1881.  S.  258;  Über  Sauerstoffausscheidung  von  Pflanzenteileu  im  Mikro- 
spektrum.  Bot.  Ztg.  40.  Jahrg.  1882.  S.  419  ;  Farbe  und  Assimilation.  Bot.  Ztg.  41.  Jahrg. 
1883.  S.  1;  Untersuchungen  über  die  quantitativen  Beziehungen  zwischen  Absorption  des 
Lichtes  und  Assimilation  in  Pflanzenteileu.  Bot.  Ztg.  42.  Jahrg.  1884.  S.  84  u.  97  ;  Zur 
Technik  und  Kritik  der  Bakterienmethode.  Bot.  Ztg.  44.  Jahrg.  1886.  S.  43u.  64;  Die 
Farben  bunter  Laubblätter  und  ihre  Bedeutung  für  die  Zerlegung  der  Kohlensäure  im 
Lichte.  Bot.  Ztg.  45.  Jahrg.  1887.  S.  481 ;  Die  Erscheinung  der  Sauerstoffausscheidung 
chlorophvllhaltiirer  Zellen  im  Licht  bei  Anwendung  der  Bakterieumethode.  Pflüg ers  AviihiY 
Bd.  94.  1894.  S.  375. 


JEngelmnnniche  Bakterienrnnthode. 
Die  Bakterien  sammeln  sich  um 
eine  in  der  Mitte   des  Präparates 

eingeschlossene  Algenzelle. 

(Ans  Pfeffer,  Pliaazeuphvsiologie. 

2.  Anfl..   Bd.  I.r 


Methodisches  aus  der  Biochemie  der  Pfiauzeii.  ll^T'.) 

Cohn  zusammennofaßt  werden,  und  die  •/..  R.  hei  der  Filnliiis  einer  Erbse  in 
Wasser  auftreten.  Audi  andere  sind  hrauchhar,  doeji  sollen  sie  für  d'-ii 
vorliegenden  Zweck  ein  hohes  Sauerstoffhedürfnis  haben  und  weder  zu 
groß  noeh  zu  klein  sein  {FAujelwmin,  1S8(;.  S.  4".M.  Ivs  soll  nur  "ine  Art 
von  Bakterien  im  Präparate  voihanden  sein.  Daher  ist  das  zu  prüfende 
Objekt  vorher  abzuwaschen.  Auch  ist  es  eni|)fehlenswert,  i;eiiikulturen  zu 
verwenden  und  anstatt  Wasser  eine  verdünnte  neiKralisierte  Lösung'  von 
Fleischextrakt  zu  benutzen,  da  in  dieser  die  Bakterien  beweglich<'r  sind.') 

Es  ist  geboten,  so  viel  Bakterien  zuzusetzen,  daß  der  Tropfen  l)ei 
Betrachtung  mit  bloßem  Auge  schwach  getrübt  aussieht  (/vV^r/m^/»//,  lRs6, 
S.  50).  Handelt  es  sich  darum,  besonders  kleine  Spuren  von  Sauerstoff 
nachzuweisen,  so  kann  man  zweckmäßig  Bakterien  nehmen,  die  ein  geringeres 
l'^edürfnis  an  diesem  Gase  haben,  also  etwa  Spirillen,  auf  die  dn>  meist 
zutrifft.  Leicht  kultivierbar  ist  das  Spirillum  rubrum  Esmarch.  2) 

Besonders  wichtig  ist  die  Möglichkeit,  die  assimilatorische  Wirksam- 
keit der  einzelnen  Spektralbezirke  festzustellen.  Zu  diesem  Zwecke  entwirft 
Kngehnann  mit  Hilfe  eines  besonderen  unter  dem  Mikroskoptische  an- 
gebrachten Apparates  ein  mikroskopisches  Spektrum  in  der  Ebene  des  Ob- 
jektes. Der  Zm.ssche  Mikrospektralapparat  findet  sich  beschrieben  bei  I'hvjvl- 
mann,  1882,  S.  419/20.  Er  besteht  aus  einem  Spiegel,  einem  verstellb.-iren 
Spalt,  einer  Kollimatorlinse,  einem  geradsichtigen  Prisma  und  einem  auswech- 
selbaren Objektivsystem  zum  p]ntwerfen  des  Spektralbildes  des  Spaltes. 

Alles  nicht  von  unten  kommende  Licht  muß  vom  Präparate  abge- 
halten werden.  Man  arbeitet  daher  im  Dunkelzimmer  und  benutzt  entweder 
das  durch  einen  Heliostateu  reflektierte  und  durch  Mattscheiben  abge- 
schwächte Soimenlicht  oder  eine  geeignete  künstliche  Licht(iuelle.  Auch  soll 
das  Mikroskop  noch  von  einem  Kasten  umgeben  sein,  der  Seiteidicht  ab- 
hält (Engelmann,  1886,  S.  52).  Man  kann  aber  bequemer  an  Stelle  dessen 
eine  kleine  Schachtel  (etwa  photographische  Plattenschachtel  6x9|  ver- 
wenden, die  oben  und  unten  eine  runde  Offnunj^  besitzt  und  so  auf  dem 
Objekttisch  gesetzt  wird,  daß  das  darin  befindliche  Präparat  von  unten 
beleuchtet   und  von  olien  beobachtet  werden  kann. 

Die  relative  assimilatorische  Wirksamkeit  der  eiii/.«'hieii  Sp(>ktral- 
bezirke  kann  nach  Kngdmann  auf  zwei  Wegen  geprüft  werden.  Der  erste, 
leichter  zu  verfolgende,  gibt  ein  anschauliches  I'-ü''  'hkI  wertvollen  Vidi.dt 
für  den  exakteren  zweiten. 

1.  Die  Methode  der  simultanen  Beobachtung.  Ein  möglichst 
dünnes,  zylindrisches,  gleichmäßig  gefärbtes  Objekt  wird  senkrecht  zur 
Richtung  der  Fraunhofersdien  Linien  eingestellt,  so  daß  es  mit  sämtlichen 
Spektralfarben  belichtet  ist.  Geeignete  Objekte  sind  l'adenalgen.  (»scillarien. 


')  W.  Pfeffer,  über  chemotaktische  Bewegiini^on  von  ßaktfiipii,  Fhtiircnatoii  und 
Volvociueen.  Untersuch,  aus  dem  botan.  lust.  zu  Tübingen.  Bd.  2.  1888.  S.  589  und  Tflan- 
zeuphysiologie.  2.  Aufl.  Bd.  1.  1897.  S.  293. 

-)  If.  Pfeffer,  Pfhinzenphvsiologic,  a.  a.  0.  —  Reinkulturen  sind  zu  beziehen  von 
Krcils  Bakteriol.  Museum.  Prof.  Kraus  und  Doz.  Piibram,  Wien.  IX..  Zimmcnnaunijasse  3. 


1280 


Erust  G.  Pringsheim. 


Fig.  273. 


Ji     c 


Wi;- 


E   i 


lange  Diatomeen  oder  Diatomeenketten  u.  dgl.  Die  im  Präparat  anwesenden, 
vorher  im  Dunkeln  zur  Ruhe  gekommenen  Bakterien  beginnen  bei  der  all- 
mähhchen  Öffnung  des  Spaltes  zuerst  da  beweglich  zu  werden,  wo  am 
meisten  Sauerstoff  produziert  wird.  Bei  einer  gewissen  Spaltweite  geben 
die  Bakterien  durch  ihre  Anordnung  gewissermaßen  eine  graphische  Dar- 
stellung der  Assimilationsenergie  in  den  einzelnen  Bezirken,  indem  sie  da 
am  meisten  sich  anhäufen  und  auf  die  größte  Entfernung  hin  beweglich 
werden,  wo  am  meisten  Sauerstoff  produziert  wird  (Fig.  273).  Die  Methode 
beruht  also  auf  dem  Beweglichwerden  (Chemokinesis)  und  auf  der  Anlockung 
(Chemotaxis)  der  Bakterien  durch  Sauerstoff.  Die  Gründe,  warum  die 
Methode  der  simultanen  Beobachtung  nicht  quantitativ  auszuwerten  ist, 
gibt  Engelmann,  1886,  S.  44. 

2.  Die  Methode  der  sukzessiven  Beobachtung.  Ein  ähn- 
liches   Objekt    wird    genau    in    die  Richtung   der  Fraunkofer&chm  Linien 

eingestellt ,  so  daß  es 
monochromatisch  beleuch- 
tet ist. 

Es   wird    für   jede 
Wellenlänge     die    Spalt- 
breite gesucht,  bei  der  die 
Bewegung  gerade  beginnt 
oder  aufhört.   Die  Licht- 
quelle muß  konstant  sein. 
Es  ist  zu  beachten,  daß 
bei  roter  Beleuchtung  die 
Beobachtung      erschwert 
ist.  Damit  dadurch  keine 
Fehler  entstehen,  ist  die 
Helligkeit  der  fürs  Auge  -wirksameren  Strahlen  entsprechend  abzudämpfen, 
also  bei  Messung  im  Gelb  und  Grün  zweckmäßig  ein  gefärbtes  Glas  vors 
Auge  zu  halten  (1886,  S.  64). 

Da  die  Helligkeit  der  Spaltbreite  proportional  gesetzt  werden  kann, 
ergibt  sich  aus  dieser  ein  Anhalt  für  die  relative  assimilatorische  Wirkung 
der  Strahlen  verschiedener  Wellenlänge.  Diese  ist  umgekehrt  proportional 
derjenigen  Spaltbreite,  bei  der  die  Bewegung  eben  beginnt. 

Die  assimilatorische  Wirksamkeit  vergleicht  Engelmann  (1884)  mit 
der  Absorption  der  betreffenden  Strahlen  durch  den  Pflanzenteil,  die  ein 
von  ihm  angegebenes  Mikrospektralphotometer  von  Zeiss  zu  messen 
erlaubt. 

Der  Nachweis,  daß  nur  die  Chloroplasten  Sauerstoff  frei  machen, 
gelsing  Engelmann  ^)  3i\ii  folgende  Weise.  Er  projizierte  mit  Hilfe  eines  an 


Ansammlung  von  Bakterien  um  eine  sameni-toffliefernde  Zell- 
reihe von  Oedogonium  im  Spektrum.  Die  hauptsächlichste  An- 
sammlung der  Bakterien  betindet  sich  zwischen  B — C.  Das 
Absorptionsband  an  dieser  Stelle  wurde  im  Faden  angedeutet. 
(Nach  Pfeffer,  Pflanzenphysiologie,  2.  Aufl.,  Bd.  I.) 


*)  Engelmann,  Neue  Methode  zur  Untersuchung  der  Sauerstoff ausscheidung  pflanz- 
licher und  tierischer  Organismen.  Botan.  Zeitung.  1881.  Bd.  39.  S.  446.  —  Die  Erschei- 
nung der  Sauerstoffausscheidung  chlorophyllhaltiger  Zellen  im  Lichte  bei  Anwendung 
der  Bakterienmethode.  Pflügers  Archiv.  1894.  Bd.  57.  S.  375. 


Metbodiscbos  aus  tlor  Bioclipmie  der  I'flui/.'n 


ll^^l 


Kig.  274. 


""^^ 


Kig.  276. 


Stelle  des  Ueleuchtunf^sapparates  an<?ebrachten  Mikroskojiolijcktives  das 
riil(i  eines  hell  beleuchteten,  kleinen  Loches  in  fin.Mn  nn(lurrlisichti<ren 
Schirm  in  die  Ebene  des  mikroskopischen  (Jbjektes.  Im  dabei  die  durch 
den  liewöhnlichen  Spiegel  erzeugten  doppelten  Bilder  /.u  vt-rmeiden,  kann 
man  ein  total  reflektierendes  Prisma')  oder  einen  an  der  obcrfliirhr  ver- 
silberten Spiegel  verwenden.  Wird  nun  ein  Objekt  benutzt,  an  dem  sich 
chlorophyllt'reie  Stellen  finden  und 
werden  nur  diese  beleuchtet,  so  tritt 
die  Wirkung  nicht  ein.  P.eridirt  der 
helle  Kreis  aber  CJhloroplasten.  so  wer- 
den an  dieser  Stelle  die  Bakterien  be- 
weglich und  sammehi  sich  an(Fig.-_>74). 
Der  F.influit  äuberer  Faktoren, 
wie  Temperatur,  Zusammensetzung  der 
Flüssigkeit  u.  dgl.  läßt  sich  mit  der 
Pakterienmethode  kaum  prüfen.  Auch 
können  mit  ihrer  Hilfe  nur  sehr  kleine 
( )l)jekte  auf  Sauerstoff  produktion  unter- 
sucht werden.  Darin  liegen  die  Grenzen 
dieser  eleganten  Methode.  Aber  für 
die  genannten  Zwecke  stehen  die  oben 
erwähnten  Hilfsmittel  zur  Verfügung, 
so  daß  wohl  für  jeden  F'all  das  Ge- 
eignete zu  finden  sein  dürfte. 


..1 


mit 


Spirogyrazplle 
Bakterien  im  Priiija- 
rat  eingeschlossen. 
Zwei  Lichtflecko.  von 
denen  nnr  der  eine 
das  Chlorophj-llband 
trifft.  J)ort  allein  sam- 
meln sicli  die  Bak- 
terien. (Nach  Entjel- 
mann  ans  Jost,  Vor- 
lesungen über  Pflan- 
zenphysiologie, 
2.  Aufl.) 


b)  Verbrauch  der  Kohlensäure. 


.\p|iarat      .,;iir      J^«^;lrn 
ninng    der    von    eiopin 
assimilierenden     Blatt» 
vt-rliraiichten     Ki'li'    n 
Miurc.      (.\u»      /  ■• 
Ptlaii7.enpliviiioln);ic. 
ü.  Aufl..  "Bd.  I.) 


Durch  die  Assimilation  wird  die 
Umgebung     an    Kohlensäure    ärmer. 
Man  kann  einen  Strom  von  Luft  mit 
bekanntem  Kohlensäuregehalte  über  die  I'flanze  leiten  und  die  verschwun- 
dene Kohleiisäuremenge  messen. 

Die  Methoden  sind  die  allgemeinen  der  Gasanalyse  (vgl.  Bd.  HI). 
Pfeffer ^)  ließ  Blätter  von  Landpflanzen,  die  in  ein  oben  kolbig  er- 
weitertes und  im  zylindrigen  Teile  kalibriertes  Glasrohr  eingeschlossen  waren, 
in  kohlensäurereicher  Luft  assimilieren  und  bestimmte  durch  Absorption  mit 
Kalilauge  volumetrisch  die  Menge  der  verbrauchten  Kohlensäure  (Fig.  'JTä). 
Die  Einführung  des  Blattes  geschah  mit  Hilfe  eines  Holzstiibchens,  wobei 
die  Blattfläche  vorsichtig  gerollt  wurde,  um  das  Gjasrohr  passieren  /u 
können.  Am  Blattstiele  war  ein  Draht  befestigt,  der  es  erlaubte,  das  Blatt 
^\^eder  herauszuziehen.  Der  ausgebauchte  Teil  des  Apparates  hatte  ein  inneres 


')  Engelmann,  Die  Purpurbakterieii  iiud  ihre  Beziohmigcii  zum  Licht.  Butanische 
ZeituujL'.  1888.  Bd.  46.  S.  (WS.  . 

-)  Pfeffer,  Die  W  irkiing  farbigi'H  Lichtes  auf  die  Zersetzung  der  Kohlensaure  in 
Pfhmzen.  Arbeiten  des  botau.  Instituts  in  Wiirzburg.  Bd.  1.  1874.  S.  14  ff. 


Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitmnethnden.   V. 


81 


1282  Ernst  G.  Pringsheim. 

Volumen  von  45  cm^,  das  Rohr  war  26  cm  lang  und  faßte  40  cm.^.  Unten 
war  es  durch  Quecksilber  abgeschlossen,  über  dem  sich  eine  kleine  Menge 
Wasser  befand,  um  die  schädlichen  Quecksilberdämpfe  zu  vermeiden.  Zum 
Versuche  wurde  das  Quecksilber  durch  Saugen  an  einem  oben  an  der  Er- 
weiterung des  Rohres  angebrachten  Rohransatz  gehoben  und  dann  von 
unten  her  ein  bestimmtes  Volumen  Kohlensäure  eingefüllt.  Nach  der  Be- 
lichtung wurde  das  Blatt  dm'ch  das  Quecksilber  hindurch  herausgezogen 
und  mit  Hilfe  einer  gebogenen  Pipette  eine  sehr  kleine  Menge  starker  Kali- 
lauge von  unten  eingeführt.  Dadurch  wurde  die  Absorption  der  noch  übrigen 
Kohlensäure  bewirkt,  die  am  nächsten  Morgen  als  beendet  betrachtet  wurde. 
Durch  Berechnung  wurde  aus  dem  Gasvolumen  vor  der  Exposition 
am  Lichte  und  nach  der  Absorption  unter  Berücksichtigung  des  Blattvo- 
lumens die  zersetzte  Kohlensäuremenge  gefunden. 

c)  Nachweis  der  Assimilationsprodukte. 

Das  erste,  mikroskopisch  unmittelber  sichtbare  Assimilationsprodukt 
ist  bei  den  höheren  Pflanzen  die  Stärke,  die  bei  den  meisten  unter  ihnen 
gebildet  wird.  Sie  läßt  sich  zwar  in  geeigneten  Präparaten  vielfach  ohne- 
weiters  mikroskopisch  erkennen;  sehr  viel  bequemer  Avird  aber  ihr  Nach- 
weis durch  mikrochemische  Färbung  mit  Jod.  Zu  dem  Zwecke  läßt 
Sachs '^)  feine  Schnitte  einige  Tage  in  Kalilauge  liegen,  wäscht  sie  gut 
aus,  neutralisiert  mit  Essigsäure  und  legt  sie  nach  abermahgera  Waschen 
in  verdünnte  Jodlösung  resp.  Jod-Glyzerin  (starke  alkoholische  J-Lösung 
bis  zur  Gelbfärbung  zu  Wasser  oder  Glyzerin  gesetzt).  Nach  Schhnper^)  fügt 
man  etwas  Jodjodkahumlösung  (O'Oö^'  J  und  0'2  KJ  in  Ibg  Wasser)  zu  Chlo- 
ralhydratlüsung  (8  Teile  Chloralhydrat  auf  ö  Teile  Wasser)  hinzu  und  legt  da 
hinein  die  in  Alkohol  extrahierten  Schnitte.  Die  Präparate  werden  so 
durchsichtiger  und  klarer,  das  Chlorophyll  wird  gelöst,  die  Stärke  quillt 
und  färbt  sich  schön  blau.  Bequemer  als  mit  Querschnitten  größerer 
Blätter  arbeitet  man  mit  dünnen  Blättern,  z.  B.  von  Impatiens,  den 
Blättchen  von  Elodea  und  von  Moosen  oder  mit  Algenfäden,  z.  B.  Clado- 
phora  oder  Spirogyra.  Diese  können  ohne  Zerkleinerung  mikroskopisch 
untersucht  werden. 

Bei  vielen  Blättern  kann  der  mikroskopische  Stärkenachweis  durch  ein 
Verfahren  ersetzt  werden,  das  den  Stärkegehalt  mit  bloßem  Auge  zu 
prüfen  erlaubt,    die  Sachs  sehe  Jodprobe.  3)    Sachs  brüht  die  Blätter  in 


^)  Sachs,  Über  den  Einfluß  des  Lichtes  auf  die  Bildung  des  Amylums  in  den 
Chlorophyllkörnern.  Botan.  Zeitung.  Bd.  20.  1862.  S.  868  und  Über  die  Auflösung  und 
Wiederbildung  des  Amylums  in  den  Chlorophyllkörnern  bei  wechselnder  Beleuchtung. 
Bd.  22. 1864.  S.  291. 

-)  Schimpcr,  Über  Bildung  und  Wanderung  der  Kohlehydrate  in  den  Laubblättern. 
Botan.  Zeitung.  1885.  S.  735. 

^)  Sachs,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Ernährungstätigkeit  der  Blätter.  Arbeiten 
des  botan.  Instituts  in  Würzburg.  Bd.  3.  1884.  S.  2  oder  Gesammelte  Abhaudl.  Bd.  1. 
Leipzig  1892.  S.  355. 


Methodisches  aus  der  Biochemie  der  Pflanzen.  12^!) 

viel  kochendoin  Wasser  und  legt  sie  dann  in  Gßo/oik'en  wainiiM»  Alkohol. 
Dadurch  werden  die  meisten  liliitter  j,Mnz  iarhlos,  hei  f,n-öllerem  Gerh- 
stoffgehalte  freilich  bleiben  sie  braun  und  sind  deshalli  \vcniu'<*r  «zeeiirnet. 
Nun  werden  sie  in  eine  starke  Jodlösung  gelegt,  die  dadurch  rrhalfcn  wird, 
daß  eine  konzentrierte  alkoholische  Lösung  mit  so  viel  destilliertem  Was.ser 
versetzt  wird,  bis  sie  die  Färbung  dunklen  Hieros  erhalt.  Auch  kann  man 
durch  Auflösen  von  1  (iewichtsteil  Jod  und  4  Teilen  Jodkalium  in  :5<)0  Teilen 
Wasser  eine  konzentrierte  Lösung  herstellen,  die  in  ib-nselben  Weise  mit 
Wasser  zu  verdünnen  ist.  Nach  einer  halben  bis  zu  einigen  Stunden,  wenn 
die  Farbe  sich  nicht  mehr  ändert,  ist  die  Reaktion  beendet.  St.irkehaltige 
Blätter  erscheinen  nun  tief  schwarz,  stärkefreie  hell  ledergelb.  Man  legt  sie 
in  Wasser  auf  einen  weißen  Teller,  wobei  sie  allmählich  eine  blaue  Farbe 
annehmen.^)  Bei  Blättern  und  anderen  Objekten,  die  nicht  iliinhsichtig 
oder  farblos  genug  werden,  empfiehlt  es  sich,  dem  Alkohol,  der  zur  E.xtrak- 
tion  benutzt  wird,  Chloralhydrat  zuzusetzen,  /u  grolle  Mengen  davon 
können  aber  die  Stärke  lösen. 

€ber  das  Verhalten  verschiedener  Blätter  findet  man  bei  Surha 
(a.  a.  0.)  zahlreiche  Angaben.  Will  man  die  makroskopische  oder 
die  weit  sicherere-)  mikroskopische  Jodprobe  zum  Nachweis  stattgehabter 
Assimilation  verwenden,  so  muß  man  von  grünem,  aber  stärkefreiem  Ma- 
teriale  ausgehen.  Die  Entstärkung  findet  vielfach  in  warmen  Nächten 
vollständig  statt,  indem  durch  Ableitung  und  Veratmung  das  am  Tage 
angesammelte  Assimilationsprodukt  verschwindet.  Durch  längere  \erdunklung 
läßt  sie  sich  in  fast  allen  Objekten  erzielen,  besonders  wenn  man  Topf- 
pflanzen oder  jedenfalls  größere  Zweige  verwendet  und  sie  dunkel  und  warm 
hält.  Nur  die  Schließzellen  der  Spaltöffnungen  und  die  Zellen  der  l'.latt- 
nerven  halten  die  Stärke  oft  hartnäckiger  fest.  P^lodeapflaiizen  oder  Spiro- 
gyra  sind  durch  A'erdunklung  in  einem  größeren  Wasser(|uantum  gleichfalls 
stärkefreizubekommen,  bei  günstiger  Temperatur  schon  in  einem  Tage.») 

Außer  durch  Verdunklung  kann  man  die  Stärke  auch  durch  Fber- 
führen  des  Objekts  in  einen  kohlensäurefreien  Raum  entfernen.*}  Die 
Wirkung  der  Dunkelheit,  die  eventuell  störende  Nebenerfolge  haben  kann, 
wird  dadurch  vermieden. 

\'on  geformten  Assimilationsproduktcn  kommt  noch  bri  Kotalgeu  die 
..Florideenstärke"  in  Betracht.  Gelöste  Stoffe  sind  im  allgemeinen  zu  um- 
ständlich nachzuweisen,  als  daß  sie  als  Zeichen  stattgefundener  Assimilation 
in  Betracht  kämen. 

Über  die  relative  Menge  der  gebildeten  Stärke  kann  man  sich 
am  mikroskopischen  Bilde  orientieren  oder  bei  der  Jodprobe  an  iler  Farl>e, 


*)  Detmer,  Das  kleine  pflaiizenphys.  Prakt.  Jena  IDOö.  2.  Aufl.  S.  25. 

^)  //.  WinkJcr,  Untersucluiiigt'ii   iibor  die  Starkeliilduufr  in  ilen  verschiedenartigen 
(.'hromatophoren.  Jahrbücher  für  wisseusch.  Botan.  Bd.  32.  181)8.  S.  3. 

')  Dctmer,  a.  a.  0.  S.  2R. 

*)  Moll,   Über  die  Herkunft  dc^  Kohlenstoffs  d-T  rfl.ui/in     Aibi'iiin  des  lniiaii. 
Instituts  zu  Würzburg.  Bd.  2.  S.  110. 

Öl* 


1284  Ernst  G.Pringsheim. 

die  die  Objekte  bei  gleicher  Behandlung  annehmen.  Sach.^^}  unterscheidet 
folgende  Färbungen  an  den  mit  Jod  gesättigten  Blättern: 

1.  Hellgelb  oder  ledergelb  (keine  Stärke). 

2.  Schwärzlich  (sehr  wenig  Stärke). 

3.  Mattschwarz  (reichlich  Stärke). 

4.  Kollischwarz  (sehr  reichlich  Stärke). 

5.  Metallischglänzend  schwarz  (Maximum  des  Stärkegehaltes). 
Durch  Aufbewahren  in  Jodalkohol   lassen   sich  Vergleichsobjekte   bei 

konstanter  Färbung  erhalten.  In  flacher  Wasserschicht  geht  die  Tiefe  des 
Tones  durch  Verflüchtigung  des  Jodes  sehr  bald  zurück.  Sachs'-)  hat  auch 
durch  Bestimmung  des  Trockengewichtes  möglichst  analoger  Blattstücke 
vor  und  nach  der  Assimilation  eine  Vorstellung  von  der  Stärke  der  Stoff- 
speicherung  zu  bekommen  gesucht. 

Ein  genaueres  Maß  für  die  Menge  der  in  einem  Pflanzenteile  ent- 
haltenen Stärke  bekommt  man  durch  quantitativ-chemische  IJestimmung. 
Das  Material  wird  getrocknet  und  gepulvert,  mit  Wasser,  Alkohol  und 
Äther  ausgelaugt.  Dann  wird  entweder  die  Stärke  durch  Alkalien  ver- 
kleistert, mit  Alkohol  gefällt  und  nach  nochmaligem  Auswaschen  mit  Alkohol 
und  Äther  als  solche  gewogen  3)  oder,  nach  ^'erkleisterung,  durch  Diastase 
verzuckert  und  mit  Fehlingscher  Lösung  titriert.*)  Weitere  Angaben  und 
Literatur  über  den  chemischen  Teil  der  quantitativen  Stärkebestimmung 
geben  z.  B.  Beilstein'"),  Czapek^)  und  König'').  Daselbst  auch  Vorschriften 
über  die  Verzuckerung  mit  Säure,  die  vorsichtig  gehandhabt  werden  muß, 
um  nicht  Glukose  zu  zerstören.  Angaben  über  Darstellung  von  Diastase 
(ebenda)  sind  jetzt  überflüssig,  weil  dieses  Ferment  in  guter  Beschaffenheit 
käuflich  zu  haben  ist. 

Die  Menge  der  gebildeten  Stärke  oder  anderer  Polysaccharide  gibt  nun 
innerhalb  gewisser  Grenzen  einMaß  für  dieintensität  derKohlensäure- 
Assimilation  unter  den  betreffenden  Bedingungen.  Doch  darf  man 
nicht  beides  proportional  setzen,  da  noch  andere  Stoffe  als  Stärke  ent- 
stehen und  mit  der  Anhäufung  der  Beaktionsprodukte  der  Assimila- 
tionsvorgang zurückgeht,  und  zwar  in  abgeschnittenen  Blättern  oder 
kleineren  Zweigen  schneller  als  in  großen  Pflanzen,  bei  denen  eine  Ableitung 
der  Assimilate  stattfinden  kann.  ^)  Es  muß  auch  berücksichtigt  werden,  daß  in 

*)  Sachs,  Ein  Beitrag  zur  Kenntnis  der  Ernähruugstätigkeit  der  Blätter.  Arb.  d. 
bot.  Inst,  zu  Würzburg.  Bd.  3.  1884.  S.  4. 

■')  A.  a.  0.  S.  19. 

ä)  Baumert  und  Bode,  Zur  Bestimmung  des  wahren  Stärkegehaltes  der  Kartoffel. 
Zeitschr.  f.  angew.  Chemie.  1900.  Bd.  13.  S.  1074  und  1111. 

*)  Brown  und  Morris,  A  contribution  to  the  chemistry  and  physiology  of  foliage 
leaves.  Journal  ehem.  soc.  1893.  S.  603. 

5)  Beilstein,  Handbuch  der  organ.  Chemie.  3.  Aufl.  Bd.  1.  S.  1084/85. 

^)  Czapek,  Biochemie  der  Pflanzen.  Jena  1905. 

')  König,  Untersuchung  landwirtschaftlich  und  gewerblich  wichtiger  Stoffe.  Zweite 
Aufl.  1898. 

*)  Saposchnikoff,  Bildung  und  Wanderung  der  Kohlehydrate  in  den  Laubblättern. 
Berichte  d.  deutsch,  botan.  Ges.  1890.  Bd.  8.  S.  233.  —  L'ber  die  Grenzen  der  Anhäufung 


Methodisches  aus  der  Biochemie  der  Pflanzen.  128Ö 

wurzellosen  Pflanzenstücken  durch  Man^rel  an  Xährsalzen  ein  Wachstum  un- 
möglich gemacht  wird,  durch  das  Kohlehydrate  verarbeitet  werden  könnten. 
Die  Proportionalität  zwi.^chen  Assimilation  und  Stiirkepn.duktion  wird  ferner 
durch  die  Atmung  gestört,  und  zwar  wird  ein  relativ  (h-sto  gröiterer  Teil 
der  Assimilationsprodukte  veratmet,  je  schwächei-  das  Lieht  nnd  je;  höher 
die  Temperatur  ist.  Unter  günstigen  Bedingungen,  also  bei  mittlerer  Tem- 
peratur und  günstigem  Lichte  wird  der  10. — 40.  Teil  von  (k'in  zerstört, 
was  das  Blatt  produziert. ' ) 

Alle  diese  Gründe  lassen  die  Methode  der  Stiirkebestimmung  als  >Li(j 
der  Assimilation  nur  bei  Berücksichtigung  aller  Fehler  brauchbar  erscheinen. 
Die  Bestimmung  des  Gaswechsels  dürfte,  wo  sie  nicht  aus  anderen  (iründen 
zu  verwerfen  ist,  stets  genauere  Resultate  geben. '^) 


C.  Chemische  Reizbarkeit. 
Einleitung. 

Da  die  I)iochemie  alle  im  Organismus  sich  abspielenden  chemischen 
Vorgänge  umfaßt,  so  hat  man  ein  Recht,  auch  die  Reizung  durch  chemi- 
sche Stoffe  zu  ihrem  Gebiete  zu  rechnen.  Aus  theoretischen  (iründen  darf 
man  nämlich  annehmen,  daß  ein  Eindringen  des  Reizstoffes  und  chemische 
Veränderungen  im  Innern  der  Zellen  für  das  Zustandekommen  der  Per- 
zeption  erforderlich  sind,  obgleich  sie  noch  in  keinem  Falle  nachgewiesen 
worden  sind. 

Eine  Schilderung  der  Methoden  wird  an  dieser  Stelle  auch  deshalb 
von  Wert  sein,  weil  das  bezeichnete  Gebiet  eine  Fülle  von  Problemen 
bietet,  die  nur  einer  hoch  ausgebildeten  chemischen  Forschungsweise  zu- 
gänglich sind  und  die  gleichzeitig  gewisse  biologische  Erfahrungen  voraus- 
setzen. 

Es  werden  nur  die  an  Pflanzen  und  Protozoen  zu  studierenden 
chemischen  Reizwirkungen  Berücksichtigung  finden. 

Unter  ihnen  sind  allein  diejenigen  eingehender  bekannt,  in  denen  eine 
leicht  sichtbare  Veränderung,  vor  allem  eine  Bewegungserscheinung,  Kunde 
von  der  stattgehabten  Reizung  gibt.  Die  erkenid)are  \'eränderung  nennt 
man  den  Reizerfolg  oder  die  Reizreaktion,  den  chemischen  Stoff  das 
Reizmittel  Bemerkbar  wird  die  Reizwirkung  eines  physikalischen  oder 
chemischen  Agens  erst  dui'ch  seine  zeitlich  oder  örtlich  verschiedene  \'er- 


der  Kohlehydrate  in  den  Blättern  der  Weinrehe  und  anderer  Pflanzen.  Ber.  d.  deutsch, 
botau.  Ges.  1897.  Bd.  9.  S.  '293.  —  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Grenzen  der  Anhäufung 
von  Kohlehydraten  in  den  Blättern.  Ber.  d.  deutsch.  i)otan.  Ges.  1893.  Bd.  11.  S.  391. 

')  Krensler,  über  eine  Methode  zur  Beobachtung  der  Assimilation  und  Atmung 
der  Pflanzen  und  iilier  einige  diese  Vorgänge  l)eeinflussende  Mmnente.  Lamlwirtschaftl. 
Jahrb.  1885.  Bd.  14.  S.  952. 

2)  Pfeffer,  Pflanzeaphysiologie.  2.  Aufl.  Bd.  1.  1897.  S.  306. 


5^286  Ernst  G.  Pringsheim. 

teilung,  also  z.  B.  durch  einen  Wechsel  oder  eine  Ungleichheit  der  Inten- 
sität oder  Konzentration.  Diese  Umstände  nennt  man  Reizanlaß. i) 

Oft  ist  der  wirkliche  Reizanlaß  nicht  ohne  weiteres  zu  erkennen.  So 
kann  die  örtliche  Konzentrationsdifferenz  an  einem  Stoffe  in  einem  flüssigen 
Medium  durch  die  Bewegung  des  Organismus  selbst  für  diesen  zu  einer 
zeithchen  werden.  Diese  Unterscheidung  kommt  freilich  methodisch  heute 
noch  wenig  in  Betracht.  In  allen  den  Fällen,  wo  durch  chemische  Einflüsse 
eine  bestimmt  gerichtete  Bewegung  veranlaßt  wird,  gilt  es,  eine  örtliche 
Verschiedenheit  der  Konzentration  des  Reizstoffes  zu  schaffen  und  auf- 
recht zu  erhalten.  Bei  allen  anderen  chemischen  Reizwirkungen  kommt  es 
nur  darauf  an,  den  zu  prüfenden  Stoff  überhaupt  in  geeigneter  Weise 
zuzuführen. 

Bei  den  Richtungsbewegungen  durch  chemische  Stoffe  müssen  wir 
unterscheiden  zwischen  den  durch  Wachstumskrümmungen  und  den  durch 
freie  Ortsbewegung,  also  Schwimmen  und  Kriechen,  zustande  kommenden 
Reaktionen  auf  chemische  Reize.  Die  ersteren  faßt  man  als  Chemotro- 
pismus,  die  letzteren  als  Chemotaxis  zusammen.  Der  durch  den  ver- 
schiedenen Bewegungsmodus  hervorgerufenen  Differenz  in  der  Geschwindig- 
keit der  Reaktion  (oder  vielmehr  in  dem  Verhältnis  zwischen  der  Größe 
des  bewegten  Teiles  und  der  Schnelligkeit  der  Bewegung)  muß  durch  eine 
verschiedene  Methodik  Rechnung  getragen  werden. 

I.  Chemotaxis. 

Bei  der  Chemotaxis  durch  Schwimmbewegung  ist  die  örthche  Kon- 
zentrationsdifferenz in  dem  als  Medium  dienenden  Wasser  nicht  allzu  schwer 
aufrecht  zu  erhalten.  Denn  die  relativ  große  Geschwindigkeit  der  Bewegung 
bedingt  auch  eine  schnelle  Reaktion,  die  daher  ausgeführt  wird,  bevor 
durch  Strömung  und  Diffusion  der  Reizanlaß  unwirksam  geworden  ist.  Die 
kriechenden  Organismen  schließen  sich  dagegen  in  der  Beziehung  mehr 
den  chemotropischen  an. 

Chemotaktische  Reaktionen  sind  bei  der  Mehrzahl  der  freibeweg- 
lichen Protozoen,  Flagellaten,  Volvocineen.  sowie  den  schwimmfähigen  Stadien 
der  Pilze  und  Algen  und  den  Spermatozoen  der  Tiere,  Moose  und  Farne 
bekannt  oder  doch  zu  erwarten.  Sie  stehen  entweder  im  Dienste  der 
Ernährung,  indem  sie  den  Organismus  nach  geeigneten  Xahrungsquellen 
hinführen  oder  der  Fortpflanzung,  indem  sie  das  ..Samentierchen"  zum 
Ei  geleiten.  Auch  wird  vielfach  ein  geeigneter  Sauerstoffgehalt  des  Wassers 
aufgesucht,  wodurch  die  Atmung  in  entsprechender  Weise  aufrecht  er- 
halten wird.  Ferner  werden  schädliche  Stoffe  gemieden,  auch  solche,  die 
nur  durch  osmotische  Wasserentziehung  gefährlich  werden  könnten,  also 
nicht  eigentlich  durch  chemische  Einflüsse. 


*)  Bothert,  Beobachtungen  und  Betrachtungen  über  taktische  Reizerscheinungen. 
Flora.  Bd.  88.  1901.  S.  371,  392. 


Methodisches  aus  der  Hiuchcniio  der  l'fl;in/.en.  1'2H7 

Kapillarmethode. 

Das  Studium  der  choniotaktischcn  Ueizcrschcimiiifi:«'?!  j,'('f:eii  (.'döste 
Stoffe  wurde  zum  ersten  Male  von  ly'cj/'er^)  in  Aii^Miff  iiniommeii.  «Irr  die 
noch  heute  allgemein  benutzte  Methodik  geschaffen  hat.  Die  Konzeu- 
trationsdifferenz  des  Reizstoffes  wird  nach  ihm  dadurch  hergestellt,  daß 
zu  dem  mikroskopischen  Präparate  eine  feine  (ilasröhre.  ^a'füllt  mit  einer 
Lösung  der  Substanz,  geschoben  wird.  .Vus  der  offnuiiu  iler  (ilasröhre  oder 
„Kapillare'"  dringt  der  Reizstoff  heraus  und  verbreitet  sich  allmiihlich  in 
dem  Wasser,  das  die  Organismen  enthalt.  Der  Keizerfolir  niaclif  sich  in 
der  Anlockung  und  Ansammlung  vor  oder  in  der  Kapillare  geltend,  resj). 
darin,  daß  gerade  diese  Stelle  gemieden  wird.  In  «lern  ersten  Falle  spricht 
man  von  positiver,  im  zweiten  von  negativer  Chemotaxis. 

Die  Herstellung  der  Kapillaren  erfolgt  durch  Au.sziehen  eines 
vorher  ni)er  der  Flamme  weich  gemachten  Hlasrohres.  Dieses  muH  auf  das 
Sorgfältigste  gereinigt  werden,  da  viele  chemotaktische  Oriranismen  äidierst 
empfindlich  gegen  Spuren  der  verschiedensten  Stolfe  sind.  .Man  kann  bei 
einiger  Geschickhchkeit  aus  jedem  Rohre  genügend  feine  Kapillaren  ziehen. 
Doch  wird  man  zur  Erzielung  der  feinsten  Kaliber  zweckmid'.ii:  dünnere 
Riihren  anw^enden.  Die  Dicke  der  Kapillaren  richtet  sich  nacii  der  (irüLie 
und  Geschwindigkeit  der  einzufangenden  Organismen.  Ist  die  Bewegung 
langsam,  so  wird  eine  größere  Menge  des  Reizstoffes  erfordert,  damit  nicht 
die  Konzentrationsdifferenz  sich  zu  früh  ausgleiche.  Also  wird  man  dickere 
Kapillaren  wählen.  Das  gleiche  gilt  für  gröllere  Organismen,  wie  l'iira- 
mäcien,  Euglenen  u.  dgl.,  schon  wegen  deren  Körperumfang,  aber  auch 
wegen  der  durch  ihre  Bewegungen  verursachten  Durchmischung  der  Flüssig- 
keit. Für  Bakterien  sind  Kapillaren  von  etwa  005— 0-1  mm,  für  Samen- 
fäden von  Farnen  etc.  solche  von  Ol— O'lb  mm,  für  größere  Organismen 
solche  von  0-2— 0-4  w?m  hchter  Weite  geeignet.  Die  Länge  möge  10— 2(>  mm 
betragen.  Doch  kommt  es  darauf  weniger  an.  Vn\  einigermal'en  glatte 
Ränder  an  der  gewünschten  Stelle  zu  bekommen,  breche  man  die  Kai)illaren 
über  die  Kante  eines  Objektträgers. 

F/f:fer  schmilzt  die  Kapillaren  an  einem  Ende  zu  und  füllt  sie  unter 
der  Luftpumpe  mit  der  zu  prüfenden  Lösung,  indem  er  sie  in  .•ineni  l'hr- 
schälchen  unter  die  Glocke  setzt  und  mäßig  evakuiert.  Durch  die  nur  ge- 
ringe Luftverdünnung  wird  erreicht,  daß  sowohl  in  der  Flüssigkeit  wie 
auch  in  der  Kapillare  hinter  dem  eingesogenen  Tröpfchen  Luft  zurück- 
bleibt. Würde  man  zu  stark  auspumpen,  so  würde  ein  >L'ingel  an  Sauer- 
stoff eintreten,  der  die  Dewegiiclikeit  vermindern  und  zudem  falsche  Re- 
aktionen vortäuschen  könnte.  (Vgl.  unten  S.  V2\n    .Verotaxis.i 

Bei  sehr  sauerstoffbedürftigen  Organismen  muß  aus  dem.^elben  Grunde 
im  offenen  Tropfen  und  nicht  unterm  Deckglase  lieobachtet  werden.  Doch 
wird  man  das  nur  tun.    wenn  man    sich   durch  besondere  \ersuche  über- 


')  Pfeffer,  Lokomotorische  RichtiiiiL'shcwopunpen  iluroli  clieniis.-ho  Uoizo.    rntor- 
snchiin£reii    aus   dem  Botaii.  Institut  zu  'riiliiinron.   Bd.  1.   IHHl  -Hb.  S.  3«')H. 


]^288  Ernst  G.  Priugsheim. 

zeugt  hat,  daß  es  nötig  ist.  Denn  das  Eindunsten  des  Tropfens  kann 
Täuschungen  bewirken.  Auch  zerläuft  der  Tropfen  gern  auf  dem  Objekt- 
träger. In  den  organismenhaltigen  Tropfen  wird  die  in  Wasser  äußerlich 
gut  abgespülte  Kapillare  hineingeschoben.  Dann  wird  sogleich  mit  ent- 
sprechender, nicht  zu  starker  Vergrößerung  beobachtet.  Vielfach  ist  der  Er- 
folg selbst  mit  bloßem  Auge  zu  erkennen.  In  schwierigen  Fällen  leistet  Dunkel- 
feldbeleuchtung vortreffhche  Dienste,  i) 

Bei  hchtempfindlichen  Organismen,  z.  B.  Purpurbakterien  oder  grünen 
Flagellaten,  muß  man  die  Ansammlung  im  Dunkeln  vor  sich  gehen  lassen 
oder  bei  einer  Beleuchtung  arbeiten,  die  wohl  auf  das  Auge,  nicht  aber 
auf  die  Versuchsobjekte  einwirkt.  In  beiden  Fällen  arbeitet  man  im  Dunkel- 
zimmer oder  stellt  das  Mikroskop  in  einen  lichtdichten  Kasten,  der  nur 
eine  Öffnung  zur  Beleuchtung  des  Spiegels  und  eine  zur  Beobachtung  ent- 
hält. Bei  den  meisten  Pflanzen  hat  rotes  Licht  keine  Reizwirkung.  Man 
kann  daher  ohne  Störung  bei  dem  Lichte  einer  photographischen  Dunkel- 
kammerlampe mikroskopieren.  In  jedem  Falle  muß  man  .sich  aber  von  der 
Unwirksamkeit  der  gewählten  Beleuchtung  überzeugen,  um  nicht  durch 
phototaktische  Ansammlungen  gestört  zu  werden.  Purpurbakterien  reagieren 
z.  B.  auf  ultrarotes  Licht.  2) 

Von  Bedeutung  für  die  Beurteilung  der  Resultate  ist  die  Art,  wie 
die  beiden  Flüssigkeiten,  die  in  der  KapiUare  und  die  außerhalb,  sich  zu- 
einander verhalten.  Im  allgemeinen  wird  die  zu  prüfende  Lösung  in  der 
Kapillare  ein  höheres  spezifisches  Gewicht  haben  als  die  Außenlösung.  Bei 
horizontal  gestellten  Kapillaren  wird  daher  ein  Ausfließen  stattfinden  und 
dafür  etwas  von  der  Außenflüssigkeit  eingesaugt  werden.  ^)  Zu  vermeiden 
wäre  diese  Fehlerquelle  durch  Senkrechtstellung  der  Kapillare  und  Be- 
obachtung mit  dem  horizontalen  Mikroskope.*) 

Ob  die  tatsächlich  immer  zustande  kommende  allmähhche  Ver- 
mischung der  beiden  Flüssigkeiten  hauptsächlich  kleinen  Strömungen  oder 
mehr  der  Diffusion  zuzuschreiben  ist,  bleibt  noch  genauer  zu  untersuchen. 
Ein  Mittel  bietet  die  Beobachtung  gefärbter  Flüssigkeiten.  ^)  Für  das  Wesen 
der  chemotaktischen  Reaktion  ist  die  Beantwortung  dieser  Frage  von  Be- 
deutung, weil  durch  Diffusion  ein  regelmäßiges  Konzentrationsgefälle  von 
der  Kapillare  her  unterhalten  werden  würde,  bei  Verteilung  durch  Kon- 
vektion  aber  kaum.  Diese  Unterscheidung  wird  besonders  wichtig,  wenn  es 
sich  darum  handelt,  die  untere  Grenzkonzentration  zu  finden,  die  gerade 
noch  wirksam  ist,  die  sogen.  Ileizschwelle.  Derartige  Bestimmungen  geben 


1)  Pfeffer,  a.  a.  0.  S.  423  u.  431. 

^)  Engelmann,  Die  Purpurbakterien  und  ihre  Beziehungen  zum  Licht.  Bot.  Ztg. 
46.  Jahrg.  1888.  S.  661. 

*)  Pfeffer,  Über  chemotaktische  Bewegungen  von  Bakterien,  Flagellaten  und  Vol- 
vocineen.    Untersuch,  aus   dem  botan.  Institut    zu    Tübingen.    Bd.  2.   1886—88.    S.  582. 

*)  Ebenda.  S.  587. 

^)  Pfeffer,  Lokomotorische  Richtungsbewegungen  durch  chemische  Reize.  Unter- 
suchungen aus  dem  botan.  Institut  zu  Tübingen.  Bd.  1.  1881  —  85.  S.  363. 


Methodisches  aus  der  Biochemie  der  Pflanzen.  1289 

am  besten  ein  Maß  für  die  Keizstärke  einer  .Snhstanz  oder  vidnichr  für 
die  Empfindlichkeit  des  Or<>anismiis  ^'Cj^eu  sie. 

Pfeffer  erklärt  die  Ansanimlnn^'  vor  oder  in  der  Kaitillan-  in  der 
Weise,  daß  er  annimmt,  die  Einzelindividuen  stellen  sich  senkrecht  zu  den 
Diffusionszonen,  die  Orte  gleicher  Konzentration  verhinden.  Hiernach  müi;ie 
also  auch  bei  Schwellenbestimm unt>en  schon  eine  merkliche  Diffusion  zu- 
stande gekommen  sein.  Ich  halte  es  aber  für  wahrscheinlicher,  dai;  man 
bei  sofortiger  Deobachtung  noch  beide  Flüssigkeiten  als  fast  uuL'emischt 
nebeneinanderliegend  betrachten  kann,  und  daß  die  Heizwirktnig  nur  die 
zufällig  in  die  ausgeflossene  Lösung  geratenen  Individuen  daran  verhin- 
dert fortzuschwimmen  (Pringsheim^). 

Um  die  Schwellenbestimmungen  zuverlässiger  zu  gestalten,  kehrt 
Kusano-)  (S.  73)  die  Pfejf'ersche  Methode  um.  Kr  fidlt  die  organismen- 
haltige  Flüssigkeit,  der  gleichzeitig  der  Reizstoff  in  verschiedenen  Kon- 
zentrationen beigegeben  ist,  in  nicht  zu  enge  Kapillaren  und  schiebt  diese 
in  einen  Tropfen  Wasser.  Bei  den  zufällig  der  Öffnung  zustreliendeii  In- 
dividuen findet  nun  nach  einiger  Zeit  eine  Umkehr  der  Beweirunir  statt,  und 
zwar  bei  den  höheren  Konzentrationen  erst  außerhalb  der  Kapillare,  bei  der 
Grenzkonzentration  aber  an  der  Öffnung  selbst.  Der  Vorteil  der  Methode  be- 
steht darin,  daß  man  einzelne  Individuen  in  ihrem  \'erhalten  beobachten  kann. 
vor  allem  aber  darin,  daß  der  Reizstoff  nicht  schon  zu  weit  verdünnt  sein 
kann,  bevor  die  Organismen  in  sein  Gebiet  gelangen.  Denu'ntsprechend  zeichnen 
sieh  die  Kusanosdion  Resultate  durch  ihre  gute  Übereinstimmung  aus. 

Derselbe  Forscher  bedient  sich  noch  einer  anderen  .Mudifikation  der 
Pfeff'erschen  Methodik.  Er  füllt  die  Glasröhrchen  durch  Kapillarität  und 
verschließt  sie  mit  einem  Tröpfchen  Wachs  (a.  a.  O.  S.  ;')).  Ilieri)ei  wird  das 
Auspumpen  entbehrlich,  und  es  findet  eine  äußerliche  Renetzung  der  Ka- 
pillaren nur  an  der  Mündung  statt.  Ähnlich  hat  es  Botherf^)  (S.  380)  ge- 
macht, um  mit  Lösungen  flüchtiger  Stoffe,  wie  Äther,  zu  arbeiten,  die  bei 
der  Füllung  unter  der  Luftpumpe  verloren  gehen  würden. 

ßarrat*)  beurteilt  die  Stärke  der  Anlockunu  nach  der  Zahl  der  nach 
bestimmter  Zeit  eingewanderten  Individuen  und  Itenutzt  zum  N'ergleich 
Kapillaren  ohne  Reizstoff. 

Anderweitige  Methoden. 

Masmrf^)  setzt  an  Stelle  der  Kai)illar-  die  Troi)fenmethode.  Er 
bringt  einen  Tropfen    mit    der  organismenhaltigeu    Flüssigkeit    und  einen 

')  E.  G.  rrini/sheiDi,  Die  Reizhewegiingen  der  rflaiizon.  Berlin  1912. 

2)  Kusano,  Htudies  ou  tlie  chcmotactic  and  other  related  reactions  of  the  swarm- 
spores  of  Myxomycetes  Journal  of  the  College  of  Agriculturc.  Iinp.  Univ.  of  Tokyo.  1909. 
Vol.  2.  p.  1. 

^)  Rothcrt,  Heobachtuu^ren  und  Bctraclitunircn    über  t.-iktische  UeizerscheinunL'.Mi 

Flora.  Bd.  88.  1901.  S.  371. 

*)  Barrat,  Der  Einfluß  der  Konzentration  auf  die  Chemota.\is.  Zoitschr.  f.  allge- 
meine Physiol.  Bd.  5.  1905.  S.73. 

5)  Massart,  La  sensibilitö  ;i  la  concentration  chez  les  i'tres  unicellnlaires  uiarins. 
Bull,  de  l'Acad.  roy.  de  Belgique.  Bme  s6rie.  T.  22.  1891.  p.  158. 


]^290  Ernst  G.  Pringsheim. 

mit  dem  Reizstoffe  auf  eine  Glasplatte  nebeneinander ;  dann  verbindet  er 
beide  vorsichtig  durch  eine  Wasserbrücke  und  beobachtet  die  Verteilung 
der  Organismen.  Auch  verwendet  er  Splitterchen  fester  Substanzen,  die  er 
dem  Tropfen  an  der  Peripherie  einverleibt. 

Jennings'^)  stellt  seine  Versuche  so  an,  daß  er  eine  ziemlich  dicke 
Flüssigkeitsschicht  zwischen  dem  Objekttniger  und  einem  groben  Deck- 
glase erzielt,  indem  er  das  letztere  durch  Glasfäden  unterstützt.  Dann 
bringt  er  mit  einer  feinen  Kapillarpipette  einen  Tropfen  der  den  Reizstoff 
enthaltenden  Flüssigkeit  unter  das  Deckglas  in  die  Mitte  der  organismen- 
haltigen  Flüssigkeit.  Die  dadurch  geschaffene  Stelle  höherer  oder  niederer  Kon- 
zentration bleibt  lange  genug  erhalten,  um  eine  Reaktion  bewirken  zu  können. 

Garrey"-)  bringt  die  Organismen  in  eine  flache  Kammer  und  labt  den 
Reizstoff  durch  eine  feine  Öffnung  in  der  Wand  hinzufließen. 

Zu  den  Methoden,  die  dem  Studium  der  Chemotaxis  dienen,  kann 
man  auch  die  der  Bakterienniveaux  nach  Beijerinck^)  rechnen.  Auf  dem 
Boden  eines  Reagensglases  kommt  eine  Substanz,  die  Nahrungsstoffe  für 
Organismen  abgibt,  also  etwa  eine  Bohne,  etwas  Nährgelatine  oder  der- 
gleichen. Darüber  wird  Wasser  geschichtet.  Die  sich  entwickelnden  Bak- 
terien und  Infusorien  halten  sich  anfangs  ganz  in  der  Nähe  der  Nahrungs- 
quelle. Mit  fortschreitender  Diffusion  aber  entfernen  sie  sich  von  ihr  und 
bilden  in  einer  gewissen  Entfernung  vom  Wasserspiegel  und  dem  Diffu- 
sionszentrum plattenförmige,  oft  scharf  umgrenzte  Anhäufungen,  die  an  der 
weißlichen  Trübung  leicht  zu  unterscheiden  sind,  die  „Niveaux".  Die  Er- 
scheinung beruht  darauf,  daß  die  Organismen  auf  eine  gewisse  Konzen- 
tration der  Nahrungsstoffe  als  die  optimale  abgestimmt  sind  und  diese 
aufsuchen.  Je  mehr  Stoffe  ins  Wasser  diffundieren,  desto  mehr  entfernt 
sich  die  Zone  einer  gewissen  Konzentration  vom  Boden  des  Gefäßes. 
Außerdem  kommt  auch  das  Sauerstoffbedürfnis  in  der  Stellung  der  Niveaux 
zum  Ausdrucke.  Sauerstoffbedürftigere  Organismen  werden  sich  dem  Me- 
niskus möglichst  zu  nähern  suchen,  andere  werden  mit  einer  geringeren 
Tension  dieses,  in  der  Tiefe  von  den  Bakterien  und  Infusorien  selbst  auf- 
gezehrten Gases  zufrieden  sein. 

So  ist  jedes  Niveau  der  Ausdruck  für  das  an  der  betreffenden 
Stelle  herrschende  Gleichgewicht  anziehender  und  abstoßender  Reizwirkun- 
gen. Es  kann  daher  brauchbare  Anhaltspunkte  für  die  Bedürfnisse  der 
fraglichen  Organismen  geben.  Eine  Methode  für  exaktere  Forschungen  läßt 
sich  wegen  der  Mehrheit  der  wirkenden  Kräfte  daraus  aber  kaum  gestalten. 


*)  Jennings,  Reactions  in  chemical,  osmotic  and  mechanical  Stimuli  in  the  ciliate 
infusoria.  Journal  of  Physiology.  Vol.  21.  1897.  p.  258  und  „Das  Verhalten  der  niederen 
Organismen",  Übers,  v.  E.  Mangold.  Leipzig  und  Berlin.  1910.  S.  76. 

-)  Garrey ,  Tbe  effect  of  ions  upon  the  aggregation  of  flagellated  infusoria. 
Americ.  Journal  of  Physiol.  Vol.  3.  1900.  p.  291. 

^)  ßeijerinck,  Über  Atmungsfiguren  beweglicher  Bakterien.  Zentralbl.  f.  Bakt. 
Bd.  14.  1893.  S.  827  und  Notiz  über  den  Nachweis  von  Protozoen  und  Spirillen  im  Trink- 
wasser. Ebenda.  Bd.  15.  1894.  S.  799,  auch  Stockhausen,  Ökologie,  „Anhäufungen"  nach 
Beijerinck.  Berlin  1897. 


Methodisches  aus  der  Biochemie  der  Pflanzen.  l'JiW 

Aerotaxis. 

Was  die  choniotaktischo  IUmzuui;  durch  don  zum  Atmen  iiöti^'cii 
Sauerstoff  anhelan^n,  so  sind  allenlinf,^s  die  /u  seinem  Studium  l>islier  ver- 
wendeten Methoden  alle  nicht  sehr  exakt.  Die  Schwieri^^keit  iiej^t  in  dem 
o^asförmigen  Zustande  des  lieizniittels  und  kehrt  liei  allen  (iasen  wieder. 
Diese  müssen  natürlich  in  gelöstem  Zustande  •^'eiioten  werden,  um  eine 
Reizwirkung  auf  schwimmende  Organismen  auszuüben.  Kino  bestimmte 
Tension  innezuhalten  ist  dabei  recht  schwierig. 

Die  meisten  Methoden  beruhen  auf  folgendem:  Ist  eine  organismen- 
haltige  Flüssigkeit  luftdicht  abgeschlossen,  so  wird  durch  die  Atniung.s- 
tätigkeit  bald  der  Sauerstoff  verzehrt  und  dafür  Knhlonsilure  anuehiluft. 
Wird  nun  an  einer  begrenzten  Stelle  der  Luft  der  Zutritt  gestattet,  so 
sieht  man  vielfach  die  schon  bewegungslos  gewordenen  Organismen  wieder 
aufleben  und  sich  in  der  Nähe  der  freien  Oberfläche  zusammendrängen. 
Ob  sie  aber  durch  Sauerstoff  angelockt  oder  durch  Kohlensäure  abge- 
stoßen werden,  läßt  sich  nicht  ohne  weiteres  beurteilen  und  ist  meistens 
nicht  genauer  geprüft. 

Solange  die  Entscheidung  nicht  getroffen  ist.  kann  man  zweckmäßig 
den  von  Engdmann'^)  (S.  541)  geschaffenen  Ausdruck  Aerotaxis  für  diese 
besondere  chemotaktische  Reizerscheinung  beibehalten,  die  freilich  wohl 
meist  durch  ungleiche  Verteilung  des  Sauerstoffes  hervorgerufen  wird. 

Engelmann  hat  die  Aerotaxis  bei  Bakterien  entdeckt  und  als  erste 
von  allen  chemischen  Reizwirkungen  genau  studiert.  Sie  läßt  sich  am  ein- 
fachsten so  demonstrieren,  daß  man  geeignete  Bakterien  in  einem  Tropfen 
Nährlösung  unter  ein  großes  Deckglas  bringt.  Nach  einiger  Zeit  ist  durch 
die  Atnuingstätigkeit  der  Sauerstoffdruck  im  Träparate  soweit  gesunken, 
daß  die  einseitige  Zufuhr  dieses  Gases  von  den  Riindern  oder  einge- 
schlossenen Luftblasen  her  die  Bewegungen  zu  l)eeinflussen  beginnt.  Ks 
findet  an  diesen  Stellen  eine  dichte  Ansammlung  der  durcheinander  wim- 
melnden Bakterien  statt,  während  in  den  entfernteren  l'artien 
Ruhe  eintritt. 

In  der  geschilderten  Weise  wirkt  jede  Sauerstoff(|uelle.  also  zum 
Beispiel  auch  miteingeschlossene  grüne  Pflanzenteile.  die  am  Lichte  die 
Kohlensäure  zerlegen  und  Sauerstoff  frei  machen.  r)iese  Erscheinung  hat 
Engdmann-)  sich  zur  Schaffung  seiner  ..Bakterienmethode-'  zunutze  g«*- 
macht.  Irgendwelche  Pflanzenteile,  deren  Fähigkeit  zur  Kohlensäurereduk- 
tion geprüft  werden  soll,  werden  mit  geeigneten  Bakteiien  zusammen 
unter  einem  Deckglase  eingeschlossen.  Wird  der  Rand  desselben  mit  Vase- 
line oder  besser  einer  Mischung  von  Wachs  und  Vaseline  abgedichtet,  .so 
kommen  die  Bakterien  im  Dunkeln  nach  einiger  Zeit  zur  Kühe.  Bringt 
man  nun  das  Präparat    ans  Licht    und    unters  Mikroskop,    so    sieht  man 


1)  Engelmann,  Neue  Methode  ztir  Uiitersiichung  der  Sauerstoffansspheidun»:  pflanz- 
licher und  tierischer  Organismen.  Botanische  Zeitung.  1881.  3y.  Jahrg.  S.  541. 
■'')  Ebenda. 


;[292  Ernst  G.  Pringsheim. 

bald  die  Bakterien  in  der  Nachbarschaft  der  Pflanzenzellen  wieder  be- 
weglich werden  und  sich  nahe  an  ihnen  zusammendrängen,  falls  Sauerstoff 
gebildet  wird.  Diese  Methode  ist  äußerst  empfindlich.  (Vgl.  S.  1278.) 

Innerhalb  der  weiten  Grenzen,  die  zwischen  völliger  Abwesenheit  des 
Sauerstoffes  und  den  hohen  Tensionen  liegen,  die  man  durch  beliebig  ge- 
steigerten Druck  einer  reinen  Sauerstoffatmosphäre  erzielen  kann,  dürfte 
jedem  beweglichen  (3rganismus  ein  spezifisches  „Optimum- 1)  zukommen,  das 
je  nachdem  durch  positive  oder  negative  chemotaktische  Reaktionen  aufge- 
sucht wird.  Um  dieses  Optimum  festzustellen,  werden  besondere  Methoden 
ausgebildet  werden  müssen,  deren  Grundlagen  Engelmann^)  gehefert  hat. 

Dieser  Forscher  beobachtete  (a.  a.  0.  S.  )^37),  daß  Spirillen  unter 
dem  Deckglase  nicht  die  äußerste  Randzone  aufsuchen,  wie  das  z.  B.  Bac- 
terium  termo  Cohn  tut,  sondern  sich  in  Form  eines  zarten  Streifens  in 
einiger  Entfernung  von  der  Luftgrenze  anhäufen.  Die  Lage  des  Anhäufungs- 
streifens ist  durch  die  dort  herrschende  Sauerstofftension  bedingt.  Denn  leitet 
man  Wasserstoff  oder  Sauerstoff  über  das  in  einer  feuchten  Kammer 
liegende  Präparat,  so  nähern  sich  die  Spirillen  dem  Rande  oder  entfernen 
sich  von  ihm.  Würde  man  die  Sauerstoffmenge  in  einem  darüber  ge- 
leiteten Gasgemenge  bestimmen,  bei  der  die  Bakterien  gerade  den  Rand 
erreichen,  so  wäre  damit  ihr  Optimum  bestimmt.  Der  Sauerstoff  müßte 
dabei  in  bestimmten  Verhältnissen  mit  den  indifferenten  Gasen  Stickstoff 
oder  Wasserstoff  verdünnt  werden.  Bei  Sauerstoff  bedürftigeren  Organismen, 
die  gegen  atmosphärische  Luft  stets  positiv  reagieren,  müßte  man  reinen 
Sauerstoff  nehmen,  der  eventuell  unter  Druck  zu  bringen  wäre.  Im  Präparat 
wird  durch  die  Atmung  stets  Sauerstoff  verbraucht  und  dadurch  das 
KonzentrationsgefäUe  aufrecht  erhalten. 

An  Stelle  von  Deckglaspräparaten  kann  man  auch  Kapillaren  oder 
weitere  Röhren  verwenden,  die  mit  der  organismenhaltigen  Flüssigkeit  ge- 
füllt werden.  Hierbei  wird  die  Entfernung  der  aerotaktisch  reagierenden 
Organismen  vom  Meniskus  beobachtet.  ^) 

In  ähnlicher  Weise  läßt  sich  auch  die  chemotaktische  Wirkung  an- 
derer Gase  beobachten.  Nur  wird  bei  diesen  allmähUch  das  Konzentrations- 
gefälle  sich  ausgleichen,  weil  sie  nicht  wie  Sauerstoff  von  den  Organismen 
verbraucht  werden.  Ein  solches  könnte  höchstens  für  die  Kohlensäure  bei 
grünen  Organismen  am  Lichte  gelten  und  für  den  Schwefelwasserstoff  bei 
den  Schwefelbakterien,  falls  Sauerstoff  zugegen  ist.  *)  Sonst  muß  man  dafür 
sorgen,  daß  das  zu  prüfende  Gas  wieder  aus  der  Flüssigkeit  entfernt  wird, 
was  bei  beiderseits  offenen  Versuchsröhren  durch  Vorüberleiten   eines  in- 


^)  Dieses  Optimum  brauclit  keineswegs  dem  für  dauerndes  Gedeihen   günstigsten 
Sauerstoffdrucke  zu  entsprechen. 

-)  Engelmann,  Über  Sauerstoffausscheidung  von  Pflanzenteilen  im  Mikrospektrum. 
Botan.  Ztg.  40.  Jahrg.  1882.  S.  321  u.  337. 

")  Engelmann,  Die  Purpurbakterien  und  ihre  Beziehungen  zum  Licht.  Botanische 
Zeitung.  46.  Jahrg.  1888.  S.  697—699. 

)  Winogradsky,  Über  Schwefelbakterien.  Botan.  Ztg.  45.  Jahrg.  1887.  S.515  u.  572. 


4 


Methodisches  ans  der  Hiochemic  der  Pflanzen.  ]-J'X', 

differenten  Gases  an  dem  einen  und  des  t-liemotaktisrh  wirksamen  am  an- 
deren Ende  gelingen  dürfte.  Solche  Versuche  sind  aber  meines  Wissens 
bisher  nicht  angestellt  worden. 

Das  von  verschiedenen  Organismen  jeweilig  ;iiifgesiiclite  Sauerstoff- 
optimum drückt  sich,  wie  wir  gesehen  haben,  in  der  Entfernung  vom 
Rande  des  Deckglases  aus,  in  der  die  An.samndung  geschieht.  Jirijeriud-' t 
hat  darauf  die  Methode  seiner  „Atmungsfiguren-'  gegründet,  die  makro- 
skopisch sichtbar  sind.  Zwischen  ein  rundes  Deckglas  und  einen  Objekt- 
träger schiebt  man  einen  U-förmig  gebogenen  l'latiiidralit.  In  den  so  ge- 
bildeten keilförmigen  Raum  bringt  man  einen  Trojjfen  Wasser  von  solcher 
Größe,  daß  dadurch  ungefähr  die  Hälfte  des  Raumes  (soll  heißen  der 
Fläche)  angefüllt,  die  andere  Hälfte,  als  Luftraum,  leer  bleibt,  wobei  ein 
Meniskus  von  der  Länge  der  MittelUnie  des  Deckglases  entsteht.  .Man  ver- 
teilt in  dem  Tropfen  eine  nicht  zu  geringe  Menge  der  zu  beobachtenden 
Mikroben,  möglichst  von  Kulturen  auf  festem  Substrat.  Rei  den  meisten 
Bakterien  entsteht  ein  durch  bewegungslose  Individuen  getrübtes  P>ld.  Rei 
auffallendem  Licht  und  schwarzem  Untergrund  heben  sich  jedoch  die 
Atmungsfiguren  mit  großer  Schärfe  hervor."  {Stockhausen,  a.a.O.  S.  2ß.) 
Der  Vorteil,  der  durch  die  einseitige  Hebung  des  Deckglases  erreicht  wird, 
Hegt  offenbar  in  der  grölieren  verwendbaren  Flüssigkeitsmenge  und  in  dem 
reichlicheren  Sauerstoffzutritt  an  der  freien  Oberfläche.  Dadurch  werden  die 
Figuren  kräftiger  als  im  gewöhnlichen  Deckglaspräparate.  Die  Methode 
ließe  sich  natürlich  gleichfalls  zu  Messungen  umbilden. 

II.  Chemotropismus. 

Bei  den  Organismen,  die  an  ein  festes  Substrat  gebunden  sind,  er- 
folgen die  Richtungsl)ewegungen  durch  AVachstumskrümnumgen -i  oder 
durch  Kriechen  auf  dem  LTutergrunde.  Beides  geht  relativ  langsam  vor 
sich,  so  daß  der  Reizanlaß,  also  z.  B.  die  Konzentrationsdifferenz  eines  ge- 
lösten Stoffes,  länger  erhalten  bleiben  muß,  damit  eine  Reaktion  erfolgt, 
als  bei  der  Chemotaxis.  Das  ist  der  Grund,  warum  die  bisher  vorliegenden 
Versuche  aus  Mangel  an  einer  guten  Methode  vielfach  noch  nicht  zu  be- 
friedigenden Resultaten  geführt  halten. 

Die  in  Betracht  kommenden  Ol)jekte  mit  Waclistuinskiüniniuni:en 
kann  man  in  zwei  Klassen  einteilen : 

1.  mit  bloßem  Auge  sichtbare  Pflanzenteile,  wie  Wurzeln  und  Stengel 
(eventuell  auch  Blätter,  Wurzelstöcke  etc.); 

2.  mikroskopische  Objekte,  wie  Pollenschläuche,  Pilzfäden  (und  even- 
tuell Wurzelhaare,  Algenfäden). 

Die  beiden  Gruppen  verlangen  eine  verschiedene  Behandlung. 


^)  Beijerinck,  Über  Atmungsfiiruren  beweglicher  Bakterien,  /entnillthitt  für  Bak- 
teriologie. Bd.  14.  1893  und  'Stockhansen ,  Ökologie,  „Aabäufimgen"  nach  Beijerinck. 
Berlin  1907.  S.  25ff. 

-)  Die  Turgorbeweguugeu  in  (udcnkeu  kommen  hi?r  nicht  in    Ik-traclit. 


1294:  Ernst  G.  Pringsheim. 

Wurzeln. 

Die  Pflanze  besitzt  zweierlei  Mittel,  diejenigen  Regionen  des  Bodens, 
die  ihr  durch  chemische  und  physikalische  Beschaffenheit  am  meisten  zu- 
sagen, vorzugsweise  auszunutzen.  Die  Wurzeln  können  entweder  mit  Hilfe 
ihrer  Reizbarkeit  gewisse  Stellen  durch  aktive  Krümmungen  erreichen 
oder  sich  an  günstigen  Orten  durch  Anregung  ihres  Wachstums  und  ihrer 
Verzweigung  stärker  ausbreiten. 

Lokale  Förderung  des  Wachstums. 

Die  Verstärkung  der  Wurzelbildung  durch  gewisse  Stoffe  wurde  wohl  zuerst  von 
Du  Hamel  de  Monceau  festgestellt.')  Er  pflanzte  einen  Baum  so,  daß  seine  Wurzeln 
die  Wahl  hatten  zwischen  guter  Humuserde  und  gewöhnlichem  Boden.  Die  Wurzeln 
breiteten  sich  fast  nur  in  ersterem  aus.  Ähnlich  Kniglit.-)  Spreiif/eP)  prüfte  chemisch 
bestimmte  Stoffe  auf  ihre  Fähigkeit,  das  Wurzel  Wachstum  anzuregen.  Er  benutzte  einen 
Kübel,  dessen  untere  Hälfte  durch  Scheidewände  in  Kammern  geteilt  war.  In  jede  kam 
mit  je  einem  Stoffe  gedüngte  Erde,  darüber  gewöhnlicher  Boden.  Der  in  letzterem  ge- 
pflanzte Klee  breitete  seine  Wurzeln  unregelmäßig  aus  und  bevorzugte  gewisse  Kammern. 
Aus  dem  Versuche  ist  wegen  der  unklaren  Bedingungen  nicht  viel  zu  schließen.  Der 
Grundgedanke  der  Methode  ist  aber  nicht  übel.  Wiegmann  und  Folstorf*)  sahen  die 
Wurzeln  und  Ausläufer  kalkliebender  Pflanzen  sich  vorzugsweise  in  der  Richtung  auf  einen 
Kalkhaufen  hin  ausbreiten.  Damit  w  äre  für  diesen  Fall  der  wirksame  Stoff  gekennzeichnet. 

Eingehendere  Versuche  in  der  Richtung  scheinen  nicht  angestellt  worden  zu  sein. 
Doch  finden  sich  auch  in  der  neueren  Literatur  entsprechende  Belege.  Nohbe^)  schich- 
tete gedüngte  und  ungedüngte  Erde  verschiedenartig  ül)ereinander  und  fand  die  Wurzel- 
entwickluug  vorzugsweise  in  der  ersteren  lokalisiert.  Höveler^)  stellte  ähnliche  Versuche 
an,  und  zwar  hinter  Glaswänden,  so  daß  das  Resultat  leicht  sichtbar  war  und  photo- 
graphiert  werden  konnte  (a.  a.  0.,  Tafel  V).  3/(7/?er-Thurgau  und  Frank"')  verwendeten 
Gefäße  mit  einer  Scheidewand.  In  die  beiden  so  geschaffenen  Abteilungen  kam  steriler 
Sand,  der  auf  einer  Seite  gedüngt  wurde.  So  konnte  gezeigt  werden,  welche  Stoffe 
speziell  die  Wurzelbildung  fördern.  Auch  Wasserkulturen  wurden  in  entsprechender 
Weise  verwendet.  Dies  dürfte  die  beste  Methode  für  solche   Versuche  sein. 

Hieran  würde  sich  die  Beeinflussung  des  Wachstums  der  Wurzeln  bei 

gleichmäßiger    Einwirkung    schließen.    Über    spezielle    Methodik    ist    aber 

nichts  zu  sagen. 

Reizwirkung  von  Gasen. 

Wurzeln  in  Luft. 

Richtungsbewegmigen    der  Wurzeln   durch    chemische  Reize  wurden 

zuerst  von  Molisch  ^)  beobachtet.  Er  befestigte  Keim  wurzeln  vor  dem  Spalt 


')  Du  Hamel  de  Monceau,  1785.  Zitiert  nach  Th.  Ä.  Knight.  Sechs  pflanzen- 
physiologische Abb.  OsfivaJds  Klassiker  d.  exakten  Wissensch.  Leipzig  1895.  S.  12  u.  13. 

2)  Knight,  1811,  a.  a.  0. 

')  Sprengel,  1834.  Zitiert  nach  Wiegmann  und  Polstorf,  Über  die  anorgan.  Be- 
standteile d.  Pflanzen.  Braunschweig  1842. 

*)  Wiegmann  und  Polstorff,  a.  a.  0. 

')  Noble,  Vegetations versuche  in  Böden  mit  lokalisierten  Nährstoffen.  Die  land- 
wirtschaftl.  Versuchsstationen.  Bd.  10.  1868.  S.  100. 

^)  Höveler,  Über  die  Verwertung  des  Humus  bei  der  Ernährung  der  chlorophyll- 
führeuden  Pflanzen.  Jahrbücher  für  wissenschaftl.  Botanik.   Bd.  24.  1892.  S.  294. 

')  Frank,  Die  Assimilation  des  freien  Stickstoffs  durch  die  Pflanzenwelt.  Botani- 
sche Zeitung.  Bd.  51.  1893.  S.  153. 

^)  Molisch,  Ül)er  die  Ablenkung  der  Wurzeln  von  ihrer  normalen  Wachstums- 
richtung durch  Gase  (Aerotropismusj.  Sitzungsber.  d.  Wiener  Akad.  Math.-naturw.  Kl.  1884. 


Methodisches  aus  der  Biocliemie  der  rflanzeii.  129'> 

einer  vertikal  stehenden  Hartguinniiplattc  die  ein  uroües  (ilas^refäli  alw 
schlol'i.  In  dem  Glasgefäli  befand  sich  das  zu  untersuchende  (las  oder  ein 
leicht  flüchtiner  Stoff.  Das  iianze  wurde  mit  einer  ^m-oImmi  (Jlas<rlocke  liedeckt. 
deren  Innenraum  durch  eine  Wasserscliiclit  alt^n'sperrt  und  feucht  ^'ehalten 
^vurde.  Die  Methode  hat  den  Mauiiel.  (hill  der  Spalt  ;rröltere  ljifti)e\ve<runv:en 
erlaubt,  durch  die  ein  schnelles  Zuriickj>ehen  der  unj^leieiien  \erteihint,' 
des  Reizstoffes  möglich  \vird.  Auch  müßte  dafür  gesor;,'t  werden,  dal',  keine 
Feuchtigkeitsdiffereuzen  entstehen,  weil  diese  selbst  eine  Krümmum:  /n 
bewirken  vermögen  (Hydrotropismus). 

In  ähnUcher  Weise  arbeitete  Sammct. ' )  Kr  lieL)  die  Wurzeln  in  Luft. 
Wasser  oder  Erde  wachsen.  Bei  der  ersten  Methode  wurde  die  Ver.sucli.s- 
austellung  von  Molisch  insofern  verl)essert.  als  er  den  Diffusionsscblitz 
durch  Bedecken  mit  feinem  Seidenstoff  gegen  gröbere  Luftliewe^rungen 
schützte ;  daß  er  ferner  durch  ständige  Zufuhr  des  Gases  in  den  Zylinder 
und  durch  seine  Wegschaffung  aus  der  Glocke  für  längere  Erhaltung  der  Diffe- 
renzen sorgte.  2)  In  den  Versuchen  mit  fhichtigen  Stoffen .  wie  Atlier,  Al- 
kohol. Aceton  etc.,  ließ  er  diese  von  FUeßpapier,  das  eine  (ilasscheii)e  über- 
zog, aufsaugen  und  brachte  in  deren  Nähe  die  Wurzeln,  die  nun  einseitig 
von  den  Dämpfen  getroffen  wurden.  ^)  Weitere  \'arianten  finden  sicii  in 
der  erwähnten  Arbeit  auf  S.  19  ff. 

Ähnlich  ist  ferner  ein  Teil  der  Versuche  von  Bennett  *)  angestellt. 
Die  Wurzeln  befanden  sich  dabei  in  einem  weiten  Glasrohr,  das  auf  i>eiden 
Seiten  durch  engere  Röhren  mit  Behältern  in  \'erbindung  stand,  die  die 
Versuchsgase,  also  z.  B.  Luft  und  Chlor,  enthielten. 

Wurzeln  in  Erde. 

Dieselbe  Verfasserin  hat  auch  Versuche  angestellt,  in  denen  die 
Wurzeln  in  Erde  wachsen.*)  Dadurch  ist  ein  natürlicheres  Medium  pCL^eben. 
Die  untere  Hälfte  eines  zylindrischen  Gefäßes  war  durch  eine  senkrechte 
Scheidewand  geteilt.  In  die  beiden  Kammern  wurden  Tonscherben  getan, 
darüber  I]rde.  Am  Boden  befand  sich  Wasser.  In  jede  von  den  beiden 
Kammern  konnte  ein  Gas  geleitet  werden,  das  in  die  Erde  eintrat.  Die 
Wurzeln  wurden  an  der  Grenze  zwischen  den  beiden  (Jasarten,  also  genau 
über  der  Scheidewand  eingesenkt.  Oder  es  wurde  ein  rt'chteckiger  Dralit- 
korb  mit  Erde  in  ein  zylindrisches  Glasgefäß  so  eingedichtet,  dal',  seitlich 
zwei  leere  Räume  blieben.  Diese  waren  nach  oben  geschlossen  und  konnten 
mit  Gas  gefüllt  werden.  Die  Wurzeln  wuchsen  in  «iei-  Frde. 

Trotz  dieser  offenbar  recht  geschickten  Methodik  konnte  linnott 
keine  Krümmungen  erhalten.  Die  positiven  Ergebnisse  von  Molisrh  und 
Sammct  bedürfen  also  der  Nachprüfung. 


M  Summet,  Untersuchuiifien  über  Chomotropismiis  und  vcrwaiidti-  Krschoimineeu 
bei  Wurzeln,  Sprossen  und  l'ilzfäden.  Jahrb.  f.  Botanik.  Bd.  41.  l».)."). 

2)  a.  a.  0.  S.  16. 

3)  a.  a.  0.  S.  18. 

*)  Bennett,  Are  roots  aerotropicV  Botanical  Gazette.  Vol.  37.  \\h)i. 


1296  Ernst  G.  Pringsheim. 

Letzterer  hat  gleichfalls  Versuche  in  Erde,  ferner  auch  solche  in 
Sägespänen  angestellt.  Die  Methode  ist  die  von  Molisch,  nur  daß  der  das 
Gas  enthaltende  Zylinder  in  eine  große  Kiste  mit  dem  lockeren  Medium 
eingegraben  und  die  Wurzeln  in  dieses  gepflanzt  wurden. 

Reizwirkung  gelöster  Stoffe. 
Wurzeln  in  Wasser. 

Die  Versuche,  in  denen  die  W^urzeln  im  Wasser  kultiviert  wurden, 
bieten  methodisch  keine  großen  Differenzen  zwischen  der  Verwendung 
gasförmiger  und  fester  Stoffe  in  Lösung.  Sie  sollen  daher  gemeinsam  be- 
handelt werden.  Auch  hier  sind  eine  Menge  verschiedener  Methoden  ange- 
wendet worden,  ohne  daß  einheitliche  Resultate  vorlägen. 

Molisch'^)  findet,  daß  in  Wasser  eingetauchte  Wurzeln  sich  in  einer 
gewissen  Tiefe  bogenförmig  nach  oben  krümmen,  bis  sie  mit  der  Spitze 
an  die  Wasseroberfläche  gelaugen.  Er  schreibt  diese  Erscheinung  dem  Aero- 
tropismus  zu. 

Durch  reichliche  Durchlüftung  konnte  Ewart^)  diese  Krümmungen 
ausschheßen. 

Bennett  3)  dagegen  konnte  geradeaus  wachsende  Wurzeln  selbst  im  Wasser 
nicht  bekommen,  das  mit  Sauerstoff  gesättigt  war  (S.  243).  Auch  traten 
keine  gleichmäßigen  aerotropischen  Reaktionen  auf,  wenn  den  Wurzeln  eine 
Membran  genähert  wurde,  durch  die  Sauerstoff,  Kohlensäure  u.  dgl.  diffun- 
dieren konnte  (S.  244).  In  weiteren  Versuchen  wuchsen  die  Wurzeln  in 
Wasser  an  der  Wand  eines  umgekehrten  lufterfüllten  Glasbehälters  entlang, 
ohne  an  der  Grenze  nach  dem  Luftraum  zu  abzubiegen,  auch  wenn  das 
Wasser  sauerstoffarm  war  (S.  247). 

Andere  gelöste  Stoffe  haben  Kewcomhe  und  Rhodes^)  versucht.  Sie 
näherten  den  in  einer  Nährlösung  mit  Ausschluß  von  Nitrat  wachsenden 
Wurzeln  nach  Art  der  Kapillarmethode  Glasröhrchen,  die  mit  NaNOg- 
Lösung  gefüllt  waren,  in  anderen  Versuchen  Fläschchen  mit  derselben 
Flüssigkeit,  deren  Öffnung  mit  Watte  verstopft  war,  ohne  Krümmungen 
zu  erzielen  (S.  24).  Sie  haben  aber  versäumt,  eine  größere  Anzahl  von 
Pflanzenarten  und  vor  allem  verschiedene  Reizstoffe  zu  verwenden.  Ver- 
suche mit  Membranen,  durch  die  eine  Lösung  diffundierte,  lieferten  bei 
längerer  Dauer  (3  Wochen!)  bei  Raphanus  sativus,  aber  nur  bei  diesem, 
einigermaßen  positive  Resultate  (S.  25),  die  aber  hauptsächlich  in  einer 
Förderung  des  Wachstums  bestanden.  Sehr  brauchbar  erscheint  die  folgende 
Methode  (S.  26),  die  allerdings  auch  kein  Ergebnis  hatte,  aber  vielleicht 
nur  aus  den  schon  erörterten  Gründen.    Es  wurden   au   zwei  entgegenge- 


^)  Molisch,  a.  a.  0. 

2)  Eivart,    Trans,  of    the    Liverpool.   Biol.  Soc.   Vol.  8.    1893—94.    Zitiert    nach 
Polowzow,  Untersuchungen  über  Eeizerscheinungen  bei  den  Pflanzen.  Jena  1911. 
^)  Bennett,  a.  a.  0. 
*)  Newcombe  and  Rhodes,  Chemotropism  of  roots.  Botanical  Gazette.  Vol.  37.  1904. 


Methodisches  aus  der  Biochemie  der  I'fhinzen.  121t7 

setzte  Flanken  der  in  Luft  wachsenden  Wurzeln  feuchte  Fließpapierstreifen 
von  2  mm  Breite  durch  Adhäsion  befestigt.  Durch  die  Meiden  Stn-ifcn.  die 
nicht  miteinander  in  Beriihruni^  kamen,  flössen  verschiedene  Lösungen. 
Da  die  Wurzeln  fortwuchsen,  niullte  von  Zeit  zu  Zeit  für  Kontakt  iresorgt 
werden. 

Im  Prinzip  ähnlich  ist  die  Methode  von  Cholod/u/i  ^),  der  den  Wur- 
zeln Pergamentpapierstückchen  anklebte,  die  mit  einer  Suspension  von 
MgCOg  oder  Caa  (P04)2  befeuchtet  waren.  Die  von  der  Wurzel  ausgeschiedene 
Kohlensäure  löst  etwas  von  den  Salzen. 

Summet  (a.  a.  0.  S.  5)  ließ  eine  poröse  Tonzelle,  die  mit  der  Lösung 
des  Reizstoffes  gefüllt  war,  ins  Wasser  tauchen.  Die  Wurzeln  wurden  rings 
herum  gruppiert.  p]r  hat  auch  durch  Entnahme  von  FHissigkeit  in  ver- 
schiedenen Entfernungen  und  Titration  die  Schnelligkeit  der  Ausbreitung 
geprüft  (S.  6/7).  Schwer  lösliche  Stoffe,  ^^•ie  Gips,  konnten  ohne  weiteres 
ins  Wasser  eingehängt  werden. 

W^urzeln  in  festen  Medien. 

Um  gröbere  Strömungen  so  weit  als  möglich  zu  verhindern,  hißt 
man  die  Wurzeln  anstatt  in  W^asser  in  feuchten  Substraten  wachsen.  Als 
solche  sind  Gelatine  und  Agar,  Sand  und  Erde  verwendet  worden.  Die 
Gelatinemethode  wurde  von  Neivcomhe  und  lUiodes  (a.  a.  O.  S.  27)  zuerst 
angewendet,  später  von  LiUenfeld^)  verbessert.  Es  wurden  je  zwei  aus 
der  Gallerte  hergestellte  Blöcke  verwendet,  von  denen  einer  den  Reizstoff 
enthielt.  Die  beiden  Stücke  wurden  aneinandergeschoben.  nachdem  die  Wur- 
zeln dazwischen  gebracht  worden  waren.  Oder  es  wurde  in  die  Gelatine 
eine  Vertiefung  gemacht,  in  die  eine  Lösung  gegossen  wurde,  während 
die  Wurzeln  darum  herum  in  Löcher  gepflanzt  wurden. 

An  Stelle  von  Gelatine  hat  dann  Porodko^)  Agar-Agar  verwendet. 
Dieser  hat  den  Vorzug,  von  Bakterien  nicht  verflüssigt  zu  werden  und 
ihnen  überhaupt  nur  beschränkte  Vermehrung  zu  gestatten.  Ein  an- 
haltender Diffusionsstrom  wurde  dadurch  erzielt,  ilaß  der  Agar  als  dicke 
Scheidewand  in  einem  länglichen  Gefäß  untergebracht  wurde,  was  sich 
durch  nachträgliche  Entfernung  der  seitlichen  Massen  bewirken  ließ,  und 
daß  dann  auf  einer  Seite  Wasser,  auf  der  anderen  eine  Lösung  dauernd 
vorbeiströmte  (Fig.  276).  Um  dem  schlecht  haftenden  Agar  mehr  Halt  zugeben, 
wurden  gebogene  Glasstäbe  verwendet,  wie  die  Figur  zeigt.  Die  Wurzeln 
ließen  sich  leicht  in  vorgebohrte  Löcher  einschieben.  Obgleich  sie  in  der 
verwendeten  Agarmasse  von  1"25%  ohne  chemotropische  Reize  besser  ge- 
rade wuchsen  als  in  Wasser,  waren  die  Resultate  nicht  sehr  einheitlich, 
immerhin  aber  gleichförmiger  als  bei    der  Mehrzahl  der  anderen  Autoren. 


')  Cholodnyi,  zitiert  nach  I'orodko,  ttber  den  Cheniotropismus  der  Pfhinzenwurzeln. 
Jahrb.  für  wissenschaftl.  Botanik.  1911.  Bd.  49.  S.  321. 

*)  Lilienfeld,  Über  den  .Chemotropismus  der  Wurzel,  lioiliofti-  zum  botan.  Zen- 
tralblatt. Bd.  19.  I.Abt.  1906. 

»)  I'orodko,  a.a.O.,  S.  324 ff. 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.   V.  f<2 


1298 


Ernst  G.  Pringsheim. 


gut 

ge- 


In   den  Versuchen   mit  Sand   hat  Lüienfeld   (a.  a.  0.)   diesen  neben 
Gelatine    angeordnet   und   die  Diffusion  zwischen  beiden  Medien  vor  sich 

gehen  lassen.  Diese  Methode 
Fig-276.  ist   aber   für   einigermaßen 

exakte  Versuche    kaum    zu 
brauchen. 

Pflanzenstengel  und 
Pilzfruchtträger. 

Mit  Pflanzensten- 
geln und  Pilzfruchtträgern 
hat  W.  Polowzow  i)  einge- 
hende Versuche  angestellt. 
Sie  hat  dafür  eine  Me- 
thodik ausgearbeitet,  die 
auch  für  andere  in  Luft 
wachsende  Objekte 
brauchbar  wäre.  Die 
prüften  gasförmigen  Stoffe 
läßt  sie  durch  ein  poröses 
Tonröhrchen  diffundieren, 
das  dem  Pflanzenteile  an 
einer  bestimmten  Stelle  ge- 
nähert wird.  Das  Röhrchen 
ist  mit  Hilfe  von  Gummi- 
schläuchen an  eine  Leitung 
angeschlossen ,  durch  die 
dauernd  ein  schwacher  Strom 
des  Gases  streicht.  Pflanze  und  Diffusionsröhrchen  befinden  sich  unter 
einer  großen  Glasglocke,  deren  Atmosphäre  zur  Entfernung  des  Reizgases 
unten  mit  der  Außenluft  in  Verbindung  steht. 

Die  kleine  Menge  des  diffundierenden  Gases  hat  die  Verf.  mit  einem 
besonderen  Apparate  gemessen  (S.  48 ff.).  Sie  war  um  so  größer,  je  schneller 
der  Gasstrom  war. 

Eine  intermittierende  Pteizung  wurde  dadurch  bewirkt,  daß  regel- 
mäßig fallende  Quecksilbertropfen  kleine  Mengen  Gas  in  einem  Kapillar- 
rohr zwischen  sich  einschlössen.  Die  entstehende  Jammsche  Kette  von 
Gasblasen  und  Quecksilbersäulchen  wurde  durch  ein  Tonrohr  geleitet,  durch 
dessen  Poren  das  Gas  ohne  Rest  austrat  und  auf  die  daneben  befindliche 
Pflanze  periodisch  einwirkte  (a.  a.  0.  S.  175). 

Pilzfäden. 

Für  den  Chemotropismus  der  Pilzfäden  gilt  dasselbe  wie  für  den 
der  Wurzeln:  viele  Methoden  und  wenig   gesicherte  Resultate.   Bei  Sapro- 

^)  W.  Polowzoiv,  Untersuchungen  über  Reizerscheinungen  hei  den  Pflanzen.  Jena 
1911.  S.  44  ff. 


Apparat    zum   Studium    des  Wurzelchemotropismns.    Die 
Keimlirigswurzeln  befinden    sich   in    der  Agarscheidewand, 
die    durch    gebogene  Glasröhrchen    gestützt   wird.    (Nach 
Porodkü,  Jahrb.  f.  wissensch.  Botanik,  1911,  Bd.  49.) 


Methodisches  aus  ih  r  Biochemie  der  Pflanzen.  1290 

leiinieii  konnte  z.B.  Stange')  wie  hei  Wurzeln  eine  vermehrte  lokale  Ver- 
zweigung in  der  Zone  eines  Reizstoffe.s  konstatieren,  aber  keine  i;i(htun^',<- 
beeinflussung.  Miyoshi  2)  dagegen  gibt  eine  Kcilu'  fi-jn  au.'<g«-arlieiteter  \er- 
sufh-sanstellungen  an,  mit  deren  Hilfe  es  ihm  gelang,  gute  Resultate  zu 
erzielen.  Neben  weniger  günstigen  Experimenten  mit  der  /^/^y/erschen 
Kapillarmethode  hat  er  sich  hauptsäehlich  (liirchlochter  MemlM-anen  be- 
dient, durch  deren  Offnungen  die  Reizstoffe  diffundiei-ten.  Ks  dienten 
diesem  Zwecke  mit  Spaltöffnungen  versehene  Kpidermen  verschiedener 
Pflanzenteile  oder  künstlich  mit  Hilfe  einer  sehr  feinen  Nadelspitze  durch- 
bohrte CoUodiumhäutchen  und  (ilimmerblattchen. 

Um  die  Epidermen  nutzbar  zu  machen,  wurden  ]{l;ittt-r.  hauptsäch- 
lich von  Tradescantia  discolor,  mit  der  zu  untersuchenden  Lösung  unter 
der  Luftpumpenglocke  injiziert,  bis  sie  durch  Erfüllung  i\rv  Interzellular- 
räume durchscheinend  aussahen.  Dann  wurden  sie  mit  Wasser  abgespült, 
mit  Fließpapier  getrocknet  und  nach  Aufstäuben  der  l'ilzsporen  im  danipf- 
gesättigten  Räume  aufbewahrt.  r)leibt  nach  der  Keimung  die  Reizwirkung 
aus.  so  kann  durch  erneutes  Abspülen  wieder  ein  KonzentrationsLrefälle 
geschaffen  werden. 

Die  Epidermen  der  oberen  (inneren)  Seite  von  Zwiebelblättern,  die  sich 
leicht  abziehen  lassen,  die  Glimmerblättchen  und  Collodiumhäute  wurden  ent- 
weder auf  Gelatinegallerte  gelegt,  die  mit  dem  Reizstoffe  angemacht  war, 
oder  einseitig  auf  eine  Lösung  gelegt,  wobei  durch  Unterstützung  dafür 
gesorgt  war,  daß  nur  die  untere  Seite  benetzt  wurde.  Die  CoUodium- 
häutchen wurden  durch  spurenweisen  Zusatz  von  Mandelöl  geschmeidig 
erhalten.  Bei  (TÜmmerblättchen  mulite  wegen  mangelr.der  Saugf;diigkeit 
auf  der  Oberfläche  etwas  Wasser  adhärieren.  Durch  sehr  verdünnfe  /ucker- 
lösung  wird  Keimung  und  Wachstum  gefördert. 

Die  zerstreute  Aussaat  geschah  mit  Hilfe  eines  Pinsels,  die  Unter- 
suchung unter  dem  Mikroskop. 

Für  Versuche,  bei  denen  es  auf  genau  bekannte  Konzentration  des 
Reizstoffes  auf  beiden  Seiten  des  pflanzlichen  ()i)jektes  ankam,  wurde 
ein  durchlochtes  CoUodiumhäutchen  mit  Sporen  besät.  Dann  wurde  es 
zwischen  zwei  sich  kreuzende  Fließpapierstreifeu  gelegt,  durch  die  ein  be- 
ständiger, langsamer  Strom  verschiedener  Lösungen  floß.  Erreicht  wurde 
das  durch  heberartige  Anordnung  der  Papierstreifen. 

Spätere  Untersucher,  von  denen  manche  ihre  Erfahrungen  nicht 
veröffentlicht  haben,  konnten  Miyoshis  Befunde  nicht  wieder  erhalten. 
Obgleich  an  ihrer  Richtigkeit  wohl  nicht  zu  zweifeln  ist.  harren  sie  noch 
der  Bestätigung.  Die  erfolglos  gebliebenen  Methoden  zu  beschreiben  hat 
wenig  Wert.^'  *) 

')  Stange,  tlber  chemotaktische  Reizbewegungen.  Bntaii.  Ztfi.  IS'K).  Ud.  48.  S.  140 
und  141. 

*)  Mii/oshi,  Über  Chemotropisnius  der  Pilze.  Botan.  Ztg.  1894.  Bd.  52. 

*)  \g\.  Ftilfon,  Chemotropism  of  Fungi.  Botanical  (iazotte.  V(d.41.   l'.KM). 

*)  Clark,    On   tho    toxic   properties   of   somo   coppcr  Compounds  witli   -pecial  ro- 

fcrence  to  Bordeaux  mixture.  Botauical  Gazette.  Vol.  33.  r.>02. 

82' 


1300  Ernst  G.  Pringsheim. 

Pollenschläuche. 

Für  die  Pollen  schlau  che  liegen  die  Verhältnisse  günstiger. 
Molisch  1)  und  Correns  2)  fanden ,  daß  auskeimende  Pollenkörner  ihre 
Schläuche  vorzugSAveise  nach  einem  gleichzeitig  im  Präparat  befindlichen 
Narbenfragment  hinschicken.  Miijoshi^)  hat  die  geschilderten,  für  Pilz- 
hvphen  ausgearbeiteten  ^Methoden  auch  diesem  Zweck  dienstbar  gemacht. 
Es  ist  dabei  nur  zu  berücksichtigen,  daß  viele  Arten  von  Blütenstaub  in 
bloßem  Wasser  nicht  keimen.  Der  die  Keimung  ermöglichende  Zucker 
stellt  gleichzeitig  das  Pteizmittel  dar. 

Lidforss*)  konnte  mit  Miyoshis  Methoden  nichts  erreichen.  Als  er 
aber  gallertige  Substrate  verwendete,  hatte  er  mehr  Erfolg.  Er  ließ  die 
Pollenkörner  in  einem  Agar-  oder  Gelatinetropfen  keimen,  in  dessen  Mitte 
eine  Glasperle  eingesenkt  war.  Nach  einiger  Zeit  wurde  die  Glasperle 
entfernt  und  der  dadurch  entstandene  Hohlraum  mit  der  Lösung  des 
Pieizstoffes  gefüllt.  Handelte  es  sich  um  schwer  lösliche  und  langsam 
diffundierende  Substanzen,  wie  Eiweißkörper,  so  konnte  einfach  ein  Par- 
tikelchen davon  auf  das  gallertige  Substrat  gebracht  werden.  Am  besten 
eignete  sich  als  solches  Rohrzuckeragar  von  einer,  der  jeweiligen  Pflanzen- 
art angepaßten  Zuckerkonzentration.  Angaben  über  geeignete  Objekte  und 
die  jeweils  günstige  Zuckerkonzentration  finden  sich  zahlreich  in  der  Lid- 
/orssschen  Arbeit. 

Diese  Methoden  sind  wohl  einer  Ausdehnung  auf  andere,  auf  Agar 
wachsende  oder  übertragbare  Organismen  fähig.  Ihr  Vorzug  besteht  darin, 
daß  in  den  Gallerten  die  Diffusion  ungestört  durch  Strömungen  zur 
Geltung  kommt. 

Myxomycetenplasmodien. 

Um  Myxomycetenplasmodien  auf  ihre  chemische  Reizbarkeit  zu 
prüfen,  brachte  sie  Stahl  ^)  auf  feuchtem  Fließpapier  an  die  senkrechte  Innen- 
seite von  Glasgefäßen.  In  diese  wurde  dann  die  zu  prüfende  Lösung  gegossen, 
so  daß  sie  den  Rand  des  Papieres  berührte.  Oder  er  legte  auf  nassem  Fließ- 
papier ausgebreitete  Plasmodien  auf  Glasplatten  und  brachte  Kriställchen 
der  Reizstoffe  in  die  Nähe  des  Randes,  der  sich  im  Fortschreiten  be- 
fand. In  beiden  Fällen  wurden  die  Objekte  dunkel  und  feucht  gehalten. 
Stange'^)  brachte  kleine  Mengen  des  Schleimpilzes  auf  Objektträger  in 
dünne  Wasserschichten  oder  auf  nasses  Papier  und  näherte  ihnen  mit  der 


*)  Molisch,  Über  die  Ursachen  der  Wachstumsrichtungen  von  Pollenschläuchen. 
Österreich,  botan.  Zeitschrift.  Bd.  39.  1889.  S.  120. 

^)  Correns,  Kulturversuche  mit  den  Pollen  von  Primula  acaulis.  Ber.  d.  deutschen 
bot.  Ges.  Bd.  7.  1889.  S.  265. 

8)  Miyoshy,  a.  a.  0.  S.  24  und  Flora.  Bd.  78.  1894.  S.  76. 

*)  Lidforss,  Untersuchungen  über  die  Reizbewegungen  der  Pollenschläuche.  Zeit- 
schrift f.  Botanik.  Bd.  1.  1909.  S.  446. 

5)  Stahl,  Zur  Biologie  der  Myxomyceten.  Botan.  Zeitung.  Bd.  42.  1884.  S.  156. 

*)  Stange,  Über  chemotaktische  Reizbewegungen.  Botan.  Ztg.  1890.  Bd.  48.  S.  161. 


Methodisches  aus  der  Biocliemie  der  rtlauzeii.  1 ;',()! 

Reizlüsung-  gefüllte  Kapillaren.  In  aiulci-cn  Versuchen')  lehrte  er  Flid'.papier- 
streifen  so  über  den  Rand  zweier  Hecherglaser,  daß  sie  auf  heiden  Seiten 
in  eine  gleich  hohe  Flüssigkeitsschicht  eintauchten.  Waren  etwaige  Strö- 
mungen au.sgeglichen,  so  wurden  die  I'lasinodi.-n  auf  den  l'apierstreifen 
aufgesetzt,  und  zwar  oben,  am  llande  der  l'.echergläser.  Die  \'er<nclie 
wurden  unter  eine  Glocke  ins  Dunkel  gestellt. 

Diese  Methode  dürfte  sehr  brauchbar  .sein  und  Kehleniuellen  nach 
^Möglichkeit  ausschliefen.  Auch  gestattet  sie  eine  regebnaliige.  unge- 
störte Diffusion. 

III.  Chemonastie. 

Neben  den  Riehtungsbewegungen  auf  chemi.sche  Keize  kennen  wir 
auch  sogenannte  chemonastische  Bewegungen  an  IMlanzeu.  l'.ei  ihnen  ist 
die  Richtung  der  Reaktion  durch  den  physiologischen  Rau  festgele^rt.  Sie 
finden  sich  an  allerlei  Objekten,  besonders  an  solchen,  die  ausgeprägte 
mechanische  Reizbarkeit  besitzen,  spielen  aber  eine  grölJere  Rolle  offen- 
bar nur  bei  den   Insektivoren,  die   Bewegungen  beim  Tierfang    ausführen. 

Diese  Pflanzen,  nämlich  Drosera.  Dionaea  und  Pinguicula.  sind  alle 
auch  mechanisch  reizbar.  Der  Reizstoff  muß  deshalb  in  einer  Form  gi«- 
boten  werden,  die  Erschütterung  resp.  Reibung  ausschließt. 

Drosera  wird  durch  die  leiseste  Reibung  fester  Körjx'r  gereizt,  nicht 
aber  durch  flüssige,  auch  bei  stärkstem  Anprall.'-)  Man  muß  daher,  um 
chemische  Einflüsse  von  mechanischen  zu  unterscheiden,  die  Reizstoffe  in 
flüssiger  oder  gelöster  Form  als  kleine  Tröpfchen  auf  die  Blätter  bringen. 
Destilliertes  Wasser  reizt  nicht. 3)  Für  Pinguicula  gilt  ähnliches.  Bei 
Dionaea  sind  auf  der  Blattfläche  besonders  emi)fin(lliche  Borsten  vor- 
handen, die  bei  dem  Aufbringen  der  Versuchsflüssigkeit  nicht  berührt 
werden  dürfen,  da  jede  Erschütterung  ein  Schließen  des  Blattes  bewirkt. 
Auch  ist  die  durch  bloße  chemische  Reizung  hervorgerufene  Reaktion  sehr 
viel  langsamer,  wenn  auch  andauernder  als  die  durch  mechanische  Ein- 
flüsse bewirkte.  Bei  der  im  Wasser  wachsenden  Aldrovanda  ist  eine 
chemische  Reizbarkeit  meines  Wissens  bisher  nicht  konstatiert. 

Bei  den  übrigen  bekannten  Fällen  von  Chemonastie  handelt  es  sich 
meist  um  die  F]inwirkung  gasförmiger  Stoffe,  für  die  eine  besondere  Tech- 
nik nicht  ausgebildet  wurde.  Höchstens  bei  den  flüchtigen  Xarkoticis  könnte 
man  von  einer  solchen  sprechen,  indem  meist  in  einer  abgeschlos.senen 
Atmosphäre  durch  Einbringen  größerer  Mengen  einer  wässerigen  Lösung 
von  Chloroform  oder  Äther  ein  (ileichgewicht  zwischen  der  Tension  des 
Narkotikums  in  W'asser  und  Luft  geschaffen  wird.  Die  Stärke  der  Ein- 
wirkung hängt  bei  nicht  zu  großem  Verhiütnis  von  Luftvolumen  und 
Flüssigkeitsmenge    allein    von  der    Konzentration    der    Lösung    ab.    Nicht 


»)  a.  a.  0.  S.  164. 

2)  Ch.  Darwin,  Insektenfressende  Pflanzen.   tJbers.  von  ./.  V.Carus.  2.  Aufl.  Stutt- 
gart 1899.  S.31. 

^)  a.  a.  0.  S.  08. 


i\ 


1302  Ernst  G.  Pringsheim. 

leicht  ist  es,  äther-  und  chloroformdichte  Verschlüsse  zu  bewirken,  denn  weder 
Kautschuk,  noch  Fett,  Vaseline  etc.  sind  unlösUch  in,  und  demnach  undurch- 
lässig für  die  genannten  Stoffe.  Falls  diese  Verschlußmittel  nicht  zu  umgehen 
sind,  muß  ihre  absorbierende  Oberfläche  möglichst  klein  gewählt  werden. 
Auch  ist  die  Absorption  des  Narkotikums  durch  etwa  gebotenes  Wasser, 
besonders  aber  durch  Erde  und  dergleichen,  sowie  auch  durch  den  Zellsaft 
der  Pflanze  zu  bedenken,  wenn  eine  bestimmte  Tension  erzielt  werden  soll. 

IV.  Beeinflussung  der  Sekretionstätigkeit  durch  chemische  Reize. 

Viel  weniger  als  über  die  Bewegungserscheinungen  wissen  wir  über 
die  sonstigen  Veränderungen,  die  in  der  Pflanze  durch  äußere  Anlässe, 
wie  z.  B.  chemische  Pteize  stattfinden.  Sie  sind  hauptsächUch  chemischer 
Natur.  Unter  ihnen  sind  am  leichtesten  diejenigen  Vorgänge  kenntlich,  die 
sich  ohne  weiters  äußerlich  beobachten  lassen,  Avie  z.  B.  die  Sekretions- 
tätigkeit der  Drüsen.  Bei  den  hoch  speziaüsierten  Insektivoren  vor  allem 
findet  vielfach  erst  dann  eine  Absonderung  der  Verdauungsenzyme  statt, 
wenn  Bedarf  daran  ist,  d.  h.  wenn  ein  Insekt  gefangen  worden  ist.  So  ver- 
hält es  sich  bei  Pinguicula,  wo  ein  Sekret  zwar  auch  durch  stickstofffreie 
Substanzen,  wie  Rohrzucker,  hervorgerufen  werden  kann,  aber  erst  auf 
Reizung  mit  Fleisch  und  dergleichen  die  sauren  und  peptonisierenden 
Eigenschaften  erhält. i)  Ähnlich  verhält  sich  Drosera  rotundifolia,  während 
andere  Arten  auch  ohne  Reizung  saures  wirksames  Sekret  absondern. 2) 
Dionaea  beginnt  überhaupt  erst  auf  einen  chemischen  Reiz  hin  zu  sezer- 
nieren,  also  eine  Pepsin  und  Säure  enthaltende  Flüssigkeit  auszuscheiden. 
Bei  Nepenthes  findet  sich  das  Enzym  in  der  Kannenflüssigkeit  stets  vor. 
Sauer  wird  die  Lösung  aber  erst  durch  chemische  Reize. 3)  Bei  Sarrazenia, 
Darhngtonia  und  Cephalotus  konnte  Goebel^)  kein  Enzym  finden.  Die 
Auflösung  der  gefangenen  Tiere  soll  durch  Bakterien  vor  sich  gehen.  Bei 
Utrikularia  ist  in  den  Bläschen  während  der  Verdauung  ein  Enzym  nach- 
zuweisen, das  bei  alkalischer  Reaktion  arbeitet. 'S)  In  allen  Fällen,  wo  Enzyme 
ausgeschieden  werden,  ist  auch  durch  Absonderung  bakterizider  Stoffe  für 
ein  Fernhalten  von  Fäulniserregern  gesorgt.  Die  Bedingungen  für  die  Sekre- 
tion der  verschiedenen  Stoffe,  deren  Natur  und  die  Aufsaugung  der  gelösten 
Substanzen  in  Abhängigkeit  von  ihrer  Zusammensetzung  und  sonstigen  Ein- 
flüssen wären  eines  weiteren  Studiums  auf  chemischer  Grundlage  sehr  würdig. 
Die  Technik  dazu  wird  teilweise  erst  noch  geschaffen  werden  müssen. 

Es  wird  sich  hauptsächhch  darum  handeln,  chemisch  bestimmt  charak- 
terisierte Reizstoffe  zu  verwenden  und  sie  auf  ihre  Wirksamkeit  zu  unter- 


')  Goebel,  Pflanzenbiologische  Schilderungen.  Marburg  1889.  S.  185. 
2)  Ebenda.  S.  197. 
»)  Goebel,  a.  a.  0.  S.  189. 
")  Goebel,  a.  a.  0.  S.  87  u.  170. 

^)  V.  Liietzelburg ,   Beiträge  zur  Kenntnis  der  Utrikularien.  Flora.   1910.  Bd.  100. 
S.  146ff. 


Methodisches  aus  der  Biochemie  der  Pflanzen.  130H 

siu'hoii,  auch  zuzusehen,  ob  ein  dem  Nahrunpsstoff  ([ci-  Ait  nach  an<:e- 
paUtes  Sekret  abgeschieden  wird.  iMc  hicrtiir  liraiK  hbarcn  allircnu-incn  Me- 
thoden der  Enzymforschung-  findet  man  im  dritten  Hand.-  dieses  Handbuches. 

V.  Die  Beschaffung  geeigneter  Objekte. 

Bakterien  werden  nach  den  liekannten  Methoden')  reinfrezürhtet 
und  kultiviert.  Viele  Arten,  die  gut  beweglich  und  chemotaktisch  reizbar 
sind,  lassen  sich  schwer  isoheren  oder  weiden  in  der  Kultur  schlecht  be- 
weglich und  verlieren  ihre  Reizbarkeit.  Alte  Laboratoriumsstiimme,  die  oft 
von  einem  festen  Nährboden  auf  den  anderen  geinjpft  worden  sind,  ver- 
lieren manchmal  die  für  chemotaktische  \ersuche  günstigen  Eigenschaften.») 
Man  wird  daher  vielfach  gut  tun,  frisch  isolierte  Kulturen  zu  verwenden 
und  sie  abwechselnd  auf  festen  und  flüssigen  Substraten  zu  kultivieren. 
Ersteres  um  die  Reinheit  zu  prüfen,  letzteres  um  die  Reweirlicjikeit  zu  er- 
halten. Für  die  Versuche  empfiehlt  es  sich,  von  Agarkulturen  Material  zu  ent- 
nehmen und  dieses  in  Wasser  zu  übertragen,  um  nicht  zu  viel  gelöste 
Stoffe  in  der  Flüssigkeit  zu  haben,  die  die  Empfiiidliclikeit  zu  vermindern 
vermögen.  Andrerseits  leidet  in  reinem  Wasser  wieder  die  Beweglichkeit. 
Manche  Hakterienarten  scheinen  auch  nach  langer  Kultur  nichts  von  ihrer 
Eignung  für  Versuche  einzubüßen. 

Als  gut  chemotaktisch  erweisen  sich  besonders  die  eigentlichen 
Fäulnisbakterien,  so  z.  B.  „Bacterium  termo"  und  Spirillen.  I)ie  ersteren 
erhält  man  durch  ein-  bis  zweitägiges  Fauleidassen  von  gekochten  Erbsen 
in  Wasser  und  isoliert  sie  durch  Plattenguli..  Spirillen  treten  besonders 
in  späteren  Stadien  der  Zersetzung  auf,  und  zwar  vorzugsweise  in  tieferen 
Schichten  der  Lösung.  Sie  sind  meist  schwer  rein  zu  züchten.  Eine  Aus- 
nahme macht  das  schon  S.  1279  erwähnte  Spirillum  rubrum  Esmarch.  Auch 
wenn  man  Stückchen  von  Fleisch,  Schnecken  etc.  in  Teich-,  Fluli-.  Snmpf- 
wasser  bringt,  kann  man  auf  eine  üppige  Flora  geeigni'ter  ( )bjekte  rechnen. 
Weniger  reizbar  sind  meist  die  pathogenen  Formen. 3) 

Von  den  Schwierigkeiten,  die  durch  Einsteilung  der  Beweglichkeit 
und  Veränderungen  in  der  Reizbarkeit  auftreten,  findet  sich  eine  Zu- 
sammenstellung bei  H.  Fringsheim,  Die  \'arial)ilität  niederer  Organismen. 
Berlin  1910.  S.  41  ff.  u.  51  ff. 

Saprolegnien  entwickeln  sich  leicht  auf  Insektenleichen  in  Sumpf- 
wasser. Die  mit  schleimigen  Flöckchen  bedeckten  Fliegen  etc.  bringt  man 
mit  der  Pinzette  auf  schräg  liegende  Objektträger,  über  die  man  einen 
Strom  Wasser  leitet,  um  die  Hauptmasse  der  fremden  Oigani.<!nen  zu  ent- 


»)  Vgl.  Bd.  3.  S.  1204  ff. 

-)  Kniep,  Untersuchungen  über  die  Chemotaxis  von  Bakterien.  Jahrb.  f.  wisseu- 
schaftliche  Bot.  Bd.  43.  1906.  S.  220. 

=*)  I'/eß'er,  Über  chemotaktische  Hewegungen  von  Bakterien,  Fhigellaten  und  Vol- 
vocineen.  Untersuch,  aus  dem  botan.  Institut  zu  Tübingen.  Bd.  2.  181SÜ— 88.  S.  5iK)ff. 
und  S.  615. 


1304  Ernst  G.  Pringsheim. 

fernen,  wobei  mit  einem  weichen  Pinsel  nachgeliolfen  wird.  Dann  über- 
trägt man  sie  in  sterilisiertes  Sumpfwasser,  dem  einige  sterilisierte  Fliegen- 
beine zugesetzt  sind.  Auf  diesen  entwickeln  sich  die  Pilze  und  entlassen 
ihre  Zoosporen. ')  Zu  beachten  ist  noch,  daß  bei  den  Arten  von  Saprolegnia 
zwei  Schwärmstadien  auftreten,  von  denen  nur  das  zweite  chemotaktisch  ist. 

Die  Spermatozoen  von  Lebermoosen 2)  und  Laubmoosen 2)  werden 
aus  den  reifen  Antheridien  entleert,  wenn  diese  in  einen  Tropfen  Wasser  ge- 
bracht werden.  Ebenso  entlassen  die  an  den  kleinen  Vorkeimen  der  Pteri- 
dophyten  entwickelten  Antheridien  ihre  Samenfäden.  In  allen  diesen  Fällen 
hält  man  die  Pflänzchen  zweckmäßig  vorher  etwas  trocken.  Die  Prothallien 
der  Farne,  Schachtelhalme  etc.  sind  meist  auf  Sand  oder  Torf  unschwer 
aus  der  Spore  zu  kultivieren.  Man  entnimmt  zum  Versuche  ein  ganzes, 
möglichst  unverletztes  Prothallium  und  spült  es  gut  ab,  um  etwa  heraus- 
diffundierende Stoffe  zu  entfernen.  Dann  bringt  man  es  in  einen  Tropfen 
Wasser  auf  den  Objektträger,  wo  die  Spermatozoen  alsbald  auszuschwärmen 
beginnen.  Die  Kapillaren  werden  dann  hinzugeschoben.  Kleine  Prothallien 
sind  vorzuziehen,  weil  größere  schwer  unterzubringen  sind  und  beim  Zer- 
schneiden zu  viele  Inhaltsstoffe  entlassen  würden.  3) 

Schwärmsporen  von  Myxomyceten  erhält  man  durch  Aussäen  der 
Sporen  in  Wasser*),  eventuell  unter  Zusatz  von  Säure,  z.  B.  1/1,00  Mol. 
H2SO4.5)  Plasmodien  gewinnt  man  aus  Gerberlohe  oder  man  sammelt  die 
nach  einem  Ptegen  an  die  Oberfläche  kommenden  Schleimpilze  im  Walde. 

Über  die  Gewinnung  von  Flagellaten,  Volvocineen  etc.  vgl.  die 
zitierten  Arbeiten  von  Pfeffer.  Jakobsen<^)  konnte  aus  Erde  mit  Fibrin  in 
Wasser  allerlei  Volvocineen  herauszüchten.  Nach  eigenen  Erfahrungen  haben 
diese  Organismen  das  beste  Bewegungs-  und  Reaktionsvermögen,  wenn  sie 
auf  feuchten  Substraten,  wie  Agar,  Sand,  Gips,  Torf  in  unbeweglicher  oder 
„Palm eilen  "-Form  kultiviert  und  dann  durch  Übertragen  in  Wasser  in  das 
schwärmfähige  Stadium  gebracht  werden. 


')  Stange,    Über  chemotaktische  Reizbewegungen.    Bot.  Ztg,  Bd.  48.  1890.  S.  109. 

^)  Pfeffer,  Lokomotorische  Richtungsbeweguiigen  durch  chemische  Reize.  Unter- 
suchungen aus  dem  botan.  Institut  zu  Tübingen.  Bd.  1.    1881 — 85,  S.  430  u.  434. 

^)  Über  die  Behandlung  des  Materials  vgl.  ferner  :  für  Farne  Pfefer,  Loko- 
motorische Richtuugsbewegungen  durch  chemische  Reize.  Untersuch,  aus  dem  botani- 
schen Institut  zu  Tübingen.  Bd.  1.  1881—85.  S.  368,  für  Salvinia  Shibata,  Studien  über 
die  Chemotaxis  der  Salviniaspermatozoen.  Bot.  Magaz.  Tokyo.  Vol.  19.  1905.  p.  39 ,  für 
Equisetum  Shibata,  Über  die  Chemotaxis  der  Spermatozoen  von  Equisetum.  Ebenda. 
S.  79  und  Lidforss,  Über  die  Chemotaxis  der  Equisetum-Spermatozoiden.  Berichte  der 
deutsch,  bot.  Ges.  Bd.  23.  1905.  S.  314,  für  Lycopodium  Bruchmann,  Von  der  Chemotaxis 
der  Lycopodium-Spermatozoiden.  Flora.  Bd.  99.  1909.  S.  193,  für  Isoetes  Shibata,  Studien 
über  die  Chemotaxis  der  Isoetes-Spermatozoiden.  Jahrb.  f.  wiss.  Bot.  Bd.  41.  1905.  S.  561. 

*)  Kusano,  Studies  on  the  chemotactic  and  other  related  reactions  of  the  swarm- 
spores  of  Myxomycetes.  Journal  of  the  College  of  Agriculture.  Imp.  Univ.  of  Tokyo. 
Vol.  2.  1909.  S.  4. 

')  a.  a.  0.  S.  8. 

®)  Jakobsen,  Kulturversuche  mit  einigen  niederen  Volvocaceen.  Zeitschr.  f.  Botanik. 
Bd.  2.  1910.  S.  145. 


Methodisches  aus  der  Biochemie  der  Pflanzen.  IHOf) 

Zur  Kultur  von  Infusorien  ist  eine  Kntwickluni,'  von  IJakterien  not- 
wendig-. Man  verwendet  für  Paraniaecien  Wasser,  in  das  etwas  Heu  und 
WeilJhrot  getan  wird,  sonst  auch  getrocknete  Salatl.iiitter  und  andere 
Tflanzenteile.  In  anderen  Fällen  Jauche,  .Mistalikochung  u.  dgl.') 

Allerlei  Pilze  fängt  man  z.  R  aus  der  Luft  auf  Agar  mit  I'flaumcn- 
saft  oder  man  gewinnt  sie  von  Pferdemist,  der  unter  einer  (ilocke  feucht 
gestellt  wird.  2) 

Pollenschläuche  wachsen  aus  früschem  P.liitenstaul)  nach  wenigen 
Minuten  bis  einigen  Stunden  in  Wasser  oder  Zuckerlösung  geeigneter  Kon- 
zentration aus.  Der  richtige  osmotische  Druck  der  Lösung  mul'.  ausge- 
probt werden,  wobei  man  bis  zu  40Vo  Rohrzucker  gehen  möge.  ^) 

Um  Keizversuche  an  Wurzeln  anzustellen,  ist  es  nötig,  tadellos  ge- 
rade gewachsenes  Material  zu  verwenden.  Die  Vorbehandlung  der  Samen 
ist  ähnlich  wie  oben  für  Wasserkulturen  angegeben  (vgl  S.  12G()).  Meist  tut 
man  die  angequollenen  Samen  in  ein  Keimbett  von  lockeren,  sparsam,  aber 
gleichmäßig  befeuchteten  Sägespänen  von  Fichten-  oder  Pappelholz.  Solche 
von  Kiefern  oder  Eichen  sind  unbrauchbar.  In  dieses  Substrat  bohrt  man 
mit  einem  Hölzchen  oder  dgl.  senkrechte  Löcher,  in  die  die  Wurzeln  ohne 
mechanischen  Widerstand  gerade  hinunterwachsen  können. 

Giltaij^)  verwendet  an  Stelle  der  Sägespäne  feuchten  Sand.  Dieser 
wird  in  rechteckige  Tongefäße  bis  zum  Pvande  eingefidlt.  Die  ge(iuollenen 
Samen  werden  in  die  Oberfläche  des  Sandes  halb  eingedrückt,  und  zwar 
so,  daß  das  Würzelchen  beim  Aufrechtstellen  der  Kästen  der  nun  schwach 
gegen  die  Vertikale  geneigten  Sandfläche  außen  entlang  wächst.  Um  Aus- 
trocknung zu  verhindern,  ist  Bedeckung  der  offenen  Seite  notwendig. 
Außerdem  kann  die  untere  Kante  des  Tongefäßes  in  Was.ser  stehen.  Die 
Methode  gestattet  eine  leichte  IJeaufsichtigung  der  Keimung  und  Ent- 
nahme der  geeigneten  Pflänzchen  ohne  Störung  der  übrigen. 

Zu  den  Versuchen  werden  die  Keimlinge  vorsichtig  aus  dem  Keini- 
bett  genommen,  wenn  sie  1 — 3  cm  lang  sind.  Dann  werden  sie  in  Wasser 
getan  und  dabei  etwas  abgespült,  sowie  gleichzeitig  reichlich  mit  Wasser 
getränkt.  Für  Versuche  in  Luft  umhüllt  man  die  Samen  resp.  Kotyledonen 
mit  feuchter  Watte,  Leinwand  oder  Papier.  Auch  die  oberen  Teile  der 
Wurzeln  werden  zweckmäßig  mit  feuchtem  Seidenpapier  umwickelt,  um  der 
Wurzel  Gelegenheit  zur  Wasseraufnahme  zu  bieten,  die  zum  Wachstum 
nötig  ist.  (Vgl.  z.B.  Sammct,  a.a.O.  S.  14.)  Die  Befestigung  kann  au  den 
Kotyledonen  oder  dem  Endosperm  mit  Hilfe  durchgesteckter  Nadeln  ge- 
schehen  oder   die  Wurzeln  werden    in    Löcher    von  Korkplatten    gesteckt. 


*)  Vgl.  auch  Pütter,  Methoden  zur  Erforschung  des  Lebens  der  Protisten.  Hand- 
buch (1.  physiol.  Methodik,    herausgegeben  von  li.  TitjcrsIciU.    Hd.  1.  S.  1.  Leipzig  l'.l(»8. 

'-)  Vgl.  auch  Küster,  Kultur  der  Mikroorfrauisuien.  Leipzig-Berlin  11KJ7. 

')  Lidforss,  Untersuchungen  tiber  die  Reizbewegungen  der  PoUenschlauche.  Zeit- 
schrift f.  Botanik.  Bd.  1.  1909.  S.  448. 

*)  Giltay,  Einige  Betrachtungen  und  \ersuclu'  iilit-r  (irinulf ragen  beim  Cieotropis- 
mus  der  Wurzel.  Zeitschr.  f.  Botanik.  Bd.  2.  1910.  S.  318. 


1306     Ernst  G.  Pringsheim.  Methodisches  aus  der  Biochemie  der  Pflanzen. 

Stets  ist  darauf  zu  achten,  daß  die  Versuchsobjekte  einige  Zeit  (1  bis 
2  Stunden)  im  Apparat  sind,  bevor  der  eigentliche  Versuch  beginnt.  Dadurch 
haben  sie  die  Möglichkeit,  etwa  bei  der  Vorbehandlung  induzierte  geo- 
tropische  Krümmungen  auszugleichen.  Ferner  hat  man  Wtährend  dieser 
Zeit  Gelegenheit,  sich  davon  zu  überzeugen,  ob  Wachstum  stattfindet. 

Besonders  behebt  sind  die  schnell  keimenden  und  großen  Samen  der 
Leguminosen,  wie  Vicia  Faba,  Phaseolus  multiflorus,  Lupinus  albus  und 
Pisum  sativum.  Von  kleineren  Vicia  sativa  und  Ervum  Lens.  Doch  ist  zu 
berücksichtigen,  daß  Bohnen  und  Lupinen  leicht  faulen.  Sie  dürfen  deshalb 
nicht  eingeweicht  und  überhaupt  nicht  zu  naß  gehalten  werden.  Ferner 
sind  geeignete  Objekte  die  Keimwurzeln  von  Zea  Mays,  Helianthus  annuus, 
Ipomoeaarten,  Fagopyrum  esculentum,  Brassicaarten,  Sinapis  alba  u.  a. 

Gewöhnlich  sind  die  bei  der  Keimung  zunächst  auftretenden  Haupt- 
wurzeln allein  geprüft  worden,  doch  ist  gerade  bei  den  Nebenwurzeln  erster 
und  zweiter  Ordnung  vieUeicht  ein  besseres  Resultat  zu  erwarten,  da  bei 
diesen  der  Geotropismus  als  Orientierungsfaktor  zurücktritt.  Freilich  ist  das 
Arbeiten  mit  ihnen  schwieriger. 

Über  die  Beschaffung  geeigneter  Pflanzen  für  die  sonstigen  Pieizver- 
suche  können  hier  keine  genügenden  Angaben  gemacht  werden.  Die  Mehr- 
zahl der  Insektivoren  wird  nur  in  einem  geregelten  gärtnerischen  Betriebe 
mit  Gewächshaus  zweckmäßig  zu  ziehen  sein.  Doch  stehen  Drosera  und 
Pinguicula  in  Torfmooren  wild  zur  Verfügung  und  halten  sich,  in  Torferde 
mit  Regenwasser  begossen  und  hell  gehalten,  recht  gut.  Kalk  ist  ihnen 
schädhch. 


Die  quantitative  Mikroelementaraiialyse  (iru^aiiisclirr 

Snbstanzon.'» 

Von  Fritz  Prci,'!,  liinsbnick. 

Eigene  Erfahrung  an  einem  nnr  in  anlierordcntlieh  ^^erinfzer  Aiis- 
bentung-  erhältliehen  Körper  lidj  es  mieli  besonders  sclinierzlich  empfinden, 
dal'i  jede  zum  Zwecke  der  organischen  Elementaranalvse  angewandte  Siib- 
stanzmenge  für  weitere  \'ersuche  unwiederbringlich  verloren  ist  und 
machte  in  mir  den  Wunsch  rege,  nach  Methoden  zu  fahnden,  welche  bei 
sonst  gleicher  Genauigkeit  mit  geringen  Sui)stanzmengen  ihr  Auslangen 
finden  und  womöglich  mit  den  allereinfachsten  Mitteln  auszuführen  sind. 
Ermutigend  wirkten  von  vornherein  in  dieser  Richtung  die  glänzench-n  \'er- 
suchsergebnisse  Emkhs-)  und  seiner  Schüler  auf  dem  (iebiete  der  Mikrrv 
aiuUyse  mit  Hilfe  der  Mikrowage  von  Xernst. 

\'on  der  Anwendung  letzterer  habe  ich  von  allem  Anfange  an  aus 
dem  Grunde  absehen  müssen,  weil  ihr  Wägungsbereich  und  ihre  Tragkraft 
im  Vergleiche  zum  (iewichte  noch  so  kleiner  Absorptionsapparate  etc.  mir 
zu  gering  erschienen.  Alle  im  Nachstehenden  mitzuteilenden  .Methoden  sind 
mit  einer  aus  der  Präzisionswerkstätte  von  WUli.  H.  l.  Kuhlmann  in 
Hamlnirg-Barmbeck  (Steilshoperstraße  Nr.  103)  hervorgegangenen  Waire 
(Eig.  277)  ausgeführt  und  ich  möchte  von  diesem  ausgezeichneten  Instru- 
ment (Nr,  19b  des  Kataloges.  Preis  samt  (Gewichtssatz  zirka  270  Mark) 
an  dieser  Stelle  nur  hervorheben,  dal)  es  bis  zu  einer  Maximalbelastung 
von  20  5^  gleichbleibende  Empfindlichkeit  hat,  infolge  einer  Ilalkenliinge  von 
nur  10  mm  außerordentlich  rasch  schwingt,  daß  der  Heiter  infolge  der 
maschinell  hergestellten  hundert  Einkerbungen  an  jeder  Stelle  des  Keiter- 
lineals  stets  den  gleichen  Sitz  einnehmen  muß.  da(\  eine  mit  der  Heiter- 
verschiebung mitfahrende  Lupe  eine  beciueme  Ablesung  trotz  Kleinheit  des 
Balkens  gestattet  und  daß  die  Schwingungen  der  Zunge  durch  einen  ver- 
größernden Hohlspiegel  beobachtet  werden.  Die  EmiMiiidiichkeit  dieser  Wage 
ist  so  eingestellt,  daß  Vio  ^>^9  ^in^  Ausschlagsvergrößerung    von    1»>  Teil- 

^^  OriiEriiialuntersiichunfren. 

'-)  Statt  weitläufiger  Aiifiihrungeii  der  ()ripiiiaIlitoratnr  sei  ps  mir  hier  eestattot. 
nur  auf  das  jiingst  erschienene"  „Lehrbuch  der  Mikrochemie"  von  Frirdrich  Ktnieh,  Wies- 
liaden   1911,     Verlair  von    J.  F.  Bergmann,    zu  verweisen,    in  welchem  tlie  Kesamto  his»- 

hcrige  Literatur  dieses  Gebietes  berürksirhtii:t  ist. 


1308 


Fritz  Pregl. 


strichen  nach  der  entgegengesetzten  Seite  bedingt   und   daß  demnach  ein 
Ausschlagsunterschied    von    einem    Teilstrich    ^/loo  mg    entspricht.    Durch 


Fifr.  277. 


Mikrochemische  Wage  von  Kuhlmann  (Hamburg). 
(3/5  der  nat.  Größe.) 


Schätzung  von  Bruchteilen  bei  Beobachtung  einer  lieihe  von  Umkehrpunkten 
wird  es  mit  diesem  Instrument  sogar  möglich.  Wägungen  mit  einer  (tC- 
nauigkeit  von   +  Vioon  ^wj  auszuführen. 


Die  quantitative  Mikroolementaraualyse  organischer  Substanzen.  1  ;»(>*) 

Zum  Zwecke  des  bequomercii  iiiid  sicheren  Arhcitens  ist  es  iiot- 
weiuliii',  diese  Wape  auf  einer  Marmorphitte  aiifzustelieii.  die  auf  in  eine 
(irundinauer  eiiii^elasseueu  Kiseiiträf^cru  fest  aiiflie^^t.  I»ie  (lewiclite  sowie 
die  dazu  gehürii'e  Elfenheiupiiizette  bewahre  man  am  besten  im  Waj/en- 
gehiiuse  in  der  Nähe  der  rechten  Waj^^eschale  offen  auf,  w;thren<l  hinter 
der  linken  Wageschale  die  Aufhängevorrichtung  für  die  Absorptionsapparate 
sowie  die  Bäukchen  aus  Magnesiumdraht  (siehe  beide  in  Fig.  277)  für  die 
Substanzwägung  bei  der  Stickstoff-,  llalom-n-  und  Schwefelbestimmung 
Platz  finden  können.  Zur  weiteren  Ausgestaltung  des  Wagetisches  gehören 
zwei  (Jazeläppchen,  sorgfältig  gewaschen  und  getrocknet,  mindestens  4fach 
zusammengelegt,  ein  Stück  Kehleder,  ein  llaari)insel  sowie  \V;igegl;is<lien 
zur  Unterbringung  des  Schiffchens  bei  Wägung  hygroskopischer  Substanzen 
nach  der  Trocknung  (Fig.  285),  Wägegläschen  für  die  Stickstoffbestimnnnigen, 
Schmelzpunktkapillaren  für  die  Halogen-  und  Schwefelbestimmungen,  alles 
unter  entsprechenden  Glasglocken  oder  zwischen  l'hrgläsern  verwahrt, 
ferner  Handexsikkatoren,  Kupferblöcke  (Fig.  287,  292,  297)  usw. 

Absolute  Reinlichkeit  des  Wagetisches,  insbesondere  der  Wage  selbst, 
ist  die  erste  ^'oraussetzung  erfolgreicher  Analysen.  Man  gewöhne  sich 
daran,  vor  jeder  Serie  von  Wägungen  den  Nullpunkt  der  Wage  zu  prüfen 
imd  im  Bedarfsfalle  neu  einzustellen.  Man  wird  es  selbst  bei  der  ge- 
schilderten Aufstellung  auf  einer  Marmorkonsole  von  Zeit  zu  Zeit  nötig 
haben  und  mag  daraus  ermessen,  wie  oft  sich  der  Nullpunkt  bei  .Vuf- 
stellung  auf  einer  hölzernen  Konsole  oder  etwa  auf  einem  Tisch  verschieben 
möchte !  Mindestens  einmal  im  Monat  wird  es  auch  bei  der  gröliteii  Sorg- 
falt und  Reinlichkeit  zu  empfehlen  sein,  die  Wage  einer  völligen  lleini- 
aunu-  zu  unterziehen.  Man  öffne  die  Türen,  entfeint  beide  Schieber,  de- 
montiert  die  Wage  durch  Abnehmen  der  Schalen,  (iehänge  und  des 
P>alkens,  die  man  zweckmäßigerweise  auf  einen  der  beiden  horizontal  hin- 
gelegten Schieber  in  richtiger  Reihenfolge  hineinlegt,  reinigt  zuerst  die 
Grundplatte  durch  Reiben  mit  feuchter  Gaze,  reibt  Schalen  und  Gehänge 
mit  fett-  und  säurefrei  gewaschenem  und  scharf  getrocknetem  IJeh- 
leder  ab,  pinselt  insbesondere  das  gezähnte  Reiterliueal  am  llalken 
sorgfältig  aus,  reibt  sämtliche  12  Arretierungskontakte,  die  sich  sowohl 
am  Balken,  an  den  Gehängen  als  auch  an  der  Arretierungsvorrichtung 
der  Säule  befinden,  mit  trockenem  Rehleder  energisch  ab  und  reinigt  zum 
Schluß  ebenfalls  mit  Rehleder  die  Schneiden  und  die  ihnen  entsprechenden 
Auflagen.  Nun  wird  die  Wage  wieder  zusammengesetzt  und  der  Nullpunkt 
mittelst  der  Fahne  annähernd  eingestellt.  Es  muß  bemerkt  werden,  daß 
diese  Wage  nach  einer  derartig  erfolgten  Reinigung  durch  einig«'  Stunden 
„krank  ist",  das  heißt  keine  konstante  Nullpunktlagt'  besitzt.  Erst  nach 
einigen  Stunden  kann  die  definitive  Einstellung  erfolgen.  Bei  größerer  Ab- 
weichung bedient  man  sich  wieder  der  Fahne,  hüte  sich  j«'doch.  sie  mit 
den  warmen  Fingern  zu  berühren,  somleru  besorge  dit'  Bewegung  der 
Schraube  mit  der  Elfenbeiupinzette.  Die  letzte  Feineinstellung  » ',oo  -  V,oo '"^ 
erfolgt  bei  schwingender  Wage  mit  den  beiden  Stellschrauben  des  Gehäuses. 


X310  ^"*2  Pregl. 

Die  kleinen  Drahtgewichte  werden  durch  Abpinseln  auf  reiner  Gaze 
als  Unterlage,  die  Grammgewichte  durch  sanftes  Abwischen  mit  Rehleder 
gereinigt.  Schließlich  wird  noch  der  dazu  gehörige  Holzblock  ausgeblasen, 
ausgepinselt  und  abgewischt. 

Aus  den  mehrere  Tausend  betragenden  Wägungen,  die  im  Laufe 
dieses  Jahres  mit  dieser  Wage  zur  Ausführung  kamen,  hal)en  sich  einige 
Erfahrungssätze  ergeben,  die  hier  angeführt  zu  werden  verdienen. 

1.  Ein  und  dasselbe  Objekt  zeigt  nach  gleicher  Behandlung  und 
unter  sonst  gleichen  Bedingungen  stets  dasselbe  Gewicht  selbst  in  der 
5.  Dezimale.  Mein  Platinschiffchen  zeigte  z.  B.  heute  dasselbe  Gewicht  wie 
vor  einem  Jahr. 

2.  Das  menschliche  Auge  ist  bei  halbwecs  nicht  ungünstigen  Be- 
dingungen  (Ausnahmen  sind  z.  B.  feinste  Quecksilbertröpfchen  und  Fett- 
flecke) noch  weit  empfindlicher  als  diese  Wage. 

3.  Eine  für  unser  Auge  und  unser  Tastgefühl  tadellos  erscheinende 
Reinigung,  wie  Abwischen.  Abwaschen,  Auskochen  usw.,  gewährleistet  bei 
demselben  Objekt  stets  dasselbe  Gewicht  bei  sonst  gleichen  Bedingungen 
selbst  in  der  5.  Dezimale,  falls  damit  nicht  tiefergreifende  stoffüche  Ver- 
änderungen an  dem  Objekte  hervorgerufen  werden. 

Diese  Erfahrungssätze  sind  durch  Wägungen  gewonnen,  bei  denen 
das  Gewicht  den  Wert  von  6  Grammen  nicht  überstiegen  hat :  damit  ist 
aber  die  Richtigkeit  der  grundsätzlichen  ^'oraussetzungen  für  die  Aus- 
führbarkeit der  mitzuteilenden  Methoden  bewiesen,  denn  in  keinem  Falle 
werden  dabei  schwerere  Objekte  zur  Wägung  kommen. 

4.  Viele  Einflüsse,  denen  man  bei  dem  älteren  Verfahren  eine  beson- 
dere Beachtung  stets  schenken  mußte,  wie  z.  B.  der  Einfluß  der  Temperatur, 
die  Aufnahme  von  Feuchtigkeit  etc.,  haben  sich  gegen  meine  ursprüng- 
lichen Befürchtungen  als  von  untergeordneter  Bedeutung  erwiesen,  denn 
kleine  Massen  mit  kleinen  Oberflächen  deichen  sich  in  bezug  auf  ihre 
Temperatur  rasch  mit  ihrer  Umgebung  aus  und  folgen  ihr  auch  rascher, 
wenn  jene  sich  ändert. 

Indem  ich  nun  die  Endergebnisse  der  im  Kachfolgenden  zu  be- 
schreibenden Untersuchungen  zusammenfasse,  muß  ich  erklären,  daß  das 
angestrebte  Ziel  nicht  nur  in  bezug  auf  die  Genauigkeit  der  Resul- 
tate, sowie  die  Einfachheit  der  erforderlichen  Mittel  und  des 
Verfahrens  wirklich  vollkommen  erreicht  worden  ist,  sondern  daß 
sich  bei  allen  infolge  der  Kleinheit  der  anzuwendenden  Substanzmengen 
eine  so  wesentliche  Ersparnis  an  Zeit  ergeben  hat,  daß  der  von  mir 
eingeschlagene  W^eg  für  das  Gesamtgebiet  der  analytischen  Chemie 
lohnend  und  vorteilhaft  sein  wird,  denn  wie  wir  sehen  werden,  ist  die 
Methodik  für  die  wichtigsten  Operationen  und  Bestimmungsarten  schon 
ausgearbeitet,  wie  Filtration  und  Waschen  von  Niederschlägen,  Destillation. 
Titration,  Absorption  und  gasometrische  Bestimmung  von  Dämpfen  oder 
Gasen  und  endlich,  wovon  an  anderem  Orte  die  Rede  sein  soU,  die  mikro- 
elektrolytische  Bestimmung  von  Metallen. 


Die  quantitative  Mikroelementaranalyse  organischer  Sul)stanzen.  1311 

Diese  Methoden  eignen  sieli  auch  sciir  gut  /u  Norlesungscxpcrinientcn.') 
Die  vorliegendon  Untersuchungen  ^YUl•d(.'n  vor  last  genau  einem  .lahre 
im  Grazer  Institute  für  medizinische  Chemie  (Vorstand  I lotrat  A'.  Ji.  llof- 
mann)  l)egonnen  und  im  Institute  gh'ichen  Faches  zu  Innshnick  fortgesetzt 
und  beendet.  Dabei  unterstützte  mich  mein  Assistent  Herr  Max  de  Crinis 
auf  das  wirksamste;  ich  kann  es  dalier  nicht  unterlassen,  aucii  an  diesem 
Orte  seine  unbedingte  Verläßlichkeit  anzuerkennen  und  ihm  für  seinen 
Eifer  meinen  Dank  zu  sagen. 

1.  Die  mikroanalytische  Bestininuing  von  Kohlenstoff  und 

Wasserstoff. 

Dem  ersten  Versuch  in  dieser  Uichtinig  ging  die  mathematische  ("ber- 
legung  voraus,  daß,  wenn  wir  statt  mit  einer  Genauigkeit  von  '  ,o  wy  mit 
einer  solchen  von  Vioo  *"//  wägen,  wir  die  Substanzmenge  auch  auf  min- 
destens Vio  der  bisher  üblichen  Quantität  herabsetzen  dürfen,  um  dieselbe 
Genauigkeit  zu  erreichen  wie  zuvor. 

Wenn  wir  bisher  rund  200  mg  organische  Substanz  einer  Klementar- 
analyse  unterwerfen  und  wir  begehen  bei  der  Wägung  des  Kohlendioxyds 
einen  Fehler  von  1  mg,  so  bedingt  dies  im  Resultat  einen  Fehler  von 
0*1 — 0'2''/o  Kohlenstoff,  je  nach  dem  Kohlenstoff gehalt  des  untersuchten 
Körpers;  und  ein  Fehler  von  1  mg  in  der  Wägung  des  Wassers  wird  eine 
noch  geringere  Beeinträchtigung  des  Kesultates  für  den  Wasserstoff  be- 
dingen. Hingegen  wird  ein  Fehler  von  1  mg  in  der  Wägung  der  8ui)stanz 
einen  Fehler  von  0'2 — 0-4'Vo  Kohlenstoff  zur  Folge  haben.  Es  ergibt  sich 
daraus,  daß  wir  vor  allem  die  Wägung  der  Substanz  mit  der  größten  Ge- 
nauigkeit vorzunehmen  haben  und  diese  ist  bei  kleinen  Mengen  um  so 
leichter  zu  erreichen. 

Ebensowenig  wie  man  bei  dem  bisherigen  ^'erfahren  mit  einer  der 
gebräuchlichen  guten  analytischen  Wagen  bei  der  Substanzwägung  einen 
P^ehler  von  1  mg  begeht,  sondern  im  Gegenteil  eine  Genauigkeit  von  l^^tng 
erzielt  werden  Jvann,  ebensowenig  wird  man  mit  der  vorher  besprochenen 
Kuhlmannwage  einem  Fehler  von  Vio  ^^5'  ausgesetzt  sein,  sondern  die 
Substanzwägung  jederzeit  auf  \/ioo  "ig  genau  zur  Ausfiüiruug  bringen 
können. 

Eine  weitere  mathematische  Überlegung  hat  nun  ergei>en,  daß  bei 
Anwendung  von  rund  ^mg  organischer  Substanz  O:".  wy  C'Oj  l°o  Kohlen- 
stoff entsprechen,  daß  also  O'Oa  »ig  OP  o  im  Kohlenstoff  ausmachen  und 
daß  der  übliche  zulässige  Fehler  von  0-2Vo  füi'  den  Kohlenstoff  bei  iler 
Substanzmenge  von  rund  S  mg  erst  durch  einen  Fehler  im  Kohlendioxyd- 
gewicht  von  006,  also  mehr  als  einem  halben  Zehntel  Milligramm  er- 
reicht ist. 


*)  Experimentalvorträge  des  Verfassers:  am  27.  Fel)rnar  llUl  in  der  Sitzung  der 
deutschen  chemischen  Gesellschaft  zu  Berlin  und  am  21.  Juli  1911  iu  der  Sitzung  der 
physiologischen  Gesellschaft  zu  Berlin, 


1?,12  Fritz  Pregl. 

Diese  letztere  Überlegung  wirkte  außerordentlich  ermutigend,  die  Be- 
dingungen aufzusuchen  und  festzulegen,  unter  denen  exakte  C-H-Bestim- 
mungen  an  kleinen  Substanzmengen  ausgeführt  werden  können  und  be- 
stimmten mich  von  allem  Anfang  an,  für  diese  Bestimmungen  die  Menge 
von  rund  10  mg  stets  in  Anwendung  zu  bringen. 

Indem  ich  darauf  verzichte,  die  umständlichen  Wege,  die  ich  zuerst 
beschritten,  und  die  lehrreichen  anfänglichen  Mißerfolge  ausführlich  anzu- 
führen, will  ich  nun  die  Beschreibung  der  notwendigen  Hilfsmittel  und  die 
zur  sicheren  Erreichung  des  angestrebten  Zieles  als  richtig  erkannten  Vor- 
schriften für  die  Ausführung  folgen  lassen. 

Ein  neuer  Weg. 

Wohl  jeder,  auch  der  kundigste  Analytiker,  ^\ird  auf  dem  Gebiete  der 
organischen  Elementaranalyse  Mißerfolge  zu  verzeichnen  haben  und  sofern 
diese  nicht  auf  grobe  W^ägungs-  oder  andere  Fehler  zurückzuführen  sind, 
sind  sie  meistens  die  Folge  unvollständiger  Absorption  oder  unvollständiger 
Verbrennung  infolge  zu  raschen  Ganges  des  Gasstromes.  Daß  das  unvoll- 
ständig Verbrannte  aus  den  Absorptionsapparaten  in  solchen  Fällen  ent- 
weicht, ist  immer  behauptet  worden;  meines  Wissens  sind  aber  die  Gase, 
welche  die  Absorptionsapparate  verlassen,  niemals  einer  besonderen  Beach- 
tung unterzogen  worden.  Nur  2  Beobachtungen  möchte  ich  hier  anführen. 
1.  Die  Angabe  Dennstedts,  welcher  aus  der  Schwärzung  der  an  die  Ab- 
sorptionsapparate angeschlossenen  Palladiumchlorürlösung  Kohlenoxydgas 
bei  rascher  und  unzweckmäßig  geleiteter  Verbrennung  nachweist  und  2.  meine 
eigene  Beobachtung,  welche  zeigt,  daß  bei  rasch  geleiteter  Verbrennung 
von  Gallensäuren  die  aus  den  Absorptionsapparaten  austretenden  Gase 
in  konzentrierter  Schwefelsäure  gelben  Farbenton  mit  grüner  Fluoreszenz 
hervorrufen.  Um  die  durch  unvollständige  Absorption  oder  unvollständige 
Verbrennung  bedingten  Fehlerresultate  zu  vermeiden,  hat  man  bisher  nur 
zu  raten  gewußt,  daß  man  die  Verbrennung  langsam  und  gleichmäßig  vor- 
zunehmen habe.  Ich  schlage  zur  Vermeidung  dieser  Fehler  einen,  wie  es 
mir  scheint,  vollkommen  neuen  Weg  ein,  der  darin  besteht,  daß  man  erst 
die,  aus  den  Absorptionsapparaten  austretenden  Gase  (vorwiegend  Sauer- 
stoff, dem  geringe  Mengen  von  Unabsorbiertem  oder  unvollständig  Ver- 
branntem beigemengt  sein  können)  in  einem,  eigens  dazu  angefertigten 
kleinen  Quecksilbergasometer  auffängt  und  nach  vollendeter  erster  Ver- 
brennung diese  Gase  noch  einmal  durch  das  glühende  Verbrennungsrohr 
hindurchschickt.  Es  ist  klar,  daß  auch  für  einen  an  sich  schwer  verbrenn- 
lichen  Kohlenwasserstoff  bei  diesem  zweiten  Passieren  durch  das  glühende 
Verbrennungsrohr  die  Verbrennungsbedingungen  günstiger  sind,  als  wie 
bei  der  V^erbrennung  der  ursprünghchen  Substanz ;  ist  ja  vor  dem  zweiten 
Passieren  des  Verbrennungsrohres  das  große  Volumen  des  beigemengten 
indifferenten,  das  Gasgemenge  verdünnenden  Kohlendioxyds  mittlerweile 
durch  das  erste  Passieren  des  Kahrohres  entfernt  und  dadurch  die  Ent- 
zündungstemperatur des  übrig  gebliebenen  Gasrestes  herabgesetzt  worden. 


Die  quantitative  Mikroelemeutaranalyse  orgauischer  Substanzen. 


;',13 


Dieser  Quecksilberj^asometer  (Fi-j-.  278)  stellt  einen  zylindrischen  llolil- 
köi-per  von  etwa  4  cm  Durchmesser  und  7  cm  Länge  vor.  Er  verjüngt  sich  nach 
olien,  wo  sich  ein  einfacher  Hahn  h^  befindet  von  dem  aus  ein  rechtwinkelig. 
also  horizontal  abgebogenes,  4  mm  im  iiulk'ren  Durchmes.ser  messendes  (Jlas- 
röhrchen  iigl  ansetzt.  An  der  entgegengesetzten  unteren  Seite  dieses  (iaso- 
metergefäßes,  welches  etwa  75  cm»  Fassungsraum  besitzt,  ist  der  I'.oden 
rund  abgeschmolzen  und 

zu   beiden   Seiten    des-  Kif?.  278. 

selben,  in  dem  auf  der 
Richtung     des     oberen 

Eöhrchens  senkreclit 
stehenden  1  )urchmesser, 
befinden  sich  zwei  An- 
sätze, von  denen  der 
eine  einen  Glashahn  h.j 
trägt,  der  zum  Auslassen 
des  Quecksilbers  dient 
und  der  andere  in  ein 
7  nun  im  äußeren  Durch- 
messer betragendes  und 
18  CM  hohes,  mit  einem 
offenen  Trichter  ver- 
sehenes Steigrohr  St 
übergeht.  Dieser  Gaso- 
meter ruht  auf  einem 
gedrehten  Holzgestell, 
welches  auf  einer  Grund- 
platte aus  Holz  ruhend, 
so  hoch  ist,  daß  das 
früher  erwähnte  seitlich 
gebogene  Röhrchen  ge- 
nau mit  der  Höhe  der  Ab- 
sorptionsapparatc  und 
der  Mitte  der  Verbren- 
nungsröhre während  der 
Verbrennung  überein- 
stimmt. Auf  der  er- 
wähnten      Grundplatte 

aus  Holz  findet  auch  eine  100  cm ^  fas.sende  Kristallisierschale  (Kr)  aus(ilas 
mit  ebenem  Roden,  zyhndrischen  Wänden  und  einem  Schnabel  ihren  l'latz. 
in  welche  der  früher  erwähnte  Auslaufhahn  des  Gasometers  hineinragt  und 
die  Restimmung  hat,  das  abgelassene  Quecksilber  aufzunehmen. 

Zu  diesem  (lasometor  gehört  noch  ein  Trichter  mit  feiner  Öffnung: 
er  ist  aus  einer  2  cm  im  Durchmesser  starkwandigen  und  !•  rm  langen 
Glasröhre  gefertigt,  die  sich  au    ihrem    unteren  ]%nde  plötzlich  stark  ver- 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemischen  Arbeitsmethoden.  V.  ,S3 


Qaecksilbergasometer  (Vi  nat.  GröOe). 
Äi  oberer  H.ihii.   h-^  unterer  lliihu.  Injl  horiKnntalo»  Anaatzr>>hrrlien. 
Sl  Steigrohr.   Kr  KristallisiiTScIialc  mit  Ubrh'lni«  darauf.    Tr  Kapillar- 
trichter. 


1314 


Fritz  Pregl. 


jungt  und  in  eine  Kapillare  übergeht,  welche  dem  aufgegossenen  Queck- 
silber den  Durchtritt  nur  in  einem  Tempo  gestattet,  wie  es  der  Gasstrom, 
während  einer  gut  geleiteten  ^'erbrennullg  haben  soll,  d.  d.  die  Füllung  des 
Ganzen  Gasometers  durch  diesen  Trichter  soll  mindestens  15  Minuten  in 
Anspruch  nehmen. 

Außer  der  Erfüllung  des  schon  genannten  Zwecks,  die  aus- 
getretenen Gase  einer  nochmaligen  Verbrennung  zuzuführen, 
stellt  dieser  Apparat  eine  Vorrichtung  dar,  mit  welcher  es  wie 
mit  keinem  anderen  Mittel  möglich  ist,  die  Gleichmäßigkeit  der 
vor  sich  gehenden  Verbrennung  zu  beurteilen,  denn  wenn  zuviel 
Substanz  auf  einmal  verbrennt,  so  gibt  sich  dies  sofort  in  einem 
starken  Sinken  des  Quecksilbers  im  Steigrohr  kund,  weil  sowohl 
durch  die  Absorption  der  reichlich  gebildeten  Kohlensäure,  so- 
wie durch  die  Bindung  von  Sauerstoff  an  etwa  reduziertes 
Kupfer  eine  starke  Verminderung  des  Innendrucks  entsteht. 

Der  Apparat  zum  Trocknen  des  Sauerstoffs  und  der  Luft. 

Schon  seit  Jahren  habe  ich  für  diesen  Zweck  liei  Verbrennungen  nach 
dem    älteren  \'erfahren   einen  Apparat   nach    meinen  Angaben  verwendet,. 


Fig.  279. 


•U-Rohr  mit  Blasenzähler  zum  Trocknen  und  Eeinigen  des  Sauerstoffs  und  der  Luft. 

B  Blasenzähler. /Glaswollflocken,  mit  50%  Kalilauge  befeuchtet.  3/ Glaswollbäuschchen,  c/(  Chlor- 

kalzinm,  schaumig,  pfeiferkorngroß.  »r  W'attebänschchen. 

der  sich  zu  diesem  Zweck  seiner  Einfachheit  halber  und  seiner  großen 
Sicherheit  wegen  mit  bestem  Erfolg  bewährte.  Für  das  hier  zu  beschrei- 
bende Verfahren  benutzte  ich  im  Prinzip  denselben  Apparat,  nur  ist  er  den 
geänderten  Größenverhältnisseu  entsprechend  kleiner.  Er  besteht  im  wesent- 
lichen aus  einer  U-Röhre  (Fig.  279),  deren  Schenkel  7—8  cm  hoch  und  aus 
einer  Röhre  von  12  mm  Durchmesser  hergestellt  sind.  Die  beiden  Schenkel 
besitzen,  wie  sonst  die  U-Röhren,  seitliche  Ansätze.  Der  eine  dieser  beiden 
Ansätze  ist  jedoch  bei  diesem  Apparat    in   unmittelbarer  Verbindung  mit 


Die  fiuantitative  Mikroelementaranalyse  oiganisclier  Siilistan/ou.  \'^\^ 

einem  Blasenziihler  von  ehv;i  17  ]><  mm  Diiichinosser  und  ■>  ,„>  Lin{re, 
der  sich  in  seinem  oberen  Kndc  cheiif.-dls  auf  den  Dinrlimesser  von  li'mm 
verjüniit.  In  diesen  lilasenzäliler  hinein  führt  (his  zweite  seitliche  Aiisatz- 
rohr.  durch  welclies  der  bei  der  \("rlirennun<,'  bcnöti^'te  Sauerstoff  eintritt. 
Es  setzt  sich  in  das  Innere  des  l'.lasenzidders  nach  unten  in  I'orni  eines 
erweiterten  Rohres  fort.  Dieser  F.lasenzidih'i-  liat  die  llrstiuimun«:.  mit  so- 
viel öOVoigei"  Kalilauge  gefüllt  zu  werden,  dal',  das  konisch  verjün-tc  Knde 
des  inneren  sich  erweiternden  Kndteiles  1—2  mw  unter  (his  Niveau  der 
Kahlauge  eintaucht.  Unter  diesen  rmständcn  ist  auch  im  Falle  der  lUick- 
stanung  des  Gases  ein  Austreten  von  Kalilauge  nicht  zu  Ix-fürchteu.  weil 
sie  in  der  erwähnten  Erweiterung  einen  i'latz  finden  würde.  Der  dem 
Rlasenzähler  benachbarte  Schenkel  des  E-Kohres  wird  mit  (iiaswollcfldckeii 
gefüllt,  die  zuvor  in  einer  Schale  mit  wenig  r)Oo  „igcr  Kalilauge  bi-leuchtet 
wurden.  Im  zweiten  Schenkel  des  I'-Kohres  befindet  sich  zwischeu  Glas- 
wolle schaumiges  Chlorcalcium. 

Das  Verbrennungsgestell. 

Ein  eigentlicher  Verbrennungsofen  ist  für  die  Durchführung  solcher 
Miniaturverbrennungen  durchaus  nicht  erforderlich.  Es  genügt  dazu  ein 
einfaches,  aus  Schwarzblech  gefertigtes  Gestell,  welches  gestattet,  dal',  (his 
Verbrennungsrohr  in  horizontaler  Lage  in  einer  Höhe  von  etwa  22  mi  be- 
([uem  Platz  findet.  Die  zwei  seitlichen  Teile  (Fig.  287,  .Sj  .Sj),  welche  oben  je 
einen  rechtwinkeligen  Einschnitt  tragen,  in  welchem  das  Verbrennungsrohr 
Platz  finden  soll  und  die  nach  unten  verlängert  die  Fülie  des  ganzen  (Je- 
stelles  vorstellen,  sind  durch  drei  leicht  abnehmbare  P.andeisen  (Fig.  2S7,  yw) 
in  der  gegenseitigen  Entfernung  von  \6  cm  gehalten.  Das  eine  der  drei 
Bandeisen  verbindet  die,  dem  Experimentator  abgekehrten  hinteren  Fuß- 
paare, die  beiden  andern  verlaufen  zu  beiden  Seiten  der  Verbrenmnigsn.hre 
und  verbinden  die  korrespondierenden  Flanken  der  beiden  rechtwinküiren 
oberen  Einschnitte.  Auf  diese  beiden  Bandeisen  läßt  sich  ein  rechtwinklig 
M-förmig  gebogener  Eisendraht  als  Auflage  für  ein  rechtwinklig  gebogenes 
Drahtnetz  anbringen. 

Der  Diffusionsstöpsel  (Fig.  280.  />i. 

Er  hat  eine  Länge  von  4  cm  und  besteht  aus  einer  Jenaer  Martgias- 
röhre  von  5 — ßmm  äußerem  Durchmesser,  die  einerseits  abgeschmolzen, 
andrerseits  stark  verjüngt  und  ausgezogen  ist.  Das  ausgezogene  Ende  wird, 
ohne  daß  es  dabei  zur  Verschließuug  des  Lumens  käme,  in  der  Flamme 
zu  einem  Häkchen  gebogen,  an  welchem  sich  dieser  Diffusionsstüpsel  aus 
der  Verbrennungsröhre  mittelst  eines  Drahtes  leicht  herausziehen  Ifllit.  Der 
zylindrische  Teil  dieses  Diffusionsstöpsels  ist  mit  einer  einfachen  Lage 
dünnen  Platinblechs  umwickelt.  Durch  .scharfes  Erhitzen  in  der  (iebläse- 
flamme  wird  dieses  Platinblech  zum  dauernden  Haften  am  (üase  gebracht. 
An  das  geschlossene  Ende  schmilzt  man  eine  aus  etwa  rt  feinen,  1  ctn 
langen  Platindrähten  gebildete  Quaste  an.  (Siehe  Fig.  2S().  />.) 

83* 


1316  ^"tz  Pregl. 

Das  Verbrennungsrohr. 

Es  besteht  aus  einer  Jenaer  Hartglasröhre  von  9 — 10  mm  äußerem 
Durchmesser  und  25  cm  Länge.  Das  eine  Ende  verjüngt  man  durch  anfäng- 
hches  Ausziehen  und  späteres  Zusammenfallenlassen  in  der  Flamme  derart, 
daß  dadurch  ein  10  ?>«m  langes,  dickwandiges  Röhrchen  von  4wwi  äußerem  und 
entsprechend  geringerem  inneren  Durchmesser  entsteht.  Dieser  ,. Schnabel''  (s) 
wird  erst  auf  Carborundumpapier  so  abgeschliffen  und  später  auf  feinem 
Schmirgelpapier  nachpoliert,  daß  seine  Mündung  auf  der  Achse  des  ganzen 
Rohres  normal  steht.  Diese  Einrichtung,  welche,  so  viel  mir  bekannt,  zuerst 
Kopf  er  in  Anwendung  gezogen  hat,  war  für  das  Gelingen  des  Verfahrens  von 
entscheidender  Wichtigkeit,  da  ja  doch  der  Kautschuk  für  den  Zweck  der 
Verbrennungsanalyse  an  und  für  sich  sehr  wenig  Eignung  besitzt;  ist  er 
ja  doch  hygroskopisch  und  gestattet  er  dem  Kohlendioxyd  willig  den  Durch- 
tritt. Die  VerSchließung  des  Verbrennungsrohres  mit  einem  Kautschuk- 
pfropfen bei  einem  Verfahren,  welches  auf  die  Wägung  der  Kohlensäure 
und  des  Wassers  in  seiner  Gesamtheit  angewiesen  ist,  mußte  das  Resultat 
stets  nachteilig  beeinflussen  und  daher  wurde  überall  darauf  gesehen,  daß 
der  Gasstrom  an  keiner  Stelle  mit  der  Kautschukoberfläche  in  Berührung 
kommt  und  insbesondere  wurde  der  Anschluß  der  Verbrennungsröhre  an 
das  Chlorcalciumrohr  durch  eine  Kautschukschlauchverbindung  hergestellt, 
welche  sich  zur  Hälfte  auf  dem  Schnabel  des  Verbrennungsrohres,  zur  Hälfte 
über  das  Rohr  des  Chlorcalciumröhrchens  erstreckt.  Es  hat  sich  ferner  als 
wichtig  erwiesen,  daß  diese  Schlauchverbindung  so  angelegt  wird,  daß 
nicht  nur  innerhalb  dieser  Glas  an  Glas  zur  Berührung  kommt,  sondern 
daß  der  übergestülpte  Kautschukschlauch  überdies  der  Länge  nach  über 
dem  Röhrchen  gestreckt  erscheint,  wodurch  für  die  Dauer  der  Analyse 
die  innigste  Berührung  der  aneinander  gefügten  Glasteile  gewährleistet 
ist.  Eine  Außerachtlassung  dieser  Vorschriften  war  stets  von  Mißerfolgen 
begleitet. 

Die  Füllung  und  Herrichtung  des  Verbrennungsrohres. 

A.  Für  die  Verbrennung  von  Körpern,  welche  nur  C,  H 
und  0  enthalten. 

Man  schiebt  bis  zum  Schnabel  des  Rohres  einen  1  cm  langen  Pfropfen 
Glaswolle  (gl),  auf  diesen  eine  4: cm  lange  Schichte  von  Kupferoxydasbest 
(Cu  0)  (nach  den  Angaben  des  Verf.  bereitet  ihn  die  Firma  E.  Merck), 
dem  man  zweckmäßigerweise  etwas  drahtförmiges  Kupferoxyd  (Kahlbaum) 
beimengt,  um  der  sonst  leicht  zusammendrückbaren  Masse  festeren  Halt 
zu  geben,  darauf  ein  kleines  Bäuschchen  Seidenasbest  (As),  auf  dieses 
locker  gefüllten  Pt-Asbest  (Ptj.  den  man  wieder  durch  ein  kleines  Bäuschchen 
Seidenasbest  (As)  vor  der  nun  folgenden  4:  cm  langen  Schichte  Kupfer- 
oxydasbest (Cu  0)  schützt ,  auf  diese  wieder  ein  Bäuschchen  Seidenasbest 
(As)  und  dann  ein  zusammengefaltetes  Stück  Platinblech  oder  Platinasbest 


Die  quantitative  Mikroclementaranalyso  organischer  Substanzen.  Dil  7 


(Pt)  von  1  cm  Länge.^)  Die  zwoiinalij^o  \'er\v(*n- 
duiig  von  Platin  als  Kontaktsuhstanz  hat  seinen 
Grund  in  der  l-ljorlo^unii-.daß  erstens  Platin  schon 
bei  niedrigerer  Temperatur  als  das  Kupferoxyd 
die  Verbrennung  einzuleiten  vei-mag.  und  dal', 
zweitens  auch  in  dem  Falle,  als  an  der  ersten 
Stelle  schon  Sauerstoffmaugel  aufgetreten  sein 
sollte,  an  der  zweiten  Platinfiillung  wahrschein- 
lich noch  elementarer  Sauerstoff  aus  einem 
fi-üheren  Stadium  der  Verbrennung  vorhanden 
sein  dürfte. 

B.  Für  die  Verbrennung  von  Kör- 
pern, welche  außer  C,  H  und  0  auch  N, 
Halogene  oder  S  enthalten.  (Fig.  2S0.) 

Auf  den  im  verjüngten  Teil  des  Rohres 
l)efindlichen  Glaswollstöpsel  bringt  man  in  diesem 
Falle  eine  Schichte  von  2*5 — 8  cm  gekörntes 
P>leisuperoxyd  (Bl)  von  Hanfkorngi-öße  (E.  Merck), 
darauf  ein  Piiuschchen  Seidenashest ,  und  auf 
dieses  die  Füllung  von  derselben  Art  und  Aus- 
dehnung, wie  sie  in  A.  geschildert  ist. 

Um  das  Bleisuperoxyd  dauernd  auf  der 
erforderlichen  Temperatur  von  180 — 200"  zu 
erhalten,  wickelt  man  um  das  Rohr  einen  5  cm 
breiten  Streifen  von  ausgeglühtem  Kupferdraht- 
netz (Sp)  in  4  straffen  Lagen,  legt  auf  die 
4.  Lage    ein  I-förmig    gestaltetes    Stück 

Kupferdraht  (Kd),  den  .sogenannten  ..Heizdraht", 
und  wickelt  darübei*  wieder  3 — 4  Lagen  Kupfer- 
drahtnetz. Der  verwendete  Kupferdraht  sei  ca. 
Vb  mm  dick,  die  Länge  der  beiden  Schenkel 
betrug  7  cm,  und  die  Länge  des  Zwischenstückes 
14  mm.  Nach  Limschnürung  der  Kupferrolle  mit 
feinem  Kupferdraht  an  beiden  Enden ,  schiebt 
man  sie  so  zurecht,  daß  das  ein(>  Ende  mit  dem 
Beginn  der  Verjüngung  der  Röhre  zusammen- 
fällt, und  zieht  den  dai'in  befindlichen  l)raht- 
bügel  soweit  vor-  oder  rückwärts,  daß  sein  ge- 
bogenes Zwischenstück  nach  dem  Herunterbiegen 
die  Stelle  des  Rohres  fest  b<'rührt.  wo  sein 
konischer  Teil  in  den  engen  Schnabel  übei-geht. 

Bei  dieser  Anordnung  werden  die  freien 
Enden    der   Schenkel    ca.  1  cm    weit    über    die 


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^)  Siehe  darüber  aucli    Höhlt rnKdui  und  Scholl,  Her.  4;5.  .>.  .{42—343.  welche  darin 
über  eine  von  Ji.  Wcitzcnböck  ausgearbeitete  Methode  berirhton. 


1318  Fritz  Pregl. 

Kupferrolle  hinausragen   und  dadurch  beim  Gebrauch  in  das  Bereich    der 
Flamme    kommen,    während    das  durch  Leitung    erwärmte  Zwischenstück- 
die  Kondensation  von  Wasser  im  Schnabel  dauernd  verhindern  wird. 

Den  hinter  diesem  einfachsten  Luftbad  befindUchen  Anteil  des  ge- 
füllten Rohres  umwickelt  man  zur  Schonung  und  der  gleichmäßigeren  Er- 
hitzung wegen  mit  einer  einfachen  Lage  feuchten  Asbestpapieres ,  und 
nach  völliger  Trocknung  dieses  mit  einer  einfachen  Lage  ausgeglühten 
Eisendrahtnetzes. 

Das  weite,  hintere  Ende  des  Verbrennungsrohres  verschließt  man, 
nachdem  man  die  Ränder  in  der  Flamme  hat  ablaufen  lassen,  mit  einer 
5  cm  langen,  -imm  im  äußeren  Durchmesser  betragenden  Thermometerröhre 
(Th),  die  zu  einer  Spitze  ausgezogen  ist,  indem  man  bis  etwa  in  die 
Mitte  dieses  Röhrchens  ein  ringförmiges  Stückchen  eines  passenden  Kaut- 
schukschlauches (R)  darüberschiebt.  Wie  aUe  Kautschukdichtungen  und 
-Verbindungen,  soll  auch  diese  mit  einer  unwägbaren  Spur  Glyzerin  be- 
feuchtet werden. 

Für  die  Ausführung  von  C-H-Bestimmungen  und  auch  für  die  N-Be- 
stimmungen  genügt  ein  gewöhnlicher  Tisch  (an  dem  zwei  Gashähne  für 
die  beiden  Brenner  zur  Verfügung  stehen) ,  auf  dessen  Platte  man  zum 
Schutz  gegen  die  strahlende  Wärme ,  aber  auch  aus  Rücksichten  der  Rein- 
lichkeit ein  Stück  glattes  Packpapier  auf  breitet.  Hingegen  dürfte  die  Wahl 
des  Raumes,  in  welchem  die  Verbrennungen  gemacht  werden  sollen,  nicht 
gleichgültig  sein,  wenigstens  vermeide  ich  es,  solche  Bestimmungen  im 
Laboratorium  zu  einer  Zeit  zu  machen ,  wo  die  Luft  massenhaft  mit  Gasen 
und  Dämpfen  geschwängert  ist. 

Die  Reinlichkeit  sämtlicher  Operationen  erlaubt  es,  die  C-H-Bestim- 
mungen im  Wagezimmer  auszuführen.  Übrigens  sind  sämtliche  schwingende 
Teile  der  Wage  platiniert,  also  kaum  angreifbar. 

Die  so  vorbereitete  Verbrennungröhre  legt  man  derart  in  das  Ver- 
brennungsgestell,  daß  die  KupferroUe  darüber  hervorragt  und  gleichzeitig 
die  eine  Seitenwand  desselben  berührt.  Die  beiden  freien  Enden  des  Draht- 
bügels befinden  sich  oben,  zu  beiden  Seiten  der  Röhre,  und  werden  ins 
Bereich  des  unter  ihrer  Füllung  befindUchen  Flachbrenners  hineinragen. 
Den  gefüllten  Teil  des  Rohres  innerhalb  des  Gestelles  bedeckt  man  mit 
einer  Asbest-  oder  Eternitplatte  von  7  cm  Länge  und  5  cm  Breite.  Das  das 
hintere  Rohrende  verschließende  Thermometerröhrchen  verbindet  man  mit 
Hilfe  eines  mit  Glyzerin  etwas  befeuchteten  Gummischlauchstückes  mit 
dem  an  einem  kleinen  Eisenstativ  hängenden  Apparate  zum  Reinigen  und 
Trocknen  des  Sauerstoffes  und  der  Luft,  indem  auch  hier  Glas  an  Glas 
in  Berührung  kommen,  und  verl)indet  diesen  Apparat  mittelst  eines  längeren 
Gummischlauches  mit  dem  Sauerstoffgasometer.  Mit  einem  guten  Schrauben- 
quetschhahn  reguUert  man  den  Sauerstoffstrora  so,  daß  etwa  2 — 3  Blasen 
(höchstens  4!)  in  der  Sekunde  den  Blasenzähler  passieren.  Zum  Zwecke 
des  Ausglühens  bringt  man  den  Flachbrenner  zuerst  auf  2  Minuten  unter 
den  leeren  Teil,  dann  unter  den  gefüllten  Teil  des  Rohres. 


Die  quantitative  Mikroclcnieiitaranalysc  orgaiiisclier  Siilistan/.oii.  I;il9 

Sehr  wichtig  für  das  Krg('l)iiis  der  Analyse  ist  die  Teinpfratur  der 
Kupferrolk'.  Zu  deren  Messung  bediene  ich  mich  zweier  Sul>stan/en  von 
bekanntem  Schmclzpunivt ,  die  auf  die  einzelnen  Ab.srhnitte  diT  HoUe  mit 
einem  zNvischen  den  Lippen  befeuchteten  l'latindraht  aufgestäubt  werden. 
An  dem  Ende  der  Rolle,  das  dem  Rohrschnabel  niiher  liegt,  soll  wohl 
Cholesterin  (F==146<'),  nicht  aber  C'holalsäure  (F=197")  schmelzen:  am 
anderen  Ende  sowie  auf  der  daran  angrenzenden  Hälfte  der  Rolle  sollen  beide 
schmelzen.  Die  Einstellung  der  Temperatur  eiiolgt  durch  \'erschiebuiig  der 
Flamme,  nötigenfalls  durch  Kürzung  der  beiden  ins  Flammenbereich  hinein- 
ragenden Drahtenden.  Bei  Wiedereiuhaltung  derselben  r.edjngungen  wird 
man  bei  demselben  Rohr  immer  wieder  dieseliten  Temperatinncrhältnisse 
erzielen.  Sollte  einmal  versehentlich  die  Temperaturgrenze  überschritten 
worden  sein  oder  das  IJleisuperoxvd  stark  hellere  NCrfärbungen  zeigen,  so 
wechsle  man  es  oder  verdampfe  zum  mindesten  wähn  nd  iU's  .Vusghihens 
einen  Tropfen  konzentrierter  Salpetersäure,  den  man  im  Schiffchen  in  das 
Verbrennungsrohr  eingeführt  hat. 

Ist  der  Sauerstoff  Strom  in  der  geschilderten  Weise  während  des 
Ausglühens  durch  10  Minuten  durch  das  Rohr  geschickt  worden .  so  kann 
man  mit  der  Verbrennung  beginnen. 

Die  Absorptionsapparate. 

Für  den  Bau  dieser  war  von  allem  Anfange  an  die  Vermeidung 
komplizierter  Oberflächen,  einspringender  Winkel  und  vorspringender  Kanten 
geboten.  AnfängUch  verwendete  ich  solche  aus  gewöhnlichem  Epiouvetten- 
glas  mit  einem  äußeren  Durchmesser  von  14;///^/  und  einem,  die  Absorp- 
tionsmittel aufnehmenden  Raum  in  einer  Länge  von  14  cw.  Bei  diesem 
immerhin  großen  Raum  war  der  Einfluß  der  Temperatur  bei  der  fiewichts- 
bestimmung  so  groß,  daß  es  stets  mühsamer  Wiederholungen  iler  Wägungen 
erforderte,  bis  die  richtige  endgültige  Zahl  ermittelt  werden  konnte.  Im  vor- 
letzten Sommer  war  diese  große  Abhängigkeit  von  der  Temperatur  wegen 
der  hohen  Sommertemperatur  in  Graz  nicht  sehr  auffällig  störend.  Anders 
hingegen  gestaltete  sich  die  Sache  während  der  kühlen  Herbsttage  in  Inns- 
bruck^ wo  immer  lange  Zeit  erforderlich  war,  um  das  endgültige  (iewicht 
der  Absorptionsapparate  zu  ermitteln.  Daher  habe  ich  bald  darauf  den 
Apparaten  eine  Form  gegeben,  welche  sie  im  höchsten  (Jrade  unabhängig 
macht  von  den  störenden  Temperatureinflüssen.  Für  die  Ab.sorption  des 
Wassers  sowie  des  Kohlendioxyds  werden  röhrchenförmige  Apparate  ver- 
wendet, welche  aus  einer  äußerst  dünnwandigen.  8  mw  im  äuluMen  Durch- 
messer messenden  Glasröhre  angefertigt  sind  (sogenanntes  ..Spindelglas", 
weil  daraus  Aräometerspindeln  gemacht  werden). 

A.  Beim  Chlorcalciumrolir  ist  der  Xnim  im  äußeren  Durch- 
messer mes.sende  Rohiabschnitt  7  n»  lang.  An  beiden  Enden  verjüngt 
er  sich  und  geht  in  4 mm  im  äußeren  Durchmesser  betragende,  starke 
Röhrchen  fr)  über.  Vor  dem  Ansetzen  des  zweiten  llöhrchens  füllt  man  in 
den  konisch  verjüngten  Teil   ein  Bäuschchen    festgestoi)fter  (ilaswolle  (gl). 


1320 


Fritz  Pregl. 


Fig.  281. 


hierauf  eine  6 cm  lange  Schicht  feinschaumigen  Chlorcalciums  von  Hirse- 
korngröße und  darauf  fest  angepreßt  neuerlich  ein  Bäuschchen  Glaswolle 
(gl).  Wenn  nun  das  zweite  Röhrchen  an  das  noch  offene  Ende  angesetzt 
wird,  so  bleibt  ein  1 — V/^cm  langer  Teil  (l)  des  Rohrinnern  leer  und 
dient  bei  der  Verbrennung  zur  Aufnahme  des  sich  kondensierenden 
Wassers  (Fig.  281). 

B.  Das  Kalirohr  (Fig.  282)  besitzt  in  seinem  mittleren  Teil  eine  Länge 
von  12  cm.  Auch  hier  mn\  die  Füllung  während  der  Anfertigung  vor  der 

Glasbläserlarape  vorge- 
nommen und  zwar,  nach- 
dem an  der  einen  Seite 
ebenfalls  ein  etwa  4  mw 
im  äußeren  Durchmesser 
messendes  starkes  Röhr- 
chen  (r)  in  der  Länge 
von  4 — bcm  angesetzt 
worden  ist.  Man  bringt 
dann  in  die  Verjüngung  ein  Bäuschchen  Glaswolle  (gl),  hierauf  eine  'dem 
lange  Schichte  von  Chlorcalcium  und  auf  diese  fest  gepreßt  ein  Bäuschchen 
Glaswolle  (gl).  Nun  schiebt  man  mit  einer  engen  Glasröhre  eine  Flocke 
(ß)  von  Glaswolle  bis  in  die  Nähe  des  Glaswollbäuschchens ,  so  zwar,  daß 
zwischen  beiden  ein  Raum  von  etwa  1  cm  vollkommen  leer  (I)  bleibt.  Nun 
füllt  man  eine  Strecke  von  6 — Sem  des  Rohres  mit  lockerer  Glaswolle, 
indem  man  Flocke  an  Flocke  (ß)  anreiht ,  verjüngt  es  am  Ende  mid  setzt, 

Fig.  282. 


i    9-1 


Ca^ 


eu 


grl  w 


Chlorkalziumrohr  (2/3  nat.  Gr.). 
r  Ansatzröhrchen.  w  Wattepfröpfchen.   gl  Glaswolle,  gestopft. 
l  leerer  Eaum.  CaCU  Chlorkalzium,  schaumig,  pfeffeikorngi-oß. 


fl 


s\ 


eaCi, 


ß-l        K7       r 


Kalirohr  (2/3  nat.  Gr.). 

»•  Ansatzröhrchen.    w  Wattepfröpfchen.   j   Verjüngungen  des  Lumens,  p?  Glaswolle,  gestopft. 

fl  Glaswollflocken.   /  leerer  Kaum.   CnC'l^  Chiorkalzium,  schaumig,  pfefi'erkorngroß. 


so  wie  an  dem  gegenüberliegenden  Ende,    das    4■»^w^    im  äußeren  Durch- 


te^-f!- 


messer  betragende  Verbindungsröhrchen  vor  der  Bläserlampe  an. 

Durch  Hineinhalten  des  mit  Glaswolle  gefüllten  Anteils  in  die  Bunsen- 
flamme  gelingt  es ,  die  Flocken  stellenweise  zum  Ansintern  zu  bringen  und 
ein  nachträgliches  Verschieben  der  F'locken  beim  Füllen  mit  Lauge  zu  ver- 
hüten. Durch  Verdickung  der  Wandstärke  der  beiden  Verbindungsröhrchen 
erzeugt  man  auf  einer  Strecke  von  2  mm  eine  Verjüngung  (j)  des  Lumens 
bis  auf  einen  i/oww.  Zur  Schonung  des  Chlorcalciums  schmilzt  man  die 
beiden  Verbindungsröhrchen  etwa   4:  cm  von  den  Ansatzstellen  entfernt  ab 


Die  quantitative  Mikroclementaranalyse  (ir(:anischer  Substanzen.  1;'>21 

und  kann  solche  KaliröhrchiMi  iinbofrronzt  hin^-e  vorrilti^r  Imltcii.  \(>r  dem 
Gehrauch  werden  die  abiicschmol/cncn  Kndeii  mit  dem  (dasmesser  ^^erade 
ahoeschuitten  und  die  beiden  Schnitt tliichen  ebenso  wie  bei  dem  Chlor- 
calciumrohr  zuerst  auf  Carhorundumpapier  eben  ^cschHt'lcn  und  auf  feinstem 
Schmirgelpapier  glatt  poliert.  Ins  Ansatziölirchen  nelieii  dem  CaCl,  >cbiebt 
man  eine  Flocke  Watte  halb  hinein,  schneidet  den  herausragen<U'n  Teil 
knapp  mit  der  Schere  ab  und  schiebt  das  darin  befindhche  Ende  bis  an  die 
kapillare  Verjüngung.  Dieser  kleine  Wattepfiopfen  ist  eine  Sicherung  gegen 
Gewichtsverluste,    die  durch  Verstäuben  von  CaCl  Itedingt   .sein  kiinnten. 

Zum  Zwecke  der  Fiülung  setzt  man  an  das  mit  CaClj  gefidite  Knde 
des  Kahröhrchens  mittelst  eines  Schlauchstückes  ein  altes  C'hlorcalciumrohr, 
an  dieses  einen  Kautschukscldauch  und  zieht  nun  öC'/oige  Kalilauge  .so 
weit  vorsichtig  auf,  als  die  locker  gestopfte  Glaswolle  reicht,  also  bis  zum 
leeren  Raum  von  1  cm  Länge  und  bläst  sie  nachher  aus.  Nach  vor- 
sichtiger Reinigung  des  gesamten  Kalirohres  mit  einem  feuchten  und  mit 
einem  trockenen  Lappen  und  nach  wiederholtem  .\uswischen  dei!.  nas.sen 
Ansatzröhrchens  mit  einem  auf  einen  Draht  aufgewickelten  Wattebäusch- 
chen verschließt  man  beide  Enden  mit  den  üblichen  Kaufschukversciiliissen. 
Dazu  verwende  man  15  )nm  lange  Stücke  eines  neuen,  streng  passenden 
Schlauches,  die  mit  Hilfe  einer  Feder  mit  Seife  und  Wasser  gut  au.sge- 
putzt  und  nach  dem  Trocknen  mit  einem  auf  einem  Zündholz  straff  auf- 
gewickelten Wattebausch,  der  mit  Glyzerin  befeuchtet  ist  und  danach  mit 
einem  zweiten,  trockenen  Wattebausch  ausgorieben  werden.  Dieselbe 
Rehandlung  haben  auch  alle  später  zu  erwähnenden  Schlauch- 
verbindungen, die  bei  xVusführung  der  Verbrennung  zur  Be- 
nutzung kommen,  zu  erfahren,  denn  die  unwägbare  Glyzerin- 
menge, die  dabei  im  Schlauch  zurückbleibt,  ermöglicht  nicht 
nur  ein  leichtes  Gleiten  über  den  Glasoberflächen  und  sicherere 
Anschlüsse  von  Glas  an  Glas,  sondern  setzt  vielleicht  sogai-  der 
Diffusion  von  Gasen  größeren  Widerstand  entgegen  als  reine 
Kautschukoberflächen.  Daher  ist  auch  nach  einiger  Zeit,  wenn 
die  Schläuche  „schwer  gehen",  diese  einfacln'  Trozedui-  zu 
wiederholen. 

F]in  so  beschicktes  Kalirohr  kann  für  zwei  \"eil>i-ennungen  X'erwen- 
dung  finden.  Bei  neuerlicher  Beschickung  mit  Kalilauge  hat  man  tlurch 
mehrmaliges  Ausziehen  und  Ausblasen  a^ou  Kalilauge  das  im  Röhrchen  ge- 
bildete Kaliumkarbonat  zu  entfernen.  Nach  etwa  10 — lömahgem  (^'brauch 
des  Röhrchens  ist  das  Ca  GL  schon  so  feucht  gewoiden.  dal'i  dadurch  Fehler 
bedingt  werden.  Um  es  zu  trocknen,  jagt  man  durchs  Rohr  einen  raschen 
Strom  von  trockenem  Sauerstoff  und  erwärmt  den  zuvor  mit  etwas  Kujifer- 
drahtnetz  umwickelten  Teil  des  Bohres,  welcher  das  Ca  Gl.,  enthält,  vor- 
sichtig über  einer  ruiienden  Gasflamme. 

Auch  das  Ca  CL-Rohr  muli  man  nach  etwa  10 — lömaligem  Gebrauch 
in  der  beschriebenen  Weise  entwässern.  Je  später  man  diese  Begeneration 
vornimmt,  desto  leichter  kann  es  zum  Schmelzen  und  Verst(H)fen  des  Bohr- 


1322  Fritz  Pregl. 

chens  kommen.  Nach  jeder  solchen  Regeneration  des  Ca  CL-Kohres  ist  es 
natürhch  notwendig,  die  bekannte  Sättigung  mit  CO,  vorzunehmen  und 
dieses  mit  Luft  zu  vertreiben. 

Die  so  gereinigten  und  verschlossenen  Absorptionsapparate  legt  man 
neben  die  Wage,  am  besten  auf  ein  in  jeder  Papierhandlung  um  wenig 
Geld  erhältliches,  meist  aus  Draht  angefertigtes  Gestelle  für  Federn  und 
Bleisteifte,  wo  jeder  Absorptionsapparat  nur  auf  2  Punkten  aufliegt.  Dort 
erfolgt  in  15 — 20  Minuten  der  vöUige  Temperaturausgleich,  die  wichtigste 
Voraussetzung  für  die  Bestimmung  des  wahren  Gewichtes. 

Zu  diesem  Zwecke  faßt  man  den  Absorptionsapparat  bei  dem  einen 
Kautschukverschluß  und  entfernt  den  zweiten,  wischt  das  zutage  getretene 
Röhrchen  mit  dem  mehrfach  zusammengelegten  Gazelappen  ab,  entfernt 
hierauf  die  erste  Verschlußkappe  und  reinigt  mit  dem  zweiten  Lappen 
dieses  Röhrchen.  Dieser  Vorgang  hat,  ohne  den  Absorptionsapparat  mit  der 
bloßen  Hand  zu  berühren,  rasch  und  leicht  zu  geschehen,  worauf  man 
diesen  an  einem  Ende  mit  dem  Lappen  haltend  auf  den  an  die  Wage 
gehängten  Doppelhaken  aus  Aluminiumdraht  (Fig.  1)  auflegt.  Das  Gewicht 
des  Chlorcalciumrohres  kann  sofort  bestimmt  werden ;  es  wiegt  etwas  über 
3g!  Für  das  Kalirohr  hingegen,  welches  rund  5^  (!)  wiegt,  ist  bei  der 
Wägung  sowohl  vor  als  nach  der  Verbrennung  folgendes  zu  beachten: 

1.  Wägt  man  ein  tadellos  verschlossen  gewesenes  Kalirohr  nach 
etwa  12  Stunden  weder,  so  wird  sich  nur  eine  Gewichtszunahme  von  we- 
nigen Vi 00  w'/7,  bei  hoher  Temperatur  und  Feuchtigkeitssättigung  der  Luft 
vielleicht  Vio  ^^^9  nachweisen  lassen. 

2.  Läßt  man  an  der  Wage  ein  offenes,  gewogenes  Kalirohr  2  bis 
3  Stunden  hängen,  so  beobachtet  man  bei  niedriger  Temperatur  (16°)  und 
geringem  Feuchtigkeitsgrad  Zunahmen,  welche  für  je  5  Minuten  höchstens 
001  mg  betragen,  während  das  Kalirohr  bei  hoher  Lufttemperatur  (25'') 
und  damit  verbundener  großer  absoluter  Feuchtigkeit  bis  zu  0*03  m//  in  je 
5  Minuten  zunehmen  kann. 

Diese  Gewichtsänderung  des  offenen  Kalirohres,  die  ich  seinen  ..Ab- 
sorptionsgang" nenne,  ist  also  im  Sommer  und  im  Winter  verschieden 
groß  und  bedingt  es,  daß  man  im  Winter  zwei  Wägungen,  die  zeitlich 
um  5  Minuten  auseinanderhegen  und  um  etwa  O'Ol  mg  differieren,  als 
Beweis  der  erreichten  Gewichtskonstanz  ansehen  muß,  während  an  heißen 
Sommertagen  jenes  Gewicht  als  das  richtige  genommen  werden  muß,  von 
dem  ab  das  Kalirohr  den  regelmäßigen  Absorptionsgang  zeigt.  Wie  die  Er- 
fahrung lehrte,  ist  dieses  Gewicht  sowohl  im  Sommer  als  auch  im  Winter 
sofort  oder  nach  5  Minuten  an  der  Wage  meist  erreicht,  wenn  das  Kali- 
rohr, wie  vorher  geschildert,  nach  20  Minuten  währendem  Liegen  neben 
der  Wage  beim  Anfassen  und  Auflegen  auf  diese  keine  Erwärmung  durch 
die  Finger  erfahren  hat. 

In  allerjüngster  Zeit  ist  es  mir  gelungen,  durch  eine  kleine  Ab- 
änderung an  den  beiden  Absorptionsapparaten  die  geschilderte  Erscheinung 
des  Absorptionsganges  vollständig  zu  beseitigen,   das  heißt,  die  Apparate 


Die  quautitative  Mikroelementaranalyse  organischer  Sultstaiizcn.  1S2H 

zeigten  im  Vorlaufe  einer  halben  Stunde,  auf  der  Waj^^e  offen  hänf,'en(L 
auch  nicht  die  geringste  Gewichtszunahme  inm-rhall»  der  ö.  DeziniaU*. 
während  die  früher  beschriebenen  zu  gleicher  Zeit  einen  Absorptionsgang 
von  002  my  in  je  5  Minuten  darboten.  Daher  ist  bei  den  neuen  Ai.paraten 
das  höchste  Gewicht,  welches  sie  nach  einigem  N'erweilen  auf  der  Wage 
zeigen,  auch  das  wahre  Gewicht,  und  es  cntfüllt  somit  bei  ihnen  die  Not- 
wendigkeit, das  wahre  Gewicht  durch  Extrapolation  auf  Grund  der  Kenntnis 
des  Absorptionsganges  zu  ermitteln.  Diese  neuen  Absorptionsapparate 
(Fig.  283)  unterscheiden  sich  von  der  früheren  Form  dadurch,  dali  sie  bei 
sonst  gleichgearteter  Füllung  etwas  dünner  sind  und  an  den  beiden  Knden 
eine  oliveuförmige  Erweiterung  von  zirka  lö  cm^  Inhalt  tiagen.  Jede 
dieser  Oliven  kommuniziert  durch  je  eine  kapillare  Verengerung  einerseits 
mit  dem  Innenraum,  andrerseits  mit  dem  Endröhrchen  und  hat  den  Zweck, 
der  diffundierenden  Feuchtigkeit  ein  breites  Strombett  darzubieten,  bevor 
sie  auf  das  sie  bindende  Absorptionsmittel  gelangt.  Die  Füllung  des  Kali- 


Fig.  283. 


Nene  Form  der  Absorptionsapparate  (^,3  nat.  Größe). 

röhrchens  geschieht  mit  Lauge,  wie  schon  früher  beschrieben,  nur  wird  in 
diesem  Falle  am  Schluß  die  mit  Kalilauge  benetzte  Olive  wiederholt  mit 
destilliertem  Wasser  ausgespült.  Die  kleineren  Dimensionen  dieses  Kali- 
rohres bedingen  es,  daß  vor  jeder  \'erbrennung  eine  neue  Füllung  mit 
Kalilauge  notwendig  ist.  Während  man  den  früher  beschrielienen  .Vbsorp- 
tionsapparaten  etwa  60  my  Kohlendioxvd  zumuten  dürfte,  kann  man  bei 
diesen  nur  auf  die  Absorption  von  etwa  40 — '^O  nuj  G(  )o  mit  Sicherheit 
rechnen.  Ein  weiterer  Vorteil  dieser  neuen  Absorptionsapparate  ist  daraus 
zu  ersehen ,  daß  wir  bei  Verbrennung  verläßlich  reiner  Substanzen  oft 
Unterschiede  gefunden  haben,  die  nur  in  der  zweiten  Dezimale  des  l'rozent- 
gehaltes  zum  Ausdruck  kommen. 

Mit  diesen  Apparaten  sind  auch  die  unter  (h)  auf  S.  1841»  angeführten 
Beleganalysen  durch  meinen  jetzigen  Assistenten  Herrn  />/•.  N.  Kd/Ixirher 
gewonnen  worden,  nachdem  er  von  mir  in  den  hier  beschriebenen  Methoden 
unterwiesen  worden  war.  Ich  bin  dadurch  erst  zu  dem  Erteil  gekommen, 
daß  sämtliche  hier  l)eschriebenen  Bestimmungsarten  von  einem  geschickten, 
ausgebildeten  Chemiker  in  8 — 10  Tagen  erlernt  und  beherrscht  werden 
können. 


1324  ^^^*2  Pregl. 

Vorbereitung  der  Substanz  zur  Analyse. 

Die  Wägung  der  Substanz  und  deren  Verbrennung  erfolgt  in  einem 
kleinen  Platinschif f eben  i )  (Fig.  284).  Dieses  habe  ich  mir  durch  Zusammen- 
biegen eines  Stückes  Platinblech  auf  einer  entsprechend  zugeschnittenen 
Form  aus  Holz  zusammengebogen.  Die  beiden  Schmalwände  stellen  Qua- 
drate von  4  mm  Seite  dar,  die  Länge  des  Troges  beträgt  15  mm,  die  des 
Griffes  6  mm.  In  der  Mitte  des  Griffes  ist  ein  rundes  Loch  von  2  mm 
Durchmesser  ausgestanzt.  Vor  jeder  Verbrennung  wird 
'^' '   ■  das   Schiffchen    in   verdünnter  Salpetersäure    ausgekocht, 

I  o  s         — -K     an   einem  Platinhäkchen   bis   zum  Verschwinden  der  Na- 

\. \1    Flamme   ausgeglüht  und    auf   einen  Kupferblock  gestellt. 

In  wenigen  Sekunden  erreicht  es  auf  diesem  die  Tempe- 
^^(nTrarSr  i'atur  des  Wagenzimmers.  Nach  der  Verbrennung  mancher 
Körper  erwies  sich  sein  Gewicht  auch  nach  dem  Aus- 
kochen mit  Salpetersäure  größer  als  zuvor;  Ausschmelzen  mit  saurem 
Kaliumsulfat  oder  Erhitzen  mit  Flußspat  und  Schwefelsäure  stellten  dann 
stets  wieder  sein  ursprüngliches  Gewicht  her.  Man  fasse  und  übertrage 
das  Schiffchen  z.  B.  vom  Kupferblock  auf  die  Wage  oder  ins  Verbrennungs- 
rohr stets  nur  mit  einer  rein  gewaschenen  und  geglühten,  mit  Platinspitzen 
versehenen  Pinzette. 

Ist  der  zu  analysierende  Körper  lufttrocken  zu  verwenden,  so  wird  er 
mit  Hilfe  der  rein  abgewischten  Spitze  eines  Federmessers  in  das  zuvor  offen 
gewogene  Schiffchen  in  einer  Menge  von  rund  \^mg  eingebracht  und  gewogen. 
Ich  habe  niemals  weniger  als  7  mg  und  nie  mehr  als  13  mg  angewendet. 
Vor  dem  Auflegen  auf  die  Wage  faßt  man  das  Schiffchen  mit  der 
Unken  Hand  mittelst  der  Platinpinzette,  klopft  zum  Zwecke  der  Verteilung 
der  Substanz  am  Boden  des  Schiffchens  einige  Male  mit  dem  Zeigefinger 
der  Piechten  auf  die  Linke  und  pinselt  das  Schiffchen  von  allen  Seiten 
sorgfältig  mit  einem  feinen  ^larderhaarpinsel  ab. 

I)ei  hygroskopischen  Körpern  verbietet  sich  die  Wägung  im  offenen 
Schiffchen,  und   man   ist  daher  genötigt,  sowohl   das  leere  Schiffchen,  als 

auch  dieses  samt 

Fig. 285. 

der  Substanz  m 
einem  Wägegläs- 
chen   (Fig.    285) 

unterzubringen. 
Um  den  Einfluß 
der  Erwärmung 
infolge  Anfassens 
des  Wägegläs- 
chens beim  Einführen  des  mit  der  Platinspitzenpinzette  gefaßten  Schiff- 
chens möglichst  auszuschalten,  habe  ich  beistehende  Form  gewählt;  die 
langen    und    dünnen    Griffe    nehmen,    da  ihre  Masse  klein  ist,   trotz  der 


Wägegläschen  für  das  Schiffchen  (nat.  Größe). 


')  Zu  beziehen  von  der  Platinsclmielze  Heraeus  in  Hanau  a.  M. 


I 


Die  quantitative  Mikroelementaraiialyse  organischer  Substanzea. 


1325 


cc> 


großen  Wärmekapazität  des  Glases  nur  sehr  wonig  Wärme  auf.  und  man 
erreicht  in  längstens  einer  Minute  die  gewünschte  (iewichtskonstau/. 

Es  soll  ausdrücklich  hervorgehoben  werden .  dall  das  Wägegläscht-n 
weder  im  Kxsikkator  noch  hei  höherer  Temperatur  getrocknet  werden 
darf;  mau  hebe  es  stets  unter  einer  (Hocke  im  Wagezimmer  aui,  damit 
seine  Oberfläche  seine  konstante  Sättigung  mit  Wasser  beibehält. 

Ist  es  notwendig,  den  Körper  zu  trocknen,  so  wird  man  ihn  samt 
Schiffchen  entweder  in  den  Kxsikkator  auf  ein  Uhrglas  stellen  oder,  wenn 
höhere  Temperaturen  er- 
forderlich sind,  sich  am  fsr. 28«. 
besten  des  kleinen  Apparat- 
chens (Kig.  286)  bedienen, 
das  durch  die  nebenste- 
hende Zeichnung  darge- 
stellt wird.  Durch  Wahl  des 
in  das  50  cm*  fassende 
Erlenmeyerkölbchen  (E) 
eingefüllten  Lösungsmittels 
(Alkohol,  Wasser,  Kisessig. 
Xylol  etc.)  bestimmt  man 
die  Temperatur,  bei  welcher 
getrocknet  werden  soll.  Die 
im    gewogenen   Schiffchen 

abgewogene  Substanz 
schiebt  man  in  die  kleine 
Eprouvette  bis  an  deren 
Ende,  indem  man  das 
Schiffchen  (s)  zum  Schutz 
vor  Beschmutzung  auf  ein 
kleines  Stück  Messingblech 
stellt  und  dieses  vorschiebt. 
Nahe  der  Öffnung  dieses 
Röhrchens  stellt  man,  eben- 
falls auf  einem  IJlechstück- 
chen,  ein  etwa  doppelt  so  großes  Platinschiffchen  (S),  das  mit  dem  entspre- 
chenden Trockenmittel  gefüllt  ist.  Meist  lege  ich  lange  Asbestfasern  hinein 
und  befeuchte  sie  mit  5 — 8  Tropfen  konzentrierter  Schwefelsäure.  Durch 
ein  unter  dem  herausragenden  Teil  der  Kprouvette  angebrachtes  Stück 
Asbestpappe  schützt  man  das  Trockenmittel  vor  Erwärmung.  Die  Mün- 
dung des  Röhrchens  wird  mit  einem  mit  Glashahn  (H)  versehenen  (Jummi- 
stopfen  {"G)  verschlossen  und  mit  der  Wasserstrahlpumpe  evakuiert.  Dieses 
Auspumpen  ist  zu  wiederholen,  sobald  die  Flüssigkeit  im  Kölbchen  ins 
Sieden  geraten  und  der  Rückflußkühler  (B)  in  lebhafte  Tätigkeit  gekom- 
men ist.  In  der  Regel  genügt  ö — 10  Minuten  währende  Trocknung,  um 
bei  zirka  10  tng  Substanz  Gewichtskonstanz  zu  erreichen. 


Apparat  zum  Trockueu  im   Vakunra  bt-i  konstant    hoher 
Temperatur. 
E  Krlenmpyerkölbchen  mit  SiedettUssiRkeit  und  3  Sii'depfrlen 
aus  Torzfllan.     Fi    Kückflullkiihler.     }J  Glaehiibn.     '/  (iummi- 
stopt'en    (die    übrigen    sind  Korke).    »  Schiffchen    mit    der  ge- 
wogenen Substanz.  S  groUes  Schiffchen  mit  Ahsorptionsmittel. 


1326  Fritz  Pregl.     . 

Die  Ausführung  einer  Verbrennung  (Fig.  287). 

Während  des  Ausglühens  des  Verbrennungsrohres  benutzt  man  die 
Zeit  zur  Wägung  der  Substanz  und  der  beiden  Absorptionsapparate.  Die 
Übertragung  der  verschlossenen  Apparate  zur  Stelle,  ^Yo  verbrannt  wird, 
erfolgt  auf  dem  schon  er^Yähnten  Drahtgestelle;  die  der  Substanz  im  Schiff- 
chen auf  dem  Kupfer])lock  (K)  im  Handexsikkator.  Nun  fügt  man  das  mit 
dem  Wattepfröpfchen  versehene  Röhrchen  des  Chlorcalciumrohres  (ch)  mit 
dem  leeren  Ansatzröhrchen  des  Kalirohres  (k)  mit  Hilfe  eines  15  mm 
langen  Stückes  dickwandigen,  nahtlosen  Kautschukschlauches  so  an- 
einander, daß  beide  Absorptionsapparate  infolge  der  Längsdehnung  des 
Schlauchstückes  über  den  Glasteilen  aneinandergepreßt  werden  und  ein 
starres  Ganzes  bilden.  Hierauf  schiebt  man  über  das  freie  Ansatzröhrchen 
des  Chlorcalciumrohres  zur  Hälfte  ein  nur  12  mm  langes  Schlauchstück, 
legt  das  Ende  des  Kalirohres  auf  ein  entsprechend  hoch  gestelltes  Stativ- 
chen (st)  und  setzt  nun  bei  festgehaltenem  Verbrennungsrohr  die  Absorp- 
tionsapparate an  dieses  wieder  derart  an,  daß  dabei  das  Schlauchstück  die 
erforderliche  Längsdehnung  erfährt.  Dann  schUeßt  man  den  Quetschhahn 
der  Sauerstoffzuleitung  vollständig. 

Das  offene  Ende  des  Kalirohrs  wird  genau  in  die  gleiche  Höhe 
gebracht,  welche  die  Mündung  des  rechtwinklig  umgebogenen  oberen  Röhr- 
chens des  Quecksilbergasometers  (G)  besitzt,  über  das  man  zuvor  schon 
einen  Kautschukschlauch  geschoben  hat.  Nun  öffnet  man  durch  Ent- 
fernung des  Thermometerröhrchens  mit  dem  Kautschukring  das  hintere 
Ende  des  Verbrennungsrohres  und  bringt  das  Schiffchen  mit  der  Substanz 
mit  Hilfe  der  Pinzette  ins  Rohr,  schiebt  es  mit  einem  Glasstabe  (g)  nur 
so  weit  vor,  daß  die  Substanz  dort  weder  schmilzt  noch  sonst  eine  Ver- 
änderung erfahren  kann,  faßt  mit  der  Pinzette  den  früher  beschriebenen 
Diffusionsstöpsel,  glüht  ihn  in  allen  seinen  Teilen  in  der  rauschenden 
Bunsenflamme  kurz  aus  und  führt  ihn  so  bis  an  das  Schiffchen  heran,  daß 
die  Platincjuaste  es  umfaßt.  Hierauf  verschließt  man  wieder  sofort  das  Ver- 
brennungsrohr und  indem  man  das  Endröhrchen  des  Kalirohres  mit  zwei 
Fingern  der  linken  Hand,  die  sich  dabei  auf  den  Gasometer  stützt,  faßt  und 
mit  der  rechten  Hand  das  über  dem  rechtwinkebg  umgebogenen  Röhrchen  des 
Gasometers  befindliche  Schlauchstück  in  schraubenförmigen  Touren  zur  Hälfte 
darüberschiebt,  bewirkt  man  die  Verbindung  des  Kalirohres  (k)  mit  dem  Iimen- 
raum  des  Gasometers.  Hierauf  nimmt  man  die  unerläßliche  Prüfung  auf 
Dichtigkeit  des  ganzen  Systemes  vor.  Zu  diesem  Zweck  öffnet  man  zuerst 
den  oberen  Hahn  des  Gasometers  vollkommen  und  hierauf  den  unteren  so  weit, 
daß  eine  Niveaudifferenz  von  zirka  5  ci)i  entsteht,  worauf  man  den  unteren 
Hahn  wieder  schließt.  Diese  Druckdifferenz  muß  nun  mindestens  eine  Minute 
lang  vollkommen  ungeändert  bestehen  bleiben,  widrigenfalls  die  Llndichtig- 
keit  behoben  werden  muß.  In  der  Regel  ist  es  das  kurze  Schlauchstück 
zwischen  Schnabel  und  CaClg-Rohr,  seltener  der  hintere  Verschluß  des 
Verbrennungsrohres;    oft  können  diese  Mängel  lediglich  durch  neuerliches 


Die  quantitative  iMikiuclcmentaraualyse  organischer  Substanzen. 


m 


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Auswischen  der  Schliuiche  mit  Glyzerin  vollkonuncn  lieliohen  werden.  Nun 
kann  man  mit  der  \'erbrennunj^  beginnen,    und  zwar    in   dej-  Weise,   dall 


1328  Fritz  Pregl. 

man  die  zweite,  eben  nicht  leuchtende  Bunsenflamme  (Bh)  unter  den 
Diffusionsstöpsel  bringt.  Infolge  der  Ausdehnung  der  Gase  im  Innern  des 
Rohres  durch  die  Erwärmung  verringert  sich  die  früher  beobachtete  Niveau- 
differenz sehr  rasch.  Nun  läßt  man  vorsichtig  Quecksilber  aus  dem  Gaso- 
meter austropfen  und  gestattet  dem  Sauerstoff  wieder  Zutritt  in  einer 
Geschwindigkeit  von  2  Blasen  in  der  Sekunde.  Das  Austropfen  des  Queck- 
silbers wird  nun  derart  geregelt,  daß  bei  der  genannten  Geschwindigkeit 
des  Sauerstoffstromes  dauernd  im  Innern  des  ganzen  Systemes  ein  ver- 
minderter Druck  bestehen  bleibt,  dessen  Größe  durch  eine  Niveaudifferenz 
von  1 — 2  cm  Quecksilber  angezeigt  wird.  Bei  flüchtigen  Substanzen 
wird  es  nicht  notwendig  sein,  die  Flamme  von  dieser  Stelle  wegzubewe- 
gen; Naphtalin  z.  B.  kann  von  dieser  Stelle  aus  vöUig  zur  Verbren- 
nung gebracht  werden,  ja,  würde  man  sich  dem  Schiffchen  nähern,  so  hätte 
man  sicher  darauf  zu  rechnen,  daß  es  nicht  nur  zu  einer  Explosion,  son- 
dern sicherlich  auch  zum  Hineindestillieren  unverbrannten  Naphtalins  in 
die  Absorptionsapparate  käme,  v.ie  ich  mich  durch  Erfahrung  überzeugen 
konnte.  Sind  die  ersten  Anzeichen  einer  Veränderung  der  zu  verbrennen- 
den Substanz  im  Schiffchen  für  das  Auge  deuthch  sichtbar  eingetreten, 
wie  z.  B.  Schmelzen,  SubUmation  oder  Bräunung,  oder  hat  die  trockene  De- 
stillation begonnen,  so  wird  auch  sofort  für  das  Auffangen  der  das  Kalirohr 
verlassenden  Gase  in  der  Weise  gesorgt,  daß  durch  Handhabung  des 
unteren  Hahnes  dauernd  im  Innern  des  Quecksilbergasometers  der  Druck 
um  mindestens  1 — 2cm  niedriger  ist  als  der  Barometerstand,  was  sich 
an  der  Niveaudifferenz  zwischen  dem  Quecksilber  im  Gasometer  und 
dem  sich  daran  befindlichen  Steigrohr  kundgibt.  Die  Aufrechterhaltung 
dieser  Druckdifferenz  gewährleistet  Sicherung  gegen  Undichtigkeiten  sämt- 
hcher  Kautschukverbindungen  und  behebt  die  Mängel ,  welche  ihre  Ur- 
sache in  zu  dichten  und  zu  starken  Füllungen  der  Verbrennungsröhre 
sowie  der  Absorptionsapparate  haben  könnten.  Je  nach  Bedürfnis  wird 
man  nun  entweder  die  Bunsenflamme  vorzuschieben  genötigt  sein  und  stets 
sein  Augenmerk  auf  die  Niveaudifferenz  im  Quecksilbergasometer  haben. 
So  bald  Kohlendioxyd  in  größeren  Giengen  zur  Absorption  kommt,  ver- 
größert sich  die  besagte  Niveaudifferenz  oft  um  mehrere  Zentimeter. 
Durch  Zurückführen  des  beweglichen  Brenners  und  Schheßen  des  unteren 
Gasometerhahnes  verhindert  man  auch  bei  reichlicher  Kohlendioxydabsorp- 
tion,  das  heißt  nach  zu  rascher  Verbrennung  eine  allzu  große  Niveau- 
diflerenz  und  die  dadurch  bedingte  schädliche  Geschwindigkeit  des  Gas- 
stromes. 

Durch  Übung  wird  man  es  lernen,  und  dies  ist  unbedingt  anzu- 
strei)en,  die  Verbrennung  der  Substanz  in  solchen  Schranken  zu  halten, 
daß  die  Niveaudifferenz  keine  größeren  Schwankungen  zeigt,  d.  h.  daß  in 
gleichen  Zeiten  ungefähr  gleichviel  Sauerstoff  verbraucht  und  Kohlendioxyd 
absorbiert  wird.  Auf  jeden  Fall  ist  aber  ein  Steigen  des  Druckes 
im  Gasometer  über  den  atmosphärischen  zu  vermeiden,  denn 
dies  würde  unbedingt  Kohlensäureverluste  nach  sich  ziehen. 


Die  quantitative  Mikroelemcntaranalysc  oi-fraiiischcr  Siibstaii/on.  1321* 

Schon  jetzt  wendet  man  sein  Au^rcnmcrk  doni  Aiisatznihn'hen  des 
Chlorcalcinmrohrcs  (eh)  zu,  uiu  zu  sehen,  oli  dort  der  erste  Anfhij?  von 
kondensiertem  Wasser  ert'ol-t  ist.  \on  diesem  Moment  an  hU  zur  end- 
lieiien  Abnahme  der  Ahsorptionsajjpaiate  nach  zu  VamW  ^'^et'üliiter  Verbren- 
nung- bedient  man  sich  nun  eines  kleinen  Hilfsmittels,  dem  ich.  wie  ich 
ruhig  sagen  kann,  die  Bestimmbarkeit  i\v>^  Was.serstoffes  überhaupt  ver- 
danke. Es  besteht  aus  einem  8  mm  breiten  Eisendralitnetzstreifen,  welcher 
einmal  der  Länge  nach  zusammengelegt  und  überdies  noch  reiterfönnig 
umgebogen  ist.  Durch  Hineiidialten  dieses  P^isenreiters  in  die  eine  Flamme 
und  Aufsetzen  des  erhitzten  lleiters  auf  das  Ansatzi-ölinlien  des  Chlor- 
calcinmrohres,  oime  an  den  Schlauch  anzukommen,  vermeidet  man  das 
/unickhleiben  von  kondensiertem  Wasser.  Nanu'ntlicii  l)ei  der  letzten  noch 
zu  beschreibenden  Durchleitung  von  Luft  durch  das  Köhren.system  ist  das 
Aufsetzen  des  heißen  Reiters  mindestens  3 — ömal  zu  wiederholen.  Ist  mau 
durch  ^'orrücken  des  beweglichen  Brenners  endlich  unter  das  Schiffchen 
und  noch  über  dieses  hinaus  bis  in  die  Nähe  der  Füllung  gekommen  und 
sind  dabei  sämtliche  kohhge  Anteile  der  zu  verbrennenden  Substanz  im 
Sauerstoffstrom  verbrannt,  so  hat  man,  je  nach  dem  Kohlenstoffgehalt 
und  der  Natur  des  verbrannten  Körpers,  ö— 8  höchstens.  Ki  Minuten 
gebraucht.  Nun  schließt  man  zuerst  den  unteren  (iasometerhalin.  dann, 
wenn  sich  die  Niveaudifferenz  bis  auf  etwa  1  cm  ausgeglichen  hat. 
nimmt  man  den  Schlauch  für  die  Sauerstoffzuleitung  vom  lllasenzähler 
(IJ)  ab  und  schließt  endlich  den  oberen  Quecksilberga.someterhahn.  Nun 
trennt  man  die  Verbindung  zwischen  Kaliröhrchen  und  Gasometer  sowie 
jene  zwischen  dem  Trockenapparat  mit  Blasenzähler  (V)  und  dem  Ther- 
mometerröhrchen.  Durch  Umstellen  wird  imn  der  Quecksilbergasometer 
mit  demselben  Handgriff,  wie  wir  ihn  schon  früher  für  das  Kalirohr  l)e- 
schrieben  haben,  an  das  Thermometerröhrchen  angeschlossen,  wobei  wieder 
durch  Festhalten  desselben  eine  Verdrehung  oder  Verschiebung  des  Verbren- 
nungsrohres und  der  daran  angeschlossenen  Absorptionsapparate  sorarfältig 
vermieden  wird.  Nun  Avird  der  kapillare  Trichter  auf  das  Steigrohr  des 
Quecksilbergasometers  aufgesetzt,  dessen  oberer  Hahn  geöffnet  und  durch 
portionsweises  Hineingießen  des  abgelaufenen  Quecksilbers  der  (iasinhalt  des 
Quecksili)ergasometers  durch  das  vorhandene  llöhrensvstem  restlos  durch- 
gedrückt, wozu  die  Zeit  von  '^  bis  höchstens  s  Minuten  erforderlich  i•^t. 
Nun  stellt  man  neuerdings  den  Quecksilbergasometer  an  das  Kalirohr  und 
verbindet  ihn  mit  letzterem,  während  das  Thermometerröhrchen  neuerlich 
mit  dem  Trockenapparat  und  Blasenzähler  verbunden  wird.  Durch  völliges 
Offnen  des  oberen  und  teilweises  Offnen  des  unteren  (iasometerhahnes 
wird  trockene  und  kohlensäurefreie  Luft  durch  das  ganze  System  ge- 
saugt, wobei  man  die  (Geschwindigkeit  dieses  Luftstromes  durch  Hand- 
habung des  unteren  Gasometerhahnes  so  reguliert,  daß  durch  den  Blasen- 
zähler 2 — 3  Luftblasen  in  der  Sekunde  durchstreichen.  Wenn  etwas 
mehr  als  die  Hälfte  des  im  Mikrogasonu'ter  enthaltenen  (^)uecksilbers  in 
(lieser  Weise  ausueflossen  ist,  wozu  ebenfalls  eine  Zeit  von  .'>  Minuten  voll- 

Abdtrhalden  ,  Handluich  der  biochemischen  Arbcitsroothodon.  V.  84 


1330  F"tz  Pregl. 

kommen  hinreicht,  so  kann  man  sicher  sein,  daß  aller  Sauerstoff  aus  den 
Absorptionsapparaten  entfernt  ist.  Sie  können  dann  abgenommen  und  mit 
den  Kautschukverschliissen  versehen  zur  Wage  gebracht  werden.  Mitunter 
kommt  es  vor,  daß  infolge  zu  hoher  Erhitzung  des  Kautschuks  etwas  da- 
von am  Ansatzröhrchen  des  Chlorcalciumrohres  haften  bleibt.  Durch  feuchtes 
Abwischen  ist  diese  Verunreinigung  leicht  zu  entfernen,  solange  die  Stelle 
noch  warm  ist.  An  der  Wage  werden  die  Apparate  auf  einer  Glasplatte 
in  frisch  befeuchtete  Flanellstücke  eingerollt  und  3  Minuten  darin  liegen 
gelassen,  wobei  man  dafür  Sorge  trägt,  daß  die  Kautschukverschlüsse  mit 
feuchtem  Flanell  nicht  in  Berührung  kommen. 

Nach  dieser  Zeit  werden  beide  trocken  abgewischt  und  auf  das  Draht- 
gestelle neben  der  Wage  gebracht,  wo  wenigstens  das  Kalirohr  15  bis 
20  Minuten  liegen  bleibt,  während  das  Chlorcalciumrohr  bald  nach  dem 
Abwischen  gewogen  werden  kann.  Für  die  Wägung  des  Kalirohres  beachte 
man  das  auf  S.  1322  Gesagte.  Es  wird  übrigens  von  der  Umsicht  und  Übung 
des  Experimentators  abhängen,  für  jede  Jahreszeit  die  einfachsten  und 
günstigsten  Bedingungen  rasch  ausfindig  zu  machen  und  anzuwenden,  um 
das  gesuchte  Gewicht  des  Kalirohres  und  damit  den  richtigen  Kohlenstoff- 
wert in  kürzester  Zeit  zu  gewinnen.  Der  sicherste,  wenn  auch  nicht  der 
kürzeste  Weg  wird  aber  immer  der  sein,  das  tadellos  verschlossene  Kali- 
rohr entsprechend  lang  bei  der  Wage  liegen  zu  lassen  und,  ohne  es  zu 
erwärmen,  auf  die  Wage   zu   legen  und   einige  Minuten  später  zu  wägen. 

Nach  dem  geschilderten  Verfahren  braucht  man  zur  Verbrennung  von 
zirka  10  mg  Substanz  8 — 10,  höchstens  15  Minuten,  und  wenn  wir  je  nach 
der  zugeleiteten  Sauerstoff  menge  für  die  zweite  Verbrennung  und  die  dar- 
auf folgende  Durchleitung  von  Luft  10 — 15  Minuten  veranschlagen,  so  be- 
nötigt man  vom  Hinstellen  des  Brenners  unter  den  Diffusionsstöpsel  bis 
zur  Abnahme  der  Absorptionsapparate  20,  höchstens  25  Minuten,  so  daß 
wir  im  ganzen  von  Beginn  an  bis  zur  schließlichen  Berechnung  der  Ana- 
lyse 50  Minuten  zu  veranschlagen  hätten.  Wenn  wir  bedenken,  daß  davon 
rund  20  Minuten  auf  den  Temperaturausgleich  der  Absorptionsapparate 
entfallen,  so  ist  es  leicht  einzusehen,  daß  man  bei  Verwendung  einer  ein- 
zigen Verbrennungsstelle  und  zweier  Paare  von  Absorptionsapparaten  eine 
erkleckliche  Anzahl  von  Analysen  in  einigen  Stunden  zu  bewältigen  im- 
stande ist. 

Aus  den  Erfahrungen,  die  bei  vielen  Hunderten  solcher  C-H-Bestim- 
mungen  gemacht  wurden,  ließen  sich  nachstehende  Gesetzmäßigkeiten  ab- 
leiten : 

a)  Der  Einfluß  der  Substanzmenge  auf  den  Erfolg  der  Analyse  ist 
unmerkhch,  d.  h.  es  ist  ziemlich  gleichgültig,  ob  wir  7,  10  oder  Vi^mg  ver- 
wenden; wohl  aber  hängt  dieser  Erfolg  von  dem  Zusammentreffen  einer 
größeren  Anzahl  von  Bedingungen  ab,  die  alle  gleichzeitig  erfüllt  sein  müssen, 
wenn  die  Analyse  stimmen  soll. 

h)  Trifft  eine  einzige  dieser  erforderlichen  Bedingungen  nicht  zu,  so 
muß  sich  dieses  sofort  in  einem  fehlerhaften  Piesultat  kundgeben ;  man  fin- 


Die  quantitative  Mikroelemeiitaranalyse  organischer  Substanzen.  l'.y^l 

<]et  daher,  wenn  man  von  AVä^^ungsfehlern,  W-rlnstcn  oder  nachträglichen 
Nerunreinigungen  der  gewogenen  Substanz  absieht: 

Zu  wen  ig  Wasserstoff: 

1.  wenn  nicht  alles  Wasser  mit  dem  erhitzten  Heiter  in  das  Innere 
des  Chlorcalciumrohres  hineindestillicrt  worden  ist; 

2.  wenn  die  Kautschiikverbindung  mit  dem  Schnabel  des  Verbren- 
nungsrohres rissig  geworden  ist;  es  zieht  sich  dann  durch  die  Kapillarrisse 
wohl  Wasser  nach  aulU'U,  ohne  daß  gleichzeitig  Kohlcnsäiircvcrliiste  infolge 
des  verminderten  Druckes  im  Innern  auftreten. 

Zuviel  Wasserstoff: 

1.  nach  unzureichendem  Glühen  des  Rohres; 

2.  wenn  das  Chlorcalcium  im  Kalirohr  nicht  mehr  volle  Absorption.s- 
fähigkeit  besitzt;  man  erhält  dann,  infolge  Wasservcrlustes  des  Kalinduvs, 
weil  das  Wasser  bei  der  zweiten  Verbrennung  dem  Chlorcalciumrohr  zu- 
geführt wird,  neben  zu  niedrigem  Kohlenstoffwerte  einen  höheren  Wasser- 
stoff wert; 

3.  bei  nicht  genügend  festgestopften  Glaswollpfropfen  vor  dem  Schnabel 
der  Verbrennungsröhre  kann  Bleisuperoxyd  in  das  Iköhrchen  gelangen; 

4.  infolge  unreiner  Verbindungsschläuche  oder  Kautschukverschlüsse; 

5.  infolge  mangelhafter  Wasserabsorption  im  T-Kohr  mit  r.lasen- 
zähler. 

Zu  wenig  Kohlenstoff: 

1.  durch  Verunreinigung  des  Kalirohrs  vor  der  Verbrennung,  nament- 
lich durch  feinste  Quecksilbertröpfchen.; 

2.  durch  Unbrauchbarwerden  des  Chlorcalciums  im  Kalirohr,  wodurch 
gleichzeitig  der  Wasserstoffwert  erhöht  wird: 

3.  infolge  zu  hohen  Krhitzens  des  Uleisuperoxyds  bei  der  voraus- 
gehenden Verbrennung  und  liindung  von  Kohlensäure  durch  das  entstan- 
dene Bleioxyd; 

4.  infolge  mangelhafter  Aneinanderfügung  der  ApjKirate,  so  daÜ  freie 
Kautschukoberflächen  dem  Gasstrom  dargeboten  werden. 

Zuviel  Kohlenstoff: 

1.  wenn  das  Kalirohr  unterkühlt  auf  die  Wage  gelangt  —  ein  äulierst 
seltener  Fall,  der  aber  vorgekommen  ist: 

2.  eine  zur  vollständigen  Absorption  saurer  Oxyde  de>  Stickstoffs  nicht 
hinreichende  Temperatur  des  Bleisupero.xyds: 

8.  wenn  das  Kalirohr  nach  der  Verbrennung  in  verunreinigtem  Zu- 
iitand,  z.  B.  durch  feinste  Quecksill)ertröpfchen,  gewogen  wird. 

84* 


-lP/^2  Fritz  Pregl. 

c)  So  erklärt  sich  die  beobachtete  Tatsache,  daß,  wenn  man  alles 
auf  das  soi'gfältigste  zusammengestellt  hat  und  bei  der  Ausführung  der. 
Analyse  richtig  vorgeht,  ganze  Serien  von  hintereinander  ausgeführten  Ver- 
brennungen vorzügliche  Resultate  liefern,  d.  h.  noch  kleinere  Abweichungen 
als  0*2 Vo  zeigten,  während  ein  andermal  reihenweise  Mißerfolge  zu  ver- 
zeichnen waren,  bis  der  ursächhche  Fehler  aufgefunden  und  behoben  wurde. 
Bei  der  alten  Methode  war  es  ja  auch  nicht  anders. 

Daraus  ergibt  sich  aber  die  unter  allen  Umständen  zu  beobachtende 
Regel,  daß  man  vor  Beginn  einer  jeden  Serie  von  Verbrennungen  mit  der 
Analyse  einer  absolut  reinen  Substanz  zu  beginnen  hat,  um  zu  prüfen,  ob 
sämtliche  erforderhchen  Bedingungen  getroffen  und  ob  der  schädliche  Ein- 
fluß der  wichtigsten  Quelle  von  Versuchsfehlern,  das  ist  der  Experimen- 
tator selbst,  durch  entsprechende  Übung  und  Umsicht  auf  das  notwendige 
Minimum  herabgedrückt  ist.  Zu  diesem  Zwecke  verwende  ich  je  nach  der 
Substanz,  die  verbrannt  werden  soll,  entweder  Naphtalin  (bei  nur  C,  H  und 
0  enthaltenden)  oder  Leuzin  (bei  N-,  S-  und  halogenhaltigen)  und  pflege 
die  Reihe  der  durchgeführten  \'erbrennungen  unbekannter  Körper  wieder 
mit  einer  Probeanalyse  zu  beschließen.  Diese  ..Blockierung"  erteilt  den  ge- 
fundeneu  Zahlen  vollste  Verläßlichkeit. 

Daher  ist  auch  dem  Anfänger,  der  sich  dieses  Verfahren  zu  eigen 
machen  will,  zu  raten,  sich  zuerst  mit  der  Wage,  der  Wägung  der  Sub- 
stanz und  der  Absorptionsapparate  und  der  Bestimmung  des  Absorptions- 
ganges des  Kalirohres  gründlich  vertraut  zu  machen  und  schließlich,  ohne 
vor  den  anfängUchen  Schwierigkeiten  zurückzuschrecken,  ein  und  dieselbe 
Substanz,  Naphtalin  oder  Leuzin,  so  lange  zu  verbrennen,  bis  nicht  etwa 
nur  eine,  sondern  eine  Reihe  von  mindestens  vier  oder  fünf  aufeinander- 
folgenden Analysen  innerhalb  der  erlaubten  Fehlergrenzen  stimmen.  Der 
Aufwand  an  Sorgfalt,  Geduld,  Ausdauer  und  Umsicht,  der  dabei  notwendig 
war,  wird  reichlich  durch  die  späteren  Erfolge  an  anderen  reinen  Sub- 
stanzen entschädigt. 

2. Die  mikrogasometrische Stickstoff bestimmung  (Mikro-Dumas). 

Den  ersten  Versuchen  in  dieser  Richtung  lag  das  ursprüngUche 
Dumas^che  Prinzip  zugrunde,  wobei  in  einer  einerseits  geschlossenen  \'er- 
brennungsröhre  durch  Erhitzen  von  Magnesit  Kohlendioxyd  erzeugt  wird. 
Ohne  das  Verfahren  näher  beschreiben  zu  wollen,  sei  hier  bemerkt,  daß 
mit  demselben  bei  einer  überaus  großen  Anzahl  von  Körpern  höchst  be- 
friedigende Resultate  erreicht  wurden.  Nur  beim  Glycyl-alanin  ergab  diese 
Methode  um  zirka  l*5Vo  zu  niedrige  Stickstoff  werte.  Die  sorgfältigen 
Bemühungen,  die  Ursache  dieses  Defizits  zu  ermitteln,  ergal)en,  daß  bei 
fortwährender  Entwicklung  von  Kohlendioxyd  durch  dauerndes  Erhitzen 
des  Magnesits  mit  einem  in  diesem  besonderen  Falle  notwendigen  dritten 
Brenner  erst  die  richtigen  Zahlen  erhalten  werden  konnten.  Da  aber  die 
Anwendung  eines  dritten  Brenners  nicht  meinen  Voraussetzungen  für  die 


Die  quantitative  Mikroelenientaranalyso  ortraiiischor  Substanzen.  13;iJ 


.iö 


Ausbildun^^  einer  einfachen  Methode  entsprach,  entschloß  ich  midi,  statt 
dieser  Kohlondioxyd(|nello  einen  Kippsvhvw  A])parat  zn  verwenden,  mit  dem 
es  möglich  war,  von  allen  bisher  imtersnchten  Snhstanzcn  richtige  Sfick- 
stoffwerte  zu  ermitteln. 

Der  Kippsche  Apparat  zur  Entwicklung  des  Kohlendioxyds. 

Diesem  ist  sowohl  hei  der  Füllung  wie  später  hei  der  Hcnützung 
eine  besondere  Aufmerksamkeit  zu  schenken,  denn  von  ihm  hängt  haupt- 
sächlich das  GeUngen  der  Analyse  ab.  Im  Laufe  d-v  /eit  haben  sich  fol- 
gende Gesichtspunkte  als  wichtig  herausgestellt : 

1.  Fülle  man  die  Mittelkugel  des  Apparates  ganz  voll  mit  klein  ge- 
schlagenen Marmorstücken,  die  vorher  sorgfältig  unter  der  Wasserleitung 
gewaschen  und  zum  Zwecke  ihrer  Reinigung  mit  etwas  Salzsäure  angeätzt 
worden  sind.  Man  begnüge  sich  nicht,  die  Kugel  des  Apparates  etwa  nur 
halbvoll  mit  Marmorstücken  anzufüllen,  denn  je  wenigei*  man  davon  hinein- 
bringt, desto  größer  ist  der  übrig  bleibende  Luftraum  und  um  so  gröber 
die  zu  befürchtende  Fehlen |uelle. 

2.  Darauf  fülle  man  den  Apparat  mit  einem  Gemisch  von  gleichen 
Teilen  reiner  (nicht  roher)  rauchender  Salzsäure  und  Leitungswasser  .so 
■weit,  daß  die  unterste  Kugel  davon  ganz,  und  die  oberste  etwa  bis  zu  einem 
Drittel  oder  bis  zur  Hälfte  erfüllt  wird.  Läßt  man  iiiiii  die  Säure  in  der 
Mittelkugel  nach  Öffnen  des  Hahnes  steigen  und  setzt  dadurch  die  Entwick- 
lung des  Kohlendioxyds  in  Gang,  so  wird  man  finden,  daß  bei  noch  so  oft- 
maligem Lüften  des  Apparates  stets  meßbare  Mengen  von  durch  Kalilauge 
nicht  absorbierbaren  Gasen  im  Apparat  enthalten  sind.  Diese  anhaftenden 
Anteile  von  Luft  sind  nicht  etwa  im  Marmor  zu  suchen,  sondern  in  der 
verdünnten  Salzsäure,  welche  die  Bestandteile  der  Luft  gelöst  enthält.  Da- 
her muß  man  die  Salzsäure  sorgfältig  nach  Zusammenstellung  des  .\ppa- 
rates  dadurch  entlüften,  daß  man  von  der  oberen  Kugel  aus  ein  hasel- 
nußgroßes Marmorstück  hineinfallen  läßt,  welches  dalx'i  reichlich  Kohlen- 
dioxyd entwickelt  und  dadurch  die  letzten  Anteile  von  Luft  aus  der  Salz- 
säure entfernt.  Wenn  man  später  durch  wiederholtes,  ö-  lOmaliges  (")ffnen 
und  Schließen  des  Hahnes  die  Kohlensäureentwicklung  stürmisch  vor  sich 
gehen  läßt,  so  hat  der  Apparat  jene  Eigenschaften  erhalten,  welche  für 
das  Gelingen  der  Analyse  erforderlich  sind.  Läßt  man  nämlich  aus  eim-m 
so  vorbereiteten  Apparat  in  das  mit  öC/oigi'r  Kalilauge  gefüllte  Mi- 
kroazotometer  Blase  für  Blase  eintreten,  so  verschwinden  dii'Se  in  der  Lauge 
bis  auf  einen  eben  kaum  noch  sichtbaren  Rest:  wenn  man  ihren  Durch- 
messer schätzungsweise  auf  '/jo  tum  veranschlagt,  so  ergibt  eine  einfache 
Rechnung,  daß  viele  Tausende  solcher  Blasen  erforderlich  sind,  um  das 
Volumen  von  001  cm^  —  H)  inm\  also  die  letzte  am  Mikmazotomeler  über- 
haupt ablesbare  (iröße  zu  geben. 

Größere  Schwierigkeiten  und  Mißerfolge  bereitete  die  Zuleitung  dieses 
Gases   zu    dem  \'erbrennungsrohr.    Anfänglich    verwendete  ich  dazu  t'inen 


1334 


Fritz  Pregl. 


Kautschukschlauch,  der  mit  einem  Quetschhahn  zum  Zwecke  der  feineren 
Reguherung  versehen  war.  Es  stellte  sich  dabei  heraus,  daß,  wenn  dieser 
Schlauch  tagelang  unter  Kohlensäuredruck  gestanden  hat,  man  damit  ganz 
richtige  Werte  bei  der  Stickstoffbestimmung  zu  erhalten  vermochte,  wäh- 
rend neue  SchLäuche  im  Anfang  ihres  Gebrauches  unerwartet  große  Gas- 
mengen abgaben  und  daher  ständig  ein  Zuviel  an  Stickstoff  bei  den  Ana- 
lysen ergaben.  Aus  diesem  Grunde  verwende  ich  den  Kautschuk  dazu,  um 
die  fest  aneinander  gebrachten  Glasteile  luftdicht  zu  verbinden.  Zwischen 
dem  Hahn  (H)  des  /vi/j^:)schen  Apparates  und  dem  Verbrennungsrohr  verwende 
ich  ein  gläsernes  Verbindungsstück  (Fig.  288),  welches  einerseits  aus  dem 
Glasrohr  (a)  besteht  von  der  gleichen  Dimension  wie  der  Hahn  des  Äl/^joschen 
Apparates  und  andrerseits  aus  einem  entsprechend  bajonettförmig  geboge- 
nen Glasrohr  (h)  von  dem  Durchmesser  des  hinteren  Endes  der  Verbren- 
nungsröhre (V).  Der  zwischen  beiden  befindhche  Anteil  (B)  ist  birnförmig 


Fig. 28 


Verbindung  zwischen  ÄYppschem  Apparat  und  dem  Verbrennungsrohr. 
H  Hahn  des  7i7^)^schen  Apparates,  a  Ansatzstück  gleiclier  Dimension.  B  birnförmige  Erweiterung, 
gefüllt   mit  Glaswolle  und  Natritimbikarbonat.     b  Bajonettröhrchen.    K  Kapillares  Ende    des  Ver- 
brennungsrohres.  OS  Seidenasbest  gestopft,  o  oxydierte  Kupferspirale. 


aufgeblasen,  wie  aus  der  Abbildung  ersichtlich  ist,  und  hernach  mit  Glas- 
wolle gefüllt.  Auf  diese  Glaswolle  wird  von  dem  weiteren  Röhrenende  aus 
eine  Suspension  von  Natriumbikarbonat  abfiltriert  und  die  letzten  flüssi- 
gen Anteile  durch  scharfes  Ansaugen  mit  der  Pumpe  entfernt.  Man  erhält 
dadurch  im  birnförmigen  Zwischenstück  einen  feuchten  Niederschlag  von 
Natriumkarbonat  auf  der  Glaswolle,  welcher  das  Hinüberdringen  von  Salz- 
säurenebeln aus  dem  Zi^^:>schen  Apparat  verhindert.  Dieses  Glasstück  wird 
nun  an  den  Glashahn  des  Z^^j9/9schen  Apparates  mit  einem  entsprechend 
dimensionierten  stärkeren,  zuvor  innen  mit  Glyzerin  befeuchteten  Kaut- 
schukschlauch angesteckt,  so  daß  Glas  an  Glas  in  unmittelbarer  Berührung 
sich  befinden  und  zweckraäßigerweise  mit  mehreren  Lagen  eines  stärkeren 
Papierstreifens  umwickelt  und  fest  gebunden.  Durch  diese  Maßnahme  sichert 
man  die  horizontale  Richtung  des  bajonettförmigen  Endes  und  durch  Drehen 
dieses  Stückes   gegenüber    dem  Hahn    kann   man   diesem  Ende  eine  ver- 


Die  quantitative  Mikroelcmentaranaiyse  orgauischer  Substanzen.  1335 

schiodone  Höhe  oberhalb  der  Tischplatte  erti'ileii.  was  bei  den  oft  im  Lauf»' 
der  Zeit  sich  krümmenden  Verbrennun<rsrühren  sehr  erwünscht  ist. 

Die  fünfzigprozentige  Kalilauge. 

Für  das  Gelini^en  einer  gasomotrischen  AbK-simg  über  öOr'oigor  Kah- 
lauge ist  es  unbedingtes  Erfordernis,  daü  das  Niveau  ders«'Iben  ab.«<olut 
schaumfrei  ist.  Auch  aus  den  besten  Handelssorten  bereitete  Laugen  ent- 
sprechen dieser  Anforderung  nicht.  Endlich  isf  es  mir  geinntren.  •in  \'er- 
fahren  zu  finden,  nach  Avolchem  eine  öU Voigt' Kalilauge  mit  ch-n  erforder- 
hchen  Eigenschaften  gewonnen  werden  kann  : 

200^  Kaliumhydroxvd  in  .Stangen  (von  Merck)  werden  in  IWmt^ 
Wasser  zur  Lösung  gebracht  und  hierauf  2cw»  einer  heißen  konzentrierten 
Baryumhydroxvdlösung zugesetzt.  Nach  dem  Umschütteln  his.se  man  '/^  Stunde 
stehen,  um  die  Hauptmenge  des  ausgeschiedenen  IJaryumkarbonats  sieh 
absetzen  zu  lassen  und  filtriert  hierauf  durch  einen  Trichter,  in  dessen 
Schaft  man  ein  Bäuschchen  Seidenasbest  gebracht  hat,  indem  man  die  zu- 
erst abgelaufenen  Portionen  so  lange  wieder  aufgiellt ,  bis  man  ein  voll- 
kommen wasserklares  Filtrat  erhält.  Die  so  erhaltene  Kalilauge  wird  in  mit 
Gummistopfen  verschlossenen  Flaschen  aufbewahrt. 

Das  Mikroazotometer  (Fig.  289). 

Seine  Konstruktion  geht  ohne  weiters  aus  der  Aitbildinit:  hervor.  Der 
mit  Teilung  versehene  Anteil,  der  sich  unter  dem  Hahn  itefindef.  besitzt 
eine  Länge  von  10 — Hein  und  ist  vom  angeschlossenen  Hahn  angefantren 
mit  Quecksilber  aufs  genaueste  von  halbem  zu  halbem  bis  zu  'Jönn^  kali- 
briert. Die  Unterabteilungen  sind  auf  der  Teilmaschine  hergestellt  und  je 
ein  Teilstrich  wertet  ^20^^^^  =  O'Oöcw^  d^  es  für  den  Geübten  leicht 
ist,  Zehntel  zu  schätzen,  so  ist  es  hier  selbst  für  den  Ungeübten  mit 
der  größten  Sicherheit  möglich,  durch  Schätzung  noch  (»Olrms  <renau 
abzulesen. 

Es  sei  an  dieser  Stelle  bemerkt,  daß  es  sich  schon  l»ei  den  anfäng- 
lichen Versuchen  herausgestellt  hat,  daß  sämtliche  Stickstoffbestinunungen 
bei  den  verschiedensten  Substanzen  und  den  verschiedi'iisten  Mengen  der- 
selben um  1/10  des  gesamten  Betrages  zu  hoch  waren.  Die  Erkliirung  er- 
gab sich  zum  Teil  aus  dem  Umstände,  daß  die  öO^/oig»'  Kalilauge  als 
viskose  Flüssigkeit  die  innere  Oberfläche  der  kalibrierten  Röhre  mit  einer 
Schichte  von  gewisser  Dicke  benetzt,  zum  anderen  Teil  aus  gewissen  unver- 
meidlichen Einflüssen,  auf  welche  hier  nicht  näher  eingeganu^en  werden 
soll,  als  dali  sie  bei  sonst  gleichen  l'.edingnniren .  insbesondere  gleichem 
Tempo  der  X-pjitwicklung,  der  N-Menge.  bei  allen  untersuchten  Substanzen 
und  den  verschiedensten  Mengen  dersell)en  streng  proportional  sind.  N-freie 
Körper  entbinden  unter  denselben  Bedingungen  ein  (Jasvolumen .  welches 
mit  dem  Mikroazotometer  nicht    mehr  gemessen  werden  kann. 


1836 


Flitz  Pregl. 


Fig.  2S0. 


3! 


5 


Um  daher  das  wahre  N-Vo- 
lumen  aus  dem  abgelesenen  zu  finden, 
subtrahiert  man  davon  den  10.  Teil, 
z.  B  : 


abgelesen      .     .     . 
der  zehnte  Teil     . 

wahres  N-Volumen 


0-76    cm3 
0-076   ,. 

0-684  fm3 


und  entsprechend  der  mathematischen 
Gepflogenheit  bei  Zahlenangaben  nur 
die  letzte  Stelle  unsicher  zu  lassen, 
wird  das  wahre  X-Yolumen  mit  drei 
Dezimalen  angegeben  und  in  Rechnung 
gesetzt. 

Die  besprochene  Korrektur,  wel- 
che auch  durch  die  Adhäsion  der 
50%igen  Kalilause  an  der  Glasober- 


Mn-  Mikroazometer.  B  Kalibirne. 


fläche  begründet  ist,  ist  demnach  bei  dem  Apparat  eine  Funktion  der 
Mantelfläche  jenes  Zylinders,  den  das  Gas  in  der  Röhre  einnimmt.  Man 
sollte  demnach  meinen,  daß  bei  Apparaten  mit  etwas  anderem  Kaliber  auch 


Die  quantitative  Mikroelemeiitaraualysc  organischer  Sulistauzen.  iJiviT 

diese  Korrektur  eine  andere  sein  müsse.  Die  nKitheinatiscIie  Ik'ri'cliniiny 
hat  aber  erj^ehen,  dali  die  Mantelflächen  zweier  /vlinder  mit  je  1  rmi 
Inhalt  und  einer  Liin«ie  von  eininal  ;'>7  umi  und  d;is  andere  Mal  von  4;)  mtu 
nahezu  die  lileiche  Korrektui'  hedinticn. ' )  Ich  halte  auch  ( ielcLM-idieit  '^v- 
habt,  mehrere  Mikroazotoiueter  verschiedenen  Kalibers  auf  das  genaueste, 
durch  Ausführuni«'  einer  größeren  Anzahl  von  Leuzinanalysen  zu  prüfen, 
und  konnte  überall  bestätigt  finden,  daß  die  Subtraktion  des  10.  Teils 
vom  ab<^elesencn  Volumen  das  wahre  N-\olumen  ergeben  hat. 

Für  den  (iebrauch  richte  man  sich  das  vollkommen  rein  gewaschene 
und  mit  Chromsäure-Schwefelsäuregemisch  sorgfältig  gereinigte,  mit  Was.-^er 
und  Alkohol  ausgespülte  und  an  der  Pumpe  getrocknete  Mikroazotometer 
folgendermaßen  her:  An  die  horizontalgerichtete,  etwas  hillier  gelegene 
kurze  Tubulatur  wird  ein  langer,  gut  ausgewaschener  und  nachher  durch 
Ausschwenken  getrockneter  langer  Kautschukschlauch  angesteckt,  an  des.sen 
freiem  P^nde  die  Glasbirne  für  die  Kalilauge  befestigt  wird.  Diese  besitzt 
außer  einer  seitlichen  Tubulatur  noch  zwei  Auftreibungen,  wodurch  sie 
jederzeit  auf  den  Tisch  gelegt  werden  kann,  ohne  zu  rollen.  I)er  Hahn  des 
Mikroazotometers  wird  mit  einer  Spur  \aselin  gefettet.  Sogenanntes  l'umpeii- 
fett  ist  unbrauchbar,  denn  es  erteilt  nach  kurzer  Verwendung  der  Kali- 
lauge wieder  die  Fähigkeit,  Schaum  zu  bilden.  Nun  füllt  man  von  der  iJirne 
aus  so  viel  Quecksilber  ein  und  lasse  es  durch  zweckentspi-echendes  Heben 
in  das  Mikroazotometer  hineingleiten,  daß  es  bei  \ertikalstellung  des 
Apparates  bis  knapp  unter  die  horizontale  Tubulatni-  mit  !<einem 
Niveau  reicht.  Nun  füllt  man  die  öO^oige  Kalilauge  ebenfalls  von  der 
Birne  aus  portionenweise  ein,  bis  man  so  viel  davon  eingebracht  hat.  dal» 
das  Niveau  der  Kalilauge  bei  offenem  Hahn  des  Apparates  nnd  hoch- 
gehaltener Birne  einerseits  bis  in  den  Ti'ichter  des  Apparates  und  audrer- 


')  Die  Berechnung  ergibt  folgende  Werte : 

h   in  mm 37  40                 43 

r     „      ,, 2-933  2S21           2  721 

2r  „      „ 5-866  :v642           .')  442 

M  =  2r-hinw//«= 681-87  70i)-U)  73rvl6 

Korrektur  K 0-U%]7  (l  1(»0(»         (rl{)3G'.t 

Faktor  f  =  (l—K) 0-i)O383  0-9(X)U         ÜS%3I 

Dem  abgelesenen  Gasvolumen  von  roüfwr' 
cntspriclit  demnach  ein  wahres  X-Vo- 
lumen  von 0-90383  a;/'  0  9000 r/«^  U-8%31  rw^" 

Ein  Körper  mit  dem  wahren  Gehalte  von 
9007o  ^"  ^^'ii'd  in  den  drei  Apparaten  fol- 
gende Werte  ergeben 9-04«/o  9-00'';o  «96»o. 

Man  sieht  also,  daß  die  Differenz  dieser  ^^■erte  für  den  praktischen  ('hcniiker  t'leich 
Null  gesetzt  werden  muß.  t)berdies  ist  es  gegenwärtig  der  Firma  Eifir  in  (iniz  ge- 
lungen, die  Apparate  so  zu  konstruieren,  daß  alle  Instrumente  das  Volumen  von  1  r»i' 
in  einer  Länge  der  Meßröhre  von  nahezu  genau  40  »im  fassen,  wodurch  der  vorher  er- 
wähnte günstigste  Fall  praktisch  erreicht  ist. 


1338 


Fritz  Pregl. 


Fig. 290. 

o 


/ 


V 


M 


seits  bis  in  den  verjüngten  Teil  der  Glasbirne  hineinreicht.  Das  so  be- 
schickte Mikroazotometer  kann  in  diesem  Zustande  wochenlang  bereit 
stehen  bleiben;    die  Füllung  mit  Kalilauge   genügt   für  12  Bestimmungen. 

Vorbereitung  und  Ausführung  der  Stickstoffbestimmung. 

Die  zu  untersuchende  Substanz  füllt  man  in  kleine  Wägegläschen  ein,  die 
eine  (Fig.  290)  Länge  von  4  cm  und  eine  am  abgeschmolzenen  Ende  etwa 
3  mm  und  an  ihrem  schräg  abgesprengten  offenen  Ende  5  mm 
betragende  Weite  haben  und  bringt  das  Ganze,  nachdem  man 
das  gefüllte  Wägegläschen  außen  sorgiältig  mit  Gaze  abgewischt 
hat,  mit  Hilfe  eines  aus  Aluminiumdraht  gefertigten  kleinen 
llänkchens  auf  die  Wage  (s.  Fig.  277),  wartet  ^'^—l  Minute, 
bis  das  durch  Abwischen  erwärmte  Wägegläschen  die  gewünschte 
Gewichtskonstanz  erreicht  hat  und  bestimmt  endhch  das  Ge- 
wicht. Nun  ergreift  man  das  Wägegläschen  mit  Zeigefinger  und 
Daumen  der  linken  Hand  an  seinem  offenen  Ende,  nimmt  es 
von  der  Wage  und  faßt  es  mit  Hilfe  eines  mehrfach  zusammen- 
gelegten Gazelappens  mit  den  ersten  drei  Fingern  der  rechten 
Hand,  um  daraus  die  für  die  Analyse  notwendige  Substanz- 
menge in  das  Mischröhrchen  durch  entsprechendes  Ausklopfen 
bei  gleichzeitigem  Drehen  abzufüllen.  Man  wird  durch  Übung 
lernen,  eine  Menge  von  4 — 8  mg  Substanz  durch  Ausklopfen  zu 
entfernen;  sowohl  kleinere  als  größere  Mengen  sind  aus  ver- 
schiedenen Gründen  nicht  empfehlenswert.  Hierauf  bringt  man 
das  Röhrchen  wieder  in  seine  ursprüngliche  Lage  auf  die  Wage 
und  bestimmt  sein  Gewicht  wie  zuvor. 

Die  Mischröhrchen  sind  Reagenzgläschen  von  (Fig.  292,3/) 
9  mm  Durchmesser  und  8  cm.  Länge ,  die  mit  einem  tadellos  all- 
seits  schheßenden   glatt  geschnittenen  Kork  verschlossen  sind. 

Nun  schreitet  man  an  die  Füllung  des  Verbrennungsrohres. 
Dieses  besteht   aus   einer  Jenaer  Hartglasröhre   (Fig.  292,   V) 

Wä-'egläschen  \       u  >  y 

zum  Abwiegen  vou  25  cm  Läugc  bcl  ciucm  äußeren  Durchmesser  von  8  www, 
mHVe'J^schiuß-  wclchc  ciuerseits  offen  und  in  der  Flamme  abgelaufen,  und  am 
^*°Größe)!^*'  anderen  Ende  zu  einer  3cm  langen  und  4 — 5ww  im  äußeren 
Durchmesser  messenden  Kapillare  ausgezogen  ist  (Fig.  288,  k). 
Die  gesamte  Länge  des  Verbrennungsrohres  beträgt  demnach  28 — 30  cm. 
Vor  der  ersten  Verwendung  schiebt  man  durch  das  Rohr  bis  zur  Kapillare 
ein  Bäuschchen  Seidenasbest  und  auf  dieses  eine  in  das  Rohr  streng  hinein- 
passende, 2V2  C'»i  lange  Spirale  von  Kupferdrahtnetz  (0)  bis  zum  Asbest- 
pfropfen. Beide  verbleiben  dauernd  in  dem  so  hergerichteten  Rohre. 

Für  die  Beschickung  des  Rohres  sind  zwei  Qualitäten  von  Kupfer- 
oxyd erforderlich.  Als  grobes  Kupferoxyd  verwende  ich  das  feine  draht- 
förmige  Kupferoxyd  von  Kahlbaum,  dessen  etwas  zu  lange  Stücke  für  die 
beschriebene  Röhrendimension  durch  Zerdrücken  in  einer  Reibschale  ein 
für  allemal  gekürzt  worden  sind.  Als  feines  Kupferoxyd,  mit  dem  die  Sub- 


ü 


Die  quautitativo  Mikroclemeiitara  iialyse  nriraiiisclier  Substanzen. 


iaH9 


ii«. ':'.ii. 


Stanz  ffemischt  werden  soll,  verwende  ich  ein  feinlililttri^^es,  durch  Aus- 
sieben von  KupferliamnieischlM^-  <,nnvoim(Mies  I'räjjarat.  Dieses  hat  unbe- 
dingt grolle  \'or/,iigc  gcgciiiibcr  (h-ui  tciupulveritrcn  Kupferoxyd  des  Hand«'ls. 
erstens  weil  es  den  Durchtritt  der  (iase  auch  (thiir  Kinne  stets  ^M-stattet 
und  zweitens,  weil  es  eine  geringere  Menge  von  Lult  an  seiner  Oberfläche 
absorbiert  erhält  wie  jenes. 

\'or  jeder  Analyse  bringt  man  in  das  Verbrennungsrohr,  nachdem  es 
zuvor  nur  mit  einem  an  einem  Eisendraht  aufgewickelten  Wattebäuschchen 
ausgewischt  worden,  auf  die  darin  befindliche  KuplVrdrahtuet/rolle  eine 
Schicht  von  2  cm  groben  Kupferoxyds,  hierauf  eine  Schicht  feinen  Kupfer- 
oxyds  von  V2 — 1  ^'"  I^ünge,  das  durch  Schüpteii  mit  dem  offeiini  Knde 
des  Itohres  aus  den  großen  Eprouvetten,  in  welchen  man  sich  die  heidrii 
Sorten  des  geglühten  Kupferoxyds  bereit  hält,  eingebracht  wird. 
Nun  setzt  man  den  Fülltrichter  (Fig.  291)  aufs  IJohr.  der 
durch  Ausziehen  einer  gewöhnlichen  Eprouvette  bis  auf  einen 
Durchmesser  von  b  mm  hergestellt  wird,  und  bringt  in  das 
Mischi'öhrchen  durch  Schöpfen  soviel  von  feinem  Knjiferoxyd 
ein.  dalj  es  eine  Höhe  von  etwa  ö  8  mm  darin  einnimmt. 
Nach  dem  Aufsetzen  des  Korkes  wird  sorgfältig  bis  zur  gleich- 
mäßigen Verteilung  geschüttelt  und  unter  Drehen  und  fort- 
währendem Klopfen  der  Kork  entfernt.  Den  Inhalt  des  Misch- 
röhrchens  lasse  man  nun  durch  di'U  Fülltrichter  in  die  \'er- 
brennungsröhre  hineiugleiten ,  schöpfe  mit  dem  offenen  Misch- 
röhrchen  etwa  die  Hälfte  der  früher  genommeneu  Menge  Kujtfer- 
oxyd ,  verschließe  es  neuerlich  mit  dem  Kork  und  bringe  alle 
im  Innern  des  Röhrchens  etwa  noch  anhaftenden  Substanzteilchen 
durch  Schütteln  in  innige  Mischung  mit  dem  Kupferoxyd,  welches 
ebenso  durch  den  Fülltrichter  neuerUch  in  das  Verbrennungsrohr  eingeiiracht 
wird.  Diesen  Vorgang  wiederholt  man  noch  ein  drittes  Mal.  worauf  man  sicher 
sein  kann,  daß  alle  bei  der  Differenzwägung  bestimmte  Substanz  in  das 
Verbrennungsrohr  hineingelangt  ist.  Bei  der  beschriebenen  Art  der  Füllung 
wird  die  nun  im  Verbrennungsrohr  befindliche  Schicht  von  feinem  Kui»fer- 
oxyd  eine  Länge  von  etwa  o  4  cm  haben.  Durch  Schöpfen  von  gr(»l)em 
Kupferoxyd  mit  der  Verbrennungsröhre  füllt  man  eine  Schicht  von  etwa 
7  cm  ein  und  bringt  daiauf  eine  2—2'/.,  cm  lange,  ins  Rohr  leicht  passende 
reduzierte  KupferdrahtnetzroUe  ein.  Das  mit  einer  Tigelzange  (Z)  gehaltene 
Kupferdrahtnetzröllchen  (r)  wird  in  einem  Bunsenbrenner  zum  gleiciimäßigen 
Glühen  erhitzt  und  in  ein  Reagenzgläschen  fallen  gelassen,  in  dem  sich 
3  Tropfen  Methylalkohol  oder  Äthylalkohol  befinden.  Ein  m)  behandeltes 
Röllchen  kann  für  mindestens  10  BestimmuuLn'U  Verwendung  finden,  bevor 
es  wieder  reduziert  werden  muß.  Vor  völligem  .\uskidden  des  Röllchens 
entfernt  man  es  aus  dem  Reagenzgläschen,  um  die  letzte  Spur  von  an- 
haftendem Alkohol,  die  beim  Versuch  die  Tension  der  Kalilauge  zu  ändern 
fähig  wäre,  abdunsten  zu  lassen  und  bringt  es  hierauf  auf  das  grobi-  Kupfer- 
oxvd  im  Verbrennunu'srohr.  Nun  verschließt  man  dieses  mit  dem  zum  Mikro- 


l'untricbter. 


1340  Fritz  Prcgl. 

azotometer  passenden ,  winklig  gebogenen  Tliermometerrohr  (Th)  mittelst 
eines  mit  Glyzerin  oder  Wasser  befeuchteten  Kautschukschlauches  und 
steckt  das  kapillar  ausgezogene  Ende  des  Verbrennungsrohres  so  an  das 
bajonettförmige  Ende  (h)  des  Zwischenstückes  am  Kipp^oh^w  Apparat,  daß 
innerhalb  dieser  Schlauchverbindung  Glas  an  Glas  fest  sitzen,  i)  Das  Ver- 
brennungsrolir  (V)  lagert  man  derart  auf  das  Verbrennungsgestell,  daß 
die  eine,  dem  eintretenden  Gasstrom  näher  gelegene  Seitenwand  desselben 
mit  dem  an  das  grobe  Kupferoxyd  anschheßenden  Ende  der  oxydierten 
Spirale  (0) ,  die  andere  Seitenwand  ungefähr  mit  dem  freien  Ende  der 
reduzierten  Kupferspirale  (z)  zusammenfällt.  Nun  öffnet  man  den  Hahn 
des  Kipp^ch^w  Apparates  und  läßt  erst  einen  energischen  Strom  von 
Kohlensäure  durchstreichen.  Nach  fünf  Minuten  verbindet  man  das  im 
Verbrennungsrohr  stehende,  winklig  gebogene  Termometerrohr  mit  Hilfe 
eines  mit  Glyzerin  innen  ausgewischten,  3cm  langen  Kautschukschlauch- 
stückes mit  dem  ebenfalls  winklig  aufgebogenen  Gaseinleitungsrohr  des 
Mikroazotometers  (Mas),  nachdem  man  zuvor  durch  Öffnen  des  Hahnes 
an  demselben  die  Kalilauge  sich  hat  in  die  Birne  völlig  entleeren  lassen. 
In  dieser  Zeit  hat  man  auch  die  letzten  in  dem  ganzen  System 
befindhchen  Gasreste  mit  Kohlensäure  ausgespült.  Nach  Drosselung  2)  des 
Hahnes  am  Kij^p&dien  Apparat  und  Heben  der  Kalibirne  füllt  man  diese 
in  gewöhnlicher  Weise  wieder  mit  Kalilauge  und  läßt  nach  dem  Senken 
der  Birne  (B)  Blase  für  Blase  langsam  eintreten.  Wie  schon  früher  aus- 
einandergesetzt, soll  nun  jede  Blase  bis  auf  einen  eben  kaum  noch  sicht- 
baren Rest  in  der  Lauge  verschwinden.  Hierauf  kaim  mit  der  Verbrennung 
begonnen  werden.  Ist  dies  jedoch  innerhalb  dieser  Zeit  nicht  zu  er- 
zielen, so  fährt  man  mit  der  Durchleitung  von  Kohlendioxyd  weiter  fort 
bis  der  erwähnte  Zustand  erreicht  ist,  oder  bemüht  sich,  die  anderweitigen 
Gründe  dieses  Mißerfolges  festzustellen  und  zu  beseitigen.  Hat  man  es  er- 
reicht ,  daß  die  eintretenden  Kohlendioxydblasen  bis  auf  einen  kaum  sicht- 
baren Rest  in  der  öO^/oigen  Lauge  verschwinden,  so  drosselt  man.  um 
mit  der  Verbrennung  beginnen  zu  können,  den  Hahn  des  Kippschen  Appa- 
rates fast  vollständig  und  steht  die  Flamme  des  Flachbrenners  (Bf)  unter 
die  reduzierte  Kupferspirale  und  das  angrenzende  grobe  Kupferoxyd, 
welchen  Teil  der  Röhre  man  zweckmäßigerweise  durch  ein  am  Verbrennungs- 
gestell angebrachtes  Drahtnetz  vor  zu  starker  Erhitzung  schützt.  Überdies 
bedeckt  man  diese  Teile  der  Röhre  von  oben  her  mit  einer  1cm  langen 
und  5  cm  breiten  Platte  aus  Asbestpappe  oder  Eternit.  Beginnt  man  mit 
der  Erwärmung  des  Rohres  noch  bei  geöffnetem  Mikroazotometer,  wie  wir 
anfänghch  verfuhren,  so  kann  man  bei  neuen  Röhren  allerdings  richtige 
Resultate  erhalten.  Da  aber  in  öfter  gebrauchte  Röhren  leicht  Anteile  der 
zu  verbrennenden  Substanz    auch  im  vorderen  Abschnitt  des  rauh  gewor- 


^)  Auf  die  Verweiidiuig  der  in  der  Abbildung  ersichtlichen  Quetschhähne  verzichte 
ich  in  letzter  Zeit  vollkommen. 

Ist  der  Durchmesser  der  Verbrennungsröhre  größer  als  8  mm,   so  schließe  man 


den  Hahn  vollständig. 


Die  quantitative  Mikroclpinentaiaiialyso  oriu'ani.sclier  Sultstauzcii. 


l.Ul 


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denen  Ilohres  haften  bleiben,  tallcii  «laiin  die  llfstininiuniriMi  oft  zu  niedrig' 
aus,  und  es  ist  daher  not\vendil,^  die  Krhit/.un^'  dieses  Kiihrcnabx-hniftcs  in 


1342 


Fritz  Pregl. 


ö' 


die  Austreibimgsperiode  des  Stickstofles  einzubeziehen,  wie  es  hier  angegeben 
ist.  Die  etwa  noch  am  Kupferoxyd  absorbierte  Luft  fällt  dann  praktisch  nicht 
mehr  ins  Gewicht.  Ist  der  vordere  Rohrabschnitt  nach  etwa  einer  Minute 
ins  Glühen  gekommen,  so  stellt  man  den  zweiten  mit  Schornstein  versehenen 
gewöhnlichen  Bunsenbrenner  (Bb) ,  dessen  Flamme  eben  nicht  leuchtend  ein- 
gestellt ist,  an  das  äußerste  Ende  des  Verbrennungsgestelles  unter  das  grobe 
Kupferoxyd  vor  der  oxydierten  Kupferdrahtnetzspirale.  Sobald  die  Gasent- 
wicklung abzunehmen  beginnt,  rückt  man  um  einige  Millimeter  vor  und 
je  näher  man  der  Mischung  der  Substanz  kommt,  um  so  geringere 
Stellungsänderungen  des  Brenners  darf  man  vornehmen,  wenn  man  nicht 
Gefahr  laufen  will,  eine  zu  stürmische  Entbindung  von  Gasen  zu  be- 
wirken. Es  hat  sich  als  Erfahrungstatsache  herausgestellt,  daß  eine  Ver- 
brennung dann  richtig  geleitet  ist,  wenn  sich  im  weiten  Teil  des  Mikroazo- 
tometers  während  des  Entweichens  von  Stickstoff  jeweils  3,  höchstens 
5  Gasblasen  gleichzeitig  unterwegs  befinden.  Ist  man  in  dieser  Weise  das 
ganze  Rohr  entlang  mit  diesem  Brenner  (Bb)  bis  an  den  Flachbreimer 
(Bf)  herangekommen  und  hat  die  Gasentwicklung  einen  fast  völligen 
Stillstand  erreicht,  so  bringt  man  den  ersteren  Brenner  in  seine  ursprüng- 
liche Lage  unter  das  an  das  oxydierte  Kupferröllchen  angrenzende  grobe 
Kupferoxyd  und  schiebt  nun  den  Flachbrenner  so  gegen  diesen,  daß  nun 
auch  die  ganze  Länge  des  feinen  Kupferoxyds  gleichmäßig  und  gleich- 
zeitig von  dieser  Flamme  ins  Glühen  gebracht  wird.  Es  handelt  sich  jetzt 
eben  darum,  die  letzten,  etwa  noch  nicht  völlig  verbrannten  Reste  der 
endgültigen  Oxydation  zuzuführen.  Nun  erst  öffnet  man  den  Hahn  des 
Kippschen  Apparates,  so  zwar,  daß  etwa  höchstens  5 — 8  Blasen  sich 
gleichzeitig  im  Mikroazotometer  unterwegs  befinden  und  setzt  die  Aus- 
spülung des  Verbrennungsrohres  mit  Kohlendioxyd  so  lange  fort,  bis 
die  aufsteigenden  Gasblasen  plötzUch  klein  werden  und  die  Kleinheit 
wie  vor  Beginn  des  Versuches  erreichen.  Nun  entfernt  man  die  Bren- 
ner durch  Vorziehen  und  löst  die  Schlauchverbindung  zwischen  Mikro- 
azotometer und  dem  winkUg  gebogenen  Thermometerrohr,  wobei  der 
Schlauch  am  Mikroazotometer  zu  bleiben  hat.  Wenn  die  bei  der  Her- 
richtung dieses  Meßapparates  eingefüllte  Quecksilbermenge  richtig  ge- 
wählt ist,  so  hat  man  nicht  zu  befürchten,  daß  auch  bei  tiefgestellter 
Kalikugel  äußere  Luft  in  den  x\pparat  eintritt,  daher  ist  die  Anbringung 
eines  Quetschhahnes  an  diesem  Schlauchstück  völlig  überflüssig.  Das  ab- 
genommene Mikroazotometer  stellt  man  neben  ein  Thermometer  und 
liest  nach  einer  halben,  längstens  einer  Minute  bei  hochgehobener  Kali- 
kugel und  Gleichheit  der  Niveaus  bei  vertikaler  Stellung  der  Meßröhre 
und  unter  Vermeidung  der  Parallaxe  sowohl  im  durchfallenden,  vielleicht 
sogar  noch  besser  im  auffallenden  Licht  den  Stand  des  tiefsten  Punktes 
des  Laugenmeniskus  mit  einer  Genauigkeit  von  O'Ol  cm^  ab. 

Die  Zeitdauer  einer  derartigen  Stickstoffbestimmung  betreffend,  ist 
zu  bemerken,  daß,  wie  aus  dem  früher  Gesagten  hervorgeht,  für  die  Ent- 
lüftung des  Verbrennungsrohres  ungefähr  4 — 5  Minuten,  für  die  Verbren- 


Die  quantitative  Mikioclementaranahse  organischer  Suitstanzen.  l'Mii 

nung  dor  Substanz  cinsclilicrilich  der  iiachfolLrcnden  Ausspülung  des  Koliivs 
mit  Kolilendioxvd  öS  Minuten  orfordcilicii  sind,  so  daC.  man  für  die 
iieitdauer  einer  Stickstoffbestimmunjr  samt  licreilinuiif,'  des  Kcsultates  rund 
V4  Stunde  veranschlagen  kann. 

Aus  den  vielhuudertfaclien  Krfahrunj,n'n,  die  ich  im  Laufe  des  ver- 
flossenen Jahres  gemacht  habe,  möchte  ich  hier  üiier  einii^e  Fehlen|uellen, 
welche  das  Resultat  in  schädlicher  Weise  zu  beeinflu>>en  imstande  sind, 
besonders  hingewiesen  haben. 

Man  findet  zu  hohe  Stickstoff  werte: 

1.  wenn  der  KipjmchQ  Apparat  nicht  völli^^  entlüftet  ist: 

2.  wenn  aus  dem  Verbindungsstück  zwischen  /u;v/ASchem  Apparat  und 
Verbrennungsröhre  sowie  auch  aus  letzterer  die  Luft  nicht  hinreichend 
durch  Kohlendioxyd  verdrängt  worden  ist;  dabei  sei  besonders  darauf  hin- 
gewiesen, daß  das  feine  Kupferoxyd  des  Handels  eine  viel  groüere  Absorp- 
tion für  Gase  zeigt,  als  das  von  mir  verwendete  feinblätterige  Kupferoxvd 
aus  gesiebtem  Kupferhammerschlag; 

.').  wenn  der  LIahn  des  Mikroazotometers  nicht  sorgfältig  mit  einer 
dünnen  gleichmäßigen  Schichte  von  Vaselin  überzogen  und  so  in  seine 
Hülse  eingedrückt  ist,  daß  er  glänzt,  kann  es  vorkommen,  dal)  Kalilauge 
aus  dem  Trichter  des  Apparates  in  die  kalibrierte  Rühre  eindringt  und  im 
verjüngten  Teil  derselben  knapp  unter  dem  Hahn  haften  bleibt  und  (ias 
verdrängt.  Der  dadurch  bedingte  Fehler  kann  je  nach  der  Form  dieses 
Teiles  bis  zu  0"04  cm^  betragen.  Durch  Heben  der  Birne  und  vorsichtiges 
Öffnen  des  Hahnes  läßt  sich  die  eingedrungene  Kalilauge  daraus  wieder 
verdrängen  und  die  Analyse  vollends  retten: 

4.  bei  zu  rasch  geleiteter  Verbrennung,  wo  in  seltenen  P'ällen  bei 
manchen  Körpern  Kohlenoxydgas  oder  andere,  durch  Kalilauge  nicht  ab- 
sorbierbare gasförmige  Verbrennungsprodukte  über  das  glühende  Ku|)fer- 
oxyd  hinweg  in  das  Mikroazotometer  hineingelangen  und  so  einen  zu  hohen 
Stickstoffgehalt  vortäuschen  können. 

Der  gefundene  Stickstoffwert   kann  fälschhch   zu  niedrig  ausfallen: 

1.  wenn  der  <Iurch  die  \'erbrennung  vollständig  entbundene  Stick- 
stoff am  p]nde  der  Verbrennung  durch  die  nachgeschickte  Kuhlensaure 
nicht  vollständig  ausgetrieben  wird: 

2.  bei  unvollständiger  ^'erbrennung  der  Substanz  infolge  nicht  hin- 
reichenden und  gleichmäßigen  Glühens  des  Rohres; 

3.  in  ganz  seltenen  Fällen,  wenn  es  zur  Bildung  schwerst  verbrenn- 
licher  Stickstoffkohle  kommt.  In  solchen  Fällen  kann  folgender  Kunstgriff 
Abhilfe  schaffen:  bei  der  Füllung  i]Q^  Rohres  lasse  man  auf  die  oxydierte 
Kupferspirale  zuerst  einen  Kristall  Kaliumchlorat  fallen  '1  und  füllt  es  darauf 
in  der  früher  angegebenen  Weise.  Nach  vollzogener  \'erbrennung  und  bevor 
man  mit  Kohlendioxyd  die  Stickstoffreste  aus  dem  Rohr  entfernt,  entwickelt 
man  mit  Hilfe  eines  dritten  Brenners    aus   dem  Kaliinnchloraf  Sauerstoff. 


')  Siehe  darüber  Holdcmiann  und  Scholl.  Ber.  43.  S.  .343. 


1344 


Fritz  Pregl. 


Avodurch  alles  während  der  Verbrennung"  reduzierte  Kupfer  sowie  die  abge- 
schiedene Kohle  völlig  oxydiert  werden.  Bei  vorsichtiger  Ausführung  be- 
steht keinerlei  Gefahr,  daß  elementarer  Sauerstoff  in  das  Mikroazotometer 
gelangt,  weil  die  glühende  reduzierte  Kupferspirale,  an  der  man  ein  quer- 
schnittweises Fortschreiten  der  Oxydation  mit  freiem  Auge  wahrnehmen 
kann,  diesen  Übertritt  völlig  sicher  verhindert. 


3.  Bestimmung  des  Stickstoffs  nach  Kjeldahl  in  kleinen  Sub- 
stanzmengen (Mikro-Kjeldahl).O 

Die  für  die  Bestimmung  zu  verwendende  Substanz  wird  ebenso,  wie 
schon  bei  Mihro-Dumas  beschrieben,  in  Wägegläschen  (Fig.  290)  gewogen 
und    in    Verbrennungskölbchen    (Fig.  293,  Vk)    eingebracht,    welche    aus 

Resistenzglas  -  Eprouvetten 
gewöhnlicher  Dimension 
durch  Anblasen  einer  klei- 
nen kugeligen  Erweiterung 
an  ihren  Enden  hergestellt 
worden  sind.  Nach  Zufügen 
von  etwa  V2— 1  ^"'^  kon- 
zentrierter Schwefelsäure 
und  nach  Einbringen  von 
entsprechenden  Zusatzmit- 
teln je  nach  Bedarf  (ich  gebe 
gewöhnhch  eine  Messer- 
spitze Kaliumsulfat  und 
ebensoviel  Kupfersulfat  hin- 
zu) wird  über  einer  kleinen 
Flamme  der  kugelige  An- 
teil des  Kolbens  zur  Er- 
hitzung gebracht.  Dazu 
bedient  man  sich  mit  größtem  Vorteil  des  \'erbrennungsgestelles,  wie 
wir  es  bei  der  Kohlenstoffbestimmung  und  bei  Mikro-Dumas  verwendet 
haben,  indem  man  darauf  ein  entsprechend  gebogenes  Drahtnetz  legt  und 
einen  Drahtbügel  unter  die  eine  obere  Schiene  einklemmt,  durch  welchen 
die  Verbrennungskölbchen  in  entsprechender  Schief  läge  erhalten  werden. 
Als  Heiz(iuelle  bedient  man  sich  der  beiden  äußersten  Flammenspitzen  eines 
Flachbrenners,  so  daß  mau  mit  größter  Bequemlichkeit  auf  einem  Ver- 
brennungsgestell mit  Hilfe  von  zwei  Flachbrennern  gleichzeitig  4  Proben 
erhitzen  kann.  In  der  Regel  geht  die  Zersetzung  in  überraschend  kurzer 
Zeit  vonstatten.    Wie    bekannt  ist  es  auch  oft  geradezu  notwendig,  um  den 

')  Der  Erste,  der  meines  Wissens  quantitative  Stickstoff bestimmungeu  nach  dem 
Prinzipe  von  Kjeldahl  ausgeführt  hat,  war  Fritz  Filch:  Monatshefte  f.  Chemie.  32  (1911). 
S.  26.  Sein  Verfahren  und  die  dabei  verwendeten  Hilfsmittel  unterscheiden  sich  so  viel- 
fach von  den  hier  zu  beschreibenden,  daß  ich  mich  mit  der  Anführung  begnügen   darf. 


Dn  Ansatz  zur  Destillationsröhre. 


izebrachte 
stoffineiige 


l'"iK-  ^94. 


Die  (juaiititative  Mikroclcmentaraiialyse  organischer  Substanzcu.  1340 

richtigen  Wert  zu  bekommen,  lungere  P^rhitzuiigsdauer  anzuwenden  und 
insbesondere  dafür  zu  soruen.  dall  i'leinciitarcr  Kohlenstoff  in  der  Schwefel- 
säure vorhanden  ist,  welcher  durch  Zersetzung  der  letzteren  eine  bestiindige 
Neubildung-  von  Wasser  zu  veranlassen  hat.  Zu  diesem  Kndc  .setzt  man, 
nachdem  der  Kölbcheninhalt  zum  erstenmal  klar  geworden  ist,  2—.".  Tropfen 
Alkohol  aus  einer  Spritzflasche  zu  und  setzt  die  Krhitzung  fort.  l)ic  mit 
diesem  Alkohol    ein- 

Kohlen- 

geniigt, 
um  die  notwendige 
Erhitzungsdauer  um 
5 — 10  Minuten  zu 
verliingern.  Ist  nun 
der  Kolbeninhalt  völ- 
lig klar  geworden, 
so  kann  man  ohne- 
weiters  sofort  zum 
Abdestillieren  des  ge- 
bildeten Ammoniaks 
schreiten.  Die  De- 
stillation erfolgt  aus 
dem  \'erbrennung.s- 
kölbchen  .selbst.  Man 
erspart  sich  dadurch 
jedes  Cberfiillen  und 
Nachspülen.  Zu  die- 
sem Zwecke  steckt 
man  das  Kölbchen, 
nachdem  man  1/2  cw^^ 
Wasser  eingebracht 
hat,  an  den  kleinen 
( dasapparat ,  der 
duich  die  nebenste- 
henden Abbildungen 
(Fig.  29:3  u. Fig. 294) 
dargestellt  ist. 

Dieser  Apparat 
besteht  aus  einem 
völlig  aus  ( das  gefer- 
tigten Destillationsaufsatz,  der  mittelst  eines  weitgebohrten  Kautschuk- 
pfropfens auf  das  Zersetzungskölbchen  r  FA-^  aufgesetzt  wird  und  einer  mit 
Hilfe  eines  Kaut.schukschlauchs  daran  angeschlossenen  Destiliationsröhre(7>;v, 
die  bis  nahe  an  die  ebene  Tischplatte  heranreicht.  Der  Destillationsaufsatz  M) 
besitzt  ein  Dampfleitungsi'ohr  (De),  dessen  gebogenes  Ende,  wie  aus  der 
schematischen  Zeichnung  hervorgeht,  in  der  kugelförmigen  Erweiterung  des 

Abderhalden.  Handbuch  der  biochemischen  ArbeitRmetlioden.  V.  gjj 


Destillation   iMikro-Aj>/i/n/i/i  in  Ansführiiii^;  ('',,  nu».  f?r<"«Oe). 
Vk  VerbrennungskiMbchen.    A   Destillationsnufsntz.    /V   Dantpri-inleituaffo- 
rohr.    /)r  DestillationBrohro.     K  Krlenmevörkollicn    zur    KntwioklunK    von 

Wassordampf. 


1346  Fritz  Pregl. 

Zersetzuiigskölbchens  (Vk)  schwach  nach  abwärts  gebogen  ist  und  dessen 
freies  Ende  mit  Hilfe  eines  Kautschukschlauches  mit  einem  Eiienmeyer- 
kolben  (E)  rasch  verbunden  werden  kann,  in  welchem  ein  kontinuierender 
Dampf  Strom  aus  kochendem  Wasser,  dem  etwas  Zinkstaub  zugesetzt  ist, 
entwickelt  wird.  Die  früher  erwähnte  Destillationsröhre  (Dr)  besteht  aus 
einer  Jenaer  Hartglasröhre  von  45  cm.  Länge  und  einem  äußern  Durchmesser 
von  8  mm,  dessen  oberstes  Ende  unter  einem  etwas  kleineren  als  rechten 
"Winkel  abgebogen  ist.  Dieses  winklig  abgebogene  Ende  dient  zum  An- 
schluß an  den  Destillationsaufsatz  mittelst  einer  kurzen  Schlauchverbindung. 
Es  muß  hervorgehoben  werden,  daß  gerade  dieses  Destillationsrohr  (Dr) 
die  größte  Aufmerksamkeit  des  Experimentators  erfordert,  denn  es  scliließt 
eine  beständige  Fehlerquelle,  das  sind  die  Alkalien  des  Glases,  in  sich.  Es 
ist  daher  notwendig,  ein  neues  Rohr  stundenlang  der  Wirkung  von  strö- 
mendem Wasserdampf  auszusetzen,  worauf  es  tadellos  gebrauchsfähig  wird. 
Hat  man  ein  derartiges  Rohr  längere  Zeit  nicht  verwendet,  so  ist  es  vor 
neuerlichem  Gebrauch  unbedingt  erforderlich,  das  Ausdämpfen  zu  wieder- 
holen und  das  Rohr  auf  seine  Reinheit  in  der  Weise  zu  prüfen,  daß  man 
in  einem  blinden  Versuch  nach  einer  10  Minuten  währenden  Destillation 
das  Destillat  durch  Titration  untersucht,  ob  noch  Alkalien  übergehen. 

Erwähnen  möchte  ich,  daÜ  sich  Röhren  aus  Zinn.  Blei  sowie  auch 
aus  Silber  als  Destillationsröhren  noch  weniger  taughch  erwiesen  haben, 
wie  die  erwähnten  Jenaer  Hartglasröhren;  in  jüngster  Zeit  konnte  ich 
mich  überzeugen,  daß  eine  Röhre  aus  Quarzgut,  vollkommen  fehlerfrei, 
überdies  gar  nicht  kostspielig  ist. 

Für  die  Titration  hat  es  sich  als  das  Zweckmäßigste  erwiesen,  ^/yo- 
Normallösungen  und  als  Indikator  Methylrot  (p-Dimethylaminoazobenzol- 
orthokarbonsäure)  Kahlbaum  zu  verwenden.  Folgender  Weg  hat  sich  als 
der  beste  bewährt:  Nach  einer  mit  Hilfe  dieses  Indikators  genau  herge- 
stellten Yio-^ormalsalzsäure  wird  eine  \/,o-Normalnatronlauge  gestellt.  Nun 
mißt  man  in  ein  200  cm^  fassendes  Meßkölbchen  28'6  cm^  dieser  Vio-^or- 
malsalzsäure,  fügt  dazu  1 — 2  Tropfen  Indikatorlösung,  die  man  sich  durch 
Lösen  eines  Überschusses  an  festem  Indikator  in  1  cm^  i/io-Normalnatron- 
lauge  hergestellt  hat  und  füllt  bis  zur  Marke  das  Kölbchen  voll.  Ebenso 
geht  man  bei  der  Bereitung  der  Vvo-Normalnatronlauge  vor.  Es  hat  dem- 
nach die  V7o-Normalsalzsäure  eine  rosenrote,  die  Vvo-Normalnatronlauge 
eine  kanariengelbe  Farbe.  Zum  Titrieren  verwende  ich  enge,  10  cm^  im  ganzen 
fassende  Büretten  mit  oder  ohne  Schellbachstreifen  mit  Quetschhahnein- 
richtung. Die  Ausläufe  bestehen  aus  engen  Glasröhrchen,  die  auf  eine  Länge 
von  5 — 8  cm  zu  Kapillaren  von  einem  äußeren  Durchmesser  von  1  mm  aus- 
gezogen sind.  Infolge  dieser  Einrichtung  kann  man,  da  die  Büretten  in 
V20  c'w^  geteilt  sind,  mit  größter  Leichtigkeit  denselben  sowohl  Flüssigkeits- 
mengen von  O'Ol  cm^  entnehmen,  als  auch  durch  Schätzung  des  Niveau- 
standes bestimmen.  Da  1  cm'^  einer  1/70-^ormallösung  Ol  mg  Stickstoff 
entspricht,  so  wäre  die  letzte  durch  diese  Titration  meßbare  Stickstoffmenge 
gleich  0'002  mcj  Stickstoff. 


I 


Die  quantitative  Mikroolomeutaranaiyse  organischer  Substanzen.  1347 

Zur  Bestiinniuii<^'  des  Stickstoffs  fii^^t  man.  wie  schon  erwiihnt.  das 
Zersetzun<^skölbcheii  an  den  in  einem  Stativ  ('in^,n'kI('nunt(Mi  Dc^tiilationsaiif- 
satz,  Mt  die  Destillationsrölire  in  ein  kleines,  ebenfalls  durch  Wasserdanijjf 
vorbehandeltes  Erlenineyerkülbclicn .  in  dem  sich  eine  ;,n'n)es.sene  Men«;e 
V7o-^^oi'i»alsalz.säure  (je  nach  lledarf  'A—bcm^)  befindet,  eintauchten  und 
setzt  in  den  Kautschukschlauch,  welcher  die  Verbindun^zuni  l)anii)fentwickler 
besorgt,  ein  kleines  Trichterchen,  durch  welches  man  .soviel  :'.;'."  oige  Na- 
tronlauge einfließen  läßt,  bis  es  zur  Ausscheidung  von  Kupferhydroxyd  im 
Zersetzungskölbchen  kommt.  Nach  Entfernung  des  Trichters  i>ringt  man 
den  Schlauch  an  den  Dampfentwickler  und  beginnt  mit  der  Destillation, 
welche  etwa  8 — 9  Minuten  so  geleitet  werden  soll,  daß  das  untere  Knde 
des  Destillationsrohres  in  die  vorgelegte  Säure  taucht.  Während  der  ganzen 
Zeit  ist  es  zw^ckmälMg,  unter  die  kugelförmige  Erweiterung  des  Kölbchen< 
ein  kleines  Flämmchen  zu  bringen,  wodurch  die  Destillation  wesentlich  er- 
leichtert und  beschleunigt  wird.  Nach  dieser  Zeit  drehe  man  den  ganzen 
Apparat  derartig  in  der  Klemme,  daß  das  Ende  des  Destillatorrohres  nicht 
mehr  in  die  vorgelegte  Säure  eintaucht  und  überlasse  während  einer  wei- 
teren Minute  das  Rohr  der  Ausspülung  durch  die  entweichenden  Dämpfe. 
Die  Unterbrechung  der  Destillation  erfolgt  durch  Lösung  der  Schlauchver- 
bindung mit  dem  Dampfentwickler.  Hierauf  spült  man  das  Knde  des 
Destillationsrohres  von  außen  mit  der  Spritzflasche  al).  entfernt  es  aus  dem 
Verbindungsschlauch  des  Destillationsaufsatzes,  faßt  die  heiße  Köhre  an  einem 
Kork,  den  man  aus  diesem  Grunde  daran  angebracht  hat,  bringt  es  in 
horizontale  Lage  und  spült  es  von  seinem  winklig  gebogenen  Ende  an  2-  bis 
3mal  mit  destilliertem  Wasser  aus.  Nun  schreitet  man  zum  Titrieren  der 
unverbraucht  gebliebenen  Säure.  Es  ist  dabei  zu  bemerken,  daß  als  End- 
punkt der  Reaktion  der  Farbenton  rein  kanariengell)  sein  nmß.  wie  ihn 
die  i/To-^ormaJflatronlauge  .schon  liesitzt.  Der  Farben  vergleich  des  Köll>- 
cheninhaltes  mit  dem  Rüretteninhalt  ist  daher  eine  wesentliche  Tnter- 
stützung  beim  Titrieren,  welche.?  bei  Tageshcht  ebenso  genau  wie  beim 
küustlicheu  Licht  auszuführen  ist.  Die  .Multii)likation  der  bei  der  Destilla- 
tion verbrauchten,  mit  einer  Genauigkeit  von  2  Dezimalen  angegebenen  Menge 
Vvo-Normalsalzsäure  mit  dem  Faktor  0-2  ergibt  das  Gewicht  der  gesuchten 
Stickstoffmenge. 

Es  ist  zweifellos,  daß  gerade  diese  Methode  von  großem  Werte  bei 
Stoffwechseluntersuchungen  an  kleinen  Tieren  .sein  wird.  Es  erschi'int  mir 
daher  nicht  übeiilüssig.  hier  anzuführen,  wie  genaueste  NOlummessungen 
an  flüssigen  Stoffwechselprodukten,  z.  B.  Harn  ausgeführt  werden  können.  Da/u 
bediene  ich  mich  einer  durch  die  nachstehende  Abi)il<lung  (Fig.  2lir>)  illustrierte 
Präzisionsauswaschpipette.  Der  erweiterte  Teil  faßt  von  der  fein  auslaufen- 
den Spitze  bis  zu  einer  darüber  befindlichen  Marke  (M)  ein  Volumen  von 
Oi— 0-Lömi3,  welches  durch  sorgfältige  Auswägung  mit  (,»u(M-k<ilber  unter 
Beobachtung  und  in  Kechnung/.iehung  der  Temperatur  und  iteduktion  der 
Gewichte  auf  den  leereii  Raum  festgestellt  worden  ist.  Der  seitliche 
Schenkel  (Sj  dieser  kleineu  Pipette  ist  während  des  Aufsaugens  und  Ab- 

85* 


1348 


Fritz  Pregl. 


Fig.  295. 


.ff 


n 


Präzisions- Aus  wasch  - 

pjpette  (^3  nat.  Größe). 

M  Ringmarke. 

S  Seitenschenkel. 

Pf  Pfröpfchen. 


messens  der  betreffenden  Flüssigkeit  mit  einem  kleinen 
Pfropfen  (Ff)  verschlossen.  Indem  man  den  Inhalt  der 
Pipette  in  das  Zersetzungsröhrchen  teilweise  ausfließen 
läßt,  entfernt  man  den  Pfropfen  und  bringt,  mit  Hilfe 
eines  lang  ausgezogenen  Glasröhrchens,  konzentrierte 
Schwefelsäure  auf  den  Grund  der  Biegmig  des  seitlichen 
Schenkels  und  läßt  sie  ebenfalls  durch  die  kapillare  Spitze 
dieser  Pipette  in  das  Kölbchen  auslaufen.  Dadurch  w^erden 
sämtUche  bei  der  Abmessung  in  dem  Apparat  befindlich 
gewesenen  Flüssigkeitsanteile  in  das  Kölbchen  entleert. 
Man  macht  sich  dadurch  unabhängig  von  den  Messungs- 
fehlern, welche  durch  wechselnde  Dicke  der  am  (ilas  ad- 
härierenden  Schichte  bei  verschiedener  Viskosität  der 
Objekte  bedingt  werden. 

Auch  bei  den  beiden  Arten  der  Stickstoffbestimmung 
empfiehlt  es  sich  für  den  Anfänger,  sich  zuerst  mit  einer 
reinen  Substanz  so  lange  zu  beschäftigen,  bis  eine  große 
Serie  von  hintereinander  ausgeführten  Bestimmungen  gute 
Resultate  gegelien  hat.  Ich  empfehle  dazu  wieder  reines 
Leuzin,  bei  dem  man  mit  Leichtigkeit,  selbst  bei  Ver- 
wendung von  nur  4  oder  5  mg,  mit  der  Theorie  ( lO'ÖOo/o  N) 
bis  auf  wenige  Hundertstelprozente  übereinstimmende 
Werte  erhalten  wird.  Und  im  Ernstfalle  greife  man  immer 
wieder  darauf  zurück,  um  damit  die  Apparate,  Reagenzien 
und  die  eigene  Übung  zu  prüfen. 

Anmerkung.  Obwohl  ich  über  keinen  hierauf  be- 
züglichen Versuch  verfüge,  möchte  ich  hier  der  Meinung 
Raum  geben,  daß  auf  Grund  der  im  früheren  erwiesenen 
genauen  Bestimmbarkeit  kleiner  Ammoniakmengen  durch 
Destillation  und  Titration  die  Möglichkeit  gegeben  ist, 
den  Phosphor  in  kleinen  Mengen  organischer  Substanzen 


zu  bestimmen.  Der  Weg  wäre 


folgender : 


Nach   Verbrennung   einiger   Milligramm   gewogener 
Substanz  auf  ..nassem  Wege"  fällt  man  die  stark  salpeter- 
säurehaltige Flüssigkeit   mit  Ammoniummolybdat,  wäscht 
den  Niederschlag  an  der  Handzentrifuge,  spült  ihn  in  ein  Zersetzungskölbchen 
und  bestimmt  darin  das  Ammoniak  im  Sinne  der  vorstehenden  Vorschrift. 


Einige  Beleganalysen. 


aj  älteren  Datums    und    mit    der    älteren    Form    der    Absorptionsapparate 

ausgeführt. 

ü-66  H,  0 ,  40-10  CO,  =    e-SSO/o  H,  93-557o  C  gef. 

4-73    ".,       27-83    .,    =    6o3«'o  „    93-59°/o  „     „ 

6-297o  „    93-7l7o  „  ber. 

13-22     ,       37-32    .,    =  12-187«  „    83-887«  „  gef. 


Xaphtalin 11-69  ing 

8-11    ., 


Cholesterin 12- 14 

11-94 


13-0() 


36-61 


12-247o   „    83-63%  „ 


Die  quantitative  Mikroelemcntaranalyse  ort'anisclicr  Sultstanzen.  1H49 

Cholesterin lOHT  m;/ -.  11S7  ll..(),  :i3  32LU,  -  12-J2\  11,  83r»0'/o  t'  i?ef. 

13-30    „   :  14-53     '„       4()-98    „'  =  12  23Vo   -  84l»40o  .    \ 

12(K)»„    „  83H»;'^„   _    l.cr. 

Leuziü      1Ü-2G    „    :     üOö     „        2004    ^     =IUll%   .  :>AHV,\  _   u'of. 

iVOü    „  (745;  14"):  O-HJHrm'  N  =  l()-72»'o  N  gpf-  lOd'r/o  N  l.or 
6-72    „  (720;  15»):  0  G39    „     ^   =  l()-75»/o  r      -     1< »«;'.»"  „ 
8-79    ,.  (725;  15"):  0  832    „    ^  =  10-67''/,  „     „     lOOy»/,  ,     , 

10-91     ,.  :  Ö-H7  r;»^  ."  HCl         =  0174  rtu,  N  -  l(l7(5\  (?pf- 

()-44    ,.  :         3-47   ,.    ^"  HCl         =  0-(;94    ,     .  =10  77»/,     „ 

p-iiiti-o-T?oiizylclilori(l     6-20    ..  (715;  18"):  0-450  o«' N  =  HOr'/o  ^'ff.,  H-17"„  bor. 
Pynuitliren      ....  10-20    „    :  437  II.,  O.  3:yM  CO..  =  479"  „  H,  '.K'vKJ",^  C  gef. 

4-80"  0    -  95-20"/o  .  her. 
PiTvlcMi 11-90    „   :  5-44    „        41  G2     ..       =^  5  12"/„    „  95-38»/o  -  xef. 

4807o    „  95-20"/o  -  bcr. 
Indanthren      ....  1035    „  :  287     ,.        2886    ,.       =  310"  o    n  76-05" ,  r  gef- 

3  197o    .  7600"/o  „  ber. 
1-Ö9    „  (700;  17"):  0-120  o//'  N  =  6-54»/„  N  gef..  6-34%  N  bor 

Dibenzoyl-1  -5  .  dia- 

mino-antbrachinon  1238    „      4157  H,  0,  3419  CO.,  =  413"'o  H,  75-3270  C  gef. 

4-06"/o   „   75-31  "/o  .  l>or. 
2-86    „  (705:  17") :  0170  c«r'  N  =  6-49"/o  N  gef..  6  28"  „  C  '"T- 

Anthrazin 1340    .        513  H„  0.  4329  CO,  =  428"  „  H.  8811 "/,  C  gef. 

4-24«/o  ,    88-39"o  .  ''Pr- 
9-71    ..  (715;  17"l:  0621  cw^  N  =  708"  o  gef-  ^'-'i?  ••ci". 
Flavanthren   .    .    .    .  lOSi  :     410  ;«// H.,  O,  35-Oß  CO,  =  4-23"/«  H,  8821   tref. 

4  24"/o   „   88-39  ber. 

4-24  w.r/  (715;  18");  0288  c/»"  N  =  7-50"/o  N  gef.,  7-37",  bor. 
Pr-ln-methvl-2-methyl- 

3-isopropvlindol      .  1097  ,.  :   910  H..0,  3360  CO,  =  9-29"o  H,  8353" »  C  iref. 

9  15"/o  „    8336«',  „  bor. 
5-70  «««N  (710:18"):  0-387    „     =  7-44"/,  N  gef.,  749»  „  N  b.-r. 
700  «H^N  (713: 17"):  0  468    ..     =  7-39«o   „     r      '■i-'"  o    -     - 
a-Bromisocapronyl- 

phenvlalanin  .'  .    .    938  .    :    491  H..0,  1812  CO,  ^  586" 'o  H  .52-68"/„  C  g.-f. 

5-89"  „    ^  52-62"/o  -  ber. 

12-53  :  2-65  nn'  -"-  HCl  =  053  mg  N  =  423"  „  N  Rof.,  410",  ber. 

706:1-48    „     ",  HCl  =  0296  „    _  =  4-19"/,  „      ,      410"/,     . 

'       70 

a-Brombutvr\i- 

phoiivlaiauin    .    .    .    918  n«^ :    455  11,0.  IGTO  CO  =  5-55".,„  II.  4961" ,  C  gef. 

5-16»;o    ..    49-67"/,  „  ber. 

7-27  ;  1-60  cwi''  ,"  HCl  =  0320  wr/  N  =  4  40"^  N  gef..  4-46" ,  ber. 

b)  mit  der  neuen  Form  der  Absorptionsapparate  ausgeführt  von 

Dr.  .S.  Edlbacher. 

Choleinsäure 8-02;«*/:     7-38  11,0.  21 -.58  CO,  =  10-3(»" ,  M.  73  39"  „  (  i:ef. 

10-28",  „  73  41",  .  bor. 

Xaphtalin 1050  ..  :     6-2(t     ..       36-04     ..     =     6  60",  „  93-61",  >  gef. 

1121   ..   :     6-35     ..       38  46.    „     =     6  39",  .  93-56",  ,  > 

(>-»)"„  .  93-70"  „  „  ber. 

Cholesterin 8-69  "„  :     959     ,.       2674     ..  U'.M.V,,  _  8392".,  «  gef. 

12-00'^  ,,  ..  S3S6"„  .  bor. 


1350  Fritz  Pregl. 

Dibenzoyl-l-5-diamino- 

anthrachinoD      .    .    .    8-97  »»r/:     3-14  H^O,  24-80  CO^  =     3-927o  H,  75-407o  C  gef. 

4-06%  „    75-3 l«/o  „  ber. 

Pyranthren 8-11  ..  :     3-41     .,       28-25     .,     =     4-717o  „    95-007o  „  gef. 

4-807o  "    95-207o  „  l.er. 

Pervleu 9-12  „  :     417     „       3187     ,     =     5127o  „    95-317o  „  gef. 

4-807o  r    95-200/0  „  ber. 

Indolinon 8-85  „  :     5-41     „       24-19     „     =     6-847o  „    74-557o  „  gef. 

6-88o/o  .,    74-497„  „  ber. 
4-06  „  (714;  11'):  0-315««=^  =  8-587oNgef.;  8-707o  N  ber. 

Anthrazin 7-77  „  :     3-05  H, 0,  2526  CO^  ==     4-39'"o  H,  88-627o  C  gef. 

4-247o  .    88-397o  „  ber. 
5-34  „  (712;  15"):  0351  c»;»  =  7-307oNgef.;  7-377o  N  ber. 

Trional 5-20  .,  :     1005  BaSO^  =  26-557o  S  gef.;  26-48o «  ber. 

3-44  „  :       6-66       „       =  26-607o    .     «       26-487o     » 
Indautlireii 2-91  „  (718;  17"):  0-162cw^  =  6-197oNgef.;  6-347o  N  ber. 

Sämtliche,  für  die  C-,  H-  und  die  beiden  N-Bestimmungen  erforderlichen  Appa- 
rate sind  von  der  Firma  Gustav  Eger,  Graz.  Zinzendorfgasse,  genau  nach  meinen  An- 
gaben in  der  geschilderten  Ausführung  zu  beziehen. 

4.  Die  Bestimmung  des  Schwefels  und  der  Halogene  in  kleinen 

Substanzmengen.O 

Von  Fritz  Preg-l  und  Max  de  Crinis. 

Für  die  Abwägung  der  Substanz  hat  sich  als  das  Zweckmäßigste  er- 
wiesen, diese  in  3  cm  langen  und  1 — IV2  ^'>^^  weiten,  beiderseits  offenen 
Kapillaren  vorzunehmen.  Zu  diesem  Ende  wird  die  Kapillare,  indem  man 
sie  mit  dem  schon  erwähnten  Aluminiumdrahtbänkchen  auf  die  Wage 
bringt,  gewogen;  die  auf  einem  ührglas  mit  einem  kleinen  Glaspistill, 
wenn  nötig,  zerriebene  Substanz  wird,  indem  man  die  Kapillare  senkrecht 
in  sie  drückt,  in  einer  Länge  von  2 — 4  mm  hineingepreßt.  Dies  macht 
ungefähr  4 — 8  mg  Sul)stanz  aus.  Die  Kapillare  wird  nun  abgeklopft  und 
abgewischt,  insbesondere  dort,  wo  der  freie  Querschnitt  der  Substanz 
an  dem  einen  Ende  zutage  tritt.  Bei  Körpern,  welche  sich  nicht  in  der 
beschriebenen  Weise  auf  den  kleinen  Kaum  gut  zusammenpressen  lassen, 
hilft  man  sich  durch  Nachschieben  mit  einem  in  das  Lumen  der  Kapillare 
streng  hineinpassenden  Glasfaden.  Die  so  beschickte  Kapillare  bringt  man 
wieder  mit  dem  Aluminiumdrahtbänkchen  auf  die  linke  Wageschale,  und  zwar 
so,  daß  das  mit  Substanz  beschickte  Ende  während  der  Wägung  über  den 
Schalenrand  (siehe  Fig.  277)  hinausragt  und  etwa  davon  abfallende  Teile 
auch  nicht  mitgewogen  werden  können.  Nun  nimmt  man  die  Kapillare,  so 
wie  beim  Auflegen  mit  der  Platinspitzenpinzette  (F)  von  ihrer  Unterlage  ab 
und  läßt  sie  ziemlich  senkrecht  in  die  vorher  schon  vorbereitete  Bomben- 
röhre hineinfallen.  Diese  bläst  man  sich  aus  Thüringer  Weichglas  von  1  cm 


1 


I 


*)  Die  ersten,    welche  Halogen-    und  Schwefelbestimmuugen    in    kleinen  Mengen  g 

organischer  Substanzen  zur  Ausführung  brachten,  waren  Emich  und  Donau,  Monatshefte 
f.  Chemie.  30.  745.  Die  Hilfsmittel,  deren  sie  sich  dabei  bedienten,  sowie  auch  das  Ver- 
fahren unterscheiden  sich  vielfach  von  dem  unserigen.  1 


Die  quantitative  Mikroclementaranalyse  organischer  Substanzen.  liJol 

äiiüorom  Diirclimesser,  l  mm  Waiidstärkc  und  IT)— 20  cm  Länge,  nach- 
dem man  dieses  IJolir  zuvor  mit  Salzsäure  und  Wasser,  mit  Seife  und 
Watte  gereinisit  und  durch  Abspülen  mit  \Vasser,  Alkohol  und  Erhitzen 
getrocknet  hat.  Derartig  vorbereitete  Köhren  bereitet  man  sich  im  IJedarfs- 
t'alle  durch  Abziehen  und  Abschmelzen  von  Iiöhrenstückeii  in  der  erforder- 
hchen  Länge  her,  wobei  auf  das  Zustandekommen  einer  Ku|)i)<'  von 
gleichmäßiger  Wandstärke  und  Ivundung  das  grölite  (Jewicht  zu  legen  ist. 
In  diese  Bomben  hat  man  vor  dem  Hineinfallenlassen  der  Kapillare  mit 
der  gewogenen  Substanz  bei  ILTlogenbestimmungen  ein  haiifkorngrories 
Stück  Silbernitrat,  bei  Schwefelbestimmungen  ein  ebenso  grolies  Stück 
Barvumchloridi)  einzubringen.  Nun  fügt  man  etwa  '/« — 1  cw^  konzentrierte 
Salpetersäure  zu,  indem  man  sie  unter  Schiefhaltung  der  Itombe  und 
Drehen  derselben  die  Wände  herunterlaufen  läßt,  so  daß  eventuell  höher 
haften  gebliebene  Substanzteile  mit  heruntergeschwemmt  werden  können. 
Nun  wird  die  Bombe  sofort  in  kunstgerechter  Weise  unter  Bildung  einer 
gleichmäßig  gestalteten  dickwandigen  langen  Kapillare  vor  der  Oebläse- 
flamme,  an  ihrem  offenen  Ende  geschlossen  und  in  der  russenden  Flamme 
diese  Stelle  gekühlt.  Je  nach  Bedarf  wird  nun  die  Bombe  in  einem  kleinen 
Schießofen  auf  200"  oder  auf  eine  höhere  Temperatur  zwei  Stunden  lang  oder 
noch  länger  erhitzt.  Wegen  des  engen  Querschnittes  sind  diese  Bondx'u  außer- 
ordentlich widerstandsfähig  und  vertragen  anstandslos  eine  p]rhitzung  bis  zu 
800«,  ohne  daß  Gefahr  des  Springens  vorhanden  ist,  es  sei  denn,  daß  derB.oden 
der  Bombe  oder  die  Kapillare  nicht  kunstgerecht  ausgeführt  worden  sind,  oder 
daß  man  auf  die  Kühlung  in  der  mssenden  Flamme  vergessen  hat.  Nach 
erfolgter  Erhitzung  und  Auskühlung  des  Schießofens  kann  man  die  Bond)e 
getrost  herausnehmen  und  öffnet  sie,  indem  man  mit  dem  Glasmesser 
die  Kuppe  der  KapiUare  abschneidet  und  abbricht.  Das  (Hfnen  der  Kapillare 
in  der  Flamme  ist  insofern  wenig  empfehlenswert,  als  sich  bei  der  Er- 
hitzung oft  durch  das  Auskristallisieren  von  Baiyumchlorid  oder  Silber- 
nitrat die  Kapillare  verstopft,  uiul  man  dann  erst  noch  zum  Abschneiden 
derselben  schreiten  muß.  Nun  wird  die  Bombe  äußerlich  gereinigt ;  in 
2/3  ihrer  Länge  schneidet  man  sie  mit  dem  Glasmosser  an,  entfernt  aus 
diesem  Schnitt  durch  Al)wischen  alle  Glassplitter  und  berührt  die  Stelle 
bei  schräg  gehaltener  Bombe  mit  einem  glühenden  (ilasfropfeu.  Man  ver- 
hindert dadurch  das  Hineinfallen  von  Splittern.  Das  abgesprengte  ver- 
jüngte Ende  der  Bombe  setzt  man  verkehrt  auf  den  übrigen  Teil  der 
Biombe,  den  man  zweckmäßigerweise  in  ein  Eprouvettengestell  stellt, 
und  füllt  ihn  mit  siedendem,  destilliertem  Wasser  aus  einer  kleinen 
Spritzflasche,  deren  Spitze  eiiu'U  haarfeinen  Strahl  liefert  und  die  mittelst 
eines  Kautschukschlauches  leicht  beweglich  an  das  Steigrohr  aui:etügt 
ist.  Nun  bringt  mau  an  den  Band  des  Tisches  eine  reine  ,  mit  Schnabel 
und    ebenem    Boden    versehene  Abdampfschale  (Seh)  aus  (ilas  mit  einem 


')  Die  Notwendigkeit  dieser  Maßnalune  hat  sich  schon  nach  den  ersten  Versuclien 
im  vertlussenca  Winter  herausgestellt,  weil  sonst  die  Werte  für  den  Schwefel  stets  zu 


niedrig  ausfielen. 


1352  Fritz  Pregl. 

Inhalt  von  50 — 70  cm^,  entfernt  den  oberen  Teil  der  Bombe  und  ent- 
leert ihren  unteren  Teil  in  diese  Schale,  indem  man  den  heißen  feinen 
Wasserstrahl  schräg  nach  aufwärts  in  das  Innere  derselben  richtet.  Dabei 
fällt  insbesondere,  wenn  man  die  Röhre  dreht  und  durch  etwas  Aufklopfen 
auf  den  Tisch  nachhilft,  sow^ohl  die  Kapillare  in  die  Schale,  als  auch  der 
entstandene  Niederschlag  von  Halogensilber,  eventuell  Baryumsulfat.  Das 
Nachwaschen  des  Bombeninnern  in  der  geschilderten  Weise  wiederholt  man 
noch  mehrmals  und  falls  gewisse  Anteile  des  Niederschlages  in  seltenen 
Fällen  nicht  durch  den  Wasserstrahl  allein  zu  entfernen  wären,  bedient 
man  sich  eines  kleinen  Federchens  (Fig.  296).  Dieses  schneidet  man  sich 
aus  einer  feinen  Hühnerfeder  zurecht  und  kittet  das  1 — l'^/.,cm  lange 
Endstück  derselben  in  eine  dickwandige  Kapillare  mit  Harzkitt  ein,  wie 
die  nebenstehende  Zeichnung  es  darstellt.  Nun  ergreift  man  mit  der  sorg- 
fältig zuvor  gewaschenen  und  ausgeglühten  Platinspitzenpinzette  die  am 
Boden  der  Glasschale  liegende  Kapillare  in  der  Mitte ,  hält  sie  vertikal  über 
der  Schale  und  spült  sie  auf  das  sorgfältigste  sowohl  außen  als  innen  ab; 
auch  hier  wird  man  in  manchen  Fällen  genötigt  sein,  mit  der  kleinen 
Federfahne  1^ — 2mal  durch  die  KapiUare  durchzufahren. 

Fiff.  296. 


1 


i 


^^^^^k 


Federchen  (nat.  Größe). 

Eine  kleine  Bemerkung  soll  hier  über  das  ausgeschiedene  Baryum- 
sulfat Platz  finden.  Entgegen  der  sonstigen  Erfahrung  ist  das  in  der  Hitze  des 
Schießofens  gebildete  Baryumsulfat  grob  kristallisiert  und  die  glitzernden 
Kristalle  bilden  in  der  Regel  ein  Aggregat,  welches  die  (Jberfläche  des  ur- 
sprünglichen Chlorbaryumkristalles  nachahmt.  Bei  Schwefelbestimmungen 
ist  es  nun  erforderlich,  die  das  Baryumsulfat  enthaltende  Flüssigkeit  nach 
Zusatz  einiger  Tropfen  Salzsäure  völlig  zur  Trockne  abzudampfen  i)  und  nach 
neuerlicher  Befeuchtung  mit  verdünnter  Salzsäure  dies  zu  wiederholen,  um 
auch  die  letzten  Spuren  von  Salpetersäure  zu  entfernen.  Die  Flüssigkeit 
mit  dem  darin  suspendierten  Halogensilberniederschlag  kann  hingegen 
ohneweiters  der  Filtration  unterzogen  werden. 

Zu  diesem  Zwecke  bedienten  wir  uns  eines  Mikro-Goochtiegels  (siehe 
Fig.  297)  (g),  den  uns  die  Firma  Heraeus  in  Hanau  aus  Platin'-)  angefertigt  hat. 
Er  hat  eine  Höhe  von  14,  einen  oberen  Durchmesser  von  12  mm,  besitzt  einen 
durchlochten  Boden  ohne  ein  zweites  Sieb  und  außerdem  eine  Kappe  (Je)  samt 


I 


^)  Eine  wesentliche  Zeitersparnis  lassen  wir  beim  Abdampfen  dadurch  eintreten, 
daß  wir  auf  das  Flüssigkeitsniveau  einen  durch  Watte  filtrierten  Luftstrom  richten. 

')  Dieselbe  Firma  stellte  mir  gegenwärtig  einen  Mikro-Tiegel  mit  Filtrierschicht 
aus  Platinschwamm  nach  dem  Prinzipo  des  „Xeubauertiegels"  in  den  Dimensionen  des 
oben  beschriebenen  Mikro-Goochtiegels  her,  der  den  Vorteil  hat,  daß  er  stets  gebrauchs- 
fertig ist,  und  bei  großer  Filtrationsgeschwindigkeit  die  feinsten  Niederschläge  zurückhält. 


Die  quantitative  Mikroelementaranalyse  organischer  Substanzen.  1353 


Deckel  (d).  Sein  Fcassun<israum  macht  uiiLrcfiihr  P/o  r»»3  ans  und  sein  Ge- 
\vicht  beträtit  rund  'd'bg.  Für  die  Beschickung  des  Tief^^els  riciitet  man 
sich  ein  für  allemal  das  im  Handel  als  (ioochlief^el-Ashest  kilufliche  l'rii- 
parat  zum  Zwecke  seiner  feineren  \'erteilun<j^  in  der  Weise  her.  dal'i  man 
eine  Portion  desselben  in  einer  I'latinschale  mit  konzentrierter  Schwefel- 
säure, der  einige  Kubikzentimeter  Salpetersäure  beiL^efü^^t  sind,  zu  einem 
dünnen    F)rei    anrührt 

und  über  der  Flamme  ^'r-  -^'■ 

bis  zum  Sieden  der 
Schwefelsäure  erhitzt. 
In  diesem  Moment  faßt 
man  die  Schale  mit 
einer  Tiegelzanj^e,  die 
mit  Platinspitzen  aus- 
gestattet ist ,  und 
taucht  alles  zusammen 
in  ein  bereitstehendes 
Becherglas,  das  min- 
destens l'/,  Liter  de- 
stillierten Wassers  ent- 
hält. Durch  die  leichte 
Explosion  findet  eine 
noch  feinere  Auffase- 
rung  des  Asbestes  statt 
und  man  trennt  nun 
durch  Abgießen  der 
aufgerührten  Hüssig- 
keit  das  Feinverteilte 
vom  etwa  noch  Grob- 
gebliebenen.  Nach  eini- 
ger Zeit  senkt  sich  in 
der  Flüssigkeit  die 
Hauptmenge  der  Fa- 
sern allmählich  zu  Bo- 
den,   während  feinste 

Teilchen    noch     in  Utensilien  zur  Halogen-  und  QaecksilborbcgtiminuDir  (*/,o  oat.  GrüOe). 

^    ,          ,  A  Absaiigkolben  mit  Gurarairing  I{  und  Scblauch  mit  (jui-t^cbhahn   Qyi. 

Schwebe  bleiben.   Diese  Sch  Olasschale.   PtD  i>latind."ckel  als  Intirlajro  boim  l.lubin.  /'  l'inzptt«. 

,<>           ,                              ,           ,  /Federchen.   Ä'Kui)ferl)lock.  darauf:  i;  Mikrnli»ochtu<gel.  A   «eiui- Kanni- 

entfernt     man    durch  und  d  ».in  u.ok.i. 

wiederholtes  Dekan- 
tieren. Die  Hauptmenge  der  Fasern  saugt  man  nun  auf  einer  Nutsehe  ab 
und  wäscht  sie,  bis  das  ablaufende  Was.ser  keine  Schwefelsäurereaktinn 
mehr  gii)t.  Die  abgesaugten  Asbestfasern  las.sen  sich  vom  Papierfilter  als 
zusammenhängende  verfilzte  Masse  abtrennen.  Si«'  werden  in  eine  Flasche 
geschoben  und  durch  Cbergiellen  von  destilliertem  Wasser  in  Suspension 
gebracht. 


1354  Fritz  Pregl. 

Man  gewöhne  sich,  vor  jeder  Serie  gleichartiger  Analysen  den  Mikro- 
Goochtiegel  (g)  sowie  seine  Kappe  und  Deckel  in  einer  Eprouvette  mit 
verdünnter  Salpetersäure  auszukochen  und  innen  mit  einem  an  einem  Zünd- 
holz aufgewickelten  Wattebäuschchen  gut  auszureiben.  Nach  sorgfältigem 
Ausspülen  wird  der  Tiegel,  indem  man  ihn  mit  der  reinen  Platinspitzen- 
pinzette faßt,  bis  zum  Verschwinden  der  Natriumflamme  im  Bunsenbrenner 
geglüht  und  hernach  zum  Zwecke  des  Abkühlens  auf  den  schon  mehrmals 
erwähnten  Kupferblock  (K)  gestellt.  Man  bringt  den  Tiegel  nun  zum 
Zwecke  der  Beschickung  mit  der  erforderlichen  Asbestschichte  auf  die  Fil- 
triervorrichtung,  die  nur  aus  einem  Saugkoll)en  (Äj  besteht,  dessen  Mün- 
dung ein  Gummistopfen  verschließt,  in  dessen  Bohrung  ein  nach  oben  bis 
auf  den  Durchmesser  des  Mikro-Tiegels  sich  erweiterndes  Röhrchen  (R) 
steckt.  Über  dieses  Ende  ist  ein  passendes  ringförmiges  Stück  gewasche- 
nen Kautschukschlauches  (R)  gestülpt,  in  welches  der  Tiegel  bis  über  seine 
Mitte  luftdicht  eingesetzt  werden  kann.  Über  das  Ansatzrohr  des  Absaug- 
kolbens ist  ein  1  m  langes  Schlauchstück,  an  seinem  Ende  mit  Quetsch- 
hahn (Qu)  versehen,  gesteckt.  Nun  gießt  man  den  Mikro-Goochtiegel  mit 
der  aufgeschüttelten  Asbestsuspension  voll  und  erzeugt  im  Innern  des  Kol- 
bens durch  Ansaugen  mit  dem  ^lunde  am  langen  Schlauchstück  ein  ge- 
lindes Vakuum  und  schließt  den  Quetschhahn.  Steht  eine  Pumpe  zur  Ver- 
fügung, so  würde  sich  deren  Anwendung  beim  Erzeugen  des  Asbestfilters 
vielleicht  empfehlen,  weil  das  Durchreißen  kleiner  Asbestteilchen  dabei  nur 
vom  Vorteil  wäre.  Hingegen  möchte  ich  von  dem  Gebrauch  einer  Pumpe 
beim  Absaugen  der  Niederschläge  entschieden  widerraten.  Das  Asbestfilter 
wird  mit  etwas  verdünnter  Salzsäure  gewaschen  und  dann  durch  minde- 
stens sechsmalige  Füllung  mit  siedendem  Wasser  gewaschen.  Um  die  Proze- 
dur abzukürzen,  kann  man  schließlich  auch  das  Wasser  mit  etwas  Alkohol 
verdrängen.  Nach  dem  letzten  Ablaufen  alles  Flüssigen  nimmt  man  mit 
den  reinen  Fingern  den  Tiegel  aus  dem  Kautschukring,  ^^ischt  seinen  Boden 
und  seine  Seitenwände  mit  einem  Gazelappen  ab,  setzt  die  Kappe  auf  und 
bedeckt  ihn  mit  seinem  Deckel,  welche  beide  mittlerweile  auf  dem  Kupfer- 
block in  einem  Exsikkator  verwahrt  waren. 

Die  Trocknung  des  Tiegels  haben  wir  stets  in  der  Weise  vorgenom- 
men ,  daß  wir  ihn  auf  einen  größeren  Platiudeckel  (Pt)  von  etwa  4  cm 
Durchmesser,  der  auf  einem  Dreieck  ruhte,'  gestellt  und  diesen  Deckel  mit 
einer  kleinen  Flamme  bis  zur*  mäßigen  Piotglut  erhitzten.  Nach  5  Minuten 
bringt  man  den  Tiegel  auf  den  Kupferblock  und  ohne  ihn  vorher  gewogen 
zu  haben,  setzten  wir  ihn  nochmals  auf  die  Absaugvorrichtung,  um  ihn 
dort  in  der  schon  einmal  geschilderten  Weise  zuerst  mit  Salzsäure  und 
dann  mit  siedendem  Wasser  zu  waschen.  Er  wird  nun  nochmals  getrock- 
net und  auf  den  Kupferblock  gestellt.  Es  ist  zweckmäßig,  weil  zeitsparend, 
nach  einigen  Minuten  diesen  Tiegel  auf  einen  zweiten  Kupferblock  zu  setzen 
oder  wenigstens  seine  Stellung  auf  dem  ersten  zu  ändern.  Nach  längstens 
5  Minuten  wird  er  gewogen,  indem  man  ihn  mit  Hilfe  der  Platinspitzen- 
pinzette auf  die  Wage  stellt.  Man  wiederholt  die  Bestimmung  der  5.  De- 


Die  quautitative  Mikroelcmcutaranalyse  organischer  Siibstuiizcn.  1350 

zimale  nach  woitoroii  2  oder  ;»  Minuten  und  wird  in  der  Hej^n-l  finden,  daCi 
die  (lewichtskonstanz  sehon  erreiciit  wai-.  Man  wird  sich  auch  iilicr/cu^M-n 
können,  daß  nach  ^Yiederhült(•nl  Waschen  und  Trocknen,  wenn  es  icldci'frei 
aus<;etuhrt  worden  ist,  immer  (hissclhc  Gewicht  bis  auf  '/loo  ^"</  f'"*  ^^'^ 
Tie;^el  samt  Zubehör  ^a^fundcn  wird.  l)en  j^ewo^^enen  Tic^M«!  hrin^M  man 
nun  wieder  auf  die  Absaufivorrichtun*!,-  und  lietVuchtct  zu  diesem  Knde  iWu 
Kautschukrini^-  mit  eini«:;en  Tropfen  Wasser,  um  eimn  luftdichten  \('r- 
schluß  zu  erzeuj2;en.  In  den  Tiegel  bringt  man  vorsiciiti^  vom  Kande  her 
einiue  Tropfen  Wasser,  um  die  Filterschichte  zu  befeuchten  und  für  Luft 
undurchlässig  zu  machen.  Nun  erzeugt  man  durch  .Vnsau^'cn  mit  dem 
Munde  im  Innern  des  Apparate  ein  Vakuum ,  so  hoch  man  es  erreichen 
kann,  schUeßt  den  Quetschhahn  und  dekantiert  unter  Verwendun^^  einer 
beiderseits  zugeschmolzenen,  etw a  2  nun  weiten  Glaskapillare  als  ( ilasstab 
den  flüssigen  Anteil  des  Schaleninhaltes  in  den  Tiegel.  Schlielllich  s|)ritzt 
man  mit  einem  feinen,  heißen  Wasserstrahl  den  Niederschlag  in  den  Tiegel, 
spritzt  die  Glaskapillare  ab  und  wäscht  unter  Zuhilfenahme  des  früher 
erwähnten  Federchens  die  Schale  sorgfältig  etwa  sechsmal  mit  geringen 
Flüssigkeitsraengen  aus,  indem  man  sie  jedesmal,  das  Federchen  entlang, 
in  das  Tiegelinnere  fallen  läßt.  Zur  Cberfidirnng  des  Schaleninhaltes  ein- 
schließlich des  Niederschlages  in  den  Tiegel  bedienen  wir  uns  in  neuester 
Zeit  mit  größtem  Vorteil  eines  in  jeder  Apotheke  käuflichen  ..Augentropfers", 
wodurch  sich  diese  Operation  überraschend  bequem  gestaltet.  Man  hüte 
sich,  die  Innenwand  des  Tiegels  oder  das  Flüssigkeitsniveau  in  demselben 
jemals  mit  der  Glaskapillare,  dem  Federchen  oder  mit  dem  ..Augentropfer" 
zu  berühren,  weil  das  Emporkriechen  der  feinsten  Anteile  des  Nieder- 
schlages unbedingt  zu  Verlusten  führen  würde.  Auch  jetzt  kann  man  die 
letzten  Anteile  des  anhaftenden  Wassers  vorsichtig  durch  einige  Tropfen 
Alkohol  verdrängen  und  nach  Abnehmen  des  Tiegels,  Aufsetzen  seiner 
Kappe  und  seines  Deckels,  an  die  Trocknung  schreiten.  Diese  wird  bei 
Halogenbestimmungen  ebenfalls  auf  dem  Platindeckel  als  Unterlage  vor- 
genommen, jedoch  hoch  oben  über  einer  kleinen  Flamme  bei  einer  Tem- 
peratur von  ungefähr  120 — D)0°  durch  .">  Minuten.  Soll  Barvum<ulfat 
getrocknet  werden,  so  darf  der  Tiegel  nach  unseren  wiederholten  Heobach- 
tungeu  niemals  mit  der  freien  Flamme  in  Berührung  kommen,  denn  die 
dünnen  Tiegelwände  gestatten  reduzierenden  Gasen  den  Durchtritt,  sie 
führen  das  Baryumsulfat  allmählich  in  Baryumsulfid  über  und  eine  Ge- 
wichtskonstanz ist  dabei  nie  zu  erreichen.  P^rst  nach  \'erwen(iung  des 
stärkeren  Platintiegeldeckels  als  Unterlage  beim  (dühen  des  Mikro-Tiegels 
ist  es  uns  gelungen,  diese  stets  zu  erzielen.  Der  so  getrocknete  Tiegel 
kommt  wie  früher  nach  Entfernung  der  Flamme  zuerst  auf  t'iniire  Minuten 
auf  den  ersten  und  dann  auf  weitere  ö  Minuten  auf  den  zweiten  Kupfer- 
l)lock  in  den  Exsikkator  und  endlich  auf  die  Wage  Es  wird  sich  empfehlen, 
das  Waschen  und  Trocknen  beziehungsweise  das  (ilühen  nochmals  zu  wieder- 
holen; und  man  wird  sich,  im  exakt  durchgefidirlen  Versuch,  davon  über- 
zeugen können,  daß  diese  fast  ohne  Einfluß  bleiben,  d.  h.  daß  sie  kaum 
die  Abnahme  von  Vioo  bis  Vioo  »'9  bedingen. 


1356     Fritz  Pregl.  Die  quantitative  Mikroelementaranalyse  organ.  Substanzen. 

Einige  Beleganalysen. 

Chloralhvtlrat  8-82  mq  :  22-85  mq  Ag  Cl  =  64-097o  t'l  gef. 

64-31«/o  „  ber. 

p-nitro-benzylchlorid 6  05    „    :    5-07    ,.        ,.      =  20-737o  „  Sef. 

20-67«/o  „  ber. 

Tribromphenol 660    „    :  11-25    ,.     AgBr  =  72-547o  Br  gef. 

612    „    :  10-45    ,.        „      =  72-667o  .      „ 

72-487o  „  ber. 

o-Brombutyryl-pheuylalanin     .    .      4-91    „    :    294    „        „      =  25-487o  ,,  gef. 

25-45''  0  r  ber. 

a-Bromisocapronvl-pbenylalanin  .      8-18   „    :    448    „        ,,      =  23-3l7o  «  gef- 

23-367o  V  ber. 

Sulfonal 10-10   „    :  20-60    „  Ba  SO,  =  28-02°,  „  S  gef. 

28-107o  ,.  ber. 

Trional 6-56    „    :  1268   „        „      ==26-55%,  „  gef. 

26-487o  ,-  ber. 

Benzohlisulfosaures  Kalium     .    .      7-30    „    :  1002    „        „      =  18-86%  ,.  gef. 

18-797o  ..  ber. 


Kapillaraiitilyse. 

Von  J.  Traube,  C'hailottonhiir^-. 

I.  Die  Methode  von  Goppelsroeder. 

Der  Name  Kapillaranalyse  ist  zuerst  von  Goppelsroeder  gebraucht 
worden. 

Goppelsroeder  hat  in  einer  Reihe  umfassender  Arbeiten')  die  IJe- 
deutung-  einer  höchst  einfachen  von  Schönbein  angeregten  Methode  dar- 
getan, welche  für  die  verschiedensten  Zwecke  der  (lualitativeu  Analyse  ver- 
wertet werden  kann. 

Die  Methode  ist  am  einfachsten  in  der  Weise  ausführbar,  dal)  man 
an  einer  horizontalen  Aufhängevorrichtung,  etwa  einem  Olasstabe  mit 
Klammervorrichtungen,  eine  Ileihe  von  Papierstreifen  aus  schwedischem  Kil- 
trierpapier  (1  cm  breit)  aufhängt  und  dieselben  8  4  rm  tief  in  die  zu 
analysierenden  Lösungen  eintaucht.  l)ie  ganze  \'orrichtung  niuli  durch  eine 
Glasglocke,  /ylindervorrichtung  oder  dergleichen  nach  aulien  hin  abge- 
schlossen sein. 

Die  Analyse  der  Lösungen  etc.  wird  alsdann  dadurch  ermöglicht,  dali 
im  allgemeinen  für  das  Lösungsmittel  und  jeden  der  gelösten  Stoffe  ver- 
schiedene Aufstieghöhen  charakteristisch  sind,  .so  dal»  beispielsweise  in 
einer  gemischten  wässerigen  Farbstofflösung  die  verschiedenen  gelösten 
Farbstoffe  in  verschiedenen  Zonen  des  rapierstreifens  getrennt  sichti)ar 
werden  und  alsdann  spektroskopisch  oder  chemisch  identifiziert  weiden 
können,  während  das  reine  Wasser  am  höchsten  steigt. 

Maßgebend  für  die  Höhe,  bis  zu  welcher  die  verschied,  n.u  Stoffe 
emporsteigen,  sind  einerseits  deren  kapillare  Eigenschaften,  andrerseits 
ihre  Adsorptionsfähigkeit  auf  der  betreffenden  Faser.  Es  hat  sich  die 
allgemeine  (iesetzmäßigkeit  ergeben,  daß  je  größer  die  Adsorptions- 
fähigkeit der  betreffenden  Stoffe  (Farbstoffe  etc.)  ist.  um  so  ge- 
ringer ist  die  Aufstieghöhe  und  umgekehrt. 


*)  ^'gl.  iianientlich  die  zusammeiifasseiidp  Darstellung,'  iilier  Kapillaraiialjsc,  er- 
schienen bei  Steinkopff.  Dresden  li)10,  daselbst  Literaturanpabc  S.  o,  oder  Kolloidzcit- 
schrift.  Bd.  4,  5  und  6.  (iojipclsroei/i'rs  Arbeiten,  aiicli  I'rlrt-Jolin  f,  Die  Theorie  des 
P'ärbcprozesses.  Steinkopff,  Dresden   lUlU.  S.  120.  Da.sclbst  weitere  Literatur. 


1358  J-  Traube. 

Außer  von  der  Natur  des  betreffenden  Stoffes  und  der  Faser  (Pa- 
pier, Leinen,  Wolle,  Seidenzeug  etc.)  hängt  die  i\.ufstieghöhe  noch  von  ver- 
schiedenen Umständen  ab: 

a)  Die  Eintauchzone  des  Papierstreifens  in  die  Flüssigkeit  darf  nicht 
zu  gering  sein,  wenn  Konstanz  der  Aufstieghöhe  erzielt  werden  soll.  Sie 
muß  mindestens  2  cm  betragen. 

h)  Die  Aufstieghöhe  wächst  mit  der  Zeitdauer  des  Eintauchens.  Nach 
Wo.  Ostwald '^)  gilt  die  Gleichung  SrrKt",  wo  S  die  Aufstieghöhe  und 
t  die  Zeit  darstellt,  während  K  und  m  Konstanten  sind. 

c)  Die  Aufstieghöhe  wächst  im  allgemeinen  mit  Zunahme  der  Kon- 
zentration der  Lösung. 

d)  Mit  Erhöhung  der  Temperatur  findet  meist  eine  Erniedrigung  der 
Aufstieghöhe  statt. 

Es  ist  auch  nicht  gleichgültig,  ob  der  Papierstreifen  vorher  feucht 
oder  trocken  war,  und  ob  der  äußere  Luftzug  durch  Anwendung  einer 
Deckglocke  ferngehalten  wird  oder  nicht.  Aus  alledem  folgt,  daß  man,  um 
vergleichbare  Ergebnisse  zu  erlangen,  stets  unter  denselben  äußeren  Um- 
ständen arbeitet. 

Über  die  Ergebnisse,  welche  nach  dieser  zwar  rohen,  aber  biologisch 
in  verschiedener  Hinsicht  wichtigen  Methode  gewonnen  sind,  bei  Unter- 
suchungen von  Farbstofflösungen,  Harnen,  Milch,  Butter,  Pflanzensäften  etc., 
vgl.  Goppelsroeder,  Pelet-Jolivet,  1.  c.  und  die  übrige,  daselbst  angegebene 
Literatur. 

II.  Kapillaranalytische  Methoden  von  J.  Traube. 

Während  Goppelsroeders  wesentlich  quaütative  Methode  auf  Erschei- 
nungen der  Kapillarität  und  Adsorption  beruht,  fußen  die  kapillaranaly- 
tischen Arbeiten  des  Verfassers  dieses  Kapitels  lediglich  auf  Messungen 
der  Oberflächenspannung. 

Im  Prinzip  sind  daher  alle  diejenigen  Methoden  zur  Messung  der 
Oberflächenspannung  verwendbar,  welche  in  den  physikalischen  Lehrbüchern 
abgehandelt  werden.  Es  hat  sich  indessen  gezeigt,  daß  die  vom  Verfasser 
ausgebildete  und  in  die  biologische  Praxis  eingeführte  Tropfmethode  für 
biologische  Zwecke  allen  anderen  Methoden  weitaus  überlegen  ist,  und 
soUen  daher  die  für  diesen  Zweck  hergestellten  Apparate:  das  Stalagmo- 
meter  und  das  Viskostagonometer,  in  erster  Linie  beschrieben  werden 
und  im  Anschluß  daran  das  Kapillarimeter,  lediglich  nur  deshalb,  weil 
dieses  die  alte  klassische  Apparatur  der  Oberflächeuspanimngsmessungen 
darstellt  und  eine  Kontrolle  der  Genauigkeit  stalagmometrischer  Messun- 
gen ermöglicht. 

Das  Stalagmometer. 

Wenn  man  an  einer  sehr  sauber  gehaltenen  kreisförmigen  Fläche 
von  6 — 8  mm  Durchmesser  bei   langsamem  Ausflusse  Tropfen  sich  bilden 

1)  Wo.  Ostwald,  Koll.  Zeitschr.  II.  Suppl.  S.  20.  1908. 


KupillaraiKilyst'.  1  ;-if)<) 

läßt,  SO  werden  dieselben  anßerordentlich  ^deichniiUiij,'.  und  d;i  der  Tropfen 
einer  Flüssigkeit  ein  Maß  ihrer  OberfliicJK'nspannnng  ist,  so  kann  man  mit 
Hilfe  eines  geeigneten  Tropf apparates  diese  Konstante  mit  großer  (icnauig- 
keit  bestimmen  (vgl.  auch  Kohlmusch,  Prakt.  Pliys,). 

Die  Tropfenvolnmina  zweier  Flüssigkeiten  verhalten  >icli  din-kt  wie 
die  Steighöhen  im  kapillaren  Kohre.  AVälilt  man  als  Xoiniainiivsiirkeit  das 
Wasser,  so  kann  man.  da  dessen  Konstanten  der  Oberfliicheiispaiinmig  ge- 
nau bekannt  sind,  leicht  aus  dem  Tropfenvolumen  die  Oberflärhenspannung 
auch  im  absoluten  Maße  bestimmen. 

Bei  dem  als  Stalagmometer  bezeichneten  einfaclieii  Tropfapparate 
bestimmt  man  nun  nicht  das  Tropfenvolumen,  sondern  die  re/i|)roke  (iröße. 
d.  i.  die  Anzahl  der  in  einem  bestimmten  Volunn'ii  enthaltenen  Tntpfen, 
1.  für  die  betreffende  Flüssigkeit,  2.  für  Wasser.  l)as  Verhidtni^  dieser 
Tropfenzahlen  steht  demgemäß  im  umgekehrten  \erhältnis  zu  den 
relativen  Steighöhen  im  kapillaren  Rohre.  Fig.  298. 

Der  Apparat  besteht  im  wesentlichen  aus  einer  durch  zwei 
Marken  a  und  b  abgegrenzten  Kugel,  einer  Kapillarröhre  c,  welche 
das  Abtropfen  verlangsamt,  sowie  einer  sorgfältig  abgeschliffenen 
Abtropffläche  d.  Oberhalb  und  unterhalb  der  beiden  Hauptmarken  a 
und  b  befindet  sich  noch  eine  kleine  Skala,  welche  Kruchteile  eines 
Tropfens  abzulesen  gestattet. 

Bei  Benutzung  des  Apparates  sorgt  man  vor  allem  für  völlige 
Reinheit  der  Abtropffläche.  Dieselbe  wird  nie  mit  dem  Finger  be-  (^^ 
rührt  und  von  Zeit  zu  Zeit  mit  einem  heißen  Gemisch  von  Kalium- 
bichroraat  und  konzentrierter  Schwefelsäure  oder  auch  bei  l'nter- 
suchung  eiweißhaltiger  Flüssigkeiten  mittelst  Kahlauge  und  nach- 
her Säure  gereinigt. 

Die    Flüssigkeit    wird    alsdann    am    l)esten    mit    Hilfe    der  Üa 
Wasserstrahlpumpe   oder  auch  mit  Hilfe  eines  (iummiballs    ange- 
sogen, und    man  zählt  nun  nach  Feststellung  der  Temperatur  die  Zahl  der 
Tropfen  für  die  betreffende  Flüssigkeit,  nachdem  znnäch>t  der  .\pparat  bei 
derselben  Temperatur  für  Wasser  geeicht  worden  ist. 

Man  achtet  darauf,  daß  sich  allerhöchstens  20  Tropfen  in  der  Minute 
loslösen:  ist  der  Abfluß  schneller,  so  kann  man  allenfalls  durch  Auflegen 
des  Fingers  eine  Verlangsamung  des  Abtropfens  herbeifühivn.  Richtiger 
ist  es  aber  in  diesem  Falle,  ein  anderes  Stalagmometer  zu  verwenden,  und 
werden  aus  diesem  Grunde  verschieden  schnell  tropfende  Stalagmonu'ter 
in  einem  Satze  zu  o  Stück  von  der  Firma  C.  Gerhardt  in  Bonn  geliefert. 
Die  grade  Form  HI  läßt  ein  schnelleres  Abtropfen  zu  wie  die  beiden  an- 
deren Formen  I  und  H  und  dient  zur  Untersuchung  zäher  Flüssigkeiten. 
J)ie  Formen  I  und  II  unterscheiden  sich  nur  durch  die  verschiedene  (Jröüe 
des  kugelförmigen  \'olumens. 

Erschütterungen  iin  Zimmer,  welche  ein  zu  schnelles  Poslösen  des 
Tropfens  hervorrufen  können,  sind  zu  vcrmeitlen.  ebenso  achte  man  stets 
darauf,  daß  die  Abtropffläche  völlig  vom  Tropfen  benetzt   wird,    und  dal'i 


l;}60  J-  Traube. 

keine  Luftblase  in  demselben  enthalten  ist.  Werden  diese  leicht  zu  befol- 
genden Vorsichtsmaßregeln  beachtet,  so  kann,  wenn  man  mit  Hilfe  der 
kleinen  Skala  noch  Zehnteltropfen  abschätzt,  bei  zwei  wiederholten  Versuchen 
mit  derselben  Flüssigkeit  leicht  eine  Genauigkeit  bis  auf  005  Tropfen  erzielt 
werden.  Da  ein  Tropfen  nur  ausnahmsweise  in  dem  Augenblick  abtropfen 
wird,  wo  die  Flüssigkeit  bei  der  oberen  Marke  a  angelangt  ist,  so  liest 
man  die  Anzahl  Teilstriche  ab  oberhalb  und  unterhalb  von  Marke  a  und 
ebenso  am  Schlüsse  des  Versuches  oberhalb  und  unterhalb  von  h,  welche 
dem  ersten  beziehungsweise  letzten  Tropfen  entsprechen.  Angenommen 
20  Teilstriche  entsprächen  1  Tropfen,  davon  hätten  sich  8  oberhalb  und 
12  unterhalb  von  Marke  a  befunden,  so  würde  der  gefundenen  Tropfen- 
zahl 12/.,^  m  0*6  Tropfen  hinzuzuaddieren  sein. 

Die  Temperatur  hat  keinen  großen  Einfluß  auf  die  Tropfenzahl.  Eine 
Steigerung  der  Zimmertemperatur  um  5"  vermehrt  die  Tropfenzahl  von 
100  Wassertropfen  nur  um  etwa  1,  2  Tropfen.  Danach  ist  die  Temperatur- 
korrektion leicht  zu  berechnen.  Für  eine  bestimmte  Temperatur  (meist  für 
20°)  ist  die  Tropfenzahl  für  Wasser  bestimmt  worden  und  auf  dem  Appa- 
rate eingraviert. 

Ist  Z  die  Tropfenzahl  für  die  zu  untersuchende  Flüssigkeit  und  Zw 
die  Tropfenzahl  für  Wasser,  so  ist  der  Quotient  100.  Z:Z"^,  die  Tropfen- 
zahl für  die  Flüssigkeit  bezogen  auf  ein  Normalstalagmometer,  welches 
100  Normalwassertropfen  bei  15°  ergibt.  Diese  Größe,  d.  h.  die  Anzahl 
Normaltropfen,  ist  es,  welche  für  biologische  und  medizinische  Zwecke  zu 
berechnen  ist.  Will  man,  was  aber  nicht  erforderlich  ist,  die  eigentliche 
Konstante  der  Oberflächenspannung  y  berechnen  (vgl.  J.  Trauhes  Grund- 
riß der  physikalischen  Chemie  bei  Encke,  Stuttgart  1904,  S.  146),   so   ist  1 

Zw 

zu  .setzen  bei  15"  y  =  71ö8'4s. -^  Ergs.,  wenn  s  das   spezifische  Gewicht 

der  betreffenden  Flüssigkeit  bei  15°  bedeutet.  Für  biologische  und  medi- 
zinische Zwecke  genügt  indessen  fast  immer  die  Angabe  der  relativen 
Tropfenzahlen  von  Wasser  und  der  betreffenden  Flüssigkeit. 

Tropfenzählapparat.  ^ 

Da,  wenn  man  zahlreiche  Bestimmungen  vorzunehmen  hat,  das  Tropfen- 
zählen eine  etwas  langweilige  Beschäftigung  ist,  und  man  sich  auch  hin 
und  wieder  beim  Zählen  irren  kann,  so  wurde  von  der  Firma  C.  Gerhardt 
ein  automatischer  Zählapparat  hergestellt,  welcher  zuverlässig  arbeitet. 

Man  läßt  den  Tropfen  auf  die  Mitte  einer  Zelluloidplatte  fallen.  Hier- 
durch wird  mit  Hilfe  eines  Quecksilberkontaktes  ein  durch  zwei  hinter- 
einander geschaltete  Trockenelemente  gespeister  Stromkreis  geschlossen 
und  mit  Hilfe  eines  P^lektromagneten  der  Zahn  eines  Zeigerwerkes  derart 
in  Bewegung  gesetzt,  daß  bei  jedem  auffallenden  Tropfen  der  Zeiger  um 
einen  Zahn  weiterrückt.  Mit  Hilfe  eines  Stiftes,  welcher  in  entsprechende 
Öffnungen  der  Zeigerskala  eingesetzt  werden  kann,  sorgt  man  dafür,  daß 


Kapillaraiialyse. 


i:;e;i 


Fig.  29g. 


durch  den  vomickeiiden  Zeiger  im  ncwiiiischten  Auj^^Mihlickc  ein  Stroin- 
schlul.'.  lierbeifieführt  wird,  wcIcIkt  ein  Kliii-ielwcik  in  Tiitifrkeit  setzt,  da- 
mit der  Beobachter  vor  .Sciiliii;  des  Versuches  um  Ap|):irate  erscheint. 

Ein  Ilnterhrechei-  an  (h'r  AiiCiciiseitc  des  Verscliliir)kastens  des  Appa- 
rates ermöglicht  es.  den  Strom   im  fiej-ehciicn   >[om<-iit.  nachdem   man  di<' 
Bruchteile  des  ersten  Tropfens  ahf^c- 
lesen  hat.  einzuschalten  und  vor  dem 
letzten  Tropfen  wieder  auszuschalten. 

Der  .\pparat  führt  zu  liuten 
Ergebnissen,  wenn  man  Sor^e  trägt, 
daß  der  auffallende  Tropfen  aus  der 
richtiiien  Höhe  möiilichst  auf  die 
Mitte  der  Zelluloidplatte  herabfällt, 
und  wenn  man  ferner  die  C^)uecksilber- 
menge,  welche  den  Kontakt  herbei- 
führt, so  abmilit,  oder  den  Kontakt- 
stift so  einschraubt,  daß  jeder  fallen- 
der Tropfen  nur  einmal  und  nicht 
etwa  zweimal  den  Kontakt  herbei- 
führt. Bei  geringer  Cbung-  wird  man  in  bezug  auf  die  ?:iii^tellung  leicht 
die  nötige  Sicherheit  erlangen. 

Das  Viskostagonometer. 

Das  Viskostagonometer  (C.  Gerhardt  in  Bonn)  dient  zur  P>estimmung 
der  Konstante  der  Oberflächenspannung  und  derjenigen  der  inneren 
Reibung. 

In  bezug  auf  die  Konstante  der  Oberflächenspannung  ist 
dieser  Apparat  dem  Stalagmometer  namentUch  dann  vorzuziehen, 
wenn  nur  sehr  kleine  Hüssigkeitsmengen  zur  Verfügung  stehen: 
denn  man  kann  mit  Hilfe  des  Viskostagonometers  die  olierflächeii- 


Fig.  800. 


Spannung    und    auch    die    innere  Reibung    noch    sehr   genau    lie- 


stimmen,  wenn  man  auch  nur  zwei  bis  drei  Tropfen  etwa  eines 
Serums  zur  Verfügung  hat.  Die  Genauigkeit  der  Bestimmung  ist 
ebenso  groß  wie  diejenige  mit  Hilfe  des  Stalagmometers  und  eine 
Bestimmung  jeder  der  beiden  Konstanten  dauert  nur  H  4  Mi- 
nuten. 

Das  Viskostagonometer  besteht  im  wesentlichen  aus  einer 
geteilten  Skalenröhre  «,  welche  unten  in  eine  engere  Kapillar- 
röhre h  ausläuft,  die  wiederum   in  der  Abtropffläche  <■  endigt. 

Mit  Hilfe   der    Pumpe    wird   der  Apparat    gefülli    und    mau 
bestimmt  hier  direkt  die  Zahl 
mehreren  Tropfen,   1.  der  Flu 

Dieses  Veihältnis  ist  direkt  proportmnal  dem  Nerliältnis  der  ^* — 0 
kapillaren  Steighöhen.  Damit  man  beim  Herabfallen  des  ersten  Tropfens 
gleichzeitig   den   fallenden    Tropfen    beobachten    und    den    entsprechenden 

Abderhalden,   Handbuch  der  biochemisrhon  Arboitsmetbodcu.   V.  g(J 


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1  der  Skalenstriche,  welche  einem  oder  L 

issigkeit,  -J.  des  Wassers  entsprechen,  j 

proportional    dem     Verhältnis    der  ** 


1362 


J.  Traube. 


Fig.  301. 


Teilstrich  am  oberen  Teile  der  Skalenröhre  ablesen  kann,  wird  ein  Stativ 
beigegeben  mit  zwei  rechtwinklig  zueinander  stehenden  Spiegeln,  welche 
das  Bild  des  fallenden  Tropfens  im  oberen  Spiegel  widerspiegeln.  Man 
sieht  hierbei  scharf  auf  die  Skala  und  erkennt,  indem  man  ein  wenig  nach 
dem  Spiegel  hinschielt,  leicht  die  Reflexe  des  fallenden  Tropfens. 

Soll  die  Reibungskonstante  festgestellt  werden,  so  bestimmt  man  für 
die  betreffende  Flüssigkeit  mme  für  Wasser  bei  der  gleichen  Temperatur 
die  Ausflußzeit  vom  Teilstrich  0 — 400  oder  500.  Das  Verhältnis  der  Aus- 
flußzeiten ist  dann  gleich  der  spezifischen  Zähigkeit.  Da  die  Reibung  von 
der  Temperatur  mehr  beeinflußt  wird  als  die  Oberflächenspannung,  so 
empfiehlt  es  sich,  für  sehr  genaue  Messungen  die  Skalenröhre  mit  einem 
Mantel  nach  Art  des  Liebig/schen  Kühlers  nebst  Thermometer  zu  versehen. 
Indessen  im  allgemeinen  wird  man  von  der  Beschaffung  dieses  Mantels 
absehen  können. 

Das  Kapillarimeter. 

Das  Kapillarimeter  (C.  Gerhardt)  besteht  aus  einem  kapillaren  Rohre 
und  einer  Skala  aus  Milchglas,  sowie  einem  Stativ,  welches  mit  einer  Fein- 
stellschraube versehen  ist,  die  die  genaue  Einstellung  der  unteren  Spitzen 
der  Skala  auf  die  Flüssigkeitsoberfläche  gestattet.  Diese  Spitzen  entsprechen 

dem  Nullpunkt  der  in  halbe  Millimeter  ge- 
teilten Skala.  Bei  den  ^'ersuchen  wird  so 
verfahren,  daß  man  zunächst  die  Röhre  stets 
absolut  rein  erhält.  Das  geschieht  in  der 
Weise,  daß  die  Röhre  von  Zeit  zu  Zeit  mit 
konzentrierter  Salpetersäure  gereinigt  wird, 
sowie  nach  jeder  l^)eobachtung  durch  Auf- 
saugen von  Wasser  und  Alkohol  (nicht 
Äther).  Man  verfährt  hierbei  so,  daß  man 
nach  Füllung  mit  der  Flüssigkeit  beim 
Trocknen  der  Röhre  dieselbe  mit  der  Pumpe 
verbindet  und  gleichzeitig  das  andere 
Röhrenende  mit  einer  mit  Schwefelsäure 
gefüllten  Flasche.  Damit  hierbei  kein  Staub 
in  die  Röhre  gelangt,  lüftet  man  nach  er- 
folgtem Trocknen  zunächst  stets  das  an  der 
Pumpe  befindhche  Röhrenende.  Es  wird 
auch  dafür  gesorgt .  daß  bei  der  Füllung 
mit  Alkohol  oder  Salpetersäure  die  Flüssig- 
keit nicht  etwa  in  den  mit  der  Röhre  verbundenen  schwarzen  Kautschuk- 
schlauch eintritt  und  durch  gelöste  oder  zersetzte  Kautschuksubstanz  die 
Röhre  verunreinigt  wird.  Sorgt  man  in  dieser  Weise  für  die  Reinhaltung  der 
Röhre,  so  kann  dieselbe  jahrelang  benutzt  werden.  Die  gereinigte  und  ge- 
trocknete Röhre  wird  nun  nebst  ihrer  Skala  möglichst  vertikal  in  das  Stativ 
eingespannt  und  nun  die  Stativschraube  so  gedreht,  daß  die  unteren  Spitzen 


Kapillaranalyse.  1 363 

möglichst  gleichzeitig  die  Flüssigkeitsoherflächo  berühren.  Alsdann  saugt  man 
zwei-  bis  dreimal  die  Flüssigkeit  unter  \'ermeidiin.u  von  Speicheleiiifliiij  etwas 
über  den  definitiven  Stand  des  Flüssigkeitsnieniskus  empor  und  beobachtet 
nun  mit  Hilfe  einer  Lupe  die  Stellung  des  Flüssigkeitsmeniskus:  doch 
darf  man  beim  Ablesen  nicht  länger  als  eine  hali)e  bis  eine  Minute  warten, 
da  sonst  eine  Inkonstanz  der  Steighöhe  infolge  mangelnder  l'.enetzung  der 
Ptöhrenwand  eintreten  könnte.  Man  wiederholt  die  Beobachtung,  indem  man 
stets  vorher  die  Röhre  in  der  oben  geschilderten  Weise  trocknet,  und  darf 
der  Unterschied  zweier  Ablesungen  nicht  mehr  als  höchstens  0*2  mm  be- 
tragen. Für  \aele  Zwecke  wird  es  genügen,  wenn  man  die  Steighöhe  der 
betreffenden  Flüssigkeit  auf  Wasser  bezieht,  und  sind  die  Apparate  bei 
einer  bestimmten  Temperatur  für  Wasser  geeicht.  Will  man  die  Kai)illari- 
tätskonstanten  in  absolutem  Maße  berechnen,  so  sei  auf  die  verschiedenen 
Lehrbücher,  welche  sich  mit  physikalisch-chemischen  Methoden  beschäftigen, 
beispielsweise  physikalisch-chemische  Methoden  von  J.  Traube,  Leopold  Voss, 
Hamburg  hingewiesen. 

Es  sei  indessen  nochmals  ausdrücklich  bemerkt,  dali  das  Kapillari- 
meter  für  eiweißhaltige  Flüssigkeiten  und  sonstige  Kolloidlösungen,  durch 
welche  die  liöhre  leicht  verunreinigt  wird,  ebenfalls  für  sehr  zähe  Flüssig- 
keiten nicht  zu  empfehlen  ist.  Für  die  meisten  biologischen  Zwecke  sind 
daher  die  Tropfmethoden  ganz  wesentlich  vorzuziehen,  dahingegen  wird  in 
vielen  anderen  Fällen  das  Kapillarimeter,  dessen  Handhabung  bei  l!eob- 
achtung  der  kleinen  Vorsichtsmaßregeln  auch  sehr  einfach  ist,  vortreffliche 
Dienste  leisten  können.  Die  Bestimmung  der  Oberflächenspannung  mit 
diesem  Apparat  läßt  sich  in  wenigen  ^Minuten  herl)eiführen. 

Konzentrationsbestimmungen     sowie   Bestimmungen   der   Löslich - 
keit,   Teilungs-  und   Adsorptionskoeffizienten  auf  kapillaranalyti- 
schem Wege. 

Während  Salze,  starke  Mineralsäureii  und  Basen,  sowie  mehrere 
Hydroxyl-  und  Amidogruppen  enthaltende  organi.sche  Stoffe  die  Oberflächen- 
spannung des  Wassers  nur  wenig  beeinflussen  (kapillarinaktive  Stoffe, 
Stoffe  mit  großem  Haftdrucke),  bewirken  Stoffe,  wie  Äther,  Ester,  Aldehyde. 
Ketone,  Fettsäuren,  die  gewöhnlichen  Alkohole  etc.  (kapillaraktive  Stoffe, 
Stoffe  mit  geringem  Haftdrucke)  bei  ihrer  Lösung  in  Wasser  eine  sehr 
erhebliche  Verminderung  der  Oberflächenspannung.') 

Dieser  Umstand  ermöglicht  e.s.  mit  Hilfe  des  Stalagmunieters  oder 
Kapillarimeters  oft  sehr  genaue  Konzentrationsbestimmungen  von 
selbst  geringen  Mengen  solcher  kapillaraktiver  Stoffe  nicht  nur  in  reinen 
wässerigen  Lösungen,  sondern  auch  bei  Gegenwart  größerer  Mengen 
kapillarinaktiver  Stoffe  auszuführen-),  eine  Feststellung,  die    auch  für 

')  J.  Traube,  Ber.  d.  Deutsch,  ehem.  Ges.  17.  2204.  1884  iiiul  Uehit/s  .Viwi. 
265.  27. 

2)  J.  Traube,  Ber.  d.  Doutscli.  iliom.  Ges.  l'J.  85»2.  1880;  20.  2041.  2825.  2829  ii. 
2831.  1887. 

86* 


2364  ^"  Traube. 

biologische  und  medizinische  Zwecke  (siehe  w.  u.  Harn,   Mageninhalt  etc.) 
von  Bedeutung  ist. 

In  einem  Stalagmometer,  welches  100  Wassertropfen  gibt,  wird  bei- 
spielsweise durch  Zusatz  von  l^/o  Natrium chlorid  die  Tropfenzahl  nur  um 
einen  kleinen  Bruchteil  eines  Tropfens  vergrößert,  während  der  Zusatz 
von  l7o  Amylalkohol  die  Zahl  der  Tropfen  von  100  auf  etwa  182  an- 
Avachsen  läßt. 

Unter  diesen  Umständen  kann  man  auch  für  kapillaraktive  Stoffe 
feststellen,  ob  und  eventuell  welche  Mengen  in  Wasser  löslich  sind.^) 

Besonders  sei  hingewiesen  auf  die  vortreffliche  Anwendbarkeit  der 
Methode  zur  Bestimmung  von  Teilungs-  und  Adsorptionskoeffi- 
zienten.2) 

Bei  der  Bestimmung  der  \  erteilung  eines  organischen  Stoffes  zwischen 
einer  wässerigen  und  einer  festen  Phase  oder  einem  organischen  Lösungs- 
mittel hat  man  sich  bisher  fast  immer  darauf  beschränkt,  gelöste  Säuren  oder 
Basen  zu  untersuchen,  da  diese  Stoffe  sich  leicht  titrieren  lassen,  während 
die  Konzentrationsbestimmungen  bei  anderen  gelösten,  namentlich  verdampf- 
baren Stoffen  oft  Schwierigkeiten  machen.  Nach  der  kapillaranalytischen 
Methode  ist  es  aber  sehr  leicht,  für  einen  gelösten  kapillaraktiven  Stoff 
(Ester,  Äther,  x\lkohol  etc.)  die  Konzentration  der  wässerigen  Phase  vor 
und  nach  dem  Schütteln  mit  der  zweiten  Phase  aus  der  Tropfenzahl  oder 
Steighöhe  zu  bestimmen,  wenn  man  für  eine  Anzahl  wässeriger  Lösungen 
von  bestimmtem  Gehalte  die  Oberflächenspannungen  vorher  festgestellt  hat. 
Ist  die  zweite  Phase  in  Wasser  ein  wenig  löslich  (wie  Benzol  etc.),  so  ist 
eine  entsprechende  kleine  Korrektion  anzubringen. 

Kapillaranalytische  Diagnose  von  Krankheiten. 

Auf  Grund  theoretischer  Erörterungen »)  gelangte  der  Verfasser  dieses 
Kapitels  zu  der  Auffassung,  daß  bei  manchen  Erkrankungen  des  Magens 
und  der  Nieren  ()l)erflächenspannungsdifferenzen  der  verschiedenen  Magen- 
säfte und  Urine  eintreten  dürften,  auch  machte  er  zuerst  auf  die  ver- 
schiedene Kapillaraktivität  von  Toxinen  und  Antitoxinen  aufmerksam. 

Hiermit  im  Einklänge  zeigten  sodann  Traube  und  Blumenthal  ^),  daß 
die  Tropfenzahl  des  gesunden  Mageninhalts  sowie  auch  diejenige  bei 
leichteren  Verdauungsstörungen  um  einen  Mittelwert  von  118 — 126  Nor- 
maltropfen herum  schwankt.  Bei  schweren  Erkrankungen,  wie  Karzinom, 
Pylorusstenose  etc.,  wurden  dagegen  fast  immer  wesentlich  größere  Tropfen- 


^)  Motylen-ski,  Zeitschr.  anal.  C'heni.  38.  417.  1904. 

-)  Trmihe,  Fflitgers  Arch.  ges.  Phys.  105.  552.  1904  u.  \evh.  d.  deutsch,  physik. 
Ges.  10.  900.  1908. 

3)  Pflügers  Arch.  ges.  Phys.  105.    541  u.  559.    1904;    123.    419.  1908;    132.   551. 

1910  u.  140.  109.  1911. 

*)  Trauhe  und  Blumenthal,  Arch.  f.  exp.  Path.  u.  Therap.  2.  117.  1905,  ferner 
Kunoff,  In.-Diss.  Berlin  1905.  —  Bickel,  Deutsche  med.  Wochenschr.  1905.  Nr.  28  und 
Frl.  Rascher,  In.-Diss.  Berlin  1905. 


Kapillaraualyse.  1360 

zahlen  der  frisch  zu  untersuchcMulcii  .Ma^n-niiihalto  =  120  hei  löO  Nornial- 
tropfen  festgestellt.  Mine  größere  'rroptcnzahl  t'iilirt  liahcr  —  bei  Abwesen- 
heit von  Galle  —  zu  dem  NCrd.iclit.  d.iH  eine  schwere  Erkrankinig 
vorliegt. 

Zahlreiche  rriiiunteisiichiinijcii  ' )  liilnten  zu  den  iMj.-^ehnissen.  dal', 
normale  Urine  und  alle  diejenigen  pathologischen  l'rine,  die  von  gut  ar- 
beitenden Nieren  abgesondert  werden,  Troi)fenzahlen  ergeben,  die  etwa 
zwischen  den  Grenzen  102  bis  115  Xormaltroj)t'en  sich  bewe^rrn.  Sobald 
aber  die  Nieren  schlecht  arbeiten  (Nephritis  mit  Pepton-ichalt,  Lebercirrhose, 
Ovarialkrebs,  schwere  Pneumonie,  Karzinom  der  (ialleiiblase  etc.),  wurden 
Normaltropfen  von  115^140  Tropfen  beobachtet.  Die  Arbeitsfiihi^keit  der 
Nieren  und  die  Oberfliichenspannuiig  der  Urine  gehen  dei-  Tln-oi-ie  u-emiilt 
(siehe  1.  c.)  einandei"  parallel.  Die  täglich  festzustellenden  'i  lopfenzahlen 
der  Urine  eines  Kranken  ergeben  häufig  ein  getreues  l'.ild  de<  Krankheits- 
verlaufes. 

Auch  für  die  direkte  Untersuchung  des  Blutes  scheinen  die  kapillar- 
analytischen Methoden  von  Wert  zu  sein:  demi.  während  normale,  mensch- 
liche 8era  etwa  109 — 112  Normaltropfeu  ergaben,  wurden  für  urämische 
Sera  11(5 — 118  Normaltropfen  gefunden.-) 

Methoden  von  M.  As  coli  und  I^a?-. 

Von  besonderer  Bedeutung  in  diagnostischer  Beziehung  dürfte  die 
vielbeachtete  kapillaranalytische  Methode  zur  Diagnose  von  Krebs,  sowie 
auch  Lues.  Tul)erkulose.  Typhus  etc.  sein,  welche  wir  .1/.  Jsfo//  und /cor ') 
verdanken. 

Die  itaUenischen  Autoren  3)  fanden,  dali  in  geeigneter  Weise  herge- 
stellte Extrakte  aus  Rattensarkomen  und  menschlichen  Tumoren  mit  passt'ud 
verdünnten  Blutseris  Karzinomatösei-  vermischt  nach  Krliitzen  im  Brut- 
schranke eine  nach  der  Tropfmethode  leicht  mel.W)are  \'erminderung  (h-r 
Oberflächenspannung  (Erhöhung  der  Tropfenzahl)  ergaben,  wie  sie  in  dem 
Maße  bei  Verwendung  des  Blutserums  Cesunder  oder  an  anderen  Krank- 
heiten Erkrankter  nicht  eintrat.  In  ähnlicher  Weise  reagieiten  geeignete 
Typhusbazillenextrakte  auf  Typhusserum,  luetische  Milzextrakte  auf  Lue.'^- 
serum  und  ebenso  trat  bei  Tuberkulose  sowie  der  Echinokokkenerkrankuni; 
eine  derartige  spezifische  Reaktion  ein  („Meiostagminreaktiou"). 


*)  Traube,  Blumenthal  und  Kunoß',  1.  c,  ferner  Dillanl  uml  Dieulafe,  {'.  r.  Soc. 
Biol.  1904—1907. 

^)  Vgl.  Bickcl,  Koscher,  Kunoß',  1.  c. 

')  M.  Äscoli,  Müuchener  med.  Wocheuschr.  1910.  Nr.  2.  —  -t.vro/i  und /ror,  ibid. 
1910.  Nr.  4,  8,  18.  22  u.  41,  —  Izar,  Biochcm.  Zoitsclir.  Hd.  29  und  H.'rlincr  klinische 
Wochenschr.  1911.  Nr.  39.  —  Michrli  und  Vatoretti,  WiiMier  klin.  Wochonsolir.  1910. 
Nr.  44.  —  Tedesco,  ibid.  1910.  Nr.  2Ü.  —  Verson,  iltid.  1910.  Nr.  30.  —  de  Agostini, 
Med.  Klin.  1910.  Nr.  29.  —  d'Este,  Berliner  klin.  Wochenschr.  1910.  Nr.  19.  —  Stahiltm, 
ibid.  1910.  Nr.  32.  —  Stammler,  Müncbener  med.  Wdchcnsclir.  1911.  Nr.  30  und  Krllin;;. 
Wiener  klin.  Wochenschr.  1911.  Nr.  3. 


1366  J-  Traube. 

Größte  Sorgfalt  ist  zu  verwenden  auf  die  Herstellung  der  Extrakte 
—  der  sogenannten  Antigene,  und  es  sei  hier  in  bezug  auf  manche  kleine 
Einzelheiten  auf  die  angegebene  Literatur  hingewiesen. 

Bei  bösartigen  Geschwülsten  wurde  zunächst  so  verfahren ,  daß  der 
verriebene  Tumorbrei  24  Stunden  bei  37^  mittelst  95o/oigen  Alkohols 
wiederholt  extrahiert  wurde.  Der  Tumorrückstand  wurde  alsdann  bei  50<> 
auf  dem  Wasserbade  getrocknet,  alsdann  nach  dem  Verreiben  mehrere 
Male  24  Stunden  lang  mit  warmem  Äther  ausgezogen,  und  nach  nochmaligem 
Trocknen  abermals  mit  Alkohol  so  lange  extrahiert,  bis  letzterer  farblos 
war.  Die  filtrierten  alkoholischen  und  ätherischen  Extrakte  wurden  zum 
Trocknen  verdunstet  und  diese  Trockenextrakte  mit  wenig  Äther  aufge- 
nommen. Man  erhielt  so  das  Stammantigen ,  von  welchem  beim  Gebrauche 
verschiedene  Verdünnungen  durch  vorsichtiges  Vermengen  mit  physio- 
logischen Kochsalzlösungen  hergestellt  wurden. 

In  späterer  Zeit  verfuhren  ÄscoH  und  Izar  so^),  daß  sie  den  zer- 
kleinerten Tumor  zunächst  bei  37^  in  dimnster  Schicht  auf  Glasplatten  aus- 
breiteten und  mittelst  eines  warmen  Luftstromes  rasch  trockneten;  darauf 
wurde  der  getrocknete  Tumorbrei  im  pulverisierten  Zustande  24  Stunden 
lang  bei  37"  über  Chlorkalzium  weiter  getrocknet  und  alsdann  zermahlen. 
Die  trockene  Tumormasse  wurde  bei  50<>  in  geschlossenen  Gefäßen  extra- 
hiert, indem  je  b  g  Tumorbrei  mit  25  cm^  Methylalkohol  versetzt  wurden. 
Nach  genügendem  Auskochen  wird  mittelst  eines  geeigneten  Filtrierpapiers 
(Schleicher  &  Schüll  Nr.  598)  zunächst  heiß  und  nach  dem  Erkalten  noch- 
mals filtriert. 

Von  den  Antigenemulsionen  wurden  nun  Verdünnungen  hergestellt  von 
Vio.  V20.  V'ioo.  Viooo  etc.  und  je  Icm^  dieser  Verdünnungen  mit  Gcm^des 
mittelst  physiologischer  Kochsalzlösung  auf  '/oo  verdünnten  Blutserums 
versetzt.  Es  wurde  in  einem  Stalagmometer  (Tropfenzahl  für  Wasser 
50 — 60  Tropfen)  die  Tropfenzahl  bestimmt  einmal  vor  dem  Erwärmen  im 
Brutschrank,  das  andere  Mal  nach  etwa  2stündigem  Erwärmen  in  dem- 
selben. Rührte  das  Serum  von  einem  tumorkranken  Menschen  her,  so 
wurde  bei  Anwendung  passender  Verdünnungen  der  Antigene  nach  dem  Er- 
wärmen eine  Erhöhung  der  Tropfenzahl  von  meist  4 — 8  Tropfen  beobachtet, 
während  bei  Normalseris  etc.  die  Tropfenzahl  sich  nur  um  1  oder  aller- 
höchstens  2  Tropfen  erhöhte.  Dringend  erforderlich  erwies  es  sich  aber, 
die  parallelen  Versuchsreihen  mit  dem  Normalserum  und  dem  zu  prüfenden 
Serum  bei  verschiedensten  Antigenverdünnungen  (bis  zu  1 :  10.000)  durchzu- 
führen, da  namentlich  bei  den  nach  der  älteren  Methode  hergestellten  Extrakten 
die  optimalen  Abweichungen  erst  bei  größeren  Verdünnungen   eintraten.  2) 

Micheli  und  Catoretti  haben  übrigens  1.  c.  festgestellt,  daß  die  Re- 
aktion bei  karzinomatösen  Erkrankungen  auch  gelingt,  wenn  man  anstatt 
der  Tumorextrakte  normale  Pankreasextrakte  verwendet. 


0  Vergl.  u.  a.  Izar,  Münchener  med.  Wochenschr.  1911.  Nr.  39. 

^)  Über  den  Grad  der  Zuverlässigkeit  der  Methode  vergl.  auch  Izar,  1.  c. 


Kapillaranalysc.  \  3f;7 

Über  die  Herstellung  der  Antigene  bei  Syphilis.  Typhus  etc.  siehe 
die  angegebene  Literatur,  vgl.  auch  die  Zusaninicnstelliing  der  Arbeiten 
und  ihrer  Ergebnisse  bei  Th.  Hirsch fdd ,  Dcutsclic  med.  Wochoiischr. 
1911.  Nr.  27  bis  29. 

Der  Umstand,  daß  viele  Autoren  bei  der  Ausfülinnig  der  ka|)illar- 
analytischen  Methode  von  AscoU  und  har  keine  Krfolgc  er/idt  haben,  ist 
zweifellos  auf  die  große  Labilität  der  sogenannten  Antigene  zurückzuführen. 
Durch  Schütteln  werden  dieselben  bereits  zerstört,  auch  Temitcratur- 
differenzen ,  ferner  die  Art  der  Verdünnungen  können  von  üblem  Einflüsse 
sein,  und  es  ist  daher  sorgfältig  auf  verschiedenste  kleinste  Einzelheiten  zu 
achten,  welche  —  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  —  besser  als  durch  ein 
Lehrbuch  und  die  angegebene  Literatur  durch  persönliche  Unterweisung 
in  der  Ausübung  der  Methoden  erfahrener  Forscher  erlangt  werden 
kann.  ^) 


Kapillaranalytische  Bestimmung   der   pharmakodynamischen    und 
toxischen  Wirksamkeit  von  Arzneimitteln  und  Giften. 

In  theoretischen  Arbeiten  (siehe  Pflügers  Archiv  1.  c.)  hat  der  \'er- 
fasser  dieses  Kapitels  dargetan,  daß  das  gesamte  osmotische  Verhalten  ge- 
löster Stoffe  in  erster  Linie  durch  die  Oberflächenspannung  bestimmt  ist. 
Je  mehr  ein  Stoff  die  Oberflächenspannung  des  Wassers  vermindert,  um 
so  leichter  diosmiert  derselbe  meist  durch  Membranen.  Von  der  Fähigkeit 
der  Osmose  hängt  aber  in  erster  Linie  seine  Wirksamkeit  im  Körper  ab; 
denn  beispielsweise  damit  ein  Stoff  gut  und  schnell  narkotisierende 
Eigenschaften  habe,  muß  er  vor  allem  schnell  die  Zellen  durchwanderu 
können. 

Danach  wird  es  verständlich,  daß  die  anästhesierende  Kraft  verschieden- 
ster Anästhetika  meist  einfach  den  Oberflächenspannungen  dei-  wässerigen 
Lösungen  parallel  geht-)  und  daß  beispielsweise  in  der  Kokaiureihe ')  (Ek- 
gonin,  Novokain,  Eukain,  Kokain  etc.)  die  anästhesierende  Wirkung  der 
Alkaloide  zunimmt,  je  mehr  das  betreffende  Alkaloid  die  (Jberflächensi)an- 
nung  des  Wassers  vermindert,  je  kapillaraktiver  das  betreffende  .Mkaloid 
ist.  Man  kann  nun  ferner  die  Kapillaraktivität  gelöster  Stoffe  viefach 
steigern  durch  Zusatz  anderer  Stoffe,  so  beispielsweise  zahlreicher  Alkaloid- 
salze  (Chinin,  Kokain,  Atropin  etc.)  durch  Zusatz  minimaler  Mengen 
Alkalien*)  (Natriumkarbonat  etc.),    und  in    diesen  Fidlen    zeigt  sich,    daß 


*)  Vergl.  hierüber  Izar,  1.  c. 

*)  Traube,  Pflücjers  Archiv.   10.').  555.   1U04. 

^)  E.  Pribram,  Wiener  kliu.  Wocheuschr.  21.  Nr.  30  und  (ioh/schniiclt  iiinl  I'ribram, 
Archiv  f.  exp.  Pathol.  u.  Pharmakol.  Bd.  6.  1.  1909. 

*)  Vgl.  eine  von  J.  Traube  demnächst  in  der  Bioclicni.  Zoitschr.  zu  vomffont- 
lichende  Arbeit;  ferner  Pribrain,  Pjl ii (/ers  Ardnw  137.  S50.  191 1.  —  (/Vo.--.  Mündiener 
med.  Wocheuschr.  1910.  2042  und  Lacuen,  ibid.  1910.  2044. 


1368  J.  Traube. 

Stets  die  Steigerung  der  pharmakologischen  und  toxischen  Wirksamkeit 
parallel  geht  der  Verminderung  der  Oberflächenspannung  beispielsweise  der 
Alkaloidlösung  durch  den  Alkalizusatz,  so  daß  eine  einfache  stalagmometrische 
Untersuchung  ausreicht,  um  festzustellen,  ob  und  in  welchem  Maße  die 
Wirksamkeit  eines  Alkaloids  etc.  durch  derartige  Zusätze  gesteigert  wird. 
Die  kapillaranalytische  Methode  ist  hier  kaum  weniger  sicher  als  das  Tier- 
experiment. 


Farbstoffmilieus  als  Aktivatoren  für  kapillaranalytische  Wirkungen 

von  Salzen  und  Ionen. 

Während  unter  gewöhnlichen  Umständen  (siehe  weiter  oben)  Salze  und 
starke  Elektrolyte  kapillarinaktiv  sind,  man  demnach  die  Konzentration 
einer  einfach  wässerigen  Salzlösung  kapillaranalytisch  ebensowenig  be- 
stimmen kann  wie  die  Verteilung  eines  Salzes  zwischen  2  Phasen  oder 
seine  Adsorption  durch  eine  feste  Phase,  sind  diese  Aufgaben  für  zahl- 
reiche Ionen  und  Salze  gut  lösbar,  wenn  man  die  Salzlösungen  tropfen- 
weise (mit  T.  K.-Tropfglas)  oder  mit  Hilfe  feiner  Pipetten  in  kleinen 
Mengen  gewissen  kolloidalen  Milieus  zusetzt,  deren  Oberflächenspannung 
durch  den  Zusatz  erhebliche  Änderungen  erfährt.  Bewährt  haben  sich  nach 
dieser  Richtung  besonders  2  Farbstoffmilieus:  eine  O^^/oige  Lösung  des 
basischen  Farbstoffes:  Nachtblau  und  des  saueren  Farbstoffes:  Woll- 
violctt  (beide  Farbstoffe  von  der  Firma  E.  Merck  zu  beziehen).  Setzt  man 
zu  10  cin^  dieser  Farbstofflösungen  tropfenweise  bestimmte  Salzlösungen  etc. 
hinzu,  so  zeigt  sich,  daß  vorwiegend  die  Anionen  die  Oberflächenspan- 
nung und  andere  Eigenschaften  des  basischen  Xachtblaus  ändern,  vor- 
'\\iegend  die  Kationen  dagegen  die  Oberflächenspannung  des  sauren 
W^ollvioletts.  ^)  Namentlich  giftige  Ionen  (Blutgifte)  Avirken  auch  „ver- 
giftend" auf  diese  Farbstoff milieus,  so  namentlich  J,  CNS,  CIO4  etc.  auf 
Nachtblau,  giftige  Schwermetalle,  xVlkaloide  etc.  auf  Wollviolett.  Quecksilber- 
chlorid wirkt  indessen  (vielleicht  anionisch)  auch  stark  vergiftend  auf  Nacht- 
blau ,  so  daß  man  noch  1 : 3,000.000  T.  Hg  CI2  mit  Hilfe  dieses  Farb- 
stoffes vermöge  des  Stalagmometers  nachweisen  kann.  So  verminderte  bei- 
spielsweise der  Zusatz  von  1  Tropfen  Y*  aeq.  Hg  CI.2  zu  10  cm^  0"2°/oigen 
Nachtblaus  die  Tropfenzahl  von  58"2  auf  45'5.  KJ  und  KONS  geben  noch 
in  Verdünnungen  von  1 :  300.000  Teilen  der  Nachtblaulösungen  einen 
meßbaren  Tropfenausschlag,  ebenso  kann  man  mit  Hilfe  des  Systems 
Wollviolett  noch  1 : 3,000.000  T.  Kokain,  Akonitin,  Atropin  etc.  bestimmen. 
Die  Methode  ist  also  äußerst  empfindlich  und  kann  man  mittelst  derselben 
Mengen    von  Quecksilber,    Jod,    Alkaloiden    etc.    auch    bei  Gegenwart 


.[ 


*)  Vgl.  Berliner  klin.  Wochenschr.  1911.  Nr.  10.  Deutsche  med.  Wochenschr.  1911. 
Nr.  7.  Ber.  d.  Deutschen  ehem.  Gesellsch.  1911.  44.  556  und  namentlich  die  ausführliche 
demnächstiffe  Abhaudluntr  in  den  Kolloid-chemischen  Beiheften. 


Kapillaraiialysc.  1;J60 

zahlreicher  anderer  Stoffe  ([Uantitativ  hcstininien ,  wie  solches  nach 
keinei-  anderen  Methode  nKi^lich  ist.  Das  Jodion  verhält  sich  hierbei  f^an/ 
anders  wie  etwa  das  nicht  als  Ion  vorhandene  Jod  und  wirkt  auf  das 
Nachtblau  in  so  viel  höherem  Malie  als  etwa  V,v  und  (1.  dai;  die  Oe^'cn- 
wart  derartiger  Ionen  die  quantitative  P)estininibarkeit  von  .lodioncn  auf 
diesem  Wege  nur  wenig  einschränken. 

Man  kann  auch  Jod,  Quecksilber  etc.  auf  diesem  Wege  kapillar- 
titimetrisch  bestimmen,  denn  wenn  man  beispielsweise  eine  bestimmte 
Nachtblaulösung  durch  eine  bestimmte  kleine  Menge  HgCl.^  vergiftet,  so 
kann  man  die  durch  den  Trojjfenausschlag  mellbare  Vergiftung'  des  Farb- 
stoffmilieus wieder  rückgängig  machen,  wenn  man  mittelst  einer  feinen 
Pipette  oder  des  T.  K.-Tropfglases  soviel  KJ  zu-etzt,  daß  das  HgCl..  >ieli 
völlig  in  mikroskopisch  oder  ultramikroskopisch  fein  verteiltes  HgJ.^  umge- 
setzt hat.  In  derselben  Weise  kann  man  durch  Alkaloidsalze  in  l)ezug  auf 
die  Oberflächenspannung  veränderte  Wollviolettlösungen  mit  Hilfe  ver- 
dünnter Tanninlösungen  kapillaranalytisch  titrieren.  Siehe  näheres  hierüber 
Ber.  d.  Deutschen  ehem.  Gesellsch.  44.  559.  1911. 

Besonders  ist  diese  Aktivierungsmethode  mittelst  eini'S  Farbstoffes 
auch  geeignet,  um  die  Adsorptionskoeffizienten  der  verschieilensten  üiftiücn 
Stoffe  (KJ,  Hg  CL,  Alkaloidsalze)  gegen  verschiedenste  Adsoibentien  zu  be- 
stimmen; so  beispielsweise  gegen  Kaolin,  indem  man  voi-  und  nach  der 
Verteilung  die  Konzentration  der  wässerigen  Phase  mit  Hilfe  von  Nacht- 
blau oder  Wollviolett  feststellt. 


Kapillaranalytische   Untersuchung   von   Arzneimitteln   und   Giften 

mit  Hilfe  von  Farbstoffmilieus. 

Wie  erwähnt  wurde,  aktivieren  die  Anionen  (in  freiem  wie  gebundenem 
Zustande)  gewisse  basische  P'arbstoffmilieus  wie  das  Nachtblau,  während 
die  Kationen  saure  Farbstoffmilieus  wie  das  Wollviolett  in  bezug  auf  die 
Oberflächenspannung  und  andere  physikaUsche  Eigenschaften  verändern. 
Da  indifferente  Stoffe  auf  jene  Milieus  gar  nicht  einwiiken.  so  ergibt 
sich  zunächst,  daß  man  mit  Hilfe  des  Stalagmometers  in  iruend  einem 
beliebig  gefärbten  Arzneimittel,  einem  (Jifte.  einem  Farbstoffgemische  etc. 
auch  bei  Gegenwart  beliebiger  indifferenter  Stoffe  leicht  erkennen  kann, 
ob  Kationen  oder  Anionen  zugegen  sind:  vielfach  kann  man  auch  an  dem 
Grade  der  kapillarakti\1erenden  Wirkung  auf  die  Farbstoffmilieus  erkennen, 
welcher  Art  die  Kationen  bzw.  Anionen  sind,  besonders  auch  wie  giftig  die- 
selben sind,  denn  es  hat  sich  herausgestellt  —  vgl.  die  zitierten  Arbeiten 
—  daß  im  großen  und  ganzen  die  durch  die  Änderung  der  physikalischen 
Eigenschaften,  wie  Oberflächenspannung,  gemessene  Giftigkeit  von  Stoffen 
gegenüber  den  Farbstoffmilieus  parallel  geht  deren  Giftigkeit  gegenüix'r 
anderen  kolloidalen  Milieus,  insbesondere  dem  Blute  und  anderen  Körper- 
säften. 


I'^'JO  J.  Traube.  Kapillaranalyse. 

Findet  man  also  beispielsweise  beim  Hinzufügen  eines  Tropfens  eines 
flüssigen  oder  gelösten  Arzneimittels  zu  10  cm^  0'2°loiger  Nachtblau-  und 
Wollviolettlösung,  daß  die  stalagmometriseh  gemessene  Oberflächenspannung 
der  Nachtblaulösung  sich  nur  sehr  wenig,  dabei  gegen  die  Wollviolett- 
lösung sehr  stark  ändert,  so  wird  man  meist  richtig  schließen,  wenn  man 
annimmt,  daß  der  die  Arzneiwirkung  bedingende  Bestandteil  im  wesent- 
lichen ein  —  giftigeres  —  Kation  ist.  Die  kapillaranalytische  Methode  führt 
hier  auch  zu  einem  Wege,  Arzneibestandteile  zu  erkennen,  zu  sondern 
und  dementsprechend  Arzneimittel  zu  verbessern,  i) 


')  Siehe  namentlich   die  obengenannte  ausführliche  Zusammenfassung    der   Gift- 
arbeiten des  Verfassers  in  den  Kolloid-chemischen  Beiheften. 


Biocliemisclie  und  cliemo-tlioraiKMitiscliu  Arbcits- 
metliodeii  mit  Trypaiiüsomeii.') 

Von  M.  Nierenstein,  Üiistol. 

Beim  Arbeiten  mit  pathogenen  Protozoen  handelt  es  sich  nicht  nur 
um  die  Wahl  eines  geeigneten  Wirtes  für  die  Paiasitcn.  sondern  auch  um 
eine  gute  Verpflegung  der  Versuchstiere,  und  um  sanitäre  liaiisung  der- 
selben: viele  Experimente  gehen  öfters  durch  \eriiachlässigung  der  Ver- 
suchstiere zugrunde.  Dieser  Hinweis,  ^^^e  unbedeutend  er  auch  erscheinen 
mag,  ist  beim  Arbeiten  mit  Versuchstieren  immer  angebracht. 

Die  gebräuchlichsten  Laboratoriumstiere  sind  Mäuse,  Kattcii,  Meer- 
schweinchen, Kaninchen,  Hunde  und  Affen.  Als  größere  W'rsuchsticre  eig- 
nen sich  auch  Esel,  Pferde  und  Kühe.  Ziegen,  Schweine  und  Katzen  sind 
für  Trypanosomen  unbrauchbar,  da  die  Tiere  der  Infektion  gegenüber  sich 
refraktorisch  verhalten. 

I.  Versuchstiere. 

Mäuse.  Das  Arbeiten  mit  Mäusen  ist  ein  sehr  beciuemes,  die  Tiere 
lassen  sich  leicht  in  Glasgefäßen  aufi)ewahren  —  breithalsige  Flaschen,  die 
mit  einem  Drahtnetz,  das  mit  Blei  beschwert  ist,  verschlossen  sind  -  das 
Futter,  gewöhnlich  Reis,  dient  auch  zur  Bettung,  indem  man  das  (ilasgefät^ 
einige  Zentimeter  hoch  füllt.  Infektionserreger,  wie  /..  \\.  Trvpano.^ionien, 
Spirochäten  etc.,  lassen  sich  gut  in  Mäusen  erhalten.  Ob  Mäu.se  für  chemo- 
therapeutische Experimente  zu  empfehlen  sind,  mub  dahingestellt  bleiben. 
Ihre  Toleranz  für  eine  Reihe  von  Präparaten  ist  eine  zu  grobe,  was  aus 
untenstehender  Tabelle  zu  entnehmen  ist^): 


*)  Lareran  et  Mc^nil,  Trypanosnincs  et  Tryp;ui(»si)ini:isos.  Paris  il'.KU);  aiirli  in 
englischer  Sprache.  —  Döfleiu,  Die  Trypatiosouieu,  ihre  Hodciitunj:  für  /.ooloL'ie.  Modi- 
zin  und  Kolonialwirtschaft.  Jena  (19U9). 

-)  Brcinl  and  Nierenstein,  Bio-chcmical  and  therapeutical  Studios  on  trypanoso- 
miasis.  Ann.  trop.  med.  Anal,  parasit.  3.  420  (lUUiU. 


^372  ^-  Nierenstein. 

Maximale  Dosis  pro  Kilogramm  Körpergewicht: 
Atoxyl       Arsenophenylglyciu 

Maus 0-17  </  0-6  (/ 

Ratte O-U  g  0-4^ 

Meerschweinchen  .     .     .  0'08  g  0-12  g 

Kaninchen O'Ol  g  0-22  g 

Hund 0-01^  0-2  g 

Außerdem  läßt  sich  der  Mäuseorganismus  allem  x\nschein  nach  sehr 
leicht  von  den  Parasiten  mittelst  sonst  in  anderen  Tieren  nicht  effektiven 
Drogen  befreien.  Manche  Präparate  haben  einen  eigentümlichen  Einfluß 
auf  Mäuse,   es   macht  z.  P).  azetyliertes  Atoxyl   normale  Mäuse  zu  ,.Tanz- 

Fig.  303.  Fig.  304. 


Fig.  302. 


mausen",  i)  In  ihren  physiologischen  Pieaktionen  sind  Mäuse  von  den 
Platten  verschieden,  so  verhalten  sie  sich  auch  manchen  pathogenen  Pro- 
tozoen gegenüber  verschieden,  wie  z.  B.  Trvpanosoma  lewisi,  das  von  Ratten 
normal  beherbergt  wird,  dagegen  nicht  in  der  Maus  leben  kann.  Da  öfters 
beim  Arbeiten  mit  Trypanosomen  in  Ratten  Mischinfektionen  mit  T.  lewisi 
vorkommen,  so  empfiehlt  es  sich,  die  Stämme  durch  Mäuse  pathogen  zu 
„filtrieren",  indem  man  das  Infektionsmaterial  von  Zeit  zu  Zeit  den  Ratten 
entnimmt  und  auf  Mäuse  überträgt. 

Die  verschiedenen  Präparate  werden  gewöhnhch  durch  Injektion  dar- 
gereicht, was  aber  bei  den  kleinen  Dosen,  die  von  den  Mäusen  vertragen 
werden,  seine  Schwierigkeiten  hat. 

')  Ehrlich,  Chemo-therapeutische  Trypanosomenstudien.  Berliner  klin.  Wochen- 
schrift. 44.  312  (1907). 


Biochemische  u.  chcmo-thcrapeutischo  Arlioitsmcthüdeu  mit  Inpaiiosomeii.    l.'^.'l 


Piff.  306. 


Ehrlich^)  empfiehlt  die  von  ihm  einu-cfiihrtc  „Kakcsvcrtiittcriinfj:", 
wo  das  Kakespiüvcr  vor  dem  NCrhackcii  mit  einer  wässerij^cii  oder  alko- 
holischen Lösunu'  des  Präparates  imprii^iiiert  wird.  l)a  die  Miius«'  diese 
Nahnmsi'  (z.  B.  bei  der  Darreicliunu  von  l'araiiichsinj  verweij.reni  und  durch 
\erhiiiiiiern  zuürunde  lichen,  so  hat  i'Julich  tolucnde  Hereitunu^sweise  vor- 
j^eschlaiien:  1  y  Parafuehsin  —  um  den  ohen  iienannten  Fall  zu  wählen  — 
wird  in  90//  Alkohol  und  10 y  (Heinsäure  I  Kahlhaum  heil'i  f.relüst.  Die 
Oleinsäure  führt  das  Parafuehsin  in  das  nnlüsliche  Ölsäure  Salz  über,  wo- 
durch der  (ieschmack  wenif>er  belästigt  wird,  autierdem  wird  hieidureh 
auch  die  Resorption  beijünstigt.  Mit  ol)i^er  Lösuiilt  werden  .\lbert-Kakes 
(i>epulvert)  getränkt  —  es  kommen  hierbei  ?)cm^  der  Lösinig  ( 1  cm^  —  (»(»!  y 
Parafuehsin)  auf  8  y  des  Pulvers  —  diese  sodann 
getrocknet,  zerrieben  und  mit  Hilfe  von  Wasser 
oder  Milch  nach  Zusatz  von  0'6y  (llidin  pro  Kakes 
zu  möglich  consistentem  Teig  angerührt,  der  auf 
Glasplatten  ausgerollt  und  nach  Zerschneiden  in 
kleine  Plättchen  getrocknet  wird.  Diese  Nahrung 
wird  nach  kurzer  Angewöhnung  von  den  Mäusen 
sehr  gut  aufgenommen.  Es  empfiehlt  sich  aber, 
das  (lewicht  der  Nahrungsaufnahme  zu  kontrol- 
lieren und  bei  Sinken  des  Körpergewichtes  eine 
Pause  normaler  Ernidirung  eintreten  zu  lassen. 

L.  H.  Marks  -)  w  iederum  hat  eine  be(|ueme 
Methode  beschrieben,  die  es  ermöglicht,  mittelst 
einer  kleinen  Sonde  ^Mäusen  beliebige  Heilstoffe  mit 
Leichtigkeit  in  genauer  Dosierung  intrastomachal 
zuzuführen.  Umstehende  Abbildungen  stellen  die 
Sonde  und  die  Manipulation  dar.  Die  Figuren  sind 
der  ()riginalarl)eit    des    Herrn  Marks   entnommen. 

Nachdem  das  Maul  mäßig  weit  geöffnet  ist 
(Fig.  304),  wird  die  mit  Wasser  angefeuchteti' 
Magensonde  in  der  Mitte  gefabt  und  seitlich  neben 

der  Zunge  mit  ganz  leichtem  Druck  nach  hinten  eingeführt :  siegleitet  ge- 
wöhnlich sofort  in  die  Speiseröhre.  Weim  die  Sonde  genügend  tief  einge- 
führt ist,  wird  die  Spritze  gefüllt,  angesetzt,  entleert,  mit  etwas  Kochsalz- 
lösung nachgefüllt,  wieder  angesetzt  und  wieder  entleert.  Man  kann  leicht 
1 — 2  cm^  Flüssigkeit  einspritzen. 


')  P.  Ehrlich,  Chenio-thcrapeutisclic  Tnpanosoinoiistiulioii.  Dcrlinor  kliii.  Wofhoii- 
sflirift.  1907.  Nr.  9— 12.  N'trl.  aiicli  C  IL  Ih-ninntui,  V\\v\\u\-\\\o\i\\n  in  rnpaiiosDiuo  iii- 
t'cctioiis.  .loiirn.  of  pathol.  aiul  hacteriol.  12.  p.  lC>r>  (19USi. 

'-)  /..  //.  Marks,  Über  intrastomachale  Hphaiiilliiiiir  trypanosoineriinfiziertor  Mause. 
Zi'itschr.  f.  Inimmiitiitsforschuii!.'  mul  oxpcM-iiiiciitplle  ThiTapic.  2.  ^.'ih^^  (190«.»).  Vgl. 
aucli  DiMsolbe,  Füttcniiij.'  von  .Maiison  mittelst  MaL'<'M-;iiu(if.  .\rl»oitcn  a.  tl.  kgl.  Inst, 
f.  exp.  Therapie  zu  Frankfurt  a.  M.  190«.  Heft  4. 


^374  ^'  Nierenstein. 

An\Yendung  bei  einigen  Stoffen  nach  Marks. 

Letale  Dosis  Maximale  Dosis 

Calomel  (in  Suspension)     .     0*005  y  0*002  g 

Salzsäure 0*5  cm^  0*5  an^ 

6Voiger  Lösung       öVoiger  Lösung 

Chin.  hydrochlor O'l  ^  0*08  g 

Jodkalium 0*03  <7  O'Ol  ^ 

Natr.  salicyl 0-035  g  0*02  g 

Antipyrin 0*04  g  001  g 

Magnesiumsulfat  ....     0*4(7  0*2^ 

Sublimat 00007^  0*0004  .</ 

Strychnin 0*0005  </  0*0003(7 

Morphin,  hydrochl.     .     .     .     0*02  (/  0*006(7 

Arsenigsaures  Na      ...     0*0005  «7  0*00025  y 

usw. 

Als  Maximaldosis  ist  diejenige  Menge  anzusehen,  die  bei  einer  An- 
zahl von  Mäusen  (17 — 2b  g)  noch  gegeben  werden  kann,  ohne  daß  der 
Tod  nach  einiger  Zeit  eintritt. 

Für  das  Trypanorosan,  das  Marks  gegen  experimentelle  Trypanoso- 
miasis verwendet,  gibt  er  folgende  Vorschrift  an:  das  Trypanorosan  wir 
mit  der  5fachen  Menge  Methylalkohol  gelöst  und  mit  einer  SVoigen  liohr- 
zuckerlösung  entsprechend  verdünnt.  Die  Lösung  erfolgt  am  besten  in  der 
Weise,  daß  man  die  Substanz  in  kochendem  Alkohol  löst,  mit  heißer  Rohr- 
zuckerlösung zu  der  gewollten  Menge  auffüllt,  das  Gemisch  noch  einmal 
kurz  aufkocht,  dann  auf  60 — 65"  abkühlt  und  so  injiziert. 

Ratten.  Für  chemo-therapeutische  Zwecke  sind  Ratten  sehr  zu  emp- 
fehlen, sie  vertragen  verhältnismäßig  hohe  Dosen  und  sind  ziemhch  leicht 
am  Leben  zu  erhalten.  In  Käfigen,  die  3 — 6  Ratten  fassen,  sind  sie  gut 
aufbewahrt,  doch  muß  man  darauf  achten,  daß  die  Tiere  miteinander  nicht 
kämpfen  und  daß  das  kampfsüchtige  Tier  schleimigst  isoliert  wird. 

Auch  Meerschweinchen  sind  von  Bedeutung  für  chemo-therapeu- 
tische Studien.  Sie  sind  ziemUch  leicht  zu  handhaben  und  haben  den  großen 
Vorteil  kleineren  Versuchstieren  gegenüber,  daß  man  an  ihnen  leicht  das 
Steigen  und  Fallen  der  Temperatur  während  der  Infektion  und  der  Be- 
handlung verfolgen  kann.  Erw^ähnt  sei,  daß  Meerschweinchen  öfters  Lungen- 
krankheiten erliegen,  so  daß  man  auf  besonders  gute  und  warme  Hausung 
achten  muß.  Beim  Arbeiten  mit  Trypanosomeninfektionen  haben  Meer- 
schweinchen auch  den  Übelstand,  daß  sie  öfters  negativ,  d.  h.  ohne  Para- 
siten im  Blute  sterben.  Die  Sektion  ergibt  aber  auch  dann  ein  normales 
Bild  der  Infektion. 

Kaninchen,  die  im  großen  und  ganzen  zu  den  besten  Laboratoriums- 
tieren zu  rechnen  sind,  haben  bei  manchen  Protozoeninfektionen  den  großen 
Nachteil,  daß  die  Krankheit  ein  chronisches  Bild  nimmt.  Besonders  erfährt 
man  diesen  Übelstand  bei  Trypanosomeninfektionen,  die  Tiere  siechen  lang- 


Biochemische  u.  chcmo-thorapcutische  Arbeitsmothoilcn  mit  Trypanosomen.   l;\1i^ 

sam  dahin,  entwickeln  zwar  die  symptoniatischcii  Knf/iiii(liiii^M-ii  der  .\iil.'«-ii. 
Geschwülste  an  den  Ohren  und  Genitalien,  doch  findet  man  einen  ncj.'a- 
tiven  Ausfall  bei  der  mikroskopischen  rntersuchunp:  des  Hlutes.  Dieses  hat 
seinen  auf^enscheinlichen  Nachteil  bei  chenio-therapeutischen  rntersnchun- 
gen.  Außerdem  reagieren  die.  mit  Trypanosomen  infizierten  Kaninchen 
leicht  auf  trypanozoiden  Substanzen,  wie  z.B.  Atoxyl,  ArsenopheiiyJLdycin  usw.. 
was  öfters  auf  vielversprechende,  aber,  leider,  oft  versagende  jieihini.'-sver- 
suche  schließen  läßt. 

Von  großem  therapeutischen  Werte  sind  besonders  Ileilversuche  an 
Affen  und  heißt  es  gerade  bei  diesen  Versuchstieren  für  eine  reinliche 
Hausung,  gute  A'erpflegung  und  regelmäßige  Fütterung  sorgen  1  Affen  unter- 
liegen einer  Reihe  von  Krankheiten,  besonders  dem  Lungenleiden,  und  muß 
man  daher  Sorge  tragen,  daß  die  Tiere  vor  ErkältunL!"en  geschützt  werden. 
A.  Breinl  hat  die  P)Oobachtung  gemacht,  daß  afrikanische  .Vffen.  wie  /..  V>. 
Cercopithecus  collitrichus.  einige  Immunität  Trypanosomeninfektionen  ge;.'en- 
über  zu  zeigen  scheinen  und  muß  man  daher  auf  die  Wahl  der  Versuchstiere 
achtgeben.  Es  eignet  sich  für  diese  Zwecke  Macacus  rhesus  am  besten.') 

II.  Trypanosomen. 

Von  den  verschiedenen  Trypanosomenstämmen  eignet  sich  T.  brucei 
für  experimentelle  Zwecke  am  besten.  Die  Infektionsdauer  ist  eine  kurze, 
das  Krankheitsbild  ist  mit  Ausnahme  von  Kaninchen  ein  normales,  die 
Parasiten  erscheinen  in  1 — 2  Tagen  im  peripheren  Blute,  sie  reagi«'ren 
prompt  auf  trypanozoide  Stoffe  und  haben  den  großen  X'orteil,  daß,  falls 
eine  vollständige  Sterilisation  des  Körpers  nicht  gelungen  ist. 
die  Parasiten  schon  in  16 — 25  Tagen  wieder  erscheinen.-)  Die 
Rekurrenz  bei  T.  gambiense  dauert  50 — 60  Tage. »)  Die  Parasiten  zeigen 
oft  Mrulenzzunahme,  entweder  bei  verschiedenen  Passagen  *)  oder  bei  der 
Behandlung  mit  Arsenikalien  ^i;  bei  Farbstoffbehandlung  scheint  dairegcn 
die  Virulenz  abzunehmen.  <">)  Die  Trypano.somen  bekommen  bei  der  Behand- 
lung mit  trypanozoiden  Agenzien  gegen  iliesell)en  ..fest"  und  gelingt  es. 
„atoxylfeste",  „trypanrotfeste"  usw.  Stämme  zu  züchten. ")  Diese  Festigkeit 

*)  tJbcr  unsoro  Erfahruiiirou  hei  Trypanosomen  vgl.  A.  Unitil  und  M.  Sirrcustrin, 
Bio-chemical  aud  therapeutical  stiidies  on  Trypanosomiasis.  Annais  «f  Trupioal  .Medi- 
cine  and  Parasitology.   3.  395—420  (1908). 

-)  Breinl  und  Nierenstein,  Bio-chemical  and  therapeutical  studies  en  Trypanoso- 
miasis. Ann.  of.  Trop.  Med.  and  Parasit.  3.  417  (1909). 

')  Dieselben,  1.  c. 

*)  Dieselben,  1.  c,  auch  W.  Yorke,  On  the  pathogenicity  of  a  Trjpanosome 
(T.  rhodesiense)  from  a  case  of  Sleeping  Stickness  contractod  in  Rhodosia.  llud.  4. 
351  (1910)  (Literatur). 

5)  Moore,  Nierenstein  und  Todd,  Notes  on  the  effects  of  thorapentic  agents  on 
Trypanosomes.  Ibid.  2.  221  (1908). 

*)  Dieselben,  1.  c. 

')  Ehrlich,  Chemo-therapcutischc  Trypanosomenstudien.  Berliner  klin.  Wochenschr. 
1907.  Nr.  9— 12.  —  Mesnil  et  Brimont,  Sur  les  propri«5tös  de  raccs  de  trxpanosomes  rt'- 
sistants  ä  l'atoxyl  et  aux  Serums.  Comptes  rend.  des  si-ances  de  la  Soci6te  de  Biologie. 


1376  ^-  Nierenstein. 

soll,  wie  Ehrlich^)  nach  Versuchen  von  WerbitsH  und  Gonder  vor  kurzem 
mitgeteilt  hat,  bei  der  Passage  durch  die  Rattlaus  (Haematopinus 
spinulosus)  bei  arsenophenylglycinfesten  T.  lewisi  verschwinden.  Die 
Festigkeit  scheint  nur  für  die  betreffende  Tierspezies,  in  welcher  sie  er- 
Avorben  wurde,  gut  zu  halten. '-) 

Fast  alle  Säugetiertrvpanosomen  reagieren  auf  trvpanozoide  Agenzien, 
die  einzige  Ausnahme  bildet  T.  lewisi,  das  nur  von  Arsenophenylglycin 

_  As  =  As 


NH  NH 

I  I 

CHo  CH2 

I     "  1 

COOH  COOK 

angegriffen  wird.  3)  Kaltblütertrypanosomen  *)  werden  durch  trypanozoide 
Agenzien  nicht  beeinflußt,  dagegen  scheinen  Vögeltrypanosomen  5)  sich  in 
einigen  Fällen  positiv  zu  verhalten.  Die  Parasiten  rufen  anatomische  Ver- 
änderungen hervor,  doch  muß  hier  auf  die  Fachliteratur  der  Fußnote  der 
ersten  Seite  dieser  Abhandlung  verwiesen  sein.  Die  Trypanosoraeninfektion 
ist  von  Autoagglutination  der  roten  P)lutzellen  ^)  und  von  einer  Zunahme 
der  Azidität  des  Blutserums  begleitet.')  Sehr  eingehend  hat  W.  Yorkc  die 
Autoaggiutinationserscheinungen  bei  verschiedenen  Trypanosomeninfektionen 
(auch  bei  der  Schlafkrankheit  des  Menschen)  untersucht  und  neben  Auto- 
agglutininen  auch  Isoagglutinine  und  Heteroagglutinine  nachweisen  können. 
Es  sei  hier  auf  diese  Arbeit  verwiesen.  Trypanosoma  brucei  ruft  einen 


64.  637  (1908).  —  Breinl  und  Nierenstein,  "Weitere  Beobachtung  über  die  Atoxyl- 
festigkeit  der  Trypanosomen.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  27  (1908).  —  Dieselben, 
Bio-chemical  and  therapeutical  studies  on  trypanosomiasis.  Ann.  of  trop.  med.  and  parasit. 
3.  413(1908). 

*)  Ehrlich,  triier  Chemotherapie.  Zentralbl.  f.  Bakteriol.  Bericht  über  die  5.  Tagung 
der  freien  Vereinigung  für  Mikrobiologie  usw.  in  Dresden.  Beilage  zu  Abteilung  1. 
L.  Referate.  S.  94—108  (September  1911). 

^)  Breinl  und  Nierenstein,  Weitere  Beobachtung  über  die  Atoxylfestigkeit  der 
Trypanosomen.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  27  (1908).  Vgl.  dagegen  Roehl,  Über  den 
"Wirkungsmechanismus  des  Atoxyls.  Berliner  klin.  Wochenschr.  Nr.  11  (1909). 

^)  Schilling,  Chemotherapeutische  Versuche  bei  Trypanosomeninfektionen.  Archiv 
für  Schiffs-  und  Tropenhygiene.  13.  1  (1909). 

*)  E.  Brumpt ,  ROle  pathogene  et  mode  de  transmission  du  Trypanosoma 
inopinatum  Sergent.  Comptes  Rendus  de  la  Society  de  Biologie.  61.  167  (1906). 

^)  F.  G.  Nocij  and  li.  E.  Knapp,  On  the  Trypanosomes  of  birds.  Journ.  of  Iiifec- 
tious  Diseases  2.  256  (1905). 

*)  W.  Yorke,  Auto-agglutination  of  red  blood  cells  in  Trypanosomiasis.  Proc. 
Roy.  Soc.  83.  238  (1910)  und  Ann.  Trop.  Med.  and  Parasit.  4.  529  (1910).  (Literatur!) 

')  Nierenstein,  Observations  on  the  acidity  and  alkalinity  of  the  blood  in  Try- 
panosome  infections.  Ibid.  2.  227  (1908). 


Biochemische  n.  chemo-thciapcutisclie  Arltoithincthodon  mit  'rnpiiiKwumoii.   1:^7 

starken  Alihau  der  Zclleiweilie  und  des  Lecithins  hei  (h-n  Versuchstieren 
hervor. ') 

\erschiedene  Sul)stanzen  verursachen  das  X'erschwinden  des  lih'pharo- 
blastes  bei  Trvpanosomeii.  2)  /n  diesen  Substanzen  ^ichün-n  in  erster  Linie 
diejenigen  mit  orthochinonoider  Konstitution  wie  (be  i'vrouine.  Ahn- 
Hch  verhalten  sich  die  Acridiue  und  auch  Oxji/.iue.  Abweichend  davon 
verhalten  sich  das  aus  m-Toluylendianiiu  und  Fonnaldehyd  gewonnene 
Acridingelb.  Atoxyl,  Antimon.  Acetato.xyl,  Arsenophenylglycin,  Trypanrot, 
Trypanblau  u.  a.  ni.  liefern  negative  Resultate.  Eine  etwas  besondere  Stellung 
nehmen  die  Substanzen  aus  der  Gruppe  des  Triphenylniethans:  Para- 
fuchsin,  Tryparosan  ein.  In  groüen  Dosen  (Viooo~V'75.)Pr<>  ^U^/Tryparosan. 
\4ooo-  V1600  ^ei  Parafuchsin)  injiziert,  bewirken  sie  neben  zieudich  inten- 
siven Veränderungen  im  Protoplasma  der  Zelle  ^cwiihidich  auch  das  Ver- 
schwinden des  Blepharoblasten,  jedoch  ist  der  Kinflub  der  genannten  Ver- 
bindungen in  dieser  Beziehung  im  Vergleiche  zum  Einfluli  der  Verl)indungen 
mit  cbinoider  Konstitution  relativ  schwach. 

Überimpfungen  von  T.  brucei  auf  Kaltblüter  (Nattern,  Schildkröten) 
rufen  Veränderungen  in  den  Parasiten  hervor.-')  Die  Trypanosomen  werden 
kleiner,  das  Protoplasma  körnig.  Bei  Pückimpfung  auf  Patten  entwickeln 
sich  sehr  große,  auffallend  gut  färbbare  Trypanosomen.  Dieselben  zeigen 
Virulenzsteigerung,  die  sich  auf  20  Passagen  erhalten  sollen,  ("berimpfung 
auf  Schildkröten  verursacht  Zystenbildung  und  auch  Kleiuwerdeii  der  Trypa- 
nosomen. Atoxylbehandlung  ruft  auch  Zystenbildung  heiTor.  M 

III.  Arbeiten  in  vivo. 

Beim  Arbeiten  mit  Trypanosomen  in  vivo  empfiehlt  es  sich,  das  in- 
fizierte Blut  mit  Xatriumcitrat  zu  verdünnen.  Für  Ratten  Gewicht 
140 — llög  -  verwendet  man  O'Acm^  der  Lösung,  hierauf  dürfen  nicht 
mehr  als  6  -8  Trypanosomen  pro  Gesichtsfehl  (Zeiss  4.  D.  D.)  bei  T.  brucei 
(bei  anderen  Gattungen,  verwendet  man  stärkeres  lufektionsmateriali 
kommen.  Man  erhält  so  bei  einem  normalen  T.  brucei-Stamni  folgende 
ResuRate :  die  Parasiten  erscheinen  im  Blute  nach  24  Stunden  .  am  nächsten 
Tage  findet  man  12—15  Parasiten  pro  (Gesichtsfeld  (Zei>s  4,  D.  D.i,  am 
nächsten  Tage  '2d  40  Parasiten,  am  dritten  Tage  100  LöO  Parasiten, 
am  vierten  Tage  stirbt  die  Ratte.  Die  Injektion  der  t  ry  panozoiden 
Substanz  erfolgt  am  besten  spät  am  zweiten  oder  früh  am 
dritten  Tage. 


1)  T.  Fellmer,  Stoffwechsekiiitcrsuohuiigcn  hei  mit  Nagaiia- Trypanosonien  infizier- 
ten Kaninchen.  Zeitschr.  f.  Immunitätsforsohung  u.  exp.  Therap.  3.  474  (1909). 

'')  F.  W.  Werbitzki,  ül)or  blopharolilastlose  Trypanosomen.  Zontrall»!.  f.  Haktt>r. 
n.  l'arasitenk.  1.  Abt.  53.  303  (UM)'.)). 

••')  WcmJelstadt  und  Fdlmer,  Kinwirlvung  von  Kalthliitcrpa.<8apcn  auf  Nagana- 
und  Lewisitrvpanosomcn.  Zeitschr.  f.  Imniunitätsforsclinng.  .">.  337  [VM^)\. 

*)  J.  R  S.  Moore  and  A.Hreinl,  The  (  ytoh)gy  of  the  Trypanosomos.  .\nn.  of 
trop.  med.  and  parasit.  1.  441  (19(J7). 

Abderhalden,  Handbuch  der  biochemiacben  Arbcitumeihodon.  V.  87 


1378 


M.  Nierenstein. 


f/ 


Die  Parasiten  werden  am  besten  unter  dem  Deckgläschen  untersucht, 
sie  sind  leicht  durch  ihre  schnelle  Bewegungen  aufzufinden.  T.  brucei, 
nansi  und  auch  lewisi  sind  sehr  lebhaft  in  ihren  Bewegungen,  T.  gambiense 

dagegen  viel  lang- 
Fig.  306.  samer. 

Nach  der  In- 
jektion von  trypa- 
nozoiden  Substan- 
zen nimmt  die 
Beweglichkeit  der 
Parasiten  ab.  Sie 
zeigen  Autoagglu- 
tination und  er- 
starren langsam. 
ZumAusfor- 
CJ^  ^^  sehen  1)  von  Try- 

panosomen eignet 
sich  Romanovs- 
ky  (Methylblau 
und  Eosin).  Man 
verwendet  hierfür 
..Schmieren",  in- 
dem man  den  Blut- 
tropfen mit  einer 
Nadel  ausstreicht, 
oder  den  feuchten  Bluttropfen.  Das  Blut  entnimmt  man  dem  Schwanz 
(Ratten,  Mäuse)  oder  dem  Ohr  (Meerschweinchen.  Kaninchen,  Hunde  usw.). 


,<?%' 


'7^^ 


*)  Vgl.  hierzu  Billet ,  Modification  ä  la  methode  de  coloration  Romanoivski/- 
Giemsa,  Compt.  rend  Soc.  Biol.  61.753  (1906).  —  C.  Franko,  Coloration  vitale  des 
Trypauosomes.  Bull,  de  la  Societe  Portiigaise  des  Sciences  Naturelles.  1.  9  (1907).  — 
Giemsa,  Färbemethoden  für  Malariaparasiten.  Zentralbl.  f.  Bakteriol.  Orig.  32.  307  (1902). 

—  Derselbe,  Eine  Vereinfachung  und  Vervollkommnung  meiner  Methylenazur-Metbylen- 
blau-Eosin-Färbemethode  usw.  Ibid.  37.  308  (1904).  —  M.  Goffeiiherc/,  Methode  zur 
Darstellung  von  Spirochäten  und  Trypanosomen  in  Organschnitten.  Arch.  f.  Hygiene. 
64.  243  (1908).  —  L.  Halberstaedter ,  Untersuchungen  bei  experimentellen  Trypano- 
somenerkrankungen.  Zentralbl.  f.  Bakteriol.  Orig.  38.  525  (1905).  —  Laveran,  Sur  une 
methode  de  coloration  des  noyaux  applicable  en  particulier  ä  l'etude  des  hematozoaires 
eudoglobulaires.  Compt.  rend.  Soc.  Biol.  52.  549  (1900).  —  W.  B.  Leishman,  A  method 
produciug  chromatin  staining  in  sections.  Journal  of  Hygieny.  4.  434  (1904).  —  Le- 
■vaditi,  Methode  sur  la  coloration  des  spirilles  et  des  trypanosomes  dans  le  sang. 
Compt.  rend.  Soc.  Biol.  55.  1505  (1903).  Vgl.  hierzu  J.  J.  van  Logham,  Sorae  notes 
on  the  Morphology  of  Spirochaeta  duttoni  in  the  organs  of  rats.  Ann.  trop.  med.  et 
parasit.  1.  342  (1907).  —  Loeff'Ur ,  Neue  A'erfahren  zur  Schnellfärbung  von  Mikro- 
organismen, insbesondere  Blutparasiten  usw.  Deutsche  med.  Wochenschr.  33.  169  (1907). 

—  F.  Marino,  Coloration  des  Protozoaires  et  observatious  sur  la  neutrophili  de  leur  noyau. 
Annales  de  l'Institut  Pasteur.  19.  7()1  (1905).  —  Derselbe,  Au  sujet  de  la  coloration 
des  protozoaires.  Ibid.  19.  351  (1905).  —  S.  E.  Moore  and  Breinl,  The  Cytology  of  the 
trypanosomes.  Ann.  trop.  med.  et  parasitology.  1.  441  (1907).    —   Dieselben,   The  life 


Biochemische  u.  chemo-thorapeutische  Arbeitsniethodou  mit  Trypanosoinon.   i;i7H 

Neben  den  organischen  Arsen-  und  Antimoiiverhindnnf^M'ii 'i  hahen  die 
I^enzedinfarhstoffe^)  eine  ausp:esprochene  trypanozoide  W  irkuii^,'.  In  den 
Farbstoffen  scheint  die  Aniinonnii)pc  als  Tr.\  panophidM'-CnipjH' ^1  zu 
fungieren. 

Von  den  verschiedenen  trypaiiozoidcn  Substanzen  seien  hier  die 
folgenden  erwähnt.  Wir  geben  liier  auch  die  wirksann-  Dusi-  für  eim-  aus- 
gewachsene zahme  Ratte  (140  175^)  an.  Des  weiteren  sei  auf  die  Literatur 
verwiesen. 

Atoxyh)    (p-aiüinophen\  larsensaures    Nafriunn;    Mi..  (,  II, 
—  ONa 
AsO  +- nHs  0.0-5  cm»     einer     öVuigen     Lijsnng.     Die    Parasiten    ver- 

()H 

schwinden  in  6 — 19  Stunden. 

Acetyliertes    Atoxvl    (acetvi-p-aniinophenviarsinsaures  Natrium): 
—  ÖNa 
CH3 .  CO .  NH .  C,  H4 .  AsO  .  II.,  ( ) .  0-8  cm^  einer  öVoigen  Lösung,  ^i 

OH 

Arsenophenylglycin:HOOC.  CH,  .  NIl.CV,  ll,.As  =  .\s.('nll,  .('IL . 
COOH.lcw»  einer  ö^/oigen  Lösung.  Die  Parasiten  verschwinden  in~l~hi^ 
3  Stunden. 

Natriumantimonyltartrat:  O'öc»/»  einer  l",nigen  Lösung.  Die 
Parasiten  verschwinden  in  1-5  Stunden. 

Trypanrot: 


NaOgSl      A     /NaSOs  OsSNm       /.      ,  SU,  Na 


Icni^  einer  5"/oigen  Lösung.    Die   Parasiten    verschwiihlen    in    iM  Stunden 
für  kurze  Zeit. 


history  of  Trypanosoma  equipedrum.   Pioc.  Royal  Soc.  Vol.  80.  288  (liXtS).    —   ./.  M     ir. 
Stephens    and    S.  R.  Christojyhers ,    The  practicle    study    of    Malaria    and    othor    Bl(M>d 
Parasites.  3rd  Edition  (Liverpool  11)08).  —   Zinnnnti,  Eine  Motliode  der  Diippidfärlniiitr 
bei  Flai,'ellateii ,    Pilzen.  Spirillen  nm!   Ralcti'rifMi  sowie    hei  einieen  Ainülien,  Zeniralld 
f.  Bakteriol.  Orig.  24.  945  (1898). 

')  Breinl    and    Nierenstein,    The    aetion    uf  ar\l-stiliinic    aeids    in    e.\piTinK-ntal 
tiypanosomiasis.  Annal.  tryp.  med.  and  parasit.  3.  SCö  (19ll9i. 

'-)  Mesnil    et    NicoUi' ,    Traitement    des    trypanosomiases    avoc    los    ronleures    de 
Bonzidiue.  Annales  de  ITnstitut  Pasteur.  20.  öl3— 588  (19U7). 

•')  Moore.    Nierenstein  ,  um]    Todrl ,     Concorninir    the    treatmont    ni    cxpriiuieiual 
tiypauosoraiases.  Ann.  trop.  med.  and  paras.  2.  271   (r.K)S). 

*)  Bezüglicli   Kristallwasser  des  Atoxyls  vgl.  Biochem.  Handlexikon.  L22r)(iyil), 

87* 


1380 


M.  Nierenstein. 


IV.  Arbeiten  in  vitro. 


Beim  Arbeiten  in  vitro  verfährt  man  am  besten  nach  der  von 
Neven^)  beschriebenen  Technik  der  lleagenzgiasversuche  von  Ehrlich.  Für 
diese  Versuche  eignet  sich  nicht  das  Blut  stark  infizierter  und  dem 
Tode  naher  Tiere.  Die  Parasiten  solcher  Versuchstiere  werden  den  Er- 
fahrungen von  Neven'^),  MesniV^)  und  auch  Friedherger ^)  gemäß  schon 
leicht  durch  Kochsalzlösung  abgetötet.  Es  ist  daher  zweckmäßiger,  Blut 
zu  verwenden,  das  noch  nicht  zu  große  Mengen  von  Trypanosomen  ent- 
hält. Zur  Blutentnahme  wird  die  Maus  durch  Halsschnitt  mit  einer  sterilen 
Schere  getötet  und  das  Blut  in  physiologischer  Kochsalzlösung  aufgefangen. 
Diese  Trypanosomenaufschwemmung  wird  im  Reagensglas  mit  dem  eben- 
falls in  Kochsalzlösung  gelösten  Arzneistoff  zu  gleichen  Teilen  gemischt 
und  von  Zeit  zu  Zeit  eine  Probe  unter  dem  Mikroskop  beobachtet.  Die 
in  den  Tabellen  angegebene  Verdünnung  ist  immer  die  Endverdünnung, 
welche  sich  nach  der  Mischung  der  Arzneilösung  mit  der  Trypanosomen- 
aufschwemmung ergibt.  Als  Kontrolle  dienen  Trypanosomen  in  physiologischer 
Kochsalzlösung,  und  der  Unterschied  in  der  Bewegung  der  Parasiten  in 
der  Kontrolle  gegenüber  derjenigen  in  der  Mischung  mit  dem  Chemikale 
dient  als  Maßstab  für  die  Wirkung  derselben.  Folgende  zwei  Tabellen  aus 
der  Dissertation  des  Herrn  Dr.  Neven  mögen  als  Illustration  der  Technik 
dienen. 

Tal)elle  1. 
Natrousalz  tler  Paraoxyphenylarsinsäure  mit  T.  brucei. 

Verdünnungen  : 


Zeit 


sofort 
3  Minuten 

5         „ 
8         „ 
10 


15 
20 
25 
30 
40 
50 
60 


1:10 


1:20 


1:40 


1:50 


schwach    bewegl. 
alle    unbeweglich 


schwach    bewegl. 


mäßig  gut  bewegl.  I    gut  beweglich 


sehr  schwach 

bewegl. 

alle    unbeweglich 


schwächer  bewegl. 


*)  Ofto  Neven,  Über  die  Wirkuugsweise  der  Arzneimittel  bei  Trypanosomiasis. 
Diss.  Bern  1907.  S.  13. 

^)  D  erselbe,  1.  c. 

^)  Mesnil  et  Brimout ,  Sur  les  proprietes  de  races  des  trypauosomes  resistant 
ä  l'atoxyl  et  aux  Serums.  Comptes  Rendus  de  la  Societe  de  Biol.  64.  637  (1908). 

*)  Friedberger ,  Über  die  Behandlung  der  experimentelleu  Nagana  mit  Mischungen 
von  Atoxyl  und  fhioglykolsäure.  Berliner  klin.  AVochenschr.  45.  1714—1717  (1908). 


Biochemische  u.  chciiio-thorapiMitisch.>  ArlM-itsiiiethoden  mit  Trypaiio»onien.    l;igl 


Tabelle  2. 

Paraoxypheiiylarseno.wd  mit    1'.  I.riicei. 

Voi(lnrimiii(.'-('ii  : 


Zeit 


1  :  100.000 


1:1,000.000 


1  .2,000.000 


1     l.üOn.Oiii) 


1  .  lü.oou.uuo 


sofort 
3  Minuten 
5 
8 

10 

12 

15 

20 

20 

30 

85 

40 

45 

50 

55 


n 


alle  nnl)e\ve?l.  gut  hewefrlich,  gut  l.i'w.'alich    i^ut  hewe^lich  1  >,Mit  hewpfflich 
.    schwach    bew. 
alle  unbewegl. 


seil  wach    bew. 

n  n 

alle  unbewegl. 


n  n  I 

schwäch,  bwgl. 


einige  unbwgl. 
alle  unbewegl. 


schwäch,   bwgl. 


schwach    bwgl, 
einige    Mnl>wgl. 

viele  unbwgl. 

d.  meist,  unbw. 

alle  unbewegl. 


Diese  Versuche  in  vitro  haben  bekanntlich  zu  den  cpocheniarhcnden 
Arbeiten  Ehrlichs  geführt,  die  ergeben  haben,  daß  im  ( »i-L-arii^niu«-  das 
Atoxyl  (p-aminophenylarsinsaures  Natrium j 

-  ONa 
AsoO 

—  OH 


reduziert  wird,  wobei  das  stark  ti-vpanozoide  p-Amino|)lienylarsenox_\d ') 

AsO 


NH., 

entsteht,    das  erst  auf  die  Parasiten  abtötend  wirkt.    .Vtoxvl   hat    in  vitro 


')  Ehrlich,  Chemotherapeutische  Trvpandsomonstudieii.  Merliner  kliii.  \N  ochenschr. 
44.  233—236,  280-283,  310-314  und  341     344  (1Ü07).  Derselbe.  Tber  die  Be- 

handlung der  Trypanosomcnkrankheiten.  Therapie  der  Gegenwart.  47.  218  (1907).  — 
Derselbe,  Über  den  jetzigen  Stand  der  Cliomotherapie.  Bor.  d.  l)eut.«cheu  ehem.  Gesell- 
schaft. 42.  17—47  (1909).  —  Derselbe,  Ülter  moderne  Chemotherapie  Verhandl.  d. 
Deutschen  dermatologisclien  Gcsellsch.  X.  KonirreÜ.  S.  52— 7n  ( UMWi.  —  Derselbe, 
Über  die  Partialfunktion  der  Zelle.  Münchener  med.  Wociienschr.  56.  217—222  (1909). 
—  Ehrlich  und  Ilata,  Die  experimentelle  Chemotherapie  der  Spirillosen.  S.  IM  161. 
Springer,  Berlin  1010. 


1382 


M.  Nierenstein. 


keinen  Einfluß  auf  die  Trvpanosomen.    Von  diesem  Gedanken   dann  aus- 
gehend .  hat  Ehrlich  das  Arsenophenylglycin  i) 

—  As  =  As  — 


HOOC.H,C.NH 
und  das  Dioxydiamidoarsenobenzol  ^j 

—  As  =  As  — 


H,N 


NH.CH^.COOH 


XH, 


OH  OH 

der  Medizin  geschenkt. 

Die  Reduktion  der  p-Amiiiophenylarsinsäure  haben  Levaditi  und  Ya- 
manouchi^)  durch  LeberemulsioD  ausgeführt,  es  entsteht  hierl)ei  die  von 
ihnen  .,Tryponotoxyl"  genannte  trypanozoide  Substanz.  Das  ..Trypanoto- 
xyl"  ist  thermolabil  {Levaditi  und  Mitarbeiter).  Nach  Röhl^)  handelt  es 
sich  hierbei  um  die  Bildung  von  p-Aminophenyloxyd,  nach  Breinl  und 
Nierenstein'")  wiederum  um  freies  Arsen,  das  infolge  der  Oxydation  des 
Atoxyls  entsteht.  Levaditi  und  Yamanoucki  vermischten  für  ihre  Versuche 
eine  4-.  2-  respektive  0"2''/oige  Atoxyllösung  mit  Leberemulsion  in  physiolo- 
gischer Kochsalzlösung  und  fanden,  daß  diese  Mischung  nach  einem  zwei- 
stündigen Aufenthalt  bei  38"  C  sich  außerordentlich  toxisch  für  Trypano- 
somen erwies,  indem  dieselben  die  Parasiten  sofort  bewegungslos  machte 
und  nach  einiger  Zeit  vollkommen  zerstörte.  Eine  ähnliche  Eigenschaft  be- 
saßen nach  ihren  Versuchen  ebenfalls  Lunge  und  Muskel,  während  sich 
Leukozyten,  Niere.  Knochenmark,  Milz  und  Rückenmark  in  dieser  Hinsicht 
negativ  verhalten. 


1)  Ehrlich,  1.  c. 

-)  Ehrlich  und  Rata,  1.  c. 

")  Levaditi  et  Yamanouchi,  Mecanisme  d'action  de  TAtoxyl  dans  les  Trypanoso- 
miases.  Comptes  Kendus  de  la  Societe  de  Biologie.  65.  23  (1908).  —  Levaditi,  Brimond 
et  Yamanouchi,  Action  du  Tiypanotoxyl  sur  les  races  resistaut  ä  TAtoxyl.  Ibid.  65. 
25  (1908).  —  Levaditi,  Mecanisme  d'action  des  composes  arsenicaux  dans  les  Trypano- 
somiases.  Ibib.  66.  33  (1909).  —  Derselbe,  Mecanisme  d'action  des  composes  arseni- 
caux dans  les  Trypanosomiases.  Bull,  dela  Societe  de  Pathologie  Exotique.  2.  45  (1909). 
—  Vgl.  dagegen  Yamanouchi,  Über  die  Wirkung  der  Atoxyls  auf  Trypanosoma  im  Or- 
ganismus. Paris  (1910).  —  Levaditi  et  Mc  Intosh,  Le  mecanisme  de  la  trausforma- 
tion  de  l'atoxyl    en  trypanotoxyl.  Comptes  rend.  de  la  Soc.  Biol.  67.  444.  569  (1910). 

'')  Röhl,  Über  den  Wirkungsmechanismus  des  Atoxyls.  Berliner  klin.  Wochenschr. 
46.  494  (1909).  —  Derselbe,  Paraminophenylarsenoxyd  contra  Trypanotoxyl.  Zeitschr. 
f.  Immunitätsforschung  u.  exp.  Therapie.  2.  496  (1909). 

*)  Breinl  und  Nierenstein,  Zum  Mechanismus  der  Atoxylwirkung.  Ibid.  1.  620 
(1909).  —  Nierenstein,  Über  die  Ausscheidung  des  Atoxvls  im  Pferdeharn.  Ibid.  2. 
453  (1909). 


Biochemische  u.  chemo-therapeutischo  Arl)pif>;infih«»(loii  mit  Tnpamisomen.   1385 

Breinl  und  Nierenstein  wiesen  nacli.  dal»  nur  in  jenen  Füllen,  in 
denen  anorganisches  Arsen  in  der  filtrierten  respektive  dial.vsierten  Leber- 
AtoxylniisclHing  nachi-ewiesen  werden  k(»nnte,  dieselbe  auch  einen  deut- 
lichen trvpanozoiden  Kinflull  im  l)eck^laspr;ij)arate  ansülite.  willirend  bei 
Abwesenheit  dieses  die  Mischuni-'  Trvpanosomen  y^iw  nicht  beeinfluUte. 

Die  Aktivierung  des  Atoxyls  gelingt  auch  nacli  Frix/hcnjcr^)  mittelst 
Thioglykolsäure. 

Nau!>s  und  Yorke-)  haben  vor  kurzem  gefunden.  daC  die  Trypano- 
somen Hämoglobin  reduzieren.  Die  Reduktion  hängt  von  (U-v  Tryjjanoso- 
menzahl  und  \'italität  derselben  ab.  Für  ihre  \ersu(he  verwenden  sie 
gleiche  Mengen  trvpanosomenhaltigen  Plasmas  und  Hämoglobins. 

Sorgfältig  gewaschene  Kaninchenerythrozyten  ^)  werden  mit  destillier- 
tem Wasser  hämolysiert  und  mit  Kochsalz  isotonisch  gemacht.  Hierbei  ent- 
steht ein  schwacher  Niederschlag,  der  abzentrifugiert  wird.  Die  Trypano- 
somensuspension  bereiten  sie  durch  Verdünnen  von  trypanosomenhaltigeni 
l)hit  mit  einer  Lösung,  die  aus  1%  Natriumzitrat  und  ()-9°o  Natrium- 
chlorid besteht.  Das  Verdünnungsverhalten  ist  1  : 4.  Hieiauf  wird  zentri- 
fugiert,  das  trypanosomcnhaltige  Plasma  abgehoben  und  der  Try))anosomen- 
gehalt  mittelst  einem  Thoma-Zeiss-Hämozytometer  M  bestimmt.  Der  Ke- 
duktionsverlauf  wird  im  Vcrgleichnngsspekti-oskop  (Zeiss)  bestimmt.  ^)  Ks 
findet  zuerst  eine  Verdunkelung  zwischen  den  Linien  D  und  E  statt,  wo- 
bei D  eine  Verschiebung  ins  Rote  erleidet.  Mit  der  Zeit  verschwinden  die 
beiden  Oxyhämogiobinlinieii.  wobei  dann  die  charakteristische  Methänn)- 
glol)inhnie  auftritt.  Auch  Methylenblau  wird  durch  die  Tiypanosomen  i'c- 
duziert  {Nauss  und  Yorkr). 

Nauss  und  Yorkc  haben  auch  die  Blutgase,  die  duicli  Einwirken  der 
Trypanosomen  auf  Hämoglobin  entstehen,  (juantitativ  bestimmt  und  hier- 
bei festgestellt,  daß  der  freie  Sauerstoffgehalt  abnimmt,  ohne  dal»  hierbei 
der  Kohlensäuregehalt  zunimmt.  Je  Hc/»^  defibrinierten  Rlutes.  des.sen 
Hämoglobingehalt  ([uantitativ  bestimmt  worden  ist.  werden  liei  U>-  12'' 
24  Stunden  stehen  gelassen.  Hierauf  wird  eine  Portion  in  den  nebenstehen- 
den Apparat  eingefiüirt,  auf  37'' C  eine  Stunde  lang  erwärmt,  die  (läse 
ausgepumpt    und    quantitativ  untersucht.    Ziiin  zweiten  Teil  wird  eine  ge- 


')  Friedhcrqcr,  Über  die  IJchamlliinfr  iler  oxporimoiitpHcii   .Niejaiia    mit   Miscliun- 
gcn  vou  Atoxyl  und  Thioglykolsäure.  Berliner  klin.  Woolieiischr.  45.   1714  il'.>l>8). 

-)  R.  W.  Nauss-  and  W.  Yorkc,  Reducing  action  of  Trypanosomos  on  Haemoplo- 
bin.  Ann.  trop.  med.  and  parasit.  5.  199  (1911).  —  A.  lUiij.shawe  (Bulletin  Sleoping  Sick- 
ness  Bureau.  3.  412  [1911])  weist  darauf  hin,  daß  die  Tatsaclie.  daß  die  Trvpaiiosonu'ii 
Hämoglobin  uiul  Methylenblau  reduzieren  {Nauss  und  Yorke),  gegen  die  KlirücJischc 
Reduktionstheorie  spricht.  Die  Trypanosomen  würden  solchen  Falles  das  Atoxyl  in  vitro 
reduziiM-en  und  so  aktivieren,  dieses  ist  aber  bekanntlicli  nicht  der  Fall.  Haifsliairr  sieht  hieriu 
einen  Beweis  zu  Gunsten  der  Oxydationstheorie  von  JfrcinI  und  yicnnstfiu  (vgl.  oben).  - 
Vgl.  auch  Nierenstein,  Zum  Chemismus  der  Atoxyl-(p-Aminopbenyl-arsiiisiuirc-)NVirkuMg. 
Ber.  d.  Deutsch,  ehem.  Gesellsch.,  44.  35H8  |1911|. 

■')  Vgl.  hierzu  dieses  llandlmcii.  Bd.  5.  S.  22— 22  (1911). 

*)  Vgl.  hierzu  dieses  Ilandbucli.  Bd.  3.  P.  707-741  (1910). 


1384  ^^-  Nierenstein.   Biochem.  u.  chemo-therapeutische  Arbeitsmethoden  etc. 

messene  jMenge  trypanosomeuhaltiges  Plasma  hinzugefügt  und  hierauf  wie 
oben  verfahren.  Der  dritte  Teil  wird  mit  derselben  Menge  normalen  Plas- 
mas versetzt  und  die  hierbei  entstandenen  Gase  bestimmt.  Die  Apparatur  ist 
aus  der  umstehenden  Zeichnung  leicht  zu  ersehen  (Fig-.  307).  Der  Teil  zwischen 
den  Hähnen  1  und  2  wird  mit  Hg  gefüllt  und  die  beiden  Hähne  abge- 
schlossen. Hierauf  führt  man  mittelst  des  Zweiwegehahns  0'5  cw^  l%ige 
Phosphorsäure   ein,   pumpt   mittelst    Quecksilberpumpe   die  Luft  aus    und 

Fig.  307. 


FuUtnrhter  C 


HaJw.j       Vakuum KLgehß  ^- 


0 


0/ec/isä/>er  ^-p^ 
Wanne  u.  Rohr  T. 


Zwem^egeFaTm  2 
Dreiwege  ffahn  7 
Wasserbad 


schließt  die  beiden  Hähne  2  und  3.  Mittelst  des  Fülltrichters  C  wird  das 
Blutplasma  eingeführt  und  mit  Hg  abgeschlossen.  Hierauf  erwärmt  man 
die  Kugel,  die  das  Plasma  enthält,  öffnet  vorsichtig  und  pumpt  die  ent- 
weichenden Gase  ins  Sammelrohr  T.  Für  die  Analyse  der  Gase  dient 
der  zweite  Apparat  der  Zeichnung. 


Eeagentien  zum  Nachweis  der  biulogiscli   wichtigen 

Verbindungen. 

Von  L.  Fiiicussohii,  Üerlin. 

1.  Reagentien  zur  Bestimmung  der  Kohlenhydrate. 

Hydrazine. 

Die  Hydrazine  spielen  hei  der  Analyse  der  /inkci-  eint'  widitii:«' 
KoUe.  Sowohl  dem  Phenylhydrazin  wie  seinen  Suhstitutionsproduktcn  kommt 
für  die  (luantitative  I^estimmung  der  Zuckerarten  erhehliclu'  IJcdeutiiD'.' 
zu.  Näheres  s.  unten.  \'gl.  ferner  die  Ausführuniien  von  T»l/cns  in  diesem 
Handbuch.  Bd.  2.  S.  57. 

H 
C 


HC^    >CH 

Pheii.vUiydraziii        H\x .,         '..„ 

C,iH,.NH.Mi,    H.,N   ■      ^"      "^^ 


C 
H 

stellt  eine  farblose,  ölige  Hüssigkeit  dar.  die  sich  an  der  Luft  durch  Oxy- 
dation leicht  briiunt.  AVird  beim  Aiikühlcn  fest,  um  bei  l!)f)"  wieder  zu 
schmelzen.  Siedepunkt  unter  gewöhnlichem  Druck  241".  wobei  es  sich  in 
geringem  Mäße  zersetzt.  Es  zeigt  wie  alle  Hydrazine  starke  Iiedukti<ms- 
fähigkeit,  reduziert  Fchlmgsche  Lösung  schon  in  der  Kälte.  Durch  ener- 
gische Oxydation  wird  es  in  Anilin  und  Ammoniak  gespalti'ii.  dunh  gelinde 
<Jxydation  des  Sulfalts  mittelst  Quecksilberoxyd  wird  es  in  Di;i/t>l)enzoLsulfat 
übergeführt. 

Phenylhydrazin  entsteht  durch  Üeduktion  von  Diazoniumsalzeii.  Durch 
Reduktion  von  Diazobenzolchlorid  mit  der  berechneten  Menge  Zinnchlorür 
und  Salzsäure  entsteht  salzsaures  Pheuylhydrazin.  in  Salzsäure  schwer  lös- 
liche P.lättchen  von  der  Formel  C«  H5 .  N : N . Cl  -I-  4H  =  C,  H, .  M I .  MI, .  HCl. 
Nach  einem  anderen  Verfahren  wird  das  Diazoniumsalz  mit  .schwefligsaurem 
Natrium  in  diazobenzolsulfosaures  Natrium  überfidirt.  dieses    rt'duziert    und 


1386  I^-  Piiicussohn. 

endlich  durch  Kochen  mit  Salzsäure  die  Sulfogruppe  abgespalten.  Diese 
Reaktion  geht  nach  folgenden  Formeln  vor  sich: 

a)  Cß  H5 .  N2  Cl  +  Na,  SO3  =  Cg  H5  N :  N  SO  3  Na  +  Na  Cl. 

h)  Cß  H5  N :  N  SO3  Na  +  2  H  =  Cg  H,  NH .  NH .  SO3  Na. 

c)  Ce  H5  NH .  NH  SO3  Na  +  H.O  =  C^  H^ .  NH .  NH.,  +  Na  H  SO,. 

Nach  der  Vorschrift  von  E.  Fischer  wird  Phenylhydrazin  im  Labora- 
torium dargestellt,  indem  50//  Anilin  in  2V2  ^iol.  konzentrierter  Salzsäm^e 
und  300*7  Wasser  gelöst  ^Yerden:  nach  gutem  Abkühlen  '«ird  mit  der  be- 
rechneten Menge  Natriumnitrit  diazotiert,  und  die  erhaltene  Flüssigkeit  in 
eine  kalte,  möglichst  gesättigte  Lösung  von  2V2  Mol.  Natriumsulfit  (herge- 
stellt aus  der  käuflichen,  etwa  407o  Natriumbisulfit  haltigen  Lösung  durch 
Neutrahsation  mit  Natronlauge)  eingegossen.  Die  erhaltene  Lösung  wird 
im  Abzug  in  einem  großen  Rundkolben  auf  einem  Baboblech  erwärmt,  wol)ei 
keine  Trübung  eintreten  darf,  sodann  wird  Zinkstaub  und  etwas  Essigsäure 
zugefügt,  bis  die  Lösung  farblos  geworden  ist,  heib  filtriert  und  das  Fil- 
trat  sofort  in  der  Hitze  mit  1/3  Vol.  rauchender  Salzsäure  vorsichtig  ver- 
setzt. Der  erhaltene  Kristallbrei  von  salzsaurem  Phenylhydrazin  wird  auf 
der  Nutsche  abgesaugt,  das  möglichst  von  der  ^Mutterlauge  befreite  Salz 
mit  überschüssiger  Natronlauge  durchgeschüttelt  und  im  Scheidetrichter 
mit  Äther  versetzt,  der  die  Base  aufnimmt.  Die  ätherische  Lösung  wird 
12  Stunden  mit  Kaliumkarbonat  getrocknet,  abfiltriert,  und  der  beim  Ab- 
dampfen des  Filtrats  bleibende  Rückstand  ohne  Kapillare  —  da  die  Luft 
oxydierend  wirkt  —  im  Vakuum  im  Öll)ad  bei  einer  Temperatur  von 
120 — 140"  und  höchstens  12  mm  Druck  destiUiert. 

Das  im  Handel  käufliche  Produkt  ist  nicht  ganz  rein.  Für  gewöhn- 
liche präparative  Zwecke  genügt  es,  die  Base  1 — 2mal  aus  ungefähr  dem 
gleichen  Volumen  reinen  Äthers  umzukristallisieren,  zur  ^Ausscheidung  gut 
zu  kühlen,  da  Phenylhydrazin  schon  bei  19"  schmilzt,  und  auf  der  Nutsche 
scharf  abzupressen.  Es  wird  sodann  unter  einem  Druck  von  10 — 20  mm 
destilliert.  Das  so  gewonnene  Präparat  muß  farblos  sein  und  muß  sich  in 
der  lOfachen  Menge  eines  Gemisches  von  1  Teil  öO^/oig^r  Essigsäure  und 
9  Teilen  Wasser  völlig  klar  lösen. 

Zur  Bereitung  der  reinen  Base  wird  nach  Fischer  das  käufliche  Pro- 
dukt zuerst  bei  15 — 20^;««  Druck  destiUiert,  dann  4mal  durch  Abkühlung 
zu  etwa  9070  kristaUisiert  und  jedesmal  der  flüssig  gebliebene  Teil  abgegossen. 
Der  Rückstand  wird  in  3/.  Teilen  seines  A'ol.  reinen,  über  Natrium  ge- 
trockneten Äthers  gelöst,  in  Kältemischung  abgekühlt,  die  ausgeschiedenen 
Kristalle  bei  niederer  Temperatur  scharf  abgenutscht  und  mit  sehr  wenig 
stark  gekühltem  Äther  gewaschen.  Endhch  wird  unter  05 mm  Druck  aus 
dem  Ölbad  destiUiert:  die  erste  Fraktion,  die  kleine  Mengen  von  Wasser 
und  Äther  enthalten  könnte,  wird  verworfen.  Das  so  gereinigte  Phenyl- 
hydrazin hat  nur  eine  schwache  Gelbfärbung,  so  daß  einzelne  Tropfen  farb- 
los erscheinen. 

Phenylhydrazin  ist  gegen  Luft  sehr  empfindlich;  es  ist  daher  ratsam, 
die  Base  in  zugeschmolzenen  Glasgefäßen  aufzuheben. 


Keageuticii  zum   N'acliwi'is  diT  liinlocrisch   wiclitiiron   \'i'rliiiHliin(^oii.  lüöT 

Phenvlliydraziii  el)ens()  wio  scim'  Sultstitutionsprodiikte  bildet  mit 
einer  ,i>Tor>en  Anzahl  von  Kohlonhvdruten  irnt  kristallisierend«'  Verbindunj.'-en. 
und  zwar  zwei  Reihen,  je  nachdem  ein  oder  zwei  Molckidt-  l'liciiylliydrazin 
mit  einem  Molekül  des  Kohlenhydrates  in  Verbindung  treten.  Ks  bilden 
sich  so  die   Hydrazone  bzw.  Osazone    nach   fol<,M'ndem    Schemii    ((llukosei: 

CH2(()H)lCII(()H)|,Cll(()H)('Il()  +  (',  Il,Nn.NlL=: 

CH,  (UH)  (Cll  (Oilila  eil  (( )1I) .  CII :  N  .  MI .  C,  H,  +  llJ  > 

Wirkt  auf  das  so  gebildete  IMienvlhydrazon  ein  zweites  .Molekül 
riienylhydi'azin  ein,  so  wird  die  eine  .Mkoliolgi-Miipe  vorübei-i^eln-iid  in  Car- 
bonyl  verwandelt,  welches  nun  das  zweite  Molekül  l'lieiivlh\dra/iii  bindet, 
so  daß  das  Phenylosazon 

CH2(OH)[CH(()I-I)J3.C  .  CH 

CePIö.HX.N       N.NH.CoIlti  entsteht. 

Zum  Nachweis  der  Aldehyde.  Ketone  und  /uckerarten  euipiielilt 
Emil  Fischer  eine  Mischung,  die  aus  gleichen  Vol.  Plienylliydrazin  und 
öO^/oigcr  Essigsäure,  verdünnt  mit  etwa  der  dreit'aclieii  Menge  Wasser  be- 
steht. Die  Mischung  oxydiert  sich  l)eim  Aufbewahren  in  schlecht  ver- 
schlossenen Gefäben,  so  dal»  es  zweckmäßig  ist.  sie  vor  jedem  \ersuch  frisch 
zu  bereiten.  Bei  kleineren  Proben,  auch  zum  Nachweis  des  Traulienzuckers 
im  Harn,  fügt  mau  zu  der  zu  prüfenden  Flüssigkeit  einfach  die  gleiche 
Anzahl  von  Tropfen  Phenylhydrazin  und  öO'Voif^'^i'  Kssigsäure. 

Eine  ganze  Anzahl  Zucker  geben  mit  Phenylhydrazin  charakteristische 
Derivate  (s.  unten).  Besonders  charakteristische  Deiivate  siehe  Ihm  den 
einzelnen  Zuckern. 

Durch  die  Phenylhydrazoiie  kann  mau  Mauuose  und  hextrose  leicht 
trennen;  das  Mannosephenylhydrazon  ist  in  Wasser  sehr  schwer,  das  Dex- 
trosephenylhydrazon  leicht  löslich. 

l'ber  Darstellung  der  Hydrazone  und  Osazone  vgl.  Tollms.  dieses 
Handbuch,  Bd.  2,  S.  57. . 

Verbindungen  des  Phenylhydrazins  mit  Kohlenhydraten. 

a)  Phenylhydrazone. 

Terbindunj^en  mit  Pentosen.  1  -  Arabinose- phenylhydrazon. 
CnHißNoOi.  Scheidet  sich  bei  20  Minuten  langem  Krwärmen  einer  Pösuult 
von  einem  Teil  Arabinose  in  einem  Teil  Was>er  mit  zwei  Teilen  Phenyl- 
hydrazin auf  100"  in  weilieu  Kristalleu  vom  Schmelzpunkt  i:)(>  1  :).•'."  ab. 
LösUch  bei  15"  in  85  Teilen  Was.ser  und  in  75  Teilen  absolutem  .Mkcdiol, 
in  ?)0  Teilen  Alkohol  von  90«/o-  East  unlüslich  in  Uher  und  Benzol. 
ao  =  +  2-5''  in  SOVoigem  Alkohol. 

1-Xylose-phenylhydrazon,  gelbliche,  änderst  lösliche  Kristalle. 

d-T.yxose-phenylhydrazon,  sehr  leicht  lö.slich  in   \Vas<er  mid  .M- 

kohol. 

1-Uibose-phenylhydrazou.  Kristalle  vom  Schmelziumkf  154     ir>5". 

sehr  leicht  löslich  in  Wasser. 


1388  L-  Pincussohu. 

Rhamnose-phenylhydrazon,  CioHigO^No.  Bei  Vermischen  alko- 
holischer Lösungen  der  Komponenten  oder  beim  mehrstündigen  Stehen 
einer  Mischung  von  einem  Teil  Khamnose,  einem  Teil  Wasser  und  einem 
Teil  Phenylhydrazin.  Farblose,  feine  Blättchen  vom  Schmelzpunkt  159", 
mäßig  löslich  in  Wasser  und  Alkohol,  nicht  löslich  in  Äther :  y.ß—  -\-  ö4"2*', 
ohne  Multirotation.  Nach  Tanret  ist  die  Drehung  in  Alkohol  von  SO'^/o 
(wahrscheinlich  eine  isomere  Form)+  27". 

YerMiidungen  mit  Hexoseii.  Glukose-phenylhydrazon,  Ci-^His  j 

Ng  Og.    Entsteht    durch    Einwirkung   von    einem   Volumen   Phenylhydrazin,  • 

einem  Vol.  öOVoigei'  Essigsäure  und  drei  Vol.  Wasser  oder  einer  Mischung 
von  kristaUisiertem  Natriumacetat  und  salzsaurem  Phenylhydrazin  auf  Trauben- 
zucker. Zur  Reinigung  wird  in  ein  w^enig  heißem  Alkohol  gelöst  und  vor- 
sichtig mit  Äther  gefällt.  Farblose,  feine  Nadeln  oder  mikroskopische  Tafeln 
vom  Schmelzpunkt i  144 — 146".  Drehung  an  =  —  66"57"  nach  25  Minuten; 
— 52"  nach  36  Stunden.  Sehr  leicht  löslich  in  Wasser  und  heißem  Al- 
kohol, weshalb  es  zur  Identifizierung  des  Traubenzuckers  nicht  be- 
nutzt wird;  leicht  löslich  in  kalter  starker  Salzsäure,  fast  unlöslich 
in  Äther,  Benzol  und  Chloroform.  Durch  Erhitzen  im  Wasserbade 
während  kurzer  Zeit  mit  überschüssigem  Phenylhydrazin  entsteht  das  Osa- 
zon.  Glukose-Phenylhydrazon  existiert  nach  Skraup,  Shiion  und  Benard 
in  zwei  insomeren  Formen;  die  andere  hat  den  Schmelzpunkt  115 — 116" 
und  auch  anderes  Drehungsvermögen;  nach  dem  Lösen  aD20  =  — 15'3", 
nach  12 — 15  Stunden  =  —  46'9".  Beide  Hydrazone  liefern  das  gleiche  Phe- 
nylosazon. 

d-Mannose-phenylhydrazon,  C12H18N2  <),.,  scheidet  sich  auf  Zu- 
satz von  Phenylhydrazin  schon  in  der  Kälte  ab.  Rhombische  Tafeln,  welche 
beim  raschen  Erhitzen  bei  195 — 200",  bei  langsamem  Erhitzen  bei  186 — 188" 
schmelzen.  Löst  sich  leicht  in  heißem  Wasser,  Alkohol,  verdünnter  Salz- 
säure, unlöslich  in  Alkohol,  Äther,  Aceton  und  Benzol.  Dreht  in  salzsaurer 
Lösung  nach  links,  in  6"/oigem  Pyridin  nach  rechts:  aj3  =  -f  26"66".  Kon- 
zentrierte Säuren  spalten  es  schon  in  der  Kälte;  beim  Kochen  mit  Form- 
aldehyd oder  Benzaldehyd  tritt  sehr  glatt  Zerlegung  ein,  wobei  reine  und 
sehr  gut   kristallisierende   Lösungen   von    Mannose   erhalten   werden.   Das  1 

Hydrazon  reduziert  kräftig  heiße  FehUngsche  Lösung. 

1-Mannose-phenylhydrazon.  Cj.,  HigN.,  Og,  entsteht  ebenfalls  schon  jk 

in  der  Kälte   aus   den  Komponenten.  Farblose  Kristalle,  bei  raschem  Er-  " 

hitzen  bei  195"  schmelzend,  in  salzsaurer  Lösung  rechts  drehend.  Gut  lös- 
lich in  heißem  Wasser.  ^' 

d, 1-Mannose-phenylhydrazon,  CiaHigN.jOö.  Ebenfalls  schon  in 
der  Kälte  entstehend.  Schmelzpunkt  195". 

1-Gulose-phenylhydrazon,  CigHigOöNg.  Weiße  Nadeln,  die  sich 
schon  in  der  Kälte  abscheiden,  vom  Schmelzpunkt  143",  löslich  in  Alkohol 
und  heißem  Wasser. 

d,  1-Gulose-phenylhydrazon,  C12H18O6N2,  in  Wasser  und  Alkohol 
wenig  lösliche  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  157 — 159". 


Reagentieii  zum  Xacliwois  der  lnolo-^'isch  widiti-jcii  Vorbiii(luiii.'<'ii.  1  ."iSO 

d-Galaktose-pheiiylhydrazon.  C,,  11, „  Oj  \...  schoidot  sich  aus  einer 
Misthuu«i  von  :^  cj  Galaktose.  H  rrm  Wasser  und  :>  ^  I'heiiylliydrazin  narh 
kurzer  Zeit  als  dicker  Brei  aus.  Aus  Alkohol  feine  Nadt-ln  vom  Schmelz- 
punkt 1580  hzxv.  1()()  -l(;2o.  Leicht  liislich  in  heiliem  Alkohol  und  Wasser, 
mällig  löslich  in  kaltem  Wasser  und  Pyridin,  unlüslicli  in  Äther  und 
Chloroform.  Linksdrehend:  z„.,„  :::  21-4":  Drcluin;.^  in  Tyridin  zuerst 
+  20-540,  abnehmend  bis  +  0;)4".  Wird  durch  rauchende  Salzsaure  in  die 
Komponenten  zerlegt. 

1-Galaktose-phenylhydrazon,  C,«  H,h  O,-.  X.,  in  kaltem  Wasser 
schwer  lösliche  Kristalle  vom  Schmelzpunkt  15,s     ico".  -/„  =  +  21-»')''. 

d-Fruktose-phenylhydrazon.  C,.,  lligO.,  N,,  weil'.c  Nadeln,  löslich 
in   Wasser  und  heitiem   Alkohol.  Dreht  nach  links. 

d-Sorbose-phenylhydrazon.  Linksdrehende  Kristalle. 

x-Rhamnohexose-phenylhydrazon.  in  Wasser  leicht  lösliche 
Kristallmasse. 

Yerbinduugeii  mit  HejjtoNen.  x-Glukoheptose-phenylhydrazon. 
CiaHsoOßXg,  weilte  Nadeln,  vom  Schmelzpunkt  ITü".  löslich  in  Was.'^er, 
wenig-  in  Alkohol,  schwer  in  .\ther. 

,'i-Glukoheptose-phenylhydrazön.  C,3ll.,„  (),j  X.,,  Nadeln  vom 
Schmelzpunkt  190 — 19o",  löslich  in   Wasser,  schwer  in  Alkohol. 

d-Mannoheptose-phenylhydrazon.C,;,  lI,,o  o^  .\\,.in  Wasser  schwer 
lösliche  Nadeln  vom  Schmelzpunkt   197 — 200". 

1-Maunoheptose-phenylhydrazon,  C,3  H,«  *>,-,  Xo,  farblo.se  X adeln, 
in  heil'iem  Wasser  löslich,  bei  lltO«  unter  Zer.setzung  schmelzend. 

d.  1  -  Mannohep  tose  -  phenylhydrazon.  Cj  ILq  Ui  N,,  Schmelz- 
punkt 175". 

a-Galaheptose-phenylhydrazon.  C,3  H.jn  <>o  X.,.  weide  Xadeln.  in 
Wasser  und  Alkohol  löslich,  mit  geriuLier  riechtsdrehunir.  Schmelz- 
punkt 200«.  (2050  Kon-.) 

Methylheptose-phenylhydrazon.  ('u  llj.  <  >f.  X,,  kristallisiert  aus 
heiliem  Wasser  in  Nadeln,  die  bei  20o  unter  Zersetzung  schmelzen. 

VerbiiiduHi^en  mit  Oktosen.  -/-(ilukooktose-phenylhydrazou, 
C14H2.2O7N2,  in  Alkohol  und  Was.ser  schwer  lösliche  Nadeln  und  Prismen 
vom  Schmelzi)unkt  190". 

d-Mannook  tose-phenylhydrazon.  r,^  H.^.,  O;  X...  in  Wasser  schwer 
lösliche  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  212". 

d-Galaoktose-phen  Whydrazon.  1',^  110.^)7X0.  in  Wasser  wenig 
lösliche  P.lättchen.  Schmelzpunkt  200—2050. 

Verbindniii?en  mit  Xoiioseii.  z-dlukononose- phenylhydrazon. 
^isHsiOgNa.  in  Wasser  und  Alk(diol  .schwer  lösliche  Nadeln,  unter  /.»«r- 
setzung  bei  195     200"  schmelzend. 

d-.Mannononose-phenylhydiazou;  C,r,  Hj,  <  >t,N..  weibe  Xa«leln.  in 
warmem   Wasser  und   Alkohol  löslich,  bei  22:>o  schmelzend. 

Verbindungen  mit  roi.vsacchariden.  Cel lose- phenylhydrazon, 
(\2H.,oO,o(N2lICr.H5).  Hygroskopisches  Pulver,   das  sich  bei  90"  zersetzt. 


j^390  L.  Pincussobii. 

Maltose-phenylhydrazon,  CigHagOioNo.  hygroskopische  Nadehi, 
vom  Schmelzpunkt  180"  unter  Zersetzung,  rechtsdrehend,  löst  sich  in 
Alkohol,  schwer  löslich  in  Essigäther. 

Laktose-phenylhydrazon,  CigHagOioNa.  entsteht,  wenn  man  zu 
einer  erkalteten  Lösung  von  einem  Teil  Milchzucker  in  einem  Teil  Wasser 
1/2  Teil  Phenylhydrazin  und  zwei  Vol.  absoluten  Alkohols  zufügt  und  dann  mit 
viel  Äther  fällt.  Nach  wiederholtem  Umfallen  gelblicher,  linksdrehender  Sirup, 
leicht  löslich  in  Wasser  und  Alkohol,  schwer  löslich  in  trockenem  Essigäther, 
unlöslich  in  Äther.  Wird  durch  starke  Salzsäure  schon  in  der  Kälte  gespalten. 

Melibiose-phenylhydrazon.  C18H.28OJ0N21  hellgelbe  Nadeln,  löslich 
in  Wasser,  wenig  löslich  in  Alkohol,  unlöslich  in  Äther,  Benzol  und  Chloro- 
form. Schmelzpunkt  145". 

Mannat  risaccharid-phenylhydrazon,  amorpher,  gelber  Körper, 
löshch  in  Wasser  und  Alkohol,  wenig  löslich  in  Essigester,  aj)  =  +  21". 

(ilukuron-phenylhydrazon,  C12H11O5N2,  beim  Kochen  eines  Ge- 
misches von  alkoholischer  Phenylhydrazinlösung  und  heißer  Glukuronlösung. 
Aus  absolutem  Alkohol  gelbe  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  160",  unlöslich 
in  Wasser,  fast  unlösHch  in  kaltem  Alkohol  und  Äther,  ziemlich  löslich 
in  50"/oigem  Alkohol.  In  der  Wärme  reduzierend. 

h)  Phenylosazone. 

Yerbiii(hmg:eii  mit  Dioseu.  (ilykolaldehyd  -  phenylosazon, 
Ci^HjiN^.  Schmelzpunkt  169".  rein  aus  Pyridin  179".  Leicht  löslich  in  heißem 
Alkohol.  Äther,  Benzol,  sehr  schwer  löslich  in  Wasser,  Alkalien  und  ver- 
dünnten Säuren. 

Terbindungeii  mit  Triosen.  Olycerinaldehy d-phenylosazon. 
CigHjßON^.  gelbe  prismatische  Blättchen,  stark  reduzierend.  Schmelz- 
punkt 132".  Sehr  leicht  löslich  in  Alkohol,  Äther,  Essigäther.  Eisessig,  Aceton, 
leicht  löslich  in  heißem  Benzol. 

Dioxyaceton-phenylosazon  entspricht  dem  eben  beschriebenen 
Körper. 

A^erlbiiidungen  mit  Tetrosen,  d- Erythrose  -  phenylosazon, 
CißHigN^O.,,  goldgelbe,  optisch  inaktive  Nadeln,  leicht  zersetzlich.  in  Äther 
und  Benzol  löslich.  Schmelzpunkt  166 — 168". 

1-Erythrose- phenylosazon  entspricht  genau  der  eben  beschriebenen 
Verbindung. 

1-Thyreose-phenylosazon,  CieHisNiOo,  gleichfalls  identisch. 

d-Erythrulose-phenylosazon,  ebenfalls  identisch. 

Methyltetrose-phenylosazon.  CjtHoqN^O.v  Nadeln  löshch  in 
Alkohol,  Benzol.  IVridin,  wenig  löslich  in  Wasser  und  Äther.  Schmelz- 
punkt 173— 174  ^ 

Apiose-phenylosazon,  C17  R^o  O3  N^.  in  Wasser  und  Alkohol  lösUche 
gelbe  Nadeln.  Schmelzpunkt  156". 

Terbinduiii^eii  mit  Pentosen.  1 -Arabinose -phenylosazon, 
CiyHaoN^Oj,  entsteht  beim  Kochen   der  Arabinose    oder  ihres  Hydrazons 


Reagentien  zum  Nachweis  der  l)ioIof,Msoli  wichtigen  N'crhindungen.  1H91 

mit  riieiiylhydrazin.  Ein  Teil  Arahinose  wini  mit  /wci  Trilcii  >al/saiin'iii 
Phenyliiydrazin,  drei  Teilen  Xatriiiinacetat  und  20  Teilen  WasxT  im  Wasser- 
bad  eine  Stunde  lang  erhitzt,  die  voluminöse  {,'ell)e  Masse  wird  mit  kaltem 
Wasser  gewaschen  und  aus  heiüem  Wasser  oder  A(et(m  umkristallisiert. 
Sdimelzpunkt  KiO"  bei  raschem  Krhitzen.  rnliislich  in  kaltem  \Va>ser. 
Äther,  Benzol  und  Ligroin.  löslich  in  heilW'iii  Wa^M-r.  Alkohol.  Aceton  tind 
Pyridin. 

Pyridinzusatz  erhöht  die  Löshchkeit  in  anderen  Lösinigsmitteln.  l>reht 
rechts;  in  Pyridin-Alkohol  y,,  —  +  1"10'.  Konzentrierte  Salz>äure  spaltet 
in  Phenylhydrazin  und  das  schwach  rechtsdrehende  Arabinoson.  Sehr 
wichtige  Reaktionen  zum  Nachwei.s  der  .Vrabinose. 

d-Arabinose-phenylosazon,  C,7  H.^o^'4'>3•  Nadeln  vom  Schmelz- 
punkt 162— 16o"  (151)    -100"). 

d,l-Arabinose-phenylosazon.  Cj^  Hoq  N4  <);,.  irelbe  Nadeln  oder 
Prismen  vom  Schmolzpunkt  16()     168". 

1-Xy  lose-phenylosazon,  Ci^HgoN^Oj,  entsteht  beim  Kochen  von 
Xyloselösung  mit  Phenylhydrazin.  Hellgelbe,  seidenglänzende  Tafeln  oder 
Nadeln.  Schmelzpunkt  nach  .Vngaben  verschiedener  Autoren  von  152 — 170°. 
Schwer  löslich  in  Wasser,  leicht  löslich  in  Äther  und  Aceton.  Zeigt  bestiindige 
Linksdrehung:  an  =  — 43"o6°. 

d,  1-Xylose-phenylosazon  CiyH.^oX+Oa,  in  heil'jem  Alkohol  -cliwer 
lösUche  gelbe  Nadeln,  bei  210 — 2150  unter  Zersetzung  schmelzend. 

d-Lyxose-phenylosazon  ist  identisch  mit  l-Xylo,se-phenylosazon. 

1-Ribose-phenylosazon  ist  identisch  mit   1-Arabinose-phenylosazon. 

d-Araboketose-i)henylosazon  ist  identisch  mit  d-.\rabinose- 
phenylosazon. 

d,l-Xyloketose-pheiiylosazon  ist  identisch  mit  ill- Xyldvo-pln-- 
nylosazon. 

Fucose-phenylosazon.  Cjs  H.,.,  Oa  X^.  gelbe  Kristalle  vom  Schmelz- 
punkt 177". 

Rhamnose-phenylosazon,  C18H.22O3X4,  scheidet  sich  beim  Kr- 
w'ärmen  von  Rhamno.se  mit  Phenylhydrazin  in  kiir/i  r  Z^it  in  reichlicher 
Menge  aus.  Oelbe  Nadeln,  bei  180"  unter  Zersetzung  und  (ia>ent\vicklung 
schmelzend;  unlöslich  in  Wasser,  wenig  löslich  in  .Uher  und  P.enzol.  miibig 
löslich  in  heißem  Alkohol  und  Eisessig,  leicht  löslich  in  Aceton.  Reduziert 
beim  Kochen  FchIhKjsdu'  Lösung.  Dreht  in  Pyridinalkohol  -1-1-240.  Wird 
durch  starke  Säuren  in  Phenylhydrazin  und  Rhanino.><on  gespalten. 

Isorhamnose-phenylosazon  ist  mit  dem  vorstehenden  identisch. 

Chinovose-phenylosazon.  CisHosN^Uj,  gelbe  Xadeln,  Schmelz- 
punkt 193-194".  Mit  rauchender  Salzsäure  entsteht  das  in  heiliem  Eisessig 
lösliche,  in  Alkohol  wenig  lösliche  Oson. 

Rhodeose-phenylosazon.  C,«  II....  N,  Oj,  geliu-  Kristalle,  in  Aceton, 
weniger  in  Alkohol  löslich.  Schmelzpunkt   17t)'ö". 

Isorhodeose-phenylosazon.  C'igHojNjOa.  in  Alkohol  lösliche  gell>e 
Prismen  vom  Schmelzpunkt   190". 


2392  L.  Pincussohn. 

Glukose-phenylosazon.  Cig  H22  N^  O4.  Bildung  vgl.  S.  1388.  Zur 
Darstellung  werden  ein  Teil  Glukose  mit  20  Teilen  Wasser  mit  einem 
Überschuß  von  Phenylhydrazin  oder  mit  drei  Teilen  kristallisiertem  Natrium- 
acetat  und  zwei  Teilen  salzsaurem  Phenylhydrazin  im  Wasserbad  erwärmt; 
nach  IV2  Stunden  ist  die  größte  Menge  des  Osazons  ausgefallen.  Kugelige 
Aggregate  oder  in  Büscheln  gruppierte  gelbe  Nadeln,  deren  Schmelzpunkt 
nach  den  Angaben  der  verschiedenen  Autoren  zwischen  205"  und  217" 
schwankt.  Im  Gegensatz  zu  dem  in  heißem  Wasser  gut  löslichen  unreinen 
Osazon  ist  das  reine  Osazon  fast  unlöslich  in  Wasser,  ziemUch  lösUch  in 
heißem  Alkohol,  siedendem  Aceton,  Pyridin  und  anderen  zyklischen  Aminen, 
wie  P3Trol,  Piperidin,  Chinolin,  in  Ammoniak  und  substituierten  Ammoniaken, 
Harnstoff.  Nitrilen.  Amiden,  Aminosäuren,  Anisol.  Wenig  löslich  oder  un- 
löslich in  Wasser,  Alkali,  kaltem  Aceton  und  absolutem  Alkohol.  In  heißem 
Wasser  suspendiert  wirkt  das  Glukosazon  stark  reduzierend.  Drehung 
7.1)  =  — 0-50"  in  Alkohol,  — OSb^  in  Eisessig,  — 1'50"  in  Pyridinalkohol. 
Bei  der  Spaltung  durch  starke  Salzsäure  ^^^rd  das  Glukoson,  CgHioOe, 
abgespalten.  In  der  Kälte  erstarrender,  schwach  linksdrehender  Sirup, 
löslich  in  heißem  Alkohol,  unlöslich  in  Äther. 

1-Glukose-phenylosazon,  C18H.22N4O4.  In  kaltem  Wasser,  Alkohol 
und  in  Äther  schwer  lösliche  gelbe  Nadeln,  vom  Schmelzpunkt  208".  Dreht 
in  Eisessig  gelöst  stark  nach  rechts.  Durch  Spaltung  mit  konzentrierter 
Salzsäure  entsteht  das  l-(ilukoson,  aus  dem  durch  Reduktion  Fruktose 
entsteht. 

d,l-Glukose-phenylosazon.  Ct8H22N4  04,  scheidet  sich  bei  mehr- 
stündigem Kochen  aus.  lleingelbe  feine  Nadeln  oder  mikroskopische  Prismen, 
die  bei  210"  sintern  und  bei  217"  unter  Zersetzung  schmelzen.  Ziemlich 
löslich  in  Eisessig,  wenig  löshch  in  P'.ssigester  und  heißem  Alkohol,  fast 
unlöslich  in  Wasser,  Äther  und  Benzol.  Durch  Spaltung  mit  20  Teilen  kon- 
zentrierter Salzsäure  entsteht  d,  1-Gukoson,  CßHioOg.  farbloser  Sirup,  in 
der  Kälte  amorph,  das  durch  lieduktion  mit  Zink  und  Essigsäure  d.  1-Fruk- 
tose,  mit  Natriumamalgam  d.  1-Mannit  liefert. 

d-Mannose-phenylosazon,  C18H22N4O4  ist  identisch  mit  Glukose- 
phenylosazon. 

1-Mannose-phenylosazon.    identisch    mit    l-( ilukose-phenylosazon. 

d,l-Mannose-phenylosazon  ist  identisch  mit  dl-( ilukose-phe- 
nylosazon. 

d-(ialaktose-phenylosazon.  C\8H22N4  04,  derbe  gelbe  Nadeln,  bei 
völliger  Reinheit  bei  180 — 182"  sinternd,  bei  langsamem  Erhitzen  bei 
188—191".  bei  raschem  Erhitzen  bei  198-194—197"  schmelzend.  Nach 
neuesten  Angaben  (Fischer)  Schmelzpunkt  188"  korr.  In  Pyridinalkohol  ist 
die  Drehung  a^  =  -t-0"48".  Durch  Salzsäurespaltung  entsteht  (ialaktose. 

l-Galaktose-phenylosazon   gleicht  dem  d-Galaktose-phenylosazon. 

dl-Galaktose-phenylosazon,  gelbliche  Nadeln  vom  Schmelzpunkt 
206"  bei  raschem  Erhitzen. 

d-Talose-phenylosazon  ist  identisch  mit  d-(ialaktose-phenylosazon. 


Reagentien  zum  Nachweis  der  liiolufrisrii   wichti^rcn   N'prliindimtjen.  1393 

Lävulose-phenylosa/.oii    ist    identisch    mit    Gliikos('-[»hcnyl()s;i/oii. 

1-Fruktose-phenylosazon  ist  identisch  mit  l-dhikosc  phcnyhisazon. 

d-Sorbose-phenylosazon,  CjgHor^N,  O^.  i^clhe  Nadeln  vom  Schmelz- 
punkt 164^  löslich  in  warmem  Alkohol  und  Aceton,  wenip:  löshcli  in  Wasser, 
unlöslich  in  Äther.  Uenzol  und  Chlorofonn.  In  Tyridinalkohol  ist  7.,,  —  O'^;')", 
in  Methylalkohol  — 6«. 

l-8orbose-phenylosazon.  CigHäaNit),.  Schniclzpiinkt  1. ')(',".  Leicht 
löshch  in  Wasser  und  Alkohol. 

d-Tagatose-phenylosa/.on  ist  identisch  mit  d-iialaktose-phe- 
nylosazon. 

1-Tagatose-phenylosazon  ist  identisch  mit  l-dalakto.se-phenylosazoii. 

Galtose-phenylosazon,  CigHjä  N4  Ol-  in  Wasser  weni),'  lösliche 
Kristalle  vom  Schmelzpunkt  182".  xd  =  +19". 

d-Gulose-phenylosazon  ist  identisch  mit  d-Sorhose-phenvIosa/on. 

l-rrulose-phenylosaz  on    ist    identi.sch  mit    l-Sorhose-phenvlos.i/on. 

dl-(Julose-phenylosazon,  Cjs  H.22N4  O^.  Kristalle  vom  Schmelzpunkt 
157 — 109".  im  Gegensatz  zu  den  Osazonen  der  aktiven  Komjjonenten  in 
Wasser  wenig  löslich. 

d'Idose-phenylosazon    ist    identisch    mit    d-Sorltose-pheuylosazon. 

1-Idose-phenylosazon  ist  identisch  mit  l-Sorhose-phenylosazon. 

Rhamnohexose-phenylosazon  (x  oder  (i).  (Jelbe  Nadeln.  I)ei  •_'()()» 
schmelzend,  löslich  in  Alkohol,  nicht  löslich  in  Wasser. 

YerbiiKluiigen  mit  Heptosen.  (iliikoheptose- phenylosa/nn 
(x  oder  [i).  CigH-iiOsNi.  goldgelbe  Nadeiu.  sehr  schwer  löslich  in  Alkohitl. 
fast  unlöslich  in  Äther  und  Wasser.  Schmelzpunkt   195°.  xp  =  -1-050". 

d-Mannoheptose-phenylosazon.  CigH-^i  CK,  N4.  in  Alkohol  wenig, 
in  Wasser  und  Äther  fast  nicht  löslich,  Schmelzpunkt  2(K>". 

1-Mannoheptose-phenylosazoii,  C',.,  H.j4  Oß  N4,  Schmelzpunkt  203". 

d  1  - M  a u  u  0 h e  p 1 0 s e  - p h e n y  1 0 s az 0  u.  Schmelzpunkt  2 1 U". 

x-Galaheptose-phenylosazon.   gelbe  Nadeln  bei  21S"  schmelzend. 

Rhamnoheptose-phenylosazon.  C.,»  li..«  ();,  N«.  Schmelzpunkt 
gegen  200". 

Yerbinduiigen  mit  Oktosen.  x-dliikooktose-phenylosazou, 
C20  H26  Oß  N4.  In  Wasser  und  Alkohol  schwer  löslich.  Schmelzpunkt  210     212". 

d-Maunooktose-phenylosazon.  C'.,o  K^e  O«  N4-  wenig  lösliche  Nadeln. 
Schmelzpunkt  223". 

(ialaoktose-phenylosazon,  ConH-j,,  0„N\.  Schmelzpunkt  22f.     2:'.l". 

R h a m  u o 0 k 1 0 s e- p h e n y 1 0 s a z 0 n.  Schmelzpunkt   2 1  ♦".". 

A'erbindunfi^en  mit  Nouosen.  7.-(ilukononose-phenylosazon, 
C2^H28()7N4.  Schmelzpunkt  230     2;'.3". 

d-Mannononose-pheny  losazon.    C,,  Hj8()7N..    Schmelzpunkt 

gegen  217". 

Die  Phenylosazone.  der  Heptosen.  Oktosenund  Nonosen  sind  samtlich 
in  Wasser  schwer  oder  gar  nicht  löslich,  lösen  sich  auch  mehr  oder  weniger 
schwer  in  Alkohol  und  Äther. 

Abderhalden.   Handbuch  der  biochemischt-n  Arbuit»iinetl).>.li.T.    V  KS 


2394  ^-  Pincussohn. 

Yerbiii düngen  mit  Polysacchariden.  Turanose-pheiiylosazon. 
Lange  gelbe  Nadeln,  bei  215 — 220"  unter  Zersetzung  schmelzend.  Leicht 
löslich  in  heißem  Wasser,  Alkohol,  Essigsäure  und  Aceton,  unlöslich  in 
Äther. 

Cellose-phenylosazon.  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  198°,  löslich  in 
absolutem  Alkohol,  weniger  in  verdünntem  Alkohol,  noch  weniger  in  Äther. 

Maltose-phenylosazon.  C24H30N4O9,  entsteht  bei  anhaltendem 
Kochen  von  Maltose  mit  Phenylhydrazin  in  quantitativer  Ausbeute.  Beim 
Erkalten  sich  abscheidende  hellgelbe  Nadeln,  die  bei  190 — 1930  sintern, 
bei  rascher  Erhitzung  bei  202",  206".  208"  schmelzen.  Fast  unlöslich  in 
kaltem  Wasser,  wenig  löslich  in  heißem  Wasser  und  in  heißem  Alkohol, 
unlöslich  in  Äther,  löslich  in  66"/oigem  heißen  Alkohol  und  in  kaltem 
50"/oigen  Aceton.  Bei  Kristallisieren  aus  Wasser  enthalten  die  Kristalle 
5 — 8"/o  Kristallwasser,  das  beim  Stehen  über  Schwefelsäure  entweicht. 
Drehung  in  Pyridin- Alkohol  an  =  +  1-50";  in  Eisessig  (Fischer)  Links- 
drehung. Löst  man  einen  Teil  in  90 — 100  Teilen  siedenden  Wassers  und 
kocht  mit  0'8  Teilen  Benzaldehyd  eine  halbe  Stunde  unter  starkem  Um- 
rühren, behandelt  das  erkaltete  Filtrat  nach  völligem  Ausäthern  des  Benzal- 
dehyds mit  Tierkolile  und  dampft  im  Vakuum  ein,  so  erhält  man  das 
Oson,  durchscheinende  farblose  Masse,  mit  schwacher  Eechtsdrehung, 
die  durch  Hefen-^laltoglykase  in  Traubenzucker  und  d-Glukoson  auf- 
gespalten wird. 

Isomaltose-phenylosazon,  C24H32N4O9,  gelbe  Nadeln  bei  142" 
sinternd,  bei  153"  schmelzend  (Fischer);   bei   höchstens   145"   schmelzend  ; 

(Ost).    In  Wasser  leichter  löslich  als  die  Maltoseverbindung.    Unlöslich  in  1 

Äther,  Aceton  und  wasserfreiem  Essigester.  a-D  =  —  20". 

Laktose-phenylosazon,  C24H32N4O9,    Aggregate    kurzer    gelber  | 

Prismen.  Schmelzpunkt  200",  vollständig  bei  212".  Ziemlich  gut  löslich  in 
heißem  Wasser  und  heißem  Alkohol,  leicht  löslich  in  heißem  Eisessig,  un- 
löslich in  Äther,  Benzol  und  Chloroform.  In  essigsaurer  Lösung  links-  ^ 
drehend,  in  Pyridin-Alkohol  inaktiv.  Durch  Einwirkung  eiskalter  rauchen- 
der Salzsäure  wird  ein  Oson  erhalten,  das  bei  der  Hydrolyse  d-Glukoson 
und  d-Galaktose  gibt. 

Isolaktose-phenylosazon,  gelbe  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  190  bis 
193".  Durch  Behandlung  mit  Benzaldehyd  entsteht  das  Oson. 

Melibiose-phenylosazon,  C24H32N4O9,  aus  heißem  Wasser  oder 
heißem  Toluol  umkristallisierte  Warzen  aus  gelben  feinen  Nadeln,  die  bei 
178 — 179"  schmelzen  und  sich  bei  181 — 183"  unter  Gasentwicklung  zer- 
setzen. Zersetzt  sich  bei  100"  in  10  Stunden.  Mäßig  löslich  in  heißem 
Wasser,  leicht  löslich  in  heißem  Alkohol,  Aceton,  Pyridin  und  konzentrierter 
Essigsäure,  wenig  löslich  in  Äther,  Chloroform,  Benzol,  fast  unlöslich  in 
Ligroin.  Durch  Behandlung  mit  Benzaldehyd  entsteht  das  schwach  rechts- 
drehende Melibioson. 

Glukosido-galaktose-pheny  los  azon,  hellgelbe  Nadeln  vom  Schmelz- 
punkt 172 — 174".  in  Wasser,  Benzol,  Toluol  wenig  löslich. 


Reageiitieu  zum  Nachweis  der  liiolofpsch  wichtigen  Nerbindunpen.  1H9<") 

Oalaktosido-galaktoso-phenylosazon.  C.^^  Hj,  Og  N,,  gellte  Nadeln 
vom  Schmel/piinkt  IT.')-  IT;")'',  wonii!  löslich  in  Wasser,  Hnizoi.  Lijrroiii. 
Chloroform,  löslich  in  Alkohol.  Kssiiicstcr.  Acdoii  imd  Pyridin. 

Mannatrisaccharid-phen vlosazon.  mikroskopische  Nadeln,  in 
Wasser  ziemlich  löslich,  vom  Schmelzpunkt   122". 

Glukuronsäure-phen vlosazon,  CisH.o<>5^4-  hildet  sich  heim 
Stehenlassen  von  einem  Mol.  Cilukuron,  drei  Mol.  riicnylhvdrazin  und  Kssi«,'- 
säure  während  einiger  Tage  bei  40".  (leihe  Nadeln  vom  Schmelzpunkt 
200 — 205",  ^venig•  löslich  in  Wasser  und  hciliem  IJenzol,  leicht  löslich  in 
Aceton,  sehr  leicht  in  Tyridin:  in  letzterem  linksdrehend.  Ks  ist  dem 
Glukosazon  sehr  ähnlich.  .Vus  dem  Osazon  bildet  sich  durch  Krhitzen  mit 
1'2  Mol.  Phenylliydrazin  und  der  20fachen  Menge  .\lkoliol  das 

Glukuronsäure-phenylhydrazid,  schwer  lösliche  gelbe  Nadeln, 
in  Pyridinalkoliol  linksdrehend,  bei  212"  sdimelzend.  Es  ist  ebenfalls  dem 
(ilukosazon  sehr  älnilich  und  eignet  sich  deshalb  ebensowenig  wie  das 
Olukuronsäurephenylhydrazon  zum  Nachweis  der  ( ilukuronsiiure. 

p-Bromphenylhydrazin,  Br.  L\  11^.  Nil  .  NHo. 

Nach  der  Darstellungsmethode  von  Michaelis  feste  kristallinische 
Flocken,  die  mit  Äther  extrahiert  und  aus  heißem  Wasser  umkristallisiert 
werden.  Schmelzpunkt  des  reinen  Präparates  107—  lOS".  (Jut  kristallisierte 
trockene  Präparate  halten  sich,  vor  Luft  und  Licht  geschützt,  jahrelang 
unverändert.  Yerfiirbte  Präparate  werden  leicht  durch  rmkristallisieren 
aus  AVasser  gereinigt,  wo])ei  der  erkaltenden  Flüssigkeit  zweckmäßig  einige 
Tropfen  Sodalösung  zugefügt  werden.  Das  p-Promphenylhydni/in  wird 
meist  in  essigsaurer  Lösung  angewandt. 

Das  Bromphenylhydrazin  eignet  sich  zur  Frkennung  einiger  Zucker 
besser  als  das  Phenylhydrazin.  Besonders  wertvoll  ist  die  p-Pii'oinphenyl- 
hydrazinverbindung  der  1-Arabinose.  Mit  dieser  kann  man  auch  Arabinose 
und  Kibose  trennen.  Zum  (|nalitativen  Nachweis  der  .Vrabinose  dient  eine 
frisch  herzustellende  Lösung  von  1  Teil  Bromphenylhydrazin.  ;'.;')  Teilen 
50"/„iger  Essigsäure  und  12  Teilen  Was.ser.  In  einer  1"  oip:^»»  Arabino.selösung 
tritt  schon  nach  72  Stunde  bei  Zimmertemperatur  Kristallisation  auf,  bei 
V2  7oigen  Lösungen  nach  etwas  längerer  Zeit. 

Zur  Darstellung  der  Sorbose  eignet  sich  am  besten  das  p-Bromphenyl- 
sorbosazon. 

Verbindungen  des  p-Brompheuy  Ihydiazins  mit  Kohlen- 
hydraten. 

a)  p-Broinphenylhydrazone. 

Yerbiiidungen    mit    Pentoseii.     l-.\  rabinose-p-bromphenylh\- 

'drazon,    d,  H,,  Br  .  N^  O4  =  C.,!!,«  <  >4  •  N.  H  •  <-'«  "^  l'-'--     Aggregate    feiner 

Nadeln,    die  beim    Zusammenbringen    von    Arabinose    mit    dem    Hydrazin 

und  Essigsäure  entstehen.    Die  Verbindung  ist  für  die  .\rabinose   charak- 

S8* 


]^ijgg  L.  Pincussohn. 

teristisch    und    dient   zur    Identifizierung.     Ziemlich    leicht    in    öO^/oig^ni 
Alkohol  löslich;  schmilzt  bei  162o  unter  Zersetzung. 

d-Arabinose-hromphenylhydrazon.  Cij  H^ß  BrOiNg.  Gut  in  Al- 
kohol, wenig  in  Wasser  lösliche  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  162". 

dl-Arabinose-bromphenylhydrazon,  Cu  HigBr  O4N2.  Nadeln,  lös- 
lich in  Pyridin,  wenig  löslich  in  Wasser,  Alkohol  und  Äther.  Schmelzpunkt  löO«. 

1-Xylose-bromphenylhydrazon,  Cn  HigBr  N2O4,  in  Wasser  lösliche 
Kristalle  vom  Schmelzpunkt    128o.  v-b  —  —  20"  49'. 

Fucose-bromphenylhydrazon,  Cn  HjgBr  N2O4 ,  Schuppen  vom 
Schmelzpunkt  181—183",  die  sich  in  50"/oigem  Alkohol  lösen. 

Rhamnose-bromphenylhydrazon,  CisHjt  OiNaBr.  In  heißem 
W^asser  löslich,  schmilzt  bei  160     167". 

Pihodeose-bromphenylhydrazon,  Ci-,  H,;  04  NaBr,  seidenglänzende 
Nadeln,  in  Alkohol  löslich.  Schmelzpunkt  180". 

Verbindungen  mit  Hexoseu.  Glukose-bromphenylhydrazon 
C12  Hi7  O5 N2  Br.  Schmelzpunkt  147":  164—166".  Drehung  in  2"  «iger 
wässeriger  Lösung  —  44"27°,  bei  längerem  Stehen  zur  liechtsdrehung  über- 
gehend. In  Wasser  wenig,  in  Pyridin  leicht  löslich. 

d-Mannose-bromphenylhydrazon.CpjHiyNoOöBr,  seidenglänzende 
Tafeln,  wenig  löslich  in  heißem  Wasser  und  Alkohol,  Äther,  Benzol,  leicht 
löslich  in  heißem  Eisessig.  Schmelzpunkt  208     210". 

d-Galaktose-bromphenylhydrazon,  C^oHi^Na  (\  Br.  Unlöslich 
in  Äther  und  kaltem  Wasser.  Schmelzpunkt  168". 

Terbindungen  mit  Heptosen.  a-(;iukoheptose-bromphenyl- 
hydrazon.  C13  H^g  N.^  OgBr.  In  Wasser  und  Alkohol  nicht  löshch.  Schmelz- 
punkt 158". 

Glukuron-p-broniphenylhydrazon,  C,.,  Hu  Br  O5  No.  Aus  Alkohol 
stark  lichtbrechende  quadratische  Tafeln,  die  l)ei  142"  unter  Zersetzung 
schmelzen.  Unlöslich  in  kaltem  Wasser,  wenig  in  Äther,  besser  in  Alkohol. 

h)  B  r  0  m  p  h  e  n  y  1 0  s  a  z  0  n  e. 

YerMndungen  mit  Trioseu.  Glycerinaldehyd-bromphenyl- 
osazon,  ds  Hj^  N4  Br2  Ü.  Schmelzpunkt  168".  Sehr  leicht  löshch  in  Äther, 
Aceton,  Benzol,  p]isessig,  Pyridin,  ziemlich  löshch  in  heißem  Alkohol. 
Reduziert  stark. 

Verbindungen  mit  Tetrosen.  d-Erythrose-bromphenylosazon, 
CieHißNiÖaBr,,  goldgelbe  Nadeln  vom  Schmelzpunkt   195". 

Verbindungen  mit  Peutosen.  1-Arabinose-bromphenylosazon, 
Ci-HjgOgN+Brg.  Aus  Alkohol  gelbe  Nadeln,  aus  verdünntem  Pyridin 
sechseckige  Platten,  die  bei  185"  sintern  und  bei  196—208"  schmelzen. 
Leicht  löslich  in  heißem  Wasser.  Alkohol,  Aceton,  Benzol.  Äther,  Pyridin, 
schwer  löslich  in  kaltem  Wasser,  unlösUch  in  Ligroin.  Drehung  in  Pyridin- 
Alkohol  -F  0"  28'. 

dl-Arabinose-bromphenylosazou,     C,^  H18N4  Og  Brg,     hellgelbe 

Nadeln  bei  200—202"  schmelzend. 


Reagentien  zum  Nachweis  der  liiologisch   wiclitiircii   VprltiiiJunKeii.  1397 

l-Xyloso-broiiiplicuylosa/oii.  (',;  11,«  N^  < »;.  l'.r.,.  j^m-IIic  Naildii  vom 
Schmolzpunkt  208«;  gleicht  mit  Aiisiialiiiic  drs  tchlrndcii  I »n'liiin^'svei- 
möiJens  der  entspreclu'iidi'ii  l-Aral)illose-Verhilldllll^^ 

Rhainnose-bromplu'nylosazou.  C'igHooOj  NJiu,  in  vcrdiiniitcm 
Alkohol  und  I'.enzoi  lösliche  j^elbe  Nadeln  vom  Schmel/punkt  •Jir)^ 

lsorhodeose-bromi)hen\  losazoii.  Kristalle  vom  Scjmirl/piinkt 
183—184«. 

Verbiiuliiiiy:eii  mit  Hexosen.  (ilnkosc-lirum  plioii  \  lo>azon. 
C,8  H20  N4  O^  Br.,.  Sieht  ahnlieh  ijcni  l'heiiylosazoii ;  iii-IIm-  Nadeln  vom 
Schmelzpunkt  222",  xd  in  Pyridinalkohol  r=  —  0-31". 

d-Sorbose-hromphenylosaz(»n.  C',8  H^n  N4  <  *4  Ih'....  ^'eibe  Nadeln 
vom  Schmelzpunkt  181«.  Scliwci  liislicli  in  kaltem.  IciiJit  l<i>lic|i  in 
heißem  Wasser   und  den    oryanischen  Lösunjismittcln.   Dreht   nach  rechts. 

d-Gulose-bromphenylosazo  n  mit  dem  voriLMMi  identisch. 

dl-Gulose-bromphenylosazon.  Schmelzpnid<t   ISO-    18."»«. 

yerbiudungen  mit  Polysacchariden.  Maltose-brom  phenyl- 
osazon,  C24  H30  ( )<)  N4  Br.,.  Bildet  sich  beim  Stehenlassen  einer  alkoholischen 
Lösung  von  Maltose  und  p-Bromphenylhydraziu  wiilirend  mehrerer  Tage 
bei  30 — 50«.  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  198«.  Löslich  in  lieiiiem  Alkohol 
und  Aceton,  weniger  in  P^ssigester,  l»enzol.  Chloroform,  iinüislich  in  Äther 
und  Ligroin. 

Melibiose-bromphenylosazon.  C.,4  H30  ( ),,  N4  Br.j.  wurde  aus  dem 
Melibioson  als  kristallisierte  Masse  gewonnen.  Schmelzpunkt   181—  1S2". 

(ilukuronsäure-p-bromphenylhydrazid,  C,«  Hw  <>:  Nj  Br.  durch 
Kochen  siedender  Lösungen  reinsten  salzsauren  Phenylhydrazins  mit  Natrium- 
acetat  und  (Tlukuronsäure.  Aus  00"  oig'^ni  Alkohol  hellgelbe  Kri-talle  vom 
Schmelzpunkt 2oO«.zi, in l'yridinalkohol  =  —  HdO".  ziendichlö>lichinr.(j"  „i^^'m 
Alkohol  und  heil.iem  Eisessig,  sonst  sehr  schwer  löslich,  besonders,  ab- 
weichend von  den  Hydrazinverbindungen  der  Zuckerarteu,  fast  unlöslich  in 
absolutem  Alkohol.  Sehr  charakteristisches  Derivat,  besonders  geeignet  zur 
Trennung  der  Glukuronsäure  von  Traubenzucker,  l'entosen  u>\\.  bei  Harn- 
analysen u.  dgl. 

Nitrophenylhydrazine,  N().^ . C„  11,  .Ml   Nil... 

L  m-Nitrophenylhydrazin.  aus  Alkohol  feine,  kanarieuirelbe.  fase- 
rige Nüdelchen  vom  Schmelzpunkte  !t3«.  Zur  DarstelluuL'^  der  Bhenvl- 
hydrazone  wird  einige  Zeit  in  alkoholischer  Lösung  erwiirmt.  Das  Salz- 
säure m-Nitrophenylhydrazin  bildet  kurze,  durchsichtiu-e.  gelbe  Tafeln, 
schwer  löslich  in  kaltem  Wasser  und  .\lkohol. 

IL  p-Nitrophenylhydrazin.  Ans  Alkohol  orangerote  BliUtchen 
und  Nadeln;  aus  Ligroin  Bliittchen.  .Shmelzpunkt  157«  unter  Zersetzung. 
Das  Chlorhydrat  bildet  briiunliche,  orangerote  Bliittchen. 

Die  p-Nitrophenyl  hydrazi  nderivate  zeichnen  sich  <iurch  grolie 
Beständigkeit,  gutes   Ki-istallisationsvermöi^n'U    und    be«jin'me    Löslichkeit.s- 


]^398  L.  Pinenssohn. 

Verhältnisse  aus.  Zur  Reiniguug  der  Derivate  dient  Umkristallisieren 
aus  Alkohol  oder  Lösen  in  Pyridin  und  Ausfällen  mit  Äther,  Wasser  oder 
Toluol.  Eignet  sich  auch  gut  als  mikrochemisches  Reagens. 

III.  o-Nitrophenylhydrazin.  Aus  Benzol  seidenglänzende,  ziegelrote 
Nadeln.  Schmelzpunkt  90".  Leicht  löslich  in  heißem  Wasser,  schwer  in 
kaltem  Alkohol,  Äther,  Ligroin,  Benzol.  Ist  ebenfalls  zur  Darstellung  von 
Zuckerderivaten  empfohlen  worden,  hat  aber  weniger  Anwendung  gefunden. 

a)  Nitrophenylhydrazone. 

Terbinduiigen  mit  Pentosen.  1-Arabinose-p-nitrophenyl- 
hydrazon,  CuHjeOßNg.  Schmelzpunkt  168".  In  Alkohol  wenig  löslich. 
Drehung  in  einer  Mischung  gleicher  Teile  Methylalkohol  und  Pyridin  aß  = 
+  48-S''. 

1-Arabinose-m-nitrophenylhydrazon.  Schmelzpunkt  179 — 180". 
Löslichkeit  wie  oben. 

1-Arabinose-o-nitrophenylhydrazon,  Cj^  Hjg  OßNj.  Schmelz- 
punkt 180". 

1-Xylose-p-nitrophenylhydrazon,  CuHigOeNs,  gleicht  völlig  der 
Arabinoseverbindung.  In  Alkohol  leicht  lösüche  gelbe  Kristalle  vom 
Schmelzpunkt  156". 

1-Xylose-m-nitrophenylhydrazon,  CnHigOeNa,  gelbe  Kristalle. 
in  Alkohol  löslich,  die  unbestimmt  gegen  130"  schmelzen. 

Rhamnose-p-nitrophenylhydrazon,  C-ioHj^OeNa,  gelbe  Nadeln 
vom  Schmelzpunkt  186".  ao  =  +  21-4". 

Rhamnose-m-nitrophenylhydrazon.  Schmelzpunkt  104 — 105". 
Rotgelb. 

Rhamnose-o-nitrophenylhydrazon.  Schmelzpunkt  151". 

Verbindungen  mit  Hexosen.  Glukose -p-nitrophenylhydrazon, 
CigHjjOyNg.  existiert  in  zwei  Modifikationen.  Die  a -Form  entsteht,  wenn 
man  eine  Lösung  von  je  2  g  Traubenzucker  und  (ilukose  in  30  cm^ 
96"/oigem  Alkohol  10  Minuten  lang  erwärmt,  den  Alkohol  kalt  verdunsten 
läßt  und  den  Rückstand  aus  Alkohol  umkristallisiert.  Gelbe  Nadeln,  in 
Alkohol  wenig  löshch.  Schmelzpunkt  185".  xd  in  Pyridin-Methylalkohol  = 
+  21-5".  Die  ß-Form  erhält  man  aus  der  eisessigsauren  Lösung  der  Kom- 
ponenten bei  gewöhnlicher  Temperatur.  Aus  Alkohol  lange  gelbe  Nadeln. 
Schmelzpunkt  195".  ao  =  — 128'7".  Beide  Hydrazone  geben  das  gleiche 
Osazon. 

Glukose-m-nitrophenylhydrazon,  gelbe  Kristalle  vom  Schmelz- 
punkt 115—116". 

Glukose-o-nitrophenylhydrazon.  Schmelzpunkt  148". 

d-Mannose-p-nitrophenylhydrazon.  Cj,  H,7  O7  Ng.  bildet  ebenfalls 
zwei  Formen.  a-Form  hat  gelbe  Kilstalle,  Schmelzpunkt  190":  fast  un- 
löslich in  Wasser;  ß-Form  gelbe  Nadeln.  Schmelzpunkt  202". 

d-Mannose-m-nitrophenylhydrazon.    Schmelzpunkt    162^163". 

d-Mannose-o-nitrophenylhydrazon.  Schmelzpunkt-173". 


( 


Reageiitien  zum  Nachweis  der  liiologisch  wichtigen  ViTltindiingeu.  i;)99 

Glnkuronsäure-p-nitropho.nylhy(lr:i/.()ii.  ^dhc  Niulelii  vom 
Schiiiolzpuiikt  22Ö".  in  Iicilicin  Wasser  K'iclit  löslicli.  y.i,  —  —  Pl^'i"  in 
Pyridinalkoliol. 

d-Galaktose-in-iiiti'ophenvlhvdrazüii.C,..II,7  <  >;  N,.S(:hinclzpiiiikt 
181—182«. 

d-Galaktose-o-nitrophenylliydiazoii.  voliiiiiiiiösc  Kristallo  vom 
Schmelzpunkt  172». 

Lävulose-p-nitroplienylhydrazon.  1',.^  ü,;  <>7  N3.  aus  der  er- 
wärmten alkoliolischen  Lüsunü,-  der  Komponenten  f,'ell)c  Kristalle  vom 
Schmelzpunkt  176".  aj,  in  l'yridin-Methylalkohol  =  -f-  l'»"- 

Lävulose-o-nitrophenylhydrazon.  in  Methylalkohol  lösliches  ziegel- 
rotes Pulver,  Schmelzpunkt  150 — 156". 

bj  Nitrophenylosazone. 

TerMndungeu  yom  TMosen.  filykolaldehyd-p-nitroplienylosa- 
zon,  C14H1., Nu  04,  aus  Pyridin  duich  Fiillun^  mit  Toluol  hellrote  Nadeln 
vom  Schmelzpunkt  T)  11".  Löslich  nur  in  heiiJem  Xitrohenzol.  .Viiihn.  l'\ridin, 
Chinohn  und  Benzonitril.  Gibt  mit  alkoholischem  Kali  BandjciycT^dn^  Re- 
aktion: tiefblaue  Färbung. 

TerMiidiiiiiieii  mit  Pentoseii.  Khamnose-p-nitrophenylosazon, 
C18H.20O7N6,  entsteht  durch  kurzes  Erwärmen  von  einem  Teil  Khamnose 
mit  vier  Teilen  Hydrazin  und  verdünnter  Salzsäure.  Aus  Alkohol  mikro- 
skopische, zinnoberrote  Xadeln,  die  bei  208"  unter  Zersetzung  schmelzen. 
LösHch  in  Natronlauge  mit  tiefblauer  Färbung,  die  bei  schwachem  Frwärinen 
dunkelviolett  wird. 

Verbiudiuii^en    mit   Jlexosen.    d-(ialaktose-p-nitrophenylosa- 
zoD,  C18H.20O8N6,  entsteht  aus  den  Komponenten  in  alkalischer  oder  saurer 
Lösung  in  einer  Modifikation,  gelbe  Nadeln  vom  Schmelzi)unkt   192".  Dre- 
hung  in   einem    (remisch   von   gleichen  Teilen  Methylalkohol  und  Pyridin 
au  =r  +  45-6". 

d-Glukose-p-nitroi)henylosazon.  (',s  Hjo  G«  N„,  rote  Nadehi  \oni 
Schmelzpunkt  257",  in  Natronlauge  mit  dunkelblauer  Farbe  löslich.  7.,,  in 
Pyridin-Methylalkohol  =3  -    21-4". 

Glukose-m-nitrophenylosazon.   rotbraunes   l'ulver   vom    Schmelz- 
punkt 228",  in  Alkohol  sehr  schwer  löslich. 

Glukose-o-nitrophenylosazon.  in  Alkohol  fast  unlö.slich.  Schmelz- 
punkt 215—217". 

Lävulose-p-nitrophenylosazon,    C'iJlaoüaN,,.   ist    identisch    mit 

Glukose-p-nitrophenylosazon. 

Terbindungeii  mit  Polysacchariden.  .Maliose-p-nit  roplaiix  1- 
osazon,  C,*  H.oN,  G,3.  entsteht  wie  die  analoge  Verbindniii:  «h-s  Trauben- 
zuckers, der  es  völlig  gleicht.  PoteNadeln.  Schmelzi)nnkt 261  "unter Zersetzung. 

Laktose-p-nitrophenylosazon,  G-JIsoNbO,,,  entsteht  wie  die 
analoge  Traubenzuckerverbindung.  Schmelzpunkt  •Ji^X'^  unter  Zersetzung. 
Löst  sich  in  verdünnter  Natronlauge  mit  konddumenblauer  Farl)e. 


1400  L.  Pincussohn. 

Methylphenylhydrazin : 

Siedepunkt  227°  bei  745  mm  unter  schwacher  Ammoniakentwicklunj>-, 
bei  Sbmm  lol"  (korr.).  Es  reduziert  Fehlingsche  Lösung  erst  in  der  Wärme. 

Nach  Neuberg  eignet  es  sich  besonders  zur  Erkennung  und  Isolierung 
der  Ketosen.  die  sonst  mit  Schwierigkeiten  verknüpft  ist.  Es  geben  damit 
nur  die  Ketozucker  ein  Methylosazon.  während  die  Aldoseu  und  Aniino- 
zucker  vom  Typus  des  Chitosamins  nur  farblose  Hydrazone  geben.  Von 
den  Hydrazonen  sind  besonders  charakteristisch  die  der  Glukose  und  der 
Galaktose. 

a)  Hydrazone. 

Verbiiiduugen  mit  Trioseu.  Glycerinyldehyd-methylphenyl- 
hydrazon.  CioHj^OsNs^  farblose  Nadeln  oder  Platten,  bei  120"  schmelzend. 
Leicht  löslich  in  Alkohol,  Wasser.  Benzol  +  Ligroin.  Benzol,  Toluol,  sehr 
leicht  löslich  in  warmem  Pyridin. 

Yerbiii düngen  mit  Pentosen.  1-Arabinose-methylphenylhydra- 
zon.  C12H18O4N2,  gelbe  Kristalle  vom  Schmelzpunkt  164"  oder  lßl°. 
leicht  löslich  in  Alkohol  und  Pyridin,  wenig  löslich  in  Wasser,  unlöslich  in 
Äther.  y-D  in  Alkohol  =  +4-30":  in  Eisessig  y.B  =  — 21'8";  in  Pyridin  kein 
merkliches  Drehungsvermögen. 

d,  l-Arabinose-methylphenylhydrazon,  C12H1S  O4N..  aus  Alkohol 
glänzende  Blätter  vom  Schmelzpunkt  173",  leicht  löslich  in  Wasser,  Pyridin 
und  heißem  Alkohol,  ziemlich  leicht  in  Essigester,  wenig  löshch  in  kaltem 
Alkohol,  Aceton  und  Chloroform,  kaum  löshch  in  Benzol  und  Schwefel- 
kohlenstoff, f 

1-Xylose-niethylphenyIhydrazon,  C12H1SO4N2.  gelbliche  Kristalle 
vom  Schmelzpunkt  108—110".  löshch  in  Wasser.  Alkohol  Aceton.  Essig- 
ester, Chloroform  und  Pyridin. 

Fucose-methylphenylhydrazon.  C13H20O1N2,  weiße  Nadeln  vom 
Schmelzpunkt  177—179".  a^  in  Pyridin  =  + 3-6". 

Iihamnose-'/-methylphenylhydrazon,  CJ3H20O4N2.  weiße  Kri- 
stalle vom  Schmelzpunkt  124".  Avenig  löslich  in  Wasser  und  Alkohol,  löslich 
in  reinem  Methylalkohol.  Etwas  linksdrehend. 

Pthodeose-methylphenylhydrazon,  CigHooO^Na,  farblose  Nadeln, 
Schmelzpunkt  181",  in  heißem  Wasser  und  Alkohol  löslich. 

Verbindungen  mit  Hexosen.  Glukose-methylphenylhydrazon, 
CiaHjoN^Os,  weiße  langgestreckte  Tafeln  vom  Schmelzpunkt  130".  Zur 
Darstellung  wird  die  Lösung  der  Komponenten  konzentriert,  der  einge- 
dickte Sirup  mit  Alkohol  angerührt  und  der  Ptückstand  aus  Alkohol  um- 
kristallisiert. Geht  beim  Kochen  mit  mehr  Hydrazin  nicht  in  das  Osazon  über. 

d-Mannose-methylphenylhydrazon,  C13  H20  N2  O5,  weiße  Kristalle, 
wenig  löslich  in  W' asser  und  absolutem  xVlkohol,  lösUcher  in  Methylalkohol. 
Schmelzpunkt  178".  an  in  Methylalkohole  4- 8-6". 


Reagentieu  zum  Nachweis  der  liioldgiscli  wiclititroii   \  crliiiithiiii.'('h  1401 

d-(ial;iktüso-iiietli\  Iplicnylhvdrazoii,  (\J\,o  Nj  <>:,.  weiße  Nadeln 
vom  Schiuelzpunkt  1^!8— 19U".  WCni-'  lüslicli  in  Wasser,  äl.snlnf<'in  Alkohol, 
leicht  löslich  in  absolutem  Methylalkohol.  Sehr  ^nit  /nr  Krkcnnnii}^'  und 
Abscheidnng-  der  d-Galaktose  geei^Miet. 

l-Galaktose-methylphenylhydra/on.  schim  kristallisierend. 

dl-rialaktose-methylpheny  Ihydra/.on,  weiüe  Kristalle  vom 
Schmelzpunkt  is;;«.  leicht  Ifislieh  in  heiliein  Wasser,  srhwcr  lüslirh  in 
kaltem   Wasser  und  anderen  Lösun^'smitteln. 

d-Talose-methylphenylhydrazon.(',;,  ll.,„.\.M);,.Selini('l/pMnkf  154". 

Lävulose-methylphenylhydrazun.  (  u  •l'.;oN2'>.%-  iiiJ>  Alkoiiol  l'ris- 
men.  welche  bei   116 — 120"  unter  Zersetzung  schmelzen. 

Yerl)indnni;en  mit  Heptosen.  7.-(;iukn|ifpto>r  mct  li\  Ipht-in  I- 
hydrazou,  C',^  H22  OgNj,  feine  Nadeln  vom  Schmel/pinikf    Ino'J. 

b)  Osazone. 

Verbindungen  mit  Triosen.  Dioxyaceton-mctliN  Iphenylosazon. 
CjyH.inX^O,  gelbe  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  127  liio".  sehr  leicht  löslich 
in  Pyridin,  leicht  löslich  in  Alkohol,  Aceton.  Kssigester,  l'.enzol.  unlöslich 
in  Wasser  und  Ligroin. 

yerbin(luns;en  mit  Tetrosen.  dl-Erythrnlosc-mct hylphen\  I- 
osazon,  CigHooN^Oa,  rotgelbe  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  l.')S  l.')'.!'. 
die  sich  beim  Aufbewahren  zersetzen,  leicht  löslich  in  organi.schen  Lösungs- 
mitteln. 

Terbindungen  mit  Hexosen.  (Jlukose  -  niet  hylpln-ns  lu^azon. 
^20^26X404.  entsteht  aus  Glukose  und  Ilydrazin  in  .Mkoholir.sung  unter 
Essigsäurezusatz  nach  48stündigem  Stehen  und  darautfolgendem  Er- 
wärmen nach  Zusatz  von  .Vlkohol  und  Äther.  Es  entsteht  leicht  aus 
Lävulose  (d-Fruktose)  und  ist  deswegen  besser  als  Fruktose-methyl- 
phenylosazon  anzusehen.  Schmelzpunkt  142 — ir)8". 

F  r  u k 1 0 s  e - m  e  t  h  y  1  p h e  ny  lo  s  a  z  0  n  (Lävulose-methylphenylo>azon  1, 
C2oH.,6N4  04.  Eine  Lösung  von  LS//  Frukto.se  in  10  r)»^  Wasser  wird  mit 
4  g  Methylphenylhydrazin  und  Alkohol  zur  klaren  Lösung  ver.>^etzt  und 
4  cm^  50Voiger  Essigsäure  zugefügt.  Es  wird  5  10  Minuten  höchstens  auf 
dem  Wasserbad  erwärmt.  Nach  längstens  2  Stunden  scheiden  >icli  in  reich- 
licher Ausbeute  rötliche  Kristalle  aus,  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  l.'»s  UiO". 
löshch  in  Pyridin,  etwas  löslich  in  heilieni  .\lkohol,  Aceton,  lleiizol.  Chloro- 
form, sehr  wenig  Hislich  in  Wasser,  kaltem  .\lkohol,  Üenzol  und  Äther, 
unlöslich  in  Ligroin.  Drehung  in  Pyridinalkohol :  7,,  =:  +  ItW»"  t  l-40"i. 
Dieses  Osazon  ist  für  die  Fruktose  höchst  charakteristisch. 

dl-Fruktose-methy Iphenylosazon.  Coo 'Uo  ^'* '^-  «'otixelbe  Nadeln 
vom  Schmelzpunkt  158". 

d-Sorbose-methylphenylosazon,  C.o  ILo  N,  ( >«.  in  Alkohol  lösliches; 

gelbrotes  öl. 

dl-Tagatose-methylphenylosazon.  G«o  H,,  N,  (>«.  Schnielzi)unkt 
148—150".  In  organischen  Lösungsmitteln  löslich. 


1402  L.  Piucussohn. 

Äthylphenylhydrazin : 
C!S:>N-NH. 

Unzersetzt  flüchtiges  Öl  vom  Siedepunkt  237.  Spezif.  Gew.  1-018, 
Es  reduziert  Fehlinysche  Lösung  erst  in  der  Wärme. 

a)  Hydrazone. 

1-Arabinose-äthylphenylhydrazon.  CisH^oO^Xg,  in  Wasser  und 
Alkohol  wenig  löslicheNadeln  vom  Schmelzpunkt  153".  v.d  inEisessig-  =:  — 24-6*'. 

Pihamnose-7.-äthylphenylhydrazon.  C14H22O4X2.  in  absolutem 
Methylalkohol  lösliche  Nadeln  vonrSchmelzpunkt  123".  an  in  Methylalkohol 
=  — 11-6«. 

Rhodeose-äthylphenylhydrazon.  0,4112204X2.  farblose  Xadelnvom 
Schmelzpunkt  11)3".  in  96"/oigem  Alkohol  löshch. 

d-M  anno  se-äthylphenylhydrazonCiiHaaOsX,,  Schmelzpunkt  159". 
y-D  in  Methylalkohol  =  +  14-6". 

d-Galaktose-z-äthylphenylhydrazon.  C14H22  O5X2.  in  Wasser  und 
Alkohol  wenig  lösliche  Xadeln  vom  Schmelzpunkt  169".  In  Methylalkohol 
optisch  inaktiv. 

Amylphenylhy  dr  azin : 

n  u    /^>  .1MI2. 

'-'s  ^11 

Hydrazone. 

1-Arabinose-amylphenylhydrazon  Cir  H««  ^K^2-  gelbe  Xadeln  vom 
Schmelzpunkt  120".  in  Methylalkohol  löslich.  In  Methylalkohol  gelöst  inaktiv; 
in  Eisessig  -/d  =  +  2-8".  '< 

d-Arabinose-amylphenylhydrazon,  in  Wasser  und  Alkohol  löslich. 
Schmelzpunkt  115".  ' 

Pihamnose-y.-amylphenylhydrazon,  C17H28O4X2,  hellbraune  Kri-  ] 

stalle  vom  Schmelzpunkt  99".  y-B  =  —  6-4"  in  Methylalkohol.  i 

Glukose-a-amylphenylhydrazon.  G17H28O5X2.  hellbraune  Xadeln  f 

vom  Schmelzpunkt  128",  wenig  löslich  in  Wasser  und  Alkohol.  Drehung  in 
Methylalkohol  ai>=:  — 6-4".      "  .'; 

d-Mannose-x-amylphenylhydrazon,  CiyHagOgXa.  hellgelbe  Xadeln 
vom  Schmelzpunkt  134",  in  Wasser  schwer  löslich,  aj,  in  Methylalkohol  =  +  9-2".  j 

d-Galaktose-a-amylphenylhydrazon.     Ci-H28  0gX2,    hellgelbe  i' 

Nadeln  vom  Schmelzpunkt  116"  (127 — 128"),  wenig  löslich  in  Wasser  und  ^ 

absolutem  Alkohol;  leichter  in  Methylalkohol;  darin  aj,  =  +  4-4". 

Laktose-a-amylphenylhydrazon.  hellbraune  Xadeln  vom  Schmelz- 
punkt 123".  3Cd  =  — 8-6"  in  Methylalkohol. 

Allylphenylhydrazin : 

Es  bildet  ein  Öl,  das  unzersetzt  bei  177"  unter  109*5  mm  Druck 
siedet.  Es  reduziert  Fehlingsche  Lösung  langsam  in  der  Kälte,   rasch  in 


Reageiitien  ziim  Nachweis  der  biologisdi  wicliti),'en   ViTltiiidunt'cii  14UH 

der    Wärme.    Wiisseri^es   Kaliiiiiicliroiiuit    iiirht    es  nicht   lot.     has  C'lilor- 
hydrat  bildet  in   Wasser  leicht   lösliche  Nadeln  vom  Sclimel/pnnkt   II'.T". 

l-Arabinose-allylphenylhydrazin  CuHs„N,(),.  hell},'ell.e  Nadeln 
vom  Schmelzpunkt  14.')"'.  In  Eisessiji:  aj,  —  2-4". 

lihamnose-'/-allyli)henylhydrazoii.  Schmelz[)Mnkt  l.;;')".  optisch 
inaktiv. 

(ilukose-7.-allylplienylliy  (i  razon  (',r,  11..  (K  N„.  Schmelzpunkt  löö". 
y.\)  ■=  — 5-3"  in  Methylalkohol. 

d-(ialaktose-7.-Allylphenylhydraz()n.  Schmelzpnnkt  löT".  /^  •» 
Methylalkohol  =  —  S-ö". 

Laktose-a-allylphenylhydrazon.  Schmelzimnkt  \:\-J".  x,,  in  .Methvl- 
alkohol  —14-6«. 

Melibiose-allyli)henylliydrazon.  Hellgelbe  Nadeln  vom  Schmelz- 
punkt 197".  Wenig  löslich  in  Wasser,  besser  in  absolutem  .\lkoliol.  leicht 
in  Methyhilkohol.  xu  in  Methylalkohol  =  + 21-2»;   in  Eisessig:  7.i,—  +H". 

Benzylphenylhydrazin : 

Schweres,  schwach  bräuidich  gefärbtes  (')1.  bei  VtHniin  Druck  zwi.schen 
216  und  218"  unzersetzt  destillierend.  Ist  in  verdünnter  Salzsäure  unvoll- 
kommen löshch.  Darstellung  erfolgt  aus  Phenylhydrazin  und  Heiizvlchliu'id. 
IJeiizylphenylhydrazin-Chlorhydrat,  Schmelzpunkt  KJO — ItiT".  Heim  Stehen 
geht  das  Benzylphenylhydrazin  partiell  in  IJenzalbenzylphenylhydrazin 
(Schmelzpuidvt  IIP)  über.  Benzylphenylhydrazin  bildet  mit  Zucker  sehr 
schwer  löshche  Hydrazone.  Diese  werden  mit  Formaldehyd  ^M'spalten.  /um 
Nachweis  besonders  geeignet  ist  das  Mydrazou  der  l-.\rabinose. 

a)  Hydrazone. 

Verbindungen  mit  Tetrosen,  d- Er\  t  li  i use- ltenz\  lijhenylhy- 
drazon.  CiyHooNoOg.  Nadeln  vom  Schmelzpuid<t  l():)rv'.  leicht  lösli.h  in 
Alkohol  und  heißem  Benzol,  z,,  20  =  -    32"  in  Alkohol. 

1-Erythrose-benzylphenylhydrazon,  in  heiüem  llenzol  lösliche 
Nadehi  vom  Schmelzpunkt  lOö".  a„ 20  ==  + ;52-8"  in   Alkohol. 

1  -  Threose-benzyli)henylhvd  razon.  Nadeln  vom  Schmelz- 
punkt 1940". 

Methyltetrose-benzylphen.N  Ihyd razon.  C",.  II,,  N.  <►  .  Schmelz- 
punkt 96—97". 

Verbindungen  mit  Peiitosen.  I- A  rabin  ose- benzylphenv  Ihy- 
drazon,  CigHo.iN,  O4.  weiüe  Nadeln.  Schmelziiunkt  170".  7.,,  in  Methyl- 
alkohol =  — 12-1",  in  Eisessig  =  --  14-6". 

d-Arabinose-benzylphenylhydrazon.  fast  unlöslich  in  Wasser, 
wenig  löslich  in  Alkohol.  Schmelzpuid<t  179".  xi,—  +  1  l»'"  in  Meth\lalk(thol. 


X404  L.  Pincussohn. 

dl-Arabinose-beiizylphenylhydrazon.  hellgelbe  Nadeln  bei  185" 
schmelzend,  leicht  löslich  in  Pyridin,  löslich  in  heißem  Wasser,  Alkohol  und 
Chloroform,  wenig  löslich  in  Äther.  Benzol,  Ligroin. 

1-Xylose-benzylphenylhydrazon,  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  93", 
sehr  schwer  löslich  in  Wasser,  leicht  in  Äther,  sehr  leicht  in  Alkohol, 
an  =  —33«  in  Alkohol. 

d-Lyxose-benzylphenylhydrazon.  Schmelzpunkt  116"  aus  IJenzol; 
128"  aujs  Alkohol. 

Fucose -benzylphenylhydrazon,  Cig  H24  O4  Ng.  Schmelzpunkt 
173«;  179". 

R  h  a  m  n  0  s  e  -  a  -  b  e  n  z  y  1  p  h  e  n  y  1  h  y  d  r  a  z  0  n.  hellgelbe  Kristalle  vom 
Schmelzpunkt  121«.  Löshch  in  absolutem  Alkohol,  leichter  in  Methylalkohol. 
y-D  in  Alkohol  = — 6*4«,  in  Eisessig:  a^  =  — 2"1«. 

Khodeose-benzylphenylhydrazon,  C19H24O4  N2,  weiße  Nadeln,  bei 
179«  schmelzend. 

VerMuduugeii  mit  Hexoseii.  Glukose-a-benzylphenylhydrazon, 
CVjHaiOgNa,  hellgelbe  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  165«,  wenig  löslich  in 
Alkohol  und  Methylalkohol,  löslich  in  Pyridin ,  unlösUch  in  Wasser,  aß  in 
Methylalkohol  = —33«,  in  Eisessig  —  20-2« ,  in  Pyridin  —  46-33« ,  beim 
Stehen  steigend  auf  48'16«. 

d-Mannose-benzylphenylhydrazon,  weiße  Nadehi  vom  Schmelz- 
punkt 165«,  schwer  löshch  in  Wasser,  Alkohol,  Methylalkohol,  leicht  löshch 
in  Eisessig;  in  letzterem  y.^  =       10-6«;  in  Methylalkohol  =  +  29*8«. 

d-Galaktose-a-benzylphenylhydrazon,  hellgelbe  Nadeln  vom 
Schmelzpunkt  154 — 158«,  wenig  löshch  in  Wasser  und  Alkohol,  etwas  löslich 
in   Methylalkohol.   a-D  in  Methylalkohol  =  —  17-2«,  in  Pyridin  =  —  14-639.         =1 

Yerbindiiugen  mit  Polysacchariden. 

Laktose-a-benzylphenylhydrazon,  C25H34N2O10.  hellgelbe  Nadeln, 
bei  128«  schmelzend,  in  Alkohol  wenig  löshch.  In  Methylalkohol  7.^  = 
—  25-7«. 

Glukuron-benzylphenylhydrazon,  C19H00O6N2,  fäUt  beim  Er- 
wärmen der  Komponenten  auf  80«  aus.  Aus  heißem  90«/oigen  Alkohol 
lange  seidenglänzende  Aveiße  Nadeln,  bei  141«  unter  Zersetzung  schmelzend. 
Sehr  schwer  löslich  in  Wasser,  wenig  in  kaltem,  besser  in  heißem  Alkohol. 
Kaliumsalz:  farblose  Nadeln.  Schmelzpunkt   176—178«.  7.d  =  — 20-29«.  k 

h)  Osazone.  ^ 

YerMiidungen mit  Dioseu.  Glykolaldehyd-benzylphenylosazon,         '. 
CasHsfiNi,  gelbe  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  197-5«. 

Verbindungen  mit  Hexosen.  Fruktose-benzylphenylosazon, 
C32H34N4O4,  unrein  gelatinöse  Masse,  in  reinem  Zustande  heUgelbe  Nadeln 
vom  Schmelzpunkt  190«.  Löshch  in  heißem  Alkohol,  Aceton,  Benzol  und 
Pyridin,  wenig  löslich  in  Wasser  und  kaltem  Alkohol.  In  Pyridinalkohol  ist 
a-D^  —  1«32'. 


Reagentien  zum  Nachweis  der  liiolojjisch  wiclitijron   Wrlnndiinppii.  140^) 

Diphenylhydrazin : 

^'8  I  K      V      V  1 1 

Darstellung-  aus  I)ii)henylamiii  ühcr  das  Nitrosamiii  duivli  KcliaiMlIiiup: 
des  letzteren  mit  /inkstaul»  und  Kiscssif?.  Das  so  cilialtcuf  Diplicnvl- 
hvdrazinchlorhvdrat  bildet  «j^anz  farblose  feine  Nadeln .  aus  denen  mit 
Natronlauge  die  Base  ahneschieden  wird.  Farblose  Tafeln  vom  Schmelz- 
punkt :U — 350.  Siede|)unkt  2-20"  l)ei  40  .")(»//////.  Sehr  schwer  löslich  in 
Wasser,  leicht  löslich  in  Alkohol  und  Äther.  Wirkt  infolj,'e  .seiner  schweren 
Lösiichkeit  selbst  bei  Siedetemperatur  kaum  auf  /VZ/Z/y/ysche  l,ösnn<:. 

Es  verbindet  .sich  im  (ie^ensatz  zum  riienvlhvdrazin  in  der  Killt«* 
erst  nach  längerem  Stehen,  in  der  Wiirme  ras<her  mit  den  gewöhidiihen 
Zuckerarten  und  liefert  gut  kristallisierende,  beständi^M'  nnd  in  Wasser 
schwer  lösliche  Hydrazone.  Die  IJase  ist  in  Wasser  imd  Kssigsäure  schwer 
löslich,  es  werden  daher  alkoholische  Lösungen  für  die  Keaktionen  benutzt. 
Charakteristisch  sind  die  Diphenylhydrazone  der  I-Arabinose,  auch  zur 
Trennung  von  anderen  Zuckern  geeignet,  ferner  der  <dukose. 

Besonders  vorteilhaft  ist  die  Verbindung  zur  Erkennung  de^  Trauben- 
zuckers, hauptsächlich  zur  Trennung  von  (llukose  und  i.ävnlose:  ans  <lem 
(iemisch  der  Phenylhydrazone  kann  man  das  (Jlukosediiiheiivlhydrazon 
durch  Zusatz  von  Äther  abscheiden.  Zur  Trennung  der  (ihikose  von 
Mannose  und  (ialaktose  ist  es  nicht  brauchbar. 

a)  Hydrazone. 

Iihamnose-diphenylhydrazon.  C,8  H«.,  N.,  04.  aus  einem  Teil  IMiam- 
nose  und  V/o  Teilen  Diphenylhydrazin.  Kleine  Prismen  vom  Schmelzpunkt 
l.'U",  in  Wasser  und  Alkohol  löslich. 

Iihodeose-dipheny Ihydrazoii.  in  Alkohol  schwer  lösliche  wcii;p 
Nadeln  vom  Schmelzpunkt  199". 

l-Arabinose-di|)henylhydrazon.  IitH^o'^^j-  ''•'•'*''  "•' ''  -""^ '•*'•» 
Komponenten  schnell  in  der  Wärme,  langsam  in  der  Kälte.  WeiCe  Nadeln 
vom  Schmelz[)unkt2l6  218"  i)eim  schnellen  Krhit/cn.  Ks  i.^t  das  schwerst- 
lösHche  Derivat  der  Arabinose  und  daher  /wv  Identifizierung  und  Trennung 
besonders  geeignet. 

dl-Arabinose-diphenylhydrazon.C  ,7ll..o<»4  No,  bildet  wcil.e  Nadeln 
vom  Schmelzpunkt  2Üß",  die  ei)enfalls  wegen  der  Schwerlöslichkeit  in 
Wasser  sich  zur  Al)scheidung  gut  eii:nen.  Wenii!  lö-lich  auch  in  (  bloroform 
und  Alkohol,  löslich  in  Eisessig  nnd   Pyridin. 

d-(;iukose-diphenylhydrazon,(',HHao(>^No,  farblose,  kleine,  .schiefe 
Prismen  oder  seidengiänzende  Kristalle  vom  Schmelzpunkt  If.l".  leicht  Iti.slich 
in  Was.ser  und  heil'.em  .\lkohol.  unlöslich  in  Äther  nnd  Chloroform  und  Benzol. 
Wirkt  beim  Kochen  stark  reduzierend.  Ermöglicht  einen  sehr  sicheren 
Nachweis  des  Traubenzuckers,  insitesondere  bei  (iegenwart  von  anderen 
Zuckerarten,  z.  I».  dei-  Fruktose. 


1406  ^-  PiJicussohn. 

l-Glukose-diphenylliydrazon,  C1SH22O5N2,  feine  Nadeln  vom 
Schmelzpunkt  162".  wenig  löslich  in  kaltem  Wasser,  leicht  löslich  in  heißem 
Wasser. 

dl-Glukose-diphenylhydrazon,  farblose  Kristalle,  bei  132 — 133" 
schmelzend. 

d-Mannose-diphenylhydrazon,  schwer  lösliche  Kristalle  vom 
Schmelzpunkt  155",  die  für  Mannose  sehr  charakteristisch  sind. 

z-Glukoheptose-diphenylhydrazon,  C19H24N2O6,  in  Alkohol  und 
Äther  unlösliche  weiße  Kristalle  vom  Schmelzpunkt  140". 

Glukosamin-diphenylhydrazon.CisHosNaU^,  entsteht  beim  Stehen- 
lassen äquivalenter  Mengen  von  Glukosaminchlorhydrat,  alkohoUscher  Kali- 
lauge, nach  Einleiten  trockener  Kohlensäure  und  Versetzen  der  abgegossenen 
Lösung  mit  Diphenylhydrazin.  Lange  farblose  Nadeln,  die  sich  bei  140" 
bräunen  und  bei  102"  unter  Zersetzung  schmelzen.  Unlöslich  in  Alkohol, 
Äther  und  Chloroform,  in  warmem  Wasser  unter  Zersetzung  löslich. 

Glukuron-diphenylhydrazon.  CigHjsOäNa,  weiße  Nadeln  vom 
Schmelzpunkt  150".  leicht  löslich  in  heißem  Alkohol,    sonst  fast   unlöslich. 

ß-Naphthylhydrazin : 

P    tP>N.NH,. 

Die  Darstellung  erfolgt  aus  Naphthylamin.  Aus  der  heißen  Lösung 
des  Chlorhydrats  wird  die  Base  mit  Natriumkarbonat  oder  Natriumbikarbonat 
gefällt.  Farblose,  glänzende  Blättchen  vom  Schmelzpunkt  124 — 125", 
ziemlich  schwer  lösUch  in  Äther,  leicht  lösUch  in  heißem  Alkohol.  Benzol. 
Chloroform.  Es  ist  ebenso  wie  seine  Derivate,  besonders  in  feuchtem  Zu- 
stande, lichtempfindlich.  An  der  Luft  oxydiert  es  langsam  unter  Rotfärbung. 
Das  Chlorhydrat  ist  beständiger.  Die  ß -Naphthylhydrazone  der  Zuckerarten 
zeichnen  sich  durch  große  KristaUisationsfähigkeit  und  Schwerlöslichkeit 
aus.  Es  entstehen  jedoch  wahrscheinlich  zwei  Formen,  und  zwar  stereiisomere 
Produkte  nach  den  Formeln 

C,H„0,  .  CH  C^H^Os  .  CH 

II  und  II 

N.NHCioH,  C10H7HN  — N 

In  schwach  saurer  Lösung  bilden  sich  die  Naphthylhydrazone  der 
labileren  Form  mit  größerer  Löslichkeit,  niedrigerem  Schmelzpunkt  und 
leichterer  Zersetzlichkeit.  Die  Naphthylhydrazone  werden  durch  Formal- 
dehyd  oder  Benzaldehyd  gespalten. 

Hydrazone. 

1-Arabinose-naphthylhydrazon  C15H18O4N0,  braune  Nadeln  vom 
Schmelzpunkt  141",  wenig  löshch  in  Wasser  und  96"/oigem  Alkohol,  löslich 


Reagentien  zum  Nachweis  der  hiologisch  wichtigen  Verliiiiduiigeu.  14n7 

in   absolutem    Metin lalkohol.    in    diesem    jjelöst   xj,  —  +  2L'-r) :    in   Kisessifr 
ÄD  =  +  T«.  Die  sclnver  löslichere  Furm  sclimil/t  hei  1  7»".     1  TT":  wcilif  Nadeln. 

l-Xylose-naphthylhvdrazon.  Khciiialls  zwei  Verliindiiii;:<'n  be- 
schrieben. I.  liraiiiic  Nadeln  vom  Srhmclzpimkt  T(»".  7,,  in  Kisessi;.^ 
=  4-10-8«:  in  absolutem  Methylalkohol  =  +  180".  II.  \V('iL;e  Kristalle 
vom  Schmelzpunkt  12o— 124»,  kaum  löslich  in  .\ther.  Chloroform  un<l 
Ücuzol,  ^venif?  in  Essigester,  ziemlich  löslich  in  .Mkohul.  erheblich  mehr 
als  die  analogen  Verbindungen  der  Arabinose,  (ilukose  und  (ialaktose. 

Rhamnose-naphthylh\  drazon.  braune  Nadeln  vom  Schmelz- 
punkt 170".  schwer  löslich  in  Wasser  und  9(j"/„igem  .\lkohol,  leicht  löslich 
in  absolutem  Methylalkohol,  ai.in  absolutem  Alkohol  :=  -|-  K-4°,  in   Ki.sessig 

=  —  11-8". 

(ilukose-naphthylhydrazon,  C,flH.,oOnN, ,  braune  Nadeln  vom 
Schmelzpunkt  95",  in  Wasser  und  96"/oi^em  Alkohol  wenig,  in  reinem 
Methylalkohol  leicht  lö.slich.  Darin  aj,  = -f  402".  in  Eisessig  inaktiv.  Ferner 
ist  eine  zweite  Verbindung  beschrieben,  die  bei  1T9"  schmilzt,  leichtlöslich 
in  heißem  Alkohol,  unlöslich  in  Äther  ist. 

d-Mannose-naphthylhydrazon.  C,o  H.,oOf,  N,.  braune  Kristalle 
vom  Schmelzpunkt  157",  wenig  löslich  in  Wasser  und  absolutem  Alkohol. 
besser  iu  Eisessig  und  Methylalkohol.  In  Methylalkohol  a,,  = -|- 16s'  in 
Eisessig  inaktiv. 

Andere  ^lodifikation :  mikroskopische  Nadeln  vom  Schnirlzpnnkt  \>i\'\ 
in  kaltem  ^Vlkohol  etwas  löslich. 

d-Galaktose-naphthylhydrazon.  braune  Nadeln  vom  .Schmelz- 
punkt 167",  etwas  löslich  in  Wasser  und  9()"/oigem  Alkohol,  leicht  in 
Methylalkohol:  in  diesem  7.^=  +  24"8".  in  Eisessig  y.i^—  +  2".  Kin  anderes 
Produkt  stellt  weil'.e.  in  feuchtem  Zustand  lichtemitfindliche  Warzen  dar. 
die  bei  190"  schmelzen.  Sehr  schwer  löslich  in  kaltem  96"'oigen  .\lkohol. 
leicht  löslich  in  heißem  Alkohol,  unlö.^lich  in  .\ther.  7.,,  in  Methylalkohol 
=  +  10". 

Fruktose-naphthylhydrazon,  ebenfalN  zwei  Formen  erhalt<'n. 
1.  gelbliche,  in  Alkohol  leicht  lösliche  Masse,  die  zweite  schwieriger  löblich 
mit  höherem  Schmelzpunkt.  Nach  anderen  Angaben  nur  ein»-  Form. 
gelbliche  Nadeln.  Schmelzpunkt  102".  .<ehr  leicht  löslich  in  Alkohol.  Meth\l- 
alkohol  und  Aceton. 

Maltose-naphth\  Ihydrazon.  helliiraum'  Kri>talhnass,.  vom  Schmelz- 
punkt 176".  wenig  löslich  in  Walser,  leicht  löslich  in  Meth\ lalkohol.  In 
diesem  xd=:  +  IOC)", 

Melibiose-naphthylhydrazon.  bräunliche  Nadeln,  bei  l.;:>"  schmel- 
zend, fast  unlöshch  in  Wasser,  wenig  löslich  in  Alkohol,  löslich  in  Methyl- 
alkohol. In  diesem  7.0=  +  159". 


2_j.Qg  L.  Pinciissohn. 

2.  Andere  Zuckerreagentien. 

Phenol,  Oxybenzol,  Carbolsäure,  CeHgOH: 

CH 

HC^      Jc.OH 
CH 

Findet  sich  unter  anderem  im  Steinkohlenteer,  aus  dem  es  auch 
(]argestellt  wird.  Farblose  Kristallmasse,  aus  langen  Nadeln  bestehend, 
Schmelzpunkt  40—42«,  Siedepunkt  181  ^  Spezifisches  Gewicht  1-084.  Sehr 
leicht  löslich  in  Alkohol.  Äther,  Chloroform,  (ilycerin  und  Schwefelkohlen- 
stoff. Bei  16"  in  15  Teilen  Wasser  löslich.  Die  Lösung  gibt  auf  Zusatz 
von  Eisenchloridlösung  eine  blaue  Färbung.  Bromwasser  erzeugt  noch  in 
einer  Lösung  von  1  Teil  Phenol  auf  50.000  Teile  Wasser  einen  weißen, 
flockigen  Niederschlag.  Ein  mit  Salzsäure  befeuchteter  Fichtenspan  wird 
durch  Phenol  grünblau  gefärbt.  Millons  Reagens  gibt  beim  Kochen  mit 
Phenol  einen  gelben  Niederschlag,  der  sich  in  Salpetersäure  mit  tiefroter 
Farbe  löst.   Phenol  soll  in  dunkelgefärbten  Flaschen  aufbewahrt  werden. 

Phenol  gibt  mit  verschiedenen  Zuckern  Färbungen,  besonders  mit 
(Glukose.  Diese  gibt  mit  Phenol  und  Salzsäure  eine  violette  Färbung,  die 
mit  Salpetersäure  blutrot,  mit  Kalilauge  weingelb  ^^ird. 

jjffelmanns  lleagens,  eine  amethystblaue  Lösung,  die  durch  Zusatz 
weniger  Tropfen  verdünnter  Eisenchloridlösung  zu  einer  2 — 50/oigen  Carbol- 
säurelösung  hergestellt  wird,  wird  durch  Milchsäure,  nicht  aber  durch 
Salzsäure  oder  flüchtige  fette  Säuren  zeisiggelb  gefärbt. 

Brenzkatechin,  o-dioxybenzol,  Cr H4(OH)2: 

C.OH 

HC^^C.OH 
HC.      JCH 

CH 

Es  entsteht  aus  einer  Anzahl  von  Harzen  durch  Kalischmelze.  Dar- 
stellung aus  dem  Guajakol,  dem  Monomethyläther,  durch  Erhitzen  mit  Jod- 
wasserstoff. Weiße  rhombische  Prismen,  in  Wasser,  Alkohol  und  Äther 
leicht  löslich.  Schmelzpunkt  104".  Es  ist  unzersetzt  sublimierbar.  Brenz- 
katechin besitzt  stark  reduzierende  Eigenschaften.  In  alkalischer  Lösung  ist 
es  sehr  unbeständig;  diese  färbt  sich  an  der  Luft  erst  grün  und  dann  schwarz. 

Die  wässerige  Lösung  wird  auf  Zusatz  von  Kisenchlorid  smaragdgrün, 
bei  Zugabe  von  Natriumbikarbonat  violettrot. 

Brenzkatechin  gilit  mit  einigen  Kohlenhydraten  charakteristische 
Färbungen.  Traubenzucker:  mit  konzentrierter  Salzsäure  und  Brenzkatechin 
zinnoberrote  Färbuny.  Die  gleiche  Reaktion  tritt  auf,  wenn  man  statt  des 


Reagentioii  zum  Nachweis  ilci-  liinlofri.sch   wicliticmi   VfrlmM  n.g.n.  1409 

T.  ,  ,  •  O.CIid, 

Bronzkatechuis  (lujjikol  (  Jl,  verwoiidft.  (ilcirlic  Ücaktion  auch 

(»II  (L'j 

mit  Kresol.  C6H4  (CHs)Oll. 

Resorcin,  m-dioxybenzol,  C ,,  ll,i(  )11).: 

coli 

H.("<      ,(  .11 

H.C^  ^COII 
C'.H 

Entsteht    aus    manchen   Harzen    durcji    -i|mie|/.on(l('>   Kali;    tecJiniM-Ji 

wird  es  durch  Kalisciimelze  von  m-1'henvleiidisultosäiire.  („  H,  '"^J  *-  !!*  V  daiw- 

stellt.  Farblose  oder  schwach  gefärbte  Kristiillc  von  sehr  scinvarhcni,  (•i;:oii- 
artigem  Geruch  und  sül'ilich  kratzendem  (ieschmack.  Ks  ist  in  \\a»er.  Alko- 
hol. Äther  und  (ilycerin  leicht,  in  Chloroform  und  Sch\vefelk(lhlen^tnff  >ch\v<T 
löshch.  Beim  Erwärmen  verflüchtigt  es  sich  v(lIlständiL^  Schmelzpunkt 
110  HP,  des  Masserfreien  Produktes  llH".  Am  Licht  und  an  (b-r  l.uft 
bräunen  sich  die  Kristalle  ^vie  auch  die  Lösungen  leicht:  es  ist  daher 
vor  Licht  geschützt  aufzubewahren.  Eisenchloiid  gibt  mit  IJesonin  eine 
dunkelviolette  Färbung.  Die  wässerige  Lösung  (1:2(>)  wird  durch  Uleiessig 
weiß  gefällt.  Bei  vorsichtigem  Erwärmen  von  (h).") //  Kcsorcin  mit  o-l  5/ 
Weinsäure  und  10  Tropfen  Schwefelsäure  erhält  man  eine  dnnkelkarminntte 
Flüssigkeit. 

llesoj'ciu  soll  möglichst  geruchlos  sein.  Ein  tieii-rer  .•Schmelzpunkt  als 
110"  deutet  auf  Verunreinigung.  Beim  Eihitzen  müssen  sich  einige  «iramm 
Resorcin  völlig  verflüchtigen.  I)ie  wässerige  Lösung  des  ile>orciiis  soll  unge- 
färbt sein,  sie  soll  Lackmuspapier  nicht  verändern  inid  darf  beim  F.rwärmen 
keinen  Phenolgeruch  verbreiten.  Fällung  mit  Bleiacetaf  spricht  für  Bren/- 
katechin,  Auftreten  von  Chinongeruch  beim  Erwärmen  mit  Eisenchlorid  für 
Hydrochinon.  Zur  quantitativen  Bestimmung  des  Koorcins  versetzt  man 
eineXösung  von  bekanntem  (Jehalt  mit  titriertem  Bromwasser  und  bestimmt 
das  über.^chüssige  Bj'om  zurück. 

Besorcin  ist  ein  Aldehvdreagens.  Kochl  man  i-inige  Tropfen  der  zu 
untersuchenden  Sul>stanz  mit  einer  Besorcinlösung  der  /usammen.setzung 
1  Teil  Resorcin,  2  Teile  absoluter  .Mkoliol.  2  Tioph-n  konzentrierter  Salz- 
säure eine  Minute  lang  und  giellt  das  Produkt  in  W  a.sser,  so  beweist  ein 
entstehender  Niederschlag  die  ( Gegenwart  der  Aldeh\dgrup|ie.  Die  Heaktion 
tritt  oft  .schon  bei  Stehen  in  der  Kidte  ein.  Wichtig  ist  die  von  SiUuannf 
gefundene  Reaktion,  nach  der  Ketosen  niid  /uckerarten.  weh-he  Keto.sen 
abzuspalten  vermögen,  beim  Erwärmen  mit  der  hali>en  (;e\\icht>mengt» 
Resorcin,  etwas  Wasser  und  konzentrierter  Salzsäinc  eine  tiefrote  Färbung 
und  weiter  Fäliuno-  eines  braunroten,  in  Alkohol  lo.>lichen  Farbstoffes  geben. 

Abderhalden,   Handbticli   dnr  biorhoinigchcn  ArboiUtnKthodon.  V.  S*,» 


1410  L.  Piucu  ssohn. 

Die  Keaktion  ist  besonders  wertvoll  zum  Nachweis  der  Fruktose 
(s.  d.  Handbuch,  Bd.  2,  S.  109).  Resorcin  eignet  sich  ferner  zum  Nachweis 
des  Dioxyacetons  und  damit  des  Glycerins,  welches  leicht  in  Dioxy- 
aceton  übergeführt  wird.  0"1  cm.'^  einer  O'ö^/oigen  Resorcinlösung  mit 
0"4  cin^  der  zu  untersuchenden  Flüssigkeit  und  2  cm^  konzentrierter 
Schwefelsäure  gibt  nach  Erhitzen  im  siedenden  Wasserbad  eine  rotgelbe 
oder  gelbe  Färbung  mit  je  einem  x\bsorptionsband  im  Blau  und  im  (lelb 
(Deniges,  C.  r.  d.  TAcad.  d.  sc,  148.  p.  570,  1909).  Fucose  gibt  Gelbfärbung. 
Methylfurol,  das  bei  der  Destillation  mit  verdünnten  Säuren  aus  Methyl- 
pentosen  entsteht,  gibt  karmoisinrote  Färbung.  Ferner  gibt  Glukose  die 
Seliwanoffsche  Beaktion.  Die  Reaktion  ist  ferner  brauchbar  für  den  Nach- 
weis des  Rohrzuckers  (feuerrote  Färbung). 

Es  dient  ferner  als  Reagens  auf  verholzte  Zellmembrane,  auf  Chloral 
und  Chloroform,  zum  Nachweis  der  freien  Salzsäure  im  Magensaft.  Eine 
Lösung  von  1  g  Resorcin  in  100  g  Wasser  und  10  Tropfen  Schwefelsäure  ist 
ein  scharfes  Reagens  auf  salpetrige  Säure. 

Pyrogallol,  1,  2,  3-TrioxybenzoL  Cg  H3  (OH), : 

COH 

H.c/^COll 

H.Cl       XM)H 

C.H 

Es  wird  durch  Erhitzen  von  Gallussäure  gewonnen,  wobei  Kohlen- 
säure abgespalten  wird.  Sehr  leichte,  weil'ie,  glänzende  Blättchen,  leicht 
löslich  in  Wasser,  Alkohol  und  Äther.  Schmelzpunkt  132".  Pyrogallol  su- 
blimiert  bei  vorsichtigem  Erhitzen  ohne  Rückstand.  Die  Lösung  gibt  mit 
Eisenchlorid  braune  Färbung,  die  auf  Sodazusatz  rotviolett  wird.  Mit  Blei- 
acetat  entstehen  schwer  lösliche  kristallinische  Fällungen.  Auf  Zusatz  einer 
Spur  Jod  zu  einer  Pyrogallollösung  wird  diese  purpurrot  gefärbt.  Pyrogallol 
ist  ein  sehr  starkes  Reduktionsmittel,  daher  seine  Verwendung  als  ..Ent- 
wickler" in  der  Photographie,  ferner  bei  Gasanalysen.  Eine  wässerige  alka- 
lische Pyrogallollösung  unter  Braunfärbung  absorbiert  sehr  lebhaft  Sauerstoff . 
Pyrogallol  muß  vor  Licht  geschützt  in  gut  verschlossenen,  dunklen  Gefäßen 
aufbewahrt  werden. 

Die  Lösung  des  Pyrogallols  in  2  Teilen  Wasser  muß  klar,  neutral 
und  farblos  sein.  Der  Körper  gibt  auch  mit  Äther  und  Alkohol  klare  Lösungen. 
lg  muß  bei  vorsichtigem  Erhitzen  ohne  Rückstand  sublimieren. 

Mit  einer  Reihe  von  Kohlenhydraten  entstehen  Färbungen.  Arabinose: 
mit  Pyrogallol  und  Zusatz  von  Salz-  oder  Schwefelsäure  tritt  bei  vorsich- 
tigem Erwärmen  gelbrote  Färbung  auf.  Traubenzucker:  mit  Pyrogallol  und 
starker  Salzsäure  hochrote  bis  braunrote  Färbung.  Formose :  rote,  harzige 
Flocken,  ohne  daß  diese  Reaktion  für  Formose  charakteristisch  wäre.  Rohr- 
zucker: weinrote  Färbung. 


Reagentien  zum  Nachweis  der  l.iologisch  wichtigen   \erl.iii(liingen  1411 

Phloroglucin,   1. :'..  .VliiuMheiizul  t ,  II3  ((»llij: 

n 

C 

HO.C/^\c.n|l 

H.d  Jen 

C.OH 

Es  entsteht  aus  verschiedenen  llur/cn  sowie  ;ius  Kesoiciii  diiivli  Kali- 
schmelze, ferner  durch  Spaltung  aus  dem  Thloretin.  das  wiederum  ein 
Spaltprodukt  des  Glukosids  Phlorizin  darstellt.  Große  verwitternde  Prismen, 
die  nnzersetzt  suhlimieren.  Schmelzpunkt  21 S".  Ks  wird  durch  Eiscnchlorid 
dunkelviolett  gefiirht. 

Phloroglucin  ist  l)isweilen  mit  Diresorcin  verunreinigt.  Zur  i'rüfuiig 
darauf  werden  einige  Milligiamm  mit  zirka  1  cm-^  konzentrierter  Schwefel, 
säure  übergössen,  1 — 2  ci«'^  Essigsiiureanhydrid  zugefügt  und  '>  -lu  .Minuten 
im  Wasserbad  erwärmt.  Ist  das  Phloroglucin  rein,  so  tritt  gelbe  bis  gelb- 
braune Färbung  auf;  bei  auch  nur  sehr  geringem  Diresorcingehalt  färbt 
sich  die  Flüssigkeit  violett. 

Diese  Färbung  ist  schon  bei  0-4Vo  Diresorcin  sehr  deutlich.  Kin  ge- 
ringer Diresorcingehalt  im  Phloroglucin  ist  nicht  zu  beanstanden,  da  es 
die  üblichen  Peaktionen  nicht  stört. 

Durch  Lösen  von  2  c/  Phloroglucin  und  1  v  N.inillin  in  .".0  7  .\lkohol 
erhält  man  Phloroglucinvanillin,  das  unter  dem  Namen  (iinKf'ioy-c\\c<. 
Reagens  zum  Nachweis  der  freien  Salzsäure  im  Magensaft  dient.  Phloro- 
glucin ist  ferner  Reagens  auf  Lignin:  Potfäi-bung  mit  Phloroglucin  und 
Salzsäure  im  (iegensatz  zur  Zellulose. 

Phloroglucin  dient  besonders  als  Ileagens  für  IVntosen  und  (ilukuron- 
säure  (vgl.  dieses  Handbuch,  Pd.  2,  S.  9;")  ff.),  t'ber  Anstellung  der  Keaktion. 
die  unter  Zugabe  von  Salzsäure  erfolgt,  die  E\traktionsinetho(ie  mit  AmvI- 
alkohol,  die  Absatzmetliode  von  Tolloia  und  die  spektro>kopische  l'nter- 
suchung  vgl.   TuUriis.  dieses  Handbuch.  11(1.2,  S.  Oä  ff. 

Bei  Ausschütteln  des  bei  der  Probe  mit  (Jlycerose  erhaltenen  Farb- 
stoffes zeigt  das  Spektrum  einen  im  \'erhältni>  zu  den  anderen  Zucker- 
arten bedeutend  schwächeren  und  undeutlicheren  Absorptionsstreifen  zwi.schen 
D  und  E.  Ähnlich  reagiert  Dioxyaceton;  zur  Krkennnnir  von  (ilycerose  von 
Dioxyaceton  vgl.  die  .Methode  von  Wolil  und  Xrulxr;/.  Per.  d.  deutsch,  ehem. 
<ie.s.,  Bd.  33.  S.  Hü9r).  Arabinose  gibt  mit  Phloroglucin  eine  Cochenille-  bis 
kirschrote  Färbung,  l^ber  die  besondere  Kignniig  der  .\bsat/niefli<>de  s.  bei 
Tollens.  Das  gleiche  gilt  für  den  Nachweis  der  Xylose.  (Übt  kirschrote 
Färi)ung,  die  erst  iK'im  Frhitzen  deutlich  wird,  hie  Henktion  eignet  sich 
ebenfalls  für  den  Nachweis  der  Ly.xo.se.  Phloroglucin  und  Salz.sflure  gibt 
mit  Fruktose  eine  eigenartige  gelbbräunliche  Lösung.  Es  reagiert  ferner 
mit  Rhamnose.  Fucose  gibt  ( Gelbfärbung,  aber  mehr  ilas  Ab.sorptionsspek- 
truni  der  Pentosen. 

H9* 


1412 


L.  Pincussohn. 


Orcin,   1, :'..  5-Dioxytoluol.  Cr,H3(CH3)(OH)<,: 

H 
C 


HO .  C 


C.OH 


HCx^  /CH 
C 

CHg  . 

Findet  sich  in  vielen  Flecliten,  in  Roccella  peruensis,  Koceella  Montagnei 
und  R.  tinctoria.  Es  entsteht  aus  Orsellinsäure  durch  Kohlensäureabspaltung, 
durch  Schmelzen  von  Aloeextrakt  mit  Kali,  synthetisch  herstellbar  ist  es 
unter  anderem  aus  Toluol.  Farblose,  sich  leicht  rötende  Prismen  von  süß- 
lichem Geschmack.  Schmelzpunkt  100 — 101  •*. 

Die  wässerige  Lösung  wird  durch  Eisenchlorid  blauviolett  gefärbt. 
Das  Orcin  dient  vor  allem  zum  Nachweis  der  Pentosen  und  der  Glukuron- 
säure.  Über  die  Reaktion,  besonders  mit  der  Absatzmethode,  und  das 
Orcinreagens  nach  Bial  vgl.   Tollens  (1.  c.  S.  97). 

Glycerinaldehyd  gibt  mit  Orcin  und  Salzsäure  erst  rote,  dann  violette 
und  blaugrüne  Färbung,  sodann  blaugrüne  Flocken.  Diese  geben  in  Amyl- 
alkohol gelöst  im  Spektrum  einen  Streifen  zwischen  I)  und  C.  Dioxyaceton 
gibt  dieselbe  Reaktion.  Arabinose :  spektroskopisch  Streifen  zwischen  C  und  D. 
Durch  Zusatz  von  F.isenchlorid  wird  die  Reaktion  gesteigert;  die  Lösung 
zeigt  dann  nach  Erhitzen  zwei  Spektralstreifen,  einen  im  Rot  und  einen 
auf  der  Natriumlinie.  Xylose:  Reaktion  entspricht  genau  der  Arabinose. 
Lyxose:  desgleichen.  Rhamnose:  desgleichen,  (dukose:  mit  Salzsäure  und 
0'l''/o  Orcin  gelbe  bis  gelbrote  Farbe,  die  in  Alkohol  mit  grüner  Fluo- 
reszenz löslich  ist.  Glukoheptose :  gibt  mit  Orcin  eine  ähnliche  Farben- 
und  Spektralreaktion  wie  die  Pentosen.  (Tlukuronsäure:  beim  Kochen  mit 
in  Salzsäure  gelöstem  ()rcin  Grünfärbung  ähnlich  den  Pentosen.  1  Tropfen 
Eisenchlorid  verstärkt  die  Reaktion.  Spektroskopisch  ein  dunkles  Band  im 
Rot  zwischen  B  und  C  und  eines  auf  der  Natriumlinie. 

Menthol,  CmHooG: 


CH3 
OH 


H2C 
H,cl 


CH2 
CHOH 


CH 
CH 

/\ 

CH3  CH3 

kommt  im  Pfeffern liuzöl  vor  und  wird  aus  diesem  dargestellt.  Spitze,  spröde, 
farblose  Kristalle,  bei  43»  schmelzend,  bei  212"  siedend.    Leicht  löshch  in 


Reagentien  zum  Nachweis  (I.t  liioloj^iscli  \viclitij,'eii   Verl>iinlun?eii  \.\\:; 

Äther.  Alkohol  und  Chlorot'oiiii.  sehr  schwer  liislifh  in  Wasser.  Ks  i;'iUt 
mit  40  Teilen  Schwefelsäure  eine  hraiinrotc  triilic  sirli  spiltcr  klarciid«' 
Flüssigkeit.  Menthol  ist  <"in  sekumlilrer  Alkohol:  durch  O.wdafidu  mit 
Chromsäure-emisch  j-eht  er  in  einen  ketoniilmlichen  Kiirper.  das  Menthon. 
über.  Beim  Krhitzen  mit  Kupfersulf.it  enfvtrht  Cvmoj. 

Menthol  gibt  mit  verschiedenen  Kojijcnliv diäten  Kilrliun-ren.  Trauhen- 
zucker:  mit  Menthol  und  konzentrierter  Schwetelsiuire  L'esätti^'t  kirschrot 
violette  Färbung:  Rohrzucker:  rosenrote  F.-irbe. 

Thymol,  C',„  H^,  o  =  Cli, .  C,  H, .  Ol  1   (  1 1  ( CII,  u. 

Findet  sich  im  Thvmianöl.  i-'arblose.  dnrcli>ichii.i:('  Kristalle  von 
aromatischem  Geruch,  bei  50-51«  schmelzend,  bei  2l'8— 2:10"  siedend. 
Leicht  löslich  in  Alkohol.  Äther  und  Chloroform,  sehr  schwer  löslich  in 
Wasser.  Mit  Wasserdämpfen  leicht  flüchtig. 

In  4  Teilen  Schwefelsäure  löst  es  sich  in  der  Kälte  mit  trelblicher. 
bei  gelindem  Erwärmen  mit  rosenroter  Farbe.  Die  Lösung  vom  Thvmol 
in  Essigsäure  wird  auf  Zusatz  von  6  Tropfen  Schwefelsäure  und  I  Tropfen 
Salpetersäure  schön  blaugrün  gefärbt.  IHe  Lösung  des  'J'hvniols  in  Was.ser 
darf  mit  Eisenchloridlösung  nicht  violett  gefärbt  werden,  l'.ei  /u<at/.  von 
Bromwasser  tritt  milchige  Trübung  auf. 

Thvmol  gibt  mit  verschiedenen  Zuckern  Farbenreaktionen.  l)io\vace- 
ton  (zugleich  Nachweis  des  in  Dioxyaceton  übeigeführfen  (ihcerinsc  Ol  rm» 
einer  0-5"/oigPn  alkohohschen  Thvmollösung  +  0-4cw''  der  zu  untersuchen- 
den Flüssigkeit  und  2  cw»  konzentrierter  Schwefelsäure  geben  nach  Erhitzen 
im  Wasserbad  weinrote  bis  rosarote  Färbung.  Uhamnose  gibt  mit  Schwefel- 
säure und  Thvmol  carmoisinrote  Färbung:  (Jlukose:  zinnobeiTote  Färbung: 
Rohrzucker:  gleiche  Reaktion. 


. '/-Naphthol,  C,oH;(Hl: 
H      11 

H.c/\/\c.Il 

('      coli 
11 

Findet  sich  im  Steinkohlenteer.  Es  wird  dargestellt  durch  Kalischmelze 
aus  den  XaphthaUnsulfosäuren.  ferner  durch  Diazotierung  des  Na|ththvlamins. 
Die  gleiche  Darstellungsweise  gilt  für  das  ,'s]-Na|)hthol.  Beide  Naphthole 
zeigen  große  Analogie  mit  dem  Thenol.  Phenolartig  liechende.  glänzende 
Blättchen,  schwer  löshch  in  heiliem  Wasser,  leicht  löslich  in  Alkohol  und 
Äther.    Schmelzpunkt  95«,   Siedepunkt  2S«».    Die  Naphthole   zeigiMi  jedoch 


;]^4:14  ^-  Piucussohu. 

ziemlich  erliebliche  Älinlichkeit  mit  den  Alkoholen,  ihre  Hydroxylgruppe 
ist  ziemlich  reaktionsfähig  und  läßt  sich  zum  Beispiel  gegen  die  Amino- 
gruppe  austauschen.  (Übt  mit  Eisenchlorid  violette  Flocken,  die  sich  in 
Äther  mit  blauer  Farbe  lösen. 

Es  wird  benutzt  zu  der  Reaktion  von  Molisch  zum  Zuckernachweis 
in  15 — 20Voigei'  alkoholischer  Lösung,  und  zwar  für  die  Schichtreaktion 
(s.  d.  Handbuch,  Bd.  2,  S.  93) ;  durch  Versetzen  von  ^Aj — Icm^  der  Zucker-. 
Kohlenhydrat-  oder  Glykosidlösung  mit  2  Tropfen  der  XaphthoUösung  und 
Zufügen  konzentrierter  Schwefelsäure  im  Überschuß  entsteht  sofort  bei 
Monosen  und  Diosen,  nach  kurzem  Erwärmen  bei  Polyosen  eine  tief  violette 
Färbung,  nach  Zufügen  von  Wasser  ein  blauvioletter  Niederschlag,  der 
sich  in  Alkalien.  Alkohol  und  Äther  mit  gelber  Farbe  auflöst.  Manche 
Substanzen  geben  mit  Schwefelsäure  allein  eine  ähnliche  Färbung,  z.  B. 
Eugenol  und  Anethol. 

Zur  Prüfung  auf  Verunreinigungen  erhitzt  man  1  g  Naphthol:  es 
darf  kein  Ptückstand  hinterbleiben.  Die  Kristalle  des  reinen  Xaphthols  sind 
farblos.  Außer  dem  reinen  Produkt,  dem  Naphthol  recryst.  albiss..  kommt 
noch  ein  technisches  Produkt  in  den  Handel,  das  aus  geschmolzenen, 
kristalhnischen  Massen  besteht  und  stets  ß-Xaphthol  enthält,  und  das  als 
Reagens  nicht  geeignet  ist. 

Mit  a  -Naphthol  reagiert  ( jlykolose,  ( dycerose,  Dioxyaceton,  dl  -  Ery- 
throse  mit  blauvioletter  Farbe.  Arabinose  reagiert  mit  roter  beim  Ver- 
dünnen mit  Wasser  beständiger  Farbe.  Ferner  findet  Reaktion  statt  mit 
d-Lyxose;  Rhamnose  gibt  violettblaue  Färbung.  Glukose  gibt  violette 
Färbung,  die  auf  Wasserzusatz  blauviolett  wird ;  das  Spektrum  hat  ein 
Absorptionsband  im  (irün.  Glycerinaldehyd  gibt  bei  der  Schichtprobe  einen 
violetten  Ring.  Methylfurol  gibt  karmoisinrote  Färbung.  (Nachweis  von 
Methylpentosen,  die  beim  Destillieren  mit  verdünnten  Säuren  Methylfurol 
geben.)  Die  Reaktionen  der  Mannose.  der  Sorbiuose  und  der  Fruktose 
stimmen  mit  denen  des  Traubenzuckers  überein.  Rohrzucker  gibt  mit 
x-Naphthol  und  Schwefelsäure  eine  rotviolette  bis  stark  violettblaue  Färbung ; 
Milchzucker  gibt  violette  Farbe. 

Die  Reaktion  ist  auch  mikrochemisch  brauchbar.  Bei  Aufbringen  eines 
Tropfens  der  NaphthoUösung  und  2 — o  Tropfen  konzentrierter  Schwefelsäure 
auf  das  zu  untersuchende  Präparat  tritt  die  Reaktion  nur  bei  Vorhanden- 
sein fertig  gebildeter  Zucker  sofort  ein,  während  sie  sich  bei  x4nwesenheit 
höherer  Komplexe  nur  langsam  vollzieht. 

ß-Naphthol,  CioH.OH. 

Vorkommen  und  Bildung  wie  bei  z-Naphthol.  Nach  Phenol  riechende 
glänzende  Blättchen,  bei  122°  schmelzend  und  bei  288^  siedend.  Gibt  mit 
Eisenchlorid  gelbgrüne  Färbung.  Gibt  ebenfalls  mit  verschiedenen  Zuckern 
charakteristische  Farbenreaktionen.  Ol  cm^  einer  2o/oigen  alkohohschen 
ß-NaphthoUösung    mit   0'4  cm^    einer    dioxyacetonhaltigen   Flüssigkeit   und 


Reagentien  zum  Nachweis  der  liiolo-risch  wichtigen  Vt-rbiiidiiiigcii.  141.-, 

2  m»  konzentrierter  SchweiVlsiiiire  ^nht  nach  Krliit/cn  im  siodondrn  Wiisser- 
bad  smaraiidj^riineFiirhun^^  mit  ^Mciclier  Fliiores/.cn/  und  einem  Ahsorptions- 
band  in  (irün  und  Hot.  ((Hycerinnachwcis:  dieses  mui;  zuniiehst  durch 
Erhitzen  mit  der  lOUfachen  Men^^e  0-;;"/oi[reii  Hntmwassers  in  DioxNaceton 
übergeführt  werden.)  Weitere  Reaktionen:  Arabinoso  ^\h\  licht-eUM'  Farbe. 
Glukose  +  alkoholisches  [i-Naphthol  gibt  gelbgrüne  Filrbuntr  mit  grüner 
Fluoreszenz.  Rohrzucker  gibt  lielbgrüu  fluoreszierende  Färbung.  .Milchzu«'ker 
eine  rein  gelbe  Fari)e. 

Naphthoresorcin  (1:;;  Dioxvuaphthaliii).   (  ,„  II,  (( »11 ).,: 

H    T 

C  ^  C 

c     c 

H       H 

Über  die  Reaktion  mit  Naphthoresorcin  und  >alzsäure  vgl.  bei 
Tollens,  d.  Handbuch,  Bd.  2,  S.  93ff.  Fs  entsteht  bei  \(>rhauden>ein  von 
Arabinose  grüne  Fluoreszenz  und  schwache  P.äncU'r  im  (iriiu  des  Sju-ktrums. 
mit  Xylose  genau  gleiclie  Reaktion.  Fucose :  violettblaue  Lösung  mit  ;rrüuer 
Fluoreszenz  und  je  einem  Band  auf  der  D-Linie  und  im  (Jrün.  Rhamnose 
ähnliche  Reaktion,  (ihikose  und  .Mannose:  schwache  Rotfärbunjj.  schwac-h 
grüne  Fluoreszenz,  Bänder  im  (irün.  (ialaktose  und  diese  enthaltmde 
Zuckerarten:  je  ein  Band  im  (Irün  und  auf  der  D-Linie.  Fruktttse  hindert 
die  Reaktion  und  mub  daher  durcii  Koclien  mit  Salzsüure  z»'r>iört  werden. 
Fruktose:  tiefpurjjuirote  Färbung  mit  schwach  Ln'üner  Fhiores/enz:  die 
Färbung  wird  mit  Alkohol  gelbl)raun.  Sori)inose :  purpurrote  Färbung,  die 
mit  Alkohol  gell)braun  wird,  (ilukuronsäure:  bläulich  rötliche  Färbung,  die 
alkohohsche  Lösung  des  Absatzes  ist  schön  blau,  schwach  rötlich  fluores- 
zierend mit  einem  Bande  nahe  der  D-I.iuie  gegen  (iriiu  zu.  l'ber  Nach- 
weis der  (Jlukuronsäui'e  mit  dieser  Reaktion,  liesonders  bei  (Jegenwart  von 
Pentosen,  vgl.  Tollcns  (1.  c.  S.  9S.  <)!•).  Die  Üeaktion  ist  für  (dukuron- 
säure  wertvoll. 

Anilin,  l  JI5.MI..: 
C.NU, 

Hcl    ^CH 

("II 

Es  wird  hergestellt  durch  Reduktion  von  Nitrobenzol.  Farblose  FKissig- 
keit.  die.  wahrscheinlich-  durch  geringe  Mengen  schwefelhaltiger  Stoffe,  sich 
an  der  Luft  bräunt.   Reines  Anilin  bleibt  farblos.   Siedepunkt    IS'J«.    sj)ezi- 


J416  !-'•  Pinciissohii. 

fisches  Gewicht  bei  16^  =  1-024.  In  Wasser  wenii>'  löslich.  Die  wässerige 
Lösung'  von  freiem  Anilin  wird  durch  eine  Chlorkalklösung  intensiv  violett 
gefärbt.  Durch  Kaliumbichromat  wird  die  saure  Lösung  eines  Anilinsalzes 
dunkelgrün  oder  schwarz. 

Zur  Prüfung  auf  Kohlenwasserstoffe  und  Nitrobenzol  löst  man  5  cm^  ^^ 

Anihn  in  10  cm^  Salzsäure  vom  spezifischen  Gewicht  1'123  auf.  Es  entsteht  -^^ 

eine  klare  Flüssigkeit,  die  sich  nach  dem  Verdünnen  mit  der  gleichen 
Menge  Wasser  und  nach  dem  Erkalten  nicht  trüben  darf. 

Anilin  und  Eisessig  gibt  mit  Furol,  das  durch  Destillation  der  Pen- 
tosen mit  Salzsäure  gewonnen  wird,  eine  charakteristische  Pvotfärbuiig.  die 
besonders  zum  Nachweis  der  Arabinose  und  von  Xylose  und  (ilukuronsäure 
angewandt  wird.  Khamnose  bildet  mit  AniUn  und  Eisessig  gefärbte  Methyl- 
furfurolamine. 

Diphenylamin,  Cg  H5 .  NH .  Cg  Hg : 


i 


—  N   — 
H 

weiße  Blätter  von  brennendem,  aromatischem  Geschmack,  Schmelzpunkt  54 '\ 
Siedepunkt  olO**.  Sehr  wenig  löshch  in  Wasser,  leicht  löslich  in  Alkohol, 
Äther  und  Ligroin. 

0'2^  reinen  Diphenylamins  geben  mit  2cm^  Wasser  und  20  cm^ 
konzentrierter  reiner  Schwefelsäure  eine  farblose  Lösung. 

Zur  Prüfung  auf  Anilin  wird  lg  Diphenvlamin  in  20 cm 3  Chlorkalk- 
lösung geschüttet:  die  Flüssigkeit  darf  keine  violette  Farbe  annehmen. 

Diphenvlamin  wird  als  sehr  empfindliches  Reagens  auf  Salpetersäure 
verwendet.  Bringt  man  den  zu  untersuchenden  Stoff  mit  einer  Lösung  von 
Diphenylamin  in  konzentrierter  Schwefelsäure  zusammen,  so  tritt  bei  An- 
wesenheit  von  Salpetersäure  oder  salpetriger  Säure  intensive  Blaufärbung 
auf.  Auch  andere  oxydierende  Körper  geben  die  gleiche  lleaktion,  auch  die 
organischen  Superoxyde.  Die  Blaufärbung  wird  meist  bald  miüfarbig. 

Diphenylamin  gibt  mit  einigen  Kohlenhydraten  Färbungen.  Formose: 
braunviolette  bis  braunrote  Färbung.  Fruktose  (für  Bestimmungen  im  Harn 
geeignet):  1  ciii^  des  auf  das  lOfache  verdünnten  Harns  mit  8 — 10  Tropfen 
einer  20''/oigen  alkoholischen  Diphenylaminlösung  und  1  cm^  konzentrierter 
Salzsäure  aufgekocht  gibt  nach  weniger  als  1  Minute  Blaufärbung.  Rohr- 
zucker: mit  alkoholischem  Diphenylamin  gelbgrüne,  dann  rote,  violette, 
blaue  Färbung. 

Diazobenzolsulfosäure,  Cß  H4  N.2 .  SO3 

n  u  /^  =  ^\ 

Sie  wird  gewonnen  durch  Eingießen  eines  Gemisches  von  sulfanil- 
saurem  Natrium  und  Natriumnitrit  in  verdünnte  Schwefelsäure. 

Weiße  in  Wasser  schwer  lösliche  Nadeln,  die  alle  Reaktionen  der  Diazo- 
verbindungen    zeigen.    Sie    gibt   als    AlkaUsalz    mit   Aldehyden    rotviolette 


1 


Reagenticil  zum  Xacliweis  der  Itiologisch  wicIitiKcii   Vorliiiuliiiigeii  1117 

Färhunii-.  iihnlich  dor  des  Fuclisiiis.  lHoe  tritt  Ix-i  allfn  AldcliNdcn  ein.  die 
in  alkiilischon  Lösunuen  Itostinidiu-  sind.  Dcinciitspii'clHMid  i-fa^^icrt  si<*  mit 
einer  Keihe  von  Kolilenliydrat«'!!.  \'>:\.  hierzu  Ta/lrNs.  d.  Haiidlnicli.  IUI.  2. 
S.  107.  Methyi-Tetrose:  violette  I-Ynhun^.  Traiihcn/iicker:  ^:ilit  die  li.-aktion 
besonders  schiin.  während  er  f,^e<;en  t'iich-iiischwefliLM'  SiUin-  indiftor.'iit 
ist.  Fornioso:  hraunviolette  bis  hi-annrote  Färlmnir. 

Kampfer,  C,„  Il,„  ( ): 

CH 

/^ 

H,c  r-cir, 
HoC  CO 

c 

Findet  sich  als  Ausscheidnnusprodnkt  des  Kanij>t('rl)aiims  \\\r  auch 
in  einer  Anzahl  anderer  pflanzlicher  Stotfe.  DarstcHung  aus  dem  Kanii»t«'r- 
baum,  ferner  synthetisch  besonders  aus  dem  Pinen  über  das  isobonieol. 
Farblose,  durchscheinende,  leicht  suldiniierende.  jjlänzende  I'rismen  vom 
Schmelzpunkt  177 — 178",  Siedepunkt  204'».  spezifisches  (iewicht  0-9h53. 
Ist  optisch  aktiv  {Xu  =  +  zirka  4ö")  in  dampfförmiiren».  i^eschmolzenom 
oder  gelöstem  Zustande,  optisch  inaktiv  iu  kristallisierter  Form.  In  Wa^.sor 
sehr  wenig  löslich. 

Kampfer  gibt  mit  einer  Reihe  von  Kohlenhydraten  und  ktui/eiitrierter 
Schwefelsäure  Farbenreaktionen.  Er  soll  gegenüber  z-Naphthnl  den  Vorteil 
haben,  gegen  kleine  Xitritmengen  unempfindlicii  zu  sein.  Traubenzucker: 
rosenrote  Färbung.  Rohrzucker:  gleiche  Reaktion. 

Fuchsin 

C    H     ^"^ 
Il().Cv^C«H,NH.,  '      HCl 

ist  das  salzsaure  Salz  der  Rosanilinbase  mit  einem  .\quivalent  Säure: 

Grüne,  metallglänzende  Kristalle,  die  sieh  in  Wasser  mit  intensiv 
roter  Farbe  auflösen. 

Eine  durch  schweflige  Säure  entfärbte  Lösung  von  reinem  Ho>aniIin 
wird  durch  Aldehyde  intensiv  rot  bis  rotviolett  gefärbt  (NcA/7/sche  lleaktion). 
Das  Reagens  wird  beigestellt  durch  Einleiten  von  Schwefligsäureanhydnd 
in  eine  0-ü2öVo'i^'''  Lösung  eines  Rosanilinsalzes,  bis  die  FliisMirkeit  nm- 
noch  schwach  gelb  gefärbt  ist.  Das  Reagens  ist  um  so  empfindlicher  !•• 
geringer  der  Überschuß"  an  schwefliger  Säure  ist.  Es  IftlU  sich  in  ver- 
schlossenen Flaschen  lange  unverändert  auflunvaliren. 


J418  L.  Pincussohn. 

Verwendbar  z.  B.  zum  Nachweis  von  Glycerinaldehyd.  Traubenzucker 
gibt  die  Reaktion  nur  unter  gewissen  Kautelen. 

Alkaloide: 

Kodein,  CigHo,  NOj.  kommt  im  Opium  vor,  aus  dem  es  auch  ge- 
wonnen wird.  Es  ist  der  Methyläther  des  Methylmorphins.  Kleine  wasser- 
freie Kristalle  oder  1  Molekül  Wasser  enthaltend,  bei  155°  bzw.  153" 
schmelzend.  Linksdrehend.  Leicht  löslich  in  Wasser,  Alkohol  und  Äther. 
Mit  Eisenchlorid    entsteht   im  (iegensatz  zum  Morphin  keine  Blaufärbung. 

Geeignet  zum  Nachweis  von  Dioxyaceton  und  dem  in  dieses  durch 
Erhitzen  mit  Bromwasser  übergeführten  Glycerin.  0"1  cm^  einer  0'5''/oigen 
Kodeinlösung  mit  0'4  cni''^  der  zu  untersuchenden  Flüssigkeit  und  2  cm^ 
konzentrierter  Schwefelsäure  geben  nach  Erhitzen  im  siedenden  Wasserbad 
eine  grünlich-blaue  Färbung,  mit  kräftigem  Absorptionsband  im  Bot.  Bohr- 
zucker: 6 — 8  Teile  +  1  Teil  Kodein  -f  einige  Tropfen  Schwefelsäure  gibt 
purpurrote  Färbung,  die  über  Violett  braun  wird. 

Veratrin,  C32H49NO9,  aus  den  Sabadillsamen  hergestelltes,  nicht 
genau  definiertes  Alkaloid,  das  in  reinem  Zustand  aus  x\lkohol  in  rhom- 
bischen Prismen  kristallisiert,  die  man  durch  vorsichtiges  Trocknen  alkohol- 
frei bekommt.  Die  Verbindung  schmilzt  bei  205".  Unlöslich  in  Wasser, 
leicht  löshch  in  Äther  und  heißem  Alkohol.  Beagens  auf  Fruktose:  beim 
Versetzen  von  6  Teilen  Fruktose  mit  1  Teil  Veratrin  und  einigen  Tropfen 
konzentrierter  Schwefelsäure  färbt  sich  die  Flüssigkeit  gelb;  die  Farbe  wird 
allmählich  über  Grün  violett.  Die  gleiche  Beaktion  gilt  für  den  Bohrzucker. 

Morphin,  Ci^HigNOg.  Wird  aus  dem  Opium  dargestellt.  Aus  Alkohol 
seidenglänzende  Nadeln  oder  rhombische  Prismen,  die  ihr  Molekül  Kristall- 
wasser bei  128"  verlieren  und  unter  Zersetzung  gegen  230"  schmelzen. 
Morphin  ist  linksdrehend.  Sehr  schwer  löslich  in  kaltem,  leichter  in  heißem 
Wasser.  Anwendung  finden  meist  die  Salze,  hauptsächlich  das  Hydrochlorid,  | 

Ci7  H]9  NO3  .HCl  4- 3H2  O,     seidenartige  Fasern   vom    Schmelzpunkt  200",  f 

löslich  in  Wasser,  sehr  wenig  in  Alkohol,  unlöslich  in  Äther.  Eisenchlorid 
erzeugt  in  einer  Lösung  von  Morphin  eine  blaue  Färbung,  die  beim 
Erwärmen  oder  Zusatz  von  Säuren  verschwindet.  Es  gibt  mit  Kohlen- 
hydraten Farbenreaktionen,  die  wahrscheiidich  auf  Furolbildung  beruhen. 
Bohrzucker :  6 — 8  Teile  -f  1  Teil  Morphin  -f-  einige  Tropfen  konzentrierte 
Schwefelsäure  gibt  purpurrote,  weinrote  oder  violettrote  Färbung,  die  all- 
mählich in  Violett,  Blaugrün  und  Gelb  übergeht.  |- 

Narkotin,  C.22H23NO7,  wird  aus  Opium  gewonnen.  Kristallisiertaus 
Alkohol  in  langen  platten  Nadeln,  die  bei  176"  schmelzen.  Unlöslich  in 
Wasser,  ziemlich  schwer  löslich  in  Äther,  leichter  in  Benzol  (Gegensatz 
zum  Morphin),  leicht  löslich  in  Chloroform,  Aceton,  Schwefelkohlenstoff. 
Es  dreht  in  neutraler  Lösung  nach  hnks,  in  saurer  Lösung    nach   rechts. 

Gibt  Farbenreaktionen  mit  Kohlenhydraten,  die  auf  Furolbildung 
zurückzuführen  sind.   Bohrzucker :   6 — 8  Teile  +  1  Teil  Narkotin  +  einige 


Reagentien  zum  Nachweis  der  biologisch  wichtigen   VprI.in.lunL'.-n.  141.» 

Tropfen    konzentrierter   Schwefelsäure    -rlM-n    ein.    -riinli.h;:ell.r  Karlmn^' 
wek'he  braungelh,  braunviolett  und  Mauviüh-tt  wird. 

Aconit  in,  C34  H^^  XO,,.  Alkaloid.  das  aus  dem  Sturinliut  f<e\vonn«'n 
wird.  Rhombische  I>rismen  od.-r  Tatein  aus  Alk.diol.  Drusen  aus  Chloro- 
form, die  beim  raschen  Erhitzen  hei  1V>7-  l^.is^  s.-hm.-lzen.  Dreht  nach 
rechts.  Die  Salze  drehen  in  wässericror  Liisun^^  nach  links.  Fast  unh.slich 
m  Wasser,  schwer  löslich  in  absolutem  Alk(d.ol  und  Hcnzol,  lehht.M-  löslich 
in  Äther.  Aulierst  -iftii--  (Geg:emnittel :  Atn.piu).  (übt  auf  Furolbihlunj; 
/uruckzufiihrende  Reaktion  mit  Kohlenhydraten.  Rohrzucker:  (i— 8  Teile 
mit  einem  Teil  Aconitin  und  einigen  Tropfen  konzmtri.Tter  Schwefelsäure 
geben  orangegelbe,  nach  anderen  Angaben  msainte  Färbung,  die  über 
Violett  braun  wird. 

3.  Reagentien  zur  Bestimmung  der  Eiweißkörper  und  ihrer 

Abbauprodukte. 

.ä-Naphthalinsulfochlorid,  (  ,„11;  (So..  (1): 

H      H 

C.       (', 

c 

Hc/"^/\c.S().,Cl 


r  ^  c 
11     II 

Es  wird  dargestellt  aus  einem  Molekül  naphtlialinsulfosaurem  Natrium 
mit  V/o  Molekül  l'hosphorpentachlorid.  Das  im  Handel  erh.ilf liehe  ist  zum 
Teil  nicht  ganz  rein:  es  wird  zweckmäßig  durch  Destillation  bei  (>:'i  >»m 
gereinigt  und  stellt  dann,  nach  rmkristalli.sieren  aus  Benzol,  Kristall«-  dar. 
die  bei  78"  (korr.  79»)  schmelzen,  2"  höher  als  sonst  in  der  Literatur  an- 
gegeben. 

ß-Naphthalinsulfochloii(l  dient  zur  Identifizierung  von  Amino- 
säuren und  Polypeptiden,  fber  die  Anstellung  der  Keaktion  vgl.  Mnivrhnhlru, 
d.  IIandl)uch.  Bd.  2.  S.  495  und  .'):'.  1.  Na|ilithaliiisulfochlorid  gibt  im 
(iegensatz  zu  Benzolsulfochhu-id  auch  mit  den  (»xyaminosäuren  und  Poly- 
peptiden gut  charakterisierte  Derivate.  {I'isrlnr  und  iienidL  Ber.  d.  deutsch, 
ehem.  Ges.,  Bd.  30,  S.  :1779.) 

ß-Naphthalinsulfoglycin,  C',o  "t  ••'""j  Ml  •  ^  "j  ■^"""-  -lus  der 
alkalischen  Lösung  beim  Ansäuern  in  der  Kälte  sofort  als  kristallini.'^rher 
Niederschlag  ausfallend.  Aus  heiltem  Wasser  langgestreckte,  meist  büschel- 
förmig verwachsene  Blätter  ohne  Kristallwasser,  die  bei  l;')!"  sintern  und 
bei  156"  (korr.  I59"j  srhmelzen.  Sehr  schwer  löslich  in  kaltem,  mäliig 
löslich  in  kochendem  Wasser,  leicht  löslich  in  Alkohol. 


2420  L-  Pi  Ileus  söhn. 

ß-Naplithalinsulfo-d,l-alanin,  C10H7  SO2.NH.  CHfCHa)  .COOH, 
farbloses,  bald  kristallinisch  erstarrendes  Öl.  Feine  zu  Aggregaten  ver- 
wachsene Nadeln.  Schmelzpunkt  150 — 151 «  (korr.  152 — -1530).  Schwer 
löslich  in  kaltem,  leichter  in  siedendem  Wasser. 

ß-Xaphthalinsulfo-d -alanin,  feine,  meist  büschelförmig  ver- 
wachsene Nädelchen,  die  bei  62"  sintern  und  bei  78 — 80"  (79 — 81°  korr.) 
schmelzen.  Beim  Trocknen  verliert  die  Sul)stanz  Kristallwasser;  sie  sintert 
dann  von  117«  ab  und  schmilzt  bei  122 — 123". 

ß-Naphthalinsulfo-dl-leucin,  CioH,  .SO2  .NH.CH(C4H9).COüH. 
aus  heißem  verdünnten  Alkohol  farblose,  glänzende  Blättchen,  die  bei 
145 — 1460  (^korr.)  schmelzen.  Schwer  löslich  in  heißem  Wasser,  sehr  leicht 
löshch  in  Alkohol  und  Äther. 

ß-Naphthalinsulfo-1-leucin,  aus  20"/nigem  Alkohol  lange,  dünne, 
spießartige  Prismen,  die  bei  60°  sintern  und  bei  67°  (korr.  68")  zu  einem 
farblosen  Öl  schmelzen.  Sehr  schwer  löslich  in  Wasser,  leicht  löslich  in 
Alkohol  und  Äther. 

ß - N  a  p  h  t  h  a  1  i  n  s  u  1  f  0  - p  h  e n  y  1  a  1  a n i n ,  Cjo  H7  .  S O.^  .  NH  .  CH 
(COOH).  CH.2  .Cß  Hg.  Kristallisiert  erst  nach  längerem  Stehen.  Aus  heißem, 
sehr  verdünntem  Alkohol  weiße,  asbestartige,  aus  feinen  Nadeln  bestehende 
Masse,  aus  Wasser  feine  Nädelchen.  die  sich  zu  kugelförmigen  Aggregaten 
zusammenlagern.  Kristallwasserfrei.  Schmelzpunkt  141 — 142"  (143 — 144" 
korr.).  Es  ist  auch  in  kochendem  Wasser  schwer  löslich,  leicht  löslich  da- 
gegen in  Alkohol  und  Äther. 

Aktive   ß-Naphthalinsulfo-y.-pyrrolidinkarbonsäure,   Cio H7 . 

/CH2 CH2 

S02.N<^  I     .     Fällt    aus    der  alkalischen   Lösung  als  schnell 

\CH(C00H).CH2 
festwerdendes  Öl  aus.  KristaUisiert  aus  heißem,  verdünntem  Alkohol  und 
aus  Wasser  in  dünnen,  oft  zentimeterlangen  Blättchen  mit  1  Molekül 
Kristallwasser.  Sie  sintert  bei  80"  und  schmilzt  bei  133"7"  (korr.);  wird 
die  Substanz  vorher  bei  90"  getrocknet,  so  schmilzt  sie  scharf  bei  138* 
(korr.).  Schwer  löslich  in  kaltem  Wasser,  löslich  in  130  Teilen  kochenden 
Wassers,  leicht  löslich  in  Alkohol. 

ß-Naphtlialinsulfooxy-7.-pyrrolidinkarbonsäure.  C15H15  O5N. 
S  -f  H,  0.  Aus  Wasser  dünne,  manchmal  langgestreckte  Blättchen,  die  bei 
86"  sintern  und  bei  91 — 92"  (korr.)  zu  einem  hellbraunen  öl  schmelzen.  Schwer 
löslich  in  kaltem ,  leicht  löslich  in  kochendem  Wasser,  ziemlich  leicht  lös- 
lich in  Äther ,  leicht  löshch  in  Alkohol.  Die  Verbindung  enthält  1  Molekül 
Kristallwasser. 

ß-Naphthalinsulf o-serin.  C,,  H^ .  SO2  .NH.  CH  (CH2 .  OH).  COOH, 
wird  zunächst  amorph  erhalten,  nach  wiederholtem  Umkristallisieren  wird 
es  kristaUisiert  gewonnen,  und  zwar  hauptsächlich  kristallwasserfrei  beim 
raschen  Abkühlen  einer  konzentrierten  Lösung,  am  besten  aus  heißem 
Alkohol.  Schmelzpunkt  214"  (korr.).  Löslich  in  ungefähr  70—80  Teilen 
kochenden  Wassers,  leicht    löslich  in  Alkohol,    ziemlich    schwer   löslich  in 


r 


Keaffcnticn  zum  Naclis\cis  der  hiulotrisdi   wii-htip'ii  Vorbiiuliii.;;.i.  l  l^i 

Äther.    Ferner    existiert    eine   liristallwasserlialti^^e  \  crldiKlnii^'  mit  walir- 
scheiiilidi  ;;  Molekülen  Kristallwasser. 

I)i-,ä->;ai)htlialinsnlfotyr()sin.  (',„  H^  .  S()„  .  ( ) .  (",  H,  .  CII,  .  ('II 
(C'()()H).NH.S().,.(\oH,.  Kntstclit  als  weilier  flnrki-er  Nied.T.scJiJa-'lM-ini 
Scliüttelii  einer  alkalischen  Lüsinii;  von  T.vnoiii  und  i-inrr  atJuTisrhen 
Lösung  von  [i-Naphthalinsiihochlorid  im  riH'rsclnil.  in  weiüm  Florken  als 
Natrinmsalz.  Dieses  kristallisiert  in  Nadeln,  die  l.ci  ^fiO"  sinf«Mii  nnd  l»ci 
252—254"  nnter  Sehäunien  schnici/cn.  Ziendieli  leicht  löslich  in  heiCcni 
Wasser  inid  heil.lein  Methylalkohol,  schwer  l(.s|i,ji  i,,  denselhrn  in  der 
Kälte,  sehr  schwer  löslich  in  Ail<oliol.  iinlii-licli  in  .\tliei  und  llen/.ol.  i>ie 
\'erl)indnn<'  uiht  die  Millonsrhv  Iveaktion  nicht,  hie  dnicli  .^iialfnn;:  mit 
Salzsäure  gewonnene  tVeie  Siinre  bildet  Nadeln  oder  l'.lnttchen,  die  hei 
100 — 102"  zu  einem  z;tlien  Ol  sclnnelzen.  welches  er>t  üImt  Il'O"  fjüssi-.' 
wird.   IJariumsalz:  auch  in  heiiieni   Wasser  schwer  löslich. 

(i-Naph;thalinsulfo-d-arginin,  Cß  H,,  N^  (),  .SO, .  II,  (',„.  Bildet  ein 
weißes,  leichtes  Pulver,  das  bei  87 — 89°  farblos  schmilzt. 

.3-Naphthalinsuifo-d-ornithin,  Cg  H,nN.,  (>.,  (SO,  11.  c,„j,.  wird  als 
körniger,  weißer  Niederschlag  erhalten,  der  bei   189"  schmilzt. 

ß-Xaphthylinsulfo-l-tryptophannatriuin.  (',,  II,;  N...  o^  .  .^Na. 
Mikroskopi.sche  Nadeln  vom  Schmel/piinkt  ;;()4". 

fi-Naphthalinsulio-galaheptosaminsäure,  C,„ll;  .>o,  .Nil  .(II 
(C0()H).(CH.()li)4.CH.,.OH.  Schmelz|)unkt  gegen  2(U«(konM  unter  Zer- 
setzung, leicht  löslich  in  heiiiem.  .schwer  löslich  in  kaltem  Wasser:  .schwer 
löslich  in  Alkohol  und   .\tlier. 

[i-Naphthalinsulfo-glycyl-glyein,  (.',„  H; .  SO.. .  NU  .(•||,.('o.  Nil . 
CHa.COOH.  ölige  Fälhing,  die  beim  .Vbkühlen  auf  ()"  in  einen  Kristallbrei 
verwandelt  wird,  der  ans  heiHem  Wasser  oder  .Mkolml  umkristallisiert  wird. 
Die  Sul)stanz  enthält  1  Molekül  Was.ser,  das  bei  Kto"  entweicht.  l)as  ge- 
trocknete Produkt  schmilzt  bei  180  ls2"  (korr.).  Löslich  in  15.045  Teilen 
Wasser  von  20",  in  45  Teilen  Wasser  von  1  (»(>«.  leidit  löslich  in 
kochendem  .Vlkohol.  Leim  Kochen  der  wässerigen  Lösung  mit  Knpferoxyd 
gibt  der  Körper  leicht  ein  Kiipfersalz.  das  schwei'  löslich  ist  und  sich 
beim  Erkalten  als  hellblaue,  mikrokristallini.sche  Masse  —  sehr  kleine 
Nadeln  oder  Prismen  —  abscheidet :  sehr  dünne  rhombische  Tafeln  und 
lilättchen.  Silbersalz:  schwerlöslich  in  kaltem  W  as.-er.  Lariumsalz:  Nadeln, 
die  in  heißem  Wasser  schwer  löslich  sind.  Magne>iinnsalz:  .sehr  feine, 
sternförmig  zu.sammenliegende  Nadeln,  leichtei-  löslich.  I'.leisal/:  dünne. 
ghtzernde  lUättcheii.  in  kaltem  und  auch  in  heißem  Wasser  sehr  .schwer 
löslich.  Cah'iumsalz:  sehr  dünne  zngespitzte  P.lätter,  in  heißem  Wasser 
etwas  leichter  lö.slich  als  das  llariinnsalz. 

;i-Naphthalinsulfoglycyl-d-alanin.i  ,  Jl..  .M». .  Nll.l  IL  .C  ( ».  NIL 
CH(CH3).('00ll.  Fällt  zunächst  bei  der.  lieaktion  als  ()\  ans.  das  schnell 
kristallini.sch  erstaii't :  bei  wiederlndtem  Inikristallisieren  werden  grolK', 
glänzende  Plättchen  erhalten,  die  bei  154  155"  (korr.l  schmelzen.  Tutor 
Umständen    wird    i-ine  kristallwasserhaltige   Verbindung  erhalten,    die  bei 


J422  L-  Piiicussohn. 

derselben  Temperatur  schmilzt,  jedoch  etwas  unter  100°  sintert.  Die 
Säure  dreht  in  alkalischer  Lösung  -f  7*1 1"  nach  rechts.  Sehr  schwer  löslich 
in  Äther  und  kaltem  Wasser,  ziemlich  löslich  in  kochendem  Wasser,  leicht 
löshch  in  Alkohol.  Die  amorphe  Silber-  und  Bleiverbindung  ist  schwer 
löshch,  nicht  dagegen  das  Calcium-  oder  Bariumsalz  im  Gegensatz  zu  den 
Salzen  des  isomeren  ß-Naphthalinsulfo-d-Alanylglycins. 

ß-Naphthalinsulfo-d-alanyl-glycin.  Cj,  H,.  SO2.NH  (CH3)  CO. 
NH.CHg.  COOH.  Nach  wiederholtem  Umkristallisieren  Blättchen  von 
seidigem  Glanz,  ohne  Kristallwasser,  die  ganz  rein  scharf  bei  180"5 — ISl'ö« 
(korr.)  schmelzen.  Die  Säure  zeigt  in  alkalischer  Lösung  eine  spezifische 
Drehung  von  —  63'71".  Schwer  löslich  in  kaltem  Wasser,  ziemlich  löslich 
in  kochendem  Wasser,  leicht  löslich  in  Alkohol,  schwer  löslich  in  Äther.  — 
Äthylester:  lange,  büschelförmig  aneinander  hegende  Nadeln,  die  bei  104" 
(korr.)  schmelzen.  Das  Silber-  und  Blei  salz  ist  in  kaltem  Wasser  schwer  löshch, 
das  Calcium-  und  Bariumsalz  etwas  leichter,  jedoch  besser  kristaUisierend. 

Ein  Trennungsverfahren  für  ß-Naphthalinsulfoglycyl-d-alanin  und 
ß-Naphtlialinsulfo-d-alanylglycin  beruht  auf  der  geringen  Löslichkeit  der 
Calcium-  und  Bariumsalze  der  letzteren  Verbindung. 

ß-Naphthalinsulfoglycyl-tyrosin,  CioH7.SO.,.NH.CHo.CO.NH. 
CH  (COOH) .  CH.2 .  Cß  H, .  OH.  Winzige,  verfilzte  Nädelchen.  die  bei  158" 
sintern,  bei  16P  (korr.)  schmelzen.    Beim  UmkristaUisieren  aus  sehr  ver-  | 

dünntem  Alkohol  beiderseitig  zugespitzte  Nadeln  ohne  Kristallwasser,  die 
bei  157     158"  sintern  und  bei   166 — 166-5o  (korr.)  schmelzen. 

Sehr  schwer  löshch  auch  in  heißem  Wasser,  schwer  löshch  in  Äther 
und  Chloroform,  leicht  löshch  in  Aceton  und  in  Alkohol,  besonders  in  der 
Wärme.  Löslich  in  Ammoniak  und  verdünnten  Alkalien;  in  diesen  Lösungen 
dreht  es  etwas  nach  rechts.  Durch  Ansäuren  wird  die  Verbindung  gefäht. 
Sie  wird  durch  Pankreatin  leicht  gespalten. 

ß-Naphthalinsulfoglycyl-dl-leucin,  Cjo  H,  .SO«  .NH.CH2  .CO. 
NH.CH(COOH).CH2.CH(CH3),.  Fällt  bei  der  Reaktion  zunächst  ölig  aus, 
um  bei  längerem  Stehen  bei  0"  zu  kristallisieren.  Aus  heiliem  20"/oigen 
Alkohol  ziemlich  lange,  zu  Sternen  gruppierte  Nadeln  oder  Blätter  ohne 
KristaUwasser.  Sintert  bei  120"  und  schmilzt  ziemlich  scharf  bei  124*3"  bis 
125".  Die  Verbindung  ist  auch  in  heißem  Wasser  ziemhch  schwer  löslich, 
ebenlahs  ziemlich  schwer  löslich  in  Äther,  leicht  löshch  in  Alkohol  und 
Essigäther.  Bildet  ein  schwer  löshches  Bariumsalz. 

Di-ß-Naphthalinsullotyrosyl-dl-leucin,  C,o  H^ .  SO^  .0.  C^H^ . 
CH2 .  CH  (NH .  SO., .  Co  H7)  CO .  NH .  CH  .  (C(  )0H) .  CH2  .  CH  (CH3).,.  Kleine, 
zu  Sternen  gruppierte  Nädelchen  ohne  scharfen  Schmelzpunkt,  die  bei 
90"  sintern  und  unscharf  von  100 — 105"  schmelzen.  Auch  in  heißem  Wasser 
ist  die  Verbindung  schwer  löshch,  ebenso  in  Äther,  dagegen  leicht  löslich 
in  kaltem  Alkohol,  Essigäther,  Aceton  und  Chloroform.  Pankreatin  in 
alkahscher  Lösung  zersetzt  die  Verbindung  nicht. 

ß-Naphthalinsulfo-d,l-leucylglycin,  Schmelzpunkt  104 — 105"; 
es  liefert  ein  leicht  löshches  Bariumsalz. 


i 


CH 

Taf 


Reageutieu  zum  Nacliweis  der  biologisch  \\ioliti(,'eu  \ Crliiiidungcii.  1  }•';; 

ß-Naphthalinsulfü^lycyl-l-liMitiii,  C'.o  H;  •><»•••  Ml  •  ^  li,.(  <).  Ml . 
:(C(H)H).CH.,.CH(CH,),.  Aus  6()'Vüi^'('in  Alkohol"  lan^r...  rVcht.-rki^'»* 
[■("In.  die  hei  144— Uä«  schmelzen.  Spcziiiscju'  hn-huii},' uiit,'efiUir -»-  i;i". 


Phenylisocyanat,  i\  Hj, .  N  : (' :  ( ): 
CH 


HC 


CH 


wird  gewonnen  aus  Phenylurethan  (linrh  Ih'stillatidu  mit  l'ho-iihorp.'iita- 
chlorid.  Farhlose,  die  Augenhindchaiit  stark  ivi/cndf  Miissiirki-it  vom 
Siedepunkt  166".  Es  bildet  mit  primären  und  sekundün-n  Aminen  wie  mit 
Aminosäuren,  auch  mit  Aminozuckern  und  Peptonen  charakferisti.sche  N'cr- 
hinduniien.  Über  die  Methode  des  Nachweises  von  .Vminosäuron  mit 
Phenylisocyanat  vgl.  Abderhalden,  dieses  Handhuch,  l'.d.  2.  S.  .p.i6.  Sehr 
charakteristisch  ist  u.  a.  die  Leucinveri)indung. 

Glukosamin-iihcnylisocyanat  Verbindung: 

™=""'^'"""'»<'"vnh"c...nii.c'.i.,.. 

Es  entsteht,  wenn  man  eine  gut  gekidilte  Lösung  von  '2-Ji>fj  (iIuko>amin- 
chlorhydrat  in  HO  cm^  Wasser  und  10  crn^  n-Kalilange  tropfenweise  unter 
stetem  Schütteln  mit  1-19  g  Phenylisocyanat  versetzt,  als  amorphes  Pro<lukt. 
Bei  Istündigem  Erwärmen  mit  20''  oifi^'^'  Essigsäure  im  Wasserhad  i:<'lit 
es  fast  (quantitativ  in  sein  Anhydrid,  x-Tetrao.\yl)Utyl-v-l'henvl-/ -  H\dro- 
xvimidazol: 

C  =  CH 
/ 
CH2()H.(CHOH)^N:C.X.C  II,. 

(»11 

weiße  rhombische  Kristalle,  die  sich  bei  200"  bräunen  und  bei  L'IO"  schmelzen. 
wenig  löslich  in  Wasser  und  .Vlkohol.  7.,,  = -f  T(")-9".  Inlolge  seiner  l'n- 
löshchkeit  in  alkalischen  Flüssigkeiten  ist  ein«'  Tn-nrnniL'  von  L'leichzeitig 
anwesenden  Aminosäuren  ermöglicht. 

Phenylisocyanat-7.-aminoisovaleriansäure.(C!lj  1,  C'H  ClliNH  . 
CO.NH.CeHB^.COOH.  Durch  I.ö.sen  der  .\minosäure  mit  einem 
Mol.-Gewicht  Kalilauge  in  i'.o  Teilen  Wasser  und  Zufügen  von  »,  Mol. 
Phenylisocyanat  unter  heftigem  Kühren  bei  0".  iJeim  Ansäuern  des  Kiltrates 
als  zähe  harzige  Masse  ausfallend,  die  später  kristallini.sch  erstarrt.  Aus 
heißem  Wasser  umkristalUsiert,  farblose  Plättchen,  die  ix-i  1  »;:;•:-)«  (korr.) 
unter  Zersetzung  schmelzen.  Leicht  ir-slich  in  Alkalien  umi  .Mkalikarhonaten, 
ziemlich  leicht  löslich  in  heilleni  .Mkolml.   schwer  l.lslich  in   .\ther. 


1424  L.  Pincussohn. 

Plienylisocyanat-a-amino-n-valeriansäure,  CH3 .  (CHols  •  t^H. 
(NH.CO.NH.CeHß).COOH.  Wird  erst  über  das  Hydantoin  kristaninisch 
gewonnen.  Aus  heißem  Wasser  farblose  Blättchen,  die  bei  IIQ«  (korr.) 
unter  Zersetzung  schmelzen.  Fast  unlöslich  in  Ligroin,  schwer  löslich  in 
heißem  Wasser,  leicht  löslich  in  Äther,  Aceton,  Chloroform. 

Phenylisocyanat  -  a  -  aminomethyläthyles  sig  säure.  Schmelz- 
punkt 179—1800  (korr.). 

Phenylisocyanat- ß-aminoisovalerian säure,  (0113)2  C  (NH. CO. 
NH .  Cß  H5) .  CH2 .  COOH.  Aus  Wasser  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  137«  (korr.). 
Sehr  schwer  löslich  in  kaltem,  ziemlich  leicht  in  kochendem  Wasser,  leicht 
löslich  in  Alkohol  und  starker  Salzsäure,  sehr  schwer  löslich  in  Äther. 
Durch  Kochen  mit  Salzsäure  entsteht  das  Anhydrid,  das  l-Phenvl-4-Dimethyl- 

/N(C3H,)-C0\ 
hydrouracil,  OC  CH„  aus  heißem  Alkohol  lange  farblose  Nadeln, 

\NH— CiCHa)^/ 
leicht  löslich  in  heißem  Alkohol,  sehr  schwer  löslich  in  Wasser  und  Äther. 
Schmelzpunkt  237°. 

Phenylisocyanat-d-phenylalanin,  Cß  H5 .  CH, .  CH .  COOH 

I 
NH.CO.NH.CgHs, 

aus  Wasser  farblose  Nadeln,  die  bei  180 — 181"  (korr.j  schmelzen,  fast 
unlöshch  in  kaltem  ^^'asser,  Äther  und  Ligroin,  leicht  löslich  in  heitrem 
Alkohol.  In  alkaUscher  Lösung  y.j)20=  +  61-21'^. 

Phenylisocyanat- 1 -Phenylalanin,  Cg  H5 .  CHo .  CH  .  COOH  NH  . 
CO .  NH .  Ce  H5,  aus  heißem  Wasser  farblose  Nadeln,  die  gegen  200" 
schmelzen.  Fast  unlöslich  in  kaltem  Wasser  und  Äther,  leicht  löslich  in 
heißem  Alkohol.  aj,20  in  alkahscher  Lösung  =  —  61-25". 

Phenylisocyanat-dl-leurin.  (CHj),  CH.CJL  .CH.COOH 

NH  .  CO  .  NH .  Ce  H5, 

fällt  aus  warmem  Alkohol  durch  Zusatz  von  heißem  Wasser  bis  zur  Trübung 
in  farblosen  Nadeln,  die  bei  1(35"  (korr.)  unter  Gasentwicklung  schmelzen. 
Aus  Alkohol  flache  Prismen  oder  glänzende  Blättehen.  Ziemhch  schwer 
löshch  in  kochendem  Wasser,  sehr  leicht  in  siedendem  Alkohol,  Aceton  und 
Essigester,  schwerer  in  Äther,  Chloroform  und  Benzol.  Sehr  geeignet  zur 
Erkennung  des  Leucins. 

Phenylisocyanat-d-isoleucin,  Cj,  Hjg  N.,  O3,  weiße,  glänzende 
Blättchen,  die  bei  119 — 120"  schmelzen.  Uidöslich  in  kaltem,  leicht  löshch 
in  heißem  W^asser,  Chloroform,  Alkohol.  Äther.  Aceton,  Essigester.  (Jptische 
Drehung:  in  alkalischer  Lösung  ist  7.^20=  +  14-92". 

Phenylisocy  anat-oxyprolin,  C12  Hj^  O^Ng. Feine,  meist  zu  Büscheln 
verwachsene  Blättchen,  die  sich  gegen  175"  zersetzen. 

Phenylisocyanat-serin,  CH^  (OH)  .CH.COOH  NH.CO.NH.CgH.,, 
aus  Wasser  feine,  meist  sternförmig  vereinigte  Nadeln,  die  bei  168 — 1(30" 
(korr.)  schmelzen.  Leicht  löshch  auch  in  kaltem  Wasser,  noch  leichter  in  Alkohol. 


i 


Reagentien  zum  Nacliweis  der  bioloirisrli   snchtigcii   Vi'rliimliiiiL'en  Ml'.') 

rheiiylisocvaiiat-iso.soriii.  ('„Il.-'^H  •'•'M'^  l'-^  ll(<»ll,.(  ooli 
Lange  Tafeln,  die  hei  IH;;— 1^4«  (korr.)  uiittT  (iascntwickluii^'  xlinicl/eii. 
Leicht  löslich  in  Alkohol,  fast  unlöslich  in  Athci.  Leicht  lü.slich  in  heillein. 
schwerer  in  kaltem  Wasser.  l)ie  \erhin(lnii^'  wini  im  (ievrcnsatz  /u  «len 
Phenylisocyanatderivaten  der  gewöhnlichen  -/-AminosannMi  dinch  Kochen 
nnd  Abdampfen  mit  ^f^Voiger  Salzsiinre  nicht   in  (la>  .\nh\drid  iil»'rgefillirt. 

Phen ylisocyanat-l-])yrrolidinkarl)oiisiiure.  /n  ihrer  l)ar>»telliiM!.' 
werden  l'S  g  l-Pyrrolidinkarhonsänre  in  1")  «■///■'  Noniiahi:itniiilaii;.'e  j/eji»! 
und  nach  guter  Ahkiihhinii'  2  g  Phenyhsocyanat  in  kleinen  Portionen  unter 
kräftigem  Schütteln  zugefügt.  Nach  Knt feinen  nnd  Filtrieren  de-^  lleaktions- 
produktes  wird  angesäuert,  wobei  die  Isoc\anatverltindun;r  als  harzige  Masse 
ausfällt.  Durch  /ufüuen  von  soviel  Salzsäuic.  dal',  die  LÜNuni:  etwa  4*»  „  «lavon 
enthält,  und  Kinengen  auf  dem  Wasserbade  bilden   <ich  die  Kristalle  des 

.\nhydrids.    die    aus    kochendem    Wasser    innkristallisiert    werden. 

Hieraus    flache  Nadeln,    die    bei    144"   (korr.)  schmelzen,    leicht   hKlich    in 

Alkohol  und  Aceton,  mäliiü  leicht  löslich  in  Wasser,  schwer  löslich  in  Äther. 

Die  Verbindung  (Strukturformel  s.  bei  der  \erbindung  de>«  llaceiiikorper««) 

ist  zur  Erkennung  der  aktiven  Pyrrolidinkai'bonsäure  gut  i:eeii:net. 

Phenvlcvanat-dl-pvr  rolidinkarbonsäure.     CIl ,  (11 

Cn',  ('II  "(•<••  •!! 

"^VCO.NIl    (  Jl„ 

ziemhch  schwer  löslich  in  heißem  Wasser,  leicht  löslich  in  Aceton  und 
Alkohol.  Schmelzpunkt  gegen  170"  unter  Aufschäunu'n.  Sie  j.'eht  heim  Kr- 
hitzen  mit  starker  Salzsäure  in  das  Anhydrid: 

CHo- — CH., 

I 

CH.,     CH.LO 

^^M'o.N.CJL, 
über,    aus   heißem    Alkohol   feine   farblose   l'rismen.   die   i»ei    11>"   (korr.) 
schmelzen.    Ziemlich    leicht    löslich    in    heißem  Was.ser.    w.irniem    .\lkohol. 
schwerer  löshch  in  Äther. 

Phenylisocyauat-dl-lysin.  tarblo>e  Nadeln,  tlie  bei  I^^l'«  ikorr.i 
sintern  und  bei  ISrv  (korr.)  schmelzen.  Fast  unlöslich  in  Was.ser.  ebenso 
in  starker  heißer  Schwefelsäure. 

Phenylisocyanat-d-lysin.  Schmelzpunkt  is.".  1  s4Mkorr.i  (//rrcoy. 
Zeitschr.  f.  phys.  Chem..  P.d.  34.  S.  020). 

Phenyiisocyanat-7.-a  m  i  n  o-y-oxy -va  1  e  ria  n  -au  re    (Laktoin. 

Schmelzpunkt  1()5     1  )*)('."  (korr.i. 

Phenylisocyanat-glycylirlvcin.  CJl. .  Ml .  (  n  .  MHIL -^  « '■  Ml 
CH,  .(.'OOH.  Aus  (Tlvcylglycinester  in  Normallauge  mit  Phenylisocyanat  ««nt- 
steht  dasNatiiumsalz,  aus  dem  dmch  .\nsäuern  mit  verdünnter  KssigsiUire  das 
Phenylcyanatglycylgiycin  gewonnen  wird.  Feine  seidentrlrmzemle  Nadeh».  boi 
1  ";■)"( korr.)  unter Zer.setzting .schmelzend.  Ziendich  leicht  löslich  in  heilltMu  Alko- 
hol, sehr  schwer  löslich  in  .\ther.  Die  alkali.sche  Lösung  gibt  nicht  l?inretreaktion. 

Abderhalden.    Handbuch   dor  binchcmigchen  Arbeitgmrth.Klm.  V.  iJO 


\ 426  ^-  P  i  11  e  II  s  s  0  h  n . 

Pheiiylisocyanat-a-leucylphen}iaI;iniii.  CgHs  .NH.CO.NH.CH 
(C4H9)CO.NH.CH   _  Durch  Umlösen  in  Essigester  und  Zuoabe 

XCH^    .   L,;    H5. 

des  doppelten  Volumens  Petroläther  werden  sechsseitige,  anscheinend  rhom- 
bische Tafeln  gewonnen,  welche  bei  193  195"  (korr.)  unter  Zersetzung- 
Schmelzen.  Sehr  schwer  löslich  in  Wasser,  fast  unlöslich  in  Petroläther. 
mäßig  löslich  in  Benzol  und  Chloroform,  leicht  löslich  in  Alkohol.  Äther. 
Essigester  und  Aceton. 

Phenylisocyanat-'i-leucylphenylalanin.  Wird  auf  gleiche  Weise 
wie  die  isomere  Form  analysenrein  erhalten.  Mikroskopisch  kleine  Nadeln, 
die  konstant  bei  18;-^ — 184"  (korr.)  schmelzen.  Die  Lösungsverhältnisse  sind 
die  gleichen  wie  bei  der  a-Verbindung. 

Phenylisocyanat-alanyl-leucin  A.  Cg  H5  .NH.CO.NH.CH  (CH3). 
C0.NH.CH.(C,H9)C00H.  Wird  gewonnen  durch  Lösen  des  Dipeptids 
in  etwas  mehr  als  der  für  1  Molekül  berechneten  Menge  n-Natronlauge 
mid  tropfenweisen  Zusatz  der  berechneten  Menge  Phenylisocyanat  zu  der 
auf  0"  abgekühlten  und  kräftig  geschüttelten  Flüssigkeit.  Die  alkahsche  ab- 
filtrierte Flüssigkeit  wird  mit  verdünnter  Salzsäure  übersättigt:  die  anfangs 
klebrige  Verbindung  erstarrt  bald  kristallinisch  und  wird  aus  heißem  Äthyl- 
acetat  umkristaUisert.  Aus  heißem  Wasser  mikroskopische  vierseitige  Plätt- 
chen, die  unter  Zersetzung  bei  214 — 218"  (korr.)  schmelzen,  leicht  löshch 
in  Alkohol,    schwer   löshch   in    Wasser,   sehr  schwer  in  Äther  und  Benzol. 

Phenylisocyanat-alanyl-leucin  B  wird  auf  die  gleiche  Weise  wie 
das  Isomere  dargestellt.  Aus  heißem  Wasser  mikroskopische,  zu  Büscheln 
vereinigte  Nadeln,  die  bei  185—189"  (korr.)  schmelzen. 

P'henylisocyanat-leucyl-isoserin  A.  C,  H^ .  CH.CO.NH.CH2 .  CH 
(OH) .  COOH  .NH  .  CO . NH .  C,  E-,.  Die  in  üblicher  Weise  gewonnene  Substanz 
wird  in  Essigäther  gelöst  und  mit  Petroläther  gefäUt  oder  aus  heißem 
Wasser  umkristallisiert.  Bei  langsamem  Kristallisieren  bilden  sich  gewöhn- 
hch  kleine  Prismen,  die  bei  176 — 177"  (korr.)  schmelzen.  Die  Verbindung 
ist  in  Alkohol,  Aceton,  Essigäther  leicht  löslich,  in  Petroläther  dagegen  fast 
gar  nicht  löslich. 

Phenylisocyanat-leucyl-isoserin  B,  auf  die  gleiche  Weise  her- 
gestellt wie  das  Isomere,  fällt  aus  heißem  Wasser  in  vierseitigen  Prismen 
aus.  die  an  einem  Ende  abgestumpft  sind.  Schmelzpunkt  192 — 193"  (korr.). 

a-Naphthylisocyanat,  Cj,,  H^  X  =  CO 
H       H 


C.N  =  C  =  0 


Roagentien  zum  Nacliweis  dor  liioloi^iscli   wichtigen  Vcrliiiulun^en  1427 

Durstelluiif»  aus  a-Naijlithyliiicthan  mit  ciiiciii  crlifliliclicii  riH-rsclitili 
von  rhüSj)horsäun'anIiy(lri(l. 

Es  bildet  eine  Flüssigkeit  vom  Schmelzpiiiikl  i'To";  im  <  n-Ken>al/  /um 
rhenylisocvaiiat  entwickelt  es  keine  steclicndcn.  j^Mftitxcn  hilmpfc  Ks  ist 
gegen  Wasser  ziemlieli  beständig  und  kann  olnif  Kiddun^'  mit  der 
alkalischen  Lösung  der  Annnosäure  zusannnengebraclit  werden.  hcrCbtTseliuli 
verwandelt  sieh  in  den  ganz  unlöslichen  Dinapiitiiyllianistorf:  von  diesem 
wird  abfilti'iert  und  das  Filtrat  angesäuert,  hurcli  Krhit/.cn  mit  Ibryt- 
wasser  können  die  Aminosiiuicn  aus  der  Isocyanatvcrbindung  regeneriert 
werden. 

a-Naphthylisocyanat-glyein.  (JOOII.C  li., .  Ml  .((».  Mi.(',oH-. 
Feine  farblose  Nüdelchen  ohne  Kristallwasser,  die  Itci  l'.tof)  lyrö" 
schmelzen.  Die  Verbindung  ist  anl'ier  in  Alkalien  auch  in  .VmnKuiiak  Üb- 
lich. Durch  Zusatz  von  Bariunichlorid  oder  liarytwasser  zu  der  amnio- 
niakalischen  Lösung  fällt  das  sehr  schwer  lösliche  llarium.salz  aus.  das 
zur  Trennung  des  Glykokolls  von  den  anderen  Aminosäuren  benutzt 
werden  kann. 

oc-Naphthylisocyanat-dl-alanin,  COOll  .CII  (rH,).NH  .CO.  IIN  . 
C10H7.  Kleine  Nädelchen  vom  Schmelzj)unkt  1*>S^  Das  liariumsalz  ist 
ziemlich  leicht  lö.slich. 

a-Naphthylisocyanat-n-dl-aminobuttersäure,  COOH.CII.K'H,^. 
CHsI.NH.CO.MI.C^oHt.  Scheidet  sich  aus  verdünntem  Alkohol  in  langen, 
spießigen  Kristallen  vom  Schmelzpunkt  im     U';')"  ab. 

a-Naphthylisocyanat-leucin,  COOlI.Cll  (t ,  11,).  .Ml .  C  ( » .  Ml . 
C10H7.  Sehr  schwer  lösliche,  lange,  spießige  Kristalle  vom  Schmclzjjnnkt 
16:)ö".  Besonders  gut  zum  Nachweis  des  Leucins  geeignet. 

a-Naphthylisocyanat-1-tyrosin.  COOH  .CHlCIl,  .C,  HJOll|i. 
NH .  CO .  NH .  Cio  H-.  Feine,  sternförmig  gruppierte  Nadeln,  dir  bei  -Joö  l»«  Ki« 
schmelzen. 

X - N a p h  t  h  y  1  i  s 0 c y  a  n  a t  -  g  1  u  t  a  ni  i  u  s ä  u  1- (■ .  C<  »<  ijl .  ( C'H,  1, .  CH 
(COOH).NH.CO.NH.C,oH7.  Aus  9U"/oigem  Alkohol  lange  verfil/te  Nädel- 
chen vom  Schmelzpunkt  2.'>(;     l>:')7". 

a-Naphthylisocy;inat-cystin: 

COUH.CII.MI.CIL.S        \ 

CO.  Ml.  C, oll./. 
Voluminöse,  über  l'liosplior.säureanhydhdzusammen.M-luiiniptend.'Ma--;.'. 

y.-Naphthylisocyanat-glycylglycin.  COOH  .CIL,  MI  .Co  i  IL. 
Nll.CO.NlI.CioH;-  Durch  Lösen  in  verdünntem  .Vmnmniak  und  Ausfallen 
durch  Schwefelsäure  unter  starkem  Hühren  gereinii.^t.  bildet  die  Verbindung 
feine  Nädelchen  vom  Schmelzpunkt  217".  Sie  liefert  ein  Hariumsalz.  djw 
erheblich  leichter  löslich  als  das  des  (dykokolls  ist.  wodurch  eine  Trennunt^ 
des  Glykokolls  und  des  Cdycylglycin^  ermöglicht  ist. 


5^428  L.  Pincussohu. 

Benzoylchlorid,  C,  H, .  CO  CI: 
H 
C 

Hc/^\|C.co.a 

HCl     JCH 

CH 

Entstellt  durch  Einwirkung  von  Pliosphorpentachlorid  oder  Phosphor- 
oxychlorid  auf  Benzoesäure  oder  durch  Chlorierung  aus  Benzaldehyd.  Un- 
angenehm riechende  Flüssigkeit  vom  Siedepunkt  194".  die  gegen  Wasser 
ziemlich  beständig  ist.  Benzoylchlorid  dient  vor  allem  zur  Einführung  der 
Benzoylgruppe  in  eine  Verbindung  mit  Hilfe  der  von  Schotten  und  Bau- 
mann angegebenen  Reaktion.  Hierzu  wird  die  zu  benzoylierende  Substanz 
mit  AlkaU,  bei  Bestimmung  von  Aminosäuren  mit  Natriumbikarbonat  ge- 
schüttelt. Über  die  Methode  vgl.  Abderhalden^  dieses  Handbuch.  Bd.  2,  S.  496.  > 

1-Benzoylalanin,   aus  Wasser   schöne   glänzende   Platten,   die   bei 
150 — 1510  (korr.)  schmelzen.   Es  ist   in  Wasser  mäßig  löslich.   Die  spezi- 
fische Drehung  der  Verbindung  in  wässerig-alkalischer  Lösung  ist  [a|^<^''z=  "i 
—  37-40.  • 

d-Benzoyl alanin,  Schmelzpunkt  150 — 15 1«  (korr.).  In  wässerig- 
alkahscher  Lösung  ist  die  spezifische  Drehung  |a]^"  =  -H  37'lo0. 

dl-Benzoylasparagiusäure.  glänzende,  farblose  Platten  aus  Wasser, 
die  in  lufttrockenem  Zustand  1  Molekül  Kristallwasser  enthalten.  Dieses 
entweicht  bei  "Jstündigem  Erhitzen  auf  1 10°,  das  trockene  Produkt  schmilzt 
bei  164 — 165"  (korr.)  ohne  Zersetzung.  In  kaltem  Wasser  ist  die  trockene 
Säure  erheblich  leichter  löslich  als  die  kristallwasserhaltige. 

dl-Benzoylglutaminsäure.  Aus  Wasser  farblose  lange  Blättchen, 
die  nach  Trocknen  an  der  Luft  1  ^Molekül  Kristallwasser  enthalten,  das 
bei  80°  im  Vakuum  in  '2  Stunden  entweicht.  Die  getrocknete  Säure 
schmilzt  bei  155—1570  (korr.).  Die  Alkali-  und  ErdalkaUsalze  sind  auch 
in  kaltem  Wasser  leicht,  das  Silbersalz  dagegen  schwer  lösUch. 

Benzoyl-1-glutaniinsäure.  Aus  Wasser  meist  dreieckig  geformte 
Blättchen  oder  kompakte  Aggregate  ohne  scharfe  Umgrenzung,  die  bei 
130 — 1320  (korr.)  schmelzen.  Die  Verbindung  ist  im  Gegensatz  zu  der  des 
Bacemkörpers  in  Wasser  leicht  löslich.  Drehung:  in  wässeriger  Lösung 
[a]^oo_  ^  j^o.go^  in  alkaUscher  Lösung  \7.\"f  =  —  18-7". 

Benzoyl-d-glutaminsäure.  Wurde  ganz  rein  nicht  dargestellt:  die 
gewonnenen  Präparate  enthielten  stets  Bacemkörper.  1 

Benzoyl-dl-ty rosin.     Aus    Wasser    weiße,    zu    Kugeln    vereinigte  f 

Nädelchen,  die  bei  195 — 197"  (korr.)  schmelzen. 

Benzoyl-1-tyrosin.  Schmelzpunkt  165 — 166o  (korr.).  Die  Verbindung 
ist    in    heißem  Wasser    erheblich    leichter   löslich    als    der    Racemkörper.  | 

Optisches  Verhalten:    in  So/giger  alkalischer  Lösung  [y.]^""  —  _|_  19-250,  in 
50/oiger  alkalischer  Lösung  [a]^o"=  -f-  18*290.  j 


Reageiitien  zum  X;irh\vr>is  dor  liiolu<ri^,ii    ,M«lniL'fii   \'orl)iiiiliiiit;cii.  14;^*.« 

Benzoyl-d-tyrosiii.  Schincl/pimkt  ir.fvf)«  (korr.i.  (»pti>rh«'s  Ver- 
halten:   in  alkalischer  Lösuni,'  |alj;'"=:        r.f."t'.i  . 

dl-Benzo\  INiicin  wird  cilialtcn  diin-Ji  iSciizoyliciiiii},'  mit  (mikmii 
großen  Überschuß  von  Henzoylchlorid  in  (Icirenwart  von  Natnumltikarlmnal. 
Schmelzpunkt  i;'.7 — 141"  (korr.i.  Sehr  .schwer  lö.sli<li  in  kaltem,  miiliijf 
löslich  in  kochendem  Wasser,  ans  dem  es  sich  heim  Abkühlen  zunächst 
in  Form  von  Oltröpt'chen  ausscheidet,  die  nach  eiui'jer  /eit  zn  feinen 
Nadeln  oder  lUättchen  erstarren.  Leicht  lö>licli  schon  in  kaltem  Alkohol, 
auch  in  Äther,  Aceton  und  Chloroform,  aus  denen  es  in  1 '.lattchen  kristal- 
lisiert. Das  Kupfer-  und  Bleisalz  ist  in  Wasser  sehr  schwer  löslich. 

Benzoyl-d-leucin.  Aus  siedendem  Wasser  beim  Krkalten  als  Ol 
ausfallend,  das  bald  zn  kurzen,  dicken  Prismen  erstarrt.  Schmelzpunkt 
105 — 107"  (korr.i.  In  alkalischer  Lösuni»  wurde  (  xf^f  =  —  iVAl"  gefunden. 

Benzoyl-1-leucin,  schmilzt  uetrocknet  bei  105 — 107«  (korr.i.  l)ie 
spezifische  Drehunti'  in  alkalischer  Lösunii'  war  |y.|j|'"=:  -|-  Crö^. 

Benzoyl-d-isoleucin.  C^  Ilj;  NO.;,  farblose.  Ian^:e  Nildelrhen.  >ehr 
schwer  in  kaltem,  bedeutend  leichter  in  heil'iem  Wasser  löslich,  löslich  in 
Alkohol,  Äther  und  Aceton,  in  warmem  Benzol  und  Toluol.  Schmelzpunkt 
llG_117o.  [o(]2oo  j,j  alkalischer  Lösung  =  +  'iü-.'iß». 

Benzoyl-dl-phenylalanin.  Schmelzpunkt   isT     iss^  ikorr.). 
Benzoyl-d-phenylalanin.     Aus   Wasser   farblose   Naileln.    die    l»ei 
145 — 146"  (korr.)  schmelzen.  In  alkalischer  Lösung  ist  |7.|j|'"  =       171". 

dl-Benzoyl-7--aminobuttersäure: 

('n,.CH.,.CH.(0(>Jl 

NH.COCeH,. 

wird  in  üblicher  Weise  erhalten:  bildet,  aus  heil'iem  Wasser  iimkristallisiert, 
Kristalle,  die  bei  140"  sintern  und  bei  145—146"  (korr.)  schmelzen.  Ziemlich 
gut  löslich  in  heißem  Wasser,  sehr  leicht  löslich  in  Alkohol.  Aceton,  Kis- 
essig  und  Chloroform,  sehr  schwer  lö.slich  in  Äther.  Mit  Kupferacetat 
bildet  sie  in  wässeriger  Lösung  ein  gut  krisfallisien'nde».  -rünes  Salz. 
d-Benzovl-'/-aminobuttersäure: 

C„Il5.C().NH 

CHs.CIL.CH  C(M)U. 
Schmelzpunkt    120-121"  (korr.).     Die  Verbindun-    isi   .sowohl    in   Was>er 
als  auch  in  anderen  Lösuni^^smitteln    h'ichter  litslich  als  der  Kacemki.rper. 
Sie  dreht  nach  rechts;  in  alkalischer  Lö>ung  ist  \x\f  =  +  ;i(V75". 

l-Benzoyl-y.-aminobuttersäure:  Aus  Wasser  umkristallisiert, 
schmilzt  die  Verbindung  bei  120  121»  (korr.).  also  irenau  wie  der 
optische  Antipode.  Ebenso  ist  das  \  erhalten  -egenüber  Lö>unL'smitteIn 
das  gleiche  wie  bei  der  d-Verbindung.  Die  Substanz  dreht  in  alkalischer 
Lösung  nach  links:  [y.]^""  = — .'U-S». 

dl-Benzovl-7. -amino-  n -capron säure,  Cll,  .  C  II.  .  CH,  .  C  IL  . 
CH(NH  C()C6H5).C()<>H.  Schmelzpunkt  i;'.4"  (k<nT.).  Aus  Äther  und  Li^rroin 


i 


1430  L.  Pincussohn. 

oder  aus  heißem  Wasser  umkristallisiert  kleine,  längliche  Blättchen,  die  in 
Alkalien  und  Ammoniak  leicht  löslich  sind.  Bariumsalz:  in  kaltem  Wasser 
ziemlich  leicht  löslich;  Silbersalz:  in  kaltem  Wasser  schwer,  in  heißem 
ziemhch  leicht  löslich;  Kupfer-  und  Bleisalz:  in  Wasser  sehr  schwer  löslich. 

l-Benzoyl-a-amino-n-capron  säure:  | 

C^Hs.CO.NH  ' 

! 

CH3 .  GH., .  CH2 .  CHo .  CH .  C()( )H. 
Aus  heißem  W'asser  umkristallisiert,  werden  schöne  lan^e  farblose  Nadeln  « 

mit  Ys  Molekül  Kristallwasser  erhalten,  das  zum  Teil  im  Vakuumexsikkator  .* 

über  Schwefelsäure,  zum  anderen  Teil  erst  beim  Trocknen  bei  100"  ent- 
weicht. Die  kristallwasserhaltige  Substanz  schmilzt  bei  53*'  (korr.).  Die  Ver- 
bindung ist  in  iVlkohol  zerfließlich.  ziemlich  leicht  löshch  in  Äther,  schwer 
lösUch  in  Ligroin,  ziemlich  gut  löslich  in  heißem  Wasser.  Die  kristall- 
wasserhaltige Verbindung  dreht  in  alkalischer  Lösung  nach  links : 
[oiff  =  —  21-9«. 

d-Benzovl-7.-am in o-n-capron säure  : 

CßHs.CO.NH 

CH3 .  CH2 .  CH2 .  GH., .  GH .  GOOH. 

Die  Kristalle  schmelzen  ebenso  wie  das  optisch  Isomere  bei  58"  (korr.) 
und  enthalten  Kristallwasser,  das  bei  100"  völlig  entweicht.  Optisches  Ver- 
halten: in  alkalischer  Lösung  [y.fj^'  =  -\-  21-4''. 

Benzoyl-y.-aminoisovaleriansäure,  (GH3)2  CH  .  GH  .  (NH  .  GO. 
C6H5).GOOH.  wird  aus  Benzoylchlorid  und  Natriumkarbonat  mit  der 
Aminosäure  erhalten.  Zur  Trennung  von  der  Benzoesäure  wird  die  ätherische 
Lösung  mit  Petroläther  gefällt.  Schmelzpunkt  1H2'5"  (korr.).  Die  Verbindung 
ist  in  Äther  und  Alkohol  ziemlich  leicht  löslich,  sehr  schwer  löshch  in 
Wasser  auch  in  der  Hitze,  so  gut  wie  unlösHch  in  Ligroin. 

Sie  kristallisiert  aus  Äther  auf  Zusatz  von  Ligroin  in  schönen  Blättchen. 

Benzoyl-a-amino-n-valeriansäure,  GH3 .  (GH2)2 .  GH .  (NH  .  GO  . 
GßHj.GOOH.  wird  dargestellt  mit  Benzoylchlorid  und  Bikarbonat  oder 
noch  leichter  aus  dem  Ester,  den  man  in  der  6fachen  Menge  Wasser  löst, 
mit  0/4  Molekül  Bikarbonat  und  ^/^  Molekül  Benzoylchlorid.  Der  sich  als 
Öl  ausscheidende  benzoyherte  Ester  wird  durch  Kochen  mit  Kalilauge  ver- 
seift; beim  Ansäuren  fäht  die  Benzoylaminovaleriansäure  aus.  die  durch 
Lösen  in  Äther  und  Fällen  mit  Ligroin  von  den  kleinen  anhaftenden 
Mengen  Benzoesäure  befreit  wird.  Die  Löslichkeit  ist  ungefähr  die  gleiche 
wie  bei  der  Verbindung  der  Isosäure;  Schmelzpunkt  152*5"  (korr.). 

Benzoyl-a-aminomethyläthylessigsäure.  Die  Ausbeute  ist  bei 
Anwendung  des  Esters  (wie  bei  der  n-Valeriansäure  beschrieben)  bedeutend 
besser  als  bei  der  direkten  Benzoyherung.  Aus  heißem  Wasser  umkristal- 
hsiert,  schmilzt  der  Körper  bei  189-199°  (korr.);  er  ist  in  ungefähr 
300  Teilen  kochenden  Wassers  löslich,  ziemlich  leicht  in  heißem  Alkohol, 
schwer  in  Äther. 


I 


Reagentieii  zum  Nachweis  iltT  l)ii)l(ii;is(li   v\iclitii;eii   VcrMmlui.u'«  ii  1  i;.l 

Benzoyl-[i-aminoisoval('ri;insäin<'.  Aii^  Wasser  iiiiikrislallisicrt 
werden  schiefe,  bei  141ö"  scliinclzeiKle  l'.liittclirn  fihaltrii.  Löslich  in  un- 
gefähr 70  Teilen  kocheuilou  Wassers.  /.icniHch  leicht  löslich  in  Atlior,  sehr 
schwer  löslich  in   Liiii-oin. 

Dibenzoyl-a-ar.-inin,  C,.li,,(eoil6  (.(>)..%,<)..  ian-e  Nadeln  oder 
Tafeln,  unter  Zersetzung-  bei  217-0  -JIS"  <chnielz(Mid.  In  Wa----  -'tv.r 
löslieh. 

Mon  obenzoyl-d-o  mit  hin,  CßH,,  (CO  CflH...)Nj(>..  wird  dun-h  Kochen 
der  Ornithursüure  mit  Salzsäure  erhalten.  Farblose,  in  \Va>ser  leicht,  in 
Alkohol  sehr  schwer  lösliche  Nadeln,  die  bei   2-Jö     2HU»  schmelzen. 

I)ibenzoyl-d-ornithin=::  Ornithursäure.  ('^  HioN«  Oj.tC'eHt.CO),. 
Kleine  Nadeln,  leicht  löslich  in  heiliem  .Mkohol.  xliwer  löslich  in  lieiUem 
Wasser,  unlöslich  in  Äther.  8(-hmelzpunkt  184". 

Dibenzoyl-cystin.  C«  H,o  N»  S  •>4  (C- Hr,  O),.  aus  Alkohol  leine,  ver- 
wachsene Nadeln,  die  in  Wasser  unlöslich,  in  Athor  schwer  löslich,  in 
alkoholhaltigem  Äther  und  .Vlkoliol  mäl.iiir  h'ii-ht  löslich  >iiid.  vom  Schmelz- 
punkt 180^181«. 

Dibenzoyl-1-tyrosin.  CvjHignjN.  In  Wasser  unlö>liche.  in  .\lk«diol 
leicht  lösUche  mikroskopische  Kristalle  vom  Schmelzpunkt  211  —  212". 

Benzoyl-triglycyl-silyciu.  erhalten  durch  Lösen  von  \  (/  Triglycyl- 
glycin  mit  2-6  r/  Natriund)ikarl)onat  in  40  cw*  Wasser  und  ZuL'abo  von 
17  (j  Benzoylchlorid  tropfenweise  unter  Schütteln.  Die  durch  Ansäuren 
erhaltene  Benzoylverbindung  wird  aus  der  40fachen  Menge  Wasser  um- 
gelöst. Sie  schmilzt  dann  bei  2H5".  Durch  Erwänneii  mit  alk<»holischer 
Salzsäure  wird  der  Ester  erhalten,  der  bei  217"  (korr.i  unter  Ihaun- 
färbung  schmilzt. 

Benzoyl-glyc-ylglycin.  Dun-li  Hen/.oyliereu  von  (dyc-yLdycin  nnt 
Benzoyh'hlorid  und  Natronlauge.  Die  au>  Wa^^er  umkri>tallisierf''  \'r- 
bindung  schmilzt  bei  208"  (korr.). 

Durch  Behandeln  von  Benzoylglycylglyein  mit  Acetylclilorid  und  l'hos- 
phorpentachlorid.  Lösen  des  eingedampften  und  gewaschenen  Keakti«ins- 
prodnktes  in  kaltem  Chloroform  und  Kintropfen  unter  Schütteln  in  eine 
verdünnte  und  gekühlte  ätherische  Lösung  von  über^i-hüssigem    «ilykokoll- 

ester  wird  der 

Benzoyl-diglycylglyi-iuester  erhalten,  nach  Lmkristallisieren  aus 
Wasser  feine  farblose  Nadeln,  wt-lche  bei   17;'>«  (korr.)  M-hmelzen. 

Benzovl-leucyl-alanyl-g-lycin  .\  wird  «lurch  Behandeln  des  Tri- 
peptids  mit  Natriumbikarbonat  und  Benzoylchlorid  gewonnen.  Aus  sie.ien- 
dem  Wasser  umkristallisiert  Tafeln  uml  BJättchen.  die  1  Molekül  Kri>tall- 
wasser  enthalten,  das  sie  beim  Krhitzen  auf  110"  im  \akuum  verlieren. 
Schmelzpunkt  liegt  scharf  bei  194-Ö— 10r>-ö°  (korr.i.  Die  Substanz  ist  sehr 
leicht  löslich  in  Alkohol,  schwerer  in  Wasser  und  Kssigäther.  M-hr  -hu..,- 
in  Äther  und  Tetroläther. 

Benzovl-leucyl-alanyl-gly<in  i:  wird  genau  wie  die  v..rher- 
gehende  Veriundung   dargestellt.     Aus    «1er    l(K)fachen    Menge    kochenden 


24;')2  ^-  Piucussohn. 

Wassers  uiiigelöst  kristallisiert  sie  in  feinen,  langen,  meist  zu  Büscheln 
verwachsenen  Nadeln  ohne  Kristallwasser,  die  l)ei  209  210°  (korr.) 
schmelzen.  Leicht  löshch  in  Alkohol,  schwerer  in  Wasser,  fast  unlöslich 
in  Äther,  Chloroform  und  Petroläther. 

Benzo\i-leucyl-glycin,C,H9.CH.NH(COC.iH5)CO.NH.CH2.COOH. 
Aus  Leucylglycin  mit  Natriumbikarbonat  und  Benzoylchlorid.  Der  Körper 
fällt,  wenn  er  aus  heißem  Wasser  umkristalhsiert  wird,  in  zentimeterlangen 
zu  Büscheln  vereinigten  Nadeln  aus.  die  bei  167"  (korr.)  schmelzen.  Die 
Verbindung  ist  fast  unlösUch  in  Äther  und  Petroläther,  schwer  löshch  in 
Chloroform  und  Benzol,  leicht  löslich  in  Alkohol. 

Benzoyl-alanyl-alanin .  C^  H^ .  CO  .  HN  .  CH  (CH3)  .  CO  .  NH  .  CH 
(CH,).COOH.  Wird  durch  Benzoyherung  des  Dipeptids  und  Natronlauge 
gewonnen.  Die  direkt  erhaltene  Verbindung  schmilzt  gegen  190";  wieder- 
holt aus  heißem  Wasser  umkristallisiert,  steigt  der  Schmelzpunkt  auf 
203 — 204".  Aus  Wasser  farblose,  feine  Nadeln:  die  kalte  wässerige  Lösung 
zeigt  deutlich  saure  Reaktion.  Durch  Kochen  der  in  heißem  Wasser  ge- 
lösten Verbindung  mit  gefälltem  Kupferoxyd  und  Einengen  der  Lösung 
auf  dem  Wasserbad  wird  ein  grünes  Kupfersalz  erhalten:  mikroskopische 
verwachsene  Nadeln.  Es  ist  in  Wasser  sehr  schwer  löshch:  durch  Znsatz 
von  Natronlauge  entsteht  eine  kornblumenblaue  Färbung. 

Benzoyl-alanyl-alaninester  wird  aus  der  Benzoyl Verbindung  durch 
Verestern  mit  absolutem  Alkohol  und  gasförmiger  Salzsäm'e  erhalten. 
Farblose,  rosettenartig  verwachsene  Nadeln,  die  bei  114 — 116"  (korr.) 
schmelzen. 

Ameisensäure,  H.COOH. 

Findet  sich  im  Körper  der  Ameise,  besonders  Formica  rufa  L.,  ferner 
in  den  Haaren  vieler  Raupen ,  in  den  Drüsenharen  der  Brennessel .  ist 
auch  sonst  im  Tier-  und  Pflanzenreich  ziemlich  verbreitet.  Sie  vnrd 
technisch  aus  O.xalsäure  mit  Glycerin  gewonnen,  wobei  ein  Ameisensäure- 
giycerinester.    das    Monoformin,    entsteht,    das  in   Glycerin  und  Ameisen-  ^ 

säure  verseift  wird.    Ameisensäure   bildet  eine  klare,   farblose   Flüssigkeit  -^ 

von  stechendem,  nicht  brenzlichem  Geruch   und  stark  saurem  Geschmack.  t 

Sie  erstarrt  bei  0"  kristallinisch,  um  bei  8"5"  wieder  zu  schmelzen.  Siede-  ^ 

punkt  99";    die  Dämpfe  der  Ameisensäure    sind    brennbar.    Ameisensäure  ', 

muß  völlig  flüchtig  sein:  sie  ist  in  zugeschmolzenen  oder  mit  Glasstopfen  * 

fest  verschlossenen  Flaschen  aufzubewahren. 

Über  die  Darstellung  von  Verbindungen  der  Ameisensäure  mit  Amino- 
säuren,   der    Formylverbindungen ,    vgl.   Abderhalden,    dieses    Handbuch,  ' 
Bd.  2.  S.  496. 

Form ylgly ein.  CHO.NH.CH.3.  COOH.  Aus  Essigester  umkristal- 
lisiert, schmilzt  es  bei  153 — 154"  (korr.)  unter  Gasentwicklung.  Leicht 
löslich  in  Wasser  und  Alkohol  in  der  Hitze,  ziemlich  schwer  löslich  in 
Aceton  und  Essigester,  sehr  schwer  löslich  in  Äther  und  Benzol.  Es  schmeckt 
stark  sauer. 


Reageutien  zum  Nachweis  der  l.iol..Kisch  widitijf.'ii  \>il.iii.luu;foii.  14;^;^ 

Fonnyl-dl-Iciiciii.  Ks  wini  Ix-i  \\-j"  weich  iukI  M-lniiil/t  l-.-i 
114-115»  (koiT.).  Es  ist  sehr  kM.ht  löslifli  in  absolutrni  Alkohol  tiii.l 
heißem  Wasser,  ziemlich  h-iclit  liislich  in  hcilicm  Essi^n-ster.  /iciiilich  schwer 
in  Äthor,  Benzol  und  Chloroform,  fast  unlöslich  in  I'efroIiUher.  Es  kristal- 
lisiert I)ci  langsamem  Ahkiihlcn  in  wasscri^^cr  Liisiin-;  in  oktac»Icrilhnlich»Mi 
mikroskopischen  Kristallen.  Es  reaj^Mert  sauer. 

Formvl-il-leucin.  entspricht  in  seiner  Darst.-ilunir  und  den  Löslich- 
keitsverliältnissen  dem  inaktiven  l'rodukt.  .\iis  diesem  kann  es  über  das 
Brucinsalz  erhalten  werden.  Ans  wainieiii  Wasser  Krisfalle,  die  unter  <lom 
Mikroskop  als  schmale  Prismen  erscheinen.  Der  Schniel/pnnkt  lie^'f  hei 
141—144"  (korr.):  l)ei  l.-.TMiitt  Hrweichuni;  ein.  Nach  wiederholtem  l'm- 
kristallisieren  aus  Wasser  winde  für  «lie  alkohoHsclic  Liismifr  tfofumlen- 
\y.\f=  +  1S-8". 

Formyl-1-leucin  entspricht  in  Kri-tallform .  Schniel/jmnkt  und 
LösunLisverhältnisse  der  d-Verhindung-.  In  absolutem  .Mkoln.l  ist  die 
Drehung-:  l'/IJ  =  —  18-4".  Die  aktiven  Formylleucine  ^'eben  in  alkalischer 
Lösung-  eine  bedeutend  höhere  Di-ehnng.  die  jedoch  nicht  ^enau  festzu- 
stellen ist  da  unter  diesen  \eih:dtnissen  schon  bei  niederer  Temperatur 
eine  langsame  Al)si)altun»-  der  Formylurupi)e  stattfindet. 

P'ormyl-d-valin.  Aus  heiliem  Wasser  beim  Abkühlen  kleine 
Prismen,  aus  verdünnter  wässeriger  Lösung  nach  Iäni!en'ni  Stehen  ziendich 
große  Prismen,  die  gegen  150"  sintern  nutl  bei  156"  geschmolzen  »ind. 
[x]^'"=  4-  i;-)-2T"  in  alkoholischer  Lösung. 

Formyl-d-isoleucin,  CH3 .  ClKCo  n5).CH  (NU  .('()H) .("( »oll.  Aus 
Wasser  feine  Nadeln,  aus  Alkohol  dui-chscheinende  Kristalle,  die  bei  154°sintern, 
bei  156°  schmelzen.  In  absolut  alkoholischer  Lösung  ist  \7.\-^f  z=z  4-  l'5-41'». 

Formyl-1-phenylalanin.  C,oMii  Nn^.  Aus  warnu'm  Wasser  »chiefe. 
vierseitige  Täfelchen  mit  Seidenglanz,  die  l)ei  108"  sintmi  -j-egen  Dm« 
schmelzen.  In  alkoholischer  Lösung  ist  (x|"^""=  +  Tn-'i". 

Formyl-leucylg'lycin  entsteht  als  anfangs  sirupöses.  später  kristal- 
lisierendes Produkt,  das  sich  von  «lern  Dipeptid  durch  die  irroUe  Löslich- 
keit in  Wasser  unterscheidet.  Die  Formylgruppe  wird  sidir  h-icht  ab- 
gespalten. 

Triketohydrindenhydrat,  („II.  ((^'o)<-'  ( <  >H Jj. 

Die  Darstellung  erfolgt  über  das  durch  Einwirkung  von  p-Nitroso- 
dimethylanilin  auf  a-IIydrinden  gewomu-ne  i':;'.-bis  (p-Dimethvlaminoanilo) 
a-hydrindenhydrat.  Cj^H.,«  O«  N^.  durch  Behandlung  mit  veniünnter  Schwefpj- 
säure  [Ruhnnann,  Journ.  of  the  Chem.  See.  *M.  1445  (1*H())|.  Dieses  Pro- 
dukt ist  von  Ruhcmauti  zum  Nachweis  von  Eiweir.stoffen.  Peptonen  und 
Aminosäuren  angewendet  worden.  Nach  Aluh riKthli»  i/eit-chr.  I.  ph\siol. 
ehem..  Bd.  72.  S.  37)  wird  eine  Lösung  von  Ol  y  des  Hea^jeus  in  ;ii»— 4(»  o«' 
Wasser  benutzt,  zu  der  zu  prüfenden  Flüssigkeit  (1  c»;i»)   1 — 1'  Tropfen  der 


2434  ^-  Piiicussuhn. 

Lösung-  hinzugegeben  und  kurze  Zeit  zum  Sieden  erhitzt.  Bei  positivem  Ausfall 
der  Reaktion  zeigt  sich  nach  dem  Abkühlen  eine  mehr  oder  weniger  intensive 
Blaufärbung.  Damit  die  Reaktion  gelingt,  ist  es  nötig,  daß  die  Lösung  neutral 
ist.  Bei  saurer  Reaktion  tritt  ein  rötlicher  Stich,  eventuell  Rotviolett-  bis  Rot- 
färbung ein.  Bei  alkalischer  Reaktion  wird  das  Auftreten  einer  Färbung  ver- 
hindert. Die  Reaktion  fällt  positiv  aus  mit  Eiweißstoffen.  Peptonen.  Polypepti- 
den, den  a-Aminosäuron  mit  Ausnahme  des  Prolin.  Oxvprolin  und  der  Pyrro- 
üdonkarbonsäure,  die  keine  xAmino-,  sondern  eine  Iminogruppe  besitzen.  Die 
Reaktion  fällt  positiv  aus  bei  Körpern,  die  mindestens  eine  Aminogruppe 
und  eine  Carboxylgruppe  besitzen.  Neutralsalze  stören  nicht.  Grenzen  der 
Empfindlichkeit:  GlykokoU  1:10.000,  Alanin  1:10.000.  1-Tyrosin  1:5000. 
Purinbasen,  Harnsäure,  Uracil  geben  keine  Blaufärbung,  ebensowenig 
Glukosamin,  während  die  Reaktion    bei    Glukosaminsäure    positiv   ausfällt. 

Die  Reaktion  ist  auch  anwendbar  bei  Harn  und  Blut. 

Eine  Kontrolle  unter  Zusatz  der  eben  noch  gerade  nachweisbaren 
Menge  einer  Aminosäure  wird  empfohlen. 

Dinitrochlorbenzol,  CV,  Hg  Cl  (N02).2 : 
H 
C 


t 


HCy    'c.ci 

NO2.C.     /C.NO, 

c 

H 

Bei  Einwirkung  von  Dinitrochlorbenzol  auf  Aminosäuren  entstehen  nach 
Abderhalden  und  Blmnherr/  (Zeitschr.  f.  physiol.  Chem.,  Bd.  65,  S.  0I8) 
charakteristische  Derivate.  Man  bringt  1  Mol.  der  Aminosäure  in  fein- 
gepulvertem Zustand  zusammen  mit  2  Mol.  Natrium-  oder  KaHumkarbonat 
und  etwas  Wasser  in  einen  Rundkolben,  erwärmt  bis  zur  Lösung,  fügt 
1  Mol.  Dinitrochlorbenzol  in  der  löfachen  ^lenge  Alkohol  warm  gelöst  zu 
und  kocht  zwei  Stunden  am  Rückflußkühler.  Von  einem  eventuell  bleibenden 
Rückstand  wird  abfiltriert,  das  Filtrat  auf  dem  Wasserbad  verdampft,  nach 
Erkalten   in  kaltem  Wasser  gelöst,  filtriert,   und  das  Filtrat  kochend  mit  ^ 

einem  kleinen  Überschuß  von  verdünnter  Salzsäure  versetzt.  Die  gewonnene 
Substanz  wird  durch  Lösen  in  Eisessig  und  Fällen   mit  Wasser  gereinigt. 

2.4-Dinitrophenyl-glycin,  goldgefärl)te  Kristalle  vom  Schmelz- 
punkt 205",  wenig  löslich  in  kaltem,  leicht  löslich  in  heißem  W^asser,  sehr 
leicht  in  Aceton,  Methylalkohol,  Äthylalkohol  und  Eisessig. 

2,4-Dinitrophenyl-glycinester.  aus  Alkohol  grünlichgelbe  Nadeln 
vom  Schmelzpunkt  144". 

2,4-I)initrophenyl-dl-alanin,  goldgelbe  Blättchen  von  gleichen 
Lösungsverhältnissen  wie  das  GlykokoUderivat;    Schmelzpunkt  ITS**. 

2.4-Dinitrophenyl-dl-valin,  goldgelbe  Blättchen  vom  Schmelz- 
punkt 185«. 


Rcugeiitien  zmu  Nachweis  der  l)ioI..gisch  wichtifjeii    Verl.iinliiiifron.  14:5;, 

2,4-DinitroplieiiylMll-U'U(i  11. -(•Ihc'.-niiilicIisrhiiniii.riHl»' Kristall.', 
die  l)ei  20:i«  schmelzen.  Schwer  Kislich  in  Wasser,  in.iC.i^:  löslich  in  kaln-ni. 
sehr  leicht  in  warmem  Methyl-  und  Äthylalkohol  sowie  Kiscssi-.  l.-icht 
löslich  in  Aceton  nnd  Methylüthylkcton. 

2.4-I)initrophenyl-aspara;,nn.  ^vWm'.  Kristalh-  vom  SchmH/- 
pnnkt  191—192". 

Bei  Einwirknnii'  von  Dinitrochlorhcnzul  aiit  liisiKlm  t-nistrhrn  /.\\r'\ 
Produkte,  ein  Mono-  und  ein  iJidcrivat .  i^riinliiliLM'llM-  Kristalle  vom 
Schmelzi)nnkt  250«,  aus  2  Mol.  Dinitrochlorhcnzol  und  1  M<.1  üi^Tidin  lau-.- 
prachtvoll  rote  Nadeln,  die  in  Wasser  unlüslich  sind. 

Pikrinsäure,  'IVinitrophenol.  L\  IL  ( N( ),,  ij  ( )H  : 

NO, 

N().,  ♦  lun 

NOo 

Sie  bildet  sich  beim  Kochen  der  verschiedensten  or<ranischen  Substanzen 
(Seide,  Leder.  AVolle,  Harze.  Anilin)  mit  konzentrierter  .Salpetersäure.  Zur  Dar- 
stellung wird  Phenol  in  starker  Schwefelsäure  gelöst,  und  diese  Lösung'  in  kleinen 
Mengen  in  Salpetersäure  14  eingetragen.  Die  Lösung  wird  auf  dem  Was.^erbad 
erhitzt:  beim  Erkalten  scheidet  sich  Pikrinsäure  in  gelben  Illätichen  aus. 

In  festem  Zustaml  nur  wenig,  in  Lösungen  stark  gelb  gefArbt. 
Schwer  lö.sHch  in  kaltem  Wasser,  löslich  in  Alkohol.  leicht  löslich  in  Kssi^r. 
ester.  Schmelzpunkt  122".  Pei  ra.schem  Erhitzen  verpufft  sie.  sie  ist 
unzersetzt  sublimierbar ;  mit  Wasserdämpfen  ist  sie  nicht  flüchti;:.  Nach 
Krauch-Merck  muß  Pikrinsäure  folgenden  Proben  entsprechen:  I  7  soll  sich 
in  100  c«? 3  Wasser  klar  lösen;  bei  Versetzen  mit  1  2  Tiopfen  verdünnter 
Schwefelsäure  darf  nach  12stündigem  Stehen  keine  .Vu-sscheidung  erfolt^'en. 
Tu  '20  c)))^  Peiizol  mul)  sich  1  y  Pikrinsäure  klar  lösen.  Die  Lösun;:  von 
1  f/  Pikrinsäure  in  \i)0  rm'-^  Was^ei-  darf  mit  CalciumchloridlösunL'  nach 
2stündigem  Stehen  keinen  ( )\alatiiiederschlag  geben.  Zur  Prüfung  auf 
freie  und  gebundene  Schwefelsäure  werden  2  7  Pikrin.säure  mit  10  rw» 
Salpetersäure  vom  spezifischen  (iewicht  1-1  versetzt  und  auf  dem  Wasserba«! 
zur  Trockne  eingedampft,  her  Pückstand  wiid  in  100  rwi»  siedendem 
Wasser  gelöst  unter  Zusatz  von  5  cni^  Salpetersäure  vom  spe/ifi>chen 
Gewicht  liöH,  nach  dem  Erkalten  filtriert,  und  das  Filtrat  mit  Pariumnitrat- 
lösung  versetzt.  Es  darf  keine  sotortige  Trübimg  eintreten.  Zin-  PesfimmunL' 
etwaiger  anorganischer  \ennireinigungeu  verbrennt  man  1  7  Pikrin.sjiun' 
vorsichtig  in  einer  offenen  Platinschale:  es  <larf  nicht  nn-hr  als  OIKU  y 
Pückstand   bleiben. 

Anwendung  als  Eiweiljfällun;:sinittel  nach  An.säuening  nnt  »«inor 
organischen  Säure.  Zur  annähernden  tpiantitativeii  Eiwj'ir.bestimmuuL'  im  Harn 
dient  das  Pieagens  von  Kshuch  (Lösung  von  I  Teil  Pikrinsäure.  2  Teilen 
Zitronensäure    auf   100  Teile    Was.seri.  Pikrinsäure  fäll'    '"Hi-r  Ha.sei»    iU.  I. 


1436 


L.  Pinc  US  solin. 


riienok',  Kohlenwasserstoffe  etc.  Besonders  ani^ewendet  zur  Isolierung' 
]3hysiologiseh  wichtiger  —  besonders  Fäulnisbasen  (s.  unten).  Zur  quali- 
tativen Prüfung  auf  Ki'eatinin  wird  etwas  gesättigte  Pikrinsäurelösung 
dem  zu  untersuchenden  Harn  zugefügt  und  mit  Natronlauge  alkalisch 
gemacht.  Dunkelorange  Färbung,  die  beim  Erhitzen  schneller  auftritt. 

^I  e  t  h y  1  a  m  i  n  p  i k  r  a  t.  CHg  NH, .  Cg  Ho  ( NO., ).,  OH,    Schmelzpunkt  207 ». 

Dimethylaminpikrat,  (CHgK^NH.Cr.HsNg  0^,  Schmelzpunkt  156". 
Ist  im  Gegensatz  zum  Pikrat  des  Methylamins  in  Wasser  ziemUch  gut  löslich. 

Trimeth  ylaminpikrat,  (CHg^  N .  Cg  Hg  Ng  0^,  Schmelzpunkt  216«. 
In  Wasser  mäßig  löslich. 

Tetramethylendiaminpikrat.  C4  H1.2  Ng .  [Cg  Hg  (N0o)3  •  OHJg,  zer- 
setzt sich  bei  250".  Schwer  lösüch  in  Wasser. 

P  e n  t a m  e  t  h y  1  e n  d i  a m  i  n  p i  k  r  a  t ,  Cr,  H,^  N.2 .  [Cg  Hg  (NOo la .  OHJg, 
Schmelzpunkt  221".  Aus  Wasser  dünne  Nadeln  oder  langgestreckte  Tafeln. 

Neuridinpikrat,  CjHi^N«  .[Cg  H2  (NOgls .  OH].,,  beginnt  sich  bei 
2?>0"  zu  bräunen,  ist  bei  250"  verkohlt.  In  Wasser  sehr  schwer  löslich  und 
daher  zur  Trennung  vom  Cholin,  dessen  Pikrat  leicht  löslich  ist,  geeignet. 

Trimethylaminoxydpikrat,  C3  H9NO.C6H.2(NOo)3  .OH,  Schmelz- 
punkt 197",  schwer  löslich  in  Alkohol  und  kaltem  Wasser. 

Kreatininpikrat,  C^  H,  N3  0 .  Cg  H3  N3  0^,  Schmelzpunkt  212—2130. 
in   Wasser  schwer  löslich. 

Pikrylglykokoll.  (NOoJa . CgH^  — NH .  GH., .  COOH,  gelbe  Nadeln, 
Schmelzpunkt  161". 

Pikryl-a-aminoisovaleriansäure.  (NOa),,  .  Cß  H,  — NH  —  C4  Hg  . 
COOH,  rötliches  Öl,  zu  gelben  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  171"  erstarrend. 
Leicht  löshch  in  Alkohol  und  Äther,  schwer  in  Wasser. 

d-Argininpikrat,  CeHj^N^  0,  .  Cg  H2(N02)3  .OH,  Schmelzpunkt 
205—206". 

Dipikrylarginin .  [(N02)3 .  Cg  H, .  NH]«  .  C«  Hjg  N,  Oo ,  undeutlich 
kristallisierende  Masse,  wenig  löslich  in  Alkohol,  Äther.  Wasser. 

Lysinpikrat.  Cg  H14N2  O2  .Cg  H9  (NOo):^ -OH.  zur  Identifizierung  gut 
geeignet,  gelbe  Nadehi.  ziemlich  schwer  in  Wasser  löshch,  leichter  im  Über- 
schulo  von  Pikrinsäure.  Verpufft  bei  252" 

dl-Ornithinpikrat,  C5H12N2  O2 .  Cß  H,  (N02)3  OH,  Schmelzpunkt  195". 

Guanidinpikrat,  CN3  H5 .  Cg  H.,  (N02)3 .  OH,  Schmelzpunkt  315". 

Dipikryl-1-histidin,  [(NOoJs.Cg  Hol^-Ce  H7  N3O2.  später  kristallinisch 
werdende  ölige  Masse. 

Brenzschleimsäurechlorid : 
HC  =  CH 


C,  H3  0 .  CO .  Cl  =  ^0 

HC  =  C\(.Q     f^y 

Anwendung  zur  Furoylieruug  der  Aminosäuren  bzw.  Amine  unter  Be- 
nutzung der  Schotten-Bmimannschi^n  Methode.  In  manchen  Fällen  anderen 
Methoden  sehr  überlegen. 


Reagenticii  zum  Nacliweis  ilor  liidlogiscli  wichtigen   Vcrbimliiu||{cii.  14;i7 

Fuioyl-Asparafj;!!!,  aus  Wasser  farblose,  jriit  au>^'el>iIdote.  vicrkaiitit.M' 
rrismon.  niilöslidi  in  Alkohol.  Aflicr.  F.ifrroiii.  Srlinu-l/piinkt  172  17;;». 
Ausbeute  96%  fli^r  theoretischen  Menge. 

Pikrolonsäure,   l-ii-Nitrophen\l-;>-niethyl-4-i>onifro-.'.-pvra/<.loni: 

NO« 


N 
Nrr^CO       ^^ 

i!  X 

CH3  — C        C==N  — (Hl 

Darstellung  durcli  Kintra^en  von  wiederholt  au>  Alktdioi  niMkri>talli- 
siertem  Phenyhnethylpyrazolon  in  90"  o'^'^'  Salpetersäure,  wobei  der  Sal|M'ter- 
säureester  entstellt,  dei'  mit  ;)3Voi?i<'i'  Kssi<i:säiire  auf  dem  \Vasserl>ad  ver- 
seift Avird.  Die  Säure  wird  über  das  Natriumsalz  lii-reini«:! :  feine  L'elb«« 
Nüdelchen,  die  durch  Krwärnien  mit  ^O'Voiyer  Salzsäure  zerle<rt  werden. 
Die  Pikrolonsäure  scheidet  sich  dabei  als  irelbes.  niehlige>  l'ulver  ab.  7yx- 
setzt  sich  bei  raschem   Erhitzen  bei  zirka   lLM^ 

Gut  löslich  in  Äthylalkohol,  etwas  schwcrei-  in  Wasser.  Methylalktdioi, 
am  schwersten  in  Äther  il^OO  Teile).  Leicht  löslich  in  sii-dendem  Methyl- 
und  Äthylalkohol.  Pikrolonsäure  dient  zur  C'harakterisierunii  von  iJaseii 
und  Alkaloiden.  Hierzu  werden  die  nn'ist  alkolioliNchcn  i,<i>iniL'en  der  Kom- 
ponenten zusammeniie{i:ossen:  t-s  bilden  sich  schwer  lusliche.  i:ut  kri>talli- 
sierende.  uelbe  bis  rote  Salze,  die  beim  Erhitzen  sich  stürmisch  zersetzen. 

Methylguanidinpikrolonat  wird  au>  der  wässeriir«*n  Lösung'  der 
Komponenten  erhalten.  C'oHjNj  .C,oHö  N4<>^,  mikroskoiü-^che  Nadeln,  dni.^en- 
förmig  anu'eordnet,  Schmelzpunkt  zirk.i  J70".  sehr  schwer  löslich  in  Wasser, 
leichter  in  absolutem  .Mkohol. 

Dimethyliiuanidinpikrolonat.  ('.,  11,,  N;;.  L  ,„  11«  N,  < '  .  ;inf  «rleiche 
AVeise  fi;ewonnen.  dem  ucnannteii  sehr  idmlich. 

Methylaminpikrolonat,  CII3  .  Nil  .  i' C",„  11.  N\  < '  /.r^'t/nn-s- 
punkt   244". 

I ) i m e t hy la m i n p i  k r 0 1 0 n a  t ,   (CHj  v.  N .  1.1 .  ( ',„  1 1«  N,  ( >,,.    /erset/nn;;s- 

punkt  2220. 

Trimethylamiiipikrolon.it.    (('lijla  N  .  (',,.  H.  N.  *  *  •    /'T>etznngs- 

])unkt  250—202". 

Tetraniet  hylendiaminpikrolonai.  Pu  t  rescinpik  rolona  l ,  NU, 
(CH.,)^NlL.2(('uJ's  Nj>,.li  /ersetzun^^^punkt  i'f.:'.'  S.initüch  M-hw.  r  l..s|irh 
in  Wasser  und  Alkohol. 

Pentamethylendia  minpikroliMiat.  Kadaverinpikrolonai.  NU, 
(CHojgNH.,  .2(CioHj,N4(K,).  orani-egelbe  Täfelchen.  efwa.<  leichter  in  Alkohol 
und  Wasser  lö.slich  als  die  vorhergehen<len. 


1438 


L.  Pincussohn. 


d-Argininpikrolonat,CioH8N4  05.C6Hi^.N4  02  +  H.,  O.Gelbe  Nadeln, 
deren  Kristallwasser  bei  HO"  entweicht.  Schwer  löslich  in  Wasser,  noch 
schwerer  in  Alkohol.  Zersetzimgspunkt  232".  Dient  zur  Identilizierung  ebenso 
wie  das 

1-Histidinpikrolonat  CjoHgNi  Oj-,  .Cr,  Hg  N^  ()2.  In  Wasser  schwer 
lösliche  gelbe  Nadeln.  Schmelzpunkt  225". 

d.  1-Ornithinpikrolonat.  CsH.aNs  O,  •  CioH^  N^  Og  +  IV2H2O. 
Schmelzpunkt  220—221«. 

Acetylchlorid,  CH3 .  CO  .  Cl. 

leicht  beweghche.  farblose,  stechend  riechende  Flüssigkeit.  Spezifisches 
Ge^^icht  bei  0"  l'lo  ;  Siedepunkt  55".  Es  ist  ohne  Zersetzung  destillierbar. 
Wichtiges  Reagens  zum  Nachweis  von  Hydroxylgruppen  in  organischen 
^'erbindungen ;  t"^berführung  von  Alkoholen  und  primären  und  sekundären 
Aminen  in  die  p]ssigsäurederivate  (Acetyherung).  Durch  Wasser  geht  es 
unter  heftiger  Reaktion  in  Essigsäure  und  Salzsäure  über. 


Essigsäureanhydrid,    Ajj^  rrv/^^ 


CH3  CO/' 

beweghche,  stechend  riechende  Flüssigkeit  vom  spezifischen  Gewicht  1073 
bei  20".  Siedepunkt  137".  Bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  ungefähr  der 
lOfachen  Menge  Wasser  löshch:  es  setzt  sich  in  dieser  Lösung  unter  W^asser- 
aufnahme  langsam  in  Essigsäure  um.  Es  dient  ebenso  wie  Acetylchlorid  als 
Reagens  auf  die  Hydroxylgruppe. 

10  r;w^  Essigsäureanhydrid  sollen  keinen  wägbaren  Abdampf rückstand 
hinterlassen.  Zur  Prüfung  auf  Salzsäure  verdünnt  man  1  cm^  mit  50  cm^ 
Wasser,  versetzt  mit  5  cm^  konzentrierter  Salpetersäure  und  prüft  mit 
Silbernitratlösung.  Zur  quantitativen  Bestimmung  verdünnt  man  10  cm^ 
mit  Wasser  auf  100  cm^  und  titriert  10  cm-  dieser  Mischung  mit 
Normallaugo  mit  Phenolphthalein  als  Indikator.  Zur  Neutrahsierung  sollen 
mindestens  19"3  cm^  Normallauge  verbraucht  werden. 


Essigsäure,  CH3  COOH. 

Vorkommen  im  rohen  Weinessig,  in  Pflanzensäften,  im  Schweiß,  in 
tierischen  Organen  etc.  DarsteUung  aus  Alkohol  durch  Vermittlung  gewisser 
Bakterien  unter  Luftzutritt,  durch  trockene  Destillation  des  Holzes  etc. 
Stark  saure  Flüssigkeit.  Die  reine  Essigsäure  erstarrt  in  der  Kälte  zu  Kri- 
staUblättern,  die  bei  17"  schmelzen.  Spezifisches  Gewicht  bei  15"  1*055,  Siede- 
punkt 118".  Der  Dampf  brennt  mit  blauer  Flamme.  Die  reine  Essigsäure  wird 
auch  ..Eisessig"  genannt.  Beim  Verdünnen  mit  Wasser  steigt  das  spezifische 
Gewicht  bis  zu  einem  Gehalt  der  Lösung  von  77"/o  Säure  (spezifisches  (ie- 
wicht=  1-075  bei  15'5") ;  es  nimmt  dann  wieder  ab.  Sehr  hygroskopisch. 
Besonders  unverdünnt  außerordentlich  ätzend.  Cave  Finger!  Als  Eisessig 
zur  Hvdroxvlierung  verwandt,  sonst  zu  mannigfachen  Reaktionen. 


Rcagentieii  /iiin  Nacliwcis  der  liifdofjisch  wiclitigon   Verliiudiiiigtn  14:'.«» 

Prüfung  auf  Reinlitit.  10  ^•w»  Kiscssi^'  .solh'ii  keiiiPii  wii^liareii 
Al)(l;nn])friickstaii(l  hinterlassen.  Zur  l'riifuuiz  auf  Salzsilun-  stellt  umii  eiiu» 
loVoi^e  Lösung  her  und  iiriift  nach  Salpeteisiiure/u-at/  mit  Silheniitrat : 
zur  Prüfung  auf  SehwefelsiiMre  kochend  mit  P.aiiumehloridJdSiMig.  Schwi-rmetall 
und  Krdon  werden  nachgewiesen,  indem  man  in  ^o", „ige  Kssigsiinre 
Scinvefehvasserstoff  einleitet  oder  eine  10"  „'Pt'  Lösung  mit  Ammoniak- 
lösung übersättigt.  In  ersterem  Falle  niul'>  die  Lösung  klar  Meiben.  im 
letzteren  darf  wx'der  durcli  Sehwefelammonium  (Irünfrirbun!.'.  noch  auf 
Zusatz  von  Ammoniunioxalatlösung  eine  Aus.^cheidimg  eintreten. 

10  c»»3  einer  lO'Voifi'en  Essigsäure  brauchen  (Indikator  Ph«'n()||)hil»ai4-in( 
mindestens  U>  cnf^  Xorinallauge  zur  Neuti-ali<ieiimg. 

Phenylsulfochlorid,  C „  II4 .  l  >ii .  St ), .  (Jl. 

Es  reagiert  bei  (Jegenwart  von  Alkali  nicht  auf  tertiäro  Amine. 
dagegen  auf  sekundäre  Amine,  wobei  in  .\lkali  und  Säuren  unlösliche 
Phenylsulfonamide  entstehen.  Es  reagiert  mit  |)rimären.  aliphatiscln-n 
oder  aromatischen  Aminen  unter  lüldung  von  im  l^berschuri  von  Kali- 
lauge leicht  löslichen  Sulfonamiden.  Anwendimg  zur  llestimmung  der  K«»n- 
stitutiüu  sowie  zur  Trennung  eines  Gemenges  primärer,  .sekundärer  und 
tertiärer  Basen. 


-Anthrachinonsulfochlorid 


^^      ro  -M»a'l. 


C,H,.(C())o.C„H,.S(J,.Cl  = 


Darstellung  aus  durch  wiederholtes  Inikristaili-ierrn  gereini'^i'-iu 
anthrachinonsulfosauren  Natrium  mit  Phosphorpentachhuid.  Es  bililet.  aus 
siedendem  Toluol  kristallisiert,  schwach  -clbe  P.Iättchcii  vom  .Schmclz- 
])unkt   103". 

p]s  reagieren  mit  |i-Anthrachinonsulfochlorid  nur  primäre  und  .M-kundflre 
Amine,  erstere  unter  gelber  bis  gelbroter  Färbung,  so  dali  die  Heaktion 
eine  Unterscheidung  erlaubt.  Tertiäre  IJasen  icagieren  nicht.  Ebensow.-nig 
können  damit  nachgewiesen  werden  Aminosäuren  und  s«-hwach  l»asiM"ho 
Substanzen. 

Sulfanilsäure,  ( '„  H*       s(  > ' 

wird  durch   Erhitzen  von   Anilin   mit   raiudimder    Schwefelsäure  her"'-»'"' 
Ki-istallwasserhaltig.   P.ildet   in  Wasser  zieinlich  .schwer  lösliche,  rhoi 
verwitternde  Kristalle.    P.ei  der  Kalischmelze  entsteht   Arnim.    Purrh    Oxy- 
dation mit  Chromsäure  geht  sie  in  (  hinon  über.   Auf  Zusatz  von  sali)etrigfr 
Säure  entsteht  Sulfodiazobenzol,  das  sich  mit  einer  ffrolieii  Heihe  anunati- 


2440  ^^-  Piucussohn. 

scher  Amine  und  Phenole  zu  Fai-bstoffen  vereiniiit.  Anwendung  für  Ehrlkhs 
„Diazoreaktion" : 

Reagentien :    I.  8ulfanilsäure  oO  IL  Natriumnitrit  0"5 

Salzsäure  119 :  500  Dost.  Wasser  ad  lOO'O. 

Dest.  Wasser  ad  10000. 

Vorschrift:  50  cw^  Lösung  I  +  1  an^  Lösung  II  werden  gemischt, 
und  gleiche  A'olumina  dieser  Lösung  und  von  Harn  zusammengegossen. 
dazu  VsTeil  25"/o  Ammoniak  gefügt  und  gut  durchgeschüttelt.  Ist  die 
Reaktion  „positiv-',  so  färbt  sich  der  Schüttelschaum  tief  rot. 

Statt  SuHanilsäure  ^^^rd  empfohlen  Paraamidoacetophenon  in 
O'öVooig'^i'  Lösung. 

Benzoesäureanhydrid,    ,  \^  r^  ro/^' 

bildet  in  Wasser  unlösliche  Prismen  vom  Schmelzpunkt  ioQ":  es  siedet 
unzersetzt.  Beim  Kochen  mit  Wasser  wird  es  hydrolysiert.  Anwendung  zur 
Benzoylierung:  die  hydroxylhaltige  Substanz  wird  in  offenen  Kölbchen 
1 — 2  Stunden  auf  150".  in  anderen  Fällen  im  Schießrohr  auf  190 — 200^  erhitzt. 

Nitroprussidnatrium,  FeCyB(N0)Na2  +  2  H^  0. 

Natriumsalz  der  Nitroprussidwasserstoff säure,  die  durch  Oxydation 
von  Ferrocyankahum  mittelst  Salpetersäure  entsteht.  Es  bildet  rote  wasser- 
löshche  Prismen. 

Nitroprussidnatrium  ist  bisweilen  durch  Sulfat  verunreinigt.  Zum  Nach- 
weis säuert  man  eine  2*'/oige  wässerige  Lösung  mit  Salzsäure  an  und  prüft 
mit  Bariumchlorid lösung. 

Reagens  auf  Schwefelwasserstoff :  In  alkalischer  Lösung  purpurblaue 
Färbung,  die  mit  der  Zeit  meist  verschwindet. 

Aceton  und  primäre  Amine  geben  rotviolette  Färbung.  Reagens  auf 
Kreatinin.  Bei  starkem  Ansäuren  mit  Essigsäure  verschwindet  die  Färbung: 
beim  Erhitzen  Grünfärbung,  nach  Stehen  blauer  Satz.  Sekundäre  und 
tertiäre  Amine  geben  zum  Teil  oraugerote  Färbung.  Aliphatische  Amine 
geben  mit  einer  Lösung  von  Nitroprussidnatrium  nach  Zusatz  von  Brenz- 
traubensäure  veilchenblaue,  auf  Zusatz  von  Essigsäure  blau  werdende 
Färbung,  die  rasch  verschwindet. 

Ferrocyankalium,  K^  Fe  Cye  +  o  H.,  ( ). 

gelbes  Blutlaugensalz,  entsteht  durch  Versetzen  von  Eisenvitriollösung  mit 
überschüssigem  Cyankalium :  in  der  Technik  wird  es  gewonnen  durch 
Schmeken  stickstoffhaltiger  organischer  Kör])er  mit  Pottasche  unter  Zu- 
satz von  Eisen.  Zitronengelbe,  tetragonale  Tafeln,  die  sich  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  in  4  Teilen  Wasser,  in  heißem  Wasser  noch  bedeutend  leichter, 
lösen.  Beim  Trocknen  bei  100 — 110"  verliert  es  sein  Kristallwasser  und 
verwandelt  sich  dal)ei  in  eine  weiße  Masse.  Die  wässerige  Lösung  ver- 
ändert sich  beim  Stehen. 


Reafrentieii  zum  Nachweis  der  liiiilii|,'iscli  Hidititre»   N  orbiiuiuin.'eii  1441 

FeiTOCyankaliuui  kann  V('ninn'iiii;.'t  sein  (liinli  l'iittaschi- :  lu-iiii  l  l>er- 
«iiolien  mit  verdünnter  Schwefelsiiure  tritt  in  «licseni  Kall«-  (;asent>vjckluny 
(Kohlensäure)  uuf:  dnicli  Sulfat:  man  prüft  ciin-  ö'/oip'.  niif  Salzsilun- 
aiii>esäuerte  Lösunti-  mit  Chlorharium :  (lurcli  Chlorid:  zürn  Narhwris  winl 
eiu  Gemisch  von  Oö  ij  ^(.pnlveitcni  r.lntlau}.M'nsal/.  mit  1  y  chiorfnMem 
Sali)eter  in  einem  /.um  (ilülicn  frliit/ten  l'orzcilantic^M'l  vrr|iiifft.  wohei 
immer  nur  kleine  Meuiicn  ein^etrai^cn  werden.  Her  lüickvtand  wird  mit 
20  cm'^  Wasser  auftienommen.  und  das  Kiltrat  nach /usat/  vnn  :',,,„'  <;d- 
petersäure  mit  Silbernitratliisuni.;-  i,n'i)rüft. 

Anwendung  als  KiweilJfällun^smittel :  analyti.scji :  Kssiffsimre-Kerro- 
cyankaliumprobe. 

Keagens  auf  tertiäre  P.asen  der  Fett-  und  Hen/.ol-Keihe. 

4.  Anorganische  Reagentien. 

Platinchlorid  il'latinehlorwasserstoffsäure).  ll.M't  1 1„( -r  li  1!   •• 

wird  erhalten  durch  Lösung  von  I'latin  in  Königswasser  inn!  F.indampleu 
bis  zur  Sirupkonsistenz  untei-  wiederholtem  Zn.satz  von  HCl.  (iroUc.  rot- 
braune, sehr  hygroskopische  Prismen,  leicht  löslicli  in  Wasser,  .Mkohol 
und  Äther.  Platinchlorid  mul.)  in  Wasser  mit  reingelber  Farbe  löslich  ^cin: 
es  soll  sich  in  der  lOfachen  Menge  Alkohol  klar  lösen.  Der  Clllhrückstand 
ist  unter  Umständen  auf  die  Gegenwart  von  Sulfat  und  llariumsalzen  nai-h 
den  üblichen  Methoden  zu  untersuchen.  Zur  PiiifiniL'^  auf  Nitrat  werden 
2  cm^  der  lO^/oigen  Lösung  mit  2  cm^  konzentrierter  Schwefelsaure  ge- 
mischt, und  diese  Mischung  mit  2  nn'^  Ferrosulfatlösnng  überschichtet. 
Auch  nach  längerem  Stehen  darf  an  der  l)eiührnng>fläche  der  beiden 
Flüssigkeiten  keine  braunrote  Zone  entstehen.  Leim  (Üühen  von  2  y  Platin- 
chlorid soUen  0TÖ2  (j  lUickstand  bleiben.  Die  Schwerlöslichkeit  d«'s  Kalimii- 
salzes  (und  Ammonium-.  Pubidium-  und  Caesiumsalzesi  im  Gegensatz  zu  den 
Salzen  des  Natriums  (kleine  goldgelbe  Oktaeder)  dient  zur  Trenninig  von 
Kalium  und  Natrium.  Das  Kalium- und  Ammoniumsalz  ist  auch.  im«iegen- 
satz  zum  Natriumsalz,  in   Alkohol  unlöslich. 

Platinchlorid  dient  u.  a.  zur  P.estininiunL'^  imd  l.'rmii.ii-i.nuii;^ 
organischer  Basen. 

Methylami  nchlorplat  inat.  (Cll,  N  1, .  i'lK  1 .  l't  Cl« ,  hexagoiial«« 
Tafeln,  Schmelzpunkt  224".  schwer  löslich  in  kaltem  Wasser,  unlöslirli  in 
Alkohol. 

Di m  e  t  h  y  1  a  m  i  n  c  h  1  o  r  p  I a  t  i  n  a  t.  (C»  IL  N I, .  2IIC1 .  Pt  CI,.  isdiniel/- 
punkt  206°.  Llättcheu,  mäbig  löslicli  in  kaltem,  leicht  Ittslirii  in  heiU<»ni 
Wasser.    In   Alkohol    etwas    löslicher   als  die  \Crbindnni:  des  Meth>lannns. 

Trimethvlaminchlorplatinat.  KCll,),  N| .  2HCL  Pt  Cl. .  Schmelz- 
punkt 190".  (Nach  anderen  Angaben  Zersetzung  l>ei  24t>".)  (M'lhe  Kri-t.ille. 
in  Alkohol  etwas  löslicher  al>  die  Platinat.'  .''-  Dimethylaniin^  nu.!  \\,^^u^. 
methylamins. 

Abderh  a  1  d.'!.      K.n.U.n.li  <I.r  hinclioini-ohi-ii  Arl»oit»ni«>thndon     V.  '.IJ 


j^j.4.2  L.  Pincussobn. 

Tetramethylendianiiuchlorplatinat,  C4  H12N2 .2HCl.Pt  CI4.  feine 
Prismen  oder  hexagonale  Blättchen,  schwer  löshch  in  Wasser. 

Pe  n  t  a  m  e  t  h  \  1  e  n  d  i  a  m  i  n  c  h  1 0  r  p  1  a  t  i  n  a  t,  C5  Hj^  Ng .  2HC1 .  Pt  CI4, 
Schmelzpunkt  215".  Prismen  oder  Nadeln  aus  Wasser,  in  diesem  wenig- 
löslich. 

Neuridinchlorplatinat,  C5  H^^  N2 .  2HC1 .  Pt  Cl^.  Nadeln,  leicht  lös- 
lich in  Wasser,  schwer  löshch  in  Alkohol. 

(t  e  r  0  n  t  i n  c  h  1 0  r p  1  a t i n  a  t,  Cr,  Hl 4  N, .  2HC1 . Pt  CI4,  nadeiförmige  Kristalle. 

M  y  d  a  1 0  X  i  n  c  h  1 0  r  p  1  a  t  i  n  a  t ,  Cg  H,3  NOg  .  2HC1 .  Pt  CI4 ,  Schmelz- 
punkt 193",  in  Wasser  ziemlich  leicht  löshch. 

Gadininchlorplatinat,  C7  Hi7N02.2HCl.PtCl4,  Schmelzpunkt  2l4o, 
in  Wasser  schwer  löshch. 

Viridininchlorplatinat,  (C«  H^^  N2Ü3).,  .2HCl.Pt  CI4.  Gelbe  feine 
Nädelchen.  die  sich  bei  212 — 216"  schwärzen. 

T e  t  a n  i  n  c h  1 0  r  p  1  a t i n  a t,  C, 3  H30  ( N02)2  •  2HC1 .  Pt  CI4.  in  Wasser  ziem- 
lich schwer  löslich. 

ß-Alaninchlorplatinat.  (CH2NH2  .CH2  .GOGH)., .  2HC1 .  PtCl4,  zer- 
setzt sich  bei  188",  kristallisiert  aus  Alkohol,  Wasser  und  Salzsäure,  in 
denen  es  leicht  löslich  ist,  im  (TCgensatz  zur  Sarkosinverbindung  in  dunkel- 
gelben Nädelchen. 

Trimethylaminoxydchlorplatinat,(C3H9NO)2.2HCl.PtGl4.  rhom- 
bische Blättchen.   Schmelzpunkt  214". 

Kreatininchlorplatinat,  (C4  H^  Ng  G)., .  2HC1 .  Pt  GI4,  orangerote 
Prismen  und  Nadeln,  Schmelzpunkt  220—225",  leicht  löslich  in  Wasser, 
schwer  löshch  in  Alkohol. 

Betainchlorplatinat,  (G5  Hl,  NG2)2 .  2HC1 .  Pt  CI4,  Schmelzpunkt  246", 
leicht  löslich  in  Wasser,  schwer  in  Alkohol. 

Carninchlorplatinat,  C7  H8N4G3  .HCl.Pt  CI4. 

Carnitinchlorplatinat,  (C;  H^eNGa),  .2HCl.PtCl4,  Schmelzpunkt 
unter  Zersetzung  214—218". 

Gblitinchlorplatinat,  ds  HggN.  G5 .2HCl.PtCl4,  zersetzt  sich  bei 
230",  schwer  löslich  in  kaltem,  leicht  in  heiliem  Wasser,  unlöslich  in 
absolutem  Alkohol. 

Methylguanidinchlorplatinat,  [G2H7N3  .HCl],  .PtCli,  monokhne 
Prismen,  ziemhch  leicht  löslich  in  W^asser  und  Alkohol. 

Dimethylguanidinchlorplatinat.  (C3H9  N3  .HC1)2  .PtCli,  leicht 
löshch  in  Wasser  und  Alkohol. 

Methylpyridylammoniumhydroxy dchlorplatinat,  (€5  H^ N. 
CHjClloPtCli,  orangerote  Tafeln  oder  lachsfarbene  Blätter,  Schmelzpunkt 
205 — 207".  Unlöslich  in  Alkohol,  schwer  löslich  in  kaltem,  leicht  in  heißem 
Wasser. 

y-Methylpyridinchlorplatinat,  (Cg H7 N . HCl)« Pt CI4 ,  Schmelz- 
punkt 240";  schwer  löshch  in  kaltem  Wasser. 

Akt.  Lysinchlorplatinat,  C6H14N2G2  .  2HC1 .  PtCl4  +  C,  H5  GH, 
gelbrote  Prismen,  bei  219 — 220"  unter  Zersetzung  schmelzend. 


Reagentioii  zum  Nacliweis  der  liiolo^isch  wiehtijfon   VerliindimgeH.  144H 

Goldchlorid,  An(\  HCl  +  4Hj()  (Aiiri.hlohd). 
entsteht  bei  der  Kinwirkunu:  von  Chlor^^as  auf  (ioldpnlv«-!-  hn  •JIM»«  oder 
dnrch  Auflösen  von  (iold  in  Künijrswasser.  Ks  liildrt  eine  kristjUlinische. 
zerflieliliche,  rotl)ranne  Masse,  dir  sich  anWvv  in  Wassrr  auch  in  Alkfthol 
und  Äther  leicht  mit  ^cllirotcr  Farhc  löst:  di«'  Lösnn^'cn  verändern  sich 
jedoch  bald.  Löslich  ferner  in  fliis.si^M'u  ojen.  Die  w;isseri;:e  Lösun<^'  rittet 
Lackniuspapier.  Ueini  Kiiidampfen  der  Lösnnt:  findet  bereits  teilweise 
/ersetzunii:  statt,  unter  llildun^'-  von  AuCl  und  i\.  liei  höherer  Temperatur 
zerfällt  auch  das  feste  Salz  in  seine  Komponenten. 

Im  Handel  finden  sich  anlier  dem  reinen  i,M'lben  (ioldchloiid  mit  (tbitrer 
Formel  noch  verschiedene  NatriumffoldchhM-id-i'rä parate. 

Zur  Prüfung'  auf  Verunreiniiiungcn  ;_diiht  man  das  (ioldchhmd. 
behandelt  das  rih-kständiiie  metallische  (iold  mit  .'Salpetersäure  um!  prüft 
in  der  Lösuiiii'  auf  \'erunreiniüunLi-en.  (ioldchlorid  ist  in  gut  verschlossenen 
(iläsern,  am  besten  eingeschmolzen.  aiifzid)e\vahren. 

Goldchlorid  fiUlt  als  Schwermetallsalz  EiweiLi:  es  wirkt  in  niilliiizer 
Lösung  auch  antiseptisch.  Wichtig  sind  die  I)op|)elsalze.  die  es  mit  orfja- 
nischen  Basen  bildet,  und  die  vielfach  .sehr  charakteristi.sch  sind. 

Methylguanidinchloraurat,  Cg  H- Nj.HC'l.  AuC'l,.  rlnnnbi.sche  Kri- 
stalle vom  Schme!zi)nnkt  108".  schwer  löslich  in  Wasser.  Alkohol,  leicht  in  Äther. 

Dimethylguanidinchloraurat.   ('3  Hg  N3  .HCl.  AnClj.    Tafeln  oder 

Blättchen  vom  Schmelzpunkt  144". 

Methylpyridylammoniumhydroxydchloraurat,  C"-  11.,  N.CH,  CL 
AUCI3,  Nadeln  vom  Schmelzpunkt  252  253«,  sehr  schwer  löslich  in  kaltem, 
ziemlich  schwer  löslich  in  heiliem  Wasser. 

Y-Methylpyridinchloraurat,  C5  H^N.CIlj .  HCl.  AuCI,.  Trismen 
vom  Schmelzpunkt  201     203".  sehr  schwer  löslich  in  Was-er. 

Keduktonovainchloraurat.  C;  H,6  N<  K'l.  AUCI3.  liliittchen  und 
Nadeln,  die  bei  80"  zu  sintern  anfangen,  bei  löö— ir.O"  sdunelzen:  die 
Schmelze  wird  erst  bei  175—180"  klar. 

Vitiatinchloraurat.  C,H,,  N„.2HC1.2AnCL.  pelbrote,  glänzende 
Blätter,  bei  unuefähr  167"  schmelzend,   in  Wasser  ziemlich  schwer  löslich. 

Gynesinchloraurat,  C,9H,.3N3  Oj .  211C1.2Au  CI3.  vier>eitii;e  rotHbe 
Säulen,  Schmelzpunkt  ISO":  wird  erst  bei  205"  klar. 

Minginchloraurat.  C,3  H„  N,  <>., .  2llCI.2AnCl,,  g.-lbrote.  vierseitige 

Säulen  vom  Schmelzpunkt  11»4". 

Cholinchloraurat.  C,  11,,N(>C1 .  AuCl,.  gelbe  Nadehi.  schwer  h.slich 
in  kaltem  Wasser,  ziemlich  leicht  löslich  in  heiliem  Wasser  und  heiUem 
Alkohol.  Schmelzpunkt  2;;9  -249". 

Novainchloraurat,  C;  H,hNO,CI.  AuCI,,  Schmelzpunkt  i:i5\  l.sl 
dimorph:  kleiiu'.  hellgelbe.  mikroskoi)i.sche  Blättcln-n  und  krilftiL'e  vierseitip^ 

Säulen.  ,      ,  ,    ,   „    „ 

Oblitinchloraurat,  C„ila»N.l>5-2llC1.2AnCl3.  glAnzende.hollgelbo 

Blätter  vom  Schmelzpunkt    107";    löslich    in    ab,s,.lutem  Alkoh.)l,    schwer  in 

Wasser.  ^^^ 


1444  L.  Pincussohn. 

Dirne  thyla  min  eil  loraurat,  C2  H^- N.HCl.  AuCla,  große,  monokline 
Tafeln.  Sehmelzpunkt  202«. 

Triniethylaminchloraurat,  (€113)3  X  .  HCl .  Au  CI3,  Kristalle  vom 
Schmelzpunkt  220",  wenig-  löslich  in  Wasser,  leicht  löslich  in  warmem  Alkohol. 

Tetramethylendiamin  chlor  au  rat,  C4Hi2N2.2HC1.2AuCl3  4-2H2  0, 
Nadeln  oder  Blättehen,  die  unter  Zersetzung  bei  210"  schmelzen.  Schwer 
löslich  in  Wasser,  schwerer  als  das  entsprechende  Salz  des  Pentamethylen- 
diamins. 

Pentaniethylendiaminehloraurat,  C6Hi^N.2.2HC1.2AuC'l3,  Nadeln 
oder  Prismen  vom  Schmelzpunkt  186 — 1)^8".  In  Wasser  ziemlieh  leicht  löslich. 

Neuridinchloraurat,  C5H14N2 .  2HCI.2AUCI3 .  in  Wasser  schwer 
löslich. 

Typhotoxinchloraurat,  (C-  H^^  N02)2 . 2  HCl .  2  An  CI3 .  Prismen  vom 
Schmelzpunkt  176",  in  Wasser  schwer  löslich. 

^-Amino-n-valeriansäurechloraurat,  C5  H,i  NO2  •  HCl .  Au  CI3  + 
H2O,  orangegefärbte  monokline  Kristalle  vom  Schmelzpunkt  86 — 87",  ziem- 
lich leicht  löshch  in  Wasser,  schwer  in  Alkohol. 

Viridininchloraurat.  C«  Hjo  N2  Osl  HCl .  Au  CI3,  schwarzbraune,  feine 
Kristallnadeln  vom  Schmelzpunkt  176",  leicht  löslich  in  heißem,  schwer  in 
kaltem  Wasser. 

Marcitincliloraurat,  CgH^g  N3 .  2  HC1.2  AuClj,  Schmelzpunkt  175 
bis  178". 

Putrinchloraurat,  CiiHaßNoOg .  2HC1.2  AuClg,  harte,  dunkelorange- 
gefärbte  Kristallkrusten  vom  Schmelzpunkt  109 — 1 10". 

K r  e  a  t  i  n  i  n  c  h  1 0  r  a u  r  a  t ,  C'4  H^  N,  0 .  HCl .  Au  CI3 ,  Schmelzpunkt  1  70 
bis  174",  leicht  löslich  in  Wasser  und  Alkohol  unlöslich  in  Äther. 

Betainchloraurat,  C5HiiN(32.HCl.  AUCI3,  Schmelzpunkt  224—285"; 
in  kaltem  Wasser  schwer  löslich.  Es  sind  (Jolddoppelsalze  mit  anderem 
Schmelzpunkt  bekannt. 

Neosinchloraurat,  CgHie^O  Gl.  AuClj,  Schmelzpunkt  202—205", 
leicht  löslich  in  absolutem  Alkohol,  ziemlich  leicht  in  heißem,  sehr  schwer 
in  kaltem  Wasser. 

Carnitinchloraurat,  C;  H15  NO3  .  HCl .  Au  Cig ,  Schmelzpunkt  lb'6 
bis  154". 

Crangoninchloraurat,  CiaHgeNo  O3 .2HC1.2  AuClg,  Schmelzpunkt 
130—140". 

Quecksilberchlorid,  (Sublimat),  HgCl2. 

Darstellung  durch  Lösen  von  (^)uecksilber  in  Königswasser  (HCH  HNO3) 
oder  von  Quecksilberoxyd  in  Salzsäure. 

Es  bildet  farblose,  rhombische  Kristalle  von  scharf  metallischem  Ge- 
schmack. Löslich  in  18  Teilen  Wasser  von  14",  leichter  in  wärmerem  Wasser; 
100  Teile  siedendes  Wasser  lösen  ungefähr  54  Teile  Sublimat.  Lösungen 
in  destilliertem  Wasser  halten  sich  lange.  Löslich  in  o  Teilen  Alkohol. 
Sublimat  ist  außerordentlich  giftig.    Vorsichtig  aufbewahren! 


Reagenticil  zum  Nachwois  «1er  Itiolojjisch  wirlititfon   Verl>iii(liiiig«>ii.  \ii'^ 

Man  prüft  auf  durch  Scliwcfclwassorstoff  iiiclit  fiilll.arc  V«M-unn'iiii- 
guiiii-en,  indoin  nuin  in  die  Lösung'  von  ä  7  QuccksillxMchlorid  in  HKJrw- 
AV asser  und  f)  rm^  Salzsäure  fvordiinnto  Ms  zur  viilÜLrcn  Ausf.dluii}.'  dp> 
Schwefeil |Ut*cksill)(n-s  ScliwcfclwassiTstuff  einleitet:  (ia>  tarl)li)>e  Kiltrat  darf 
keinen  Abdampfriickstand  hinterlassen.  Schüttelt  man  das  so  ^M•\vonMene 
Schwefelquecksilber  mit  einer  Mischmiir  von  :>  o»»  2(>"'„i)^er  Ammoniak- 
lösuno und  45  (w3  Wasser,  so  darf  das  Filtrat  nach  Ansiiuern  mit  Sal/saiirt« 
weder  eine  iielhe  Farbe  noch  einen  solchen  Niederschla}:  zeifion,  der  auf 
Gegenwart  von  Arsen  deuten  würde.  1  //  j;epulvertes  (^iiecksilherchlorid 
soll  sich  in  2.')  nn-^  Äther  klar  liisen. 

Sublimat  dient  hauptsächlich  als  Kiweil'.fälhinu'smittel.  zur  Knteiweinnnir 
von  Blutserum  etc.,  Gewinnung  bestimmter  Kiweir.konjpiinenten.  /.  1'.  Hi-fidin 

Zinkchlorid.  Zu  Gl.^. 

darstellbar  durch  N'erbrennen  von  Zink  in  Ghlorga.s  durch  Erhitzen  von 
Zinkfeile  mit  Sublimat  und  andere  Methoden. 

Es  bildet  eine  weirigraue,  halbdurchsichtige,  wachsweiche,  stark  hygro- 
skopische blasse  von  brennendem,  ekelerregendem  (ieschmack.  Bei  Glüh- 
hitze sublimiert  es  in  weißen  Nadeln.  Ks  wirkt  stark  beizend.  .\n  (h-r 
Luft  zieht  es  sehr  leicht  Wasser  an  und  bildet  dann  zunächst  ein  Hydrat 
Zn  CU  +  HoO.  Die  wässerige  Lösung  reagiert  gegen  Lackmnspapier  >anpr. 
Die  wässerige  Lösung  von  1  y  Zinkchlorid  in  1  011^  Wasser  soll  klar  oder 
höchstens  schwach  getrübt  sein.  Hei  Zusatz  von  H  rm^  Alkohol  entsteht 
ein  flockiger  Niederschlag,  der  auf  Zusatz  von  1  Tnipfen  verdünnter  Salz- 
säure verschwinden  soll.    (Prüfung  auf  l)asisches  Salz.) 

Wichtig  zum  Nachweis  des  Kreatinins:   Krealininchlor/ink. 

Kreatininchlorzink.  (C^  H^  NJ  M.,.Zn  Gl,.,  ist  leicht  löslich  in  Salz- 
säure und  wird  aus  dieser  Lösung  durch  Xatriuniacetat  wieder  'jof.iWt 

Cadmiumchlorid,  Gd  Gl.,  -f-  2  11,( ). 

wird  erhalten  durch  Behandeln  von  Gd,  GdO,  GdS.  GdGtr  nut  Salz.sjlure 
und  Eindampfen  der  Lösung.  Durchsichtige,  rechtwinklige  Säulen,  ilie  in 
der  Wärme  leicht  verwittern.  Ungefähr  gleich  löslich  in  kaltem  und  \Nanneiii 
Wasser  (140  bzw.  löO  Teile  in   100  Teilen):  lö.^lich  in  Alkohol 

Beim  Schmelzen  wird  das  wasserfreie  Salz  erhalten:  duniiMi  img«* 
Masse  mit  Perlenglanz,  die  bei  der  Sublimation  glinimerartii:e  Blättchen 
ergibt,  welche  an  der  Luft  zu  einem  weisen  Pulver  zertallen. 

Anwendung  zur  Darstellung  und    \iinlv>e  der  Lipoide  (Lecithin). 

Eisenchlorid,  Fe,  Gl«. 

wird  als    Hvdrat    mit   H  Molekülen   11. 0  dm  eh   I'.inleiten  von  Ghlor  in  eine 
Lösung  des  Ghlorürs  als  gelbe  kristallinische  Mas>e  erhalten.    Sehr  hygro- 
skopisch: sehr  leicht  löslich  ferner  in  Alkohol  und  Äther.  Siedepunkt  2so—2t<6°. 
Die  Lösungen  reagieren  sauer  gegcMj  Lackniuspapier. 


]^446  L.  Pincussohii. 

10  ^  Eisenchlorid  sollen  sich  in  10  cm^  Wasser  vollständig  und  klar 
lösen.  Zur  Prüfung  auf  Salzsäure  bringt  man  etwas  öO^/oige  Eisenchlorid- 
lösung in  ein  Uhrglas  und  hält  darüber  einen  mit  Ammoniak  befeuchteten 
(ilasstab.  Die  Bildung  von  Salmiaknebeln  zeigt  Verunreinigung  mit  Salz- 
säure an.  Ein  über  die  Öffnung  einer  Flasche  mit  Eisenchloridlösung  ge- 
haltenes, mit  Jodzinkstärkelösung  befeuchtetes  Papier  darf  sich  während 
einiger  Minuten  nicht  bläuen  (Prüfung  auf  Chlor).  Behufs  Prüfung  auf 
Ferrosalz  versetzt  man  eine  ö^/oige  wässerige  Lösung  mit  1  cm^  verdünnter 
Salzsäure  und  einigen  Tropfen  Ferricyankaliumlösung:  es  darf  keine  Blau- 
färbung (Turnbull-Blau)  auftreten. 

Anwendung  als  Reagens  auf  Phenole  und  von  diesen  ableitbare  Verbin- 
dungen, die  auf  Zusatz  von  wässeriger  Eisenchloridlösung  charakteristische 
Farbenreaktionen  geben. 

Derivate  des  Brenzkatechins  geben  grünliche  Färbung;  wichtig  unter 
anderem  für  den  Nachweis  des  Adrenalins.  Die  Derivate  der  Salizylsäure 
geben  violette  bis  blaue,  die  Nitrosalizylsäuren  rote  Färbung.  Weniger  aus- 
geprägt sind  die  Farbbildungen  in  der  m-  und  p-Pteihe,  darunter  m-  und 
p-Kresol.  Hydrochinon  blaue  Färbung:  Resorcin  dunkelviolett,  Phloroglucin 
veilchenblau,  Tyrosinsulfosäure  violett,  p-()xybenzaldehyd  violett,  m-()xy- 
benzaldehyd  keine  Färbung,  desgleichen  Vanillinsäure.  Eisenchloridreaktion 
geben  die  meisten  Derivate  der  Pyridinreihe. 

Eisenchlorid  gibt  mit  Milchsäure  zeisiggelbe  Färbung:  Anwendung 
zur  Uffehnannschen  Reaktion.  Lösungen  aliphatischer  Aminosäuren  färben 
sich  mit  wenig  Eisenchloridlösung  blutrot.  Mit  salzsauren  Alkaloiden  bildet 
Eisenchlorid  gut  kristallisierende,  gelbe  bis  dunkelbraunrote  Doppelsalze, 
in  denen  1  Molekül  Fq.^  Clg  einem  Molekül  des  salzsauren  Alkaloids  ent- 
spricht. 

Anwendung  als  Reagens  auf  Acetessigsäure  {Gerhard f sehe  Reaktion). 
Mit  Alkaptonurikerharn  gibt  Eisenchloridlösung  schnell  vorübergehende  Grün- 
färbung. 

Kupfersulfat,  (Kupfervitriol),  CuSOt  +  öHaO, 

wird  dargestellt  durch  Erhitzen  von  Cu  mit  Ha  SO4,  wobei  außerdem  Kupfer- 
sulf ür  und  schweflige  Säure  entstehen;  bei  der  Darstellung  im  großen  wird 
Kupfer  der  gleichzeitigen  Einwirkung  von  verdünnter  Schwefelsäure  und 
Luft  überlassen. 

Es  kristallisiert  aus  Wasser  in  lasurblauen,  durchsichtigen,  triklinen 
Kristallen,  die  unter  Umständen  sehr  bedeutende  Dimensionen  erreichen. 
Das  Salz  ist  leicht  löslich  in  Wasser.  Durch  Erhitzen  verliert  es  Kristall- 
wasser: den  größten  Teil  bei  ISO",  den  Rest  erst  über  200^  das  auf  diesem 
Wege  gewonnene  wasserfreie  Salz  bildet  eine  weiße,  undurchsichtige, 
leicht  zerreibhche  Masse,  sonst  farblose  Kristalle,  schöne  weiße  I'rismen. 
Es  nimmt  begierig  Wasser  auf  und  wird  daher  vielfach  zum  Trocknen, 
z.  B.  von  Äther,  benutzt;  sobald  die  Kristalle  sich  blau  färben,  sind  sie  zum 
Trocknen  nicht  mehr  brauchbar. 


Rcagcntien  zum  Nachweis  der  biologisch  wichtigen  Verliinduiigeii.  1447 

Zur  rrüfuiiji  auf  Eisen  (Mhitzt  iiiaii  L-inr  mit  2  o« '  Salpctcrsilurr 
versetzte  Lösung  von  5  y  KuptVrsulfat  in  -Jö  rw'  Wasser  zum  Sieden.  U\\:\ 
20  cm*  einer  Annnoniaklüsung  vom  spezilischen  (iewiclit  (»•«♦»*»  zu.  filtriert 
durch  ein  aschefreies  Filter  und  \v;is(ht  dieses  mit  aninioniakhaiti^MMn 
Wasser  bis  zum  vülhgen  Verschwinch-n  des  Kupfer^  aus.  her  (ihilirUck- 
.stand  des  Filteis  mit  Inhalt  soll  höchstens  ()(K)1  y  lietra^ren.  /u  prüfen 
ist  ferner  auf  eventuell  vorhandene  Kationen,  nach  Ausfidlunj;  des  Kupfer* 
mit  iSchwefehvasserstoff. 

Kupfersulfat  findet  in  dci"  physioldirisch-chemixhen  Analyse  vielfach 
Anwendunii'.  Wie  alle  Schwermetallsalze  füllt  es  Kiweii;:  es  bilden  sich 
Kupferalbuminate.  Ks  dient  feiner  zu  Keduktionsproben.  bes<ind«-rs  zum 
Nachweis  von  Zucker  (^Vo^^w^rsche,  /V/j/zm/scIie  l'iobei.  (lenuiiie  Kiweili- 
körper,  sowie  Peptone,  ferner  manche  IS»lyi)eptide  geben  >nit  konzentrierter 
Natronlauge  und  sehr  wenig  verdünnter  Kupfersulfatlösung  eine  violette 
bis  rote  Färbung:  Uiuretreaktion. 

Die  lUuretreaktion  tritt  auf,  wenn  die  betreffende  Snb-taiiz  zwei 
CO . NH,-* iruppeu,  an  einem  C-  oder  N-Atom  oder  direkt  TuiteiiKiiider  ver- 
einigt, besitzt,  also  bei  den  Typen: 

/CONH,  XONH^  CO  ML 

H2C<^  H.N<  I 

^CONH,  \CONH,  CO.  NU,      (nach    M>yer). 

(Malonamid)  (Biuret)  (Oxainiii) 

Kupferoxydlösung,  erhalten  dnicli  Fällen  von  Kui»fersulfatlösnng  mit 
Natronlauge,  bildet  mit  Aminosäuren  und  l'olypeptiden  schön  blaue  Knpfer- 
salze,  indem  das  schwarze  Kupferoxyd  in  Lösung  L'eht.  Sehr  wertvolle.»: 
Reagens,  besonders  auch  zur  Unterscheidung,  ob  freie  ("<  »(iH-Cruppen  odt-r 
anhydridartige  Bindungen  vorliegen. 

Lösungen  von  Aminosäuren  färben  sich  auf  Zusatz  einiger  Tropfen 
einer  Lösung  von  Kupfersulfat  (oder  Kupferchlorid)  intensiv  blau. 

.    Phosphorwolframsäure. 

Die  Wolframsäuren  vereinigen  sich  mit  l'hosphorsäure  zu  h(M-hm(»le- 
kularen  Verbindungen.  Zur  Darstellung  solcher  Verbindungen,  in  denen 
Fhosphorsäure  und  Wolframsäure  in  wechselnden  MeUL-en.  abhängig  vor 
allem  von  der  Art  der  Herstellung,  v(uhanden  sein  können,  wird  z.  \\.  narh 
Drechsel  500  y  möglichst  reines  Natriumparawolframat  und  l'(M)7  sekun- 
däres Natriumphosphat  in  öOO  cw^  Wa>ser  gelo>t;  man  kocht  und  fügt 
700— 800  cm 3  Salzsäure  vom  s|»ezifischen  (iewicht  114  zu.  «ianjpft  ein. 
bis  sich  eine  Kristallhaut  bildet  und  schüttelt  mit  Äther.  Die  nntero 
schwere  Lösung  gibt  nach  Verjagen  des  Äthers  imd  Kinengen  die  SAure. 
Diese  Säure  entspricht  hauptsächlich  der  Zn.sammen.setzunir  l',  O:.  •-•♦  WO,. 
H,  ().  Das  Verhältnis  F.,().,  :W()  ist  für  die.se  Verbindung  1  :L'4.  Kerner 
bestehen  eine  groHe  Anzahl  Verbindungen  anderer  ZiisammenM'tzung.  in 
denen  das  Verhältnis  L.,0,  :WO,   zwischen    1  :  lM   und   1:7  schwankt.  Die 


J448  L.  Piucussohn. 

riiospliorwolf'ramsäure  Merck  entspricht  der  Formel  (Po  O5  20  WO3  . 
.  H2  ( ))  +  J  6  Ho  O. 

Nach  Merck  prüft  man  Phosphorwolframsäure  auf  Nitrat,  indem  man 
die  Lösung'  von  1  g  des  Körpers  in  10  cm^  Wasser  mit  einem  Körnchen 
Chlornatrium,  einem  Tropfen  einer  Indigolösung  von  1  :  1000  und  sodann 
mit  10  cni^  konzentrierter  Schwefelsäure  versetzt.  Die  blaue  Farbe  der 
Mischung  darf  innerhalb  10  Minuten  nicht  verschwinden.  Zur  Prüfung 
auf  Ammoniumsalze  wird  die  Lösung  von  1  g  Phosphorwolframsäure  in 
10  crn^  Wasser  mit  5  cm^  oS^/oiger  Natronlauge  erwärmt.  Es  darf  dabei 
Ammoniak  nicht  entweichen. 

Die  Phosphorwolframsäuren  sind  in  saurer  Lösung  beständig.  Mit 
Quecksilbernitrat  entsteht  ein  gelber,  in  W^asser  fast  unlöshcher  Nieder- 
schlag. Der  Geschmack  der  Phosphorwolf rarasäuren  ist  meist  bitter.  Beim 
Kochen  mit  Alkali  werden  sie  in  ihre  Komponenten  gespalten.  Versetzt 
man  eine  Wolframatlösung  mit  Zinnchlorür  (Sn  CI2),  so  entsteht  ein  gelber 
Niederschlag  von  Wolframtrioxyd  (WO3)  [Wolfram säure].  Nach  Zugabe  von 
Salzsäure  erhält  man  beim  Erwärmen  eine  prächtig  blaue  Lösung  von  Wg  O5, 
Pteduktionswirkung  durch  den  naszierenden  Wasserstoff.  Weitere  Reaktionen 
auf  WO3  (sehr  empfindlich):  Piotfärbung  durch  Phenol,  Violettfärbung 
durch  Hydrochinon. 

Phosphorwolframsäure  gilit  kopiöse,  schwer  löshche  Fällungen  mit 
Alkaloiden,  Eiweißstoffen  und  deren  höheren  Spaltprodukten.  Sie  bildet 
besonders  ein  wertvolles  Mittel  zur  Trennung  niederer  Eiweiijspaltstücke 
(Aminosäuren.  Polypeptide)  von  höheren  Abbauprodukten  bzw.  genuinen 
Fiiweißkörpern.  (xefäilt  werden  durch  Phosphorwolframsäure  Lysin,  Arginin, 
Histidin,  in  etwas  geringerer  A'erdünnung  auch  die  Diaminotrioxydo- 
dekansäure. 

Phosphormolybdänsäure,  Präparat  Merck :  1 2 Mo O3 .  H3  PO^  -1-  x H,  0. 

Kommt  wie  Phosphorwolframsäure  in  einer  Peihe  verschiedener 
Modifikationen  vor.  in  denen  das  Verhältnis  PaOsiMOä  zwischen  1:24 
und  1 : 5  schwankt.  Sie  dient  ebenso  wie  die  Phosphorwolframsäure  als 
FäUungsmittel  hochkomplexer  Verbindungen. 

1  g  Phosphormolybdänsäure  soU  sich  nach  Merck  in  10  cm » Wasser  voll- 
ständig lösen.  Nach  Zusatz  von  2 — 3  Tropfen  Ammoniaklösung  scheidet 
die  Lösung  einen  gelben  Niederschlag  ab,  der  im  Überschuß  von  Ammoniak 
voUständig  gelöst  wird.  Fügt  man  hierzu  Schwefelammonium  oder  Ammonium- 
oxalatlösung.  so  darf  keine  Veränderung  eintreten. 

Über-Osmiumsäure,  ( )s  O4  (Osmiumtetroxyd). 

weiße  kristaUinische  Masse,  die  bei  100«  zu  einer  öligen  Flüssigkeit 
schmilzt.  Es  schmeckt  ätzend  und  riecht  sehr  unangenehm,  ähnhch  wie 
Chlor.  Die  Dämpfe  sind  sehr  giftig  (Gegengift  Einatmung  von  Schwefel- 
wasserstoff). In  Wasser  ist  es  langsam  löslich,  bei  Erhitzen  schmilzt  es  in 


Reagentien  zum   Nachwois  dfv  liinli.tri^rli   wii-litiei-n   Vi'l'iinluny;c'ii.  144^( 

Wasser.  Die  alkoliolischc  und  iitliciisclic  Lösung-  wird  licim  Sfclicn.  I..- 
sonders  am  Soniienliclit .  nuluzieit.  IXircli  Metalle  wird  inei>t  (»siniuiu 
ausfiescliioden.  Durch  (ierhsäuic  wiid  Illaiifäilmiifr  erzcu^rt.  diirrli  Schwefel- 
wasserstoff und  Schwcfelaiiiiiioiiimii  ein  itiaimscliwarzer  |(j>  srhwar/er.  in 
letzterem  uidüsliclier  Niedeischia.L;  aii>;ici;illl. 

Die  Lösuno-  von  Osmiumtetroxyd  in  Wasser  maelit  an^  .IK  .1  frei,  sie 
entfärbt  Iiidiiiolösung.  Durch  eiue  Ifeihe  or^MniscJicr  KörjH-r  wird  sie 
reduziert,  wobei  sich  schwarzes  Osmium  (Osmiundiydroxvd .")  abscheidet. 
Alkohol  wird  durch  OsO^  zu  Aldehyd  und  Kssigsilure  oxydiert.  Kohlen- 
hydrate, auch  (iiyceriu  zu  Oxalsäure  und  Kssif^^säure:  oxydiert  werch-ii  ferner 
Harnsäure.  Terpentinöl.  Salicin.  Fette.     Von  dieser  Ileaktion  Schwarz- 

färbunu  entsprechender  Stellen  -  wird  in  der  Mikio<koj)ie  be^o'iders  zum 
Fettnachweis  Gebrauch  gemacht. 

Nach  Meyer  lieben  nur  Substanzen  mit  doppelter  oiler  dreifacher 
Bindung  Schwarzfärbung,  während  gesättigte  unverändert  l)leiben.  Mehr- 
wertige Phenole  verhalten  sich  wie  ungesättigte  Lösungen. 

5.  Verschiedene  Reagentien. 

Alkalische  Bariumchlori<lIösung.  Desteht  aus  '1  NOIuinen  Baryt- 
wasser und  1  Volumen  Bariumchloridlösung. 

Almen^Q,h.Q  Lösung,  -ig  Tannin.  8  crn^  Essigsäure.  190 ci/;'  .VIkohul 

öOVoig- 

Ammoniak  verdünnt.  Eine  Lösung  mit  10°  o  Ammoniakirehalt  imd 
vom  spezifischen  Gewicht  O'OG. 

Ammoniumchloridlösung.     1  Teil  Salmiak    auf    lu  Teile  Was.^^er. 

Ammoniumkarbonatlösung.  1  Teil  Ammoniumkarbonat.  1  Teil 
Ammoniak.  4  Ti'ile  Wasser. 

Ammoniumoxalatlösung.  1  Teil  Animoniumoxalat  auf  L'ä  Teih- 
Wasser. 

xVmmouium Sulfatlösung,  gesättigt.  780  y  Ammoniunisulfat  in 
Wasser  gelöst  und  auf  1  /  aufgefüllt. 

Bariumchloridlösung.    1  Teil :  10  Teile  Wasser. 

Barium nitratlösung.    1  Teil  Salz  auf  12  Teile  \\as.<er. 

Barytwasser.  1  Teil  kristallisiertes  Bariumhydroxyd  wird  in  !."•  Teilen 
Wasser  kochend  gelöst  und  die  Lösung  noch  heil")  filtrii'rt.  I5eim  Erkalten 
scheiden  sich  Kristalle  von  llariumhydrat  aus.  während  die  darüberstehende 
Lösung  gesättigt  ist. 

.^r/oerfs  Reagens  (auf  Zucker).  66//  Kupferacetat  und  10. 7  Eis- 
essig werden  in  Wasser  gelöst  und  auf  1  /  aufijetullt. 

Bleiacetatlösung.    1  Teil  Salz  auf   10  Teile  Wasser. 

P)rom Wasser.  Destilliertes  Was.ser  wird  mit  einem  riier.schuH  von 
Brom  geschüttelt  und.  die  Lösung  stehen  gelassen. 

Brüi'kcs  Keagens  (auf  Eiweili).  .öO  »j  .lodkalium  in  fxX)  '*;»»  W  assor 
werden  mit  Quecksilberjodid  (120  </)  gesättigt  uuil  auf  1  /  aufgefüllt. 


5^450  L.  Pinea  SS  oh  n.  |l 

Curcumapapier.    Gepulverte  Curcumawurzeln    werden   mit   Alkohol  | 

extrahiert,  in  das  Extrakt  wird  Fließpapier  eingetaucht  und  dann  trocknen 
gelassen.  ^ 

Diazoreagens.      Lösung   I:    hg    Sulfanilsäure,    50  crn^   Salzsäure  1 

1-14,  1000  cni^  destilUertes  Wasser.  Lösung  11:  0'5  g  Natriumnitrit,  100  cm^  * 

destilliertes  Wasser. 

Eisenchloridlösung.  Enthält  1  Teil  Eisenchlorid  auf  10  Teile 
Wasser. 

Eshachs  Reagens.  10  g  Pikrinsäure  und  10  g  Zitronensäure  werden 
in  Wasser  gelöst  und  auf  1  /  aufgefüllt. 

Essigsäure.  Acidum  aceticum  dilutum  der  Pharmakopoe  mit  einem 
Gehalt  von  SOVoigei"  wasserfreier  Essigsäure. 

Fehlingsche  Lösung,  a)  69"2  g  Kupfersulfat  werden  in  Wasser 
gelöst  und  auf  1  l  aufgefüllt,  h)  346  g  Seignettesalz  und  120  g  Natrium- 
hydrat werden  in  Wasser  gelöst  und  auf  1  l  aufgefüllt.  Zur  Reaktion 
werden  gleiche  Teile  der  beiden  Lösungen  vermischt. 

Folins  Reagens  auf  Harnsäure.  500  g  Ammonium sulfat,  5  g  Uran- 
acetat  und  6  g  Eisessig  werden  in  650  cm^  Wasser  gelöst. 

Ferrocyankaliumlösung.    Enthält  1  Teil  in  10  Teilen  Wasser. 

Glyoxylsäurelösung.  10  g  Magnesivmipulver  werden  mit  Wasser 
überschichtet  und  unter  Kühlung  vorsichtig  250  cm'^  einer  gesättigten 
Oxalsäurelösung  zugefügt.  Das  Magnesiumoxalat  wird  abfiltriert,  das  Filtrat 
mit  Essigsäure  angesäuert  und  auf  1  l  aufgefüllt. 

Guajaktinktur.    1  Teil  Guajak  wird  in  100  cm^  Alkohol  aufgelöst. 

Günzhurgs  Reagens.  2  ^  Phloroglucin  und  1  (/ Vanillin  werden  in 
30  cm^  Alkohol  absolutus  gelöst. 

Jodjodkalilösung.  20,^  Jodkalium  werden  in  1000  crn^  Wasser 
gelöst,  und  darin  10  g  Jod  aufgelöst. 

Kaliumchromatlösung.    Enthält  1  Teil  in  20  Teilen  Wasser. 

Kalilauge,  SS^/oig.    1  Teil  Kalihydrat  in  2  Teilen  W^asser. 

Kupfersulfatlösung.  1  Teil  in  10  Teilen  Wasser.  Für  die  An- 
stellung der  Biuretreaktion  muß  diese  Lösung  noch  bedeutend  (ungefähr 
auf  das  5fache)  verdünnt  werden. 

Natriumchloridlösung,  kalt  gesättigt.  Enthält  in  100  Teilen 
ol-84  g  Kochsalz. 

Natriumchloridlösung,  physiologische  ist  für  Kaltblüter  0"6Voig, 
für  Warmblüter  0-85— 0-9 Voiii'- 

Natronlauge,  3o"/oig-    1  Teil  Natronhydrat  und  2  Teile  Wasser. 

Natronlauge,   verdünnte.    Enthält    in    100  cm^    log  Natronhydrat. 

Natriumphosphatlösung.  1  Teil  sekundäres  Natriumphosphat  auf 
100  Teile  Wasser. 

Natriumkobaltnitritlösung,  bg  Kobaltnitrat  werden  in  90  cm^ 
Wasser  gelöst,  10  g  Natriumnitrit  und  10  cm^  Essigsäure  zugefügt,  und 
die  Lösung  filtriert.  Wenn  spontan  Rotfärbung  auftritt,  muß  etwas  Nitrit 
und  Essigsäure  zugefügt  werden. 


Reagentien  zum  Nachweis  der  biidogiscli  uirlitigen   Verbinduugeu.  14Ö1 

iVe^/ers  Reagens.  50  y  .lodkaliiiin  werden  in  öO  rm*  heißem  destil- 
lierten AVasser  gelöst  und  koiizentiierte  lieilie  (^»iiecksilherchloridlösiiu}»;  so 
lanize  hinznuefüfrt,  liis  der  sich  hildcnde  ntte  Niederschlag'  nicht  mehr  ver- 
schwindet. Es  wird  filtriert,  das  Filtrat  mit  einer  Lioiinir  von  l;"»*»  y  Kali- 
hydrat in  HOO  cni^  destilliertem  Wasser  und  eini^^Mi  Kuhik/entimetern  der 
Quecksilherchioridlüsun«'-  versetzt  und  nach  dem  Krkalten  auf  1  /  aufiiefüllt. 
In  f^ut  schließender  Flasche  aufbewahren.  Der  sich  bildende  Niederschlag 
schheßt  die  Verwendbarkeit  nicht  aus,  es  muß  nur  sori^'-fjiltig  von  ihm 
abpipettiert  werden. 

Nylanders  Reaiiens.  2  g  basisch  salpetersaures  Wismut  und  t  y 
Seignettesalz  werden  in  \00  cm ^  einer  Ho/uir-'''"  N;»tn>idaut>:c  irelöst. 

Maiinesiamischunii'.  ix)  g  Maunesiumchlorid,  TU  y  Salmiak  und 
I2b  ct)i^  Ammoniak  vom  spezifischen  (iewicht  0"f<><  werden  in  Wasser  {gelöst 
und  auf  1  /  aufuefiillt. 

Magnesium sulfatlösunf?,  gesättigt.  60Üy  kristallisiertes  Magnesium- 
sulfat wird  in  Wasser  gelöst  und  auf  1  /  aufgefüllt. 

Millons  Reagens.  1  Teil  metallisches  (^Kiecksilber  wird  in  2  Teilen 
Salpetersäure  vom  spezifischen  (Jewicht  VA  unter  Krwärmen  L'elö<t  und 
1  Volumen  der  erhaltenen  Lösung  mit  2  \'olumen  Wasser  verdünnt. 

Ohermaijtrs  Reagens.  4y  Eisenchlorid  werden  in  1  /  Salzsäure  11'.» 
gelöst. 

Oxalsäurelösung,  gesättigt.  lUOy  Oxalsäure  gelöst  in  1(H)()  cm' 
AA'asser. 

Prtt-ysche  Eösung.  120  cw?»  Fe// //«y scher  Lösung  und  IHK.»  r/;<^ 
Ammoniak  vom  spezifischen  Oewicjif  OSS  werden  mit  Walser  auf  1  / 
verdünnt. 

Quecksilbernitratlösuug.  lOy  Salz  werden  in  Wasser  gelöst  und 
auf  1  /  aufgefüllt. 

Pikrinsäurelösung.  12  y  Pikrinsäure  werden  in  Wasser  gelöst  und 
auf  1  /  aufgefüllt. 

Salpetersäure,,  konzentriert.  Spezifisches  (iewicht  P40,  ungefähr 
65 Vo  Säure  enthaltend,  14-ömal  normal. 

Salpetersäure,  verdünnt.  1/  der  konzentrierten  Salpetersäure  wird 
mit  2/  Wasser  verdünnt.  Spezifisches  (Jewicht  PI  7.  ungefähr  .")mal  muMnal. 

Salzsäure,  konzentiiert.  Spezifisches  (Iewicht  \\\y  ungefähr  12mal 
normal. 

Salzsäure,  veidünnt.  aus  1  /  konzentrierter  Säure  -f  Pö  /  Wasser, 
spezifisches  (Iewicht  POS.  ungefähr  17"  o  IK-'I  t'Uthaltend.  ungefähr  Mach 
normal. 

Schwefelsäure,  konzentriert.  Spezifisches  (iewicht  psl.  fast  reine 
Säure,  ungefähr  H(ifach  normal. 

Schwefelsäure,  verdünnt.  Spezifisches  (iewicht  PK')  mit  21"  o  H,S(I^; 
aus   1  l  konzentiierter  Säure  -j-  6-4  /  Wasser:  im^^-fähr  r>fach  normal. 

Salpetermischung.  Enthält  2— H  Teile  Kaliumnitrat  und  1  Teil 
Natriumkarbonat. 


1452  L.  Pincussohn.  Reagentieii  zum  Nachweis  der  biologisch  wicht.  Verbind. 

üffelmanns  Eeagens.  Zu  einer  2 — öVoigf"  Karbolsäurelösung 
Averden  wenige  Topfen  Eisenchloridlösung-  zugefügt,  bis  die  Lösung  blau  wird. 

Zinkchloridlösung,  alkohohsche.  Eine  sirupöse  wässerige  Lösung 
von  Chlorzink  wird  mit  Alkohol  bis  zur  Erreichung  eines  spezifischen  Ge- 
wichtes von  1-2  verdünnt. 

Indikatoren. 

Alizarinlösung.  Angewandt  eine  P/oige  Lösung.  Mit  Säuren  grün- 
gelb, mit  Laugen  violett. 

Cochenilletinktur  wird  hergestellt  durch  Übergießen  von  3 ,9^  Farb- 
stoff der  gepulverten  Läuse  mit    250  Teilen  20 — 25''/oigem  Alkohol. 

Kongorot  wird  in  verdünntem  Alkohol  gelöst.  Es  ist  in  alkalischer 
Lösung  feuerrot,  in  saurer  Lösung  tiefblau. 

Lackmoid.  Der  Farbstoff  wird  zur  Sättigung  in  987oigeni  Alkohol 
gelöst.  Zu  100  cm^  der  filtrierten  Lösung  werden  \0  cm^  einer  2*'/oigen 
alkoholischen  Lösung  von  Malachitgrün  zugesetzt.  Besonders  gut  für  Ar- 
beiten bei  Gasglühlicht.  Für  Kjeldahl  zu  empfehlen. 

Lackmustinktur.  Lackmuskörner  werden  mit  siedendem  Wasser 
ausgekocht,  vom  ungelösten  heilj  dekantiert,  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
angesäuert  und  wieder  aufgekocht.  Man  läßt  die  Lösung  1 — 2  Tage  kalt 
stehen  und  dialysiert  dann  gegen  stets  zu  wechselndes,  destilliertes  AVasser, 
bis  die  Farl)lösung  schwefelsäurefrei  ist.  Zur  Erhöhung  der  Empfindlichkeit 
kann  etwas  Smaragdgrün  zugesetzt  werden. 

Methylorange.  Angewandt  wird  eine  0"2"/oig<?  Lösung  in  destil- 
liertem Wasser.  Eignet  sich  nur  für  starke  Mineralsäm^en,  dagegen  für 
starke  und  schwache  Basen.  Färbt  sich  mit  Säuren  rotorange,  mit  Alka- 
lien gelb. 

Phenolp htalein.  Angewandt  wird  eine  P/oige  alkoholische  Lösung, 
die  sich  mit  Alkalien  rot  färbt,  mit  Säuren  farblos  bleibt. 

Rosolsäure.  Benutzt  wird  eine  alkoholische  Lösung,  von  der  nur 
wenig  zuzusetzen  ist.  Mit  Säuren  bleibt  die  Farbe  gelb,  mit  Laugen  tritt 
Rosa-  bis  liotfärbung  auf.  Gut  geeignet  für  Kjeldahl. 


I 


Register. 

Die  beigedruokten  ZilTern  budentun  die  Scitenzahli'ii. 


Abbau  der  Aminosäuren  durch 
Mikroorganismen  957. 

—  des  Eiweißes  durch  Mikro- 
organismen 95'i. 

—  der  Tri-  und  Disaccharide 
durch  Mikroorganismen 
939. 

Abblendungsvorrichtung  nach 

O.  Frank  40. 
Abriu,  Nachweis  im  Blut  3U. 
Absaugvorrichtung   (Sato) 

362. 

—  (Strasburger)  361,  362. 
Absorption,    biologische  899. 

—  —    des    Nitrat-  und  Am- 


moniumions 


906. 


Absorptionspijiette  418,  419. 

Abtrennen  von  Mikroorganis- 
men 92<). 

Acetanilid  715. 

Acetanilidharn,  Untersuchung 
716. 

Acetessigsäurcbildung    in 
Hundeleber  1251. 

— ,   Bestimmung  im  Blut  IVIS. 

Aceton,    Nachweis    und    Be- 
stimmung im   Blut  197. 

Acetonkiirperausscheidung 
1213. 

Acetylchlorid  1438. 

Acetyl  -p  -  aminophen\  larsin- 
saures  Natrium   1379. 

Aconitin  1419. 

—  Nachweis      am     ganzen 
Frosch  75. 

—  —   am    isolierten   Frosch- 
herzen 99. 

—  —    an  der   menschlichen 
Zunge    122. 

.Vdenin  351. 
Adenosin  494. 


Adrenalin,  Wertbe.stimmung 
der  Lösungen  am  Frosch- 
auge 112. 

—  —  der  Lösungen  am  Ge- 
t'aßapparat  106. 

Adsorption  v<in  Filtern  1093. 

Adsorptionskoet'fizienten,  ka- 
pillaranalytische  Bestim- 
mung von   l,3(i3. 

Aerotaxis  1291. 

.\gar-Ag:ir  378. 

Agglutination  von  Blutkör- 
pereben zum  Nachweis 
von  Giften  28. 

.\kkumulator  508. 

Albumin  44(5. 

—  im  Kot  344. 

—  und  Albumosen.  i)irt'eren- 
tialdiagnose  im  Fiizes- 
tiltrat  346. 

Albuininbestimmung  452. 
Albumosen   im   Kot  344. 

—  Trennung  durch  ['Itratil- 
tration  1094. 

Albumosennaehweis    im    Kot 

.348.   349. 
Algcnwachstuiii    als    Zeichen 

der    Kolilensäureassiniila- 

tion  1272. 
-Mkalien.  Bestimmung  der,  in 

Milch  460. 

—  —  der  in  Zerebrospinal- 
Hü.ssigkeit    221. 

—  freie,   Nachweis   792. 

—  spektroskctpischer  Nach- 
weis 1051. 

Alkahiido,  Verhalten  gegen 
Fröhdes  Reagens  7(iO. 

—  —  —  Maudelius  Beagt  IIS 
760. 

—  —  —  ;\Ianiuis'  Reagens 
761. 

Mecke's  Iteagens  760. 


.Vlkaloide,     Verhalten    gegen 
konzentrierte   Salpeter- 
säure 759. 

konzentrierte  iSchwe- 

felsäure  759. 

Alkaloidreagentieii,  .illgomei- 
ne,   Bereitung  St)".!. 

Aikaptonurie  1212. 

.Mioxurkörper    im    K"t   351. 
352. 

Alloxyprnteinsiiure,       Isolie- 
rung aus  Blut  194. 

Allylphenylhydrazin   1402. 

Allyli)henyihydrazone  1402. 

Alunnsehe   Losung   1449. 

Ameisensäure  1432. 

—  im   Kot  38t;.  387. 
p-.\niiniiphenylarsensaures 

Natrium   1379. 
Aminosaureabbau  durch  Hefe 

und  Schimmelpilze  957. 
Aniinosiiuren  357. 

—  Bestimmung     na«h     der 
Kormolmethode  3Ui>. 

—  Nacliweis      im      Blut 
190. 

.Vminostickstoll,   Ite.^tiiniuung 
nach   van  Slyke  995. 

—  freier,  im  Urin   1008. 
.\mmoniak   415,  417. 

--   im    Kot    .335.    .357.  :^58. 
.359. 

Bestimmung  im  Blut  nach 
l'olin    156. 

—     nacii    Krüger -Kfich- 
Schittenhelm  157 
im   Harn  3(M 
im  Kot.  ijualitativor  Nach- 
weis 357. 

—    quantitative    Be- 
stimmung 357.  3Ö8.  359. 

—  im   Harn  285. 

—  Nachweis  7il2. 


1454 


Register. 


Ammoniakabspaltung  aus  As- 
paragin  durch  Fermente 
966. 

Amylphenylhydrazin  1402. 

Amylphenylhydrazone   1402. 

Anaerobe  Bakterien ,  Kultur 
592. 

Analyse  einer  Asche  1050. 

—  vollständige  des  24stiin- 
digen  Urins  281. 

—  von  Proteinen  nach  van 
Slyke  1011. 

Analvsen    der    Sandkulturen 

1265. 
Analvsenapparat  nach  Zuntz 

1Ö27. 
Anaphylaktischer  Shock  527. 
Anaphylatoxin,  Darstellung 

557. 
Anaphylaxie,  .^bbnuvermögen 

der  Seren  560. 

—  aktive,     Ditferentialdia- 
gnose  545 

—  —  Nachweis  533. 

—  organspezifische  554. 

—  passive,  Nachweis  548. 

—  Terminologie  525. 
Anilin  699,  730,  1415. 

—  Nachweis  700,  730. 
Anorganische  Sulfate  im  Harn 

288. 

Anoxybiose  1241. 

ß-Anthrachiuonsulfochlorid 
1439. 

Antianaphylaxie,   Nachweis 
552. 

Antimon,  qualitativer  Nach- 
weis 1059. 

Antipyrin  721,  749. 

—  Nachweis    im  Harn    722. 
Antisepsis,  innere  1094. 
Antitrypsin  398. 
Antüxyproteinsäure  .     Isolie- 
rung aus  Blut  193. 

Apomorphin  751. 
Araban  377. 

—  im  Kot  378. 
Arabinose     im    Kot     377, 

378. 
Aromatische    Fettsäure,    Ab- 
bau im  Organismus  1194. 

—  Substanzen  im  Kot   335. 
Arsen,     Abscheidung     durch 

Eisenhydroxyd    1076. 

—  Nachweis  nach  Marsh  767. 

—  qualitativer     Nachweis 
1058,  1068. 

—  quantitative  Bestimmung 
1082. 

—  und  Antimonspiegel,  Un- 
terschiede 769. 

Arsenfreie  Chemikalien  1072. 


Arsenik,  Nachweis  durch  Pe- 
nicillium  brevicaule  3. 

Arsenophenylglyzin   1379. 

Arzneimittel,  kapillaranaly- 
tische Untersuchung  der 
1389. 

Ascariden ,  Stolfvvechselver- 
suche  an  1242. 

Asche,  Bestimmung  der  — 
der  Zerebrospinalflüssig- 
keit  220. 

—  Herstellung  einer  1049. 
Aschebestandteile   der  Fäzes 

408,  409,  410. 

—  Nachweis    und    Bestim- 
mung im  Blut  159. 

Aschebestimmung  458. 

Aschenanalvse,  Ergänzungen 
1049. 

Aschenbedarf  bei  Mikroorga- 
nismen 926. 

Assimilationsprodukte,  Nach- 
weis 1282. 

Äther  als  Narkotikum  für 
die  Blutdruckbestimmung 
126. 

Ätherische  Sulfate  im  Harn 
288. 

Äthylalkohol  704. 

—  Nachweis  704. 

—  —  im  Blut  nach  Food 
195. 

Blut  nach  Jolly  195. 

Äthvlalkohol,  Oxydation  von 
971. 

Äthylphenylhydrazin   1402. 

Atmung,  aerobe,  der  Bak- 
terien im  Boden  868. 

—  anaerobe  der  Bakterien 
im   Boden  867. 

Atmungsintensität  der  Boden- 
bakterien,    Bestimmung 
der  866. 

Atophan.  Ausscheidung  von 
Harnsäure  mit  1183. 

Atoxyl  1379. 

Atropin  737. 

—  Nachweis  am  isolierten 
Froschherzen  105. 

—  —   am  Frosch  äuge   112. 

—  —   am  Menschenauge  122. 
Aufbewahren    von    Kulturen 

916. 

Aufbewahrung  des  Urins  282. 

Aufsammeln  des  24stündigen 
Urins  281 

Autolyse  1259. 

Azetessigsäure,  Bestimmung 
im  Blut,  siehe  Gesamt- 
aceton  198,  in  Hunde- 
leber 1251. 

Azidimeter,  Schafi'ersches949. 


Azolithminpapier  337. 
Azotobacter,    Isolierung    von 
979. 

B. 

Bacterium  coli -Extrakt  404. 

Bakterien,  die  auf  die  Pflan- 
zen schädliche  Wirkungen 
ausüben  897. 

—  für  Cheraotaxisversuche 
1303. 

—  —  die  Engelmannsche 
Bakterienmethode     1279. 

—  im  Kot  359,  360,  361, 
362,  363,  379. 

—  —  —  Berechnung  der 
Menge  361. 

—  —  —  Mikroskopische 
Präparate  363. 

—  Wertbeslimmung  von  Des- 
infektionsmitteln an  —  8. 

—  Isolierung  aus  Fettstühlen 
362,  363. 

Bakterienkultur  unter  er- 
höhtem Druck  605. 

Bakterienmethode  nach  En- 
gelmann 1278. 

Bakterien  Präparate,  Färbung 
derselben  363. 

nach  Weigert-Escherich 

363. 

Bakterienreinkultur  aus  einer 
Zelle  585. 

Bakterienwägung  359 ,  360, 
361,  362,  363. 

Bakteriensporen ,  Züchtung 
591. 

Barfoeds  Eeagens  1449. 

Baryum,  Nachweis  776. 

—  qualitativer      Nachweis 
1063. 

—  spektroskopischer  Nach- 
weis 1054. 

Benzidin  395,  396,  397. 
Benzoesäureanhydrid  1440. 
Benzoylchlorid  1428. 
Benzoylverbindung  1428. 
Benzylphenylhydrazin    1403. 
Benzylphenylhydrazone  1403. 
Benzylphenylosazone  1404. 
Berussungsflasche  35. 
Bestandteile,      anorganische, 
der   Blutkörperchen    208. 

—  —  der  Zerebrospinaltiüs- 
sigkeit  220. 

Bestimmung   von   salpetriger 

Säure  982. 
Bilirubin  im  Kot   393,  394. 
Nachweis  393,  394. 

—  —  —  quantitative  Be- 
stimmung 394. 


Bilirubinkristalle  340. 
Bindegewebe    im     Kdt    338, 
414. 

—  —  — ■  chemische  Keak- 
tioncn  desselben  338. 

BiolosischtT  Kiweißnachweis 
im   Ivot  350,  351. 

Biondis  DreifarbenKt-misch 
zum  Schleimnachweis  im 
Kot  340. 

Binretreaktion  des  Bindege- 
webes 338. 

—  zum  Nachweis  gelüsten 
Eiweißes  im  Kot  34(5,  347. 

Blasenzählmethode     bei    der 
Kohlensäureassimilation 
1275. 

Blausiiuro  G83. 

—  neben     Blutlangensalz, 
Nachweis  686. 

—  quantitative  Bestimmung 
686. 

Blei,  Nachweis  773,  776. 

—  qualitativer     Nachweis 
1057. 

Blut  im  Kot  337.  341,  394, 
395,  396,  397,  398,  399, 
414. 

—  —  —  Methoden  zum 
Nachweis  desselben  394, 
395,  396,  397. 

—  —  zur  Aufarbeitung  des 
139. 

—  Untersuchung  auf  Arsen 
1076. 

—  Untersuchung  auf  einzelne 
Bestandteile  des  Zellstoff- 
wechsels 1166. 

—  zum  Nachweis  von  Giften 
21. 

Blutdruck,  Methoden  zur  Be- 
stimmung des  125. 

Bluteiitnalinie  am  Kaninchen 
22. 

—  am  Meerschweinchen    23. 
Blutfarbstoff  zum  .Sauerstoff- 
nachweis 1273. 

Blutgerinnungfi'irdernde  Sub- 
stanzen 273. 

Blutgerinnung .  Theorie  der 
223  ff. 

Blutgerinnung.szeit,  Methoden 
zurBestimmungder231  11". 

Blutkörperchen,  rote.  Ge- 
winnung 143. 

Blutkor|i('rc'henvolum ,  Be- 
stimmung nach  Warburg 
212. 

Blutpliittchen ,  Gewinnung 
nach  Mosen  144. 

—  —  —  Morawitz  145. 
Blutungen,   okkulte  395. 


Register. 

Bodenuntersuchung ,    bioche- 

niisrhe  H43. 
Bodenunl4>rsuchungt<n.   Iiaktr 

ri.dle  880 
Borax|.frli'   1055. 
Borsäure,  qualitulivii    Virh 

weis  KifiO. 
BrennwiMtlMwtimmuiig  im  Kot 

411,  412. 
Brennwerte  der    Fäzes,  Ver- 
gleich zwischen    di-n  .Vna- 
lysen werten   und  412. 
BriMizkatcchin    14UH. 
Brenzsihleirasaurechlorid 

1436. 
Bromide,  Nachweis  neben  .To- 

diden  und  Chloriiien  1(K)5. 
p-Bronipheiiylliydrazin  1395. 
p- Brom  phfii\llivdra  Zone 

1395. 
p-Bromplienylosazone   \',VM\. 
Bromura!  als  Narkotikum  fiir 

die  Blutdrackbestimmung 

126. 
Brucin  736. 
Brückes  Reagens   1449. 
Brutschrankprobe  im  Kot  348. 

370.  371.  372.  415. 
Brutzininier  nach  Pfeffer  917. 
Burris  Tusche  40(J. 
Butter-säure  im  Kot  379.  386. 

387. 
Bnttersäuregärung  949. 
n-Butylalkohol.     Darstellung 

von  970. 

c. 

Cadniium,  qualitativer  Nach- 
weis 1058. 

Cadmiumchlorid   1445. 

Calcium.  Bestimmung  des  — 
im   Harn   293. 

—  in  Mihh    V'.l. 

mikrociiemischer  Nach- 
weis 1123. 

Cidliphora  vomituria.  .*<tofl'- 
weehsel   1154 

Cantharidin  712. 

—  Nachweis  an  der  mensch- 
lichen Haut  122 

Capsnlae  geloduratae  40 1 

Cerebrin  ()33. 

Cerebr.m  629.  631,  632.  f.: W, 

635. 
Cerebroiisäure  6,30,  634. 
Cerebroside  r.28,    f.2'.l.    r..32. 

634,  635. 
Chemcmastie    I.JOl. 
Chemotaxis    128f). 
Chenio-thenipeuti-«  he   Cnter- 

suchunu  137o 


14:..^) 

('hem<*-th(rni|i«ati»cho  I*ni-r 
^uchuDK  in  vivo  i 


Chinin   747 

N-..  1 


Wirkuii»;    dul     Fruioiora 
21 
I  Wirkung  auf  PannAxirn 

'         21. 
CblnmydothriY  orhrirf*n  Ml» 
-    «ider 

Chlor.    1,  ,g    .,. .    — 

in  Sl 
I'  'i^r  Nach- 

—  im   Mam   2*J1. 

—  quantiLitivr  iieKtimmanjc 
10H1 


Chh 


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n  Blat  und 

Tirrkuriirr 


417 

B<  '•timn'. 


—  .\ 

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Chlor^  '  n. 

Z 

221. 
Chlor- '  ,. 

ti 
Chlut 

);. 

Chloroform  692. 

—  N.i  '  '"'1 

—  i|i.  iimamt 
695. 

—  Vert/'ün-"    ■•     der  Leiell«> 
Ü93.  • 

Chlor  Jmm.   Ü 

II: 


1 

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Cholrstonn    i  ■  '.«I. 

61«.  f  "  -H 

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y    .  ,  •■       i»#- 


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{',•  >  Blat- 

k    :. - 


1456 


Register. 


Cholesterin,  Isolierung  aus 
Serum  167. 

—  Nachweis  und  Isolierung 
aus  Zerebrospinalflüssig- 
keit  217. 

—  quantitative  Bestimmung 
im  Serum  (Blut)   169. 

—  —  —  nach  Lewliowitsch 
170. 

—  —   —  nach   Obermüller 
170. 

—  —  —  nach  Windaus 
171. 

Cholesterinester  615,  619, 
623. 

—  Isolierung  aus  Serum  167. 

—  quantitative  Isolierung 
aus  Serum   169. 

Cholin,  Nachweis  in  Zerebro- 

spinalfiüssigkeit  219. 
Chrom,  Nachweis  775. 

—  qualitativer  Nachweis 
1055,  1060,  1061. 

ChyJus,  Untersuchung  auf 
Stoffe  des  intermediären 
Stoffwechsels  1168. 

Cicutoxin,  Nachweis  am  gan- 
zen Frosch  48. 

Clostridien,  Isolierung  von 
979. 

Cocain,  Nachweis  an  der 
menschlichen  Zunge  122. 

Coffein,  AVirkung  auf  Para- 
mäzien  20. 

Colchicin  711. 

—  Nachweis  am  ganzen 
Frosch  50. 

—  —   an  der  Maus  114. 
Coniin  727. 

—  Nachweis  am  ganzen 
Frosch  61. 

Crotin,  Nachweis  am  Blut  30. 
Curarin,  Nachweis  am  ganzen 
Frosch   57. 

—  —  am  Nervenmuskelprä- 
parat  87. 

Cystin  als  Material  zur  Taurin- 

bildung  1190. 
C\stiuurie  1225. 
Cytisin  800. 

—  Nachweis  801. 

D. 

Darmgäi'ung  415. 
Darmgase  415,  416,  417,  418, 
419,  420. 

—  Analvse  415,  417,  418, 
419,  420. 

—  Gewinnung415,  416,  417. 
Darstellung   des   Kuhkaseins 

nach  Hammarsten  443. 


Darstellung  von  Frauenmilch- 
kasein 444. 

Degeneration,  fettige  1232. 

Denitrifikation  982. 

Denitrilizierende  Bakterien, 
Anhäufung  von  984. 

Desamidierung  der  Amino- 
säuren 965. 

Desinfektionsmittel ,  Wertbe- 
stimmung an  Bakterien  8. 

Dextrine,  krystallisierte  938. 

Diabetes  mellitus  1199. 

Diagnose,  kapillaranalytische 

—  in  Krankheiten  1364. 
Dialyse,  Ersatz  durch  Ultra- 

tlltration  1094. 

Diaminomonophosphatid  626. 

Diastase  im  Kot  404,  405, 
406,  407. 

Nachweis  405,  406, 

407. 

Diastasenachweis  bei  Mikro- 
organismen 937. 

Diazobenzolsulfosäure  1416. 

Diazoreagens  1440,  1450. 

Dickdarmgase  415,  416,  417. 

—  Gewinnung  derselben  416, 
417. 

Diffusionspotential  503. 

Digitalinum  verum  802. 

Digitalinwirkung ,  Produkte 
mit  solcher,  Nachweis  am 
ganzen    Frosch    63. 

—  —  —  am  Froschherzen 
98. 

Digitalisblätter  und  -präpa- 
rate,  Wertbestimmung  am 
ganzen  Frosch  68. 

Digitalisglukoside  801. 

Digitonin  802. 

Digitoxin  802. 

Dimethvlamidobenzaldehvd 
(Ehrlich)  354,  355.  ' 

Dinitrochlorbenzol  1434. 

Dinitrophenylverbindung 
1434. 

Dioxj'aceton,  Darstellung  von 

—  971. 
Dioxvdiamidoarsenobenzol 

1382. 

Di])henylamin   1416. 

Diphenylhydrazin  1405. 

I>iphenylhydrazone  1405. 

Distearyllecithin  368. 

Diurese  als  Mittel  zur 
AusschwemmuDg  von 
Stoff'wechselzwischenpro- 
dukten  1182. 

Dragendorffs  Reagens.  Berei- 
tung 811. 

Druckraum  für  Bakterien- 
kulturen 606. 


Durchlüftung    von    Kulturen 

925. 
Durchströmungsmethoden 

1245. 

E. 

Eichung  der  Ultrafilter  1091. 

Eigenschaften  der  Milch  421. 

Eisen,  qualitativer  Nachweis 

1050,  1051,  1055,  1060. 

—  in  Milch,  Bestimmung  des 
463. 

Eisenbakterien  930. 

—  Gewinnung  611. 

—  Zucht  611. 

Eisenbestimmung,  mikroche- 
mische 1101. 

—  anorganische,  mikroche- 
mische 1105. 

—  organische ,  mikroche- 
mische 1108. 

Eisencblorid   1445. 

Eiter  im  Kot  337,  341,  414. 

Eiweiß,      Gesamtbestimmung 

in  Zerebrospinalflüssigkeit 

216. 

—  und  Albumosen  im  Kot, 
gemeinsamer  Nachweis 
344.  345,  346,  347,  348. 
415. 

Eiweißaufbau  bei  Mikro- 
organismen 951. 

Eiweißhydrolyse  durch  Mikro- 
organismen 956. 

Eiweißkörper,  lösliche  und 
koagulable   im  Kot    343, 

344,  345,  346,  347,  348, 
349,  415. 

Eiweißproben  im  Fäzesfiltrat 

345.  346.  415. 
Eiweißreagens    von     Esbach 

345. 

Tsuchiya  345,  346. 

Eiweißreste,    pflanzliche,    im 

Kot  341. 
Eiweißstoffe  der   Milch  443. 

—  in  der  Zerebrospinalflüssig- 

keit 216. 

—  in   den  Erythrocyten  202. 

—  Nachweis  und  Bestim- 
mung im  Plasma  und  Se- 
rum  161. 

Eiweißstoffwechsel  bei  Miki'o- 

organismen  951. 
Eiweißsynthese  im  tierischen 

Organismus  1176. 
Elastische    Fasern    im     Kot 

338,  339. 

—  Manometer  134—138. 
Elektrische  Leitfähigkeit  der 

Milch  470. 


lifgliliT 


Elektrometer  51(J. 

Pvlektroniotorische     Khiltf. 
Messun»  öOG. 

Enteiwoilien  des  Hliites  zur 
Zuckerbestimniun;;  nach 
Bang   174,    nach    Dastre 

175,  naeh  Paw  und  Siau 

176,  nach  Micliaolis  und 
Rona  173.  nach  l{«n:i 
undUpi)lerl73.nachW;iy- 
inonth  lleid  175. 

Entnahme  der  Milch  zur  Un- 
tersuchung; 42.'i. 

Epithelien  des  Darmes  340, 
41^. 

Erdalkalien ,     spektroskopi- 
scher  Nachweis   1U51  bis 
1054. 

Erdmanns  Reapjens,  Bereitung: 
812. 

Erepsin  im   Kot  4():i.  404. 

Erntebestimmung;  bei  Mikro- 
orj^anismeu  953. 

ErythrocyteneiweiU,  Bestim- 
mung neben  Fii)rin  in 
einer  Blutportion  210. 

Erythrodextrin  407. 

Esbachs  Reagens  1450. 

Eserin  741. 

Essigsäure  1438. 

—  im  Kot  379. 
Essigsäureanliydrid  1438. 
Essigsäurebakterien,   Anhäu- 
fung von  1172. 

Explosionspipette  418. 

Exsikkator  335. 

Extrakte,    Untersuchung   aut 

Produkte     des     Zellstott- 

wechsels  1 1 70  tt'. 
Extraktivstotte  im   Mlul  180. 

—  und  ZerebrospinalHüssig- 
keit  218. 

Extraktivsubstanzen  in  den 
Blutki>rperchen  208. 


Fäuliüsai)bau      der      Amino- 
säuren 9G3. 

Fäulnis  von  stickstofThaltip-n  j 
organischen  .Substiinzi'n  ' 
durch  Anaerobier  873. 

Fäulnisprobf    im   Kot  348. 

Fäzes,     Urinbeimengung    /u 
den  331. 

Fäzesasche,  .Analvse derselben 
409. 

—   i|nantitative  Bestimmuntr 
408. 

Fäzesextrakt.    Befreiung  von     • 
Kohlehvdratcn     und     Ki 
weiß  37(5,  377. 

A  bdcrbaldvn  ,   llundbocb  d«r 


Fii, 
Fai 


xtrukte  aiH  5M4     .i 


•>    !e   Kot   VA 


toriMi     I 
tische      ..  , 
."^alzen  und 


K..! 


•y  I . 


Fehiingsche  IxWun;;  I4.V». 

—  —   Bcreituii     ■  '  ■' 
Ferment     dor  i.. 

»iäruu!,'  94*'). 

Fermeniative  oxydiition  97l 

Ferment««  im  Kot  IVM     I". 

Ferriicvankalium    1440. 

Fett  431. 

Nachweis    in    Z«n<bn>Hpi 
nalllüssigkeit  217. 

—  im  Kot,  cheiiiisclipr  Nach 
weis  365.  3tW.. 

—    —    Extrakttun    mit 

Äther  3()."i,  36f.. 

mii 

t;. 

365.  3t;6,  412. 

—  —    —  (lesamtmcngf  .'{65 
366. 

—  —   —  Nachweis  363  bis 
36Ü. 

—  —  —   makroskopi.>irbrr 
Nachwei-    "  '  "    '"  "  ■ 

Nachweis  'Mi'6,  IVA.    • 
414. 

—  ^   —  mikmskdpiiicber 

Nacliwi'is  i{64.  .'{6;'>. 
Feltabla;;crung,    korpirfnü. 

des  Fett  1156. 
Fett 

denen  3«JJ<.  369 
Fottbestimniir  - 
sehn    n:>i  ' 

it.tK  tti^tir    bälvL 

\        _       .        :-,l. 

—  nach  Adttms 

—  I  i     '      ■   ■  ' 

477. 

—  r   '■■'  •    ■ 

w>luiii<-lriM:h  uhcU  itt»;. 
VW 


Fette    im    ."«ennii    1 1 
161. 

Fcitl.irl.unK 

bi»«b*nitavb»n  Art»- 


ru  t*1 


!VX 


'« 


U58 


Register. 


Form  vi  Verbindungen  1432. 
Fröhdes  Eeagens,   Bereitung 

812. 
Frösche,  subkutane  Injektion 

43. 
Froscharten  30. 
Froschauge,    Isolierung  111. 
Frosclibrett  33. 
Froschgefäßpräparat  106. 
Froschherz,  Isolierung  92. 

—  Nervmuskelpräparat  87. 

—  Skelettmnskel,  Isolierung 
78. 

Fruktose ,  Nachweis  im  Blut 

179. 
Fuchsin    1417. 
Furfurol  377.  378,  388. 
Furoj-lverbindung  1437. 

G. 

Galaktau  im  Kot  377,  378. 
Galaktose  im  Kot  377,  378. 
Gallen  bestandteile     im     Kot 

388,  389,  390,  391,  392, 

393,  394. 
Gallenfarbstoffe  im  Kot  339. 

340,  389,  390,  391,  392, 

393    394.  412. 
Gallensäuren  388"^  389,  412. 

—  im  Kot.  Nachweis  388, 
389. 

Gäranfsätze  944. 

Gärung,  alkoholische  941. 

—  zellfreie   1094. 
Gärungen  der  Kohlenhvdrate 

941. 
Gärungsnachweis  942. 
Gärungsröhrchen    348.    370, 

371.  372. 

—  nach  Amann  371,  372. 

—  nach   Münzer  371,  416. 

—  nach  Strasburger  370, 
371,  416. 

Gärverlauf,    Verfolgung    des 

—  945. 
Gasanalyse   417,    418,    419, 

420. 

—  Apparate  dazu  417,  418, 
419. 

—  Apparat  nach  Zuntz  1027. 

—  zum  Nachweis  der  Kohleu- 
säureassimilation  1274. 

Gase,  Reizwirkung  auf  Wur- 
zeln  1294. 

Gasentnahmebürette  41 7, 418. 

Gasometer  zur  Sammlung  der 
Darmgase  416,  417. 

Gasometrische  Bestimmung 
des  Aminostickstofis  995. 

Gasstoffwechsel  bei  Mikro- 
organismen 972. 


Gefäßnaht  817.  | 

Gefrierpunktsbestimmung  j 

von  kleinen  Flüssigkeits-    l 

mengen  328. 
Gefrierpunktserniedrigung 

469. 
Gehirn,  Phosphatide  im  613, 

614,  615,  616.  617,  618, 

619.  620,  628,  635. 
Gelatineplatten  zum  Tryp.sin- 

nachweis  400. 
Gelbe  Körner  im  Kot  (Noth- 
nagel) 338.  339. 
Gepaarte  Substanzen  1184. 
Gerbstofflösung,  Eeagens  81 2. 
Gerhardsche  Reaktion   1446. 
Gerinnung,  Verhinderung  der 

—  des  Blutes  140. 
Gerinnungshemmende     Flüs- 
sigkeiten  für    Blutdruck- 

vei'suche   127. 
Geruchsdiagnose  von    Giften 

121. 
Gesamtaceton  ( Aceton +  Acet- 

essigsäure),    Bestimmung 

im  Blut  198. 
Gesamtaminostickstoff        im 

Urin  1007. 
Gesamtazidität  des  Urins  283. 
Gesamtblutanalj'se  209. 
Gesamteiweiß  ,     Bestimmung 

in     den     Blutkörperchen 

204. 

—  Bestimmung  des  —  in 
der  Milch  447. 

—  —  —  nach  Liebermann 
448. 

—  —  —  nach  Ritthausen 
447. 

Gesamtschwefel  im  Harn  289. 

Gesclimacksdiagnose  von  Gif- 
ten 122. 

Gewebskultur   in   vitro    836. 

Gießen    der    Sandkulturen 
1265. 

Gifte,  kapülaranalytische  Un- 
tersuchung von   1369. 

—  Nachweis  auf  chemischem 
Wege  673. 

Gipsblock-Hefekultur  589. 
Gleichgewichte  in    Lösungen 

1094. 
Globulin  446. 

—  Bestimmung  im  Serum  211. 
Glukose,  Bestimmung  im  Blut 

173. 

—  —  in  Erj^throcyten   206. 

—  Nachweis  und  Bestim- 
mung in  Zerebrospinal- 
Üüssigkeit   216. 

Glukosurie  1199. 
Glukuronsäure   1185. 


Glukuronsäure,  Nachweis  im 

Blut    177. 
Glutaminsäurefäulnis   964. 
Glycerin ,      Bestimmung     im 

Blut     nach     Tangl     und 

Weiser  196. 

—  Oxydation  von  970. 
Glycoproteide  344. 
Glvkocholsäure  im  Kot  388, 

'389. 
Glykogen,  Nachweis   in  Leu- 

"  kocyten  207. 
Glykogen  bildung  1162  ff. 
• —  in  Schildkrötenleber  1250. 
GlvkokoU    als     Kuppelungs- 

"  Produkt  1187. 

—  Nachweis  und  Isolierung 
aus  Blut  190. 

Goldchlorid  1443. 

—  Reagens,    Bereitung   810. 
Goldsalze  1443. 
Gooch-Tiegel  372,  373,  377, 

381,  385. 
Granulosehaltige    Pilze    363. 
Guanin  351. 
Guanidin.  Nachweis  am  ganzen 

Frosch  52. 

—  —  am  Froschmuskel  80. 
Guanosin  492. 
Guanylsäure  491. 

Gummi,  tierisches,  Isolierung 
aus  Blut  180. 

Günzburgs  Reagens  1450,  Be- 
reitung 813. 

Gutzeitscher  Arsennachweis 
1070. 

H. 

Halogenbestimmung,  mikro- 
analytische 1350. 

Haltfädenmethode  819. 

Hämatoporphyrin,  Nachweis 
im  Harn  bei  Sulfonalin- 
toxikation  799. 

Häminjjrobe  394. 

Hämoglobingewinnung     203. 

Hämolyse  zum  Nachweis  von 
Giften  24. 

Hammelserum  398. 

Harn,  Analyse  281. 

—  Bestimmung  des  N  295. 

C  301. 

NH..  304. 

S  307. 

—  —  —  Harnstoffs  310. 

—  —   —  Kreatinins  311. 

—  —  der  Phenole  313. 

—  —  —  Hippursäure   315. 

—  Fahndung  auf  Zwischen- 
produkten des  Stoffwech- 
sels 1174. 


1». 


Register. 


HiV.» 


Harn,  Gcsaintazididät   283. 

—  Nachweis  von  UrobilinSlö. 

—  Spezifisches  Gewicht  283. 

—  IInter.suchiiDg  auf  Arsen 
1068— 1Ü70.  1075. 

—  \'()iuiuen  282. 

— (Quecksilber  10(57, 

1068. 

—  —  —  Stoö'wechselpro- 
dukte  1171. 

HariLsäure  im  Kot  351,  352. 

—  Bestimmung  im  Harn  288. 

—  —  und  Nachweis  im 
Blut  188. 

Harnstoir,  Bestimmunj^  des 
286. 

—  im  Blut  nach  Barcroft  183. 

—  —  —  nach  Hojtpe-Sevler 
180. 

nachSalkowski  181. 

nachSchönd()riri82. 

—  —  nach  Henri(|ues  und 
Gammeitoft  310. 

—  in  den  Blutkörperchen, 
Nachweis  und  Bestim- 
mung 208. 

—  Nachweis  iu  Zerebro- 
spinaifliissigkeit  218. 

—  Isolierung  aus  Blut  etc. 
180. 

Harntrichter  für  männliche 
Hunde  1035. 

—  —  weibliche  Hunde  1036. 

männliche  Schafe  1039. 

weibliche  Schafe  1040. 

Hefe  im  Kot  41.5. 
HefenukJeinsäure,      partielle 

Hydrolyse  der  492. 
Hefesaft    durch     Mazeration 

947. 
Hefe-Sporen,  Gewinnung  von 

589. 
Hefczählapparat  593. 
Hemizelluloscn  im   Kot  375, 

377,  378. 

—  —  —  Ausnutzung  der- 
selben 378. 

Herzkammer  für   Froschherz 

97. 
Herzkaniile    für     Proschherz 

96. 
Hexosane  im   Kot  375,   377, 

378. 

—  —   —  Nachweis  378. 
Hexosen  im  Kot  375. 
Hippursänre,  Darstellung  aus 

dem   Urin  315. 

Hirnsäure   634. 

Uirudin  für  Blutdruck  ver- 
suche 128. 

Hirudini)lasma  141. 

Homatropin  738. 


Hühnereier,  bi-fruchtete  - 
Untersniliung  auf  Stotl- 
wechsel  1152. 

Hünefeldsche  Lösung,  Be- 
reitung 813. 

Hydrastin   745. 

Hydrazine   1:585  tf. 

Hvdrobilirubin  im  Kot  356, 
■  389,  390,  391,  392. 
393. 

Nachweis  390,  391, 

392. 

—  —  —  quantitative  Be- 
stimmung 391,  392,  393. 

—  Fluoreszenz    des  390. 

—  Spektrum  des    390,  393. 
Hydrobilirubinogen  356. 
Hypoxanthin  351. 

—  Nachweis  im  Blut  189. 


Impfen  921. 

Indigweiß  zum  Sauerstoff- 
nachweis 1272. 

ludikan  im  Harn  289. 

Indikatoren  1452. 

Indol  im  Kot  200,  353,  354. 
355,  356,  357. 

—  quantitativer  Nach- 
weis 354,  355,  356,  357. 

—  Nachweis  316. 

—  Spektrum  355. 
Tndoxyl  im  Blut  200. 
Induktorium  .39. 
Infusorien.   Kultur  1305. 
Injektion,  subkutane,  an  Frö- 
schen 43. 

—  —  am  Kaninchen   119. 
Injektionss])ritze  Rekord  23. 

—  Liebberg  119 
Inkubieren  917. 

Inosiii  aus  Adenosin  494. 
Inosinsäure  489. 
Inosit,  Nachweis  315. 
Jusekteneier,    Stoli'wechselun- 

tersuchung  1153. 
Insektivoren,  Chemonastie 

1301. 
Isolierung   fettzersetzender 

Mikntorganismen  967. 
Invaginationsmethode  817. 

J. 

.lecorin,  Gewinnung  aus  Blut 
nach   Baldi   164. 

—  —    —  nach  .ALiyer  165. 

—  —  aus  dem  Blutlroekcn- 
rückstand  165. 

.lod,  kolorimetrische  Be.stim- 
muug  1085. 


Jod,    mikntchemischer  Nach- 
weis 1136. 

—  Nachweis      und     Bestim- 
mung im   Bhit   160. 

Jod-Jodkaiiuniiösuiig,    Il.r-i- 

tung  810. 
Jodchlorzink  379. 
Jodide,   Nachweis  neben  Bro- 

midenundnhloriiien  lü65. 
.Todlosung.  Beagens.  Bereitung 

810. 
Jodoform   697. 

—  Nachweis  697. 
Jodpilze  im  Kot  363,   ll.'i 
Jodprohe     nach    Sachs    zum 

Stärkenachweis   1282. 
Jodsäurelösung,    Bereitung 
813. 


K. 


Kadmium,  Nachweis  773. 

Kadmium-Kaliumjodid ,  Re- 
agens 810. 

Kalilauge,  Nachweis  793. 

Kalium,  Bestimmung  in  Zere- 
brospinalrtüssigkeit    222. 

—  im   Harn  292. 

—  mikrochemische  Bestim- 
mung 1113. 

—  qualitativer    Nachweis 
1064. 

—  spektroskopi.scher  Nach- 
weis 1054. 

Kaliumoxvd,  Bestimmung  des 

878. 
Kalksalze,  gelbe 364.  412.4  1  1. 

—  ihre  Rolle  bei  der  I'.lnt- 
gerinnung  224. 

Kalkseifen  im    Kot  3iH.  U_'. 

414. 
Kiüorienl'aktor  411,  412. 
Kalorimeter  410.    411.   412. 

—  (Wolli)  356. 
Kalorimetrische     Fäzesunter- 
suchung  410.   411,    412. 

Kalziumphosphatim  Kot  412. 

Kampfer   1417. 

Kaninchen,  zum  biologischen 

Giftnachweis  117. 
Kaninchenkiitig  118. 
Kaninchenknebel   12(1. 
Kaninclienthermnmeter     119. 
Kapillaranalyse   1357. 
Kapillaranalytische  .Mothotlen 

von  .1.  Traube   1358. 
Kapillarelektnimeter   51 1 . 
Kapiliarimelor  1362. 
Kapillarmethode  bei  der  (he- 

umtaxis   1287  ff. 


92' 


1460 


Register. 


Karbaminsäure,  Bestimmung 
im  Blut  nach  Mac  Leod- 
Haskins  185. 

Karbaminsäure,     Nachweis 
185. 

Karbolsäure  687. 

—  Nachweis  689. 

—  quantitative  Bestimmung 
690. 

—  Verteilung  im  mensch- 
lichen Körper  nach  Ver- 
giftung 688. 

Karmin  zur  Abgrenzung  des 

Kotes  233.  234,  414. 
Kartoifelreste     im    Kot  414. 
Kasein  401,  402,  404. 

—  Bestimmung  des  —  in  der 
Frauenmilch  449. 

—  im  Kot  344. 

—  Nachweis  350. 
Kaseinbestimmung  nach  Hop- 

pe-Seyler  448. 

—  nach  Lehmann  451. 

—  nach     Matbaiopulus  450. 

—  nach   Scbloßmanu  449. 

—  nach  Sebelieu  449. 
Kasein-  und  Diastasemethode, 

gleichzeitige   Ausführung 

der  407. 
Kaseingerinnsel  im  Kot  338, 

339. 
Katalase  im  Boden  906. 
Kaulquappen  32. 
Keimfreie  Flüssigkeiten  durch 

Ultratiltration   1094. 
Keimung     der     Samen     für 

Sandkultur  1265. 

—  für  Wasserkultur  1266. 
Kephalin  614,  616,  623.  625, 

626,  1468. 

Kerasin  629,  630.   635. 

Kernverdauung  402,  403. 

Ketonsäuren,  a-,  Isolierung 
119.V 

Kieseiguhrfilter  345. 

Kieselsäure,  qualitat.  Nach- 
weis  1055,    1056,    1065. 

Kleberzellen  341. 

Knallgasverbrennung  durch 
Mikroorganismen  975. 

Knöllchenbakterien,  Isolie- 
rung von  979. 

Koaguloviskosimeter  (Kott- 
mann)  249. 

Kobalt,  qualitativer  Nach  weis 
1055,  1062,  1063. 

Kochsalzlösung,  konzentrierte 
416. 

Kodein  742,  1418. 

Koliein  722,  749. 

—  Schicksal  im  menschlichen 
Stoffwechsel  723. 


Kohlehydrate,  Umsetzungs- 
produkte derselben  386, 
387 

—  im  Kot  369-378. 

—  in  den  Blutkörperchen  206. 

—  in  Zerebrospinalflüssig- 
keit  216. 

—  Ncahweis  und  Bestim- 
mung im  Blut  172. 

Kohlehvdratstoffwechsel 
1162. 

—  bei  Mikroorganismen  933. 
Kohlensäure  415,   419,    420. 

—  Bestimmung  im  Blut  157. 

—  Analyse  na<jh  Zuntz  1027. 

Kohlensäurebildung  und  Ver- 
brauch durch  Mikroorga- 
nismen 974. 

Kohlensäureverbrauch  beider 
Assimilation  1281. 

Kohlenstoff,  Bestimmung  auf 
nassem  Wege  301. 

Kohlenstoffbilanz  als  Grund- 
lage von  Stoffwechselver- 
suchen  1181. 

Kokain  739. 

Kolostrum  425. 

Konservierungsmittel  426. 

Konzentrationskette  501. 

Konzentrationsbestimmung, 
kapillaranalytische  1363. 

Koprosterin  367. 

Körperfremde    Substanzen, 
Verhalten  im  Organismus 
1193. 

Korsett  für  operierte  Hunde 
1045. 

Kot,  abgekürztes  Eindampfen 
des  feuchten  (Poda)   335. 

—  Abgrenzung  desselben  333, 

334,  414. 

—  Aufbewahrung  des  luft- 
trockenen 335. 

—  Eindampfen  des  feuchten 
334,  335,  336. 

—  —  —  —  Vorsichtsmaß- 
regeln dabei  335,  336. 

—  Herstellung  des  lufttrok- 
kenen  334,  335,  336. 

—  Konservierung  des  feuch- 
ten 333. 

feuchten  durch  Chlo- 
roformwasser 333. 

feuchten  durch  Kar- 
bolsäure 333. 

durch  Schwefelkohlen- 
stoff 333. 

—  Pulverisierung  des  334, 
335. 

—  Sammeln  des  frischen  331 . 

—  Trocknung  des  334,  335, 
337. 


Kot,  Vorbereitung  desselben 
zur  Untersuchung  331, 
332,  333,  334,  335,  336. 

Kotfänger  für  männliche 
Schafe  1039. 

—  für  weibliche  Schafe  1040. 
Kotmenge,    Bestimmung    der 

feuchten  331,  332,   333. 

—  volumetrische  Messung 
der  feuchten  332,  333. 

—  Wägung  der  feuchten  331 , 
332. 

Krankheitserscheinungen, 

photodynamische    (Maus) 

567. 

(Meerschweinchen)  569. 

Kreatin,     Bestimmung     und 

Nachweis  im  Blut  187. 
Kreatinin,    Darstellung    und 

Bestimmung  im  Harn  311. 
Kresol,  getrennte  Bestimmung 

von  Phenol  und  Parakre- 

sol    nach    Siegfried    und 

Zimmermann  313. 
Krustazeenplasma  267. 
Kultur    anaerober    Bakterien 

592. 
Kulturenbeschaffung  913. 
Kulturflasche    nach    Lindner 

584. 
Kulturgefäße  für  Sandkultur 

1264. 

—  für  "Wasserkultur  1267. 
Kulturmanometer  595. 
Kulturvakuum  für  Bakterien 

594. 
Kupfer,     mikrochemischer 
Nachweis  1129. 

—  Nachweis  773. 

—  qualitativer     Nachweis 
1055,  1058. 

Kupferoxydammoniak  380. 
Kupfersulfat  1446. 
Kupfersulfatagar  347. 
Kurare      für      Blutdruckver- 
suche 127. 
Kurvenlack  35. 
Kutin  im  Kot  378,  379,  380. 
Kymographion  33. 

—  in  Blutdruck  versuchen  128, 

129. 


Lackieren  von  Kurven  -35. 

Lackmuspapier  337. 

Lappennaht  825. 

Leber,  Störungen  ihrer  Funk- 
tion 1226. 

Leptothrix  ochracea  611. 

Leuchtbakterien  zum  Sauer- 
stoffnachweis 1273. 


Register. 


1401 


Leuki)hydr<>t)ilinil)in  391. 
Leukopoliin  {i2i.  6:^7. 
Leukozyten,  (iewinniiii}:  144. 
Leukozyten  f'ernieiit.  piolcoly- 

tisches  398. 
Lenzin  Hfi?. 

--  Nachweis  im    IJlut   192. 
Lezithin  G()8. 

—  im  Kot  3()3,  307.  368, 
412. 

—  Isolierung  aus  roten  IJIut- 
küi-peichen  204. 

—  Isolierung  aas  Serum  KiG. 

—  Phosphorbestinimun-,^  3(58. 
Lezithinbestim mun^-  441. 
Lichtbrecbunfisvermögen  des 

Milciiserunis  471. 

Lichtverhältni.sse  bei  Kultur- 
versuchen   1270. 

Lignin  im  Kot  378,  379,  380. 

Lipoide  013,  615,  619. 

—  Bildung  1158. 

—  Darstellung  (513. 

—  im  Kote  303,  3Gö,  300, 
367.  308. 

Lipoideiwcißsubstanzeu  619. 

Löfifler-Serumplatte  398,  399, 
400. 

Lokalanästhetica .  Wertbe- 
stininiung  an  der  mensch- 
lichen  Haut   122. 

Lüslichkeitsbestimmung ,  ka- 
l>illaranalytische  1 303. 

Lösungen.  Reizwirkung  auf 
Wurzeln  1296  ff. 

Luftanalyse  1027  ff. 

Luftkapazitiit,  Bestimmung 
der  —  des    Bodens  852. 

Lugolsche  Lösung  363.  309. 

starke  369,  414. 

Lvkopodium  403. 

Lymphe,  Untersuchung  215. 

Lysinfäulnis  965. 

M. 

Magensaft,    künstlicher  350. 
Magnesiamischung,  Bereitung 

813. 
Magnesium,    Bestimmung  in 

der  Milch  461. 

—  im  Harn  293. 

—  (inalitativer     Nachweis 
1064. 

Magnesiumsulfatplasma  2()0. 

Makroskopierteller  338,  379, 
414. 

Mandelins  Reagens,  Bereitung 
813. 

Mangan,  (pialitativer  Nach- 
weis 1055,  1001,   1062. 

Mannitgärung  950. 


Manometer  für  Blutdruckver- 
suche ]30-13><. 

Märkersehe  Mühle  zum  Pul- 
verisieren des  Ktites  334. 

Markiermagnet  38. 

Marmes  Reagens,  Bereitung 
810. 

Manpiis'  Reagens,  Bereitung 
813. 

Marsh-Liebigsclier  .Arsennach- 
weis 1071.    1078     lOSd. 

Marshscher  Appaiat  nach 
Lockemann  (Abb.)    1078. 

Jlaske  zur  Bestimmung:  dt-s 
exhalierten  Alkohols  bei 
Hunden:  aus  Glas  1040, 
aus  Metall  1047,   104S. 

Massenkuitkiren  von  Bakte- 
rien 584. 

Mastmethode  1 1 59. 

Maus,  weiße,  zum  biologischen 
Giftnachweis  113. 

Meckesches  Reagens ,  Berei- 
tung 814. 

Meliturien   1212. 

Menthol  1412. 

Meßbrücke  ölO. 

Metallgifte  I  700. 

—  II  772. 

—  III  773. 

—  IV  775. 

Metallische  Gifte,  Untersu- 
chung 701. 

Metathrombin  274. 

Methan  379,  415,  420. 

Methangärung  aus  Kohlen- 
säure und  AVasserstuff  977. 

SIethanvergärung  durch  Bak- 
terien 977. 

Methylguanidin  52,  80. 

Methylieruns  im  tierischen 
ttrganismus   1189. 

Methylmercaptan  415. 

Methyl  Phenylhydrazin    140tl. 

Methyl  phenylhydrazone  1400. 

Methylphenylosazone   1401 . 

.Alettsches  Röhrchen  398. 

MikroanalytischeBestimmung 
von  Kohlen-  und  Wasser- 
stoff 1311. 

Mikroazotometer  1335. 

Mikrochemie  1099. 

Mikroelementaranalyse  1307. 

Mikro-Dumas  1332." 

Mikro-Kjeldahl   1344. 

Mikrogasometrische    Stick- 
stolfbestimuiuug  11^32 

Mikroorganismen  i-einknlturen 
912. 

Mikropolarisaii'in  .j(2. 

Milch,    Ultratiltration  von 
1094. 


.Mileiisäure,  Bestimmung  in 
Blut  und   Leber   12.')2. 

und  Isidierung  au.-  Blut 

194 

—  -  im  .Muskolprelis.-ift 
1258. 

—  Nachweis  in  Zerebrcspi- 
nalHü.ssigkeit  22) i 

—  im  Kot  387. 

—  -         Nachweis  387. 

—  -    —    ijuantitative     Be- 
stimmung 387. 

Milchsäurebazillen     im      Kot 

415. 
Milchsäurebildung  in    Hunde- 

leber   12.')2. 
Milohsäuregarung  948. 
Milchzucker  452. 
Milchzuckerbestimmung ,    ge- 

wiclitsanalytischc    nach 

Soxhlet  452. 

—  maßanal  vtisehe  nach  fjoxh- 
let  455." 

—  polarimetrische  nach  Jr'chei- 
be  457. 

—  refraktonietrische  nach 
Wollny  450. 

Millons  Beagens   .354,    1451. 

—  —   Bereitung  813. 
Mineralbestantlteilf  der  Slilch. 

Bestimmung  der  458. 
Mineralstoffe      als      Knergie- 

•luellen  929. 
MineralstoH'weclisel  926. 
Mineralsäuren.      Nachweis 

784. 
Monaminomonuphospbatid 

010. 
Morphin  754,   1418. 

—  als    Narkotikum    für    die 
Blutdruckbestiuunung 
120. 

—  Verhalten  im  tierischen 
Organismus  757. 

Muskarin.  Nachweis  .im  gan- 
zen Frosch  77. 

—  —  und  Bestimmung  an» 
isolierten   Herzen   103. 

Muskelbruchstücke     im     Kot 

341. 
Muskelreste  im   Kot  414. 
Muttersubstanzen  der  Aceton- 

ktüper  1277. 
Muzin    im    Kot    344.     348. 

375. 
Myelin  010. 
Mvkoderma,  .Vnhauluiig  von 

"  972. 
Mvxomvceten.     chemische 

Reizbarkeit    13(X). 
-    Beschaffung  von  Material 
I  1.304. 


1462 


Register. 


N. 

Nachgärung  415. 
Nacbgärungsgase  415,  416. 

—  Gewinnung  derselben  41 5. 
416. 

Nachverdauung  im  Kot  370. 
Nachweis  der  Kohlenln-drate 
abbauenden    Bakterien    im 
Boden  895. 

—  von  Aconilin  am  Frosch 
75,  99. 

—  von  Atropin  am  Frosch- 
herzen  105. 

—  am  Frosch  äuge  112. 

—  am  Menschenauge  122. 

—  von  Cantharidin  an  der 
menschlichen  Haut  122. 

—  von  Cicutoxin  am  Frosch 
46. 

—  von  Cotiein  am  Frosch 
62,  85. 

—  von  Colchicin  am  Frosch 
50. 

—  —  —  an  der  Maus  114. 

—  von  Coniin  57. 

—  von  Curarin  am  Frosch 
57,  87. 

—  von  Giften  mit  JJigitalin- 
wirkung  am  Frosch  63, 
98. 

—  von  Guauidin  am  Frosch 
52,  80. 

—  von  Muscarin  am  Frosch 
77,  103. 

—  von  Nicotin  am  Frosch 
48. 

—  von  Pikrotoxin  am  Frosch 
46. 

—  von  Pilocarpin  am  Frosch- 
auge 112. 

—  von  Rizin  am  Blut  29. 
am  Kaninchen  117. 

—  von  Strophanthin  am 
Frosch  63,  98. 

—  von  Strvchnin  am  Frosch 
44. 

—  —  —  an  der  Maus  115. 

—  von  Theobromin  am  Frosch 
85. 

—  von  Yeratrin  am  Frosch 
54.  82. 

Nahrung,  künstliche  1156. 

Nahrungseiweiß  im  Kot,  ver- 
dauliches 349. 

Nachweis  349,  350. 

Nahrungsreste  in  den  Fäzes; 
getrennte  Bestimmung 
derselben  412,  413. 

Nährbodenbereitung  zur  Ge- 
webskultnr  in   vitro  837. 

Nährböden  922. 


Nährsalzgemische  für  Sand- 
und  Wasserkultur  1269. 

Nährsubstrat  für  Eisenbak- 
terien 611. 

Narcein  758. 

Narkotin  743,  1418. 

ß-Naphthalinsulfochlorid 
1419. 

ß-Naphthalinsulfoverbindun- 
gen  1419  tf. 

a-Naphthol  1413. 

ß-Naphthol  1414. 

Naphthoresurcin  1415. 

ß-Naphthylhydrazin  1406. 

ß-Naphthylh.vdrazone  1406. 

a-Naphthylisocyanat  1426. 

a-Naphthylisocyanatverbin- 
dungen  1427. 

Narkose  zur  Vorbereitung  für 
die  Blutdruckbestimmung 
126. 

Natrium  im  Harn  292. 

Natrium  antimontartrat 
1379. 

Natrinmhydrosulfit  zur  Sauer- 
stoff-Analyse ,  1030  Aum. 

Natronlauge,  Nachweis  793. 

Nesslers  Reagens  1451. 

—  —  Bereitung  814. 
Neuronal  als  Narkotikum  für 

die  Blutdruckbestimmung 
126. 

Neutraler  Schwefel  im  Harn 
288. 

Neutralfett  im  Kot  363,  364, 
365. 

Nickel ,  qualitativer  Nach- 
weis 1055,   1062,   1063. 

Nierenglomeruli ,  Funktion 
der  1094. 

Nierentransyjantation  831. 

Nikotin  728. 

—  Nachweis  am  ganzen 
Frosch  48. 

Nitratbildner.  Reinkultur  von 

989. 
Nitrirtkation  986. 
Nitritbildner.  Reinkultur  von 

987. 
Nitrobenzol  698. 

—  Nachweis  699. 
Nitrophenylhydraziue    1397. 
Nitropheuylhydrazone    1398. 
Nitrophenylosazone  1399. 
Nitroprussidnatrium   1440. 
Normalelement  512. 
Nukleinbasen  344,  351,  352, 

353. 
Nukleine  der  Fäzes  343. 
Nukleinphosphor  353. 
Nukleinsäuren,  partielle  Hy- 

drolvse  von  489. 


Nukleoproteid  der  Fäzes  343, 
348. 

—  —  —  Entfernung  des- 
selben 344.  345. 

Nylanders  Reagens  1451. 

Nylauders  Probe  376. 


Obermaj'ers  Reagens  1451. 

Ölsäurecholesterinester .  Dar- 
stellung aus  Serum    167. 

Optische  Methode  575. 

Orcin  1412. 

Organe,  frische,  normale, 
Untersuchung   von   1151. 

—  isolierte  Untersuchung  an 
1245. 

Organeiweiß  659. 

—  Aderlall ,  Immunisierung 
672. 

—  Darstellung  661. 

—  Eigenschaften  662. 

—  bei  Phosphor-,  Arsenver- 
giftung 672. 

—  quantitative  Verhältnisse, 
normal  667. 

Orotsäure  464. 
Osmiumteti-oxvd  1448. 
Ovolezithiu  627. 
Oxalatplasma  141,   258. 
Oxalsäure  789. 

—  Giftwirkung  790. 

—  Nachweis  791. 

—  Verteilung  im  Organismus 
bei  Vergiftungen  790. 

Oxalsäuregärung  950. 

Oxj'buttersäure,  Nachweis  und 
Bestimmung  im  Blut  199. 

Oxvcholesterine,  Nachweis  im 
"Blut  171. 

Oxydasen  467. 

Oxydationsvorgänge  der  stick- 
stoffhaltigen organischen 
Substanzen  im  Boden  872. 

d-p-Oxyphenyl-milchsäure 
aus  1-Tyrosin  962. 

Oxyproteinsäure ,     Isolierung 
'aus  Blut  194. 

Oxysäuren  aus  Aminosäuren 
durch  Schimmelpilze  960. 

—  im  Kot  353,  354. 


Palladiumschwamra  420. 
Palmitinsäurecholesterinester, 

Darstellung     aus    Serum 

168 
Pankreasdiabetes  1207. 
Pankreasdiastase  377. 
Pankreassaft  403. 


Hejfister. 


146H 


l'urumyelin   (Jl6. 

Paranuklein  350. 

Parasiteiieier  im   Kot  414. 

Partielle  Hydrolyse  der  Nu- 
kleinsäuren 489. 

Pavysche  l.i'>sun;;   14öl. 

Pt'lif;-otn')hre  B-iS. 

Penicillium  brevicaule  zum 
Arsennachweis  4. 

Penttisaneini  Kot,  Berechnung 
nach  der  Fröherschen  Ta- 
belle 378. 

—  —   —  Nachweis    375. 
377. 

—  —  —  «luantitative  He- 
stimmuns  377,  378. 

Pentosen  im  Kot  375,  377, 
378. 

Pepsin-Salzsiiure  340,  350. 

Pejitonplasma  2G8. 

Perhydrol  395. 

Pettenkofersche  Probe  388, 
389. 

Ptlanzenreste  im  Kot  375. 

Ptlanzenstcn;j:el,  Chemotropis- 
uius  1298. 

Pharniaküdynaniische  Wirk- 
samkeit, kapillaranalyti- 
sche Bestimmung  der 
1307. 

Phasin,  Nachweis  am  Blut  80. 

Phenacetin  717. 

Phenol  1408. 

—  im   Kot  353,  354. 
Phenole,  Bestimmung  im  Harn 

313. 

Phenolphthalein  337. 

Phcnolphthalin  397. 

Phenylcinchoninsäure ,  Aus- 
schwemm ung  von  Harn- 
säure mit  1 183. 

Phenylhydrazin   1385. 

Phenylhydrazone  1387. 

Phenyli.socyanat  1423. 

Phenvlisocvanat  Verbindungen 
1423  tr.' 

Phenyiosazone   1390. 

Phenylsulfochlorid  1439. 

Phloroglucin    1411. 

Phosphate  im   Harn  290. 

Pho.sphatide  614,  616.  619, 
620,  623.  624,  625,  627, 
633,  636. 

Phospho-d-ribonsäure  490. 

Phosphor,  Nachweis  348. 

—  —  im  Nukleoproteid  der 
Fäzes  348. 

—  —  nach  Blondlot  und 
Dusart  678. 

nach  Mitscherlieh  676. 

—  mikrocliemisclier     Nach- 
weis 1138. 


l'liiis|ihor,     (|uantitativf   Be- 
stimmung  1081,   1082. 

—  711  m  .'-iauerstoünacliweis 
1271. 

Phosphorbestimiiiung  im  Kot 

348. 
Phosphorige  .Säure,  Nacliwois 

nach  Bhmdlot  und  i'usart 

678. 
Phosphormol xbdänsaure.    Re- 
agens 811,    144S. 
Phosphorsalz  pf-rle   1055. 
Phosphorsäure,    Bestimmung 

der  —  in  Milch  461. 
in  Zerebrospin.allliissiü:- 

keit  221. 
Phosphorsiiureanliydrid .     Ui- 

stimmung  des  875. 

—  und  Kalinmiixyd,  l'^ine 
biochemi^eiie  ^lethode  zur 
Bestimmung  des  875. 

Phos]>hoi-suli"atid  Ci.'K). 
Pliospiiorvergittung  1217. 
Phosphorwollramsäure  1447. 

—  Reagens  812. 
Photodynamische  Wirkungen 

auf  Warmblütler  566. 
Phrenosin     629.     6.30,    631, 

635. 
Physikalische  Untei-sucbungs- 

methoden  469. 
Phvsostigmin  741. 

—  Nachweis  am  Frosch- 
auge  112. 

—  —    am    .Menschenange 
122. 

Pikrate  1436. 
Pikrinsäure  713,    1435. 

—  Reagens  812. 
Pikrolonate    1437. 
Pikrolonsäure   1437. 

—  Reagens  812. 
Pikrotoxin   709. 

—  Nachweis  am  ganzen 
Frosch  46. 

Pilokarpin  74('). 

—  Nachweis     am     Frosch- 


l'lalinrhlorid   1441. 

K.ag.-iK  KIO. 
;  Platin.salze  1441. 
.    Polarisationskreuz  nach  Brevv- 

8tcr  ;i8«; 
'    Pnllenschiaurhe  ,     Chemotro- 

pismus   ]:MH). 

—  für<'hcn)otropirimus  \'M)-l. 
Probediat  (Ad.  ."-Jchmidt)  »13. 

414. 

Bn-nnwert  414. 
d.taiUierte  413.    414. 

—  einfache  413.  414. 

—  Roh:    ■  •    '!   414 
Tro.  414. 

—  ZeUulosegehalt  414. 

i'riibeitiätsttihl,     makroskopi- 
sche  I'ntersuehung  412. 
«hemisehe   Untersuchung 
desselben  415. 
mikroskopi.sclies    natives 
Präparat   414 

mikri)skopisehe      l'iiter- 
.suchung  414.  415. 
1    Pmün  ,     Bestimmung     nach 
!  van  .Slyke    KXlCi. 

Propionsäure    im    Kot    .3.S6. 
387. 
j    Protagon  616,  628,  629,  (Uia. 
'    Pniteinsäuren .     Bestimmung 
im    Blut   194. 

—  Isolierung  192. 
Prothesenmethode  818. 
l*rotozoen,  Prüfung  von  (iiften 

an   18. 
Pseudocercbrin  (509. 
Ptimiaine  808. 
Pulsati.men   1094. 
I'ulverisierung      des      Kotes, 

Miirkersche    Mühle    dazu 

334. 
Purinbasen  351.  352.  3.53. 

—  Nachweis  351.  352.  3.53. 

—  im   Harn  288. 
I    Pyknometer  336. 

Pyramidon   75(1. 

pVn.:r:ilIol     1  11(1 


auge  112. 

Pilzfrucht  träger  und  Pilz- 
fäden,  ("hemntropismus 
1298. 

Plankton-Untersuchung    637. 

Plasma,  Bestimmum::  des  re- 
lativen A'iilums  von  Fnrm- 
elementen  nach  Bleibtreu 
153,  nach  Bunge  148. 
nach  Hoppe-Sevler  148, 
151. 

—  Gewinnuni:  139. 

—  stabiles  2(52. 

—  Untersuchung  ties  —  auf 
einzelne  Bestandteile  161. 


ijuarzsand     für     £«andkultnr 

12()4. 
(^uei'ksilt»ei-.   Nachweis  772. 

—  c|ualitativer    Nachweis 
KMU»      l(Jt;8. 

i|uanlitative   Bestimmung 
1084. 

(Quecksilberchlorid   1444. 
liufcksilbercvanid.  Nachweis 
686. 

—  neben     Blutlaugonsalz, 
Nachweis  686. 


1464 


Register. 


yuecksilber-Kaliumjodid,  Re- 
agens 811. 
Quecksilber-Manometer  131. 
—  fürBakttrienkulturen  596. 


Eeagentien     zum     Nachweis 
von  Kohlehydraten  1385. 

—  —  —    von   Eiweißstoffen 
und  Aminosäuren  1419. 

Reagenzlösungen  1449. 
Reaktion    der    Fäzes    337, 

415. 
— (jualitative  Prüfung 

337. 

—  —  —    quantitative   Prü- 
fung 337. 

—  physiologischer     Flüssig- 
keiten,  Bestimmung  317. 

Reduktasen  468. 
Reinkulturmethoden  923. 
Reizbarkeit,     chemische 

1286  ff. 
Reservestoffe,  Bildung  1156. 
Resorcin  1409. 
Respiration,     Störungen    der 

1237. 
Respirationsgas -Analyse 

1027  ff. 
d-Ribosephosphors;iure  489. 
Ringerlösung,  froschisotonisch 

79. 
Rizin,  Nachweis  am  Blut  29. 
—   —   am  Kaninchen  117. 
Rohfaser   im  Kot  378,    379, 

380,  381,  382,  385. 

—  —   —  chemischer  Nach- 
weis 379. 

—  —    —    makroskopischer 
Nachweis  379. 

—  —    —     mikroskopischer 
Nachweis  379. 

—  —    —     quantitative    Be- 
stimmungsmethoden  380, 

381,  382. 
Rosolsäure  358.  359. 


.^accharomj'zeten,  Sporen  589. 
Sägespäne  zur  Keimung  von 

Samen  1266. 
Sahidin  627. 
Salizylsäure  718. 

—  Bestimmung  719. 

—  Nachweis  im  Harn  719. 
Salpetersäure,  Nachweis  786. 
Salpeterschmelz  verfahren 

1072. 
Salze,  anorganische  im  Blut 
200. 


Salzsäure,  Nachweis  785. 

—  mikrochemischer  Nach- 
weis 1146. 

Samenfäden  von  Moos-  und 
Farnpflanzen  für  Chemo- 
taxis  1304. 

Samenmaterial  für  Kultur- 
versuche  1270. 

Sandkultur  1263  ff". 

Santonin,  Nachweis  797. 

—  Untersuchung  795. 

—  Verhalten  im  Tierkorper 
796. 

Saponine  803. 

—  Nachweis  806. 

—  —  am  Blut  26. 
Saprolegniaceen    für   Ohemo- 

tropismus  und  Chemo- 
taxis 1303. 

Sargdeckelkrystalle  im  Kot 
331. 

Sarzine  im  Kot  415. 

Sauerstuff  415,  416,  419. 

—  Bestimmung  des  —  in  der 
Bodenluft  851. 

Sauerstoffanalyse  nach  Zuntz 
1027. 

Sauerstoflgemische,  hochpro- 
zentige Analyse  der  1031. 

Sauerstotfnachweis    bei     der 
Kohlensäureassimilation 
1271  ft-. 

Sauerstoö'verbrauch  durch  Mi- 
kroorganismen 972. 

Säuregehalt  der  Milch  472. 

Säuregrad  der  Milch  473. 

Scheiblers  Reagens,  Berei- 
tung 812. 

Schicksal  intermediärer  Stoff- 
wechselprodukte  1190. 

Schilddrüsenpräparate,  Wert- 
bestimmung an  der  Maus 
117. 

Schimmelpilze  zum  Nach- 
weis von  Arsenik  3. 

Schleim  aus  dem  Dickdarm 
340. 

—  aus  dem  Dünndarm  340. 

—  im  Kot  337,  339,  375, 
414. 

— Differentialdiagnose 

gegen  Bindegewebe  339, 
340. 

makroskopische  Fär- 
bung 340. 

mikroskopische  Fär- 
bung 340. 

Schleiminseln,  hvaline  340, 
341. 

Schleimsäure  378. 

Schreibhebel  zum  bioK)gischen 
Giftnachweis  36. 


Schwefel,  Bestimmung  im 
Harn  307. 

—  neutraler,  im  Harn  288. 

—  quantitative  Bestimmung 
1081. 

Schwefelbestimmung ,  mikro- 
analytische 1350. 
Schwefelkohlenstoff  701. 

—  Bestimmung  in  der  Luft 
702. 

—  Nachweis  702. 
Schwefelsäure ,     Bestimmung 

der  —  in  Milch  463. 

—  mikrochemischer  Nach- 
weis 1145. 

—  Nachweis  788. 
Schwefelwasserstoff 415,  417. 
Schwefel  Wasserstoff  bildner, 

Erkennung  von  991. 
Seh  wellen  bestimmung  bei  der 

Chemotaxis   1289. 
Scopolamin,      Nachweis     am 

Froschauge   112. 

—  —  am  Menscheuauge  122. 
Sehnenstückchen  im  Kot  414. 
Seidenpeptou  402 . 

—  Darstellung  578. 
Seidenraupe ,        Stoffwechsel 

1153. 
Sekrete   in   normalen   Fäzes, 
getrennte        Bestimmung 
derselben  412.  413. 

—  im  normalen  Kot,  Fehler 
bei  deren  getrennter  Be- 
stimmung 412. 

Sekretionstätigkeit  bei  Pflan- 
zen 1302. 

Selenigsäure-Schwefelsäare- 
Reagens,  Bereitung  814. 

Serum,  Bestimmung  des  rela- 
tiven Volums  von  Form- 
elementen, nach  Bleibtreu 
153,  nach  Bunge  148, 
nach  Hoppe-Seyler  148, 
151,    nach    Stewart  149. 

—  Untersuchung  des  —  auf 
einzelne  Bestandteile  161. 

Serumalbumin  344. 
Serumgewinnung  142. 
Seramglobulin,    Bestimmung 

in  Zerebrospinalflüssigkeit 

216. 
Siderocapsa  Treubii  611. 
Silber,  Nachweis  776. 

—  qualitativer  Nachweis 
1057. 

Skatol   im   Blut  200. 

—  im  Kot  353,  354. 

—  Spektrum  355. 
Solanidin  806. 
Solanin  806. 

—  Nachweis  am  Blut  26. 


Repister. 


1  iH') 


Sonnenscheins  Reagens,  Be- 
reitunj;  811. 

Sorbit,  Oxydation  v.in  '.)7U. 

Sorbose,  Darstdlnn};  vim  '.171. 

Spektralanalyse    l(l.')l. 

Spektral  laiiipcii,  {{(.'ckmann- 
schf  1051. 

Spektrophotometer  3'.)2,  3i>3. 

Spektroskop  H)'V.]. 

Spezifisches  Gewicht,  Bestim- 
mung des  —  in  Milch 
426. 

—  —  des  Kotes  336. 

Messung  desselben  33G. 

Sphingdgalaktoside  ()2.'\  ti2'.). 
Sphingomyelin  (130,   635. 
SphingDiiivelincadmiuni- 

chloriti  634. 
Sphiugosin  635. 
Spirophvllum        ferrugincum 

931.' 
Sporen.         Saccharomvzeten 

591. 

—  Bakterien  591. 
Stalagnionieter  1.S58. 
Stärke  im  Kdt  3H9— 376. 

—  —  —  chemischer  Nach- 
weis .'569—376. 

—  —  —  Fehler  bei  der 
quantitativen  Bestimmung 
375.  376,  412. 

Inversion  372,  375. 

—  —  —  mikrochemischer 
Nachweis  369. 

—  —  —  Nachweis  durch 
die  G;inin<:<probe  (Ad. 
Schmidt)  370,  371,  872, 
376. 

—  —  —  Nachweis  durch 
Inversion  369. 

—  —  —  Nachweis  durch 
die  Phenvlhvdraziniirol)e 
369,  370". 

—  —  —  quantitative  Be- 
stimmung 372.  373,  374, 
375,   376. 

—  —  —  (piantitative  Be- 
stimmung durch  die  ge- 
wichtsanalytischen Kup- 
ferniethoden  375. 

—  —  —  quantitative  Be- 
stimmung flureli  die  Kup- 
ler-Rliodanürmethode372, 
373.  374,  375.  412. 

—  —     —     Reversion     375. 
Stärkeabbau   durch   Mikroor- 
ganismen 93r). 

Stärk'^'lösungcn,      ritraliltra- 

tiou  von   1094. 
Stative  zum  biologischen  (Üft- 

nachweis  36. 
Steine  im  Kot  414. 


Stichproben  bei  l'ianktun- 
untersuchuug  642. 

Stickoxydulbildung  und  Ver- 
brauch 9H5. 

Stickstnir415,  416.  417,  420 

—  Bestimmung  des  —  in 
Milch  44C). 

—  Bestimmung  nach  Kjeldahl 

295. 

—  —  —  Kjeldahl  im  Kot 
341.  342.  343. 

Stickslollliedarf    der    Mikm- 
organismen      im      Buden 
871. 

Stickstollbilanz    als     Grund- 
lage     von       Stiillwr-ehse! 
Untersuchungen    1176 

StickstoÜbindung  durch  .Mi- 
kroorganismen 97S. 

Stickstoirhaltige  Bestandteile 
der  Fäzes  337-363. 

—  Fäzesbestiindteile ,  ma- 
kroskopischer Nachweis 
337,  .338.  3.39.  340.  341. 

mikroskopischer  Nach- 
weis 337.  338.  339,  340. 
341. 

—  —  mikrochemischer  Nach- 
weis 337,  338,  339,  340, 
341. 

—  Nahrungsreste  in  den 
Fäzes  337.  338.  339. 
341,  .342.  343.  344.  .349. 

—  l'rodukti,'  der  Darm  wand 
337.  339.  340.  341,  342. 
34.3.  344.  345.  34»'),  347. 
348,  349. 

Stoffwechsel,      intermediärer 

1148. 
Stoffwechsclkätig    lür  Katten 

1043. 

.Schafe   1037. 

Stofl'wechselstorungen     1 244. 
Stoffwechselunter>uchung  bi-i 

Mikronigani.smen  911. 
Stroma.  Isolierung  nach  Pas- 

cucci  147. 
Piettre-Vila   147 

—  —   —  Woiildridge  146. 
Strontium,  qualitativer  Nach- 
weis  10C>4. 

—  spektro^kopisclur  N:ich- 
weis  1054. 

Strophanthin  vgl.  Pmdukte 
mit   Digitalinwirkung  63 

Strychnin  732. 

Nachweis      am     g:inzen 
Froscii  44. 

—  —  an  der  Maus   11.") 

—  neben  Brucin.  Nachwei!. 
735. 

Sublimat   1444. 


Sublimatproli*  (Ad.  Schmidt) 

3'.K»,   393.  415. 
Sudan  III  3<>4. 

n.39. 
liarn   288. 

—  Bmluktion     von     —     zu 
-•'      ■  • 't^U. 

Sull 

Sullit«.        1 1  •       und 

.Schwefel.   ;.    .  .„liun  Von 

993. 
Sulfonal,  Nr.  T9H 

—  —   im    li  -^ 

—  Untersuchung  795. 
-'   :  rarenin   llM'..   WJ. 

•Ii.-v:..  im  Ti<Tk"r|K»r  1155. 
.-y--  der  I'n- 

i «;ift«, 

("bersicht  776. 


Taurin  38S. 

T.iurocliols.iiiro   ]]'M). 

--    im   Kot  :  I 

Teilungskoe!.,, ,  ,,,.  ...     kapil- 
laranalytische   Bestiro- 
niung  Von   1363. 

Theobromin  ver^l    Coffein  20. 

Thiosulfate,    Oxydation    von 
993. 

Thrombin  (Thmmbase,  Fibrin- 
terment)  224. 

—  Methoden  zur  Dar^telluDK 
vou   275. 

—  ((uantitative   Bcstimmuni; 
des  279. 

Thromb  Igen  225.  277. 
Thromii  ikinase  226.  277. 
Thymol    1413. 
Thymuskeme  4(^3. 
Tierische  Gifte.  Nachweis  am 

Blut  26. 
'ron^initer   134. 
Tortwa.s.-«er  ftir  Kisonbakterien 

612. 
T..r.  •       •••  ■■■-■' 

T.i  h  475. 

Toxi.-che  \S  i;  ;,  kapil- 

lar:inalyli-.  n.      i^'^tini- 

muiii:  der  13(57. 
'rr;tiisplanlatioH  von  Gvfaflen 

828 

—  von  Organen  8lJ9. 

T  ■  •■  n  399. 


Iril. 

1  :.  .. 

Tri.. 
—    l  .  . 
TritJkon.. 

re  498 

133 


Abderhal  df  n  .   )tandhnrh  dor  biorhuiniichi'n  ArbciMtnrthoden.  V. 


93 


1466 


Register. 


Trockenröhre  592. 
Trockenrückstand     im     Blut 
155. 

—  des  Serums,  Gewinnung 
bei  größeren  Blutmengen 
212. 

Trockensubstanz,  Bestimmung 
der  —   in  der  Milch  427. 

in  Zerebrospinalflüssig- 

keit  221. 

—  des  Kotes  337. 

—  —  —  Bestimmung  der- 
selben 337. 

TrommerscheProbe  369, 1447. 
Tropfenzählapparat  1360. 
Trvpanosomen  1371,  1379. 
Trvpsin    im   Kot   397,    398, 
^399,  400,  401,  402,  403. 

—  —  —  Methoden  zum 
Nachweis  398,  399,  400. 
401,  402,  403. 

Trypsinnachweis,     Kapselme- 
^  thoden  401. 

—  Kaseinmethode  401.  402. 

—  Kernprobe  402,  403. 

—  Plattenverfahren  398,  399, 

400, 

—  Seidenpeptonmethode 
402. 

Tuberkelbazillen    im     Kot 
363. 

Tuscheverfahren  zur  Rein- 
kultur 585. 

Tyrosin  357,  402. 

—  Nachweis  im  Blut  192. 

u. 

Überempiindlichkeit,  vgl. 
Anaphylaxie  5600'. 

Überimpfung  bei  Sauerstoff- 
abschlnß  924. 

Überosmiumsäure  364,  1448. 

Überschwemmung    des    Kör- 
pers mit  bestimmten  Sub- 
stanzen zum  Studium  von 
Stofiwechselzwischenpro- 
dukten  1183. 

Übersicht  der  Gruppe  I  der 
Gifte  776. 

II  der  Gifte    778. 

III  der  Gifte  783. 

Ufifelmanns  Reagens  387, 
1452. 

—  Reaktion  1446. 
ültrafilter  1086,  1087. 
Ultrafiltration  1086—1094. 

—  fraktionierte  1094. 
Ultrafiltrationsapparat  1088. 
Umwandlung      mehrwertiger 

Alkohole     durch    Mikro- 
organismen 969. 


Untersuchung  auf  organische, 
mit  Wasserdämpfen  nicht 
flüchtige  Gifte  706. 

■ —  —  Phosphor  und  andere 
mit  Wasserdämpfen  fluch' 
tige  Gifte  675. 

Urethan  als  Narkotikum  für 
die  Blutdruckbestimmung 
126. 

Uridin  496. 

Uridinphosphorsäure  496. 

Urin.   Analyse  281. 

Urinbeimengung  zu  den  Fä- 
zes 331. 

—  —  —  Nachweis  331. 
Urinvolumen  282. 
Urobilin  356,  390. 

—  Nachweis      im     Harn 
315. 

Urobilinogen   356. 
Urochrom  im  Blut  193. 

V. 

Valeriansäare  im  Kot  387. 
Yanadin-Schwefelsäure-Re- 

agens.  Bereitung  813. 
Veraschnng  des  Kotes,  feuchte 

409.  410. 
Veratrin  730,  1418. 

—  Nachweis  am  ganzen 
Frosch  54. 

—  —  am  isolierten  Skelett- 
muskel 82. 

—  —  an  der  menschlichen 
Zunge  122. 

Verdauungsgemische,  Unter- 
suchung nach  van  Slvke 
1006. 

Yerdauungstrakt,  Schädigun- 
gen des  1232. 

Verfahren    von     Stas-Otto 
707. 

—  zur  Bestimmung  verschie- 
dener Blutbestandteile  in 
einer  Blutportion  209. 

Vergärung  der  Ameisensäure 
968. 

—  der  Buttersäure  969. 

—  der  Essigsäure  969. 

—  der  Glutamin  säui'e  durch 
Hefe  960. 

—  des  Leuzins  durch  Hefe 
958. 

—  des  Tyrosins  durch  Hefe 
959. 

Vernin  493. 
Veronal  720. 

—  Nachweis  im    Harn    721. 
Verpuflüng  417,  420. 
Verreibung  des  frischen  Kotes 

338,  414. 


Verseifungsverfahren  als  Fett- 
bestimmungsmethode 
477. 

Versuchsanordnung  zur  elek- 
trischen Reizung  39. 

Verteilung  einzelner  Bestand- 
teile des  Blutes  auf  Serum 
und  Formelemente  213. 

Virus,  filtrierbarer  1094. 

Viskostagonometer  1361. 

Vogelplasraa  264. 

Volumeter  zur  Messung  größe- 
rer Kotmengen  (Stras- 
burger) 332,  336,  359. 

—  —  —  kleiner  Kotmengen 
(Sato)  332,  333,  349. 

— (Strasburger)   332, 

349. 

Volvocaceen-Kultur  1304. 

Vorproben  in  der  Aschen- 
analyse 1055. 

Wachstumsförderang  durch 
chemische  Stolfe  1294. 

Wanderungsgeschwindigkei- 
ten (Tabelle)  504. 

Wärmeverhältnisse  bei  Kul- 
turversuchen 1270. 

Wasser,  optisch  leeres  1094. 

Wasserbestimmung  im  Boden, 
hygroskopisch  und  mecha- 
nisch absorbiertes  Wasser 
845. 

Wassei'dampf  in  der  Boden- 
luft  851. 

Wasserkapazität  des  Bodens 
845. 

Wasserkultur  1266  ff. 

AVasserstoff  379,  415.  420. 

Wasserstoff  bildung  und  Ver- 
brauch bei  Mikroorganis- 
men 974. 

Wasserstoffoxydierende  Bak- 
terien 975. 

Weber-van  Deensche  Blut- 
probe 394.  395. 

Weendes  Verfahren  380,  381. 

Wertbestimmung  von  Adre- 
nalinlösungen lOß,  112. 

—  von  Digitalisblättern    68. 

—  von  Fiebermitteln  118. 

—  von    Lokaianästheticis 
123. 

—  von  Nebennierenpräpara- 
ten 106,  112. 

—  von  Schilddrüsenpräpara- 
ten 117. 

Weston-Element  512. 
Wippe  zum  biologischen  Gift- 
nachweis 41. 


Register. 


14G" 


Wismut,  Nachweis  773. 

—    qualitativer    Nachweis 
1058. 

■Wismut-Kaliumjodid,    Re- 
agens (Sil. 

Würmer  im  Kot  414. 

Wurzeln,    Kultur    für    Rciz- 
versucho  1304. 

Wurzelchemotropismus 
1294a. 


Xanthin  351. 
Xanthoproteinreaktion  338, 

339. 
Xanthüsin  493. 
Xylan  im  Kot  377,  378. 
Xylose  im  Kot  377,  378. 


Zeitmarkieruhr  37. 
Zellulose,  Ausnützungs ver- 
suche 385.  386. 

—  im  Kot  378,  379.  380, 
381,382,  383.  384,  385, 
386,  412,  414. 

—  —  —  makroskopischer 
Nachweis  379. 

—  —  —  Methoden  zum 
quantitativen  Nachweis 
382,  383,  384,  385,  386, 
387. 


Zellulose,      Ausnützungsver-    ' 
such ,       mikrochemischer 
Nachweis  379.  380. 

—  _     —     mikroskopischer 
Nachweis  379. 

—  —    —    verdauliche  379, 
380. 

—  Umsetzunp:8|)rodukte   der- 
selben 379.  3S6,  387. 

—  zersetzende  Fähigkeit  dfs 
Erdbodens  890. 

Zelluloseallbau  93:?. 
Zellulosegehalt  der  Probediiit 

414. 
Zelluiosemethoden,  Vorsiclits- 

maßrei^eln  dab.-i  3S2,  3S4, 

385,  38G. 
Zellulosezersetzung,      aerobe 

892. 
Zerebrospinalfliissigkeit .    Me- 
thoden   zur  .Aufarbeitung 

der  215. 
Zersetzung  der  Alkohole  durch 

Mikroorganismen  969. 

—  —   Fettsäuren  968. 
Zerstörung    der    organischen 

Substanz  mit  Chlorsäure 
764. 
— Substanz  nach  Fre- 
senius und  V.  Babo.  761, 
1066,  nach  Loekemann 
1074-  1076,  nach  l'rings- 
heim  1080,  nach  Wolf 
und  Üsterberg  1081. 


Zerstörung    der    organischen 

Substanz     nach    C    Mai 

IVA. 
Zink,  Narliwi'i'.  774. 
Zinkehlori«!   1445. 
Zink-Kaliumjodid ,      RiMigeOK 

811. 
Zinn,    qualitativer  Nachweis 

1().')9. 
Ziniichlorürlösunt; ,     Kragens 

auf  .Arsen,  Hen-itung  814. 
Zitroni-nsaure.  Bestimmung  in 

Milch  4(i5. 
Zitronensäuregärung  U5(J. 
Züchtung  anaerober  Bakterien 

923. 
Zucker,    virtueller    im    Blut 

I7r,. 

—  im   Kot  37(i. 

—  —     -     Narliwfis  37<>. 

—  —  —  (iuantitati\  ■•  H.- 
stimmung  376. 

Zuckerbestimmung,  laüclie 
zur  374. 

Zu.saromensetzungdfr  Frauen- 
milch 423. 

—  der  Milch  422. 

—  —    —    anderer  Tiere  424. 

Zwischenprodukt»-  des  Stoff- 
wechsels in  Kxkr.'ten. 
Nachweis  von   1182. 

Zytase  379. 
Zytidin  495. 
Zytidinphosphor^äure  49(i. 


ntfEHTT  LltRASr 

N.CStaU  C*Utit 


93' 


Nacliträge  und  Bericlitigimgen. 


Auf  Seite  904.  Im  Kapitel,  welches  die  biologische  Absorption  behandelt,  soll  es 
wie  folgt  heißen: 

Die  Lösung  wird  hernach  sterilisiert  und  fürdie  sterilisierten  Röhren  mit  Chloro- 
form versetzt. 

Ebenso  soll  es  auf  der  gleichen  Seite  bei  den  Versuchen  über  die  Absorption 
des  Phosphat-Ions  folgendermaßen  lauten: 

Zur  Bestimmung  des  biologischen  Absorptionsvermögens  des  Phosphat-Ions  wird 
die  Lösung  so  zubereitet,  daß  mau  25"2  g  CaH^  (P04)2  .  H^O  (chemisch  rein)  in  2000  cm^ 
Wasser  löst,  diese  Lösung  sterilisiert  und  für  die  sterilisierten  Röhren  mit  einer  ge- 
nügenden Menge  von  Chloroform  versetzt. 

Seite  614.  Schluß  des  ersten  Abschnittes.  Ferner  S.  624,  S.  615.  Herr  Dr.  Parnas 
verwahrt  sich  in  einem  Briefe  an  den  Herausgeber  gegen  die  Angabe ,  als  hätte  er  das 
betreffende  Verfahren  von  S.  Fraenkel  übernommen.  Seine  Arbeit  1.  über  Kephalin 
trägt  das  redaktionelle  Einlaufsdatum  vom  4.  Oktober  1909,  diejenige  Fraenkels  2.  ist 
am  9.  Oktober  1909  erschienen:  vgl.  1.  Bloch.  Zeitschr.  22.  S.  411  (1909);  2.  Bioch. 
Zeitschr.  21.  S.  321.  Was  in  beiden  Arbeiten  in  gleicher  Weise  angewandt  wird,  das 
sind  ältere  Arbeiten  anderer  Forscher  oder  entnommene  Metlioden.  So  die  Acetonhärtung ; 
3.  Biochem.  Zeitschr.  19.  S.  254,  erschienen  in  der  ersten  Augustwoche  1909;  4.  Rosen- 
heim, Jouru.  of  Phys.  34  (1906);  5.  Zeitschr.  für  physiol.  Chem.  49.  S.  286  (1906); 
6.  Handbuch.  V.  S.  631  und  Biochem.  Zeitschr.  19.  S.  254;  Über  die  Extraktion  und 
Fällung:  7.  Zeitschr.  für  physiol.  Chem.  36.  134  (1902);  8.  Thudichum,  Chemische  Kon- 
stitution des  Gehirns.  1901  passim;  Über  Petroläther:  9.  Glikin.  Pflügers  Arch.  95. 
I.  Bang,  Erg.  d.  Phys.  6.  147,  148;  10.  1.  c.  S.  129;  11.  Journ.  de  Pharm,  et  de  Chim. 
24.  S.lOl  (1906). 

Hingegen  hält  Fraenkel  seine  Behauptungen  vollinhaltlich  aufrecht,  da  seine 
Methodik  in  ihren  Grundzügen  vor  der  Publikation  von  Parnas  dreimal  veröffentlicht 
wurde,  wm\  zviar  in  Asher-Spiro:  1.  Ergebnisse  der  Physiologie.  VIII.  Jahrg.  S.  212 — 253 
(1909).    2.  Biochem.  Zeitschr.  19.  S.  2.54  (1909).    3.  Biochem.  Zeitschr.  21.  321  (1909). 

Emil  Abderhalden. 


Druck  von  fiottlieb  Gistel  &  Cic,  Wien,  111.,  Jlünzgasse  6.